Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit: Bd 1: Auswahledition. Band 2: Kommentierte Bibliographie zur regionalen Hexenforschung 9783110201567

Based on transcriptions of witch interrogations from early modern times, the work presents a regionally differentiated d

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German Pages 729 [732] Year 2008

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Table of contents :
Frontmatter
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Westliches Norddeutschland
II. Östliches Norddeutschland
III. Westliches Mitteldeutschland
IV. Östliches Mitteldeutschland
V. Westliches Süddeutschland
VI. Östliches Süddeutschland
Backmatter
Frontmatter
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Westliches Norddeutschland
Östliches Norddeutschland
Westliches Mitteldeutschland
Östliches Mitteldeutschland
Westliches Süddeutschland
Östliches Süddeutschland
Backmatter
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Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit: Bd 1: Auswahledition. Band 2: Kommentierte Bibliographie zur regionalen Hexenforschung
 9783110201567

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Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit Band 1

Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit Band 1: Auswahledition Herausgegeben von

Jürgen Macha, Elvira Topalovic´, Iris Hille, Uta Nolting und Anja Wilke



Walter de Gruyter · Berlin · New York

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-018091-X Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2005 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Vorwort

„Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit“ – bereits in der Titelformulierung wird erkennbar, dass im Zentrum der vorgelegten Veröffentlichung die Sprache steht. Zugänglich gemacht werden Dokumente, die ihren Ursprung in mündlichen Verhandlungen vor frühneuzeitlichen Gerichten haben und bei denen es um den Vorwurf der Hexerei geht. Die Publikation besteht aus drei Teilkomplexen, die aufeinander bezogen sind. Der erste Teilband bietet eine Edition autopsierter Originalprotokolle. Eine beigegebene CD-ROM präsentiert eine Reihe weiterer, anderen Editionen entnommener Protokolle. Die Bibliographie des zweiten Teilbandes schließlich eröffnet eine dritte Möglichkeit des Zugriffs auf zeitgenössische Quellentexte, indem ein Auswahlverzeichnis von Veröffentlichungen zur regionalen Hexenforschung zur Verfügung gestellt wird (vgl. zur genaueren Beschreibung das zweite Kapitel der Einleitung in diesem Band, den Kommentar zu den Texten der CD-ROM sowie die einführenden Bemerkungen zur Bibliographie). Das (vorläufige) Ende eines langen Weges, der von der Idee einer Dokumentation der Kanzleisprache frühneuzeitlicher Hexenverhörprotokolle bis zu deren Verwirklichung geführt hat, sollte bei aller gebotenen Bescheidenheit durchaus auch freudig zur Kenntnis genommen werden. Dies bedeutet zum einen, dass man sich aller derjenigen erinnert, die am ‘Hexenprojekt’, in welcher Funktion auch immer, mitgearbeitet haben, so dass es zu einem befriedigenden Abschluss gebracht werden konnte. Zum anderen ist derjenigen Institutionen und Personen zu gedenken, deren Unterstützung die organisatorischen Voraussetzungen überhaupt erst geschaffen und getragen hat, auf denen unser sprachhistorisches Vorhaben aufruhen konnte. Wenn wir recht sehen, so lassen sich vier Personengruppen unterscheiden, die auf verschiedene Weise in das Projekt involviert waren und die auf ihre je eigene Art zum Gelingen beigetragen haben. Da sind zum Ersten neben den mitarbeitenden Angehörigen der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster (Helga Rosengart, Waltraud Gelbe) die studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte zu nennen, die sich die (sprach-)historische Problematik und ihre wissenschaftliche Durchdringung in aller Regel so zu eigen gemacht haben, dass sie – nach längerer oder kürzerer Beschäftigung – als echte ‘Experten’ anzusprechen waren bzw. sind. Namentlich seien die folgenden Damen und Herren erwähnt: Anna Balbach, Tobias Gombert, Endre Hagenthurn, Brigitte Heeke, Alexandra Heimes, Michael Hölscher, Pamela König, Maren Lange, Dr. Christine Magin, Claudia Minuth, Stefan Roters, Andrea Wolf, Stephanie Zimmermann. Ein weiterer Dank geht an die Studierenden einiger Pro- und Hauptseminare, von denen mit der Transkription originaler Protokolle die ‘Rohlinge’ geschaffen wurden, die es anschließend allerdings gezielt zu optimieren galt. Kolleginnen und Kollegen aus der germanistischen, der historischen und der volkskundlichen Zunft haben uns bei der Beschaffung geeigneter Urschriften und z.T. auch mit Transkriptionsvorgaben in erfreulicher Weise unterstützt. Ein herzliches Dankeschön an Sabine Alfing M.A., Dr. Georg von Gynz-Rekowski, Dr. Peter Arnold Heuser, Dr. Katrin Moeller, Dr. Rita Voltmer und Dr. Manfred Wilde!

VI

Vorwort

Zum Dritten ist anzumerken, dass das Projekt ohne das freundliche und engagierte Entgegenkommen der Archivarinnen und Archivare nicht hätte durchgeführt werden können. Die vielen weiterführenden und hilfreichen Hinweise, auch wenn sie einer ortsbezogenen ‘Fehlanzeige’ beigefügt waren, haben uns die Arbeit erleichtert und uns durch ihr wohlwollendes Interesse in unserem Vorhaben bestärkt. Folgenden Stadtarchiven, Kirchenarchiven, Gemeindearchiven und anderen Einrichtungen möchten wir ausdrücklich danken: Aarau, Achim, Aken, Altenburg, Amorbach, Attendorn, Augsburg, Bad Arolsen (Waldeckischer Geschichtsverein Arolsen), Bad Berleburg, Bad Camberg, Bad Langensalza, Bad Mergentheim, Bad Oldesloe, Bad Schwalbach, Bad Sooden-Allendorf, Bad Wildungen, Bad Windsheim, Baden, Ballenstedt, Bamberg, Baunatal, Bautzen, Bayreuth, Beeskow, Bern, Bernau, Biel, Bitterfeld, Blomberg, Brakel, Braunschweig, Bregenz, Bremgarten, Brugg, Brühl, Bückeburg, Burg auf Fehmarn, Burgdorf, Buttstädt, Buxtehude, Celle, Chemnitz, Chur, Coesfeld, Dahme (Mark), Dessau, Dingelstädt, Dinslaken, Döbeln, Dortmund, Dresden, Dülmen, Düsseldorf, Egestorf, Eisenach, Eisenstadt, Eisfeld, Ellingen, Elsterberg, Enns, Erfurt, Erkelenz, Erkrath, Finnentrop, Flensburg, Flöha, Frauenfeld, Freiberg, Fritzlar, Gardelegen, Genf, Gladbeck, Goslar, Goslar, Göttingen, Graz, Greifswald, Grenchen, Günzburg, Güstrow, Hainburg, Halberstadt, Halle a. d. Saale, Hallenberg, Hameln, Harburg, Helmstedt, Herborn, Herten, Hildesheim, Hochheim (Main), Horb, Horn, Höxter, Idstein, Ilmenau, Ingolstadt, Innsbruck, Jena, Joachimsthal, Jüchen, Kalkar, Kamenz, Klingenthal, Konstanz, Korbach, Köthen, Kulmbach, Laubach, Laufenburg, Lausanne, Leipzig, Lemgo, Lichtenstein, Lienz, Linz (Rhein), Linz, Lippstadt, Luckau, Luckenwalde, Luzern, Magdeburg, Mainz, Marburg, Markdorf, Meiningen, Meissen, Memmingen, Menden, Meuselwitz, Miltenberg, Minden, Mittweida, Mölln, Montreux, Morsbach, Mühlhausen, München, Münster, Nassau, Naumburg, Neubrandenburg, Neuchâtel, Neuss, Neustadt (Dosse), Neustadt, Neuwied, Nordhausen, Nördlingen, Nossen in Sachsen, Oberndorf, Oederan, Oelsnitz (Vogtl.), Offenbach, Parchim, Penig, Perleberg, Plauen, Pöchlarn, Pölten, Prenzlau, Radebeul, Radevormwald, Rapperswil, Rathenow, Recklinghausen, Rees, Rendsburg, Reutlingen, Rheinberg, Rheinfelden, Rhens, Riedlingen, Rinteln, Rostock, Rothenburg, Rottweil, Rudolstadt, Rüthen, Saalfeld, Salzburg, Saulgau, Bad Laasphe-Wittgenstein, Schleiz, Schleswig, Flensburg, Schönebeck, Schöningen, Schwäbisch Hall, Schwechat, Schwedt (Oder), Schweinfurt, Schwerin, Seligenstadt, Siegburg, Sitten, Soest, Sonderhausen, St. Gallen, Stadthagen, Stein am Rhein, Stendal, Straelen, Stralsund, Strausberg, Strausberg, Suhl, Sursee, Teltow, Themar, Torgau, Traunstein, Trier, Überlingen, Viersen, Villingen-Schwenningen, Waidhofen an der Thaya, Waltrop, Waren, Wasungen, Weilburg, Weimar, Weißenburg, Wemding, Werdau, Werne, Wernigerode, Wetzlar, Wiener Neustadt, Wil, Wildenfels, Wilster, Winningen, Winterthur, Wittenberg, Wittenberge, Wolgast, Würzburg, Xanten, Zella-Mehlis, Zschopau, Zülpich, Zürich. Auch in den ‘größeren Archiveinheiten’ ist man dem ‘Hexenprojekt’ sehr unterstützend begegnet. Ein Dank geht an folgende Institutionen: Fürstlich Sayn-Wittgensteinsches Archiv Schloss Berleburg, Staatsbibliothek Bamberg, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle, Generallandesarchiv Karlsruhe, Landeshauptarchiv Koblenz, Staatsarchiv Ludwigsburg, Archives Nationales du Grand-Duché de Luxembourg, Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, Hauptstaatsarchiv München, Staatsarchiv Münster, Niedersächsisches Staatsarchiv Oldenburg, Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Landesarchiv Schleswig-Holstein, Landeshauptarchiv Schwerin, Landesarchiv Speyer, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bistumsarchiv Trier, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Staatsarchiv Würzburg.

Vorwort

VII

Viertens und letztens sei der Personen und der Institutionen gedacht, die durch eine Bereitstellung des ‘nervus rerum’ und durch verlegerische Betreuung dazu beigetragen haben, dass ein fertiges Produkt vorgelegt werden kann. Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Dr. Susanne Anschütz, Rosemarie Müller) für ihre Unterstützung in Form einer Sachbeihilfe von 2001 bis 2005. Nicht zu vergessen ist eine sehr hilfreiche Anschubfinanzierung durch den Fachbereich Philologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Jahr 1999. Dem de-Gruyter-Verlag, in Sonderheit seinem Cheflektor Dr. Heiko Hartmann und seinen Spezialisten, verdanken wir eine gedeihliche Zusammenarbeit. Münster, im Mai 2005

Jürgen Macha Elvira Topaloviü Iris Hille Uta Nolting Anja Wilke

Inhaltsverzeichnis

Vorwort .....................................................................................................................................V Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................ XI Einleitung ..............................................................................................................................XIII I. Westliches Norddeutschland ................................................................................................ 1 Ahaus 1608............................................................................................................................ 2 Alme 1630 .......................................................................................................................... 10 Celle 1570 .......................................................................................................................... 19 Flensburg 1608 ................................................................................................................... 26 Göttingen 1649 ................................................................................................................... 34 Helmstedt 1579 ................................................................................................................... 42 Hildesheim 1628 ................................................................................................................. 48 Jever 1592 .......................................................................................................................... 58 Lemgo 1632 ........................................................................................................................ 67 Meldorf 1618 ...................................................................................................................... 78 Minden 1614 ....................................................................................................................... 84 Münster 1630 ...................................................................................................................... 92 Oldesloe 1639 ................................................................................................................... 102 Osnabrück 1636 ................................................................................................................ 107 Werl 1630 ......................................................................................................................... 120 Wernigerode 1597 ............................................................................................................ 127 II. Östliches Norddeutschland ............................................................................................... 133 Blankensee 1619 ............................................................................................................... 134 Crivitz 1642 ...................................................................................................................... 144 Güstrow 1615 ................................................................................................................... 156 Perleberg 1588 .................................................................................................................. 165 Stralsund 1630 .................................................................................................................. 173 III. Westliches Mitteldeutschland.......................................................................................... 183 Blankenheim 1629 ............................................................................................................ 184 Dillenburg 1631 ................................................................................................................ 192 Erkelenz 1598 ................................................................................................................... 200 Friedberg 1620 ................................................................................................................. 208 Gaugrehweiler 1610 ......................................................................................................... 219

X

Inhaltsverzeichnis

Hamm 1592 ....................................................................................................................... 225 Höchst 1631 ...................................................................................................................... 233 Köln 1629 ......................................................................................................................... 241 Lemberg 1630 ................................................................................................................... 249 Linz 1631 .......................................................................................................................... 256 Rhens 1629 ....................................................................................................................... 265 Wittgenstein 1629 ............................................................................................................. 272 Zülpich 1629 .................................................................................................................... 281 IV. Östliches Mitteldeutschland ........................................................................................... 289 Georgenthal 1597 ............................................................................................................. 290 Leipzig 1640 ..................................................................................................................... 299 Ostrau 1628 ...................................................................................................................... 309 Rosenburg 1618................................................................................................................. 317 V. Westliches Süddeutschland ............................................................................................. 327 Augsburg 1625 .................................................................................................................. 328 Baden-Baden 1628 ........................................................................................................... 337 Günzburg 1613 ................................................................................................................. 344 Leonberg 1641................................................................................................................... 351 Memmingen 1665.............................................................................................................. 363 Messkirch 1644 ................................................................................................................. 371 Nördlingen 1593................................................................................................................ 384 Riedlingen 1596 ................................................................................................................ 390 Rosenfeld 1603.................................................................................................................. 397 VI. Östliches Süddeutschland ............................................................................................... 411 Bamberg 1628 ................................................................................................................... 412 Ellingen 1590 ................................................................................................................... 422 Hemau 1616 .................................................................................................................... 432 Meiningen 1611 ................................................................................................................ 441 Mergentheim 1629 ............................................................................................................ 446 München 1600 .................................................................................................................. 461 Reichenberg 1653 ............................................................................................................. 472 Reichertshofen 1629 ......................................................................................................... 485 Schweinfurt 1616 ............................................................................................................. 499 Register ................................................................................................................................. 511 Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 515

Abbildungsverzeichnis

Karten Karte 1: Gesamtkorpus .......................................................................................................XVIII Karte 2: Auswahledition.....................................................................................................XXVI

Faksimileseiten Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Altertumsverein Nr. 317c, Bl. 98r ................. 9 Archiv Graf von Bocholtz-Asseburg, Akte F 28, fol. 12r........................................................ 18 Stadtarchiv Celle, 12 B 52, fol. 88r ......................................................................................... 25 Stadtarchiv Flensburg, Bestand A 33a, S. 251......................................................................... 33 Stadtarchiv Göttingen, Altes Aktenarchiv, Recht, Criminalia, Nr. 33, S. 49........................... 41 Stadtarchiv Helmstedt, B VII 23, S. ....................................................................................... 47 Stadtarchiv Hildesheim, Bestand 100-38, Nr. 109, S. 9 (S. 28 ................................................ 57 Staatsarchiv Oldenburg, Bestand 90-6, Nr. 43, fol. 44r........................................................... 66 Stadtarchiv Lemgo, A 3693 (Hexenprozessakte Ermgard Roleffs), Bl. 47r ............................ 77 Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig, Abt. 102.1, Nr. 163, fol. 64r........................ 83 Kommunalarchiv Minden, Bestand Stadt Minden B, Nr. 245 (alt), fol. 19r............................ 91 Stadtarchiv Münster, Kriminal-Protokolle, Abt. B, Bd.V (1621–1630), S. 379 .................... 101 Stadtarchiv Bad Oldesloe, Bestand I, Acta VII C, Nr. 46, S. 37............................................ 106 Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück, Dep. 3b IV Nr. 3488, fol. 97v .......................... 119 Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Mscr. VI, 264 A, fol. 35r ........................... 126 Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. H Stolberg-Wernigerode, C 138a Fach 7 Nr. 8, fol. 11v........................................... 131 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 4 D, Nr. 66, fol. 701r ....................... 143 Landeshauptarchiv Schwerin, 2.12-2/3, Nr. 2039, S. 7 ......................................................... 155 Stadtarchiv Güstrow, L VI b, S. 2 ......................................................................................... 164 Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep 4D Nr. 30, fol. 113r.......................... 172 Stadtarchiv Stralsund, Rep. 3 Nr. 6364, S. 4 ......................................................................... 181 Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 29A, Nr. 491, fol. 2r .................................................. 191 Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 369, Nr. 44, fol. 1 ....................................... 199 Stadtarchiv Erkelenz, Bestand 1C 22c, S. 4........................................................................... 207 Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand E 9, Nr. 1730, Bl. 9......................................... 218

XII

Abbildungsverzeichnis

Landesarchiv Speyer, Bestand C 41, Nr. 23/1, fol. 10r ......................................................... 224 Archives Nationales de Luxembourg, Abt. 15, Nr. 233, fol. 49r........................................... 232 Staatsarchiv Würzburg, Aschaffenburger Archivreste, Fasz. 360 / X, Nr. 2, fol. 165r.......... 240 Stadtarchiv Köln, Verfassung und Verwaltung G 187, fol. 3v .............................................. 248 Bistumsarchiv Trier, Abt. 95, Nr. 268 Varia Analecta, F. 4, fol. 10r..................................... 255 Stadtarchiv Linz, Bestand F4, S. 6 ........................................................................................ 264 Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 27, Nr. 592, S. 100 .................................................... 271 Archiv zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, C 82, fol. 2r ........................................................ 280 Stadtarchiv Zülpich, Bestand I B, Akte 209, S. 2 .................................................................. 288 Stadtarchiv Zella Mehlis, HA 6479, S. 6............................................................................... 298 Stadtarchiv Leipzig, Richterstube, Strafakten, Rep. I Nr. 475, Bl. 23r.................................. 308 Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Handschriftenabteilung, ThSGV 3103, fol. 82v ................................................................ 316 Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. A 31a, Nr. 504, fol. 21r .. 326 Stadtarchiv Augsburg, Bestand Reichsstadt, Urgichten K 204, Bl. 111 ................................ 336 Generallandesarchiv Karlsruhe, 61 / 5047 IV, fol. 70r.......................................................... 343 Stadtarchiv Günzburg, Bestand SAG 5.276, S. 17 ................................................................ 350 Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 309, Bü 234, S. 2..................................................... 362 Stadtarchiv Memmingen, A Bd 43C, fol. 116r...................................................................... 370 Generallandesarchiv Karlsruhe, 65 / 725, fol. 154r ............................................................... 383 Stadtarchiv Nördlingen, Hexenakte Maria Holl, S. 3 ............................................................ 389 Stadtarchiv Riedlingen, Strafsachen, Kopialbuch Nr. 191*, fol. 627v .................................. 396 Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 209, Bü. 1753, S. 8.................................................. 409 Staatsbibliothek Bamberg, R.B. Msc. 148, Nr. 299, fol. 1v .................................................. 421 Stadtarchiv Weißenburg, A 1057, S. 8 .................................................................................. 431 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 20, fol. 4r......................................... 440 Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, GHA, Sektion VI Nr. 705, fol. 65r ......................... 445 Staatsarchiv Ludwigsburg, B 262 Bü 98, S. 1 ....................................................................... 460 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 2, fol. 4v .......................................... 471 Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 6, fol. 1r........................................... 484 Pfarrarchiv Reichertshofen, Fach I, 3, fol. 7r ........................................................................ 498 Stadtarchiv Würzburg, Reichsstadt Schweinfurt, Sig. 7 / 75 I, fol. 9r ................................... 509

Alle Rechte vorbehalten.

Einleitung

1.

Das Projekt ‘Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit’

1.1 1.2 1.3 1.4

Sprachhistorischer Bezugsrahmen Entstehungsgeschichte Sprachhistorische Analysen am gesammelten Material Wert des Materials für außerlinguistische und interdisziplinäre Blickrichtungen

2.

Das Quellenmaterial und seine Erschließung

2.1 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.2.3 2.4.2.4 2.4.2.5 2.5

Textsortenspezifischer Aspekt Zeitlicher Aspekt Räumlicher Aspekt Editionsphilologischer Aspekt Linguistische Verlässlichkeit des Materials Editorische Einrichtung der Texte Räumliche Anordnung Auswahl der Protokolle bzw. Protokollausschnitte Einleitende Informationen und kommentierende Fußnoten Faksimiles Editionsgrundsätze Register

3.

Literatur

1.

Das Projekt ‘Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit’

1.1

Sprachhistorischer Bezugsrahmen

Die Sprachgeschichte des ausgehenden 16. und des 17. Jahrhunderts harrt trotz einer kräftigen Intensivierung der Frühneuhochdeutschforschung in mancherlei Hinsicht der weiteren Aufhellung. „In bezug auf den Forschungsstand sind nach wie vor viele Lücken zu beklagen; zugleich ist aber auch ein seit etwa 1980 einsetzendes verstärktes Forschungsinteresse an der Sprachforschung des 17. und – wenn auch etwas schwächer – des 18. Jhs. unübersehbar“ (Kilian 2000, 848). In der Tat haben wir aufgrund einer Reihe von Arbeiten in jüngster Zeit erfreuliche Kenntniszuwächse zu verzeichnen, was den zeitgenössischen Diskurs der Sprachgelehrten zum Komplex Sprachtheorie, Sprachnorm etc. angeht (vgl. Gardt 1998, Hundt 2000 u.a.m.). Weit weniger gut ist die Wissenslage dagegen zum Sprachgebrauch, sei dieser nun schriftlicher oder mündlicher Art. Das schier unüberschaubare Spektrum frühneuzeitlicher Gebrauchstexte ist – sieht man von wenigen größeren, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten

Einleitung

XIV

Projekten1 ab – bisher materialiter noch kaum erschlossen. Von daher kann es unter sprachhistorischem Blickwinkel als ein Desiderat gelten, dass Quellen vergleichbarer Art gesammelt, für die Forschung aufbereitet und ausgewertet werden. Für den Zusammenhang ‘Recht und Sprache’, der sich in der Frühen Neuzeit auf z.T. grundsätzlich neue Weise konstituiert hat (Durchsetzung des römischen Rechts u.a.), soll dieser Weg einer textsortenspezifischen Erschließung vergangener sprachlicher Lebenswelt anhand von handschriftlichen Verhörprotokollen ein Stück weit beschritten werden.

1.2

Entstehungsgeschichte

In einer allgemeinen Einleitung scheint es nicht unangemessen, einige Hinweise zur Entstehung des hier vorgelegten Werkes zu geben. Seit dem Ende der 80er Jahre hat sich einer der Herausgeber kontinuierlich mit der Erfassung und sprachhistorischen Deutung frühneuzeitlicher Verhörprotokolle beschäftigt. Die Sprache Kölner Turmbücher, deren Wert als serielle Quelle im Blick auf Sprachgebrauchswandel genutzt wurde, stand am Anfang der Beschäftigung (vgl. Macha 1991). In Kooperation mit dem Historiker Wolfgang Herborn erfolgte 1992 die kommentierte Edition eines bis dato nicht veröffentlichten Dokuments zur Hexenverfolgung in der freien Reichsstadt Köln (vgl. Macha/Herborn 1992). Konkrete Sprachanalysen zu dieser Quelle finden sich in Macha (1992); sie sind einem größeren Rahmen eingefügt in Macha (1993). Aus der Erkenntnis einer bereits nur für das Rheinland auffälligen Heterogenität der untersuchten Schreibsprache in Verhörprotokollen erwuchs recht organisch das Bedürfnis nach Ausweitung der Forschungsperspektiven. Während die Textsorte im Wesentlichen konstant blieb (Verhörprotokolle aus Hexenprozessen), wurde der Untersuchungsraum sukzessive vergrößert. Bis 1998 lag das Schwergewicht auf Nordrhein-Westfalen, dessen kommunale Archive dazu beitrugen, dass ein Quellenkorpus mit 40 Textdateien im Umfang von jeweils zwischen 10 und 80 Druckseiten zusammengestellt werden konnte. Dieses Material wurde in einem Beitrag analysiert, der nicht zuletzt auch Aspekte sprachlich-konfessioneller Unterschiedlichkeit in den Blick rückte (vgl. Macha 1998). Seit 1999 ist der Fokus auf den gesamten deutschen Sprachraum gerichtet worden. Mit der finanziellen Unterstützung, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft dem Vorhaben von 2001 bis 2005 zukommen ließ, war es möglich, auf dem Wege über eine Kontaktierung der öffentlichen Archive in der Bundesrepublik, in der Schweiz und in Österreich ein umfangreiches Materialkorpus zu erzeugen, das mittels EDV präpariert worden ist.

1.3

Sprachhistorische Analysen am gesammelten Material

Sammeln, Zubereiten und Publizieren war das eine Ziel, durch das die Projektarbeit in den letzten Jahren bestimmt wurde; der zweite Gesichtspunkt betrifft, wie im Vorigen bereits angedeutet, eigene sprachbezogene Analysen. Im Folgenden werden deshalb die oben genannten Arbeiten und weitere Studien zum Thema aufgelistet. Teilweise sind sie aus ‘forschendem Lehren’ hervorgegangen (Staatsarbeiten, Magisterarbeiten), teilweise stellen sie gezielte Son-

1

Vgl. etwa den projektbezogenen Sammelband von Fritz/Straßner (1996) zur frühen Zeitungssprache oder die Ergebnisse eines Projekts zur frühneuzeitlichen Großschreibung in Bergmann/Nerius (1998) sowie die Darstellung eines Folgeprojekts zur Durchsetzung des morphematischen Prinzips in der Orthographie bei Bergmann/Ewald (2004).

Einleitung

XV

dierungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Projekts zu Sprache und Kommunikation in Hexenprozessen dar. Arning, Cornelia: - Zwei ostmitteldeutsche Gerichtsakten aus dem 17. Jahrhundert. Transkription und Sprachanalyse. (Staatsarbeit) Münster 2001. Brandner, Judith: - Edition und Sprachuntersuchung zweier frühneuzeitlicher Hexenprozeß-Protokolle aus Reichertshofen und Weißenburg. (Staatsarbeit) Münster 2002. Hille, Iris: - Untersuchungen zu Sprach- und Handlungsmustern in Hexerei-Verhörprotokollen der Frühen Neuzeit. (Magisterarbeit) Münster 2003. Klocke, Melanie: - Schwäbische Hexerei-Verhörprotokolle aus dem Jahr 1620. Edition und Sprachanalysen. (Magisterarbeit) Münster 2003. Koch, Barbara: - Sprache in Verhörprotokollen aus dem mittelrheinischen Rhens. (Staatsarbeit) Münster 1999. Macha, Jürgen: - Kölner Turmbücher – Schreibsprachwandel in einer seriellen Quelle der Frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 110, 1991, S. 36–61. - Kölner Hexenverhöre aus dem 17. Jahrhundert. Bearbeitet von Jürgen Macha und Wolfgang Herborn. Köln/Weimar/Wien 1992 (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 74). - Anmerkungen zur Schreibsprache eines Kölner „Hexenprothocolls“ aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 56, 1992, S. 325–332. - Rheinische Sprachverhältnisse im 17. Jahrhundert. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 57, 1993, S.158–175. - Schreibvariation und ihr regional-kultureller Hintergrund: Rheinland und Westfalen im 17. Jahrhundert. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 117, 1998 (Sonderheft), S. 50–66. - Redewiedergabe in Verhörprotokollen und der Hintergrund gesprochener Sprache. In: Norbert Richard Wolf, Sabine Krämer-Neubert (Hrsg.): Tagungsband der Internationalen Konferenz „Bayerische Dialektologie“, Würzburg, 26.–28. Februar 2002, Heidelberg 2005. S. 424– 431. - Regionalität und Syntax: Redewiedergabe in frühneuhochdeutschen Verhörprotokollen. In: Raphael Bertele et al. (Hrsg.): Die deutsche Schriftsprache und die Regionen. Entstehungsgeschichtliche Fragen in neuer Sicht. Berlin/New York 2003 (= Studia linguistica Germanica 65). S. 181–202. - „STeelen habe er Redlich helffen Aber nit Morden …“ Redewiedergabe in Egerer (und anderen) Verhörprotokollen. In: Václav Bok, Hans-Joachim Behr (Hrsg.): Deutsche Literatur des Mittelalters in und über Böhmen. II. Tagung in ýeské BudČjovice/Budweis 2002. Budweis 2003. S. 279–291. - Ein erfundenes Hexerei-Verhör. Zu Caput V. der INSTRVCTION des Heinrich Schultheiß (1634). In: Katrin Moeller, Burghart Schmidt (Hrsg.): Realität und Mythos. Hexenverfolgung und Rezeptionsgeschichte. Hamburg 2003. S. 24–32.

XVI

Einleitung

- Unvollendetes zu ‘afiniten Konstruktionen’: Diachronische Skizzen zu einer Erscheinung der Kanzleisyntax. In: Niederdeutsches Wort 43, 2003, S. 25–36. Nolting, Uta: - Hexenverhörprotokolle des 17. Jahrhunderts aus dem niederdeutschen Sprachraum. Transkription und Sprachanalysen. (Staatsarbeit) Münster 2001. - „Jch habe nein toueren gelernet“. Mindener Hexenverhörprotokolle von 1614. Zum Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit in Verhörmitschriften. In: Niederdeutsches Wort 42, 2002, S. 55–116. - Nah an der Realität – Sprache und Kommunikation in Mindener Hexenverhörprotokollen von 1614/15. In: Katrin Moeller, Burghart Schmidt (Hrsg.): Realität und Mythos. Hexenverfolgung und Rezeptionsgeschichte. Hamburg 2003. S. 33–55. Topaloviü, Elvira: - Sprachwahl – Textsorte – Dialogstruktur. Zu Verhörprotokollen aus Hexenprozessen des 17. Jahrhunderts. Trier 2003. - Zwischen Nähe und Distanz. Vertextungstraditionen im Osnabrück der frühen Neuzeit. In: Niederdeutsches Jahrbuch 126, 2003, S. 53–83. - Konstruierte Wirklichkeit. Ein quellenkritischer Diskurs zur Textsorte Verhörprotokoll im 17. Jahrhundert. In: Katrin Moeller, Burghart Schmidt (Hrsg.): Realität und Mythos. Hexenverfolgung und Rezeptionsgeschichte. Hamburg 2003. S. 56–76. - „Ick kike in die Stern vndt versake Gott den herrn“. Versprachlichung des Teufelspaktes in westfälischen Verhörprotokollen des 16./17. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Augustin Wibbelt-Gesellschaft 20, 2004, 69–86. In Arbeit sind weitere Dissertationen, die sich, gestützt auf das Projektkorpus, speziellen Untersuchungsaspekten zugewandt haben: Hagenthurn, Endre: - Zur Schriftsprache von Hexerei-Prozessakten im 17. und 18. Jahrhundert in Schäßburg/Siebenbürgen. Ein Beitrag zur sprachhistorischen Sprachinselforschung. Hille, Iris: - Sprach- und Kommunikationsmuster in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit. Wilke, Anja: - Redewiedergabe in frühneuzeitlichen Hexenprozessakten. Ein Beitrag zur Geschichte der Modusverwendung im Deutschen.

1.4

Wert des Materials für außerlinguistische und interdisziplinäre Blickrichtungen

Abgesehen von der primären Bedeutung, die eine originalgetreue Dokumentation frühneuzeitlicher Verhörprotokolle für die sprachhistorische Betrachtung und damit auch für den akademischen Unterricht in der Germanistik haben kann, lässt sich das gesammelte Material insgesamt als polyvalent, d.h. als (erkenntnis)förderlich in vielfacher Hinsicht bezeichnen. Der anvisierte Leserkreis umfasst dabei Personen, die sich „professionell oder auf einer hohen Interessenebene“ (Frühneuhochdeutsches Wörterbuch 1989, 23) mit der Hexerei-Fragestellung befassen. Dies betrifft Archivare und Lehrer ebenso wie Sozial-, Wirtschafts- und Rechtshistoriker,

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XVII

Kirchengeschichtler und historische Volkskundler genauso wie den sprichwörtlichen gebildeten Laien. Ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden, sich aus erster Hand über ein Gebiet zu informieren, auf dem „mehr Unsinn literarischen Niederschlag gefunden hat als auf jedem anderen Gebiet der Geschichte“ (Schormann 1996, 3).

2.

Das Quellenmaterial und seine Erschließung

2.1

Textsortenspezifischer Aspekt

Hier ist nicht der Ort für eine detaillierte Erörterung textlinguistischer Basiskategorien und ihrer Anwendung auf das Phänomen ‘Hexenverhörprotokolle’ (vgl. dazu Topaloviü 2003, 95ff. mit einschlägiger Literatur). Zwei Punkte seien indes kurz angesprochen: In einer Makroperspektive gehören unsere Texte zweifellos zur Gruppe der ‘dokumentierenden Texte’, „deren Auftraggeber/Verfasser/Schreiber/Drucker Ereignisse, Besitzverhältnisse, Fakten aller Art mit dem Zweck festgehalten, gespeichert, dokumentiert sehen möchten, Vorhandenes in eine Übersicht zu bringen und verfügbar zu machen, um sich gegebenenfalls nach späterer Notwendigkeit auf die Festschreibung berufen und sie je nach Interesse nutzen zu können“ (vgl. Reichmann/Wegera 1988, 52). Weiterhin soll indes angedeutet werden, dass die vermeintlich homogenen Verhörprotokolle in sich durchaus unterschiedlich angelegt und strukturiert sind. Man hat hier zum einen die zeitgenössische Sach- und Bezeichnungsproblematik (Außsage, Confessio, Bekenntnus, Uhrgicht etc.) einzukalkulieren, zum anderen ist zu bedenken, dass die Protokolle in verschiedenen Stadien der Bearbeitung überliefert sein können („Mitschriften“, „Reinschriften“, „Abschriften“, „Extrakte“ etc.). Der jeweilige Status wirkt sich unmittelbar auf die realisierte Form-Inhalt-Relation aus (vgl. dazu Topaloviü 2003, 124ff.). Wir haben in unserer Edition ausgewählter Dokumente dieser Problematik Rechnung getragen, indem den Texten entsprechende Erläuterungen vorangesetzt wurden.

2.2

Zeitlicher Aspekt

Von der sprachhistorischen Forschung wird für das 16. Jahrhundert und die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts das ‘späte Frühneuhochdeutsch’ postuliert (vgl. etwa Frühneuhochdeutsches Wörterbuch 1989, 120). Dieses ist – wie oben angesprochen – keineswegs erschöpfend erforscht und so bekommt die gewählte zeitliche Festlegung von daher ihren Sinn. Der ‘Ausreißer’ (Memmingen 1665) wurde aus Gründen einer ausgewogenen Ortspunktverteilung in die Auswahledition aufgenommen. Da man sich zudem in der geschichtswissenschaftlichen Hexenforschung darüber einig ist, dass das letzte Drittel des 16. und die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts in besonderem Maße durch eine Intensivierung der gerichtlichen Hexenverfolgung gekennzeichnet sind (vgl. etwa Behringer 2000, 8), lag es nahe, diese Spanne von zwei bis drei Generationen als ungefähren Rahmen in den Blick zu nehmen.

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XVIII

Karte 1: Gesamtkorpus

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I Westliches Norddeutschland 1 Ahaus 2 Alme 3 Arnsberg 4 Bremen 5 Bückeburg 6 Capellen 7 Celle 8 Coesfeld 9 Essen 10 Flensburg 11 Göttingen 12 Grünholz 13 Hamburg 14 Helmstedt 15 Hildesheim 16 Horst 17 Jever 18 Lemgo 19 Loccum 20 Meldorf 21 Minden 22 Münster 23 Oldenburg 24 Oldesloe 25 Osnabrück 26 Paderborn 27 Recklinghausen 28 Rüthen 29 Schwabstedt 30 Soest 31 Stromberg 32 Uphusen (Emden) 33 Werl 34 Wernigerode 35 Westerburg 36 Westerlandföhr II Östliches Nordeutschland 37 Blankensee 38 Borgfeld 39 Crivitz 40 Güstrow 41 Passow 42 Perleberg 43 Schönhausen 44 Schwerin 45 Seehausen 46 Stralsund 47 Wüstenfelde

XIX

III Westliches Mitteldeutschland 48 Altenahr 49 Andernach 50 Aschaffenburg 51 Blankenheim 52 Bliesheim 53 Dieburg 54 Dierdorf 55 Dillenburg 56 Drachenfels 57 Echternach 58 Echzell 59 Edingen 60 Erkelenz 61 Erpel 62 Eschbach 63 Fell 64 Flamersheim 65 Friedberg 66 Gaugrehweiler 67 Gerolstein 68 Hallenberg 69 Hamm 70 Herborn 71 Höchst 72 Kell 73 Köln 74 Kruft 75 Lemberg 76 Lintheim 77 Linz (Rhein) 78 Mandern 79 Marburg 80 Müddersheim 81 Neuerburg 82 Oberkirchen 83 Oberroßbach 84 Rhens 85 Schwarz-Rheindorf 86 Siegburg 87 St. Mattheis 88 St. Maximin 89 Trier 90 Wadgassen 91 Wallhausen 92 Weierweiler 93 Wittgenstein 94 Zülpich

Verzeichnis der Ortspunke auf Karte 1

IV Östliches Mitteldeutschland 95 Barby 96 Georgenthal 97 Gommern 98 Jeßnitz 99 Kamenz 100 Leipzig 101 Mühlhausen 102 Ostrau 103 Rosenburg V Westliches Süddeutschland 104 Augsburg 105 Baden-Baden 106 Böblingen 107 Bräunlingen 108 Gengenbach 109 Günzburg 110 Hechingen 111 Leonberg 112 Memmingen 113 Meßkirch 114 Nördlingen 115 Oberndorf 116 Reichenbach 117 Riedlingen 118 Rosenfeld 119 Rottweil 120 Steinbach (Bühl) VI Östliches Süddeutschland 121 Bamberg 122 Coburg 123 Eichstätt 124 Ellingen 125 Garmisch 126 Hammelburg 127 Hemau 128 Hildburghausen 129 Ingolstadt 130 Kronach 131 Laaber 132 Meiningen 133 Mergentheim 134 München 135 Reichenberg 136 Reichertshofen 137 Rottenbuch 138 Schweinfurt 139 Wolframs-Eschenbach

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2.3 Räumlicher Aspekt Im Verlauf der Sammelphase, die im Frühsommer 2004 abgeschlossen wurde, konnte ein umfangreiches Materialkorpus zusammengetragen werden. Es enthält Hexenprozessakten (mit dem Schwerpunkt Verhörprotokolle), deren Herkunft außer im binnendeutschen Raum auch im Gebiet der heutigen Schweiz und Österreichs sowie in deutschen Sprachinseln Südosteuropas liegt. Angesichts der Tatsache, dass gerade auch in der Schweiz und in Österreich von historischer Seite intensiv Hexenforschung betrieben wird, deren editorische Resultate in naher Zukunft zu erwarten sind, haben wir uns entschlossen, den betreffenden Kolleginnen und Kollegen nicht ins Handwerk zu pfuschen. Wir beschränken uns also in der vorgelegten Veröffentlichung auf Prozessakten, die Ortspunkten innerhalb der Staatsgrenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland entstammen. Allein für dieses Gebiet konnte ein Gesamtkorpus von 172 Dateien (insgesamt 450000 Wörter) aus 139 Ortspunkten zusammengestellt werden. Karte 1 (S. XVIII) führt sämtliche Belegorte vor Augen, aus denen uns Aussagewiedergaben vorliegen (vgl. zur unterschiedlichen Qualität der Dokumente Punkt 2.4.1). In der Regel setzen wir als Belegort den zeitgenössischen Gerichtsort an. Karte 2 (S. XXVI) zeigt die Herkunftsorte der in diesem Band edierten Texte. Es ist zu erkennen, dass die meisten deutschen Regionen in der Karte vertreten sind, dass dies freilich in unterschiedlich starkem Maße der Fall ist. Zwei Gründe sind dafür verantwortlich: Einmal ist unsere Anfrage- und Erhebungsaktion nicht überall gleich erfolgreich gewesen, zum anderen spiegelt die Beleglage aber auch räumliche Verdichtungen der Hexenverfolgungswellen wider, die im letzten Drittel des 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stattgefunden haben: So können etwa das Fränkische, das Hohenzollernsche oder auch das TrierischKölnische Gebiet als verfolgungsintensive Regionen gelten, während z.B. die Kurpfalz (im Unterschied zu anderen, ebenfalls reformierten Territorien) relativ prozess- und demzufolge ‘protokollfrei’ geblieben ist.

2.4

Editionsphilologischer Aspekt

2.4.1

Linguistische Verlässlichkeit des Materials

Das primäre Ziel des Projekts, originale Hexenverhörprotokolle in transkribierter und kommentierter Form für die sprachhistorische, historische und interdisziplinäre Forschung zur Verfügung zu stellen, impliziert besondere Richtlinien zur Feststellung der ‘linguistischen Verlässlichkeit’. Nach Sichtung des gesamten Materials lassen sich drei Grade der Verlässlichkeit festlegen, wobei im Einzelfall durchaus relativierende Kriterien bedacht werden müssen. In die erste Kategorie gehören zum einen all jene Textdokumente, die für das münstersche Projekt aus Archiven etc. beschafft, transkribiert und zubereitet sind. Dies betrifft den weitaus größten Teil der in Buchform präsentierten Texte. Ähnlich hoch im Blick auf die linguistische Verlässlichkeit sind zum anderen diejenigen Protokolle einzuschätzen, von denen Fremdeditionen oder Transkriptionen existieren, die aber via Archivkonsultation nach Autopsie der handschriftlichen Vorlage überarbeitet worden sind. Zur zweiten Kategorie zählen fremdedierte Verhörprotokolle, bei denen es uns aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich war, die zugrunde gelegte Handschrift zur Prüfung heranzuziehen, bei denen aber aufgrund von Textgestalt und Sprachform von großer Nähe zum Original ausgegangen werden kann. Die dritte Kategorie schließlich bezieht sich auf längere oder kürzere Protokollausschnitte, die in Veröffentlichungen zur Hexerei-Problematik zumeist in normalisierter Form zu finden sind. Den Graden der linguistischen Verlässlichkeit korrespondiert die Textberücksichtigung in unserem Projekt. In die Auswahl-

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XXI

edition (Teilband 1) sind nur Protokolle eingegangen, bei denen das handschriftliche Original vorliegt. Auf der CD-ROM befinden sich zusätzlich auch Texte der zweiten Kategorie. Die für manche sprachwissenschaftliche Fragestellungen durchaus aufschlussreichen Aussagewiedergaben der dritten Kategorie sind als eigene Texte nicht dokumentiert, sie lassen sich aber über die Sigle Qu (für ‘Quellenwiedergabe’) unschwer aus der Bibliographie des Teilbandes 2 extrahieren.

2.4.2

Editorische Einrichtung der Texte

2.4.2.1 Räumliche Anordnung Zur Präsentation der insgesamt 56 Protokolle bzw. Protokollausschnitte der Kategorie 1 wird ein Gliederungsprinzip benutzt, das an räumliche Schemata der Forschungen zum Frühneuhochdeutschen anschließt (vgl. Stopp 1976, 29, Abb. 2b) und sie mit Blick auf die norddeutschniederdeutschen Areale ergänzt. Auf diese Weise kommt eine Einteilung der frühneuzeitlichen Sprachlandkarte zustande, die sechs Hauptgebiete erkennen lässt: Westliches Norddeutschland, Östliches Norddeutschland, Westliches Mitteldeutschland, Östliches Mitteldeutschland, Westliches Süddeutschland, Östliches Süddeutschland. Über diese Einteilung kann trefflich gestritten werden, ihre relative Beliebigkeit ist offenkundig. Neben verfahrenstechnischen Vorteilen kann für die getroffene Entscheidung ein sprachbezogenes Argument angeführt werden: Es ist opinio communis der Sprachhistoriker, dass regionalsprachliche Faktoren auf die Erscheinungsformen der Schreibsprache in der Frühen Neuzeit in starkem Maße eingewirkt haben. Von daher scheint eine Gliederung, die zumindest in Ansätzen die dialektale Makrostruktur Deutschlands berücksichtigt, im Prinzip sinnvoll. Die Präsentation der Großregionen erfolgt in genereller Nord-Süd-Richtung, dabei jeweils von West nach Ost fortschreitend. Innerhalb dieser Regionen sind die Protokolle dann in alphabetischer Reihung aufgeführt.

2.4.2.2 Auswahl der Protokolle bzw. Protokollausschnitte Aus Platzgründen kann die Dokumentation der einzelnen Prozessakten häufig nicht vollständig ausfallen. Falls nur Teile aus den Verhören zur Wiedergabe kommen, sind dies in der Regel Fragen und Aussagen, die sich auf die Beklagten beziehen; Zeugenaussagen werden nur dann aufgenommen, wenn sie als integrales Element dieser Befragung (etwa in einer Gegenüberstellung) mitprotokolliert sind. Durch das Reduktionsverfahren lässt sich häufig der Abschluss der Gerichtsprozesse im Urteil nicht originalgetreu liefern, soweit er aus den Akten eruierbar ist, werden die entsprechenden Angaben jedoch mitgeteilt.

2.4.2.3 Einleitende Informationen und kommentierende Fußnoten Der Zugang zu den historischen Textzeugen wird für die Rezipienten durch einen erklärenden Apparat erleichtert. Jedem Text sind einleitende Informationen vorangestellt, in denen zum einen quellenbezogene Hinweise zur Überlieferung gegeben werden und zum anderen Bemerkungen zum Inhalt sowie zu Schrift und Sprache des Dokuments enthalten sind. Diese in der Regel eher impressionistischen Kommentare können Zusammenhänge naturgemäß nur schlaglichtartig erhellen, sie werden indes für die Einordnung und Deutung der Texte als hilfreich eingeschätzt. Ähnliches gilt für kommentierende Fußnoten, in denen sowohl regionalsprachliche Eigenheiten der aus ganz Deutschland stammenden Texte als auch kompliziertere lateini-

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XXII

sche Passagen und bisweilen die zum Teil extrem verknappte Syntax der Protokolle erläutert werden. Wichtig ist: Eine weiterführende volkskundliche, religionsgeschichtliche, rechtsgeschichtliche oder sozialhistorische Belehrung, die über die hier gegebene Verständnishilfe hinausgehen würde, ist in den Fußnoten nicht intendiert. Einen ersten Ausgangspunkt für weitergehende orts- und regionalgeschichtliche Forschungen stellt die Rubrik Publikationen dar. Bei diesbezüglichen Leerstellen können die Veröffentlichungen zu den Großregionen herangezogen werden (vgl. Literaturverzeichnis, S. 515). 2.4.2.4 Faksimileseiten Die Beigabe jeweils einer Seite aus der originalen Handschrift in Ablichtung dient einer legitimatorischen und einer paläographischen Zielsetzung. Sie bietet den Lesern zum einen die Möglichkeit, die Detailtreue der Transkriptionen zu überprüfen, zum anderen soll – gerade auch für den akademischen Unterricht – die Gelegenheit gegeben werden, Schriftausprägungen der Frühen Neuzeit kennen zu lernen, sie eventuell nach Zeit und/oder Regionalität zu vergleichen u.a.m.

2.4.2.5 Editionsgrundsätze Im Sinne einer authentischen Wiedergabe der Originaltexte wird eine diplomatische Präsentation der Dokumente angestrebt. Dieses Leitprinzip, „sprachlich möglichst nahe an der Vorlage zu bleiben“ (vgl. Besch 1976, 401), impliziert bestimmte editorische Entscheidungen und Festlegungen. Im Grunde richten wir uns nach einem Gedanken, den Johann Andreas Schmeller hinsichtlich altdeutscher Textdenkmäler in einem Brief vom 25. Januar 1822 an Jacob Grimm geäußert hat: „& so werden unsre Nachfolger noch manches sehen, was uns zehnmal entgangen war. Deswegen wäre ich auch dafür, bei der Edition aller Monumente, die we? schon absurd scheinenden orthographischen & andern Eigenheiten der Codices nie so geradehin nach der Theorie zu verbessern …“ (zitiert nach McAlister-Hermann 1986, 124). Folgende Regelungen werden getroffen: - Seitengestaltung: Die Originalseiten werden seiten- und zeilengetreu abgebildet. Große, der Textgliederung dienende Abstände zwischen Wörtern sowie Zentrierungen von Überschriften und ähnliche Formatierungen des Originals werden übernommen. Da nachträgliche, am Rand oder zwischen den Zeilen befindliche Einfügungen der Schreiber in den Text eingefügt werden, entstehen zuweilen überlange Zeilen. Diese sind in Haupt- und Marginalspalte an einer Einrückung des linken Randes zu erkennen. Leerzeilen im Original werden nur dann in die Edition übernommen, wenn sie zur übersichtlichen Gestaltung des Textes unbedingt nötig sind, zumal häufig nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Schreiber Leerzeilen oder lediglich Absätze intendiert haben. Die Zeilenzählung am rechten Rand ist als Index für die erklärenden Fußnoten zu verstehen. Überlange Zeilen und Leerzeilen werden mitgezählt. - Schriftarten: Die hauptsächlich in den Texten verwendete Schrift ist die gotische Kurrentschrift (Kanzleikursive). Daneben erscheinen die Antiqua, welche vornehmlich für lateinische Begriffe eingesetzt wird, sowie eine kalligraphisch der Druckschrift nachempfundene Frakturschrift, meist zur Hervorhebung von Namen. Die Schriftarten werden folgendermaßen gekennzeichnet: Protokoll Protokoll Protokoll

Kanzleikursive Antiqua Frakturschrift

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- Graphien: Grundsätzlich werden Graphien nicht verändert, sondern mit den Mitteln der Textverarbeitung so dargestellt, wie sie im Original erscheinen. Jedoch wird im Einzelfall auf Diakritika verzichtet, die keinen offensichtlichen Nutzwert haben, wie zum Beispiel beim Buchstaben ¢ÿ². Bezeichnen sie hingegen einen Umlaut (wie in dem Wort v¨ bel ), sind sie wiedergegeben. Auch in die Groß- und Kleinschreibung wird nicht eingegriffen. Wenn ein Schreiber für Minuskeln und Majuskeln keine verschiedenen Zeichen verwendet hat, entscheidet die relative Größe der Zeichen über ihr Erscheinungsbild in der Edition. Ein spezielles Problem stellt der Buchstabe ¢z² dar, da er in frühneuzeitlicher Schreibung häufig eine Oberlänge hat, so dass Minuskeln und Majuskeln nur schwer unterschieden werden können. Im Zweifel wurde die leserfreundlichere Variante (d.h. Kleinschreibung, insbesondere im Wortinneren) gewählt. Ähnliches gilt auch für die Buchstaben ¢v² und ¢h², die häufig aus heutiger Sicht wie Majuskeln wirken. In Abwesenheit von Varianten, die typologisch unterschieden und damit eindeutig als Großbuchstaben zu erkennen sind, werden beide als Minuskeln wiedergegeben. - Zeichensetzung: Generell wird in die Zeichensetzung nicht eingegriffen. Zeichen hingegen, die keine Buchstaben sind (z.B. Zeichnungen oder ausladende, geschweifte Klammern) erscheinen grundsätzlich nicht im Editionstext, werden aber in Fußnoten erwähnt. Ausnahmen von dieser Regel sind ~ †

Schlusszeichen, das zuweilen einem p ähnelt Abkürzung für das Wort ‘Kreuz’

- Ergänzungen und Streichungen von Schreiberhand: Alle Veränderungen am Text, die der Schreiber selbst vorgenommen hat, werden gekennzeichnet: ªProtokollº ªProtokollº Protokoll+ …+ [INT]

Randergänzung (an vorgesehener Stelle im Text eingefügt) Interlineare Einfügung Streichung unlesbare Streichung

- Marginalien: Randbemerkungen (der Textgliederung dienende Strukturelemente wie Nummerierungen oder Auflistungen von anwesenden bzw. denunzierten Personen) werden originalgetreu übernommen. - Ergänzungen der Herausgeber: Ergänzungen dieser Art sind Folioangaben, Auflösungen von Abkürzungen, Kennzeichnungen von Auslassungen u.ä. Sie erscheinen in eckigen Klammern. Bei der Auflösung von Abkürzungen werden mehrere Klammerpaare in einem Wort in der Regel vermieden, damit die Lesbarkeit gewährleistet bleibt. Spitze Klammern werden ausschließlich zur Kennzeichnung der unlesbaren Stellen verwendet. [2r], [7] [?] [!] M[eister] ko[m]men kom[m]en […]

Folio- oder Seitenangaben unsichere Lesart „Versehen“ in der Vorlage Auflösung der Abkürzung M. Nasalstrich über Vokal (kǀmen) Nasalstrich über Konsonant (koAen) Auslassungen unlesbare Stelle

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- Klammern, Trenn- und Bindestriche: Die frühneuzeitlichen Varianten für Klammern und ähnliche Zeichen werden zu den modernen Äquivalenten vereinheitlicht: /:Hexe:/, [Hexe] Hexen=Tanz See: und Seeligkeit 2.5

(Hexe) Hexen-Tanz See- und Seeligkeit

Register

Die Notwendigkeit eines erschließenden Instruments, mit dem man den besonderen Eigenarten der Protokolle auf die Spur kommen kann, ist evident. Das entsprechende Register ist als Wortund Sachregister angelegt. Dies bedeutet, dass sowohl (neuhochdeutsch normalisierte) Wörter darin auftauchen können als auch abstrahierende Begriffe, die sich auf sachlich-gedankliche Ganz- oder Teilkomplexe beziehen. Das Schwergewicht wird jedoch eindeutig auf letztere Zusammenhänge gelegt, damit sich der nachschlagende Benutzer gewissermaßen auf einer ‘Meso’-Ebene, die zwischen Einzelwort und Großkategorie angesetzt wird, einen eigenen Zugang verschaffen kann. Bei aller Vielfalt der Protokollaufzeichnungen im Einzelnen ist durch deren gemeinsame Parameter eine gewisse sachliche Homogenität vorgegeben, die sich u.a. darin niederschlägt, dass die Anzahl der Stichwörter überschaubar bleibt. Wir haben uns entschlossen, die Großkategorien Gericht (formale und personelle Umstände), Prozess (Eigenart und Ablauf), Hexerei und Alltag auszuwerfen. Diesen ist jeweils eine Fülle von Suchgegenständen, die mit Hilfe von Seitenverweisen gefunden werden können, subsumiert. Die Verweise beziehen sich auf das erste Auftreten spezifischer Wörter bzw. Textelemente (wie z. B. Verhör, gütlich) in einem Protokoll. Auf die Erstellung von Orts- und Personenregistern wurde im Wesentlichen deshalb verzichtet, weil uns die arbeitsaufwendige Auflistung der ungeheuren Menge von an den Prozessen beteiligten oder darin erwähnten Personen in keiner sinnvollen Relation zum sprach- und kulturhistorischen Erkenntnisgewinn steht. Zudem enthalten die einleitenden Informationen Hinweise auf Personen und Örtlichkeiten der jeweiligen Quelle.

3.

Literatur

Behringer, Wolfgang (Hrsg.) (2000): Hexen und Hexenprozesse in Deutschland. 4., überarb. und aktualisierte Aufl. München. Bergmann, Rolf, Dieter Nerius (Hrsg.) (1998): Die Entwicklung der Großschreibung im Deutschen von 1500 bis 1700. Bearbeitet von Rolf Bergmann, Petra Ewald, Jutta Förtsch, Ursula Götz, Dieter Nerius, Birgit Ruf und Reinhold Tippe. Heidelberg. Bergmann, Rolf, Petra Ewald (2004): Einführung zum Forschungsprojekt „Aufkommen und Durchsetzung des morphematischen Prinzips in der deutschen Orthographie 1500–1700“. In: Sprachwissenschaft 1/29, S. 3–15. Besch, Werner (1976): Zur Edition von deutschen Texten des 16. Jahrhunderts. In: Alemannica (Alemannisches Jahrbuch 1973/75), herausgegeben vom Alemannischen Institut Freiburg/Breisgau, S. 392–411. Fritz, Gerd, Erich Straßner (Hrsg.) (1996): Die Sprache der ersten deutschen Wochenzeitungen im 17. Jahrhundert. Tübingen (= Medien in Forschung + Unterricht, Serie A, Bd. 41).

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Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (1989). Herausgegeben von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel und Oskar Reichmann. Band 1: Einführung. a–äpfelkern. Bearbeitet von Oskar Reichmann. Berlin/New York. Gardt, Andreas (1998): Die Sprachgesellschaften des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, herausgegeben von Werner Besch, Anne Betten, Oskar Reichmann und Stefan Sonderegger. 2. Aufl., Berlin/New York, S. 332–348 (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 2.1). Hundt, Markus (2000): „Spracharbeit“ im 17. Jahrhundert. Studien zu Georg Philipp Harsdörffer, Justus Georg Schottelius und Christian Gueintz. Berlin/New York (= Studia Linguistica Germanica 57). Kilian, Jörg (2000): Entwicklungen in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert außerhalb der Sprachgesellschaften. In: Geschichte der Sprachwissenschaften. Ein internationales Handbuch zur Entwicklung der Sprachforschung von den Anfängen bis zur Gegenwart, herausgegeben von Sylvain Auroux, E.F.K. Koerner, Hans-Josef Niederehe, Kees Versteegh, Berlin/New York, S. 841–851 (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 18.1). Macha, Jürgen, Wolfgang Herborn (Bearb.) (1992): Kölner Hexenverhöre aus dem 17. Jahrhundert. Köln (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv Köln 74). McAlister-Hermann, Judith (1986): „tho gedencken wo man hir dat folcke spiset“. Kulturanalytische Leseweise frühneuzeitlicher Texte am Beispiel Osnabrücker Gesindeordnungen aus dem 17. Jahrhundert. In: Herbert E. Brekle, Utz Maas (Hrsg.): Sprachwissenschaft und Volkskunde. Perspektiven einer kulturanalytischen Sprachbetrachtung. Opladen. S. 108–139. Reichmann, Oskar, Klaus-Peter Wegera (Hrsg.) (1988): Frühneuhochdeutsches Lesebuch. Tübingen. Schormann, Gerhard (1996): Hexenprozesse in Deutschland. 3., durchgesehene Aufl. Göttingen. Stopp, Hugo (1976): Schreibsprachwandel. Zur großräumigen Untersuchung frühneuhochdeutscher Schriftlichkeit. München. Topaloviü, Elvira (2003): Sprachwahl – Textsorte – Dialogstruktur. Zu Verhörprotokollen aus Hexenprozessen des 17. Jahrhunderts. Trier.

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Karte 2: Auswahledition

I. Westliches Norddeutschland

AHAUS 1608 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Ahaus 1608 Handschrift Staatsarchiv Münster, Altertumsverein Nr. 317c 96v–100r (Archivzählung) – Saatkamp (1995), Saatkamp (1993)

Inhalt Der Aktenausschnitt enthält Untersuchungspunkte („Typus: Ob es wahr sei, dass …“), zu denen die vor Gericht gebrachte Hebamme Hille Blomers Stellung nehmen soll. Ihre Verteidigung ist im Anschluss dokumentiert. Zwei Delikte werden ihr unterstellt: Milchzauber und Kindsverhexung. Interessant ist u.a. der mehrere Male geäußerte Vorwurf, sie habe ihre Verdächtigung als zeubersche ungeahndet stehen lassen. Das Protokoll dokumentiert eine Befragung ohne Folter, in der die Verhaftete sämtliche Vorwürfe vehement zurückweist. In einem darauf folgenden peinlichen Verhör wird Hille Blomers die Hexerei gestehen. Ehe es zu einer Verurteilung kommt, stirbt sie in der Haft.

Schrift und Sprache Der Text ist hochdeutsch grundiert, in einer Reihe von Fällen finden sich allerdings niederdeutsche Formen, vgl. z.B. die unverschobene Media in dhoeren oder der Reibelaut in gesacht, vor allem aber die niederdeutsche Lexik wie puggen, verKens, verqwynungh etc. Der Schreiber hat eine eigenwillige Groß- und Kleinschreibung, die nicht normalisiert wurde, da eindeutig verschiedene Graphe benutzt werden, vgl. etwa gewicKelt und Lembecke auf der Faksimileseite. Die Entscheidung, ob Minuskel oder Majuskel anzusetzen ist, ist erschwert bei ¢d², ¢h², ¢v², ¢w² und ¢z². Diese Zeichen variieren überwiegend nur in der Buchstabengröße. Erwähnenswert ist die häufig gebrauchte doppelte Negation in der Aussagewiedergabe.

Ahaus 1608

3 [96v] Folgtt nun einhalt der hern eingeschicktter Positional Art[icu]ln daruber hille Blomers zuuerhoren ./ 5

1.

2.

3.

Irstlich wahr, das hille Blömers Tuschauß Inn der herschafft Lembeck eine Milche Khöe verkaufft, dieselbige fur gutt zugesagtt, Wahr aber, das Er Tuschauß darnacher von derselben Khöen Keine milch beKommen Konnen ./ Wahr daß derwegen Er Tuschauß von Ihr hillen vorg[emel]t sein geldt, so Er vor die Khöe gegeben wied[er] gefurdert, vnd zu Ihr gesachtt, du offenbare zeubersche behalt du deine Khöe, vnd thue mir mein geldt widerumb, du beKumpst dauon butter vnd milch vnd Ich beKomme dauon nichts ./

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4.

5. 6.

7.

8.

2 23 24 25 29 37

[97r] Wahr, daß Meierinck auch dieselbige hille fur eine zeuberInne geschulden, habe wegen dessen, das sie Ihme an seinen Kleinen puggen oder verKens schaden zugefuigt haben solle. Wahr, das Sie Butenwech gleichfals an seinen Kälbern beschedigt habe ./ Weitters wahr, daß besagtte hille ein zeitlancK fur eine weise, od[er] Bademoder sich habe gebrauchen lassenn ./ Wahr, daß gesachte hille Meießen Gedding vngefehr fur Acht Jahren ein Junges kindt geboren, welches Er Christlichn gebrauch nach zur heiligen Tauff tragen lassen ./ Wahr, das gesachte hille alß Bademoder das Kindt getragen, vnd In deme diese worter od[er] dergleichen gesprochen, Jetz gehen wir zu

einhalt: ‘Inhalt’ geschulden: ‘beschuldigt’ puggen: ‘Ferkel’ verKens: ‘Ferkel’ Bademoder: ‘Hebamme’ Jetz gehen: zum Teil in Antiqua geschrieben

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35

Westliches Norddeutschland

4

9. 10. 11.

12.

13.

14.

15.

16. 17.

38 52 59 64

67 71

dießer dhoeren henauß, vnd wan daß kindt gestorben, alstan gehen wir auß der Andern dhoeren ./ Wahr das die Nachbar frouwens Ihr gefragt, Ob sie des Kindes zeitt wuste, Wahr, daß hille darauff geantwortet vnd gesacht, Ja, Ich weiß, es wirt hir sterben. Wahr, das eß auch des dritten tags darnach gestorben. [97v] Wahr, das Sie hille von der zeitt an Argwohn gehabtt, sie auch offentlich von der EllerKampschen geschulden worden, welches Sie wie auch alle Andere scheldungen vnuerthedigt vff Ihr ersitzen lassen ./ Zu dem wahr, das alß Meies Gedinck Ihren negst Nachbarn mitt langwirig[er] Kranckheitt ein biest abgestorben, Ihr Sohn henrich sich offentlich gegen etzlichn vernem[m]en lassen, So lange alß Er dha wohne, Jeders Jahrs ein biest verliesen soll ./ Wahr, daß Er henrich auch zu der Krukelischen vnd Ihr Mutter, alß Sie gegen Ime die Khoe beKlaget, gesprochen, Das schadet nicht, das mueß dauon, so lange Er dha wohnet. Item wahr, das Sie hille, ehe Sie mit Obe[rt] angefangen, Ihr die KruKelischen gefragtt, Dasz Imme zum Butenwech sie vor eine zeubersche geschulden vnd Ihr ver wissen hette, daß Sie Ihr Kindt vmbgebracht haben solte ./ Wahr, das die KruKelische geantwortet, warumb verthedigett Ihr das nicht? Wahr, das Sie hille darauff geantworte[t] gesacht, daß were weiber werck, wan sie

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dhoeren: ‘Tür’ scheldungen: ‘Beschimpfungen, Schmähungen’ verliesen: ‘verlieren’ Obe[rt]: Nebenform zu Otbert Die Zeilenenden der verso-Seiten sind aufgrund der knappen Heftung oft nicht lesbar. Mit eckigen Klammern sind hier also sinngemäße Ergänzungen der Herausgeber gekennzeichnet und nicht die Auflösungen von Abkürzungen. verwissen: ‘tadeln, zum Vorwurf machen’ verthedigett: ‘weist (öffentlich) zurück’

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5 [98r] einen bestendigen Man hette, dagegen wurde Sie sich vertheddigen ./ Wahr, daß Thoniesz[en] verselt vngefehr verlittenen herbst drej Jahr, ein Junges Kindt geborn, darzu Sie hille vielg[emelte] alß bademoder gebrauchet worden ./ Wahr, Nachdem Sie das Kindt erstmahls eingewicKelt vnd zugemachet, hette Sie dem auß Ihrem mundt ein weinigh Kaldes biers eingegeben ./ Wahr, das Kindt souort angefangen zuschreien vnd Keine gesundtheitt widerumb erlangtt, sonder In die vierzehen tagen vngefehr mitt größer verqwynungh gestorben ./ Anno p[erge] 608. Am Donretage den 17[ten] tagh Monatts Julii, hille Blomers verstricktinne durch Richter Burgermeistern vnd Scheffen gutlich auff die einKommene Positional[en] examinirt worden, vnd hatt boKandt wie folgtt, Auff den Irsten, Daß Sie Ihre Khöe einem Tuschauß In der herschafft Lembecke zu Rodde seßhafftich, verKaufft fur 17 thal[er] Borckens gelt,

ad 2

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[98v] Ist drej tage newmilch geweszen, Aber sej des folgenden tags Ime abgePfendet worden, vnd zu Lembecke gestanden funff tage lanck, dardurch Sie guste gewordenn, sej geschehen als die konningschen auß dem Lande gezogen weren, Sej dabej ein SterckenKalb geweßen, so sie Ime Tuschauße geraten, das eß von guter artt were, Er solte es aufferziehen, vnd habs Ime fur gutt zugesacht, Aber vellicht wegen desser abpfendungh versegen gewesen,

bestendigen: ‘legitimen, rechtskräftigen’ verselt: ‘Gefährtin’ verqwynungh: ‘Krankheit, Schwäche’ verstricktinne: ‘Verhaftete’ guste: ‘milchlos, ohne Milch’ SterckenKalb: ‘das erste Kalb einer jungen Kuh’ vellicht: ‘vielleicht’ versegen: ‘versiegt’

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Westliches Norddeutschland Ad tertium, Sagtt, Nein, dasselbe sej erdichtet vnd erlögen, das Er+ [INT] ªSieº mitt Ime etzliche mahle auff Kindelbiern geweßenn, Als Ihr solches nicht verweißlich vorgehaltten, sondern hab zu Ihr gesacht, Moder, die Khöe gibt Jetzt Keine milch, hab sie zu Ime gesacht, gebe Ihr was gudtz zuessen, sie soll woll milch geben, dan Sie durch das pfenden versiegen ist ./ Ad Quartum, sagtt, daß Meierinck Sie seiner abgestorbener schweineKens halben, niemahls geschulden od[er] nachsage gethon ./ Ad Quintum, Imgleichen wegen beschedigungh seiner Kalbern, gleichfals von Butenwech od[er] seiner frauwen nit geschulden, Sond[er]n die Butenwegesche zue Ir gesacht, so sie nit schuldich were, soll sie sich verthedigh[en], sie wolte Ihr zu steur Kommen [99r] Ad Sextum, Sagtt, sie sej nun 17. Jahren eine Bade Moder geweszen, Aber nun ein Jahr od[er] 3. (weiln Sie von Obert geschulden vnd offtmaln gefurdert worden) sich dessen Arbeidt enthob[en] ./

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Ad Septimum, Sagt, bej Meies Geddings frauwen bej drej Kind[er] Inn Arbeidt vnd In der nöth gewesen, vnd als das Kindelbier gehalten word[en] sej sie den Abendt, nach+ alß sie das Kindt, henrich getaufft, gewermet, nach hauß gangen, Aber demselbigen Abendt Geddinck, von Montagh vfn dinstagh In der nacht, selbst zu Ihr Kommen vnd gesacht, Ach vaddersche, Kommet doch eilentz an vnse hauß, vnse Kindt Ist so kranck, vnd alß sie an das hauß Kommen, sej das Kindt albereits thodt gewesenn ./ It[em] dabej sagt, daß Gerdt Schucking von Borcken sein Schwager mit seiner frauwen, der Gedingschen Schwester, Auff der deelen gelegen 111 113 114 128 134 137 149

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Die Kursivsetzungen bei den lateinischen Zahlenangaben geben nicht immer eindeutig Antiqua wieder, da der Schreiber innerhalb eines Wortes den Schrifttyp variiert. Dies gilt im Folgenden auch für die lateinischen Versatzstücke. Kindelbiern: ‘Tauffeier’ verweißlich: ‘tadelnd, vorwurfsvoll’ steur: ‘Hilfe, Unterstützung’ gefurdert: ‘vor Gericht gefordert’ nöth: ‘Kindbett’ Auff der deelen: ‘auf dem Holzfußboden’

Ahaus 1608

7 vnd Auch dabej gewesen, vnd solchs gesehen, sej vngefehrlich 8. Jahren Ires behaltz verlitten Ad Octauum Gestehet woll, das Sie zur einer dhoeren nach der heil[igen] Tauff mit dem Kindt gesundt auß- vnd widerumb eingangen, Aber die wortter nit gesprochen zuhaben, Ad 9. 10. & 11. Sej von niemande darumb gefragt worden, vnd auch nicht gewißt die zeit des todts, [99v] Sej von niemande zur Weldt fur sothanige Persone od[er] zeubersche nitt geschulden worden, Ad Duodecimum Imgleichen von d[er] EllerKämpsch[en] nitt geschulden, noch einige böse od[er] wechselworttere zusamen gehalten, dießelbe habe funff Kindere gezeugtt, dabej sie auch Inn der gebürth geweszenn, Ad 13. Sagtt, das Meies Geddinck eine Krancke Khöe gehabt den gantzen winter lanck, Sej ein Wicheler von Rampstorff kommen, hab Inen fast viehl Rhäts gethan, vnd geplastert, hab Geddinck zu Ihr gesacht, Vaddersche, Ich hab viel plasterens an die Khöe angewandt, nhu magh Ich sie zuletzt noch thodtschlagen lassen, wie geschehen, vnd Sie (wie sie geinnereht od[er] vernom[m]en) damit nitt bezichtigtt, It[em] Ihme Geddinck noch ein Kalb abgestorb[en], Ad 14. Sagtt Ihres Sohns beruchtigung vnd solcher wörtter halber, hab sie solchs nit gesacht, daß wisse sie woll, haben es die leute von Ihme gesacht, wisse sie vnd glaubs nit mehr zusein, dan Er ein schlechter Taglohner vnd Arbeider sej ./ Ad decimum quintum, Sagt, hab mit Immen

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sothanige: ‘solche, so beschaffene’ wechselworttere: ‘Wortwechsel’ gezeugtt: ‘bekommen’ Wicheler: ‘Wahrsager, Zauberer’ geplastert: ‘Heilpflaster angewendet’ geinnereht: ‘erinnert’ beruchtigung: ‘schlechter Ruf’

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[100r] Butenwegs niemahls Keine vnnutze wortere od[er] scheldungh gepflogen od[er] gehalttenn, Auff den 16[ten] Sagt gleichfals, der KrucKelingschen nit geKlagt, mitt weittern nit wahr zusein, Auff den 17[ten] Sagtt alles sej vnwarhafftich erlogen, vnd habs nit gesachtt, Auff den 18. 19. vnd 20. Sagt Thonies Verßels kindt (Trineken getaufft) Alß es auff die Welt Kommen, ists gesundt gewest, vort an d[er] zungen mangell beKommen, daran eß gestorben, hab Ihrs Sohns Henrichs frauwe (weiln sie auff einen and[er]n orth mußen sein) das Kindt zur Tauff gebrachtt, vnd Ist die lagemansche dabej gewesen, als sie verstricktinne es rein gebadet, gewermet, vnd der Kräm Mod[er] auffs Bette gebracht, It[em] sie habe dem Kindt nichts In den mundt noch milch od[er] bier eingegeben, sej eß Ihr auch diessen niemahls verweißlich vorgehalten, sed negat omnia, It[em] Beckerßhoffs Kindt prout addendo retulit sei gesundt auff die weldt Kommen vnd, zur h[eiligen] Tauff gebracht, Ist es Am Arm lahm geweßt, welchs Sie nit gethon ./ Letzlich boKandt, daß Sie 16. Iahr vfn Kinder tauff mit Obert geweßen, Auch wol zusamen getruncken, Aber von Ihn kein leidt beko[m]men od[er] beschedigt worden ./

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zungen mangell: ‘Krankheit an der Zunge’ Kräm Mod[er]: ‘Wöchnerin’ prout addendo retulit: ‘wie sie hinzufügend berichtet’

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Abb. 1: Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Altertumsverein Nr. 317c, Bl. 98r

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ALME 1630 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Alme (Sauerland) 1630 Handschrift Archiv Graf von Bocholtz-Asseburg, Akte F 28 10r–13v (Archivzählung) Teiledition Bruns (1974) Bruns (1974)

Inhalt Der Textausschnitt verzeichnet zwei Verhöre, die vor den Gerichtsherren von Alme stattgefunden haben. Im ersten wird der Alteman mittels Folter dazu gebracht, eine – in sich wirre – Darstellung seiner Rolle im Bannkreis der Hexerei zu liefern. Dabei fällt eher beiläufig auch ein folgenreiches Licht auf seine angeblichen Aktivitäten als Werwolf. Ähnlich ergeht es dem ebenfalls besagten Schäfer Godert, der in der Folter einen anderen Schäfer denunziert, er habe ihn die werwulfftschafft gelehrt.

Schrift und Sprache Die Textur des Dokuments ist hochdeutsch, vor allem in alltagsweltlichen Bezeichnungszusammenhängen finden sich aber auch niederdeutsch-westfälische Formen (vgl. etwa scheper, huuen, schweppen für ‘Schäfer’, ‘Hauben’, ‘Peitsche’). Latein wird vom Schreiber nicht nur in Form einzelner Fachtermini verwendet, sondern es erscheinen auch lateinische Teilsätze bis hin zu komplexen Satzkonstruktionen. Die Schriftzeichen sind nicht homogen, häufig fällt es schwer, eine eindeutige Zuordnung von Schriftzeichen und Laut zu treffen.

Alme 1630

11 [10r] 13. Julii. Der Alteman auff seine der Zauberei halber indicia Ex prothocollo patentia Vor Flucht vnd eigene guitliche bekendtniße zu derer ratification mit temperirter quæstion angegrieffen, dabei er bekendtligh verplieben Alß folget. Alß er vor 2. Jahren außer kirchen kommen auff St. Jacobi tagh, So hab ihm seine frauw einen stutenbrei gekochet, Vnd darin eingeben daß er habe zaubern lehren müßen, Vonwelchen stuten brei er drei tage kranck word[en] Vnd Alß er wider auffgestanden so hab sie ihme mit der knie auff die brust geseßen, Vnd ihme den Halß zerbrechen wollen d[as] er Also auß zwengh diese laidige kunst lerenn müßen. Hab 3 fueß ins teuffelß Nahmen zurück gehen, Gott Vnd Alle seine heiligen Verleichnen Vnd sich dem teufel ergeben mußen. Daruff ein Junffer mit bögelen Alß ein Von Adel in blauwen kleidern Vnd huuen zu ihme kommen, so ihme einen g[old]g[ulden] geben welcher kuhdreck worden deren Nahme sei Margreta Eluen teufel mit welcher er fleißlich zuthuen gehabt, so kalter Natur gewesen. Ihren Teuffelß dantz haben sie an der Eggen Vnd am Heertorn dahin er Alle donnerstage Abent wen er sich erst außem Pott mit schwartzer mate[rie] ins teuffelß Nahmen vor den kopff geschmirt auff seiner krücken hingeritten,

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[10v] Den SchmerPott hab Scheper Godert[en], Auffm Teuffelß dantz haben sie auffr

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indicia Ex prothocollo patentia: ‘aus dem Protokoll ersichtlichen Indizien’ vor: ‘in Hinsicht auf’ stutenbrei: ‘Weißbrot-Brei’ lehren: ‘lernen’ zwengh: ‘Zwang’ Verleichnen: ‘verleugnen’ bögelen: ‘Ringen’ huuen: ‘Haube, Kopfputz’ fleißlich: ‘fleischlich’

Westliches Norddeutschland

12 knotten korffen linen gedantzet, linck herumb ins teüffelß Nahmen. Alß er außgerissen, so hab ihn der Teuffel mit einer gloenden schweppen gezwungen daß er wider auff Almen gehen mußen. Der obrister teuffel seße auffm gloen den stuel vnd hab ein gloende schweppen in der handt, damit er sie geschlagen. Auffm Teufelß dantz sein mit ihme gewesen Scheper Godert, die Bodekersche Engel, die Bodekersche Trine, Vnd Enneke die Johanverschen mit ihrer Tochter Trinen It[em] Schwarten Trine, der Graue zu Wülffte, so auffr halben ziegen zum tantz kommen der kollersche sohn Steffen so auffm halben kalb von Wülfft zum dantz kommen, die Clagesche zu Wülffte, der Hincken Schmidt Jobst, Seuerin, die Brügersche mit ihren tochtern Vrsulen Vnd der Mölersch[en], Tellors dilie, deren Schwester Trine, Tellors Enneke, Pickertz tochter so bei Bertholtz Johan wonnet, deren Nahme Elsche, Vnd deren Schwester Enneke, von Nehen Adam so vor im dorff wonnet, der Corte zu Nehen, Lentzen hanß zu Nehen, Vnd Jacobs Hanß daselbst. It[em] Schleuers Adam+ so auffr halben ziegen in schwarzen kleideren auffm dantz kehme welches gewiß wahr sei, [11r] Funcken Olmes sei der Spielman gewesen. Die Bodekersche Engel Vnd die Johanuersche sein die leüchtere Vnd haben d[as] liecht auffm kop stehent im hindersten. Mollen Johan Vnd Herde hanß sein wehrwulffe welche gurtel vmbspannen Vnd Viehe zerreißen. Die teuffelß kunst erstligh an seinem

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knotten korffen line: ‘mit Knoten geflochtenes Seil’ linck: ‘links’ gloenden: ‘glühenden’ schweppen: ‘Peitsche’

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Alme 1630

reuocauit

13 eigenen künen fercken mit schwartzem Teufelß kraut vor 2 Jahren probirt. Weiters auffm Teuffelßdantz mit ihm gewesen Cordt Mönnekes, der NiggeMeier Henrich, Budden Andreß mit seiner frauwen durriten, die große Aleke Steineken zu Nider Allm. Auß Wulffte d[as] Meierken mit seiner dochter+ frauwen. die Alte Klaggesche mit ihrer Tochter trinen so zum scharpffenbergh wonnet, Auß Nehen Jacob Lentze mit seiner frauwen, der Hilbrender von Nehen, Herde Hanß weib sei die wehrwulffin Vnd hab einen stuppelden stert. Ihre dantz Leine sei an den Heertorn Vnd an die Galg[en] gebunden. hetten auff Alle vier hochzeite des Jahrs quartales Generales Conuent[ion]es gehalten.

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Vnd dieser Alteman bei seiner vrgicht bestendigh usq[ue] in Extremum vitæ habitum verharret. [11v] 10 Augusti. Vbergab Fisc[us] c[ontra] Scheper Goderten folgende Ind[itiona]lens [!] petens eosdem tam ad respondendum quam ad probandum admitti, cum obl[igation]e sine sup[er]fluo negatos probandi ~ 1.

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Scheper Gerdt ein zeit hero in starkem Zauber gerücht gewesen testantib[us] des Grauen [INT] ªJorgen schmes Jacobo Timmermansº Wahr d[as] er solches wol gewist, Aber solches nie verthettigt. Wahr das er den 1 Junii von Spieker Elßen vor ein Zauberer besagt, welche auch daust

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fercken: ‘Ferkel’ reuocauit: ‘er hat widerrufen’ (den unterstrichenen Namen) stuppelden stert: ‘stumpfer, kurzer Schwanz’ Alle vier hochzeite des Jahrs: Gemeint sind Ostern, Pfingsten, Allerheiligen, Weihnachten. quartales Generales Conuent[ion]es: ‘vierteljährliche allgemeine Zusammenkünfte’ petens … probandi: ‘mit der Bitte, dieselben sowohl zur Beantwortung als auch zur Überprüfung heranzuziehen, mit der Verpflichtung, keine überflüssige Abfragung der negierten Artikel durchzuführen’ Grauen: ‘Grafen’ daust: ‘draußen, außerhalb des Hauses’

Westliches Norddeutschland

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gestorben. Wahr d[as] er den 3 Junii von der AleManneschen vor ein Zauberer besagt, welche auch drauff hingerichtet, Wahr d[as] er den 7 Junii von Durriten Elßen vor ein Zauberer besagt, Inmaßen die selb druff bestendigh hingerichtet. Wahr daß er den 16 Junii von Seuerin vor ein Zauberer besagt, welcher gleichfalß daruff gestorben. Wahr d[as] er post informatam c[ontra] ipsum inquisitionem Ex carcere gebrochen Vnd verlauffen. Wahr d[as] er von dem Aleman Vor ein Zauberer besagt. Idem Incarcerat[us] sup[ra] art[icul]is respondit in modum sequentem. Ad 1. nescit Ad 2. uti ad primum. [12r] Ad 3. sagt d[as] were nicht guit, hetts nicht wol gemachet. Ad 4. uti ad proximum Ad 5. similiter ut ad proximum Ad 6. ut ad proximum Ad 7. gestehet fugam et quidem vi tormentorum intentatam. Ad 8. d[as] were nicht guit. Fisc[us] bat ind[itional]es et respo[nsion]es zuerwegen Vnd Torturam zuerkennen, submittens. Decretum. Cum ind[itiona]les Tam per testes quam prothocolla in continenti probati sic est præsens reus pro veritate indaganda ad Torturam Condemnat[us]. idq[ue] de Jure ~.

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post informatam c[ontra] ipsum inquisitionem: ‘nach der gegen ihn eingeleiteten Untersuchung’ uti ad proximum: ‘wie zum Vorherigen’ similiter: ‘ähnlich’ fugam … intentatam: ‘die Flucht, die er auf Grund der Brutalität der Folterungen in Angriff genommen hat’ Cum … Jure: ‘Da die Inditionalartikel sowohl durch die Zeugen als auch durch das Protokoll im Hauptpunkt bestätigt worden sind, ist der anwesende Angeklagte zur Folter verurteilt worden, um die Wahrheit zu erforschen, und zwar von Rechts wegen’

Alme 1630

15 Alß Scheper Godert mit geringer folter vorgenommen, bekendt er d[as] ihme vor 3 Jahren Funcken Olmes vor in seinem schoppen daß Leidige Zauberen gelert, auß Vrsachen daß seine Schaffe keinen grindt haben sollen. habe 3 fueß ins Teuffelß Nahmen zuruck gehen Gott, Alle heiligen, seinen Rhadt Vnd thadt ver leuchnen Vnd sich dem teuffel ergeben mußen, welches er gethan. Daruff sein Bule zu ihm kommen in schwartzen seiden kleideren, mit Nahmen luitger ªin weibes gestaltº welche ihm 1 th[ale]r geben Vnd sei perdedreck worden, mit welcher er zuthuen gehabt, so kalter Natur gewesen. Daß er nicht guitligh bekandt, d[as] hab der Teufel nicht leiden wollen, so Ihm gesagt d[er] buddel kehme, er solt sich fest halten, sie wol in erretten. [12v] Ihren Teuffelßdantz haben sie an der eggen dahin er Alle donnerstage Abent wen er sich erst außem Pott mit schwartzer materi ins teuffelß Nahmen vor den kop geschmirt Vnd außem fenster geflogen, aufr einer schwartzen katzen kommen, daselbst sie auffr linen Von knotten korff gemacht gedantzet, weiter daselbst gesehen Seuerin welher der obrister d[er] Menschen gewesen, Vnd sider d[er] hingerichtet, haben sie keinen dantz halten konnen. Schmuckers Johan, die Alte kleintönnische Grete, deren thochter durrite Vnd sohn Johan, Truer mit tochter Agata, Stoffel vffr Gotten sein frauw, Geruins dierich, Böners Eue, Sencker Henrich Vnd sein frauw, Schwein henrich, Lüken Albert sei der Spielman, spiele auffr glesenern Pipen, des Alten Peters weib sei der leüchter, stehe auff kop Vnd hab

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grindt: ‘Hautausschlag, Schorf’ buddel: ‘Gerichtsdiener’ fest halten: ‘standhaft bleiben’ Von knotten korff gemacht: ‘aus Knotengeflecht gemacht’ sider: ‘seit’

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16 d[as] licht im hindersten. Auß Wülffte köller Steffen, die NieMeiersche welcher man thodt, Clagges hanß welcher ein lanck dingh mit questen Alß eine fane in d[er] handt gehabt, Clara in Hemer Tönnieß hauß, der Alten Aleff, auffm teufelßdantz gewesen. Schmuckers Johan sei der rechte obrister Stoffel vffr Gotten trine, Gostes Jobst, der Schnidtker zu Nider Alm, Maria in des NiggeMeiers hauß. Vor 2 Jahren klein Tonnieß Jorgen ein braun Pferdt mit schwartzer materi vergeben auß vrsachen, d[as] er ihn nicht einfahren wollen.

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[13r] sich selber vorm Jahr ein schwartze stercken mit selben teuffelß kraut Vergeben, auß Vrsachen d[as] er keinen Anderen schaden thuen. It[em] Vorm Jahr ein grae katzen mit schwartzer materi vergeben auß Vrsachen, d[as] sie ihme schaden gethan. Ihr obrister auff teufelß dantz heiße lucifer den sie mit großer reuerentz Vnd hindersten küßen verehren müßen. Haben Nach dem dantz geßen Vnd druncken, dauon sie nicht sat worden, sonder sei lauter Phantasei gewesen. It[em] Bekandt daß ihn Scheper Volpart auff d[er] Möne vor 3 Jahren die wahrwulffschafft gelert hab auß Vrsachen d[as] er dadurch viel bekommen soll. hab seine kleider in busch hüden Vnd Alß dan hab ihme der teufeel einen schwartzen gurtel bracht, den er in der lincken seit[en] ins teuffelß Nahmen zugespannen Vnd dan sein die hände die fordersten Vnd die beine die hindersten füße gewesen habe kurtz

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questen: ‘Quaste’ einfahren: ‘heimfahren’ stercken: ‘Jungkühen’ hüden: ‘verborgen’ zugespannen: ‘zusammengemacht, befestigt’

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17 ohren wie ein hundt, Vnd ein kurtzen schwantz gehabt. Vnd sei seines Verstandtz beraubt gewesen. In seiner werwulfftschafft Olmeßen dem Scheper vffm broch ein fercken auffr Nettelbecke zerrießen Vnd eß ins sipen gestoßen. It[em] im Andtfelt den NiderAlmischen schepern ein schap zerrießen. Bleibt bei seiner Vrgicht bestendigh mit erpie ten daruff zuleben Vnd zusterben Vnd eß Allen nom[in]atis ins angesicht zu sagen

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sipen: ‘Bach’ nom[in]atis: ‘Benannten’

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Abb. 2: Archiv Graf von Bocholtz-Asseburg, Akte F 28, fol. 12r

CELLE 1570 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Celle 1570 Handschrift Stadtarchiv Celle, 12 B 52 88r–91r (Archivzählung) – Blazek (2001), Lehrmann (1997)

Inhalt Ilsche Luders aus Ahnsbeck wird am 15. Juni 1570 gütlich verhört und gesteht typische Hexereidelikte, zum Beispiel den Umgang mit dem Teufel oder die Teilnahme am Hexentanz. Als Lehrmeisterin gibt sie ihre Cousine Alheit Eggers an, die – wie aus der Akte ersichtlich – zusammen mit drei weiteren Frauen am 20. Juli 1570 verbrannt wird. Ilsche Luders, die am 19. Juni ihr erstes Geständnis ratifiziert, stirbt Blazek zufolge in der Nacht auf den 20. Juni in der Haft. Ihr Todesurteil wird daraufhin umformuliert und ihre Leiche verbrannt.

Schrift und Sprache Das Protokoll zeichnet sich durch eine sehr gute Lesbarkeit, ein ordentliches, gerades Schriftbild und eine klare Gliederung aus, einige Flüchtigkeitsfehler erschweren jedoch bisweilen das Textverständnis. Der Schreiber zeigt eine auffällige Neigung zur Konsonantenverdopplung am Wortende, insbesondere bei ¢l² (viell, mall, gleichwoll) und ¢n² (nhemenn, gestorbenn, andernn). Spirantische Schreibungen im Auslaut (frei willich, gestendich) sind norddeutsche Typika. Die Umlaute bei o und u werden nur in seltenen Fällen markiert. Das hochdeutsch verfasste Protokoll weist eine Reihe von niederdeutschen Lexemen auf (z.B. schnuten, suken, wit, schap), die mehrheitlich aus dem alltagssprachlichen Bereich stammen. Hervorzuheben ist, dass die Angeklagte sich bei der Zeitangabe an Heiligentagen orientiert (acht tag vor Michaelis, am tag Gregorii etc.).

Westliches Norddeutschland

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Am 15 Junii Anno p[erge] 70 Hat Ilsche luders von Adenßbeck frei willich bekant, 5

Das Hanß Eggers deß vorstorbenen kuhirten zu Wesendorff Seligen witwe Alheit Eggers genant habe Ihr die zauberei vnderrichtet diese Alheit sei Jetzo bei Ihrem Sohen dem kuhirtenn zu Wesendorff, vnd Ihr gahr nhae vorwant, dan sie sein Bruder vnd Schwester kinder, Dan weil Ihr man vor etzlichen Jahren zu Adenßbeck ein hirt gewesen, vnd viell kuntschafft mit Ihr gehabt, habe Alheit sie vngefehr vor 14 Jahrenn eins mals zu sich in die hirte koten zu Adenßbeck gefordert, do habe sie Ihr von dieser gemeinschafft gesagt, vnd seie der Boser geist domals zu Ihnen samptlich gekomenn, In eines tapfern Reisigen manß gestalt, vnd habe sich geheissen Lukefatz, vnd sie gefragt ob sie mit Ihme zufrieden sein, vnd sich zu Ihme begeben wolte, daß habe sie gewilligt, vnd seins willens gelebt, darauff habe ehr Ihr etwas an Muntz zu drinckgelt gegebenn, welches schnuten vnd ohrenn gehabt, Sie habe eß aber nicht gekant, aber In Ihre Kiste gelegt, vnd seither nicht gesehenn, die Eggersche [88v] hab damals Ihren bulen auch gehabt, deß nhamen sie nicht behaltenn. Folgendes sei Ihr bule Lukefatz an sie geratenn In der wasch vor Adenßbeck Darnach In der Götzerschen Hauß zu Lachendorp, die Götzersche habe Ihrenn bulen auch bei sich gehabt, der habe Ihr der Luderschen gesagt, eß wurden dahin mehr Ihrer geselschafft kommen, eß wehre aber domals niemants erschinenn, 4 16 20 25 34

Wie aus Zeile 168 ersichtlich, wurde die Angeklagte tags zuvor gefoltert. koten: ‘Hütte, Häuschen’ Reisigen manß: vermutlich ‘berittenen Söldners’ Muntz: ‘Münze’ schnuten: ‘Schnauze’ Folgendes: ‘im Folgenden’

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21 Alheit Eggers von Wesendorff seie vielmas zu Ihr gein Adenßbeck In Ihr hauß gekomen, vnd Ihr viell gesagt von wickerei, zauberei, vnd Segnerei, Darauff habe sie aber so nicht geachtet, Vnd alß sie vornomen, Daß Balthassar Meier, Welche Ihres vor storbenen Sons witwe gefreiet, mit Ihr der Luderschen vnd sie widderumb mit Ihme nicht allerding einich, habe sie Ihr in einem alten butter schwarm etzliche Materien gethan, die widder Ihnen zugebrauchen, Daß habe sie aber nicht thun wollen, sonder eß an den zaun nach Mechels hoff gegossen, In deß bosen geistes nhamen, wie Ihr alheit Eggers geleret hatte, Aber gleichwoll nicht der meinung, da[ß] Daß gut solte schaden nhemenn, dan Baltzar Meier [89r] hette daß mall noch kein gut Im hoffe gehabt, Eß wehre Ihme ein ochse oder zwei vorschiener zeit gestorbenn, die hette ehr aber vorschmachten lassen, Alheit Eggers habe Ihr vff ein ander zeit eine haselnots schellen gethan, darInnen werenn gowesen Balthasars hare, vedderdaun vnd ander Olmicht tuch, Daß hab sie geworffen, auff Alheids vnderricht In tausent boser [geister] name ahn den ort da Balthasar sein haubt deß nachts Im bett pflege hin zulegen, vnd solte dartzu dienen, daß Balthassar ein zeitlanck suken solte, vnd seie geschehen vor zwen oder dreien Jahren vngefehr acht tag vor Michaelis, do hab sie mit Ihr dauon gesagt vnd hab Alheit gesprochen, wan Balthasar Ihr solche schalckheit thete, wan man dan konte seiner har bekomen so wolte sie etwaß flienn, do hab sie die Ludersche etzliche Balthasars har Im hoff gesamlet, dan Luder dedeke hette sie Ihme

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wickerei: ‘Wahrsagerei’ Welche: gemeint ist ‘welcher’ butter schwarm: ‘hölzerne Dose, in der Butter zur Arbeit mitgenommen wird’ gut: ‘Vieh’ vorschiener zeit: ‘abgelaufener Zeit’, gemeint ist ‘vor einiger Zeit, früher’ haselnots schellen: ‘Haselnussschale’ Olmicht: ‘von Fäulnis angefressen, modrig’ tuch: ‘Zeug’ [geister]: Im Original findet sich an dieser Stelle ein Abkürzungszeichen ähnlich dem Zeichen, das für „perge“ steht. Da es jedoch hier wie auch im Folgenden immer auf das Wort „böse“ folgt, steht es in diesem Zusammenhang für das Wort „Geist“ (vgl. Zeile 18 Boser geist, Zeile 54 bosen geistes) und wird dementsprechend aufgelöst. suken: ‘krank sein/werden’ flienn: ‘zurecht stellen, ordnen’

Westliches Norddeutschland

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kurtz zuuor abgeschnitten, die hette Alheit zu sich genomen, vnd gesagt sie wolte eß nhemenn nach Obbershausen, vnd Oldenzell, darnach wolte sie eß Ihr widder schicken, darnach Acht tage vor Martini, habe eß Ihr Alheit In Ihr hauß geschicket, [89v] bei einem Jungen, sie habe Ihnen aber nicht gekant, auch nicht gefragt waß ehr vor einer were, der Junge habe aber gesagt ehr where von Wesendorpff, Zu diesem werck hab sie keine hilff mehr gehabt, alß Alheidenn Eggers Weil auch Kasten [!] Endeholt sich balthassar meiers sach auff dem gericht zu Beidenborstell widder sie die Ludersche angenommen, auch Ihr sunst zugemessen daß sie an seines sons obliggenden schaden schuldich wehre, So habe sie auß einem alten butter schwarm etzliche Materie, welche wit, schwarz, vnd bunt gewesenn, Carsten Endeholt in seinen doer geschuttet, In deß bosen [geist] namen, auß keiner andernn vrsach, dan daß Ihme sein gut strumpelenn solte, vnd dasselbige hette Ihr Alheit vor 13 oder 14 Jaren gegebenn, widder die, die Ihr schalckheit tetenn, vnd habe eß verwarlich einhaltenn, In Ihrem vorschlossenen schap,

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Diesen beiden seie Ihr schade woll zubenhemenn, dan sie wolle eß nicht mehr thun, Sie wisse von keiner zauberei, oder von geselschafft, die Ihr dartzu geholffen, mehr, dan von Alheiden wie vorgemeldet, [90r] Sie sei aber in diesem Jahr in der geselschafft vnd abendantz am tag Gregorii gewesen vor Adenßbeck, Im westerhope, vnd neben Ihr Margretha götzers von Lachendorp die alte, die Lowesche zu Jarnsen, Heinrich Euerdeß frawe von Obbershausen, die alte auff dem Ende wonende, daselbst,

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wit: ‘weiß’ strumpelenn: ‘straucheln’ schap: ‘Schrank’ abendantz: ‘Abendtanz’

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23 haben sie gedantzt vmb einen Eichen bom, den habe der bose [geist] welcher schwartz gekleideth gewesenn, vnd einen valen huet vffgehabt, mit röem gar[n] bespunnen, Der boeser habe eine Liren gehabt, vnd voran gedantzet,

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Eine mans persone seie darnach zu Ihr gekomenn, vor daß bett bei nacht, vnnd habe geglentzet, der hette Ihr gesagt, daß sie darnach am tag Gertrudis In daß Obbershauser holtz komen solte, da seie neben vorgemelten weibern auch erschienen die alte Richerdesche von Obbershausen, di Meineuersche von Offensen, vnd haben abermals einenn Abendantz gehaltenn, der boeser [geist] habe vorn an mit der Richardeschen gedantzet, vnd gesagt, Eß wehre gute mast vorhanden, Sie solte aber in Vier Jahrenn nicht mehr sein, vnd habe der boeser den Baum bespunnen mit röem garn, die Richardesche habe aber in den Hauffen gesagt, man konne eß woll benemen ob sie eß aber thun konne vnd womit, wisse sie nich[t] Damalß habe einer bei Ihr der Luderschen gedantzt hab stripede hosen annen gehabt, vnd an den fuessen hundeß klawenn, [91r] Bei solchem Abendantz singen sie sunderliche gesenge, dogen aber nicht viell, wie sie aber lautenn, daß habe sie vergessenn, Sie habe mit Ihrem Bulen dem Lukefatz etzliche mahll (mit zuchtenn zu schreiben) zu thun gehabt, eß seie aber kalt werck gewesen, vom dantz hab sie Ihr buell wegbringen lassen, auff einem Schwartzen bock, habe drei beine gehabt, Vnd hette Ihr In der nechsten fasten Offenbaret, das Carsten Endeholt sie abermals vorclagen wolte, vnd daß ehr sich den Emeß beutell zur handt gelegt hette, do hab sie ihnen gebeten daß ehr den beutell in die hohe an einen bom bringen wolte, 120 122 123 135 138 141 144 145 156

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bom: ‘Baum’ valen: ‘fahlen, gelben’ mit röem gar[n]: ‘mit rohem Garn’. Mit dem Ausdruck „rohes Garn“ wird der erste einfache, mit den Fingern und der Spindel gedrehte Faden bezeichnet. Liren: ‘Leier’ mast: Frucht von Eiche und Buche als Tierfutter benemen: ‘beseitigen’ stripede: ‘gestreifte’ Der Text wird nahtlos von fol. 90r auf fol. 91r fortgesetzt. dogen: ‘taugen’ Emeß beutell: ‘Brotbeutel’

Westliches Norddeutschland

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das hette ehr gethan, an welchem bom ehr auch hatt gehangen, biß an den heiligen Ostertag, Auff denselbigenn alß die leute auß der kirchen gekommen, sei der beutell vom bom gefallen, Sie wisse von keiner zauberi oder vorgift, die vff oder vnden in der Erden vergrabenn, vnd Jemants schetlich sein konte, habe eß nicht mehr dan wie gemeldet gebraucht,

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Dieses hab sie gestern in der pein nicht bekennen konnen, Diese bekantnuß isth Ihr widderumb vorgehaltenn, am 19 Junii Anno 70. Sie Isth derselbigenn gestendich, vnd seie wahr, darauff wolle sie leben vnd sterbenn,

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vorgift: ‘Gift’

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Abb. 3: Stadtarchiv Celle, 12 B 52, fol. 88r

FLENSBURG 1608 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Flensburg 1608 Handschrift Stadtarchiv Flensburg, Bestand A 33a 250–256 (Archivzählung) Wolff (1887) Hanf (1992), Schulte (2001), Unverhau (1984)

Inhalt Die wegen Zaubereiverdacht inhaftierte Anna Kockes wird am 29. April 1608 peinlich verhört und gesteht in 20 Aussagepunkten unter anderem Schadenszauber, Abtreibungen, Teufelsbuhlschaft und Teilnahme am Hexentanz. Nach öffentlicher Verlesung und darauf folgender Ratifizierung ihres Geständnisses wird sie bereits am 9. Mai vom Stadtrat zum Tode verurteilt und bei lebendigem Leib verbrannt. Das Protokoll, bei dem es sich um einen Auszug aus dem Rodeboek der Stadt Flensburg handelt, spiegelt in interessanter Weise das maritime Umfeld der Angeklagten (Schiffsunglücke, Fischschwund u.ä.). Es werden zudem verschiedene Zauberformeln und Trankrezepturen wiedergegeben.

Schrift und Sprache Das Protokoll wurde von einem Schreiber mit geübter Hand in flüssiger, gerader und gut lesbarer Schrift verfasst. Der Abstand zwischen den einzelnen Zeilen ist sehr eng und die Marginalspalte recht schmal, so dass der Text insgesamt sehr kompakt und gedrungen wirkt. Die Gliederung, die der Verfasser durch eine fortlaufende Nummerierung, durch Absätze und vergrößerte Wortabstände vornimmt, fällt daher auf den ersten Blick kaum auf. Eine Eigenheit des Schreibers ist die in einigen Fällen auftretende Großschreibung des medialen ¢e² in dEm und dEn. Da die Stadt Flensburg gerade im inneren Kanzleibetrieb erst verhältnismäßig spät zum Hochdeutschen überging, weist das Protokoll einen klar niederdeutschen Charakter auf. Hochdeutscher Einfluss findet sich im Wesentlichen im Bereich der Lexik in Form einzelner rechts- bzw. kanzleisprachlicher Wörter oder in Versatzstücken (z.B. in Jegenwarth des Konniglichen Stadtvogtes, dorch Einhelligen Votis, Bekentnuße, Nachrichter) sowie in geringem Maße bei Formwörtern (z.B. hinder). Im morphologischen Bereich fallen die hochdeutsche Endung -lich (Pinlich, gefencklich, erstlich, entlich) sowie die hochdeutsche Konsonantenverbindung ¢schl² bzw. ¢schm² auf (geschlagen, Schwertschlim, geschmöket).

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[250] Anna Kockes Ein Zeuberinne ~ Anno 1608 am 29. Aprilis in Jegenwarth des Konniglichen Stadtvogtes vnd Cemmerer der Ehr vnd Achtbarn Petri kalliesen Dittmaer Haer vnd Ritzer Saurbrauwers, Ock Marten Holsten Coßmas Faken, Marten Jeßen vnd Henrich Holsten, alß hirtho erforderten Borgertuegen, Is Anna Kockes, Welche töuerien halfen, Deren se lange tidt beruchtiget gewesen, thor gefencklichen haft is angenamen word[en], Pinlich Examineret vnd verhöret word[en]. Vnd bekent wo folget ~. 1. Erstlich hefft se etzliche vnderschedtliche Segen reciteret vnnd hergesecht Welches segenen Se gebruket hebbe, Darmit ein Stucke Brodes tho erwerfen, Solches segenen hebbe se woll vor 60 Jharen tho Milstede gelert ~ 2. Ferner bekent se, Datt Margaretha Supmans ehr vor korter tidt gebed[en], se scholde sick mit Ehr van hir nach Eiderstede begeben, Dar wold[en] se geldes genoch kregen ~ 3. Bekent se, Datt se Lißbeth Hermans oder Tegelmeysters vortöuert hebbe vnd datt solches geschehen sy Alse Nanne Jenses van Achterup de gedachte Lißbeth im Backofen gehatt vnd [251] gebadet hebbe Vnd si se vnd Anna Jenses Jens Alsings fruwe vor dEm Backofen thosamende gewesen, Vnd hebben desuluige ock den Drunck, Damit de lißbeth Hermans vorgeuen thosamende bereidet von groenem Wather vnd von Bosem Puggen Kuller, Vnd hebbe Anna Jenses Schwarte Steyne darthogedan, Welchen drunck duße Anna Kockes der Lißbeth Tegelmeisters in den Backofen Ihngeriecket hebbe. Vnd si de Anna Jenses vor dEm Backofen hinder dEm Bruweketell gesethen Vnd hebbe Ein Knecht Densche Jens Ehr Anna kockes woll gesehen Segt ok Datt Anna Schwarfes se de Anna kockes geseh[en] hebbt. DEn trunck segt se hebben se Ihn ªMette Paulß huse gemaket.º 4. Bekent ferner Datt se Karsten Sturman Annen krußfruwen Man vortouert hebbe, Datt he mit dEm Bothe gesunken vnd vmmegeKam[en]. Vnd Segt datt se vnd Anna Jenses bi Luttke kock[en] hoffende buthen d[er] Stadt ehm solches vp den Halß gespanet hebben. 7 8 13 27 30 31 37

Borgertuegen: ‘Bürgerzeugen’ töuerien: ‘Zaubereien’ tidt: ‘Zeit’ erwerfen: ‘erwerben, bekommen’ Puggen Kuller: ‘Froschlaich’ Ihngeriecket: ‘hineingereicht’ Bruweketell: ‘Braukessel’ he: ‘er’

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Westliches Norddeutschland 5. Ferner Segt se Datt Mette Juers Lorentz Leppers gewesene hußfrouwe Welche gestoruen, So auer Sal[igen] M. Jochim Tabbert gewaket Ehr hebbe bi nacht tiden in Jochim Tabberts huß in vnd vthgelathen Ihn des Bosen Nhamen Da hebbe se M. Jochim einen Drunck bigebracht Sy van Wittem Water gemaket vnd etzlichen Kleynen Schwarten Steynen Welche se kleyn …+ gekloppet. Densuluigen Drunck hebbe se Ihn Ein Kroß gegeuen vnd Mette Juers densuluigen M. Jochim gereket, Vnd si se Anna kockes woll ein Stunde oder thwehe ihn der Kamer vp der Deelen gesethen immittelß solches vorrichtet Eth hebbe ock M. Jochim Na demsuluigen Druncke man Ein dagh oder achte geleuet ~ De Schwarte Steyne Segt se hebbe Ehr ein hupsch kerll gegeuen Ihm felde, alse se Na Kluß gaen wollen Sy Ehr [252] patron gewesen vnd Turnus geheten ~ Bekent ock, Datt dußer Turn[us] si offtmalß bi Ehr gewesen vnd datt se mitt demsuluigen bi der Reperbane sy ethliche mall in einem Berge gewesen Vor Welchem Berge Eine Dhore si. Vnd Segt Datt eth in dEm suluigen Berge gar schon ge wesen sy ~ In dußen Berge Segt se hebbe se ock mitt ehrem Turno boleret Vnd si desuluige Ruch vnd kolt gewesen. Segt ock Datt se der Turn[us] in dußem Berge gewaldigh geschlag[en], eth orsaken Datt se Karsten Andersen Fruwen vorgeuen scholde, Welches se nicht don Wollen. 6. Bekent ok Datt se duße Kunst woll 20 Jare gebru ket hebbe Vnd datt ehr Turn[us] desuluige erstlich gelert hebbe vnd sy tho Ehr ge kamen vp Hokelmans berge ~ 7. Ferner bekent se, Datt se Jens Alsing vortoeuert hebbe Datt desuluige mit sinem Bothe bi Apenrade vp Baßo vmbgesegelt vnd gebleuen Vnd hebbe se alse he van der Bruggen alhir affgesegelt gesegt, Fhar hen Ihn des Duuels Namen Vnd bliff weg Ihn des Duuelß Nhamen. 8. Ock bekent se, Datt se Peter Tumbull vortöuert hebbe

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Wittem: ‘weißem’ Kroß: ‘Krug’ Reperbane: ‘Seilerbahn’ (Ort der Seilherstellung; langer, schmaler, ebener Platz) Ruch: ‘rau’ eth orsaken: ‘aus Ursachen’ vmbgesegelt: ‘gekentert’ gebleuen: ‘geblieben’ Duuels: ‘Teufels’ bliff: ‘bleib’

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Flensburg 1608 Datt he mitt sinem Schepe gebleuen, Solches si also thogegang[en] Der Bose hebbe se hen Ihn Peter Tumbulß Schip mit sick gefhöret Vnd hebbe se Ein Kleyn Schwart Dingh gehatt Darinne eine gose Spole gewesen, In Welcher Spolen Bose Dinge, Welches der Bose Fiendt gebracht gewesen syn Solches hebbe se dorch de Pumpe dall int Schip gelathen Darvan dan ein Logh si int Schip geword[en] vnd dattsuluige gesunk[en] ~ Orsake Worumme se solches gedan Si duße, Datt se einmall ihn Peter Tumbulß, alse Desuluige datt Schipperlag gehold[en] Eine Goß an dem Fhure gebrad[en], Vnd hebbe domaligh Hans krage lundts Fruwe, Sinde, Welche Schwanger gewes[en], de Fullingh [253] vth der Goß genamen, Des Peter Tumbulß fruwe auerst duße Anna kockes darmit beschuldiget vnd ehr hart gefloket. So hebbe ok Peter Tumbull 8 od[er] 14 dage Ehr dan he datt lestemal vthgesegelt Se an den Halß gesla gen, dewill se ehm geclaget, Datt datt Wather ihn ehre Bode lepe vnd gebed[en] he Wolde solches beteren lathen. 9. Ferner bekent se Datt se Katarinen Jaspers Hans Jaspersen Husfrouwe ehre Kranckheit vp den halß getöuert vnd gespanet hebbe, Dartho gebruke se solche worde di Ehr de Bose gelert, Ligge vnd Schwinde vnd Krich Nimmer Rast vnd Row ihn des Bosen Nhame ~ Orsake si duße, Datt se Ehre Mod[er] vmb Ein Stuck Speck vnd Broth gebed[en] Welches se Ehr geweigert hebbe ~ Hirentbauen bekent se, Datt duttsuluige Spanen an der Katarinen Jaspers nicht hebbe helpen wollen ~ Derowegen hebbe se mitt Margarethen Supmans Einen Drunck thogerichtet van gröenem Wather Welches Ehr Margaretha gedan Vnd hebben se thosamen vth einer

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Schepe: ‘Schiff’ gose Spole: ‘Gänsespule, Federkiel’ dall: ‘nieder, herunter, hinunter’ Schipperlag: ‘Essen, Gelage der Schiffergemeinschaft’ Goß: ‘Gans’ Fhure: ‘Feuer’ Fullingh: ‘Füllung’ gefloket: ‘geflucht’ lepe: ‘laufe’ beteren: ‘bessern, ausbessern’ Row: ‘Ruh’ Hirentbauen: ‘darüber hinaus’

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Westliches Norddeutschland Bosen Poggen oder Tutzsen kleine Dinge vthgenamen Si alse grutte gewesen vnd darvan den Drunck bereidet vnd der Katarinan Jaspers densuluigen gegeuen, alse se In dEm Bedde gelegen Vnd segt datt ehre Moder Ehr bi dEm Bedde woll geseh[en], Datt se Ehr auerst dEn Drunk gereichet solches hebbe se nicht geseh[en]. 10. Noch bekent se Datt se Sal[igen] Margaretha Ruthbekes vorgeuen hebbe mitt dußen suluigen Dingen Solches si gescheh[en] vmb de Tidt alse Sal[igen] Gert v[an] Öesede sines Shons Berndts Huß gebuwet hebbe. Vnd si also thogegang[en] Alse Margaretha Ruthbekes Kranck gewesen hebbe duße Anna kockes sick erbod[en], Ehr einen Drunck tho geuende Darvan se genesen scholde, Welchen Drunck se van ehr [254] ock genamen vnd si ock korth darna gestoruen Dußen Drunck hebbe Margeratha [!] Supmans ock maken help[en] Orsake Datt se duth gedan Sy duße Se hebbe Ehr vmb Ein olt hembt thogeuende gebed[en], Welches se Ehr geweigert 11. Anna Mommes ihm Ramsharde Segt se, hebbe se ock mith derglikem Druncke von dEm vorgedachtem Wather vorgeuen Vnd hebbe se deßuluigen Waters nicht mher Sond[ern] Anna Mommes Datt leste bekamen. Orsake sy duße Se hebbe Ehr vmb Ein Laken gebed[en], Welches se Ehr tho geuende sick gewegert hebbe ~ 12. Karsten Fresen, Segt se hebbe se ock vortöuert, Datt he sy vmb den halß gekamen. Orsake sy duße, Se hebbe Ehm vmb Einen schillingh gebed[en], Welchen he Ehr nicht geuen Wollen. 13. Van der Edlen Ihn Clement Pamerenings keller (Welche alse duße Anna kockes gefencklich ingetagen, entlopen is) Segt se, Datt desuluige ehr geclaget, Datt se Schwanger gewesen Vnd gefragt oft se keinen Rath wuste de Frucht affthodriuende. Darup se ehr geantwortet se scholde Schwertschlim vnd Söuenbom Nemen vnd dattsuluige

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Poggen ‘Frösche’ Tutzsen: ‘Kröten’ grutte: ‘Grütze’ vorgeuen: ‘vergiftet’ Shons: ‘Sohns’ Datt he sy vmb den hals gekamen: ‘was ihn den Hals gekostet habe’ ingetagen: ‘eingezogen’ entlopen: ‘entlaufen’ oft: ‘ob’ affthodriuende: ‘abzutreiben’ Schwertschlim: ‘Schleim aus der Schwertel-Pflanze’ (Heilpflanze, deren Blätter einem Schwert gleichen) Söuenbom: ‘Sevenbaum’ (Heilpflanze, auch Giftwacholder oder Kindsmord genannt)

Flensburg 1608 gebruken, Welches so ok gedan vnd hirmit der Frucht onigh geword[en] ~ Hir schal ock Margaretha Supmans mitge wesen syn ~ Dersuluigen Edlen Segt se, Hebbe Agnetha Barschers ok einen Drunck gemaket Vnd se thor Ader gelathen ~ 14. Ferner bekent Se Datt se vor vngefher .3. Jharen Einer Maget So ihn den thwehen heuseren Des Weges Na Kliplo gedenet, De ort schall Boßmoß hethen Einen Drunck gegeuen hebbe van Soeuenbom, Schwertschlim vnd Siggröen thogerichtet, Darmitt se de Frucht vordriuen scholde Den Söe-

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[255] uenboem hebbe se in Sonnicken Söeuerin Dregers Dochtermans haue gekregen vnd den Siggroen van Euert Schmidts fruwen. Vnd hebbe duße Maget ehr darvor gegeuen. 4 [Schilling]. 15. Deßgeliken Segt se hebbe se ock Hans Lorentzen Maget gegeuen in der Nacht buthen der Kogaengs Porten bi Lorentz Vbbings Stalle, Ehrn Christen auerst Segt se hebbe se darsuluest nicht gesehn. Desuluige Maget hebbe ehr ok 4 [Schilling] gegeuen. 16. Ferner bekent se, Datt se de Fische vth der Forde getöuert, Vnd datt se tho S[anct] Jurgen gewesen vnd ehr Turn[us] mitt ehr vnd gespraken, In der Forde scholen Nene fische kamen ihn des Bosen namen ~ 17. Noch bekent se, Datt ehr Turn[us] vp Ein ander mall ock tho S[anct] Jurgen Si mitt ehr gewesen. Da hebbe se vp sin geheiß Har Van Hunden, Van Perden vnd anderen bisten, Deßgeliken Schwineborsten ock Wulle vnd Ein Dorschmage In einem Budell gedan vnd ins Wather geworpen, Darvan de Fische vorschwind[en] scholden ~ Segt ock Datt Anna Jenses solches mitt ehr vorrichtet hebbe vnd har van besten vnd Moder Perde darthogedan vnd duße Anna kockes Datt auerige vorschaffet hebbe ~ Vnd datt solches vor ongefher 4 Jaren gescheh[en] sy Vnd datt se Ihn Anna Jenses huse thosamende gewesen syn. Vnd si solches vtgeworpen bi Ellin Jacobs hoffende ~ 18. Segt ock Datt se vnd Margaretha Supmans Peter Tumbulß dochter Hans Kragelunts Fruwen in Ehrer Kranckheit vnsinnig gemaket hebbe, Vnd hebb Ehr dEr Annen kockes Margaretha Supmans Schwarte Dinge gedan, Welches se Ehr vnder datt hoeuet gelegt ~

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onigh: ‘los, ledig, frei’ Siggröen: wohl ‘Siegwurz’ Nene: ‘keine’ Budell: ‘Beutel’ auerige: ‘übrige’ hoeuet: ‘Haupt, Kopf’

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19. Vp Meydage Nacht, Segt ferner Anna kockes hebbe se vnd Ehre geselschafft vmb den Norder Sodt im Ramsharde gedantzet vnd hebben se sich mitt Water besprenget Vnd sindt also tho Katten [256] geword[en], Vnd hebbe Turn[us] in gestalt einer Bullen vorhergedantzet Segt ock Datt ehrer Woll Teyn gewesen Se kenne auerst keyne mer alse Mhargaretha Supmans. 20. Entlich Segt se Datt se gesehen hebbe, Datt Anna Jenses vnd Margaretha Sterkuen vp Meydagh Morgen Einen Nien Beßen dwehr auer de Strate vthgeworpen hebben ~ Duße vorbeschreuene Bekentnuße Is der Anna kockes vor dEm Erbarn Rade ok vp apenem Dinge vorgelesen word[en], Darbi se dan bestendig is gebleuen, Insonders Datt de Puncte, So se vp der Annen Jenses bekent, Darvp se Datt hillige sacrament genamen also ihn der warheyt sick erhold[en], Vnd datt se darvp den Doth nhemen wolle ~ Hirvp is dorch Einhelligen Votis des Erbarn Rades de Anna kockes condemnert vnd verordelt word[en], Datt se heruth gefhöret, tho Dode geschmöket vnd tho Aschen verbrant werd[en] schole ~ vnd dem Nachrichter de Execution van Ehm+ befholen vnd [INT] ªvon emº vorrichtet word[en] Act[um] .9. May .A[nno] p [erge]. 608 ~.

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Meydage Nacht: ‘Walpurgisnacht’ Katten: ‘Katzen’ Teyn: ‘zehn’ Nien: ‘neuen’ dwehr: ‘quer’ apenem: ‘offenem’ Dinge: ‘Gerichtsplatz’ geschmöket: ‘geschmaucht, durch Rauch erstickt’ Nachrichter: ‘Scharfrichter’

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Abb. 4: Stadtarchiv Flensburg, Bestand A 33a, S. 251

GÖTTINGEN 1649 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Göttingen 1649 Handschrift Stadtarchiv Göttingen Altes Aktenarchiv, Recht, Criminalia, Nr. 33 44–51 (eigene Zählung) – Alexander (1979), Lehrmann (1997)

Inhalt Der Göttinger Stadtrat eröffnet am 19. Juni 1648 ein Verfahren gegen Margarete Timann (die Zimänsche) wegen Hexereiverdachts. Im Laufe des Prozesses wendet man sich mehrmals mit An- und Nachfragen an die Helmstedter Juristenfakultät. Das Protokoll, das z. T. kommentierende Züge aufweist, dokumentiert die gütliche Befragung, die territion als Vorstufe der Folter sowie die Tortur selbst. Die Angeklagte setzt sich gegen die Vorwürfe recht geschickt zur Wehr, auch in der peinigunge bleibt sie standhaft. Am 3. Februar 1649 erkennt Helmstedt für recht, dass die gefangene nuemehr nach außgestandener tortur, gestalten sachen nach, ewer Stadt undt gerichte zu verweisen sey. Ob der Stadtrat diesen Bescheid umgesetzt hat, ist den Akten nicht zu entnehmen.

Schrift und Sprache Der Gerichtsschreiber zeigt eine gut lesbare, dabei aber sehr kleine Schrift mit nicht immer trennscharfer Zeichenverwendung, insbesondere bei ¢a² und ¢e² sowie ¢n² und ¢m². Ins Auge springt die – nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Latinismen – professionell anmutende Rechtssprachlichkeit des Textes. In den Aussagen der Angeklagten gibt der Schreiber direkte Rede, z.B. in Streitgesprächen, teilweise niederdeutsch wieder. Auffällig ist ein marginales Notabene (S. 45), in dem – quasi kommentierend-wertend – ein scheinbarer Widerspruch in der Aussage der Beklagten konstatiert wird (ähnlich auch S. 50). Für eine gewisse Nähe zum ostmitteldeutschen Sprachduktus spricht das übernommene oder restituierte -e in verschiedenen Zusammenhängen (mensche, markte, Zuredunge etc.).

Göttingen 1649

35 [44] […] Am 20[ten] januarii, a[nn]o 1649.

Præs[entibus] B[ürgermeister] Helmold h[err] Schneider h[err] Rauschenpl[at] herr Philippi

Ist nach einkommenem informativ die Zimänische morgens früe umb 7 uhr ordine auf die demselben einverleibte articul in der güte für erst befraget: darauf sie geantwortet, ad 1. et 2. negando. Auf den 3 gleichfals mit Nein: gestund aber, das wie siede+ ihren verlohrenen hanen aus Hansen Vogts hause hette langen wollen, vndt daselbst die thür für ihr zugethan wäre, hette sie sich unnütze gemachet, vndt gesaget: [45] ich bin ia kein teuffel, sondern ein mensche Auf den Vierten: Sie hette ihr lebtage mit Damerath nicht zuthun gehabt: müste aber nachgehends gestehen, das sie sich wegen eins ihr auf dem Embeckischen markte zu nahe gesetzeten tische mit ihme gezanket vndt als ihr man mit selbigem tische an seine [INT] ªschon verwundeteº handt gestossen, das sie geblutet, hette sie gesaget: Dat dek ok de Düvel hale, dar du steist. Das sie aber auch gesagt haben solte: Dat schastu wies werden, leugnete sie. Nach gethaner Zuredunge (wie sie nemlig schon überzeuget) bek+ gestund sie, das Damerath geantwortet: Davor kan ek mek segnen; darauf sie gleichfals gesaget hette: Davor kan ek mek ok segnen. Summa, was nur ein wenig verdächtig, vndt ihren handel unrichtig machen könte, darin könte sie sich wol versehen, das sie nichts davon bekennete: gleich wie sie dan auch leugnete, das sie iemahls+ [INT] ªin langer zeitº vor Dameraths haus vorbey gangen sein, od[er] demsel-

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informativ: ‘Rechtsinformation’ unnütze gemachet: ‘krakeelt, laut gerufen’ Dat schastu wies werden: sinngemäß wohl ‘Das sollst du noch erfahren’ segnen: ‘mit Segen schützen’

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36 N[ota]B[ene] Da hatt sie müssen für Dameraths haus vorbey gehen.

ben übers fenster gekucket haben solte. Müste doch bekennen, das sie, sieder deme sie in Marcus Sternberges hause, umb 1 ½ thaler daselbst einzumahnen, ins+ [INT] ªgewesenº vors Geismarthor nicht kommen were Ad 5. zu der zeit hette ia Schrader schon [46] schon gehinket Ad. 6. Negat. Ad 7. Das Meister Jacobi des Barbiers knecht, wie sie in vorigen banden ihren fuß verrenket gehabt, sie gefraget; ob sie den hexen könne? welches sie verneinet. Da hette derselbe weiter gesaget: es solten ihrer gleichwol 152 sein, wen ihr nun keine seid, vndt die anderen sagen auch, sie seyens keine+ nicht, wer sind sie dan? vndt auf das wort hette sie es nachgeredet. Darauf sie gefraget warumb sie dan gesaget, (1) es solte ihr im herzen gelüstet haben, wens hette also mügen auf die wage gehen, wie sie auf den zettelen stünden (2) wan ersten dieselben mit den dicken flören kämen, wolte sie ihre lust sehen, vndt wen sie kennen solte, so müsten ihrer mehr daran. item (3) das sie ihre inhafte+ gefängliche einziehunge 14 tage vorher, ehe es geschehen, gewust? Das auch (4) das auch Ilsaben mit auf dem zettel gestanden+ Aufs erste könte man keine richtige antwort erlangen, wante sich bald hie, bald dahinaus. Aufs andere: Sie hette wol gesaget; solten wol keine sein, so flöre inne hetten vndt doch zeuberen könten: mehr aber nicht. Aufs dritte: es were ihre nachbarinne die Siebemachersche ªauf denselben tag, wie sie eingezogen worden 3 mahlº zu ihr [INT] ªins hausº kommen, vndt hette gesprochen, die herren würden auch eine

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sieder deme: ‘seitdem’ wage: Hier ist wohl die Hexenwaage gemeint, die ein gebräuchliches Mittel zur Be- bzw. Entkräftigung eines Hexereiverdachts war. flören: ‘Schleier’

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37 [47] eine von ihrer ecken einziehen lassen, wer solche wol sein möchte. Da were es ihr aufs hertze gefallen ªhette gedacht, solches müste sie od[er] die+ sie selbst, oder die Siebemachersche treffenº were [INT] ªdarumbº in den hoff gangen, hette gefelt vndt gebetten, sich aber resolviret nicht zuweichen, sondern gedacht: wen sie wüste, zu welcher zeit die herrndiener kommen würden, wolte sie hinaus ihnen entgegen gehen, damit es ohne vieles gespott v[ndt] aufsehen der leute zugienge. Zu dem ende sie auch ausgegangen aufs markt, vndt hette einen thaler bey sich genommen, etw[as] dafür zukauffen. Sie hette sich aber erinnert, das sie solchen thaler von einer verdächtigen frawen gelöset, darumb sie auch denselben nicht in ihr haushaltunge, wende+ sond[er]n in die contribution verwenden wolle. Dieselbe frawe wohnete zu Holtensen, vndt hette zu ihr ge+ wie sie in ihr haus kom[m]en, ihr etw[as] abzukauffen, hette sie zu ihr gesaget: ihr möchtet ia wol aus dem winde bleiben, wen derselbe so übern hauffen wehe, so kollerte der teuffel. Die frawe hette sich auch vernehmen lassen, das sie wol leute helffen könte, aber sie dorfte es nicht thun, den die priester thäten so darauf schelten Ferner ist ihr …+ vorgehalten, das sie an einem orthe gesaget, ihr wunder, warumb doch die herrn der verbranten hexen das abendmahl raichen lassen, ob sie vermeineten den teuffel zubekehren. Darauf sie geantwortet, das sie solches darumb [48] darumb geredet, weil sie sich nicht könte einbilden, das eine hexe zur seeligkeit kommen könne. Nach diesem ist sie [INT] ªpost horam nonamº dem scharfrichter zur peinlich[en] territion unter die hand gegeben, da ihr dan nochmahls alle articul vorgelesen wor-

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resolviret: ‘entschlossen’ gelöset: ‘als Erlös bekommen’ contribution: ‘Steuerzahlung’ kollerte: ‘tobe, wüte’ ihr wunder: ‘sie wundere sich’ territion: ‘Demonstration der Torturwerkzeuge zur Einschüchterung’

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den, sie aber nichts darauf bekant hatt. Darumb sie zur peinigunge abducirt, in welcher ihr eine beinschraube auf ein iegliches bein gesezet, so sie aber zur bekentnisse nicht bewegen können. Folgend ist sie auf die leiter gespannet, iedoch das sie mit den beinen auf der erden geblieben, ein arm aber, soll des Scharfrichters bericht nach aus dem wirbel gangen sein. Es hatt aber so wenig dieses als ienes die warheit herausb+ aus ihr bringen können: zemahlen sie auch zuweilen gan+ gleich einem schlaffenden ganz still vndt abfühlig worden. Hora undecima hatt man die tortur geendet; nach welcher sie aus eigenen kräften, qvasi parum sentiens cruciatus, aus der gefengnisse herauf gestiegen. Als ihr auch der Peiniger ihr überhembt hatt …+ anziehen …+ helffen, soll sie (desselben, herrendiener bericht nach) sich gesaget+ sich umbgesehen, vndt lachend gesaget haben; das ist ia, als wen der schinder über einem ist. Iidem berichteten, das sie auch gesaget hette; soll ich Damerath was böses angethan haben, das hatt wol seine eigene schwiegermutter gethan, die kans wol besser, als ich [49] Des anderen morgens berichtete Marcus Sternberg, der Herrendiener, es hette die Zimänsche zu ihme gesaget; Sie were so unvermög[en] vndt könte den einen arm nicht wol regen. Derselbe berichtet auch, das sie umb Martini hinaus in seinem hause bey seiner frawen gewesen [INT] ªseiº vndt übele la+ da sie dan vor Dameraths hause vorbey gehen müssen, vndt übele ungestüme worte geführet haben, solle.

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Pers[onis] iisdem.

Am 23[ten] januarii a[nn]o 1649. Ist die Siebemachersche zu rathause beschieden, vndt befraget, ob sie die Zimänsche gewarnet, v[ndt] zu derselben gesaget, man würde eine

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zur peinigunge abducirt: ‘zur Folter geführt’ wirbel: ‘Gelenk’ qvasi parum sentiens cruciatus: ‘gleichsam nur wenig wie ein Gemarterter sich fühlend’ Iidem: ‘dieselben’ unvermög[en]: ‘kraftlos’

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39 von ihrer ecke einziehen: welche darauf diesen bericht gab: Sie were von der Zimänschen ins haus geruffen worden, dieselbe hette [INT] ªsieº gefraget, ob sie wol gehöret hette, das die Günzelsche were eingezogen. Da hette sie geantwortet: ein ieder sage nicht zuviel, noch+ ich bin diesen tag wol fünf mahl gefraget, ob eine frawe fürm Grunerthor were weggeloffen. Auf solche rede hette sich die Zimänsche unter dem ganzen gesichte entsalbet, hette nicht gefraget, was den solches für eine frawe sein solle, da sie doch sonst gerne alles wissen wolte; sondern were stillschweigens in ihren hoff

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[50] hoff gegangen, darumb auch Sie die Siebemachersche gesaget, ô wehe, dies ist nicht recht. Nach b+ anbefohlenem abtrit ist die Zimänsche ex carcere gefordert, vndt für erst wegen der rede von Dameraths schwiegermutter gefraget, vndt woher sie wüste, das es dieselbe wol besser könte, als sie: Respondit, es were von derselben ein gerüchte gewesen, als könte sie segnen, massen sie den auch solches in specie von Steffen Münch gehört. Sie selbst aber könte nicht segnen. Folgends; es wer ia die Siebemachersche denselben tag, als sie gefenglig eingezogen worden in ihrem hause gewesen, vndt nicht gesaget, das man von derselben ecken noch eine frawe einzihen wöllen; sond[er]n ut supra: also könte sie es auch von derselben+ [INT] ªdaherº nicht 14 tage vorher, gewust+ d[as] sie eingezogen werden solte erfahren haben; müste dannenhero [INT] ªeinenº anderen ursprung ªsolcherº ihrer wissenschaft geben. Darauf keine bestendige antwort zuerlangen stund, blieb darbey, es were die Siebemachersche denselb[en] tag 3 mahl in ihr haus kommen, vndt hette gesaget: man würde an ihrer seit (nicht, wie vormahls, an de+ ihrer ecke) noch eine

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entsalbet: wohl fälschlich für entfalbet: ‘blass geworden’ Das Semikolon entspricht im Original einem Komma mit nachfolgendem, wahrscheinlich verrutschtem Punkt.

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Frawe einziehen, Vndt solches were ihr so ans herze gangen, das sie gethan, wie vorberichtet. Wegen des+ Hansen Vogts tochter gab sie diesen bericht [51] bericht, das sie mit derselben nichts zuthune gehabt, als das sie (wie die thür were für ihr zugethan worden) zu derselben gesaget, ich bin ia der teuffel nicht. Dieselbe aber hette sie für eine teuffelshur gescholten, Darumb sie wid[er] geantwortet: wen du so gewisse keine hur werest, als ich keine hexe bin. Ich habe noch nicht …+ zu der Weisen frawen geschicket, vndt wasser holen lassen. Cetera o[mn]ia pernegabat. ªEodem istder+ Meister Jacobi Barber+ geselle by seinem vörig abgestatteten eyde befraget, ob er gegen die Zimänsche gedacht hette, das 152 personen sein solten, so der hexerey beschuldiget, vndt auf dem zettel stünden? der berichtet darauf, er habe zwar zu ihr gesaget, das gleichwol, wie gesaget würde, der hexen viel sein solten, er hette aber keines numeri gedacht.º Hisce finitis dimissa iterum in carcerem. Continuatio protocolli in inquisitionsachen [contra] die Zimänsche.

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pernegabat: ‘stritt sie komplett ab’ Eodem … gedacht: Die nachträgliche Einfügung ist über die gesamte Seitenbreite geschrieben und wird hier ebenso dargestellt.

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Abb. 5: Stadtarchiv Göttingen, Altes Aktenarchiv, Recht, Criminalia, Nr. 33, S. 49

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HELMSTEDT 1579 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Helmstedt 1579 Handschrift Stadtarchiv Helmstedt, B VII 23 37–41 (Archivzählung) – Discher (1994), Lehrmann (1997),

Inhalt Geße Frücken bekennt am 16. Dezember in ihrem letzten gütlichen Verhör vor dem Vogtgericht, ein Verhältnis mit dem Teufel eingegangen zu sein und mehrfach Schadenszauber an Menschen und Vieh begangen zu haben. Des Weiteren hätte sie für einen Mann namens Kappel ein Pulver zubereitet, mit dem er seine Frau „loswerden“ wollte. In einer Gegenüberstellung mit Kappel wiederholt sie ihre Aussage. Kappel reagiert mit Entsetzen, weist ihre Behauptungen strikt von sich und erklärt Geße Frückens Verhalten als Rachehandlung. Das Verhör bricht nach der Konfrontation ab. Die Akte besteht aus losen Blättern, deren Datierung und Reihenfolge in einigen Fällen unklar bleiben und in der Sekundärliteratur entsprechend differieren.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in einer recht flüchtigen und teils schwer lesbaren Handschrift verfasst. Finale ¢n², ¢m² und ¢r² sind in einigen Fällen kaum zu unterscheiden. Manche Abkürzungsbögen sind mehrdeutig. Im Hinblick auf die Groß- bzw. Kleinschreibung bei der Wiedergabe von ¢v² konnte allein nach relativer Zeichengröße entschieden werden. Es finden sich zahlreiche niederdeutsche Lexeme (vgl. lorcken, leden, queck) in dem ansonsten hochdeutsch gehaltenen Text. Auffallend ist, dass der Schreiber auf lateinischen Fachwortschatz nahezu verzichtet.

Helmstedt 1579

43 [37] Geßen Frückens letzte vnd guthliche bekendtnus so sie den 16 decembris Frue morg[en] gethan In beisein heinrichs Juten voigt, heinrich demschk[en] heinrich Eggestein p[erge] gethan

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Die olde Nesselkamsche, bey der sie Inne gewes[en] hett zw Ihr gesagt Als sie zusammen gespunnen, vnnd Ihr man zu ostfelde gearbeitet wen sie eine schlefferin hab[en] wolte den solt Ihr viel geb[en] vnd sie hett den Angenom[m]en, welchs Sixt[us] Ihr buhle der teuffel wehre Sie hett Ihr auch d[as] Puluer mach[en] Leren, hett Frienn holschemechers kind in bier vorgeb[en] vnd 4 huner so gestorb[en] sindt vnd die frohnische vnd die sie Albereit gesagt Vnd wehren vf dem brock[en] berge gewes[en] Christine im winckel bey grub Pelingk die wehre die recht schuldige vnd von der wolt[en] die hern mehr Als von Ihr erfarn die kockische bey greg[or] hecken die olde kroppenstedische im winckel vnd derselbig[en] hett man ein liecht in den Ars gestackt den sie hett nicht dantzen konnen die hohmeistersche vf dem kerckhoue der recht[en] Alt[en] eine

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[38] Sanne will[en] die Pilschmensche vf dem ohlhouen die Beckersche im Newen marckte die guth Jarische / die hette sie gebett[en] d[as] sie vf sie nichts sag[en] wolle Jurg[en]

Geßen: Genitiv von Gese (weiblicher Rufname) Inne gewes[en]: ‘zu Hause gewesen’ zw: ‘zu’ schlefferin: ‘Beischläferin’ den: ‘dann’ Frienn: Kurzform von Severin vorgeb[en]: ‘vergiften’ Albereit: ‘bereits’ liecht: ‘Kerze’

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Westliches Norddeutschland vnd hette kappell[en] ein Potgen gebracht darin sie Puluer vom lorcken schnak[en] vnd ratt[en] Puluer so sie zw Magdenburgk in den hehrmeß[en] durch ein weib kauff[en] laß[en] welchs sie zusammen gemischet, vnd kappel hett gesagt sein fraw wehr ein Alt weib, ehr konne sich mit der nicht vortrag[en] den sie kehfe Alzeit mit Ihm vnd gebet[en] d[as] sie Ihme w[as] mach[en] solte d[as] ehr Ihr loß werde, ob ehr seiner frawen solchs gegeb[en] d[as] wisse sie nicht.

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vnd Sie hette der zimmermensch[en] den Teuffel gefluchet vnd die gut[en] holl[en] Ihr zugewies[en] vnd Ihr man hette holl[en] von den Alt[en] weibern bey Voßfelde bekommen vnd der teuffel hette zw Ihr gesagt Als sie vf der leden gewes[en] sieh die, sieh die seind vf dem brock[en] berge gewesen, vnd d[as] hette sie sag[en] muß[en] den d[er] teuffel hett sie so beschwert vnd sie hette die dirinkische [39] vnd breidefeldische Also belog[en] vnd wust nichts boßes von Ihnen, vmb gotts will[en] gebett[en] man wolte sie ia nicht mehr beschweren vnd man wolte Ihr d[as] vorgeb[en] Christine hette des Sparlings kinde die holl[en] zugewiesen, Ihr man Jurg[en] hette die wied[er] Abgewiesenn. solchs hett die Sparlingsche viel mal gesagt den sie hatt Christine darmit offtmelich bezichtigt. vnd greg[or] hacke hatt dießer Christine vor eine zeubersch[en] gescholt[en], dem hett sie einmals 38 39 42 46 52 58 61 64

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Potgen: ‘Töpfchen’ lorcken: ‘Kröte, Lurch’ schnak[en]: ‘Ringelnatter’ hehrmeß[en]: ‘feierliche Messe, Hochamt’. Gemeint ist hier der Jahrmarkt, der ebenfalls Bestandteil des alljährlichen Heiligenfestes war. kehfe: ‘keife’ holl[en]: ‘Holden, Hausgeister’ leden: ‘unbebautes Land’ beschwert: ‘beschworen, in sie gedrungen’ belog[en]: ‘Falsches (über sie) gesagt’

Helmstedt 1579

45 einen hund vorkaufft darfur ehr 9 g[ulden] gegeb[en] solch[er] hund wehr Ihm Aber wegkgekomen vnd die Christinsche bezichtigt, d[as] sie Ihm solch[en] hund wied[er] Abhendig gemacht vnd derweg[en] mit Ihr gekeiffet vnd offtmal[en] vor eine zeuberisch[en] gescholt[en]. It[em] heinrich grubbelingk hett Christine Auch vor eine zeubersch[en] gescholt[en].

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It[em] Heinrich grubbeling hatt Christine Auch vor eine Zeubersch[en] gescholt[en] vnd Christine hett einsmals mit dicken martens fraw vnd Ihr Couent holen woll[en] vnd vnter wegens gesagt Simon wrock gibt den Couent theur es sol ihm einmal wied[er] vorgolt[en] werd[en] It[em] gesagt d[as] sie dem sein[en] queck das angethan d[as] es sterb[en] solte. vnd Christine hette zeuch in den Seh ge-

N[ota]B[ene]

[40] strewet Als d[as] viech solches einbekommen wehr es gestorb[en] Vnd die kackische vnd die grubbelingksche gehoret d[as] Christine der wrockisch[en] gedrewet hierauf Ist Kappel Jeg[en] diese Geßen gestellet vnd vohrgehalt[en] word[en] d[as] sie Ihn wormit besagte geßen vormahnet d[as] sie nichts mehr [INT] ªdenº Alleine w[as] wahr wehre bericht[en] vnd wo sie von kappell[en] nichts boeßes wuste so solte sie Ihr heyl Sehl vnd Seligkeit nicht beschweren vnd den viel mehr endschuldig[en] wolte. Aber sie hatt Cappell[en] in sein Angesicht etzlich mahlen gesagt Ehr hett sie gebett[en] etw[as] zumach[en] darmitt ehr seiner fraw[en] loß werd[en] konte den sie kont[en] sich nicht mit einand[er] vortrag[en] vnd sie hett Ihme d[as] Puluer in bier in einem Potg[en] vbergeb[en] vnd Cappell[en] den Pott in die hand gethan

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Abhendig: ‘verloren, abgängig’ Couent: ‘Dünnbier’ queck: ‘(Rind-)Vieh’ Jegen: ‘gegen(über)’ d [as] sie Ihn: In diesem Nebensatz fehlt das Prädikat. Da Geße oben berichtet (S. 29), Kappel habe sie gebeten, ihm zu helfen seine Frau umzubringen, wäre eine sinnvolle Ergänzung hier vermutlich „beschuldigt hätte“.

Westliches Norddeutschland

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d[as] konne sie Aber nicht sag[en] d[as] ehrs seiner fraw[en] eingegeb[en] hette Cappelle Aber sehr erschrock[en] vnd gezittert vnd etzlich mahl[en] bey seiner Sehl vnd so wahr gott lebt geschworen, d[as] ehr nichts von der geßen bekommen hette sie auch bey leben seiner forig[en] frawen nicht gekennet

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[41] Vnd sie aller erst kennen leren Als ehr sein loffte mit seiner Jetzig[en] fraw[en] haben wold[e], do hett ehr seinen brud[er] der dasmalen bey Ihme gearbeitet zw Jurg[en] Ihrem Manne geschickt, d[as] ehr Ihme seine stub[en] witg[en] wolte vnd d[as] hette ehr gethan, da hett ehr sie kennen gelernet, Vnd sie sagte Ihme d[as] Vf den halß zw, den ehr hette ihr mehren mahlen+ vor weinig zeit einen Pelß gemacht den hett ehr Ihr borg[en] soll[en], d[as] ehr nicht thun woll[en] deshalben thett sie Ihnen so besag[en], vnd Jederman wuste wol w[as] seiner vorig[en] frawen gemangelt.

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Geße hatt Ihme Aber zum vberflus geantwortet, ehr hette sie darumb gebett[en], vnd sie hett Ihme den Potg[en] gebracht, vnd sie hette mit Ihme keinen haß. 145

Cappelle ehr wisse nichts daruon, sie muste dan solch[en] Pott in sein haus gesetzet hab[en] vnd gebett[en] d[as] die hern dem weibe nicht glaub[en] wolt[en]. 150

Der Voigt Aber Cappell[en] beuohl[en] d[as] ehr in sein haus geh[en] vnd Andere bescheide gewar[en] solte

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loffte: ‘Gelübde, Verlöbnis’ witg[en]: für witten ‘weiß machen’ gewar[en]: ‘abwarten’

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Abb. 6: Stadtarchiv Helmstedt, B VII 23, S. 41

HILDESHEIM 1628 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Hildesheim 1628 Handschrift Stadtarchiv Hildesheim, Best. 100-38, Nr. 109, 23–36 1–13 (eigene Zählung) – Lehrmann (1997), Hartmann (1927)

Inhalt Die Lehnesche, Ehefrau von Andreas Lehne, wird vom Hildesheimer Stadtrat angeklagt, an Menschen und Vieh Schadenszauber begangen zu haben sowie Umgang mit Unholden/Geistern zu pflegen. In einem gütlichen Verhör, dem ein 35 Frageartikel umfassendes Interrogatorium zugrunde liegt, heißt es, sie habe dem verstorbenen Hans Rabente eine schwere Krankheit angehext, der sie daraufhin auf dem Markt öffentlich fur eine Hexen od[er] Zeuberschen, außrueffenn lassen wollte. Die Lehnesche, die jegliche Zaubereivorwürfe zurückweist, will ihrerseits bei der Obrigkeit gegen diese Injurie klagen. Die Akte schließt mit einem Gutachten der Juristenfakultät Braunschweig vom 27. März 1628, das die Freilassung der Lehneschen gegen Kaution verfügt.

Schrift und Sprache Die in geübter, flüssiger Schrift verfassten Fragen und Antworten lassen einen erfahrenen Gerichtsschreiber vermuten, der ein überregionales, fast „modern“ zu nennendes Hochdeutsch schreibt und auch die lateinischen Fachtermini sicher gebraucht. Zu finden sind einige wenige graphemische (vgl. die p-Großschreibung im Wortinneren) und regionale lexikalische Besonderheiten (z.B. nurt, gestrepelt, himpten) sowie mehrere diskontinuierliche Strukturen (da … beygelaßen, Da … für etc.). Als Kennzeichen einer ins Ostmitteldeutsche weisenden Schreiborientierung darf das Luther-e gelten (vgl. inß Kranckenbette, vmbs hertze u.a.). Der einzige niederdeutsche Satz Jesus Moime, wat hebbe gy Witte haer? könnte auf die Sprachwahl in der alltäglichen Kommunikation deuten.

Hildesheim 1628

49 [1] Interrogatoria Worauff die Lehnesche in gute zue befragenn, 5

1 Wie lange Sie mit ihrem Manne in der Stadt gewohnet, vnnd warumb Sie nicht draußen auffm Damme gePlieben? 2. Weßenn Sie sich mit ihrem Manne ernehre?

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3. Wodurch Hanß Rabente sehl[ig] mit ihnen in sonderbare Kundtschafft gerahtenn? 4. Ob nicht wahr das derselbe verwichnen Sommers in ihrem ietzigem wonhauße gewesen, vnd mit ihr zwene Krüge Breyhanens getrüncken?

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5. Wehr ihr Mann Andreas Lehnen dero zeit, vnnd wer mehr dabey gewesenn?

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6. Wer allemall dern Breyhanen gezapffet, vnd ob sie daßelbe nicht selbst[en] verrichtet? 25

7. Ob nicht wahr das Sie ihme vier Krüg+ quartierß Krüge voll, gegen seine betzahlung, Zapffenn müßenn [2] 8. Ob nicht wahr das Sie nurt die ersten beyden Krüge voll mit ihme getruncken, den dritten vnd viertten Krug aber mit Ihme nicht trincken wollen?

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9. Auß was vrsachenn Sie sich deßen verweigert? 10. Obs nicht viellmehr daher geschehen, Weill Er ein Arger Schalck sein lebenlang gewesen, vnnd ihr eben dero Zeit mit der handt vbern

1 31

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Der Abfolge der von uns durchnummerierten Seiten entsprechen laut Archivzählung die Seiten 24–25, 32–35 und 26–31 (Quadrangelnummer 6 und 7). nurt: ‘nur’

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Westliches Norddeutschland Kopff gestrepelt, vnnd ªaus Spotteº gesagt; Jesus Moime, wat hebbe gy Witte haer? 45

11. Ob Sie nicht alsPaldt gedacht, wie Sie ihme diese beschimpffung wied[er]umb einbringen+ einbringenn müchte? 12. Dahero ihme etwan ein weinig Schwartz od[er] weißes+ Niesewurtzes, sonsten Saffainny [?] genandt, in den 3 od[er] Viertten Krug gethaen, vnd nicht verhoffet, das es so bößlich gerahtenn sollte,

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13. Was es dann fur materia gewesen, welche Sie ihme beygebracht? [3] 14. Dann wahr, so baldt Er d+einen Drunck dauon gethaen, ihme wehe vnnd bange vmbs hertze gewordenn, Daher zu hauße gehen, vnnd sich hefftigl[ich] (salva reverentia) vbergeben od[er] brechen müßen,

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15. Ob nicht wahr das es bey dem vomitiren nicht gebliebenn, besondern derselbe inß Kranckenbette darüber gerahten, Vnnd fast all daß seinige, auff Medicin vnd Artzney verwenden müßen, 16 Wie nicht weiniger wahr, das er ein langer gerader Mensch gewesen, Aber fast Tonnen Dicke worden, vnd am haubte, handen vnd füßen auch andern Gliedern derleibes dermaßen auffgelauffen, daß ehr keinem Menschen fast gleich gesehen, Inmaßen Inquisita solches selbsten gestehenn muß,

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gestrepelt: ‘gestrichen’ Moime: ‘Muhme, Tante’ wat hebbe gy Witte haer?: ‘was habt Ihr für weißes Haar?’ einbringen+: Das Wort nicht durchgestrichen, sondern mit gepunkteter Linie unterstrichen, was hier als Zeichen für eine Streichung gilt. Niesewurtzes: ‘Nieswurz’ (als Brech- und Purgiermittel gebraucht) vomitiren: ‘sich erbrechen’ derleibes: ‘des Leibes’

Hildesheim 1628

51 17. Dann wahr, das Er Inquisitam zu sich fodern laßenn, Ihr seinen grewlichen leib gezeiget, vnd gesagt, das+ Sie hette es ihme angethaen, Muchte es ihme wied[er]umb benehmmen, Vf [4] den fall wolte Er gerne mit ihr zu frieden seinn, vnd es keinem Menschen offenbaren, 18. Wahr das Inqvisita. darauf geandtworttet: Sie hette es ihme nicht angethaen, Dafern eß geschehenn, So wolte sie es ihme woll in Zweyen stunden wieder benehmmen, 19. Wahr alß Rabente seh[lig] steiff vnd fest bey seiner Meynung darauff verplieben, Sie, die Lehnesche, ihme Zur andtwortt geben, Es müchte ihme die woll zugefügt haben, welche ihme nicht weit wohnete?

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20. Zuberichtenn, Wenn Sie damit gemeinet, der es ihme angethaen haben solte. 21. Ob Sie nicht darauff alsPaldt, nach geendigter rede, gefragt, Ob nicht die Mökersche bey ihme Rabenten gewesen? Vnd fast damit so viell zu verstehen geben wollen, Ob were dieselbe an der That schüldig? 22. Woher Sie wiße, das dieselbe ein solcheß verrichtet?

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[5] 23. Wie? Wann? vnd womit dasselbe geschehen? auch wer ihr dazu geholffen?

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24. Ob nicht Hanß Rabente, dieser fragen vngeachtet, bey seiner Meynung, das Sie, Lehnesche, ihme ein solches vnglück durch den Trunck beygebracht festeglich geblieb[en]?

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25. Dann wahr ehr Sie zu viell verschiedene mahlen fur eine Zeuberin gescholtten, 101 120

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Wenn: ‘wen’ festeglich: ‘fest, beständig’

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Westliches Norddeutschland Auch offnes Mundes sich gegen Sie vernehmen laßen, Wann ehr gehen v[n]d stehen Könte, Welte ehr mitten vffs Marckt ªtrettenº Vnd Sie vngeschewet, gegen Jedermenniglich, fur eine Hexen od[er] Zeuberschen, außrueffenn,

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26. Worauff Inquisita geandtworttet, Sie konte vnd wolte, angezogene Injurien vnd Schmach nicht bey sich Niederlegen, besondern zu rettung ihrer Ehren Notturfft der Obrigkeit wehmütiglich Klagen?

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27. Wahr das Rabente darauff bey seines der Eseltreiberschen, Jacob Mollers vnd Heinrichen Meynefeldts gesagt, daß 140

[6] were nurt sein begehr, Die Eseltreibersche auch dazu geredet, das Konte keine stunde zu frue geschehen, Wann es ihr angienge, wolte Sie lieber Kein haer im kopffe haben, Ehe sie ein solche herbe Nachrede vnd Beschmitzung woltte vf sich ersitzen laßenn, 28. Wahr, das H[err] Rabente eß da noch nicht beygelaßen, besondern Sie gefraget, Ob Sie nicht zur Marienburg[en] von einem Weibstucke besagt, Zeuberey bezichtiget, Vnd fur einen offentlichen Halßgerichte abgelesenn worden?

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29. Vnd ob sie nicht darauff geandtworttet, Eine lose Schelckinne hette Sie daselbst[en] belogen? 30. Wer die Schelckinne gewesen, wie die geheißen, vnd was dieselbe von ihr bekandt? 31. Ob nicht wahr dieselbe gutt- vnd Peinlich bekandt, Sie die Lehnesche hette dem Meyer vf S[ankt] Johannis

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vffs Marckt: ‘auf den Markt’ vngeschewet: ‘ohne Scheu’ bey seines: ‘im Beisein’ Beschmitzung: ‘Beschmutzung, Befleckung’ (im übertragenen Sinn) abgelesenn: ‘vorgetragen, vorgelesen, erwähnt’

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53 Hoffe etzliche Par Gudeholden vnter den Miste kouen gebannet, vnd Sie hette allemall einen

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[7] himpten geldes unter dem Bette stehen? 170

32. Was Vnholden für dinger [INT] ªseinº vnd woher dieselbe ihren Vrsprung nehmen? Ob Sie weiß, graw, Schwartz oder blaw weren? 33. Wodurch man diese Gudeholden denn einen Menschen abe vnd denn andern Zubannen könne, Den Segen oder die Wortt ordentlich vnd mit Teutschen Wortten vnuerstucklet vnd vngestammelt, fein langsamb nacheinander her zusagen?

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34. Ob Sie nicht dem Meyer gewesenen vf S[ankt] Johannes Hofe ein Kindt bezaubert, oder Je zum weinigs[ten] demselben etzliche Par Vnholden vf den leib gebannet, Oder sonsten seinem Viehe schaden gethaen, Vnd w[as] deßen geschehen, ordentlich Zubenennen vnd zubekennen? 35. Was Sie zu obgedachter beZichtigung, welche zur Marienburg von Geschen Heustens furgangen, gethan, ob sie dieselbe auch Jemalß wiedersprochen, oder in die haer gehen laßen,

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[9] Anno p[erge] 1628 Den 5[ten] Februarii ist die Lehnesche vf die vfgesatzten Fragstuck güttlich gehört, Comiss[arii]: H[err] B. Rüdeman berichtet wie folgt: H[err] vhde Ad 1. Sey vf kunfftigen Johannis tag 4 Jahr lang mit ihrem Manne in der Stadt gewesen, Habe müßen wegen der Reuber in die Stadt hereiner fliehen, 2. Habe Kese vnd butter feile, Krüge auch daneben, 3. Habe ihnen wellen Ihr hauß vf dem Damme abmieth[en]. 4. Affirmat.

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Gudeholden: ‘Hausgeister, Geister’ Miste kouen: ‘Stall, Verschlag’ himpten: altes Hohlmaß für Getreide in die haer gehen laßen: ‘es zur Auseinandersetzung kommen lassen’ Seite 8 (S. 27 in der Archivzählung) ist ein Deckblatt für das folgende Aktenstück mit der Quadrangelnummer 7 und dem Titel Guttliche Andtwortt Vf die Auffgesatzten Fragstücke ~.

Westliches Norddeutschland

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5. Ihr Mann were in S[ankt] Andreas Kirchen gewesen, dann Sie sich deß tageß deß Abendtmals herum [?] gebraucht, 6. Sie habe den Breyhanen selbst[en] gezapffet Auch mit ihme Zwene Kruge voll getruncken 7. Sie habe Ihme nurt drey Kruge voll gelenget, den dritten hette ehr halb außgetrüncken, v[n]d den Rest stehen laßen, Welchen ihre Magdt, wie dieselbe mit Inquisitæ Manne aus der Kirchen kommen, außgedrunckenn. 8. Affirmat, Alß er dritten angefangen, Hette Sie sich entschüldigt vnd gesagt: Ihr gebührete nicht, weill Sie zu Gottes tissche gewesen, so viell zu trinck[en] 9. Habe das ietzo berichtet 10. Articulirte Wortt Hette Er zu ihr geredet, Worumb Sie aber nicht furtters mit ihme trincken hette Sie albereit angezeigt, 11. Negat, habe dar nicht auffgedacht. 12. Da solte Sie der herr Jesus für behüten 13. Sie habe ihme nichts beygebracht, Jesus Chr[i]s[tus] solle Sie dafur behuten vnd bewahren,

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[10] Vmb S[anct] Johannis auß im Mitten Sommer hette Er hanß Rabente in ihrem hauße getruncken, vnd erst vmb Michaelis Kranck wordenn, Were den folgenden tag wied[er]umb kommen, vnd ihrem Manne an die hand geben, Sie woltten Zusamen ein trunck von der Apotheken holen lassen, Was sonsten+ Worauß Je zu sehen vnd zu spüren daß ihme nicht Wehe vmbs Hertze gewesen, Daher alles waß Articulirt nicht wahr. Defunctus were ein gantz Viertel Jahrß darnach erst Kranck worden, woher er die Krancke tage bekommen, Vnd was er Vf die Artzney verwendet, wiße ehr nicht, Hanß Rabente hette ihr einßmalß botten geschickt, vnd wie sie hin kommen, hetten Sie gesehen das ehr dick geschwollen gewesen, Auch das ihme das waßer auß dem beyne geloffen, Affirmat. Sie hette zwar Articulirtermaßen sich entschüldiget, daß Sie aber solte gesagt haben, Wan Sie es ihme angethaen, So wolte Sie es ihme woll

deß: Das zweite deß ist aus heß berichtigt. gelenget: ‘gereicht’ Defunctus: ‘der Verstorbene’ Krancke tage: ‘Krankheit’

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55 in Zwo stunden benehmen, were gar nicht wahr. 19. Sie hette geandtworttet, Es hette ihme der woll angethaen, da ehr sich nicht fur hütete, 20. Cessat [11] 21. Negat, Habe die Mökerschenn nicht einmall genennet, Sonsten solle ihme Ja die Mökersche auch zwene Menner geschicket haben, Wie Ihr dann+ Johannes Hoepmann berichtet, 22. Wiße daßelbe nicht, Hette ihr woll ehe in ihrem Krancke bette ehr vnd gutt gethaen. 23. Cessat 24. Affirmat, Sie aber gesagt Er thet solches liegen, wofern Er dabey bleiben, wurde Er seiner Seelen einen bösen Stuel setzen. 25. Affirmat, Habe 26. Affirmat, Vnd hette Sie daneben gesagt, Er hette Mannigem Menschenn Wehe gethaen, Wolte Ihr ietzo auch noch einen Schandtflecken anhengen, des[sen] sich dann Gott erbarmen möchte. 27. Affirmat, Eß were vf einen Sontag Abendts ge+ irgendts nach vier Vhren gewesen, Sonsten wolte Sie es so baldt zu wergke gerichtet haben, Sie hette aber folgenden Morgenß vmb 9 Vhr Rabenten darauff durch Notarien vnd Zeugen beschicken laßen. 28. Affirmat. 29. Hette gesagt; Eß were ein lose Außgestrichene Hüre gewesenn, welche am Ratzberge gewohnet, vnd wegen ihrer dieberey Zur Marienburgk in hafft genohm[12] men, vnd wegen begangener Vbelthat, auch daselbsten außgestrichenn worden, Dieß Weibstucke were ihr eineßmahlß ªzu nachts zeit irgenß vmb 12 Vhrº fur die Thür kommen, Vnd bier haben [INT] ªwollen+º, deßwegen auch mit Puchen vnd pralen nicht auffhören wollenn, Dahero Andreaß Lehne geursacht, Derselben etzliche Schläge mitzutheilen, Alß dieselbe nun darnehest zu sitzen kommen, Hette Sie ihr dieß

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Cessat: ‘sie bleibt (die Antwort) schuldig’ einen bösen Stuel: wohl das Gegenteil von einem „Stuhl im Himmelreich“ Außgestrichene: ‘mit Rutenschlägen bestrafte’ Puchen: ‘verhöhnen, verspotten, herausfordern’ geursacht: ‘veranlasst worden’

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alleß vf den halß vf den halß [!] gelog[en], 30. Hette Gesche Fusting geheißen, were alhie vom Berge burtig gewesen, Hette anderß nichts von ihr bekandt, dann nurt das Ihr Mann Sie, angedeuteter maßen, bey Nachts zeit geschlagenn hette, 31. Habe das Ihr lebenlang nicht gehört+, Affirmat were Ihr von andern Leutten, welche mit bey dem Gerichte gewesen, in spe[cie] von Statz Wehrmanne berichtet worden, Were darauff nach dem Amptman Zur Marienburg gangen, vnd sich entschüldigt, Der Amptman hette Ihr Kundtschafft ertheilet, waß Gesche Fusti[n]g auff Sie Peinlich bekandt, Alß Sie nun daß Weibstücke bey seines Notarien Vnd Zeugen besprochen, Hette dieselbe alleß geleugknet, 32. Wiße nicht was das fur dinger sein, Hette Ihr lebelang nicht damit vmbgangen

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[13] 33. Wiße nicht wiße+ [INT] ªwieº Sie einem Menschen abe vnd dem Anderen zugebannet werden Konnen, Könne auch den Segen nicht, dann Sie denselben auch niemalß hersagen gehört, 34. Der Herr Jesus Christus solle Sie doch dafur behüten, Konte nicht weßen, Woher ein Mensch vf den Andern solche böse gedancken haben konte, Sie were an allem, waß Articulirt, vnschüldigl[ich]. 35. Habe daß beym 31 Art[icul] od[er] Fragstucke schon berichtet, vnd könte Johannes Hopman, welchen Sie pro Notario gebraucht, ihr hienun gutte Gezeugknuß gebenn,

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Worauff dieselbe wied[er] an ihren ortt gebracht wordenn,

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sich entschüldigt: ‘sich gerechtfertigt’ weßen: ‘wissen’

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Abb. 7: Stadtarchiv Hildesheim, Bestand 100-38, Nr. 109, S. 9 (S. 28)

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JEVER 1592 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Jever 1592 Handschrift Staatsarchiv Oldenburg, Bestand 90-6, Nr. 43 43r–46v (Archivzählung) – Sello (1898)

Inhalt Rixste Gralefs ist eines der Opfer des Sammelprozesses, in den 1592 mindestens 21 Personen verwickelt waren. Sie entzieht sich zunächst ihrer Verhaftung durch Flucht. Ihrem Mann, wird auferlegt, seine Ehefrau binnen 24 Stunden zurückzubringen, was am 7. Juli 1592 geschieht. Am 10. Juli wird Rixste Gralefs nach einer gütlichen Befragung und mehreren Gegenüberstellungen mit ihren Besagerinnen peinlich angegriffenn, woraufhin sie unter anderem Teufelsbuhlschaft, Hexentanz, Hexenflug sowie Schadenszauber gesteht und weitere Personen besagt. In der Akte ist an späterer Stelle vermerkt, dass 10 Frauen am 12. Juli mit dem Swerde vnd feuer hingerichtet worden sind, darunter auch Rixste Gralefs.

Schrift und Sprache Das Protokoll hat eine im Vergleich sehr gut lesbare Qualität. Es ist durchgängig in hochdeutschem Duktus gehalten. Dabei findet sich indes eine Fülle von niederdeutschen (lexikalisch möglicherweise auch friesischen) Interferenzen. Immer wieder kommen regionalsprachlich motivierte Formen ins Spiel: auf der lautlichen Ebene z.B. die Erhaltung des westgermanischen /d/ im Anlaut (dage, dochter, deils etc.) oder die Erhaltung des /a/ in van. Hierhin gehören auch verswerenn, Swegersche, Smerpott u.a. In der Morphologie ist die Rektion nach Präposition (bei Ihne gekommenn) wie auch die Rektion generell (ir […] mitgekregen) regionalspezifisch-eigenartig. Die lexikalische Ebene zeigt ein Hin und Her des Schreibers zwischen hochdeutschen und niederdeutschen Formen: Dem nhd. ‘Deich’ im Dativ entspricht einmal ein dike, ein anderes Mal dagegen ein teiche. Andere Wörter treten ausschließlich in niederdeutscher Form auf: Nodt ‘Nuss’, gespalck ‘wüster Lärm’ u.a. Typische Merkmale des Schreibers sind z.B. die Realisierung des auslautenden -g als ¢ch² sowie das postvokalisch nachgestellte Dehnungs-i oder Dehnungs-e. Erwähnenswert ist noch die auffällige Neigung, finale -n zu verdoppeln.

Jever 1592

59 [43r] A[nn]o p[erge] 92 Denn 10 Julii deß morgens vmb 6. schlegenn ist Rixste Gralefs zurede gestellet, vnd ir daß Jennige, waß auf ir einß deils bekent mit allem fleiß zu gemute gefurt, vnd nachdem [INT] ªsieº sich nun, darauf in der gute zu der beschuldigung im geringsten nicht bekennen wollen, Ist ir erstlich mergedachte Tadke Berens, zu eigenn gestellet, Dieselbe hatt darauf vnerschrockenn zu redenn angefangenn, vnd zu Rixstenn gesagt, sie vnd Ir volck habenn sie darbei gebracht, Vnnd weiter gesagt, alse sie denn abent tzuuor, wie sie angegriffenn nach ihres Bruders hauß gang[en] hettenn sie ir vber den kopf gesprung[en] vnd die nacht vber daß gespalck wie sie zuuornn berichtet, vnd mit Ihrem eheman becrefftigt, auf vnd vor ihrem hause getriebenn, Vnnd denn morgenn wie sie vann Ihres Brodernn hauß, aldae sie die nacht gewesen, gekommen, hette ir Mann, ir den Milch Eimmer im ham zu eigenn gebracht, vnd ir geclagt, daß die nacht vber, ein sollich gespalck alda gewesen were, davber er so seer erschreckt, Fernner sagt sie zu ir, daß sie Rixsten iungst, wie die ersten weiber eingezogen gewesen, einen kell gebracht, vnd do hette Rixste zu ir gesagt, Tadke wie Wil eß vnß nun gehen, Vnd daß diesem also in warheit, vnd daß sie Rixste mit schuldich, Darauf will sie Ihr

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zu eigenn: ‘vor Augen’ darbei: ‘dazu’ gespalck: ‘wüster Lärm’ ham: ‘umzäunter Ort’ kell: wohl ‘Schöpfgefäß’

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[43v] Sele opffern, auch Lebenn vnd sterbenn, Welliche wortte sie auch Rixstenn, in dem hinaußgehende, weiln sie genowdeß+ vor ir außreden konde, nachgeschreiet,

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Vnd alsie darauf sich noch nicht bekennen wollen, ist Ir gestracks darnach Tiammet Fulffs vorgebracht, welliche ir gleichßfals zugesagt, Daß sie Rixste mitt Ir auf Boyeberge gewesenn, vnd waß ir Sone konne, daß habe sie Rixste Ihme auch gelernt, vnd waß sie Rixste selbst wiße, daß habe sie van Ihrer Mutter gelernt, vnd wie Rixste sagt, sollichs rede Tiammet auß neide, sagt sie darauf, sie habe mit Ir keinen zanck, dan waß sie geredet, vnd Itzo zu ir gesagt, daß sei die warheit, Hirzu ist Rixste Gralefs auch hillit haiofulfs vnder augenn gestellet, vnd die sagt zu ir, Daß ir Teita krogers vor 10. Jairen, alß dieselbe ir die kunst geleret habe vormeldet, Daß sie Rixste Gralefs vnd Ihre dochter mit hette, wellichs sie bei Irer selicheit haltten, vnd drauf leben vnd sterben wil, Vber dieses ist ir hir zu Ihrer obgemeltenn eigenenn Dochter Frouken Bekentnus, so viel dieselbe auf Ihr bekendt, van punct[en] zu puncten vorgelesen, vnd alles zu gemuite gefuert, Weiln nun sollichs alles bei Ir nicht helffen muigenn, Ist sie an obgemeltem dage peinlich angegriffenn, vnd hatt darauf bekent wie folgt, [44r] Vor erst, Ihr eigenen Mutter habe eß Ir geleret vnd sei vngefer vor 10. oder 12. Jairen geschein Dar weren beigewesenn, Rixste hillers vnd Ir beidenn Dochter, auch Meine frißmers weib, so zu kniphausenn gebrandt, van den 46 50

alsie: Kontraktion von als und sie Sone: ‘Sohn’

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61 beiden dochtern Lebe noch die eine, vnd erhal[te] sich bei Ihrem Bruder Gralef hillers, W sei Darbei gewesen Geßke hawe zu M merßhusen so noch im leben, Item die kunst habe Ihr, Ihre eigene Mutter in beiwesen der vorgeschriebenen auf dem haf dike, aldae sie einen dantz gehaltten, vnd sie bei Ihne gekommenn, gelernet, vnd ir in den dantz mitgekregen, vnd ir zugesagt, sie soltte ir Lebenlanck, davon verbeßert seinn,

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Darnach habe sie Gott, vnd seine wercke verswerenn nuißenn, vnd 3. tritt zurugk getreden, 100

Indeme were Ihr Bule bei Ihr gestanden so hanß geheißenn, Derselbe habe Ihr ein stucke goldes geben, wellichs sie darnach wedder verloren, 105

Daß zeichenn vor Ihr heubt, habe Ihr, Ihr Bule mit der handt, welliche wie ein padden fueß gestalt gewesen, gemacht, Wie sie Ihrem Bulen zugesworenn habe sie bei Ihme liggen muißen, vnder sei kaltter natur gewesen, habe Sammiten vnd seitene kledere an, auch eine[n] ser schonen huet gehabt,

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Darnach wie daß geschein, habe sie Ihne vor denn hinderen kußen muißen do habe [44v] er einenn bosenn geruch, wedderumb vann sich gebenn, vnd er habe einen Pfer84 91 95 98 107 111

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Aufgrund eines Wasserschadens ist der obere rechte Rand einiger recto-Seiten oft schwer oder gar nicht lesbar. Wo möglich, wurden die Wörter sinngemäß ergänzt. Eckige Klammern markieren hier somit sinnvolle Ergänzungen der Herausgeber und keine Auflösungen von Abkürzungen. haf dike: ‘Deich am Meer, Hauptdeich’ verbeßert seinn: ‘besser gehen’ verswerenn: ‘abschwören’ nuißenn: ‘müssen’ (Schreibversehen) tritt: ‘Schritt’ padden fueß: ‘Krötenbein’ vnder: Kontraktion von vnd und der

Westliches Norddeutschland

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de fueß, vnd einen Man fueß gehabtt, vnd sie habe tuen vnd leisten mußen alle waß er bogerende gewesen, 125

Die leste reise were+ [INT] ªhetteº sie aufn haff teiche bei Senwardenn vor 8. dage vfn donnertagk gedantzet, vnd sei obgemelte Geßke haien, Ir Swester Benlef, vnd Ir volck damit gewesen, Loutet Teilen Mod[er]None Loutet Teilen weib Indemet Frouke Merings Rinste Folckerß Tadtke Berens Tide doddiken vnd Frouke Ir dochter

Auch weren daß mhall mit gewesen Loutet Teil Schrors Moder None, vnd Ir Swegersche Indemet Loutet Teilen weib, Item Frouke Merings Rinste Folckers zu haddyen Tadke Berents, Tide Doddiken bei daß hoff Ihre Dochter Frouke, der eß Teitke Titk[en] geleret,

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Etta Lukenn zu Garmeßenhusen, derselbenn habe sie eß zusamen, vor 3. oder 4. Jairn bei daß hoff geleret, vnd hett[en] ir einen Bolen gebenn, der heiße Cortt Derselbe habe Kleider van Seiten vnd Sammit vnd einen weißen huet, mit roden vnd weißen feddern Item Ihrem Shuen Johan, deme habe sie eß vor 2 Jairn, bei daß hof zu wadwerden geleret, vnd heiße sein Bolin N[ota]B[ene]: Gebeke folgents hatt sie Ihne wedder entschuldigt,

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[45r] Denn Smerpott habe etta etken gehab[t] Dieselbe hette sie auch vor Ihr angesicht vnd Bruste, auch vnder die fueße vnd zwischen Schuldern vnd ellebogenn ge[strichen] Alß den hetten sie gesagt wen sie wollen, wol auf in Rode henrichs nhamen 124 126 137 144 149 162

bogerende: ‘fordernd, begehrend’ reise: ‘Zug, Fahrt’ hoff: ‘Hof’ Bolen: ‘Buhlen, Liebhaber’ Shuen: ‘Sohn’ Rode henrichs: ‘[des] Roten Heinrichs’

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63 dan derselbe wer Ihr Obriste gewesen vnd auf einer kattenn weren sie hinauf gefharen, vnd hette ir Bole mit Ir darauf geseßen, vnd sie were hinder vnd hette Ihme vmb daß leib gefaßet, Frouke Merings sei woll 4. oder 5. mhall+ Jair mit vfn Dantze gewesen, Weiter bekendt sie daß ir, Ihr gemelter Ir Obrister Rode hinrich, wen sie van ein ander ge+scheiden wollen, geleret vnd vermanet daß sie alles boses tuen sollen, vnd ir etwas in PaPir so swartz gewesen alß erde, vnd so groiß wie vngeferlich eine Nodt gewesen, zugestellet, damit sie beide Mensch[en]n vnd vihe vergeben soltte,

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Vnd wehre sie profoiß gewesen, vnd hette einen stock gehabt, darmit sie in dem dantze gesteuret, Teite Titken aber sei Fenderich, vnd sei daß Fendlein vonn allerhandt farben gewesen, Lubbe zu Gaßmuß sei Trummenschleg[er] gewesen, Alert Piper vf Krildonnersyl ein Trummenschleger, Diesen hatt sie wedder entschuldigt, Auch sei Folckert Lubben Sone zu haddien Ede genant Trummenschleger, vnd einmal bei Kirchoue, vnd einmal beim Boieberge, mit vfn dantze gewesen, [45v] Sagt weiter, weiln Frouke Merings nicht woll sehen konne, wie sie dann dantzen konne, darauf sagt sie, daß ir der Teuffell wol leuchten vnd vorthelff[en] konne,

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Nodt: ‘Nuss’ beide … vnd: ‘sowohl … als auch’ vergeben: ‘vergiften’ profoiß: ‘Profoß’ (militärischer Dienstgrad) Fenderich: ‘Fähnrich, Fahnenträger’ vorthelff [en]: ‘weiterhelfen’

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Westliches Norddeutschland Am verschienen Gronendonnerdage sei sie selb 12. oder 11. bei daß hof vfn dantze gewesen mit None Teilen Indemet Irer Dochter, Rinst Folckers Ihr Sohne Ede, Teita Titken, Tidde Doddiken, Ihr Dochter Frouke Etta Luken, Sie selbst Rixsta Tatke Berens Tommethummels zu haddie vnd Frouke Merings, Rinst Folckerß [INT] ªzu haddienº habe den smerpott, der sei van [2] maeß groiß, sei ein Roit Steinpott, vnd daß smer sei wie flodtfette, Mit dem Puluer so Ihr der Teuffell gebenn habe sie vor 3 Jhairn, sich selbst ein pfert vergeben muißen, weiln sie eß andern nicht habe bei bringen konnen, Ader Der Teuffel habe ir den halß enzweihe brech[en] wollen,

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Auch Ir der Teuffel auferlecht, daß sie Ihren eigenen vatter, vor 3. Jairen darumb daß ir Moder ihr nicht Braut[46r] schatzes genuch geben wollen, eine kho vergeben, It[em], deßelben Sommerß habe sie her Reinerß eine bisede khue vergeben vnd daßelbe sei auf der Suder seiten de[s] hauses im hamme gesch[ehen]n

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verschienen: ‘vergangenen’ selb: ‘mit’ [2]: Der Schreiber verwendet für die Ziffer ‘2’ hier ein Zeichen, das mit einem ÿ vergleichbar ist. flodtfette: ‘Sahne, Schmand’ Ader: ‘oder’ Brautschatzes: ‘Mitgift’

Jever 1592

65 Item hedde Frißmerß zu Tanen ihrem Nachbarn, habe sie auch zweihe khue auf ein mhall vergeben, wellichs zu Jair zu winterß zeit auf Stalle bei nacht geschein sei, Daß gifft habe sie der khue vor den munt gehaltten, vnd ir darin gepustet, daßelbe sei darumb geschein, daß hedde Ihren Man alle zeit vor den geringsten haltten wollen, Wie man sie nun auch entlich befragt, warumb sie entwichenn, Antwort, daß sie in knipenser gebiete etwes Lennewandts zu weben gehabt, vnd darumb aldae bei Ihrem verwanten eine nacht geplieben Do were den morgen alda ins hauß gekommen, der Lademacher Anthonieß, vnd gesagt+ vnd gesagt, ist die Frawe noch alhie, es habe[n] die gefangene weiber zu Jeuer sie mit ein ander beschuldigt, vnd itzo were[n] nach Ir knechte hinauß geschickt, im gleich[en] auch zweihe nach knipenser gebiete, welliche sie anhero holen soltten, Do were sie nach der dose gang[en]n, vnd aldae solange verharret, Daß Ir Man sie gefurdert, Daß sie sich verantwortten solle, drauff were sie erschienen, in hoffnunge sie were vnschuldich befund[en] worden, [46v] Den folgenden 11. Julii Anno 92. ist Rixste Gralefs befragt, ob sie auch bei dieser bekendtnus standthafftich zu pleiben bedacht, Ist sie in der erst wanckel muitig gewesen, folgents aber sich weddervmb vor eine sonder bekent vnd gesagt, man dorffte ir, Ihre bekentnus nicht wedderumb vorlesen, Sondern sie wiße woll, waß sie habe geredt, Sint darauf Ir die pastors, wie Ir darnach gesagt, daß sie morgen Mitwochen de[n] 12. Julii, vor d[as] peinliche Gerichte solle gestellet werden, zugeordnet, Die sie auch darauf gefurdert vnd begert,

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Lennewandts: ‘Leinwand, Leinenstoff’

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Westliches Norddeutschland

Abb. 8: Staatsarchiv Oldenburg, Bestand 90-6, Nr. 43, fol. 44r

LEMGO 1632 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Lemgo 1632 Handschrift Stadtarchiv Lemgo, A 3693 (Hexenprozessakte Ermgard Roleffs) 47r–52r (Archivzählung) – Ahrendt-Schulte (2002), Bender-Wittmann (2002), Ströhmer (2003), Wilbertz (1999)

Inhalt Der gewählte Ausschnitt entstammt einem Prozess aus der dritten Lemgoer Verfolgungswelle, die von 1628–1637 angesetzt wird. Am 15. Oktober 1632 wird Ermgards Roleffs vom Stadtrat der Hexerei angeklagt. Trotz so genannter „Beklaffungen“ und Gegenüberstellungen mit Mitinhaftierten und einer – da sie nicht untergeht – sie belastenden Wasserprobe, legt sie kein Geständnis ab. Beinschrauben und das Streichen mit Ruten lassen sie schließlich typische Hexereidelikte gestehen, als Lehrmeisterin nennt sie auch ihre bereits verbrannte Mutter, zudem gibt sie weitere Mitgesellen an. Das Urteil, das ursprünglich Verbrennung lautete, wird zu Verbrennung nach Enthauptung geändert.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist aufgrund einer etwas flüchtigen Schrift mit zahlreichen Verschleifungen (z.B. bei ¢ch²) schwer zu lesen. Es enthält jedoch keine Streichungen und lediglich einige wenige Nachträge und Schreibfehler. Einige Marginalien in lateinischer Sprache und auffallend kleiner Schrift sind vermutlich später hinzugefügt worden, möglicherweise von einem zweiten Schreiber. Die Schreibsprache zeigt auf hochdeutscher Grundlage eine Mischung von Merkmalen verschiedener Herkunft. Während als Dehnungsmarker nachgestellte ¢i² (hoigsten, guithlich) oder ¢e² (gethaen) eher ins westliche Westfalen zeigen, gibt es auch ins Ostmitteldeutsche weisende Varianten (bedde u.a.). Auffällig sind ferner die unorganischen ¢b² in imb, amb, Ambsterdamb u.a. Im Sinne der forcierten Ausrichtung an einer vermuteten hochdeutschen Schreibnorm lassen sich hoigsten mit Plosiv statt Reibelaut, mugte für ‘möchte’ und Ehebrug deuten. In einen ähnlichen phonologischen Zusammenhang gehören beispielsweise auch zuJegen, daJegen. Morphosyntaktisch ist eine zum Teil regionalsprachlich begründete auffällige Kasuswahl anzumerken: bei das bedde, bei die, mit einen Kerll etc.

Westliches Norddeutschland

68 [47r] Ermgards Roleffs M. herman Beckers Topkers ehehausfrauwe.

Johansen Mejers frauwe Lehrmeisterinne.

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Lunæ 15. octobris a[nn]o p[erge] 1632. Weilen die hern von beiden Räthen auß endlichen inditiis die Petherschen auffs rathauß fordern laßen, vnd ihr etliche articull vorgelesen, darauff sie bekant, sie were kein hexe vnd wolle die Jenigen sprechen, die sie beklafft, da sie dan bei die hauinschen vnd die Möllemanschen in persona gepracht, welche ihr beide ins gesichte geredet, sie were mit ihnen auffm dantze gewesen, beim stumpen tohrn vnd auffm steinwege sie aber solches alles verleugnet. Vnd auffs waßer begerett, darauff sie hefftigh geschwommen Nach dem sie in die haffte genohmmen; Die hern Verordnete alß beide H[errn] Siegeler, vnd Vit Cemmer, vff selbigen abent bei ihr komen, vnd sie guithlich zur bekantniße ermahnet, daß sie mugte freiwillig bekennen wer ihr die zauberkunst gelehret, wannehe vnd an welchem ortt. Sie aber lange zeitt geantwortet sie sei Vnschuldig der zauberij, vnd könne nicht zaubern. Vff ihre Vnbestendigkeitt ist M[eister] dietrich befholen sie P[eterschen] inhafftirten anzugreiffen vnd mit der Peinlichen frage mit Ihr zuuerfahren, die hern sich darab zu verscheidenen mahlen zum fleißigsten bedinget, vnd sich fleißig ermahnett. [47v] Worauff sie P[etersche] inhafftirte ein weinig angegriffen vnd die bein schrauben angesetzett, da sie dan so palt bekent freiwillig, daß Johannis Mejers frauwe ihr das zaubern gelehret furm Jhar in Ihrer der Mejerschen stuben, mugte vngefehr sein 3. Jhar; Darnach wiederruffen vnd bekant das eine frauw von Heruordt ihr gelehret das zaubern, welche bereit[en] verbrandt. Endtlich auch wiederuffen vnd bekant, es hette die Haspelmatsche gethaen; hirauff nochmals reuocirt, vnd gesagtt ihr eige-

beklafft: ‘besagt, denunziert’ tohrn: ‘Turm’ Nach dem: ‘danach, wonach’ sich: ‘sie’ (Schreibversehen)

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69 ne Mutter hette ihr Leider das zaubern gelehret so langst verbrandt binnen Rhaeden imb stifft Minden. Dieses wiederumb geendert, Vnd gesagtt, Man gebe ihr schult an einem Manne, wie Ihr herr herman Pastor vff der Neuwstat gesagtt, aber sie were deßen gantz vnschuldig. Doch sie hette einen Ehebruch begangen, aber kein zaubern, aber nicht in dieser stath. Nach dieser variation ist sie ein weinig wiedervmb angegriffen, gebunden, vnd gestrich[en]. sie aber alles nichtes geachtett, endtlich Zeitt biß Morgen gepetten, die Mejersche hette sie belog[en], Was sie wuste wolle sie Morg[en] guithwillig bekennen.

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[48r] Martis 16. octob[ris] Die hern Verordnete Andermahligh P[etherschen] inhafftirten zum aller hoigsten ermahnet zur bekantniße, vnd dabei erinnert, wie daß sie gestriges abent gantz vnbestendigh gewesen in ihrer rede, vnd palt dieses palt des außgesagtt; Darauff sie geantwortet sie were der zauberey vnschuldigh, vnd konne nicht zauberen. Die hern Verordnete replicirt vnd offentlich vorgehalt[en] vff welche leute sie gestriges abent bekant, worumb sie solches gethaen. P[ethersche] inhafftirte gesagtt alle ihre verdacht Vnd argwohn komme von der Mejerschen her, sonsten hette sie nichtes boses außgerichtett, die wurst, die wurst genennet, Vnd dabei die Mejerschen geruffen. 1. Adult[erium] bekent in aller guite daß sie der zauberej frey, eheb[ruch] aber sie wehre einsmall nach Hameln gewesen vnd alß sie zur Artzen kommen, wehre ein kramer von Bosingfelde zu ihr bei das bedde

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Doch: In der Handschrift ist hier eine Unterstreichung erkennbar. Diese wie auch weitere im Text auftretende Unterstreichungen werden nicht wiedergegeben, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit neueren Datums sind, also nicht vom ursprünglichen Schreiber stammen. gestrich[en]: ‘geschlagen’ hoigsten: ‘höchsten’ replicirt: ‘zur Antwort gegeben’ 1.: Der Schreiber kennzeichnet die Ordinalzahlen recht heterogen mit Strich, Punkt und Doppelpunkt. Bisweilen fehlt eine Markierung. Im Folgenden werden alle Ordinalzahlen einheitlich mit Punkt wiedergegeben.

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Westliches Norddeutschland kommen, in Zeit ihres sel[igen] ehemanß, vnd seinen willen mit ihr vollenpracht vnd also einen ehebruch gethan. zum andern were sie wegen h[errn] herman Mollers Pastoris auff der Neuwstat in der Leute rede komen, gleich alß sie mit ihme in vnpflicht geleebet haben solle, aber sie were daran vnschuldig, doch sie hetten miteinander woll gestanden, aber seines leibes nicht genoßen. 2. Adult[erium] Noch bekant, daß ein burger in Minden herman Walbaum genant fur der wester pforten ein brauwer, als sie vnbefrejet, mit ihr in vnpfli[cht] gelebet Vnd mit ihme also einen ehebruch begang[en], dan sie hette bei ihme zu Minden in der herberge gewesen, vnd der Man Walbaum hette eine frauwen gehapt. [48v] Daß sie wegen h[errn] herman Mollers Pastoris gedacht, wehr diese vrsache, dan sie were fur kurtzen Tagen bei hern B[auermeister] Cothman gewesen vnd geklagtt, daß hanß koch sie vnter die Leute gepracht alß solte sie fur eine hexen auffs rathauß gepracht sein zu dero zeit hette h[err] herman Pastor in d[e]r Röhrerschen hause gesessen, vnd zusammen geweinet, doch h[err] herman nicht geweinet, die Rhörersche hette aber mitleiden mit ihr getragen, das sie also vnschuldig leiden muße, doselbst hette h[err] herman ihr geklagt daß die hern Verordnete zuJegen alß dieselbe bei einander gewesen fur kurtzen Tagen ihnen mit ihr vixirt vnd geschoeßen, vnd also seine vnd ihre vnschult geklagtt, darumb sie P[ethersche] inhafftirte zu ihnen ins hauß kommen.

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vnpflicht: ‘Unehe, wilde Ehe’ fur der wester pforten: ‘vor der Westernporte’ (eines der sieben ehemaligen Stadttore Lemgos) brauwer: ‘Brauer, Hersteller von Bier’ vnbefrejet: ‘unverheiratet’ B[auermeister]: ‘Laienrichter in einem Stadtviertel’. Es handelt sich hier um Dietrich Cothmann, den Vater des späteren „Hexenbürgermeisters“ Hermann Cothmann. vnschuldig … hauß kommen: Das Verständnis wird auf Grund referenzieller Unklarheiten im Bereich der Personalpronomina erschwert. zuJegen: ‘zugegen, anwesend’ vixirt: ‘gequält, geplagt’

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Mercurii 17. octob[ris] P[etherschen] Inhafftirten der Töpkerschen erinnert worden waß sie amb letzten angelobet sich zubedencken vnd die warheit zu reden, dabei auch gar sehr ermahnet, heraußzureden wer ihr zaubern gelehret, wannhe vnd an welchem ortte confess[io] veneficii vnd Darauff sie guithwillig außgesagtt, das die magist[ræ] Niebaursche so alhie gewohnet, vnd zue Heruordt verbrant, sie einsmall zu heruordt imb Keller Niebuhrsche Piperda sie alda gewohnet, vnd mit ihr brandtwein schen Tochter in getruncken vnd dabei das zaubern gelehrett. Heruort Lehrmeisterinn. [49r] Vnd ihr gesagt sie solle Gott verleugnen vnd die stern amb himmell, summa die gantze h[eilige] dreifaltigkeitt, welches sie dan alßpalt gethan, mit zurucktrettungh 3. fuiße; darauff ihr buhle zu ihr kommen hanß Fedderbusch genant, bekleidet mit schwarzen wandt kleideren, hette klauwen gehapt wie ziegen klauwen, Zu ihr gesprochen sie solle seine sein, sie ihme geantwortet Ja, sie wolle seine sein, darauff ihr gegeben 4 groschen, vnd mit ihr buhlirt were gantz kalt gewesen, aber nicht woll ihr bekommen were Teuffels Werck, die Lehrmeisterinne die Niebursche hette dabei gestanden, auff ihre kammer imb keller gehe eine kleine Treppen hinauff, Vngefehr fur 6. Jharen, in Heruordt. Inter. orie. 1. Die kunst hette sie probirt an einer roten katzen, der sie eingegeben schwartz krauth so der teuffell ihr zugeprachtt, deme sie sich ergeben do hatte, ihr eigen katze gewesen, Vnd ihr in 1 brott geben, dauon sie gestorben. 2. Noch bekant sie hette 3. Gense gehapt Vnd denselb[en] etwas eingegeben, dauon sie dicke helse bekomen vnd gestorben. 3. hiezue gutwillig bekant, daß sie ihrer gewesenen Nachparschen Stockdiricks frauwen, Schrien tochter

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wandt: ‘grober Wollstoff’ buhlirt: ‘geschlechtlich verkehrt’ Inter. orie.: vermutlich ‘[Antworten auf die] Fragstücke’. Die korrekte Auflösung dieser Abkürzung ist unklar, weswegen das Wort in seiner abgekürzten Form belassen wird.

Westliches Norddeutschland

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gewesen, Trinen, krauth eingegeben, dauon sie ªin achte tagenº gestorben, das krauth hette sie ihr in warmbbier gegeben, als sie in den wochen gewesen, ohne einige vrsache, das kraut hette ihr ihr bule geprachtt, der böse feind. [49v] 4. Noch bestendigh bekant, daß sie ihren eigen Man vergeben. Alß sie nun dieses alßpalt wiederruffen was sie also vorgeschriebener maßen guithwillig bekant; So ist M[eister] dietrich befholen, Jegen sie mit der scharpffer frage gepuhrlich zuuerfahren, welches dan auch gescheen, vnd gebunden, die verordnet[en] aber sie P[ethersche] inhafftirte viellmals ermahnet, die warheit zu reden vnd guithwillig weiter zubekennen. reiteratio Darauff bestendig repetirt daß mit der 1. bekanten frauwen also wahr were, daß sie sie v[er]geb[en] [INT] ªdauon sie gestorben.º 2. zu dem auch Ihren eigenen Man in einem Warmbier vergeben, darin sie schwartz krauth gethan so ihr der Teuffell gepracht, das er lahm, werden solle, dan er hette sie offtmals geschlagen, könne ihme nicht wieder abgethan werden, were gescheen das erste mall fur 4. Jharen, Er hette doch einen Eifferigen sinn vnd ginge immer vnd gnarrde. reiter[at] adult[eria] Noch bekant guithwillig das sie zwei Ehedergl[eichen] [?] 1. bruch begangen, erstlich mit Walbaum zu Minden, zum Andern mit einem kramer 2. von dem Bösingfelde, wehre zue Artze, geschehen bei Leibzeiten ihres sel[igen] ehemannß, imb kruge daselbst, were dohmals ein Jungh geselle gewesen, Vnd Zu ihr auff die Cammer komen vnd vnzucht getrieben; Mit Walbaum were auch gescheen alß sie bei seiner mutter zu Minden gedient fur eine Magd, vnd Er hette eine frauwen gehapt, were h[errn] hennings Pastoris daselbst freündtschafft.

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vergeben: ‘vergiften’ Eifferigen: ‘Eifersüchtigen’ gnarrde: ‘knurrte, war verdrieslich’ freündtschafft: ‘Verwandte’

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Complices 1. Johansen Mejers frauwe 2. Rp. Johan Budden. 3. Cantoris Zemici Ludekinges frauwe.

73 [50r] 5. Noch guithwillig bekant vnd außgesagt, daß sie Johan reithmejers sohn Lahm gemacht, damit Er keine pötte machen solle, hette ihme krauth gegeben, doch sie hette es ihme vorgeworffen daruber were gangen, Vnd Lahm worden, solch schwartz krauth hette ihr die [!] Teuffell zugepracht, were nun beßer worden, der Man zue Lipspringe hette ihme radt dazue gegeb[en]. Noch bekant, daß sie in reithmejers Offen etlich krauth geworffen, dauon die pötte alle zeit verdorben ªvnd schwartz gewordenº, der buhle hette es darin geworpffen, sie aber darin gewilliget, sie hette zwar vber Reithmejer offtmals geklagt darumb, sie wolle vnschuldig sein. 6. Auch hette sie henrich Lagh ein schwein Vergeben, dauon es gestorben. Ihre Mitgesellen sein gewesen, Johannis Mejers frauwen solle man zu ihr pringen, dieselbe were so schuldig alß sie, wehre vffm dantze gewesen vff der Wöstenstete. 2. Rp. Johan Budden 3. Cantoris Lüdekings frauwe hetten mit ihr auffm dantze auff der Wöstenstete gewesen. Das sie bekant vff Mejers frauwen sagt sie, were nicht gesagt auß feindschafft, sondern man solle ihr thun wie ihr gescheen, sie were so schuldig alß sie, vnd zu dem hette Joannis Mejer vnd sein frauwe offtmals bei ihr zu gaste, sie auch bei ihr zu gaste gewesen, sie wolle ihr der Mejerschen woll ins gesichte reden. [50v] Hiebey berichtet, daß sie auch einsmall zusamen gewesen, vnd in dem pott offen gebadet Vnd geschwitzet, dabei auch Johannis Mejer gewesen. Die Mejersche solle auch woll bekennen, wan sie hir kommen wurde, wie es wehre mit der worst mit dem seel[igen] Tilli Hiebei Noch herauß bekant, daß die Mejersche einsmall in ihrem hause fische gekochet, dorinn sie ihrem Metken Merge genant, vergeben,

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Rp.: Die Bedeutung der Abkürzung ist unklar. Vermutlich steht sie für R[everendus] p[ater]: ‘(hoch)ehrwürdiger Vater’. pott offen: ‘Töpferofen’ Metken: ‘Mädchen, Magd’

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doch hette der Apoteker vnd d[octor] Neuwhauß etwas daJegen gemacht, das die gifft von ihme gangen, dahero wuste sie gewiße das die Mejersche zaubern konte, so wahr alß Gott leebete, Man solle sie in ihr angesichte pringen, so sollen die ihren es woll hören, das alles wahr were, nicht auß haß sondern auß Lauter warheitt. Ihre Andere vbelthat zu bedencken ist ihr zeitt gegeb[en] ~ Jouis 18. octob[ris] Anfenglich in gute Ermahnet zur bekantniße, Vnd also außgesagtt, das sie nicht mehr böses verrichtet, alß sie fur diesem bekantt: Dorauf sie zur tortur gefuhrt, Vnd erstlich die beinschrauben angesetzet, bekant daß sie dem 7. Manne, dauon ihr vorgelesen in articulis, gifft beigepracht, erstlich vorgelegt, doruber Er gangen,

Berent Linnemanß frauwe. Henrich dreues frauwe.

270 277

[51r] Vnd dauon alspalt kranck worden, were der stath Zimmerman, vnd hette die Mejersche dazu geholffen, dan ob sie woll abwesen gewesen, konte sie gleichwoll etw[as] dazu machen; Weiter bekant, daß sie in des schnurmachers hause den Apffell dauon ihr vorgehalten, dem Jungen gegeben, Vnd dauon were er kranck worden, aber nicht gestorben, palt hernacher wiederruffen vnd gesagt sie hette es nicht gethaen. Vff ihr Vnbestendigkeit ist sie gebunden vnd auffgezogen, da sie dan bestendig geplieben, das sie der stath Zimmerman Vergeben, aber er könne es woll verwinden, Mugte daJegen geprauchen Einhorn vnd sonsten. Ihre Mitgesellen bekant, Vnd gesagtt die Linnemansche in der stauen straße, Berentt Linnemans frauwe were auch ein zaubersche. Item die dreuesingsche henrich dreuesinges frauwe wohne bei Johan Reithmejer. Von andern wolle sie nichts wißen, darumb ihr Zeit gegeben biß vff Morg[en] ~

vorgehalten: ‘vorenthalten’ verwinden: ‘überstehen’

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Solis 21. octob[ris] P[ethersche] inhafftirte die Töpkersche einstendig zur be kantniß ermahnet, daß sie sich woll bedencken solle vnd offenbaren waß sie mehr Leides vnd böses gethaen, damit ihr seele mugte zu gnaden komen; Sie geantwortet, waß sie bekant hette, were alles wahr, sonsten hette sie nichtes böses gethaen; dabei wolle sie leeben vnd sterben. 3. Adylter[ium] Nur allein daß sie noch einen Ehebrug begang[en] mit einen Kerll von Ambsterdamb so brucks bomseeden zu kauffe gehapt, Vnd in Peinhorstes hause zur herbege gewesen, vnd mit ihr vnzucht getrieben scortatio in Noch zum Vierten mit den Jenigen so zue viduitate Bracke das Orgell gemacht auch mit ihr vnzucht getrieben in ihrem wittiben stande, Joachim Knie genant, dieselb were offtmals zu ihr komen, vnd sie dazue Verfuhret Mehr boses wußte sie nichte, so sie außgerichtet, Nur das die sage gewesen wegen der wurst, daran sie vnschuldig wehre, sondern die Jenige daruff Tilli gestorben. hiebei berichtet, daß Joannis Mejer zu ihr komen wegen der wurst, vnd gemeinet sie solle dieserwegen seine frauwen entschuldigen, Vnd darvmb wolte Er ihr P[etherschen] Inhafftirten zwei Menere schicken, die gezeugniß wolle Er zubewiesen hab[en] ~ [52r] Sie were aber der wurst halber Vnschuldig vnd das die Mejersche eine zaubersche were were wahr, dan Potharst von der Talle hette auch einmall mit Amptman Schörtingh hausen vff der Mejerschen kammer geschlaffen vnd eben die nacht hetten vff der kammeren die ziegen gedantzet, dauon auch Potharst berichten wurde; wie ers auch gesagt zu Brunneren vnd seiner frauwen.

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brucks bomseeden: ‘Baumseide’ (gewebter Stoff für Unterkleider) scortatio: ‘Hurerei’ viduitate: ‘Witwenstand’ sondern: ‘insbesondere’

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76 1. Joan[nis] Mejers frauwe 2. Rp. Johan Budden 3. Ludekings frauwe. 4. Linnemansche. 5. h[ern] Dreues frauwe. 6. Mensenkampsche.

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leuete: ‘lebte’

Ihre Mitgesellen wehren die Jenigen so sie namhafft gemacht, alß Johansen Mejers frauwen, Rp Johan Budden. Cantoris Ludekings frauwe: Linnemanßsche. henrich dreues frauwe. wie dan auch die frawe so da leuete in Wöstendicks hause, so alle mit ihr auffm dantze gewesen vffm steinwege. ª vnd wöstendstete º bittet diese in ihr angesichte pringen, so wolle sie gerne sterben, sonderlich bittet sie die Meierschen fur sie zu pringen, sie were so schuldig alß sie, darauff wolle sie leeben vnd sterben, nicht auß haß vnd feindtschafft, sonderen sie were in der warheit ein zaubersche, wie auch die andre, so sie genennett. hiebei bittet sie vmb gnedige heren vnd ihr einen gnedigen Todt wiederfahren laßen.

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Abb. 9: Stadtarchiv Lemgo, A 3693 (Hexenprozessakte Ermgard Roleffs), Bl. 47r

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MELDORF 1618 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Meldorf 1618 Handschrift Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig, Abt. 102.1, Nr. 163 64r–66r (Archivzählung) Hansen (1927) Hansen (1927), Hoffmann (1978/1979), Schulte (2001), Schulte (2000)

Inhalt Am 9. Oktober 1618 wird Wiben Maes Telse peinlich verhört. Unter der Folter bekennt sie sich schuldig, Menschen und Vieh mit Hilfe des Teufels Krankheit und Tod gebracht zu haben. Bereits vier Tage später fällt der Meldorfer Stadtrat nach Artikel 124 des Landrechts das Todesurteil. Am 14. Oktober wird die Angeklagte den andern thom affscheuwligen exempell auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in einer klar gegliederten, gut lesbaren Form abgefasst. Der Schreiber steht noch in der mittelniederdeutschen Schreibtradition, an der im nordniedersächsischen Sprachraum am längsten festgehalten wird (der Sprachwechsel zum Hochdeutschen erfolgt im inneren Kanzleibetrieb erst gegen Mitte des 17. Jahrhunderts). Lediglich einige wenige hochdeutsche Einflüsse sind zu erkennen, vornehmlich in formal-juristischen Teilen des Protokolls (vgl. z.B. des Gerichtes erkentenuße) oder im Gebrauch vereinzelter Varianten wie minschen/ Menschen, nene/keine. Auffällig sind zum Teil sinnverändernde, wohl um Präzision bemühte Nachbesserungen des Schreibers (z.B. fol. 64r oben).

Meldorf 1618

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79 [64r] Anno 1618 den 9[ten] octobris iß Wiben Maes Telse, wegen begangener töuerie, vp vorherghander des Gerichtes erkentenuße, pinlig verhöret, vndt heft ªthom deeleº in ock ªmehrendelsº hernacher vterhalff der tortur bekennet vndt vhtgesecht wo folgett. Der Satan wehre vngefehr vor 40 [INT] ªoder 30º Jahren, we se ere dochter vhtgegeuen, vp Hemmingsteder felde, alß se Jegen den auendt van der Heide gekamen, tho er alß ein breedtvoth gekamen, wehre er baldt darup in minschen gestaldt vorwandelet, vndt mit er geghan beth na dem orde duuelswerff geheten, do hedde he van er begehret, se scholde mit eme handell vndt wandell driuen, so scholde se nene noth vp der werlt hebben, ock in keine hecht kamen, darup se sick erkleret, se wolde idt woll dhoen, Hedde ock dhomaln mit eme boleret by dem steine dar ein dorn by stunde vp Jensidt Hemmingstede int Osten hen, ock hedde se by einem anderen steine, na dem Braken hen, mit dem Satan boleret, Idt wehre dat wergk Iß koldt gewesen, Vndt hedde der Satan ock van er begehret, dat se nicht Gottes wordt hören, noch thom Sacramente ghaen scholde. Vngefehrlig 14 dage darna wehre der Satan in der Tweschummeren by der olden schluese wedder by er gekamen, grote ogen im koppe gehat alß eine schupschale, vndt mit er boleret, vndt wuste se nicht tho er[64v] tellen, wo oft se solckes mit dem Satan bedreuen. De Satan hedde er nichtes thogebracht, sondern er gelehret+ [INT] ªlehretº, wen se einem Menschen an siner gesundtheit vndt leuende schaden dhoen wolde, so scholde se men sin

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töuerie: ‘Zauberei’ vterhalff: ‘außerhalb’ vhtgegeuen: ‘verheiratet’ breedtvoth: ‘Kröte’ vndt mit er geghan beth na dem orde: ‘und mit ihr gegangen bis zum Ort’ duuelswerff: werf bezeichnet einen aufgeworfenen Hügel bzw. erhöhten Platz; der duuelswerff ist somit der ‘Teufelshügel’. driuen: ‘(be)treiben’ nene: ‘keine’ hecht: ‘Haft, Gefängnis’ boleret: ‘geschlechtlich verkehrt’ dorn: ‘Dorngebüsch’ Tweschummeren: wohl ‘Zwielicht, Dämmerung’ schluese: ‘Schleuse’ schupschale: wohl ‘Gefäß zum Schöfen oder Schaufeln’ leuende: ‘Leben’

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voetspor, alß de erde daruan vpnehmen, in ein pötken dhoen, vndt seden laten, so wurden se krangk, sturuen ock gemeinlig, Wen idt auerst Godt hebben wolde, wurde idt woll mit enen beter. Peter Höuedes Telse hedde se in Teden Hans Jacobs stall einmall hen+ vht erem huese vp einem groten hunde gehalet, dar wehre eine bunte kho geschlachtet, so Teden Hanß Jacob thogehöret, se hedden dat fleisch daruth genamen, vndt strho vndt ander dhoent [?] wedder darin gestoppet, Se vndt Peter Höuedes Telse hedden Teden Hanß Jacobß Hans ock dartho vam bedde gehalet thom tho kiker, vndt wehre dat beest baldt darna gestoruen. Ere Affgodt wehre in Minschens gestaldt ock dar gewesen. Dat lestemal hedde se tho Aluerstorp vp dem felde dat Wellwöbbe mitgeholden, Vndt hedden se Lange Claußen, so dick vndt vette gewesen, geschlachtet, etwes van sinem fleische genamen, gekaket vndt gegeten, vndt Torffsoden dar wedder ingestoppet. Clauß Hulekens wehre mit darby gewesen. [65r] Beke Stakeflets Jungeste kindt belangende, hedde se van demsuluen etwes van sinen haren, vndt etwes van sinem Vleken an sick gekregen, vndt datsulue in einem pütken in dusent duuell nhamen gestaden, daruan idt sine kranckheit bekamen, se hedde lust gehat van demsuluen kindeken tho eten, vndt hedde der Satan er ock daruan tho eten gebracht. Als Marten Buwman einmall [INT] ªvor vngefer 6 Jarenº ein erffal van der Marne angefallen, hedde se Marten Buwman sine fruwe gebeden, dat se er mochte ein klein kröseken, so se mitgeeruet, geuen, Vndt alß Marten Buwmans fruwe solckes nicht dhoen willen, wehre se, Telse, quadt geworden, vndt [INT] ªvthº Martens Buwmans siner fruwen, so vpm bedde gelegen, erem scho, so vort bedde gestanden, ein weinich erde+ [INT] ªetwesº genamen, datsulue erde+ in einen podt

voetspor: ‘Fußspur’ seden: ‘sieden, kochen’ tho kiker: ‘Zuschauer’ gekaket: ‘gekocht’ Torffsoden: ‘Torfbrennstücke’ Vleken: ‘Kopfputz’ gestaden: ‘getan’ erffal: ‘Erbfall’ kröseken: ‘Krüglein, Kännchen’ mitgeeruet: ‘mitgeerbt’ quadt: ‘böse’ erem scho: ‘ihrem Schuh’

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81 gedhan, water dartho gegaten, vndt in dusent duuell namen datsulue also gekaket, ock einmall wedder vpgewarmet, wormit se Marten Buwmans fruwe kranck gemaket, vndt in de 5. Jahr lanck tho bedde geholden, ock noch an itzo holde, vndt köne se solckes nu nicht wedder endern edder beter maken. Idt wehre Hanß Mollers fruwe vpm berge ock einmall tho er gekamen, vndt tho er gesecht, dat se er scholde de botter wedderschaffen, de se er genamen, Vndt alß se, Wiben Maes Telse, darumb quadt geworden, [65v] dat Hanß Mollers fruwe er vmb ere bottter wedderthoschaffen angespraken, wortho se nene schuldt hedde, wehre se quadt geworden, vndt Hans Mollers fruwen dat spöer vpgenamen, ock sick darhen bemoyet, dat se ein stucke van erem olden hembde gekregen, vndt alß se datsulue gekregen, hedde se idt in dusent duuell namen in einen podt gedhan vndt gekaket, vndt se also kranck gemaket, fast in de 2. Jahr tho bedde geholden, vndt entlig vam leuende thom dode gebracht. Ties Johan hebbe se ock, we he bereits etwes kranck gewesen, vordan betöuert, alß Ties Johans dochter Hobbeke er 3. olde scho vorehret, vndt se desulue in dusent duuell namen etwes thobrennet, dat he vordan kranck geworden, darmit he sine brudt, alß wormit he hochtidt geuen schölen, nicht intrecken mochte. By Hulcke Clauß Maeß Wiben tho Ketelßbuttell wehre se einmall nacht gewesen, vndt hedde desulue Hulcke Clauß Maeß Wibe 1 kho gehat, dersuluen hedde se, Telse, vht kortwill+ 9. natelen in den sterdt gesteken, vndt gesecht: Hir stickstu in negen dusent duuell nahmen, wormit se also gemaket, dat de kho daruan gestoruen. Alß Clauß Brandes Perdt im Scharren Peters+ stalle

gegaten: ‘gegossen’ wortho: ‘wozu’ spöer: ‘Spur, Fußspur’ bemoyet: ‘bemüht’ betöuert: ‘bezaubert’ vorehret: ‘verehrt, gegeben’ brudt: ‘Braut’ hochtidt: ‘Hochzeit’ intrecken: ‘einziehen, einführen’ vht kortwill: ‘aus Kurzweil’ sterdt: ‘Schwanz’ negen: ‘neun’

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82 [66r] gestanden, hedde se van deßuluen perdes Manen kort vor Pingesten etwes gekregen, datsulue hahr in dusent duuell namen vpgebrennet, vndt dardorch gemaket, dat solck perdt vmbt leuent gekamen ~

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Hirup iß den 13[ten] octobris A[nn]o p[erge] 618 van dem Rade alhie nachfolgendes Ordell gespraken:

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In pinligen saken der Konn[igliken] gewaldt an Clegern eines, Jegen vndt wedder Wiben Maeß Telsen, anbeklagtinnen anderndheels, wegen geöueder töuerie, Iß up angehörte Anklage, antwort, vndt beschehene pinlige verhöer tho rechte erkandt, Dewile vht anbeklagtinnen eigenen beharligen bekenteniße, vndt darup, we ock vorher, beschenen flitigen inqvisition, befindtlig, dat Anbeklagtinne sick van Godt erem Schepper aff, vndt dariegen tho des leidigen Satans gemeinschop gegeuen, vndt mit deßen hulpe vndt ingeuent Menschen vndt Vehe an erer gesundtheit vndt leuende schaden gedhan, So schall se demna, na Inholde des 124. Articull Landtrechtens, andern thom affscheuwligen exempell, mit fuere vorbrandt werden, Van Rechtes wegen. Ac[tum] Meldorp ut sup[ra]. De Execution iß den 14[ten] octobris hirup erfolget.

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perdes Manen: ‘Pferdemähne’ Ordell: ‘Urteil’ wegen geöueder töuerie: ‘wegen (aus)geübter Zauberei’ flitigen: ‘fleißigen’ Schepper: ‘Schöpfer’ na Inholde: ‘nach Inhalt’

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Abb. 10: Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig, Abt. 102.1, Nr. 163, fol. 64r

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MINDEN 1614 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Minden 1614–1615 Handschrift Kommunalarchiv Minden, Bestand Stadt Minden B, Nr. 245 (alt), Hexenprozesse 1611–1630 19r–21v (Archivzählung) Nolting (2002) Nolting (2003), Nolting (2002)

Inhalt Am 24. bzw. 25. Oktober 1614 beginnen in Minden die Verhöre gegen Grete Seveker und Gesche Pawesting, die von einer vom Rat eingesetzten Gerichtskommission durchgeführt werden. Während Gesche Pawesting am 8. November an den Folgen der Folter verstirbt, ohne ein Geständnis abgelegt zu haben, zieht sich der Prozess gegen Grete Seveker ein halbes Jahr hin. Von ihr liegt eine Vrgicht vnd bekandtnuß vom 5. Juni 1615 vor. Die ausgewählten Textpassagen zeigen auf beklemmende Weise, wie Antworten unter der Folter wohl tatsächlich ausgesehen haben können.

Schrift und Sprache Im Manuskript ist ein gehäuftes Auftreten von Streichungen sowie interlinearen und marginalen Einträgen als Folge von Sofort- oder Spätkorrekturen festzustellen. Insgesamt weist das Schriftbild darauf hin, dass es sich um z.T. schwer entzifferbare Mitschriften handelt, die simultan zu den Verhören angefertigt wurden. Die Sprache ist durch drei außergewöhnliche Erscheinungen charakterisiert: Zum einen ist die Form der Redewiedergabe auffällig, denn die Äußerungen der Angeklagten sind entgegen dem allgemeinen Usus überwiegend in direkter Rede wiedergegeben. Zum zweiten zeigen die Texte eine extreme Inhomogenität (hochdeutschniederdeutsches Sprachgemisch, z.B. ich habe nein toueren gelernet). Schließlich lässt sich eine Vielzahl von sprechsprachlichen Merkmalen, wie etwa syntaktische Kurzformen (z.B. Q[uæstionarius] in die hoge damit oder Q[uæstionarius] biß an den morgen), Modalpartikel (z.B. doch oder man) und Interjektionen (z.B. O in O dath vnschuldige bluth), beobachten.

Minden 1614

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[19r] Die Lunæ 24 8bris 1614. Die Seuekersche. Sagt den drunck hette sie ihr der Brackroggischen mit ehren gebracht. man solte Christoffer Braunß fragen sie hette einen trunck sich zurichten laßen wege[n] ihre Kindeß frucht, do wehre ihr abgangen ein mullen. welches sie ins feur geworffen. Q[uæstionarius] mala conversatio, Repetit den Kroeß hette Er ihr mit ehren zugebracht. Sie heiße Grete hinrich Seuekers dochter. Gott hette der frawen ein thodtbor Kindt gegeben, in initio torturæ. Man solte d[en] Brauns fragen, ihr wehre von ihr nichts eingeben, item ªder wuste woll daß sie vnschuldigh wehre,º Sie Konne eß nicht, darumb thuet man waß ihr wollet, Repetit Daß enhele den leuten habe sich ehrlich vnd fromblich alzeit verhalten. Sie Konne kein zeuberen daß muge man machen wie man wolle. Ich segge nicht. Ich hebbe idt nicht gelehrt. ich Kan eß nicht. [19v] O Gottes wort habe ich gelehrnet, Nein dafur behuete mich Christ[us] Jesus, Repetit. Nein ich hebbe idt nicht gelehrt, dar

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mullen: vermutlich ‘Eidechse, Salamander’ Q[uæstionarius]: ‘Folterer, Henker’ mala conversatio: ‘verderblicher Umgang’ (gemeint ist die „conversatio cum veneficis“, also der Umgang mit Zauberinnen oder Zauberern) Kroeß: ‘Kanne, Krug’ thodtbor: ‘totgeborenes’ enhele: ‘ähnele’

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Westliches Norddeutschland thuet vmb waß ihr willet. Dat moge gy doen ich Kan Kein toueren, Ja dar Konne sie nicht zu thuen, sie hebbe idt nicht gelehrnet. O die wath seggen schall vnd weit nicht, hebbe idt nicht gelehrt T [enent] sæpissime O ich Kan nicht. Nein, thuet ihr man waß ihr willet, ich bin vnschuldigh. Sehet nun muget ihr es machen wie ihr willet, ich bin eß nicht. O dath vnschuldige bluth. O ich leide eß vnschuldigh. O gy hern gedencket doch an Gottes bermhertzigkeit. O nein ich hebbe Kein zauberen gelernet. Nein Nein, O ich en Kan nicht. Repetit postea aliquoties ich bin nein touersche ichn Kan nicht. repetit ja ich will seggen, addit daß ich nichten weiß. Q[uæstionarius] in die hoge damit, R[ea] daß thuet man, ich Kan nicht, repetit, ja daß thuet ich en kan nicht. ich habe nein toueren gelernet. [20r] Ich hebbe idt nicht gelehrt ich kan eß nicht. Sie wiße Von niemandt den von Gott den hern,

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Dat moge gy doen: ‘das mögt ihr tun’ toueren: ‘zaubern’ O die wath seggen schall vnd weit nicht: ‘o, die soll bloß was sagen, wo sie es doch gar nicht weiß’ T [enent] sæpissime: wohl ‘sie halten sie sehr oft fest’ O ich en Kan nicht: ‘o, ich kann nicht’ (en ist eine proklitische Negationspartikel) ich bin nein touersche: ‘ich bin keine Zauberin’ hoge: ‘Höhe’ nein: ‘kein’ den: ‘als’

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3.

Cathrina C[athrina]

N [ota]B[ene] cum d [omi]nis conferenda p[ro] p[ter] occupationem interrogationis

Ich bin ein Ehrlich fromb Kindt alß zwischen himmell v[n]d erden ist Ich hebbe idt nicht gelehrt, gy hengen my vpp od[er] dohn O ich hebbe nicht gelehrnet. Ich Kan idt nicht. nehmet mich doch mein hartz auß meinem leibe. richtet na recht v[n]d nicht na vnrecht. o ich hebbe nicht gelehrt. Repetit Nein ich bin eß nicht ich hebbe eß nicht gelehrt. Ich hebbe idt nicht gelehrt, v[n]d wan ich auch dusendt mahll. Confrontatio. ªNota 25. 8bris 1614 post primum modum torturæº Sagt Sie habe ihr im tuten gegeben in borg Bier[INT] ªmansº guht [INT] ªstallungeº zu werffen, wehre vff der dutzer hogte vnd bey dem pogen pfull. hette eß ihr gelehrt vmbstendlich wie eß herin gangen, Sie wolle darauff leben v[nd] sterben. du bist noch deß teuffells ich ein Kind Gottes nunmehr. ad me inferebat

indicia Nominatio fama Conversatio Arendt Schunemejer, v[n]d Mejer N[ota]B[ene] Cons[ul] Bierman.

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[20v] Die Martis 25. 8bris 1614 Gesche Pawesting, in initio torturæ Bey Gott Sacrament wan sie ein wehre, so wolte sie eß beKenen, ich weiß woll wor ich eß gelehrt habe, Nimis trotzigh

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na: ‘nach’ tuten: ‘Tüte’ borg: Kurzform von Burkhard dutzer hogte: ‘Dützer Höhe’ pogen pfull: ‘Froschteich’ ad me inferebat: ‘sagte sie zu mir’. Die ganz unten auf den Rand des Blattes geschriebene Bemerkung ist nachträglich geschwärzt worden. Nimis trotzigh: ‘allzu trotzig’

Westliches Norddeutschland

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Dar frage ich nicht nach, Toue wath ich bin kein zeubersche, ich weth woll waß ich gelehrt habe den h[er] [?] Crhist[us][!] etwan leiden mußen in der schulen daß er ein hur ki[n]dt wehre, ja touet wath wan sie eß nicht+ wehre, wolte sie es woll sagen, od[er] die duuell alle auß der helle solten eß+ sie holen. dar theet my vmb, indignat[ur] daß haar abschneiden, hette sich saur gnugh werden laßen, wan sie toueren Konte wolte sie eß sagen, dan sie muste ens brawen [?], Dath doet man gy si[n]dt meiner mechtigh. dath doet gy man, tehet man hin wan sie eß wuste so wolte sie daß sie die teuffell leuendigh von der ledder holte, thuet gy man waß ihr wollen ich weiß nicht,

haren, 1.

Q[uæstionarius] eß will noch beßer her gahn R[ea]

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[21r] Dath doeth my man, ihr sind meiner mechtig Etiam ter [?] Daß magh eß thuen, Wat hebbe ich luttigh lick dafur, fur diese pein Ja dath doet ihr man, Dar doth mi man vmmer wat jy willet. Ich Kan Kein menschen broth nunmehr nicht darauff mehr erwerben, Kan nach den Schaumburg walde nicht mehr gahn

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Toue wath: ‘warte etwas’ dar theet my vmb: ‘darum zieht mich’ indignat[ur]: ‘sie entrüstet sich’ hette sich saur gnugh werden lassen: ‘hätte genug Mühe und Beschwerde ertragen’ ens: ‘einmal, einst’ ledder: ‘Leiter’ (gemeint ist wohl ein Folterinstrument) Wat hebbe ich luttigh lick dafur: ‘was habe ich wenig Entschädigung dafür’ fur diese pein: Diese Wörter sind nachträglich hinzugefügt worden. Kan nach den Schaumburg walde nicht mehr gahn: Dieser Satz ist vermutlich nachträglich hinzugefügt worden.

Minden 1614

89 Dat moge gy doen, Er ist noch wedder leuendig noch noch doth, guth guth guth. Ja M[eister] Aßmus gy si[n]d meiner mechtigh

Q[uæstionarius] Eß will noch ensten angahn

Q[uæstionarius] biß an den morgen

2

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R[ea] daß muget ihr thuen. Daß mag eß thuen thuet ihr man, Sie wolte woll hebben vff daß weite felt gangen, wan sie es gekondt, thuet mich waß ihr wilt R[ea] daß thuet man ich bin hir last doch Komme waß ihr wolt, daß ist nicht wahr. [21v] reitet mi man reine kort N[ota]B[ene] Vide retro 2dum folium. ubi confrontation, Ich sey vff der dutzer hogte nicht gewesen, daß dich 1000 teuffell hinwegh hole der du eß sagest, Daß thuet man. Dar soll dich 1000 teuffell fur ins leib fahren den grote sack ja daß thuet man, ja sie wolle sagen alles waß sie wiße. Ja daß thuet man, Daß thuet man reitet man, repetit. Thuet gy my wath gy wilt ich bin Christ[us] jesus Kindt Repetit. Dar frage ich nicht nach. Ja gy doet my gnug.

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ensten: ‘einmal’ reitet mi man reine kort: ‘reißt mich nur ganz kurz’ Vide retro 2dum folium. ubi confrontation: ‘Siehe das zweite Blatt zuvor, wo die Gegenüberstellung steht’ den grote sack: Diese Wörter sind nachträglich hinzugefügt worden.

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Ja dath doet, repetit Dath doet man. want meine hern wusten, wan ich meinen Pawest noch hette, so solte mir eß auch geschehen,

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Minden 1614

Abb. 11: Kommunalarchiv Minden, Bestand Stadt Minden B, Nr. 245 (alt), fol. 19r

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MÜNSTER 1630 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Münster (Westfalen) 1630 Handschrift Stadtarchiv Münster, Kriminal-Protokolle, Abt. B, Bd.V (1621–1630) 378–381, 383–387, 390 (Archivzählung) – Alfing (1994), Humborg (1914)

Inhalt Über die Witwe Marie Altenroxel genannt Eggers aus Albachten kursiert bereits seit Jahren das Gerücht, sie sei eine Zauberin. Nachdem sie im Jahr 1630 von mehreren verurteilten Frauen der Zauberei besagt worden ist und ihr zudem von einem Nachbarn ein Viehsterben als konkretes Vergehen zur Last gelegt wird, wird sie in Haft genommen. In drei gütlichen Verhören am 13., 24. und 27. Juli 1630 gelingt es ihr, die Anschuldigungen von sich zu weisen. Da auch eine Zeugenbefragung den Verdacht gegen sie nicht weiter erhärten kann, wird sie am 12. August 1630 nach geleisteter Urfehde aus der Haft entlassen, jedoch mit der Auflage, sich im Falle weiterer Verdachtsmomente freiwillig zur Haft wieder einzustellen.

Schrift und Sprache Das Protokoll wurde von einem geübten Schreiber in gut lesbarer Schrift verfasst. Der Text ist zuerst durch deutlich eingerückte Fragen sowie später durch nummerierte Antworten graphisch klar gegliedert. Er weist wenige nachträgliche Einfügungen und Streichungen auf. Der konsequent hochdeutsch geschriebene Text zeigt einige wenige dem Niederdeutschen zuzurechnende lexikalische Interferenzen, die freilich latinisiert bzw. verhochdeutscht eingebaut sind (Gograuiu[m], Richteherrn, wehrfester, flogmehrig u.a.). Oberdeutsche Schreibmerkmale finden sich nur in geringerer Menge, auffällig sind allerdings die häufig auftretenden Synkopen (ghört, ghapt usw.). Diskontinuierliche Strukturen (da wisse sie nit von) gibt es ebenso wie Kontraktionen (vffr ‘auf der’, vffm ‘auf dem’, habs ‘habe es’ u.a.).

Münster 1630

93 [378] […]

Marie wittib Eggers od[er] Eggemans von Albach[ten] de veneficio suspecta[m] ~

Eodem die Sab[ba]ti 13. Julii 630. ho[ra] 7. mat[utina] Im Keller Alß Marie AldenRoxel gnant Eggers oder Eggemans von Albacht[en] ex hesterno decreto Senatus vf p[er] Gograuiu[m] L[icentiatu]m Knippenberg ein geschickte Indicia vnd Extractum protocollarem durch beide h[er]rn Richteherrn L. Kirchhoff vnd L[icentiatu]m Alers in d[er] hafft besucht ward, In meinung sie erst gütlich zu red zu stellen, Sagt Sie so vort im eintritt d[er] herrn ªohne eynige vorgehende befragung,º Sie sei vff Eggemans Erbe zu Albachten gewesen, und weren+ [INT] ªalsº ietzigem Eggemann ohnlengist biester abgestorb[en], legte ihr d[er] ietzig[er] wehrfester ªsolchsº vff, die solte sie vergeb[en] [INT] ªhabenº, Aber sie wolte druff sterb[en], d[as] sie dran vnschuldig, Sie hett[en] ihr Jarlich zehen R[eichs]th[ale]r zum vnd[er]halt [ver]sproch[en], dweil dieselb[en] in dreien Jaren nit verrichtet, wolten sie ihr an den halß hang[en], daß sie die biester solte vergeben hab[en], were aber daran vnschuldig, wolte

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[379] sich gern nach d[er] gerechtigkeit strafen lass[en], wie Lang sie hie gewohnet I[tem] wie alt sie sei? Antw[ortet] Sie sei 2ber 50 Jaren alt, habe hie in d[er] Statt 2ber 20. Jaren gewohnet, erst in d[er] Münst[er]…+ [INT] ªschenº gedennen am hagedorn 5. Jar lang, darnach mit Stinen an d[er] harschwinckel ªsteigeº 5. Jar lang, I[tem] in d[er] wittiben Türcks gadenn 3. Jar, Item in Frantz Twists gadenn wol 12. oder 13. Jarn, ob sie Gertrud welling von Roxel wol gekent? Antw[ortet] Nein ob sie Annen Krusen wol gekent?

15 16 17 32 36

Erbe: ‘ererbter Grund und Boden, vererbbares Gut’ (im Gegensatz zu Lehen) ohnlengist: ‘unlängst’ wehrfester: ‘Hauswirt’ gedennen: vermutlich von denne ‘Niederung’ gadenn: ‘(einfaches) Haus, Hütte’

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Westliches Norddeutschland Antw[ortet] die hab sie vor Jaren wol gekent, alß sie zu Albacht[en] noch gewohnet, Hab wol gehört, d[as] die gebrandt Ob sie Marien Roling von Roxel wol gekent? od[er] ghört, d[as] die [ver]brant? Antw[ortet] Nein ob sie Marien Hommels gekent? Antw[ortet] Ja, vor Jaren, alß sie zu Albachten gewohnt, hab auch wol ghört, daß die verbrandt Ob nit wahr, daß sie Marie Eggers lang d[as] gerüchte ghapt, daß sie ein Zaubersche sein solte? Antw[ortet] Ja, das hab sie wol gehört daß die heiden solt[en] Eggerman gesagt hab[en] ªalß dem selb[en] ein kuhe abgestorben,º, Sie hette die biester vergeb[en], hab aber kein schuldt daran, ob nicht ihr Mutter auch ein böß gerücht ghapt? Sie hab wol ghört, daß ein Müller vor

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[380] vielen Jaren außgeb[en], Ihre Mutter vffm dantze geseh[en] zu haben Ob sie nit gehört, daß ihr schwester Catrina Meiersche zu Auering zu Amelnbur[en] auch mit d[er] zauberei berüchtigt? Antw[ortet] Sie hab es wol sag[en] hören, wisse aber nicht davon wers ihr dan gesagt? Antw[ortet] das wisse sie nicht. Ob sie nit beke[n]nen müsse, daß ihr eigne schwester vnd ihr Man Schulte Auering sie ein zeithero vffm hofe nicht gerne geseh[en], da für halt[en]d, daß sie Marie an d[er] zauberei schuldig, die Meiersche aber vnschuldig sein wolte? 44

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Hab wol … gebrandt: Die letzte Zeile dieser Antwort ist, entgegen der ansonsten zu beobachtenden Textgliederungsprinzipien des Schreibers, leicht eingerückt (vgl. Faksimile S. 101). Auf diese Einrückung wird jedoch hier wegen des Konflikts mit der Kennzeichnung überlanger Zeilen verzichtet. heiden: ‘Landstreicher, Zigeuner’

Münster 1630

95 Antw[ortet] Sie hab da nicht sond[er]lich zuthun gehapt vnd wisse da nicht von, Ob sie nit ghört, daß ein kind an d[er] Newenbrügg[en] Pfort[en] in Bartoldt[en] zu darle gadem mit dem bösen feind (Gott behüte vnß) behafft vnd gestorb[en]. vnd d[er] böser ausm kind gesproch[en], Sie Marie solts gtan hab[en]? Antw[ortet] da wisse sie nicht von, Ob sie nit ghört, daß sie von etlich[en] an der helle justificirt[en] zaubersch[en] der Hexerei halb[en] besagt? Antw[ortet] Nein, Monita, da sie sich vom bösen feind verfüren lass[en], Ihre schuldt zu beke[n]nen, vndt zu Gott Allmechtig[en] zu bekehren? R[espondit] der böse feind hab nie kein macht 2ber sie gehapt, solte die auch nit 2berko[m]men, druf sie dißmahl ohne weitere frag erlass[en] act[um] pr[æsen]ti[bu]s ministris Jost Reckerß, Jacob Storck, Johan Wytbusch, Bernd Kohten

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[381]

Marien wittib Eggemansß

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Veneris 19. Julii a[nn]o 1630. ho[ra] 8. matut[ina] vfr Statt Schreiberei Alß ex common[ition]e Senat[us] die Nachbarn der verstrickten Marien wittib[en] Eggemans vorbescheid[en], vmb 2ber das leben vnd gerüchte der selb[en] zu inquiriren, So sagen die selben, wie folgt, Johan Muesholt wisse nichts eig[en]tlich, nur daß er wol ghört, daß der [ver]strickten personen von zaubeckunst [!] vorgehalt[en] word[en] druff dieselbig geantwortet, das wolte Gott richten lassen Marie zur werwill sagt, Ihr sei ein kindt abgestorb[en], so mit dem bösen leider behafft gewesen, wisse aber nicht, wem sie es zeihen solle, Elsa Johan Hardings Hausf[rau] könne nitt

helle: Gefängnis und Richtstätte des Gogerichts Bakenfeld Monita: ‘ermahnt, erinnert’ common[ition]e: ‘Erinnerung’ verstrickten: ‘verhafteten, festgenommenen’ wem sie es zeihen solle: ‘wen sie damit bezichtigen solle’

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Westliches Norddeutschland

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eig[en]tlich von ihr sagen, doch were nit ohnedaß die verstrickte Person ein zeitlang der zauberkunst halb[en] verdechtig gehalten vnd davon in d[er] nachbarschafft heimlich geredet word[en] Nesa Henrich Bokelmans Hausßf[rau] hab wol eußerlich vom bösen gerüchte d[er] verstrickten Personen sag[en] hören, wisse aber nit eig[en]tlich, Act[um] beiseins d[er] Richteh[er]rn L[icentiatus] Kirchoff vnd L[icentiatus] Alersß […]

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[383]

Eggemansche b[eclagtin] [?]

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Mercurii 24. Julii 1630. p[ræsentibus] d[omi]nis L[icentia]to Kirchof [et] L[icentia]to Alers Richth[er]rn Alß die verstrickte Maria wittib Eggemans in spe[cie] 2ber der zehlerinnen Eggemans Erbs bericht zu red gstellet ward, weg[en] vieler gestorbener biester, vnd daß ihr captiuæ solch vnheil imputirt, So sagt sie bei ihrer Zeit sein auch biester vfm Erbe gestorb[en], Sie hab kein schuldt dran Gefragt, ob sie nit beke[n]nen müsse, d[er] Eggemansch[en] 2bels gewündschet zu hab[en], das sie mit Armut auch dem Erbe weich[en] müsste? Antw[ortet] Sie habe zur Eggemansch[en] wol gsagt, Gott solte geb[en], daß es ihr mögte gehen, wie sie bei ihr handlete, solchs hette sie d[er] zeit gsagt, Alß die Eggemansche auß an zeig d[er] heid[en] ihr die that weg[en] gestorbener biester imputirt Ist ihr vorghalt[en], daß sie der Eggemansch[en] begegnend selbige nit recht ansehen dörf[en]? Antw[ortet] Sie wiße nit, daß ihr die Eggemansche begegnet, so sie nicht hette ansehen wollen, warumb sie nit geeifert od[er] geclagt geg[en] die, so ihr vorgehalt[en], daß sie ein zaubersche sein solte?

captiuæ … imputirt: ‘der Gefangenen … angelastet’

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Münster 1630 vocau[it]

97 Antw[ortet] Die Nienbrügg[er] Pförtnersche hette ihr vergang[en] Jahr vorgehalt[en], zu ihrer Tochter kinde sag[en]d, verware dein beste Mutter, w[as] die kan, d[as] weiß sie wol, Dageg[en] hette sie clag[en] wollen, welchs ihr Frantz Twist wid[er]raten, die herrn drumb anzusprech[en]

175

[384] wer ihr erst gsagt, d[as] sie d[er] zauberei besagt? Antw[ortet] Eine Marie Twists in Bispings gaden wonend hette ihr, alß die erst[en] zur helle gerichtet word[en], referirt, sie+ gehörtt zu haben, daß sie besagt sein solte, druff sie geantwortet, da wüste sie nit von, were zum Minoriter h[er]rn h[er]man Auerhaus, darnach zu[m] Jesuiter gang[en], sich dess[en] zu beclag[en], sei vnschuldig an solch[en] sach[en] Ob d[er] Me[n]nch od[er] Jesuiter sie absoluirt? Antw[ortet] d[er] Me[n]nch hette gsagt, sie solte erst recht beken[n]en, Alß sie aber [ver]meldet, Sie könte nichts davon, were sie zum Jesuiten (so ein roten bart hat) gang[en], vnd demselb[en] gesagt, [INT] ªallº was sie könte, wie sie d[as] gmeint, bekant zu hab[en], w[as] sie könte? Antw[ortet] Sie hette dem Jesuiter gsagt, sie könte es nicht, doch geklagt, daß ihr vfglegt würde, biester [ver]geb[en] zu sein, so sie nit gethan Ob sie auch wol ghört, Ihre schwestern besagt zu sein? Antw[ortet] die Leute hett[en] wol gsagt, die Meiersche zu Auering solte besagt sein, Ob sie von der andern schwester, so hie wohnet, nicht gehört, oder wisse, I[tem] ob sie mit d[er] selb[en] vmbgehe, Antw[ortet] Sie sei bei ihrer hie wonend[en] schwest[er] in lang[er] zeit nit gewesen, wisse auch nit, wo die hie wohne,

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vocauit: ‘sie hat gerufen, geschrien’ verware: ‘schütze, behüte’ welchs … wid[er]raten: ‘von welchem … abgeraten’

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Westliches Norddeutschland

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Act[um] p[ræse]ntib[us] d[omi]nis, I[tem] Jacobo Storck [et] diterich Schwart[en] ministris [et] Scabinis

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[385]

Marien wittib Eggemans ad 1.

ad 2.

ad 3. ad 4.

ad 5.

ad 6.

223 234 242

Sabbati 27. Julii 1630. hora 7. matut[ina] Co[ram] d[omi]nis Judicib[us] L[icentiat]to Kirchoff [et] L[icentiat]to Alertz Judicib[us] Senatori[is] Hat Marie wittib Eggemans vff die no[m]i[n]e fisci gestern vb[er]geb[en]e Criminal Clag Ar[ticu]len medio Jurato geantwortet, wie folgt anfah[en]d Erstlich ist wahr ~ Antw[ortet] da wisse sie nicht von, nur daß eine fraw Marie Twists, von+ alß etliche gebrandt gewesen, vom platz der Justitz komend gsagt, daß von den hingerichtet[en] etliche am kalckof[en] alhie ªwohnendº solt[en] besagt sein, sie sei aber vnschuldig Antw[ortet] Sie wisse nit, d[er]en benent[en] eynige gekent zu hab[en], Auß bescheid[en] daß sie Annen Krusen vor Jaren, alß sie noch im Kirspel Albacht[en] gewont, wol gekent, Marie hommelß wisse sie nit geseh[en] zu hab[en], die were noch bei Irer zeit Jung vnd klein gewesen Antw[ortet] Sie sei ihr lebtag vff keinem tantz gewesen, könne daher keinen ort bene[n]nen Antw[ortet] das wisse sie nicht, nur daß einmahl ein Müller zu Roxel ªvosߺ sein+ ihre Mutter diffa miert vnd gesagt, Er were in d[er] nacht ver führet vnd ihre Mutter bei zauberern vffm tantz gesehen Antw[ortet] Sie hab wol sag[en] hören, daß ihr schwest[er] Meiersche Auering d[er] zauberei halb[en] solle besagt sein, von denen, so vnlengist hingerichtet word[en] Antw[ortet] das habe sie wol gehört, daß es ihr zugelegt sein solte, alß wan sie es gethan habens ihr aber nit inß gesicht gesagt, vnd hab sie mit beid[en] ihren Brüd[er]en vor 20. Jaren 2ber Eggeman geclagt, …+ alß sie erst hie in die Statt kom[m]en, daß es ihr weg[en] d[er] gestorbenen biester zu gelegt würde, daruf d[er] Gograf gsagt, Er wolte Eggeman hören, darnach

no[m]i[n]e fisci: ‘im Namen des öffentlichen Anklägers’ Kirspel: ‘Gemeinde, Bezirk des Kirchspiels’ verführet: ‘an einen anderen Ort geführt’

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Münster 1630

ad 7.

ad 8.

ad 9.

ad 10.

ad 11.

ad 12.

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99 [386] ihr vnd beid[en] ihren Brüd[er]en gsagt, Eggeman were nit gestendig, daß ers ihr zu gemess[en], Also müste sie warten, biß sie zeug[en] hette, wisse sie+ nit, daß in ne7lichkeit vff Eggemans Erbe biester gestorb[en], wenig[er] daß sie damit berüchtigt ~ vor 20. Jaren aber sei ein Kuhe gestorb[en], damaln die heiden sie damit bezichtigt hab[en] solt[en] Antw[ortet] vor 20. Jaren sei ihr die bezichtigung flogmehrig fürkomen, wisse weiter nicht Antw[ortet] glaube sie nicht wahr, were allein von Eggeman herkom[m]en, vnd was sagte, würde bald ein gemeines geschrei Antw[ortet] Sie p+ habe ihre thüren deßweg[en] nicht, sond[er]n wol weg[en] d[er] kälte vnnd daß d[er] ostenwind kalt hin ein käme zu gethan, Antw[ortet] sie hab einsmahls zu Abend bei verschlossener thür ihres gadems gehört, daß die Schlutportnersche an d[er] Nienbrügg[er] Pfort[en] zu ihr respondentinnen Tochter kinde, alß d[as] vor d[er] and[er]n thüren dubbe dubbe dupp gsagt gesproch[en], was hastu da zuthun? verware dein beste Mutter, die weiß wol, was sie kan, darüber sie darnach frantzen Twist consulirt, ob sie clag[en] solte, welch[er] geantwortet, d[as] were plarerei, die herrn hett[en] wol so viel zuthun, Antw[ortet] das hab sie nit gethan, sond[er]n vmb d[er] nachrede willen geschrien vnd gsagt, Gott solte geb[en], daß es d[er] Eggemansch[en] vnd Iren Kind[er]en also gehen mögte, wie sie bei ihr gethan, [387] Antw[ortet] Sie referire sich zu vorig[er] Antwort, vnd was in ne7lich Jaren dess[en] geschehen, da wisse sie nit von, vnnd habs nit gehort

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flogmehrig fürkomen: ‘als allgemein kursierendes Gerücht zugekommen’ (vgl. mnd. vlôchmere ‘fliegende Kunde’) vnd was sagte: Hier ist wohl ein er oder der einzufügen. dubbe dubbe dupp: Kinderspiel plarerei: ‘Plärren, Geplärre’

Westliches Norddeutschland

100 ad 13.

Antw[ortet] das wisse sie nicht, Actum p[ræse]ntib[us] d[omi]nis p[ræ]no[m]i[n]atis, necnon Jacob[en] Storck vnd Diterich Schwarten ministris ac Scabinis Testibus,

300

Münster 1630

Abb. 12: Stadtarchiv Münster, Kriminal-Protokolle, Abt. B, Bd.V (1621–1630), S. 379

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OLDESLOE 1639 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Oldesloe (Bad Oldesloe) 1639 Handschrift Stadtarchiv Bad Oldesloe, Bestand I, Acta VII C, Nr. 46 37–40 (eigene Zählung) – Bangert (1925), Schulte (2001), Unverhau (1983)

Inhalt Beim hier wiedergegebenen, mit Punkt 15 abrupt endenden Text handelt es sich um einen ‘artikulierten Fragenkatalog’ mit der Dokumentation dazugehöriger Aussagen. Gretie Dwengers ist aufgrund einer Klage von Paul Pöls in Haft genommen worden und wird im Rathaus in Anwesenheit von Zeugen und Bürgen sowie des Klägers – ohne Folter – gerichtlich verhört. In einer Gegenüberstellung mit angeblich Betroffenen kommen vor allem Beschuldigungen wegen Schadenszaubers zur Sprache, mittels dessen Gretie Dwengers in der Dorfgemeinschaft Unheil angerichtet haben soll. Bezug genommen wird auch auf eine Gretie zugesprochene besondere Fähigkeit, Vieh durch Segenssprüche zu heilen.

Schrift und Sprache Verbesserungen, mehrere Schreiberversehen und einige irritierende syntaktische Verkürzungen machen den Text nicht leicht lesbar. Zu Verständnisschwierigkeiten führen auch die Antworten in der rechten Spalte, die teils von der Angeklagten stammen, teils von den Bürgen und Zeugen. Dennoch deuten die formelhafte Sprache, das weitgehende Fehlen norddeutsch-regionalsprachlicher Merkmale (vgl. aber nd. verfangen: ‘Blähsucht’) und der Gebrauch der lateinischen Sprache auf einen erfahrenen Gerichtsschreiber hin.

Oldesloe 1639

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[37] ARTICULI ~ Worüber Gretie Dwengers zubefragen. ~ 1. Anfencklich wahr, das die Gretie Dwengers bey Männiglichen nicht allein der zauberey verdechtigh, vnd[t] deßhalber sehr berüchtiget; 2. Besondern wahr, das sie auch von paull pöelsen, wegen seiner Frauwen hochbeschwehrlichen kranckheit deßhalber beschüldiget vnd[t] angeclaget wie auch noch deßwegen gefencklich, et+ enthalten ~ [INT] ªvnd[t] ihre bekand[t]nuße deßwegen wie verzeichnet gethaen. ~ º 3. Wahr das Sie auch von Hanß Bohlingen, seiner Maigt halber offentlich ins angesichte beschüldiget vnd[t] veclagt [!] worden. ~ 4. Item wahr, Anna Bonaßen nach vmbstende, des indicii, sie die angeklagtin Dwengersche, des lasters der zauberey beargwohnet vnd[t] ihren schaden des+ an beyden benen verdechtigh held[t] ~

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2 6 9 19 33

Actum in Curia den 31. 8to[bris] in p[ræ]sent[ia] der h[erren] des Gerichts vnd[t] hern heßen vnd[t] Zacharias Leken gezeüge[n], sambt dem kleger vnd[t] seinen Borgen Examinatio. ~ Ob sie wol deßwegen beschüldiget wehre sie doch solches verdachts vnschuldigh ~

Negat, vnd[t] wolte daruf leben vnd[t] sterben, das sie es ihr nicht angethaen vnd[t] hette die außage vnd[t]+ aus pein gethaen. ~

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Negat. vnd[t] wehre vnschuldigh, wiewol sie deßwegen von Bolingen in faciem beschüldiget .~

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Es handelt sich hierbei um einen so genannten artikulierten Fragenkatalog des Klägers Paul Pöls. Betitelt ist das Aktenstück mit Designatio Actoris in Sachen Paul Pöls C[on]tra Gretie Dwengers in p[unc]to Veneficii“. Des Weiteren sind das Datum d [en] 31. Oct[obris] und das Kürzel H. angegeben (Seite 40). Curia: ‘Rathaus’ 8to[bris]: wohl Schreibversehen für 8[bris] (Octobris) Borgen: ‘Bürgen’ Ob … wol: ‘obwohl’ enthalten: ‘festgehalten’ benen: ‘Beinen’

Westliches Norddeutschland

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5. Wahr die Gretie Timbken ihrer Sögen Halber auch beschüldiget vnd[t] es der angeklagtinnen selbst vnd[t] das sie selbe tod[t] gezaubert vnter augen geredet. ~

Aff[irmat] der Sögen das beyn+ [INT] ªbeinº entzwey geschlag[en] Negat, das sie tod[t] gezaubert ~ 40

6. ªwahr vnd[t]º Stine Wolgastes, laut des indicii, ihres kindes verdechtigh, wie solches die vmbstende vfgezeichnet mit mehren berühren. ~

Beschüldiget nochmahln in faciem das sie ihre 2. kinder vmbgebracht daruf sie leben vnd[t] sterben wolte ~ et Cetera affir[mat] Illa Negat ~

7. Wahr Claws Hartiges, [INT] ªFrauwº das das+ weib liesebeth geheißen, sie die Dwengersche dazumahln der Zaube rey offentlich beschüldiget, selbst angehoret, wie die Vmbstendes+ deßelben indicii mit mehren besagen. ~

Bleibet bestendig v[ndt] hette sie selbst bezaubert, das sie den lem auß der wand[t] freßen müßen, in deme sie zu ihr vorher gesagt, ihr solte wehe vndt bange werden, Item was ihres Sohns halber erwehnet ~ Negat.

[INT]

8. Wahr das Garderuth Firneken, Sie ebenmeßigh der hexerey beschuldiget vnd[t] ihr eben auch von ihr angethaen v[ndt] wiederfahren. ~

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Negat. ~

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9. Ferner wahr, das Gretie Sturen ihres Sohns beinbruche sie die Dwengersche verdechtigh held[t]. ~ 70

10. Wahr, vnd[t] die Gretie wormers ihres Mannes kranckheit halber die Dwengersche hart beschüldiget alles mehrern begriffes des indicii. ~

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Ob woll Gretie dwengers+ [INT] ªwormersº bey ihrer außage bestendigh verpliebe[n] vnd[t] ihr alles richtigh vnter augen ge redet, dennoch [INT] ªallesº Negiret. ~

Sögen: Rufname eben: ‘gleichfalls’ ihres Sohns beinbruche: Hier hat der Schreiber wohl versehentlich ein halber ausgespart.

75

Oldesloe 1639 11 Wahr, Hanß kordes wegen seiner 3. kinder, so in 6. tagen lebendigh vnd[t] tod[t] gewesen deshalber in argh wohn vnd[t] verdacht held[t] ~ 12 War, das Marten Rike seines pferdes halber [INT] ªSie auchº beschüldiget. ~ 13. Wahr Jochim Brandes seiner kranckheit ebenmeßigh bezichtiget vnd[t] beschüldiget, 14. Wahr das Sie dwengersche das ver fangen rahten kan vnd[t] folgende formalia darzu gebrauchet. ~

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Affir[mat] vnd[t] beschüldigte sie dieselbe ins angesicht. ~ 80

Negat vnd[t] wehre daran vn schuldigh, zumahln selbe in den pocken gestorben. ~ 85

Negat. ~

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Affirmat in totum ~

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[40] 15. Wahr, das ihrer bekandtnuße ebenmeßigh ihr Man selbe kunst des verfangen rahtens weis, vnd[t] solches offtmahls gebrauchet. ~

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Affirmat. ~

das verfangen rahten: ‘Heilsprüche sagen gegen das Vörfangen (Viehkrankheit)’

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Westliches Norddeutschland

Abb. 13: Stadtarchiv Bad Oldesloe, Bestand I, Acta VII C, Nr. 46, S. 37

OSNABRÜCK 1636 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Osnabrück 1636 Handschrift Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück, Dep. 3b IV Nr. 3488 94r–100r (Archivzählung) Topaloviü (2003) Bruns (1917), Lodtmann (1875), Stebel (1968), Topaloviü (2003)

Inhalt Am 1. August 1636 werden mit Anna Ameldung und Anna Modemann erstmals zwei Frauen aus der politischen Führungsschicht der Stadt Osnabrück wegen Hexerei inhaftiert. Die gerichtlichen Voruntersuchungen – in der Regel mit Wasserprobe an der Hase und Folterungen bei den Verhören – obliegen Bürgermeister und Rat der Stadt. Ab Z. 287 finden sich gerichtliche Reaktionen und Aussagen im Blick auf die durchgeführten Wasserproben, die einen für beide angeklagten Frauen schlechten Ausgang genommen haben. Die Hinrichtung der beiden Frauen am 7. Oktober 1636 führt Jahre später zur Anklage des Bürgermeisters Dr. Wilhelm Peltzer, dem die Angehörigen grobe Rechtsverletzungen und persönliches Interesse am Tod ihrer Verwandten vorwerfen.

Schrift und Sprache Die Osnabrücker Protokolle sind von einem routinierten, des Nieder- und Hochdeutschen mächtigen Schreiber annähernd zeitgleich zum Verhör niedergeschrieben worden. Dies ist unter anderem an den zahlreichen Korrekturen, Nachträgen und syntaktischen Fehlkonstruktionen (siehe die häufigen [!]) zu erkennen. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere bei der Bestimmung der Groß- bzw. Kleinschreibung bei ¢h² und ¢z² und der Unterscheidung der Nasale ¢m² und ¢n² im Auslaut. Die Zugehörigkeit zum niederdeutschen Sprachgebiet der durchweg hochdeutschen Protokolle ist an der Lexik (lucht für ‘Luft’, Sattertage für ‘Samstag’, Popell für ‘Volk’ oder seden für ‘sagen’), einigen bewusst niederdeutsch gehaltenen Abschnitten (vgl. Moddemansche gi wetet Je woll dat Jy) und einigen wenigen Hyperkorrekturen (z.B. keiche statt ‘kike’, rauftt statt ‘ruft’, kech statt ‘keck’) zu sehen.

Westliches Norddeutschland

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[94r] […] Anno 1636 den 1. Augusti Demnach Henrici Ameldungs Apothekers [INT] ªfr[aw]º Doct[or] Moddemans Mutter, Albert Helmichs hausfr[aw] vnnd Johan Helmich vnter andern besagt, So seint dieselbe vnd zwarn zuuorderst die alte Moddemansche vnd darnegst die Apotekersche am Armen houe °ad+ vbrige aber am Bocksthurmb ad confrontationem geprachtt,

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Vorerst die Pagenstechersche Nochmalß in guete befragt ob sie auch bei denen vor diesen vnd vergangen Sambstag gethane Vrgichtt annoch bestendig verpliebe, vnd ob sie es denselben Persohnen auch begehrte vnd wolte in °die+ oder vor die augen sagen Andtworttet Ja man solte Sie man herauff holen, gleichwoll nichtt viele wortte mitt ihr Machen, Darauff dan Albertt Helmichs frawe herauff geprachtt vnd mitt derselben confrontirt, sagt daß Sie ihr daß hexen vor anderthalb Jahren in ihren hause wie Sie Schwartze wöllen von Ihr gekaufft gelehret hette Sie negirts vnd begehret die wortter so sie mitt einander gewechßelt, Sie aber verpleibet dabei vnd wolle dabei leben [vnd] sterben vnd wolle es der Muddemanschen vnd Apothekerschen inß Angesichtte sagen, [94v] Die Ottingische zum vberfluß befraget ob sie auch annoch bei ihrigen vorigen außsagen bestendig verpliebe vnd eß der Moddemanschen inß gesichtte sagen wöltte vnd solches alles wahr wehre, sagtt Ja vnd wolles derselben in die augen sagen, Darnegst Johan Helmich in guete ermahnet freiwillig zubekennen vnd sich schimpfs vnnd spots auch Pein vnd schmertz zuentheben, sagt Er wiße nicht mehr alß Er von Gott vnd Christlichen leuten gelehret hette, begehret seinen wahrsager vnd dafern daß badt recht vnd darab nicht ertrenktt worde, selbiges ergehen zu laßen vnd man sagte ie daß daß Baden recht were, vnd dafern daß rechtt were so hette Er keine noth vor brennen,

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man: ‘mal’ begehret die wortter: ‘sie möchte die Wörter wissen’ badt: Gemeint ist die Wasserprobe.

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109 Darnach mit der Franckischen tochter confrontirt sagt Ihme inß Angesichtte daß ihr Mutter vnd der Gronewaltischen tochter ihr bekennet hetten daß Er die trommen im großen hause geschlagen hetten [!], darauff der Gronewaltischen tochter Grettge vor ihn pracht sagtt daß Sie gesehen daß Er, Steffen Honhorst vnd °…+ [INT] ªGerdtº Tonnisingk Spileleute gewesen vnd Er darnach mit der Trommen in die lucht geflogen, welches Er alles mit stilschweigen beantworttett Zuuor ist auch die Greuische befraget ob sie bei denen vor diesen verschiedentlich gethanen Vrgichtten bestendig verpliebe oder nicht, sagt darauff, daß Sie gehrn bei erster bekendtnuß verpleiben vnd dabei leben vnnd sterben woltte, aber °…+ [INT] ªdieº Persohnen so sie letztt bekandt hette Sie nichtt ªeigentlichº °bekandt+ gesehen aber hette solches auß [95r] den gemeinen Popell vffn Friedthoue gehoret wie die dumkopfe Stalmansche vnd andere °geredett+ in hafft gewesen [INT] ªsoº geredett hetten daß diese leute schon von [INT] ªdenselbenº bekleffett weren, sondern Sie hette dieselbe so eigentlich nicht gesehen, Ein weinig darnach sagt Sie daß vom Sattertage vffn Sontage nachtt, deren Buele zu ihr in [INT] ªBocksº keller kommen Sie vffn linkeren Schultern gestoßen vnnd ihr eingeben, daß Sie die Alten Moddemanschen vnnd Apothekerschen wiederruffen soltte Sie aber hette dieselben in der hellingstraß[en] vnd vfn Fledder vffn dantze gesehen, woltte es denselben sampt vnd sonders inß angesichtte sagen auch dabey leben vnd sterben Darnegst die Alte Moddemansche in guete vnnd mit allem fleiß ermahnet, zubekennen worumb Sie anhero kommen, sagt darauff sie sei kein zaubersche, wer ihr solches vberredete, Selbige

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lucht: ‘Luft’ gemeinen Popell: ‘einfachen Volk’ bekleffett: ‘denunziert, besagt’ Sattertage: ‘Samstag’ Bockskeller: Gemeint ist der Keller des Bucksturms, in dem die Angeklagten gefangen gehalten wurden. vfn Fledder: Wohl ein Waschplatz vor dem Johannistor, auf dem Hexentänze stattgefunden haben sollen. vberredete: ‘einredete’

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Westliches Norddeutschland mögtte in ihr antlitz kommen, wehr der sey so ihr fragte ob derselb nicht hillen were sagt darauff, D[octor] Bruning daß mögtte woll sein, darauff sagt sie so wahr Er eine zaubersche were so were Sie auch eine Darnach mit der Ottingischen confrontirt vnd ihr inß Angesichtte gesagtte [!] Moddemansche gi wetet Je woll dat Jy in der hellingstraßen domhoue vnd hollinnen mit im vffn dantze gewesen, daselbst gegeßen vnd getruncken gedantzet vnd gesprungen vnd lustig vnd frolich gewesen darauff sie leben vnd sterben wolte [95v] Die Moddemansche verstummete erst, darnach sagt sie wan Sie ihre Persohn alda gesehen so hette Sie den deuvell in ihren Schirmeb gesehen, kennete dieß weib dießfalß nichtt, vnd wan man den hexen fragte so fragte man den duvell, vnd der duvell were ein faß der lugen vnd der luge alß ein faß der lugen vnd konte sich der teuffell auch in °…+ einen Engell des lichtes [INT] ªverº stellen, wie Er den bei hertzog Erriches von Braunschweigks Zeiten gethan, ob sich die herrn solche fantesei in sin bringen laßen wolten, So weren Sie schon verraten. Die Meyersche die verlogen Sack solte ihr die 4 ½ th[a]l[e]r betzahlen so Er+ [INT] ªSieº Ihr schuldig were, vnd man sollte solchen hexen alle tage ein gliedt abnehmen, den verlogenen duvelinnen, Sie sei vnschuldig so wahr ihr Gott helffen solle, interim ridet, die boßhafftigen kinder, Ferners mit der Pagenstecherschen ebenfalß confrontirt Sagt Ihr inß Angesichtte daß Sie dieselbe vffn Friedhoue domhoue vnd hellingkstraße vffn dantze gesehen, da sie geßen vnndt trunken, lustig vnd frolich gewesen auch gedantzet vnd gesprungen, wehre solches wahr wolle dar-

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Moddemansche gi wetet Je woll dat Jy: ‘Moddemansche, Ihr wisst ja wohl, dass Ihr’ hollinnen: ‘hohle Linden’ Schirmeb: ‘Schirm, Gesichtsausdruck’ ob: ‘wenn’ interim ridet: ‘sie lacht unterdessen’

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111 auff leben vnd sterben, oder wolle ein kindt des teuffels sein, die Moddemansche °…+ schweigt erstlich stille darnegst sagt Sie so bistu schon °…+ des teuffels du leidige Sack, waß ist dieß vor fantasei, Ihre [96r] beschege gewalt wan sie vff der losen teuffelß kinder der hexen außsage glaubten, hexen weren teuffels kinder, vnd der denselben glaubte der glaubte dem teuffell, Sie were von keiner hexen geschlechtte, vnd wan man Ihr glauben wolte, so solte man sie nur zu hauß gehen laßen, Ihr Sohn solte woll vor ihr eintretten, vnd sie diesesfalß verantwortten, Vnd solten die hern zusehen daß sie sich selbst nicht in vngelegenheit prägtten, ob man solchen teuffelß kindern glauben wolte, die solten woll sagen daß °Sie+ die herrn alle welche wehren, iam iterum ridet Endtlich mitt der Greuischen confrontirt Sagt daß Sie in der hellingkstraße domhoue hollinnen vnndt Fledder vffn dantze bei eßen vnd trinken in lustigkeit vnd froligkeit gewesen, die Moddemansche sagt ob Sie die Greuische die Moddemansche woll kente. [INT] ªSieº Sagt Ja die kente Sie woll wohnete in der Lohestraße were ein lange frawe, die Moddemansche sagt fudian, du schant Sack waß sagstu, Sie sagt dar will Ich vff leben vnd sterben, sie were auch erst stoltz gewesen, die herrn solten sie vffs wasser werffen wie ihr geschehen so solte es sich woll außweisen vnd demutiger werden, die Moddemansche sagt ob man vnsern hern Gott also versuchen wolte, [96v] Endtlich die Apothekersche in guete ermahnet vnd befraget ob sie die vrsache worumb Sie anhero gelangett [INT] ªwißeº, sagtt Nein, darauff ihr weiter berictet daß sie von verscheiden[en] bekleffet, theilß so annoch im

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beschege: ‘geschehe’ vff der …: ‘an die …‘ prägtten: ‘brächten’ iam iterum ridet: ‘sie lacht schon wieder’ fudian: Schimpfwort für einen ekelhaften, garstigen Menschen

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112 leben teilß aber schon hingerichttet weren, vnd ob Sie die Meierschen woll kente wie dan auch die Pagenstecherschen, Sagtt Sie kente dieselben im leben nicht vndt Sie habe mit solchen werken vnd dem teuffel nichtt zuthuen

Darnach mit der Pagenstecherschen confrontirt die welche ihr inß Angesichtte gesagt, daß sie in der hellingkstraßen v[nd] domhoue vnd hollinnen vffn dantze vnd conventibus gewesen Sie will es nicht gestehen °Sie+ die Pagenstechersche sagt es sei wahr vnd sie solte sich morgen baden laßen, vndt Ihrs alß dan daß waßer so woll derselben alß ihr sagen, Sie sagt sie habe vffn waßer nicht Zu thun, habe auch keinen teuffell oder Buelen, Darnach mit der Greuischen ebenfalß confrontirt sagt daß sie in der hellingstraßen domhoue vnd hollinnen vnd Fledder vffn dantze gewesen, daselbst sie dan dieselbe mit ihren augen [INT] ªgeºsehen, vnd darauff leben vnndt sterben wolte. Die Apotekersche woltes verleuchnen, vnd sagt daß liege die Sack, die Greuische andtworttet darauff Apotekersche weset gy nicht so frech, Ich wahr woll so kech alß ihr seidt, aber laßet Euch morgen baden, daß waßer soll Euch solches woll sagen vnd solt ihr alßdan woll so schmeidig alß Ich ietzo bin, [97r] Anno 1636. den 3. Augusti. in pleno senatu demnach die Alte Moddemansche vnd Apothekersche in guete nicht bekennen wollen, gleichwoll wie auß dem Protocoll Zuersehen, mitt den bekleftern confrontirt vnd von denselben convincirt So ist per consonantia vota dahin einhellig geschloßen daß dieselbe nochmahlen in der guete zum allerfleißigsten ermahnet werden 179 193 194 195 197 205 206

conventibus: ‘Zusammenkunft, Versammlung’ liege: ‘lüge’ weset gy nicht: ‘seid nicht’ kech: ‘keck’ schmeidig: ‘vom Starrsinn ablassend’ convincirt: ‘widerlegt, überführt’ per consonantia vota: ‘durch einstimmiges Votum’

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113 solten, zum [INT] ªfallº sie nun also in guete bekennen worden hette es dabei sein bewenden Sonsten solte ordinaria via wie mit andere[n] [INT] ªbeschehenº verfahren werden Cum Balneo et tortura ~ Dieses ist den Stenden vorgelesen, diewelche dieses alles approbierett vnd ratificirt haben vnnd hielten [INT] ªkeinenº °der herrn+ Commissarien °in keinem+ suspect vnd beten daß hinfuhro mit den einen alß mit den anderen mit den reichen alß mitt den armen procedieret werden mögtte, mit fernern erbieten daß alle fur einen vnd einer fur alle stehen vnd sich keins wegs vom Rhadte trennen wolten. [97v] Anno 1636 den 8. Augusti. Coram Commissariis Wardt die Moddemansche zum allerfleißigsten ermahnet die wahrheit zu reden vnd sich selbst vnd ihren anuerwanten schimpf vnd spots Zu verlaßen, sonsten worde man mit dem bade alß mit andern verfahren. Sagtt sie konne so viell von der Zauberey alß °Er+ gy °D[octor] Bruningk+ ªmeinet herr hille fragte ihrº dauon konne, oder der teuffell solte sie holen, wolten die herrn Sie dieses nicht verlaßen, mochtten Sie die herrn Commissarien in anwesenheitt des gantzen Rhadts vnnd etlicher von ihrer freundtschafft vffr Bleke durch die Stadts dienere vnd nicht M[eister] Matthias baden laßen, Sie verhoffete anders nichtt Sie wolle woll Zu grunde gehen, wen fromme leute zugrunde gingen, sie were kein Zaubersche oder wolte Gottes Angesichtte nicht beschweren, Man möchtte den hexen sagen die Moddemansche were [INT] ªgeºBadett vnd were Zu grunde gangen, vnd Meister M. Matthias dabei nehmen vnd hören alßdan waß sie dartzu seden die leichtferttigen Secke, waß sonsten die Medicinæ Doctores

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Cum Balneo: ‘mit dem Bade’ Coram: ‘in Gegenwart’ verlaßen: ‘erlassen’ freundtschafft: hier ‘Verwandtschaft’ Bleke: ‘Bleiche’ seden: ‘sagen’

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vnd andere ªso den hern woll bewustº °dartzu so+ daruon iudicirten Alles obiges vnd waß sie vom Bade geredett wolle sie Jedertzeit gestendig sein [98r] Darnegst die Apotekersche ebenfalß mit allem fleiß vnd hefftigsten ermahnet in guette ietzo den herrn Zubekennen vnd sich selbst schimpfs und spots Zuerlaßen, dan es schon bestellet daß sie auffs waßer geworffen werden solte, vnd were ie nicht vberschnellet sondern Zeit gnugk gehabt, Sagt sie wiße nichts mehr alß sie von ihren Gott gelehret hette, wiste auch von der hexerey °vnd+ [INT] ªoderº Zauberey nichts waß sie auffn waßer machen solte, Die herrn bedingten sich zum ziemligsten dauon daß Sie in ihrem schimpf vnd hon Vnschuldig sein wolten. Sagt Ihre Vnschult worde Gott an den tagk geben, ªdafern Er dieß mit gewalt vbern kopf getzogen werden solteº ihre Seele worde Zu Gott kommen vnd ihren todten leichnamb worde ihr Man diesen tagh todt inß hauß bekommen gefragt wie sie diese wortter verstehen solten, andtworttet Sie worde Zu grunde gehen, vnd also im waßer °v+ ersauffen wo fromme leute Zu grunde gingen so wolte sie auch woll Zu grunde gehen, Worumb sie die silbern haken auß den leibgen geschnitten, Antworttet einer were ihr dar auß gebrochen, da hette sie die anderen darauß geschnitten vnd im korbe nach hauß geschickett, paulo post Sie hette nicht darauff liggen konnen wie sie dan auch den Wulst gestern abent auch darab schneitten wollen,

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[98v] Anno 1636. den 22. Septembris Coram Commisssariis in kraffts so woll vor diesem alß 20. huius gemachtten schlußes vnd darauff sub sigillo tot+ senatus in Schrifften ertheilter commission, daß dem einen alß dem anderen, reichen alß 260 278 289 290

vberschnellet: ‘zu voreilig’ leibgen: ‘Leibchen, Kleidungsstück’ huius: ‘dieses (Monats)’ sub sigillo senatus: ‘mit Senatssiegel’

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Osnabrück 1636

Apotekersche

115 Armen, [INT] ªvndº Armen alß reichen gleich beschehen, vnd keiner einer vor den andern auß dem Schaub getzogen werden solte, die Alte Moddemansche im Kumpter thurmb Zum allerfleißigsten ermahnet in guete Zubekennen, sagt sie sey kein Zaubersche hette auch nicht oben geschwummen dar hette sie viell Zu viell waßers Zu inß leib gekregen, ob sie Gott vnnd sich selbst belugen solte, sie wolle eß vor Gotts richterstuhl veranttwortten daß sie kein Zaubersche sey Die Apotekersche ebenfalß in der guete vnndt allen Vberfluß ermahnet, freiwillig zubekennen den sie Je dreimahl oben gefloßen sagt sie sey Je allemahl zu grunde gangen vnd dreck im munde gehabt, sei kein zaubersche, sie wolle Gott im himmell nicht beliegen vor eins, wolle ein frey gewißen behalten furs ander, vnd wolle keine Persohnen besagen so sie nicht wiße furs dritte, sie habe Gott vnd die heilige dreifaltigkeit nichtt Verleuchnett vnd habe mit dem teuffell nichts Zuthuen, man mochtte ihr daß leben nur nehmen, endtlich wie die andern hern Commissarien [99r] einen abtritt gethan, vnd Christoff von hillen allein bei derselben verplieben, sagt, wann sie eine were wolle sie Ihme woll bekennen, sonsten keinen Minschen

1636. den 26. 7br[is] rep[etir]t

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Wie aber °von+ dieselben alda in guete nicht bekennen wollen, seint Sie in krafft vörigen Schluß nach den Bocke gefuhrett, vnd daselbst nochmahlen zum offtern vnd zuvorderst Henrici Ameldungs Frawe, in der guette vnd mit allem fleiße ermahnet vnd gebetten worden freiwillig vnd ohne Pein Zubekennen, vnd sich selbsten weitern Schimpfs vnd den herrn muhe zuentheben, wie Sie aber bei der abnegation verplieben vnnd alle guetliche ermahnung nicht hafften wollen, ist °Ihr+ Sie Zuuorderst oben entbloßet vnd die hende auffn Rugge zusamen gebunden vnd ein weinig terrirt,

auß dem Schaub getzogen werden: ‘ausgewählt, bevorzugt werden’ gefloßen: ‘geschwommen’ zu grunde gangen: ‘auf den Grund gesunken’ abtritt gethan: ‘abgetragen waren’ Bocke: ‘Bucksturm’ terrirt: ‘durch Demonstration der Folterwerkzeuge eingeschüchtert’

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Westliches Norddeutschland

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sagt sie O Ja Ich kant, Ich Kant wiste nicht wehr ihr gelehret hette aber woll gehoret, daß die kinder einkommen vnd gesagt sie seden Ich Kike in die Stern vnd versake Gott den herrn, welches sie auch gesagt, Sagt ferner ein Man der Weyel Bischoff habe es Ihr geleret vngefehr ein Jahr zuuorn ehe Er wegkzogen were in seinem houe vffn Saele geschehen, [INT] ªsieº hette bey ihm schlaffen sollen welches sie nicht thuen wollen hette zum offtern mit ihr zuschaffen haben wollen hette zu ihr gesagt sie solte sagen Ich keiche in die Stern vnnd versake vnd versake Gott den herrn vnd 3. tritt zurucke tretten welches sie auch gethaen. Drei tritt zuruck tretten Ins teuffels Nahmen vnd geredett Ick kike in die Stern vnd versake Gott den herrn hette ihr einen Buelen geben der hette gelaßen wie Er so Reinholt geheißen hette einen langen Rock wie Er vnd roten bardt, fueße alß Klunß fuß vnndt eine Klawen handt gehabt, hette ein schwartz bereitgen, eine schwartze binßen darumb vnd eine kleine schwartze feddern alß eine kronß feddern darauff gehabt, hette woll 4. mahl mit ihr [99v] zuschaffen gehabt were kalt von natur gewesen hette ihr einen [INT] ªkleinenº golden Pfenningk mit osen geben so Sie inß Schapf gelagt Vnd were darnach Pferde dreck darauß worden gewesen [!], hette Sie vmb in des Weybischoffs houe vffn groß Sadel vmbgetaufft mit roten waßer so Er in einem Blanken Becken gehabtt vnd Maria geheißen, hette sie an daß rechter bein getzeichnet, welches ein klein blaw Zeichen vnd durch den Scharffrichtern Probirtt vnd so tieff alß ein Natel lanck erstochen aber nicht geblutet sie auch nicht fuelen konnen, were vff den gemache außer hasepfortten vff den Gertten nach den Berge in der hellingk-

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kant: ‘kann es’ Kike: ‘gucke’ Weyel Bischoff: ‘Weihbischof’ keiche: ‘gucke’ versake: ‘verleugne, sage ab’ gelaßen: vermutlich Versehen für ‘geheißen’ Klunß fuß: ‘Klumpfuß, gespaltener (Bocks-)Fuß’ bereitgen: ‘Barett’ (Diminutiv) außer hasepfortten: ‘hinter dem Hasetor’ nach den Berge: gemeint ist der Gertrudenberg

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Osnabrück 1636

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Consalt[atrices] straßen [INT] ªvnd Friedthoueº vfn dantze gewesen, Die Gelhutische Die Dunckersche Die S. Borgische, Secret[arii] °Schlaffs+ Johannis Schlaffs frawe °Lonhern+ herman Holschers Frawe vffr Cranenstraße Lohnhern, weren mit Ihr an obg[emelte]n orttern vffn dantze gewesen, der Wehybischoff [!] vnd die henselersche hetten oben an geseßen, Die Alte Moddemansche hette bey Ihr geseßen, Die Greuische die Ottingische die Nitzische vfn Marcktte, die Rotbeckische, Die Alte Schrodersche, Johan Mußkenes frawe, Rolf Rußelß frawe, ªBurgermeister Groten Frawe, D[octor] Hallerforts fraweº Drei oder vier wochen vor ihrer hafft were Sie vffn Friedthoue vffn dantze gewesen des wihebischoffs Junge were in des Bischoffs houe sonsten ªaber der Alte Kuhehirteº trummenschleger gewesen, hette eine kleine schwartze Glesene trummen gehabt vnd selbige mit zwenen Fuchß Schwantzen geschlagen, hie rauftt sie o meine kindere, o meine kindere meine kindere, Ihre Amme hette die kunst bereits gekant ehe sie zu ihr kommen, were woll 10. Jahr bei ihr gewesen, hette es dem Pundtlingen [INT] ªvorm Jahrº ersten in der kuchen Dis[ciplina arcana] darnach im houe gelehret, da es im Rugge liggen ªgang[en]º °vnd+ vnd darnach auffgestanden vnd 3. tritt Zu

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[100r] rucke tretten, Die Alte Moddemansche hette Junffern vnd frawens auß der Lohestraßen mitgeprachtt, kente dieselben nicht, wolte sich bedenken, Damna

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hette vorn Jahr 2. [INT] ªbunteº dauben vergeben vff ihrer kleinen Stuben in schwartzen kraut so ihr Buele Ihr geprachtt hette vor 1 ½ Jahren ein kleinen schwartzen Welp in selbigen kraut vergeben, Wie Kniphausen in ihren hause gewesen hette sie einen kleinen Jungen oder Pasien vergeben hette ihr allezeit spitische worter geben, hette Glesene: ‘gläserne’ raufft: ‘ruft’ Dis[ciplina arcana]: ‘heimliche Unterweisung’ Rugge: ‘Rücken’ Damna: ‘Schäden’ dauben: ‘Tauben’ Pasien: ‘Page, junger Adliger’ allezeit: ‘dauernd’ spitische: ‘spöttische’

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405

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Westliches Norddeutschland es Ihme in wein kalte schelen in schwartzen kaut [!] so ihr Buele ihr geprachtt vergeben, hette ihr daß hauß oben den Kopfe anzunden wollen Were zum teuffell zum Nachtmahle gewesen ªin des Weibischos houeº hette ihr ettwas schwartzes alß eine bone groß geben hette ein klein schwartz Altar eine Papeyrleuchten vnd schwartzen kertzen darauff gehabt hette ihr auß einen schwartzen Becher trinken geben, so so [!] schalhafftige sawer geschmeckett

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Vngefehr [INT] ª½ Jahrº were sie Zum tische des herrn gewesen die Ablaten hette sie hinteren Altar auß den munde genommen vnd darnach ihren Buelen in ihrer kleinen stuben geben den kilch in den tuch lauffen laßen

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Der teuffell oder [INT] ªIrº Buele °were+ hette ihr Weiß gemachett Er wolte sie Zu grunde ziehen, were auch im Schieffe bey M[eister] Matthias gestanden vnndt daß Schiff vmbziehen wollen,

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Ist nicht torquirt vnd bieß morgen ihr ferner bedenckens zeit indulgiert,

424 433

kilch: ‘Kelch’ (gemeint ist wohl der Wein aus dem Abendmahlskelch) indulgiert: ‘bewilligt, gegeben’

Osnabrück 1636

Abb. 14: Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück, Dep. 3b IV Nr. 3488, fol. 97v

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WERL 1630 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Werl 1630 Handschrift Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Mscr. VI, 264 A 35r–37r (Archivzählung) – Decker (1981/82), Stodt (2003)

Inhalt Am 17. Juli 1630 wird Agatha vf der Öuertrifft im kurkölnischen Werl zu Hexereivorwürfen – zunächst gütlich – befragt. Dabei gesteht sie lediglich das Faktum eines entsprechenden Gerüchts. In der nachfolgend dekretierten peinlichen Befragung bekennt sie unter anderem Teufelsbuhlschaft, Teilnahme an einem Hexentanz, Schadenszauber und die Verwandlung in einen Hund.

Schrift und Sprache Zum Schriftbild sei angemerkt, dass der Schreiber Wilhelm Wrede keinen eindeutigen Unterschied zwischen lateinischer Antiqua und deutscher Kurrentschrift macht, so dass die vorgenommenen Differenzierungen unsere Interpretation darstellen. Das Zeichen nach ¢t² am Wortende (z.B. in folgendtz, jetz, schwartz etc.) wird als ¢z² gedeutet, wenngleich von der Form her Ähnlichkeit mit dem Kürzungszeichen für -en besteht. Im Bereich der Dehnungsmarkierungen finden sich – passend zur regionalen Herkunft des Textes – nachgestellte ¢e² (vnflaet, bloeße etc.) und ¢i² (z.B. Oistern). Regionalsprachliche Findlinge in Grammatik und Lexik lassen sich kaum feststellen, ins Auge fällt hingegen eine gehäufte Verwendung der oberdeutschen Synkope (gfraget, glehrnet, ggraeset [!]). Auch silben- und wortinitiale ¢p² treten bisweilen auf (alsopaldt, gepracht). Im gesamten Text spielt die Verwendung von – juristischem und anderweitigem – Latein eine bemerkenswerte Rolle. Sowohl terminologische Versatzstücke als auch erläuternde Passagen zeigen die entsprechende Herkunft. Möglicherweise wird hier mit der Sprachwahl auch Bildungsprestige signalisiert (vgl. Z.155 Monocula: ‘die Einäugige’).

Werl 1630

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[35r] A g a t h a v f d e r Processus Criminalis In sachen churf[ürstliche]n Colnischen Öuertrifft Fisci Peinlichen Anclegern an einem Jegen vnnd wider Agathen vf der Ouertrift Inqu[is]itam am anderntheill in p[unct]o imputati criminis magiæ vbergieben Anno 1630 den 17 Julii In Jegenwart der Ehrnuest hoch vnd wolglehrten hern Christian Kleinsorg[en] Churf[ürstlichen] hern Commißarien vnd Richtern Hieselbsten Burgermeister J[oh]a[nne]s Hulspergs vnnd Michaelen Brandis Gerichtscheff[en] Sein Jegen Agath[en] vf der Ouertrift folgende Ar[ticu]li Inq[ui]sitoriales vbergib[en] word[en] 1. Irstlich setzt churf[ü]r[stliche]r Fisc[us] whar daß Inq[ui]sita eine gerhawme zeit hero mit dem verthamblichen laster der zauberey berüchtigt geweß[en] 2. Whar d[as] Inq[ui]siten eheman salig hiebefür der Bawerschaft zu Berstraeß[en] etweß giben, d[as] er mit Ihrem willen Ihren huede mit seinen biestern mitgeprauch[en] mügen 3. Whar d[as] nach deß[en] absterben die Inq[ui]sita der Bawerschaft Innen nit weiters giben wollen, vnd darauf dieselbig Ihre biestere auß der weide weggnommen, vnd darauf eine halbe Tonne biers getruncken, 4. Whar d[as] darauf sie vnd Ihre sohne vast erzuhrnet, Auch Jetzg[emelt]e Ihre sohne gedrawet, Es solt solt [!] solchs noch Jemand entgeltten der es nit meinete 5. Hierauf erfolget daß Innerhalb den nehisten 2 oder 3 woch[en] den haußleuten ein groeßer Anzahl kuehe so im abdecken vergiftigt befunden, abgstorben, 6 Whar d[as] die haußleuth in Ihrem gewiß[en] sothaenen schaden, vnnd d[as] sie die weide vergiben weg[en] Ihres boeß[en] geruchtes vnnd bedrauwng In Ihrem gewiß[en] bezüchtigt 8 Whar d[as] nachgesetzte Als die Steuensche, Trine in den Boisen Gert Berendtz, Herman Osthoff vnd Peter Moller Sie Inq[ui]sitam In vnd Außerhalb der tortur fur eine zaubersche denunciirtt vnnd ausgesagt,

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Ad 1., 2.

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[35v] Nach Allsolchen furgehalttenen Ar[ticul]n hat die verstrickte geandtwort wie folget Credit

Jegen: ‘gegen’ in p[unct]o imputati criminis magiæ: ‘im Punkt angelasteten Verbrechens der Zauberei’ huede: ‘Hüteplatz, Weideplatz’ Tonne biers: Hohlmaß speziell für Bier (114,5 Liter) vast: ‘kräftig, sehr’ Die hier mit 8 bezeichnete siebte Frage wird auf fol. 35v unter Ad 7. beantwortet, was auf ein Versehen des Schreibers bei der Nummerierung der Fragen schließen lässt.

Westliches Norddeutschland

122 Ad 3 Ad 4 et 5. Ad 6.

Ad 7.

Credit vnnd sagt Wie daß sie den kuehiert[en] halt[en] sollen wilchs sie nit thuen wollen, Credit Sagt sie hab Art[icul]s Inhalt gestern gehoert, vnnd hab Ihr solchs deß Wellien sohne goffenbahrt, d[as] sie weg[en] der zauberey Angtastet worde Sagt Sie hab mit ar[ticu]lirten hingerichtet[en] Persohnen in der vnguete nichts zuthuen gehapt, Vnd alß sie gfraget Ob sie auch Jeg[en] obb[emelt]e indicia etwaß erheblichs so zu Ihrer defension dienlich sein möegte, deß endtz Ihr termin[us] vnd copia der handlung vergunstigt werden solt furzuwend[en] hette hat sie nichtz erheblichs furpring[en] konnen, deßendtz dieselb vermöege folgend[en] decreti zu der tortur gsteltt,

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Decretum In sach[en] Churf[ü]r[stlichen] Colnisch[en] Fisci Peinlich[en] Inq[ui]renten an einem Jeg[en] vnd wider Agathen vf der Ouertrift inq[ui]sitam an der Ander seiten wirt zu bescheidt gib[en] Demnach Inq[ui]sita mit der zauberey eine grhawme zeit hero berüchtigt, Auch sie mit den von Berstraeßen Im vnwillen gerhaten vnd Innen gedrauwet, Auch Innen ein Ansehentlicher groeßer schade an Ihren biestern so eilfertigh gestorben vnd vergiftigt geweß[en] zugefüeget, damit sie Inq[ui]sitam in Ihrem gewiß[en] bezüchtigt, daneben Auch 5 Articulirte Persohnen womit sie in vngueten Ihrer bekendtnuß nach nichtz zuthuen gehapt; fur eine zauberinne besagt Auch darbei biß in den thot bestendig verplieben, Ohne d[as] Auch der Jetz Inhaftirter Herman Peters sie fur eine zaubersche denunciirt, d[as] sie dahero wegen zugemeßenen

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[36r] zauberlasters zu Peinlicher frage zustellen sei Inmaß[en] dieselb darzu hiemit condemnirt wirt von Rechtz weg[en] Vnd wie sie hierauf gfraget wer Ihr dieße boese kunst glehrnet vnd solchs guetlich nit bekennen wollen Ist sie zu der tortur gestelt vnd anfangs eine schraube vfgesetzt vnnd Bekennet wie daß fur vngefehr 5 vnnd mehr Jahren 40 50 51 64

Wie daß: ‘dass’ den kuehiert[en] halt[en]: ‘für die Kuhhirten (Tiere) hüten’ deß endtz: ‘weshalb, demzufolge’ termin[us]: ‘Frist, Zeitraum’ vergunstigt: ‘erlaubt’ eilfertigh: ‘schnell, plötzlich’

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Werl 1630

123 der hingerichteter Gert Gerdes alß sie zusamen fur Ihrer thueren …+ gegeß[en] Ihr die thue+ zauberkunst gelehrnet vnd gsagt, Er wolt Ihr eine kunst lehrnen, Sie solt Gott vnd seine heilig[en] versag[en] 3 fueß ins teufels namen zurhück tretten wilchs sie auch gethaen Warauf alsopaldt der teufell in manß gestaldt in schwartzen kleidern mit einem schwartzen huet so sich Junckher Hanß nennen laeß[en] erschienen, wilcher Ihr ein stuck silbers so sie in Ihr schurtz gestoch[en] giben so folgendtz zu einem Pferde dreck geworden; Folgendtz am abendt hab der teufel mit Ihr fur der straeß[en] im fenstern gebolirt so sehr kaltter vnnd harter natur geweßen Wauon Ihr nach 4 wochen eine hucke abgang[en] wilche sie in Ihre kammer gsetzt Demnehst hab er Ihr in einem Papir schwartz kraut Buxen Pulver gleich womit sie schaden thuen solt gib[en] Wilche materi sie Irstlich an Ihrer huener eine deme sie solchs in Brodt getrückt geprobirt so auch gestorb[e]n I[tem] Sie hab Johan Cack Eine stercken fur vngefehr 3 wochen so Brawn von haer gweß[en] wie dieselb+ [INT] ªsieº ggraeset vnd fur dieselb vf die erden geschuttet vergiben Ex ca[us]a, d[as] Cack Ihren kindern schuldigh geweß[en] vnd sie nit bezahlen wollen. I[tem] Paull fur vngefehr 3 oder 4 wochen vf selbe manir da deß[en] blosede [?] khue für Ihrem hause gegraeset vergib[en] Ex ca[us]a daß Ihre sawe in seinen khorn gelauff[en] vnd darumb mit Ihr gezencket I[tem] Sie hab Buneman fur wenig tagen 3 oder 4+ kuehe mit b[emelter] materi vergiben Ex ca[us]a d[as] derselb der furgenger geweßen daß d[as] sie+ Ihre hauspfacht vnnd weide versteigert worden, [36v] I[tem] Sie hab Ihren saligen man Alß derselb lange kranck geleg[en] mit b[emelte]r materi vergib[en] Ex ca[us]a, das er sie ofters geschlagen, Sie hab sich letztmahls fur vngefehr 4 tagen letztmahls in einen schwartz Brunen hundt verstellet, Alßdan Ihr der teufell ein schwartz Braun fell gepracht, wilchs sie mit hilff des teufels vf die bloeße haut Anziehen müeß[en] vnnd alsdan zu einem hunde grhaten Wannehe sie aber zu

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versag[en]: ‘absagen, abschwören’ gebolirt: ‘geschlechtlich verkehrt’ hucke: ‘Kröte’ stercken: ‘junges Rind’ furgenger: ‘Urheber, Anstifter’ hauspfacht: vgl. vacht ‘Ernte, Kornertrag eines Jahres’

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einem minsch[en] wider begehrt zu werden, hab Ihr der teufell solchs Außgezoeg[en] vnnd wannehe sie zu+ einem+ hundt hab werden wollen hab sie Irstlich Ihre kleidere Außziehen müeßen Berstraeß[en] 1 Domahls mit Ihr in selbiger gstaldt gelauff[en] drue am kirchoffe die Cordesche gn[ann]t. 2 Pauell doselbst so mit Ihr fur 4 woch[en] congredyrt dieße Beiden hab sie gekennet alß sie sich zusamen Aus vnnd Angezoeg[en] 3 I[tem] Ewaldt zu Berstraeßen cum quo etiam congressa Domahls sie eine weiße Sawe so Ihr selbst zustendigh geweß[en] gebiß[en] so ein wenig kranck geword[en] aber folgendtz geneßet, I[tem] Wannehe sie von den thoten kuehen gefreß[en] hab sie solchs nach einer stundt als sie wider ein minsch geword[en] Auspeyen müeßen, Sie habe daß hochwurdige sacrament verlitten Oistern vnd sonsten 2 oder 3 mahl verunehret vnd Ihren vnflaet darauf thuen mueßen, Sie sei letztmahls fur vngefehr 5 tagen vf einen Donnerstag Abendt vf der Knottendelle vf dem teufels tantze geweß[en] alsdan sie sich Irstlich an das liff geschmiret vnd vf einem schwartzen bock so hoernere gehapt dahin gezog[en]

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4 5 6 7 8 Koningerheide 9. 10 11 Schedingh 12 13. 125 126 128 143 162

[37r] Domals sie vf einer rhundt gspannenen linen getantzet linxs herumb Vnd hab sie wie sie bei Ihrem theil des himmels bekendt daselbst gesehen furg[emelt]e 3 Persohnen Johan Hagens Steffen Steiman Tigges Cordes gn[ann]t Wigger Enneke Oisthofes Monocula Hermansche

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Henrich an der Köninger heide cum vxore hertzlieb des hingrichteten Johan von Ristens weib Greta gn[ann]t 160

Henrich Koch hickerman vt putat vidisse seniorem

Berstraeß[en]: Das Wort ist nicht rein in lateinischer Antiqua geschrieben, wird aber der Lesbarkeit halber komplett kursiviert wiedergegeben. drue: Rufname congredyrt: ‘zusammengetroffen’ liff: ‘Leib’ vt putat vidisse seniorem: ‘wobei sie glaubt, den Alten gesehen zu haben’

Werl 1630 Madwich

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125 Goßlinghoff 24 Iulii In p[ræ]sentia d[omi]ni judicis Hulsperges et Dignandi Scholers o[mn]ia ratificauit Wilh[elm] wred[e ] m[anu] p[ropia] Vnd alß die verstricktinne gfraget wie daß daß gemeine gruchte spargirt Alß solte sie mit Ihrem gröeßesten sohne in vnpflicht gelebt haben, So hat dieselb solchs negirt vnnd nit gestanden, 27. Iulii In p[ræ]sentia suprascriptorum dominorum et Herma[n]ni Schulteti in Bering et Stephani Veltmans o[mn]ia ratificauit Wilhelm wrede m[anu] p[ropria]

o[mn]ia ratificauit: ‘sie hat alles bestätigt’ verstricktinne: ‘Verhaftete’ spargirt: ‘verbreitet’ vnpflicht: ‘Unehe, wilde Ehe’

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Westliches Norddeutschland

Abb. 15: Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Mscr. VI, 264 A, fol. 35r

WERNIGERODE 1597 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Wernigerode 1597 Handschrift Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg Rep. H Gutsarchiv Stolberg-Wernigerode C 138a Fach 7 Nr. 8 11r–12v (Archivzählung) – Hoffmann 1993

Inhalt Katharina Bernburg, eine alte Frau aus Rohrsheim nahe Halberstadt, wird am 26. Mai 1597 wegen Zaubereiverdachts inhaftiert. Erst unter Folter gesteht sie, mittels Schadenszauber neugeborene Kinder getötet zu haben. Bereits am 6. Juni wird sie durch Feuer hingerichtet. Die Aussage der Angeklagten bzw. ihre Wiedergabe durch den Gerichtsschreiber erscheint teilweise wirr (vgl. z.B. Punkt 13).

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in einer sauberen, routinierten Schrift verfasst. Dies bedeutet indes nicht, dass keine Schreibversehen feststellbar wären. Sprachlich auffällig sind finale ¢nn² (gebenn, gewesenn etc.), die e-Synkope, vor allem bei Partizipien (ghabtt, gtriebenn etc.), hier jedoch nicht konsequent durchgeführt, sowie die Erhaltung einiger alter Diphthonge (kuhenfües), die in oberdeutsche Sprachzusammenhäge verweisen. Fehlende Umlautmarkierung (hubschte, schonste etc.) sowie die Verwendung von ¢h² in unklarer Funktion (mahnn, ehr etc.) lassen sich ebenso finden wie finale ¢gk² (heftigk). Ostmitteldeutsche Bezüge zeigen sich in der Verwendung des epithetischen -e (z. B. in kleine, kerle, gscheffte).

Westliches Norddeutschland

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Gutliche vnd peinliche bekantnüs vnd Außage, Katharinen Bernbürgs von Rorßem, Den 26. May A[nn]o p[erge] 97. 5

Ihn guthe.

Nichts.

Per torturam. 1.

Sie habe von der KinderMutter Zu Rorßem ein brodt gborgett, Do habe die kinderMutter zu Ihr gesagtt: sie liedte große noth, sie woltte Ihr einen buhlen zuweisenn, von dem sie gnugsam haben soltte. Sei vor Sechs Jahren geschehenn,

2.

Balt volgendes wehre Ihr buhle fledderbusch so all koell schwartz gewesen, vnd einen Aufgritzten kuhenfües gehabtt, durch ein loch Ihn Ihrem hause zu Ihr kohmen, vnd Ihr Jedes mahll einen m[arien]g[roschen] gebenn,

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3.

Wehre 6. mahll bei Ihr gewesen vnd zweimall vnzuchtt mitt Ihr gtriebenn,

4.

Ehr hette es nichtt gmachtt wie ein Ander kerle, Dan sein gscheffte sei kaltt, blawe vndt kleine gewesen.

5.

6.

3 10 17 34 36

[11v] Ihr buhle habe Ihr zugesagtt das ehr Ihr geldt bringen vnd woll ernehren woltte. Bei der wegescheiden zu Rorßem habe sie mit Ihrenn Companischen Anna vt dem buske, d hartmans frawe, hans brauns frawe, des Richters vnd Andres hintzen Cilliaxblumen [?], einen tantz gehalten, dabei dan Ihr buhlen gwesen, vnd hetten Ihre buhlen diesen tantz bestellet.

Rorßem: Rohrsheim Die Ordinalzahlen sind im Original mit Schrägstrich über der Ziffer gekennzeichnet. koell schwartz: ‘kohlschwarz’ Aufgritzten: ‘gespaltenen’ Companischen: ‘Kumpaninnen’ d: Der Name ist nicht lesbar, da die Seite an dieser Stelle beschädigt ist. Cilliax: Familienname

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Wernigerode 1597 vnd wehr zu dem ende Angstelt, das ein Jeder teuffel seine braut besehen wolte, welche die hubschte wehre,+ 7.

Ein schwartzer mahnn wer Ihr spielmahnn, gewesenn, vnd sie wehre hinden Am tantz mit Ihrem buhlen gangenn,

8.

Dieser tantz wehre zu dem Ende zugerichtett, das ein Jed[er] teuffel sehen wolte, welcher die schonste braut hette.

9.

Als der tantz Angehen sollen, wer ein zigenbock kohmen, darauf sie Ihn schneller eill hinkohmen.

10.

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Den wein so sie bei solchem tantz getruncken wehr Aus dem westerburgischen keller gewesenn, solch habe Ihr Ihr buhle berichtet. 55

11.

[12r] Die Braunischen hette der Ambtmenschen zur westerburgk die guthen kinder so starck zugbrachtt, das Ihr nuhmehr nichtt wider zuhelffenn. den es wehr ein pahr bei Ihr gstorben.

12.

Als sie das gethan+ erstemahll mit Ihrem bulen zuschaffen ghabtt, habe sie nach 4. wochen, 2. pahr guthe kind[er] von Ihme ghabtt.

13.

Diese 2. pahr guthe kinder habe sie Ihrer gefatterschenn hennig gebhardts kinde mit diesem segen – Fahrt hin Ihn das kindt, machet es zu nichtte, das es von dieser welt kompt – zugebrachtt, vnd das vnschuldige blutt so lange gequelett, das es gstorben, welchs Ihr buhle haben wollen,

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14.

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Ihr buhle habe Ihr gesagtt, weill sie altt vnd schebig, woltte ehr mitt Ihr nichtt mehr vnzucht treibenn, Nach Ihrem tode aber woltte ehr

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vnd wehr … die hubschte wehre: Dieser Satz ist in einer deutlich kleineren und engeren Schrift geschrieben, was die Vermutung nahe legt, dass er erst nachträglich ergänzt wurde. Er wurde wieder gestrichen und erscheint stilistisch verbessert unter Fragstück 8. Ambtmenschen: ‘Amtmännischen’ (Frau des Amtmanns) den es wehr … gstorben: Der Satz wurde nachträglich hinzugefügt. Man beachte die Zeitzusammenhänge. kinde: ‘Tochter’ Das Zeichen ⋅⋅ wird als Gedankenstrich interpretiert. welchs Ihr buhle haben wollen: Der Satz wurde nachträglich hinzugefügt.

Westliches Norddeutschland

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erst mit Ihrer sehlen zuthun haben. Sie aber habe es Ihme nichtt zugesagtt. vnd nicht thun wollen. 15.

heute morgen sei der teuffell bei Ihr gwesen, 80

[12v] Ihr gesagtt, sie soltte sein eigen sein, so woltte ehr Ihr dauon helffen, Ihr Auch Alles vorher gesagtt, was mitt Ihr soltt vorgenohmen werdenn, 16.

17.

18.

19.

77 89 99 102

Ihr buhle habe Ihr gesagtt, wan sie sein eigen sein woltte, woltte ehr Ihr etwas bringen, damit sie den leuthen vorgebenn soltte, hat es aber Ihr nicht sag[en] wollen, weil [INT] ªsieº hirein nicht willig[en] wollenn. Wan sie mit Ihrem buhlen getantzt, hette ehr sie bei der handt gefuhrett, vnd nach gehaltenem tantz wehre sie Im mitternachtt wider vfm bock biß vors thor gfahren. Weill sie alhier gwesen, wehre Ihr buhle zweimahll Ihn schwanbecken hause gewesen, vnd Jedes mahll durch das fenster nach dem marck warts zu Ihr kohmen. Das sie Ihrer gefattersch[en] kindt[en] so vnschuldiger weise vmbgbrachtt, bekummere sie noch heftigk.

Sie aber … wollen: Die beiden Sätze wurden nachträglich hinzugefügt. vorgebenn: ‘vergiften’ Weill: ‘während’ nach dem marck warts: ‘zum Markt hin’

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Abb. 16: Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. H Stolberg-Wernigerode, C 138a Fach 7 Nr. 8, fol. 11v

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II. Östliches Norddeutschland

BLANKENSEE 1619 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Blankensee 1619 Handschrift Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 4 D Schöppenstuhl zu Brandenburg/Havel, Nr. 66 676r–682r, 701r–702v (Archivzählung) – –

Inhalt Im Folgenden werden zwei Auszüge aus der Akte des Prozesses gegen Ursula Riecken aus Stangenhagen wiedergegeben. Das 25 Fragen umfassende Interrogatorium wurde sowohl zur Befragung der Angeklagten als auch zur Befragung der Zeugen verwendet, wie die häufig benutzte Frageformel Ob nicht Wahr vndt Zeugen bewust kenntlich macht. Im Original folgen auf das Interrogatorium umfangreiche Zeugenaussagen, die nicht in die vorliegende Edition übernommen werden. Stattdessen schließen sich die im Original nach den Zeugenaussagen folgenden Aussagen von Ursula Riecken an, die den Vorwurf zu widerlegen versucht, sie habe mittels Zauberkraft um ein bevorstehendes „Hexenbrennen“ in Stangenhagen gewusst.

Schrift und Sprache Die recht breit auseinander gezogene Handschrift erweist sich als gut lesbar. Der hochdeutsche Text zeigt nahezu keine niederdeutschen Interferenzen. Auffällig ist die variierende Kasuswahl in präpositionalen Fügungen mit Dativ und Akkusativ sowie die generelle Kasusrektion. Hier scheint sich niederdeutsches Substrat (Einheitskasus Dativ/Akkusativ) bemerkbar zu machen. Für eine nahe liegende Ausrichtung an ostmitteldeutschen Vorbildern spricht das epithetische -e in kerlle, stille, bette; ähnlich auch Dorffe, hause, hoffe u.a. Zu erwähnen sind noch einige ¢nn² in finaler Stellung: berichtenn, gePetenn, Krugerinn u.a.

Blankensee 1619

135 [676r] 1. Ob nicht Wahr anfenglichen vnndt Zeugen bewust, das Vrsula Riecken sich dieser nachdencklichen wort zue den Pawer Weibern zu Stangenhagen gebraucht, es möchte eine Jegliche darauff bedacht sein, sich bis vber die knie aufzuschurtzen, die Hacken in der handt Zunehmen vnndt Vmb zuesehen wo sie bleiben möchte. 2. Ob nicht Wahr vndt Zeugen bewust, das die Pawer Weibern sich hiruber allerhandt beygedancken gemacht, vnndt Vrsula Riecken auf den nuchtern [?] morgen

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[676v] auf eine andere meinung bringe[n] wollen sie aber nichtes destowe niger bey Ihren wortten verhar[ret] 3. Weiters war vnndt Zeugen bewust, d[as] sie ihre meinung dergestalt aus deuten wollen vndt gesaget, nu[n] also, es wehre nur mit dem Dor[ffe] Stangenhagen gemeinet, vnndt wurde mit demselbigen inne halb Acht Tagen daher gehen, als wie es wehre Zue Berlitz Zuegangen. 4. Ob nicht wahr vndt Zeugen bewu[st] wie sie von der Hans Riecken die Pferde+ ªdiesfalsº gefragt wie solches Zugehen solte, o[b] wegen der Newen Obrigk[eit] vndt der dienste wehre,

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nachdencklichen: ‘bedenklichen, heiklen’ Pawer Weibern: ‘Bauersfrauen’ Aufgrund der knappen Heftung der Handschrift ist der rechte Rand der verso-Seiten oft nicht lesbar. Mit eckigen Klammern sind hier also sinngemäße Ergänzungen der Herausgeber gekennzeichnet und nicht die Auflösungen von Abkürzungen. daher gehen: ‘geschehen’

Östliches Norddeutschland

136 [677r] sie geandtwortet es wehre nicht so gemeinet, sondern dem Dorffe Stangenhagen solte solches was sich zue Berlitz Zugetragen wiederfahren, Vnndt sie hette alles eingebunden vnndt wolte dauohn, Vnndt wurden sie Ihres teils solches alles Acht tage nach Pfingsten in der That gewahr werden. 5. Wahr vnndt Zeugen bewust, das Vrsula Riecken vnter andern Vorgegeben, es wurde das Dorff Stangenhagen nicht nach der Ordnung, sondern gantz Creutzweis ausBrennen. [677v] 6. Wahr vnndt Zeugen bewust, das Vrsula Riecken von Caspar Bartholte begehret, er möchte Vngeseumbt zum Pfarherren gehen, vnndt Ihn anmeld[en] Er solte in der Kirche die Testamente halten, Ca[spar] da er hierinnen seumig, wurde es zu Lange ge harret Vnndt wurde bal[d] daßelbige vnter die Win[d] ªmulleº verrichten mußen, Vndt hette Stangenhagen nichts beßers zue hoffen, alß Berlitz. 7. Wahr vnndt Zeugen bewust [678r] das Caspar Bartholt solches zuverrichten zuesagen mußen, Ihr die handt gegeben, Vnndt das Martin Zernicke zumehrer be-

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eingebunden: ‘eingepackt’ Vorgegeben: ‘behauptet’

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137 creftigung Ihnen die hende von ein ander losschlagenn mußen. 8. Wahr vnndt Zeugen bewust, das wie Vrsula Riecken zurede gesetzt solches von sich abbeugen wollen, mit Vorwenden, sampt wehre ihr ein Kerlle mit großen Federn vndt Zwene weiße Weiber begegnet, die hetten ihr dieses Vermeldet, Jedoch der Kerlle befohlen, solches der Gemeine zue Stan[678v] genhagen nicht ehe Zueberichten dan es geschehe, die Weiber aber hetten solches zu berichtenn gePetenn. 9. Wahr vnndt Zeugen bewust, daß Dauidt Rahne vnndt Bartholt Barniche solche nachdenckliche wort nicht Verschweigen können, sondern der Gemeine zue Stangenhagen, Nach dem zum Pawern geleutet, hinterbracht vndt bey versamblung der Gemeine diß Weib nebest ihren Man vorfodern laßen, vndt solche gefehrliche Worth vorgehaltten 10. Wahr vnndt Zeugen bewust,

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[679r] das sie anderweit domalen Vorgegeben, es wehre ihr von einen Kerll vnndt Zwene weiße Weiber hinter ihren hause im hoffe, solche wort auß zue reden befohlen. 11. Wahr vnndt Zeugen bewust, das die Krugerinn zue Stangenhagen sie solcher Reden hal88 91 95 111

abbeugen: ‘abwenden, abbiegen, fernhalten’ zwene: ‘zwei’ Gemeine: ‘Gemeinde’ vorfodern: ‘herbeizitieren’

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Östliches Norddeutschland

138 ben, Insonderheit in anspruch genommen, vnndt gesaget, wo seidt ihr anders hingewesen als hin Zaubern, vndt dahero ihr Zauberey beygemeßen vnndt vor eine Zaubersack vnndt hure offentlich außgeschrienn. [679v] 12. Wahr vnndt Zeugen bewust, das sie vnndt ihre Mahn hirauff nichtes geandtwortet, solche wort in sich gefreßen vnndt stille geschwiegen. 13. Wahr vnndt Zeugen bewust das Vrsula Riecken Mahn Dauidt Rahnen dreymahl den 19 May vmb Gottes willen gepeten, diß was am Pfing[st] dinstag seine Frawe ausgeredet, Ja nicht sein gepietenden Junckern zu hinterbringen. 14. Wahr vnndt Zeugen bewust [680r] das er gleicher gestalt nebest seinen Weibe bey Bartelt Barniren kommen, Vnndt vmb verschweigung ob angezogener wort gepeten, mit dieser zusage wen ers Tehte, sie wolten ihm heut oder Morgen womit sie köndten wiederumb dienen 15. Wahr vnndt Zeugen bewust, das Vrsula Rieckens Mahn, wegen verschweigung deßen bey ein vndt den andern nichtes erhalten können, auch entlichen gesaget, Ich Peter woll gerne vor mein Weib, weill aber nichtes

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139 [680v] bey euch Zuerhalten, so muß ich sie woll fahren laßen. 16. Wahr vndt Zeugen bewust, das die gefangene Vrsula Rieck[en] dem Pfaren zu Zuchwitz vmb Gottswillen gepeten, dahin zuearbeiten, damit sie wiederumb loß keme, sie wolte Ihm die Beste Kueh Verehren 17. Wahr vnndt Zeugen bewust, das die gefangene sich Jedesmahl Gottes lesterlicher vnndt anderer nach dencklichen wort gebraucht 18. Wahr vnndt zeugen bewust, das deroselbige Mutter einsmahl gesagt, so lange Gurgen

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[681r] von Tuhmen vnndt seine Kinder leben wurden, solten sie kein gluck vnndt Seegen an Viehzucht zue Stangenhagen habenn. 19. Wahr vnndt Zeugen bewust, das die gefangene Jedesmahl der Zauberey vnndt sonsten anderrer Vntahten halben Verdechtig gehalten worden. 20. Wahr vnndt Zeugen bewust, das zu der gefangene wie sie von Stangenhagen nahe Blanckensee in Schultzen Gerichte gebracht, Ihre Schwester gesaget, Nu fahre hin vnndt bleibe bestendig, vnndt was du in deinen hertzen

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[681v] hast, das halt verschwiegen. 21. Wahr vnndt Zeugen bewust, das von solchen alles, wie obgedacht ein gemeine geschrey, 177 215

Pfaren: ‘Pfarrer’ geschrey: ‘Gerücht’

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Östliches Norddeutschland

140 vnndt ein Jeder die gefangenin vor eine Zauberin achtet. 22. Wahr vndt Zeugen bewust, das sie sich einsmals 2 Gense halben mit Martin Zernicken gezancket, vnndt gesaget er solle wegen der Gense stillschweigen, oder er solle eine ledige stedte bekommen. 23. Ob nicht wahr, das Vrsula Riecken wie sie angeclaget worden, außgerißen, Vndt

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[682r] Viergantzer Tage weggewesen, vndt gesagt weil sie gefangen geseßen, wan sie solches gewust, wolte sie nimmermehr nach Stangenhagen gekommen sein 24. Ob nicht wahr wie sie+ Caspar von Tuhmen nach Stangenhagen kommen vndt sie denselben ansichtig worden, vor Ihm geflogen vndt ins Korn gelauffen vndt wie er weggewesen das sie sich wieder aufm abendt eingestellet. 25. Ob nicht wahr das sie in dergute nach Blanckensehe vorgefoddert, vndt keines wegen erschienen wollen.

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[701r] Hierauff ist die gefangene Vrsula Riecken vorgefoddert Ihr ein vnnd das ander Vorgehalten vnndt sagt. Ad.1. 2. Negat. Ad. 3. S[agt] es wehren 2. weiße Frawen in der nacht bey ihr ans bette kom225 241 247

ledige stedte: ‘leeren Hof’ geflogen: ‘geflohen’ vorgefoddert: ‘vorgeladen, zitiert’

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men vnndt Zu ihr gesagt, Man solte buße Thun, wo nicht wurde Gott höchlichen straffen Vndt habe solches nicht böse gemeinet. Ad. 4. 5. Negat. Ad. 6. 7. S[agt] sie habe es den leuten berichtet, der Pfarherr

Ad. 8. Ad. 9. 10.

Ad. 11 12.

Ad. 13. 14. 15 Ad. 16. 17. Ad. 18. 20

[701v] möchte eß abkundigen dann ein vnndt der ander buße Thete, wo nichts wurde Gott straffen den solches die weiß[en] weibern berichtet. Weiß nichts mehr als von den weißen Weibern. S[agt] habe vor der Gemeine nichts mehr als obiges außgesagt. S[agt] die Krugerin habe ihr solches Vorgeworffen aber sie wehre Vnschuldig Nescit was Ihr Man gethan. Negat. Nescit et negat.

[702r] Ad. 23. S[agt] sey nicht weggelauffen, sondern bey Ihren Bruedern nach Kalwitz gezogen vndt habe denselben vmb Rhat fragen wollen, hette sonsten Ihr Man was ausgesagt möchte er darumb reden vnndt andtworten. Ad. 24. 25. [et] ad. art[iculum] præced[entem] Ihre Mahn Peter Strobuck berichtet, das er von seines Weibes Zauberei nichts wiße, Vnndt sey sein 271 274

abkundigen: ‘verkünden’ den: ‘denn’

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142 weib nicht Personlich selbsten nach Kalwitz gewesen, sondern nur auf den

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[702v] halben wege, Vnndt hette einen Boten von dosow [?] an Ihren Brudern abge fertiget ~.

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Sonsten sol die gefangene gege[n] den Voigten vndt andern d[en] sie in gefenglicher haft wieder bracht worden berichtet haben, hat mein Man etwas außgesagt vnndt Vber mich gelogen so sol mein Man so wol sterben als ich ~.

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Abb. 17: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 4 D, Nr. 66, fol. 701r

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CRIVITZ 1642 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis:

Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Crivitz 1642 Handschrift Landeshauptarchiv Schwerin, 2.12-2/3 Gesetze und Edikte in Zivil- und Kriminalrechts-, Fiskalats- und Polizeiangelegenheiten, Nr. 2039 1–12 (eigene Zählung) – Rösler (1997)

Inhalt In Crivitz sind 1642 drei Frauen wegen Hexereiverdachts inhaftiert. Der vorgelegte Text dokumentiert zum einen die Besagungspunkte, die auf Dorothea Dunckers ausgerichtet und als Frageartikel formuliert sind (Typus: Ob nicht wahr, dass …). Zum anderen gibt er die Antworten dieser Beklagten sowie zwei Gegenüberstellungen mit der Lazaruschen und der Bergerschen wieder. Im Verhör vom 7. März wehrt Dorothea Dunckers die Hexereivorwürfe anfänglich ab, erläutert jedoch ihre Fähigkeiten, gegen Krankheiten mit Bötesprüchen – einige werden sogar protokolliert – angehen zu können. Nach Ermahnung durch den Stadtvogt gesteht sie schließlich typische Hexereidelikte wie Teufelspakt, Schadenszauber und Teilnahme an Hexentänzen. Die Darstellung hat aus heutiger Sicht des Öfteren makabre bis groteske Züge (vgl. Z. 109 ff., Z. 327 ff. und Z. 372 Marginalie).

Schrift und Sprache Die Schrift erweist sich – einem ersten Eindruck entgegen – als gut lesbar, weil in konsequenter Verwendung stets dieselben Schriftzeichen und Abkürzungssiglen benutzt werden. Der hochdeutsche Duktus ist durchgängig beibehalten, wobei die folgenden Schreibmerkmale des norddeutschen und ostmitteldeutschen Raumes gehäuft auftreten: gk-Schreibungen im Silben- und im Wortauslaut, gewissermaßen als Schreibhyperkorrektion gegenüber dem sprechsprachlichen Reibelaut (vgl. Monatstagk, verleugknen, gnugk, Zeugk u.a.m.). In die gleiche Richtung deutet auch kegen für ‘gegen’. Nicht selten findet sich ein epithetisches -e, das ostmitteldeutsche Bezüge aufzeigt (vgl. zurugke, weibe Dat. Sg., leide Adv., Achte etc.). Auffällig und beim Lesen zu restituieren sind die fehlenden Umlautmarkierungen (z.B. beim Konjunktiv II). Nie-derdeutscher Einfluss zeigt sich in einigen lexikalischen Findlingen (vgl. quade, Pogge, eken, verquinen u.a.). Ein paradigmatisches Nebeneinander von Niederdeutsch und Hochdeutsch in der Namenverwendung der Frühen Neuzeit zeigt sich in den Varianten Hans Niebur und Hans Newbauren.

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1. 2. 3.

4.

5.

[1] Anno 1642. den 7. Monatstagk Martii, haben Burgermeistere Gerichte vnd Raht der Stadt Kriuitz, mich vntenbenanten Notarium, nach Criuitz erfodern laßen, daselbst vff mein erscheinen geburlich requirirt, das ich neben ihnen, der befragung zweyer gefenglich eingezogner weiber, beiwohnen, allen verlauff fleißig ad notam nehmen, vnd ihnen deßhalber notturfftige Documenta mittheilen muchte, vnd lauteten die vff die eine gefangne dorothea dunckers gerichtete articul, wörtlich wie folget: Ob nicht war, das dorothea dunckers eine geraume Zeit hero der zauberey halber beruchtigt gewesen, Ob nicht war, das sie von Greta Iden offentlich notiret vnd bekandt worden. Ob nicht war, das dieselbe bekandt vnd ausgesagt, das sie dorothea dunckers Caspar Helfferts frawen angethan, das sie an händen vnd fueßen eine Zeitlangk Lamb gewesen, vnd ihr einen Hundt fur die Tuehre, welchen die Helffertsche zum vngluck ansichtig geworden, gewiesen. Ob nicht war, das gedachte Grete Iden ferner bekant vnd ausgesagt, das Dorothea dunckers ihr solches vff dem Berninschen Holzwege selbst anvertrawet, vnd das sie ihr auch endlich wider geholffen, vnd wuste wol was sie dafur geböhret hette, vnd wan ihr der buttell vffs Leib kehme, wurde sie es wol beßer bekennen. Ob nicht war, das gemelte Grete Iden ebenmeßig bekant, das dorothea dunckers Valentin Ertmans frawen, den Teuffel (Gott behuete vns) in den Leib gewiesen, des wegen das der stockfisch, welchen sie von ihr gekaufft, nicht gutt gnugk, auch die butter so ihr dazu verehrt worden, zu weinig gewesen,

[2] 6. Ob nicht war, das sie dorothea dunckers Grete Iden solches selbst mundlich bei Ties Ehrentins vnd Ludemans orte auf der straßen, gesagt, das der schade an ihren Schweinen vnd Vercken noch nicht gnugk were, die Ertmansche solte es selbsten beßer entgelten, welches auch des abends darauf erfolget, 5 11 13 25 39

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geburlich requirirt: ‘in angemessener Weise verlangt’ Die Ordinalzahlen sind in der Handschrift durch Punkt und Bogen über den Ziffern gekennzeichnet. notiret: ‘bezeichnet’, gemeint ist ‘besagt’ geböhret: ‘geschuldet’ buttell: ‘Gerichtsdiener’ Vercken: ‘Ferkel’

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7. Ob nicht war, das sie zu der Ertmanschen erfodert vnd derselben auch hulffe gethan, also das es beßer mit ihr geworden, 8. Ob nicht war, das sie vnd Anna Berchmans, neben ihren beiderseits buhlen, bei der Mordskuhlen vff ihrem gehaltenen Tantzplatze gewesen, Aber die Vier allezeit alleine zusammen gegeßen, vnd auch zusamen getantzet hetten 9. Ob nicht war, das sie dorothea dunckers, vnd Anna Berchmans, mit ihren beiden buhlen darumb allein zusammen allein gegeßen, weil dieselben beßer tractament vnd mehr speisen als die Idesche gehabt, 10. Ob nicht war, das Grete Iden bekant, das ihr bule Schwartz zeugk, vnd Annen Berchmans [INT] ªihrerº bisweilen gruen oder blaw Zeugk angehabt 11. Ob nicht war das Grete Iden bekant, weil die beiden beßer vnd mehr eßen gehabt alß sie, das ihr bule thim, mit welchem sie sonst allein geßen, wan ihr eßen aufgewesen, von ihr wegkgelauffen, vnd zuletzt mit aus dorotheen dunckers, vnd Annen Berchmans schußel gegeßen 12. Ob nicht war, das Grete Iden bekant, Ihre der dorotheen dunckers, vnd andere buhlen hetten solche Krickelkrumme dentze gehabt, vnd ihre fueße also durcheinander geschlagen, das sie noch darüber lachen muste, 13. Ob nicht war, das Grete Iden sich beclagt, das ihr dorotheen dunckers Teuffel, in der gefengnuß, die eingeschlagene eisene krampe, welches der augenschein also gegeben, [3] im Thurm ausgerißen, vnd als die Idesche dadurch loß geworden, Zu ihr gesagt Ey du must nun fort vnd solst diese Nacht nicht eine stunde mehr leben, vnd ihr in den Nacken vnd Rucken gestoßen, woruber sie vberlaut vnd vmb hulffe geruffen, deßent wegen sie vf ihr bitten kegen abent aus dem Thurm in die Fronerey gebracht werden mußen, wie ihr dan auch Grete Idens in der confrontation vorgesagt, sie vnd Anna Berchmans alß lose zauberhuren hetten also zusamen gehalten, vnd durch ihre beide Teuffel ihr den halß vmbdreyen laßen wollen, vnd die eisene krampe ausziehen laßen, 14. Ob nicht war, das Grete Iden bekant, das sie vnd Anna Berchmans Heinrich Polchowen seine pferde vmbbring[en] laßen, vngeachtet sie gnugsamb dafur geböhret vnd genoßen hetten, wie sie ihr selbst gesaget 51 70 75 77

beßer tractament: ‘bessere Behandlung’ loß: ‘frei, befreit’ Fronerey: ‘Gericht, Gerichtsverhandlung’ vorgesagt: ‘vorgehalten’

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147 15. Ob nicht war, das Grete Iden bekant sie wolte gerne sterben, aber dorothea dunckers vnd Anna Berchmans solten mit ihr sterben, dan sie weren die argsten zauberinnen, wusten auch alles was ihr wißen were vnd hetten schwere pöste auf sich, 16. Ob nicht war, das dorothea dunckers am 24. Januarii in Christoff Ertmans haus gekommen, vnd einen andern Burger nahmens Hans Newbauren angesprochen, Er muste ihr doch ein bundichen Zeugs biß Zaschendorff wegktragen helffen, dan sie wegen Valentin Ertmans ausgestandenen großen vnglucks sehr bezichtigt wurde, darumb muste sie von hinnen wegkgehen, Sonst were ihr leide, das sie in des buttels hende kommen muchte vnd daneben gebeten, wan er etwas so ihr Zuwidern were, vernehme, solte er ihr solches zu wißen thun, 17. Ob nicht war, das Hans Niebur darauf geantwortet, das wolte er nicht thun, vnd solches lieber [4] dem Priester offenbaren, vnd also gedachtes weib vnuerrichteter dinge wider wegk- vnd aus dem hause gegangen, vnd seinen nachbarn Alert Kohren ansichtig geworden gestracks vberlaut gefragt vnd gesprochen, Ich soll alß eine Zauberinne verbrandt werden habt ihr nicht was holtzes, so man mit zuhulffe nehmen konte, Sie hette sonst noch wol soviel klein vnd groß holtz, damit man sie verbrennen könte, doch weren alhie noch wol fetter braten als ihre droge lenden zu verbrennen, Damit sie wegkgangen vnd auch folgends aus der Stadt entwichen 18. Ob nicht war das dorothea dunckers, am verschienen Sontage fur Sieben wochen fur Jurgen Blocks thuer gewesen, vnd deßen fraw gebeten, ihr man solte mit ihr ausgehen, vnd zeugk tragen helffen welcher die Blockesche geantwortet: Nein mein Man sol keine zauberin wegkbringen, damit sie stillschweigend wegkgangen, vnd folgends entwichen, Wie sie nun hernacher wider von Zaschendorff zurugke, biß an die Rönnekendorffer muhle gekommen, vnd hette Hans Hagens weib, die ihre verwantinne gewesen, von Zaschendorff bei sich gehabt, vnd alß sie bei der Muhle

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bundichen: Diminutiv von bund ‘Bündel’ droge: ‘trocken’ verschienen: ‘vergangenen’ fur: ‘vor’

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gehoret, das Lazarusche, sonst Anna Berchmans heißend, zu Criuitz eingesetzet were, das sie do gesagt Ey so diene ich nicht nach Criuitz worauf sie alßfort wider Zurugke nach Zaschendorff gangen, vnd des Hagens weib allein nach Kriuitz gehen laßen welche sich des zustandes erkundigen sollen, 19. Ob nicht war, das dorothea dunckers ihre anwesenheit

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[5] verleugknen wollen, vngeachtet sie mit leuten gesprochen vnd auch bei der Muhle gesehen worden, Sie auch ihrer TochterSohn mit hinauß holen laßen, 20. Ob nicht war, das Dorothea dunckers, nebenst Hans Hagens weibe von Zaschendorff biß fur die Rönnekendorffer Muhle gekommen, da sie Hans Schrödern Muhlenknecht vnd seinen Meister gefraget, wie es in der Stadt zustunde, vnd alß sie gesagt Anna Berchmans were gefenglich eingezogen, worauff dorothea dunckers geantwortet, so wurde sie dahin noch nicht nutze, vnd muchte auch eingesetzt werden, darumb wolte sie es noch Achte tage ansehen, wie es ablauffen wurde, vnd weiter gesagt, wer in des buttels hende kehme, der kehme auch wol vff sein letztes ende, Doch wofern Anna Berchmans nicht gepeinigt wurde, wuste sie wol, das dieselbe vff sie nicht bekennen wurde, womit dorothea dunckers wider zurugkegangen, vnd ihre gefehrtinne alleine nach Kriuitz gehen laßen, 21. Ob nicht war, Als vngefehr fur drey Jahren Valentin Ertmans eine Sohn Valentin vnuermutlich vnd schleunig kranck vnd gar Sinnloß geworden, vnd vff ander leute zuraten, sie dorothea dunckers in ihr hauß holen laßen vnd gefragt, ob sie dazu keinen raht wuste, das dorothea dunckers geantwortet, Ja bekummert euch nicht, es ist ihm nur ein boß windt angeblasen, das soll balt wider beßer werden, Alß ich Notari[us] mich nun deßen ratione officii nicht verweigern können, So hab ich mich an obernantem tage, vmb zwey vhr nachmittags, neben dem h[errn] Stadtvoigte Christian Schmellen Marcus Stahlbergen, vnd Hans Turman

129 130 138 157 161 164

eingesetzet: ‘inhaftiert’ diene: ‘passe’ Tochter-Sohn: ‘Enkel’ Sinnloß: ‘von Sinnen’, auch ‘bewusstlos’ boß: ‘böser’ ratione officii: ‘aus Amtsgründen’

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149 beiden Gerichts Aßeßorn, vnd Jeronymo Gerlichen Stadtschreibern alda zu Kriuitz vffs Rahthauß verfugt, alda die gefangne dorothea dunckers gefenglich enthalten

Ad 1.

Ad 2. Ad 3. Ad 4. 170 178 179 181 186 189 191 194 195 196 199 200

[6] worden, vnd sie ermahnet, das sie die warheit in guete bekennen, vnd zum widrigen fall zu der ihr zuerkanten scharffen peinlichen frage, keine vrsach geben muchte, vnd sein ihr darauf obgeschriebene articul deutlich nacheinander vorgehalten, vff welche sie geantwortet wie folget: Sagt nein, sie sei nicht berüchtigt gewesen, sonst konte sie das heilige dingk stillen, mit diesen worten: Petrus vnd Paulus gingen aus das kraut zusuchen, damit wolten sie das heilige dingk stillen vnd böten, do begegnete ihnen der herr Christus, Stehe Petrus Paulus, das kraut ist gefunden, die glocken sein geklungen, die Meßen sein gesungen, alle Ewangelia sein gelesen darmit stille ich dies heilige dingk sowol gelesen, du solt nicht eken du solt nicht steken, alß die wehrten heiligen funff wunden p[erge] welches ihr Claus Wendt Schultz Zu Settin geleret, Vnd fur den schlagk brauchete sie nachfolgende wort: diesen schlagh beneme der Man, der zu Nazareth genöhmet ist, vnd zu Betlehemb gebohren ist, vnd zu Jordan getauffet ist, im nahmen des Vaters, Sohns vnd deß heiligen Geistes Fur das Hertzspann brauchete sie diese wort: Hertzspann schame dy de fui dick an de Jage di, Schakestu [?] di nicht sehr, so Jage ick di velemehr, im nahmen des Vaters Sohns vnd heiligen Geistes, Sagt sie hette ihr gnugk vbergelogen, Sagt das liege die alte Zauberhure, Sagt sie hette ihr die beine geschmökett,

enthalten: ‘festgehalten’ sonst: ‘ansonsten’ das heilige dingk: Krankheit stillen: ‘zur Ruhe bringen, Schmerzen lindern’ böten: ‘durch Segenssprüche heilen’ eken: ‘eitern’ steken: ‘schmerzhaft brennen, stechen’ wehrten: ‘geliebten’ schlagk: ‘Schlaganfall’ genöhmet: ‘genannt’ Hertzspann: ‘Herzgespann’ (Magenleiden oder Herzbeschwerden) de fui dick: ‘Schande über dich’ Jage di: sinngemäß ‘mache dich schnell davon’ Schakestu di: ‘Nimmst du dich nicht weg’ liege: ‘lüge’ geschmökett: ‘geschmaucht, mit Kräuterrauch behandelt’

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Ad 5. Sagt das hette sie nicht gethan, vnd sie were ihr nicht begegnett, Ad 6. Sagt sie sei vber den Kirchhoff gegangen, vnd were [7] ihr kein mensch begegnet, sonst hette sie der Ertmanschen gefluchet, Alß hierauff der h[err] Stadtvoigt die gefangne fleißig ermahnet, weinete sie anfangs bitterlich, vnd alß sie sich etwas wider erholet, Bekante sie, das die Lazarusche Anna Berchmans, sie einsmalß mit bei Gömetow vff den bergk, nicht weit von der Mordtkulen, genommen alda die Idesche Ihr einen Teuffel, Hans genandt, vertrawet, vnd sie mit guten worten da zu verleitet, Es were solches in aller eil geschehen, Sie hette an einen stock greiffen vnd also nachsagen mußen, Hie greiffe ich an diesen stock, vnd verlaße Marien vnd den lieben Gott, darauff hette die Idesche ihr ihren Bulen gewiesen, welcher Schwartz gewesen, hette ihn nicht offt gesehen, hette auch keine vnzucht mit ihr getrieben, Ferner bekandte sie, das sie durch ihren Hansen, Heinrich Polchowen Pfert kranck vnd alß wan es doll gewesen, werden laßen, welchem sie aber hernach wider geholffen, vnd ihm den haw von den augen geschnitten, berichtete hiebei, das alß die Lazarusche sie mit sich hinaus gefodert, sie zu ihr gesagt vnd sie beredet, sie solte mit ihr ins gruene gehen, wie sie gefragt wohin, hette die Lazarusche gesagt, sie wolten wol wege finden, Ehe sie sich nun dafur gehuetet, were sie schon vffm berge gewesen da ihr die Idesche alß balt ihren Hans vertrawet, Ad 7. art[icul] Sagt nein das hette sie nicht gethan, Ad 8. Sagt ia, das sei war, vnd hette der Lazaruschen ihr grawe kleider angehabt, so Thies geheißen, der Ideschen ihr aber hette gruene kleider, deß [8] Sontags aber ein Roht wambs angehabt so bunte Thim geheißen, Interrogata ob sie ihren bulen, neben der Lazaruschen ihrem hingeschickt die Idesche vffm Thurm vmbzubringen?

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vertrawet: ‘anvertraut, anverlobt’ haw: wohl ‘Wahnsinn’ der Lazaruschen ihr: gemeint ist ‘der Buhle der Lazaruschen’

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Ad 9.

Ad 10. art[icul]

Ad 11. art[icul]

Ad 12. Ad 13.

Respond [et]: das hette der Ideschen eigner Teuffel gethan, Interr[ogata] woher sie solches wiße? Respond [et]: Ihr Teufel so do nocheins alhie vffs Rahthauß zu ihr gekommen hette es ihr gesagt, Sagt die Lazarusche hette Eßelbradt vnd kese von der wißmar gebracht, vnd hette der Lazaruschen ihr Teufel der Ideschen ihrem einen weggen gegeben zuuor aber die Timpen dauon gebrochen, Sagt der Ideschen ihr hette gruene kleider, vnd Annen Berchmans ihr grawe kleider angehabt, Sagt nein, Er hette nicht mit ihr aus der Schußel geßen, sondern einen weggen von Lazaruschen ihrem bekommen, der Ideschen ihr bule seh so auß wie eine Affe, hette ziegenpoten so, rauch gewesen, gehabt, Sagt ia es ginge solches auf Teuffelsch zu, sie die frawen aber hetten wie menschen getantzet, Sagt das hette der Ideschen ihr eigner gethan, wie ihr Hans ihr berichtet, der hette auch dabei gedacht, das der Ideschen ihr, ihr schon zugesagt, ehe sie in den Thurm gekommen, das sie nicht vber zwei tage darin sitzen, sondern balt ins warme gebracht werden solte, vnd hette ihr Hans zu ihr gesagt, das die Idesche vff sie gelogen hette alß wan sie dieselbe hette wollen vmbbringen laßen.

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Ad 14. Ad 15. Ad 16. die 17. 18 19 20

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[9] Sagt dauon hette sie zuuor ia berichtet Sagt die andern beiden hetten sie verleitet Sagt ihr were leide furs vnthier gewesen, darumb sie gerne einen Man mithaben wollen vnd 21. articul, sein weil gefangne in guete bekandt, vom Gerichte vorbeigang[en], Den 8. Martii berichtete Dorothea dunckers, daß die Lazarusche der Kuchmeisterschen Berndt Gerlichs witwen einen ochsen vmbbringen vnd ver-

do nocheins: ‘da noch einmal’ Eßelbradt: ‘Eselbraten’ weggen: ‘Wecken, Weizenbrot in Keilform’ Timpen: ‘Zipfel, Spitze, Zacke’ ziegenpoten: ‘Ziegenhufe’ rauch: ‘rau, kratzig’ ihr were leide furs vnthier gewesen: ‘sie hätte sich wegen der wilden Tiere Sorgen gemacht’ vorbeigang[en]: ‘übergangen’ verquinen: ‘krank sein, schwach sein’

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quinen laßen, darumb das sie ihre Tochter abgeschaffet, vnd eine großere Magt gemietet, welches ihr bule Hans ihr berichtet Bekante auch, das sie einsmals alhie beim Sehe eine Ganß entwendet, welches sie nicht verschweigen wolte, weil sie gehöret, daß es eine große Sünde were, wer feder Vihe entwendete, Eodem die, mittags vmb 12. vhr in beisein des h[errn] Stadtvoigts Christian Schmillen Marcus Hagemeisters, Marcus Stahlbergs, Hans Turmans, Heinrich Polchowen vnd Caspar Helfferts, Ist die gefangne dorothea dunckers mit der Lazaruschen oder Annen Berchmans, vffm Rahthause confrontirt, vnd der Annen Berchmans dorotheen dunckers von ihr gethane bekantnuß, in vnterschiedlichen puncten, vorgelesen, welches dorothea dunckers ihr auch alles vorgesagt, vnd nochmals beiahet, Die Lazarusche aber sagte darauff: O Jesus dortie, wofern ihr mir das vbersaget, so mußet ihr in der helle im feure braten Dorothea dunckers blieb bei ihren worten vnd [10] sagte sie wolte Gott eine reine Seele vberantworten, vnd die warheit sagen, Sagte zu Annen Berchmans sie solte es nur bekennen, dan sie hette sich anfangs auch etwas entschuldigt, es hette aber nicht helffen wollen, hierauff ist eine Jede wider an ihren ort gebracht worden, Den 9. Martii bekante diese dorothea dunckers, das sie fur zweyen iharen, den Freybecker Peter Warneken gebeten, das er ihr Rogken von Wißmar mitbringen wolte, welches derselbe nicht thun können, weil nun derselbe sie in verdacht gehalten, alß wan sie ihm sein erste Pfert hette vmbbringen laßen daran sie vnschuldig gewesen Alß hette sie ihm durch ihren bulen das ander schwartze Pfert vmbbringen laßen, es hette aber bereits nicht viel getaugt,

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abgeschaffet: ‘entlassen’ gemietet: ‘verdingt, angestellt’ dortie: Koseform von Dorothea mir das vbersaget: ‘das über mich sagt’ entschuldigt: ‘sich von Schuld freigesprochen’ Freybecker: Bäcker, der nicht in der Zunft steht Alß: ‘also’

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153 Bekante ferner, das sie B[urgermeister] Frantz woldenbergen eine blawschwartze Kuhe vmbbringen laßen, aus vrsachen, das er ihr viel schmahe im heiligen Geiste angethan, vnd sie offt ausgehönet, Hienegst berichtete gefangne, das Engel Zarnekown Jochim Bergers fraw fur drey Jahren im Fastnacht im heiligen Geiste alhie beim feur geseßen, do were derselben eine große quade Pogge vnterm Rocke herauß gelauffen, welche sie gefangne mit einer Schüssel aus der Thuer geworffen wie sie nun balt darauf gedacht, wan man eine quade pogge hoher alß ein mensch ist, wirft pflegte sie zu todte zufallen, vnd nach der Stete gesehen, were nichts mehr da gewesen, Wie sie nun folgends, neben der Bergerschen allein im heiligen Geiste gewesen, hette sie gehöret vnd gesehen, das die Bergersche geseßen vnd kohl gegeßen, vnd ein Schwartz grimblich dingk bei sich sitzen gehabt, vnd geredet, alß wan ein ander ding+ Mensch bei ihr gewesen, [11] diese vergangne nacht, were ihr bule wider bei ihr gewesen, vnd gesagt, das die Bergersche Caspar Helfferten arm machen wollen, das er nicht vorwerts kommen, sondern eine werltliche schande beleben sollen, Bekante auch, das sie Margreta Hermannus, S[eligen] Heinrich Schutten witwen, eine kuhe vmbbringen laßen, darumb, das sie ihr wegen des Korns, so sie ihr im heiligen Geiste geben sollen, vnnutze wort gegeben, vnd sie vbel ausgemacht, Es hette aber die Schuttesche fur solche kuhe den Reutern nur 16 [Schilling] gegeben, diese Fraw ist im lande Luenenburgk Eod[em] die Ist die Bergersche gegen dorothea dunckers vffs Rahthauß gebracht, vnd sie beide gegeneinander gestellet worden, Dorothea dunckers sagte ihr, was sie von der quaden poggen [INT] ªgesagtº, wie auch was sie sonst von ihr gesehen vnd gehöret, ins gesichte

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schmahe: ‘Schmach, Schmähungen’ quade: ‘böse, schlecht’ Pogge: ‘Frosch, Kröte’ grimblich: ‘scheußlich, grässlich’ beleben: ‘erleben’ vbel ausgemacht: ‘schlimm fertig gemacht’

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die Bergersche leugknete solches einstendigk, sagte sie hette keinen Teufel, Zum andern sagte dorothea dunckers, das ihr bule vergangne nacht zu ihr gesagt, die Bergersche hette Caspar Helffern arm machen wollen, hierauff antwortete die Bergersche, sie hette woll gebeten, das ihn Gott straffen muchte, dan er ihr gelt schuldig gewesen, vnd es nicht bezalen wollen, sonst nicht, Zum dritten, hette ihr bule gesagt, das die Bergersche N[ota] dieß schwein sol den wolff vff Johan Heßen Schwein gewiesen, der in der Mast vercken es zerrißen, vnd vmbgebracht, aus vrsachen, das gehabt, vnd also sie ihm gearbeitet, vnd er ihr nicht vollenkommen vom wolffe biß gelohnett, vff den kopff, weldie Bergersche leugknete solches, vnd sagte, das chen die herren noch es erlogen were, verzehrt vfgedorothea dunckers aber, blieb bei ihren worten. freßen sein, wie sich in der nach [12] frag befindet, Eod [ em] die hat dorothea dunckers noch guetlich bekandt, das sie ihren bulen, Valentin Ertmans frawen vffs leib gewiesen, aus vrsachen, das sie neben ihrem Manne vnd Sohne sie hart angeredet, das sie ihnen an ihren Schweinen schaden gethan, hette ihm aber nicht befolen in sie zufahren, welches er gleichwol gethan, iedoch hette sich die Ertmansche auch sehr geeifert gehabt, vnd were balt wider beßer geworden,

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geeifert: ‘ereifert, aufgeführt’

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Abb. 18: Landeshauptarchiv Schwerin, 2.12-2/3, Nr. 2039, S. 7

GÜSTROW 1615 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Güstrow 1615 Handschrift Stadtarchiv Güstrow L VI b 11r–14v; 1–5 (Archivzählungen) – Moeller (2002), Soltwedel (1997), Thomsen (1994), Wagner (1996)

Inhalt Die 84-jährige Trine Vielhueten, nach ihrem Ehemann die Polchowsche genannt, wird von mehreren Personen der Zauberei bezichtigt. Dabei geht es zum einen um die Praxis der Bötesprüche, mit denen Heilungen bewirkt werden sollen, zum anderen freilich um Schadenszauber, den die Angeklagte nach Querelen mit den Nachbarn ausgeübt haben soll. Wir haben einen Teil aus den Indicionales gewählt, auf die sie gütlich verhört wird, und im Anschluss daran ihre entsprechenden Antworten dokumentiert, die sich in einem anderen Aktenstück befinden. Interessanterweise übertreffen die einzelnen Fragepunkte die Antworten der Angeklagten an Ausführlichkeit und Genauigkeit erheblich. Sie lassen gründliche Voruntersuchungen (evtl. im Blick auf einen späteren Aktenversand) erahnen. In Z. 194 beginnt die Wiedergabe der in der Akte vorangesetzten Aussage von Trine Vielhueten.

Schrift und Sprache Sowohl das Interrogatorium als auch das Verhörprotokoll stammen aus der Feder des Notarius publicus Nicolaus Wichmann. Die Texte sind klar gegliedert und recht gut lesbar. Schwierigkeiten bereitet die Unterscheidung der Minuskeln ¢e² und ¢a², die als weitgehend identische Zeichen erscheinen. Der Sprachduktus ist hochdeutsch, allerdings finden sich niederdeutsche Interferenzen im Bereich der Lexik (wrake, wedage, worth etc.). Das Bemühen um eine reibelautvermeidende, hochdeutsche Schreibung wird bei der überprofilierten Bezeichnung des silbenund wortfinalen /g/ erkennbar (eigenartigk, gestendigk, geleugknet, wegk etc.). Die Verhochdeutschung niederdeutscher Formen zeigt sich auch in den nebeneinander stehenden Lexemen bohte und bueße.

Güstrow 1615

157 [11r] Indicionales 1 Wahr das eine alte fraw Trine Vielhueten Claus Polchowen witwe zu Glaseuitz in einem hofe, so Ihr eheman vor Jahren vnnd itzo von Paull Hoikendorffenn bewohnet wirdt, ihren aufenhalt habe, 2 Wahr das dieselbe eine geraume Zeitt wegen Zauberey, sowol auch Ihre beide tochtere, dauon die eine Claus Sandtmans hausfrawe, die andere noch eine Magtt ist vnnd Trine Polchowen heist, beruchtigt, vnd von menniglich im dorffe Glaseuitz vnnd andern negst vmbliggenden dorfern darfuer gehalten vnnd des halb gemiedet worden, 3 Wie dan wahr das die Trine Vielhueten, sonsten die alte Polchowsche genandt, mit boeten biß dahero offentlich vmbgangen, vnnd solches offentlich vorm Jahre vor einem erbaren Rahte gestendigk sein, auch die bueße, das sie folgender maßen laute, bekandt Peckes ein Peckes, Thodes ein Thodas bötte dieses Viehes wedage van leden tho leden, van steden to steden van huden tho huden alß Maria börede vp den Pleuß und botte dieses Vehes wedage, [11v] 4 Wahr dieweil die Zeit auch ein ander weib die Viehlhuetsche boterey halben eingezogen vnnd bekandt das sie mit diesen wortten todans todans darmede bote ick dienes Vehlens wedage van edern tho ederen van leden to lehden, van stenen to stehnen van heden tho har, van lungen to leuer

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Zum besseren Verständnis des Verhörs wird hier zunächst ein Ausschnitt aus dem Interrogatorium wiedergegeben, das in der Originalakte den Verhörprotokollen nachgestellt ist. Des großen Umfangs wegen werden nur die ersten 20 der insgesamt 54 Frageartikel abgedruckt. Indicionales: In einer moderneren Handschrift folgt der Zusatz contra Trina Vielhueten. gemiedet: ‘gemieden’ boeten: ‘Heilen durch Segensprüche’ bueße: ‘Heilungsspruch’ bötte: ‘heile’ wedage: ‘Schmerz, Elend, Krankheit’ leden: ‘Leid, Schmerzen’ börede: ‘hob, trug’

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Östliches Norddeutschland van harte tho harte, van blode tho blode so wisse vnnd so wahr schal disse bote sein als die leue Jungkfraw Maria borede vp ere krefftige handt, darmit botte sie des Vehlens wedage, In dem nahmen des Vaders vnnd des Sohns vnd des hillgen geistes Amen Viehe vnnd Leutten zuboeten pflege, vnd diese alte Polchowsche die Zeit befragt, ob sie auch dieße bueße wuste, das sie solches geleugknet, vnnd das sie keinen Menschen darmit gebott, Vnnd das dargegen die Vielhuetsche solches, alße auch das sie Ihr selbsten, da ihr das leib entzwei gewesen, darmit gebott ins gesichte gesagt, vnnd das sie es darnach gestendigk sein mußen, [12r] 5 Wahr das auch vor etlichen Jahren die Sandtmansche eine offentliche Zeuberin, Weise Engel genandt, so irgends vor 10 oder 11 Jahren zu Weittendorff Zauberey halben verbrandt, gantzer achte tage vnd lenger heimlich in ihrem hauße vnnd Cammer sitzende gehabt, vnnd dieselbe darnach wieder abgefertigt, dieselbe in der nacht geholet, vnnd in der nacht wieder wegk gefuhret, 6 Wahr das Anno 1613 im Augusto dem burgkman Ties Schley, wie der rogke in den hocken gestanden, Claus Sandtmans vnnd Paull Hoikendorfs Pferde bei die hocken kommen, das Korn in den garben abgefressen, vnnd die Hocke gantz zu nichte gemacht, vnnd das ermelter burgkman alße er die Pferde bei den hocken befunden dieselben gepfendet, 7 Wahr obwol ermelte Sandtman vnnd Paull Hoikendorf sich mit dem burgkman daruber Vertragen, vnnd soviel garben korns alße der beschedigten gewesen, wie-

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wisse: ‘gewiss’ leue: ‘liebe’ Viehe …: Hier wird der Satz aus Z. 31 fortgeführt. abgefertigt: ‘weggeschickt’ hocken: ‘im Feld aufgestellte und oben zusammengebundene Garben’

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159 [12v] der gebracht, vnnd die beschedigten wieder wegk genommen, auch der burgkman sich mit Ihnen in aller guete gescheiden, Das doch darauf erfolgt, ehe dan der Sandtman vnnd Hoikendorff beide von der feldtmarcke gekommen, dem burgkman ein schoner ochße kranck geworden, vnnd wie er denselben in betrachtung des er vmbkommen muchte, abgestochen, das darauf nicht alleine kurtz darnach ein ander ochße, Ihm kranck geworden,+ sondern alle seine schweine in der anzahl 22 wieder kranck geworden vnnd alßbalde sieben der schonesten vnnd besten schweine gestorben, die vbrigen kranck zu busche gelauffen, das er nicht verhofft das ein einig daruon saluirt wordenn mochte, 8 Wahr ob er wol vnter seinen schweinen irgendt achte schweine gehabt, so nicht Ihme sondern dem gewesen hoffmeister Gloueken zugestanden, [13r] standen, vnnd dieselbe nebenst des burgkmans schweinen allenthalben gangen vnnd zusammende gessen, das doch den selben nichts wiederfahren, sondern des burgkmans schweine sembtlich allein den anfall bekommen, 9 Wahr wie dies Vngluck dem burgkman also zugestanden, das deßen hausfraw sich zu dem Burgermeister verfuegt, Ihme das vngluck geclagt, vnnd dabei angezogen, dieweill Ihr das vngluck alsobaldt wiederfahren, da Sandtman Ihr erstattung der zu nichte gemachten garben gethan, vnd sein weib vnnd dessen Mutter also im geruchte wegen Zauberey weren, So konte sie dies vnglück kiemandt anders den Ihnen beimessen, vnnd demnach einstendigk

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einig: ‘einziges’ ob er wol: ‘obwohl er’ angezogen: ‘erwähnt, dargestellt’ kiemandt: Mischung aus niemand und der älteren Nebenform keimand.

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angehalten, das Ihnen muchte angemeldet werden mit den sachen einzu halten, oder das sonsten ein anders vorgenommen werden solte. 10 Wahr das zwahr der Burgermeister den einen [13v] reitenden diener Jurgen Knuten darauf nach Glaseuitz gesandt, dem Schultzen zubefehlende das derselbe Sandtmans weibe vnd mutter anmeldete, dan da sie sich schuldig wusten einhalten solten, vnnd zu andern sachen kein anlaß geben 11 Aber wahr das der Schultz sich deßen Verwiedert vnnd gesagt, er konte solches nicht thuen, dan wan er vorher Paur recht gehalten vnnd sie gepfendet, oder auch sunsten was harttes vermeldet, er allezeit etwas boses daruon empfunden 12 Wahr das der diener es darauf Ihnen selbst angesagt, vnnd das der Sandtman darauf gantz sehr versturtzt, vnnd seine farbe geendert, 13 Wahr das alsobalde das vnglucke mit den schweinen sich gewendet, vnd das die noch vbrigen, vnnd zuuor kranck gewesene schweine wieder zu rechte gekommen, vnnd es bei den vorig[en] sieben großen schweinen, so gestorben, verplieben

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[14r] 14 Wahr das die Zeit einer so bei Pawell Hoykendorf in der Erndte gedienet, in des Burgkmans haus kommen, vnnd offentlich ausgesagt, Ihr glaubet es nicht, Sie haben euch zwahr garben wiedergegeben, was sie euch fur wrake botten, 15 Wie dan wahr das die alte Polchowsche zu Pawel Hoikendorf vnd seiner Frawen gesagt, gebt euch nun zu frieden er soll keine sieden dabei spinnen,

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Verwiedert: ‘geweigert’ Paur recht: ‘Bauernrecht’ versturtzt: ‘bestürzt’ wrake: ‘untaugliche Dinge’ sieden: ‘Flachsseide’

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161 16 Wahr das Paull Hoikendorfs dienst knecht Claus Drewes gesagt, das vngluck gonne ich dem armen kerll nicht, wan er soviel wuste alße ich, solte er die garben ins weite feldt fuhren laßen, vnnd die keinem viehe geben, 17 Wahr das der burgkman die garben, wie er sie wieder bekommen in seine worth setzen laßen, vnnd das die schweine so das vngluck bekommen, daruon gegeßen, 18 Wahr weill die alte Polchowsche bei Paull Hoikendorff in einem hofe, welchen sie zuuor [14v] bewohnet, sich enthalten thuet, das sie sich offt mahln verlautten lassen, es were eines Polchowen Hoff gewesen, es solte noch ein Polchowen hoff wieder werden, 19 Wahr das der Paull Hoikendorf einmahl ein laken verlohren, vnnd da deßen fraw sich darüber im hauße beschweret, das sie darauf gesagt, beteiet ihr mich, das soll euch das beste Pferdt kosten, vnnd das alsobald sein bestes Pferdt kranck geworden, den gantzen winter geqwienet, vnnd in das Vor Jahr gestorben, 20 Wahr das darnach ein ander seiner besten Pferde, von dem hofe zu ins haus gehen wollen, vnnd von beiden hausthuren beklemmet, das es gantz daruon vertorben, in deme beide thuren zusammende gangen, vnnd dem Pferde den hals befaßet, das es zur erden gefallen, vnnd wie der Hoikendorf dazu gekommen, vnnd das Pferdt retten wollen, das beide thuren von sich selbst wieder vfgeflogen, alße wan sie der windt aufgeweihett,

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worth: ‘Hofstätte, Grundstück’ setzen: ‘bringen’ weill: ‘während’ sich enthalten: ‘sich aufhalten’ laken: ‘Wolltuch’ beteiet: ‘bezichtigt, beschuldigt’ geqwienet: ‘dahin gesiecht, gekränkelt’ aufgeweihett: ‘auseinander geweht’

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Anno 1615. 21. Aprilis Sein die beschuldigten Personen vorbescheiden vnnd seorsim vber die art[iculi] guetlich gehortt, vnnd haben darauf auß gesagtt, Die olde Polchowsche 84 Jahr alt Ad 1. Sagtt Ja wohne daselbst Ad 2. Das solte Ihr keiner guetthuen, Ad 3. Sagtt Ja aber hette seid deme nicht geboth noch keine bohte gelernet sond[er]n die olde Vielhoetsche hette wol dauon gesagtt, vnnd die hodeslude pfleg[en] es wol zu Thunde, vnnd hette die olde Vielhoetsche also Ihren Man erbott, Ihr vorgehalden, das sie Zu kußow dieselbe Ihre voriger bekendtnus nach gelernet, Vnnd hette solches hinwied[er]umb gestehen mußen, Ad 4. Dieselbe böte hette sie von einem hodesman gehort, Ad V. Sagtt Aniese Engel were vf Jenseit Weiten dorf gebrandtt, vnnd wuste nicht das sie Ihr tage nicht dieselbe gesehen, Ad VI. VII. Sagtt das sie sich vortrag[en], das were geschehen das Ihnen das Viehe vmbkommen vnnd wegk gelauffen hette sie ihr tage vor diesem nicht gehorett,

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[2] Ad VIII. Hette es nicht gehoret;

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seorsim: ‘voneinander getrennt’ bohte: ‘Segensformeln’ hodeslude: ‘Hüteleute’ gebrandtt: ‘verbrannt worden’ vnnd wuste nicht das sie Ihr tage nicht: Sinngemäß steht hier ein nicht zuviel.

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163 Ad IX. X. XI. XII. Wuste es nicht das d[er] knechtt da gewesen noch was vorgelauffen, Ad XIII. Sagtt hette es niemahlen gehortt, Ad XIV. Sagtt Hoikendorfs Ahrneman hodde die Schweine wiese seinen nahmen nichtt Ad XV. Sagtt Sie hette Zu Pawel Hoikendorf gesagt Pawel du spennest keine siede dabei Ich hebbe starcke hulffe vnnd große kinder geheb[t] vnnd hette nicht darvf zu rechte kommen konnen, vnnd hette er nur kleine kinder Ad XVI. Sagtt konte den knechtt nicht nennen, vnnd were Ihme d[er] Queller [?] auf das leib gewesen alße diesem Manne so sich gestehen, Ad XVII. Affir+ Nescit Ad XVIII. Affirmat, sed dicit ioco dixisse Ad XIX. Negat vnnd solte Hoikendorf dagegen Kommen, Pawel Hoikendorff accersitus ac [INT] ªadmonitusº interrogatus dicit das were rechtt vnnd wahr, vnnd were er nebenst seiner Frawen eigenartigk gewesen, were+ sie die articulirte worth geredet, Vnnd hette noch seine Frawe wied[er] gesagt hore gi auch wol was sie sagtt, es soll vnns das beste Pf[erdt] kosten,

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[3] Ad XX. Affirmat das sich das Pferdt geklemmet vnnd selbst den genick abgerißen, vnnd hette selbst das Pf[erdt] die thuer zu gerissen, […]

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vorgelauffen: ‘vorgefallen’ Ahrneman: ‘Erntehelfer’ du spennest keine siede dabei: ‘du hast keinen Vorteil davon’ sed dicit ioco dixisse: ‘aber sie sagt, sie habe es im Scherz gesagt’ accersitus: ‘herbeigerufen’

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Abb. 19: Stadtarchiv Güstrow, L VI b, S. 2

PERLEBERG 1588 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Perleberg 1588 Handschrift Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Pr. Br. Rep 4D Nr. 30 (Schöppenstuhl Brandenburg) 112r–114v (Archivzählung) – Bredthauer (1956), Stölzel (1901), Vogel (1901)

Inhalt Die der Zauberei verdächtige Catharina Peters, Witwe des Berndt Bohnen, wird im April 1588 im Rathaus zu Perleberg gütlich verhört. In einem 15 Punkte umfassenden Fragenkatalog werden ihr die Aussagen zweier früherer Angeklagter vorgehalten, die der Rauischen und ihrer eigenen, bereits als Hexe verurteilten Tochter, die sie mit eigenen Aussagen ergänzt. Unter anderem nennt sie zwei von ihr benutzte Zaubersprüche. Nach dem Verhör wird Catharina Peters der scharffen fragen (Tortur) überliefert. Aus dem weiteren Aktenzusammenhang geht hervor, dass der Rat der Stadt Perleberg den Schöffenstuhl zu Brandenburg um Rechtsbelehrung bittet.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist vom Stadtschreiber Arnold Crusemark in einer klaren, gut lesbaren Handschrift aufgezeichnet. Der Text ist in Absätze gegliedert, deren Initialen jeweils hervorgehoben sind. Es fällt auf, dass Crusemark die Minuskeln ¢s² und ¢e² insbesondere am Wortende häufig in lateinischer Antiqua schreibt. Der Text ist in hochdeutscher Sprache verfasst und weist nur in sehr geringem Maße niederdeutschen Einfluss auf. So finden sich insbesondere im lexikalischen Bereich noch einige Relikte wie z.B. poggen, kerbelspon, krewell, gi. Erwähnenswert sind weiterhin die häufig fehlende Umlautmarkierung (vorschutten, konnen etc.), die konsequente Verwendung des Präfixes vor- statt ver- sowie die „Überprofilierung“ des plosivischen Auslauts (bortigk, guttwilligk).

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166 [112r] Inditionalarticul, darauff die Berndt bonesche soll gefragt werden.

1. Anfenglichen war, das vor .7. Jharen vngefehr, wie die funff weiber alhier gerechtfertigt, die alte Rauische beharlich bekandt, das die Berndt bonesche, wen man die gefenglich enziehen wurde, woll viel dinges mehr, alse sie, bekennen soltte. 2. It[em] war, das dieselbige Rauische bekandt, Nach dem ein topfferknecht heinrich hefenstreitt von Pein [?] vngefehr vor 8. Jharen, als ehr bei Stentze Schwan gedienet, vnd ihr eine ganß geworffen, das sie geblutet, were sie zu ihme in Stentze schwans be heusung gelauffen, hette sich mit ihme gescholten, vnd gefluchet vnd hernacher benebenst der bemelten Bonischen einen gifft von schlangen, vnd poggen zu gerichtet, vnd im gast hause alhie in aller teufel nahmen gekocht, vnd die Bonische hette den gifft dem topfferknechte vor Christoffer munten thur in deßelben nahmen goßen, das ehr blindt worden. 3. It[em] war das die Rauische ferner bekandt, das die Bonische den teuffel zwingen konte, das ehr zu ihr kommen muste, welchs sie gesehen, vnd hette gehörtt, das sie den teuffel hans ganß genandt. 4. It[em] war, vnd hatt die Rauische zu der zeitt bekandt, das sie nebenst der Bonischen dem topffer knecht den schaden an seinem gesichte zu gefugt. 5. It[em] war das der Rath, vnd die gerichte alhie ihr darauff nachgetrachtet, vnd sie wollen greiffen laßen. 6. It[em] war das die Berndt Bonesche zurselbigen zeitt fluchtigk worden, vnd sich seithero im lande zu Mechelburg vnd andern örtern auff gehalten.

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war: ‘wahr’ das vor .7. Jharen …: Hier wird auf frühere Hexenverbrennungen Bezug genommen. gerechtfertigt: ‘angeklagt, vor Gericht gestellt’ enziehen: wohl ‘einziehen’ bemelten: ‘genannten, erwähnten’ poggen: ‘Fröschen’ gesichte: ‘Sehvermögen’

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167 [112v] 7. It[em] war, das zu der zeitt die Berndt bonesche nicht von der feldtmarcke alhier kom men konnen, besondern ihr tochterman hans meier hatt sie vber die landtwehr vff seine achßeln tragen mußen. 8. It[em] wahr ªvndt hatt Catharina meiers bekandtº, das [INT] ªihre mutterº die Berndt bonesche vor acht Jh[a] ren vngefehr in Brandanius kolern zu Mutte rich behausung Ihrer+ [INT] ªderº tochter Catharinen die zauberkunst geleret. 9. It[em] war, das die Berndt bonische zum anfang solcher zauberkunst Ihrer tochter Catharinen den teuffel, so sie Achimke kobbolt nennet, in ei nem eichen kerbelspon, mit etzlichen wortten, wel che sie binnen mundes gesprochen, vnd sie ihre tochter nicht eben hören konnen, auch vorgeßen, eingegeben, Sie auch denselbigen eingenommen vnd lautt ihrer beharlichen bekantnuß viel boses da mit ausgerichtet. 10. It[em] war, das die Berndt bönische eine zugerichte vorgifft ihrer tochter Catharinen durch die alte Ribesche von großem berge zu brin gen laßen, denselben Joachim kunowen seli gen widttwen vorzuschutten. 11. It[em] war, das sollicher gifft in einem papireche[n] heusechen vorwartt, auch schne weiß, vnd amedunck gleich gewesen. 12. It[em] war, das die Berndt bonische aus nachfol genden vrsachen der Jochim kunowischen den gif[ft] vorschutten laßen, weil sie der Bonischen vor ettlichen Jharen, wie ihr man der Schweine al hie zu Perleberg gehutet, zu gemeßen, das sie der kunewischen die ferchen, so auffm felde kranck worden, voruntrawet, vnd die selbig[en] nicht alle zu hauß gebracht haben soll. 13. It[em] war, das Catharina Bohnen aus geheiß

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feldtmarcke: ‘Feldflur, das zu einem Dorf gehörige Feld, auch die Grenze des Felds’ besondern: ‘sondern’ tochterman: ‘Schwiegersohn’ landtwehr: ‘Befestigung, Umfriedung eines Gebietes bzw. das umfriedete Gebiet selbst’ kerbelspon: ‘geschnitztes hölzernes Gefäß’ binnen mundes: ‘im Mund, mit geschlossenem Mund’ vorgifft: ‘Gift’ Aufgrund der knappen Heftung sind manche Wortenden auf den verso-Seiten nicht lesbar und wurden sinngemäß ergänzt. ferchen: ‘Ferkel’ voruntrawet: ‘veruntreut’

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[113r] ihrer mutter, wie sie bekandt, dieses iungst vor schienen freitags nach petri et pauli also inß werck gerichtet, vnd geregten gifft der Jochim konowischen in des teuffels nahmen vorgeschuttet, das sie daruber gehen mußen. 14. It[em] war, das Jochim konowen seligen widtwe darauff Innerhalb den negst folgenden acht tagen kranck worden, vnd ahn henden vnd fußen vorlahmet, also das noch zur zeitt keine beßerung an denselbigen zu spuren, besondern ihre kinder vnd freunde großen Jammer, vnd hertzeleidt ahn ihr sehen. 15. It[em] war, das Catharina bohnen auff dieses ihr bekantnuß, so sie von ihrer mutter, wie obberurtt, gethan, beharlichen geblieben, vnd darauff gestorben.

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An t wo r d t d e r B e r n d t B o n e s c h e n auff vorgeschriebene Inditionales. C a t h a r i n a peters von latzlech bortigk Berndt bohnen nachgelaßen widtwe Ist mittwochs nach Iudica dieses 88. Jhars in beisein des Richters vnd ettlicher Schöppen zu perleberg auff dem Ratthause in gute befragt worden, vnd hatt auff die Inditionall articul ausgesagt vnd bekandt, wie folget. Vff den .1. Artic[ul] Sagt sie habe Anna Ringelhodes die Rauische wol gekandt, vnd sei offtmals in Achim schecken hause, vnd im gasthause alhie bei Ir gewesen, hetten mitt ein ander geredet, aber nichts boses gethan, vnd so die Rauische ettwas vber sie bekandt, hette sie das aus neidt vnd haß gethan. Vff den .2. Sagt sie also, das sie darbei gewesen, vnd

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vorschienen: ‘vergangenen’ geregten: ‘angezeigten’ wie obberurt: ‘wie oben erwähnt’ vnd darauff gestorben: Gemeint ist hier, dass sie auf ihr Geständnis – wie es immer wieder formelhaft heißt – „leben und sterben“ will. bortigk: ‘gebürtig’ nachgelaßen: ‘hinterlassene, hinterbliebene’ Iudica: der fünfte Fastensonntag

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169 [113v] vnd mitt angesehen, das die Rauische nebenst ihrer tochter der Ridewegische, It[em] die lange paschenske, vnd frickesche einen gifft von schlan gen vnd poggen in aller teufel nahmen in dem gasthause alhier zu gerichtet, welche schlangen vnd poggen der lange paschen ein bettler geholet, darnach hette dieser gefangen[en] die Rauische von solchem gifft ettwas in einem gleßlein gethan, das sie es auffm abendt fur Christoffer munten des topffers thure gießen soltte, welchs sie auch also gethan. Ob aber der potterknecht blindt da von worden wiße sie nicht. Vff den .3. Artic[ul] Sagt das were nicht offt geschehen, das sie den teuffel gezwungen, es konte auch woll sein, das sie ihne hans ganß geheißen, aber ihr were es vorgeßen. Vff den .4. Artic[ul] Sagt wie bei dem .2. artic[ul] Vff den .5. Sagt war, vnd were deßen von ihrer tochter Catharinen, vnd andern leuten vorwarnet. Vff den .6. Sagt war. Vff den .7. Sagt sie sei hinaus gangen, vnd nicht vber die landtwehren getragen, vnd die erste nach[t] zu Nöbelin bei Claus roggen gelegen. Vff den .8. vnd 9. Artic[ul] Negat. allein andere leutte, vnd sonderlich zu zegendorff hatten ihr berichtet, das ihr tochter Catharina außgesagt, vnd be kandt, das diese gefangene ihr die zeube[r] [114r] kunst geleret, vnd were darbei vorharret, vnd darauff vorbrandt worden. Vff den .10. Artic[ul] Sagt sie habe das nicht gethan, vnd kennet die person nicht, vielweiniger vorgifft ihr zugesandt Vff den .11. .12. Negat.

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ihr were es vorgeßen: ‘sie habe es vergessen’ vorwarnet: ‘vorgewarnt’

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170 Vff den .13. Artic[ul] Sagt, so ihre tochter das gethan, hette sie vnrecht darahn gethan. Vff den .14. Artic[ul] Sagt, es were ihr hertzlich leidt das der Jochim konowischen solchs widerfahren.

Ferner hatt die gefangene Berndt bonische außerhalb der Articul zu derselbigen zeitt vnbefragt, vnd guttwilligk ohne tortur bekandt. It[em] das sie mitt böten vnd segen sich behelffen konte, vnd hette damit mannich menschen vnd viehe geholffen. It[em] das sie die vndererdischen, vnd Erdtleute konte vortreiben, vnd darzu folgende wortt gebrauchete: höret her gi vndererdisch[en] höret her gi auerersch[en], höret her gi grawen, gy grunen, schwarten, witten, bunten, wie gi sin, ob die weren geist, oder geistin, dwerg, oder dwergin, die sollen an den menschen, oder viehe sein blutt nicht beginnen, oder sein fleisch nicht zu brechen, vorbeutt euch der herr Jesus, gott vater, son vnd die werde heilige geiste. It[em] bekandt, das sie Jurgen tiden zu dargentin zu gesagt, das sie ihme sein gestolen leinwandt wider schapfen woltte, so ihr ditterich grunde-

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[114v] gestolen, vnd darzu hette sie diese wortt gebraucht, dieb du soltt brengen das gerette, so du gestolen hast zur stette, gleich wie Jesu[s] Christus vom kreutz kam zum leben, Im na men des vaters, des sons, vnd des werden heiligen geists. It[em] bekandt das sie vngefehr vor .9. Jharen Caspar thurmans frawen alhier, do sie ahn ihren henden vnd fußen vorlahmet, das ihr die nicht 173 177 179 180 181 184 186 193

böten: ‘Heilen durch Segenssprüche’ vortreiben: ‘vertreiben’ gi: ‘ihr’ auerersch[en]: ‘Oberirdischen’ witten: ‘weißen’ dwerg: ‘Zwerg’ vorbeutt: ‘verbiete’ werde: ‘werte, hochgeschätzte, verehrte’ gerette: ‘Gerät, Dinge’

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171 anders alß krewell gestanden, gebadet mit kreuttern, vnd .9. steinen von .3. feldtmarck[en] vnd neunlerlei Eiserwerck, samb etzlichen wortten darzu gebraucht. It[em] bekandt, das sie auff die wege vnd weise auch der Jochim konowischen, widerumb zu ihre gesundtheit, do sie zu freien fußen kommen mochte, woll helffen konte, vnd woltte. It[em] bekandt, das sie die butterei vor .3. Jha ren von peter Sophien zu verbitz geleret, vnd von der zeitt hero gebrauchet. Auff diß ihr eigen guttlich vnd frei willigs, so woll ihrer tochter vnd der Rauischen beharlichs bekentnuß, auch das sie vor fluchtigk worden, vnd [INT] ªausº andern erheblichen vnd genugsam vordacht, anzeigung vnd beweiß, ist berurtt[e] Cathrina peters der scharffen fragen ein mall vnderworffen, Jedoch die geburliche maße in derselbigen nicht vberschritten.

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krewell: ‘krumm’ (wie ein Kreuel, eine Gabel mit hakenförmigen Spitzen) butterei: ‘Heilen durch Segenssprüche’ berurtt[e]: ‘gedachte, erwähnte’

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Östliches Norddeutschland

Abb. 20: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep 4D Nr. 30, fol. 113r

STRALSUND 1630 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Stralsund 1630 Handschrift Stadtarchiv Stralsund Rep. 3 Nr. 6364 1–8 (eigene Zählung) – –

Inhalt In einer städtisch geführten Voruntersuchung ohne Tortur bemüht sich Trine Fehrmans, die über sie verbreiteten Gerüchte zu entkräften, indem sie sich als lebens- und heilkundige Frau darstellt. Das Protokoll enthält interessante Details zur Behandlung von Krankheiten, insbesondere zum Einsatz von Heilpflanzen. In Fragen und Antworten der prozessbeteiligten Personen wird das ungeklärte Verhältnis zwischen weißer und schwarzer Magie deutlich (vgl. etwa den Bötespruch Z. 154 ff.).

Schrift und Sprache Auffällig sind die vielen Streichungen, Ergänzungen etc., die für eine überarbeitete Mitschrift sprechen. Die Handschrift ist z.T. flüchtig. Außer dem Gebrauch konventioneller Kürzel lässt sich ein recht laxer Umgang mit der Trennschärfe von Zeichen vermerken. Für die Transkription ergeben sich daraus Zuordnungsschwierigkeiten (Worttrennung, fehlendes ¢c², ¢n² bzw. ¢en² u.a.). Da der Schreiber häufig das finite Hilfsverb oder auch das Subjekt eines Satzes ausspart, wird bisweilen das Verständnis des Textes erschwert. Niederdeutsches Substrat erscheint nur in wenigen Fällen, z.T. in hochdeutsche Form gebracht ( peserich u.a.).

Östliches Norddeutschland

174 [1] Inquisitionalia Trine Vëhrmanns Veneficii

Martis 22 Junii Anno 1630 Wulff Fieber, Sarsantt, clagt Trine Vehrmanß Carsten Röehken Wittib mit vnfuge wieder warheits grundt wider ihn außgesprengt, alß solte er Everd Jonaß[en] hausfraw giftt beigebracht vnd dieselbe damit zu todten im will[en] gehabt haben. Weil er sich aber solcher bösen thatt vnschuldig wüßte vnd von dieser Frawen in der leute Maull gebracht; Alß wolte er solches D[omi]no Judici zuuerstehn vnnd sie deßwegen zustraffen gepeten haben; hierauf D[omi]ni Judices mit Trinen vehrmanß seorsim gerehdet; welche auch alß fort zugestand[en], das wol gesaget hette, daß der krancken Fraw[en] ein gueß gegoßen, wers aber gethan konte sie nit wißen Sonsten hette einen Newen topff in der heiligen dreyfaltigkeitt nahmen beim fewr stehnde gehabt, darin sie 9. Nege nateln vnd 9. Nägl, wie auch der krancken fraw[en] vrin gethan gehabt; Gefragt, wofur d[as] gutt wehre, Illa wehre eine kunst dafur, wan einem schelmmerey gethan, d[as] derselbe, so es gethan alß dan kommen, vnd der krancken [2] Frawen d[as]selbe wiederumb benemmen mußte wie sie dan auch darumb den topff beim fewr stehnde gehabt, weil die Frawe ser kranck geleg[en] vnd weder risten noch rawen konte, d[as] derselbe kommen möc[hte]+

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Veneficii: ‘der Zauberei, Giftmischerei’ Sarsantt: ‘Sergeant, Gerichtsdiener’ Carsten Röehken Wittib …: Zu ergänzen ist habe: Carsten Röehken Wittib [habe] … außgesprengt: ‘verbreitet’ seorsim: ‘voneinander getrennt’ ein gueß gegoßen: ‘ein Trank eingefüllt [worden sei]’ Nege nateln: ‘Nähnadeln’ schelmmerey: ‘verbrecherische Tat, Bosheit’ weder risten noch rawen: ‘weder rasten noch ruhen’

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175 vnd ihr solche kranckheitt wiederumb benem[en] mochte; Sonst[en] hette sie ihr auch vom roten Rinde den peserich, so pulverisiret, in wein eingegeb[en]; Gefragt, ob sie auch in die Cristall sehn konte, Illa, hette sie in 8. woch[en] nit gehabt dan vor diesem hette sie damit wol zeig[en] konnen, wan einem was gestol[en] Word[en], Nunmehr sie+ hette sie die Cristalle von der Maur in den Franck[en-] teiche geworffen, vnd solches wehre 14. tage nach Ostern geschehen, hette sie von einem Soldaten empfangen, welcher schon verstorb[en]; Gefragt, ob sie auch weme mehr damit geholff[en]. Illa Nein; discessit; Evert Jonas gestehet, daß er ihr 9. Neynateln 9. Negel vnnd 1. New[en] topff kaufen vnd+ vnd zustellen muß[en], Gefragt+ Jonaß[en] Fraw gefragt, wer sie ihr zugeweiset, Illa, kußowsche eine krügersche [3] vorm kniepes thor, hette sie zu ihr geweiset vnd gesaget, das sie guten ratth wüßte Gefragt, wenner sie kranck word[en] R[espondit] Montags im Fastelaventt vnnd 7. wochen gelegen, vnd an allen gliedtmaß[en] beschwer [INT] ªempºfunden, Möllersche eine Fraw bej Jonaß[en] hette gesehen, daß sie mit einem beßen+ besem vber vorbemelte krancke Fraw etzliche phantasej getrieb[en] wußte nit anders, alß sie durch solche Cur gesundt, word[en]+ vnd ihr Man daruff wieder schwach word[en]. Gefragt, ob sie den Sarsant[en] auch

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peserich: ‘Penis’ Cristall: ‘Wahrsagekugel’ discessit: ‘sie ist fortgegangen’ wenner: ‘wann’ Fastelaventt: ‘Fastnachtsdienstag’ schwach: ‘krank’

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176 hierein beschuldiget vnnd in vordacht hielte. Illa Nein wußte von ihme nit anders dan alles gut[en] zu sag[en]; Die Mollersche Liesebett Engelers gestehet d[as] die Jonasche ser kranck im Fastelaventt word[en], wie sie aus der kirche kommen vnd sich mit ihrem itzigen Manne vertraw[en] laßen; wehre drey tage stum gewesen, hette auch nichts genoßen, berichtet weiter daß die vehrmansche gesagt, sie hette einen stummen geist welchen sie wolte vertreib[en], hette auch vber sie mit einen beßem gefeget,

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[4] vnd viele phantasie gehabt. Saturni 26. Junii In der Fronerey D[omi]ni Judices ihr vorgehalt[en], d[as] Matthias Schreibern etwas gestolen word[en], deßfals sie wißenschafft hab[en] solte; wurde deroweg[en] davon was ihr davon bewust bericht thun; Illa wußte davon gantz nichts besonder hette nur gesagt weil Em+ gemeldet word[en], d[as] Emerentz Beckmanß solche gestol[en] sach[en] gehabt hette d[as] [INT] ªwoº Ememerentz Beckmans solch sach[en] hette würde sie dieselb[en] woll verkaufft haben; wußte von den sach[en] mehr nit zusag[en], Sonst hette sie vielen leut[en] zu dem ihrig[en] geholfen, vnd hette sie von ander+ einer fraw[en] gehort, daß Emer[entz] Beckmansche eine grawe Mantel 1 rotte Jope vnd schnurleib gehabt hette, wie N. wilde in der Francken straß[en] etliche silber kleider vnd dergleich[en] sach[en] verlohren, wehren theilß solche sach[en] ihr ªzuuerkauff[en]º gebracht worden, welche hernacher ihrem recht[en] herrn wieder zukommen; ªvnd hett[en]º Soldat[en] hett[en]+ ihr bißweil[en] solche sach[en] ge-

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Fronerey: ‘Gericht, Gefängnis’ schnurleib: ‘miederähnliches Kleidungsstück’

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177 bracht, die sie hernacher wiederumb …+ dem recht[en] herren offenbart vnd alß+ [INT] ªdenselb[en]º zu hand[en]gebracht+ komen [5] Gefragt, von wehme sie vorberurte kunste vnd sonderlich die pfantasej mit dem topffe gelernet; Illa die dummesche hette es ihr gele+ geleret, vnd wuste Sonst[en]+ Sonst[en] wußte sie auch noch ratth zum viehe wan dem buberej wiederfaren; Gefragt, ob sie auch mehr kunste wußte, Illa Nein; Wan man Weg[en]+ [INT] ªwegenº der Cristalle repetivit priora vnd dienete dieselbe dazu, d[as] man denselb[en], welcher etwa einem Schelmerej angethan, darin seh[en] konte; Gefragt, ob sie auch wozu mehr dienete, Illa zu keinem dinge anders, dan schon gesaget; D[omi]ni Judices wurde den wegk nit [?] ªsolteº mußte+ nur in gute bekennen, od[er] wurde an einen anderen ortt, daselbst sie wol bekenen solte, gebracht werd[en]; Illa sie möcht[en] mach[en] wie sie wolt[en], sie wußte nits mehr zu bekennen: Wie sie mit dem [INT] ªvemelt[en]º beßen vber die Frawe ªso den schlag gehabtº gefeget vnd vber d[as] gantze leib gestrich[en] ªhetteº sie diese wortt gesagett; Ich beschwere …+ dich bej dem A vnd O. bej dem lebendig[en] Gotte, bej seinen theur[en] [INT] ªlieben [?] fleisch vndº blutte, bej sein+ Gades [?] seinen heilig[en] funff wund[en], diese schlag soll weich[en] dieser Stunden von dieser Fraw[en] Im Namen des vaters des Sohnß vnd des h[eiligen] Geistes vnd solches hette sie gelernet von der alt[en] dummesch[en].

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pfantasej: ‘Gaukelwerk’ buberej: ‘Bosheit, verbrecherische Tat’ od[er] wurde … gebracht werd[en]: Hier drohen die Richter offen mit Folter.

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[6] hernach auch bekantt, d[as] in der Cristalle ein [INT] ªkleinº schwartz bildich[en] gestand[en] vnd hette sie 3 od[er] 4 mahl vngefehr gebrauchet, wehre ihr dieselbe von einen Soldat[en], welcher ein geborner Schwede gewesen, verehrt word[en]; Gefragt, ob auch d[as] bildich[en] etwas oferiren vnd nachrichtung wovon geb[en] konte, Illa d[as] wehre zu hoch vnd teufels [INT] ªbeº trukg dafur ihr Gott behut[en] solte; Sie hette es zu keinem dinge anders gebrauchet alß daß sies nun leut[en] gezeiget hette; die Leute, so es gebraucht[en], kont[en] waß+ darin setz[en]t[en] [!], waß sie wolt[en], Sie hette es aber nit gethann; Sonst[en] gedencke sie d[as] [INT] ªweilº die heren itzo sie so starck frag[en], die h[erren] ihr daß Leb[en] darumb nemen werd[en]. Gefragt, ob sie nit gesagt die Jonasche hette einen stummen Geist bei sich gehabt welch[en] sie zuuertreib[en] wußte; Illa, d[as] hette sie nit gesagt, besonder[en] eine Fraw Engel Rustes hette es zu ihr gesagt d+ wie die Jonasche danieder geleg[en] vnd sich nit mehr gerürhet+ röget; Sie hoffte diese klackerey wurde doch so viel zu wege bring[en], d[as] sie sterb[en] mußte. Entlich vf viel frag[en] bekantt, d[as] sie [INT] ªdieº Christalle zu dem ende gebrauchet d[as] wan [INT] ªeinerº etwas gestolen [INT] ªhette, sieº denselb[en] so es genomen+ darin iemande seh[en] laß[en] konte ob nun der selbe gekentt+ von denen, so es genommen word[en], gekennet werd[en] kente+ [INT] ªmochteº, d[as] [7] konte sie eigentlich nit sag[en]; Sonst[en] berichtet sie, d[as] eine zimer frawe gewesen, welcher sie iemalß gezeiget, sie hernacher immer fur eine Christall[en] kikers gescholt[en] vnd darumb hette sie dieselbe weggeworffen; 172 187 191 204

oferiren: ‘anbieten, zeigen’ besonder[en]: ‘sondern’ klackerey: ‘böse Nachrede’ Christall[en] kikers: ‘Wahrsagerin’

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179 Der alte Blomenstein, wußte wol etwas, den derselbe ein gantz iahr sie zu bette gehalt[en] vnd wehre sie durch daß bad[en] wiederumb zu rechte gekommen; wie ihr vorgehalt[en], [INT] ªvnd gefragtº d[as] Blomenstein darmal eins ein krautt gehabt welches die katze gerne gelitten vnd sich daran gestrich[en], ob sie das krautt auch kennete, Illa, mochte katzen muntze sein, dan d[as] selbe möht[en] die katzen gerne seh[en] vnd leid[en]; Berichtet sonst[en], d[as] eine Frawe mit nahme[n] Watthowersche solche kunst mit der Cristall[en] gewußt habe, welche ªeines mensch[en] gestalttº darin bringen konte, wie sie wolte, wie sie dan selbst ein mal ein Frawe mit der weiß[en] Mütze darin geseh[en] hette, vnd solches wehre zu Bartt geschen; Gefragt, ob sie auch ratth wußte, guten windt zu mach[en], Illa d[as] wu+ Nein, besonder wehre ihr furm Buden thor berichtet word[en], d[as] Cappaun ein Schuster vom Berg[en] den windt vfgehalt[en] hette welcher sich aber reddlich verantwort tet hette+ vnd hette selbiger Cappaun einen Brueder alhir, so ein Soldat wehre, [8] Sie hette auch S[eliger] Neykrantzesch[en], wie sie noch ihres S[eligen] Mannes todte in die knoch[en] gehabt geholff[en], vnd hette dazu gebrauchet grün fleder waßer+ [INT] ªbletter+º vnd violen bletter vnd Lubbestock vnd wehre solches fur d[as] reisen gutt, Imgleich[en] wehre auch d[as] Blockenfett ser gutt dafur, wan daßelbe rundt vmb geschmieret wurde, Gefragt wie sie mit den Doctoren so bekantt word[en], Illa wehre mit S[eligem] Doctor + da hero bekantt word[en], daß sie ihme etzliche kreuter zubringen pflegte;

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katzen muntze: ‘Katzenminze’ fleder: ‘Flieder’ violen bletter: ‘Veilchenblätter’ Lubbestock: ‘Liebstöckel’ reisen: ‘Reißen’ Blockenfett: ‘Fettstück’

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So wehre auch ein krautt d[as] heißte Löye d[as] wehre sehr gutt + ªwuchse auß dem pollen vnd nit aus dem Zweige hette mennichmal geholff[en] º einem Jungen weibe, Die rechtte habe+ [INT] ªroteº heide wehre ser gutt fur den bösen anfall wan davon die blumen genommen Vnd in bier so des+ ªdieº nachts+ vber gestand[en], gesott[en] vnd darnach wan es fein dick geword[en], denselb[en] so den anfall hette, eingegeb[en] wurde; Martis 6 Julii a[nn]o 630 Decretum Das die incarcerirte Trine Fehrmans vber vorig[e] ihre außage vnd Anderen vmbstanden derselben vnd ob ferner etwas bei ihr zu erkundig[en] vermittels der tortur examiniret vnd befraget werd[en] solle Iussu senat[us]

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Löye: ‘Gamanderkraut’ pollen: ‘Baumwipfel, Astspitze’ rote heide: ‘Heidekraut’

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Abb. 21: Stadtarchiv Stralsund, Rep. 3 Nr. 6364, S. 4

III. Westliches Mitteldeutschland

BLANKENHEIM 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Blankenheim 1629 Handschrift Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 29A, Nr. 491 2r–5v (Archivzählung) – Breiden (1956), Breiden (1954), Kettel (1997), Neu (1952)

Inhalt Das Protokoll dokumentiert einen der vielen, sozusagen im Schnellverfahren durchgeführten Blankenheimer Prozesse, bei dem der kurkölnische Hexenkommissar Moeden als „unparteiischer“ Rechtsvertreter die Befragung vorgenommen hat. Johann Schrentzges wird am 6. August 1629 wegen Hexereiverdachts vor das gräfliche Gericht gestellt. Weder an diesem Tag noch am 11. August gesteht er jedoch entsprechende Delikte. Als im zweiten Verhör bei ihm Aussatz festgestellt wird, wird er unter Auflagen vorerst entlassen. Daraufhin geschieht etwas Ungewöhnliches. Nur zwei Tage später kehrt Schrentzges offensichtlich freiwillig zurück, um erneut auszusagen. Diesmal liefert er ein vollständiges Geständnis (Teufelspakt, Hexentanz, Schadenszauber, Verwandlung in einen Wolf bzw. Hund etc.), worauf am 14. August 1629 das Todesurteil gesprochen wird.

Schrift und Sprache Der „Notarius Publicus“ Arnold Funck ist bei den meisten Blankenheimer Prozessen als Gerichtsschreiber tätig. Dass er seinem Amt eine besondere Bedeutung zumisst, ist daran zu erkennen, dass er seinen Namen durchweg in Antiqua hervorhebt. Auffallend ist bei ihm insbesondere der häufige Gebrauch von Kürzeln und der sichere Umgang mit lateinischer Fachterminologie. Die recht gut lesbare Schrift variiert zuweilen in der Größe, so dass nicht immer auszumachen ist, ob Zeilen möglicherweise nachträglich hinzugefügt worden sind. Die Lesbarkeit wird teilweise durch Verschleifungen erschwert, die Probleme bei der Identifizierung mancher Endungen sowie bei der Differenzierung von ¢e² und ¢a² bereiten. Funck produziert eine hochgradig komplizierte Kanzleisyntax (vgl. Z. 76–82). Durch die häufige Ersparung finiter (Hilfs-)Verben wird das Textverständnis erschwert. Wenige direkte oder hyperkorrekte Reflexe von Regionalsprachlichkeit (dochter, duppen, Schnupthuch, betröhet, Zaubertuppen u.a.) lassen sich finden.

Blankenheim 1629 [2r] Schrentges Johann Anno 1629 den 6 Augusti in Personlicher gegenwarth deß hochwolgebornen Grauen vndt herrn herrn Johann Arnolden Grauen zu Manderscheidt vndt Blanckenheim p[erge] p[erge] Vortt h[errn] Johann Moeden der Rechtter doctor, von hochwolg[eborene]r Ihro Gnad[en] zu dieser Procedur Postulirten Rechtsgelehrten so dan Nicolaj Escherman Schulthießen Dienst Verwaltern, Niclasen kopf Anthonii Schlechtt beider Scheffen vndt mein Arnoldi Funck Gerichttschreibers, der gefengcklich heudt dato obg[emel]t angezogener Schrentzges Johann auß Blanckenheimer Dorff vorgesteltt Ihme durch ehrngemelten herrn d[octo]r Moeden vorgehalt[en] auß waß vrsach Er hiehin gefenglich eingezogen, Ihme an statt Copeilicher Communication dern vff dieselbe ergangenen besagungen vndt vhrgichtten vorgetragen: Erstlich waß maaßen derselb von vnderschiedtlichen hieselbsten hingerichtten Personen Männen vndt Weibern, pro Complice denunciirt, daß einen Zauberzdantz [!] gemein mit Ihnen frequentirt, fur ein hexenpfeiffer sich gebrauchen lassen Zum andern daß in solchem fam vndt Nahmen nun ein geraume zeit von Jahren gewesen? Darüber Jedoch gefragtt, wo Er daheim, wer sein Eltern gewesen vndt ob Er mit den hingerichtten zanck hader oder neidt gehabt Im Blanckenheimer dorff seie geboren sein Mutter Schrentzges Elßgen seie hieselbsten verbrenth worden, sein vatter auch Johan genent seie vffm beth gestorben, Mitt den hingerichtten Personen hieselbsten alle vndt Jede habe kein haß, neidt noch zanck gehabtt, wisse auch nit daß dern eine oder mehr gegen sein person zorn oder hader gehabtt hette nichtz dergleich[en] von Ihme gespürtt alß In der gute vielfaltig ermahnet vndt mit d[er] Tortur betröhet gleichwol nichtz bekennen wollen, Alß ist zu ferneren bedencken derselb ad Carceres verwiesen ~ Actum A[nn]o p[erge] mense et die quibus supra

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Vortt: ‘weiterhin’ angezogener: ‘festgesetzter, inhaftierter’ d [octo]r: Das r ist hochgestellt. Copeilicher: ‘abschriftlicher’ Diese Zeile ist in besonders kleiner Schrift gehalten, sodass sie länger ist als die anderen, obwohl keine nachträglichen Einfügungen vorhanden sind. pro Complice denunciirt: ‘als Komplize angegeben’ vndt ob Er … gehabt: Diese Frage ist möglicherweise nachträglich hinzugefügt worden.

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Westliches Mitteldeutschland [2v] A[nn]o p[erge] 1629 den 11. Augusti post Meridiem Circa horam primam in gegenwertigkeit hochwolg[eborenen] vnsers Gnedigen herrn, Vort hern Doctor Moed[en], Niclaßen Escherman Schulthießen dienst Verwaltern, Niclaßen Gertners vndt Anthonii Schlechtt bed[er] Scheffen vndt Anthonii Schlechtt+ mein Arnoldi Funck Notarii publici Gerichtschreibers, der inhafftirt[e] Schrantzges Johann abermaln in der guete vorgenommen vndt nachdeme auch vff betröhung der Torturen derselb nichtz bekennen wollen, zu deme man ahn Ihme erspürtt weiln Er allenthalben am leib auffgeloffen, also anfengclich man gemeint daß mit der Wassersuchtt behafftet, fast schwach ahn Athem vndt gliedern Demnach aber man in der gentzlich[en] vermuhtung gestanden [INT] ªauchº Ihro Gnad[en] so wol alß der herr Rechtsgelehrt[en] vndt Gerichtten erspürt daß derselben mit grossen löchern am gantzen leib außgefallen also scheinet daß mit dem außsatz behafft dahero man allen vmbstend[en] nach bedenckens getragen denselben, wiewol mit guten Rechtten darzu gnugsam befügtt, der Tortur zu appliciren, Alß Ist derselb Jedoch daß vff folgende puncten ein leiblichen [INT] ªaidtº schwere, nit fur fromb od[er] gerechtt od[er] daß die vff Ihnen habende indicia expurgirt, loßgelassen vndt dimittirt, Erstlich daß wegen solcher des außatz ereugung sich außer halb des dorffs ein hutt erbawe darin auffhalte vndt mit keinem nachparn gemeinschafft halte ~ Zum andern daß sich zu Cölln oder Anderwerts besichtig[en] lasse, vndt demnegst schein furbringe ob mit dem Aussatz behafft oder nichtt Drittens, daß Er alle vncost[en] so von seiner inhafftirung bißheran vffgangen, Vor+ In allem abstatte [3r] Viertens, daß Er so baldt widerumb inskunfftig hiehin erfordert wurde, sich ohne weigerung instellen vndt der gegen Ihnen zauberei lasters halben habend[en] indicien halber expurgiren vndt seinem Rechtten ab-

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fast: ‘sehr’ schwere: ‘schwöre’ ereugung: ‘Erzeigung’ schein furbringe: ‘ein Dokument vorlege’ Vor+ In: Die beiden Wörter Vor und In sind übereinandergeschrieben. Rechtten: ‘Urteil, Rechtsprechung’

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187 warten wolle+, auch sich nit außerhalb zur fluchtt stellen sondern vff begern vndt erfordern instellen solle Darauff derselb ein leiblich[en] eidt mit vffgestreckten fingern beisein obengemelt[en] geleistet vndt damit, fur die pfordt gelassen word[en] Actum vt supra

Ante Meridiem

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[4r] Anno 1629 den 13 Augusti beisein des hochwolgebornen Grauen vnndt herrn, hern Johann Arnolden Grauen zu Mand[er]scheidt vndt Blanckenheim p[erge] p[erge] Vortt Nicolai Escherman p[erge] Schelthießen dienst verwalter, Niclaß[en] Gertners vndt Anthonii Schlechtt beid[er] Scheffen vndt Mein Arnoldi Funck Not[arii] pub[lici] Ge[richts]sch[reib]er Schrentzges Johann auß Blanckenheimer dorff auff sein eigen selbst angeben vndt vnderthenig begern, daß Er gütlich bekennen wolle abermalen angehort Jedoch zuuorn Lahmen Johann, alß durch welchen der vorg[emelte]r Schrentzges Johann sich angeb[en] lasset abgehört derselb sagtt: wie d[er] Schrentzges Johann Ihnen gebetten mit hiehin zu gehen d[er]selb wolle bekennen hette auch albereit gesagtt, Wie hiehin sollen gehen zu seinem eidomb Du wirst dich doch widerumb bestatten müssen, Item hette auch zu Ihme negst hieselbst[en] bei dem garten gesagtt: Ach lahmen Johan helffe bitten, dafern sich ettwas weithers in Ihrem+ [INT] ªVnseremº hauß finden wirdt, daß man doch noch ein zeittlangck warte biß dahin ettwa besser wurde waß nun darmit zuversteh[en] geb[en] wollen, wisse Er nit ~ ªhierauff Schrentzges Johan auch vorgestelttº Bekent daß Er es erstlich gelehrt daß+ alß d[er] Graff von Anhaltt vor keldenich geschlag[en] seie vff der vesst [?] gewesen des nachtz Ihrer beeden gewartet daselbst[en] seie d[er] Teuffel zum Ihm kommen hette Ihnen den weeg sollen weisen biß an dem grewelknip daselbst[en] Ihme geldt geb[en] so doch hernach dreck gewesen, daselbst[en] hette Gott abgesagtt vndt dem Teuffel zu-

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Die zweite Blatthälfte von 3r und die ganze Seite 3v sind leer. Der Gerichtsschreiber hat sie gekennzeichnet mit Nihil deest. und Nihil desideratur hoc loco. eidomb: ‘Schwiegersohn’ bestatten: ‘verheiraten’ was nun … nit: Dieser Satz ist möglicherweise nachträglich hinzugefügt worden. gelehrt: ‘gelernt’

Westliches Mitteldeutschland

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gesagtt, die vrsach seie daß geldt gewesen, geldt betriege manchen Man, Zu dalheim mitten im dorff seie einmal am dantz gewesen, zwischen dalheim an dem Creutz hette Gott abgesagtt Ihme mueßen folgen, vff einem bock hette Ihnen widerumb zurück gefuhrtt [4v] Viermaln hette sich mit Ihme vermischtt, einmalen ahn vorgemelt[en] Creutz, noch einmaln ahn dem busch bei der hutten, d[er] Teuffel seie alle mahl in Mans gestaltt zu Ihm kommen hette vffm kopf gestanden, Wan Er den willen mit Ihme geschafft also gegen die Natur wie beester sich vermischtt, Daß vorhin nit bekennet, seie die Vrsach wehre noch gern einmaln zu seinen kindern gewesen Ein zaubertuppen habe vom Teuffel empfang[en] bei d[er] orfft [?] daselbst[en] stehe daßelb vnder einer ellern lige ein platter stein so Er Johan auß d[er] bach genohmmen darüber halte vngefehr ein pintgen, darin vnfletigkeit gewesen ~ Am grewelknip, ahn d[er] wisselbach, zu dalheim vndt daß letzst ahn d[er] hutten seie am dantz gewesen Er habe gepiffen vff einer langer knochen habe so Raw geleutet, habe auch finger locher gehabtt Er habe zum zeiten ettwan 2 od[er] 3. alb[us] zu lohn bekommen, Jedoch mehrertheilß von den frembden ~ Auß dem zauberduppen habe fruchtten vndt bluet verderbtt 6 oder 7 personen seien bei Ihm gewesen bei Schmidtheim ahn dem Gerichtt hetten einmaln die fruchtt[en] verderbtt seie fur ettwa 7 od[er] 8 Jahr bescheh[en] Sein dochter Enn seie zu dalheim bei Ihm am dantz gewesen, hett+ seie nach Ihme dahin kommen, sagend Vatter sehet ach seit Ihr auch hieselbst[en], darauff Er geantwort, Ach solte Ich nit hie sein, bittet weiln Sie alle kranck im hauß man wolle seiner dochtern verschönen biß Sie ettwas widerumb gesundt

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Zaubertuppen: ‘Zaubertopf’ ellern: ‘Erle’ halte: ‘fasse, enthalte’ pintgen: Diminutiv von pint (Hohlmaß) vnfletigkeit: ‘Dreck, Schmutz, Kot’ habe so Raw geleutet: ‘habe derb geklungen’ alb[us]: ‘Weißpfennig’ fruchtten: ‘Getreide’ verschönen: ‘verschonen’

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Blankenheim 1629

189 [5r] Item wolters fraw Peterß seie auch zu dalheim bei Ihrer dochtern gewesen, Item leiendeckers Eua, Item haasen drückgen seien auch zu dalheim gewesen+ im dorff bei Weyer hette einmaln helffen die baumbluet helffen verderben hetten auß dem duppen des dings in die Lufft geworffen daß ein schwartzer nebel worden Die aller vnuermögenste weiber hetten die kertz müssen haltten, Ettliche in d[er] handt, ettliche im hindersten

Der bose feindt hette Einen gurtel so außwendig grün vndt inwendig hart, Ihme vmb den kopf gerinckt vndt Dardurch Ihnen zum wolff auch bißweiln zum hundt verwandelt Vorm Jahr od[er] anderthalb[en] habe in d[er] nachtt factum N[umer]o1. wilhelms Petern hinder dem weyerbergh Externum ein klein schwartz Mutterpferdtg[en] in dergestaltt erbissen, obent dem dorff ahn d[er] krauß habe sich ein hundt gemachtt, daselbst[en] hetten Awschaaff gang[en] vorm Jahr im außhaltt dieselbe sollen verJagen vndt erbeissen, seien doch leuth kommen vom Stein vndt Ihnen angeruffen, do hette Er müßen zuRuck ahn die hecken lauffen, da hette+ daselbst[en] hette d[er] Teuffel Ihme den gürtel factum N[umero] 2 abgerissen sich selbst[en] habe ein roedt Mehr mitten im tag vff einem basamer marct ªsolle nun 2 Jahr diesen marck werd[en]º zerrissen in wolffs gestalt erbissen, d[er] Teuffel hette Ihnen dauorn vff luterodt gefuhrt daselbst[en] ein pferdt zuerbeissen weiln aber die leuth darbei gewesen vndt vnuerrichtt Er zuruck kommen, do hette d[er] Teuffel Ihme den gurtel nit abbinden wollen biß dahin Er sich selbst[en] daß pferdt erbissen [5v] Daß H[eilge] Sacrament habe ettliche Mahl verunehrtt in daß duppen gethan, daß letzes seie zu Cristmeeß negsthin beschehen hinder 160 163 172 179 186

drückgen: Koseform von ‘Gertrud’ baumbluet: ‘Baumblüte’ gerinckt: ‘geschlungen’ Awschaaff: ‘Mutterschaf’ Mehr: ‘Mähre, Pferd’

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Westliches Mitteldeutschland

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dem dürren pesch im Gott+ Johansberg hette es dem Teuffel geben auß dem Schnupthuch seie daß letzmaln vorm Monat bey Ihm gewesen hette wollen haben sich selbst[en] ein Saw zubezeubern welches Er nit vollbringen konnen weill dieselbe gesegnet, der Teuffel hette ein grob sprach seie noch ein Junger gesell gewesen in roden kleidern, Alß zu dalheim gewesen da hetten auch gessen, auß silbern bechern getruncken, Er hette einen Drunck guten vffrichttigen weins getruncken daselbst[en] sein dochtter Enn vndt die obg[emelt]e Personen außm dorff hetten mit am Tisch gesessen, welche Er auch da gelassen ªSie habe hinden am Tisch gestanden vndt gepfiffen º furm Monat …+ hette seiner dochtter zwischen dem dorff vndt dem heiligen heußgen gesagtt: Ach Gott wie seind wir betrog[en], darüb[er] die dochtter geantwortt weinende, Ach lieb Vatter schwightt still ~ sagtt ferners: wan nit lahmen Johann mit Ihm heudt hiehin gangen, so wehre doch von sich selbst[en] hiehin kommen, weiln Er sein sach[en] mit seinen kindern numehr disponirt, bittet man wolle Ihme doch baldt hiehin helffen Actum Anno Mense et die vt sup[ra] Eodem post Meridiem Coram Doctore Moeden, [scri]ptore et scabinis q[ui]bus supra derselb Schrentzges Johan abermaln trewlich erinnert, ob Sein gethane bekentnußen also wahr [INT] ªwieº bekent, R[espon]det Ja, ob darauff leb[en] vndt sterb[en] wolte vndt selbige vff sein seel nehmen, Antwort Ja wolle daß thuen seie wahr auch, darauff Ihme widerumb außstandt vndt sein sund[en] ferners dem Priest[er] zubiecht[en] frei gelassen vt sup[ra]

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Respondet: Das det ist hochgestellt.

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Blankenheim 1629

Abb. 22: Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 29A, Nr. 491, fol. 2r

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DILLENBURG 1631 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Dillenburg 1631 Handschrift Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 369, Nr. 44 14v–17v (Archivzählung) – Kupitz (1996), Rudersdorf (1999), Rudersdorf (1991)

Inhalt Inquisitio contra Hansen Holttschenhäwer sonsten Steinmetzger genant zu Dillenburgk heißt es auf dem Titelblatt des Verhörprotokolls, aus dem hier ein Ausschnitt wiedergegeben wird. Der Steinmetz wird der Zauberei, der Gotteslästerung und des Ehebruchs angeklagt und soll sich dem Teufel verschrieben haben. Er wird mehreren Verhören unterzogen, die in üblicher Abfolge zunächst gütlich, dann unter Androhung der Folter stattfinden, bis schließlich im weiteren Prozessverlauf – vorgehalten wird ihm der 47. Artikel der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. – auch die Folter nicht ausgespart wird. Erst unter der Folter gesteht Steinmetz, zaubern (im dämonologischen Sinne) gelernt zu haben. Zum Verhängnis werden ihm u.a. der Besitz „verdächtiger“ Bücher und gotteslästerliches Fluchen.

Schrift und Sprache Das Protokoll zeichnet sich durch ein sauberes Schriftbild und eine gute Lesbarkeit aus. Eine Besonderheit des Schreibers, der zugleich auch der ermittelnde Kommissar ist und mehrere Male in Ich-Form hervortritt, ist der eigenwillige Gebrauch von Majuskeln. Dieser fällt vor allem bei ¢k² und ¢m² im Wortinneren auf wie beispielsweise in beKantnus oder SteinMetzer. Bei der Tempuswahl wird – durchaus ungewöhnlich im Vergleich – das Präteritum bevorzugt. Insgesamt erscheint der Text wie ein zusammenfassender Bericht mit einer großen Anzahl an Redewiedergaben aus den Verhören. Morphologisch fällt die recht konsequente Verwendung eines epithetischen -e in der 3. Person Singular Präteritum auf (vgl. warde, bestunde). Erwähnenswert ist auch die mit lateinischen Lehnformen und Versatzstücken durchsetzte Schreibart des Protokollanten (z.B. qualificiret, intercediren, ad locum torturæ etc.).

Dillenburg 1631

p[ræ]sent[ibus] Commiss[ario] Scribâ et Scabinis q[ui]b[us] s[upra]

193 [14v] D e n 24[ten] Januar[ii] A[nn]o p[erge] 631 Ist der SteinMetzer güttlich vorgefordertt, vndt ihm anfangs seine Gottslästerliche wort, vndt ergerliches leben So dan die denunciationes, vndt In- vndt außerhalb der Ehe, verübte adulteria, doch in genere, It[em] die verdächtige Künste, vorgehalten, Vndtt als ihm vors erst die Gottslesterung vorgehalten, Leugnete der durchaus, Q[uærebatur] Ob ihm nicht deßentwegen von den beywesenden vndersagtt, vndtt er der vrsachen halben vor die Geistliche gefordertt? Negabat plane Desgleichen thete er mitt dem adulterio, It[em] das er oder die seinige gescholten worden, It[em] das er Jegen den Müller die beschuldigte wort geredtt, Von den Büchern sagte er das er die verdechtige, vnserm h[ohen] hern Grave Georgen seel[ig] durch henrich Lackeyen, auch seel[ig] vberlieffert, vndtt das er seither Keine verdechtige bücher gehabtt, habe auch noch Keine Mitt den schlangen befragtt, vndtt sönderlich, wo die gutt zu wehre? R[espondebat] Er wiße es nit, vndt lachete darzu, werde Keiner sagen, das er deren gegraben, noch auch das er die zu graben begehrett [15r] Q[uærebatur] was er vor vrsach gehabtt, das er an verschiedenen orten gefragtt, was die sünde In H[eiligen] Geist, vndtt ob auch die zauberey ein sünde In H[eiligen] Geist sey? R[espondebat] das habe er nicht gethan.

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adulteria: ‘Ehebrüche’ auch noch: gemeint ist ‘auch jetzt noch’ Mitt: ‘im Hinblick auf’ Auf allen recto-Seiten befindet sich die Marginalspalte im Original nicht auf der linken, sondern auf der rechten Seite.

Westliches Mitteldeutschland

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Ihm vnder augen gesteltt, das er zu vberzeugen, beides die zauberey, Gottslästerung vndtt Ehebruch bet[reffend] R[espondebat] dan wolle er sich der sachen schüldig geben, vndt begehrete eifferig vndtt eintzeg vndt allein denen Jenigen vnders gesicht gesteltt zu sein, So ihm auch bewilligt, Confrontatio. vndt werden ihm Schweden Ammel, Anna, hans hildten hausfraw, vndt Johannes Kempffern vnder augen gesteltt, so ihm das Gottslästern vnders gesicht gesagtt. Q[uærebatur] Ob er nicht Jemanden angebotten das buch zu vertauschen, oder Jemand[en] darin lesen zu laßen? R[espondebat] Negando. vndt gestunde deren bücher Keins, wardt N [ota] p[ro] p[ter] variationem also Caspar des weißbanders sohn vmb et madie bücher befragtt, vndt demnechst litiosas inficiationes custonach den Büchern gesuchtt vndt befunden diæ tradebat[ur] wie hierbey Im convolut zu sehen, p[ræ]sentibus Commissario Scribâ Dilphio, Scabinis Joh[anne] Preiß et martino Hurtig

Confessiones

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D e n 5 [ten] Februar[ii] 631

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wardt dieser SteinMetzger In der güten vorgefordertt, vndt zum aller fleisigsten erinnert, wolt aber nichts bey sich Kommen laßen, Gestunde gleichwohl so viel, das er vff den H[eiligen] Christag, als er selbst zum H[eiligen] Nachtmal gangen, vff der

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[15v] trappen gesagtt: Gott sey es gedanckt, der dengell (das Nachtmal meinent) Ist nun gehalten, Gestunde auch das er bey dem haug gefluchtt, aber die wort seien so grob nicht gefallen, als die sage gehe

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Ihm vnder augen … bet[reffend]: Hier handelt es sich um eine sehr komprimierte Wiedergabe der Frage, was er wohl tun würde, falls ihn bei einer Gegenüberstellung Zeugen der Zauberei, der Gotteslästerung und des Ehebruchs überführen sollten. gestunde: ‘gestand’ N [ota] … tradebat[ur]: ‘Merke: Wegen der Veränderung und den bösartigen Hinzufügungen wurde er ins Gefängnis gebracht.’ trappen: ‘Treppe’ dengell: ‘Schmutz, Unflat’ haug: hier und im Folgenden wohl ‘Heu’

Dillenburg 1631

195 It[em] Gestunde auch das er bey dem haug solcher gestaltt geflucht: Ey nun müße Gotts Sacrament schenden das es nun eben daher regnett. Sagte auch vnder anderm, als ihm seine geschriebene sachen vorgezeigt waren, er stünde Keines Morgens vff, Er mache dan ein Creutzs vor sich, Q[uærebatur] warumb er aber dießen alles vorhin so hefftig geleugnet? R[espondebat]: hette die Bücher nie gebraucht, vndt das ander nit so hoch geachtett. Ihm entJegenn gehalten, das dies alles nicht schlechte sachen, Sondern große anzeig Jegen ihn gebe: Erblast- vndt erbleichete er gar, Vndt weil weiter nichts aus ihm zu bringen, vndt er sich zu sterben erbothe, ward er wieder zur gewönlicher custodi brachtt, vndt diese Information, vnserm h[ohen] hern, vndt dero h[ohen] hern Ambtman zugesteltt

Vnsers h[ohen] hern p[erge] vndt hern AmbtMans verordtnung

p[ræ]sent[ibus] me Anthon[io] Jung, Scribâ Dilph[io] Scabin[is] mart[ino] Hur tig et Joh[anne] Preiß

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[16r] welche die vorig gestandtnuß genug samb erachtett dießen SteinMetzer ad locum torturæ zu bringen, vndt ihn damit zu beträwen,

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D e n 8[ten] Febru[arii] 631. Ist dießer SteinMetzer In die Folter stub gebrachtt, vndt seindt Ihm seine lügen, vndt [INT] ªvorºstehender verdacht vnder augen gesteltt, wolt aber nichts bey sich Kommen laßen, vndtt bestunde die Gottslästerung balt zu leugnen, Balt zu entschüldigen, Also vff die Banck gesetztt vndt befragtt

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Ey nun müße Gotts Sacrament schenden: ‘Ei, nun müsse er Gottes Sakrament schänden’. Der Fluch ist entgegen der üblichen Praxis in indirekter Rede wiedergegeben. schlechte: ‘einfache’ beträwen: ‘bedrohen’ stehender: Das st wurde nachträglich aus h korrigiert. bestunde: ‘bestand’

Westliches Mitteldeutschland

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Confessio Blasphemiæ Cäner

Cäner

Eliasin

E l i a ßi n 129 136 159 164

wie die wort der geschüldigten Gottslesterung, die er so hefftig anfangs vernainett, eigentlich gelautett. Sagte er, sie hetten also gelautett: Nun müse Gotts Sacrament schenden, regnet es eben nun daher, weil ich eben gares heug haben, Als nun ihm vorgehalten, wie er die gute leutt, So anders gezeugett (also zu sagen) eines MeinEidts beschüldigen dörffe? R[espondebat] Er habs bezeugter maßen geredtt, Gestundt auch das er sich gerühmett er könne den Teuffel bannen: Er vndt der Käner, It[em] ein leigendecker hensell, hettens auch vor etwa 30. Jahren vff der Nantzenbach, Jehnerseits der Sternbach probirt: einen Kreiß+ vmb den Strauch hetten sie hervmbher gehacktt, aber Keine Schlang fund[en] derowegen sie auch Keinen Kreiß+ [16v] der sich +, wan man die Schlangen sehe, müße man etliche wort sprechen, die Man in seinem Buch finden werde, vndt+ [INT] ªwelche erº vor dießem wohl geKönnett, wan man die hautt vndt zunge hett, Könne Man Schätze ausgraben, vndt müsen die Schloß vffspringen, der Cäner hette einen Schatz bey Attendorn Im Cöllnischen Landt gewust, den hetten sie wollen hohlen, Q[uærebatur] Ob er nicht geredt, wer das zaubern nicht Könne, der solts noch lernen, damit man die bezahlung der schatzung desto baß thun Könne? R[espondebat] die Eliaßin hette das gethan, vndt darzu gesetzt, Man hange Jetzt so viel an die hundtspforten, Man Könte wohl …+ ein par ziel schatzung daruon bezahlen It[em] hette zu seiner [INT] ªSteinMetzersº

heug: wohl ‘Heu’ leigendecker: ‘Leiendecker, Schieferdachdecker’ schatzung: ‘Abgabe, Steuer’ ziel: ‘Teile’

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Dillenburg 1631

wo l f f s s e e g e n

Zauberin Kennen

Bezaubert Milch

Festtmachen

203 209

197 Frawen auch gesagt, Sie were bey mir dem Commissario auch+ gewesen, vndt hette zeugnuß geben müßen, Auch beKant, wie sie Eliaßin mitt ihrem Man dem SteinMetzer die Ehe gebrochen wie er nun mit diesen worten hervor Kam Q[uærebatur] Ob dan das geschehen sey? Negabat. Den wolffsseegen hab seiner Frawen Bruder hans König ihne SteinMetzern gelehret, Er hette ihn aber nicht gebraucht, [17r] Dist von Catzenfurt hette ihn SteinMetzern gelehrett, wie man die zauberinnen Kennen lernen sölle: Nemlich man sölle einen Besen bey die Thürschwell In 200. Teuffel nahmen legen, so Könne sie nit wieder aus dem haus Kommen, hetts nie gebraucht It[em] wie man der bezauberten Kühen Milch wiederbringen Könne, wiße nit auswendig zu sagen, was man brauchen sölle, es stehe Im Buch, hette es auch nie gebrauchtt, Ein StainMetzs von Giesen, Gerlach genant, so dott, vndt eben dem haupttMan zu Giesen Rudolph Rawen gearbeitett, hette ihm SteinMetzern ein brieff, damit man sich fest machen Könne [INT] ªgegebenº, hette die Kunst aber sein lebtag nicht gebrauchtt, Vmb den Ehebruch vndt zauberey wolt er gantzs nicht wißen, wiewohl er vorhin sich so weit heraus ließe, das er alle anzeig außer der zauberey Ingehen woltt, derowegen ihm daßelb vorgehalten, R[espondebat] Er were gesinnet gewesen (Antwortett er) daßelb Inzugehen, Er hette aber nicht gewust, das er Ehebruchs bezüchtigtt, Ihme remonstriret, das auch dies die

Ingehen: ‘darauf eingehen, sich einlassen’ remonstriret: ‘gezeigt’

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Westliches Mitteldeutschland vnwarheit sey, dan ihm viele vielmal angedeutett, das er auch des Ehebruchs verdechtig geholten werde, Sagte, Ehe das er sich auch deshalb Foltern ließe, wolte er sich auch deßen

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[17v] schüldig geben, Q[uærebatur] Ob er dan deßen schüldig, R[espondebat] Nein. Vndt weil nichts weiters aus ihm zu bringen, bliebe es bey der betrawung Et dimittebat[ur] In dem hinausgehen rieff der SteinMetzer mir dem Commissario wieder zurück, vndt zeigte an, weil er der SteinMetzs nun so viel beKant, das er sein leben verwürckt, Soltt man doch bey dem hochwohlgebohrnen vnserm h[ohen] hern p[erge] vnderthenig intercediren, das Kurtz mit ihm verfahren, vndt I[hro] G[naden] dahin erbetten würden, das er Konig[lich] Mai[estä]tt In Schweden zugeschickt werden möcht, wolt sich des landts Immer vndt ewig eusern vndt sich Jegen den Feindt Ritterlich brauchen laßen, warde darvff er der SteinMetzer avisiret, sein beKantnus were noch nicht solcher gestalt qualificiret, das man sich daran ersettigen Könt, vndtt müst er SteinMetzer die gedancken aus dem Sinne schlagen, vielmehr aber dieselbe zu Gott, bey dem vergebung zuerlangen, Kehren, vndt demnechst, was vrthel vndt recht geben würde, in gedult erwarten, wan er zuvorderst rundt ohne zwang heraus gehen würde, hette man sich alsdan vmb gnade vnd[er]thenig zu bewerben ~

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intercediren: ‘(für ihn) eintreten’ sich des landts Immer vndt ewig eusern: ‘das Land für immer und ewig verlassen’

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Dillenburg 1631

Abb. 23: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 369, Nr. 44, fol. 1

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ERKELENZ 1598 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Erkelenz 1598 Handschrift Stadtarchiv Erkelenz, Bestand 1C 22c 1–8 (eigene Zählung) Delabar (1984) Blécourt (1995), Delabar (1984), Venner (1976)

Inhalt Im August 1598 werden die bereits seit Jahren als Zaubersche gescholtenen Frauen Stynn und Mergen Knoicken aus Oerae (heutiges Oerath) von ihren Nachbarn der Zauberei angeklagt. Unter Vorsitz des Vogtes Carl Geickels wird vor dem Schöffengericht Erkelenz ein Prozess gegen sie angestrengt, in dessen Verlauf die beiden Frauen am 6. Oktober 1598 dem Scharfrichter zur Folter überstellt werden. Stynn und ihre Tochter Mergen werden drei- resp. zweimal peinlich verhört, erweisen sich jedoch als standhaft und führen den Scharfrichter an die Grenzen seiner Möglichkeiten: Er wiste Iro nitt mehr zu doen, er muste Ir dan den halß Abhauwen. Das Gericht stellt daraufhin den Prozess ein, lässt die Frauen frei und übergibt den Fall dem Appellationsgericht in Roermond. Zum endgültigen Urteil kommt es dort erst nach 9 Jahren: Am 5. Februar 1607 werden Stynn und Mergen Knoicken des Landes verwiesen.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in einer sehr flüchtigen und gedrungenen Handschrift verfasst. Die Buchstaben ¢c², ¢e², ¢n², ¢u² und ¢r² sind oft nur schwer auseinander zu halten, so dass insbesondere bei einigen Eigennamen die Lesung unsicher bleibt. Die häufige Verwendung von Kürzeln beeinträchtigt die Lesbarkeit zusätzlich. Der Schreiber setzt lateinische Ausdrücke nicht durch Antiquaschrift ab. Doppelpunkte dienen durchgehend als Trennstriche. Vom Aufbau her ist eine Gegenübersetzung von Frage (rechts) und Antwort (links) intendiert, faktisch wird diese Anordnung partiell durchbrochen. Das aus dem ripuarisch-südniederfränkischen (Übergangs-) Sprachraum stammende Protokoll ist in hochdeutschem Duktus verfasst. Gleichwohl spiegelt sich eine Reihe von sprachautochthonen Eigenarten und Bezügen zu angrenzenden Spracharealen darin, wobei die genaue Herkunftsbestimmung von Varianten im Einzelnen problematisch ist. Typische Hebungen und Senkungen wie Minsch bzw. hondt, dazu andere Dialektrelikte wie driessigh, geheischen, feirdell, bedwong[en], Schommechers, verstoch[en], nitt u.a.m. zeigen genauso wie die lexikalischen Regionalismen halffma[n] (für ‘Pächter’) oder lehren (für ‘lernen’), dass der Schreiber in der traditionellen Landessprache zu Hause ist. Ein sprachlicher Bezug zum Niederländischen könnte in der Verwendung von Aduyß und in der Form Proceder[en] gesehen werden. Zum nordwestdeutschen Schreibusus passen sowohl die Dehnungsmarkierungen durch nachgestelltes ¢i² (Jairen, haitt etc.) bzw. ¢e² (hoeff, haer, haeß, doen etc.) als auch die wort- und silbenauslautenden Schreibungen mit ¢gh² (Mennighligh, seligh etc.).

Erkelenz 1598

201 [1] Als die Nahepare zu Oerae hiebeuor Styne[n] vnd Mergen Knoicken fur zaubersche Accusirtt, vnd desfalß souern mitt recht In erweisungh d[er] Indicien, procedirtt, das bemelte Person[en] zur Peinlich[en] fragh condemnirtt, derweg[en] Ist heutte den 6. Octobris 98 damitt …+ vorgefahen, vnd Ist gescheh[en] vbermitz Heinrico Pictio vollmechtig[en] vnd Stadthaltern des drosten vnd+ herrn zu Gelehen, fort Carll Geickels …+ voigt, Johane[n] haen, Mattheissen Middelma[n], Niclassen Kammbergh, Paulo hartt vnnd Wilhelmo Palantt den scheffen vnnd sein zum dritten od[er] In dreir vnderscheidtlich[en] torturis vber nahefolgende stuck befraecht vnd haben daruff geAntwortt, wie darbei marginirt.

Sagt. Sie wisse woll das sie sulche zeitt vo[n] Allerhandt tuntelen darfur gehalten, hab Aber nihe kunn[en] zu verAntworttungh kom[en].

Ob sie Stynn Knoicken nitt bekenne[n] muß, das sie leng[er] dan fur driessigh Jairen vo[n] Mennighligh fur eine zaubersche Angesehenn vnd gehaltenn.

Sagt. das muge woll gescheh[en] sein, sulchs hab sie nitt kunn[en] besser[en].

Ob nitt Iro sulch[er] Arghwohn vnd gemein gerucht bewust gewest vnd gespuertt das Alte vnd Junge leudtt sie darumb gescheuwett.

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Sagt. dessen wisse sie sich nitt zuerInner[en], dan eß were Iro …+ dem hoff nitt [ver]Potten das sie wiste.

Ob nitt van sulches [ver]dachtz weg[en] Junffer Ann[en] Roeden seligh, halffma[n], so d[er] Lange halffma[n] geheischen, Iro fur 45. Jairen den hoeff [ver]bottenn.

Sagt. …+ wiste nitt das En sie soll fur ein zaubersche geschold[en] haben, dan hette Allwegh mitt Enne[n] gutte NaheParschafft gehald[en].

Warumb sie sich nitt [ver]thediegt Als En Pauwels zu oerae fur ein zaubersche geschold[en].

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Nahepare: ‘Nachbarn’ vorgefahen: ‘vorgreifend handeln’ (rechtssprachlich) vbermitz: ‘mit Hilfe von, durch’ fort: ‘weiterhin’ marginirt: ‘in die Randspalte gesetzt’ tuntelen: ‘Weibspersonen’ halffma[n]: ‘Pächter’

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Westliches Mitteldeutschland

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Negat, vngeacht das sie sehr scharpelick durchgenom[en].

Sagt. das sie einmalh …+ An dem hauß gewest, vnd das vß keiner Meinungh, dan klumpen zu geld[en], vnd sei stracks mitt dem gelde nahe d[er] Stadt gang[en] vnd die klumpen gegold[en], hab das Mendtgen vo[n] Golckrae nitt gesehen, noch gehoertt.

[2] Ob sie nitt, fur etzlichen Jairen Am Lindtgen In+ vff Ires selbst Landt vnd Inn Irem haber ge+ nackendt gesehen wordenn das Iro die haer vmb die ohren gehange[n], sich …+ scheußterlich stellende, vnd das sich ein haeß vmb sie her getommelt. Ob sie nitt Geirtgen Muerkens dochter kindt bezaubertt, vnnd durch den Teuffelß feng[er] vo[n] Golckrae bedwong[en] worden, das sie dreimalh vff eine zeitt In der weuß[en] frauw[en] hauß kom[en] mussen, vnd[er] schein Als wa[n] sie hette willen Klumpen gelden. Ob nitt d[er] Teuffelßfenger, Als sie zum dritten malh kame, gesagt: frauw eß Ist euch nitt vmb die klompen zu doen. Ob sie nitt, ohn Antwortt zu geben, wegh gegang[en].

Sagt. der hundt sei Ir nahekom[end] lauffen biß An die Portz, sie wisse nitt ob der hondt hinckendt word[en] od[er] nitt, wo d[er] hondt etwas krieg[en] das muß An vnd zwisch[en] [INT] ªd[er]º Portzen, die sie nitt woll zukrieg[en] kunnen, gescheh[en] sein.

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Ob sie nitt zu Raedt daemen Schommechers hundt bezaubertt, das derselb Anstundt lahmen word[en].

scharpelick durchgenom[en]: ‘(in der Folter) sehr stark traktiert’ haber: ‘Hafer’ scheußterlich: ‘furcht-, schreckenerregend’ bedwong[en]: ‘bezwungen, dazu gezwungen’ Klumpen: ‘Holzschuhe’ gelden: ‘bezahlen’ Portz: ‘Tür’

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Negat se Audiuisse.

Negat p[er] totum

203 [3] Ob sie domals nitt gehoertt das die schwiegersch[en], so derzeitt dae saessen schwiegern, geruff[en] Stynn Knoicken haitt den hundt bezaubertt. Ob sie nitt vber eine zeitt widd[er] vff daem[en] hoff kom[en] vnd das daem[en] frauw domals gesagt, Styn warumb haitt Ir vns den hondt bezaubertt.

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Negat p[er] totum

Negat. wiewoll sie lang[er] dan ein feirdell stund[en], vffgehoben gehang[en] vnd mitt roeden scharff gestrichen. Zu was ende sie sulche [INT] ªstuckº broets kurtzlich Als sie vff Middelma[n]s hoff zu Mennickrae ware, hind[er] einem stock [ver]stochen. Negat in summa tortura.

Ob nitt das kindt Iro [INT] ªsulchesº etzlichmall verwissen. Negat.

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Ob sie domals nitt geAntwortt, Soll Ich den hoff+ hundt bezaubertt habenn. Wo Ist das hundtgen, vnd das sie den hundt beklagende gesagt, Armes Hundtgen, vnd das Alßpaldt d[er] hondt etwas besser worden.

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Wie langh eß gelittenn das sie diese zauberei gelerne[t] vnd vo[n] weme.

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Wie Ir Teuffelsch[er] bole geheissen.

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Ob sie nitt Jan Maissen kindt vff dem kirckhoff in den Arm genom[en] vnd gefragt was zeitt eß were, vnd Also bezaubertt. Negat vt supra.

schwiegersch[en]: ‘Schwiegereltern’ gelittenn: ‘vergangen’ feirdell stund[en]: ‘Viertelstunde’ roeden: ‘Ruten’ gestrichen: ‘geschlagen’

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[4] Mergen Knoicken vber nahefolgende fragstuck vnd Ar[ticu]len zu Examinir[en]. Ob Iro nitt kundigh das sie vnd+ [INT] ªbei] Allen leutten den naem[en] gehatt, das sie ein zeubersche sei. Ob sie sich sulches quaeden geruchtz nitt woll Angenom[en] vnd sich dessen widd[er] Andere leutt beklagt, vnd gewolt, das sie ein[en] stender hette.

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Wer die leutt sein geg[en] welche sie sich des beklagt. Ob sie nitt hoer[en] sagen, das Ir Mutter lange den nam[en] gehatt, das sie ein zeubersche sei.

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Ob nitt, Als zu oerae das kind teuff gehalten, Iro vo[n] Jemandt gesagt, das sie vnd Ir Mutter Alda vber tisch, fur zeubersch[en] vnge

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Ob sie sich Auch mitt Jemandt vnderredt, wie sie sich darIn zu [ver]halten.

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[5] Warumb sie Irem NahePar Muister mehr gehessigh Als Ander[en] gewesenn.

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Was sie vßstehen gehatt mitt dem Alten Man. 165

Warumb sie Theis schumans Also gehessigh sei 136 163

quaeden: ‘schlechten, schlimmen’ vßstehen: ‘(ungeklärt) ausstehen’

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Negatt. hab nitt gelertt dan ein from Christen Minsch lehren soll.

Wer Iro die zauberei gelehrett vnd wie langh das gelitten.

Negat. vnd Sagt das sie keine[n] bolen hab das+ dan Jesum Christum, vnd Iren kirchg Man so korsten geheisch[en]

Wie Ir Teuffelsch[er] bole sich laist heischenn.

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Ob sie Auch d[er] vnkeuscheitt mitt Ime gepflegt.

Diesenn art[icu]ll haitt Merg[en] In zwei [ver]scheiden[en] torturis dergestalt geleugnett, das sie nitt dan Naturlich[er] weyß, weill eß gefroren gewesen, gefallen.

Was Iro vberkom[en], Als sie zu oerae, zu koehe hoedende, vmb vnd vmb getommelt wer vnd fortt vber rugh gefall[en] vnd vnuerschempt geleg[en]

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[6] Warumb sie nahe sulchem tommell[en] Irst roedt vnd[er] augen gewesen, folgentz bleich word[en] vnd geklagt das Ihr fruere. [7] Als Stynn Knoken gesezter vnd [ver]zeichneter maissen Examinirtt vnd zum scharffpsten peinlich, so+ befraegt, Souill das d[er] scharpRichter selbst bekantt, Er wiste Iro nitt mehr zu doen, er muste Ir dan den halß Abhauwen, So haitt d[er] Stadthalter Pictivs vnd voigt Gaickels von den scheffen Aduyß vnd Raht begertt, wes ma[n] sich ferneres geg[en] Stynen zu [ver]halten, vnd weill sie Stynen nu zum dritten scharpelick vorgenom[en], nitt bekantt, ob Auch die dochter Merg[en] ferneres, vber die 170 173 181 182 184 190 203

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lehren: ‘lernen’ laist: ‘lässt’ heischenn: ‘nennen’ koehe hoedende: ‘Kühe hütend’ getommelt: ‘getaumelt, schwindlig geworden’ nitt dan: ‘nur’ vnd[er] augen: ‘im Gesicht’ Aduyß: ‘Rat’, auch ‘Nachricht’

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gestrigh vßgestandenen ªzwei verscheidenenº tortur[en], peinlich zu befraeg[en], Daruff die scheffen, resoluirtt. Weill d[er] Nah od[er] ScharpRichter selbst erkliertt sein Ampt An Styn[en] gedae[n] zu haben vnd das er Iro nitt mehr wiste [INT] ªzuº doe[n], …+ od[er] muste Iro den halß Abhauwen. So kundten [INT] ªsieº nitt erachten das ferner geg[en] sie scherpelick soll zu Proceder[en] sein. Vnd Angesehen die dochter Merg[en] durch d[er] Mutter nitt bekenn[en] Auch fur vnschuldigh muß zu reputire[n] sein, Damitt dan Iro, Als einer Jung[en] p[er]son[en], Ire gleid[er], Damitt sie die Kost gewinn[en] muß, nitt gefehrlich zerreissen, soll sie Merg[en] In die wegh weytterer tortur vberhoben Pleiben, das, da die Principale [!] Accusatores damitt [INT] ªnittº begnuegett, soll In dem falh die gePur vorgenomen werd[en] Act[um] den 7. Octob[er] A[nn]o p[erge] 98.

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resoluirtt: ‘einen Beschluss gefasst’ Nah od [er] Scharp-Richter: ‘Nachrichter oder Scharfrichter’ erkliertt: ‘erklärt’ erachten: ‘denken’ vberhoben: ‘(dessen) erlassen, entledigt’

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Abb. 24: Stadtarchiv Erkelenz, Bestand 1C 22c, S. 4

FRIEDBERG 1620 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Friedberg (Hessen) 1620 Handschrift Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand E 9, Nr. 1730 1–12 (eigene Zählung) Rehbaum-Keller (1994) Ruhl (1990), Waas (1908)

Inhalt Der vergleichsweise lange Text wurde in die Edition aufgenommen, weil er auf eindrückliche Weise das in mehreren Verhören mit und ohne Folter entstehende Hin und Her in den Aussagen der Angeklagten dokumentiert. Im Anschluss an die Folter bzw. später bereits beim Anblick des Scharfrichters gesteht Elisabeth Geyer nicht nur ungezählte promiskuitive Kontakte mit Männern jeglicher Art – die in einem letzten Appell an den Bürgermeister wieder geleugnet und im Wesentlichen auf Juden reduziert werden –, sondern auch typische Hexereidelikte (Teufelspakt, Schadenszauber etc.).

Schrift und Sprache Trotz eines auf den ersten Blick sauberen Schriftbildes finden sich in den Protokollen zahlreiche kleinere Korrekturen und nachträgliche Ergänzungen. Insbesondere die häufig fehlenden Wortzwischenräume erschweren das Lesen. Zu erwähnen ist außer einer Reihe von Schreibversehen (nichst, ides mahls, Jmandt etc.) die Verwendung doppelter Negation (vndt ist auch kein einiger bluts drop daruf nit erfolget). Westmitteldeutschen Ursprungs sind lediglich einige wenige Besonderheiten wie etwa die Vokalsenkung bei bronen, grondt, Poluer etc. oder Lexeme wie bluts drop, gepiffen, peiffer. Korrekturen wie fol zu vol, Rauben zu Raupen sowie die Hyperkorrektur pfein für ‘Pein’ zeugen von einem gut entwickelten Sprachbewusstsein des Schreibers.

Friedberg 1620

209 [1] Actum den 15[ten] Martii a[nn]o 1620.

N[ota]B[ene] Geyer Els hat sich an genohmen als ob sie vber ihren Leib geschwollen die fuß erfroen vndt die rotte ruhr habe, der keines aber an ir nit ist worden befunden

Als an heut Geyer Els abermals in der gutte gefragt worden sollen, seindt ir zuuohr alle vorige Vrgichten verstendtlich vorgeleßen worden ªwarzue sie sich nochmahlß, wie zue vor bekanth,º Daruf ir zuuerstehen geben worden, das dißes alles an seinen ortt gelaßen worden, vndt was ferners vorgenohmen werden wurde demselben nichst [!] benehmen solte; vndt dem nach sie vf den inhalt der eingeholten rechts belehrung zu forderst, auch in der gutte erinnerlich befraget worden, aber nichst [!] gestehen wollen, So ist sie daruf peinlich gefragt worden, vndt hatt darnach, als sie von d[er] folter gelaßen worden gefragt worden+ gestanden, das ir geuatter Feltin ir zu Franckfurth zugemutet das sie bei im schlaffen wolle, aber sie habe es ime abgeschlagen, darnach hette sie der Alte Gurttelern man Martin in ihrem hauß auch ein Mal betrogen, welcher nunmehro gestorben, Item meine sie der Cronen wirth hette mit ir zu Aßenheim, wie er noch daselbsten gewohnet, auch in vnpflichten zu thun gehapt, vndt daßelbig nur ein mal Item Adam Palthein[en] so nunmehr todt, wie er alhir noch vfm hack gewohnet, hette auch mit ir zu thun gehapt, Item [INT] ªhette auch mitº ein hoßen stricker gesellen zu thun gehapt, sey nit zu+ [INT] ªsoº Lang, were in ihrem hauß geschehen, Item mit dem kleinen Samuel dem Juden im Nauheimerfelt, hette ir ein halben reichs thaler zu lohn geben, wer vngefehr vor einem iar beschehen, Item mit Johan Gößwein dem Balbirer, wehre im fauerbacher felt im garten, Länger, dan vorm [2] iar beschehen, hette ir auß Franckfurth ir Cramer gezeug gefuhret, Item mitt einem Becker Cloß Fechen, were in einem garten vorm Maintzer thor geschehen, Item mitt

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Der Marginaleintrag ist mit zwei geschweiften Klammern markiert. sich angenohmen: ‘vorgetäuscht’ worden: wohl ‘werden’ Vrgichten: hier ‘Geständnisse, Aussagen’ rotte ruhr: ‘rote Ruhr’ (mit blutigen Ausscheidungen verbundene Krankheit) geuatter: ‘Taufpate’ in vnpflichten: ‘in Unehe, in wilder Ehe’ Balbirer: ‘Barbier’ Cramer gezeug: ‘Krämerwaren’

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Michel Dägen so auch verstorben, Item mitt hanß Beyern so auch verstorben, vndt sie dar zu gezwungen, Item mit ihrem geuatter Feltin, were zu Franckfurth im wirths hauß geschehen, ein+ in einer Cammer, were stehendt verricht worden, wehre vmb zwei iahr, Item mit hanß Sölnern zum [INT] ªgräwenº Wolff, were dero zeit noch leddig geweßen, aber doch darum veriaget worden, im Fauerbecher felt, hinder einem zaun, Item mitt einem vorm Maintzer thor, Johannen, welcher zu weiln holtz gehauen, Item mitt dem Geßer, wie er noch alhir geweßen, Item mit wendel Meußern welcher der zeit noch kein weib gehapt, wer druncken geweßen, vndt im felt geschehen, Item mit hanß herman dem honigkuchen becker, wehre in seinem hauß vor vngefehr vier iarn ªvfm gangkº geschehen, wie sie Neu iarer hette bei im geholt, Doch wer er nit recht fertig worden, dan auch andere leuth kommen, welche honig kuchen hetten wollen hollen, N[ota]B[ene]+, Item mit N[omen] N[ominandum], wie er noch alhir zue N. gewohnet, ~ Item mit einem Muntzer gesellen, welcher nun mehr hinweg gezogen, Item mit dem Dicken Eliaßen in der Juden gaßen in seinem hauß, an der wanth, Item mit oßer Rastenhaußen Juden, bey wißelsheim an der Mul, Item mit M. Nicolao Detwein, in ihrem hauß, darin er wein getruncken Item mit Engelhart Kempfen wie er noch vfm hagk gewohnet, Item mit dem Genßfußer Item [3] Item mit dem Schreiner vorm Maintzer thor, welcher aber dero zeit noch leddig geweßen, Item mitt thomas Bauchen Sohn Johannen dem Ledigen, were in ihrem hauß geschehen, Item mitt henrich Rueln dem hirsch wirth wehre im felt geschehen wie sie meinte, hatt aber in als es ir wider vorgeleßen worden, entschuldiget vndt gesagt, sie hette ihren geuattern henrich den Genßfußer gemeinet, Item mitt Melchior haaßen, wehr lenger dan vorm iar beschehen, Item mitt henrich krotten in seinem wittib standt, were in ihrem hauß geschehen, darin er wein getruncken, Item mitt hartman thomaßen in ihrem 45 56 82

vmb zwei iahr: ‘etwa zwei Jahre her’ Neu iarer: ‘Neujahrsgebäck’ wittib standt: ‘Witwerschaft’

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211 hauß in der stuben da er noch ledig geweßen, hatt dißen aber bei der ableßung auch entschuldiget, Item mit Frantz Eckharten in ihrem hauß, auch in der stuben am offen, Item mitt Johann Fauerbachen, Metzgern hartman Fauerbachs Sohn, in ihrer stuben+ stuben, Item mit Donges weißen [INT] ªwehreº zu Franckfurth geschehen vor vier iaren, were aber aller vol geweßen, Item mit Johann weidern Seylern vor zwey iarn, were bey Breuneßs heim geschehen, wie sie mit einander auß Franckfurth gangen ªItem mit hartman Eobalden, alß er noch ledig gewesen, zue Franckfurth, in her Andemß hauß,º hatt aber nach [INT] ªgehendsº dißen auch entschuldiget, Sonsten wuste sie auch, wie einer vf den Nußbaum (die Manschafft zu nehmen gemeinet) könde gesetzt werd[en], Nemblich wan einer ein Neu schloß Kauffte, vor den wertt, wie es gebotten wurde, vndt schleust das selbig wan braut vndt brautgam vorm Althar die handt zu samen gebe[n], ins Teuffels nahmen zu, vndt

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[4] vndt thette es in einen bronen werffen, vndt so lang das schloß darinen blibe, so konde nicht wider geholffen werden, Item Konde man des gleichen mit einer toden nadel, wan dieselbe in die Netzen [INT] ªod[er] manttelº des Brautgams gestochen wurden+, verrichten, werden+, Des gleichen hette sie ein alt weib zu Nauheim mit nahmen huner Merg ins teuffels nahmen getauffet, das sie dem herrn Christo hette ab, vndt dem teuffel zu saagen mußen, welche ir ein buhlen, den sie feder hanß geheißen, gegeb[en], welcher ein dicker kerles geweßen, hette ihr ein thaler geben, were aber doch keiner geweßen, sondern ein Kol darauß worden, den sie hinweg geworffen, Were im hauß Ern getaufft worden, vndt hette sie sopalt mit Ihm vnzucht getriben, were geweßen wie Kalt Eyß, hette ir auch vf den Kopf gegriffen, so ir wehe gethan, hiruf dem Scharpfrichter befohlen worden, 86 91 92 98 101 108 110 118

ableßung: ‘Vorlesung’ vol: aus fol verbessert Seylern: ‘Seiler’ die Manschafft zu nehmen: ‘die Männlichkeit zu nehmen, Impotenz zu bewirken’ schleust: ‘schließt’ nicht wider geholffen: ‘nichts dagegen getan’ nadel: aus nagel verbessert kerles: ‘Kerl’

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nach dem zeichen so gemeinlich solche leuth zuhaben pflegen, zu sehen, hatt derselbe sopalt angezeigtt, sie hette solches mitten vf der stirn stehn, welches er daruor erkande, vndt als er mit einem Instrument darin gestochen, hatt sie kein schmertzen darob empfunden, vndt ist auch kein einiger bluts drop daruf nit erfolget, oder hernacher gangen, sie aber hatt vorgeben, das sie solch zeichen vor 27 iahrn gefallen, ferners sagt sie hette [INT] ªIhrº ein Schwartz puluer von ihrem geseln empfangen, dem viehe darmit zuuergeben, aber sie hette keinem viehe, noch menschen damit schaden gethan, Item der teuffel wehr [5] wehr im gefengnus zu ir kommen, Oben vber dem gefengnus rost, vndt hette sie geheißen, das sie sich vmbringen soltte, sie aber hette gesagt, da soltte sie Gott vorbehutten, Endtlich sagt sie der teuffel hette sie selbsten getaufft, Item sie hette das Poluer an Jacob dalbans hundt, vndt einem Ferckeln zu Nauheim so huner Mergen zugestanden Probiret, so daruon gestorben, aber das Ferckeln hette sie wider bezaltt, Item sie hette zwen Muller mitt der toden Nattel vf den Noßbaum gesetzt, vndt vergebens wider daruon geholffen, Item winders Margretha könde auch zaubern, dan sie ia ihrem man etwas ingeben, das er sie hette nehmen mußen, welches sie gedencken Konde, Item die Leßhornin konde auch zaubern, Item Johann Munchen frau, Item Creingen zu Nauheim beim Pul, der Man ein Meuerer geweßen, were mit ihrer ComPanj vf dem tantz geweßen, bei Nauheim vfm Alze köpel, welche weiber sich stoltz hetten angethan, hetten Eßen vndt trincken gehapt, were vf einem beßem ihrer thur hinauß gefahren, den sie mit einer salben geschmiret, hette gedantzet, were ein frembder peiffer geweßen der ihnen gepiffen, sie hette eingeschenckt, 130 133 135 141 142 152 156 161 162

einiger: ‘einziger’ bluts drop: ‘Blutstropfen’ iahrn: ‘Jahren’ zuuergeben: ‘zu vergiften’ rost: ‘Gitter’ da soltte sie Gott vorbehutten: ‘davor sollte sie Gott behüten’ ingeben: ‘eingegeben’ (einen Liebestrank) ComPanj: ‘Kumpanei’ peiffer: ‘Pfeifer’ gepiffen: ‘gepfiffen’

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213 vndt darnach mit einem kuß wider von ihrem buhlen gescheiden, were auch ein Judin alhir auß der gaßen die dicke Ayle genant darbei geweßen, Des gleichen auch Lebber vrsel, vndt Caußen Ann vndt [6] vndt Brem vrsel+ Endersten Frauw im hospittal, wie auch sonsten ein alt weib im hospittal, so ein schram im backen hette, were vfm tantz von etzlichen begertt worden, das man den wein verderbe[n] solte, aber sie hette daruor gebetten, weil sie alle gern wein gedruncken. Endtlich sagt sie die altte gurtelern hette sie vor drei iahrn in bey sein huner Mergen von Nauheim zaubern gelernet, Item wer ein altte frauw hinder des Schulteißen hauß, so auch zaubern konde, welches sie daruor hiltte wiste es aber nit gewiß, Item Ruppels Gutta in der Schirn gaßen wiste nit eigentlich den grundt, deßgleichen die Dalbeßen, welche aber nit mit vfm tantz geweßen, Item Dop Catharin, welche sie vermeint vfm tantz gesehen zu haben, wiste es aber nit eigentlich, Item Brem Margreth die KindtAmme, welche sie auch vermeint zu+ gesehen zuhaben, vfm tantz, wiste es aber nit gar eben, Ist hiruf wider ins gefengnus gebracht worden, Actum den 18[ten] Marti[i] a[nn]o 1620. An heut ist Geyer Els in der gutte abermals vf vor beschribene Puncten erinnert, vndt ob sie derren noch gestendig befragt worden, Daruf sie gesagt, sie hette allen mit einander so wol Mans als weibs Persohn, vndt sonderlich ir selbsten auch vnrecht gethan, Gott wolte es ir verzeihen, dan sie kein zauberin were, vndt hette auch mit keinem einigen menschen mehr als den

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[7] den Jenigen die sie zuforderst in der gutte bekandt in vnpflichten zu thun gehapt, darzu sie der Schelmische Juden bauer anfenglich verreitzet, vf andere Persohnen hette sie wegen der großen pfein, damit sie gemartert

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nit gar eben: ‘nicht genau’ verreitzet: ‘angereizt, verführt’ pfein: ‘Pein, Schmerz’

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worden, bekandt, vndt wehr auch in ihrem Kopf gantz irr geweßen, den sie nit mehr wiste was sie bekandt hette, Actum Montags den 20[ten] Martii 1620 An heut nach mittag vmb zwei vhr hatt Geyer Els bei der guttlichen verhor von Freyen stucken außgesagt das sie [INT] ªesº reu hette, das sie am nechst verwichenem Sampstag hette die herrn, so zu ir gangen, ohne grundtliche antwortt von sich gehen laßen, vndt als sie befragt worden, ob nit Jemandt bei ir geweßen+ beim gefengnus geweßen, hatt sie daruf auß gesagt, sie hiltte daruohr hanß Sölner zum grauen wolff oder Frantz Eckhartt, wer abents vmb Acht vhr bei des gefengnus Komen, vndt sie gefraget, ob sie gefoltert worden, vndt als sie geantworttet Ja, habe er ferners gesagt, ob sie vff vil bekandt hette, daruf sie zur antwortt geben, sie hette mehr bekändt, als ir lib wehre, woruf er gesagt, warumb sie dan nitt wider Leugnete, 2 Hatt sie gesagt die drey weiber im hospittal wie auch die Leßthornin vndt Johann Munchen frauw werren die recht schuldigen, so zaubern könden, wie auch Margretha die kue schell, werren bei samen vf dem Altzen kippel geweßen, daher sie es wuste, den and[er]n weibern alle hette sie vnrecht gethan, [8] 3 Sie werre alhir in der gurttelern hauß getaufft worden, dabei ein alt weib von Nauheim geweßen hette aber sie Elisabeth sehr geschrien, sopalt sie wider auß dem hauß gangen, 4 Ob sie mit dem fedder hanßen sich fleischlich vermischet Ja, nur ein mal, were kalt wie Eiß geweßen, 5 Ob vndt wieuil menner sie vf den Nußbaum gesetzt, Anttwortt Ja, zwen Muller, wie sie vor disem bei der folter auch bekandt 6 Ob sie auch vf dem tantz geweßen, sagt ia ein mahl oder drei [INT] ªdarbeyº von vnderschidtlichen ortten auch dorf weiber geweßen, vndt ides mahls vf dem Altzen koppel geschehen, 214 221

reu hette: ‘bereue’ Frantz: aus Franck verbessert

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215 7 Ob sie von obbenanten weibern wuste, wan, vndt wie sie schaden gethan, Nein one das die Leßthornin in ge schrey geweßen das sie hette Raupen gemachtt, 8 Nach folgende Persohn so mit ir zu thun gehapt haben sollen, hatt Geyer Els entschuldiget, Nemblich Cloß Fechen, Johannen den holtz hauer, mit wendel Meußern wiste sie es nit eigentlich es muste ein weil sein, endtlich sagt sie es sey im franckfurtter felt mit im geschehen, 9 Mit hanß herman, were es beschehen wie er truncken geweßen vndt in seiner stuben geschehen.

Mit thomas+ An stadt des dicken Eliia Nennet sie den Schmalheimer Juden, sein ein dicker kerlen, habe im ein Bett tuch abgekaufft, sei fol geweßen, vndtt die vnzucht in der Kuchen geschehen, sagt darneben die Juden seyen vil reger als die Christen in dißem handel, den Schreiner vor dem Maintzer thor entschuldiget sie, sei nit geschehen. Mit thomas [9] Mit Thomas Bauchen Sohn Johanneßen sey es auch nit geschehen, Endtlich gestundt sie es sey ein mahl in ihrer stuben geschehen, Item mitt henrich Rueln sey es nit geschehen, Item Milchior haaßen entschuldiget sie auch, Mit hartman thomaßen sei es nit geschehen, Mit Frantz Eckhartten sei es vf dem Franckfurtter weg bei Breunelsheim geschehen, doch nit in ihrer stuben, Sie entschuldiget auch Johann Fauerbachen Metzgern, er habe selbsten ein hubsche frauw, Sey [INT] ªzwarº mit Dönges weißen geschehen, wuste aber nit ob er solches gewust habe, den er sehr truncken geweßen, Johan weidern Seilern entschuldiget sie auch ªmit hartman Eobalden sey es auch nit geschehen,º Item sie sagt der fedder hanß habe vnzucht mit ir treiben wolen, da habe sie es nit leiden wollen, den sie habe sehr fleißig gebetten, Geyer Els nachmals grundtlich+ [INT] ªgutlichº erinnert, ob sie nit [INT] ªmehrº wiste, hatt daruf endtlich die Bur+ Bur251 252 256 262 280 290

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one das: ‘abgesehen davon, dass’ Raupen: aus Rauben verbessert ein weil: ‘eine Zeit her’ Mit thomas+: Diese Streichung zeigt an, dass die folgende Passage nachträglich eingefügt wurde. Sey: aus Seit verbessert Burstebenderin: ‘Bürstenbinderin’

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Westliches Mitteldeutschland stebenderin in der vßer gaßen angezeigt, sie sey auch eine; wiße es daher das sie vf dem tantz geweßen,

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Actum den 24[ten] Martii a[nn]o 1620. An heut ist Geyer Els erstlich in der gutte abermals befragt worden, da sie gesagt, sie wolte dabei leben vndt sterben, das sie den Jenigen

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[10] so sie wider [INT] ªentº e+schuldiget hette, vnrecht gethan, den and[er]n aber so sie nit entschuldiget hette sie recht gethan, Vndt souil erstlich Johan Gößwein belangendt hette derselbig mit ir bei Breunelsheim, wie sie auß Franckfurth mit ein ander gangen, in vnpflichten zu thun gehabt, mit welchem sie ir zeug so er daselbsten gekaufft, naher fridtbergk fuhren laßen, welches Clauber Dönges vf seinem kern gehapt, Thomæ bauchen Sohn Johannen hatt sie wider entschuldiget, habe im vnrecht gethan, weil er sie hette+ hette vbel gescholtten, Sagt ir vetter Nicolas hette ein Maidtlein von Wambach des Schloßers tochtter, ein gantze nacht vf dem Nacken bauch gelegen, derren vetter im nach gehends zehen gulden hette geben mußen, Henrich krott vndt ir geuatter Feltin seyen auch schuldig, Bernhardt Windecker vndt …+ N[omen] N [ominandum] seyen auch vnschuldig, hatt solches von dißen beyden in gratiam examinatorum auß gesagt, Endtlich sagt sie es sey kein einiger in dißer stadt, außerhalb ihres vetters, vndt des dalbans, so ferner ihres leibs schuldig worden, auch könne sie nit zaubern, vndt wiße von keinen zauberinnen Dan was sie bekandt, hette sie wegen großer schmertzen ªvnd forcht vor der voltterº gethan, vndt was sie von der zauberey bekandt, hette sie auß der hirttin, so vor etzlichen

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[11] Villen iarn zauberej halben verbrandt worden, mundt gehorret, vndt wen sie itzo hette hinge-

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In dieser Zeile befindet sich ein großer Tintenfleck, der die Lesbarkeit erheblich beeinträchtigt. naher: ‘nach’ Clauber: aus Klauber verbessert hingethan: ‘hingerichtet’

Friedberg 1620

217 than werden sollen, so woltte sie alle [INT] ªdochº solche Persohn vor ihrem todt, offentlich entschuldiget haben, Inmittelst als ir der Scharpfrichter vnder augen gestelt, vndt sie darmitt geschreckt worden, hatt sie, nach seinem abtrit, wider vf die vorige weiber so sie den 20[ten] Martii 1620 genant, bekandt, mit eben den vmb stenden so daselbst zu finden, Hiruf so ist sie auß der stuben gefuhret worden, vndt hatt darnach selbsten wider hinein begertt, die warheit von sich zu saagen, Daruf bekandt, sie wer zwar ein zauberin, hette aber Nimandt verzaubert, wise auch nit, ob die ander weiber Jmandt verzaubert hetten oder nit+, Sonsten allen Manß Persohn so sie genennet wehren an ihrem leib vnschuldig daruf sie wolte leben vndt sterben ~ Außerhalb des Samuels von Beyenheimb, des dicken Judens, welchem sie hette ein Bettuch abgekaufft, were die vnzucht in ihrer Kuchen geschehen, wie auch Oster Rostenhaußens Juden wolffens Sohns, were im wißelsheimer grondt geschehen, des gleichen des kleinen Samuels, were im Nauheimer felt geschehen, Sonsten hetten sie vf dem tantz kalt fleisch, vndt gutten wein gehapt Da [12] Da sie hetten+ ein geschenckt, weren daruf in einem augenblick wider daruon gefahren, da sie ihren bullen auf den Arßbacken hette gekußet, were ein heßisch+ hel+ßlicher hundt geweßen, Letztlichen hatt sie obiges alles wider mit heulen vndt weinen, reuociret ~ vndt hatt wider ins gefengnus gefuhret werden sollen, Ehe aber sie hin ein komen, hatt sie des Jungern H[erren] Burgermeisters begertt vndt demselben angezeigt, das sie mitt der hexerej+ Hexen vndt zauberei die rechte warheit gesagt, vndt inen nit vnrecht gethan, aber alle burger wehren vnschuldig außer derren, vf welche sie hiebeuohr in der gutte bekandt,

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des: aus dem verbessert Rostenhaußens: aus Roßenhaußens verbessert bullen: ‘Buhlen, Liebhaber’

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Westliches Mitteldeutschland

Abb. 25: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand E 9, Nr. 1730, Bl. 9

GAUGREHWEILER 1610 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Gaugrehweiler 1610 (collectum 1629) Handschrift Landesarchiv Speyer, Bestand C 41, Nr. 23/1 10r–12r (Archivzählung) – Baumgarten (1991), Baumgarten (1987)

Inhalt Appolonia Hess aus der Rheingrafschaft (Rheingau) wird am 6. Mai 1610 vermutlich aufgrund der Anzeige eines Viehhirten verhaftet, der glaubt, sie habe ihm eine Kuh verzaubert und umgebracht. Auf der Grundlage von Indizien wird ein Fragenkatalog mit 14 Punkten erstellt, anhand dessen sie zweimal gütlich verhört wird. Erwähnenswert ist, dass einer der Verhörenden (der Oberschultheiß Wolfgang Sohn) selbst angeblich durch ihre Zauberei geschädigt wurde. Im Folgenden wird das zweite Verhör vom 22. Juni 1610 wiedergegeben. Hier verteidigt Appolonia Hess sich gegen alle Anklagepunkte und gesteht lediglich, Salben aus Kräutern herstellen zu können. Von besonderer Bedeutung ist hier – wie in anderen Fällen – die den Anklagevorwurf verstärkende Tatsache, dass sie früher geäußerte Vorwürfe hat „auf sich sitzen lassen“ und nicht dagegen vorgegangen ist. Nachdem das Verfahren einige Monate geruht hat, gesteht sie nach Androhung der Folter im Oktober desselben Jahres in weiteren Verhören unter anderem Abtreibung und Hexerei. Ende Oktober wird Appolonia Hess auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Schrift und Sprache Ein Problem stellen bei diesem Schreiber die Getrennt- und Zusammenschreibungen dar. Die Zeichenabstände sind, besonders nach ¢s² und ¢st², zum Teil recht groß geraten, so dass man nicht immer mit Sicherheit feststellen kann, ob der Schreiber das betreffende Wort (z. B. ausdragen, Z. 29, vgl. auch Faksimile) getrennt oder zusammen schreiben wollte. Die Handschrift ist insgesamt flüchtig. An mehreren Stellen wird eine Umorientierung bzw. Ergänzung des Argumentationsganges erkennbar, insofern als Inhalte modifiziert werden (vgl. etwa Z. 47 ff., Z. 80 f. und Z. 91 ff.). Die Wortstellung in einer Reihe von Nebensätzen wie auch die generell große Menge an Verbesserungen etc. deuten auf eine Protokollmitschrift hin. Auffällig ist der ausgesprochen geringe Anteil an Latinismen.

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Westliches Mitteldeutschland [10r] Güttlich Examen Appolonien h e s s e n lenhartß zu Greweiler hausfrauen Weg[en] Verdechtigter Zauberei In beisein Matteiß Vhln vnd Gerhart beckerß beid[er] vnd schultes[en] Matteß rupen Philipß von Weilburg vnd Matteß Von Platten gerichtscheffen zu greweiller den 22[ten] Junii A[nn]o p[erge] 1610. durch h[err]n Geörg hanß Schwan Kellern zu Creutzenach vnd Wolffgang Sohn Sel+ Oberschulteißen Will nicht gestehen d[as] sie zaubern könne gesteth doch daß vff ein Walpurg tage zu morgen alß sie Melchior Cronsperg[er] nackent gefund[en] ein schüssell voll dhau gefast vnd die zän darmit gespüelet, Im namen des vatters, sohns vnd heilig[en] geistes solches hab sie ein bettell frau Ir gelehrnet das sie es brauchen solle vnd[er] freyem himmell, Nackent vnuersproch[en] Gefragt word[en], ob sie nicht einsmal heinrich Meurern zu Grebweiler ein kindt vff freyer gassen angriffen vnd ob sie nicht demselben sein kindt kranck od[er] gesundt gemacht, Sie Appolonia nichts gestehen wöllen, Ohn angesehen das sie d[er]selben that halben beim Ambt Rheingrauenstein beClagt word[en] Ihr vff erlegt das sie Ire sach ausdragen sollen Jedoch ersitzen lasen vnd nicht geschehen Appolonia geant wort das sey war weill er heinrich geschwieg[en] [10v] habe sie es auch ersitzen vnd beruhen lasen sey[en] wiedrumb gute Nachpauren gewesenn; Gefragt word[en] ob sie konne salben mache[n] sie daruff geantwort, Ja, aus gutem g[e] kräut, so in den garten vnd wiesenn wachse, diese stück benent zu d[er] salbenn

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Greweiler: Im 17. Jahrhundert existierten die Ortsnamenvarianten Greweiler, Grebweyler und Gaugräweyler nebeneinander. dhau: ‘Tau’ Rheingrauenstein: Rheingrafenstein ersitzen lasen: ‘es darauf beruhen lassen’ sey[en]: Auf dieser Seite sind die Zeilenenden wegen der knappen Heftung oft nicht lesbar. Eckige Klammern markieren hier somit sinnvolle Ergänzungen der Herausgeber und nicht – wie sonst – Auflösungen von Abkürzungen.

Gaugrehweiler 1610 zu brauchen, vberartz[en], Sanickell Stoltzer heinrich mit Mey butter zur salb[en] gemacht Gefragt word[en], Ob sie nicht einmal Wolf gang Sohnen des Oberschulteisen docht[er] lein angrieffen Sie nichts gestehenn wollen vnd da sie weiter gefragt word[en] ob sie nicht domals geredt man könne dem kindt nicht wied[er]+ [INT] ªnoch wolº helffen es sey den+ [INT] ªweilº d[er] 9 [te] [INT] ªnoch nitº furuber dieses auch nicht gestehen wollen, [INT] ªwelches sie doch e[rst]lich als sie diser Na[ch]richter geseh[en] gestand[en]º Gefragt word[en], warumb sie dan selbsten dem kindt raht gesucht bey d[er] verstorbe nen Ammen zu Alsentz Sie geantwo[rtet] Weil sie eben doselbsten gelt zu ford[er]nn gehabt hab sie des kindts halben bey d[er] Ammen sich befragt dieselbe Ihr ein kraut ritterspor genandt mitgetheilet daselbe habe sie d[er] schulteisin ªmit Ihrer Appolonien schwester zu haus geschicktº bracht+, sie dan+ vnd gesagt sie solle nun d[as] kin[dt] druber trincken lasen Gefragt word[en] Wer nun+ die Ammen angelangt die+ Sie geantwort der schulteis die Ammen selbst holen wollen davon …+ ªdemº schulteis nichts bewust [11r] Gefragt word[en] Ob die schaffhirtin + Gefragt word[en] Ob die hirten sie nicht offt mal haben müsen zurückhalten dan sie alzeit wen d[as] vihe ausgetrieben word[en] nachgeylet das die hirten vnwillig word[en] respondit was sie hette sollen vnd[er] dem vihe thun auch nichts klarlichs ausred[en] wöllen 40 41 51 52 59 65 74 76

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Sanickell: Heilkraut Stoltzer Heinrich: Heilkraut (‘Gänsefuß’) welches … gestand [en]: Der Satz wurde nachträglich hinter dem Absatz eingefügt und ist deshalb mehrfach umgebrochen und an den Zeilenenden abgeschnitten: welches sie doch e[rst] / lich als sie diser Na[ch] / richter geseh[en] gestand [en]. Na[ch]richter: ‘Scharfrichter, Henker’ mitgetheilet: ‘gegeben’ angelangt: ‘verlangt’ nachgeylet: ‘nachgeeilt’ klarlichs: ‘Klares, Eindeutiges’

Westliches Mitteldeutschland

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Gefragt word[en] ob nicht d[er] kuehirt zu grebweyler sie Appolonien ªin beysein zweyer gerichtspersonen philips bend[er] vndt matthes Rupenº vnd die+ schaffhirtin+ angesprochen er habe eine krancke kue d[as] sie Ime dieselbe wolt[e] gesundt machen R[espon]dit Es sey geschehen d[as] er zu Ir Appolonien kommen sagende wie Ime ein schaden zu haus kommen er d[er] kuehirt gehört hette sie solte es Ime kehren können wo nicht wolte er d[er] kuehirt also balt nach Rhein grauen stein gehen vnd sie anClagen sie Appolonia aber Ime geantwort Wo er solches gegen sie furnemen wolte muste sie darvon gehen wie sie dan darvon gang[en] .8. tag lang ausflüchtig gewesen vnd inmittels mit brott betteln sich erhalten, zum ersten mal als sie hinweg gangen Ihr stieffsohn hans hess sie beim Alsentz[er] weg sitzendt gefunden+ ªda solt sie gott fur behuten dan sie Ime die kue nicht kranck gemacht könne sie Ime dieselbe auch nicht gesundt machen, daruff sie hinweg gang[en] als sie eben bey den Alsentzer wegk auff den Erbpusch kömmen habe sie Ihr stieffsohn erEylet vnd sie mit guten wortten dahin vermögt d[as] sie mit Ime wiedrumb nach haus gekeret Nach dem sie aber von Irem Man verstand[en] d[as] sie des aus weichens halben von dem küehirten beClagt vnd furgenommen werd[en] solt, hab Ihre sach durch Ihr ab weichens böser gemachtt sey derhalben sein raht da sie sich sicher wüste+º [11v] Gefragt Ob nicht Ihr stieffsohn die vr sach gefragt warumb sie hinweg gang[en] R[espon]dit Ja sie habe Ime gesagt sie sey aus forcht hinweg gang[en] dan sie könne noch Wisse die kue nicht+ wie drumb gesundt zu machen so sey die Obrigkeit streng mögte sie etwa zue hafften ziehen. Da sey Ihr man Lenhart zu Nacht Wächter gewesen, vndt als er von der Nacht heim kommen zu Ihr App87 115

kehren: ‘umkehren, wenden, abwenden’ wie drumb: ‘wiederum’

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Gaugrehweiler 1610 olonien gesagt, O Appell ªAppellº wie wi[rd] dirs doch so vbell gehen, dan sie woll[en] dich Morg[en] furnemen W+ vnd frag[en] warumb du seyest hin weg gangen werstu doch daheimb blieben, daruff sie Morgens vmb .2. vhrn [INT] ªwiederº hinweg gang[en] Erstlich nach[er] holgart da sie [INT] ªbeyº 4 verharret, furtter hin vnd wied[er] betteln gang[en], dergleichen zu Alsentz[en] 2 nacht beim scheffer vffgehaltenn, furtter selbsten wied[er] nach[er] haus gang[en] vnd eingezog[en] worden, Will nicht gestehen das sie vnd die schaffhirtin die knie gegen einand[er] gekeret vnd auff d[er] Erd[en] gesessen vnd als sie ein gezog[en] word[en] vnd von veltin dem küehirten Ir gedrohet word[en] sie sich erbotten ªaus forcht d[er] gefengnis vnd friedlebens willenº die halbe kue zu bezalen, dan veltin d[er] küehirt hette gesagt er wolte Ir den kopff vff haug[en] vnd ein Arm Abhaug[en] [12r] Bekent furters sey vor vngefehrlich 25 Ja ren zu Altzey wonhafft gewesen ein Man mit Namen Stoffels Becker zur Ehe gehabt mit dem selben ein kindt mit Namen heinrich erzielet, welches 22 wochen alt gewesen, Als es gestorben vnd Ir Man im krieg gewesenn hab sie es vff den Geörg[en] kirchoff ªzu Altzeyº begra ben lasen,

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nach[er] holgart da …: ‘nach Holgart, wo …‘ furtter: ‘ferner, darauf, weiter’ eingezog[en]: ‘in Haft genommen’ erzielet: ‘bekommen’

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Abb. 26: Landesarchiv Speyer, Bestand C 41, Nr. 23/1, fol. 10r

HAMM 1592 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Hamm (Eifel) 1592 Handschrift Archives nationales de Luxembourg, Abt. 15, Nr. 233 49r–50v (Originalzählung) – Cordie (1922)

Inhalt Die wegen Zaubereiverdachts verhaftete Trein (Katharina) Jonckers wird am 12. März 1592 der peinlichen Befragung unterzogen. Anlass dafür ist die Klage von Theiß Meyer. Unter der Folter bekennt sie sich zahlreicher typischer Hexereidelikte wie z.B. der Teufelsbuhlschaft, der Teilnahme an Hexentänzen und des Wetterzaubers schuldig. Zudem besagt sie eine Reihe weiterer Personen. Im direkten Anschluss an das Verhör fordert der Kläger für Katharina Jonckers die Todesstrafe.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in einer sauberen, jedoch z.T. kleinen und engen Schrift verfasst, was die Lesbarkeit in manchen Fällen beeinträchtigt. Die Buchstaben ¢r², ¢n², ¢m², ¢e² und ¢i² lassen sich oft nur schwer auseinander halten. Der hochdeutsche Duktus des Textes ist durch eine sehr verschachtelte Syntax mit afiniten Teilsätzen u.ä. schwer verständlich. Gerade im weiteren Verlauf der Protokollierung (ab Folio 50r Mitte etwa) finden sich z.T. verwirrende Einschübe, Korrekturen und Marginalien. Hier hat der Schreiber seinen Text bisweilen erheblich verkompliziert. Mit der Region verknüpfte schreibsprachliche Merkmale finden sich z.B. in der gh-Schreibung im Auslaut (vgl. wenigh, abwegh, gnugh, verlaugnungh). Auffällig sind die -bourgh-Schreibungen (Lutzembourgh, Malbourgh etc.), die durch die Nähe zu Frankreich bedingt sein mögen. Als Zeichen einer Orientierung an oberdeutsch-bairischer Schreibkultur könnte man die häufigen kh-Schreibungen ansehen (Erkhendtnuß, khunnen, khindt u.a.).

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[49r] Ahm xii[ten] Martii p[erge] 92 Erscheint Meyers Theiß von Hermesdorff formall Cleg[er] geg[en] vnd wieder Joncker hanßen frauwe Trein zu Waßendorff [?] zauberej halb behafftin andern theils, Vnd pitt vnd begert die bey dem Rechtsgelert[en] außprachte Aduis zueroffnen, vnd Daruff Erkhendtnuß mitzutheillen verhoffentlich eß solte durch Richter vnd Gericht erkhendt werden, Jenen Clegern der hafftungh domit er verstrickt ledigh, zu geben, Vnd aber die behafftin In tortur condemniert werden

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Demnach Erkhennen Richter vnd Gericht vermitz deme des Cleger bey [INT] ªEydtº sich Erklert hatt, auß keinem neydt vnd haß dieße anclage gethain, Auch von nhiemandts vffgeworffen noch neüiche vncosten Ime zu steuweren wust+ zu bekho[m]men wust, In dem fall der behafftungh ledigh zu sein, Vnd demnach die behafftin abermhals vff die clage puncten, Vrgichten, vnd alle circumstantien gefhuerter Zeugen zu erfragen, Vnd Imfall sie vber alles bey Irem verneinen verpleiben wurdt+, vnd nichß zu Ihrer Justification vurpreng[en] wurdt soll alßdan Ihr die folter gantz hefftigh mit ansraubungh der peinlichen stricken gedrauwet vnd vff fernere vngestendigheit wurcklich edoch massigklich mit anhangendem gewicht douern nöttigh, alles In einem vnuerucktem handell vnd actu angestrengt vnd beladen werden, demnach ferner zu beschehen was Recht Außgelaß[en] zu Ham vff tagh vnd Jhar obselb[iges]

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Nach außlaßungh Is+ dießes Erkhendtnuß Ist behafftin vurgenhomen worden+, Auch vff alle vnd Jede gesetzte clage puncten vnd vrgicht[en] vermöge Jetz angeregt[en] erkhendtnuß erfragt worden+ ªvnd die tortur gantz hefftigh co[m]minirt wordenº In beysein des Nachrichters so+ ªdwelcher vnd+ vff vngestendigheitº seine Instrumenten vnd peinliche strick wurcklich angelegt vnd als gleich do sie angezog[en] ªvnd also etwas+º worden wie folgt angefangen zu sagen, ohne Ichts von der Erden vffgezog[en] bey Ihrer seelen whar sein, das vngeuarlich vur zeh+ sechß Jharn do sie missell

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Aduis: ‘Rat’, auch ‘Nachricht’ condemniert: ‘verurteilt’ vermitz: ‘vermittels’ Justification: ‘Rechtfertigung’ gedrauwet: ‘gedroht’ massigklich: ‘angemessen, in Maßen’ douern: Nebenform zu dafern ‘wenn, sofern’ vnuerucktem: ‘fest, sicher, unbeirrbar, unabänderlich’ Außgelaß[en]: ‘erlassen’ co[m]minirt: ‘angedroht’ Nachrichters: ‘Scharfrichters, Henkers’ Ichts: ‘etwas’ missell: ‘Uneinigkeit, Zwist’

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Hamm 1592 vnd zweyspalt mit Ihrem hern gehabt wegen eins zehenden vnd sonsten das Ihr Man gezwöng[en] worden, ein wagen, zu ein fhuerungh der Hispanier so In Brabandt gezog[en], mit etlichen pferden vff Lutzembourgh zu fhueren, Vnd als nhun er+ Ihr Mann vnd noch ein ander man sein mitgesell ªleipartz Weyߺ gehn Lutzembourgh kho[m]men hetten sie dero pferdt eins welches einem Mann Theiß Peter gnent zu E+ Achterhauß[en] [49v] vff dem Wegh+ etlichen bauwren zu Strassen bey Lutzembourgh, verkaufft vnd do nhun sie alhie wiederankho[m]men, vnd der Mann von Achtershaußen sein pferdt wieder begert hette Ihr Mann vnd sein mitgesell gesagt Ein Hißpanier hett Innen das Pferdt mit gewalt genho[m]men vnd mit grossen schreyen demselb[en] noch ein wenigh gelts abgepetten, welches er Innen geben des sie noch hetten, Nachmals aber where diß pferdt zu Trier fonden worden + [INT] ªkhom[m]enº, vnd erfonden, das eß durch Ihren mann verkaufft gestalt er darumb alhie angeclagt+ auch wegen ander weither eingefallener stuck alhie angeclagt, vnd darumb ein namhaffte bouß [INT] ªzu gebenº oder gefencklich anzugreiffen dem Meyer beuolh[en] worden Daruber sie In grosse betrubnuß gerathen vnd als sie nhun wieder heim gehn wollen, Wher Ihr In Ham[m]er busch entgeg[en] khom[m]en ein Mann schwartz bekleydt welcher sie getröstet vnd gesagt Solt Ihme folgen got absag[en] seiner lieben Mutter vnd allen heilig[en] er wolt Ihr gelts gnugh geben vnd außer allen nöthen verhelff[en], vff welches dweill sie In grossen betrubnußen gewessen, Auch sich nit wolbedacht, hett sie als gleich gesagt Ja Daruff der boß feindt Ihr etwan ein schossell voller golts In Ihr schoß geschuett In deme er seinen Willen ahn sie zu thun begert, dann sie Ihme gefolgt, ohne das sie ahn got den hern gedacht, Als gleich vur Ihr verschwonden vnd where da vnnathurlich kalt vnd nit menßlich geweßen, das golt auch so sie entpfang[en] pferdtsdreck worden, Spricht ferner, das er Ihr einen heßlichen nhamen geben nemblich Schirr, Vnd er geheisch[en] Belzezub deß aber geschehen, al+ etwan vngeuerlich Acht tagh nach obg[emelter] Ihrer gottes verlaugnungh, do wher Ihr bull wiederumb zu Ihr khom[m]en vnd gesagt, Must nhun Ihme folgen, vnd mitfharn, Also ein bock vur+ grossen schwartzen bock vur die dhure bracht, daruff sie gesessen Sagendt auß geheisch Ihres bullen In des teuffels nhamen, Vnd where Ihr Bull vff einen schwartz bock gleichfals mit Ihr gefahrn, ªzu dantzplatz[en] vff Brunsdorffer º Dessen sie sollich[en] grossen Innerlich[en] rauwen gehaett, das sie manigh mhall darumb 36 42 78

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Zweyspalt: ‘Streit, Uneinigkeit’ Zehenden: ‘Zehnten’ (Abgabe) welches einem Mann Theiß Peter gnent Zu E+ Achterhauß[en]: Zu ergänzen ist das Verb gehöre. rauwen: ‘Reue’

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von Ihrem Bullen mit dhorrn[en], vnd was Er fundt geschlagen worden, Pitt deroweg[en] Jesus Christus will sich erbarm, vnd das wir alle vur sie weg[en] begangener mißthadt pitten wolt[en] das got Ihr gnädigh vnd barmherttzigh sein wolt. Erfragt wie dick vnd ob sie leibhafftigh aldo geweßen, Spricht drey oder vier mhall, Ihres erachtens leibhafftigh, dan zu zeitten sie Ihm bedt angemant worden vff zu sten, vnd vff den dantz platzen zuerscheinen, daruber sie vff gestanden sich angethaen [50r] vnd zu Ihrer wiederkunfft wiederumb sich außgethain, vnd zu Ihrem Mann sich Ins bedt gelegt, Erfragt ob Ihr Mann deßen nit In erfarunngh kho[m]men, oder gehört Spricht Nein, Erfragt, wie das vnd ob sie Ihme solliches angethaen Sagt, Wust nit Ihr bull khundt dasselb thun vnd Ihr schein nebent den Mann gelegt bitz zu Ihrer wiederkunfft Erfragt vff Ihrer Dantz platz[en] was sie do macht[en] Spricht Dantzten sambtlich (mit Reuerentz zu melden) mit dem Arsch, vnd kent[en] eine dem anderen nicht das angesicht, Die anzall Ihrer samenkunfft vff der Kopffen Spricht Sein zu zeitten viell zu zeitten wenigh hondert mher vnd auch weniger Erfragt nach Ihrer geselschafft Spricht vnd ernentt Thelges Elß, Scholms Mergh zu Wierßdorff, I[tem] Schweyßdhall Johanneß zu ªBiedtbourghº welcher vnßer oberster Ist, vnd Rathe vnd beuelch gibt zu allen bößen dingen vnd anstellung[en], vnd Imfall+ do man Ihme nit gelt+ folgen wolt, triett er mit den fueßen vuer sich vff die Erdt, Sagendt Es must sein, vnd wanehe das hellisch feuwer außspring[en] solt, In deme auch [INT] ªeߺ vur Ihme feuwer gebe, kreischendt vnd sagendt, Gott gebe das er sein verdhienter lohn bekho[m]m, vnd verbrant werde wie er eß verdhient, Erfragt ob sie Jenen Schweyßdhall auch woll khendt vnd ªwoherº Spricht Soll Ich Jenen [INT] ªnitº khennen [INT] ªerº Ist mein geuatter, hab langh mit Ihme gehandelt vnd gekhandt+ ªvnd Ire bestanden von Ihmeº hab Ihme aber+ vff der danttz platzen nhie kein golt geben, haett [INT] ªvillichtº gedacht Ach sei ein Arme frauwe, Auch nhievff+ Im arsch (mit Reuerentz zu melden) gekuesset, Andere hetten eß aber thun mueßen, welcher Ihme nit ein stuber oder nach seinem vermög[en] geben khunnen, ªdas dan bey Jenen spottlich where, vnd die andere zu sehende dess[en] lachtenº Auch auß dess[en] beuelch dem hern zu ham steine sein söng[en] ªAdolffº vur funff+ [INT] ªvierº Jharn, vnd sein dochterg[en] kathring[en] vur dreyen+ [INT] ªsechߺ Jharen 83 93 109 115 116

dick: ‘häufig, oft’ schein: ‘Abbild’ geuatter: ‘Taufpate’ stuber: Münzbezeichnung spottlich where: ‘zum Spott gereiche’

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Hamm 1592 vmbracht hetten, ªvnd der[en] hertz[en] vff die dantzplatz gebracht, vnd Ihre kunst domit geprauchtº dwelche so+ alle numher hingericht wheren, Als nemblich der Richter, seine frauwe, SchneidersTrein+ [INT] ªAnnaºSchmidts+ vnd Wageners Gertt auch where nit ohne das sie auß beuel+ Johanneß Schweysdhall Ihr behafftin selbst ªvnd anderen Ihren mitgespillen besonderlich den Jezig[en] zweyen behafften des Wagen machers Treingen Adams Adolffs+ frauwe Elß dwelche gengers gewessen dem hern Adam+ die seine vmbzupringenº beuolhen, [INT] ªvndº dweill des hern [INT] ªJungsterº Söngen [INT] ªAdolffº die+ [INT] ªmit denº Rodell gehabt, dwelche+ [INT] ªkranck geleg[en] hettenº sie dieselbe außgedrieben daruber ein Windt vffgefharn, dwelch[en] sie durch teuffelische kunsten [INT] ªvff dem Mhar gemacht bey der dantz platzenº gemacht, dauon sie dem khindt vff+ Vnd dießer Windt [INT] ªInº des+ das khindt gefharn gestalt eß Im leib worden gleich ob eß gebonden where, hetten den hern [INT] ªdiß mhalsº selbst ahm leib beschadig[en] wollen, aber khundt[en] nit schaffen dan er sich zuuiell [INT] ªwollº gesegnet, Wheren auch dem hern mher dan der frauwen erzornet, vnd Ihr oberster vurg[emelter] bedeucht, do der her nit lebde soll Ihr spill besser fortgehn, vnd hetten keinen wiederstandt, ªBekhendt ferner das sie behafftin vnd obg[emelte] Ihre mitgespillin nach verrichtungh dießer vbelthat des khindt vmbgepracht zu+ vmbpracht[en] khindts die Bottschafft Ihrem obersten zu Malbourgh getrag[en], Welches zwusch[en] tagh vnd nacht gescheh[en] In seiner kuchen, Vnd als er Sollichs gehort Gesagt Eß schadt nit man müeß anfahen vom kelbgen bitz man zur kouwe khomptº Sagt ferner das Schweyßdhall Ihr eins gerathen vur der niederster pfort [50v] zu Bredtbourgh als sie+ er außer seinem Pösch kho[m]men, solt sich, weg[en] etlicher gutter geg[en] den hern In proces zu+ leg[en], Auch das er Schweyßdhall hiebeuo riger zeit als seine erste hausßf[rau] noch gelebt vnd Ihr gewerb zu klaußer gethain ªWhere sie behafftin In gedachts Schweyßdhals Ins geuattern hauß kho[m]men vnd bey demselben ahm disch In seinem hauß gesess[en], hett er Schweyßdhall angefang[en] Geuatters warlich meine haußf[rau] Ist so langh auß gewessen das mich verlanget, hett woll ein lust zu euch sie behafft[in] aber zur dhur außgang[en]º

125 129 133 139 145 149 150 151 155

229

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auch where nit ohne das: ‘es träfe auch zu, dass …‘ vnd dweill … hetten: sinngemäß ‘und weil des Herrn jüngstes Söhnchen mit den Röteln krank gelegen habe, hätten …‘ Mhar: wohl ‘Maar, Eifelsee’ bedeucht: ‘[hätte] gemeint’ anfahen vom kelbgen: ‘anfangen mit dem Kälbchen’ Pösch: ‘Busch’ gutter: ‘Güter, Besitzstände’ hiebeuoriger: ‘vorheriger’ Geuatters: ‘Gevattersche’

230

Westliches Mitteldeutschland

Verner bekhendt Matthiß Kivill vnd Jacobs Theiß zu Bierßdorff dwelche beyde Ihr peiffer geweß[en], Lellen Claußen frauwe zu Reterßdorff Trein, vnd Clauß Ranchen frauwe Trein+ [INT] ªIlg[en]º zu Reterßdorff, I[tem]Webers Giertgen zu Bierßdorff, vnd Gielen Adam dwelch[en] sie woll khendt zu Brecht, Where peiffer vff einem lischbauwen, I[tem] gertten hanßen Lurey zu Waßdorff, Hanß Schrauben Gertt zu Reterßdorff, vnd Arnoldts ªlogens frauwe Trein zu Waßdorff Auch Wagenmachers Trein zu Reterßdorffº Sagt weither das sie woll gepetten vnd nit willen helffen Inwilligen frucht vnd anders zuuerderben Insonderheit zu dem [INT] ªlast gefallenº grossen Wetter vur 3 Jh[aren] hett sie In Ihrer Scheuweren gesessen vnd Ihre Armen Khinder bedacht vnd gekrischen, vnd wannehe+ [INT] ªhett auch diß Jharß mher fruchten dan zwen Ihm dorff bekhom[m]en, Sonstenº zu zeitten auch woll Ihren willen darzu geben, Vnd welcher zu sollich[en] bößen anschlagen nitt hulff nich rath thun wolt, Sonder gott vur augen hett, Where Ihr vurnhemen vnd spill nichß, darnach aber musten dieselbige darumb anhalten, vnd wuerdten von Ihrem bullen auß geheisch des obersten geschlag[en], dwelch[er] vff einem guldnen sessell sitzet, vnd helt ein stab In der handt ªBekhendt, das sie selbst, heinen helten, vnd Thomas Gertt zu hermeßdorff Ihr Greten selbst ein Rodt pferdt vur zweyen Jharen In+ vur der + [INT] ªder dhureº Im tage vmbpracht, Mit sollicher Kunst, das sie Ihre Bullen dar wieder gestossen, vnd ein Bein zerbroch[en]º Weithers erfragt bekhendt das sie vff dießer Dandtz platzen haben ein grossen Schwartzen disch mit gulden kopff vnd becher+ ein disch mit einem Schwartzen dugh bekleydt, vnd stenden vff dem disch gulden kopff vnd becher daraußer die Reichen druncken, Auch kheme woll zu dießem disch brodt, welches ahm Sontagh gedeyssemt Ist, Sie Arme stenden aber zu rueck vnd bekhemen nichß, Sie auch nhie darin geschmäckt Gefragt ob sie auch das hochwurdigh heiligh Sacrament verunnutzt Spricht Nein, Wiewoll sie zu etlich[en] mhalen darumb von Ihrem bull geschlagen worden

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Vnd beschleust hiemit will dießes alles bey seiner+ Ihrer Seeen [!] heill halt[en] vnd daruff beharn, Sich edoch vur Ihrem endt werthens do Ihr anders vurfallen mögt zu bedenck[en] pittendt;

166 170 175 182 183 185 188 192

Inwilligen: ‘einwilligen’ gekrischen: ‘geweint’ bullen: ‘Buhlen’ kopff: ‘Trinkgefäß’. Im Gegensatz zum Becher ist der Kopf kugel- oder halbkugelförmig und hat einen Fuß. dugh: ‘Tuch’ gedeyssemt: ‘gesäuert, gegoren’ (zu deisam: ‘Sauerteig’) verunnutzt: ‘missbraucht’ Seeen: wohl Schreibversehen für ‘Seelen’

Hamm 1592 Ahm xiii [ten] Martii p[erge] 92 Erscheint [INT] ªCleg[er]º pittendt vnd begerndt die behafftin mit Vrtheill vnd Recht vff Ihr eigen gethain bekhendtnuß begangener mißthatten vom leben zum thodt Im feuwer hinzurichten Wie alhie bey Schrifftlich vffgelegt geschlossen condemmen, vnd verweyßen Mit abwegh alles costens Hernach der behafftin Ihr bekhendtnuß puncten abermhals vurgelessen beharret dieselbige durch auß vnd wilt daruff Christlich sterben, Pitt vnd verhofft deroweg[en] Gott Im himmell solt Ihrer seelen gnädigh sein, Sagt hiebey dem+ Ihrem hern Solt Ihren+ [INT] ªdem obg[emelten]º obersten nachstehen.

199 200 206

verweyßen: ‘aus der Gemeinschaft ausschließen’ Mit abwegh: ‘unter Abwägung’ nachstehen: ‘nachsetzen, jagen’

231 195

200

205

232

Westliches Mitteldeutschland

Abb. 27: Archives Nationales de Luxembourg, Abt. 15, Nr. 233, fol. 49r

HÖCHST 1631 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Höchst (heute Frankfurt-Höchst) 1631 Handschrift Staatsarchiv Würzburg, Aschaffenburger Archivreste, Fasz. 360/X, Nr. 2 165r–168r (Archivzählung) – Luschberger (1991), Pohl (1988)

Inhalt Am 10. Mai 1631 werden Anna Beltz und Ursula Daus, zwei hochbeschraitte Frauen aus Wicker, verhaftet und nach Höchst ins Gefängnis gebracht. Am 23. Mai werden beide verhört, Ursula Daus sowohl gütlich als auch peinlich, was sie zu einem Geständnis bringt (Teufelsbuhlschaft, Schadenszauber, Hexentanz). Besonders auffällig sind Kommentare des Schreibers, die auf eine Vorverurteilung der Angeklagten schließen lassen, wie zum Beispiel Sye aber ist gleichwohl vff Ihrer halßstarrigkeit verplieben oder vnndt nichts anders vorpracht, alß vergebliche nichtige außreden.

Schrift und Sprache Die übersichtliche Gliederung des Protokolls, die flüssige Handschrift und der häufige Gebrauch der lateinischen Sprache lassen in Andreas Weber einen routinierten Gerichtsschreiber erkennen. Seine Handschrift ist jedoch nicht einfach zu lesen, was unter anderem durch zahlreiche Streichungen, Korrekturen und einige Schreibversehen bedingt ist. Diese lassen den Schluss zu, dass der vorliegende Aktenauszug eine Protokollmitschrift sein könnte. Der hochdeutsche Text zeigt nur wenige Merkmale, die aus der Regionalsprachlichkeit zu erklären sind (gehayschen, döpfgen, angeschraufft; betrauden ‘bedrohen’, getrungen u.a.).

Westliches Mitteldeutschland

234

Anna Beltzin

Vrsula Daunsin

Anna

[165r] Den 10[ten] Maii A[nn]o p[erge] .1631. seint vff erkantnus …+ der loblich Vniuersitet zu Maintz, deß zauberey lasters halben hochbeschraitte .2. weiber von wicker vrsula daunsin Johann Schalcken Frauw so dan Anna Beltzin [INT] ªzuº gefänglichen hafften gezogen vnndt+ hieher naher Höechst gefuhrt worden+ vnndt weyln Ihre Gestr[enge] eben damahlen abwesent, vnndt vff einer Commission zu wormbs gewe senn biß vff den 23[ten] ei[us]dem ligen plieben, da Sye von wohlEdelg[ebornen] Ihrer Gestr[engen] dem h[erren] Amptman, in beysein des Herrn zollschreybers Harttmuth Wolperts, Schultheissen Wendel dryfers Georg Olich vnndt Michel Weickarts bayd[er] Gerichts vnnd Rathspersohnen alhie, vnndt mein Andreæ Weberi Not[arii] Publici vnd Ampt- vnndt Gerichtschreybers Erstlich Anna Beltzin abgehört, vnndt Ihr in der guthe vnndt Schärpffe zugesprochen, Auch die vff Sye zu Florsheim ergangene Vrgicht[en] vnndt bekantnussen, wie nit weniger was sonsten andere vor Inditia vff Sye ohnpracht, vorgelesen worden nichts bekennen wollen sonder alles geleugnet. Actu[m] ut supra Eodem die Vormittag, præsentibus iisdem Ist gleichfalls abgehört worden, Vrsula daunsin Johann Schalcken Frauw zu Wicker hat ebener gestallt, ohnerachtet man Ihr die zu Hochheim vff Sye ergangene Indicia vnndt bekantnussen ernstlich vorgehallten vnndt zu gemuth ge fuhrt nichts bekenn+ gestehen oder aussagen wollen. Den 3[ten] Junii A[nn]o p[erge] .1631. præsentib[us] Supradictis vormittag ist Anna beltzin nachmahls vorgestellt vnndt in d[er] guthe zum offtern er innert word[en]. Ihr gewissen zu raumen vnndt ihre Missethat[en] zubekennen, hat aber von dem zaubereylasster widerumb das [165v] geringste nit wissen wollen, sondern vff voriger halßstarrig keit verplieben, iterando sagent deß herrn vnndt d[er] Obrigkeit will solle geschehen. gabe beneben vor Sye seye ein tag od[er] drey, ehe vndt beuor man Sye zu hafften gezogen, von einem armen Mann so brodt gehayschen, gewarnet word[en]. Alß nun solcher gestallt auß Ihr nichts zu pringen gewesen, haben Ihre Gestr[engen] der h[err] Amptman, weyl dero von+ der welttlichen

4 8 19 24 37

hochbeschraitte: ‘verschrieene, im Gerücht (der Hexerei) stehende’ Gestr[enge]: ‘Gerichtsoffizielle’ vor Inditia: ‘als Indizien’ ohnpracht: ‘hinterbracht, gemeldet’ ebener gestallt: ‘gleichfalls’ gabe beneben vor: ‘gab dazu vor’

5

10

15

20

25

30

35

40

Höchst 1631

Vrsula daunsin.

235 h[errn] Räthen dero ohne daß ahnbeuohlengewesen+ gehabt, sye mit [?] der tortur zugreyffen, den Scharpffrichter hohlen, vnnd Sye durch denselben gleichfahls guthlich besprechen, vnnd ermahnen, auch entlich betrauden lassen, welches aber ebenwohl nichts helffen wollen. Eondem auch vormittag in p[ræ]sentia Eorundem ist auch Vrsula daunsin widerumb vorgefordert vnndt von Ihrer Gestr[engen] dem h[ern] Amptman nochmahlen in aller guthe ermahnet, vnndt ihr vorgehaltten, daß ihn wehrender Ihrer verhafftung noch mehr Indicia vff Sye einkommen, hat doch bey Ihr alles nichts fruchten wollen, sondern ist, vff Ihrer vor- vnndt erstmahl[ig] gepflogene negatiua halßstarrig beharrt ªvorgebent Sye habe ihr lebtag nichts böß gesehen seye so rein alß Christ[us] selbstenº Alß Sye befragt wardt, ob Sye der zwey weibsPersohnen…+ von Cassel, so zu Maintz im gefängnus liegen, kennet, antworttet Sye die eine haysse daunsin die andere delokemerin, habe Sye zwahr von Jugent vff gekent wisse aber nichts böses von Ihnen. Je so Ihr der Scharpffrichter ahn die Seiten gestellt worden, so Ihr in d[er] guthe vnndt mit trawwortten zugeredt, Sye aber ist gleichwohl vff Ihrer halßstarrigkeit verplieben. die händt zusammengeschlagen geschrien doch ohne vergiessung einiger zehren, daß Sye deß lasters ohnschuldig seye.

45

50

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65

Vrsula

45 59 60 64 77 80 81

[166r] Eodem die nachmittag p[ræ]sentib[us] supradictis, ist Vrsula dausin in loco torturæ nochmahls vnndt Also tertio guthlich widerumb befragt, vnndt ermahnet worden, Ihr selbsten von Pein vnndt Martter zu sein vnndt zu bekennen, ist aber vff Ihrem vorigen leugnen beharrt, vnndt nichts anders vorpracht, alß vergebliche nichtige außreden, zu vffzieh[ung] vnndt verweylung in gantzlicher elidirung der wahrheit, ahnahngesehen [!] Ihr abermahl zu gemuth gefuhrt worden die vnderschiedliche Indicia so von ettlichen Justificirt[en] gegen Sye Ergangen sein ªhat Sye Sich doch mit trotzigen wörtten verthediget vnnd hetten die so vff Sye bekant. Ihre seel beschwehrt.º Weyl dan Ihn der guthe gantz vnndt zumahl nichts aus Ihr zupringen gewesen, also ist allgemach mit der tortur gegen Sye verfahren, vnndt ihr erstlich die Krebs angeschraufft, nachgehents auch ein wenig gleichwohl+ vnndt [INT] ªzwarº zemblich gelinde vff gezogen worden. betrauden: ‘bedrohen’ Je so: ‘jedes Mal, wenn’ trawwortten: ‘Drohworten’ zehren: ‘Tränen’ beschwehrt: ‘belastet’ Krebs: Folterwerkzeug zemblich gelinde: ‘ziemlich geringfügig’

70

75

80

236

1o

Westliches Mitteldeutschland hat Sye also entlich angefangen neher herbey zu kommen [et] bekant seye also beschaffen, wie die drey zu Hochheim Justificirt Persohnen vff Sye außgesagt: Als aber Ihre Gestr[enger] d[er] H[err] Amptmann vff Sye [INT] ª…+ weiterº getrungen zu bekennen wie [INT] ª[et] woº Sye zu ein solche laster kommen [et] wie es fernerner [!] ergangen seye, Sagte Sye ferner wie volgt. Es seye vor ohngeuehr Syben Jahren als+ [INT] ªbey lebenº Ihrs vorigen Manns noch gelebt+ [INT] ªveith dausinº, ªalsº vnndt+ Sye [INT] ªnochº zu Cassel gewohnt, vnndt ins graß gangen in einem wingartt hinder dem dorff im heerweeg gelegen, der böse Feindt in gestallt eines ledigen dienstknechts so Philips gehayssen vnndt [INT] ªdamahl[en]º zu Cassel bey den dicken werner gedient habe+, nunmehr aber todt seye, zu Ihr ªin schwartz[en] klaydernº kommen, vnndt ihr erstes guthe wortt geben, vnndt mit ihr gegaylert, ª[et] in busen gegriffenºwelche+ [INT] ªhernachº aber Sye vmbgeworffen, vnndt mit ihr vnzucht treiben wollen, habe Sye Sich ein weyl gewehrt, entlich aber doch eingewilligt, [et] sich mit Ihme vermischt, seye semen nit natürlich sonder kaltt gewesen, vnnd daß glie+ mannlich gliedt ettwas hartt vnndt Hornigk.

85

90

95

100

105

2 do

3 tio

90 99 108 118

[166v] vnndt habe Sye erstmahls vermeint es seye ein rechter Mensch aber darnach vermerckt daß Er kuhe Cloen an fussen gehabt, die Sie zuuor vor dem graaß nit habe sehen konnen vnndt habe Sich nach gehents noch zweymahl mit solchem Ihrem Buhlgeist so Sich Federhanssen genant zu thun gehabt. Nach welchem Sye ihme habe mussen die handt geben, von Gott dem Allmechtigen abschwehren, vnnd ihme verhayssen Sye wolle vnndt muße sein sein, [INT] ª[et] pleibenº vnndt nimermehr von ihm ablassen woruff Sye Gott mit nachvolgenden wortten abgeschwohren, Hye stehe Ich vnndt schwere Gott dem Allmächtigen vnndt allen hayligen ab vnndt dem teuffel zu Vide pag[inam] sequenti post 5tum punctum ªErº habe Sye tertio+ ihm Heerweeg ahn den Landtgraben dur+ vnndt daselbsten durch daß wasser gefuhrt, mit d[er] handt Ihr wasser vber den kopff geleppert vnndt gesagt alhie tauffe Ich dich in deß teuffels nahmen, habe Ihr auch den nahmen teuffelsbrauth geben. vide pag[ina] sequenti post 5tum punctum+

110

115

120

1 o: ‘primo’. Der schreiber verwendet hier wie auch im Folgenden lateinische Ordinalzahlen. gegaylert: ‘Possen getrieben, verliebt geschäkert’ Cloen: ‘Klauen, Hufe’ Vide … punctum: Der Verweis wurde nachträglich eingefügt. Vergleiche auch den korrespondierenden marginalen Verweis auf 167r.

Höchst 1631

237 Bekennt+ [INT] ªSagtº Sye habe in der Kirchen ieder zeit+ [INT] ªall zeitº recht gepettet, auch ausserhalb dieses lasters, so Sye iederzeit verschwigen, alles gebeichtet vnndt das Hochwürdige Sacrament, recht genossen vnndt nie geschlungen seye Ihr auch von dem bösen anderst nit zu gemutet word[en]. ªhabeº Sye Ihr selbsten zu Cassel 3 [INT] ªrotheº kuhe zu+ in deß bosen gaists nahmen zu todt gemolcken, Ferner habe Sye Ihrer Nachbeuwrin einer nahmens Still auch ein kuhe vmbpracht, in den Sye Sie selbiger In deß bosen [INT] ªSathansº nahmen vber den rucken gestrichen, [et] mit einer grunen salb geschmirt, so ihr der Sat+ böß gaist in einen holtzern buchslein geben, welches buchslein auch in ihrem kuchen Schank stehe: Nota Ist gesucht, aber daß buchslein nit sondern ein halb messig döpfgen voll schmer wie Schuhschmehr gefunden gibt aber Sye vor seye kein hexensalb sondern schutz ªVariat sagt habe die kuhe nit vmbarcht [!] noch etwas anders sond[er]n habe es aus vorht d[er] Pein gesagt Negat quoq[ue] daß Ihr das buchslein d[er] boß feind geben sondern seye grun wagen schmer gewesen damit Sie am bein geschmert worden,º

4 to

5 to

[167r] habe ausserhalb dieser vier Kuhen sonsten weder Menschen noch viehe schad[en] zugefugt. Vide+ ªp[er]tinet adº pag[inam] præcedentem ettertium+ 2.articulu[m]

hingegen habe Er [INT] ªd[er] boß feindtº Ihr verhayssen, wolle Ihr viel geltt geben, gest+ habe ihr auch 2 gelttruhen pracht so gesehen wiegoltg[u]l[den], seye aber darnach Pferdtsmist darauß worden, welches Sie ihm als Er wider zu Ihr kommen vorgeworffen, Er aber habe Ihrer gelacht vndt gesagt es seye guth gelt.

6to

Sagt ferner vor das Sechste, Sye seye daß Erstmahl vff der Hochheimer haydt bey der zusammenkunfft gewesen, darbey sich vnder anderen die Sye nit gekant, befunden [INT] ªsoº die Justificirte Marchel Crein zu Hochheim. It[em] von Cassel. Ela daunsin vnnd Eua kremern

[INT]

125

130

135

140

145

150

155

160

127 154

165

ausserhalb: ‘außer’ Vide … articulu[m]: Siehe den Hinweis auf 166v. Ausnahmsweise wurde bei dieser Marginalie aus Platzgründen auf zeilengetreue Darstellung verzichtet. Im Manuskript sind die Wörter in folgender Weise aufgeteilt: Vide+ [INT] ªp[er]tinet adº pag[inam] præ- / cedentem et tertium+ 2. / articulu[m].

Westliches Mitteldeutschland

238 7mo

zum zweytten Seyen Sye zu Florsheim zusammen kommen vnndt Margreth Cleeß Blumen Frauw [INT] ªso Justificirtº gegenwerttig, die daunsin vnndt delokemerin aber nit darbey gewesen. Variat Seye nit zu Florsheim sond[er]n zu Hochheim gewesen. [INT] ª gewesenº

8tauo

Daß Drittemahl seyen ihrer ohngeuehr dreyssig vff dem Hochheimer brachfeldt gewesewesen+ zu Frühlings zeitt gewesen, darbey Sich Catha rina Hanß Blumen Frauw so Justificirt ªzu Hohnº worden befunden, haben daselbst gerathschlagt den Wein zu verderben, vnndt+ [INT] ªIt[em]º Kisel wollen+ [INT] ªzuº machen, hab+ vndt habe ein grosse, starcke vnndt dicke Fraw so gar köstlich vndt als ein Stattliches burgersFraw+ [INT] ªweibº beklaydet gewesen, ettliche Kisel in einem Schürztuch+ dahin pracht, wisse nit eben mehr ob Sye dieselben in ein Schurtztuch oder Kubel gehabt habe. [167v] habe Sye Federhanß, wie Sye gedaucht, vff Einem Schwartzen ªPferde dahin vndt widerº naher Cassel …+ heimb zugefuhrt, seye Er vornen vnndt Sye hinden gesessen, habe Sye vnder dessen Ihren+ ein beesen zu ihrem Mann ahn daß beth gelegt, habe Er es also nit gemerkt sey auch nit erwacht, haltte nit daruor das Sye Ein halbe Stundt außgewesen.

170

175

180

185

190

195

9no

10+

Seye Sye wider zu Herbstzeitten von Ihren buhlgaist ªFederheiº vff einem Schwartzen Pferdt, vff der Ingelheimer haydt vff einen tantz gefuhrt worden, vnndt haben Sye in d[er] lufft schwebent getantzt, d[er] böse vff einer Sack Pfeyffe darzugepfiffen, haben aber dieß mahl[en], wie auch sonst ettwas gessen oder getruncken. habe leibhafft darbey gesehen, von Cassel die büttenbanderin Elbeth vnndt die altte zollerin nahmens Vrsel

205

[INT] ª11º

181

200

mo

Seye Sye [INT] ªihres behaltsº Anno 1629 in d[er] habersaaten von wicker auß naher Cassel zu Geörges gefahren vnndt sonsten Ihre mit gefertten gewes[en] von Wicker der Schwartz der altt Clees

köstlich: ‘kostbar’

210

Höchst 1631

239 walpurg weylkooden Fraw Ana Gerhart Nauheimers Fraw vnndt haben die andere kisel mit gepracht, welche Sye als Sye in dem Windt gefahren, Strichsweys von Sich, vnndt biß vff daß Weylbacher Feldt geworffen.

11+

[INT] ª10º

mo

hetten Sye vor ungeuehr 4. oder 5 Jahren als d[er] weinstock außgeschlagen zu Hochheim im brachfeldt vor d[er] OberPfortten einen tantz gehaltten. vnndt kaltte nebel gemacht, darbey Sye dan leibhafft gesehen von Wicker den Schwartzen [168r] Johannichis[en] Philipsen Annam, Gerhartt Nacheimers Fraw Walpurg weylkooden Fraw der Schwartze Crein. Nacheimers Johannesen Hausfraw. Jung Joannichin Catharinam Johann Philipsen hausfraw. Christinam Hans Peter ulendorloffs haußfraw vide pag[ina] sequenti apud hoc signu[m] […]

215

220

225

230

235

[168v] Pertinent ad antecedente pag[inam] ad hoc signum 11mo

232 234

Bekante Sye hette einen Stecken in Ihrer laug vnd fast halben armbs dick, den Sye in dem außfahren mit sich ge nohmmen, seye noch vff Ihrer bahn vnder einer kisten zu finden. N[ota Bene] Ist durch den Schultheißen zu wicker im beysein zwayer+ [INT] ªainesº Gerichtsmanns vndt gefunden word[en] daran ein hasenhauth gehanckt, vndt ist noch ferner ein grosse abschewliche Krött, dergleichen Mann kaum gesehen darbey gesessen, alßo daß Sye [INT] ªSichº alle daruor sonderlich aber Ihr Vr sula Man entsetzt, welcher auch gesagt seye nichts rechts noch naturlich.

240

245

vide … sign[um]: Der Verweis wurde nachträglich eingefügt. Dem Text folgt ein Einfügungszeichen, das sich oben auf Seite 168v vor dem korrespondierenden Verweis (Pertinent … signum) wiederholt. […]: An dieser Stelle folgt im Original eine mit Continuatio Protocolli überschriebene Aufzeichnung eines späteren Verhörs, die hier nicht wiedergegeben wird. Stattdessen wird direkt die auf der folgenden Seite eingeschobene Ergänzung zu Punkt 10 des edierten Protokolls angeschlossen. Der Einschub ist allerdings als 11mo gekennzeichnet. Vermutlich vergaß der Schreiber, die Nummer des Einschubs anzugleichen, als er Punkt 10 und Punkt 11 vertauschte.

240

Westliches Mitteldeutschland

Abb. 28: Staatsarchiv Würzburg, Aschaffenburger Archivreste, Fasz. 360/X, Nr. 2, fol. 165r

KÖLN 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Köln 1629 Handschrift Stadtarchiv Köln, Verfassung und Verwaltung G 187 2r–6v (Archivzählung) Macha/Herborn (1992) Becker (1996), Irsigler (1996), Kemmerich (2003), Schwerhoff (1996)

Inhalt Im Gefolge der ab 1628 in der Reichsstadt Köln akut werdenden Hexen-Hysterie, der u.a. die im Verhör erwähnte Katharina Henot aus der Kölner Oberschicht zum Opfer gefallen ist, findet sich Christina Plom vor Gericht ein und bezichtigt eine Reihe angesehener Bürger der Verstrickung in die städtische Hexerei. Der hier gewählte Ausschnitt aus dem sehr umfangreichen Protokoll der ohne Folter durchgeführten Befragung enthält die Anfangspassagen des Verhörs, in denen es außer um Einzelheiten der Hexentänze vor allem um die Besagungen geht. Den weiteren Angaben im Hexenprothocoll kann man entnehmen, dass Christina Plom am 16. Januar 1630 zu Melaten durch den Scharfrichter in einem darzu bestelten heußgen strangulirt vnd folgents verbrandt worden ist.

Schrift und Sprache Es handelt sich um eine hochdeutsch grundierte Schreibsprache des Schreibers Stephan Muser, in der sich – allerdings in sehr moderatem Ausmaß – Überbleibsel der ripuarischen Regionalsprache finden, wie die Längenmarkierung mit nachgestelltem ¢i² (Heinotin) oder die Erhaltung des westgermanischen Medienanlauts (drincken u.a.). Interessant ist die partiell dialektaffine Konstruktion in der Wiedergabe der direkten Rede (vnd schricken die auch eins an).

Westliches Mitteldeutschland

242 [2r] […] Confessio Christinen Plaum filie Coloniensis

Anno 1629 Jouis 29 Aprilis hat Christina Plom ihres alters 24 Jahr auf befragen dero herrn Stim meisteren beiseins doctoris Wischij Sy+ vnd L[i]c[entiati]i Bulderen beider Syndicorum bei ihrem gewißen geantworth wie folgt. Gef[ragt] weil sie vorgisteren auf befragen allerhandt vnd nit beschriebene wonderbarliche sachen geredt ob sie noch darbei pleiben wolle? Ant[wortet]: Ja. Gef[ragt] ob sie auch von anderen daß sie solche sachen sagen vnd offenbaren solle inducirt seye? Ant[wortet]: seye von keinem Menschen darzu angeritzet. Gef[ragt] weil sie von der hingerichter Heinotinnen aller handt sachen gesagt, wie sie erstlich mit deroselben in kundschafft vnd solche Vertrewligkeit kommen [2v] daß sie endtlich ihrem selbst angeben nach, sich zum hexen wesen dergestalt eingelaßen daß sie deroselben mit vfm hexen danß gefolgt? Ant[wortet]: die Heinotinne hette ihro einmahl vf dem marckt vor Zwelf Jahren moiß heimb zudragen geben, vnd ihro dhomahlen eine handt voller zuicker vnd einmahl wein geschinckt folgents hab sie deroselben hoener heimb gedragen vnd dero Zeit einen blafferdt bekommen, vnd also von dero Zeit eine liebde vnd affection zu derselben gewonnen Gef[ragt] weil sie von plagen gesagt, ob sie dan vor, oder allererst nach der Heinotinnen thot geplagt worden Ant[wortet]: vor ihrem thot nit, sondern wie dieselbe ein halb Jahr thot gewesen, vnd seye die Heinotin ihro nach ihrem thot einmahl in einem schwartzen donß auf der gurdelmecher gaffelen erschienen welche

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filie Coloniensis: ‘kölnischer Tochter’ L[i]c[entiati]i: ‘des Licentiaten’ (akademischer, hier juristischer Grad) inducirt: ‘dazu gebracht, veranlasst’ angeritzet: ‘angestiftet’ Heinotinnen: Gemeint ist Katharina Henot. moiß: ‘(Obst-)Mus’ dhomalen: ‘damals, seinerzeit’ geschinckt: ‘geschenkt, überreicht’ blafferdt: ‘Blaffert’ (Münzeinheit) donß: ‘Dunst, Aura’ gurdelmecher gaffelen: ‘Gaffel (Zunft, Gilde) der Gürtelmacher’

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Köln 1629 gesagt daß sie ein kindt deß ewigen lebens were, hette aber die Heinotin nit gesehen, sondern dero stim gehort. Gef[ragt] weil sie ihrem selbst angeben nach vfm hexen danß gewesen, ob sie dan Gott nit ab, vnd dem Teuffel zugesagt, Item ob nit derselb seine Un[3r] zucht mit ihr betrieben oder sonsten ein Zeichen geben? Ant[wortet]: eß were keins von allen geschehen oder ihro wiederfharen, were allein wie der heinotinnen Magt mitgefordert, hette nit gewust wohin sondern die Heinotin habe gesagt, sie hette etwas dabaußen bei gueten leuthen zuuerrichten Gef[ragt] ob sie beide auch etwas ahn Kost vnd dranck bei sich gehabt? Ant[wortet]: weiters nit als silber werck kopff vnd schrauben, were sonsten allerhandt speis vfm Tisch gewesen außerthalb saltz vnd broth, sonsten wegges gnug Gef[ragt] wer der Gutschirer gewesen vnd who sie aufgeseßen? Ant[wortet]: wiße nit anders alß daß eß der weingarts knecht, weil der gutsche ahn beiden seidten zu, vnd niemants weiters als sie vnd die heinotin darinnen gewesen, vnd weren zu S[anc]t Andree vfm steinweg auf geseßen Gef[ragt] ob sie auch vfm danß etwas weiters gesehen als eßen vnd drincken? Ant[wortet]: Ja Unzucht betreiben vnd vnflettigh kußen, Es weren etliche auf seidt abgetretten, etliche in præsentia ahm Tisch betrieben, vnd hette solche Unzucht sie mouirt daß sie sich dar von abgehalten, hette das erste mahl woll keine [3v] vnzucht noch vnflettigh kußen, sondern darnacher gesehen. Gef[ragt] ob sie dan auch gesehen daß die hexen ihm abscheiden vom danß dem Teuffel, salua venia, vor den hinderen kußen? Ant[wortet]: das erste mahl hab sie es nit gesehen sondern zum zwette mahl.

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dabaußen: ‘draußen’ silber werck kopff: ‘aus Silber gearbeitete Trinkgefäße’ schrauben: ‘Gefäßverschlüsse’ außerthalb: ‘ausgenommen’ wegges: ‘Wecken’ (Gebäck aus Weizenmehl) Gutschirer: ‘Kutscher’ mouirt: ‘dazu bewegt’ salua venia: ‘mit Verlaub’

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Westliches Mitteldeutschland A Sagt ferner daß die Mhon Ursul sie noch newlich unhirt daß sie sich auf seidt machen solte welches sie doch nit thuen wollen mit Vermelden wan sie den Menschen entgehen wurde, daß sie Gott nit entgehen konte. Gef[ragt] ob sie nit mit den anderen Hexen der beseßenen Mechtelden qual vnd pein angethan? Ant[wortet]: niemahln seye woll darzu ersucht aber nit gefolgt Gef[ragt] ob sie dan nit deren etliche kenne welche der beseßener Persohnen solche quall anthuen? Ant[wortet] B kenne allein die Biel in der Schildergaßen C vnd Mhon Agten die Keuffersche in der blinder D gaßen vnd die ihm Hirtz vfm altenmarckt. Als nun vber alsolch gespreech die Christin mit einer commotion etliche mahlen vmbgesehen vnd gefragt ob sie alda etwas sehe? Ant[wortet]: eß stundte alda eine fraws Persohn, welche ihro ahm Ver[4r] gangenem Mittach vf S[anc]t Joris Closter begegnet, were langk von persohnen, braun von haren, gekrolt, vnd ahn den seidten mit locken abhangend, vollig vnder augen, hette einen flichert ahn vnnd ihro 2000 Reichs Th[ale]r zu geben, vnd einen feinen iungen gesellen zu wegen zu bringen præsentiert, wan sie sich nur in ihrer geselschaft geben vnd einstellen wolte, selbige Persohn begegnete ihro offt Gef[ragt] ob sie nit gesagt daß die jungferen zu S[anc]t Claren Merhems Magt vnd die beseßene vor S[anc]t Peter fast von eine leuth geplagt werden? Ant[wortet]: sie were von ihrem lebtagh nur einmahl mit der Heinotinnen zu S[anc]t Claren gewesen, aber nit in solcher gestalt, sie vor ihre Persohn wurde von der obg[emelten] Bielen offt

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Die übergesetzten Großbuchstaben hier und im Folgenden dienen der Kennzeichnung derjenigen Personen, die von Christina Plom als der Hexerei verdächtig denunziert werden. unhirt: ‘beschimpft’ Biel: Kurzform von Sibylle Agten: Nebenform von Agathe oder Agnes Keuffersche: ‘Althändlerin, Verkäuferin’ die ihm Hirtz: die (Frau) im (Gasthof) Hirsch gekrolt: ‘gelockt’ flichert: ‘überwurfartiger Mantel’ fast: ‘sehr’ leuth: ‘Mädchen’ obg[emelten]: ‘oben angegeben’

Köln 1629 mahlen gequelt, hab ihro auch woll gesagt, kan Ich ahn dir nicht haben, dan muß Ich einmahl nach S[anc]t Claren gehen vnd sehen waß der franciscus mache vnd schricken die auch eins an. Gef[ragt] wie oft sie woll in deroselben geselschaft gewesen Ant[wortet]: woll einmahl oder 20 aber nit allezeit ihn hexen weiß, were auch woll allein bei der Heinotinnen gewesen welche iedesmahls ein selsam gesprech gehabt, ihro gerathen, daß sie Gott absagen vnnd [4v] sacram hostiam wan sie communicirt ihro geben solle. Gef[ragt] wie starck sie woll in den beikompsten ihm Weingart gewesen? Ant[wortet]: bißweilen 20 bißweilen 30 auch woll weiniger Gef[ragt] ob sie deren nit etliche gekendt? Ant[wortet]: kenne sie A nit all, sondern seye die Mhon Ursul iedesmahls D die ihm Hirtz auf dem Altenmarckt offtmahlen E vnd die in der britzen daselbst seltmahlen darbei F gewesen Item noch eine Wittib in der Spargaßen welche pappier stiefft Gef[ragt] ob sie auch geistliche oder weltliche mans Persohnen vfm danß gesehen vnd welche die seindt? Ant[wortet]: Ja, kenne aber dieselbe nit, außerthalb einen G doctor welcher sich zu Siberg beim Abten aufhalte, H hette auch einen Jesuiter so gelb von bardt vnd volligh von angesicht gewesen, darbei gesehen, vnd halte es der her dechen zu S[anc]t Seuerin daruor daß derselb beicht hore, were auch schir der erster gewesen welcher sie geplaget vnd ihro die Unzucht angemutet aber nichts ahn ihr haben noch erhalten konnen Erinnert obs auch ein gespens seie oder der

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vnd schricken die auch eins an: wohl die Notierung einer ripuarischen Äußerung, sinngemäß: ‘ich jage denen auch mal (uch ens) Schrecken/Angst ein’ beikompsten: ‘Zusammenkünften’ pappier stiefft: ‘Papier steift’ (Arbeitsgang bei der Papierherstellung) Siberg: Siegburg dechen: ‘Dechant’

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[5r] Teuffel gewesen seye? Ant[wortet]: nein dan sie daß weiwaßer, welches ihro der beichts Vatter zu dem endt geben, vf demselben gesprengt, derselb aber ihro daß becherchen mit dem weiwaßer genomen vnnd durchs gemach geworffen

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+ vac. Gef[ragt] alß sie vorgisteren auß der Schickung gangen ob sie sich nit zum herrn dechen begeben? Ant[wortet]: Ja. Gef[ragt] wie sie wißen konne obs die Persohnen selbst sein oder der teuffel ihn ihrer gestalt? Ant[wortet]: wan sie den nahmen Jesus vnd Marie nenne vnd sich segne, dan weiche der Teuffel, die hexen aber pleiben alßdan stehen vnd plagen sie noch viel mher Gef[ragt] ob sie nit etliche mahlen außerthalb Colln vfm danß gewesen? Ant[wortet]: were einmahl dabausen gewesen daß ihrer woll 1000 beisamen gewesen were sonsten auch noch zweimahl vfm danß gewesen wiße aber nit ob selbige denß in oder außerthalb Colln gehalten worden, dan die gemacher mit Tapezereien behangen vnd einmahl warm gewesen Gef[ragt] ob sie nit deß nachts vf die denß gefhurt worden. Ant[wortet]: Ja Zweimahl, vnd were iedesmahls durch der

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[5v] A Heinotinnen vnd der Mhon Ursulen, welche auch zwei mans Persohnen bei sich gehabt, dahin gefhurt, wiße nit wie sie außm hauß, oder wohin, vnd wie sie dahin, vnd wieder zuruck kommen allein daß sie von dennen beiden außgefhurt vnd wieder auf ihre Cammern bracht vnd sich also gescheiden, were woll eine stund oder Vier auf daß mahl außgewesen. Gef[ragt] Nachdemmahl sie sagt daß sie kein gefallens aufm danß gehabt, warumb sie dan so offt dahin erschienen? Ant[wortet]: die Heinotin hette gesagt daß sie keine gefahr hette, habe sich auch mhermahlen mit deroselben nacher dem weingardt sich begeben vmb alda zu arbeiden, vnd also die gesellschafft aldha funden. Gef[ragt] weil die Heinotin allerhandt sachen ihm hoff gesehet gehabt, ob dan nit die vestigia deß danßens darinnen stehen plieben? Ant[wortet]: Alß der Tisch aufgenomen were es wie zuuoren gewesen, setzten auch 174 185 194

Tapezereien: ‘Teppiche’ (besonders als Wandbehänge), ‘Gobelins’ sich … gescheiden: ‘sich getrennt’ vestigia: ‘Spuren’

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Köln 1629

247 die speis ab, in daß haus ihm fligen schaff, vnd werde die fraw Heinotin, fraw Konningen, vnnd A Mhon Ursul fraw Cancelers gnandt; Sie vor ihre Persohn hette nit ahm Tisch geseßen, sondern zumweilen ein stuckeltgen von der Heinotinnen bekommen

[6r] welches ihro naturlich geschmeckt vnd nit vbell bekommen. Gef[ragt] waß die hexen sonderlich vor hendell vfm dans anfangen Item ob nit alda ermanungen vnnd consecrationes geschehen? Ant[wortet]: hette woll gesehen daß sie hostias gehabt, selbige gebrochen, daruf gespiegen vnd damitten gespot, wiße aber nit obs consecrirte hostie gewesen oder nit, hetten auch von ihr eine hostiam gefordert, sie aber gesagt daß sie die ihrige genoßen hette. Gef[ragt] ob sie auch vermeine daß sie leibhafftig vfm dans gewesen? Ant[wortet]: Ja vermeine daß sie leibhaftig dha gewesen, ob aber die ienige welche sich mit dem Teuffel vermischet, auch leibhafftig dha gewesen wiße sie nit eigentlich, halte es aber daruor Gef[ragt] ob sie sich auch segnen konne? Ant[wortet]: Ja vnd hat daruf reverenter ein Creutz gemacht vnd gesagt daß sie niemahlen ihren glauben zu bitt vnderlaßen nur allein einmahl auf begeren der heinotinnen, habe aber selbigen tags viele anfechtigungen gehabtt [6v] Gef[ragt] ob sie denienigen, welche sie itzo denunciirt solches woll vnder augen sagen wolle? Ant[wortet]: Ja, vnd wolte viel lieber sterben alß dergestalt langh gequelt sein

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fligen schaff: ‘Fliegenschrank’ consecrationes: ‘Weihehandlungen’ gespiegen: ‘gespuckt’ reverenter: ‘ehrerbietig, sittsam’

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Abb. 29: Stadtarchiv Köln, Verfassung und Verwaltung G 187, fol. 3v

LEMBERG 1630 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Lemberg (Pfalz) 1630 Handschrift Bistumsarchiv Trier, Abt. 95, Nr. 268 Varia Analecta, F. 4 8v–11v (Archivzählung) Baumgarten (1987), Lager (1905) Baumgarten (1987), Klar (1959), Lager (1905)

Inhalt Eva Schmehlich aus Neunkirchen/Saar wird vom 22. bis 26. April 1630 vor einem Ausschuss von Neunkircher Hochgerichts Scheffen in Lemberg (bei Pirmasens) der Prozess gemacht. Detailliert ist festgehalten, wie die Angeklagte am ersten Tag durch Aufziehen und andere zusätzliche Foltermethoden gepeinigt wird, bis man schließlich von ihr ablässt, weil sie sich gantz schwach und ohnmechtig erzeigtt. Am zweiten Tag legt sie unter der Folter ein Geständnis ab, in dessen Verlauf sie eine Reihe weiterer Personen als Mitglieder der Hexensekte (Zaubergesellschaft) besagt. Das am 26. April gefällte Urteil lautet auf Tod durch Strangulation.

Schrift und Sprache Der Schreiber Melchior Wiltperger, der am Ende der Akte mit kaiserlicher Notarius unterzeichnet, verfügt über eine sehr geübte, zierliche Handschrift. Aus neuhochdeutschmoderner Perspektive betrachtet wirkt seine Schreibsprache eher unauffällig, d.h. weder in graphematischer und grammatischer noch in lexikalischer Hinsicht finden sich gehäuft Spezialitäten regionalsprachlicher Herkunft. Es hat den Anschein, als habe der kaiserliche Notar mit dem bairischen Namen Wiltperger in Diensten Kurtriers beim Protokollieren eine Art von Ausgleichsvarietät intendiert. Zu bemerken ist noch, dass sich mitunter typische Beispiele eines kanzleimäßigen Nominalstils finden (vgl. Z.166f.).

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[8v] Vff heudtt den 22 Aprilis A[nn]o p[erge] 1630 Ist Schmehlichs Eua von Neunkirchen, des zauberey Lasters Peinlich angeclagtte, Inn beysein des Ehrenvesten vnd hochgelerten Herrn Adolphen Baden, der rechten Doctorn, Churf[ürstlichen] Trierischen Ambtman zue Schwartzenburg vnd Dagstuell, Herrn Niclaßen Weckbehrn, Soeterischen kelnern zue Lehmberg ~ Junckhern Geörg Adam Braun von Schmidtburg ~ Meyer zu Selbach, Meyer zu Neunkirch[en], Schultheiß zue Gundeßweiller, Engeln Caspar, vnd dhiellen Clasen, beid[en] hochg[eric]htts Scheffen zue Neunkirch[en], vorgeprachtt, vnd erstlich in der gütte vf alle vber sie vorhande Indicia ªvnd denunciationesº examiniret vnd erfragtt worden, weiln sie aber in der gütte nichts bekennen wollen, Ist sie dem Scharpffrichter vbergeben worden, so sie ahn die foltter genommen, gebunden vnd ahngezogen, vnd als gegen Ir ein ernst fragen+ gebraucht, hatt sie embsiglich gebetten, sie herunder zu laßen, Sie wolle alles sag[en] waß sie wüste, Alß sie aber vf Ir bitten herund[er] gelaßen worden, hatt sie gesagtt, Sie könne nit zaubern, zugleich sie wied[er] vffgezogen worden, Aber nichts bekennen wollen, biß sie ein kleine weill in der foltter gehaltten, hatt sie sich erzeigtt, als wen sie schlaffen woltte, worauf sie abermals herund[er] gelaßen, vnd vff ein Stuell gesezt, worden+ vnd erfragt word[en], Ob sie Ire verführung anzeigen vnd bekennen woltte: geantwortt, Sie könte nichts bößes ~. Worauf sie wied[er] von der Erd[en] vfgezogen, darbey die daumeißen Ihr an die zwo große zewen geschraubt, vnd fast 1/4. stundt in der pein gehaltten worden, so sich abermals gantz stillschweigent erzeigt, als wan sie schlieffe, vnd[er] deßen vf beschehene ahnredung [9r] kein antwort geben wollen, Ist sie wieder herund[er] gelaßen, vf ein Stuell gesetztt, vnd ferner sich zu bedencken erinnert worden, So gebetten Irer mit der pein zuverschonen, Sie wolte gehrn sag[en] wan sie etwas wüste, wiße aber nichts, Darauff sie abermals wied[er] vffgezogen, vnd ahn Ihr ersehen worden, daß sie den Scharpffrichtter mitt der stangen so Ir durch Ihre zusammen gebundene bain gelegtt, vf welche der Scharpffrichter sich gestellett vffgehoben, Jedoch im geringsten nichts bekennen noch gestendig sein wollen, darbey gantz stillschweigent beharret, Entlich gesagt, Ihre g n e d i g e H e r e n ~ Worauff sie erfragt word[en], Ob sie Ire mißethat ahn zeigen wolle, geantworttet, Ja, doch nichts angezeigtt, weiln nun sie Beclagtin sich gantz schwach vnd ohnmechtig erzeigtt, vnd ferner nichts mit Ir außzu richtten, noch fürzunehmen geweßen, Ist sie biß morg[en] sich zu bedenck[en], wieder ad carcerem remittirt word[en]. Actum Lehmberg ut supra ~ Melchior Wiltperger Notari[us] [subscripsit] 7 23 41

kelnern: ‘herrschaftliche Steuerbeamten’ daumeißen: ‘Daumenschrauben’ zewen: ‘Zehen’ ad carcerem remittirt: ‘ins Gefängnis zurückgeschickt’

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Den 23. Aprilis 1630. Nach Mittag, Ist die Beclagtin Schmelichs Eua wieder vorgepracht, vnd vf gegebene bedenckzeitt erfragtt worden, waß sie sich nun bedachtt, Inn wehrend[er] anziehung d[er] folter sie begehrth, Man solte sie herund[er] laßen, Sie wolte alles anzeigen, Darauff angefangen vnd bekendtt, welcher maßen vor vngefehr Zehen Jahren der böße feindtt Ir Buhl (so sich Beltzebock genant, vnd er hette sie Graßmisch geheißen) in Irem hauß in der Stuben zu Ir kommen, als sie in gedancken gelegen, vnd ahn einen krieger gedacht, mit deme sie sich vermischtt, wiewoll sie Iren Mann gehabt, in solchen kriegers gestalt zu Ir kommen, Ir zu gemuttet, Ime den willen zuthun, zugleich begehrth, Gott vnd all seinen Heiligen abzusagen, deme sie in allem folg geleistett, vnd Ime versprochen vnd zu gesagtt. Vber 2. od[er] 3 tag, wehre der böße feindt Ir Buhl, wied[er] hinder Ihrem hauß, zwischen tag vnd Nacht zu Ir kommen, Auch Ir Vngefehr zehn güld[en] [9v] ahn geldtt geben, so zu Pferdts koth worden, damals Ir ein schwartzen Bock geprachtt, sie vff der lincken seitten ins Teuffels Namen drauff gesetzt vnd vff Pederberg geführth, alda sie mit Irem Buhlen Ire Teufflische hochtzeitt gehaltten, hetten Fleisch, so ohnnatürlich geschmecktt kein Brodt noch Saltz, auch kein wein noch Bier gehabt, alda sie durch einen schwartzen Mann in schwartzen kleidern wie ein Paff Irem Buhlen gegeben worden, darbey geweßen, a u ß N e u n ki r c h [en] Webers Otill, Adams Greth, Dalehn, Pontuß[en] fraw, kueh Engell, Zimmer Johannen Fraw Greth, auß Gundeßw[eile]r Schultheißen Agneß. Berg Eua, hiellen ketter, Anthes Cläßen Fraw Christina, Criminalisch befragung[en] Schmehlichs Eua zu Neunkirch[en] belangendtt mitt No. 1.2.3.4.5.6.7.8.+ Auß Selbach Herttels Johanneßen Fraw Engell, Bartten Engell,

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Baldt solchem nach, habe die zauberische gesellschaft rhat geschloßen, vf den Pittschberg zu fahren, gestalt alda reif zu mach[en], damit Frücht vnd alls zuuerderben, Sie seie aber zu lang gewesen, vnd wegen Ires lang[en] außpleibens mit einem Schelmenbein durch Iren Buhlen geschlag[en] word[en], den reif hetten sie gemachtt, Aber doch kein schad[en] geprachtt. Darbey geweßen [10r] Anthes Michell von Eckelhaußen, so vf einem Schelmen bein gepfiffen, desgleichen alle die nechsthieuor angegebene von Neunkirch[en], Selbach vnd Gundeßweiller, vnd die hiengerichtte ~ Bekendt, wie die Zaubergesellschaft vor vngefehr 2. Jahren, Irem zwey Jährig[en] Füllen ein tranck einschütten wollen, vrsach deßen, daß sie Bartten Stephan ein kueh vmbbreng[en] sollen, weiln dieselbe aber gesegnet geweßen, hetten sie daran nichts geschafft, Also Irem Füllen nachgehents den tranck ein geschütt, vnd da nit Ir Mann hierüber bei dem Geltzer zu Güdeßw[eile]r rhat gesucht, vnd Ir Füllen gesegnet, wehre es vmbkommen. Sagtt, Vor vngefehr 12. Jahren, hette sie der Zauberischen gesellschafft beystandt geleistet als sie Naw Henckes Hainen nächtlich[er] weil, als er zue Neunkirch[en] hind[er] des Mayers Fewer gelegen vnd geschlaffen, ein tranckh mit zugerichtten katzenhirn (welche katz Ir geweßen) eingeschüttet, daß er dauon verdolt worden, zu diesem werck hette sie die erste ahn stifftung geben, weilen ir Buhl Ir gesagtt, Er Hain, hette sich nit gesegnet, darbey geweßen Webers Otill, Adams Greth, Dalehn Ponttus Fraw, vnd Sie ~

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Bekendt die Zauber gesellschafft wehre noch vor vngefehr 14. tagen vff dem Röllenberg beysammen geweßen, gestalt alles getraidtt, als Früchtt Laub vnd graß zuuerderben, hetten bliuen von den baumen bey kuschell geholt, dieselbe ins Teuffels nahmen in Iren Schmier hafen gethan, dass der donder vnd hagell alles erschlagen solle, kueh Engel zu Neunkirch[en] hette aber darfur gebetten, des wegen sie, weil sie von Gott gesagtt, zu fuß heim gehen müßen, Iren Schmierhafen hette sie in dem Momberg stehen, darbey gewesen,

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rhat geschloßen: ‘den Beschluss gefasst’ lang: ‘langsam’ Schelmenbein: ‘Gebein, Knochen eines toten Körpers’ zugerichtten: ‘zubereiteten’ verdolt: ‘von Sinnen’ bliuen: ‘Blüten’ Schmier hafen: ‘Salbentopf’ gesagtt: ‘gesprochen’

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Lemberg 1630 Webers Otill, Adams Greth, kueh Engell, Zimmer Johannen Greth, Dalehn Pontuß[en] Fraw,

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auß Neunkirch[en]

[10v] Schultheißen Agnes, Dhiellen ketter, auß Gundeßw[eile]r Adams Eua, Anthes Clasen fraw Christina, Mayers Caspars fraw ausbedunck[en]. die vbrige, werden die Nachkömling[en] angeben, darbey es vor dissmall verplieben. Actum Lehmberg ut supra ~ Melchior Wiltperger Not[ariu]s [subscripsit]

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Den 24. Aprilis .1630. in p[ræ]sentia hern Niclaßen Weckbehrn kelnern zu Lehmberg, Engeln Casparn, und Dhiellen Clasen, beiden hochgerichts Scheffen zu Neunkirchen, Seint der behafftin Euen alle Ire bekantliche articull wied[er] vorgelesen word[en], so dern allerdings gestendig, und darbey beharret, zeigtt darbey ferner ahn, daß sie noch diss Jahr ein Schwein gehabt, so etwas Schehl gangen, demselben hette sie neben Iren mitgespiellen ein tranck ein geschütt, d[as] es noch Acht tag lang gang[en] serben, biß es verstorben, darzu geholffen, Webers Otill, Adams Greth.

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Item sie hette mit beystandt d[er] Zauberischen gesellschafft geholffen, Clemens Wendeln zu Neunkirch[en], ein rodt Mutter Pferdt nächtlicher weill mit einschüttung eines trancks in seinem stall vmbgeprachtt, darzu geholff[en] Adams Greth, Dalehn Pontuß[en] Fraw, Zimmer Johannen Fraw Gretg[en].

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Bekendt auch, daß die Zaubergesellschafft vorhabens gewesen, noch bey Letster korn saath, so vor oder vmb Michaelis beschehen, bey Brüderborn zu fahren, alda sie die Frücht und alles anders verderben wollen, weiln sie aber zu lang geweßen, wehre sie von Ihrem Buhlen vbell zerschlag[en] word[en].

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Sagt auch, Als Ire Schwester hanßen Catharein vor vngefehr 3. Jahren ein schaden mit vff fallung eines balcken an einer handt bekommen,

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Im Original wird die Auflistung der fünf besagten Personen aus Neunkirch[en] wie auch der aus Gundeß[weile]r (heute Gonnesweiler) durch eine geschweifte Klammer zusammengefasst. ausbedunck[en]: ‘zur Hochzeit versprochen’ Schehl: ‘schief’ serben: ‘dahinsiechen’

Westliches Mitteldeutschland

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[11r] darzu sie geflucht gehabt, gleich darauff wehre d[er] böße Feindt zu Ir kommen, Ir zugemuttet, daß sie nächtlicher weil d[er]selb[en] Irer Schwester gifftige sachen darauffgeschmiereth, dauon sie großen schmertzen empfang[en], vnd da sie nit hett rhat suchen laßen, daß sie großen schaden darüber ausstehen müßen, darzu geholffen, Webers Otill, Dalehn Pontußen Fraw, Zimmer Johannen Fraw Gretg[en], kueh Engell, Wiße weitter nichts mehr anzu zeig[en], da Ir Jedoch noch etwas einfallen sollte, will sie es vorpreng[en], darbey es vor dissmall v[er]plieben, vnd wied[er] in d[as] Backhaus bey daß Fewer den hüttern vbergeben word[en]. Actum Lehmberg ut supra~ Melchior Wiltperger Notari[us] [subscripsit]

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hüttern: ‘Aufsehern, Wächtern’

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Abb. 30: Bistumsarchiv Trier, Abt. 95, Nr. 268 Varia Analecta, F. 4, fol. 10r

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LINZ 1631 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Linz (Rhein) 1631 Handschrift Stadtarchiv Linz , Bestand F4 4–11 (Archivzählung) Pohl (1893) Mansel (1974), Pohl (1893)

Inhalt Am 2. Januar 1631 werden Giertgen Hemmeßem und Elisabeth Hilgenhaupt wegen Zauberei angeklagt. Bei den Verhören im Linzer Rathaus ist auch der Schultheiß Lizentiat Neißen zugegen, der den Grafen von Isenburg – an ihn war zu dieser Zeit das kurkölnische Linz verpfändet – vor Gericht vertritt. Aus den hier nicht weitergehend dokumentierten Akten geht hervor, dass die beiden Angeklagten unterschiedliche Schicksale gehabt haben. Während Giertgen Hemmeßem am 8. Februar 1631 am endlichen Rechtstag unter Berufung auf die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. zum Tode verurteilt und hingerichtet wird, kann sich Elisabeth Hilgenhaupt durch Flucht der Verurteilung entziehen.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist größtenteils von Augustin Castenholtz geschrieben, einem ehemaligen Bürgermeister von Linz, der hier auch in der Funktion eines Schöffen auftritt. Das Blatt 9 und die erste Hälfte von 10 bis löblich statuirt wurden von Heinrich Hollandt verfasst. Unterstreichungen in der Handschrift sowie einige spätere interlineare Lesehilfen stammen von einer dritten Hand und werden nicht wiedergegeben. Generell ist die Groß- und Kleinschreibung bei ¢a², ¢d², ¢h², ¢v², ¢w² und ¢z² schwer zu deuten. Eine grafische Besonderheit ist bei Castenholtz der Gebrauch von Majuskeln im Wortinneren wie z.B. in erInderungh oder bei Zusammensetzungen (etwa ChristFest). Hervorzuheben ist, dass Castenholtz’ Protokoll eine Reihe von schreibsprachlichen Merkmalen aufweist, deren Herkunft mit dem OberdeutschBairischen zusammenhängt. Hierzu zählen kh-Schreibungen (zauberwerckh, vermerckht u.a.), ai-Schreibungen (vnglaich, Aigentlich u.a.) sowie – ganz hervorstechend – die hochfrequente Verwendung der Synkope in Präfixen (g fordert, gsprech, gwist, bschaffenheit u.a.). Möglicherweise hat Castenholtz sich an gegenreformatorisch-süddeutscher Schriftkultur orientiert. Als Varianten aus der westlichen Mitte und dem Norden Deutschlands haben beide Schreiber das gh in Finalstellung (sambstagh, Fragh, Vnschuldigh, schmagh [!], beclagungh u.a.).

Linz 1631

257 [4] […] Ahm Folgenden Freitagh den 3. Januarii, sein bede obangedeute Personen Giertg[en] Peter hemmeßems hausfraw vnd Elisabet Christian hilgenhaubt Fraw Angwissen vnd vff-

G i e r d t g [en] Præsentibus

4 6 10 17 25 27 38

[5] vfgefurth, Anfenglich vffm Rätzhauß Im Kleinen Stubg[en] In gegenwarth hern Ambtman Keßell h[ern] d[octor] Frohouen, h[ern] Schultheiß[en] L[izentia]t Neißen dan Wolff Frotzem Castenholtz ham holland Saltzvas scabinis ªdie Giertg[en] hemmeßemsº In der gutte vorgenohmen vff h[e]rn [INT] ªSchultheiߺ Fragh vnd vortrag[en] Sie werde zweiuels ohne die vrsach Selbst woll wißen warumb Sie hiehin gfordert, daruff endlich geantworth, Kondte woll die vrsach gedencken weill sie eine zeitlangh Im gsprech gang[en] alß solte Sie von dem heßlich[en] zauberwerckh wißen darahn Ihro doch vnglaich geschehe vnd vnschuldigh seie. Vff Fernere vilfaltige erInderungh vnd motiuen, Ihre Sehlen [INT] ªSälichº keit zu bedencken vnd die warheit zubekennen weill von Vnd[er] schiedlichen besagt vnd vmbstendlich bered word[en] Leuchnet beharlich mit Anruffungh Gottes beistand vnd beclagungh Ihres Frommen Mans vnd Kind[er] her Ambtman Keßell fragt in specie wie es eine bschaffenheit mit dem gurtell so Sich vor diesem vff einem [INT] ªverdechttig[en]º orth fund[en] wie Sie woll wiste, Antworth wiße nichtzit dauon hab keinen gürdell verlohren.

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Giertg[en]: Koseform von Gertrud Angwissen: ‘angewiesen, instruiert’ Rätzhauß: ‘Rathaus’ vorgenohmen: ‘vernommen’ vnglaich: ‘unrecht’ Sehlen [INT] ªSälichº keit: Es ist nicht sicher, ob es sich bei der interlinearen Einfügung Sälich um eine Einfügung des Schreibers oder um eine Verständnishilfe eines späteren Lesers handelt. nichtzit: ‘nichts nicht, ganz und gar nichts’

Westliches Mitteldeutschland

258

Gefragt, dweill gwist daß In Solchem verdacht vnd gerucht gwesen, wahrumb Sich nit bei d[er] Obrigkeit angeben vnd sich+ verthetiget, Antworth wehre nit darzu vorgefordert worden. Niemand hette es Ihro Ins gsicht verweißlich gsagt Endlich h[e]r Schultheiß Ihro Angedeutet daß zum fall In der gutte nit bekennen wurde, zu der Peinlichen Fragh verurtheilet were ªwie Sich dageg[en] dageg[en]+ zuuerthetig[en] vermeine?º daruff Antworth wiße sich nit zuuerthetig[en] [6] Seie In allem Vnschuldigh cum imploratione diuina Also daßmahll abgfuhrt mit fleißig[en] erInderungh sich baß zubdencken.

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Elisabeth Folgens Elisabet hilgenhaubts dergleichen In der gutte vorgenohmen vnd gfragt wurde wißen wahrumb sie gegenwertih Antworth wiste das Aigentlich nit wehre Ihro woll etwas vorkommen verhoffe doch nit daß etwas darahn sein solle, Gefragt ob nit wiße vnd von Ihrem Man verstanden warumb Caution leisten muß[en] Sagt wiße mehr nit alß daß Ihre Mutter etwas gesagt haben solle, weg[en]+ dauon diederich von haußen etwas gewescht haben solte, I[tem] daß die leuth Ihro nachgehalten, alß wehre Außgerißen wie vff Collen gezog[en] Dweill vff fernnere Vilfaltige erInderungh vnd Vortrag[en] In der gutte gleich nechstvorig[en] Giertgen nichtzit bekennen wollen, ist gleichfals Sich bäß zubedencken abgewiesen die Peinliche Fragh vnd Marter zuuerhutten ~ klagt sond[er]lich vber schmagh vnd+ schimpff vnd hertzen leid darin Ihre Mutter Sie vnd Ihre Kind[er] gesetzet mit wunschungh 43 45 54 56 60 68 69 75

verthetiget: ‘verteidigt’ verweißlich: ‘vorwurfsvoll’ cum imploratione diuina: ‘unter Anrufung Gottes’ baß: ‘besser’ wurde wißen wahrumb sie gegenwertih: ‘ob sie wüßte, warum sie anwesend sei’ gewescht: ‘abfällig gesagt, geklatscht’ nachgehalten: ‘im Nachhinein vorgehalten’ bäß: ‘besser’

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Linz 1631

259 daß nimmermehr wehre geboren worden gfraget wahrumb Sich nit Angeben zuuerthetig[en] weill Ihre bose Fam woll gewist Vnd wie [INT] ªSichº noch zur zeit zuuerthetig[en] vermeine Antword wiße Anderst keine Verthetigungh Seie Vnschuldigh daruber Ihr Theill himmelreichs vffsetzen wolte

G i e r t g[ e n ] Præsentibus D[omi]nis Commissariis p[erge] [et] omnib[us] scabinis excepto Keßell, welcher weill diese Giertg[en] seine Stief Tochter, Sich excusando absentirt. 1a tortura

Conf[essio]

82 86 90 95 97 100 101 109 111 113

[7] Eodem Nachmittags Ist Giertg[en] hemmeßems obg[emel]t abermahln durch die heren Commissarien beiseins der Scheffen ªnechst Vorg[emel]tº In d[er] gutte vorgenohmen vnd mit allem fleiß zur bekentnus erInd[er]t Dweill aber die gutte nit verfang[en] wollen Ist der+ [INT] ªzurº Peinlichen Frag mit Ihro geschritten Furs erst mit der Schnör od[er] Corden Lind Versucht daruff alßbalt lauth geruffen vnd gebetten Man solte Sie loß laßen wolte gern alles bekennen, Aß zum And[er]mahll nit zumahll von d[er] Erden vffgezog[en] bekennet Sie wehre der Frawen eine, wehre Inn Ihren garten dar zu kommen, Mit abermahlg[en] begern Sie loß zulaß[en] wolte mit Inn die Stub gehen vnd alles bekennen was Sie wiste, Daruff loß gelaßen In die Stuben gang[en] daselbsten Ihr Voriges bekentnus repetirt mit fernnern vmbstenden der bose wehre vor einem Jahr vngfehr Im Sommer des nachmittags In Ihrem garden ahm Fald[er] In gstalt Ihres Jetzig[en] Ehmans zu Ihro kommen Sie zum fall pracht ahn vngwonlicher Kelte aber vermerckht daß es nit recht gewesen vnd alß darüber den Nahmen

Fam: ‘Gerücht’ vffsetzen: ‘aufs Spiel setzen, einsetzen, wagen’ obg[emel]t: ‘oben erwähnt, oben angeführt’ verfang[en]: ‘Erfolg haben’ Schnör: ‘(Folter-)Seil’ Corden: ‘Seil, Schnur’ Lind: ‘leicht, sachte’ Aß: ‘als’ zumahll: ‘gleichzeitig’ vmbstenden: ‘näheren Einzelheiten’ Fald [er]: ‘Falltor, Tor mit Fallbäumen’ zum fall pracht: ‘entehrt’

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Westliches Mitteldeutschland

260

JESVS genennet von Ihro verschwunden Vber acht+ [INT] ªeinº tagh [INT] ªod[er] Achtº darnacher, alß Sie auß Selbig[en] Gardten kommen ahm Abend wehre der Böse Ihro Abermahl erschienen Sie bedrewet wolte Ihro den halß brechen od[er] [8] od[er] Sie solte Gott ab- vnd Ihme zusag[en] also sie darzu gzwung[en] vnd mit dem hind[er] wid[er] das Crutzg[en] vor der Rheinpfortzen ahm weier geg[en] dem Schloß vber [INT] ªgestoßenº Der bose hette Folgens noch zweimahll mit Ihro zu thun gehabt, einmahll In d[er] Stuben das And[er]mahll vffm Soller In Ihrem hauß, hette niemand[en] Menschen noch bestern leid gethan der deubell hette Ihro offtermahlen sachen geben vnd haben wollen, solte damit Ihren Schwinen vnd Kohen vergeben, weill solches niemahlen thun wollen, hette Sie allemahln mit einer Aisenen Rothn gschlag[en] Wehre niemahl[en] vff einig[en] Dantz kommen weill der bose Ihro Anfenglich Versprochen daß vff die dentz nit solte erscheinen durffen. Sonsten Vorige bekendnus Abermahl[en] repetirt vff eine weiß mit erclerungh wolte daruff leben vnd Sterben, Alß gefragt wannehe der Bose Feiand Ihro ahm letzten erschienen? Sagt solches gschehen zu sein etliche tagh vor nechstverwichenem ChristFest In Ihrem hauß vff d[er] Schlaffkammer daselbsten Er Sie gschlag[en] mit den wortten warumb gehest du In die Kirch, welches ich dir Verpotten daruber Sie Ihme entwichen

117 127 128 132 134 137

ein tagh od [er] Acht: ‘ungefähr acht Tage’ hind [er]: ‘Hinterteil’ Crutzg[en]: Diminutiv von Crutz ‘Kreuz’. geg[en] dem Schloß vber: ‘gegenüber dem Schloss’ Soller: ‘Dachboden, oberer Raum eines Hauses’ bestern: ‘Tieren, Vieh’ vergeben: ‘vergiften’

120

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Linz 1631

G i e r t g[en] p[ræ]sentib[us] d[omi]nis Commissariis Frotzheim, hollandt vnd Salsfaß Scabinis,

Confir[matio] Conf [essionis]

155 159 168 170 177 184

261 [9] Altera die nemblich vff sambstagh den vierten Januarii haben herren Commissarii die verhafftInne Giertgen Peter hemmeßheims hausfraw ante meridiem vf der kleinen stauben vorkommen laßen, vnd gewolt, das Ihre gesterigen tags gethane+ guetliche, vnd extra Torturam gethane bekandtnus, dabei sich ercleret das bestendigh verpleiben thete, nochmalß allerdings repetiren soltte, Wie sie nach genommenem bedacht gethain, vnd mit der gesterigen außsagh allerdings vberkommen, Addendo, Das das schlagen vilmahl In Irem hoff bei der Mullen geschehen, Vnd das der boese feiandt ihro versprochen, ehe den ihme zuschweren wollen, Das nicht solte gehaltt[en] noch gezwongen sein, vff einige Däntz zufolg[en], Wan morgens In der kirchen gewesen, vnd eines Priesters benediction empfangen, Den tagh vber wehre allemahl von dem boesen ohne einige Anfechtungh frej verplieb[en], hette dieß heilige Christfest communicirt, aber diesen Ihren betruebten pfal, Das ihro numehr hertzlich leidt, nicht gebeicht, Alß gefragt, ob sie dan ferner nichts boeß gethain, Antwort Nein, Dabei sehr einstendigh gepetten, Das ihro mögte erleubt Werthen, noch einmahl mit ihrem man zu sprechen, Alß gefragt warumb, geantWort, sie hette etliche beedtgengh zu thun versprochen, das demselben sagen moegte, Wie solches Ins werck stellen, vnd verrichten laßen solle, Item das mit demselben abreden moegte, Wie es mit ihrer furdochter Ins kunfftigh zuhaltten, Welches ihro noch zur zeit abgeschlag[en] ~

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Altera die …: An dieser Stelle beginnt die Hand des zweiten Schreibers, Heinrich Hollandts. stauben: ‘Stube’ Mullen: ‘Mühle’ Das nicht solte … gezwongen sein: ‘dass sie weder dazu angehalten noch gezwungen sein sollte’ pfal: ‘Fall, Entehrung, Vergehen, Missetat’ beedtgengh: ‘Bittgänge’

Westliches Mitteldeutschland

262

Leißbeth

Leißbeth Præsentibus Ambtman Keßell ~ h[e]rn Doctor Fröhouen ~ Frötzem Castenholtz Ham scabinis Holland Salzvas Ahm Abend her Schultheiß L[izentia]t Neißen zukommen 1a tort[ura]

[10] Vff selbigen vormittagh, haben h[errn] Commissarien, in gegenwarth der obgemeltter dreier Scheffen Elisabetham Kurst beckers haußf[raw] furkommen laßen, vnd zum vleißigsten erInnert, was deroselben gesterigs tags vorgehaltten, mit begheren, nachdeme sie der Zauberej kunst vberzeugt, vnd albereit drej sunderInnen daruff gestorben, In ansehungh deßen, vnd anderer vmbstendt, Das guetlich bekennen wolte, was vbelß gethain, sonsten mit ihro vermoegh erkandtnus mit der Tortur verfahren, vnd geschehen laßen moesten, was Die Kays[erliche] Halßgerichts Ordnungh in diesem Halßgerichts Ordnungh in diesem löblich statuirt, Nachdem aber In der gutte Nichtzit bekennen wollen Ist ahm Nachmittagh die Peinliche Fragh durch die Corden vnd Wolff vff den Rechtten Schienbein Vorgenohmen In der Tortur etliche mahll der zauberej Lasters Sich schuldigh bekennet mit begeren Sieh loß vnd abzulaßen wolle gern alles bekennen, wann aber abgelaßen gewesen wid[er]umb geleuchnet Inmaßen einmahll In specie bekennet der deuffell wehre Vor zweien Jahren zu Ihro, alß Ihr Man Vber Rhein nach der Graffschafft Auß [11] Außgewesen Ahm Abend In gestalt Ihres Mans ahns bed kommen zu Ihro Sich gelegt vnd vermischet daruber Sie Sich bedrog[en] vermercket weill ein

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löblich statuirt: Hier endet die Hand Heinrich Hollandts. Hinter dem Wort h[e]rn und vor dem Wort scabinis befindet sich jeweils eine geschweifte Klammer, welche die Namen auf diese Wörter bezieht. Wolff: Folterinstrument

Linz 1631

b. – 3.

233 236 237 241

249 257 258 259

263 Vnnaturlich geschefft befunden Keld und Klein, bald aber von Ihro wid[er]umb Verschwunden, Folgens Ihro ahm Rhein erschienen bej dem Crutz geg[en] dem Fahr V¨ ber vnd gezwung[en] daß Gott ab- dem bösen aber zusag[en] mußen It[em] daß eimahll vffm Kirchplatz, Ahm Dantz mit gewesen, aber niemand[en] mehr (Weill mehrerntheils bemommet gewesen) alß drej lengst verstorbene Weibs Personen [INT] ªgekennetº Welche auch Namhafft gemacht, ªFrantz Eilffen S[elig] gewesene hausfraw, Waldburgh Dillenbergs vnd Feig[en] heckeners Christian Struncken gewesene hausfraw,º dern aber eine [INT] ªnemblich Eilffenº mehr dan zehen Jahre vff dato Toth gewesen, Also der deponentInne die grobe vnwarheit Vorgeworff[en] daß gesagt Vor zweien Jahrn erstlich bedrog[en] zu sein vnd beim dantz Solche Fraw gsehen zuhaben Welche Vor zehen Jahren Toth gewesen, daruff geantwordet mochtte woll zwolff Jahr sein daß Sie es gelehrnet vnd vom bösen bedrog[en] In dem hauß daß Jetzo henrich Metzler bewöhnet Sie aber d[er]zeit wie Nachtpar Kundigh ~

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geschefft: ‘Geschlechtsteil, Glied’ Keld: ‘kalt’ geg[en] dem … V¨ ber: ‘gegenüber dem …‘ Fahr: ‘Anlegeplatz am Wasser’ bemommet: ‘vermummt’ Die Marginalie b.–3. hat vermutlich etwas mit der Besagung dreier Personen zu tun, denn auf S. 13 erscheint ein b.–5. am Rand, wo Giertgen weitere fünf Personen der Teilnahme am Hexentanz beschuldigt. deponentInne: ‘Verwahrte, Gefangene’ Jetzo henrich Metzler bewöhnet Sie aber d[er]zeit: Der Schreiber hat den Satz nachträglich durch übergeschriebene Zahlen folgendermaßen umgeordnet: Jetzo henrich Metzler Sie aber d[er]zeit bewöhnet. d [er]zeit: ‘damals’ wie Nachtpar Kundigh: ‘wie der Nachbar weiß’

264

Westliches Mitteldeutschland

Abb. 31: Stadtarchiv Linz, Bestand F4, S. 6

RHENS 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Rhens 1629 Handschrift Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 27, Nr. 592 97–104 (Archivzählung) – Bátori (1996), Bátori (1987), Bellinghausen (1929), Müller (1957)

Inhalt Sophia Bech wird am 19. Februar zunächst gütlich und, da sie nicht rundt her auß bekennen will, am 20. Februar peinlich verhört. Sie legt ein ausführliches Geständnis ab, bei dem sie eine beträchtliche Anzahl von Personen der Hexerei beschuldigt. Aus dem Aktenzusammenhang geht hervor, dass sie bereits am darauffolgenden Tag erneut vor Gericht gestellt und verurteilt wird. Sie soll der begangenen und geübten Zauberey halben, mit dem feuwer vom leben zum todt gestrafft werden.

Schrift und Sprache Das Protokoll wurde vom Gerichtsschreiber Severinus Hachener in flüssiger und geübter Schrift verfasst. Trotz einiger nachträglicher Einfügungen und Streichungen sowie eines uneinheitlichen, schrägen Zeilenverlaufs ist sie sehr gut lesbar. Probleme bereitet einzig die Unterscheidung von Groß- und Kleinschreibung bei ¢h² und ¢z². Der Text weist durchaus noch Spuren westmitteldeutsch-regionalsprachlicher Art auf. Zu denken ist auf der lautlich-graphemischen Ebene an die unverschobenen Mediae in Wörtern wie dochter, roden, döhr, dazu passt auf der anderen Seite die hyperkorrekte Behandlung der Tenuis in Pfuluer. Morphologische Eigenheiten gibt es bei den Diminutivendungen -gen in liebgen oder kopfkentgen oder in der Form des Partizips gewest.

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Westliches Mitteldeutschland [97] D o r n s t a g h d e n 19[ten] Februarii Anno p[erge] .1629. ante torturam Sophiam Jacoben Bechs Haußfrauw vorgenohmmen vnd in der guette gefragt worden, gibt nachfolgende antwortt. Bekendt hab Ihre zauber kunst von Ihrer Mutter gelehrnt, welche zu Ihr gesagt, sie solte Ihr folgen, sie wolte sie nichts boesses lehren. Sey damals vngefehr 20. Jahr altt gewesen, vnd Ihr Bull sey zu Ihr in Ihres vatters hauß kommen, in schwartzen kleidern, vnd Heisse Hanß feder wisch, mit einer roden federn vff seinem Hutt, vnd zu Ihr gesagt, sie solte sein genist sein, oder sein liebgen sein. Daruff Ihr auff die Handt silber gelt [INT] ªgebenº vngefehr+ ein Halben königs thaler, darfur sie ein par [INT] ªellenº leinen duchs alhie zu Rhenß bey einem krämer auff der Brucken gekaufft. Sagt Hette bey im geschlaffen in Ihrer Mutter hauß vff der kamern, vnd mit Im gethan das nichts gedĤcht, Ihre Mutter aber Hette in Ihrer kamer gelegen, Vnd alß sie auff die dentze gefahren hette sie sich geschmirt ahn Ahr+ Armen vnd beinen, mit einer schwartzen salb die Ihr [INT] ªderº teuffell geben, Sagt sey mehr alß ein Jahr das sie zum letzten mahl auff dem dantz platz gewesen, vff der Jenneren genant, [INT] ªN[ota]B[ene] Istº ein freyer platz vnd anger zwischen den weingartten gelegen. [98] Hatt Ihrem Bulen seinen willen müssen thun, alß er zu Ihr kommen, vnd Ime angelobt sie solte sein eygen sein, geschehen vff der schaballen in Ihrem weingartt, Sagt seyen zwey mahl Im Jahr vffm dantz platz bey ein ander gewest, fahre wiederumb Heim in Ihr Hauß zur fenster Hin ein bey der döhr. Sagt sey vber das das+ Jahr das Ihr Buhl bey Ihr gewesen in Ihrem Hauß. Gestehets vnd bekent das sie Jacob Herttern in die augen

2 14 17 22 36 39

Dornstagh: ‘Donnerstag’ genist: ‘Sippschaft’ königs thaler: Münze mit etwas höherem Wert als der gewöhnliche Reichstaler gedĤcht: ‘getaugt, geziemt’ schaballen: ‘Schemel, Fußbank, kleines Tischchen’ döhr: ‘Tür’

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Rhens 1629

267 geblasen hab, vff nichts gutts, in dess Teuffels nahmen. Sagt Habe die salbe in Rhein geworffen, damit sie sich geschmirt, welche Ihr der teuffell geben vnd selber auch gemacht, sagt wan man sie anrühre so fahre man schon dahin. Gestehett das sie ahn Dederich Bentzen kindts wiegen gekratzt ein mahl ins teuffells nahmen, vnd also baldt geschichts was sie begeren, ªBefragt wie Sie dem kindt wid[er]umb geholffen?º Sagt Hab wiederumb ahn der wiegen gekratzt viertzehn tag hernach als sie wiederumb drein kommen sey, ins teuffels nahmen, da sey es wieder gesundt worden Bekendt sie Hab Henrich Hertter roden wein in einem kopf kentgen zutrincken geben, vnd der salben damit sie sich geschmirt, ein wenig darin gethann, Sagt Weitter Hette Peter Wanbachen der vorgemelter salben in ein kopfkentgen mit roder wein gethann, welches sie der boese feindt geheissen vnd darzu getrengt, Si desswegen mit einem bengel geschlagen den vorigen vergangenen tag in Ihrem hoff, vnd sey Ihr Man nicht daheim gewesenn. Herauff [99] Herauff dimittirt, vnd weill sie noch nicht rundt her auß bekennen wöllen, Ist sie, zu grundtlicher erforschsung [!] der der+ warheitt, vff die tortur vnd peinlicher scharpffer frage freytag den 20 t[en] Februarii, genohmmen, vnd gezogen worden+ Gleichwoll Ihres Alters vnd vnuermöglichkeit halben nicht vfgetzogen, Sondern Ihr daumen und Schien-schraub[en] Angelegt word[en] Bekendt abermahl Ihre Mutter Hab sie es gelehrtt alß sie 20. Jahr alt gewesen, Hette einen schonen Jungen gesellen zu Ihr bracht, In schwartzen kleidern vnd schwartzen Hutt mit einer federn daruff, vnd zu Ihr gesagt, den Jungen gesellen solt sie haben, daruff [INT] ªd[er]selbº also baldt bey [INT] ªIhrº geschlaff ªhab,º in Ihres Vatters Hauß beim kelter, sey darnach mehr alß etlich mahl bey Ihr gewesen. Seye zuletzt Acht tag zuuor

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geschichts: ‘geschieht es’ kopf: Hohlmaß kentgen: Diminutiv von kante ‘Kanne’ vorgemelter: ‘ früher erwähnter, oben angeführter’ getrengt: ‘gedrängt’ bengel: ‘Knüppel, Stock’ Gleichwoll … Angelegt word[en]: Der Satz ist vom Schreiber in einer deutlich kleineren und engeren Schrift nachträglich eingefügt worden.

Westliches Mitteldeutschland

268

ehe sie gefangen bey Ihr gewesen, bey Ihr geschlaffen vnd seinen willen mit Ihr geschafft. Sagt wan er mit Ihr zuschaffen gehabt, sey es nit natürlich wie sonsten gewesen, sondern kaltt. Sagt ªwie Sie dem Teuffell zuerst Angelobtº Hab [INT] ªErº sie auff einem bock ahns Breyer Heiligen Heußgen auß Ihres vatters Hauß geführtt, daselbsten wiederumb vnzucht mit Ihr getrieben, vnd [INT] ªdarauf hab Sieº Ime zugesagt das sie sein wölle sein, vnd Gott nit mehr anbetten, Habe auch das vatter vnser ins Teuffels nahmen gebett, ªwieº auch wan sie [INT] ªsonstº in der kirchen gewesen sey, Act[um] 20. Febr[uar]ii Bekendt das sie [INT] ªeinsmahlsº in meinungh gewesen A[nn]o p[erge] 629. sey, Lenhardt Maassen eine kuhe vmbzubringen, dieweill sie sie gehonspracht vnd Ihr gespottett, aber nit geköntt, dan er selbe gesegnett [INT] ªgehabtº, vnd auß denen vrsachen Hab [100] der teuffell sie gezwungen, das sie Ihr eygen viehe hatt müssen vmbringen, vnd also Ihren eygenen ochssen getödt. mit schwartzer salben, in einem kols blatt eingeben, darzu Ihr Cathrein Braunsfelts Wittib geholffen. Bekendt das sie Braunsfelts Wittiben gelehrtt, alß sie bey Ihr gewesen nach Ihren Mutter todt, vnd albereitts in der freyherey mit Christ Braunsfelten gestanden, hab zu Ihr gesagt, sie wölle einen Jungen gesellen Ihr zufügen, Sey daruff zufrieden gewest vnd gesagt sie wölle Ihr folgen; Alß baldt sie Inen beruffen, welcher zu Ihr kommen in Ihr Hauß, da Hab sie Im angelobt vnd [INT] ªErº seinen willen mit Ihr geschafft, sagt Hette sie geführtt auff einem bock ahn königstull, darbey sie Sophia gewesen vnd eine frauw von Capellen zimmer Endtgen genandt, Hetten daselbsten wegk vnd fleisch gehabt, die wegk Hette der Hellekretzer darbracht, das fleisch aber auß Ihrem hauß geholt, sey noch eine von Capellen dagewesen mit nahmen Margreht Hauß zeutzsams frauw.

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gehonspracht: ‘verhöhnt’ freyherey: ‘Freierei, Liebeswerbung’ wegk: ‘Gebäck, Weizenbrot’

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Rhens 1629

269 Bekendt Habe Meister Christen Braunsfelt Helffen vergeben, mit schwartzer salben, in einer grüner fleisch brühen auß vrsachen dieweill er so kriettlich vber Cathreinen gewesen Sie Sophia Habe den ersten anschlag darzu geben, vnd sie ªCatharein Christen haußfraweº Ihr fleissig darzu geholffen, Noch Hab sie ein Schwein der Cathreinen Helffen vmbringen durch schwartze salb vff brodt geschmirdt. Auff den dentz plätzen seindt bey Ihr gewesen, Freye in der Müllen gassen, Schurgs Anna, Fehren Entgen, Ihre Schwegerin [101] Schwegerin Marey, Christian Dreyssen frauw Margreht, Kronen Hanß zu Capellen, Elß Claß Rinckers Haußfrauw, Mertten Somers Haußfrauw Margreht, Cheyß Rinckers Haußfrauw Sophia, Johannes Neutten Haußfrauw Magdalena, Wilhelm Leims Haußfrauw Anna, Johannes Linttens Haußfrauw Anna, Thielman Wechters Haußfrauw Margreht, Krämer Hanssen frauw. Item zu Brey Margreht Margreht+ Mattheyß Reiffen frauw, Hicken Anna, Item dess alten Meurers dochter so Im Juncker Hoff wohnnett, Item Arndt Austers Haußfrauw zu Brey. Sagt Hetten auff Ihren dentz plätzen boesse anschleg gehabt, Hetten schwartzen Pfuluer in die lufft geworffen in dess Teuffels nahmen, damit den weinstock zuuerderben. Bekentt ferner das sie Henrich Hertters kindt vorm Jahr in seinem Hauß ins Teuffels nahmen hab angegriffen vnd schwartzen Pfuluer an die wiege gestrichen, das es gestorben ist. Item sagt wie das sie Dederich Bentzen Medtgen mit der schwartzen salben ahn ein bein geschmirdt ins Teuffels nahmen; in Dederich Bentzen Hauß auff der Neuengassen vor vier Jahren, das es dardurch lam worden sey.

123 125 148 157

vergeben: ‘vergiftet’ kriettlich: ‘mäkelnd, unzufrieden’ anschleg: ‘Vorhaben’ Medtgen: ‘Mädchen’

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Westliches Mitteldeutschland

270

Demnach Cathrina Braunsfelts wittib, vff Sophiam Bechs Haußfrauw bekantt hatt, das sie Wilhelm Kreyen Haußfrauw in kindtsnötten einen trunck zugericht, das sie das kindt nicht von Ihr haben bringen können. Daruff Sophia confrontirt vnd befragt worden; Hatt daruff bekendt, [102] das sie Ihr es in einem kopfkentgen mit roden wein, darin sie Ihr der schwartzen salben in Ihrem Hauß gethann, vnd Ihr zu trincken bracht, welches sie Ihr Buhl Hanß feder wisch geheissen Hab. Was Meister Hanß Schmidts kindt belangett so Cathrein auff sie bekandt, das sie dem vergeben solt haben, wie sie sich gegen sie berümpt. Daruff confrontirt vnd befragt, Sagt Sophia sie Hette es gethann, vnd mit einem gläßlein demselben von der schwartzen salben eingeschutt, die vrsach sey gewesen, das er Ihr eine schwell machen solte, vnd solches nit gethann, Cathrein aber spricht, sie Hab Ihr dieße ªvrsachº gesagt, Er Hette Ihr die döhr einsmahls vor der nassen zu geschlagen, wie sie sich in seinem Hauß hatt wermen wöllen. Ferner befragt was Ihrem ersten Man gemangelt, vnd was vrsach seines todts gewesen, antwortt erstlich sie Hette es gethann, sagt aber Hernach Ihre verstorbene Schwester Hanß Löhers S[elig] gewesene Haußfrauw, Hette Ihr darzu geholffen, vnd Hetten sie beyde Ihrem Man eine supp gekocht, darin sie Ime der Schwartzer salben gethann, daruon er gestorbenn. Pro Copia Seuerinus Hachener Gerichtschreiber zu Rhenß [subscripsit]

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Demnach: ‘Nachdem’ berümpt: ‘gerühmt’ nassen: ‘Nase’

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Rhens 1629

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Abb. 32: Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 27, Nr. 592, S. 100

WITTGENSTEIN 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Wittgenstein 1629 Handschrift Archiv zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, C 82 2r–6r (Archivzählung) – –

Inhalt Die der Zauberei verdächtigte Elsa Leisen wird am 27. Oktober 1629 einem ersten gütlichen Verhör unterzogen. Dabei gesteht sie einige der üblichen Hexereidelikte (Teufelspakt, Hexentanz). In einem zweiten Verhör fügt sie ansatzweise Schadenszauber hinzu und erläutert darin – wie auch in einem folgenden dritten Verhör – die Aktivitäten beim Hexentanz. Am 20. November wird Elsa Leisen am endlichen Rechtstag zum Tode verurteilt. Aufgrund ihres „Entgegenkommens“ wird sie durch Enthauptung (und nicht durch Verbrennung) hingerichtet.

Schrift und Sprache Dieses Dokument wurde von zwei Schreibern angefertigt. Der Eintrag vom 9. November 1629 stammt von Schreiber II. Bei Schreiber I sind ¢v², ¢w² und ¢z² regelmäßig groß geschrieben, auch im Wortinneren. Diese Schreibung wird als unmarkiert aufgefasst und konsequent klein wiedergegeben. Des Weiteren ist die Groß- und Kleinschreibung bei den Graphemen ¢d² und ¢h² nicht immer eindeutig. Erwähnenswert ist von der Wiedergabeart her, dass in die Verhördokumentation auch die Aussagen anderer anwesender Personen eingebaut sind (vgl. Z. 104 f.). Regionalsprachliche Merkmale sind recht selten, man könnte in diesem Zusammenhang die Verkleinerungsformen mit -ge (döpfge, bißge u.a.) und die ungewöhnliche Verwendung von als erwähnen. Unsicherheit besteht bei den Schreibern in der ¢d²/¢t²-Frage (vgl. treck, entschultigung, döpfgen, drinken, werdten u.a.).

Wittgenstein 1629

Prothocollum.

[2r] Actum den 27.[ten] 8br[is] A[nn]o p[erge] 1629. vor verhör auff Witgenstein. Leisen Clausen Fraw Else ist weg[en] des großen auff sich geladenen verdachts der zauberey °vndt+ ahnhero citirt vndt zur güttlichen bekendtnuß erinnert vndt treulich vermahnet Ihro auch verheißen word[en], wan Sie guttwillig bekennen wurdte, daß Ihro gnadt wiederfahren °solte+ solte Darauff hatt Sie sich bewegen laßen vndt in der gütte bekennet, daß Sie von der großen Margrethen zu Alertzhaußen darzu gebracht vndt verführet word[en], dieselbe wehre vor 2. Jahren des abendts fur Ihr hauß gefahren kom[m]en, wüste nit woher, als Ihre Leute vndt gesindte Som[m]erszeit noch im felt gewesen vndt haben auffgerechent, da wehre Sie eben im garten beim hauße gewesen vndt die schweine herauß Jagen wollen da hette sich d[er] Teuffel auch alsbalt in Mansgestalt mit ein[em] fedderbusch befund[en] vndt Ihro verheißen gnug zugeben wan Sie Ihme zufolg[en] ahngelobete, darauf hette Sie solches gethan, so balt d[as] nun geschehen hette d[er] Sathanas Ihro ein stück gelt geb[en] so groß wie ein halbkönigsth[a]l[e]r, welches Sie besehen vndt darnach in die schurtze auffgesteket, als Sie es hernacher wied[er] besehen, wehre es Pferdts dreck gewesen, So balt Sie auch dem Teuffel ahngelobt, hette sich ein tisch mitt eßen vndt drinken fund[en], alles vollauff weck vndt wein, aber [2v] es wehre alles betrug, hette mit dem teuffel nit gebuhlet, hette Sie auch floks gerewet gehapt als Sie zum zweiten Mahl vor acht tag[en] darnach von d[er] großen Margreth in der Purgkhell auff Ihre Wiese bescheid[en] word[en], da+ Sie solte ein tuch voll gras holen, d[as] wolte Sie Ihro geben, Als Sie nun hinkom[m]en, wehre ein groß getäntz alda gewesen Irgendt 12. od[er] 13. Persoh-

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8br[is]: ‘Octobris’ auffgerechent: ‘mit dem Rechen zusammengekehrt’ weck: ‘Brot’ gebuhlet: ‘geschlechtlich verkehrt’ floks: ‘bald, gleich darauf’ gerewet: ‘gereuet’

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nen, hette aber niemand[en] gekennet, als die grose Margreth, die andere wehren alle frembte gewesen, d[as] drittemahl wehre die grose Margreth od[er] der teuffel in Ihrer gestalt wieder fur Ihre thür kommen aber+ vndt bei Sie gewolt, wehre aber selbmahl nit bei sie kommen, den Ihre Leute eben inheimisch gewesen, So balt Sie nun solches bekennet, hatt Sie bitterlich ahngefang[en] zu weinen, da Sie zuvor nit weinen können vndt gesagt es thaure Sie so gar Ihre kinder vndt Mann welche so vromb wehren vndt Sie hette sich so Jem[m]erli[ch] verführen laßen, wehre doch lautter betrug gewesen hette Sie auch Jederzeit sehr gerewet, desweg[en] Sie a[hn] niemand[en] schaden thun mögen: Sie hette noch einmahl oder zwei gelt bekom[m]en, welches aber als zu Pferdts treck word[en], Pete daß Ihro doch balt abgeholfen …+ vndt aufm kirchhoff begrab[en] werdten möge, den Sie wüste daß Sie ein kindt gottes wehre, wan Sie schon der teuffel vndt böse leute verführet, So hette sie sich do[ch] von gott nit abgewendet, sondern denselb[en] vmb verze[i-] hung tag vndt nacht ahngeruffen, zweiffelte auch nit der gütige gott werdte Ihro Ihre Sünde verzeih[en] vndt vergeb[en] vmb Jesu Christi theuren verdiensts willen [3r] der Teuffel hette sich bei Ihro hanß fedderhanß genennet Actum den 29.[ten] 8br[is] A[nn]o p[erge] 1629: In p[ræ]sentia D[omi]ni Inspectoris M[agistri] Laurentii Wageneri et D[omi]ni Johan Finckii pastoris Elsoffiani, vorn verhörsdienern p[ræ]sente quoq[ue] proprio Marito. Ist Elsa Leißen claußenfraw abermahl furgenom[m]en vndt gefragt word[en], wie es doch vmb Ihre sachen beschaffen wehre, da hatt Sie gesagt, Sie erkenne vndt bekenne daß Sie fur gott vndt der gantzen gemeindte hochgesündiget, wolle bei Ihrer bekendtnuß Pleib[en] vndt wieder erzehlet wie vorhin Nur daß Sie ferner bekent, Ihr anfang möchte zum lengsten für 3. J+ od[er] 2 ½. Jahren bescheh[en] sein, daß Sie ahm ersten darzu kom[m]en, wehre noch einsmahls auff 47 50 51 58

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eben inheimisch: ‘gerade zu Hause’ es thaure sie: ‘es täte ihr Leid …‘ Jem[m]erli[ch]: Die Zeilenenden sind auf den verso-Seiten durch die knappe Heftung der Akte teilweise nicht lesbar. Die abgeschnittenen Wörter werden daher sinnvoll in eckigen Klammern ergänzt. wan … schon: ‘obgleich’

Wittgenstein 1629 den reidelsberg aufm dantz zum 3ten mahl gewesen, hette Niemand[en] gekennet, alß Johench[en] Becker, die Leute hetten sich verrüst id est verkleidet, daß Sie dieselbe nit gekennet,: Sie hette Ihro selbst[en] 3. kelber hingerichtet sonst[en] hette Sie kein schad[en] gethan, Sie hette einsmahls fur Bernhardts hauß etw[as] geschüttet, da we+ hette ein schwein von gesoffen obs davon gestorb[en] wiße Sie nitt: die Salbe die Sie gehapt, hette Sie im hauß auff d[er] kam[m]er aufm balken stehen gehapt, vndt des Morgens gelangt, hette die kammer hind[er] sich zugemacht, daß Sie Niemand[en] vbereilen möchte, als Sie die salbe gelanget, darnach hette Sie dieselbe, als Sie nach Witgenstein geh[en] wollen auf d[er] Brük In Elsoff ins waßer geworf[en] mit dem döpfgen, Sie hette Ihrem Man die handt [3v] geben sollen daß Sie die warheit sag[en] vndt bekennen wolle da hette Sie Ihme die handt nit geb[en] wollen, weil Sie d[as] döpfge in der handt gehapt hette Sie sich geförchtet Ihr Man möchte solches sehen, welches Ihr Mann so Jegen werttig gewesen, gestanden, daß solches also zugang[en] wehre: Darnach sagt Sie es hette d[er] teuffel den abendt als Sie des morgens nach Witgenstein gesolt, zu Ihro gesagt, Sie solte die salbe verpring[en] Sie müste fort, vndt daselbe hette Ihr Sohn vernom[m]en, der hette d[er] Mutter als Sie herauß gang[en] gefolgt vndt vermerkt, daß Sie etw[as] vorgehapt, hette auch ein thier vermerkt gröser als ein katze, Sie aber hette nichts geseh[en] dan das Sie gehört, wehre Sie aber ein grausamb ahnkom[m]en, darnach hette Ihr Sohn ein liecht ahngezündet vndt im hause gesucht was doch vorhand[en] sein möchte, hette aber selbmahl nichts ªmehrº venehmen [!] können vnderdeßen hette Sie im bett geleg[en] vndt gezittert: die erste salbe hette+ so Sie von d[er] grosen Margrethen bekom[m]en hette Sie mit einem fues zertretten dan SIhro [!] darfur gleichsamb gegrawet darnach hette Sie wiederumb andere salb von Margreth bekommen, darmit Sie sich geschmirt als Sie auffn Reidelsbergk geflogen. Sie hette alda niemandts gekennet als Johenche Be-

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vbereilen: ‘überfallen, überraschen’ verpring[en]: ‘wegbringen, beiseite schaffen’ grausamb: ‘Schrecken, Schauder, Grauen’

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Westliches Mitteldeutschland kern, doch hette sich derselbe sehr verrüst gehapt, hette Sie als gedaucht als wan Sie in Sammet vndt seid[en] gan auch th+ gang[en] auch theilß güldene schnür getragen, es wehre eb[en] als wan Sie in d[er] luft führen, es wehre ein verblent werk: Vnder der Burgkhell auf dem tantz hette Sie mit geßen, aber nur ein bißge brot vndt einmahl [4r] getruncken wehre nit natürlich geschmaks gewesen es gienge gar balt zu, Es wehre ein zinnkan aufm tisch gestand[en] vndt esen vollauff, Ihro aber wehre als noch angst gewesen, daß Sie gezittert vndt gebebet, wehre aber leiblich da gewesen hedt sich als geforchtet, Ihr Man würdte fur Ihro d[a-] heimb sein vndt dan könnte Sie keine entschu[l-] tigung Ihres außen seins vorwend[en], hette sich f[ur] Ihrem Man gefürchtet: Als Sie auf den Reidelsbergk kom[m]en zum tantzen, hette Sie einen wischstro zusahmen gebund[en] vndt ins bett ahn Ihre statt gelegt. Der tantz aufm Reidelsberg wehre bober den schafkenneln auff Mühlen hanßes+ [INT] ªJostsº aker gehalten word[en]. Actum Witgenstein, den 9.[ten] Novembr[is] Ist Elsa Leisen Clausen Frau abermals vorgeford[er]t vndt in der güte v[er]hört word[en], blibe in allen bey ihrer vorig[er] Außsag, Berewet es sehr daß Sie küm[m]erlich durch die hingerichtete Große Margreth in solch elendt gerahten, will Gott fleißig vnd von hertzen anzuruffen [!] vnd vmb v[er]zeihung dißer vnd aller ihrer Sünd[en] bitten, Sagt sonst[en], alß Sie auf den ersten gemeinen deufelsdantz gewesen [INT] ªSoº vfn Reidelsberg auf Müllen Josts Acker gehalt[en] word[en], sey Johenchen Becker d[er] leinweber alß voran gesprung[en], hette sich in kleidung[en] v[er]rüstet gehabt, wie den alle andern, dan Sie in seiden vnd samet daher gedanzt, daß Sie Elsa Niemandt recht erkennen können, damaln sey kein essen od[er] trinken

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gedaucht: ‘geschienen’ balt: ‘frech, frei’ zinnkan: ‘Zinnkanne’ vorwend[en]: ‘vorbringen’ wischstro: ‘Strohwisch, mit Stroh umwundener Besenstil’ bober: ‘oberhalb’ kenneln: ‘Rinnen’ Die Ersetzung des Namens hanßes durch Josts ist vom zweiten Schreiber vorgenommen worden. Ab hier führt der zweite Schreiber Protokoll.

Wittgenstein 1629 dan nur der bloße dantz gewesen, vndt hette ein mechtig geräusch gegeben, Alß es ein endt genom[m]en, daß Sie nicht recht sagen könnte wie Sie heimkom[m]en, es were so gar [4v] ªin ein Huj vndº geschwindt zugangen vnd Sie in der luft nach[er] hauß gefharn, vor dießem mahl alß Sie anfangs zur zauberey gelangt, were ein rundter tisch stracks dargestand[en] so baldt Sie nun den bösen feindt, (so bey Ihro vnd der gros[en] Margreth[en] in ihrer Elsen gart[en] beym hauß in M+ in eines Mans gestalt schwartz mit hardt[en] roten händt[en] erschienen) angelobt gehabt, darbey sich den ein Person od[er] 13. Man vnd weib[er] gefund[en], Sie hette Niemandt erkennen können, den Sie anfangs gar [ver]sehet gewesen, were sonst[en] bey ihrem zugefhürten Bulen gesessen, vndt der gros[en] Margreth[en], welche stracks andere Kleider gar Prächtig angehabt, mit hohen Achseln voller schnur gebremet; Sie Elsa hette ein bißen brodts gessen, were ab[er] nit naturlich[en] geschmacks gewesen, hette auch auß einem Napf ein tröpfen getruncken, wisse nit obs wein od[er] Bier gewes[en], hette glichfalß nit natürlich geschmeckt, Ihr Bul, so sich hanß fedderhanß genent, hett ihro auß einer ZinnenKandt, so vfm tisch gestand[en] eingeschenckt, hette ihr auch ein stück gelt gegeben wie ein halben R[eichs]th[a]l[er], welch+ welchen Sie bey sich in die schürtz vfgesteckt, wie Sie ab[er] d[as] gelt wid[er] besehen woll[en], seye es Pferdtsdreck gewes[en], seyen damaln nit lang beysamen gewes[en], sond[er]n hab[en] sich stracks [ver]stuben, vndt seyen Sie stracks selbig[en] abendt auß dem garten an den dantz in einem Nu vnd augenblick kom[m]en, da es den zugang[en] wie Sie neulich vndt Jetzt angezeigt, will sonst[en] von weiterem nicht wissen, vndt obwol vf des außgerissenen Johenchen Beckers gegebene [5r] meldung [?] des geschossenen Schweins, hirsches vndt andern wildtprets halb[er] befragt, hett Sie doch daruon d[as] geringste nit wissen wöllen; Batt demnach in sie nit zutring[en], durch zusag[en], daruon Sie nit wisse, Ist demnach dißmalen wid[er] ad custodiam ducirt word[en] ~ 177 180 181 186 192

[ver]sehet: ‘sehbehindert’ Prächtig: verbessert aus brächtig voller schnur gebremet: ‘mit Schnüren verziert’ ZinnenKandt: ‘Zinnkanne’ [ver]stuben: ‘auseinander gestoben’

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Ad 1. 2. 3. 4. 6. 11. 12. 13.

Actum Witgenstein d[en] 19.[ten] Novembr[is]. A[nn]o p[erge] 1629. Ist Elsa Leisen claußes haußfraw zu Elsof in beisein h[ern] Dickelii, ehrn Philips heid[en] diaconj Lasthensis [?] et Ehrn Johan Finckens pastoris Elsoffiani, von den deputirten auff die geg[en] Sie aufgesetzte articuln verhört vndt examinirt word[en] Sagt demnach ad articulos ut seq[ui]tur: Ad 1. 2. Ja, d[as] seie so. d[as] wüste Sie so nitt. Affirmat. 5. Affirmat quoq[ue]. 7. 8. 9. 10. Affirmat. Affirmat, d[er] kelber seien nur 2. gewesen. Affirmat. 14. 15. 16. 17. Seindt juris.

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Ad 1. 2. 3. 4. 5. 11. 12. 13. 14.

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[5v] Actum d[en] 20.[ten] Novembr[is] A[nn]o p[erge] 1629. Ist vber Elsam Leisen Claußes haußfraw zu Elsoff halßgericht gehalten word[en]. Fiscal: vbergibt ebenmeßig Jegen wertige P[einliche] Ahnclag geg[en] vndt wied[er] Elsen Leisen Clauses haußfraw zu Elsoff P[einlich] B[eclag]tin vndt Pitt Innhalts. Sagt demnach P[einlich] b[eclag]tin ad articulos ut seq[ui]tur glaubt denselb[en] wahr sein Ja. Ja, seie gar vnschultig darzu kom[m]en. Ja. 6. 7. 8. 9. 10. Affirmat. habe Ihro 2. kelber selbst[en] vmbgebracht. Ihr hette sehr gegrawet, aber nichts geseh[en]. Ja 2mahl hette Sie gelt bekom[m]en wehre aber drek word[en]. 15. 16. 17. 18. erkendt Ihre sünd[en] vnd seindt Ihro herzlich leidt. Pitt vmb gnadt. Fiscalis Thut ebenmeßig B[eklag]tin richtig beschehene bekandtnuß in recht acceptiren, vndt Weil rechtens quoq[ue] confeßa pro convicto habeat, Pittet desweg[en] wie zuendt der Peinlich[en] clag gepeten will darmit geschloßen vnd die sach zu rechtlicher erkendtnuß gestelt hab[en]. Vndt die Endtvrtheil, Bei Johench[en] Gernants acten

Die folgenden Protokolleinträge stammen wieder vom ersten Schreiber. ebenmeßig: ‘gleichfalls, in gleicher Weise’ glaubt denselb[en] wahr sein: ‘glaubt, dass derselbe wahr ist’ pro convicto: ‘als Beweis, als Mittel zur Überführung’ zuendt: ‘am Schluss’

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hind[en] in dem Prothocoll iniectirt, Darin B[eclagt]in zugleich mit in selbige vrtheil gesetzet, vndt+ auf einmahl abgelesen vndt condemnirt word[en]. 250

[6r] Derweil Sie aber guttwillig ohne Weitleuf[ig-] keitt vndt tortur Ihre bekentnuß stracks ahnfangs gethan ªvnd Ihre vbertrettung hette berewetº, Alß hatt der wohlgeborne vns[er] g[nediger] herr Ihro gnad[en] erzeigen, Mit dem schwert aufm Marckplatz den Brüel genantt, hinricht[en] vnd aufm Siechen kirchhoff so pro extraordinar[io] gehalten wirdt, begr+ durch Ihre eigene freundtschaft begraben laßen ~

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iniectirt: ‘eingefügt’ freundtschaft: hier ‘Verwandtschaft’

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Abb. 33: Archiv zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, C 82, fol. 2r

ZÜLPICH 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Zülpich 1629 Handschrift Stadtarchiv Zülpich, Bestand I B, Akte 209 1–8 (Archivzählung) – –

Inhalt Der ausgewählte Text dokumentiert einen Prozess vor dem kurkölnischen weltlichen Hochgericht des Wittelsbacher Erzbischofs Ferdinand in der Vogtei Zülpich. Aufgrund von Denunziationen wird Anna Meurer verhaftet. Da sich bei ihr stigmata finden lassen und gegenübergestellte Belastungszeugen bei ihren Vorwürfen bleiben, wird sie gefoltert. Das erzwungene Geständnis enthält alle Bestandteile, die die kirchliche Hexenlehre erwarten lässt: Pakt und Buhlschaft mit dem Teufel, Gottesabsage, Hexenflug, Hexentanz und Schadenszauber.

Schrift und Sprache Der Schreiber namens Rosenkranz verwendet häufig und sicher zahlreiche konventionelle Schreibkürzel, was von seiner Routiniertheit zeugt. Erwähnenswert sind einige Majuskeln im Wortinneren (z.B. in duPP, beJahet). Auffällig erscheint eine Vorliebe für die tun-Periphrase, vgl. etwa Wan wetter machen thet[en] oder welcher bey seiner voriger denuntiation […] thut verPleib[en]. Verständnisschwierigkeiten bereitet bisweilen die Präferenz für afinite Konstruktionen im Nebensatz, insbesondere weil zusätzlich oft das pronominale Subjekt ausgelassen wird. Der Anteil juristisch-fachsprachlicher Ausdrücke ist relativ hoch, die Schriftzeichenwahl (Antiqua oder gotische Kurrentschrift) wird recht konsequent gehandhabt. Merkmale der autochthon-rheinischen Regionalsprache sind feststellbar, wie z.B. r-Metathese (burst, Churstg[en]), Längenmarkierung mit nachgestelltem ¢i² (Jaihr, Groiß), grammatische Formen (Ich sagen, getrott[en], von achter zu, bey ihren Man u.a.). Hinzu treten aber auch Varianten aus der oberdeutsch-bairischen Schreibsprache wie kh-Schreibungen (bekhendt, zurigkh, außzugkh) und Synkopen (dwelche, Dweill, gnandt).

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Westliches Mitteldeutschland

[1] Casparen Meurers Veneris den 30 Martii A[nn]o p[erge] 1629. h a u s s f r [aw] Coram D[omi]no Satrapa, Prætore Groiß Hamecher, Ertz, et me Rosenkrantz …+ [INT] ªAnnamº betreffendt Schabinis Auf einkho[mene] drey fachiche denuntiationes vnnd gemeinen bosen Leum[u]nts halber geg[en] Casparn Meurers haußfr[aw] wirdt recessirt, Daß dieselbe zur hafftungh eingebracht werden soll,

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Hierauff hatt man p[er] probam Sieben stigmata [INT] ªº befund[en], der[en] zwey vor dem haubt, vier ihm ruck[en] vnnd einß auf d[er] burst, 15

Sambstagh den letzten Martii A[nn]o p[erge] 1629. Coram D[omi]no Satrapa, Prætore Groiß, Hamecher, Ertzen, et me Rosenkrantz Schabinis Confrontatio Margreth denglers Sagt, Daß vor einem halben Jaihr Casparen Meurers fraw Annam auf der kempener heid[en] zum dantz geseh[en], welches sie ihn der[en] anhoer[en] [INT] ªIhroº zu sag[en] sich des[en] rundtlich erkleirt, wie bescheh[en] It[em] Ihro Annen Christian[en] Krämer vorgestelt, welcher bey seiner voriger denuntiation weg[en] ihrer Persohn[en] thut verPleib[en] vnnd daß Sie auf d[er] [2] Christian Krämers Sohn pleibt bey vorigem vnnd Sagt daß Annam Casparen Meurers haußf[raw] bey d[er] Sommerzeit deß vergangen[en] Jaihrs auf d[er] Schmulßheid[en], vnnd Ertzener heid[en] bei dem dantz geseh[en], vnnd wehr er deponent mit den denuntiirten dah+ ihm gutsch[en] dahin vnnd auch zurigkh gefahren, welches ihro ihm ihro+ in faciem gesagt,

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Schabinis: ‘Schöffen’ drey fachiche: ‘dreifache’ bosen Leum[u]nts: Gemeint ist hier das „böse Gerücht“ im Volk, die Angeklagte sei eine Hexe. recessirt: ‘entschieden, festgehalten’ p[er] probam: Gemeint ist die Nadelprobe. stigmata: ‘Hexenmale’ burst: ‘Brust’ rundtlich: ‘rundheraus’ daß Sie auf d[er]: Der Satz bricht hier ab, möglicherweise fehlt ein Blatt. Dies legt auch die darauf folgende Protokollierung nahe, dass der Sohn des Krämers – bis dahin nicht erwähnt – bei seiner Aussage bleibt. gutsch[en]: ‘Kutsche’

Zülpich 1629 Recessus

283 Dweill behaffte Anna gutlich nit bekhenn[en] will, daß mit Peinlicher fragh zu erfahru[n]gh d[er] wahrer beschaffenheit geg[en] Sie procedirt vnnd verfahr[en] werden soll, Bekhendt Alß vor and[er]thalben Jaihr+ [INT] ªAnno 1626 bey d[er] theurer zeit « auf ein zeit+ einmallº nach Lommertheim geh[en] woll[en], wehre d[er] boser feiandt ihn gestalt eines Manß hind[er] wichterich bey d[er] hegk[en] ihro vorkhomen+ [INT] ªerschien[en]º vnnd gesagt Sie wehre ahrm wolte ihro mit gelt beystandt thun, wie auch ein stukech[en] ªgelts gegeb[en] welches folgentz nit beßer befund[en] alsº rad[er] schillingkh «geb[en]+ [INT] ªwerthº, warnach seinen will[en] mit ihro geschaff[en] aber d[as] membrum genitale nit naturlich sond[er] so kalt wie [INT] ªeinº eyß emPfund[en], vber ein vierzehn tag darnacher wehre d[er]selb Ihro bey dem Schellen kreutz vorkhomen, sie dreymall mit dem hind[er] darwidder gestoß[en], vnnd dieße wort sprech[en] mueß[en] Ich sagen Gott dem almechtig[en] seiner lieber Muttern vnnd+ allen lieben heyligen ab vnnd sich sagen+ dir zu, Vnnd soll seinen nahmen nennen Fedderhanß, sey auf d[er] Schmulßheid[en] [3] Ertzener vnnd KemPener heid[en] zum dantz gewes[en], Den letzten hette auf d[er] KemPener heid[en] gehalt[en] welches donnerstagh vierzehn tagh gelitt[en], vnnd sey ihn einem gutschen darahn zwey schwartzer Pferdt gang[en] geseß[en] vnnd+ alhie [INT] ªaberº auf dem Mart aufgeseß[en], vnnd ahn d[er] Weyer Pfortz[en] vbergefahr[en], Vnnd wannehe der dantz soll gehalten werd[en], keme ihr Bull vnnd ihro denselb[en] Hende aber schmerten sich mit salb[en] dwelche ihro d[er] boser feiandt zubracht, vnd[er] die ahrmen ihn die hendt, zwisch[en] die bein vnnd vnd[er] die ballen d[er] fuesen, Die salb sey schwartz vnnd fedachtigh, sonst[en] auch zu mehrmal[en] zum dantz gefahr[en] vber die Bach Pfortz, Daß salb duPP sey leddigh, vnnd ihn ihrem hauß vnder dem Schaiff erfindtlich,

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Recessus: ‘Entscheidung’ rad [er] schillingh: wohl ‘roter Schilling’, verächtlich für geringwertige Kupfermünze Mart: ‘Markt’ Bull: ‘Buhle’ fedachtigh: ‘fettartig’ salb duPP: ‘Salbentopf’ leddigh: ‘leer’ Schaiff: ‘Schrank, Regal’ erfindtlich: ‘zu finden’

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Westliches Mitteldeutschland

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Daß gelt so ihro d[er] boser feiandt gegeb[en] sey ein goltstuckh anzuseh[en] gewesen, darnach[er] aber vnduchtigh vnnd nit guldigh empfund[en], vnnd nit einen halber+ [INT] ªroder schillingkhº werth, Complices ernent, Gelles[en] krämer dwelcher auch ihm gutschen ges+ vnd auf dem Mart aufgeses[en], sey sonsten denuntiatus auf allen dentz[en] gesehen word[en], It[em] Johan Chommerens frauw, Churst kramer, vnnd Margreth denglers, vnd khurst sey Spelman gewesen, Margret[en] aber geseh[en] auf d[er] ªSchmulßheid[en] vnd KemPener heid[en]º Johan Chommerens haußf[raw] Mergh, [4] Gelles[en] ihn d[er] Ertz gassen Fraw, zu Fußenich, Peteren whail[en] haußfraw: Mergh, Iam dicit hab Anno 1626 in+ bey d[er] theurer zeit zaubern gelhernet, Churstg[en] Krämers Sohn Joanne[n] welch[er] bey dem vatter bey dem dantz gestand[en], It[em] Sagt, Alß einmall nach Munster Eyfell gang[en], wehre ihro ein knecht begegnet, der sagt+ gesagt, ob Churstg[en] krämer khennen thet, alß sey geantwort, Jha, hette gesagt d[er]selb verdiente alle Monatz zwölff R[eichs]th[a]ler guden gelts, wie sein Mutter bekhendt so zu Godenaw geseh[en], vnnd vmb werd[en]+ [INT] ªihm sthere daselbstº vmbkhomen, Der Oberster teuffell riedt auf einem Pferdt, demselb[en] geb[en] ihre lincke handt, er die seine thet halt[en] auf dem rucken von achter zu, kußd[en] ihnen vor die fogelßnaaß daß hind[er]st, Wan wetter machen thet[en] nehm[en] frucht [INT] ªblomenº vnnd sandt wurff[en], auf+ denselbe ªihn die lufftº inß teuffels nahm[en], welches

76 77 94 98 100 103 106 107

vnduchtigh: ‘untauglich, schlecht’ guldigh: ‘golden’ Churstg[en]: Koseform von Christian sey: ‘sie’ guden gelts: ‘gutes Geld’ sthere: ‘Stier’ von achter zu: ‘von hinten zu’ fogelßnaaß: ‘spitze Nase’ hind[er]st: ‘Hinterteil’

75

80

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110

Zülpich 1629

285 sey einmall ihm Lommeßheimer feldt gethan, daß and[er]mall aber thun woll[en], die glocken daselbst sie darin verstort,

115

[5] It[em] hette Schlecken gemacht auß sandt von d[er] rod[er] bach, inß teuffels nahm[en], welches ahn verscheidnen orter[en] gethan, alhie ihm Colnerfeldt vnd sonst[en] herumbher,

120

Wan die baum frucht[en] woll[en] verderb[en], nehmen Obs blomen vermischden dieselbe mit stub, vnd würffen denselbe+ inß teuffels nahmen ihn die lufft daraußer ein Nebell erwüchse so verderblich ist, welches sey auch etlichmall causirt, Der teuffell sey ihro ihn verscheidener gestalt erschienen alß ihn eines hundts vnnd Mensch[en], gleichwoll alle zeit ein beyzeichen ahn henden [INT] ªvnndº fueß gehabt,

125

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Die stigmata thet ihro geb[en] mit den henden, die einmall wie hundts, d[as] andermall aber wie vogels klawen anzuseh[en], wan sich zeuohr[en] mit ihme vermischt, 135

Den hochwürdigh heyligh Sacrament+ [INT] ªSacram hostiamº bespieg[en] vnd+ vnd+ bespott[en], thet[en] sey auch+ darauff dantzd[en], vnd mit fueß[en] zertrett[en] thet[en], brech[en] zu stucken mit ihr[en] hend[en]+ zerhackt[en] dasselbe mit metzer[en] also d[as] d[as] heyligh bluett darauß fluß thet+, welches vor denuntiirte Persohn[en] gethan, Sie vor ihre Persohn aber dieselbe hostiam mit fues[en] getrott[en] vnnd ferner+ nit dieselb+ zum dantz gebracht, warumb vom teuffell offtermall geschlag[en], It[em] streich[en] hostiam durch d[as] hind[er], Nennet[en] denselb+

115 118 123 126 130 134 141 142

verstort: ‘gestört’ Schlecken: ‘Schnecken’ stub: ‘Staub’ causirt: ‘bewirkt’ beyzeichen: ‘Muster’ zeuohr[en]: ‘zuvor’ mit metzer[en]: ‘mit Messern’ fluß: ‘floss’

140

145

Westliches Mitteldeutschland

286

[6] ªGottº einen Veracht[en]+ den almechtig[en] einen Vngott, veracht[en] schendtlichen vnnd vergenglichen Gott, Ernent ferner Metzen Loerens, Heinrich kettennes fraw Agatha, dwelche ihres [INT] ªbedengkens º Die nit dantzen kent[en] müst[en] die kertz…+ halt[en], dwelche d[er] teuffell ihnen ihn d[en] hind[er] thet stechen, wie sey sie auch offtermals gehalt[en] hett, Die Speiß auf dem dantz sey fleisch, theils natürlich theils vnnatürlichen geschmachs, ohne brot aber, der tra+ zue zeit weißbrott, der trankh aber+ sey wein vnnd bier, aber nit Recht naturlich[en] geschmachs Die Reich[en] hett[en] oben an zue tisch geses[en], vnd bekemen die ahrme d[as] geringst[e], allermas[en] dieselbe auch alhie ihn d[er] welt gehalt[en] wurden, Denominirte Persohnen wehren Jedeßmall auf dem bergh vnd kemPener heid[en], aber selt auf Ertzener heid[en] gesehen,

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Wan zur beicht gang[en] wehre d[er] feiandt gleich vor d[er] kirchen ihr begegnet, vnnd d[as] von Hexereyn ichtwas offenbahren soll verbott[en] 175

[7] Vor dem außzugkh zum dantz hett «ein+ einen beßenn [INT] ªsteckenº ihn od[er] auf d[as] bedt bey ihren Man gelecht ihn deß feiandtz nahmen, also d[er]selb nit erwachen khonn[en] biß nach ihrer widderkompst Ihr[em] Kindt «geg+ Girdtg[en] hette «etwas vor 3 Jaihr[en]+ [INT] ªMichaelis nechst litt[en]º mit salben so von dem bosen feiandt bekhomen, d[en] ahn d[as] bein bestreich[en], daß dardurch belembdt, Meister Godthardt kindt hette auf d[er] Colner stras[en] vor zweyn Jaihr[en] einen APPell inß teuffels nahmen gegeb[en], daß deßen sterben mues[en] 150 158 165 169 173 184

Vngott: ‘Nicht-Gott, Abgott’ stechen: ‘stecken’ allermas[en]: ‘wie’ selt: ‘selten’ ichtwas: ‘irgendetwas’ nechst litt[en]: ‘jüngst vergangen’

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Zülpich 1629

287 It[em] hette den bosen feiandt zuofftermall vor ihren Gott angebetten, «Ihren vnnd+ einen Erloeser, «von+ Troster vnd herren gnandt, Montagh den 2 Aprilis A[nn]o p[erge] 1629, Coram D[omi]no Satrapa, Prætore Groiß, Hamech[er], et me Rosenkrantz Schabinis Ist Inhafftirter [INT] ªPersohnº Ihre bekhendtnuß vorgeles[en] dwelche dabey zubestehen «as+, leben vnnd zusterb[en] asseuerirt,

Sontag den Aprilis

190 198

190

195

It[em] hette wedder Gelles[en] kremer vor acht tag[en] ahn d[er] Colner Pfortzen gesagt, Ob sich auch forcht[en] thet, daß ein solche Inhafftirungh geg[en] die ihrige vorgenhomm[en] wurdt, hette geantwort musten gedult trag[en]

200

[8] Sagt d[as] vergangen Oester[n] [INT] ªA[nn]o p[erge] 1629º Sacram hostiam iussu diaboli auß ihrem mundt genhomen, ihn ein schnuPPtuch gewickelt, folgentz als nach hauß khomen, ihn gegenwart deß bosen feiandts dieselbe vnd[er] die fueß getrett[en], Sindt Inhafftirter Ihre bekhendtnus[en] von wort zu wort vorgelesen worden, dieselbe beJahet word[en] dabey zubeharr[en], zu leb[en] und zu sterb[en] sich erbotten,

205

vor: ‘für, als’ asseuerirt: ‘bezeugt, versichert’

210

288

Westliches Mitteldeutschland

Abb. 34: Stadtarchiv Zülpich, Bestand I B, Akte 209, S. 2

IV. Östliches Mitteldeutschland

GEORGENTHAL 1597 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Georgenthal 1597 Handschrift Stadtarchiv Zella Mehlis, HA 6479 1–7 (Archivzählung) – –

Inhalt Der Text dokumentiert den Fall der Christina Thymen, die aufgrund des Verdachts, eine „Milchdiebin“ zu sein, vom 1. März 1597 an im Amt Georgenthal verhört wird. Nach einem gütlichen Verhör, in dem die Angeklagte den Vorwurf der Hexerei zurückweist, wird sie gefoltert. Dabei und in der Folge auch bei Nachverhören gesteht sie verschiedene Hexereidelikte. Als ungewöhnlich kann gelten, dass Christina Thymen ihren Geist als ihren Befehlsempfänger darstellt und dass sie angibt, sich ihm Nur vff ettliche Jhar versprochen zu haben. Während noch auf das endgültige Urteil aus Jena gewartet wird, stirbt die Angeklagte in der Untersuchungshaft. Auffällig ist in diesem Zusammenhang der lakonisch-besserwisserische Ton des Gerichtsschreibers Hans Heinrich Körner, der in seinen Kommentaren keinen Zweifel daran lässt, dass die Angeklagte von ihrem Geist drangsaliert und getötet worden sei.

Schrift und Sprache Der weitgehend fehler- und korrekturfreie Schreibduktus spricht für eine Protokollabschrift. Eine spezielle Eigenart des Schreibers besteht darin, dass – schon beinahe regelhaft – die finalen ¢n² gedoppelt werden (getriebenn, eingeflogenn etc.). Erwähnenswert ist die zweimalige Verwendung des oberdeutschen Lexems bephelch und der Gebrauch von Wortpaaren wie vor der Tortur, oder Martter oder Ihr Bule, od[er] Geist. An ostmitteldeutschen Sprachregionalismen findet sich wenig (vgl. aber zu schick genug gehabt ‘genug zu tun gehabt’).

Georgenthal 1597

291 [1]

1597 Au ß s a g e , V n n d V h r g i c h t , W e l c h e d i e Verhaffte vnnd gefangene Christina Thymen Von Meliß Im Ampt Georgenthal, Nach lautt deß publicirtenn Vrtheils, Vor vnnd nach der zimlichen Tortur, oder Marter, Inn gegenwertt deß h[errn] Richters zum Tamba[ch] Leonharden Gengel Bachs, vnnd der zu geordtneten Gerichts Schöpffenn, Bastian Fischbechers zu Schönaw[en] Hanßenn Langenhains zu hohen Kirch[en] vnd Liboriu[ß] Eckhardts zum Ditters, gethan, Vnd außgeredt, Auch Inn beysein deß Gerichts- vnnd Amptschreibers Hanßen Heinrichs Körnners, vnd deß Gerichts knechts Baltzeren BawManns, Nach Mittag Vmb 8. Vhra, den 1. Martii, Anno 1597. 1. Bericht vnd sagt sie güttlich auß vor der Tortur, oder Martter, sie habe die Zeit Ihres lebens, so war Gott, Gott sey, keine zauberey getriebenn, Auch habe sie deß Georgenn Reyffen Weib Othilia kein vngeziffer zu gepracht, habe auch ihr leben lang mitt dem Bösenn Geist keine gemeinschafft nicht gehabt, viel weniger were der Drache Inn Ihrem hauß Auß vnd eingeflogenn, sey Ihr auch vom Drachen Ihr lebetag nichts gepracht wordenn, auch nicht mitt Ime gebule[t] sey Auch nicht mitt vff dem Millich diebin Tantz gewes[t] wisse darzu viel weniger, wer Alda gewest, So habe sie dem Schulmeister den schaden an seinem Auge gar nicht zugefüget, Ob nun wol der Meister od[er] hencker sie mitt zimlicher scherffe angegriff[en] vnd Allerley mittel gebraucht, Inn meinung etwas Auß ihr zu pringen, So hat sie doch ohne sonderliches wehe klagenn, Auch ohne einige geflossene threnen od[er] weinen, bestendigklich vff dieser ersten aussage beharret, Sie wer Aller derer dinge, so ihr vorgehallt[en], vnschuldig, vnnd sey keine Millich diebin, 2. Doch vff fernner Anhallten deß Henckers vnnd befragung deß Richters gesagt, Man solle mitt der Marter nachlassenn, sie wolle Alles sagenn, was sie gethan hette. Darauff 3 25 26 31

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Vhrgicht: ‘Bekenntnis’ gebule[t]: ‘geschlechtlich verkehrt’ Millich diebin: ‘Milchdiebin’ (häufig als Bezeichnung für vermeintliche Hexen und Zauberinnen gebraucht) zimlicher: ‘angemessener’

292

Östliches Mitteldeutschland [2] Darauff sie vff dem Sitzend[en] Bencklein Angefangenn zu redenn, Ihr Mann Heintz Möller sey vff ein Zeit (So nun bey 40. Jharen geschehenn) zur Zella zum trincken gewest, da sey sie hinach gangenn, vnnd vff dem wege, wie sie der Zeit Inn grossenn Nöttenn vnnd Armutt gesteckt, vnnd viel schuld gewesenn, sey Ihr Bule, od[er] Geist Bellzebub genandt, Am Zeller wege zu ihr kommen, vnd gesagt, er wolle ihr Außhelff[en], wenn sie Im wölle volgen, das sie verJahet, darauff er Ihr damals vngefher 1 f[loren] an kleiner Müntze gegebenn, welches nun bey 40. Jharenn sey. 2. Zum andern mal, do ihr Mann nicht einheimisch gewes[t] were der Geist Inn ihre behausung Inn die stuben zu Ihr hinein kommen, Ihr einen gülden Thaler gepracht vnnd mitt Ihr zu gehalten, vnd gebulet, 3. Außgesagt, sie habe ihrer Nachtbarin Valten Göckings frawen, welche 3. Kühe gehabt, die Milch genommen, erst einer, darnach Allen dreyen, Alls man sie Aber mitt fernere scherffe betrawet, hat sie vorgegeben, sie habe Alle stücke so man Ihr vorgehallten, gethan, Man sollt ihr Nun ihr Recht thun, vnd wie man+ sie befraget [INT] ªword[en]º was man Ihr denn thun sollt, Sie geantworttet, das man sie verbrennen sollt, Es wer auch vngefherlich zu dreyen malen gescheh[en] das sie vff der Sewpfützenn mitt Am tantz gewesen, wie sie Aber befragt word[en] wer mehr Alda gewest, hat sie vff Niemandt denn vff die Allte Heppen Schmidin zu Benßhausenn bekandt, welche nun mehr todt sey. 4. Zum 4. Es habe der böse Geist Auch vff ein Zeit den Hanßen Grymmen Inn ihr hauß gepracht, vnd wie er damals vff Michaelis nach Budtstadt verreysenn wöllenn, Ihr vnter dessen einen kleinen

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Sitzend[en] Bencklein: Gemeint ist eine als Folterinstrument dienende Sitzbank (eine keilförmige Holzkonstruktion mit einer spitzen Kante). Bellzebub: Im Original sind die Anfangsbuchstaben Be als Ligatur realisiert. f [loren]: ‘Gulden’ einheimisch: ‘zu Hause’ mitt Ihr zu gehalten: ‘ihr beigewohnt’ betrawet: ‘bedroht’ vorgegeben: ‘zur Kenntnis gebracht’

Georgenthal 1597

293 [3] Ein kleinen Schlüssell Auffzuhebenn geb[en] Vnnd Angezeig[t] das Ime sehr viel daran gelegenn, dafür sie sehr erschrockenn, vnnd gesagt, er habe Inn Auch seinem eign[en] weibe nicht vertrawenn wöllenn, 5. Das sie Aber der Bade Magdt das Vngeziffer mitt den leusenn zu gepracht haben soll, das habe sie nicht gethan, So köndt sie Auch nicht wissenn, wie offt sie mitt dem Bösenn geist gemeinschafft gehabt, vnd ob sie wol sich offt erkleret, das sie Alls, was sie gethan, offenbarenn wöllte, Vnd Auch vff der zungen gehabt, das sie es hat außreden wöllenn, so hat sie doch weitter nichts sagen können, der Geist hat ihr die zungen gehallt[en] darumb sie viel Mal außgespitzet, vnnd nicht fortt gekondt, Bey welcher Aussage sie vff dißmal gelassen, vnd mehr nichts befragt word[en], Denn Morgenden tag ist ihr die gesterige Abents gethane Aussage, Inn gegenwertt Richters vnndt Schöpffenn, Inn des Amptsknechts stuben widerumb vorgehalltenn word[en], vnnd ob sie wol zuuor, gegen dem Gerichtsknecht Allein hat leugnen woll[en] so hat sie doch baldt Inn gegenwertt Richters vnd Schöpffenn, Ihre gethane Aussage vnterschiedlich, von Newem bekandt, vnd solche ohn einige Angelegte Martter gestandenn, Aber sie habe diese nacht solches vnserm herenn Gott abgebett[en] das er Ihr solches verzeihenn wolle, denn die vnnschuldige kindlein, die sie hett ª6.º vmbgepracht, die weren vnzelich, Auch viel Menner vnnd weiber ~ Vnnd vff guttliche befragung weitter Außgesagt, sie hab am Tantz sonst[en] Niemandt gekandt, denn Hanß[en] Orings des Schmides weib, die Vögels Barba genandt, welches vff dem Reynberge geschehenn, darnach hat sie noch eine angezeigt, Gretha Schmidin Barba genandt, deren Mann ein Thielschneider zu Meliß sey, Ob

88 100 116 124

vertrawenn: ‘anvertrauen’ außgespitzet: ‘ausgespuckt’ vnzelich: ‘unzählig’ Thielschneider: ‘Brettschneider, Dielenschneider’

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Östliches Mitteldeutschland

294

also muß der dieb den Sack genommen hab[en]

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[4] Ob dieselbige Aber einen Melckstutz vffm heupt gehabt, wie sie die Thymen, darauff sie nicht achtgebenn, 7. Sie die Thymen Aber sey mitt einem heselein ste[cken] zu ihrer thüer auff den tantz gefharenn, vnnd wann Ihr Bule od[er] Geist kommen were, hab er gesagt, Allte du must mitt, du must mitt, denn eß ist zeit, fortt, fortt, welcher schwartz gekleidet gewes[t] Mitt einen grünen Sammet hutt, vnd eine Grosse weis[se] feder daroff[en], Also getantzt dahin, vnnd nechten Abent hette sie den selb[en] geist im hert drin gehabt, der Ihr eingeredt, sie sollt nichts beken[nen] Aber Nun mehr were er, Gott lob, herauß, vnd sie hett das Creutz für sich geschlagen, das er nicht wid[er] kommen sollt. Sagt weitter Auß, wann die obgenandt[en] weiber befragt würdenn, die würd[en] berichten, wer mehr da mitt gewesenn, 8. Der Drache aber habe ihr zu weilen ein wenig kornn Inn einem Sack gepracht, vnd wid[er] hinweg geflogenn, vnd were des korns Jedesmal bey einem Achtel gewesen, 9. Darnach habe sie noch einer Armen widtwe, hanß[en] Albrechts weib, so nur eine Kuhe gehabt, auch die Millch gestollen, Aber nicht so viel mal, 10. die 3. denenn sie die Milch gestolln, hieß Osam walters, deß frommen hanß Anschütz weib zu Melis, die habe 3. Kühe gehabt, 11. darnach habe sie weitter mitt der Allt[en] HeppenSchmiden Von Benßhausenn getantzt, vnd ihr Geist Bellzebub sey vor an hingesprung[en] vnd weil sie Alters halben nicht wol habe volgenn können, so habe sie nicht konnen erkennen Ob

Melckstutz: ‘Milchkübel mit Henkeln’ heselein ste[cken]: ‘Haselzweig’ obgenandt[en]: ‘oben erwähnten’

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Georgenthal 1597

wo wieder der dieb gestolln hab[e] etwa vff einer hochtzeit

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295 [5] Ob ihr Geist hörnner vffm kopff gehabt, dann sie nur zu schick genug gehabt, das sie hett für Ihro füsse sehenn können, Vnnd nach dem Tantze, habe sie gesehen, das etwas dortt gestand[en] wie ein tisch, darauff kannen mitt Bier vnd wein gesatzt worden, auch Gericht Brühe fleisch, Inn einer hültzere Schüssel, dauon sie gessenn, getrunck[en], gebulet, vnnd vff Ihrem steck[en] wid[er] daruon gefharen, 12. Vnnd ein Sack pfeiffer habe zum Tantz gepfiff[en] der gesehen, wie der Springer zu Benßhausen, dem Schulmeister Aber ªJohann Sigfridenº an seinem Auge habe sie kein schaden thun können, es wer ihr verbotten gewest, 13. Bericht auch weitter ihre Magd die Schwartze Catha, so vor zeiten bey Ihr gedienet, die habe Ihr zwene lebendige Molchen bracht, vnd fürgebenn, wenn man dieselben vff die hoff stett begrübe, so köndte weder mensch[en] Noch viehe schaden Im hauß nemen, Sie Aber habe sie Ins wasser lassen werff[en]. 14. Vnnd das auch vor 2. Jharenn zu Meliß so viel viehe gestorben, were sie dessen kein vhrsache, Sondern eine Millich diebin, so zu Benßhausenn verbrandt word[en], die habe eß dem einen hirtt[en] gemacht, vnd die waide vergifft, das seins Viehes so viel gestorb[en] sey, 15. Sie wollt Auch Ihre Töchter offentlich entschuldigt habenn, das sie dieselben nichts geleret hette, viel weniger seien sie vff dem Milchdieben Tantz mitt gewesenn, 16. Der Milch halbenn hat sie bekandt, das Ihr Geist Ihr dieselb[en] All weg Inn einem stotz[en] gepracht, vnnd

zu schick genug gehabt: ‘genug zu tun gehabt’ gesehen: ‘ausgesehen’ Springer: ‘Akrobat, der Luftsprünge vollführt’ fürgebenn: ‘gesagt, geäußert’ stotz[en]: ‘Gefäß, Kübel’

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Östliches Mitteldeutschland

296

So hat hemmerling die kühe selbst müssen melck[en]

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[6] Vnnd zu getragenn, Vnd Ime bepholen, deren nicht so gar viel alle mal zu pringen, denn es zum theil auch arme leute weren, damit vff diß mal geendet, vnd sie woll sich bedenck[en], do sie was mehr wüsste ~ Weitter Am 17. Martii hat die Christina Thymen Vor Richter vnnd Schöpff[en], vff vorgehende befragunge noch weitter güttlich gestand[en] vnd bekandt, 17. Das sie Ihrer schwester sohn hanß[en] Anschützenn verderbet, deme sie so viel gutter pferde, zu 40. vnnd 50. Thalern vmbgepracht, das er darüber zu einem armen Manne worden, ª18.º Den henßle wehner, seinen schwager auch Verderbet ª19.º It[em] Den lipsten weber vnsinnig gemacht, der sich selbst hernach enttleibet, wie mennigklich Inn Meliß bewust, die Als dann Also todt nach Benßhausenn gefuret word[en] vnd da begrab[en], 20. Sie habe Auch dem Melchior Anschutz schneider den ewigenn husten angehengt, durch Ihre zauberey, daran er auch nach vielen Jharen gestorbenn, dessen sey sie …+ vhrsach, vnd ihr Geist habe solches vff Ihren bephelch außgericht, 21. So were eß Auch An deme, das sie den wirtten, od[er] Schencken zu Meliß, Sonderlich dem henßle wehner, Claußen Gockingk, Lorentz Konigk, vnd All[en] vorigenn wirtten, den wein auß der Gemein keller gestolln, daruber sie Inn grossen schaden kommen, vnnd ihr Geist habe dessenn offt bey 2. od[er] 3. Massen vff ein mal ihr gepracht, denselbenn sie mitt Ihrem Bulen außgetrunck[en] vnd gesoff[en] vnd darnach vnnatürliche werck vnd bulschafft mitteinander getrieb[en] 22. Letzlich hab ihr Geist der mal einest vff ihren bephelch Inn einen weinhan Im Schenck keller ein löchlein gestoch[en],

verderbet: ‘zu Grunde gerichtet’ enttleibet: ‘umgebracht’ bephelch: ‘Befehl’ der mal einest: ‘in voriger Zeit’ weinhan: ‘Zapfhahn am Weinfass’

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Georgenthal 1597

297 [7] Ein löchlein gestochenn, wie man das wahrzeich[en] hernach befunden, das fast ein gantz Faß wein dieselbe nacht Inn keller gelauff[en] vnd sey der wein Adam Schneiders gewest, daruber der wirtt lorentz konigk Inn grossen schaden kommen,

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Vnnd zum beschluß weitter Vorgebenn, do die Andere 2. weiber zu Melis, vff welche sie bekandt, auch befragt würdenn, würd[en] sie Noch viel mehr aussagenn, Vnnd noch eins, sie hette sich zu Ihrem Geist Nur vff ettliche Jhar versprochenn, vnnd verbunden, die Nun Auß werenn vndt ihr ende hettenn, darumb sie fortt gemust, damitt beschloss[en]

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Hiruber ist nach dem Vrtheil zu Jena geschickt word[en]. Vnd wie das ghen Weymar Inn die Cantzley kommen, das man sie verbrennen sollt hat ihr der Geist Inn derselb[en] Nacht zu Georgenn Thal den halß umbgedrehet, das ihr das angesicht vffm Rück gestand[en] denn er hatt ihr müssen zu sagen, sie sollte nicht durch menschen hende vmbgebracht werd[en] welches er ihr Auch gehallt[en], Vnnd wie man das vrtheil Inn der Cantzley hat nach Georgen Thal schick[en] wöll[en] hatt eß Ihr Geist vom Tisch hinweg genommen, vnd daruon gefüret, derhalb[en] sie zu Georg[en] Thal wie man sie besichtiget, vnter das hals Gericht Inn ein leymen grub[en] gestürtzt vnd zugescherret word[en]. Also hat die 40 Jhäriche Milchdiebin hie, Ihr endt genommen,

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wahrzeich[en]: ‘Corpus Delicti’ leymen grub[en]: ‘Lehmgrube’

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Östliches Mitteldeutschland

Abb. 35: Stadtarchiv Zella Mehlis, HA 6479, S. 6

LEIPZIG 1640 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Leipzig 1640 Handschrift Stadtarchiv Leipzig, Bestand Richterstube – Strafakten, Rep I, Nr. 475 21r–26r (Archivzählung) Wilde (2003) Wilde (2002)

Inhalt Die einer umfangreichen Akte entnommenen Passagen dokumentieren zum einen die Untersuchungsartikel und zum anderen die zugehörigen Antworten aus dem Verhör der Margarethe Petzsch. Bei dem Prozess handelt sich um die erneute Untersuchung eines Hexereivorwurfes, den Ursula Bieling bereits 1635 in Jeßnitz erhoben hatte, der aber dort gerichtlich nicht abschließend behandelt worden war. Offenbar motiviert eine persönliche Feindschaft nun den Gang zum Leipziger Gericht. Im gütlichen Verhör gesteht Margarethe Petzsch nichts. Dies bleibt – wie im Folgenden aus der Akte zu entnehmen ist – auch unter der Folter so, so dass sie am 23. September 1640 frei gelassen wird. Das Verhör spiegelt ein z. T. rein mechanisches Abfragen der Artikel wieder, bei dem die gegebenen Verteidigungsantworten der Beklagten augenscheinlich ignoriert werden (vgl. z. B. die Fragen 11, 12, 23 und 24 plus Antworten).

Schrift und Sprache Das Protokoll ist sehr gut zu lesen, die Zeichen sind trennscharf verwendet. Aus heutiger, neuhochdeutscher Sicht mutet das Hochdeutsch des Textes vertraut und eher unauffällig an, regionalsprachliche Merkmale ostmitteldeutscher Herkunft sind dabei – in geringem Maße – präsent. Zu denken ist an das erhaltene bzw. hinzugefügte lutherische -e (Weibe, Nach deßen tode, frühe, feste u.a.), an Verdumpfungen des [a] in domahlß, dorauff u.a. sowie an wenige Entrundungen von [ö] und [ü] (Tredelfrau, winsche).

Östliches Mitteldeutschland

300 [21r]

Inquisitional articul contra Margrithen Petzschin, von Jeßnitz. 1. Wie inquisitin heiße, Wo Sie her, vndt wie alt sie sey, 2. Was ihre hanttierung sey, vndt warumb Sie sich von Jeßnitz weg begeben, 3. Wie lange Sie alhier gewesen, vndt bey wem sie sich auffgehalten, 4. Wie ihre Mutter geheißen, 5. Ob sie nicht beyde mit der Hexerey Sünde behafftet, 6. Ob Sie nicht vor fünff Jahren Vrsulen Bielingin bezaubert, vnd ihr die bösen dinger zugebracht, 7. Ob nicht Vrsula Bielingen deßwegen Sie vor eine teufels hure gescholten, Vnd Sie Vrsulen deßhalben zu Jeßnitz verclagt.

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[21v] 8. Ob nicht Vrsula Bielingin solches gestanden, vndt ihr inß Gesicht gesagt, das Sie von Ihr vndt ihrer Mutter also bezaubert worden were, Sie wolte darauff leben und sterben, 9. Ob inquisitin nicht acht tage zuuorn, ehe sie die Vrsul bezaubert, vor Jacob kolben Witben hauß kommen, Vndt+ Vrsulen geruffen vndt gefragt, ob sie nicht mit ihr auff Bitterfeldt gehen wolte, 10. Ob inquisitin nicht vorgeben, Sie were von Marien Simon Müllers Weibe, hin zu Vrsulen gewiesen worden, dieselbe

9 36 38

hanttierung: ‘Gewerbe, Beschäftigung’ Witben: ‘Witwen’ auff: ‘nach’

30

35

40

Leipzig 1640

301 aber solches vor dem Rath zu Jeßnitz nicht gestendig gewesen, Sondern ausgesagt, das Sie inquisitin deßelben morgens mit augen nicht gesehen, 11. Ob inquisitin nicht domahlß Vrsulen der Zauberey wieder benommen, 12. Wie Sie es gemachet, vndt was sie vor Mittell vndt Wortt darzu gebrauchet, [22r] 13. Ob inquisitin nicht alhier, ohngefehr 14 tage vor Ostern ªVrsulenº inn [INT] ªderº hellischen gaßen begegnet, ihr zugesprochen vnd sie angehauchet, vnndt sie dardurch vffs ne7e bezaubert, 14. Ob nicht Vrsula die inquisitin ansprechen laßen, Sie solte ihr doch die Zauberey wieder benemen, 15. Ob nicht inquisitin Vrsulen am 1. Augusti mit einer eisern Schippen noch zu+ sehr 2bell geschlagen vndt beschädiget, 16. Ob Sie+ [INT] ªInquisitinº nicht des tages zuuorn in ihrer Cammer gar laut geredet, alß wann jemandt bey ihr gewesen, do doch Niemandt gesehen worden, 17. Mit Wem Sie damahlß geredt Ob Sie nicht einen buhlen habe 18. Wie der buhle sich nenne,

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[22v] 19. Wie offt Sie mit Ihme zu thun gehabt, 20. Was inquisitin von ihrem Buhlen jedes mahl bekommen,

50 68

benommen: (die Verzauberung) ‘weggenommen’ Schippen: ‘Schaufel’

85

Östliches Mitteldeutschland

302

21. Ob sie nicht noch mehr Hexen kenne, 22. Wie sie heißen, wer sie sein, vndt wo sie wohnen, 23. Ob inquisitin andere leüte mehr, alß Vrsulen bezaubert 24. Wer dieselben sein, vndt wo es geschehen, 25. Ob Sie den bezauberten nicht wieder helffen Könne, 26. Was Sie vor mittell darzu gebrauche ~

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[23r] Der gefangenen Margrithen Petzschin gütliche außage ad Inquisitionales. ad 1. S[agt]: Sie heiße Margritha, Ihr Vater habe Brose Bradte, Ihr Mann Nicoll Petzsch geheißen, Wiße nicht wie alt sie sey, hette sich auch nicht drümb bekümmert, Zwey Männer hette Sie gehabt, were etwa 20 jahr alt gewesen, wie sie das erste mahl geheyrathet, den ersten Mann ªNamens Jacob Olbrechtº hette Sie 2 Jahr gehabt, Nach deßen tode hette sie 5 jahr im witben stande gelebet, Mit dem andern Manne Nicol Petzschen hette Sie 8 Jahr ehelich gelebet, Vnndt were derselbe ohngefehr vor 7 Jahren gestorben, Sey von Jeßnitz bürtig,. ad 2. S[agt]: Hette allerhand arbeit gethan, mit waschen, scheueren vnd holtz tragen, Hungers halben hette sie sich von Jeßnitz weg begeben,. ad 3. S[agt]: Es sey ein drittehalb jahr ohn gefehr, das wesentlich alhier gewesen, Vorhero habe sie ihr Söhnlein in die Schule alhier zu he[rrn] 118 128

witben stande: ‘Witwenstand’ ohn gefehr: ‘ungefähr’ wesentlich: ‘persönlich anwesend’

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303 Andreaßen gebracht, do were sie zuweilen ab vnd zugangen, vnd ihme ein weiß hembde gebracht, biß Sie hungers halben nicht mehr zu Jeßnitz bleiben Können, 135

S[agt]:

S[agt]:

S[agt]:

S[agt]:

[23v] habe sich anfangs 4 wochen in einem wüsten hause in der Peterstraße, darnach in einem wüsten hause im Sagke, do die Schulwäscherin vndt die Tredelfrau Dorothea wohnet, darinnen ihr Landsman ein Soldat Martin Rohde genant auch gewesen, fast ein Jahr lang, endlich were Sie zu der kunstGeygerin im hellischen Pfördtlein gezogen, da sie auch drey viertell jahr gewesen, ad 4. Ihre Mutter habe Maria Brose Bradens geheißen, ad 5. Nein, Sie vnd ihre Mutter wolten deßhalben wohl kinder der ewigen Seligkeit sein, ad 6. Wo der beweiß leidt, Sagt Nein, Sie wüste nichts daruon, Vrsula trachte Inq[ui]sitin nach leib vnd leben, hette ihr ihr+ immer schuldt gegeben, alß wann Sie sie behexet hette, do sie ihr doch vnrecht gethan, Wenn sie Gott sonsten etwa gestrafft. ad 7. Ja, Vrsul Bilingin, habe Inquisitin vor eine teüfels hure gescholten, gestehet aber nicht d[as] Inq[ui]sitin angefangen zu Clagen, denn Sie es auch nicht im [24r] Vermögen gehabt, Wie nun inq[ui]sitin vnd ihre Mutter nicht hetten clagen wollen, hett+ were Vrsula hingegangen vnndt geclagt, Inq[ui]sitin vnd ihre Mutter hetten

137 140 144 145 166

wüsten: ‘verfallenen, ungenutzten’ Tredelfrau: ‘Trödlerin’ kunstGeygerin: Frau des Kunstgeigers, eines Stadtmusikanten hellischen Pfördtlein: wohl das Hallesche Tor, eines der vier ehemaligen Stadttore Leipzigs Clagen: ‘gerichtlich vorgehen’

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Östliches Mitteldeutschland

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Sie behexet, vndt …+ ihr ªwas bösesº in arm vndt beine gebracht, dorauff were Inquisitin vnd ihre Mutter ihr zur antwortt kommen, Sie weren auch kaum 2 mahl verhöret worden, vndt hette sich inq[ui]sitin erboten, Sie wolte sich neben Vrsulen setzen laßen, Es were aber das kriegswesen darzwischen kommen, d[as] diese sache nicht hett können vortragen werden, Inq[ui]sitin hette öffters beym Rath zu Jeßnitz angehalten, Sie solten doch diese sache vollend ausführlich machen, Es hett ihr aber nicht können geholffen werden, Vndt were Vrsula auch darüber wegkommen, ad 8. S[agt]: Vrsula hette es freylich vor der Öbrigkeit also gesagt, gleich wie sie auch alhier thete, Sie thete ihr aber vor Gott vnd der welt zu viel, Sie solte es ihr beweisen, Wenn sie es ihr wird beweisen, will sie leiden was sie leiden soll,

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[24v] ad 9. S[agt]: Ja, die Simon Müllerin hette sie heißen hingehen, vnd gesagt, Vrsula wolle auch mit auff Bitterfeldt, dorauff were Sie vor das hauß gang[en] vndt [INT] ªhettº Vrsulen geruffen ob Sie mitgehen wolte, hette nicht vermeint, d[as] man ihr dieses so arg deüten würde, ad 10. S[agt]: Ja, die Simon Müllerin habe sie hingeweiset, Wüste nicht, worumb die Simon Müllerin solches vor dem Rath geleügnet hette, War were es, d[as] die Simon Müllerin Inq[ui]sitin nicht gesehen, wie auch Sie dieselbe hin wieder nicht gesehen, Dann es noch gar frühe vndt alles feste zu

179 206

sich neben … setzen laßen: ‘gerichtlich vergleichen’ arg deüten: ‘schlimm auslegen’

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305 gewesen, wie inq[ui]sitin vor der Simon Müllerin thür kommen vnd sie gefragt Ob Sie mit vff Bitterfeldt wolte, Die Müllerin aber hette herunter geschrihen, vndt keinen fensterladen auffgemacht, Nein ich gehe itzo nicht mit, Vrsul Bilingen will mit gehen, ad 11. S[agt]: Vrsula thete ihr vor Gott vnd der Welt gewalt, Inq[ui]sitin wüste bey ihrem Eyde nichts daruon, Sie wolte [25r] gern mit, wo es wandert vndt wangelt, das Gerechte schreyet im himmell ad 12. Sie Wüste nichts, es geschehe ihr Vnrecht, Es könte gott wohl einen Menschen straffen, vndt wieder gesundt machen, Inq[ui]sitin sey vnschuldig vor Gott, Sie wolte d[as] hochwürdige Sacrament drauff nemen, ad 13. S[agt]: Nein, Vrsule thue ihr gewalt, O weh o weh oweh, der gerechte schreyhet im himmell, Sie wüste bey ihrem Eyde nicht, d[as] Sie der Vrsulen begegnet were, Solte sie derjenigen, die ihr nach leib und leben trachtet, so nahe gehen, d[as] sie ihr zuredte oder anrührete, gestehet nicht, d[as] Sie Vrsulen ange…+ [INT] ªhauchetº, Vrsulen thue ihr vor Gott vnd der ganzen Christenheit gewalt, ad 14. S[agt]: Weiß nichts daruon, Magdalena hette wohl offt zu inq[ui]sitin gesagt, d[as] Vrsula so über sie schriehe, dorauff habe sie geantworttet, Vrsula möchte thun was sie wolte, Sie winsche ihr alle Sünde darmit abe,

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wangelt: ‘wankelt, schwankt’

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306 [25v]

ad 15. S[agt]: Ja, d[as] gestehet sie, drey [INT] ªoder Vierº mahl habe sie Vrsulen geschlagen, d[as] sie soll hingehen, wo es hanget vndt wangelt, Sie wolte ihr zur antwortt kommen, vndt d[as] hette sie darümb gethan, weil sie keine friede vor Vrsulen haben können, ad 16. S[agt]: In ewigkeit wüste sie es nicht, d[as] weib h im hause habe ihhr [!] in ihrer ªkranckheit weil Sie d[as] fieber gehabt, eine kirschsuppe gemacht, vndt hinauff gebracht mit der hette sie geredt,º ad 17. S[agt]: Sie wüste niemandt, Gott solle Sie darfür behüten, ad 18. S[agt]. Sie wüste nichts, Sie wolte gerne leiden was sie leiden solt, Sie will gern sterben, Sie bethe vmb gottes willen, Man soll ihr doch d[as] leben nemen, Sie wollte gern ihren Willen in gottes willen stellen, ad 19. Sie bitt tausentmahl vmb gottes willen, man wolle ihr d[as] leben nehmen, Sie hette ihren herren Jesum Christum allezeit vleißig angeruffen, wolte es auch noch thun, Sie wüste nichts, bitt nur man soll ihr d[as] leben nemen vmb des jüngsten Gerichts willen, das sie nur Ihrer Marter loß keme,

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[26r] ad 20. S[agt]: Sie Weiß nichts daruon, Sie will derentwegen ein kind der ewigen Seligkeit sein, Sie hette ieder Zeit Zu Gott vnd ihrem herren Jesu Christo ihr gebet getragen, daruon wüste sie, sonsten von nichts,

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Ihrer wurde vom Schreiber aus der korrigiert.

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307 ad 21. S[agt]: Nein, Sie will gern leiden d[as] sie leiden soll, will gern sterben, d[as] Sie von nichts weiß, ad 22. S[agt]: Weiß von Niemandt, von keiner Hexe, wiße weder von Hexe noch Hexe, es geschehe ihr gewalt bittet d[as] ihr d[as] leben genommen werde, ad 23. S[agt]: Sie Weiß Weder von Vrsulen noch andern, Vrsul thue ihr vor Gott vndt der Welt gewalt, ad 24. S[agt]: Weiß nichts, ad 25. S[agt]: Sie könte weder helffen noch helffen [!], bittet vmbs jüngsten Gericht willen, man soll ihr doch nur d[as] leben nemen, Weiß kein mittell, will gerne sterben,

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Östliches Mitteldeutschland

Abb. 36: Stadtarchiv Leipzig, Richterstube, Strafakten, Rep. I Nr. 475, Bl. 23r

OSTRAU 1628 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Ostrau 1628 Handschrift Universitäts- und Landesbibliothek Halle, Handschriftenabteilung, Peinliche Zaubersachen die Körtingin betreffend, ThSGV 3103 80r–85v (Archivzählung) – –

Inhalt Der Prozess gegen die Frau von Michael Körting aus Möst findet im kursächsischen Amt Delitzsch vor dem Ostrauer Rittergutsgericht statt – einer Gutsherrschaft der Familie von Veltheim, welche die Obergerichtsbarkeit besaß. Die Angeklagte wird nach einem 25 Artikel umfassenden Fragenkatalog gütlich verhört. Auf den Großteil der Fragen antwortet sie mit Ja, lediglich die Artikel 19 bis 23, in denen ihr Schadenszauber an Menschen bis hin zum Kindsmord vorgeworfen werden, streitet sie ab. Es handelt sich mehrheitlich um Suggestivfragen – von der Peinlichen Halsgerichtsordnung untersagt, hier jedoch in ihrer Deutlichkeit geradezu exemplarisch zu nennen. So wird selbst der Name des Teufels der Angeklagten vorgegeben.

Schrift und Sprache Fragenkatalog und Protokoll wurden vom Notar und Stadtrichter Johannes Engelberck in flüssiger und geübter Schrift verfasst. Sie sind gut lesbar und haben ein sauberes, klar gegliedertes Schriftbild. Engelberck hat das für den Rentmeister bestimmte Protokoll unterzeichnet und mit seinem persönlichen Siegel versehen, das einen auf einem Berg stehenden, geflügelten Engel mit einem Schwert in der Hand darstellt. Unterhalb des Engels befindet sich ein Wappen mit Engelbercks Initialen. Die hochdeutschen Texte weisen einige wenige Regionalismen auf (vgl. dröge, nurt, offte oder das Präfix vor- in vorbleiben, vorharren), ein ostmitteldeutsches Sprachmerkmal ist das Dativ-e z.B. in Gaste, Weibes Bilde oder kleide. Auffällig ist auch die häufige Verwendung von ¢h² zur Längenkennzeichnung (hinter oder vor Vokalen).

Östliches Mitteldeutschland

310 [80r] […] F o l g e n d i e Articul, wo r a u f die Gefangene Körttingin befraget werden soll.

E r s t e r Articul Ob sie zaubern könne, vndt wie Lange sie es getrieben. 2. Art[icul] Von welchem Menschen oder sonsten sie es gelernet.

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[80v] 3. Art[icul] Ob sie nicht von einem Weibes Bilde die zauberey gelernet. 4. Art[icul] Ob sie nicht einen Buhlen habe, der ein Teuffel sei vndt Hans heiße. 5. Art[icul] Ob sie mit demselben Vnzucht vndt Hurerej getrieben. 6. Art[icul] Wie offte sie mit ihme zu thuen gehabt. 7. Art[icul] Wie Lange sie solche Teuffelische hurerej getrieben. 8. Art[icul] Ob nicht der+ ihr Buhle hans, das Erste mahl im Gartten zue ihr kommen.

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[81r] 9. Art[icul] Ob nicht ihr Buhle zue ihr gesaget, ob sie Ihn zum Manne haben woltte. 10. Art[icul] Ob ehr ihr nicht anfangs einen Reichstaler gegeben, Näscherei dafuer keuffen, vndt ihnen zue Gaste bitten soltte. 11. Art[icul] Ob sie nicht damals alßbalde bei ihme geschlaffen.

16 39

Weibes Bilde: ‘Weibsbild, Frau’ Näscherei: ‘Naschwerk, Leckereien’

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Ostrau 1628

311 12. Art[icul] Wie ihr Buhle damals gestalt gewesen vndt was ehr vor kleidunge ahngehabt. 13. Art[icul] Ob sie nicht ihres Sohns Magt bezaubert, vndt Blindt gemacht, 14. Art[icul] Ob sie nicht die Elben mit ihrem Buhlen gezeuget.

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[81v] 15. Art[icul] Ob sie nicht die Elben, damit sie das Megdelein bezaubert in zwey Sthrohälmer gemacht. 16. Art[icul] Ob sie nicht die Elben an die Garttenthuer ins Teuffels nhamen gehencket. 17. Art[icul] Ist wahr, Das sie damals gesaget, Da seze ich dich hinn ins Teuffels nhamen, wehr zue dier kömbt, in denselben fahre. 18. Art[icul] Ist wahr, Das d[as] Megdelein dauon Blindt worden. 19. Art[icul] Ob sie des zimmermans Weib nicht auch etwas bey- vndt in kopff gebracht. 20. Art[icul] Ob sie karsten Voigts Tochter+ Sohn, nicht auch etwas bej- vnd in kopf gebracht vnd ihn bezaubert.

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[82r] 21. Art[icul] Ob die altte Leinenweberin zue Möste nicht auch zaubern könne. 22. Art[icul] Ob sie nicht zue dem Schleßer alhier gesaget, Es wehren zue Ostraw vndt Wodern auch zaubersche. 23. Art[icul] Ob sie nicht an ihres kindes Schleunigen Thode, Welches sie mit ihrem andern Ehemanne gezeuget, eine vhrsache gewesen. 51 86

Elben: ‘(Wasser-)Geister’ Schleunigen: ‘schnellen’

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85

Östliches Mitteldeutschland

312

24. Art[icul] Wie viel Elben sie mit ihrem Buhlen, dem Teuffel gezeuget. 25. Art[icul] Warumb sie die Elben ins Waßer geworffen.

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[82v] Folget Gü t l i c h B e k e n t n u s d e r G e f a n g e nin körttingin von Möste, vf fuerbeschriebene vnd fuergehalttene Articul So geschehen, Im Beiwesen vorgemeltten Herrn Ambtschössers, Derer hierzueerforderter Gerichts Personen, mit Nhamen Elias Stöers, Andres Rudolffs, Burckhart Rapfillers, Hans hennicken, hans körttings vndt Martin Witten, vndt dann in mein des Notarii gegenwart. Den 30. Monatstag Decembris Anno 1628.

100

105

110

Vf d e n E r s t e n Articul. Bekennets, Aber sie köntte nicht mit allerlej zauberey vbereinkommen, vndt hette es ein Achzehen Jahr getrieben. Vfn 2. Art[icul] Saget, Ihr Teuffels Buhle hette es ihr also eingegeben.

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[83r] Vfn 3. Art[icul] Saget Nein, Sondern von ihrem Buhlen dem Teuffel. Vfn 4. Art[icul] Bekennet Ja, Aber sie hette ihn nun wieder abgeschafft, vnd wolle es Vfn 5. Art[icul] Bekennet Ja. Vfn 6. Art[icul] Saget, Sie könne es eigentlich nicht wissen, Ehr sei etwa allezeit vmb den dritten tag zue ihr kommen, Aber wie ihr Mann

101 102 114

Beiwesen: ‘Anwesenheit, Gegenwart’ Ambtschössers: ‘amtlichen Steuereinnehmers, Rentmeisters’ ein Achzehen Jahr: ‘etwa achtzehn Jahre’

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Ostrau 1628

313 noch gelebet, Wehre es so offte nicht, Sondern kaum In Acht Tagen einmahl geschehen. Vfn 7. Art[icul] Vor ein Achtzehen Jahren, hette sie sich im Gartten [INT] ªgraߺ zue ihme versproch[en].

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[83v]

155 168

Vfn 8. Art[icul] Saget Ja. Vfn 9. Art[icul] Saget Ja. Vfn 10. Art[icul] Bekennet Ja. Vndt hette ihn domals zue Gaste gebeten, vndt ihme Semmeln, Nüsse vndt andere Nescherei fuergesezt. Vfn 11. Art[icul] Saget Ja. Vfn 12. Art[icul] Saget, Ehr wehre wie ein Pauerknecht im Schwarzen kleide gegangen, Wehre ein Altter Schelm, vndt wann ehr bei ihr gelegen, So wehre ehr gar kaltt vndt wie ein dröge fleisch anzugreiffen gewesen. Vfn 13. Art[icul] Bekennet mit Ja, Aber sie hette die Elben

140

[84r] von ihr ins waßer geschafft, vnd ins Teuffels nahmen wieder vom Megdelein weg gewunschet, das sie nun wieder sehen köntte. Vfn 14. Art[icul] Bekennet mit Ja. Das sie die Elben, So sie dem Megdelein zugebracht, mit ihrem Buhlen dem Teuffel gezeuget, Vnd sie nurt ein 14. Tage wegen ihres vngehorsambs damit züchtigen wollen. Vfn 15. Art[icul] Gestehet, das sie die Elben an die Garten Thuer, dadurch das Megdelein teglich gehen mußen, in einen Strohalm gehencket.

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dröge: ‘trocken’ nurt: ‘nur’ ein 14. Tage: ‘etwa 14 Tage’

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314 Vfn 16. Art[icul] Gestehets, das sie die ins Teuffels nhamen dahin gehenget. Vfn 17. Art[icul] Saget Ja. Vfn 18. Art[icul] Saget Ja.

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180

[84v] Vfn 19. Art[icul] Will den nicht gestehen. Vfn 20. Art[icul] Will den auch nicht gestehen. Vfn 21. Art[icul] Wiße nicht was sie könne. Vfn 22. Art[icul] Will von keinen zauberern mehr wißen. Vfn 23. Art[icul] Saget, Das das kindt, So sie mit ihrem andern Manne gezeuget, so balde gestorben, Sie nicht so gar große schult darane gehabt, Denn es in der geburt zeit, weill es ein groß feist kindt gewesen, etwas hart zugangen, vndt hette ein Brüchlein vnter dem Angesichte mit vf die Welt gebracht, Es hette aber noch die Tauffe empfang[en].

185

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[85r] Vfn 24. Art[icul] Sie hette ein Pahr Elben oder zwölffe mit ihrem Buhlen dem Teuffel gezeuget, vndt dieselben Immer in ihrem Garten in Waßergraben geworffen, Jedoch bekennet sie, das sie+ alle vier wehren derselben ein 3. 4. Auch wohl 5. von ihr gegangen vnd gezeuget wordenn. Vfn 25. Art[icul] Es wehre darumb geschehen, Das niemandt solte damit beschediget werden.

205 210

ein Pahr Elben oder zwölffe: ‘ungefähr 12 Elben’ ein 3. 4.: ‘etwa 3 oder 4’

205

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Ostrau 1628

315 Letzlich[en] Saget sie zue, Das sie bei dieser Außage vndt Bekentnus, in ihrem Leben vndt Sterben, bestendig vorbleiben vndt vorharren will. [85v] D i e w e i l d a n n i c h J o h a n n e s Engelberck, von Römischer keyserlichen Mayestat Macht vnd gewalt, Offenbarer Notarius vndt Stadtrichter in Zörwigck, Neben dem Herrn Ambtschößer, vnd denen hierzue erfordertten Gerichts Personen obgemelt, Bey dieser Examination, Bekentnus vnd Außsage, der Gefangenen körttingin, in der Person gewesen, Solches alles also geschehen, Gesehen vndt angehöret, Als habe ich daßselbe mit allem fleiß, ad notam genhommen Registriret, In diese Instruments form gebracht, mit meiner eigenen handt geschrieben, Meinen Tauff vndt zunhamen vntterschriben, mit meinem gewönlichen Pezschafft vndt Notariat Signet bedrucket, Vnd obgedachtem h[errn] Ambtschößer außgehendiget, Welches geschehen den 30.[ten] Monatstagk Decembris Anno 1628.

229 235 238

obgemelt: ‘oben genannt’ Instruments form: Gemeint ist die Form des vorherigen Protokolls. Pezschafft: ‘Petschaft, Handstempel zum Siegeln’

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Östliches Mitteldeutschland

Abb. 37: Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Handschriftenabteilung, ThSGV 3103, fol. 82v

ROSENBURG 1618 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Groß Rosenburg 1618 Handschrift Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. A 31a, Nr. 504 17r–23r (Archivzählung) – –

Inhalt Christina Ziesing aus Dornbach wird am 10. Dezember 1618 gütlich anhand eines Fragenkatalogs aus dem Amt Rosenburg verhört, weil sie sich der Brandstiftung und Zauberei (vor allem Milch- und Schadenszauber) schuldig gemacht haben soll. Sie gesteht aber nur, dass sie versucht habe, die Schafmeisterin vom lebendige[n] wurmb zu heilen. Auch im peinlichen Verhör bekennt sie nichts. Auf einem für die Gegenüberstellung der gütlichen und peinlichen Aussagen vorbereiteten, zweispaltigen Blatt (fol. 56r) ist lediglich verzeichnet: Gütlich Negat simpliciter, Peinlich Similiter negat. In einem für ein weiteres peinliches Verhör gedachten Fragenkatalog bricht die Akte unvermittelt ab.

Schrift und Sprache Die Frageartikel 1 bis 22 sind von Schreiber 1 geschrieben, Artikel 23 bis 26 sowie die Wiedergabe von Christinas Aussagen stammen von einer zweiten Schreiberhand. Beide Handschriften sind sehr gut lesbar. Aus heutiger Sicht erscheint die Textgestaltung inklusive der Graphien eher unauffällig. Zu vermerken sind diesbezüglich aber gk-Schreibungen im Silbenund Wortauslaut (wegkzihens, Anfangk u.a.) sowie einige Rundungen (lüchter lohe, angestöcket).

Östliches Mitteldeutschland

318 [17r]

Articuli Inquisitionales Wieder die Alte ziesingische Zu Dornbach wegen beschuldigter zauberey vnd ahngelegten fewers Daselbst ~ 1. Wahr, daß ªChristina Martin ziesings weib sonstº die alte ziesingische [INT] ªgenantº Im Ambte Calbe ªvndt Rosenburgk,+º allewege der zauberey verdächtig gehaltten worden, Wie solches auch aus des herrn Pfarrers N [ota]B[ene] Zu Gramßdorff, vnd desGleitsmans+ A & B deß gleits[INT] ªBohtensºschreiben zu manßschreiben ist Calbe [INT] ªschreiben+º Sub A & B zuuernehmen? alhier nicht verhanden+ 2. Dahero wahr, alß Sie in den bemelten Ambte Calbe nicht gelitten worden wollen, daß Sie sich ohne vorbewust der Herrschafft, vnd der beAmbten in daß Ambt Rosenburg zu Dornbach eingeschlichen? 3. Wahr, ob ihr wohl vor gehegten Dinggerichte zu Rosenburgk aufferlegett, eine Kundtschafft aus dem Ambte Calbe, vnd von Ihrem Pfarrer zu Grambßdorff zubringen vnd vorzulegen, daß Sie selbige von Ihnen, eben wegen solcher Verdacht der zauberey, vnd anderer vbeln Verhaltnus nichtt erlangen Können? [17v] 4. Ferner Wahr, daß Ihr Sohn Heinrich ziesing, zum Nachthutter von den Bawern zu Dornbach bestellet, vnd weil Er George Kilian daselbst ein Pferdt laßen vmbkommen, deme etzlich geldt, auff Richterliche erkändtnuß, darfur entrichten mußen? 5. Dahero Wahr, daß die alte ziesingische einen Haß vff bemeltten Kilian geworffen, vnd sich ausdruecklich verlautten laßen, Sie wolte Ihm solches gedencken, vnd einbringen, Ob Sie es Ihm gleich eine lange zeit nachtragen soltte? 18 21 22 33

vorbewust: ‘Vorkenntnis, Vorinformation’ ob ihr wohl: ‘obwohl ihr’ Kundtschafft: ‘Nachricht’ Nachthutter: ‘Hirte für die Nachtzeit’

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319 6. Wahr, alß einsmalß gedachter kilian seinem Encken George Pobs befohlen, ezlich Rohr von der gaßen, in sein gehöffte zutragen, daß vielermelte ziesingische vnter Ihrer Thuer gestanden, vnd gesagt: Er solte solch Rohr liegen laßen, Sie woltte es herein tragen? 7. Vnnd wahr, da der Encke sich des vorweigertt, vnd seines herrn George kilians befehlich gedacht Sie die alte ziesingische, in solche oder dergleichen wort heraußgefahren: Ich woltte, daß es Ihn, gedachten kilian meinendt, auff dem kopf lege, [18r] vnd brendte lüchter lohe, waß gildts er wirdt sein Theil einsmalß wohl bekommen, vnd würde sehen, was Ihm in kurzer zeit wiederfahren werde? 8. Wahr, alß solche bedrawung den Donners- oder Freytagk zuuohr geschehen, daß darauf George kilian, alsobaldt den negstfolgenden Montagk kranck worden, vnd etwa Vier Tage hernach gestorben? 9. Wahr, daß er im Anfang seiner Kranckheit alsobaldt vber die alte ziesingische geschriehen, vnnd Ihr schuldt geben, daß Er solche kranckheit von Ihr, vnd keinem andern Menschen hette? 10. Item wahr, daß Er Ihr der ziesingischen, solches auf seinem Sichbette vnter augen gesaget, vnd auf diese beschuldigung endlich gestorben, Er könte es Ihr nicht erlaßen, Vnnd wann Er wieder aufkehme, wolte er sein ganz guth an Sie wagen? 11. Vnnd wahr, daß die alte ziesingische alsofort vff solche wort weggegangen vnd stillgeschwiegen? 12. Dahero sehr vermuthlich, daß Sie gedachten Kilian solche kranckheitt beygebrachtt?

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Encken: ‘Kleinknecht’ Rohr: ‘Schilfrohr, Röhricht’ befehlich: ‘Befehl’ lüchter lohe: ‘lichterloh’ bedrawung: ‘Bedrohung’ Sichbette: ‘Krankenbett, Krankenlager’ an Sie wagen: ‘auf sie verwenden’

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Östliches Mitteldeutschland

320 [18v]

13. Ferner wahr, alß die alte ziesingische zu ruhr bey Herman Schmiedt zu Dornbach angewohnet, daß Er allerley vnglucke (welches Ihme zuuohr nie wiederfahren) an seinem Viehe gehabtt, so nicht melcken wollen, sondern lahm vnd hinckend worden? 14. Item wahr, daß sein weib vber die drey Jahr kranck gewesen, vnd nicht forth gekundt? 15. Auch wahr, daß Sie die Alte ziesingische, der Schaffmeisterin zu Borgsdorff, ein Schaden zugefugett? 16. Vnnd wahr, nachdem vff dauid Schmieds zu Gramßdorff ansprechen, Sie die ziesingische, bemelter Schäfferin der Kranckheit entnommen, daß Sie bemelten Schmiedskinde, alsobaldt dargegen etwaß böses zugebracht, welches ganz lahm worden, vnd zusammen gewachßen? 17. Ferner Ist wahr, da die ziesingische, nahe bey oberwehnten Hermann Schmidt gewohnet, daß Er damalß, ob er wohl dergleichen zuuohr, sein lebtage nichts vermercket, den Trachen durch seinen hoff fliegen sehen?

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[19r] 18. Mehr wahr, daß vor Vierzehen Tagen, zwischen Neun vnd zehen Vhr Feur, Hanß Freybergs Garttenhäußlein, darin bemelte ziesingische allein damals gewest, Plözlich angestöcket, vnd daß fewer mitten im dache heraus geschlagen? 19. Vnnd wahr, Obwohl Sie vnterschiedliche mahl heraus gelauffen, auch ezlichen hausrath vfn Sawbergk getragen, daß Sie doch solch fewer nicht gemeldet, noch vmb hülffe geruffen?

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melcken: hier ‘Milch geben’ Schaffmeisterin: Frau des Oberschäfers zusammen gewachßen: wohl ‘verkümmert, verkrüppelt’ Trachen: ‘Drache’ angestöcket: ‘angesteckt, angezündet’

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Rosenburg 1618

321 20. Denn wahr, daß George+ [INT] ªPalmº Kilian seligen Erben+ auffgerichte getreidich hauffen nahe darbey gewest, vnd leichtlich von den feyer ergrieffen werden können? 21. Dahero nicht ohne sein magk, daß Sie deßwegen oder aber sonsten daß dorf vnnd Herrschafft weil ihr ausgebothen worden, zubeschedigen, solch fewer entweder selbst angelegt, oder Ihr gutte wißenschafft tragen muße, woher es enstanden? 22. Endlich wahr, daß im ganzen dorffe Dornbach eine gemeine Sage ist, daß dieser brandt, durch [19v] der Alten ziesingischen boßhafftige vorwahrlosung vervrsachet?

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.

133 142 151 152

Nomina testium hanß Freybergk, Palm Kilian, Herman Schmidt, George Pobs der Encke, Maria Venz, Dauid Schmiedt, Schaffmeister zu Gramßdorff, Schuelmeister müßen per Hanß Steiz [INT] ªist keiner Alder Subsidium Verhanden d[er] so heistº citiret werd[en] Schäfferin zu Borgsdorff Magdalena Schmidts Hanßen Bungenstabes S[eligen] nach gelaßene Witbe, Peter Hampe [INT] ªdieseº beide zue Lobenitz, Berhnt [?] Drunnkel [INT] ªzue großen Rosenburgk,º Richter

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ausgebothen: ‘ausgewiesen’ vervrsachet: Nach diesem Absatz findet sich im Original ein Einfügungszeichen, welches anzeigt, dass die auf 20r folgenden Fragen 23 bis 26 vor der Zeugenauflistung eingefügt werden sollen. zu Gramßdorff: Die Ortsangabe bezieht sich, wie eine geschweifte Klammer im Original verdeutlicht, auf die Zeugen 6–9. müßen … werd[en]: Die Bemerkung umschließt, ebenfalls durch eine geschweifte Klammer angezeigt, die Zeugen 6–10.

Östliches Mitteldeutschland

322 [20r]

23. Noch ferner wahr, Alß vor dießem zu löbbenitz ein Kuesther Hanß Hampe genant schleuniges so das verstorben, das die zisingen mit fligenden worten darauff gesaget, Sie hette einen wunsch gethan, der wehre ihr gelungen, Vndt wie Sie deßwegen in der gute aus Vermuthunge besprochen worden, geweinet, auch ferner gesaget: Sie wolte noch einen Wunsch thuen, hofende, der würde auch seine Kraft erreichen, 24. Wahr, das darauff Hanßen Bungenstaben allgemach in einem iahre bey 14 Pferden eines beßer alß+ [INT] ªdenº das ander solcher gestalt vmbkommen, das man darbey abnehmen können es gehe nicht natürlich oder richtigk zu, 25. 26. Dahero dan wahr das gemelter Hanß Bungenstab ihr zum öftern vorgeworffen, Sie brechte ihn vmb sein Viehe vndt fahrende haab, [INT] ª26.º Welches Sie gelitten vndt geduldet, auch geboten vmb verzeihung, ªvndtº, man wolte ihr solches nicht mehr vorwerffen,

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[21r] Vff vorhergehende Inq[ui]sitional-articull ist die zisingische den 10 Decemb[ris] 1618 befraget, vndt ihre antwortt darauff folgender maßen verzeichnet worden, Ad art[iculum] 1. Saget ia, Es kehme aber aus folgender vhrsache her: Wie Sie zu Crambstorff gewohnet hette Sie Vegelein in ihrem Garten gehatt, welche die Schefferin zu Borgstorff ihrer tochter zum krantz, so nach Wüncheinenburgk [?] zur hochzeit gebethen worden, von ihr begehret, Solche Vegelein hette Sie ihr selbsten hingebrachtt, vnd gesehen das die Schafmeisterin einen schaden gehatt, welches der wurmb gewesen, Wie aber die Schafmeisterin gesaget, das solches die bösen dinger sein solten, hette Sie darauff geantworttet, Wan es dieselbe wehren,

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Ab hier wechselt der Schreiber. Damit ändert sich auch die Spaltenbreite der einzelnen Seiten. mit fligenden worten: wohl im Sinne von ‘mit raschen Worten’ bey: ‘an die’ fahrende haab: ‘beweglicher Besitz’ Vegelein: ‘Veilchen’

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Rosenburg 1618

323 könte man ia woll rath schaffen, den etzliche leuthe etwas darfür einzuhengen hetten, Wehre darauff zur Georgk kilianschen gangen, vndt ein beutelchen, so Sie im halße getragen, worinnen Elffheußer [?] gewesen, ihr abgeborget, es der Schefferin hingebrachtt, So es angehangen, Vndt alß es nicht helffen wollen, hette Sie vff ihr ferner bitten des domahligen

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[21v] wintzers zu dornbock M[eister] Hanßens weib auch ein solch beutelchen abgeborget vndt ihr hingebrachtt, welche[s] gleichßfalß nicht geholffen, darauff Sie gesaget, es wehren die bößen dinger nichtt, sondern der lebendige wurmb, Die Schafmeisterin [INT] ªaberº wehre bey ihrer meinung bestanden, vndt hette Sie beschuldiget, das Sie solche böße dinger einem zubringen vndt benehmen könte, Dahero Sie dießelbe im Ambte Calbe verklaget, Ob Sie nuhn woll der Heubtman domalß in vier wochen wiederkommen heißen, hette Sie doch nicht ferner mit ihr zanken wollen, vndt wehren freunde blieben nach wie vor, Darauff hette Sie iederman vor eine Närrin vnd[t] zeuberin gehalten, solte ihr aber einer was böße[s] mit rechte darthuen, Ad 2. Negat, Den es hette Sie keiner vertrieben, hette auch den domahligen Ambtschreiber zu Rosenburgk, wie Sie nach dornbock gezogen, vorhero ersuchett, Die vhrsache ihres wegkzihens wehre gewesen,das Sie den hauß zinß, vnvermügens halber nicht lenger geben können, bey ihrem Sohn, so zu dornbock gewohnet hette Sie deßen nicht bedurfft,

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[22r] Ad 3. Im Anfangk hette Sie eine schuld+ kundtschafft in der Cantzeley vorgelegen, deßwegen der Richter zu Calbe hernachmalß, wie ihr vor dem dinggerichte zu Rosenburgk ander weit kundtschaft zu bringen befohlen worden, gesaget, er könte ihr nicht zweimahl eine kundtschaft geben, darzu wüste Sie, das Sie mit der Schefferin auch in verdacht gewesen, Sie hette Sich aber entschuldiget,

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ersuchett: ‘aufgesucht’ vorgelegen: ‘vorgelegt’

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Östliches Mitteldeutschland

324

Ad 4. Affirmat, hette 6 Th[aler] darfür geben müßen, Ad 5. Negat, Ad 6. Sey den Sonabendt geschehen+ Sie hette gesaget: Mein Sohn, Wan du das rohr schon so rein nicht vffrafest [?], ich wolte es haben in den ofen gestecket, vndt meine lahme handt darbey gewermet, Ad 7. Negat. Ad 8. Sey den Sonabent geschehen, wüste aber nicht wan er wehre kranck worden, sey auch sonsten ein piprich man gewesen, Ad 9. Hette er Sie mit rechte beschuldigett, So würde er es befunden haben, Sie wehre vnschuldigk, Ad 10. Affirmat, das er ihr solches ins gesichte gesaget, hette

Ad 11. Ad 12. Ad 13.

Ad 14.

Ad 15.

Ad 16. Ad 17. Ad 18.

[22v] aber nichtt gehöret, das er sein guth an Sie wagen wollen, Affirmat, Dan Sie hörete nichtt woll, Negat, Er hette ein alte Kuhe von 23 iahren gehatt, was die solte melcken können, hette ein ieder leicht zugedencken, Sie hette immer das Fieber gehatt vndt wehre von ihrem man geschlagen worden, das ihr die dermen ausgingen, Negat, Den Sie den schaden woll ein halb iahr gehat, ehe Sie es erfahren, oder gewust hette, Man solte Sie holen laßen, Sie wolte einen zugk vnd den anderen mit ihr leiden, Negat, Negat, hette vom drachenfligen nichts gehöret ihn auch ihr tage nichtt gesehen, Alß Sie geseßen vndt gesponnen, hette es zweymahl geplatzet, alß wan einer eine büchße loßgeschoßen, darauff Sie hinaus gelauffen vndt den giebell brennendt gesehen,

[23r] Ad 19. Wehre so erschrocken gewesen, das Sie nicht reden können, Ad 20. Negat, Das Feuer hette dem Kornhauffen so leicht nicht können schaden thun,

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piprich: ‘klagend, jammernd’ die dermen ausgingen: wohl ‘die Därme heraustraten’ einen zugk vnd den anderen mit ihr leiden: ‘sich mit ihr auseinander setzen’ geplatzet: ‘gekracht’

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Rosenburg 1618 Ad 21. Negat, hette es nicht angeleget vndt wüste auch nicht, woher es entstanden, Ad 22. Wehre alßobalden darauff eingesetzet, vndt hette mit den leuthen nicht geredet, Ad 23. Negat, kennete den knecht auch nichtt Ad 24. Negat gleichßfalß, den Sie mit ihme in vnguthe auch nicht zu thunde gehatt ~.

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eingesetzet: ‘inhaftiert’

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Östliches Mitteldeutschland

Abb. 38: Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Rep. A 31a, Nr. 504, fol. 21r

V. Westliches Süddeutschland

AUGSBURG 1625 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Augsburg 1625 Handschrift Stadtarchiv Augsburg, Bestand Reichsstadt, Urgichten K 204 109–113, 115–117 (Archivzählung) – Behringer (2004), Hortzitz (1990), Rau (2003), Roper (1997)

Inhalt Das mägdlin Maria Bräunin steht wegen Hexereivorwürfen vor Gericht. Am 18. Juni 1625 werden ihr in gütlichem Verhör (wohl aber z.T. mit Androhung von Rutenstreichen für lügnerische Angaben) 13 Fragstücke zur Beantwortung vorgelegt. Im Kern geht es dabei darum, ob sie das Hexen von ihrer Mutter – wie von Maria standhaft behauptet und wiederholt – gelernt habe und über welche Hexerei-Erfahrungen sie verfüge. Der entsprechende Fragenkatalog, der im Verhör als Leitfaden gedient hat, ist in unserer Wiedergabe dem Aussagetext vorangestellt. Ab Zeile 158 findet sich das Protokoll einer vor Gericht durchgeführten Gegenüberstellung von Mutter und Tochter, in deren Verlauf beide auf ihren gegensätzlichen Aussagen beharren.

Schrift und Sprache Die Akte wurde von zwei Schreibern verfasst. Vom zweiten Schreiber stammen die Frageartikel. Schreiber I hat die eigentlichen Verhöre festgehalten. Er benutzt in Wörtern wie seje oder bej – abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen – das i-Longa. Den wiedergegebenen Bindestrichen bei Worttrennungen entspricht in der Handschrift ein Doppelpunkt. Die Textur der Antwortenwiedergabe weist eine Reihe oberdeutscher Schreibmerkmale auf. Auffällig ist etwa das verdumpfte /a/ in gethon u.ä. Rundungen (schnütt, wündt für ‘windet’, gebeücht für ‘gebeichtet’ etc.) treten ebenso zutage wie die typischen schwäbischen Dimi-nutivformen (gebettle für ‘Gebetchen’ oder Annale für ‘Annalein’). Erwähnenswert scheinen noch einige Schreiberkommentare, in denen zum verbalen und vor allem zum nonverbalen Verhalten des angeklagten Mädchens Stellung genommen wird (Z. 75ff., 97ff., 101ff., 126ff., 155ff.).

Augsburg 1625 [113] Maria Braunin soll ferrer ernstlich betroet angesproch[en], Ir Muetter mit Ir confrontirt w[erden] Wessen Sy sich seith Jungsten ansprechens deß hexenwesens halben weitter erInndert habe? solls mit wahrheit anzaigen? Ob Sy ein hex seye? wie lang? was gestallt? vnd wo Sy darzue kho[m]men? wer Sy [ver]fuert? vnd darzue angewisen Ob Sy ausgefahren seye? wohin? wie? vnd wer Sy gefüert? vnd was Sy daselbst[en] gethon habe? Ob Sy ein aigen gäbele gehabt? wer Irs gegeben? vnd wohin es kho[m]men seye? Ob Sy ainen buelen habe? wie Er haiße? vnd was Sy mit demselb[en] zuthon gehabt? Ob Sy sich dem bösen veindt ergeb[en]? Got vnd alle seine heyligen, vatter vnd muetter [ver]laugnet habe? wo? vnd wann es beschehen seye? Wer da zumal darbey gewesen sey? vnd sy dahin gefüert habe? Solle lautter anzaigen, wer sy zue solcher hexerey gebracht habe? Ob die Appolonia heuchelerin solches gethon? vnd was gestallt Sys erstlich an Sy gebracht habe, Weilen Sy bißhero bestendig auf dem geblib[en], das Ir aigne Muetter Sy darzue gebracht, vf d[er] gabel, katzen, vnd bokh, neb[en] dem allt[en] weib, zue den däntz[en] gefüert habe, Ob es wahr seye? vnd Irer Muetter solchs selb vnnd[er] augen sagen dörffe? Warumb Sy dann solches auff die heuchelerin, vnd das Annalein gelegt habe?

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Der Fragenkatalog befindet sich auf einem losen Blatt, das in der durchlaufenden Zählung die Nummer 113 erhalten hat. Diese Seite wird hier der Übersichtlichkeit halber dem Verhör vorangestellt. ferrer: ‘ferner, weiterhin’ gäbele: ‘Mistgabel, Heugabel’ lautter: ‘klar, deutlich’

Westliches Süddeutschland

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wer Ir das zaich[en] gemacht? vnd allß d[er] Nachrichter darein gestoch[en], ob Sys empfunden habe? Ob Ir Muetter ein aigne gabl gehabt? vnd Ir d[er] böse veindt vergiffte salb[en] gegeb[en] habe?

[109] In p[ræ]sentia dominorum h[errn] Hanß Carl Langen manttels vnd Matthes Geglers 1.

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43 51 57 58 59 70 72 75

Act[um] die Mercurii 18. Junii a[nn]o 1625. Hat Maria Bräunin Inn Fronvösst auff ferner ernstelich betrohet ansprech[en] weitter güetlich ausgesagt, wie volgt:

Sagt, habe sich weitter nichts erInndert, Alß daß Ihr mueter selb[er] sie d[as] hexen werkh gelehrnet habe, woltt Ihrs sag[en], wenn sie da stüende, habe Ihr aber befohlen, solle es auff die Heüchelerin leg[en], damits Ihr vatter nicht Innen werde, Seje zwar ein hex, bej zwajen Quatemb[er] [INT] ªherº aber sie könne noch nichts, auch allein nicht fahren, Ihr muetter habe anfangs nicht gesagt, daß sie ein hex seje, sond[ern] allein, sie wolle sie etwas lehrnen, biß sies auff d[as] gebele obm boden gesetzt, vnd dabej gesagt habe, wolle sie alles lehrnen was sie könne, solle aber sag[en], daß die Heüchelerin sie solches alles gelehrnet habe, Seje offt mit Ihrer muetter ausgefahren alle zeit zuem galg[en] hinaus, da habe man gedantzt, geessen vnd getrunkh[en], bier vnd wein, sie habe auch mit dantzt, vnd ein böser gaist mit Ihr, der haisse Hanß Hunds Casperle, seje gantz schwartz daher gang[en], habe ab[er] kein wehr noch manttel angehabt, auch nichts mit Ihr geredt, seje beim galg[en] aus d[er] Hell herauß ko[m]men, aus eim brün[n]end[en] hauß ~ Sagt Ja, habe ein aigenes gäbele gehabt, aber Ihr vatter habe 3. stukh daraus gemacht, vnd habs verbrennet, (vnd wie man gesagt, Ihr vatter werd gewiß auch ein vnholden mann sein, hat sie anfangen zuewainen, vnd gesagt, Ihr vatter seje kein solch[er] mann vnd seje Ihr Lieber alß Ihr muetter, weil sies allso [ver]füehrt habe,) Sagt, wie vor, heisse Hunds Casperle, habe Ihrs obdem tantz gesagt, vnd habe sie sich anfangs vor Ihm

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Nachrichter: ‘Scharfrichter’ Fronvösst: ‘Gefängnis’ Heüchelerin: Gemeint ist Appolonia Heuchlerin. Innen werde: ‘bemerke’ Quatemb[er]: ‘Vierteljahr, Quartal’ wehr: ‘Rüstung’, evtl. auch ‘Waffe’ brün[n]end [en]: ‘brennenden’ (vnd … habe,): Es ist nicht eindeutig feststellbar, ob die Klammern hier wie auch im Folgenden vom protokollierenden Schreiber stammen oder später von anderer Hand hinzugefügt worden sind.

Augsburg 1625

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gefürcht, ab[er] Ihr muetter habs selbs hinan gefüehrt, habe sonsst[en] d[er] Teüfel nichts mit Ihr zueschaffen gehabt, Alß daß er mit Ihr gedantzt, zwar sonsten etw[as] hineingestekt ab[er] wider heraus gezogen, ~ 85

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[110] Sagt Ja seje beim Galg[en] geschehen, vnd habe sie Ihr muetter selb[er] hingefüehrt, vnd damaln habe man eben ein mägdle getäufft, vnd habe d[er] Teüffel etwas vber °d[as]+ es abgegossen, vnd gar ein seltzamen Namen geben, Sie habe man auch täuffen wollen, Aber Ihr muetter seje darwid[er] gewesen, doch habe sie Gott vnd allen Heilig[en] absag[en] müessen, vnd Ihr d[er] Teüffel die wortt vorgesproch[en], bluett aus de[m] rehten däumling geno[m]men vnd sie Inn ein buech geschrib[en]: habe Ihr Inn däumling geschnitten, aber seje schon läng[er] alß ein Quattember, allso daß [INT] ªesº °sie+ wid[er] gehailt seje, (Ist daran zwar ein frischer schnütt, sagt aber, sie habs selber gethon, doch Ist vom[m] altten schnütt Im[m] wenigsten kein maasen zue sehen) Ihr muetter, sonst[en] niemand, alß d[er] böse geist, seje dabej gewesen (gefragt, ob Ihr laid were, wenn man Ihr muetter [ver]brennet? Sagt sie Nain, was Ihr laid sein °sollen+ oder warumb sie vm[m] sie greinen solle, weil sies solche sach[en] gelehrnet habe, fangt doch darvb[er] an zueweinen,) Sagt habe sich zwar dem Teufel ergeb[en], Aber Inn d[er] Jesuiter Kirch[en] habe sie Ihm wid[er] abgesagt, habe auch pater Joannes gebeücht, vnd habe er Ihr etlich gebettle vorgesproch[en], vnd geweihte sach[en] geben, Hebt Ihre händ auff vnd waint, vnd sagt, könne Je auff niemand bekennen, als auff Ihr muetter, da sie and[er]st sagete, wurde sie d[en] leütten vnrecht thon, (vnd da man Ihr gesagt, Man könns nicht glauben, seje ein Gottsförchttig weib, wartte d[er] krankhen, [INT] ªhatº Sie aber darauff geantworttet, Einmal sie seje Aine, so hab[en] auch die krankhe gespührt, daß es ªbißweilenº nicht recht mit Ihnen zuegehe, )+ vnd habe d[er] Fuggarisch laggaj manchmal nicht wüss+ schlaffen können, so seje ein gerümppel obdem bod[en] gewesen.)

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°d[as]+: Das Wort ist nicht durchgestrichen, sondern mit einer gepunkteten Linie markiert. Im Folgenden stehen alle Streichungen – wenn nicht anders gekennzeichnet – für gepunktete Markierungen. maasen: ‘Wundmal, Schnitt’ wartte: ‘kümmere sich’ ªbißweilenº nicht: Ursprünglich befand sich das Einfügungszeichen für die Ergänzung bißweilen hinter dem Wort nicht, wurde jedoch nachträglich vom Schreiber durchgestrichen und dem nicht vorangestellt. Fuggarisch laggaj: ‘Fuggerscher Diener, Fuggerscher Lakai’ bod[en]: ‘Speicher’

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Westliches Süddeutschland [111] Sagt Nain, die Heuchelerin habe sie nicht [ver]füehrt seje kein Vnhold, auch zue nachts nie zue Ihr ko[m]men, Ihr muetter habe sie allso angelehrnet, daß sie so vnd so von Ihr Aussag[en] solle, D[as] ander+ altt weib kenne sie nicht, Aber d[as] seie war daß Ihr muetter sie ob d[er] gabel katz[en] vnd bokh zuem Tantz gefüehrt habe, (Gefragt, wenns nicht war seje, was man Ihr thuen solle, darauff giebts mit wainen antwortt, daß man Ihr den kopff herund[er] hakh[en] solle.) wolle es Ihr muetter vntter aug[en] sag[en], daß ein vnhold seje. Sagt, wie ob Ihr muetter habe sie allso angelehrnet, die Heüchelerin ab[er] vnd d[as] Annalein sejen vnschuldig, vnd haltte darfür, Ihr muetter habe gemaint, man solle die böß vnd d[as] Annale [ver]brennen, damit sie leer ausgehen; bekenne, daß sie beed[en] vnrecht gethon habe, wolle ab[er] alle tag die 7. bueß Psalmen betten, vnd 2. Rosen kräntz, daß Ihrs Gott [ver]zeih[en] wolle, wie sie dann auch gebett habe, Ehe sie an die frag[en] gang[en], daß Ihr Gott gnad verleih[en] wolle, damit sie die warheit sag[en] könne, Sagt, d[er] böse gaist hab Ihrs gemacht, vnd mit d[er] kr+ dappen kratzt, So seje d[er] nachrichter Neuelich bej Ihr gewesen, habe Ihr drein gestochen, aber sie habe nichts empfund[en], Sagt Ja, Ihr muetter habe ein aigene gabel gehabt, seje ein rüemen dran gewesen, vnd habe sies obdem boden hind[er] ein [ver]broches täfel wolhinein gestekt, wüsse ab[er] nicht, Ob sies wid[er] heraus geno[m]men habe od[er] nicht, [112] So habe sie auch 2. grüen salb[en] gehabt, wüsse ab[er] nicht wer Ihrs geb[en] habe, vnd mit d[er]selb[en] salb habe Ihr muetter allzeit die gabel vnd Ihre gäbele geschmirbt, wenn sie ausfahren wollen, sie habs selb[er] nicht schmürben dörffen, (vnd hat sich bißhero Inn d[er] Aussag gantz andächtig verhaltten, ist Ihr auch zueweilen mit d[er] ruethen getrohet word[en], wenn sie die warheit nicht sag[en] werde,)

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wie ob: ‘wie oben’ kr+: Die Buchstaben sind ausnahmsweise durchgestrichen und nicht gepunktet markiert. dappen: ‘Tatze, Pranke, Pfote’ rüemen: ‘Riemen, Band’ geschmirbt: ‘geschmiert’ schmürben: ‘schmieren’ andächtig: ‘eifrig, respektvoll’

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Augsburg 1625 Hierauff ist nun die muetter eingelassen, vnd seind Ihr die fragstukh vnd Ihrer tochter antwortt darauff Secundum ordinem fürgehaltt[en] worden, Wie sie nun herein ko[m]men, vnd neben dem mägdlin gestand[en], ist es gleich von dem stüehle herund[er] gewüscht, d[er] muetter die handt gebotten, vnd Ihr dieselbe gekusset ªsie auch so weit, sie raich[en] können, vmbfang[en],º aber nichts darzuegeredt, d[as] mägdle gewaint, die muetter aber kein zeher [ver]gossen, Darauff Ihr d[as] .1. fragst[ukh] vnd Antwortt fürgehaltten worden, darvber sie so wol deß Hexenwerkhs, als d[er] Heüchelerin halben, Ihr vnschuld hoch betheürt, vnd auff Ihre letste seüffzger geno[m]men, daß Ihr vnrecht geschehe, Aber d[as] mägdle hats zuem 3. mal beJachtzet, daß die muetter selb[er] sie gelehrnet habe, vnd d[as] 3. mal, da dem mägdle gleichsam ein knopff ans hertz gefallen, daß es vor [ver]stokhung nicht reden können, hat sie mit d[er] hand hierumb, vnd auff Ihr muetter gewisen ~ II. frag vnd Antwortt. Sagt darauff zue Ihrer tochter, du [ver]logens guet, es ist nicht war, vnd betheürt Ihr vnschuld, Aber d[as] magdlin waint, wündt seine händ, vnd sagt, es seje war, was sie Inn antwortt auff d[as] fragst[ukh] gesagt habe Die muetter drauff geantwortt, Es reütte sie d[er] Teüfel, d[as] sie solche sach[en] von Ihr alß Ihrer leiblich[en] muetter aussag[en] dörffe, ~

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[115] III fragst[ukh] Sagt, sie wüsse vom Hexen werkh nichts, wolle gern sterben, seje d[er] sach[en] so vnschuldig, Alß Gott Im[m] Him[m]el Ihr zeüg könne sein, vnd schlägt d[as] † für sich, Aber d[as] mägdlein ªbleibt ob Ihrer aussag,º IV fragst[ukh] Sagt die muetter, d[as] gäbele seje [ver]brennt worden Inn bejsein der geistlich[en] h[erren], hergeg[en] gibt d[as] mägdlein für, die altte, die sie doch nicht zue nen[n]en wüsse, habe Ihrs geben, seje zue Ihr auff den bod[en] ko[m]men, vnd Ihr muetter habe sie hinauff gefüehrt

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gewüscht: ‘eilig gesprungen’ zeher: ‘Zähre, Träne’ beJachtzet: ‘ja gesagt, bestätigt’ ein knopff ans hertz gefallen: ‘eng auf der Brust geworden’ Der Text wird hier, unter Auslassung sowohl der vorangestellten S. 113 als auch von S. 114, nahtlos auf S. 115 fortgesetzt.

Westliches Süddeutschland

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V. Wünden beede die händ, d[as] mägdlin wainet, sagt von Ja, vnd seje Ja war, die muetter von Nain, vnd betheürt Ihr vnschuld, VI. bleibt abermaln die muetter ob Ihrer vnschuld, Aber die tochter behartt ob Ihrer aussag, VII. Sagt die muetter Ihr vns+ vnwüssen, d[as] mägdle aber Wündt die händ, waint vnd sagt, seje weger war, VIII. Sagt, die muetter, woltte die sach nicht so weitt hab[en] ko[m]men lassen, wenn sie schuldig were, d[as] mägdlin ab[er] bleibt ob seiner aussag bestendig, IX. Sagt die muetter, seje d[er] Heüchelerin nicht feind, habe Ihr offt ein krautt geschikt, auch dem mägdlin desto grösser stukh brott geben, damit sie d[er] baasen auch etwas davon geb[en] könne, dann sie Ihr brott gern gessen, weil sie Coriand[er] drein bache, d[as] mägdlein ab[er] sagt bestendig, daß sies angelehrnet habe,

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[116] X. Bej disem fragst[ukh] seind muetter vnd tochter ernnstlich[en] vnd auffs höchsst erInnert worden, Aber ist Jede ob Ihrer mainung[en] [ver]blib[en] die muetter d[en] Namen Jesu angerueffen, d[as] mägdlin ab[er] mit wainen, gleichwol aber mit [ver]stelttem vnbärdig[en] gesicht, ªsie die muetterº zuem 3. vnd 4. mal der hexerej bezüchttiget, Die muetter aber [ver]mainen wollen, d[as] d[er] Teüffel d[as] mägdlein besessen habe, XI. Bliben ab[er]maln ob Ja vnd Nain, vnd sagt d[as] mägdlin expressè, habe d[er] Heüchelerin nicht+ vnrecht gethon, ab[er] Ihr muetter thue sie nicht vnrecht, vnd ob wol d[as] mägdlin hoch erjnnert word[en], wie sie ein solche grosse sünd büessen wolle, wenn sie nemlich Ihr muetter vnrecht thue, [INT] ªhatº sie nochmaln standhafftig gesagt, thüe Ihr nicht vnrecht,

198 206 214 216 225 231

Wünden: Hier wurde e gestrichen und ü interlinear darüber gesetzt. weger: ‘fürwahr, gewisslich’ baasen: ‘Base’ bache: ‘backe’ [ver]stelttem vnbärdig[en]: ‘entstelltem, seltsamem’ expressè: ‘ausdrücklich’

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Augsburg 1625 XII. Sagt die muetter Ihr vnwüssen, dann sie damaln Inn+ Nicht dabej gewesen, Ab[er] wie ers Im[m] hauß bestoch[en], habe d[as] mägdlin gesagt, es habe Ihm nur ein wenig wehe gethon, vnd hab[en] so weitt zuesamen troff[en]. XIII. Sagt die muetter, Sie wüsse von d[en] sach[en] nichts, vnd betheürt Ihr vnschuld, sprücht auch dem mägdlein dess[en] weg[en] zue, daß Es Ihr vnrecht thue, Aber solches vngeachttet bleibt d[as] mägdlin, ob Ihrer Aussag ªstandhafftigº Doch hatt die muetter kein zeher nie verröhrt, vnd darauff hat man d[as] mägdlin abtretten heissen, vnd d[er] muetter auffs eusserst zuegesprochen, Aber ist Im[m] wenigsten nicht zuebewög[en] gewesen, vnd [INT] ªhatº Ihr vnschuld hoch betheürt, man solle Ihr thuen, wie man wolle, so seje Sie doch vnschuldig, [117] hierauff Sie dann Inn Ihr gewahrsam [INT] ªgefüehrtº d[as] mägdlin ab[er] widerum[m] absond[er]lich verhört, vnd Ihm mit betrohe zuegesproch[en] word[en], soll mit+ die warheit sag[en], Ob Ihr muetter ein Hex seje od[er] nicht, vnd ob Sies auff die Heüchelerin auszuesag[en] angelehrnet habe, Darauff sie abermaln standhafftig geantworttet, Dem seje allso, vnd thüe Ihrer muetter nicht vnrecht, thüe Ihr weg[er] nicht vnrecht, wündt die händ, waint vnd sagt, thüe Ihr nicht vnrecht, Darauff sie dann nicht weitters besproch[en], sond[ern] gleichfalls Inn Ihr gewarsam gefüehrt word[en] –

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verröhrt: ‘vergossen’

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Westliches Süddeutschland

Abb. 39: Stadtarchiv Augsburg, Bestand Reichsstadt, Urgichten K 204, Bl. 111

BADEN-BADEN 1628 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Baden-Baden 1628 Handschrift Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 61, Nr. 5047 IV 70r–73v (Archivzählung) – Hermann (1890), Reiß (1971), Schneider (2004)

Inhalt Dieser Ausschnitt aus einem Prozess in der katholischen Grafschaft Baden-Baden führt exemplarisch vor Augen, wie mit den Mitteln der Tortur jeglicher Aussagewiderstand gebrochen werden konnte. Die Witwe Appolonia Kagen gesteht im gütlichen Verhör zwar die üblichen Hexereidelikte (Teufelspakt, Schadenszauber, Hexentanz), doch als sie in ihrer Aussage stockt und beispielsweise weitere „Hexen“ nicht kennen will, werden verschiedene Grade der Folter angewendet. Die Angeklagte bekennt unter anderem die Tötung eines eigenen Kindes sowie dreier Stiefkinder. Mehrfach verweist sie während des Verhörs auf ihre große Armut als Motiv für ihre angeblichen Verbrechen.

Schrift und Sprache Das Protokoll ist in gut lesbarer, bisweilen etwas flüchtiger Schrift abgefasst. Während sich in den ersten Teilen Streichungen und Nachträge in der Marginalspalte finden, weist das zuletzt wiedergegebene Geständnis keine Korrekturen auf und ist nach Artikeln gegliedert. Die oberdeutsche Sprachgrundierung der Quelle ist evident: So zeigen sich Entrundungen (ausschitten für ‘ausschütten’), Rundungserscheinungen (Wöberin für ‘Weberin’), kh-Schreibungen, p-Graphien (khindtpötterin), konsequente ai-Schreibungen für altes ei (Schwaiß, klaider etc.). Auf der lexikalischen Ebene gibt es nur wenige Findlinge der Regionalsprache (z.B. hafen). Der Anteil an Latinismen ist im Verhältnis eher gering. Typisch für den Stil des Schreibers (evtl. auch für die Ausdrucksweise der Verhörten) sind so genannte Vagheitsindikatoren wie z.B. Etwa, Irgent oder vngefahrlich, mit denen genaue Festlegungen umgangen werden.

338

Westliches Süddeutschland

[70r] 84. Ap p o l o n i a , P h i l i p p ß K a g e n s M o n t a g ß d e n 30 [INT] ªistº. Octobr[is] Wi t t i b . Anno p[erge] 628. Præsente domino Krebs. Ehrngedachter herr Krebß, hat diser Appel güetlich zuegesprochen, daß Sie ohn Pein vnd Marter die warhait sagen soll, wie Sie in d[as] laster d[er] Hexerey khom[m]en, vnd wie lang es sein müesße. Darüber Sie alßbald[en] angefangen bekhennen vnd anzuzaigen, volgend[er] masßen: Alß Sie nach dem+ Vor .30.+ [INT] ª.28.º Jahren nach alhie in d[er] Statt Mühl gesess,+ ªdaº vnd+ [INT] ªSieº Ihr letstes khindt gehabt, seye d[er] böse feindt bey nacht in Ihres Mannß gestalt zue ihren khomen, da Sie grosßer Armueth halb hoch bekümert in Ihrer Camer gewesen. Zue selbigem mahl Er Ihren zuegesprochen, Sie solle sein sein, thun waß Er wölle, so wolle Ihren alles genueg geben. vnd Sie gleich beschlaffen. Ihren habe Er auch etwaß geben, alß wann es drey bätzner gewesen, so aber nur Ross koth war. Darüber [70v] Er sich ihren zuerkhennen geben, Vnd Sie dahin gezwungen, d[as] Sie Gott vnd d[er] Welt absagen müesßen. In .2. tagen darnach habe Sie Ihme Schwaiß auß Ihrer Nasen geben, darauff+ dargegen Er Ihren (wie Sie bedaucht) viel goldt geben, so aber auch nur Ross koth geweß[en]. Nachgehendts Sie mit demselben auff dem Stechplan ªihr Hochzeitº gehalten, vnd seye ªnoch ain khindtpötterin gewesen, auchº 1 27 35 37 40 41

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Es existiert eine zeitgenössische Zählung, nach der das Protokoll von Folio 446r bis 449v reicht. bätzner: süddeutsche Silbermünzen Schwaiß: ‘Blut’ Sie bedaucht: ‘Ihr erschien’ Stechplan: ‘Turnierplatz’ khindtpötterin: ‘Wöchnerin’, evtl. auch ‘Hebamme’

Baden-Baden 1628

D ä n t z , v n d We t t h e r

339 von ainem and[eren] bösen gaist copulirt word[en]. Ihr Buel habe dazumahl schwartze klaid[er] angehabt, Vnd Sie an dem linckhen fueß od[er] schenkhel gezaichnet. ªvnd sich Hundt genant.º Haben darbey getantzt vnd gesprung[en] aber wed[er] zue esßen noch zutrinkh[en] gehabt. Will nit gestehn, d[as] Sie jemandts wisße, der bey Ihre hochzeit gewesen, vnd noch lebe. Vor dreyen wochen vngefehrlich, seye ain dantz auff+ [INT] ªinº dem Splatz+ [INT] ªPrüehelº gehalten word[en]. darbey Sie gesprung[en] vnd getantzt. auch zuesßen vnd zutrinckh[en] gehabt, aber wed[er] brodt noch saltz. [71r] Clauß Rathen zue Guntzenbach beede döchter. die ain ist die Wöberin im Prüehel, die and[er] aber noch ledig. krumb, vnd noch bey dem Vattern, Rudolph Schlosßers ledige dochter. Hierbey haben Sie die+ von d[er] gesörten fruchten, etwaß aufflesen, in ainem Neüen hafen Sie+ sieden, v[nd] darnach ausschitten müesßen. Auff d[as] nechst khünfftigen Früehling dieselben nit auffgehn od[er] gerathen sollen. Wie Sie in den Däntzen, Wetthern vnd and[er]n weitters fortfahren sollen, Hat Sie nichts mehr bekhennen od[er] wissen wöllen. Destwegen des Maisters knecht Sie an die Folter geschlagen, vnd ain+ allgemächlich Sie mit den Armen aüffgezogen, vnd etwa ain halbes Viertel stündtlein daran gehalten, v[nd] doch nichts bekhennen wollen. Ist Ihren d[as] Kräntz-

54 63 66 67 77 82

Prüehel: ‘Brühl, Aue, Wiese’, möglicherweise auch Straßen- oder Platzname krumb: ‘krumm, hinkend’ gesörten: ‘dürr geworden, verdorrt’ hafen: ‘irdener Topf’ Folter: ‘Folterbank, Folterleiter’ Kräntzlein: Folterwerkzeug

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Westliches Süddeutschland

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lein auffgesetzt word[en], v[nd] also weiters damit an d[er] Folter gehalten, aber nit von dem boden auffkhom[m]en. [71v] Alß Sie nun etwa mit sambt dem kräntzlein ain Viertel stundt lang an d[er] tortur gewesen, vnd doch noch [INT] ªauffº dem bod[en] gestand[en], vnd doch auff den laügnen beharret. Hat herr Krebß Sie wid[er] auff- od[er] loß bind[en] lasßen, Vnd Ihren bedacht geben biß nach dem esßen.

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[72r]

To d t s c h l ä g .1.

118 119 124

dann: hier wohl ‘nur’ halb: ‘wegen’ gesörbt: ‘dahingesiecht’

Nach dem Esßen. Irgent vor Ainem Jahr seye Sie auch bey dem Buchen Prunnen bey ainem Dantz gewesen. Darbey haben stinkhend flaisch: aber wed[er] Wein noch brodt gehabt. Vnd mit springenvon+ vnd dantzen sich erlustiget. In deme Sie Appolonia abermahl in d[er] bekhandtnuß fortsetzen sollen, Hat Sie zum höchsten beteuret. d[as] Sie sonsten bey kainen däntzen od[er] Wetthern mehr gewesen. Wisße auch nit and[er]st, dann d[as] Sie bey tag auß d[er] Statt gangen. V¨ ber nacht drausen gebliben, vnd zue obgemelten beed[en] däntzen vngefahr, irgent vmb 12. Vhren in d[er] Nacht zue den däntzen khom[m]en. Habe auch Niemandts wed[er] Viech noch leüth vmbgebracht, dann Ihrer selbsten grosßer Armueth halb, ihr Jüngstes khindt, Christinlein. Selbigem habe Sie auß antrib des laidigen Sathanß in dem genickhlein es+ sollicher weiß geschadet, d[as] es fast ain gantzes Jahr lang gesörbt, v[nd] darnach gestorb[en] ~

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Baden-Baden 1628

341 [72v] Derenthalben Sie gebund[en]: vnd auff die laitther gesetzt, Auch auff selbiger allgemach nach vnd nach, fast ain gantze stundt lang, zimblich hart astringirt word[en]. Alles desßen vnerwogen, hat Sie doch nichts weiters außgesagt, sond[er]n nur d[as] Jenige zum offtern mahl beständiglich affirmirt, waß Sie heüt vor Mittag bekhendt hat. Vnd d[as] Sie nechst vorgemelter masßen, Ihr aig[en] khindt vmbgebracht. V¨ ber welliches Sie wid[er] loß- od[er] auffgebund[en] word[en]. Mit dem zuesprechen, d[as] Sie sich biß auf den morgigen tag besßer besinnen, Vnd alß dann in d[er] bekhandtnuß güetlich fortfahren soll. Sonsten werde mann and[er]e schwere pein vnd Marter an Ihren versuechen vnd gebrauchen.

1.

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Viech.

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[73r] D e n Le t s t e n O c t o b r i ß . 628. Vor H[err]n D[octo]r Krebsen. Etwa vor ainem Jahr, habe Sie Johann Gerbern alhie, in des bösen namen ain Khu geschlagen, v[nd] ertödtet. Weilen Er Ihren ain mahl kain liechter vmb d[as] gelt geben, da Er doch gehabt. Vor ainem Jahr seye Sie ain mahl Von Rasstatt haimbwerthß gang[en]. damahlen zue Oß seyen vor Bastian Hadels stallung drey stuckh rindt Viech gestand[en]. Selbige habe Sie auch in des Teiffels namen geschlagen. der mainung d[as] Sie abf+ vmbfallen sollen. Ob eß geschehen od[er] nit, khönne Sie nit wißßen.

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astringirt: ‘angebunden, angezogen’ vnerwogen: ‘ungeachtet’ Die Zeilen 151–171 sind mit einer geschweiften Klammer zusammengefasst, die auf den Marginaleintrag Viech (Zeile 162) bezogen ist. liechter: ‘Kerzen’

Westliches Süddeutschland

342 3.

2.

3. Homicidia.

4.

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Irgent vor .2.+ Jahren habe Sie es auch also Bastian Falckhenß zue Beüren Khüen aine gemacht. Die Sie gleichfahls Vor d[er] thüren auff d[er] gasßen angetroffen vnd geschlagen. [73v] Sie habe ain Stiffsohn gehabt, der Bastian gehaisßen. denselben habe Sie vngefahrlich vor 28. Jahren, in des Sathanß namen geschlagen, d[as] Er neben zue am Schenckhel ainen Nachtschad[en] bekhom[m]en. Alß Er auff ain zeit bey nacht geschlaffen, habe Sie Ihm Lumppen in den Schenkhel gezaubert. Angesehen d[er]selb ihren gar 2bel gethon, Sie gescholten vnd geschlagen. D[as] Er doch dauon sterben müesßen. Ebenmäsßig habe Sie ain and[er] Stieffkhindt, so Joanneßlin gehaissen, vnd etwa .12. Jahr alt gewesen, in des Teüfels namen mit ainen steckhen auff den Khopff geschlagen, daß es etwa in 14. wochen d[as] leben lasßen müesßen. Gleichfahls ain and[er]ß Stieffkhindt, so Anna genent word[en], vnd irgent 6. Jährig gewesen, habe Sie auch in des bösen namen, zwischen die Schulteren geschlagen, d[as] es seer abgenom[m]en, vnd endtlich den gaist auffgeb[en].

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Die Zeilen 174–197 sind mit einer geschweiften Klammer zusammengefasst, die auf den Marginaleintrag Homicidia (Zeile 186) bezogen ist. Nachtschad[en]: wohl ‘nächtlich zugefügter Schaden’

Baden-Baden 1628

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Abb. 40: Generallandesarchiv Karlsruhe, 61/5047 IV, fol. 70r

GÜNZBURG 1613 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Günzburg 1613 Handschrift Stadtarchiv Günzburg, Bestand SAG 5.276 17–20, 77–79 (eigene Zählung) – Dillinger (2004), Dillinger (1999)

Inhalt Vom Prozess gegen die Witwe Margaretha Götz vor dem Günzburger Stadtrat ist eine umfangreiche Akte mit verschiedenen Schriftstücken überliefert. Es handelt sich mehrheitlich um Briefe, Zeugenaussagen und Gutachten. Unter anderem sind aber auch ein Fragenkatalog und das zugehörige Verhörprotokoll erhalten. Die ausgewählten Textstücke dokumentieren zum einen die zielgerichtet-suggestiven, auf Hexerei hinauslaufenden Fragen (Hexentänze, Schadenszauber etc.) in diesem offenbar noch gütlichen Verhör, zum anderen den Versuch der Angeklagten, sich in ihren Aussagen lediglich auf rational erklärbare Tatbestände einzulassen.

Schrift und Sprache Die vom gleichen Schreiber verfassten Abschriften sind übersichtlich gegliedert und gut lesbar. ¢y² steht für durchgehend vom Schreiber gebrauchtes ¢ÿ² in der Graphemverbindung ¢eÿ², ¢aÿ². Die verwendete Schreibsprache zeigt eine Reihe oberdeutsch-bairischer Merkmale (kh-Schreibungen, Rundungen (würckhlich), ai-Schreibungen u.a.). Ein schwäbisches Kennzeichen findet sich in stüblin.

Günzburg 1613

345 [17]

1.

2.

.3.

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.5.

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Interrogatoria D a r ü b e r G r e t t Gö z i n I n wohnerin zue Günzburg zue examinieren. Ob Sie nit die Thorwärtin beim obern Thor beziegen, das sie bey einem Tanz, so zue nacht zeit beim wasenmaister gehalten worden, gewesen, vnd Ires lauttern gelächters halber vor andern erkhandt vnd dahinden geblieben seie, Ob sie nit solliches zum offtenmaln von besagter Thorwärttin außgerueffen, auch es gegen den beschickhsmännern, so Ir Mann zue erkhundigung obiger reden zue Ir geschickht, bekhendt vnd vermeldt, das sie es geredt, noch rede, vnnd Jederzeit reden wölle, Woherr Ir bewust, Das die Thorwärttin bey selbigem Tanz sich befunden habe, ob sie selbst auch darbey gewesen, sie gesehen, oder wer es Ir angezaigt habe, Wie lange es seie, auch was gestallt sie zur hexerey gerathen, vnnd durch wenn sie darzue verfüehrt worden, Ob sie mit dem bösen feindt homagium præstiert Gott vnd seine hayligen verlaugnet, vnd dem Teufel gewärtig vnd gehorsam zue sein geschworen habe, Ob sie nit vor disem auch, vngeachtet eines Ersamen Raths vnd ander leüth verbott In Ire ställ vnd häuser nit mehr einzegehen, sich haimlichen in die ställ vnd häuser eingeschlaicht. [18] Ob es nit diser intention vnnd mainung von Ir beschehen, leuth vnnd vich dardurch schaden vnd gefahr zuegerichten, Ob sie nit sollicher gestallt vnd zue dem ende Christian Winzerlin vnd Conz Eberhardten stallung haimlichen vnd ohne Ir vorwißen zue mehrmaln eingegangen, vnd was sie darinnen zueschaffen gehabt,

beziegen: ‘geziehen, beschuldigt’ wasenmaister: ‘Abdecker’ beschickhsmännern: ‘Überbringer einer Mitteilung’ homagium præstiert: ‘Huldigung erwiesen’ gewärtig: ‘dienstwillig’ zuegerichten: ‘zuzufügen’

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Westliches Süddeutschland

346 .9. 10. 11.

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16. 17.

18.

19. 20.

42 46 48 72 78 79 80

Ob sie nit dem Eberhardt etlich Sawen dem Winzerlin aber ain khue hingericht, Ob sie nit+ allein durch anrüeren, oder was anndere mittel gemelts Vich getödt habe, Ob sie nit vor zway Jahren der Eberhärdtin In Irer Cam[m]er ain grose vngestüm[m]e nächtlicher zeit zuegericht vnd was sie darmit gemaindt habe, Warumben sie vnberueffen, vnd da sie gewust, man sie nit gern sehe, Christian Winzerlin haußfraw vf ain zeit in der khindtbeth zue vngewohnlicher zeit, als namblichen morgens vmb fünf vhren besuecht, Ob sie nit durch das Wax, so sie Ir der Winzerlerin domaln vnder das kopffkißen gelegt, dem khindt, das es als baldt erkranckht, vervrsacht, Was sie hanns Schickh Fürstlichem Alhießigem hofstalknechts knechtskhindt zueßen geben, das es daruon als baldt gar groß vfgeschwollen vnnd gestorben, [19] Ob sie nit Iren Mann vnd Khinder, vnd durch was mittel sein kranckheit zuegericht, vnnd vmbs leben gebracht habe, Ob sie nit der Catharina Eberhardtin khindt, die welschin genandt, auch vmbgebracht habe, Ob sie nit vnlangsten Getraut Spanney gannz zorniger weiß für Ir hauß geloffen, vnd Ir verwisen, das sie von Ir allerhandt schmachred[en] außgoß[en] Ob sie nit baldt hinach mit der Gunckhel vnuersehenlich In Ir der Spanneyin haus eingangen, mit vermelden, ob sie herein dörffe, auch Ir die Spanneyin geantwortt, vf dißmahln, vnd weiln du schon herinnen bist, wol, aber fürters nit mehr, Ob sie sich [INT] ªnitº baldt darauf aines abdritts angenom[m]en, vnd die haimligkheit vergifft habe, Was sie gebraucht, weme sie es gemeindt, auch wes vrsachen solliches gethan habe,

hingericht: ‘verdorben, getötet’ vngestüm[m]e: ‘Aufruhr’ vnberueffen: ‘ungerufen, ungefragt’ vnuersehenlich: ‘absichtlich’ abdritts: ‘Aborts’ haimligkheit: ‘Abort’ weme sie es gemeindt: ‘gegen wen es gerichtet gewesen sei’

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Günzburg 1613 21.

22.

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24. .25. 26. 27. 28. 29. .30.

31.

347 Ob sie nit des Tänzels khindt vnd hausfrawen böser mainung, vnd wann sie alheero khom[m]en, zum öfftermaln nachgefragt habe, Ob sie nit Magdalena Wagnerin vnd[er] dem fürwandt eines krametbeer brandtweins ain anders tranckh zuekhauffen+ zuetrinckhen geben, In mainung sie darmit zuuertödten, wann sie es getrunckhen hette, Wer sie also zuegericht, das sie vf ain zeit, ain so zerschlagen blaw angesichicht+ angesicht gehabt, [20] Ob sie nit Ir böser gaist vnd also Tractiert vnd warumben Was sie sonst für leüth vnd vieh gar ertödt od[er] damnificiert habe, Wer die sey[en] vnd mit namen haißen, auch weme solliches vich zuegehörig geweßen, Ob sie nit Hagel, Donner, vnd bliz zuuerderbung d[er] veldtfrüchten zuegericht, Ob nit vf sollichen Hagel die früchten verderbt worden, Wie offt dißes von Ir beschehen. Wer In disen vnnd obigen Iren misßenthatten Iren gespielen, Rathgebern, vnd mitgehilffen von Manns vnd weibs Persohnen gewesen, Wie die mit Namen haißen, wo sie zuesamen khom[m]en, vnd Ire gewohnliche Tänz gehalten,

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[77] M a r g r e t h a G ö z i n Burgerin zue Günzburg wittib, als d[er]zeit verhaffte vnd angebne Maleficantin, ist nach beschenem angloben herrn Ambts burgermaister mit ainem leiblichen Aydt gegen Gott vnnd seinen hayligen belegt, wellichen sie auch würckhlich gelaist, vnd hernach mit vorgeender erInnerung Ires gethanen Aydts auch verwahrung der Pöen vnd straf des Meinaydts vf die litera B. signierte

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böser mainung: ‘in böser Absicht’ krametbeer brandtweins: ‘Wacholderbeerbranntweins’ Pöen: ‘Strafe, Bestrafung’ litera B.: Die Frageartikel sind auf dem letzten, ursprünglich gefalteten Blatt betitelt mit: Interrogatoria super diffamatione Magiæ et Veneficii Margarethæ Gözin Inwohn[erin] zue Günzburg. Dieses Aktenstück ist mit dem Buchstaben B gekennzeichnet, worauf der Schreiber sich hier bezieht.

Westliches Süddeutschland

348 Interrogatoria die vnuerfälschte wahrheit zuebekhennen befragt worden,

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Au s ß a g M a r gr e t h a Gö z i n Vff das erste Fragstuckh Sagt Wahr sein, das Sie gegen Vrsula Bacherin obern Thorwärttin dergleichen reden gethan, aber hab In Irem stüblin solliches alles von vrsula Reichin gehördt, besorge doch, sie werde es nit mehr besteen, weil sie ain luckh weib, Die Thorwärttin belangendt hab sie Ir Margrethen vrsach gegeben, Dann Margreth Ir auß habendem vertrawen geclagt, welch[er] gestallt Conradt Eberhardt vnd Catharina seins hausfraw zue Günzburg Sie bey menigelich[en]

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[78] für ain hexin außrueffe, mit vorwandt es seyn Inen etliche Schwein reuerenter von Ir erkrümbt vnd gefellt worden, darüber mehrbesagte Thorwärttin nur gelacht, Als hab Margreth aus vngeduldt die reden lautt fragstuckhs zue Ir gethan, Vff das Ander vnd dritt. Sagt sie habs anderst nit außgerueffen, habe auch gegen beeden beschicksmännern and[er]st nit, als wie erst vermelt geredt, wiße für Ir Persohn von besagter Thorwärttin nichts vnrechts, Vff das zwölfft. Sagt sie hab ain waxstockh vf ain halb pfundt Anna Winzerlerin vf Ir aigen selbst ansprechen am morgen früe vngeuar vmb 5. vhren, als sie zuuor nachts des khindts genesen, gebracht vnd sollichen vnder Ir kopffne gesteckht.

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besorge doch: ‘sorge sich jedoch’ besteen: ‘gestehen’ luckh: ‘loses, unzuverlässiges’ erkrümbt: ‘gelähmt’ gefellt: ‘getötet’ Ander: ‘zweite’ waxstockh: ‘lange, dünne Kerze, gezogenes Wachslicht’ kopffne: wohl ‘Kopfkissen’

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Günzburg 1613

349 Vff das dreyzehendt Sie habs [INT] ªnitº zue dem ende gethan,+ Sie habs nit zue dem ende gethan, das khindt erkranckhe, allein habs sie es heimlich vor dem Winzerlerin Mann gethan, ebnermasßen sie auch vmb das Wax bezahlt worden, Vff das Sibenzehendt Sagt wahr sein, das sie d[er]gleichen reden Gertrauet Spanney verwißen, welliche aber darfur gelaugnet,

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[79] Vff das zwayvndzwainzigst Sagt ebenmäßig wahr, das Sie Magdalena wagnerin ain krometbrandtwain gegeben, den sie auch Ires vermainens getrunckhen, Sie wagnerin seye aber vor kranckh gewest, Vff das dreyvndzwainzigst Sagt wider wahr, das sie ain blaw angesicht vf ain zeit gehabt, aber seie dahere, wie sie Conradt Eberhardt Ir behaußung verkhaufft, hab sie sich vol drunckhen, seie nachts das wasser zuendtblasen, vf gestanden, vnd an ain banckh mit dem angesicht gefallen, Vf das+ [INT] ªdieº vbrige vor vnd nachgeende Interrogatoria, vngeacht Sie Margretha mitt allem sonderen vleis vnd großem ernst befragt, vnd besprocht worden, hat sie doch beständig, vber alles zue sprechen, das geringste nit bestanden, sond[er] durch Gott vnd seine hayligen betheurt, das Ir gewalt vnd vnrecht beschehe, werde auch solliches nim[m]er mehr erwisen, noch durch Peinliche mittel, da Ir ain gliedt nach dem and[er]n h[er]aus gerißen, von Ir gehördt werden, In deme sie dann der obrigkheit weder maß noch ordnung gegeben, sond[er] alles d[er]o discretion haimgestellt haben wölle, darbey sie Ir ausßage beschloßen,

186 182 188 190 198

vor: ‘davor’ (bereits) zuendtblasen: ‘zu lassen’ besprocht: ‘angesprochen, zur Rede gestellt’ bestanden: ‘gestanden’ haimgestellt: ‘anheim gestellt’

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Westliches Süddeutschland

Abb. 41: Stadtarchiv Günzburg, Bestand SAG 5.276, S. 17

LEONBERG 1641 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Leonberg 1641 Handschrift Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 309, Bü 234 1–13 (eigene Zählung) – Günther (1906), Raith (2004), Raith (1998), Sabean (1990)

Inhalt Am 12. März 1641 werden die Görlinger Witwe Maria und ihre beiden Töchter Catharina und Maria anhand eines Fragenkatalogs aus der fürstlichen Kanzlei des protestantischen Landesherrn gütlich verhört. Das Frageschema und seine Formulierungen unterscheiden sich stark von den im Süden Deutschlands überwiegenden katholischen Interrogatoria. Zwar bezieht sich die erste Frage auf einen Teufelspakt, ansonsten werden aber allgemeine Fragen gestellt, ob die Angeklagte sich zum christlichen Glauben bekenne und generell den Teufel als Feind der Menschheit verdamme. In den entsprechenden Formulierungen wird dezidiert auf das Neue Testament und die Apostelgeschichte Bezug genommen. Die Mutter Maria und ihre jüngste Tochter Maria werden zunächst anhand dieser 12 Fragen verhört. Danach folgen Fragen bezüglich gewisser verdachts Puncten, auf die die Mutter nichts gesteht. Die Tochter bekennt nach langem zusprechen Teufelsbuhlschaft auf Anstiftung der Mutter, Hexenflug, Hexentanz und einen ihr angetragenen, aber nicht durchgeführten Schadenszauber. Erwähnenswert ist, dass die Aussagen von Mutter und Tochter im ersten Teil weitgehend übereinstimmen, die prozessrelevanten Unterschiede ergeben sich erst nach Frage 12. Soweit ist der Fall in der Edition dokumentiert. Drei Tage später widerruft die Tochter Maria die belastenden Teile ihrer Aussage. Angesichts dessen und der Tatsache, dass ihre ältere Schwester Catharina nichts zu gestehen weiß, werden die drei angeklagten Frauen freigelassen.

Schrift und Sprache Der Fragenkatalog und die Verhörprotokolle sind von zwei Schreibern verfasst. Das Protokoll ist insgesamt flüchtiger erzeugt, worauf Schriftbild, Streichungen/Einfügungen, aber auch eine Reihe von Schreibversehen (Interogatoria, streben statt sterben etc.) hindeuten. Der Protokolltext zeigt von den sprachlichen Merkmalen her eine interessante Mischung aus oberdeutschen Varianten, die so in einem schwäbischen Dokument protestantischer Herkunft nicht unbedingt zu erwarten sind. Zum schreibsprachlichen Profil gehören: Rundungserscheinungen (z.B. Öwigkhait), Entrundungsphänomene (vgl. verlaignet, Teiffel, Sinden etc.), Markierungen der Länge durch Doppel-e (seeligkheit, béede etc.). Hinzu treten auch kh-Schreibungen und aiSchreibungen sowie die Verwendung der Synkope (glübdt etc.).

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352 [1] Articuli darauf die Vnholden sollen examiniert werden. 1.

Ob Sie vf Iher ledste hinfarth nemmen, vnd bei Verlust Ihrer öwig[en] Séeligkheit behallten möchte, das Sie mit dem Teuffel kein Pact gemacht, kein glübdt gethan, noch Sich Ihme zue Seinem willen, zue gebrauchen ergeben hette. 2. Das Sie auch den rechten wahren Christlichen glauben, das hailig Evangelium vnd die hailig[en] Sacrament, nit Verläugnet, noch verschworen, vnd sich der öwig[en] Seeligkheit, vnd aller gnad Gottes nit verzigen hette. 3. Sonder erkennte Gott den Vatter, für Ihren ainigen herrn Christum, den Sohn Gottes, für Ihren hailandt vnd Erlöser, der da kom[m]en wer in die wellt, das Er der Schlang[en] den Kopf zertrette, vnd den hailig[en] Gaist, für Ihren höchsten trost. 4. Wollte auch leben vnd sterben als ain glid der hailigen Christlichen kirchen, In welcher Christus das haubt ist. 5. Tröste sich des hailigen tauffs, als des badts der widergeburt. 6. Glaubte von herzen, vnd bekennte sich mit dem mund zuem hailigen Evangelio, vnd wolle das selbig mit frewden hören, vnd sich darbei finden laßen. 7. Begerte auch Von herzen des hailig[en] leibs vnd bluets Christi Im H[eiligen] Abendtmahl, Durch welch leib vnd bluet Christus vnser Sündt gebüest, vnd vns von des Teuffels Reich vnd gewallt erlöset. 8. Vnd wüste, welche solches vß Vnglauben vnd als von Gott gefallene empfiengen, die empfiengen Ihnen großers Gericht, vnd die öwige Verdam[nus] 9. Hinwiderumb, wie Sie einmahl in dem tauff dem Teuffel, vnd allen Seinen werckhen hette abgesagt, Als widerhohlet Sie solches nochmahls, vnd widersage Ihme hiemit, vor den Angesicht Gottes, vnd Seiner hailig[en] Engeln, vß wahrem glauben vnd Christlichem fürsatz, daruff bis an Ihr End zue verharren. 10. Erkhendte den Teuffel für ain Feindt Gottes, vnd für ain Verworffenen verdambten gaist, der mit Gott in Öwigkheit nimmermehr nichte versöndt werden. 11. Hielte Ihm auch für ain Feind des gantz[en] menschlichen geschlechts, für ain Morder vnd lügner, darumb sie dann alle Seine werckh vnd sonderlich das, welches auch Paulus mit Nahmen gedenckht, veneficium vnd alle zauberei verlaugne, vnd rüeffe Gott an, das Er solche werckh wolte offenbahren, zerstören vnd 1

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Der Fragenkatalog, der hier zunächst wiedergegeben wird, befindet sich in dem Aktenkonvolut auf einem losen Blatt. Vermutlich wurde er nicht nur für das im Folgenden wiedergegebene Verhör, sondern auch für weitere verwendet. Um der besseren Übersichtlichkeit willen haben wir das Blatt als „Seite 1“ bezeichnet. Die Ordinalzahlen werden hier im Fragenkatalog fast durchgängig (bis auf 5. und 6.) durch einen übergeschriebenen Bogen sowie einen übergeschriebenen und einen nachgestellten Punkt realisiert. In den Verhören erscheinen sie hingegen in der Regel nur mit nachgestelltem Punkt und einem nach oben geöffneten Halbkreis über diesem. behallten: ‘daran festhalten’ sich … verzigen: ‘sich … entledigt’ Tröste: ‘stütze sich, verlasse sich auf’

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außrotten, wie Sie dann glaube, das Ers am Jüngsten tag an denen so darmit vmbgang[en], vnd nit bues gethan, mit dem hellischen Fewr straffen würde. 12. Vnd rieff hieriber Gott an zuem zeugen, Als die öwig wahrhait zuewider vnd gegen dem teuffel als den Vatter der Lügen, vnd der in der warhait nie bestanden. [2] Leonberg. Actum den 12. Martii, p[erge] 641. Vff erthailten Fü[r]st[lichen] Beuelch neben yberschickhter Articul,+ Ist Inn bey sein Georg Abells vnnd Christoph Georg[en] vfm Sandt, ªbéede deß Gerichts alhie,º Maria, Jung Jacob Kautzen Witib vonn Görlingen, vnnd Ihre zwo döchtern Catharina vnnd Maria béede noch ledigstandt, alle drey verhaffte, yber die vonn F[ü]r[stlicher] Cantzley vsß yberschickhte Interrogatoria, vnnd andere wider Sie einkhom[m]ene verdachts Puncten, Ernstlich Examinirt vnnd verhört word[en], Die haben vsßgesagt wie volgt. Erstlich die Muetter Maria, vff die Interogatoria Den 1. Articul. Ja Sie Wollte d[as] die öwige Séevnnd séeligkhait, An Ihro Inn Irem letsten endt verlohren were, wan Sie einmahl mit dem bösßen, waß zuethuen, oder einmahl bösse gedanckhen zue dem selben gehabt, vnnd seines willens gelebt hette. [3] Vff denn 2. Articul. Sie habe denn Rechten séeligmachend[en] Christlich[en] glauben, den Sie niemahlen verlaignet oder verschwohren, warumb Sie d[as] thuen sollte, hette Sie doch sonsten kein trost.

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vsß: ‘aus’ Sée- und séeligkhait: parataktische Verbindung von Seele und Seligkeit zur Verstärkung dem: Das d ist aus einem b verbessert.

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354 Vff den 3. Gott vatter habe Sie Erschaffen, Gott Sohn hab Sie Erlösßet, Gott der haylig Gaist Seye Ihr höchster trost, Inn allem Creütz vnnd anfechtung[en], dorauff Sie Ihr Sée- vnnd leib biß vff Ihr letstes endt gesetzt haben wolle. Den 4. Articul. Ja, Wolle dorauff leben vnd Sterben. Den 5. Articul. Tröste sich dessen, dann Sie vonn allen Ihren Sünden dardurch abgewaschen vnnd gerainget word[en], darauff Sie auch leben vnnd streben [!] wolle. Vff den 6. Articul. Ja, Sie Bekhenne, vnnd seye ein mittglidt Deß hayligen Evangelii, habe sonsten keinen andern trost. [4] Vff Den 7. Articul. Sie begehre vnnd Empfahe, den wahren leib vnnd daß wahre Bluett, vnnßers h[errn] vnnd hayllandts Jesu Christi, Im haylig[en] Abendtmahl, zuuergebung Ihrer Sündten, streckhung [!] Ihres glaubens vnnd besserung Ihres lebens.~ Vff denn 8. Ja, daß wüsse vnnd glaubs vestiglichs daß wer Es vß vnglauben empfahe, daß solches zum obigen verdamnus geschehe, Vff denn 9. Articul. Wie Sie Im haylig[en] tauff, dem Teiffel vnnd allen seinen werckhen vnnd wessen, abgesagt, daß wider holle Sie hiemit noch mahl dar-

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streben: Schreibversehen für sterben Empfahe: ‘empfange’ streckhung: Schreibversehen für sterckhung wessen: ‘Wesen, Sein’

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355 bey Sie biß ann Ihr End verbleiben wolle. Denn 10. Articul. Denn Teüffel erkhenne Sie für einen abgesagten verdampten Gaist, der mit Gott Inn alle Öwigkhait nim[m]er mehr versint werden könne. [5] Denn 11. Articul. Ja sie hallte denn teüffel für einen lugner Inn allen Seinen werckh[en], vnnd alle die mit Ime behafftet, Pitte auch Gott daß Er alle die so mit deßen de+ teüffels werckhen zuethuen am tag brenngen wolle, wie Sie dann glaube d[as] sollche mit dem höllischen Fewer öwig werden gestrafft werd[en]. Denn 12. Articul. Wolle Gott allß die öwige warhait hiemit zum zeügen angerueffen, dargeg[en] dem teüffel allß ein vatter der lugen in dem nie mahl die warhait erfunden oder bestanden, abgesagt haben. Vff solches Ist gedachte Maria vff die wider Sie einkom[m]ene verdachts puncten nachmahlen Ernstlich Examinirt, die Sagt. Waß Sie denn 22. Februarii, nechst hin, vsßgesagt vnnd bekhenndt, darbey verbleibe Sie nachmahlen kenne auch anderst nit Sagen, So werde auch, Gott wiss, anderst nit vff Sie gebracht werden, wolle darauff leben vnnd sterben,

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versint: ‘versöhnt, ausgesöhnt’ erfunden: ‘gefunden’

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356 [6] Sonsten seye Sie Ihrers Allters 50. Jahr, habe 4. vnderschidliche eheen besessen, Allß Erstlichen habe Sie sich vor vng[efähr] 29. Jahren mit Georg Supern vonn Görling[en] Ihrenn Ersten Eheman Ehelichen Eingelassen, vnnd mit Ime Im Standt der h[ayligen] Ehe 7. Kinder Ehelichen Erzeügt, daruon Ihre zwue döchtern noch in leben, nam[m]ens Catharina vnnd Maria, vff deßen absterben habe Sie sich nach 3. v[iertl] Jahren Widerumb mit Michel huem[m]en in die ander Ehe eingelassen, den sie lenger nit allß ein Jahr gehabt, dann Er vor villing[en] allß ein ausgewehlter, kranckh word[en], vnnd auch gestorben, nach solchem habe Sie Conradt Elsserern genom[m]en, der auch yber ein Jahr nit gelebet, darauff Sie Jacob Kautzen geehelichet vnnd mit Ime 3. Jahr Im Standt der Ehe, Ehe vnnd Ehrlich gelebt, biß vf sein séeliges hinschaiden, Jetz Seye vnnd lebe Sie Inn die 2. Jahrlang in betriebten wittibe standt, hoffe zue Gott der werdts nit verlassen, Auch niemants wer der auch Seye mit der wahrhait nichts ohnehrlichs vff Sie bring[en], dorauff sie leben vnnd sterben wolle. [7] Hierauff Ist gedachter Maria Jüngstes döchterlin vorgefordert vnnd fleißig Examinirt worden die Sagt. Erstlich vff die Interrogatoria.

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h[ayligen]: In der Abkürzung ist ein kleines ¢y² sichtbar, weswegen das Wort hier mit ay-Schreibung aufgelöst worden ist. Zwue: ‘zwei’ ander: ‘zweite’

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357 Denn 1. Articul. Ja, könne bey verlust Ihrer öwig[en] Sée- vnnd Seeligkhait, Sagen daß Sie mit dem teüffel, die tags + Ihres leben nicht zue thuen gehabt, vil weiniger Ime ergeben, Gott woll Sie fürehin g[nädiglich] dar vor bewahren. Den 2. Articul. Warumb Sie d[as] thuen sollte Seye Ihr höchster trost vff diser wellt. Denn 3. Articul. Glaube vöst, vff Gott vatter Sohn vnnd hayligen Gaist, der Sie erschaffen Erlöst vnnd ge+ströste [!], wolle auch dar bey leben vnnd streben [!], Vff den 4. Seye Ein Glidt Christlicher Kirch[en] darbey sie biß aufs endt bestendig[en] verbleiben wolle. [8] Denn 5. Articul. Tröste sich desß haylig[en] tauffs Durch welches Sie vonn Ihren Sinden gerainiget vnnd abgewaschen, Den 6. Glaube vnd bekhenne sich vom hertzen zum Exuangelio [!], hörs auch mit freden In der Kirch[en]en [!]. Den 7. Ja, Sie Empfang den wahren leib vnnd d[as] ware bluett Jesu Christi, Im haylig[en] Abent wahl [!], vnnd begehre solches zu verzeyhung Ihrer Sünden.~ Den 8. Articul. Ja, Sie glaub Wer solches vnwirdig empfahe, daß Ers zum öwig[en] verdamnus empfang[en]. Den 9. Articul. Wie Sie Im hayligen Tauff den Teüffel vnnd allen seinen werckh[en] vnnd wessen abgesagt, allso

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358 wider sage Sie Ime, hiemit vor Gott vnnd allen haylig[en] Engel, darauff sie biß ans Endt ver harre.

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[9] Vff denn 10. A[rticul] Ja, Sie Erkhenne denn teiffel für den feindt Gottes vnd für einen abgesagten verdampten Gaist, der mit Gott Inn alle öwigkhait nit ver einbart werden könne. Vff den 11. Ja, darfür erkhenne sie Ine, wolle auch daß alle die Ime anhang[en] vnnd nit bueß thuen mit dem hellischen Fewer öwiglich gestrafft werd[en]. Denn 12. Darüber Sie Gott zum zeüg[en] angeruffen; dargegen den Teüffel vnnd seinem Anhang abgesagt haben wolle.

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Darauff Ist zue den verdachts Puncten geschritten, vnnd Sie+ Ir Maria Ernstlich zuegesprochen word[en] ªalles anzuzaig[en]º waß Sie der ybelthat wegen, darumb sie Inn hafftung genom[m]en, wusste, die sagt nach langem zusprechen ªvnnd vf Erfrag[en]º, wie volgt. [10] Vor Ainem viertel Jahr habe Ihr Muetter, Sie zue einem Mann gezwungen, vnnd Ihrem knecht Michel genant geben, d[as] Seye Inn Ihrer Stuben geschehen, Allß Sie nun gezwungener weiß, Ime die Ehe versprochen, vnd anderst nit gemaint, Es Seye der Knecht Michel, Seye Sie dar299

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Seye Sie darauff ist nachträglich verbessert zu darauff Seye Sie, indem der Schreiber Zahlen über die Wörter geschrieben hat.

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359 auff, mit Ihrer Muetter vnnd dem Michel Ihrem vermainten Mann, zue dem kam[m]in hinauß gefahren, Ihr Muetter habe das offen rohr- Sie die Gabel- vnnd der Michel denn bessen Inn der kuchin genom[m]en, Allß Sie nun vff denn hawberg kom[m]en, habe sie gesehen, daß Sie betrogen, vnnd es kein rechter Buel gewesßen, weil Er Gaißfüeß gehabt, yber welches Sie sich ybel gehebt vnnd Jäm[m]erlich gethan, da habe Er angefang[en], seye schon geschehen dörffe sich nit so beküm[m]ern, worauff man sie zusamen geben, Allß man Sie gefragt, wehrs dann zuesamen geben, hatt Sie nach langem bedenckhen geantwortt habe nit anderst vermaint dann Es seye der Pfarer zue dützingen, darauff Sie [11] Weitter gefragt, worden, waß Er dann gesagt, darauff Sie + hat Sie geantwortt, habe anderst nit geredt, Alß die wortt, Jetz halt Ir einander treibet nur ewer reu[erenter] schelmwerckh, vnnd vnzucht mit einander, worauff Sie zusamen vffs bett gelegen Ihr vnzucht ein weil geiebet, auff solches habe man sie oben ann Tisch gesetzt, vnnd alles guets vonn bradtes, visch, vnnd anderm vorgesetzt, allein Seye khein Brott dagewessen, Alls Sie nun lustig worden, Seye Ihr Buel vffgestand[en] vnnd drey Däntz nacheinander mit Ihr gethan, Auch vnder wehrendenn Dantzen, Ihr ein zaichen vff

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offen rohr: ‘Ofenrohr’ reu[erenter]: ‘mit Verlaub’ geiebet: ‘geübt, getrieben’

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360 denn kopff, mit einem Eissen wie Sie vermaint geben. Vff weitter Er fragen wer dann mehr darbey gewessen, Sagt Sie, darbey hab sich befund[en] deß Raichbastins weib vonn Görling[en], Catharina genant, deß zimmermanns weib alda, vermain haiß Barbara, vnnd Ihr Muetter Maria, neben dem Spilmann vonn Görling[en]

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[12] Welcher Aine SackhPfeiffen gehabt, daß habe gewehrt, biß ann tag, hernach seindt Sie wider haimb gefahren.~ Ihr Buel haiß Schwartz, vnnd habe Ihr den Namen hussana geben, Seye bißhero alle wochen 3. mahl hinauß gefahren, Allzeit Am Mittwoch- Freytag- vnnd Sontags nachts, vnnd sich lustig gemacht, Es seye Eben große fredt darbey. Wie Sie gemaint Seye hannß Etters vnnd Michel Bawmaisters béede weiber vonn Leonberg einmahl auch bey [INT] ªdºen dantz gewessen, vnnd wie Ihr, Ihr Buel gesagt Seye deß Beckh[en] vonn Sachßenhaimb, zue dützing[en], weib auch einmahl darbey gewest. Vff Ernstliches Erfrag[en], Ob Sie nicht etwann menschen, oder vich beschediget hebtt, sag Sie nach langem bedacht Ihr Buel, habe Ihr etlich mahl zuegemuettet, vnnd allweg Ein Schwartz steckhlin Eines

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fredt: ‘Freude, Spaß’ hebtt: ‘hätte’

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361 [13] Fingers dick geben wollen, daß vich damit zue reütten, Wie er dann daß Erstemahl d[as] steckhlin gebracht, vnnd gesagt Soll dem kling[en] Conradt seine kue dem Schützen bernhardt Ain Pferdt dem Gänßlin ein Pferdt, vnnd dem königen Margrethlin Ain Gaiß damit schlagen, vnnd dise wortt reden, Ich schlage dich, daß Baldt Sterben muest, Sie habe aber niemahls ein willig[en] wollen, wie Sie dann deßwegen vonn Ime geschlagen word[en], Seye Ihr hertzlich laid das Sie vonn Ihrer Muetter So schandtlich betrogen worden, hoff aber Es werde Ihro wid[er] geholffen werd[en], wie Sie dan Gott tag vnnd nacht darumb Pitte. Damit Sie abgeschiden vnnd wider Ins gefängnus gesetzt worden,

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reütten: ‘ausrotten, töten’

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Abb. 42: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 309, Bü 234, S. 2

MEMMINGEN 1665 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Memmingen 1665 Handschrift Stadtarchiv Memmingen, A Bd 43C 116r–121v (Archivzählung) – Thiel (2003)

Inhalt Bei den ausgewählten Texten handelt es sich um Urgichten der drei Frauen Barbara Bachmann, Barbara Beltzer und Barbara Fischer, die 1665 vom Memminger Stadtrat der Hexerei angeklagt und zum Tode verurteilt wurden. Die hier wiedergegebenen Einträge stammen aus einem der Memminger Urgichtenbücher des 17. Jahrhunderts. Ein inhaltliches Kuriosum ist erwähnenswert: Barbara Bachmann beschreibt ihren Teufel mit hab Ein Kurtzen bart Vnd eine Kappen auff. Vnd daneben schwartze händ gehabt sich erstlich Caspar, hernach selbsten Satan genennet (Z. 9ff.). Hier könnten Assoziationen mit der populären Vorstellung von Kaspar, einem der Heiligen Drei Könige, als Vertreter des „Schwarzen Kontinents“ im Spiel gewesen sein.

Schrift und Sprache Es lassen sich zwei Schreiberhände feststellen. Urgicht und Urteilswiedergabe bezüglich Barbara Bachmann stammen von Schreiber 1, der übrige Text wurde von Schreiber 2 verfasst. Schwierigkeiten bei der Transkription bereiteten ß und Schaft-s, die nicht deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Die Neigung insbesondere des zweiten Schreibers zu ausladender Schreibung auch von Minuskeln führte zu Problemen bei der Bestimmung der Groß- und Kleinschreibung u.a. von ¢h² und ¢z². Die verwendete Schreibsprache passt zum östlichen Westoberdeutschen. Auf einer hochdeutschen Grundlage finden sich typische Merkmale regionaler Art: Regelmäßige ckh-Schreibungen gehören ebenso dazu wie die partielle Erhaltung alter Diphthonge (liecht) oder die Nicht-Markierung sprachhistorisch neuer Längen (getriben, erschinen etc.). Ein interessantes Phänomen bildet der auffällig häufige Gebrauch gerundeter Vokale (scheütterhauffen, heürathen, Mülch, böttlen etc.). Da die Schreiber aus einer „entrundeten“ Sprachlandschaft kommen (wofür etwa das Kenne für könne spricht), ließen sich diese Schreiboptionen als Hyperkorrektionen deuten. In der Morphologie fällt die frequente Verwendung von Diminutiven auf -lin und -le ins Auge, auch die Lexik ist z. T. sprachlandschaftlich geprägt.

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[116r] Barbara Bachmännin von Steinbach dem Gottes hauß Roth gehörig Jacob Schalckhen Ehewürthin, Sowol güetlich alß Peinliche Vrgicht Eß seye der abgesagte feind deß Menschlichen Nahmens der laidige Teüffel ihr anfangs vor 10 Jahren in Mans gestalt erschinen, hab Ein Kurtzen bart Vnd eine Kappen auff. Vnd daneben schwartze händ gehabt sich erstlich Caspar, hernach selbsten Satan genennet, hab ihr zugemuth, d[as] sie ihme die Ehe versprechen solle. Mit demselben hab sie fast zu 4. 5. oder 6. wochen vnmenschlicher weiß zugehalten, auch mit ihme verlassen, d[as] er ihr erscheinen wolle so offt sie seiner begehre Bey etlich Jaren seye er ihr in gestalt eines fuhrknechts erschinen, mit welchem sie gern vnzucht getriben hette, vnd dieses seye im stall zwischen liecht geschehen, da sie auch mit ihme zugehalten. Daneben hab er der Satan ihr versprochen, daß er ihr gelt vnd alles geben wolle waß sie wolle, habe ihr aber nichts gehalten oder gegeben.

[116v] 5. Alß sie dem bösen feind geruffen, d[as] er ihr etwaß geben solte, d[as] Sie Kindern beykom[m]en möchte, hab Er ihr auf dem feld Ein grüen Pülferlin gegeben, welches sie 2 Kindern vor etlich Jahren auff die böttlen in der wiegl in deß Teüffels Nahmen geworffen, d[as] beede daran Erkranckhet, vnd gestorben seyen, welches sie auß feindschafft gegen den Eltern gethan, worüber sie der Satan widerumb zu red gestelt, deme sie gesagt, d[as] die Kinder daran gestorben seyen. 4 6 14 15 20 29 33

Ehewürthin: ‘Ehewirtin, Ehefrau’ abgesagte: ‘erklärte’ zugehalten: ‘ein unerlaubtes intimes Verhältnis gehabt’ (abwertend) verlassen: ‘verabredet’ zwischen liecht: ‘im Zwielicht, in der Dämmerung’ beykom[m]en: ‘Gewalt antun, schädigen, töten’ böttlen: ‘Bettzeug’ (Diminutiv) wiegl: ‘Wiege’ (Diminutiv)

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365 Einer Magt. 6. Item hab sie Einer Magt darumb d[as] sie sich der hexerey beschuldiget, Einen weißen steckhen gelegt, welchen sie vom bösen feind Empfangen, wan die Magt darüber gehe, daß sie verkrum[m]e vnd sterbe so auch beschehen. 7. Hernach hab sie 2 steckhen ab einer Tannen genom[m]en, so der böß feind dahin gelegt, vnd gesagt, daß schon daran seye waß darzu gehöre so sie 2 Roßen gelegt [117r] darüber etliche Roß abgangen sein. 8. Item seye der Satan 2 mal deß morgens vmb 3 vhr zu ihr durch daß fenster so sie ihm auffgethan in die gefangnuß kom[m]en, vnd ihr angezeigt, d[as] er weiter nicht mehr zu ihr kom[m]en Kenne.

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Vrthel. D a r u m b ob sie wol ihrer abschewlichen That willen wol verdient, d[as] sie lebendig verbrandt werd[en] solle, Ist doch auß gnad vnd barmhertzigkeit mit vrthel vnd recht erkandt daß sie der Nachrichter zu seinen handen nehme, hinunder für d[as] Rathhauß stellen, Ihr Vrgicht anzuhören hernach zum Kalchs Thor hinauß zum hoch gericht führen, Vnd daselbs mit dem schwerdt z+ so lang zu ihr richten solle, biß zwischen dem haupt vnd leib werde ein straß vnd sie kom[m]e vom leben zum Todt. hernach auch ihr Todter Corper vnd haupt auf ein scheütterhauffen geworffen, vnd zu Staub vnd Aschen verbrandt werden sollen. [117v] Barbara Beltzerin hat so guetlich alß Peinlich bekant. 1. Daß Sie sich vor 30. Jahren dem Teüffel mit leib vnd Seel 2bergeben, der anfangs Sie angelassen, als wan Er Sie heürathen wolle, da44 54 66

steckhen: ‘Stab, Stock’ abgangen: ‘gestorben’ Nachrichter: ‘Scharfrichter’

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Westliches Süddeutschland gegen Sie Ihme Versprochen, daß Sie alle die Jenige thaten wolle verrichten, die Er Sie heissen werde. 2. Mit welchem Ihrem bulen genant Lucifer Sie sich abscheǢlich vnd vnmenschlicher weiß mehrmals fleischlich vermischet, das Sie nicht wüsse wie offt es geschechen seye. 3. Item daß Ihr der laidige Teüfel ein schwarrzes pulfer geben, So Sie einem Schlosser in die Esß geworffen, daß Er nicht mehr hab schmiden können. [118r] 4. Item daß Sie aus solchem pulfer ein taig angemacht mit Mülch, solche deß N.N. hennen vorgeworffen, daß Sie darüber zu schanden gangen 5. Item daß Sie solches Pulfer einem Kind gebraucht, alß Sie allein in der Stuben gewesen, vnd habs Ihm dem Kind aus deß Teüfels geheisß vnderlegt, daß es sterben müessen. 6. Item daß Ihr der böß feind ein weisses pülferlen gegeben vf der Maur beim Kalchs thor welches Sie einem anderen Kind vnder dem Brandtenwein gegeben, vnd es auf den ruggen geklopft, vnd mit eim weissen Sälblin geschmirbt vnd gesagt, der Teüfel wirt zugeben der Teüfel werd zugeben, das es werd auß sterflen. 7. Daß Sie einem mägdlen N. ein pülferlin gebraucht im Seelhauß in einer Suppen so Ihr der Teüfel beim Werckhaus geben welchem aber durch gottes gnad wid[er] geholfen word[en]. [118v] 8. Item einer deß N.N. Kuech hab Sie ein pulfer braucht, in daß rüerfasß gethan vnd ihr geschadet, daß Sie kein Milch mehr geben vnd verlähmet worden.

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Esß: ‘Esse, (Rauchfang über dem) Herd einer Schmiede’ Typisch für die öffentlich verlesenen Urgichten ist die Anonymisierung namentlich genannter Personen durch N.N. für lat. nomen nominandum. zu schanden gangen: ‘zugrunde gegangen, umgekommen’ solches Pulfer einem Kind gebraucht: ‘solches Pulver an einem Kind angewendet’ geschmirbt: ‘geschmiert’ auß sterflen: ‘sterben’ Seelhauß: ‘Armenhaus’ Werckhaus: ‘Arbeits-, Armen-, Zuchthaus’ Kuech: ‘Kuh’ rüerfasß: ‘Butterfaß’

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9. Item daß Sie einen hund, welchen Sie mit einem Kretten geschlagen zu schanden gemacht. 10. Item daß Sie einem anderen daß geflügel verkrüm[m]et. 11. Item Seie sie bei ¼ Jahr auf einem hexen tanz beim Salzstadel gewesen, da ihr heürath der Lucifer mit ihr getanzt, vnd Einer auf einer Sackhpfeiffen aufgemacht habe. 12. Item daß Sie eine Cramerin im Seelhauß getruckht vnd gesprochen, daß Sie der Teüfel greiffe, hab ein Salb vom bösen feind in die hand geschmirbt, so Ihr der böß feind beim Steinbogen gegeben, vnd 3. mal aufs bett [119r] geschlagen, daß Ihr geholffen worden. 13. Item daß Sie einem huetmacher im Seelhauß 3. knöpflen geben, vnd ein queckhsilber darein gethan, daß Ihr der Teüfel geben in einem federkihl, daß Er dauon aussterfle. 14. Item das Sie in eines mezgers hauß einen falchen mit einem pulfer, so Sie ins fueter gestrewet, machen verkrum[m]en, verlahmen vnd verreckhen. 15. Item hab Sie der hueberin ihrer Baasen im ottenbeürer hauß ein Sälblin ins Teüfels namen angestrichen, daß Sie dauon ausgesterflet seie. Darumb ob Sie wool ihrer abscheülichen that willen wol verdient, daß Sie lebendig verbrandt werden solle: Ist doch aus gnad vnd barmherzigkeit erkant, daß Sie der Nachrichter zu seinen handen nem[m]en, hinunder [119v] für daß Rathshauß stellen, ihr Vrgicht anzuhören, hernach zum Kempterthor hinaus auf die haubt vnd Richtstat füehren, vnd da124 129 131 132 145 153

Kretten: ‘Korb’ da ihr heürath der Lucifer mit ihr getanzt: ‘wo ihr Bräutigam, der Luzifer, mit ihr getanzt’ aufgemacht: ‘aufgespielt’ getruckht: ‘gedrückt’, hier im Sinne von ‘Alpdruck verursacht’ falchen: ‘Falbe’ (Rind oder Pferd von beiger Farbe) ob sie wool: ‘obwohl sie’

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Westliches Süddeutschland selbs mit dem schwert so lang zu ihr richten solle, zwischen dem leib vnd haubt werde ein strasß vnd Sie kom[m]e vom leben zum todt, hernach auch ihr todter Cörper vnd haupt auf einen Scheiterhauffen geworffen, vnd zu staub und aschen verbrant werden solle. Publicirt vnd vom Rathshaus abgelesen Mitwochs den 29. Aprilis A[nn]o 1665. G[ott] G[ebe] G[nade] Ihrer Seel.

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Barbara fischerin. Welche Ihrer selbs bekantnus nach, wegen [120r] hexerei in verhafft vnd gefänckhnus kom[m]en, hat güet- vnd peinlich außgesagt vnd bekanndt. Daß Sie noch in Ihren vnmanbaren Jahren mit einem Soldaten in Vnehren hab zugehalten. Item daß Ihr der böß feind von Jugend auf hab zugesezt, Ihr in gestalt eines Engels erschienen, vnd vnderschidlich mal vorgestelt, alß ob Sie die Seelen in der lufft durcheinander schwebend gesehen. Welcher entlich, weil Sie Ihm aus gottlosem fürwiz zuuil stat geben, Sie soweit gebracht, daß Sie die H[eilige] dreyfaltigkeit abschewlicher weiß verlaugnet, hingegen sich Ihm dem bösen Feind durch vnderschreibung einer handtschrifft mit Ihrem aignen bluet, mit leib vnd Seel ergeben, vnd daß Sie wider gott ausgespüehen habe. Mit dem Sie sich auch ganz erschröckh- vnd [120v] abscheǢlich vermischet. Wie dann auch vnderschidlich mal güetlich bekant, daß Sie mittelst eines Pülferlins Ihrem Vatter, Mueter vnd brüeder schaden zugefüehrt, daß Ihre Eltern dardurch in glüdern worden, die beede brüeder in vnnatürliche kranckheit gefallen, daran der einte auch 172 182 196

Die Jahreszahl 1665 wurde aus der Zahl 1666 korrigiert. noch in Ihren vnmanbaren Jahren: ‘als sie noch nicht ehefähig (geschlechtsreif) war’ ausgespüehen: ‘ausgespuckt’

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369 gestorben, Ingleichem durch solch Pülferlin Ihrem Vatter an Rosß vnd vich schaden zugefüegt, da Sie zwar ein solches an der Tortur wider revociren wollen, indem es sich aber alles damit in facto also befunden hat, vnd Sie niemands anders für den Thaten wüssten anzugeben, noch einigen Errorem confessionis docirt, ist ein solches auf Ihr selbs verbliben vnd besag der Peinlichen halßgerichts ordnung, nach der Einungen aidtlicher aussag, als ein beständige bekantnus angenom[m]en worden. [121r] Darumb ist, wiewol aus gnad vnd barmherzigkeit mit Vrtel und recht erkandt, daß Sie der Nachrichter zu seinen handen nem[m]en, hinunder für daß Rathhauß stellen, Ihr Vrgicht anzu hören, hernach zum Kempterthor hinaus auf die haubt vnd Richtstat füehren, vnd daselbs mit dem Schwert so lang zu Ihr richten solle, biß zwischen dem haubt vnd leib werd ein straß vnd Sie kom[m] vom leben zum todt.

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N[ota]B[ene] Die Vrthel hat sollen am 26. Maii A[nno] p[erge] 1665. exequirt werden mit schwert vnd feür, weil aber die Maleficantin noch nicht in statu poenitentiæ war, da zwar schon alle anstalt gemachet worden, wurd auf der herren Geistlichen guetachten biß auf den 29. Maii differirt, vnd weil Sie sich die leztern 3. tag über ganz bueßfertig erzeigt, wurd auf eingelegt Collect von den herren gaist-

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[121v] lichen, Sie der feür straf erlassen vnd am 29. Maii morgens etwas nach 7. Vhr, da vmb 6. Vhr der Rath zusamen kom[m]en, Sie mit dem schwerdt gericht. Publ[icirt] vnd von dem Rathhaus abgelesen Montag den 29. Maii A[nn]o 1665. G[ott] G[ebe] G[nade] Ihrer Seel. 247

von: Schreibversehen für vor

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Westliches Süddeutschland

Abb. 43: Stadtarchiv Memmingen, A Bd 43C, fol. 116r

MESSKIRCH 1644 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Meßkirch 1644 Handschrift Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 65/728 153r–158r (Archivzählung) – –

Inhalt Dorothea Burger wird am 21. Mai 1644 verhaftet, weil ein medlin namens Maria Hüssinger die Beschuldigung erhoben hat, Dorothea habe sie lahm gehext. Im Verhör ohne Folteranwendung reagiert die Angeklagte auf die Hexereivorwürfe beinahe trotzig, wenn sie etwa auf die Frage nach Salbtöpfen antwortet, ihr Haus stehe voller solcher Töpfe. Als sie dann am Abend peinlich verhört wird, gesteht sie unter mehrfacher Anwendung der Folter typische Hexereidelikte, die sie jedoch am nächsten Tag widerruft. In weiteren Verhören bestätigt sie ihre Geständnisse, um sie umgehend wieder zu entkräften. Die Wirkungsweise der Folter tritt in diesem Protokoll besonders deutlich hervor.

Schrift und Sprache Diese Abschrift eines Amtsprotokolls zeigt nicht nur, wie zu erwarten, ein gleichmäßiges Schriftbild und eine klare Gliederung, sondern enthält auch Kommentare des Schreibers wie blibe aber gantz hardtneckhig vnnd bekante noch nichts (Z. 188ff.) oder Dorothea Burgerin haben wür morg[ens] zwischen .5. vnnd .6. vhren in ihrem stüblin besucht, vnd ihro zuegesprochen (Z. 200ff.), die fast schon erzählerischen Charakter haben. Auch die Wertungen, die die ersten Leugnungen der Angeklagten u.a. als Halsstarrigkeit bezeichnen, sind aus der Rückschau des Schreibers, dem Zeitpunkt nach ihrem Geständnis also, zu erklären. Im Schriftbild fällt auf, dass sich die Buchstaben ¢c² und ¢e² stark ähneln. Die Schreibsprache weist in gemäßigter Frequenz typische Merkmale des Westoberdeutschen auf (regelhafte ue-, üeSchreibungen, Rundungen wie in Mößkhürchischen oder wür etc.). Das häufige Fehlen der Dehnungsmarkierungen (diß, Vil etc.) ist ebenso bemerkenswert wie die Bevorzugung der ihroForm. In einigen Fällen gibt es (noch) die doppelte Verneinung (z.B. Z. 348). Auffällig ist zudem der starke Anteil an Diminutiven (z. B. briefflin, Süplin, heüßlin, in Wiedergaben der Angeklagtenaussagen z. T. -le).

Westliches Süddeutschland

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[153r] Ab s c h r i f f t M ö ß k h ü r c h i s c h e n A m p t s P r o t h o c o l l d e n 2 1 . M a y Anno 1 6 4 4 P r æ s e n t i b u s h [ e r r n ] d o c t o r R i e s c h e r o b e r a mp t m a n ß , S t a t t a m[ m] a n G e o r g M i e r e n ß , S t a t t s c h r e i b e r h e r t z o g s vn n d k a s t e n v o g t P fi s t e r s Dato ist dorothea Burgerin wegen vorhin verdechtigen hexerey aber mahls eingezogen vnnd nochmahlen güetlich examiniert worden, hatt außgesagt wie volgt. Beharret vber alles erinneren vnnd zuesprechen mit vilfeltigem widerholen seye kein vnholdt, worumben sie Ihr Agnus dei nicht am hals gehabt, sagt habe wollen inß bad steig[en], vndt es von ihro gethon. Alls man ihro ein anders Agnus dei angehenkht, sagt sye ietz würdt ich schwitz[en], ey wie zittere ich. habe mit dem Teuffel nichts zue thuen seye kein hex, werde nichts auß ihro bringen geb wie man sye geheihe Da sye das medlin ªnemlich Maria hüessingerinº dreymahl gebetten vnd sy ihre medle heten gehen lasßen wolt sye Im[m]e ein mesßer in Gurgel gestochen haben. Seye in ihrem gewisßen so redlich alls alle anweßende.

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h[err] Oberampt[mann] Wan man einem Menschen vnrecht thue, so weine es, Warumben sye nit auch resp[ondit] habe seider erstem angriff souihl gewainet, daß sye anietzo nit mehr könne. Sye bite Gott treilich daß er Iro

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kastenvogt: ‘weltlicher Schutzherr eines Klosters’ Agnus dei: Wachsmedaillon mit Amulettfunktion aus den Resten der Osterkerze, auf dem das Gotteslamm und häufig dazu ein Heiliger abgebildet ist. geb: ‘einerlei, egal’ geheihe: ‘quäle, traktiere’ seider: ‘seit’

Meßkirch 1644

373 wider vß dißer schandt helffe seye alles lauter Lug vnnd betrug. [153v] Daß medle sey ein loße verlogne betrogne vnnd leichtfertige huor vndt hex, vnd könne nit sagen das sye es gelähmbt habe. Wan etwar rede daß medle sey von ihro gelembdt worden, liegen sye wie Schelmen vnnd dieben huoren vnnd hexen. Sye werde befragt, wie vnd mit waß zue standt, Sie vmb d[as] eine Aug kom[m]en, darüber gab sie andtwort hette selbiges durch vilfeltiges wainen also gewüst, daß sie es verlohren Solle herren Oberamptman nicht Irren wie sie darumb kom[m]en Vns[er] herr Gott habe es gethon. Iro aber vorgehalten daß medle wol[l] darauff sterben, daß Sie Im[m]e den schaden gethan, Sy darüber Ey so ster[be] es darauff, daß es vnsinnig wer[de] Ob sy kheine häffelin mit salben in ihrem hauß resp[ondit] ia habe d[as] hauß voller salben, sollen hinunder gehen vnd die hexen (daß medle meinendt) mit nem[m]en vnnd suoch[en], Sie seye au[ch] heroben, khöndts nit verhinderen

Vorstehenden Tages abents zwischen .4. vnd .5. vhren in bey weßen obiger Persohnen.

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Ist dorothea Burgerin wider star[ck] erinnert in güete die warheit zusagen Waß sie darmit gemeint, da vff ein zeit ein medlin In Ir stuben kom[m]en vnd sye zue ihrer Cam[m]er herauß geg[en] Im[m]e gedantzet, Entschuldiget sich mit der unwißenheit.

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Wan etwar … hexen: ‘Wenn irgendwo geredet werde, dass sie das Mädchen gelähmt habe, so lügen die (welche solches sagen) wie Schelme und Diebe, Huren und Hexen. gewüst: ‘beschädigt’ Vns[er]: Da die Akte knapp geheftet ist, sind manche Wörter am rechten Rand der verso-Seiten nicht vollständig lesbar. Die unvollständigen Wörter werden sinnvoll in eckigen Klammern ergänzt. häffelin: ‘kleine Gefäße’

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Westliches Süddeutschland N[umer]o 1 ==== Worüber Si durch den Maister g[e-] bunden vnnd ohne gewicht einmal vffzogen worden vnnd ein guete zeit gehangen. [154r] verpleibt gantz vff ihrer hartneckhigkheit vndt will nichts bekhennen. Ist nochmahlen mit güete zugesprochen worden soll Ir seel seligkeit betrachten, Gott die Ehr geben vnnd bekennen Weylen sye aber noch nichts bekhant, ist sye daß ander2 ==== mahl ohne gewicht auffgezog[en] worden will doch nit verichen, verpleibt vff dem[m]e, daß sye mit dem beßen feindt nichts zue schaffen auch dem erkranckht[en] medle nichts gethon vber welches sye wider herab gelaßen, abermahls nichts bekant. 3 ==== Wardt also zum drittenmahl auffgezog[en] aber auch ohne gewicht, sich vbel gehoben man solle sye nur herab laßen, wolle bekhennen, der Teuffel sey bey ihro geweßen vnnd sie sey ein hex, man soll sie nur nit mehr plagen sonder hier vber nur verbrennen, vnnd solches zum öffteren repediert aber ad specialia nit schreiten wollen, Sonder alß Sie herabgelaßen nur allerhandt spoth reden getriben, Also wardt Sye d[as] vierte mahl obiger ge4 ==== stalt auffgezogen, welche vier abzüge sich zuemahlen nicht vber ein viertel stundt erstreckhet, vnnd bekhent Ihr buel heiße hannß Federle, sey vor vngefehr .20. Jaren zue ihro alß sie voll weinß geweßen kom[m]en vnnd sie beschlaffen

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N[umer]o 1: Die hier beginnende Zählung, der ein langer Doppelstrich folgt, zeigt an, wie oft Dorothea Burgerin insgesamt während der Verhöre „aufgezogen“ wurde. Der Doppelstrich wird ausnahmsweise wiedergegeben, da er weiter unten (157r) auch ohne Zählung eine Folterung anzeigt. Zudem hilft er bei der Unterscheidung der verschiedenen Zählungen, wie zum Beispiel der auf fol. 155r, welche die Folterungen während eines einzelnen Verhörs bezeichnet. verpleibt … bekhennen: Der Satz ist über die gesamte Breite der Seite geschrieben, wirkt aber nicht wie eine nachträgliche Einfügung (vgl. auch die folgende Seite 154v). verichen: ‘aussagen, bekennen’

Meßkirch 1644

375 Habe ihro zuegemuettet soll Gott vnnd all hailigen verleugnen oder er woll sye schlagen Darüber habe sie gott vnd all seine hailig[en] verleugnet. [154v] Seye nit offt zue ihro kom[m]en, Sie habe auch Gott angeruff[en] habe sonsten weder Leuth noch Vieh gelembt alß dießes medlin Der Teuffel hab ihro etwaß geben welches sye in die milch supen geworffen vnnd dem medle zu esßen ge[ben] Sey auch bey den däntz[en] geweßen wiße aber nit wo, sey vff einem steckhen darzue gefahren, seyen vihl bey dem dantz, aber keine gekhant welle niemandt vnrecht thuen, allß sich selbsten angeben, wiße die zahl nit wie oft sie sey zue den däntz[en] gefahren sey nur beschehen wan sye voll wein geweßen. Den steckhen habe sye mit einer salben gesalbet, wan sye fahren wellen, man soll in ihrem hauß suech[en] möcht[e] villeicht die schüer gabel sein Mann soll in dem hauß in dem kopffhau[s] suchen oder in dem Casten Jn ihrer Cammer möchte villeicht die salben sein Bey den däntz[en] sey alle frewdt vnnd wollust geweßen, Sie glaub ihr buel habe rothe hoßen vnnd ein huett mit einem weißen feder buschen vff gehabt, die spihl seyen pfeiffer vnnd geiger geweßen, biß weilen auch andere spihl. Ist nochmahlen zum öffteren befragt waß für persohnen bey den däntz[en] geweßen sagt habe niemandt kh[ent] aber nach beschehenem dantz habe m[an]

133 144 147 153

darzue: ‘dorthin’ kopffhau[s]: ‘Schrank für Köpfe (Trinkgefäße), Küchenkasten’ frewdt: Über dem w befindet sich ein u-Strich. spihl: ‘Spielleute’

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Westliches Süddeutschland

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bey einanderen geschlaffen. Bey den däntz[en] haben sich Jeder z[eit] 160

[155r] Vil persohnen befunden seyen weh vnnd stattlich daher gangen, zue den däntz[en] seye sye nit durch d[as] Camin sonder vnden zuer hauß thür außgefahren. Verpleibt vff dem[m]e, daß sye vmb d[as] aug nit vom bößen feundt kom[m]en, sonder durch beharrlichs weinen warbey es diß tags gebliben. Actum Den 23[ten] May Anno .1644. Beyweßendt vorstehender herren vnnd Persohnen Ante meridiem

1 5 ====

6 ==== 2

7 ==== 3

162 176 183 194

Dato ist obige dorothea Burgerin widerumb vorgestelt vnnd vber vorstehende außagen ferrner Examiniert word[en], Sie darüber alles vorstehendes wieder gelaugnet vnnd ferrners nichts bekhant worauff sie aber ohne gewicht auffgezogen, vnnd ein viertel stundt gehang[en], nach herab laßung aber bey ihrer leugnung verharret Also wider auffgezogen vnnd gleichsamb wider menschliche blödigkheit, ohne allen schmertz[en] aber ein viertel stundt gehang[en], Jedoch weiters nichts bekant. Wardte also daß drite mahl aufgehangen vnnd wider an der Tortur ein viertel stundt behalten, blibe aber gantz hardtneckhig vnnd bekante noch nichts. hiervber ist sye wid[er] loß gelasßen vnnd aber in ihrer halß starrigkheit verpliben sagte wiße anderst nichts alß waß sye verwichnen sambstag erlogner weiß auß gesagt.

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weh: ‘vornehm, stolz’ Die Zählung, die in diesem Abschnitt des Protokolls beginnt, zeigt an, wie oft die Angeklagte am zweiten Verhörtag gefoltert wurde, während die andere, vom Schreiber durch Doppelstrich gekennzeichnete, die Folterungen vom vorigen Verhör weiterzählt. wider: ‘wiederum’ blödigkheit: ‘Stumpfheit, Gefühllosigkeit’ verwichnen: ‘vergangenen’

Meßkirch 1644

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[155v] Actum Mößkherch[en] den 24[ten] May A[nn]o p[erge] 1644 P[ræsenti]bus: herren OberAmbtmanß vnnd Castenvogt pfisters Dorothea Burgerin haben wür morg[ens] zwischen .5. vnnd .6. vhren in ihrem stüblin besucht, vnd ihro zuegesprochen sich wohl zuebesinnen vnnd die warheit zuesagen, dan man einmahl von ihren nit werde ausßetzen darauff sye ge andtwurtet, welle bey allem dem[m]e waß Sie verwichnen Sambßtag be kant bestendig verpliben. Ihr Buel heiß hanns Federlin allß er 1 zue ihro erstmahls komen habe Er ein weißen huett mit einem weißen feder vffgetrag[en]. Da Sye hinder den bößen feindt khom[m]en Seye sie in großem vnmueth geweßen vnnd vihl mit ihrem man erliten, der böße feindt ihro versproch[en] soll nur nit trauren, er wolle ihro genueg geben, es müeß ihro nit mehr vbel gehn, er woll ihr geben daß Sie pleiben könne. zue den däntz[en] sey sie vff einer schür gabel gefaren, die hab sie mit einer Salb gesalbet, so Iro der böße feindt gegeben. Wan Sie schon zue den däntzen kom[m]en sey Sie nie lustig, sonder alß ein thörin geweßen. Der böße feindt hab ihro zue gemuetet solle Gott vnnd alle heilig[en] verleugnen,

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205

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[156r] habe sie darüber gesagt, ia sie thue es darauff er sye beschlaffen es seye nit geweßen wie mit einem man sonder kalt. 209 213 214 221 227

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Die hier beginnende Zählung markiert wohl den Anfang ihres Geständnisses. Allerdings wird sie nicht weitergeführt. da … khom[m]en: ‘als sie in die Gewalt des bösen Feindes geraten sei’ vnmueth: ‘Kummer, Sorge’ schürgabel: ‘Werkzeug zum Schüren des Feuers’ thörin: ‘Närrin, dumme Person’

Westliches Süddeutschland

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Die Spilleith seyen bey den däntzen Geiger vnnd pfeiffer geweßen, aber Ir buel hab mit ihro nie gedantzet sonder nur mit anderen. Bey den mahlzeiten seye weder broth noch saltz geweßen anderer speißen habe sie nit geachtet, dan sie Jederzeit ein betrüebt mensch geweßen, Ir buel hannß Federle habs ihro gebracht, sonst niemandt. Waß sie dem medle in die milch suppen gethon wiße sie nicht der böße feindt hannß federle habs ihro gegeben. Wie dem medle nach dem[m]e es sie gebetten wider geholffen worden wiße sie nit, der böß feindt müeß es gethon haben. Post meridiem hora quarta præ[senti]bus herren Dr. Schellhamers herren oberAmbtmanß Dr. Riescherß, h[errn] Stattschreiberß, vnd Casten Vogt pfisters.

Dorothea Burgerin wardte vber obigeß verieyen abermahls examiniert bekhante nochmalen bestendig, daß Ire obige aussagen war, vnd man solle sie darbey verpleiben laßen mit noch mahligem erhollen, daß sie zwar bey den däntz[en] geweßen, aber von anweßend[en] persohnen niemandten erkant. Alls sie sich an den bößen feindt ergeben, habe sie von der zeit an nirgendt besßer rueh gehabt alß in der kürchen.

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[156v] Actum den 25 [ten] May Anno .1644. Anweßend negst vorstehender herren.

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Dorothea Burgerin ist abermahls vorgestelt, vnd befragt, waß doch für Persohnen, Mann vnd Weib bey Iro vff den däntz[en] geweßen hat aber niemandt angeben wölen, darüber sie ferner befragt wan sye Irem vorgeben nach in ihrem hertz[en] so fromb seie warum Sie dan nit auch ein außerliches

verieyen: Schreibvariante für veriehen ‘aussagen’ erhollen: ‘wiederholen’

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8 ====

====

279 281 289 294 313

zaich[en] mit den trehern von augen erzaige, Sagte wan sie im stüblin lige, weine sie seer, maßen es die wächter von Iro gesehen, darüber die wächter befragt betheuren bede, daß sie sye niemahlen sehen wainen, oder treher vergiesßen, darüber sye gebunden, vnnd ohne gewicht auffgezog[en] worden, von hertzen geschrien, man solle sye wider herab laßen, wolle alles bestehen, waß sie nächten güetlich bekant. Wardt darauff befragt, worumb sie heut wid[er] geleugnet, waß sie gest[ern] ohne alle tortur freywillig bekant Sagt Sie der vrsach[en], daß man von Iro haben welle leuth an zue geben, so bey den däntz[en] geweßen, vnnd sie niemandt wisße. Ihre gestrige gütliche bekhantnuß ist Iro vorgeleßen, welches sie nochmahlen, mit oftt widerholten, Ja sag[en] bestanden, von annderen aber nichts bekennen wollen. Wurdt zum dritenmahlen befragt, ob sie d[as] Jenige nochmahlen bestehe waß sie gestern von Iro selbsten freywillig bekant, daß hat sie widerumb m[it] [157r] Ja bestetiget, vnnd darbey bestendig zuuerpleiben versprochen. Vff befragen ob sie der Teuffel nur einmahl beschlaffen, sagte Sie vff betrauen sie wider auff zue zieh[en], es seye offtmahls beschehen aber alweg[en] nur in Irer behaußung. bekhant wider d[as] Sie zue den däntz[en] vff einer offen gabel gefahren, die sie mit einer schwartz[en] salb, so Ir

trehern: ‘Tränen’ maßen: ‘wie denn’ bestehen: ‘gestehen’ nächten: ‘gestern Nacht’ daß man … an zue geben: ‘dass man von ihr verlange, andere Leute zu denunzieren’ betrauen: ‘Bedrohen, Drohung’

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der Teuffel gegeben gesalbet, wan sie darzue kom[m]en, hab sie sich in einen winckhel gesetzt, vnnd nit vihl gedantzt. Repetirt wider, d[as] Jenige so sie dem medle in die milch gethon hab Iro der teuffel geben. hab Jederzeit im sin gehabt dißes Laster zue beichten, vnnd deßhalber nacher Einsidlen gehen wellen, vnnd dißeß vornem[m]en seye ein halb Jahr in ihro geleg[en] aber von den Soldaten abgehindert worden. hab andere Sünden gebeichtet vnnd daß heyl[ige] hochwürdig Sacrament Jederzeit ordenlich genosßen vnndt niemahlen entvnehret, aber sich vbel geförcht, Gott werde sie darumb[en] höchlich straffen. Die Spilleüth vnnd andere Persohnen bey den däntzen seyen vermumet geweßen, vermeine von thuech etwaß vorm gesicht gehabt. Bey den mahlzeiten hab sie müeßen spuelen, seye Lauter hültzin geschürr geweßen, darinnen fleisch geweßen Von der zeit an alls sie sich ihrem [157v] buelen ergeben, hab sie nie kein fröhliche zeit mehr gehabt. Der Federle hannß hab sie etlich mahlen zue den däntz[en] erfordert, sie sey aber nit erschinen. Will nit gestehen daß Sie Jemahlen helffen ein Wetter mach[en], Jedoch vber starckhers erinneren bekhent daß sie darbey geweßen allß ander[e] wetter gemacht, vnnd die häffele vmb geschütt haben, sie seyen von Mengen vnnd pfullendorff geweß[en] hab aber keine gekhant sonder von 327 328 342

Einsidlen: Kloster Einsiedeln vornem[m]en: ‘Absicht, Vorhaben’ hültzin: ‘hölzern’

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annderen, so darbey geweßen verstanden, daß sie der orthen her seyen Von hier seyen darbey geweßen d[as] Madele beim vnderen thor bey dißen dreiyen verpleibt Anna von Rhordorff bauchters sie bestendig hannßen weib. Des Römers Apele von Schnercking[en] Eine von heurdorff des Römeren weib Sey zwey Jahr d[as] sie d[as] Letste wetter helffen mach[en], bey müntz Creutz habe schaden am haber gethon. Eine von vnnderbichtlingen seye auch darbey geweßen, hab in einem kleinen heüßlin gewont, wie man von hinnen hinein gehe, vermeint seye einß Schneiders weib geweßen Bekenne hierauff von Grundt Ihres hertzenß, daß sie ein hex seye, wolle darauff leben vnd sterben. vff befragen, Sie müße einmahl persohnen bey den däntz[en] erkänt

9 ====

363 376 400

[158r] hat sie sich lang besonnen aber entlich bekhant, hab anna von Rhordorff, so vor dißem alhie im Siechenhauß magt geweßen dabey gesehen Bey dem Letsten dantz sey sie vor einem Jahr geweßen, darbey habe sie niemandt alß d[as] bier Annele gekhant, vnnd Ir Schwester die haffner Vrßla. Gleich darauf laugnet sie wid[er] daß medele, bier Annele, vnd haffner vrßla seyen nit bey dem dantz[en] geweß[en] thue Inen vnrecht. Vff dieße Leugnung wardt sie wider ohngewicht auffgezog[en], hat hoch gebet[en]

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Die Zeilen 388 bis 394 sind durch eine geschweifte Klammer zusammengefasst, wodurch sie auf bey dißen dreiyen verpleibt sie bestendig bezogen werden. von hinnen: ‘von hier aus’ hoch: ‘inständig’

Westliches Süddeutschland

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man soll sie nur herab laßen, welle alles sagen waß sie wisße. Das sie d[as] medlin gelembdt seye die vrsach geweßen, d[as] sie wunderlich vber es geweßen, d[as] es sich zu beth lege, Ir buel hab Iro ein schwartz puluerle in einem briefflin geben vnd befohlen solles ihme in einem Süplin geben so werde es lahm. Der Teuffel hab ihro hernach gesagt er hab dem medle wider geholffen sie Achte wohl von deßweg[en], weilen daß medle sie gebetten habe, welches alles, in warheit also vnnd anderst nit, darauff sie beharrlich verpliben, vnnd nit mehr leugnen welle.

405 413

wunderlich: ‘verwundert, erstaunt’ Achte: ‘glaube, meine’

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415

Meßkirch 1644

383

Abb. 44: Generallandesarchiv Karlsruhe, 65/725, fol. 154r

NÖRDLINGEN 1593 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Nördlingen 1593–1594 Handschrift Stadtarchiv Nördlingen, Hexenakte Maria Holl 1–4 (eigene Zählung) Rüdel-Eschbaumer (1998) Kinzelbach (1999), Kinzler (2003), Rüdel-Eschbaumer (1998), Voges (1998)

Inhalt Die Gastwirtin Maria Holl wird am 1. November 1593 aufgrund von Besagungen unter Hexereiverdacht festgenommen. Mehrere Monate lang, bis zum 29. August 1594, wird sie von einem Gremium des Nördlinger Rates verhört, allein 13 Mal in der Tortur. Auch in der Konfrontation mit Belastungszeugen aus ihrem Umfeld bleibt die Höllin standhaft und gesteht nichts. Wie aus der Akte hervorgeht, leistet sie zu ihrer Entlassung am 11. Oktober 1594 den UrfehdeEid, mit dem sie ex post die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung bestätigt und auf eventuelle Vergeltungsmaßnahmen gegenüber dem Rat verzichtet. Die gewählten Ausschnitte geben Auskunft über die vehemente Zurückweisung der Hexereivorwürfe.

Schrift und Sprache In der Wiedergabe des sehr gut lesbaren Protokolls wurde die Groß- und Kleinschreibung bei H/h und Z/z entsprechend der relativen Buchstabengröße bestimmt. Der Text ist in (ost-)oberdeutschem Hochdeutsch geschrieben (Synkopen in bstendig, gwißen, Gstalt u.a.; ai-Schreibungen in anzuzaig[en], Oberkait, Vnderschaid u.a., Apokopen in hab, wiß, Rach u.a., kh-Schreibungen in Trinckhstubenn, keckh, Weinmarckht u.a., einige Rundungen in Würthin u.a.). Auffällig ist eine dialektale Direktanzeige aus der Verbflexion des Schwäbischen in die herrn … wöllet (Z. 108).

Nördlingen 1593 [1] Actum den 5[ten] Nouembris A[nn]o p[erge] 93. Rötinger. Maria Höllin Würthin zur Cronen, sagt auf Herr D[octor] Graue. ansprech[en] der herrn, wie volgt: Welsch Wann Sie etwas wüsste, wolte sie es von herz[en] Niclas gern thun, vnd wiße warlich nichts drumb, Wann Sie+ man Sie zerreißen vnnd erzerren Alltherr Rhelin. Gundelsollt, so wiße sie Je nichts anzuzaig[en], darumb+ finger. darbey wölle sie bstendig bleiben biß ann Ir N[umer]o 1. end, Gott geb wer Sie dahin bracht hab. Müeß Gott erbarmen, d[as] man Sie für ein solches weib halt[en] sollt. Habe Ir Lebenlang ein gutes gwißen gehapt, vnnd werde nichts Vnrechts von Ir [INT] ªgebrachtº erkent werd[en]. Sey allem dem, wie es wölle, so könne Sie nichts sag[en], Vnnd wiß nichts sag[en]. Sie wölle Rach am Jüngsten Tag 2ber die Leütth schreyen, die Sie dahin bring[en]. dann solches nicht Christenleüth sein werd[en]. Vnnd sag solches wer wöll, so wiße Sie Je nichts. Es habs der Böß Gaist nie angefocht[en], sonder hab ein gutes gwiß[en]. vnnd ein geringes. Sie hab d[as] vertrawen zu der Oberkait, man werde Ir nit vnrecht thun, vnd wann man die ganze welt daher Ir stellet, vnnd sie solten gleich zusag[en], so were Es doch alles nichts, vnnd wann man+ sie gleich sag[en], was sie wollen, so bekenne Sie nichts, vnnd werde auch nichts von Ir gebracht werd[en], dann Sie nit+ nie von Dem Bösen Geist, versucht, angereizt od[er] angefocht[en] word[en]. Vnnd wanns gleich 10. sagt[en], so saget Sie, es were nit wahr. Wann die Straußbad[er]in solches von Ir gesagt hab, so habe d[er] Teüffel aus Ir geredt, vnnd noch Inn Ir gesteckht.

385

Examinatores.

1 3 7 8 16 21 22

5

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20

25

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35

Für die Edition wurden die ersten beiden Verhörprotokolle der Maria Holl (1593) sowie das letzte (1594) ausgewählt. Dementsprechend folgen die hier durchnummerierten Seiten im unpaginierten Original nicht unmittelbar aufeinander. Im Original beziehen große, geschweifte Klammern die zwei Gruppen von Namen jeweils auf Herr D[octor] und Alltherr (vgl. Faksimileseite). Alltherr: ‘Ratsherr’ (spezieller Begriff in Nördlingen) zerreißen vnnd erzerren: gemeint ist ‘foltern’ Je: Nebenform zu ja Vnnd wiß nichts sag[en]: ‘und wisse nichts zu sagen’ Es habs: ‘Es habe sie’ geringes: ‘leichtes, unbeschwertes’

Westliches Süddeutschland

386

Herr D[octor] Graue. Welsch. Beischlag Alltherr Baur. Maying[er] Herlin Niclaus. [INT] ªRhelinºHerlin+ Gundelfing[er]. N [umer]o 2. Klainin.

Feülin.

47 51 57 59 60

[2] Mann solle Ir thun, wie man wölle, so könne Sie Je nichts sag[en], vnnd sey eben souil, als wann Sie 1000 Aidt schweret. Sie hab Ir hofnung nie vonn Gott abgewendt, denn Gott sey mit Ir, bey Ir, vnnd vmb Sie. Wann Sie 100 od[er] 1000. Jahr alda leg, so seye nichts Vnrechts Inn Irem herz[en], vnd wiße nichts anders sag[en], Got geb man thüe Ir wie man wölle, So könne sie nichts anders sag[en]. Also ist sie wid[er] Inn Ir gewahrsam gefüert word[en]. Actum den 8[ten] Nouembris A[nn]o p[erge] 93. Maria Höllin wurde abermalen angesproch[en] vnnd Ir die Vrsula Klainin vnder aug[en] gestellt, die sagt nun, wie volgt. Sie Klainin habe Sie Höllin auf der Trinckhstubenn vor 2. od[er] 3. Jahren gesehenn. Höllin sagt, d[as] Gott erbarm, Sie habs nit geseh[en], wie Sie so keckh sey, d[as] Sie also lüg[en] soll. Klainin gesagt, hab auch vermaint, wölle Sich außred[en], solches aber nit thun künnen, vnd ein gut[en] bstand vor Gott deßweg[en] thun, vnnd darauf gnesen vnnd sterbenn. Höllin Omnia negat. Ebenmeßiger Gstalt wurde die Feülin erstgedachter Höllin fürgefürt, vnnd sagt Sie habs auf demWeinmarckht beim Danz geseh[en], da der Straußbader alda geweß[en]. Dem sey gwiß also. Höllin verleügnet alles d[as] Jenig, Sie lüeg, vnd sag die vnwarhait, vnnd Gott werde der Gerechtigkait beystehenn

Auch hier verdeutlichen in der Marginalspalte geschweifte Klammern die Bezüge im Original. Trinckhstubenn: ‘öffentliche Gaststube, Wirtshausstube’ außred [en]: ‘sich aus der Sache herausreden’ gnesen: ‘leben’ Omnia negat: ‘streitet alles ab’

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55

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Nördlingen 1593

387 [3]

Examinatores. Herr D[octor] Rötinger. Graue. Welsch. Alltherr Rhelin. Gundelfinger

71 78 80 82 99

Actum den 29[ten] Augusti Anno p[erge] 94. Maria Höllin Würthin zur Cronen sagt auf ansprech[en] der Herrn Ainungern, wie Volgt: Sie kenne Sich nichts annderst bedenckh[en], werde solches ann Ir nit erfunden werden, es gehe Ir gleich darüber wie Gott wölle. Sie könne es nit glaubenn, d[as] Ire Freünd Sie für Schuldig hallt[en], vnnd Ir solches zutrawen. Sie könne kein Vnderschaid machenn, dann Sie wiße Je, d[as] Sie vnschuldig sey. Vnnd da Sie gleich etwas gesagt, wiße man wol, d[as] Sie solches aus marter gethun, vnnd die selbige gefürcht, Es möchte eins etwas Annderst sagenn, wann man eines also martert. Sie habe solches aus forcht vnnd vnmuet gethun vnnd vermaint, Sich der Marter zuenthebenn, vnnd Sich lieber Vnschuldig wolte Inn Todt gebenn, habe+ dann Sich also vnschuldig martern laßenn. Vnnd seye dem Vnschuldig[en] vil herter, dann dem Schuldig[en]. Sie Bitt ein Erbarer Rath vmb gnad, d[as] dieselbige einsmals Sie heimließ[en], dann es gedünckh Sie, …+ man hette Sie [INT] ªlangº gnug vnschuldig aufgehalt[en], vnnd da anndere Leutt Sie deß[en] weiter bezüchtig[en] woltenn, d[as] ein E[rbarer] Rhat Sie woltenn schuzenn. Das die herrn glaubtenn, da man Sie solte heimlaßenn, d[as] Sie vil außgehen woltt, Wenn ir nechster freünd d[as] vonn Ir hab außgebenn, vnd da er noch ein mahl Ir nechster freündt sein sollt, es lüege er salua honore, wie ein Schelm, vnd solches zum zwait[en] mahl repetirt.

Wiederum finden sich geschweifte Klammern in der Marginalspalte. Vnderschaid: ‘Auskunft, Erklärung’ da: ‘wenn’ eins: ‘eine Person’ nechster: ‘engster’ außgebenn: ‘von sich geben’

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Westliches Süddeutschland [4] Wann ein E[rbarer] Rath Ir die gnad bewiß, d[as] man Sie außließ, so were es ein Zaichenn, d[as] Sie vnschuldig wer. Das halt Gott Im Himel erbarm, d[as] man Ir Vnnschuld nicht erkennenn wölle, Vnnd da die herrn Ir [INT] ªvnnschuldº nicht glauben wöllet, so könne Sie Ime warlich nit thun. Den Weg, den ein E[rbarer] Rath Ir aufleget, denselbenn wölle ein also gehn, vnnd stillschweig[en] wie ein Scheflein. Das aber Sie Ir selbst etwas sollte auflegenn, köndte Sies Inn Irem Herzen vnnd gmüet nit habenn. Wann nur Sie wünschen köndte vonn Gott dem Allmechtigenn, d[as] die herrn Ir herz wissenn köndt[en].

114

Das aber … auflegenn: ‘dass sie sich jedoch selbst Schuld aufbürden solle’

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Nördlingen 1593

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Abb. 45: Stadtarchiv Nördlingen, Hexenakte Maria Holl, S. 3

RIEDLINGEN 1596 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Riedlingen 1596 Handschrift Stadtarchiv – Spital Riedlingen, Strafsachen, Kopialbuch Nr. 191* 624v–629r (Archivzählung) Aßfalg (2001) Aßfalg (2001)

Inhalt Bei dem vorliegenden Textauszug aus dem Kopialbuch des Spitals Riedlingen handelt es sich um die Abschrift einer für die öffentliche Verlesung verfassten Urgicht (Bekenntnis) der Catharina Merckhin aus Möhringen. In ihren Aussagen bekennt sich die Angeklagte bezogen auf 22 Punkte der typischen Hexereidelikte für schuldig. Aus dem Aktenkontext geht hervor, dass diese Bekenntnisse teils gütlich, teils peinlich erfragt worden sind. Das Todesurteil gegen Catharina Merckhin lautet auf Verbrennen bei lebendigem Leibe.

Schrift und Sprache Der gewählte Ausschnitt stammt aus einem Copia Vrgichts überschriebenen Text und stellt eine sehr sorgfältige Abschrift aus der Feder eines einzelnen Schreibers dar. Die Schrift ist sehr gut lesbar, das Schriftbild sauber und der gesamte Text durch deutlich markierte Absätze (vergrößerter Zeilenabstand, Hervorhebungen der Anfangsbuchstaben in größerer Schrift) graphisch gegliedert. Der Schreiber hat zwei Formen von initialem ¢u²/¢v² verwendet, die aber nicht eindeutig /u/ und /v/ in der heutigen Verwendung zuzuordnen sind, weswegen sie hier zu ¢v² vereinheitlicht wurden. Der Unterschied von ¢s² und ¢ß² im Wort ist nicht immer eindeutig zu klären. Der Schreiber orientiert sich partiell an (ost-)oberdeutschen Schreibmerkmalen (ai-Schreibung, kh-Schreibung etc.). Zugleich wird eine schwäbisch regionalsprachliche Grundierung erkennbar. Ein interessantes Nebeneinander der Diminutivformen -lin und -lein bieten die Zeilen 138 ff. Bei der Erwähnung des offiziellen Kinderfriedhofs wird -lein benutzt, unmittelbar folgend erscheint mehrfach das mundartliche -lin.

Riedlingen 1596

391 [625v] […] O r d e n l i c h e , Au ß fü e r l i c h e , v n d V n derschidliche Bekhandtnuß, was Catharina Merckhin von Möring[en], auf güetliche besprachung aigens Mundts Außgesagt vnd anzaigt hat.

1

Vnd Erstlichß Bekhendt und zaigt Sy ahn, d[er] Böse feind, so sich Feder hannß genant, sey [626r] Zu Ir in Ir gaden khommen, vnd gesagt, Sy soll ein gut herz haben, Er woll Ir wol helffen, vnd gnug geben, daß Sy khinde außkhummen, Darauf sie geantwurt, Sy well lugen, wie sie ihm thue, der böse feind Ir Abermal zugesprochen Sy solle sein; vnd sein Buol sein, vnd Er wolle Ir gnug geben, Vnd Sy soll sich Gotteß vnd Aller hayligen verzeihen, darauf Sy Ime die Linckhe hand botten, vnd also von Gott abgefallen, da habe er Ir ain stuckh weiß gelt geben, so einem Taler gleich gesehen, sey hernacher doch nichts gewesen, Ir Buol sey grien klaidt gewesen, vnd hab ainen schwarzen huot, mit ainer weißsen feder auf getragen. Zum Andern hab Sy daß haylig hochwürdig Sacrament, wann Sy sollicheß empfangen, zum zwaiten mal widerumb auß dem Maul genum[m]en, dasselbig haim tragen, hab Sy Ir buol der böß feind vnderwisen, daß Sie eß vnder die Salb brauche, Roß vnd vich damit zubeschedigen. Zum dritten, habe er sy vnderwißn, Sy soll eß nit niessen.

3 6 13 17 20 23 25 38

Ordenliche: Das erste e ist nachträglich eingefügt. besprachung: ‘Anrede, Ansprechen’ gaden: ‘Gebäude, Haus’ bzw. ‘Kammer, Zimmer’ lugen: ‘schauen’ sich … verzeihen: ‘aufgeben, ablassen von’ weiß gelt: ‘Silbermünze’ klaidt: ‘gekleidet’ niessen: ‘nutzen, brauchen’

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15

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Westliches Süddeutschland

392

[626v] Zum vierten Wann sy hab beichtet, vnd die beicht fürüber gewesen, hab er sie mit feindtseligen händen vbel geschlagen, vnd sy vf einmal krezt, seine füeß haben den Gaißfiessen gleich gesehen.

40

45

Zum Finften hab Er Ir ain zaichen an der brust geben, daß bluot daruon genom[m]en, vnd do sy gefragt warumb solliches beschehe, hab Er geantwort, er wiß nit. 50

Zum Sechßten, so hab er ir ein grienß Sälblin in ainem klainen bixlin geben, mit de[m] Anzaigen, Wann Sys an Roß vnd vich brauch, so mieß eß verderben, vnd zue grund gehn. 55

Darauf sie zum Sibenden Georg Bauren Zu Möringen ain Schwarz Roß, mit aine[m] steckhen, daran sy thailß der Salben geschmiert, geschlagen, d[as] eß sey gestorben. 60

Zum Achten Vrban Edelin zu Meringen, gleichfalß ein Roß im hof, in Ires buolen Deß Federhannsen namen mit dergleichen steckhen geschlagen, d[as] eß gestorben. 65

[627r] Zum Neunten, Alß Sie vor drey Jaren vff den Bussen gangen, sey Ir Buol der Federhannß zu Ir khommen, vnd Sy gehaissen ain kind außgraben, deß sy gegen abendts an dem ort, Da die vnschuldigen kindlein ligen, volbracht, vnd alßo ein Kindlin, so ein Medlin gewesen, außgraben, daruon daß Linckh Schenckhelin genommen, daß 4berig im grab gelassen.

70

75

Zum zehenden, Alß Sy im abergehenden Bußsen, biß zue dem Egertlin bey Beurhenkay kommen, hab Ir Ir buol von dannen, biß zu Irem Garten gehn Meringen daß glait geben, vnd im Abschid zu Ir gesagt, er woll

68 77

Bussen: Berg in Schwaben Egertlin: Diminutiv von Egert ‘Brachland, ungepflügter Acker’

80

Riedlingen 1596

393 bald wider khommen, darauf Sy ein Salb in Irem hauß bey nachts gesotten, ehe daß ander haußvolckh vfgestanden. Zum Ailfften, habe Sy ain Wasser auß vnderschidlichen Kreutern (so mann iezmalß vmbß besten willen nit benent) gesotten, So vnd wann Sy dann, Roß vnd Vich damit beriert, habe eß gleich, wie die obgemelt grien Salb, verlezlichen schaden gethon.

85

90

Zum zwelften, wann Sy Irem Mann ain Nach[627v] zet wasser an die kost gethon, hab er dieselbig nacht, vnd biß erst am morgen früe, nit erwachen khinnen, also hab sie der böß feindt beredt. Zum 13. hab sy deß Am[m]anß zu Möringen, Jacob Knaben braun Roß vnden im dorf, mit ainem angeschmirbten steckhen geschlagen, so hernacher kranckh worden, vnd gestorben.

100

Zum 14. hab sein Ammanß zu Möringen haußfrau, vngeuehr vor dreyen Jaren, ein Wesch vor irem hauß gehabt, da hab Sy Ir auß anstifftung deß bösen feindts ainen griff auf die Linckhe Achsel geben, Angestanden langen zeit willen, nit mehr helffen.

105

Zum Finfzehend[en], hab Sy Georg Widma[n]s seeligen Wittib zu Möringen, heuriges Jarß, ein Jungeß Roß, mit dem geschmirbt[en] steckhen geschlagen, d[as] eß gestorben. Zum .16. Alß Veltinß von Möringen haußfrau, nit Lang verschiner zeit, vom Marckht von Riedlingen mit Ir haimbwerts gang[en], hab Sy die, gleich vor der Statt, vf den Wisen auf ain Achsel geschlagen, da habe sein

93 106 118

95

Nachzet: ‘Nachtzeit’ Wesch: ‘Wäsche’ verschiner: ‘vergangener’

110

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Westliches Süddeutschland

394 [628r] Veltinß haußfrau gefragt, waß Sy Ir thue, habe sie gesagt, nichts.

125

Zum .17. seyen Ire gespilen gewesen khunden Annelin, Greta deß Meßmerß Tochter, vnd Eua Melchers Weib, so alle drey zu Vnleng[en] verschiner Jaren verbrent word[en]. 130

Zum .18. seye sy auf ainem geschmirbten steckhen, auf ainen berg bey dem dörfflin hohenberg, auf der Alb, der heuberg genant, gefahren, daselbsten Sy gedanzet, einen Sackhpfeiffer gehabt, vnd wann sy also auß Tanzet, haben sy an ainem Klainen Tisch allweg gessen vnd trunckhen, Wein vnd brates gehabt, daß brates hab rotlet gesehen, vnd V¨ bel geschmeckht, Aber weder Salz noch brot verhanden gewesen, dann Sy hetten dieselben zway stuckh nit gehaben khind[en]. Zum .19. hab Sy obgemeltem Amman zu Möring[en] ein Kälblin mit der ruot geschlagen, d[as] eß negsten morgenß daruon gestorben.

135

140

145

Zum 20. Wisse sy nit, wie offt sy mit ihme vnkeuschhait getriben, Aber sein mit Ir gepflogneß wesen, sey aller kalt, vnd nit wie so[n]st beschaff[en]. 150

[628v] Zum .21. Seye Er der böß feindt erst verschinen Mitwochen Acht tag bey der nacht bey Ir gewesen, vnd daß Lezte mal, darauf Sy Ime allerdingß abgesagt, vnd gegen Im vßgespien.

155

Zum .22. hab Sy alle, oben nachainandern erzehlte puncten vnd Articul, biß in, vnd uf die .9. Jar getriben. 160

Auf sollich Ir Catharina Merckhin begangne Vbelthat, zauberey, hexenwerckh, Vrgicht, vnd selbst aigne bekhandtnuß, damit daß recht vnd die gerechtigkait, gute Erbare Pollicey gehandthabt vnd erhalten, 128 138 140 149 165

zu Vnleng[en]: ‘unlängst’ rotlet: ‘rötlich’ verhanden: ‘vorhanden’ wesen: ‘Verhalten’ Pollicey: ‘Regierung, Verwaltung, öffentliche Ordnung’

165

Riedlingen 1596

395 Dagegen aber, daß 4bel vnd vngerechtigkait außgereut, vnd abgestrafft werde, haben Die herren Richter auf deß herrn Statt Am[m]ans gehaltne vmbfrag ainhellig, im namen Gotteß, auf Ire geschworne Ayd, vnd in Crafft habender vnnßer erlangten, außgebrachten vnd Confirmirten Kay[serlichen] vnd Kön[iglichen] Regalien, priuilegien, vnd Freyhaiten, auf Ir aigen gewissen, vnd selbst besten verstendtnuß zu recht gesprochen vnd Erkhendt, Daß dise Arme Weibßperson, weger Todt dann Lebendig, den Todt verschuldt, vnd Ir [629r] Leben verwirckht haben. Derhalben soll die vsser gefänckhnuß gelassen, vnd vf den blaz für daß Rathauß gefiert, Ir bekhandtnuß Irer begangnen 4belß vnd Missethaten vor meniglich offenlich, wie hiemit beschicht, verlesen werden, Volgendtß dem Nachrichter zue handen gesproch[en], vnd alßdann wol verwahrt, vnd hinauß Zum hochgericht, an die gewonlich Richtstatt, mit Zusamen gebundenen händ[en] fieren, mit eisenen Ketten wol versichert an die aufgerichte Saul anschmiden, Ainen buluersackh an halß henckhen, Iren Leib vnd haubt, mit dem Feur vom Leben Zum Tod richten, Sie zu Puluer und Eschen verbrennen, Alßdann die Eschen vnder die Erden vergraben, vnd sie also vom Leben zum Tod bringen soll, vnd so sollicheß verricht, so ist der Vrtel ein execution vnd statt beschehen, damit solches meniglichen ein Exempel vnd Abscheuch sey, der Allmächtig güetig Gott, wolle ihr seine Göttliche gnad vnd barmherzigkait gnädig verleihen, vnd geben, damit sie Ritterlich vmb daß ewige Leben streite, vnd in ainem rechten, waren, alten Catholischen glauben abschaiden möge. Actum Sambßtag den 2. Martii Anno p[erge] 96.

167 176 183 184 185 190 196 200

ausgereut: ‘ausgerottet’ weger: ‘besser, lieber’ vor meniglich: ‘für jeden’ beschicht: ‘geschieht’ Nachrichter: ‘Scharfrichter, Henker’ buluersackh: ‘Pulversack, Aschesack (für Büßende)’ statt: ‘Gelegenheit’ Ritterlich: ‘tapfer’

170

175

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185

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195

200

205

396

Westliches Süddeutschland

Abb. 46: Stadtarchiv Riedlingen, Strafsachen, Kopialbuch Nr. 191*, fol. 627v

ROSENFELD 1603 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Rosenfeld 1603 Handschrift Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 209, Bü. 1753 1–17 (eigene Zählung) – –

Inhalt Die aus Leuderingen stammende Angeklagte Margretha Stainer wird in Rosenfeld von einer siebenköpfigen Gerichtskommission peinlich verhört. Am 18. Februar 1603 legt sie nach vssgestanndtner Tortur ein umfangreiches Geständnis ab. Diese erzwungenen Aussagen bekommt sie von derselben Gerichtskommission am folgenden Tag in gütlicher Befragung zur Bestätigung vorgelegt. Einzelne Punkte werden von ihr in Frage gestellt bzw. geleugnet, insgesamt wiederholt sich freilich das Eingeständnis hexerischer Schuld. Geradezu beispielhaft sind in den Aussagen der Angeklagten die typischen Elemente des Hexereideliktes evoziert: Teufelsbuhlschaft, Teufelspakt, Hexentanz und Schadenszauber.

Schrift und Sprache Die vom seinerzeitigen Stadtschreiber angefertigte Urgicht zeigt ein sauberes und gut lesbares Schriftbild, wobei allerdings Schreibversehen nicht ausgeschlossen sind. Die Marginalia, die vor allem von der Angeklagten abgestrittene Aussagen verzeichnen, sind wohl vom selben Schreiber, jedoch in weit flüchtigerer Handschrift abgefasst. Zu erwähnen sind drei zeitgenössische, persönlich wertende Randbemerkungen eines weiteren Schreibers. Schreibsprachlich tritt uns eine westoberdeutsch geprägte Varietät entgegen, die durch die Erhaltung alter Diphthonge (vgl. thuon, zugemuottet, Bluot u.a.), durch Rundungen (vgl. Stüegen, büßhero, weühennachten etc.) sowie Entrundungen (miese für müsse etc.) gekennzeichnet ist. Zur Dehnungsanzeige dient häufig die Vokalverdoppelung (beede, weeg, seeligen etc.), z.T. bereits das „moderne“ ¢h². Für die Remanenz regionalsprachlicher Lexeme zeugen hafenscherben, Scheüren, Stüegen oder Roß.

Westliches Süddeutschland

398 [1]

1

Vrgücht./. Margretha Jung Michael Stainers zue Leüderingenn hausfrawen der verhafftin, zue Rosenueldt, so sie denn 18 [ten] Februarii Anno p[erge] 1603. Beywessenndt herrn vnnderuogts, vnnd Stattschreübers, desgleüchen Melchior Ruoffenn, Jerg Stehelinß vnnd Martin Schmiden, Aller dreyen Des Gerichts, nach vssgestanndtner Tortur bekhendt, volgenntz bey weesenndt der verordneten Sibnern, Wüderumben gestenig [!] gewesenn./. Daß sie vom bosenn feündt verfüert seye Anfenckhlich Allso zugangen./. Vor 14. Jahren vngeuarlich verschinen were In schwartzer gestallt, In der khleinhannßen zue Epffendorff Behausung Allß sie damahlen bey Ime gedient, vor mit Nacht zu Ir Innß Beth khommen hab gesagt waß sie thüe sie geanndtwortet nichts vnnd gleich zu Ir Innß beth hinein gelegen vnnd Ir Reuerenter, vnehrlich wesen zugemuottet, deß sie Ime willfahrt, Nachgenntz sie Ine gefragt wie er haüße, er gsagt er haise Graslin Jetzt miese sie sich Gottes vnnd Aller [2] seiner Haüigen verlaugnen, darauf sie vermelldet, muose Ichs thuon so er barme es Gott damahlen er Ir ettlich gellt vff den Trog hinann gelegt, vnnd gleüch darüber verschwunden Ab welchem Ir sehr gegrauset, volgentzen tags seye solches Gellt nur hafenscherben gewesen, deswegen sieß hingeworffen./.

13 21 24 26 31 34 37 38

Sibnern: ‘Mitgliedern des (mit sieben Personen besetzten) Gerichts’ mit Nacht: ‘Mitternacht’ Reuerenter: ‘mit Verlaub’ willfahrt: ‘gestattet, gewährt’ Nachgenntz: kontrahierte Form von nachgehends ‘nachher, hierauf ’ Haüigen: ‘Heiligen’ Trog: ‘Kasten, Kiste, Truhe’ hafenscherben: ‘Geschirr-, Topfscherben’ hingeworffen: ‘weggeworfen’

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Rosenfeld 1603

399 Item vier tagen nach solchem, seye der Graslin wider In der Scheüren zu Ir khommen, habe Ir Abermahlen zugemuottet seines willennß mit Ime zu pflegen, Da sie gleich mit Ime Die Stüegen Hinauf, vff denn Stro barn geganngen vnnd seines willens gelebt, vogenntz sie nochmahlen Angeredt, sich Gottes vnnd Aller seiner Hailigen Zu verlaugnen, vnnd An Ihne zuergeben daß sie gleich gethon, Ime die Hanndt darauff gepotten, Auch were die Hanndt gar kallt gewesen, vnnd habe er gesagt, Jetzt miese sie thun waß er wölle Rosß vnnd vich vmb bring[en].

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45

50

55

[3] 2. Item Inn werender Irer gefänckhnuß seye der Theüfel vil mahl zum Fenster Hinein Vnnd durch die wanndt zu Ir khommen zu Ir vnder die deckhin gelegenn habe gsagt sie solle nur schweigen vnnd nichts bekhennen er wolle Ir wol wider vss Irer noth Helffenn. Eß befindt sich daß die Magt kranckh 3 Item In nechstuerschinem Hewet hette sie worden, sie Ist Aber nit mehr endthalben, sonndern In einem zollerischen Ains tags Im Ruoffen Büechlin Conradt Fleckhenn Inn Diensten./. Rueffen gehewet, da sie sein Rueffen Magt, vsser Irem Huet Innß Theüfels Nammen zu trinckhen gegeben darab sie gleüch kranckh wordenn. 4 Disem Bernhardt schielen, seindt Inn Vor 2 Jahren Habe sie Bernhart Schielin ettlichenn Jahrenn Sechs Rosß Zu Leüderingen Ain grau geschimmelet Rosß Abgang[en] Innß Theüfels Nammen Nachts vff Darunder Ain graur Schmel gewesen. der Gassen mit Ainem Steckhlin geschlagen Daß es gestorbenn.

45 47 67 69 77

barn: ‘Verschlag in der Scheune, Krippe’ vogenntz: kontrahierte Form von vorgehends ‘vorher’ endthalben: ‘innerhalb’ (des Amtes Rosenfeld) nechstuerschinem: ‘letztvergangenem’ Hewet: ‘Heuernte’ gehewet: ‘geheut, Heu gemacht’ Schmel: ‘Schimmel’

60

65

70

75

Westliches Süddeutschland

400

Diser Conradt Wenntzler sagt es seyen Ihme Vor 3. Jahren zwayvnnd verschinen Jahrs, Ain Rosß Abganng[en].

5 Nechstuerschinen Sommer Habe sie Conradt wentzlern Auch ein Rosß In Ires Bolenn Nam[m]en geschlagen daß es gestorbenn./.

[4] Diß Kocheisens Weüb zaigt Ann Die verhafftin seye, vor einem Jahre zue Ir khom[m]en, habe sie Vmb ein kraut Angesprochen, daß sie Ihr Abgeschlagenn darüber Ihr halb Jariges Kindt, des die verhafftin zuuor vff Ihrenn Arm genommen, kranckh worden, vnnd Aines erbärmlichen Todts gestorbenn Auch hette sie die verhafftin desweg[en] starckh Im Arwonn gehabt./.

6. Vor Ainem Jare vmb weühennachten, Habe sie Vsser Ires Buelen geheüß Enderlin Kocheisen Schuechmachern zu Leideringen, Ain halb Jarigs Kindt In seiner Stuben Inn Ires Buelen nammen gekhusst daß es nachgenntz gestorben welches der vrsachen beschehen weil sein Schuechmachers weib zuuor vffgehabt, sie habe Reuerenter Ain Khindt zue vnehren gehabt.

7 Allß sie An Jüngstuerschinem Palmtag Zum Haüligen Abentmahl gehn wollenn seye Ir Buel der Gräslin vff der Gassen Alls sie In die kürchen gegangen, Zu Ir khommen habe gsagt, sie müese den Leib Christi nicht hinab nemmen, sonder denselbigen behallten vnnd Ime geben vnnd Allß sie vom Allter widerumb In Iren Stuel khommen, habe sie sich gleüch nidergesetzt, geduckht, vnnd den Leib Christi vsser dem Mundt Inn die Schoß hinabfallen Lassen, nach[5] genntz sie erst widerumb vmb denn Allter gegangen Vnnd wie gebrauchig deß Bluot Auch Inn Denn Mundt genomen Aber Dar Innen behallten büß sie widerumb In Ihren Stuel khommen, da sie daß Bluot Auch In Die Schoß fallen Lassenn habe Allso denn Leüb mit Ir haim getragen vnnd Im Hauß vff Ainenn Balckhen gelecht, Inn der Nacht, seye der Gräslin 95 97 107

vffgehabt: ‘den Vorwurf erhoben’ Arwonn: ‘Argwohn’ Allter: ‘Altar’

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Rosenfeld 1603

ghreuliche [?] sach[en]

401 Daher Khommen Habe gefragt wo sie den Leüb Christi habe, sie geandtwort Drausen vff dem Balckhen darüber er Hingegangen Denselbigen genommen. 8 Item An Jungstuerschinen Weyhenachtenn seye es Ain Jar gewesen, Daß sie Auch zu dem Haüligen Abentmahl gehn wollen, da der Theüfel zuuor auch zu Ir khom[m]en habe gesagt sie seye nit würdig daß sie daß Nachtmal Christi empfahe sie solches nicht In sich nemmen, sonnder Ime geben Vnnd Allß sie den Leib vnnd daß Bluet empfangen habe sies nachgentz Im Stul wüderumb vff Ir Stüegen khommen, seye er Ir erschinen habe gsagt hast daß Nachmahl [6] empfanngen sie geandtwort Nain, Vnnd er vermeldet wo hast es sie gsagt, da Ime Auch solches gegeben, Daß er Hinweg genommen./. 9 Were Der Gräslin Heut vor mittag Alls man sie Torquiert In Ainer schwartzen Katzen gestallt zu Ir khommen seye Ir vnnder den Beltz gesessen, habe Ir Abgewehrt nichts zu bekhennen. 10 Item were sie sampt Iren Hingerichten gespihlen, Allß Othmar Schefenackhers Zu Geislingen weüb vnnd Ihrer Schwiger welche beede zu Geislingen Hingericht worden desgleüchen der Brisra von Bückhelsperg vnnd dem Erdenböltzlin die beede zu Rosenueldt vnnd Am Neuen weeg gericht worden, vor der zeüt vil mahl vff Reithein wasen wie Auch der Schmidtbarbla, vnnd Allten Stattschreiberin die zue Balingen Hingericht bey Hexen Tantzen gewesen.

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ghreuliche [?] sachen: Diese marginale Bemerkung ist von dem zweiten Schreiber hinzugefügt worden. Beltz: ‘Pelz’ Schwiger: ‘Schwiegermutter’ wasen: ‘Rasen, Wiesen’

Westliches Süddeutschland

402 [7] Jerg Merckhlin Sagt hüerüber es seye Ihme Ain Roß Am hindernfuoß hinckhenndt worden, wollte solches vmb 30 f[loren] nicht gegeben haben, es habe Ime niemandts hellffen erhette sie verhafftin deß weg[en] starckh Im verdacht gehallten./. Diß Büchslin Ist durch den dorffuogte In Ihrem Trog befund[en] worden es Ist aber nichts mehr dar Innen geweßen./.



Diser Pfrondner zeügt An Verndt Im früeling Haben Ime zwuo Stuotten zue frye endtworffen.

Diß Jacob Schielinß wüttib sagt, es seyen Ihr verndt zwuo Rothe küehen kranckh word+ Vnnd Allerdings Lam worden deren eine sie verschenckht, vnnd die Annder gestorben./.

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11 Jungst Verschinen Sommer Seye Ain Jahr gewesen daß sie vff Jens Gräslins geheüß Jerg Merckhlin zu Leüderingenn Ain Schwartz Rosß mit Ainem Steckhlin Innß Theiffels nammen Vff den Ainen hindern fuoß geschlagen, Daß es hinckhendt worden vnnd nach drey wochen gestorben 12 Item In Irem Trog Dahaimen, Habe sie noch Ain Bichslin darinen noch Ain wenig fahrsalben, Daß Ir der Theuffel geben, vnnd wan sie zum Tantz fahren wollen, habe Ain Katzen, Oder Ain Steckhlin nemmen, damit salben, vnnd sagen müesen, wol vf vnnd An, stoß nimme Ann, so seüe sie gleich, zum Laden Hinauß, gefahren, Auch were sie vil mahlen, vff Irer Schwüger Schwartzen Katzen hinauß gefahren, Wüe sie dann selbige zue Todt geritten, Vnnd Wan sie Allso Hinauß khommen, Habe sie gedantzt, Vnnd Alleß gnuog gehabt ohne Saltz vnnd Broth.

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13 Habe sie Hannß Pfrondtnern, genandt Bailer Hanslin zu Leüderingen zway Tragende Rosß Innß Theüfels Nammen geschlagen daß die Rosß beede zu frie endtworffen, welches der Vrsachen beschehen weil er Ir Ain fart Holtz versagt./. 14 Vor Ainem Jare, Hetter Jacob Schielniß Hafners Jäckhlin genandt, Rothe kuo, Ir Am Bronnen vsser Ainem kibel getrunckhen deßwegen sie selbig mit der Hanndt Innß Theüfels Nammen geschlagen daß sie nachgentz Lanng ge-

Verndt: ‘im vergangenen Jahr’ endtworffen: ‘niedergekommen’ fart Holtz: ‘Holzfahrt, Holzlieferung’ geserbet: ‘dahingesiecht’

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Rosenfeld 1603

Der Scharpffrichter Hatt diß Allso vnnder denn Armen befunden./.

Diß fressen hab ich zeugnis hörtt

403 serbet vnnd Lam: endtlich vnnd zue Letst verschenckht wordenn. 15 Item erst dise Wochen Habe sie der Gräslin angewisen, Reuerenter daß Haar Vnnder denn Armen vßzurauffen vnnd zufressen so werde sie widerumb vßkhommen, daß sie gethon Auch Hette der böse feindt, Ir die Arm vffgehoben vnnd helffen das Haar vssrauffenn./.

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Allß sie besibnet worden, hat sie disenn Punckhten Wiederumb gelaugnet./.

Vmb diß Verkretzen, will niemandt nicht wissen./.

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16 Am Tag zuuor, ehe sie gefangen worden Habe der Theüfel Ir Im Scheüren Thenn gesagt man werde sie fangen Darauf sie geanndtwort, wolan mein stundt würdt verhannden sein er verner gsagt sie seye verhanden, sie solle nur kheckh sein er wolle Ir wol vßhelffen, Jedoch habe sie nit vßreüsen Khinden. 17 Item Allß sie vor 14 Jahren zue Epfendorf gedient habe sie Ihres Maisters Bruoder den Jacoben Angesprochen Ir Ainen Trog gehn Leüderingen zufieren daß er Aber nit thun wollen deßwegen sie Ime Ain Rosß Innß Theüfels Nam[m]en Zu Todt geschlagenn. 18 Item vor drey Jahren seye der Böse Gaist Ir Im Lerchen Bihel, Bey tag Zeüt begegnet, Habe sie Angesprochenn Ihren Schwehr Anzublasen, daß sie Aber nit thun wollen, derenwegen er sie Inn die heckhen hinein geworffen, daß Ir

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Diß fressen … hörtt: Diese Marginalie ist vom zweiten Schreiber in sehr flüchtiger Schrift hinzugesetzt worden. Thenn: ‘als Dreschplatz dienender, geebneter Boden’ vßreüsen: ‘ausreißen’ besibnet: ‘von den sieben Beisitzern gefragt’ Schwehr: ‘Schwiegervater’

Westliches Süddeutschland

404

diß widerspricht die verhafftin auch wider./.

Ist dessen Ebenmässig wider Inn Abrede.

Gleüchfahls widerrufft sie disen Puncten Auch./.

Diser Haller sagt, es seye Ihme nechst verschinen Jars ein knab gehlingen kranckh worden vnnd Im fünfften Tag Aines Herben Todts gestorben, doch habe er vnnd

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Ebenmässig: ‘gleichfalls’ gehlingen: ‘jählings, plötzlich’ fieren: ‘führen, transportieren’

[10] das Angesicht zerkhretzt worden, nachgenntz Hett die Schwüger gefragt waß Ir geschehenn, sie gsagt, sie der Gaiß Laub gebrochenn, vnnd sich In Heckhenn Allso zerrisenn. 19 Nach Jungstuerschinen Weyhennachten seye sie Inn Ainer Nacht Inns Rueffen Beckhen hauß geganngen habe darinen spinen wollen, Aber gleich wider hinauß zum Tanntz gefahrenn Vnnd habe Inn solcher weil Ir Buel für sich gesponnen. 20 Item In Ledigern stanndt, habe sie bey dem Pauren vff dem Ramstain gedient, welcher sie vbel geschlagen, Nachgenntz habe sie Allß sie sich An denn Theüfel ergeben gehabt, solchem Pauren Auch Ain Rosß Inns Theüfels Nammen Zue Todt geschlagenn. 21 Vor 12 Jahren Habe sie Im Butschoff den Mayer Angesprochen, er solle Ir Verhafftin Mueter auch ettwaß In [11] Irer Armuet geben, deß er Aber nit thun wollenn derentwegen sie Irr Ain khuo Ins Theüfels Nammen zu Todtgeschlagenn./. 22. Vor 9 Jahren Habe sie gemelltem Mayer vffm Butschof Auch Ain weisen Schimmel, vsser gedachter vrsachen Ins Theüfels Nammen Vmbgebracht. 23. Nechstuerschinen Herbst, Habe sie Hannß Hallern zu Leüderingen Angesprochen, er solle Ir Holtz fieren, Daß er Ir Abgeschlagen vnnd Allß sie nachgenntz sein Hallers Jungen knaben vff der

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Rosenfeld 1603 sein gesindt, solches vff den von der verhafftin Angegebnen Conradt Gselln geargwonet welcher dem knaben Ann denn Tag Allß er kranckh word[en] In Conradt wentzlers Hauß zu trinckhenndt geben./. So, will die dochter nit gestenig sein, daß sie die verhafftin Angesprochen dem knaben wider zuhellffen.

Es hatt sich Allso befund[en].

405 gassen Angetroffen, Ine gefragt, wo sein vatter seye, Habe er gsagt, er seye nit dahaim, Allßbalden sie An den Bueben gefallen, Ine gekhust vnnd gesagt, da kisse Ich dich Inns Theüfels Nammen darüber der knab gleüch khranckh worden vnnd Laut geschrihenn, büß er

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[12] gestorbenn gleüchwol seye deß Knaben Schwester khommen, Habe sie der Gottes willen gepettenn, mit melden sie habe denn Knaben gekhust, daruon er khranckh worden, Ime wider zuhellffen weil es Aber schon Versombt, vnnd vber denn drütten Tag gewesen, habe sie Ime nit mehr hellffen konnden, Sonnsten Aber Habe sie Wann sie ettwar vorm dritten tag drey mahl der Gottes willenn gepetten wol wider hellffen könden./. 24. Vor 2 Jahrenn hette sie Vlrich Jettelhausenn Zue Leüderingen seeligen Ain Kue Im Stall, weül selbige sich nit wollen Anbinden Lassen Innß Theüffels Nammen geschlagenn, daß sie gleüch gefallen, Nachgenntz mann selbige gemetzget 25 Vor 4 Jarenn Vngeuarlich, habe sie hannß Beckhen, zu Leüderingen gesponnen, der Ir nachgenntz den Lohnn nit gebenn wollen

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26 Diß hausers weib (so von der verhafftin Auch Ann gegeben sagt, nechstuerschinen Früeling seye Ihr

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[13] Deßweegen sie Ime sein erstes Kindt so ein Knablin gewesen, Inns Theüffels Nammen vff der Gassen gekhusst daß es hernacher gestorbenn.

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Versombt: ‘versäumt’ gemetzget: ‘geschlachtet’ (so von der verhafftin Auch Ann gegeben: Die schließende Klammer fehlt. Sie sollte vermutlich nach gegeben gesetzt werden.

Westliches Süddeutschland

406 Ain Junges Kindt Am Sontag Kranckh worden vnnd Am Donersta, Aines herben Todts gestorben auch hette die Verhafftin offtermahls wöllen broth vnnd Anders bey Ir endtlehnen, deß Ihr etwann Abgeschlagen, ettwan nit./.

Vor 2 Vnnd Ainem Jahre seindt disem hepelin zway Kinder mit Volkhommen Leib gestorben. auch habe sein weib diser Verhafftin krautdorschen verhaisen, der hepelin aber Ihr selbige nit Laßen wollen.

26 Nechstuerschinen Frieling, Hette sie bey Balthaser Hausers weib wollen Saltz enndtlehnen, die Ir solches Abgeschlagenn, Derowegenn sie Ir, Ir Junges In der wüegen Ligenndt kindlin In Ires Buelen Nammen Angeblasenn, daß es In 3. tagen hernach gestorbenn. 27 Vor 2 Jaren hette Ir Jerg Heppelins des Schmidts weib, Kraut Thorschenn Verhaüssen, Ir Aber selbige nit gebenn dariber sie Ir, Ir Junges In der wiegen, Allß niemandts In der Stuben gewesen, In Ires Buelen Nammen gekhust vnnd Angeblasenn, daß es nachgentz Aines Herben Todts gestorbenn.

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Diser Bürckh sagt, vor 3. Jahren Vng[efähr] seye Ihme Ain Junger Knab gehling[en] Kranckh, Vnnd gestorben, auch habe die verhafftin hew bey Ihme endtlehnen wollen, wisse Aber nit mehr ob er Ihr gegeben od[er] nit./. Vor 2. Vnnd 1 Jare seindt disem Wentzler 3 Rosß Abgeganngen, wüsse aber nit waß Ihnen gewesen./.

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28. Wann Ain Mensch gesegnet seye so könde Ime Kain böß weib nichts thun es solle sich Ain Mensch All stundt vnnd Augenblickh seegnen, der Theüfel seye wol so gefähr./. 29. Vor Vüer Jaren Habe sie Jacob Bürckhen Zue Leüderingen Angesprochen Ir hew Zugeben, daß Er Ir ob er schon hew gehabt, Abgeschlagenn, Deswegenn sie gleüch In die Stuben Hinauf gegangen Vnnd sein Bürckhen Knaben Inns Theüffels Nammen An den kopff geschlagen das er In ettlichen tagen Aines herben Todts gestorbenn. 30. Jüngstuerschinen Sommer Habe sie Conradt wentzlern zway Rosß mit Ainem holtz Innß Theüffels Nammen geworffen, daß sie Khranckh worden, Vnnd gestorbenn

Kraut Thorschenn: ‘Kohlstrünke’ Volkhommen: ‘gut entwickeltem’ gefähr: ‘feindlich nachstellend, gefährlich’

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Dises befindt sich Allso, daß solch kindt Ain Jamerlichen todt genom[m]en./.

Ists wider Inn Abredt

Ist disen auch nit mehr gestendig

Laugnet disen ebenmaig./.

Ist desen Auch nit mehr gestendig./.

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407 [15] Vnnd Allß er die Rosß gebeet, seye sie Vnnder denn weeg geloffenn da der Beckh gsagt ob sie denn Rossenn nit helffen könden, sie gsagt sie könndts nit mehr welchs sie der Vrsachen gethonn weül der Beckh Ir Ain Laib broth vff Borg zugeben Abgeschlagen. 31 Vor Vüer Jarenn Habe Ir Dieterich Mörlin Beckh Ain Laüb Broth versagt, derennwegen sie Ime Ain Kindt Inns Theifels Nammen vmbgebracht. 32 Vor 8. Jahren Habe sie dem gewesenn Maüer vf der Wennten Ain starckh Villin Inns Theüfels Nammen getödtet derselbig Maüer habe sie kheine Kürschen wollen brechen Lassenn. 33. Item Dem Weüblin Vff den Höfen Habe sie Ain Gaüß mit Ainem Stain Ins Theüffels Nammen geworffen daß sie [16] gestorben, solch weiblin habe sie Auch khaine kürschen wollen brechen Laßen. 34 Vor 13 Jahren, habe sie dem Vogt zue Simerswangen, geschnitten, Vnnd Ime Ain Kuo Ins Theüfels Nammen getödtet, weil sie nicht In der Krippen gehn wöllenn. 35. Vor 5 oder 6. Jahren Habe bemelt weüblin ob dem höfen Allß nachgentz sein Mann hürt zue Thalhausen worden bemelltem seinem Eheman Inns Veldt Zuessen gebracht, Volgenntz solch weiblin An den Rain hinan gelegen, habe geschlaffen vnnd seye das Vich oben Am

starckh: ‘kräftiges’ Villin: ‘Füllen, Fohlen’ brechen: ‘pflücken’ ebenmaig: Schreibversehen für ‘ebenmäßig’ geschnitten: ‘Schaden zugeführt’ hürt: ‘Hirte’

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Westliches Süddeutschland

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Rain hinumb gegangen, Vnnd sie vff Ainem Ackher geschnitten. Allßbaldt sie vff Ires Buelen gehaiß Ainenn grossenn Stain denn Berg hinab wollen lassen Welcher dem weiblin An Kopff gefallen, das es baldt darauff gestorben.

jesus, ist d[as] so grewli[ch]

[17] gleüchwol habe man Vermaint daß Vich habe den Stain hinab gefelltt dann sie niemandts gesehen./. .36. Wann sie büßhero gepettet Vnnd denn glauben gesprochen, habe sie Allweegen, wie Auch Im Vatter Vnnser, Ihren gräßlin Angeruoffen Vnnd gar nit Gott Im himmel./. Denn 19 February Anno p[erge] 1603 seindt alle vorangeschribne bekhendte Articul Beywesendt der verordneten Sibnern der verhafftin widerumb verständtlich vorgelesen worden, vnnd waß sie wider gelaugnet, daß Ist bey Jedem Puncten Ad Marginam verzaichnet./.

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gefelltt: ‘fallen lassen’ jesus, ist d [as] so grewli[ch]: Diese Marginalie ist vom zweiten Schreiber hinzugefügt worden. glauben: ‘Glaubensbekenntnis’

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Abb. 47: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 209, Bü. 1753, S. 8

VI. Östliches Süddeutschland

BAMBERG 1628 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Bamberg 1628 Handschrift Staatsbibliothek Bamberg, R.B. Msc. 148, Nr. 299 1r–5v (Archivzählung) Leitschuh (1883) Gehm (2000), Renczes (1990), Sebald (2000), Walinski-Kiehl (2003)

Inhalt Johannes Junius, der am 6. August 1628 hingerichtet wird, zählt zu den prominentesten Opfern der Bamberger Hexenverfolgung. Der 55-jährige Bürgermeister der Stadt Bamberg wird von einer mit vier Doctores besetzten Untersuchungskommission am 28. Juni zunächst gütlich und am 30. Juni peinlich verhört. Trotz Daumenstock, Beinschrauben und Zug gesteht er nicht. Erst am 5. Juli legt er ein Geständnis ab, in dem er zahlreiche Angehörige der Bamberger Führungsschicht als Komplizen denunziert. Bekannt geworden ist Junius durch einen Brief an seine Tochter Veronika, in dem er die unerträglichen Folterqualen schildert und immer wieder seine Unschuld beteuert (Signatur: R.B. Msc. 148, Nr. 300).

Schrift und Sprache Das Protokoll ist von geübter Hand in gut lesbarer Schrift abgefasst worden. Der Prothocollist, der sich selbst nicht namentlich nennt, ist um eine übersichtliche Gliederung bemüht, die er durch Absätze und Hervorhebung der Initialen erreicht. Sprachlich auffällig sind die vielen dtSchreibungen (z.B. schuldtig, bekandtnus, Endtlich), die möglicherweise als Reflex auf die binnendeutsche Konsonantenschwächung zu werten sind. Interessant im Hinblick auf den Konsonantismus ist weiterhin die Verwendung von ¢kh² in Wörtern wie zusambenkhunfften, getrunkhen, bedenkhzeit. Im vokalischen Bereich sind zum einen die ai-Schreibungen (vgl. Laider, Zaichen, Gaißbokh) zu erwähnen und zum anderen die in einigen Wörtern noch auftauchenden Diphthonge ue und üe (z.B. stueben, blueth, güete). Als Negationspartikel dient nit. Die aufgeführten Merkmale sprechen für eine partiell an bairischer Schreibsprache orientierte Ausrichtung.

Bamberg 1628

413 [1r] M i t wo c h e n d e n 2 8 J u n i i A[nn]o p[erge] 1628. ist Johannes Junius Burgermeister in Bamberg wegen bezichtigter hexerey wie vnd was gestallt Er Laider in solches Laster gerathen in der güete Examinirt word[en] ist 55. Jahr alt vnd zu Niedermeysich in der Wetteraw gebürtig. Sagt Er seye gantz vnschuldtig, könne vnd wisse nichts, habe sein Lebtag Gott nie verlaugnet, geschehe Ihme vor Gott vnd der wellt vnrecht, wolle gern einen eintzigen Mentschen Hören der Ihne bey dergleichen Conuentib[us] gesehen. Confrontatio D[octor] Geörg Adam Haan Sagt Ihme vndter Augen Er wolle darauf leben vnd sterben das Er Ihne Junium vor 1½ Jahren bey einem Conuent in der fürstl[ichen] Rathstueben gesehen, alda Sie gess[en] vnnd getrunkhen. beclagter gestehet dasselbe gar nicht. Confrontirt mit Hopffens Elßen, Sagt ihme ingleichem das Er im hautschmohr bey einem tantz geweßen, aber zuuor sey S[ancta] Hostia eingegraben word[en]. Junius negat. Hierüber hat mann Ihme seine Complices so auf Ihne bekent Communicirt vnd bedenkhzeit geb[en].

Præs[entibus] h[err] d[octor] Braun h[err] d[octor] Götzendörffer h[err] d[octor] Schwartzcontz h[err] d[octor] Herrenberger Prothocollist,

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[1v] Præsentib[us] Deputatis F r e y t a g s d e n 3 0 . J u n i i A[nn]o p[erge] 1628. ist vorgedachter Junius in der güete widerumb zuer bekandtnus vermahnt wordten, gestehet abermahl nichts, hierauff ist die Confrontation mit d[octor] Geörgen Haan Cantzlern vorgenohmmen wordten, Der sagt ihme vndter augen, 18

Conuentib[us]: ‘Zusammenkünften’

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Östliches Süddeutschland das Er ihne bey teüfelischen zusam[m]enkhunfften in der fürstl[ichen] Rathstueben vnd in der Morhaubtin Gartten, neben andter[n] auch gesehen, wolle seinetwegen seiner Seelen keine beschwehrnus mach[en]. Weillen Er nun nichts bekennen wollen, ist mit Ihme Peinlich procedirt vnd demselben Erstlich der D a u m e n s t o c k h angethan word[en]. sagt Er habe niemahls Gott seinen erlöeser verlaugnet, sich andterst nicht thauffen laßs[en], wolle nochmahls darbey Leben vnd sterben, das Er vnschuldtig seye empfindtet keinen schmertzen im daumenstokh. B a i n s c h r a u b e n , will gantz nichts gestehen, könne vnd wisse nichts Er habe niemahls Gott verlaugnet, wolle es auch noch nicht thuen, seye niemahls in diesem [2r] in diesem Laster gewesen, empfindtet ingleichem keinen schmertzen. Ist Außgezogen vnd besichtigt word[en]. befindtet sich in der rechten Seithen ein Plöwliches Zaichen, wie ein Kleeblath, ist darein 3. mahl gestochen aber kein schmertzen empfundten, vnd kein blueth herauser gangen. Z u e g , Er habe niemahls Gott verlaugnet, Gott werdte Ihne nicht verlasßen, wolle mit Ihme leben vnd sterben, wann Er ein solcher Schelmb wehre, wolte Er sich nicht also Martter[n] lasßen, Gott solle ein Zaichen seiner vnschuldt thuen, Er könne vnd wisse nichts,

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Plöwliches: ‘bläuliches’ Zueg: Foltermethode, bei der die Angeklagten mit nach hinten verschränkten Armen hochgezogen werden.

Bamberg 1628 Præsentib[us] deputatis

415 Den 5. Julii ist obbemelter Juni[us] in der güete mit erweglich[en] vmbstendten zuer Confession vermahnt wordten, der fengt Endtlich an vnd bekennet, Alß Anno 1624. ihne die die [!] Commission wegen seiner strittig[en] sachen zue Rothweil vff die 600 f[loren] gecostet, wehre Er im Aug[u]st Monat, hinauß zum friderichsbronnen in sein Baumbfeldt gangen, vnd alß Er sich aldta in gedankh[en], nidergesetzt, [2v] wehre ein weibsbildt, wie ein Graßmagdt zu Ihme kommen welche ihne gefragt, warumb Er also trawrig aldta Sässe, Er ihr geantworttet, das Er nicht melanolisch [!] wehre, Sie aber ihme mit allerhandt freündtl[ichem] gespräch, vrsach geben, das Er Sie vnehr angesonnen, welche sich sobaldten mit ihme in vnzucht eingelasßen, welche vermischung Er gar kallt empfundt[en] vber dieses hette sich diese dirrn andterst nit alß wie ein Gaißbokh erzaigt, die darbey gebrüllet vnd gesagt, nunmehro siehestu mit weme du zuthuen gehabt, du must mein sein oder solle dir von stundtan durch mich dein Halß vmbgebrochen werdt[en] darüber Er erschrokhen vnnd vor forcht am gantzen Leib gezittert, Nach diesem hette dieser verwandtelte Geist Ihme an den halß gegriffen vnnd begehrt, Er solte Gott den Allmächtigen verlaugnen, Darauf Juni[us] gesagt Gott

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obbemelter: ‘oben erwähnter’ erweglich[en]: ‘zu erwägenden’ Graßmagdt: ‘Viehmagd, deren Aufgabe es ist, Gras zur Stallfütterung zu schneiden’ Sie vnehr angesonnen: ‘ihr einen unsittlichen Antrag gemacht’

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Östliches Süddeutschland

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solle Ihne behüeten, darüber dieser Geist auß Crafft solch[er] wörtter verschwundt[en] 135

+ Morhaubtin + Jung Geißler[in] + Paul glaser Caspar wittich Clauß Gebhardt,

[3r] doch alsobaldten widerkommen, mehr Leüth mit sich bracht, Instendtig an ihne begehrt, das Er Gott im himel vnnd alles himblische heer verlaugnen solte, auf welches erschrökhliches betrohen vnd zured[en], Er diese formalio od[er] wörtter sprechen müss[en]. Ich sage Gott im himel vnd seinem heer ab, vnd will hinfür den teüfel für meinen Gott erkennen. Nach beschehener abnegation wehre Er durch die beywesente vnd den böesen Geist so weit beredt word[en] das Er sich daselbsten ins böesen Geists nahmen andterster thauffen lass[en]. die Morhaubtin hette Ihme einen duggaten zum dotengellt eingebund[en] welcher hernacher nur ein Scherben gewesen, Er wehre damahls krix genent wordten, Sein Puhlteüflin aber hette Er füchßin nennen müss[en], die anwesendten hetten Ihne in des Beeltzebuebs nahmen gratuliret vnndt gesagt, das Sie nunmehro einandter gleich wehren bey welch[er] seiner thauf sich auch befundt[en], obgedachte Christina Morhaubtin, die Junge Geißlerin, Paul Glaßer, Caspar wittich, Clauß Gebhardt, so beede Gärtner, wehren nach solchem widerumb voneinand[er] kommen. [3v] Damahls habe Ihme seine Puhlin auch versprochen, ihne hingegen mit Lust vnd gellt zuuersehen, auch ihnen bißweilen zu andtern zusambenkhunfften zu führen

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formalio: wohl formalia (Schreibversehen) abnegation: ‘Absage’ dotengellt: ‘Taufgeschenk vom Paten’

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Bamberg 1628

+ + + + +

417

Nach vngefehr vier od[er] 5 tagen, wehre bemelte teüflin in gestalt einer Graßmagdt in seinem Gartten, hindter dem hauß widerumb zu Ihme kommen, mit welcher Er abermahls die vnzucht ge2ebt, alßdan Sie Ihme widerumb vertröstet Sie wölle Ihme alles genueg schaff[en], hingegen Er seinen versprechen auch nachgeleben solte, Wann Er außzufahren vermaint wehre ein schwartzer Pokh+ [INT] ªhundtº für sein beth kommen, der zu Ihme gesagt Er müste mit Ihme, darauf Er dann gesessen, darauf sich der hundt ins teüfels Nahmen erhoben vnd also fortgefahren. Vngefehr vor .2. Jahren wehre Er in die fürstliche Rathstueben zur Linkh[en] Cantzler handt, wo mann hinein gehet, geB[urgermeister] Neydekher führt wordten, Oben an einer tafel D[octor] Geörg Ad[am] haan wehre gesess[en], Cantzler Burg[er]m[eister] Geörg Marr Neydekher, d[octor] Geörg Adam haan Daniel Bayer vnd volgendte wehr[en] auch darbey Junge Krebs in d[er] Jud[en]gaß, gewesen, Geörg Marr, daniel Bayer, der Junge Krebs,

+ Plawe Löw + Schönhannß Dümbler kombt noch 1 mahl + Barthol Praun Wolff Reütter − Michel Pach hagelsteins fr[aw] + Pancratz Schmidthamers fr[aw] Cobriger[in] hofman v[on] Nürnberg + Leysin in d[er] Aw + Keeßman Geörg Geißler d[er] alt, Schlosser vorm Kaulberg[er]thor 174 184 186 205

[4r] der Plawe Löw auch in d[er] Judengasß, Schönhannß der Pütner, den dümbler Bartol braun, wolff Reütter vff der waag, Michel Bach der alte, hagelsteins fraw, Pancratz Schmid hamers fraw, Cobrigers fraw, der hofmann von Nürnberg, Leysens fraw in der Aw, Keeßmann, Geörg Geyßler der alt der Schlosser vor dem Kaulberger thor so wolff Ammon genandt, die alte wildtmeisterin in der Sutten, der schwartze Raab im Sandt, Capitels Castners haußfraw im Zinkhe[n] wehrdt,

bemelte: ‘besagte, erwähnte’ hingegen: ‘wohingegen’ Pokh: ‘Bock’ Pütner: ‘Büttner, Böttcher’ (Hersteller von Holzgefäßen) dümbler: ‘Tänzer, Akrobat’ bzw. ‘Bereiter, Zureiter’

180

185

190

195

200

205

210

215

Östliches Süddeutschland

418

+ + + +

alte wildtmeister[in] Schwartze Raab, Capitls Castner[in] Dietmayer Genßwirth Beür[in] alt Rentmeister[in]

Præsentib[us] deput[atis]

+ +

+ + + +

Caspar wittich Clauß gebhardt, schönhannß, barthol braun, dümbler, wolff reütter Schmidthamers fr[aw], hagelsteins fraw, Geörg Marr hofmann, Leysens fraw Keeßman Schwartze raab, Jung Krebs,

250

vndter das gesicht: ‘ins Gesicht’

Dietmayer, Genßwirth, Beür[in] alte rentmeister[in], die weil Er nit wohl sehe hette, hette [!] Er nicht mehr Persohnen erkennen können Inn den hautschmohr wehre Er vor 2 Jahren auch gefahren aldta meistentheils alle obanngezaigte Persohnen auch gewes[en] aldta gessen getrunkh[en] vnd getantzet, die Spihlleüth weil[en] selbige frembdt gewes[en], hette Er solche nit erkennen konnen Vor 3 od[er] 4 Jahr[en] vffm Platz vor d[er] Altenburg, dann vor 4 Monathen vffm ochßenmarkh bej hexentenz[en] hette Er mehrerntheils obige Persohnen auch geseh[en], ist Ihme verner bedenkhzeit geb[en] word[en]. [4v] Den 7 Julii ist obbesagter Junius abermahls güetlich, was Ihme in seiner bekandtnus verners beygefallen, Examinirt word[en] Der bekennet, Vor vngefehr 2 Monathen, alß eben den tag zuuor eine Execution gehalten word[en] wehre Er bey dem schwartzen Creütz auch an einem hexentanz gewesen, aldta Ihr Beeltzebueb ihnen allen eröfnet, vnnd außtrückhlich vndter das gesicht gesagt Sie müsten alle miteinand[er] an diesem orth verbrent werdt[en] welcher auch Sie anwesendte verspottet vnnd verhöret, darbey gewesen obgenanndte fast alle, alß Caspar wittich, Clauß Gebhart Schönhannß, Barthol Braun, der Dümbler, wolff Reütter Schmidthamers fraw, hagelsteins fraw, Geörg Marr, hoffmann Leysens fraw, Keeßmann, Schwartze Raab, Junge Krebs, Plawe Löw,

220

225

230

235

240

245

250

255

260

Bamberg 1628 + +

blaw Löw dietmayer, Genßwirth D[octor] Beütenstein

419 Dietmayer, Genßwirth, vndt Doctor Beüthenstein, vnnd mehrerntheils alle obige, De Malefactis Seine Puhlin hette alsobaldt[en] nach seiner verführung begehrt, Er solte seinen Jüngsten Sohn hannß Geörgen vmbbring[en], [5r] die Ihme auch zu solchem Endte ein grawes Pulfer zugestellt, weil[en] es Ihme aber gar schwehr ankom[m]en hette Er sein aigenes Pferdt so ein Brauner gewesen vmbgebracht, Item hette ihme seine Puhlin offtermahlen angeraitzet, seine tochter so beim heiligen grab ein Jungfraw, nächtlicher zeit vmbzubringen, sowohlen auch seine andtere tochter, welche den Sigler vor diesem gehabt, dieweil[en] Er aber diß niht habe thuen wöll[en] wehre Er vom böesen Geist mit schlägen 2bel tractirt word[en]. Einmahl habe Er die h[eilige] hostiam auß anraitzung seiner Puhlin auß dem mundt gethan, selbige Ihr zugestellt, Item alß Er vmb ostern bey S[anc]t. Märtin h[errn] Michael Caplan daselbsten gebeichtet vnd am hohen Altar da Communicirt, hette Er die h[eilige] hostiam auch mit seinem düchlein herauser genohmen solche hernacher hinauß in hautschmohr bej zu+ der Schatzmarter, vff einen Stein gelegt, welche die doctor Christoff Peßlers wittib alda eingegrab[en] Er wehre derentweg[en] von seiner Puhlin gelobt word[en].

280 284

265

270

275

280

285

290

295

300

seine tochter so beim heiligen grab ein Jungfraw: Junius’ Tochter Anna Maria war Nonne im Kloster zum Heiligen Grab in Bamberg. Sigler: ‘Beamter, der Urkunden siegelt’, evtl. auch Name.

Östliches Süddeutschland

420

[5v] Wiewohl Er in fleischlicher vermischung mit dem böes[en] Geist, schlechten Lust gehabt, hette Er doch solches werkh mit seiner Puhlin einmahl[en] ver2ben müss[en] Acht tag vor seiner verhafdtung alß Er in S[anc]t. Martins kirch[en] gang[en] wehre Ihme vndterwegs der böese feindt in eines Bokhs gestallt erschienen, gesagt, Er würdte paldt eingefangen werd[en]. solte sich aber nicht bekümmern wolte ihne schon liberiren, wisse sonsten bey seiner Seelen Seeligkeit nichts mehrers, aber was Er außgesagt seye die Lautere warheit, wölle auch also darauf Leben vnd sterb[en]~

319

liberiren: ‘befreien’

305

310

315

320

Bamberg 1628

421

Abb. 48: Staatsbibliothek Bamberg, R.B. Msc. 148, Nr. 299, fol. 1v

ELLINGEN 1590 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Ellingen 1590 Handschrift Stadtarchiv Weißenburg, A 1057 1–10 (eigene Zählung) – Seis (2002)

Inhalt Die wiedergegebenen Aussagen stammen aus gütlichen und peinlichen Verhören vom 2. April 1590, denen sich die denunzierte Katharina, Witwe des Caspar Hurschner aus Ellingen, wegen Hexereiverdachts unterziehen muss. Der Text ist nach den geläufigen Fragenkatalogen schematisiert, d.h. der Reihe nach werden verschiedene Hexereidelikte aufgeführt (Hexentänze, Schaden an materiellen Dingen, Wetterzauber, Vieh- und Menschentötung mittels Hexensalbe u.a.m.). Erwähnenswert erscheint hier auch die Kategorie ‘Alpdruck verursachen’ (vgl. Z. 315 ff.). Aus dem der Akte zugehörigen Titelblatt geht hervor, dass die Angeklagte am 12. April, also nur 13 Tage nach ihrer Verhaftung, mit dem Feuer gerichtet worden ist.

Schrift und Sprache Der Text ist eine der Abschriften der Urgichten von Frauen, die in Ellingen verhört und hingerichtet worden sind. Die Kanzlei des Deutschen Ordens in Ellingen hat die Abschriften für den Rat der Freien Reichsstadt Weißenburg angefertigt und dorthin geschickt. Der Text ist in einer insgesamt sauberen und recht gut lesbaren Weise geschrieben. Der regelmäßige Gebrauch zentrierter Überschriften sowie die durchnummerierten, mit Item eingeleiteten Absätze bewirken eine klare Formatierung. Auffällig sind andererseits die nicht wenigen Unachtsamtkeiten und Versehen des Schreibers, die bisweilen das Verständnis erschweren. Es findet sich eine Reihe landschaftssprachlicher Schreibeigenheiten des oberdeutschen Raumes (z. B. ai-Schreibungen in ainer, gaist etc., Entrundungen wie gefihrt, Synkopen wie gbracht u.a.). Eine Besonderheit bildet die Art der Worttrennung am Zeilenende, die in der Regel mittels zweier, unter den letzten Buchstaben gesetzter Querstriche realisiert wird.

Ellingen 1590

423 [1]

.1.

.2.

.3.

Gu e t t l i c h e v n n d p e i n l i c h e vhrgichten Katharina W e i l l u n d t Caspar Hurschners zue Ellingen selig hinderlassener wittib welche geubter hexerey halben so Margaretha vlrich Katzmairs Eheliche Tochter vf sie ausgesagt vf Sambstag den 31. Martii A[nn]o 90 gefencklich ahngenommen, vnnd durch M[aister] hansen besichtigt, haben sich 2 Teufels zaichen ains vf der Rechten Achsel, daß vnder dem Linckhen schul -tter blatt funden, darauf volgenden mo[n]ttag zwischen 7. vnndt 8 vhr In dem gwelb guettlich vnndt peinlich gefragt ~ Sagt es sey vhngefehr 20 Jar, d[as] sie von hieher auß nach höttingen vnnd anhaimbs gehen wöllen, bey der Martter Saul der bösse gaist zu Ir Khom[m]en, Inn gestalt eines schonen Mans Person vnndt schwartze Claidung wie ein Reutter, ein weissen hudt vnndt Federn darauf, auch gaiß fueß gehabt, gesagt soll mit Ime In die haganaw gehen, vnndt sein buel werden, auch viel versprochen vnnd guette worth geben, mit [ver]trostung wan sie Kein gelt habe, Ir zugeben, darauf sie mit Ime In die haganaw gangen, seines willens geplegt vnndt sich mit Leib vnnd seel ªImeº ergeben Auch gottes almechtig[en] Alles himlischen hers verlaugnet, Damals auch Ir die 2 Teufels zaichen mit der handt geschlag[en] od[er] gzwickt doch Kain bluet empfunden, vnnd vermelt, d[as] hab er Ir gethon, d[as] sein buell seye, Nach solchem Auch ein gruennen salben in In ainem hultzen buxlein geben mit dem buelch daß sie die gabel damit schmirbe, vnnd In seinem Namenn ausfaren, Auch dem menschen vnnd vihe schaden damit thun solle ~

5

10

15

20

25

30

35

[2] V o n n d e n d a n t z e n w o vn n d a n welchen Ortten sie solche helffen haltten Item das erste mal seye sie vf den Ruppenßsperg vf ain wiessen gefahren, dahin Auch Khommen, die 8 10 15 16 24 31 32

M[aister]: Hier ist der Scharfrichter gemeint. daß vnder: ‘das (andere) unter’ anhaimbs: ‘nach Hause’ Martter Saul: ‘Martersäule’ geplegt: ‘gepflegt’ buelch: ‘Befehl’ schmirbe: ‘schmiere’

40

Östliches Süddeutschland

424

.4.

.5.

6

7

groß Kopffin hanes Kochs weib vnndt etliche so man Alhier verbrendt Auch frembde weiber die Ir vnbeKhanndt alda ein Man vf ainer Schallmayen gepffi -ffen sie aber mit Iren buelen gedantzt alda ein bra -tten geessen vnnd wein gethrunck[en], welches die M[aisterin] Simonj vnndt Irer gespiellen aine dahin gebracht Alß solches ein Endt gehabt wiederumb hain gefahrn Item vor 5 Jaren Seie sie etliche weiber so man alhier verbrendt vnnd groß Kopffin bey nachtlicher Weil nach Aychstett vf ein gruene wiessen gefahrn alda ein Man vf ainer schalmeyen gepfiffen, sie mit Iren bue -ll Teufeln gedantzt hernach wein so sie mit Inen Auß des Ruerers Keller alhier In ainer Ledern flaschen gefihrt getrunck[en], hernach haim gefahren, vndt Ires Buellen willen geplegt ~ Item nechstuergangen Som[m]er seye sie Ire gespillen vnd etliche weiber so man alhier [ver]brandt vf die Renwiessen gegen höttingen zue gefahrn alda ain man vf ainer schalmeien gepffiffen, sie mit Iren Buellen gedantzt vnnd gesprungen, nachdeme ein Schaffin brattes so Irer Spillen aine mit sich gbracht, geessen vnnd wein welhen sie auß des altten wurth Keller alhier in ainer Ledern flaschen gefihrt gethrunckhenn ~ Item vor Aim Jar sey sie Ire geSpillen vnnd abermals etliche weiber so alhie [ver]brandt worden, vf des mullers wisen fur d[as] Ellinger holz gefahren, daselbsten der vorige Spilman vf ainer schalmeienn gepffiffenn, sie mit Irenn Buell Teufeln gedantzt, Nachdeme wein gethrunckhen so sie auß deß Neuen wurth Keller Alhier gefihrt, sey etlich mal vf diesser Ren wiessen bey dentzen gewessen, d[as] sie nicht wiesse wie offt ~

45

50

55

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[3]

8

46 48 49 50 61 62 79

Wi e o f f t v n n d w e n n s i e I n d i e K e l l e r gefahrn Item vf dem Ruppensperg ainem wurth sie vnnd Ire geSpille In den Keller gefahrn, daselbsten wein In ain Ledern flaschen eingefahst vnnd

75

M[aisterin]: Die Abkürzung Mi wird (im Gegensatz zu Zeile 9) hier wie auch im Folgenden durch die weibliche Form M[aisterin] aufgelöst, da wohl die Frau des M[aister] Simoni (vgl. Zeile 249, hier ausnahmsweise in der männlichen Form aufgelöst) gemeint ist. hain: ‘nach Hause’ (wohl Schreibversehen) sie etliche weiber: Gemeint ist wohl sie, etliche weiber […] vnnd […]. Das Verständnis wird hier wie auch in den folgenden Punkten 6 und 7 durch fehlende Konjunktionen bzw. Kommata erschwert. bey nachtlicher Weil: ‘zu nächtlicher Stunde’ Schaffin brattes: ‘Schafsbraten’ Spillen: ‘Gespielinnen’ eingefahst: ‘eingefüllt’

Ellingen 1590

9. 10. vnnd 11

12.

.13.

14

15

.16.

425 zue dem dantz gefihrt, daselben Ausgetrunck[en], Item dem Georg Ruerer seligen, Sebastian Eckhen vnnd hanns Peurlein wurth alhier seye sie vnd Ire geSpillen In die 20 mallen In Keller ge-fahren, wein getrunck[en], vnnd zue den dentzen gefirt, Item Hannß ªNusleinº schreinern Nuslein+ vnndt wurth alhier+ zu hottingen, mit Irem geSpielen den armen rodt, In die 5 mallen vnnd d[as] letzste mal vor 1 Jar In den Keller gefahrn wein vnnd pier getrunck[en] Item Thoma Bahaim wurth zue hausen, sie vnd Ire geSpielen auch In die 5 mallen vnnd d[as] letzste mal vor ¼ Jars In den Keller gefahren wein vnnd pier getrunckh[en] ~ Item meinem g[nedigen] hern Landt Commenthurn sey sie M[aisterin] Simonj vnnd 4 Irer geSpillen bey den 10 mallen In den Keller gefahrn, vnnd wein getrunck[en]. Wo vn n d a n w a ß o r t t e n s i e wetter, Nebel, Reiffen, vnnd Melthau helffen mach[en] Item nechstuergangnen sommer alß das wetter In d[as] schauff hauß alhier geschlagen, hab sie solches mit Irenn Spillen auch helffen machen ~ Item vor 2 Jaren seye sie, vier Irer Spiellenn vnnd etliche weiber so man alhier [ver]brenndt, vf die Ren wiessen gefahrn, daselbsten der bösse gaist ein haffen so mit ainem wasser zu dem feuer gesetzt, vnnd gesotten, darauf es alßpalden sehr gedondert vnnd d[as] liebe getraidt erschlag[en] sollenn, habe doch Kainen schaden gethon ~

80

85

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95

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17

.18.

93 99 101 106

[4] Item vor Aim Jar sey sie M[aisterin] Simoni vnnd 3 Irer geSpiellen vf die vschers wiessen vom dem gefahren, daselbsten der bösse gaist ein wett -er wie daß nechste gemacht, welches Kleine Stainlein geworffen doch Kainen schaden gethon Item vor Aim Jar seye sie vnnd 3 Irer geSpillen vf deß schmausers wiessen bey dem gestockhel gefahrn, daselbsten sie mit hilf des bössen gaists abermals ein wetter, wie die zwey hievorige gemacht, doch nur Klain stain geworffen, vnnd Kheinen schad[en] gethon,

Commenthurn: ‘Komtur’ (Vorgesetzter eines Ordenshauses oder Ordensgebietes) Melthau: ‘Mehltau’ (Pflanzenkrankheit) schauff hauß: ‘Schafhaus, Schafstall’ haffen: ‘Hafen, Gefäß, Topf’

115

120

Östliches Süddeutschland

426

.19.

.20.

21. vnndt 22.

.23.

24. vnnd 25.

.26.

.27.

.28.

29 vnnd 30

127 131 145 160

Item vor 5 Jaren sey sie, die groß Kopffin vnndt etliche weiber so man alhier [ver]brendt, nach hottingen vf die Lech wissen gefahren, alda der bösse gaist mit Irem bewilligem In einem haffen, darin ein wenig wasser gewessen ainen windt gemacht, darauf Auch ein Rieffen worden, sie die obs blue hierumb [ver]stert Item abermals vor 5 Jaren sie vnnd 2 Irer geSpillen Auch etliche Irer+ weiber so [ver]brendt worden, seyen vf die Mulwisen gefahren, daselbstenn der bosse gaist ein Reiffen gemacht, d[as] er die weidt [ver]gifft ~ W e m v n n d wi e u i l s c h a d e n s i e a n d e m vihe gethon Item nechstvergangnen herbst sey sie vnnd Ir geSp[ill], Buel Teufel dem georg geiger .2. mall nachein nander In den pferd stal gefahren, daselbsten ein hengst vnnd stuetten pferdt, mit Irer Teufels salben, vf dem Ruckhen geschmirbt, d[as] die sterben muessen, Item vor ander halb Jaren dem altten wurth alhier sie vnnd ir Buell Teufel ein praun pferdt vf dem Ruckhen geschmirbt, d[as] es sterben muessen, [5] Item nechstuergangnen herst vnnd wintter meinem g[nedigen] hern Landt Commenthurn 2 pferdt sie vnnd Ir buel vf dem ruckh[en] geschmirbt, d[as] sie beede gestorben, Item vergangen herst habe sie dem hannß peurlein Neuem wurth alhier d[as] Taglohn gearbeittet, vnnd damals, demselben ein schwein mutter an dem bauch geschmirbt, d[as] sie dauon sterben muessen, Item donnerstag den 29. nacht abgeloffnen monats Martii bey nächtlicher weil, habe sie Leonhardt vischern Ampt Knecht alhier ein pferdt mit Irer salben vf dem Ruckhen geschmirbt, das es darnach Kranck w[orden] Item dem schwitzer Jörglein alhier vor ainem Jar ein Kue geschmirbt, daß man dieselbig (Reuerendo zue melden) Lebendig schinden muessen, Item Hanns Mannemair dem alten In [ver]gangnem Sommer vnnd georg geigern, beede alhir In dem herbst Jedem ein Reupling geschmirbt d[as] sie beede daran gestorben,

Rieffen: ‘Raureif’ blue: für bluet ‘Blüte’ [ver]stert: ‘zerstört’ Reiffen: ‘Raureif’ herst: ‘Herbst’ Reupling: ‘einjähriges Rind’

125

130

135

140

145

150

155

160

Ellingen 1590

31. vnnd 32.

33.4.5.6. vnd 37

38.9.40.1.2 vnd 43

427 Item diesen vergangnen windter Caspar Hainoldten 2 Kue geschmirbt, daß sie+ dieselben nich rech Kelbent, vnndt beede Kelblein sterben muessen, Item dem schwaben pauren alhier vor 2. Jaren 2 Kue, Carl Maustern badern so ihr schwesterman vor 2. Jaren 2 füll vnnd vor 2. Jaren der furth-berbel seligen ein Kue, alle mit Irer Teufels salben geschmirbt d[as] sie dauon gestorben, Item vor 2 Jahrenn dem Bartholomæ Teufell Stainmetzer alhier ein Kue, gerg schmausern zuer blaß[en] vor aim Jahr 1 oxen dem schrentzen zue oberndor -f vor aim Jahr ein Kue, hannß Schmidtlein zu geppersdorff vor 12 Jarn ein Kue,

165

170

175

44.5.6.7 vnnd 48.

49.50.1.2. vnnd .53.

54.5.6.7. vnndt .58.

59. 167 182 202

[6] der dolmein zue fuegenstal vor 6 Jahrn ein Kue vnnd dem Reichardt Michele zue geppersdoff sie vnnd Ir buel alleß mit Irer Teufels salben geschmirbt d[as] es dauon gestorben, Item vor 2 Jaren dem Leonhardt wickhel zue hotting[en] ein Kue, vor 7. Jahr dem Schretzenn muller ein Rauppen, vor 12 Jaren dem Leonhardt schmidt zue hotting[en] Ein Kue, vor 10 Jaren hanß Kuglern dem Elttern daselbsten ein K+ Reupling vnnd dem Hanns Endern zue hotting[en] auch vor 10 Jahren ein Kue mit Irer Teufels salben geschmirbt daß es alles dauon gestor[ben] Item vor 10 Jahren Marttin Ruxner zuer blassen ein Kue hanns Nuslein schreiner vor 8. Jarn ein Reupling, Pfarrer zu haußen vor 4 Jaren auch ein Reupling, dem miller daselbsten vmb erstgemelte zeitt ein Reupling, vnnd Leonhartt hetten barn zum waldthers hoff vor 5 Jaren ein Reupling, alle bei der Nacht geschmirbt, d[as] es dauon gestorbenn ~ Item hanns bengeln zue hörlbach vor 5 Jaren ein Raupling, Michael Burern daselbsten Auch vor 5 Jarn ein Reupling, dem Sendtlein schmied alhier vor 2. Jaren ein Kue, der scheyt Anna vor 5 Jaren ein Rupling vnnd vor 3 Jaren dem Jung[en] fuehrbeckh[en] alhier, ein Reupling, sie vnndt Ir buell bei der nacht mit Irer Teufels salben solche Oberzaltte stuckh alle vf dem Ruckhen geschmirbt d[as] dauon gestorben, Item vor 6 Jarn der großKopffin alhier ein Kue zue Todt geritten ~

füll: ‘Füllen, Fohlen’ Rauppen: identisch mit Reupling ‘einjähriges Rind’ Oberzaltte stuckh: ‘oben erwähnte Stück Vieh’

180

185

190

195

200

205

Östliches Süddeutschland

428

Wa ß v n n d wo s i e d e m me n s c h e n a n Leib vnnd Leben schaden gethon,

.60.

61

.62.

63.

64 vndt 65

66.

67.

68

213 214 222 223 236 237 239

[7] Item nechstvergangen wintter seye sie die Alttwurthin vnnd mit Inen Ire buel Teufel dem Steffan burckh[en] alhier In sein Kam[m]er gefahren, demselben ein Teufels Puluer, fur d[as] Peht gethreet, als er aber daruber gang[en], hab er erKrummen vnnd vor wenig wochen sterben muessen, Item alß sie vnnd M[aisterin] Simoni In des Scheffmaisters alhie behaussung bey ein nander gewont, da sey wolff Redlein schneidern alhier zue Innen Kommen, dem sie ein salben In ein Pier gerurt d[as] er gethrunk[en] davon weg[en] er außdorren vnndt sterben muess[en] Item vhngefehr 8 wochen vor deme ehe sie gefencklich angeno[m]men worden, habe sie vnnd Maister Simonj dem furth Ketterlein alhier d[as] geschoß fur Ir Thur gossen, d[as] sie an einem fueß grossen schmertzen beKhom[m]en, Item vor 3 Jaren habe sie fur gerg Laien haußthur alhier ein Teufels Puluer gestreet, wer aber daruber gangen od[er] waß fur ein schaden, darauß ervolgt wisse sie nicht, Item vor vhngefehr 3 Jaren habe sie ein Teufels Buluer In veit doschen gartten geseet, daruber dessen 2. medlein gangen vnnd also beede nacheinander gestorben, Item vhngefehr vor 6. od[er] 7. Jaren habe sie bey nächtlicher weil, wolff schneidern seeligen alhier In sein-em Peht, mit Irer salben vnnd d[as] hertz geschmirbt daß es sterben muessen, Item vohr 3 Jaren Adam westerman selig[en] bei d[er] nach mit Irer salben auch vmb d[as] hertzen geschmirbt, d[as] er dauon gestorben, [8] Item 8 tag vor deme ehe sie gefencklich eingezog[en] worden, hab sie vlrich fur leger alhier ein Teufels Puluer fur sein hauß thur gethreet, daruber sein Suhn

Peht: ‘Bett’ gethreet: ‘gedreht, geworfen’ hab er erKrummen: ‘sei er lahm geworden’ Maister Simonj: Gemeint ist wohl Maisterin, also die Frau des Maister Simonj. geschoß: wohl ‘Hexenschuss’ vnnd: wohl ‘um’ (Schreibversehen für vmb, vgl. Punkt 67) es: wohl ‘er’ (Schreibversehen) nach: ‘Nacht’

210

215

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225

230

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240

245

Ellingen 1590

.69.

70.

71

72 vnnd 73.

74.

.75.

.76.

.77.

429 Jerg genandt, gang[en] dauon wegen, er gleich von Sinnen Khom[m]en, vnnd sterben mussen ~ Item M[aister] Simoni zimerman alhier seligen, hab sie vor vhngefehr .2. Jaren mit der salben vmb d[as] hertz geschmirbt, d[as] er dauont wegen sterben muessen Item Caspar sendtlein den Elltern seligen vor vhngefehr .7. Jaren auch mit der salben geschmirbt daß er dauon gestorben, Item vor 1 Jar dem Leonhardt Pffefferlein alhier seeligen habe sie vnnd die M[aisterin] Simoni ein salben vmb d[as] hertz geschmirbt, Item vor 7 Jaren dem schrentzen zue Oberndorff ein bueblein vnndt medlein geschmirbt, d[as] beede nacheinnander gestorben, Item vhngefehr vor 10 Jaren+ od[er] 11 Jaren seye sie nachtlicher weil gehn Ottmanfeldt In Jacob franckh[en] behaussung gefahren, Alda dessen hausfraw selig[en] mit Irer salben, vmb daß hertz geschmirbt d[as] sie erstorben, Item vngefehr vor 1 ½ Jaren der groß Kopffin Tochter Margaretha alhier die den hunds bueben gehabt, In der nach in Irem Peht vmb d[as] hertz geschmirbt, d[as] sie gestorben, Item vhngefehr vor 9 Jaren, hanns schneidern alhier mit Irer Teufels salben geschmirbt d[as] er sterben mussen, Item nechstuergang[en] Sommer, seye sie vnnd Ir Buel Teufel bey nechtlicher weil gehnn hofeß bach hauß gefahrn, alda Ir salben Inn ein bir …+ gerurt

250

255

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265

270

275

.78.

.79.

80 vnnd 81

273 284

[9] welches Enders hertzog maister beckh gethrunck[en] dauon wegen er ausdorren mussen vnnd sterben muessen, Item vor 11 Jaren den Schaw Enderlein zue geppersdorff geschmirbt daß er sterben muessen Item vor 9. Jaren Alß hannß Tolman zue geppersdorff geseessen Ime vmb d[as] hertz geschmirbt das er Lang Kranck hernach zue fuegenstal gestorben ~ Item vhngefehr vor 12 Jar den alltten Schin hauß[en] zue höttingen, vnndt vor 15 Jaren den weber gergen daselbsten beede vmb Ire hertz geschmirbt, d[as] dauon sterben muessen

gehnn: ‘nach, zu’ das er Lang Kranck …: so dass er lange krank gewesen ist und …

280

285

Östliches Süddeutschland

430

82 vnndt 83

84 vnnd 85

.86.

.87.

.88. 89 90 vnnd 91

92. vnnd 93 94 vnnd 95+ 94.5.6. vnd 97

301 304 315 318

Item vor 3 Jaren gerg Ruerer seeligen gewesenn wurth alhier vnnd sein hausfraw seelige beede vmb d[as] hertz geschmirbt d[as] sie Lang Kranck gewessen vnndt hernach sterben muessen, Item vor Ainem Jar, dem hanns Richtmair schreiner alhier habe sie bey nächtlicher weil sein hausfraw vnndt ein Tochterlein vmb d[as] hertz geschmirbt d[as] sie beede dauon sterben muessen Item vor etlich Jaren seye sie [INT] ªmitº Irem Buell Teu fell In d[as] Schloß vnnd Triseley alhier gefahrn daselbsten ein Teufels salben, In ain Ken -dlein vol wein gerurt, welches her Jerg zickh gewester Trisler Teusch ordens selig[en] gethrunckhen vnnd hernach von sinnen Kommen, Auch derhalben sterben mussen [10] Item vor 3 Jaren heinrich praunen…+ Jeger alhir ein Tochterlein geschmirbt d[as] es gestorbenn In welchen Tadten d[er] mensch[en] Ir der bosse gaist geholffen vnnd ahngewissen Auch selbst etliche person geschmirbt, Vonn denn Trucken Item hanß Peurlein Neuen wurth alhier In nechst uergangnen Wintter alß er zu nacht voll gewe -ssen vnnd nicht gebett hab sie Inne gethruckt Item In diessem [ver]gangen wi[n]tter georg geig[er]s hausfraw In Irer Kindt peth, den hailig lentze vnndt Thoma hainen getruckt, Item Abermalß nechst [ver]schienen wintter hab sie den hanns westerman vnndt sein weib .2. mal nachein nander gethruckt, Item wiederumb In diesem verschienen wintter des hern Secretarii alhier Kellerin, die Katharina fintzerin, den genß Liendal vnndt georg From[m]en alhier alle nachein nander getruckt

Triseley: ‘Schatzkammer’ Trisler: ‘Schatzmeister des Deutschen Ordens’ Trucken: ‘drücken’, hier im Sinne von ‘Alpdruck verursachen’ gebett: ‘gebetet’

290

295

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305

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315

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325

Ellingen 1590

431

Abb. 49: Stadtarchiv Weißenburg, A 1057, S. 8

HEMAU 1616 Überlieferung Prozessort: Hemau Prozesszeit: 1616 Überlieferungsform: Handschrift Archivverweis: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 20 Blatt: 1r–2v, 4r–7v (Archivzählung) Weitere Editionen: – Publikationen: –

Inhalt Die Bäckerin Euphrosina Koler ist in einem Hexereiprozess von der Furtnerin als Hexe besagt worden und wird hierauf am 5. Dezember 1616 vermittels eines vorgefertigten Interrogatoriums gütlich, allerdings in Gegenwart des Scharfrichters, verhört. Diese Phase der Gerichtsverhandlung ist in unserem Textausschnitt dokumentiert. Auch in der darauf folgenden Befragung unter Folter ist die Angeklagte zu keinem Geständnis zu bewegen, so dass sie wieder ins Gefängnis gebracht wird. An dieser Stelle bricht das Protokoll ab, weshalb über den weiteren Verlauf des Prozesses keine genauen Aussagen gemacht werden können. Dass er vermutlich für die Angeklagte keinen positiven Ausgang genommen hat, steht jedoch zu vermuten, denn, laut einem späteren Vermerk in der Akte, waren Ihre Vbelthaten so weith offenbahr, das mann vonn ihr mit der Tortur nicht ehr ablaßen od[er] Außsetzen köndte, sie hette denn dieselben bekandt.

Schrift und Sprache Der Text zeichnet sich durch ein sauberes Schriftbild sowie eine übersichtliche Gliederung aus. Dem vorgeschalteten, aus 20 Punkten bestehenden Fragenkatalog folgen die Antworten der Angeklagten. Interessant ist, dass der Protokollant an einer Stelle eine eigene Frage festgehalten hat (vgl. Z.180ff.), dabei von sich selbst in der dritten Person als Gerichtsschreiber redend. Die Antworten der Angeklagten sind teilweise als unglaubwürdig kommentiert, so wenn er sie als P[ræ]tension oder Mend[acium] bezeichnet. Die Schreibsprache des Protokolls zeigt oberdeutsche Kennzeichen (kh-Schreibungen, ai-Schreibungen etc.), es finden sich allerdings auch eher ins Mitteldeutsche weisende Merkmale (vf, nicht u.a.).

Hemau 1616

433 [1r]

1. 2.

3. 4. 5.

6.

7.

8.

3 5 7 25

Interrogatoria Warauf Euphrosina kolerin, Beckhin vonn Paindten guetlich vnnd mit fürstellung deß Nachrichters bespracht worden. Was Ihr gewerb Vnndt handthierung sey? Ob sie nicht einmahl abgebrandt, vnnd vmb alles kommen, gar baldt Vnnd blözlichen aber Widerumben so Reich worden, daß sie Äckher mit bahrem gellt ann sich erkauffen kennen? Durch Was mittel sie solches gellt erlangt? Ob sie nicht noch heutiges tages bahr gellt habe, wieuil Vnnd woher? Ob sie es nicht durch einen Geist oder gelltteuffel Vber ko[m]men, Wie solcher Geist heiße, Wann, Wo Vnnd Welcher gestallt sie denselben ann sich gebracht? Ob sie nicht eine so offenbahre Hechxe sey, Das Jederman Vnnd fast die kinder vf der gaßen, Vonn Ir Vnd Ihrer hechserey zuesagen wißen? [1v] Ob Sie daher nicht Inns Angesicht für eine hechse Vonn etlichen leuthen gescholten worden, Vnnd solches nit geandet oder Verantworttet? Ob auch Vonn deßwegen, domales wie man+ die Furtnerin Inn Verhafft gelegen, inn großer Angst Vnd Sorg gestanden, Vnnd sich Verlauten laßen, werde man allso mit derselben forthfahren, wolle sie sich nicht seumen sonndern auß dem Staub machen?

5

10

15

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35

40

Beckhin: ‘Bäckerin’ Nachrichters: ‘Scharfrichters’ bespracht: ‘zur Rede gestellt’ handthierung: ‘Beschäftigung’ Das: Der Schreiber hat vor dem Wort Das mit einem großen J angesetzt, offensichtlich um das Wort Jederman zu schreiben, dann aber abgebrochen und wohl die Streichung des Buchstabens J vergessen.

Östliches Süddeutschland

434 9.

10. 11.

12. 13.

14.

15.

16.

17.

44 46 57 76

Ob sie nicht mit dem teuffel außgefahren, Vnnd vf demselben inn einer Zuchtel gestallt geritten Vnd dahero bey meniglich die Zuchtel Reutterin genennet werde? Ob sie nicht vf solcher Zuchteln gehn+ zum tanz geritten? Ob sie mit der Furtnerin nicht in die kuhe stall gefahren Vnd d[as] Viech darin todt geritten, Wann, Wo Vnnd wem? [2r] Ob Sie den kuhen die Milch nicht verderbet, wie Vnnd Wardurch? Ob sie nicht das stinckhende Barin Krauth darzue gebraucht, Vnd daselbe den kuhen Inn des Teuffels Nahmen, Inn den hallß geschoben, Vnd dordurch die Milch so dieg Vnnd zehe gemacht, das man dieselbe, wie einen darm ziehen können? Ob sie nicht ein bösen geist zue einem buelen habe, Vnd mit demselben Vnzucht getriben, Vnnd derselbe nicht Grienheinzel heiße? Ob sie mit solchem Irem buelen neben der Furtnerin Vnd ander Vnholden inn d[as] holz heuberg hint[er] Aichkirchen, Egindt gefahren, Vnd sie daselbsten andern Vnholden fürgezogen worden, dieweil Sie am stattlichsten geschmucket gewesen? Ob nicht Inn solchen, Vnnd andern Tänzen Ir buel der Rayen füehrer oder Vortanzer gewesen? Ob sie nicht der Furtnerin gespülin nicht Vor 8 oder 10. Jahren hero gewesen Vnd mit derselben auch inn

Zuchtel: ‘Zuchtschwein’ Reutterin: ‘Reiterin’ Barin Krauth: wohl ‘Bärlauch’, vielleicht auch ‘Königskerze’ Rayen: ‘Reigen, Tanz’

45

50

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Hemau 1616

435

18. 19. 20.

[2v] hannsen Sachsen keller gefahren? Ob sie nicht mit der Furtnerin Im Wassergraben getanzet? Ob sie mit der Furtnerin das laub an den Bämen nicht verderbet? Ob sie Vonn der Furtnerin Mann der hechserey halben nicht ein mahl abgeschmiret worden? ~

85

90

In præsentia herrn d[octor] Sitonii Gerichtschreibers, hannsen Bäbstels hannsen Fuchsens Vnnd Vlrichen Vorsters B[urger]n zue hembaw. ~

[4r] Montag den 5. Decembris A[nno]p[erge] 16. Vormittag, Ist Euphrosina koler Peckhin Vonn Paindten Vf dem Rathhauß alhier zue hembaw fürgefordert, Vnnd derselben gleichförmiger Vortrag wie anderen Ihres gleichen beschehen, Vnnd hat Vf die Nechst Vorgehendte Interrogatoria folgender maßen Außgesagt. 1. Sey ein Peckhin treib sollich handtwerckh nunmehr Inn die 28. Jar Vnnd ob sie wohl Innerhalb solch[er] zeith 2. Jar lang ein Wittfraw gewesen, hab sie doch nichts desto weniger mit solchem handtwerkh sich ernehret, henget daneben an, d[as] sie 200 f[loren] gehn Paindten gebracht, Allß aber Ir Erster Mann gestorben, hette er Ir 3 kind[er] [4v] kind[er] Vnnd sonnsten nichts außgenohmen Vmb 8 f[loren] melb hinderlaßen.

86 89 91 96 105 106 111 117

Bämen: ‘Bäumen’ abgeschmiret: ‘durchgeprügelt’ In der Akte fehlen fol. 3r und 3v. hembaw: Hemau ob sie wohl: ‘obwohl sie’ Wittfraw: ‘Witwe’ f [loren]: ‘Gulden’ Vmb 8 f [loren] melb: ‘für ca. 8 Gulden Mehl’

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100

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115

Östliches Süddeutschland

436

2. Ja, sey vf Ostern, vor 9. Jahren Vnnd bey zeiten Ires Jezigen Manns geschehen, Vnd habe nur 1. beth und bey 40 od[er] 50 f[loren] Vnd ein wenig Viech herauß gebracht, Vnd mit gemelten 8 f[loren] melbes zue backhen widerumb angefangen, zue dem auch Iren Mantel Rockh Vnnd bethe Verkaufft Vnnd sich dardurch wid[er] Vfgeraufft Vnd biß dato ernehret. der Müller zue Brun hette Ir auch ein schaf Melb fürgestreckt, Vnd der liebe Gott sie bey tag Vndt Nacht gesegnet biß sie ein Ander heußlein gebawet, [5r] sonsten mueße sie bekennen, d[as] sie durch den Brandt vmb alles kommen, hab auch niemahles Äckh[er] gekaufft allß Vergangen Ostern Vonn Geörgen Teischinger ein stuckhlein P[ro] 33 f[loren] 3. et 4. hab bißweiln ein funffgulden zue Regenspurg an Schweinen gelegt, Vnd ein funffguld[en] daran gewunnen, Vnd solchen Schwein handl allso Immer forthgetriben, Vnd die 40 f[loren] Welche sie auß dem Abgebrandt[en] heußlein weckh gebracht Jed[er] zeit gesparet das getraidt zum backhen Vonn Pauren geborget; Ausserhalb dieses gelltes vnnd was man Je fürgenohmener Inuentur bey Ir gefunden vnd zum Gericht anhero gelifert, Vermächte sie kein einig[en] heller 130 133 162

Vfgeraufft: ‘hochgerappelt’ schaf: Mehl- bzw. Getreidemaß (vgl. Scheffel) einig[en]: ‘einzigen’

120

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Hemau 1616

437 [5v] od[er] Pfennig, Es were dann, d[as] sich etwann ein Pfennig inn einer truhen Verfallen, 5. Negat, Vnndt spricht sie habs durch guete leuth erlangt, Vnd nach abbrennung Ires heußleins Vonn hannsen Vorstern ein schaf getraidt Vfgeborget, mit demselben sich wied[er] gebeßert, Jedoch nichts erobern können, Auch nie kein gellt mehr gehabt, Allß d[as] Jenig so man herein gebracht vnd sie Vmb den Ackher gegeben; Vnd wie sie bey diesem Inter[rogatorium]: durch den Gerichtschreiber befragt worden, daß+ wie es doch ko[m]m, d[as] sie Ir broth Jederzeit größer dan die Andern Peckhen, gemacht, [6r] Man sagte gar starckh es muse nicht recht Zuegehen, sonnsten wen es Vmuglich d[as] sie dabey bleiben köndt: hatt sie für gewendet, die Andern Peckhen hetten 2. mahl größern gewin dann sie, derhalben sie daß Broth größer gebackhen damit sie die leuth so Ir d[as] getraidt geborgt, bezahlen können, welche Ihre P[ræ]tension wunderbarlich anzuehören gewesen, 6. Sey kein, könne sich gewallts nicht erwehren, wann sie ein solche were, wollte sie auß dem Ambthauß, darin sie so lang

175 190 191 198

erobern: ‘gewinnen’ Vmuglich: ‘unmöglich’ (Schreibversehen) für gewendet: ‘vorgebracht’ P[ræ]tension: ‘Behauptung’

165

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200

Östliches Süddeutschland

438 ledig gangen, wohl gefahren sein, Vnd biß daher nicht gewarttet haben. 7. Wenn es schon geschehen, hab sie sich alzeit Verantworttet.

Mend[acium]

[6v] Vnd allß sie sich+ einmahl Vonn Irer Nachtbarin hannß Hafnerin [INT] ªReuterinº für ein Zuchtel Reiterin gescholten worden, hab sie sich mit d[er]selben gerißen Vnd bluetig geschlagen, gemelte Ihre Nachbarin hette es auch Vor dem Burgermeister zue Paindten gelaugnet vnd wider ruefen. 8. Negat. 9. Wolle denselben sehen der solches Vf sie erweisen könn Vnd were dieses Puncten halb[er] mit dem platner gewesenn wächtern zue Paindten, Vor herRen Pflegern alhier zue hembaw fürgestanden, welcher blattner sich+ [INT] ªSieº entschuldigt, d[as] dieses gespenst nicht bey Ir sond[er]n der Furtnerin gesehen worden. [7r] der PfarRer ªzu Baintenº so hieruon inn seinem Schreiben kundtschafft geben, were Villeicht fälschlich berichtet, derwegen sie weiter zue Inquirirn gebetten haben wollt. 10. et 11. Negat,

210 221 231

sich … Verantworttet: ‘sich gerechtfertigt’ Mend[acium]: ‘Lüge’ Pflegern: ‘Gerichtsvorstehern’

205

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Hemau 1616

439 12. Negat, Vnd die Furtnerin meße Ir solches mit Vngrundt bey, 13. 14. 15. Negat, 16. Wiße Vmb solche sachen nichts 17. hab wed[er] mit Ihr noch andern Vnholden zueschaffen gehabt, 18. 19. Negat, 20. Vf diß Inter[rogatorium] hat sie anfenglich nicht wohl zue ant[7v] wortten gewust, entlich ab[er] vf scharpfes zuesprechen Vermeldt, es were nicht d[er] hechserey halben, sonndern der Vrsachen beschehen, weiln sie nichts mit der Furtnerin Reden wollen, Vnd zue derselben gesagt, Furtnerin du bist nichts nuz; Item weiln sie kolerin Ihren kindern Inn d[er] Furtnerin hauß zuekom[m]en Verbotten, Vonn deßwegen daß dieselbe sie zuuerkrumpen getrawet, Ir auch das hauß abgebrent; Item d[as] ihr [INT] ªderoº böses fürhaben durch Ihren der kolerin Mann durch einen Aimer waßer welchen er d[er] Furtnerin an statt eines begerten anlehens geReicht Vfgethan Vnd zue Nichten gemacht worden

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zuuerkrumpen: ‘krumm zu machen’ getrawet: ‘gedroht’

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440

Östliches Süddeutschland

Abb. 50: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 20, fol. 4r

MEININGEN 1611 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Meiningen 1611 Handschrift Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, Bestand Gemeinschaftlich Hennebergisches Archiv (GHA), Sektion VI Nr. 705 65r–67r (Archivzählung) Schmidt (2004) Kippel (2001), Mötsch (2003), Rollberg (1938)

Inhalt Die vorliegende Urgicht dokumentiert Aussagen von Erhard Dreißigacker aus Bettenhausen, der aufgrund von Erzählungen seines zehnjährigen Sohnes in den Ruf geraten ist, mit dem Teufel gemeinsame Sache zu machen. So könne er auf seltsame Weise Korn zaubern. In gütlicher und peinlicher Befragung gesteht Erhard dies und gibt zudem an, sich dem Teufel versprochen zu haben. Dafür habe ihm der Teufel drei schwarze Hunde verschafft, die ihm bisweilen zu etwas Geld verholfen hätten. Im Text kann kein genauer Hinweis auf den Prozessort gefunden werden. Es wird daher angenommen, dass der Prozess im zuständigen Amt Meiningen stattgefunden hat (vgl. Füssel 2003).

Schrift und Sprache Die Urgicht ist in flüssiger und geübter Schrift verfasst, wobei die Trennschärfe bei den Zeichen ¢H², ¢h², ¢K², ¢k² sowie bei ¢o², ¢e² und ¢a² bisweilen zu wünschen übrig lässt. Recht unüblich ist die im Präteritum gehaltene, durchnummerierte Wiedergabe von Aussagen zu einzelnen Punkten (Typus: 3. Bekande Er). Aus heutiger Sicht mutet die Schreibsprache eher unauffällig an, lediglich einige wenige Regionalismen (metzlein, kerles u.a.) sowie Verschleifungen (vfr für ‘auf der’ etc.) sind feststellbar.

Östliches Süddeutschland

442

[65r] Den 1. Junii A[nn]o p[erge] 1611 Bekande Erhardt dreißigecker vonn Bettenhaußen bey sein nach benambter 1. Daß vor 4 iahren sein Hexerei weg[en] fluchtiger Bruder Cuntz ihme Zu entbottenn, daß er ihne doch besuchen vndt Zu ihme gein Stockheimb kommen wölle, Alß nun solchs geschehen, hette er ihme sein elend vndt noth geclaget, Vndt daß es ihme ganz kummerlich ergehe, Erhardt gesaget, es gehe ihme b+ ebenermaßen auch gar klam, Sein Brueder gesagt, wan er ihme gehorchen wölte, so wolte er ihme waß lehren vndt geben, daß er korn bekommen solle, Er drein gewilliget, vnndt sein Brueder ihme einen halben Pflugs rinken so inwendig vfr Achßen geleg[en] vndt gleisendt geweßen, geben, dene er vber sein Korn ins Teufels Nahmen hengen solle, so wurde er deßen gnug haben, Welchen er, wie er zu hauß kommen, an ein seil gebunden, vndt vber seinn korn gehenget, Auch alle wochen nur einen tag, doch 4. oder 5. mahl, daran ins teufels nahmen, geleutet, were iedes malß ein halb metzlein [65v] korns heruntergefallen, 2. Bekante er, daß nach solchem, vmb Johannes tag, alß er vf den Geißhaugk in die beer gehen wollen, Sey ihme ein kerles ziembliches alters, in hubschen schwartzen Kleideren, vnndt einem grunen huet, vfgestoßen, ihne angesprochen vnd gesagt, Woher Woher, Er geantwortet, Er were in beer [INT] ªenº geweßen, vndt zum kerles gesagt, er hett drey wacker hunde bey ihme, Er geantwortet Ja, die wolte er ihme Ver keuffen, mit dem gedinge, 8 9 14 18 19 26 33 40

entbottenn: ‘mitgeteilt’ gein: ‘nach, gegen’ klam: ‘schlecht’ rinken: ‘Ring’ gleisendt: ‘glänzend’ metzlein: Diminutiv von metze (Getreidemaß) kerles: ‘Kerl’ mit dem gedinge: ‘unter der Bedingung’

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Meiningen 1611

443 daß er wolte sein sein, vndt hergeg[en] Gott verleugnen, eß seyn guete hunde, vndt könten viel guetes, wurden ihme auch geldt bring[en], Do hette er ihme einen groschen vor solche hunde gegeben. 3. Bekande Er, wie er dem Kerles die hunde aberkauft, hette er ihme angeleg[en], sich in+ zu ihme in dienst zuuersprechen, vnd zu thuen, was er von ihme haben wolle, vndt hingegen Gott im himmel verschweren, Welchs er gethan, vndt ihme die rechte hanndt drauf [66r] geben, auch gesagt, Er wolte dem Herrn Christo nicht mehr, sondern ihme dienen vndt sein zu sein 4. Bekande Er, Alle Vier wochen sey sein Herr der Teufel zue ihm kommen, vnndt gefragt, Ob er auch korn vnndt geldes gnug habe, Er gesagt, Ja er hette deßelben so viel, das er sich damit behelffen kont. 5. Bekante Er, daß die hunde stets im Parren vndt im Pferdtstalle geweßen, Ihme auch wochentlich ieder 2. gr[oschen] bracht, die hetten geheißen, Wacker, Kittel vndt Spanier, hetten aber nichts gefreßen. 6. Bekante vndt wolte es vf seiner seelen seligkeit erhalten, daß seine Fraw wed[er] an dem seile geleutet, noch die hunde gesehen, Sein Sohn aber hette die hunde wohl gesehen. 7. Bekandte Er, daß gestern sein herr im gefengknuß zu ihme kommen, gesagt, Er wurde alß heute gemartert werden, Er wolte

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[66v] nun von ihme, er mochte sehen, wie ers machte, 8. Bekande er, daß vor ein Vierteil iahr sein Herr zu ihm gesaget, er solte ihme die hunde 48 66 72

angeleg[en]: ‘nahegelegt’ Parren: ‘Krippe, Kornscheune’ vf: ‘bei’

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Östliches Süddeutschland

444

wiedergeben, er wolte ihme ander bringenn, Welcheß er gethan, aber keine andere bekommen, der Pfluegringk liege vnder dem Altenn eißen. 9. Bekande Er, daß er deß kerles+ [INT] ªkornsº nicht Viel genoßen, die wochen aber hette er mehr nicht alß 6 gr[oschen] an eintzelen Pfenning[en] bekommen. 10. Bekante Er, daß vor 16. iahren er nebenn ein andern die hemkette nur schalckheits wegen der Böhnin abgenommen, Vndt vorn ein schritt oder zwen in deren+ [INT] ªIremº schapffen vergraben. 11. Andern tages, Bekante er, daß er des iahrs einmahl daß H[eilige] Abentmahl empfang[en], Vnndt nun 3. iahr hero den Leib Christi wieder auß dem Munde genomen, Vndt solchen seinem herrn zugestellet, was er aber damit gemacht, wiße er nicht.

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[67r] 12. Bekante Er, Sein Herr habe ihme gebetten,+ Ine geheissen, viel vmb zu bring[en], Von Menschen vndt viehe, solches aber hette er nicht viel+ thun wollen. In p[ræ]sentia Nicolai et Wolff Siebenfreudenn, Valten zieglers vnd Michael Schottens, beed[er] Centhschöpffen Herbert[us] Schulz

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hemkette: ‘Kette zum Hemmen eines Rades’ schalckheits wegen: ‘aus Spaß’

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Meiningen 1611

Abb. 51: Thüringisches Staatsarchiv Meiningen, GHA, Sektion VI Nr. 705, fol. 65r

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MERGENTHEIM 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Mergentheim (heute Bad Mergentheim) 1629 Handschrift Staatsarchiv Ludwigsburg, B 262 Bü 98, Urgicht Anna Matzet 1–18 (eigene Zählung) – Hexenverfolgung in Franken (2003), Wohlschlegel (2004), Wohlschlegel (1995)

Inhalt Anna Mazeth, die Ehefrau des „welschen“ Krämers Peter, wird am 18. Juli 1629 wegen Hexerei inhaftiert und in Beisein von Bürgermeister und Schöffen von einem kommissarischen Richter verhört. Das Protokoll dokumentiert eindrücklich die zwei unterschiedlichen Phasen einer gütlichen und einer peinlichen Befragung. Während Anna zu Beginn temperamentvoll Widerspruch und Einwände äußert, bricht ihre Gegenwehr in der Folter zusammen (Z. 169 ff.). Ihr dabei erzwungenes Geständnis ergänzt und wiederholt sie an den Folgetagen, ihr endtlicher Rechts dag mit Urteilsverkündung und Hinrichtung durch Verbrennen findet am 28. Juli 1629 statt.

Schrift und Sprache Es handelt sich um ein durchaus flüchtig verfasstes Protokoll, wofür neben ungewöhnlichen Worttrennungen und Zusammenschreibungen auch unvollständige Satzstrukturen und eine wenig zeichentrennscharfe Schrift sprechen. Eine Eigenart des Schreibers besteht im Weglassen bzw. im nur minimalen Andeuten des ¢c² in den Kombinationen ch und sch (gedacht, Schlegt u.ä.). Wir haben in der Edition das ¢c² stets notiert. Lediglich durch die Schriftgröße sind ¢k² und ¢K² sowie ¢h² und ¢H² zu unterscheiden. Schwierig ist des Weiteren die Identifizierung von ¢o², ¢e² und ¢a². Auffällig und im Vergleich eher singulär ist zudem das nahezu vollständige Fehlen jeglicher Interpunktion, das das Sinnverständnis bisweilen stark erschwert. Die Beschreibung des emotionalen resp. nonverbalen Verhaltens, das in der Regel nur sporadisch Eingang in die Protokolle findet, ist erwähnenswert. So hält der Schreiber fest, dass die Angeklagte hell lacht, als sie die Anklage hört, und dass sie fluchend mit der Faust auf den Tisch schlägt. Bei der Wiedergabe des Verhörs gibt der Schreiber häufig auch die Fragen der Angeklagten wieder, teilweise in Form eines Streitgesprächs.

Mergentheim 1629

P[ræsentibus] H[err] Com[missarius] d[octor] BauManß, H[err] Johan Braunß Burg[er]Meist vnd H[err] Geörg Schneiderß als bed[er] Schöpffen, Heinrich Miehlich, Malefizsch[reiber] Johan Buechners,

Denu[n]ciantes 1 Paull Gurren frau Eua 2 Hansen Albrehts frau Gögerß Christa 3 Wolff Kollenschlags Scho[n]en wirts Frau 4 Barb Schoderin

447 [1] Lunæ den 16 Julii A[nn]o p[erge] 1629 Anna, Petter Mazets Cremers zu Mergentheimb frau Sonsten der wälsche Petter g[enan]nt Hat gelacht von hellen wie die H[errn] Examinatores doch Solcheß vber ihr herzen bring[en] vnd der gleich[en] leütten denen vnrecht geschicht heraufer vfs Neühauß führen lassen dörffen Bitt ihr ein einziges ortt od[er] eing[en] Menschen wo vnd bei wehme sie Solle gewesen sein Habe oft gedacht ob d[as] ding auch khinde wahr sein daß der gleich[en] leütt vf Solchen Tänz[en] vnd ortten sein khinden Ob Man dan meine weill[en] ihr bruder vnd schwester verbrandt dassie auch ein solcheß Mensch sein Solle Bitt ihr nochmalß ein einziges Mensch vor zu stellen die ihr solcheß mit warheits grundt nah sag[en] khinde Obß gleich die ganze weldt Sagte so sey es doch nit [2] Gotts sacrament Man werde ia die leütt nit also nauß führen vnd verbrenen lassen Schlegt mit der faust vf den tisch bei den sacrament wan sie ein Solcheß Mensch wolte sie nichts betten Vnd wan ihr hochF[ürstlich] G[naden] selbsten da sezen würdten sie es doch nit geschegen lassen od[er] vber

1 37 40

5

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40

Betitelt ist die Akte mit Güet vnnd Peinliche Aussag Petter Mazeth Sonsten de|r+ß welschen Petterß g[enan]nt zu Merg[entheimb] hausfrauen Anna. Angegeben ist auch der Tag der Inhaftierung, der 18. Juli 1629, und der Tag der Hinrichtung durch Verbrennen, der 28. Juli 1629. nichts betten: ‘um nichts bitten’ sezen: ‘sitzen’

448

Östliches Süddeutschland ihr herzen bring[en] khinden d[as] ein vnschuldigen etwaß geschegen vnd wiederfahren solle Wan sie mit Solchen loster befl ekht wehre sie weiß Gott nit so kekh gewesen dassie vndter H[errn] Do[ctore]s gesicht gang[en] Sagt seye So Rhein alß die H[eilige] Junkhfrau Mutter Gottes Wan Manß den[en] leütten auch also gemacht wie Manß ihr mache vnd ein feindt schafft geg[en] ein getragen leichtlich Waß wiederwerttiges gescheg[en] khind[e], wolle sie zerreissen zerzerren vnd zer Martern lassen

45

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60

[3] vnd ihr gesagt worden wan ein Mensch dahero an diß orth ko[m]me sei es mit ihme auß Gotts sacrament so sei eß e so, wehme sie dan die schuldt mehrerß geben Solle dan vnß die Examinatores mainent Hieruf ihr zur andtwortt geben worden dise H[errn] So dar bei sizen haben nit gew ust dassie heütt werde ruff er gefürt werden Sagt sie e Contra wassie dan alda thun wan sie nichts drumb wissen Vff den thrülberg bei den sacramenth Tanz wie sie doch mit disen Narren werkh vmb gehen mög[en]

46 53 67 73 75 81

65

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75

80

loster: ‘Laster’ wie Manß ihr … leichtlich: wohl ‘wie man es mit ihr mache und eine Feindschaft untereinander getragen habe, so könne leicht’ mehrerß: ‘hauptsächlich’ ruffer: ‘herauf’ e Contra: ‘im Gegenteil’ mög[en]: ‘könnten’

Mergentheim 1629

449 Alß ihr nun angedeüt word[en] dassie an mehrern vnderschid en ortten gewesen wan sie Tanzen hette wollen sie woll an ein anderß ortt gegangen sein wolte [4] Da ihr nun auch zum vberflus ihre denu[n]ciantes vorgelesen worden, R[espondit] auß Neidtschafft Khinde einß balt also ein geben werd[en], Gotts Tauset herGott wie miesse diß ein ding sein ob Man einß dan auch hole wan etwaß habe daß ist im vernüg[en] od[er] aber Heüser vnd dergleich[en] Fragent ob einer dan auch ein Seell im leib, wan sie ein solche frau Miesse die ganze weldt verbrandt werd[en] Hieruf ihr angedeütt worden Man lasse nit von ihr bissie die warheit ihrer verführ ung anzeige vnd Solle Man vier wuchen mit ihr vmb gehen, R[espondit] last od[er] last nit Alß Man ihr nun ihrer gespil Schafft Extract vorgelesen word[en] R[espondit] waß diß für ein gaukhel Werkh seye wehr diß narr[en] Werkh also erdicht. Weill[en] nun nihts auß ihr zubring[en] gewesen ad deliberandu[m] endtl assen worden, ei mit disen

91 94 96 105 110 111 116

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ihre denu[n]ciantes vorgelesen: ‘ihr die Namen derjenigen vorgelesen worden, die sie besagt haben’ Tauset: ‘tausend’ ob Man … dergleich[en]: Der Sinn des Satzes wird durch die starke Verkürzung im zweiten Teil erschwert. Er könnte wie folgt paraphrasiert werden: ‘Ob man jemanden denn auch verhafte, wenn er etwas besitzt, das ihn zufrieden stellt, oder aber [wenn er] Häuser und dergleichen [besitzt]’. lasse nit von ihr: ‘entlasse sie nicht’ gespil Schafft: ‘Kumpanenschaft’ Alß man … vorgelesen word[en]: Grammatik-Versehen des Schreibers ad deliberandu[m]: ‘zum Nachdenken, Überlegen’

Östliches Süddeutschland

450

[5] Sacraments Tanz, Sie wisse vnd khinde nichts von d[er] gleich[en] vnd da sie waß khindte wolle sie d[as] d[as] Reich Gotteß an ihr Solle verloren sein Wan einer Examinatores inn himell ko[me] So kun[e] alle d[er] gleichen leütt in himell Wanß gleich Tausent mall geschriben d[as] sie ein Solche frau sei eß Tausent mall erlog[en] Hieruf ihr H[err] D[octor] BauMan gesagt er wolte d[as] er so woll im him el so gewis sie ein hex illa R[espondit] wan ihr So woll in der höll miese ihr strakhs drin sein, wie die ienig[en] leütt so vff sie bekandt vnd angeben ihr Seligkeit haben khinden bedacht haben Habe vermaindt sie miesse Sunsten vor die H[errn] heraufer vnd ihr diß dingß der hexerei halber ganz kein Scrupell od[er] gedankhen gemacht. Fragt H[errn] Geörg Schneidern waß er doch vber sein verbrandte frau denkhe [6] Da Man gesagt eß werde ihr gehen wie ihrer schwester im fall sie sich in d[er] gütte nit einst ellen werde Wolle sie beim Sacrament zerreissen vnd zerMarteren lassen Wan Manß H[err] D[octor] also erhet obs Dan recht nein wehre nit recht vrsach er nit also denu[n]ciret

120 133 139 151 153 155

da: ‘wenn’ illa R[espondit]: ‘jene hat geantwortet’ Sunsten: ‘aus anderweitigem Anlass’ sich … einstellen: ‘vor Gericht erscheinen’ zerreissen vnd zerMarteren lassen: gemeint ist ‘foltern lassen’ erhet: wohl ‘antäte’

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Mergentheim 1629

An den zug gestölt vnd Gebund[en] Vil gar vfgezog[en]

451 so wenig eß bei ihme recht so wenig eß bei ihr auch Recht Essei vnd khinde nit Müglich Sein, d[as] der Teiffel So vill gewalt haben Solle Nach verflossener bedenkh zeit Man werde ia Keinß verbren[nen] lassen wan eß kein hex nit Man werde es nit erleben d[as] sie solle verbrandt werd[en] Hieruf sie dem Scharpffrichter Vbergeb[en] word[en] khinde vnd wisse nichts Man Solle sie endtlassen wolle Sag[en] sei ein Hex ob es gleich Nit

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Confessio

161 166 172 189 190 194

[7] Bitt sie hinauß in die stuben zu lassen, da Man sie nauß gelass[en] Wan sie gleich waß Sage So thue sie doch vnrecht druf sie wider hirin gefürt word[en] Sagt deß BurgerMeister Brau Enß frau sey ihr lehrMeisterin erstlich in ihrer stuben mit einand[er] gedrunkh[en] nochmalß drundten im hauß wasser geben so sie vermeldt sie Hab Solcheß gebrent, Seithero ihr tochterMan auf Nahme Schnatt ach ko[men] weilln der throperei schreiber ihme nit porg[en] wollen sie sich dessen bekhlagt Solle nit also thun wolle ihr schon leichen auß zweien wassern zu drinkhen geben So sie ihren verwenden nach gebrent vnd zu ihr gesagt nun miesse sie mit vnd nundter in die

Essei: ‘Es sei’ wan eß kein hex nit: Sinn wohl ‘wenn sie keine Hexe sei’ (doppelte Verneinung) endtlassen: ‘hinunterlassen’ tochterMan: ‘Schwiegersohn’ throperei: ‘Draperie’ (Haushaltung des Deutschen Ritterordens, u.a. in Mergentheim) leichen: ‘leihen’

180

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Östliches Süddeutschland

452

stuben ko[men] darbei auch die apodekherin gewesen Sie Sagerin vnd Brein mit enand[er] getanztt vnd ein alter wisse nit obß der

Widerumb ganz von der erd[en] vfgezog[en] Zu Sambt angehenkhten stain ein viertl stundt lang Confessio

[8] Spörer gewesen vnd ermelte Brein ihr 2 goltg[ulden] auß ihren Beittel geben weilln sie mit ihr getanztt vnd gesagt nun miesse sie auch ein Solche frau sein will doch keine andere Specialia waß ferners dabei vorüber geloffen anzeig[en]

205

Essei So wahr als Gott im Himell Bitt sie zu endtlassen wolle es doch Sag[en]

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Repetirt nochmalß alsie zu der Neien Kremerin nab gang[en] vnd Gelt gebracht Sie solches gez elt vnd auß zweien gebrantten Wassern zu drinkhen geben draussie gedrunkh[en] vf Solcheß die ermelte neü Kremerin 2 goltguld[en] dern der eine vf dem Kürchoff gefund[en] word[en] geben vnd ihren iung[en] Sohn Hanß Lorenzen zu Man angebotten der auch ko[men] mit vermeld[en] er wolle sie holen druf sie ihme die handt geben vnd gefragt ob er ihr lieber sey dan vnser Her Gott sie gesagt vnser Herr, wölcheß er nit leid[en] [9] oder Haben wollen druf sie gesagt er Solle ihr lieber sein vnd bei ihr zu ligen begert

208 220 233

Beittel: ‘Beutel’ Neien Kremerin: ‘Neuen Krämerin’ vnd gefragt: ‘und er habe gefragt’

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Mergentheim 1629 Comixtus

453 der sich Hanß Lorenz genant wölcheß sie gethan am leib waich vnd gedeücht d[as] er an der natur wie sunst auch gleich ein and[er] Mensch[en] ausser er Geiß fies gehabt vnd wie der Lorenz gekhleidt gegang[en] Negelein Braun in ihrem hauß sie die Nei kremerin mit wasser wider getauft vnd die Apod ekherin ihr todt gewesen so mit wasser So sie auß Dem glas daraus sie ihr zu drinkh[en] geben inß Teiffelß nahmen getauft vnd auß obigen beden golt güld[en] ihr die apodekherin alß ihr todt den ein den ihr die Neü Kremerin zu gestolt gleich sam zum toden gelt geben Nah Solchem sie in H[errn] D[octor] Bau Manß keller vf ein stekhen so die Nei Kremerin geholt daruf sie neben ihr kremerin so wolen der Apodekherin gesessen [10] Auch einsten in des Cronenwirts keller aldort sie aber nichts außrichten Khinden fahr[en] wollen ªaber in H[errn] D[octor]. kellerº abermalß+ vf ihr der Cremerin stekhen vf welchen der, wie d[er] Hanß Lorenz gesech[en] auch gesessen vnd inß Teiffelß nahmen gefahren wölche wort die Neü Cremerin gesproch[en] der Lorenz wein in ein kantten wisse nit wehr sie dahin gebracht gelassen ihr die

246 249 251 261 266 280

ausser er Geiß fies gehabt: ‘außer dass er Ziegenfüße gehabt’ Negelein Braun in ihrem hauß: ‘Negelein Braun habe in ihrem Haus’ wider: ‘zum zweiten Mal’ vnd die Apodekherin ihr todt gewesen: ‘und die Apothekerin sei ihre Taufpatin gewesen’ toden gelt: ‘Taufgeschenk’ so wolen: ‘sowie’ kantten: ‘Kanne’

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Östliches Süddeutschland

454

1 2 3 4

vill ermelte Neü Cremerin einß gebracht druf sie ihr diß in deß vnd Jens Nah[me] gesegnet neben vermeldung habe sich diser her gefürt habe daheimb forthin genug zu drinkh[en] Vnd weillen der Mon geschi nen vnd hell gewesen Keinß lichts bedörft Co[m]plices Sie Sagerin Die Neü Kremerin Hans Brunen frau Paull nachtrebß Apodekherß frau vnd ihre Bulein vnd der Hans Lorenz ihr Bull

285

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295

300

[11] Vff dem Thrülberg seien sie zu sam[en] ko[men] vnd gewesen sie von schw egern damalß herein gang[en] vnd wie dohin ko[men] ihre gespi len schon aldort gewesen mit Ihrem Lorenzen für sih vnd hindter sih getanztt darzu Meischll der Alte Spörer gespilt die Nei Kremerin ein Kalbs gebrattenß auch wein gehabt vnd dahin gebracht dern sie einß auß ein glaß So sie in ihren Sakh gestossen vnd Wider mit geno[men] gebracht vnd sie ihrß in deß nahmen gesegnet do Man gesagt es werde ihrer ein ganzer hauff gewesen sein hatt sie anfang[en] zu lachen nach volbrachten Tanz hemb gefahrn Zur hindtern thier hinein im hauß ein weill vfgehalten nochmalß geg[en] ihren Man 285 290 322 324

305

310

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320

in deß vnd Jens Nah[me]: Gemeint ist wohl ‘in des Teufels Namen’ (hier als Zauberspruch zur Weinvermehrung eingesetzt). Mon: ‘Mond’ Zur hindtern thier: ‘zur hinteren Tür’ geg[en] ihren Man gestölt: ‘sich ihrem Mann gegenüber so gestellt’

Mergentheim 1629

455 gestölt alß ob sie erst wie Der von Schwägern wehre Herein gang[en] die zu obig ge Melten Tanz gebrauchte lichter so weiß geschin vnd der Cremerin Magt alß schwester [12] So d[as] licht in händen gehabt geleicht Wisse sunst nichts von der Magdt dassie auch ein Hex ausser Sie solche leichten seh[en]

1+ [et] 2 [et] 3 [et] 4

Complices Bei Solchem Tanz, Michel Kolbenschlags frau Cronen wirthin Capta Maximilian wolzen RentMeisters Frau Fuchsen wirthin Gottfridt Mege Rerß frau Dise zwu haben nichts mit ihnen gerödt ªdan sie sich vill zu stattlich gedeüchtº auch gessen vnd gedrunkh[en] vnd statliche leütt mit ihnen getanztt vnd khleid, Wie sie sunsten pfleg[en] zu tragen bei damalig[en] Tänz auch angehabt Gedenkhe wohl Man werde sie nit eben Krat Morg[en] hinauß führen lassen wolle sie bösser bestien vnd mehrer gespilen anzeig[en] Hab ihren Lorenzen anderst nit verehrt dan wassie ihme Lorenz haissen miess[en] [13] Habe weder Viehe noch leitten schaden angethan noch vill wenigerß wetter mach[en] Helffen

333 335 341 346 363

geleicht: ‘geleuchtet’ ausser Sie solche leichten seh[en]: ‘außer dass sie solche leuchten gesehen habe’ Capta: ‘die festgenommen ist’ zwu: ‘zwo, zwei’ leitten: ‘Leuten’

325

330

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Östliches Süddeutschland

456

Ob diß wahr so sie außgesegt ia ia ia Wan sie nun vnrecht thue vnd in die höll kumbe vnser herGott werde ia wissen wehr d[as] hun od[er] die ganß geopffert habe Wassie lang gebeicht Soll haben Sei die pur lautter warheit hab niemandts vnrecht gethan wassie ein mall gesaget dar bei Soll eß leiben [!] Will ihme d[as] Venerabile durch auß nit zu gestölt haben

370

375

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P[ræsentibus] H[err] Com[missar] D[octor] BauManß H[err] Geörg Schneiderß Heinrich Miehlichß HartManß Caspar HofManß Malefizsch[reiber] Buechners

Jouis den 19 Julii 1629 á pra[n]dio Wälsch Petterin ist vorgefordert vnd aller notturft nach erinnert Worden die Sagt wassie außge sagt darbei Solle es bleiben druf wolle sie leben vnd sterben

390

[14] Die Neü Kremerin seie zu ihr ko[men] vnd gesagt weilln sie so zornig gewesen were+ habe sie die verhafftin nit mit nehmen wöllen aber die throperei schreiberin Zimerwartterin vnd den Cronen wirdth hab sie in ihr ihr+ der Zimer wartterin hauß geno[men] Solcheß hab ihr obige Neie Cremerin Selbsten vnd[er] augen gesagt dassie aldort bei Sam[en] gewesen gessen vnd ged runkh[en] vnd so ein gutten muth gehabt vnd do sie wie obgemelt nit also geflucht vnd zornig gewesen wolte sie die verhafftin auch mit Geno[men] haben, warumb sie Ihrer Selen Seeligkeit 377 378 394

385

leiben: wohl ‘bleiben’ (Schreibversehen) Will ihme … haben: ‘will ihm [dem Teufel] das Altarsakrament nicht übergeben haben’ were+: Das Wort were ist mit habe überschrieben und dann durchgestrichen.

395

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Mergentheim 1629

457 ein beschwernuß mach[en] vnd solcheß Sagen wolte wan eß nit die warheit, Hieruf ist der Scharpff richter erfordert vnd sie anzugreiffen vnd ferners Zu Martern beuohlen word[en] mössen sie hinein gefürt Die hat ihr aussag bestetti get alleß wassie gesagt seie [15] Die warheit druf wolle Sie leben vnd sterben Vnd do Man ihr dessen kein glauben zu stellen wollen vnd durch den Scharpffrichtern binden vnd alle weill vfzieh[en] lassen wollen, die hat nochm Alß ihr gedhane Confessio affirmirt wolle druf leben vnd sterben auch ...+ Bei Gott dem Almechtig[en] verandt wortten ~

1 Confirmatio P[ræsentibus] o[m]nibus supra Nominatis

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Sabbathi den 21 Julii 1629 Wälsch Petterin erfordert ist doch+ nach vorgelesener ihrer ganz[en] aussag dern gest endig. wolle druf leben vnd sterben doch Solle Man die Neü Cremerin auch herufer führen lassen vnd also mit Ihr verfahren hierauf der Nachrichter erfordert ihr an die seitten gestält word[en] Die hat ihr aussag nochmalß wie hieuorn affirmirt vnd beiahet.

440

445

450

[16] Hieruf er Braun sie selbsten erinnert ob diß So sie außgesagt vf sein frau die warheit R[espondit] illa ia wassie außgesagtt d[as] seie wahr druf wolle sie beharren wolle rechenschafft

455

Östliches Süddeutschland

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bei Gott dem Almechtig[en] darüb er geben verhoffe auch eß werden eß andere thun, vnd Wie ihr nit zweiffle biß hero allen Recht geschegen Sein Do endtlich H[err] Braun, nit weitters gekindt hat er Neidt vnd feindtschafft prætendirt vnd vorgewent hieruf er befragt worden ob sie dan hiebeuorn Neüdtschafft Zu samen getrag[en] Sagt er wisse anderst nichts dan dassie welsche Petterin iedeßmalß ein Neidische frau gewesen vnd wan er etwan ein Pfenning mehr alsie wälsch Petterin gelöst dahero ein feindtschafft vf sie Geworffen haben möchte. Sonsten hat hin geg[en] wälsch Petterin b[eri]cht daß Meniglich vorgibt d[as] sein Braunenß Frau Ein Ahlraun

2 Confirmatio P[ræsentibus] á principio scriptis

460 466 468 474 480 486

[17] Lunæ den 23 Julii 1629 Anna Mazettin Wälsch Petterin g[ena]nt abermalß erfordert vnd Fernerß beifalß erinnert Sagt wisse fernerß nichts in 2berigen aber bleibe sie vff ihrer Confessio[n] bestendig druf leben vnd sterben hat sich befragt ob sie dan nichts in die kürch zuuermachen habe ist ihr zur andt wordt geben worden warumb diß nit so werde ihr Man gedenkhen d[as] diß nit wohl sein khinde weilln er ein Solche hexen frau habe.

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vnd Wie ihr nit zweiffle … geschegen Sein: ‘und sie zweifle nicht, dass bisher allen Recht geschehen sei’ prætendirt: ‘beansprucht, vorgeschützt’ Neüdtschafft: ‘Neidschaft’ gelöst: ‘verdient’ Ahlraun: ‘Alraune’ (Wesen mit Zauberkraft) beifalß: ‘weiterer Einfälle’

Mergentheim 1629 3 Confirmatio P[ræsentibus] supra scriptis

P[ræsentibus] á principio scriptis

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Martis den 24 Julii A[nn]o p[erge] 1629 Anna Mazettin wälsch Petterin erfordert, Sagt wassie einmall bekant vnd ausgesagt druf woll sie bleiben leben vnd sterben d[as] sie niemandts vnrecht gethan Jouis den 26 Julii 1629 Anna Mazettin Wälsch Petterin nochmalß vnd zum läztern erford ert vnd Threilich erinnert Sagt abermalß wassie ein Mall auß [18] außgesagt druf wolle sie beharlich vnd standthafftig verbl[ei] ben druf leben vnd sterben dass[ie] ªniemandts vnrecht gethonº hieruf ihr durch den Statt knecht zu Mergentheimb ihr+ vff künftig[en] Sambstag den 28 dises Monats Julii ihr endtlicher Rechts dag angekündt word[en] diß So sie in die Kürch zu geben vnd anderst wohin in ein Vnd der and[er] vermaint diß Soll fleissig außgericht werd[en]

510 521

Threilich: ‘treulich’ Monats: berichtigt aus Jonats

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Abb. 52: Staatsarchiv Ludwigsburg, B 262 Bü 98, S. 1

MÜNCHEN 1600 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

München 1600 Handschrift Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 2 1r–1v, 3r–7r (Archivzählung) – Behringer (1983), Heydenreuter (2003), Kunze (1981), Strauß (1999)

Inhalt Der in München durchgeführte Prozess gegen die Bettler- und Landstreicherfamilie des Paulus Pämp, mit Beinamen auch Grempell oder Pappenheimer genannt, markiert den Beginn forcierter Hexereiverfolgung im Bayern des Herzogs Maximilian I. Der hier vorliegende Auszug gibt die ersten 30 Artikel des Interrogatoriums sowie im Anschluss daran die entsprechenden Antworten wieder, um eine inhaltliche Korrespondenz zu erreichen. Teilweise unter der Folter gesteht Paulus Pämp kriminelle Aktivitäten der Familie, zu denen neben Raubmord auch der an schwarze Magie gemahnende Umgang bzw. Handel mit abgehackten Kinderhänden gehört. Zermahlen und in Pulverform dienten diese als Hilfsmittel bei der Ausübung von Schadenszauber. Am 29. Juli 1600 wird die gesamte Familie hingerichtet.

Schrift und Sprache Das Interrogatorium ist sehr wahrscheinlich von einem anderen Schreiber aufgezeichnet worden als die Aussagen des Angeklagten. Dafür spricht neben der Handschriftenform auch die Art der sprachlichen Gestaltung. Der Duktus beider Handschriften ist klar, so dass kaum Entzifferungsprobleme auftreten. Die Groß- und Kleinschreibung in der Antwortenwiedergabe erscheint ebenso wie die Verwendung von Diakritika stark schreiberspezifisch. Die Graphien repräsentieren den typischen Stand bayerischer Kanzleischreibe gegen 1600: Rundungen (gwösst, gehöbt, gesöllen etc.), Entrundungen (beß, Ledtkholben etc.), Synkopen, Apokopen, kh-Schreibungen, ai-Schreibungen u.a. Erwähnenswert ist die doppelte Negation (vgl. Z. 115, Z. 118).

Östliches Süddeutschland

462 [1r] IHS Interrogatoria. Auf d[e]n vattern.

5

1. 2. 3. 4. 5. 6.

7. 8. 9. 10.

11. 12. 13. 14.

1

9 17 19 20 21 22 28 30

Wie er haiß. Wie allt er sey. Wer sein vatter, vnd Muettr sey. Wo sie gehaust haben. Warumb er sich von Anspach hinwöckh begeben hab. Wie vil er kinder hab. Wie lang er mit seinem yezigen weyb hauß, ob er zuvor auch ein weyb gehabt. Wo er sich darmit hab einsegnen lassen, oder wo er sie zu kirchen gefüret hab. Obs nitt nur sein anhang, vnd nitt sein Eehlichs weyb sey. Wer seine kinder, yedes insonderheit aus der tauff gehöbt hab. Was die tag seines lebens sein handtierun[g] gwösst sey, vnd mit wem er sich vnderhaltten hab. Wo er, sein weyb, vnd die Sön sich die meysst zeytt haben aufgehaltten. Wo sie den vergangnen wintter ire herberg gehabt. Was sie für den herbergzins haben gäben müessen. Wo sie sich den ferttigen Sommer haben aufgehaltten.

10

15

20

25

30

In der linken Marginalspalte ist Folgendes in der Art eines Prologs hinzugefügt: "Inprimis ut fieri exhortatio. Nachdem er, vnd seine Sön ein lange zeytt für mörder, reuber, vnd brenner beschreyt sein, auch ettliche hingerichte vbelthäter auf sie bekennt haben, alß sey aus dem vnwandlbarn willen Gottes geschechen, das sie zu verhafft sein gebracht worden. Zumaln das bluet der vnschuldigen leut, wölche sie beschädigt, vnd vmbgebracht, geen himmel geschrien, vnd Gott der herr solches vbel nitt langer hab Zuesehen mögen. Soll sich demnach in den willen Gottes geduldig ergeben vnd vber seine sünd, vnd mißthaten red, vnd leyd thatten, verhofftenlich er werde die gnad Gottes widerumb erlangen mögen, sonderlich, wenn er der Obrikeytt die warheytt sagen wirdet ~" exhortatio: ‘ermahnender Zuspruch’ hinwöckh: ‘hinweg’ anhang: ‘Geliebte’ insonderheit: ‘für sich’ tauff: ‘Taufwasser, Taufbrunnen’ handtierun[g]: ‘Gewerbe, Handwerk’ gwösst: ‘gewesen’ herbergzins: ‘Wohnungsmiete’ ferttigen: ‘vergangenen’

München 1600

463 15. Auf was für kirchtägen [INT] ªvnd Jarmärcktenº sie gwösst seyen vnd was sie auf denselben zu verrichten gehabt. 16. Wie offt er zu Chamb gwösst, vnd was er daselbst zuschaffen gehabt. 17. Bey wem er alldort zhört, vnd einkert hab.

35

40

18.

19.

20. 21.

22. 23.

24.

25. 26.

38 59 63 64 65 70

[1v] Dieweil er, sein weyb, vnd Sön zu Chamb offtermalen reichlich, vnd stattlich zört, des bösst geessen, vnd druncken haben, wölcher vnder inen sovil gellt gewunnen hab. Wie offt er zu Arbach, Vischedorff, Thonaustauff, Wörth gwösst sey, vnd wo sie yedes ortts die herberg gehabt haben. Ob er nitt die Meindel ken[n], vnd wievil diß namens ime bekannt seyen. Abrahamb kueffer, Hans Kueffer, Neunaugen, Neuenfingerl, Zuckerwastl Gilg. Ob er nitt dise gesöllen auf den kirchtägen vnd Jarmärkten neben seinen Sönen antroffen. Was sie miteinander gehandtiert haben. [INT] ªIntra n[umerum] 42.º ªWarvmb er in der gefencknus zu Abensperg zu seinem weyb gesagt hab. Mein weyb was wöllen wier daraus machen, Ich, sich wol, man säzt vns nimmer aus. Torqueatur.º Was seine Sön mit den kindes händtelin gemacht, vnd wievil sie derselben gehabt haben. Torqueatur. Wo sies bekommen, vnd hinthan haben. Ob sie nitt in des Schelzens herberg allda sie aufgehöbt worden zufinden

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55

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70

zhört: ‘verzehrt, gegessen und getrunken’ Der hier eingefügte Nachtrag befindet sich auf fol. 2r unter der Nummer 42 und ist mit Klammern markiert. sich: ‘sehe’ Torqueatur: ‘er möge gefoltert werden’ händtelin: ‘Hände’ (Diminutiv) aufgehöbt: ‘verhaftet’

Östliches Süddeutschland

464

27.

28. 29.

30.

seyen. Terreatur, et nachgestalt seines erzaigens etiam super hoc torquendus e[st] Ob der Augustin brottrager bey Töttenw[ang] vmb dise kindtshändtl, vnd vmb ien böse händel weiß zu wem sie die kindes händtel gebenn haben. Ob nitt er, sein weyb, vnd Sön ettwa eingenommen haben, das sie nicht leben sollen könden. Torqueatur. Was sie sonst für zauberey gethrieben h[aben] ªOb sie nit den leuten was gelögt haben, wenn sie daruber gangen das sie krankh worden, oder gesterben müessten. Wers etwan war.º […]

[3r] Commessarii Den 19. [INT] ªvnd 20.º Aprilis Anno p[erge] 600. Ist der Im Rentenmeist[er] Falckhenturn v[er]haffte Herr D[octor] WangnerEckh Paulus Pämb, auf hiebeyligende fragstuekh güetD[octor] HainMüller vnd Peinlich bespracht worden, der hat bekhent wie hernach volgt.

75

80

85

90

95

1 Paulus Pämb, sonst in gemain Pappenhaimer genant, seines alters Im 57. Jar. 2. Sein vatter hab Geörg Pämb, vnd die Muetter Agata gehaissen. Zu Hittlingen ain meil 3. wegs von Ellwang gehaust, ain Leinweber gewest, hab sonst der Kinder mer gehabt, 4. Nachdem er etlich Jar zu Anspach In d[er] Marggrafschafft gehaust, hab sein weib den hinfallenden 71 72 82 87 92 93 97 105

100

105

Terreatur: ‘er möge (durch Zeigen der Folterwerkzeuge) erschreckt werden’ nachgestalt seines erzaigens: ‘je nachdem, wie er reagiert’ Das Blatt ist am rechten Rand teilweise beschädigt. Wenn der fehlende Text eindeutig ergänzt werden kann, ist er im Folgenden in eckige Klammern gesetzt. Nicht lesbare, zweifelhafte Stellen werden dagegen als angezeigt. ªOb sie nit … war.º: Die Einfügung wird aufgrund ihrer Länge zeilengetreu wiedergegeben. gelögt: ‘(in den Weg) gelegt’ Die insgesamt 46 Frageartikel sind auf fol. 2v betitelt mit: Interrogatoria Auf der Rößlerbueben vattern pauls pämb. Herr: Das Wort ist mit einer geschweiften Klammer auf die drei Namen in der Marginalspalte bezogen. bespracht: ‘angesprochen’ Im 57. Jar: Bei der zweiten Ziffer handelt es sich vermutlich um eine 7, die aus einer 8 berichtigt ist, vielleicht aber auch um eine 8, die aus einer 7 korrigiert ist. hinfallenden Siechtagen: ‘Fallsucht, Epilepsie’

München 1600

465 Siechtagen bekhom[m]en, derowegen vnd weil man Sie feurs gefahr halben nit mer alda leiden wollen, hete er sich von dannen weckh begeben, vnd seines Abschaidens, guete vrkhund[en]. 110

5. Hab bej seinem weib .11. Kinder gehebt, darunder aber nur drey Söhn noch im leben, wolte das dise auch gestorben wären, weil Sy Ine yezt sambt seinem weib, in vnglikh bringen, vnd auf Sie bekhennen wollen, so er Inen doch nie nichts beß zuenttraut, noch wenig[er] er, od[er] sein weib gethan,

115

6. Hause mit disem weib, 37. Jar. hab zuuor nie kheines gehebt, 120

[3v] 7. Zu Anspach. 8 Sey sein recht ehelichs weib. 125

9 Den Gumpprechten, hab ain Mezger zu Anspach, so auch Gumpprecht gehaissen ~ Den Micheln ain Petlrichter zu Nürmberg, so auch Michel gehaissen, vnd hernach zur Neustatt in der Pfalz ain Feldthüetter gewest, vnd gestorb[en] ~ Den Jungen Pueben Hännsl, der Hanns Scheiflinger zu Regenspurg, so ain Mezger gewest, hernach aber ain wiert worden, aus der Tauff gehebt, 10 Re[veren]do ain Sigreth Raumer.

130

135

11. Vmb Abensperg, Altmanstain, vohburg, vnd Khelhaim, sich zum maisten aufenthalten. 12. Zu Khelhaim Im Spital .13 wochen. auf zway mal, dann er daselbst vnd Im Spitl+ Arbait gehebt, vnd Im Spitl gelegen, Mer zu Weix auf ainem Schlössl bey Regenspurg 7. wochen. Darzwischen sein Sohn Gumpp in die 14 Tag. bey seinem Schwehern zu Nider Argach, so ain Khramer gewest, vnd dann zu Aspeckhing, etlich wochen gearbaidt, 109 128 135 140 145

vrkhund[en]: Gemeint sind Bescheinigungen zur Rechtmäßigkeit seines Umzuges. Petlrichter: ‘Bettelrichter, Bettelvogt’ Re[veren]do: ‘mit Verlaub’ Sigreth Raumer: ‘Sekreträumer, Latrinenräumer’ Spital: ‘Pflegehaus, Krankenhaus’ Schwehern: ‘Schwiegervater’

140

145

Östliches Süddeutschland

466

[4r] 13 Haben schlechter Herbergen vnd vnd[er]Haltung bedörfft, bißweilen, ain Kreizer, oder 5. darfür geb[en]

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14 Vmb Straubing, Deckhendorf, vnd Plädling. maistenthails. 15 Er für sein Persohn, hab nachuolgende Kirchtäg besuecht, mit ainer laden gezogen, vnd Spilltisch in Leezelten gehebt, Als zu wistet bey wört so Pfälzisch, zu Irlbach, zu Altenpuech ausserhalb Straubing. zu Michelspuech ain Meil wegs von Plädling, Item zu Plädling, vnd zu osterhofen, hernach er geen Khelhaim herauf zogen, vnd sein Arbait wider angefang[en]. 16 Sey seins wissens nur zwän mal daselbst gewest. seiner Arbait nachgezogen, vmb [ver]gangnen Michels das letster mal,

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17 Heraussen In ainem dorff, wiß nit wie es haiß, bej ainem Paurn zu herberg gelegen, 170

18. Sein lebenlang bej khainem wiert, od[er] and[er]n, zu Camb einzogen, weder geessen noch gedrunkh[en]. 19 Er sej sein lebenlang nie geen Arbach khom[m]en, vnd da es seine Söhn sagen, müessen Sj Ine nur anlieg[en]. [4v] Zu Vischendorf beim Prindl etlich mal zu herberg gelegen, Zu Thonaustauff beim hofpaurn, hab er lange Zeit sein herberg gehebt, Wie auch beim Hirsch[en] so ain Rathsherr daselbst, Zu wört nie, aber vnd[er]halb zu Stadldorf, beim alten Stadlpaurn, wol zu herberg geleg[en], 20 Diser Meindl sey der dieb, den man zu wört gericht, so Ine vnd seine Söhn, also hinan geben vnd gebracht, Ine für sein Persohn aber and[er]st nit khent, als das er Ine bej .3. malen auf Kirchteg[en], gesechen+, Als zu Irlbach, Altenpuech alda Ine, 149 155 176

schlechter: ‘schlichter, einfacher’ Kirchtäg: ‘Kirmesveranstaltungen’ anlieg[en]: ‘belügen’

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München 1600

467 sein Sohn Michel geschlagen, vnd zu Michelspuech das lest mal gesech[en]. 21. Khenn khain Khueffer, Aber wol ainen Khramer der Balthasar haiß, müeß nur derselb sein, Den NeünAugen khenn er wol, sej ain alter Mann vnd Khessler, mach auch weisse Spengler Arbait, Der Neünfingerl sey ein Petler khenn Ine wol, der Zukher Basstl sej ain Khramer, vnd seines wissens ain from[m]er gesell, Den Gilgen khen er nit, [5r] 22 Habs wol bißweilen auf Kirchtegen gesechen, die sich aber seiner ªLeezeltenº Spil nit vil geacht, sonder nur den Gelt Tischen vnd Spilen nachgeloff[en]. 23. Er hab seinem Spiltisch ausgewardt, die anderen auch Ire sachen schaffen lassen. Zu dem, so seien Sie nit alzeit zu Ime khom[m]en. 24 Wiewol er erstlich in der güete, durchaus nichts bekhennen, oder vmb ainiches Häntl wissen wollen, So sagt er doch hernach auf ernstlichs zuesprech[en], vnd nach zwaymal beschechnem Reckhen, Er hab bey seinen Söhnen 4. oder 5. Khindshäntl gesech[en], vnd in seinen henden gehebt, wo Sj es aber ªbekhom[m]en, od[er]º hingethan wiß er nit, vermeldt hernach, Sy hetens in des Schelzen zu dettenwang Stadl, im Barm oder viertl, darein man Hey vnd Streu legt [ver]graben, Ist aber wider von disem orth gefallen, mit vermelden Sy hetens Re[veren]do in des Schelzen Sauställel [ver]graben. Lestlich aber bekhent er, auf merern ernst, für ain lautere warheit. Das Sy es [INT] ªlaiderº Hinder des Schelzen Stadl, Im khlainen Rueben oder Pflanzgärtl, wie man zum Stadlthor heraus gee, auf der Recht[en]

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Spengler Arbait: ‘Blechschmiedearbeit, Klempnerarbeit’ Petler: ‘Bettler’ ausgewardt: ‘besorgt, gepflegt’ Häntl: ‘Hände’ (Diminutiv) Reckhen: ‘auf die Folter spannen’ Stadl: ‘Feldscheune’ Barm: Raum in der Scheune, wo die Garben zum Dreschen aufbewahrt werden. viertl: Teil einer Scheune, in dem Heu bzw. Getreide aufbewahrt wird und der etwa ein Viertel der Gesamtfläche einnimmt.

Östliches Süddeutschland

468

seiten, in ain eckh vergraben, vnd nit gar sehr etwan aines Khniedief. Darbey er, seine zwen [5v] grössern Söhn, vnd der Schelz selbst gewest, Obs aber auch der khlain Pueb gesechen wiß er nit aigentlich Er müeß auch beynebens bekhennen, Das vnd nachdem Sj+ er, sein weib, vnd die drey Söhn, vngeuerlich bey ainem Jar verschinen, vnd neben Inen ain vnbekhanter Landt Sond[er]siech bey obgemeltem Schelzen, ainsmals vber Nacht Im Stadl gelegen, hetten Sy Ine Siechen, auf mainung gelt bej Ime zefind[en], ermordt, welchen, weil er geschlaffen, sein Sohn Gumpp, mit ainem Eisen Glaser Ledtkholben an Khopf, ªvndt volgents zu Todtº geschlagen, Dene Sy hernach besuecht, bey .10. k[reuzer] gefunden, vnd Ine in disem Stadl, wie man zum Thor hinein geet, auf d[er] Linckhen Handt, in Barrn oder viertl, darein man hey vnd Streu legt, aines Khnie diefs in das Erdreich vergraben, Ime die Khlaider, weil Sj nichts wert gewest angelassen, halte darfür er werde noch aldort [ver]graben ligen, Dann sonst niemants, wie auch der Paur nichts darumb gewisst,

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25. Hieoben verstand[en]. 26. Auch hieoben gehört. [6r] 27. Der Augustin Brottrager zu dettenwang, Der Clas Hännsl daselbst, gegen dem Schelzen vber die Gassen hausent, Der Schall weber alda, Vnd der Geörg Hännsl daselbst, so heur gestorben, (wie dann schier das ganz dorf ausvnd bej 70. Persohnen gestorben) haben alle, als guete bekhandte, wol vmb Ire sachen ge241 242 244 246 248 249 267

verschinen: ‘vergangen’ Sond[er]siech: ‘Aussätziger’ Siechen: ‘Kranken, Aussätzigen’ Eisen: ‘eisernen’ Ledtkholben: ‘Lötkolben’ besuecht: ‘durchsucht’ bey: ‘circa’ heur: ‘in diesem Jahr’

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München 1600

469 wisst, sonderlich hab gemelter Clas Hännsl zuegesechen, wie Sie die Kindshäntl, hinder+ vergraben, Inen aber sonst nie zu Iren vnthaten geholff[en]. 275

28. An die fingerl steckh man Prinende Kherznliechtl, vnd wann die leüth in ainem hauß alle schlaffen, so khönnen sie nit mer erwachen, bis man die liechter abs+ ablesche, Wann aber ain liechtl nit Prinnen welle, sey es ain Zaichen, das die leüth nit alle schlaffen, Vnd müeß solches ain Rechts Häntl, von ainem vngetaufften Kindt sein, So haben andere Ire gesellen gesagt, wann ainer, ain solches häntl bej sich habe, die oberkheit od[er] yemandt anderer, soll ainem desto weniger zuekhönnen, Wie dann seine Pueben von disen Häntln geessen, darmit man Inen nit zue- oder Sj bekhennen khönnen, Er aber nit [6v] Für Krankheiten haben Sys nit gebraucht, od[er] andern eingeben, Dann wie es für Kranckheit[en] helff[en] soll, weil es so ain Sinds ding sey.

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29. Verstand[en]

Zeuberen

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30. Wiewol er erstlich khainer Zauberey bestendig sein wellen, so sagt er doch letstlich, es sey nit ohne, Das Sy die häntl zu Puluer gemacht, vnd denen leüthen, so Inen laidts gethan, in den weg gesträt, wann Sj darüber geen, erkhranckhen, oder erkhrumpen sollen, Als dann hernachgemelt[en] Persohnen beschechen, Nemblich dem AuMüller zu Abensperg, ain solches Puluer gesträt. Daruon er khranckh worden, vnd Im Rechten fueß, grossen schmerz[en] gehebt, der aber nit gestorben, sonder Ime durch warseger, oder and[er] leüth, wid[er] geholff[en] worden.

Prinende: ‘brennende’ zuekhönnen: ‘anhaben’ Sinds ding: ‘Sündensache’ bestendig: ‘geständig’ gesträt: ‘gestreut’ erkhrumpen: ‘krumm werden’ beschechen: ‘geschehen’

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Östliches Süddeutschland

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Dem Grillmair kindl zu Auckhauen bej Abensperg gleichsfals ain solches Puluer gesträt daruon Ime ain solche Krankheit In leib, vnd+ Hendt vnd füeß khom[m]en, das er aller erkhrumpt, Doch Ime durch and[er] leüth wid[er] geholff[en] word[en]. Ainem Paurn zu Holzen bej Abensperg, ain solches Puluer gelegt gehebt, darüber er Paur aber nit gangen, [7r] disen vorgemelten dreyen, hab ers Puluer selbst, vmb das Sie mit Ime zuvnfriden worden, gelegt, anderst khaine wort oder segen darzue gebraucht, Sonst sey wol der Paur Im dunckhen bej Egleßhaim, wie auch der Leonhard Khlinger, bey S[anct] Saluator (daruon der khlain Pueb gesagt) Kranckh gewest, er het Inen aber nichts gelegt, müessens nur seine Pueb[en] gethan hab[en]. Sein weib sey Arm vnd Presshafft, wiß nichts beß von Ir, wie er dann vmb Gottes willen gepet[en] haben welle, Sy in genaden zehalten, Es sagen dann seine Söhn anderst, müessten Sys besser als er wissen, Der bese Geist (daruor vns Gott behiette) sey Ime nie leibhafftig erschinen, sonst aber mög er zu den sachen wol anreizung[en] gegeben haben, Gott hab Ine aber auch offt in seinem gewissen vermanet, von den vnthaten zelassen, er sej aber laider zu wait khom[m]en. anderst khind er khain Zauberey.

325 334 342

zuvnfriden: ‘in Streit’ Presshafft: ‘gebrechlich, krank’ beß: ‘Böses’ anreizung[en]: ‘Anstiftungen’

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München 1600

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Abb. 53: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 2, fol. 4v

REICHENBERG 1653 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Reichenberg 1653 Handschrift Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 6 1r–7v, 9r–10v (Archivzählung) – Riezler (1896)

Inhalt Die beiden hier wiedergegebenen Verhörprotokolle, die von zwei verschiedenen Schreibern aufgezeichnet worden sind, dokumentieren eine ungewöhnliche biographische Verknüpfung der Angeklagten. So gesteht der 13-jährige Bettelbub Georg Kilian in einem gütlichen Verhör im Gefängnis von Pfarrkirchen, mit der 98-jährigen Anna Maria Keller, die sich seiner offenbar seit einiger Zeit angenommen hat, zu Hexentänzen gefahren zu sein und sich dort dem Teufel verschrieben zu haben. Dies sei mangels Lese- und Schreibfähigkeit durch einen jungen student oder Schreiber Pueb vollzogen worden. Die unmittelbar nach dem Jungen verhörte Maria streitet jede Verwicklung in Hexerei kategorisch ab und gesteht lediglich, zwei Segenssprüche zu kennen – einen gegen Feuersbrunst und einen zweiten gegen unterschiedliches Unbill, so etwa gegen Hundebisse u.ä. Diese Sprüche sind im Wortlaut in der Akte verzeichnet.

Schrift und Sprache Die wenigen Streichungen und Ergänzungen im gut lesbaren Text sprechen für Abschriften originaler Verhörprotokolle. Neben einer teilweise eigenwilligen Zeichensetzung (z.B. Doppelpunkte, Fragezeichen), sind s- bzw. ß-Schreibungen teilweise schwer voneinander zu unterscheiden. Die Schreiber gebrauchen durchgehend typisch ostoberdeutsche Graphien wie ¢ai², ¢kh² und ¢p² anstelle von initialem ¢b². Oberdeutscher Provenienz sind des Weiteren zahlreiche Entrundungen wie Peckh, fir, heche und geriehrt, Diminutivformen wie heißl und Prädl sowie regionalspezifische Lexik (vgl. hafen, Pitschen). In einigen mündlichkeitsnahen Aussagewiedergaben finden sich starke Mundartbezüge (Doppelte Negation, Assimilationen/Verschleifungen etc.).

Reichenberg 1653

473

[1r]

.1. .2.

.3.

.4.

Gü e t t l i c h e Au s s a g. Weliche der in Churf[ürstlicher] Fronfesst Pfarrkhürchen, zauberey halb, befenckhnuste Pueb, Geörg Khilian gethon, den .12. Augusti Anno .1653. Geörg Khilian .13. Jar seines alters. Sein vatter habe auch Geörg Khilian gehaissen, zu Wallersee negst bey Benedict Peyern gehaust, vnd sich mit Tagwerchen ernehrt. Er gedenckhe es nit, wann selbiger verstorben, sein Muetter, vnd Aüdl aber haben vor zway Jarn noch gelebt. Vor vngefehr vier Jarn, seye Er hungers halber, von seiner Muetter weckh- vnd nacher Weilhaimb auf den Marckht gangen,

[1v] alda das verhaffte Weib auch gewesen, weliche zu Ime vermeldt, soll mit Ir gehen, wöll Ime schon Essen: Trinckhen, vnd Claider geben, so Er gethon, vnd biß dato bey Ir verbliben. .5. Sie haben sich niergents nit aufgehalten, sonder sein im[m]er stetts dem Petl nachgang[en], wormit sie sich erhalten. .6. Ja, Er habß gesagt, vnd von seiner alten gehört, massen ers dann in deß Gerichtschreibers hauß, vor etlich tagen auch bekhent.

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Der Schreiber setzt an das Ende der Antworten häufig ein Zeichen, das aussieht wie ein Fragezeichen. Da es hier jedoch keine Frage markiert, wird es nicht wiedergegeben (vgl. die abgebildete Folioseite). Äudl: Diminutiv von Aide ‘Mutter’ vermeldt: ‘gesagt’ Petl: ‘Betteln’ massen: ‘weil, da’

Östliches Süddeutschland

474 .7. Sie khönne es freylich, wie Er ebenfalß vor dißem, auf mündtliches zuesprech[en], außgesagt, dass sie nemblich[en], vor zway Jarn, am heil[igen] Perg: Item vor ainem Jar, [2r] beim heil[igen] Prun- oder Mierssbach, Gerichts Aybling, iedesmahls ein soliches grobes schröckhliches Wetter gemacht, daß das liebselige getraidt auf dem veldt alles zerschlagen worden, Gestalten sie dann auch vor ainem Jar beye dißen, Gerichts Weilhaimb, Vermitls eines gemachten Reiffens, daß getraidt verderbt, waß sie aber darzue gebraucht, das khöne Er nit aigentlich anzaig[en], Allain habe Er zum h[eiligen] Perg im veldt heraussen gesech[en], daß sie mit zway gebundenen: in den hendten gehebten Riethlen, vmb: vndvmb gefahren, vnd das Maull starckh geriehrt, alß wanns betten thette, darauf das Wetter baldt geuolgt, massen sie Ime selbsten gesagt, daß Wetter, hab ich mehr gemacht, Weitters

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[2v] wüsse Er nit, waß sie noch fir ybels gestüfft. .8. Khönns nit sagen, allain habs den khranckhen Leüthen bissweiln Wurzen geben, wüsse aber nit, waß fir Wurzen gewesen, oder obs geholffen. .9. Nain. .10. Er wolle gleich die wahrheit sag[en], vnd niemandt vnrecht thuen, vor vngefehr Fünfft halben 52 63 65 73 76

liebselige: ‘hochgeschätzte’ Riethlen: Diminutiv von Ried ‘Riedgras’ geriehrt: ‘gerührt’, also: ‘bewegt’ gestüfft: ‘gestiftet’ Wurzen: ‘Pflanzen, Kräuter’

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Reichenberg 1653 Jarn, Alß er mit seiner Muetter vnd Aüdl, Nachts zeit, fir seines vattern heißl herauß gang[en], habe sein Muetter zu Ime gesagt, Pueb gehe, man wöllen außfahren, auf die tänz, nach solich[en] wortten, sein vnversechens, drey Peckh verhanden gewest, darauf sie augenblickhlich gesessen, vnd Erstlich[en] [3r] nacher Khochel dem Wiehrt alda, vnd von aldorth auß nacher Benedict Peüern wider in ainen Kheller, volgents alß sie Innen genueg getrunckh[en], nacher hauss gefahren, Wie es aigentlich in die Kheller khom[m]en, Khan Er nit erleüttern, seye geschwindt: vnd gleichsamb augenblickhlich hergangen, Daß Pier habe sein Muetter aber gelassen, wo sie daß geschierr genom[m]en, waiß er nit. 2. vngefehr nach .3. oder .4. Tag, seins wieder auf clainen hölzlen, weliche sie zwischen den Pain genom[m]en, vnd sein Muetter vorhero mit ainer Salben geschmierbt, weckh- vnd dem Wiehrt zu Großweill in Kheller, von disem dem Wiehrt in ainem grossen dorff, seines behalts Seidldorf genant, wider in Kheller gefahren, alda die notturfft Pier getrunckh[en], [3v] Nachmahls fir das dorff herauß in einen Rueben gartten khom[m]en, alda sich auf die .12. Mannß- vnd Weibs 85 89 90 95 108 110 117

heißl: ‘Haus’ (Diminutiv) vnversechens: ‘unversehens, plötzlich’ Peckh: ‘Böcke’ Wiehrt: ‘Wirt’ seins: ‘seien sie’ Pain: ‘Beinen’ notturfft: ‘nach Bedarf’

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Östliches Süddeutschland

476 Personen (darunder zween Pfeiffer) weliche beraith im Tanzen gewest, sambt dem Teüfel, so ganz schwarz zozet, befunden, volgents sie auch mitgetanzt, sich lustig gemacht, vnd Pier getrunckh[en], aber nichts geessen, wie sie nun den Tanz, so zimblich lang gewehrt, geendet, sein sie wieder auf vorige Hölzlen gesessen, vnd haimb gefahren. 3. Nach disem seye Er, wie verstanden, von seiner Muetter weckh, vnd zue disem alten Weib khom[m]en, mit welicher Er .2. Jar im Petl vmbgezog[en], nach disen verfloßnen 2. Jarn aber, seins ainsmahls beim heillig[en] Perg, bey ainem Ainschichtigem Paurnhof in ainem Stall gelegen, alda zween GaißPeckh zu Inen khom[m]en, darauf sie gesessen, vnd zu ainem grossen dorff, vngefehr ain meill weegs

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[4r] von dannen in ainen Paurnhof in die Stuben (Entzwischen auch sein Muetter auf ainem Pockh reittendt zu Inen khom[m]en) gefahren, darInnen sich beraiths auf die .16. Personen neben dem Teüfel so ganz feürig gewesen, befunden, vnd alß sie ain weil darInnen getanzt vnd gesprungen, vnd Er verhaffter zum Tisch hinfir gangen, habe der Teüfel zum zwayten mahl zu Ime vermelt, Pueb, wilst mein sein, will dir gelts genueg geben, weil Er aber auß forcht darauf nichts geantwortt, ist der Teüfel auf Ine gesprungen, vnd hab Ine mit seinen Khrälln .2. Khräz, wie man noch sehe, auf den Khopf gethan, Das das bluet starckh herunder gerunen, volgents sein Muetter zu Ime gesagt, wie wilst dich 127 140 144 163

zozet: ‘zottig’ Ainschichtigem: ‘einzelnen’ meill: ‘Meile’ Khräz: ‘Kratzwunden, Schrammen’

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Reichenberg 1653 dem Teifel verschreiben, khanst doch nit schreiben, Darauf ain Junger student oder Schreiber Pueb, so sich beim Wiehrt am Peissenberg aufgehalten, [4v] vnd sich auch bey dem Tanz befund[en], vermelt, Er wolle das schreiben fir Ine verrichten, massen Er dann sein Nam[m]en auf ein zetl geschriben, vnd mit sich genom[m]en, wüss aber nit, wo ers hingethon, bey disem Tanz habens weiter nichts gehabt, als Pier getrunckh[en], Nach vollendtem Tanz sein sie wider voneinander- vnd haimbgefahren, Sonsten habe Er niemandts erkhent, wüsse auch von seiner Muetter weiter nichts zusagen, zemahlen Er seithero nit vmb sie gewesen, Allain habe Er vor vngefehr .5. Jarn von Ir gehört, daß sie ain grosses Regenwetter gemacht, wie, vnd allwo aber soliches beschech[en], sey Ime verporgen, Er thüe durch dise aussag seiner Muetter vnd Aüdl nit vnrecht. 4. vor vngefehr zway Jarn, alß Er vnd die alte miteinander ain [5r] meill weegs von Peiting in ainem vnbekhandten ohrt yber nacht verbliben, seyen sie von aldorth auß neben andern .7. Mannß- vnd Weibs Persohnen, so sich vngefehrlich zu Inen gestossen, auf Gaißpeckh[en] nacher ersagten Peiting mitten ins dorff gerütten, vnd nachdeme yber Sechzig Persohnen zuesamen khom[m]en, habe der Teüfel ain Tafel in die handt genom[m]en, selbige in die heche gehebt, vnd gesagt, Aller Hexen, hier sein 187 203 209

vmb sie: ‘bei ihr’ vngefehrlich: ‘zufällig’ heche: ‘Höhe’

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Östliches Süddeutschland

478 euer Nämen geschriben, volgendts sich ermelte Personen, auf drey thaill nider gesezt, vnd Prein, Nudl, fleisch, vnd Prädl: aber khain Prott (wie dann khaines verhanden gewesen) geessen, auch Wein vnd Pier getrunckh[en], daß getranckh habens yberall auß den Khellern gehohlt, massen Er verhaffter: die alte, vnd noch vier Persohnen gleich zu Peiting in Kheller gefahren, darInnen getrunckhen, vnd [5v] nachmahls einen grossen hafen voll Wein mit weckh: zur mahlzeit gefiehrt, wo aber andere Ir Tranckh genom[m]en, wüsse Er nit, wie sich nun die Mahlzeit geendet, hat der Tanz angefangen, darbey zween Pfeiffer aufgemacht, vnd iederman lustig gewesen, Sonsten seye darbey nichts vnrechts vorgang[en], habe weiters nichts gemerckht, allain fahle Ime bey, daß der Teüfel die Prädl auf die drey ohrt selbsten aufgetragen. 5. Weiter wüsse Er sich khaines Tanz mehr zuerindern, allain alß sie drey wochen vor Irer befenckhnussung zu ossterhouen bey ainem Weber, welicher gegen vilßhouen im Gäßl auf einem clainen Pergl hause, zwo nächt verbliben, sein sie die lestere nacht aldorthen anfenckhlich auf Pöckhen in einen Pier: Nachmahls aber neben noch [6r] ainem andern vnbekhandten Weib, weliche vngefehrlich zu Inen khom[m]en, 212 213 214 224 225 230 234 246

auf drey thaill: ‘an drei Stellen’ Prein: ‘Brei, Körner der Hirse’ Prädl: ‘Braten’ (Diminutiv) hafen: ‘Krug, Becher’ weckh: ‘süßes Brot’ aufgemacht: ‘aufgespielt’ fahle Ime bey: ‘falle ihm ein’ Pier: ‘Bierkeller’

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Reichenberg 1653 in einen Weinkheller, vnd von aldorth auß gegen vilßhouen auf ainen Tanz, so ein Feüriger Teifel mit andern .16. Personen beraits angefangen gehebt, gefahren, wie sie dann ain grosse khupferene Pitschen mit Wein mitgenom[m]en, vnd alß sie selbigen außgetrunckhen, auch ein guete zeit getanzt, seyen die andern wider weckh geraist, Er, vnd die alte aber stehen bliben, vnd gegen dem Tag auf vilßhouen zue: dem Petl nachgang[en], ob die Pitschen widerumb haimbkhom[m]en, oder nit, daß sey Ime verporgen, So habe Er auch bey obverstandtnen Tänzen (ausser seiner Muetter: Aüdl: vnd der Alten) nie niemandts erkhent, Khönne auch mehrers, wie es damit hergangen, nit erleüttern, zemalen man Ine weiter nichts sechen lassen, sonder Er seye bloß mitgefahren,

.11. .12.

.13.

.14. et .15. .16. .17. .18.

.19.

257 286

[6v] vnd habe geessen vnd Trunckh[en]. Wüsse es nit. Er nit: aber die alte habe dergleich[en] halben gehebt, wie sie es aber gemacht, oder bekhom[m]en, daß sey Ime verporgen. Habß oben schon erzelt, vnd Er nichts anders gesechen, oder gehört. Verstanden. Nain, khönns nit, damit auch daß Fragstuckh abgelaint. Er khönne weiter nichts, alß bloß den Feur Segen N[ota]B[ene] welichen Er gleich wie in deß Weibs aussag herkhombt, gesprochen. Disen Segen habe Er von der Alten gelehrnt.

Pitschen: ‘Fass, Trinkgeschirr mit Deckel’ abgelaint: ‘abgelehnt’

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Östliches Süddeutschland

480 [7r] .20. Er seines thaillß wüsse nichts daruon, dardurch dann nit wenig[er] daß 21. Interrogatoria veranttwortt. .22. hab Ime nie khains geben. .23. Seye nit ain mahl zu Ime khom[m]en, Allain habe Im im Ambthauss, weiln Er Inen ligt, ainßmahls getraumbt, alßwann der böse Feindt bey Ime gewest were, vnd gesagt, soll Ime die zeit nit lanng sein lassen, wölle baldt wider zu Ime khom[m]en, Ine tressten vnd etwaß mitbringen. 24. Verstanden. 25. Nain. 26. Er wüsse es nit. 27. Er habe sein lebtag nie Beicht vnd Comunicirt, auch Ims weder sein

28. .29. .30. .31.

[7v] Muetter, noch die Alte niemahlß geschafft. Hab Ime der Teüfel nichts beuolch[en], weniger Er etwaß gethon. Verantwortt. Nain. Er wüsse nichts, alß waß Er beraiths außgesagt, weliches die ganze grundtliche wahrheit, darauf Er Ime dann zusterben gethraue.

295

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C h u r f[ürstliches] P fl e g G e r i c h t R e i c h e n berg. [9r] Gü e t t l i c h e Au s s a g . So die in Curf[ürstlicher] Fronuesst Pfarrkürchen, Hexerey halber verstrickhte Mariam khellnerin Güetlich yedoch yber ernstlichs zuesprechen gethon den .12. Aug[usti] .1653 ./. .1. Anna Maria khellnerin 98. Jerigen alters, .2. Zu alten Otting seye sye gebirtig, alda Ir Vatter ein 306 331 332

tressten: ‘trösten’ Fronuesst: ‘Fronfeste, Gefängnis’ verstrickhte: ‘verhaftete, festgenommene’

330

335

Reichenberg 1653

481

Schulmaister gewest, welcher aber neben der muetter bereit vor .93. Jahrn gestorben, wie sye dann damahls nur .5. Jahr alt gewesen, vnd habs Irer Muettern Schwester, so ainen Soldaten gehebt, mit Ir in den vngarischen khrieg gefiehrt, darbey sye dann volgents aufgewaxen, .3. Ja sye habe ainen, Mann gehebt, vnd selbigen eben in dem vngarischen khrieg genom[m]en, sonsten seye Er zu Nehrlingen zu hauß gewesen, bey deme sye .18. khünd[er], von denen noch .9. im leb[en] sein mocht[en] .4. Wie mann d[as] erstemahl Haidtburg aingenomen, seye Er Todts v[er]bliben, von den khind[ern] sein entzwischen .9. verstorben, d[as] zechente ein capuciner, so Ires behalts nach Jerusalem gezogen, die yberig[en] .8. Je wehren in den Venecianischen khrieg khom[m]en, wisse aber nit, wo selbige d[er]zeit seyen. [9v] .5. Sye seye, seith Ir Mann Verstorben, alleweill dorth, vnd da im Petl auch .15. mahl gehn S[anc]t Jacob vnd 18. mahl nach Romb gezogen, vnd sich dahero yber ain- od[er] zween tag, niemahls an ainem orth aufgehalten, .6. Niemalß .7. Sye habs darumben gelaugnet, Weilln die leuth gedenckhen mechten, waß mit Ime thuen solte, vnd warumben sye Ime nit zur Arbeit anweiße, .8. Sye habe niemandts mit den Wurzen geholf[en] d[er] Pueb lige+ liege, damit auch d[as] .9.10.et.11. Fragstuckh verantworttet, .12. Es khönne nit mehr als .2. Seegen, die wells erzell[en],

340

345

350

355

360

365

Erstlichen ainen Firs Feur, Gott, vnd vnnser liebe Frau, ganng aus yber landt, trueg ein h[eilig] Bettbiechel in Ir handt, behiet dich Gott Feür, vnd gluett, bey Gottes Blued, bey wass[er], vnd nacht, d[as] du stille stehest, das du nit weiter gehest, laß fahren deine Flamen, wie Junggfraw Maria Ihr Ehr vor all[en] den Mannen, Feur du sollst gesegnet sein, alß d[er] khelch, alß der wein, alß d[as] heilge oblet Prott, alß vnnser lieber herr Jeßus mit den heiligen zwelf Jüngern

356 364 365 371 376

S[anc]t Jacob: ‘Santiago de Compostela’ liege: ‘lüge’ verantworttet: ‘beantwortet’ Bettbiechel: ‘Gebetbüchlein’ oblet Prott: ‘Hostie’

370

375

Östliches Süddeutschland

482

gern hat, wo d[er] Feürseg[en] gesprochen würde, khombt des Jars khein Feür yber sich auß , in Nam[en] Gott des vatters, Sohns vnd heilg[en] Geists,

380

[10r] d[er] and[er] fir den hundtspiss, vnd d[er]gleich[en] Auß meiner heiliges Pot trit ich, Gott, vnd vnnser liebe Fraw bit ich d[as] Er mir v[er]lei die allerhehsten Engl drey, der erst d[er] mich lait, d[er] and[er] d[er] mich speist, d[er] drit d[er] mich weise, in das ewig Paradeiß, bey Gott, vnd vnnser lieb[en] Fraw stehet ein Stuel, kimt vnnser liebe Frau darzue, lest, vnd schreibt vnnseren lieben herr Gott seine heiligen Fünff wund[en], d[as] mich kein Paumb felt, d[as] mich kein wasser geschwöllt, d[as] mich kein hundt peist, d[as] mich kein wolf, od[er] wolfin nit zerreist, d[as] mich kein waffen nit schneidt, d[as] mich kein rauber nit raubt, da behit mich Gott, vnd vnnser liebe Fraw Amen. .13. Sye khönne weiter nichts, .14. da solls Gott behieten, d[as] sye d[er]gleich[en] gethon, od[er] gekhont habe, mecht gern wüssen, wer sye also anliegen thue, .15. Jesus, vnd vnnser liebe Fraw, wisse woll, d[as] sye solche sachen nit khönne, .16. der Pueb sey ein loser v[er]maledeiter Schelm, man solle Ime doch vmb Gottes willn nit glauben, Er sag was mann haben wille, thue Ir aber vnrecht, Jesus, vnd vnnser liebe Frau wissens woll, .17. Ach gott sye wisse nichts, vnd wanns nit wahr seye, so wolls, d[as] sye v[er]sunckh an d[er] statt, d[as] mög ein diebspueb sein, womit auch daß .18. et .19. Fragstukh abgelaint,

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390

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[10v] .20. verstandten, d[as] sye Ir lebtag nie nichts and[er]s khönnt, also auch kheinen v[er]eis[en], vnd Wetter gemacht, sye habe Gott, vnd vnnser liebe Frau in Irem Herz[en], darbey wolt sye leb[en] vnd Sterb[en], Inmassen sye solchergestalten alle Interrogatoria bis auf d[as] zwey, vnd dreyssigiste inclusiue [ver]antworttet.

383 385 391 413

hundtspiss: ‘Hundebiss’ Pot: ‘Gebot, Auftrag’ Paumb: ‘Baum’ geschwöllt: ‘aufbläht, anschwellen lässt’ v[er]eis[en]: ‘in Eis verwandeln’

415

Reichenberg 1653 .33. die Wundten habe sye im krieg, thails von den Feindtsvölckhern vor etlich Jarn im oberlandt bekhom[m]en, die große maßen aber auf rechter Axl khembe von d[er] Pest her, .34. et .35. Sye habe den heiligen niemahls kein vnehr angethon, sond[er]n vielmehr Jesus, vnd Maria in Irem Herz[en], wie sye dann Irenthalber kirchfahrten gangen, .36. Sye seye kein zauberin, daruor solls Gott, vnd vnnser liebe Frau behieten, vnd wann d[er] Pueb gar vill von Ir sag, so thue Er Ir doch vnrecht, mit solch, vnd d[er]gleichen ausreden vnd laugnen sye alle volgente Fragstuckh v[er]antwortt, dahero mann auch d[er]mahln vnd[er]lass[en], mehrere Interrogatoria zuuergreiff[en], od[er] sich v[er]gebentlich weiters aufzehalten,

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420

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C h u r f[ürstlich] P fl e g ge r i c h t R e i c h e n b e r g . / . 435

420 424

maßen: ‘Wundmal’ kirchfahrten: ‘wallfahren’

484

Östliches Süddeutschland

Abb. 54: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Hexenakten 6, fol. 1r

REICHERTSHOFEN 1629 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Reichertshofen 1629 Handschrift Pfarrarchiv Reichertshofen, Fach I, 3 (Mikrofilm im Diözesanarchiv Ingolstadt) 2r–9r (Archivzählung) Hofmann (1980) Hofmann (1980)

Inhalt Es handelt sich um einen Ausschnitt aus einem längeren Verhör mit dem als „Hexer“ verdächtigten Hans Zollner. Die Abfolge der Antworten ist offenbar auf ein striktes Frageschema bezogen. Nachdem der Angeklagte in gütlicher Befragung wenige Antworten gegeben hat, wird die Folter eingesetzt. Zollner nennt daraufhin diverse Hexereivergehen wie Teufelspakt mit Verschreibung, Schadenszauber mittels Salbe und Pulver, Sakrilege sowie Hexentänze (mit sehr plastischer Beschreibung). Aus dem Aktenzusammenhang geht hervor, dass der Beklagte und drei mitangeklagte Frauen enthauptet und ihre Körper verbrannt worden sind.

Schrift und Sprache Die sorgfältige Edition von Siegfried Hofmann (1980) wurde an einer Urschriftkopie geprüft. Rückgängig gemacht wurden dabei: Veränderungen der Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung, ü-Striche und ganz wenige Versehen (z. B. ¢s² versus ¢ß²). Abkürzungen wurden aufgelöst, Trennstriche, die häufig in Form von zwei kleinen Schrägstrichen sowohl am Zeilenende als auch am Anfang der nächsten Zeile erscheinen, sind an die heutige Konvention angepasst. Hofmanns Erklärungen von Ortsbezeichnungen sind mit Dank übernommen. Es handelt sich bei diesem Text um ein gutes Beispiel oberdeutsch geprägter Schreibsprache: regionalsprachliche Typika finden sich auf allen Sprachebenen (z. B. im Bereich der Graphien khSchreibungen, ai-Schreibungen, Rundungen, Entrundungen etc.; im Bereich der Lexik Wörter wie Kimich ‘Kamin’, zind[en] ‘leuchten’).

Östliches Süddeutschland

486 [2r] Vormittag.

Responsoria

p[ræ]sentib[us] Herrn D[octoris] wolfgang Kolbens M[eisters] Jacob Krakhers Pflegs[ver]walters Caspar Guethelmen Malefitzschreibers

Hannßen zollners Burgers alhie Hexerey halber in verhafft ligendt betr[e]ff[endt], So den 19. Juny Anno p[erge] 629. so wol gietlich alß Peinlich Examinirt worden. Güetlich

Ad. 1..m.

Haiße Hannß zollner.

2.m.

Sey vngefährlich bey 30. Jahren alt Er ernähre sich mit dem Ackher paw sein vermögen erstreckhe sich vff 1400. f[loren] sey aber mit zimblich schulden beladen habs ererbt vnd verheyrath.

5

10

15

20

.3.m.

Sey zue Reicherzhouen geboren.

4.m.

Sein vatter hab Georg zollner gehaißen sein Muetter Maria sein vor .10. oder .11. Jahrn gestorben.

25

[2v] Habe nur ein weib gehabt habe vrsula gehaißen vnd erst Newlich verbrandt word[en].

30

.5.m.

.6..m.

Habe bey nechstbemelten seinen weib 6. khünder bekhom[m]en, daruon .4. gestorben, vnd noch .2. im leben, daß erst hab Marthin gehaißen bey .2. Jahrn alt sey an der fraiß vor 8. Jahrn gestorben. Daß ander Catharina bey einem halb[en] Jahr alt, sey vor 6. Jahrn an der fraiß gestorben

12 40

1..m.: ‘primum’. Der Schreiber verwendet hier wie auch im folgenden lateinische Ordinalzahlen. fraiß: ‘(Kinder-)Krankheit’

35

40

Reichertshofen 1629

487 Daß drite. Daß vierte auch Catharina sey erst vor .3. wochen, weillen er inuerhafft lige, wiß nit waß khranckhait gestorben. [3r] Absolutis generalib[us] circa confessionem.

1.

Seye vor vngefähr .11. oder .12. Jahrn durch deß Marckht Müllers Maria alhie am Adelzhaußer Kürchtag vnnder dises hexen weßen khom[m]en.

2. et 3.

Sey mit bemelter Maria, neben and[er]n, nach deme er zecht, vnd entzwischen mit ihr angelangt, solle draußen warthen er wolle mit ihr haimb gehn, weilen Sie vff dem veldt, vnder weg[en] zue ihme khom[m]en, vnd mit biß zue dem alhiesig[en] gabes garten mit ihr gangen (nit anderst vermaint sie Seys) alda hab er mit ihr vnkheuschait getriben nach verrichter sachen habe der teüffel sich zu erkhennen geben.

4. 5. et 6.

7.

51 77 83

Habe zue ihm gesagt, wan er seiner sein welle vnd ihme verschreiben, welle er ihne zue vnnderschidlichen mahlzeiten fiehrn, da vber die taussendt bey sam[m]en sein, vnd ihme alzeit eine geben, die ihme wollgefallen solle, well ihme auch zue ehrn bring[en], vnd gelt geben aber ihme nichts zuegestelt [3v] Der teüffel hab ihm ein Salben zum außfahrn geben, vnd ein Puluer, den leithen vnd dem vich darmit verschedlich sein. Weiln er dan nit allein hat wollen bekhennen, d[as] er leith vmbgebracht sonder alleß waß er zuuor bekhent,

45

50

55

60

65

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75

80

85

Absolutis generalib[us] circa confessionem: ‘Nach Abhandlung des Allgemeinen (nun) in Bezug auf das Geständnis’ zuegestelt: ‘gegeben’ verschedlich: ‘schadenbringend’

Östliches Süddeutschland

488

ganz Reuociert, alß ist er außgezog[en] vnd ihme der druten rockh, mit der Tortur angelegt word[en]. 90

Hierauf er bekhent, d[as] er vngefähr .14. tag hernach, da er in d[as] weßen gerathen, der teüffel ihme auch ein schwarze Salben geben, in einem griennen häfflin, damit er leithen vnd vich schedlich sein solte. 8.

Khünde schreiben vnd leßen, habe sich auch auf deß teüffels begehrn, wie vor gehört verschriben, d[as] er sein sein wölle, ihme die zeit seines lebens diennen, vnd waß er an ihne begehre, d[as] welle er auch thuen, auch Gott vnd allen heilligen abgesagt

95

100

105

9.

Die dinten seye roth geweßen, vnd habs solche am linkhen fueß, dem er ein griff geben, d[as] geblietet genom[m]en. 110

10.

[4r] Habe in getaufft sey niemandt darbey geweß[en]. Er hab dem Puelen teuffel khain[en] [?] gehaiß[en] herentgeg[en] er in Strobl

11.

Er hab ein wasser yber in abgoß[en] wiße nit wo ers genom[m]en.

12.

Er seye im an der Stürn vmbgang[en].

1.

Malefacta. Vngefähr vor 2. Jahrn habe er Casper Reicheln Sedelpaurn alhie

88 93 95 108 115 120 124

115

120

druten rockh: Hemd, dass der Hexerei Angeklagten bei der Folter angezogen wurde (drute: ‘Hexe’) : Hofmann vermutet an dieser schwer lesbaren Stelle das Wort bei-zog[en]. weßen: ‘Hexenwesen’ häfflin: Diminutiv von hafen ‘irdener Topf, Gefäß’ griff gebe[n]: ‘angefasst, berührt’ geblietet: ‘geblutet’ Strobl: ‘Krauskopf’ vmbgang[en]: ‘herumgegangen, berührt’ Sedelpaurn: ‘Bauer mit einem steuerfreien Hof’

Reichertshofen 1629

2.

3.

132 134 146 150 163

489 ein solche Teüfflische salben, in ein drunckh Pier gethon, vnd ihme zue drinckhen geben, d[as] ers mit der haut zahlen solle, der sey gleich hernacher Kranckh, vnd Selzamen im Kopff worden, auch inner 14. tag[en] gestorben, habe ihme niemandt darzue geholfen, sey beim Praw Casper an der zech geschechen vnd solches habe er auß zorn, so er geg[en] ihme gehabt, verbracht bey solcher zech sey auch Geörg Lödl geweßen seye am herbst an einem Feyrtag geschech[en], d[as] Pier hab er ihme in einem gläßlin geben.

125

Leonhart drählern Sedelpaurn alhier habe er auch gleich in 8. tag[en] hernach[er] den gleichen trunckh in sein, zollners hauß geben, darbey sey geweß[en].

140

[4v] Hannß zollner von Parr, wie er dan gleich hernach eben solche khranckheit, in welcher D[octor] Magn[us] bey ihme geweß[en] bekhom[m]en, vnd in 8. tag[en] hernach gestorben, sey Ebenmessig auß zorn, so sie weg[en] deß Kürchenprobst schlüßels gegeneinander gehabt.

145

Vngefähr vor .3. Jahren, habe er Andræ zollners Mädlin, seines behalts vrsula bey .2. oder .3. Jahrn alt, einen Apffel in deme er ein dergleichen salben in wendig gethon geben, alß solchen geßen, seye eß gleich kranckh vnd ein Kopfwehe bekhom[m]en, vnd iner .3. wochen gestorben, sey seinem vatter feindt geweßen, weiln er zue ihme in Einer holz farth spannen wollen, Er Andrae zollners solches nit gethon, alß habe er solchen zorn am Mädlin außgelaßen, zech: ‘Wirtshaus’ bzw. ‘Gelage’ verbracht: ‘vollbracht, durchgeführt’ Parr: Baar (Ortschaft im Landkreis Pfaffenhofen, heute Baar-Ebenhausen) Ebenmessig: ‘ebenfalls, gleichfalls’ holz farth: ‘das Holzholen, Holzfällen’

130

135

150

155

160

165

490 4.

5.

Östliches Süddeutschland Habe er vngefähr vor .2. oder .3. Jahrn ein Mädlin Margretha, bey .11. oder .12. Jahrn alt, Geörg[en] Ledl Sedelpaurn alhie gehörig dergleich[en] teufflische Salben, an d[as] hirn geschmirt sey baldt hernacher Kranckh worden, habe ein hiz im Kopf bekhom[m]en vnd bey .10. tag[en] gelegen, hernach gestorben, solches habe er auß anstüfftung deß teüffels gethon, solches habe er allein verricht, [5r] Leonhart drählers see[lig] hinterlaßnen Söhnlin Michael, habe er vor vngefähr vor [!] 3. viertl Jahrn mit einem finger an dem linckhen Backh[en] ein solche teuflische Salben angestrichen in mainung ihne vmbzuebring[en] Seye ihme aber nichts geschechen, wise auch nit, d[as] er kranckh word[en] seye Ebenmessig auß gehaiß seines Puel teufels geschechen.

170

175

180

185

190

6.

7.

181 192 202

Vor vngefähr 7. Jahrn, habe er hannß weißens Sohn zue Adelzhauß[en] Matheßen, ledigen Prewkhnecht ein solche schwarze teuflische Salben, in ein glaß Praun Pier gethon, in mainung ihne vmbzuebring[en], alß er solche getrunckhen, seye er, baldt hernacher Kranckh worden, seye alles auß anlaitung deß teiffels geschechen. Bastel Sprenger Prüggelbeckhen alhier, habe er vor vngefähr .6. Jahrn in sein Beckhens hauß, ein solche teuflische Salben, in ein Pecher Praun Pier gethon, in mainung ihne vmbzue-

195

200

205

vnge: Über dem vnge ist in einer jüngeren Hand ein ungefähr hinzugefügt worden, vermutlich als Lesehilfe. Adelzhauß[en]: ‘Adelshausen’, Ortschaft im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen Prüggelbeckhen: ‘Bäcker’ (vgl. prügel ‘Brotweck’)

Reichertshofen 1629

491 bring[en] sey hernach aller dürr, gelb, vnd häger word[en], aber am leben habs ihm nichts geschadt, seye auch auß anlaitung deß teüffels geschechen.

8.

9.

10.

11.

227 227 244

[5v] Marthin Kölbel Müller von Künigsfeldt habe er vor vngefähr .5. Jahrn ein solche Salben bey Marthin webern an einer zech in ein trunckh Praun Pier gethon, vermaine habe solches nit gar außtrunck[en], obwohl[en] er vermaint ihne vmbzuebring[en] seye ihme aber seines behalts nichts geschechen, auß befelch deß teufels geschechen. Vor vngefähr .3. od[er] .4. Jahrn habe er Andræ zollnern alhier ein Roß mit dem teuflischen Pulfer so er ihme vfs gesodt gestreth, alß er nachts zum einfuettern hinein khom[m]en, hernach seye eß alles dürr word[en] vnd inner .4. tag[en] hernach todt geleg[en], solches sey auß deß teufels befelch geschechen. So habe er vor .5. Jahrn seiner khue ainer solch Praun teüflisch bulfer vfs gesodt geseth, in mainung solche zuetödten, habe ihr aber nichts geschadt, allein Sey Sie .4. oder .5. tag[en] geschnaufft, vnd Kranckh geweß[en]. Vor vngefähr .2. Jahrn haben er hanß[en] zollner zue Parr ein Prauns Füll vff solche weiß vmbgebracht seye auch auß gehaiß deß teufels geschechen.

210

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245

gesodt: ‘zum Abseihen oder Abbrühen als Viehfutter bestimmter Abfall von gedroschenem Getreide, Spreu’ gestreth: ‘gestreut’ Füll: ‘Füllen’

Östliches Süddeutschland

492

[6r] Hats hierauf gar hoch beteurt d[as] er nichts mehr, weder an leithen vnd vich vmbgebracht, alß ist diser Puncten eingestelt word[en].

250

Ad sacrilegia. Ad: 1.m.

Habe d[as] Jahr .2. mahl gebeicht, alß zue weihenächten vnd osstern alß herrn Pfarrer alhier, deme zue Ebenhauß[en] vnd einmahl einem Jesuiter

255

Ad. 2.m.

Habe alzeit communiciert in der Pfarr khürchen alhier

260

Ad. 3.m.

Habe vnsern herrn .2. mahl auß dem mundt gethon+ nom[m]en. 265

Ad. 4.m.

Habe in d[as] erste mahl in sein tiechlin gethon, vnd haimb getrag[en]: anhaimb mit der Faust vff der handt geschlag[en] nach dem sey solches rothlicht word[en]. hernach auß anlaitung deß teufels vfn Mist geworfen vor 4. Jahrn sey solches geschechen. Daß andermahl vor .5/4. Jahrn habe er vnsern lieben herrn wider auß dem mundt gethon, vnd vff vorige weiß Tractiert, vnd vff den mist geworfen, sein teufel habe gesagt, er hab recht gethon.

Ad. 5.m. Ad. 6.m.

258 269 285

[6v] Ist bey dem .4. t[en] verantworthet. Vnsern lieben herrn, habe er verfluecht, ein schelmen gehaißen vnd vermeldt seye ein besser Got vnser liebe Fraw habe er für khein Junckhfraw gehalten sondern ein hueren gehaißen.

Ebenhauß[en]: Ebenhausen (Ortschaft im Landkreis Pfaffenhofen, heute Baar-Ebenhausen) rothlicht: ‘rötlich’ besser: ‘böser’

270

275

280

285

Reichertshofen 1629

Ad. 7.m.

Ad. 8.m.

493 Die heillig[en] Gottes, habe er verfluechte leith vnd schelmen gehaiß[en]

290

Wan er gebettet hab er gesagt d[as] er den teufel für seinen Gott erkhenne, vnd aigne ihme sein gebeth zue.

295

Weil er in disem handl seye, habe er ihne darfür gehalten, d[as] Sie für ihne bitten khennen, aber an yezo verhoffe, er alle liebe heilling[en], vnd die hochgelobte Kinigin Maria werd[en] für ihne bitten, vnd Got werde ihne wider zue gnad[en] vffnem[m]en.

300

305

Ad. 9.m.

Daß weich wasser habe er nur für ein anders wasser, vff die Bild[er] für nichts gehalten. [7r] Habe vorher Ehe man anfangen brennen die heyllige hosti nur für ein broth, vnd den Kelch für ein bloßen wein, an yezo aber seith man brenne, für den wahren leib vnd bluet Jesu Christi gehalten.

Ad. 10.

Ad: 11.m.

Habe dises laster nie gebeicht aber in .3. Jahren einmahl im Sünn gehabt zue beichten sey der teuffel khom[m]en ihne schlag[en] wollen, also wider abgehalten worden, halte nit darfür d[as] ains beichten khöne. Au s f a h r e n .

Ad. 1.m.

Seye gemaingelich in der wochen .2. mahl außgefohren.

Ad: 2.m.

Vf einem gaißbockh so ihme der teufel gebracht, auch einmahl

306 312 327

weich: ‘weih’ brennen: im Sinne von ‘Hexen zu verbrennen’ gemaingelich: ‘gewöhnlich’

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330

Östliches Süddeutschland

494 vff einem gaul, so ihn seinem hoff zue ihme khom[m]en.

Zum Kimich: auch in der stuben zue einem fenster laden hinauß gefahrn. Ad: 3.m.

Erchtag, Pfinztag, vnd Sambstag vmb 10. 11. oder 12. vhrn Seye vff dem gaißbockh, vnd Pferdt, sey er vornen sein Pueldeuflin aber hind[en] geßeßen [7v] Habe inß teufels nahmen gesagt hui naus vnd nirgents an, weil du mein herr bist würst mich hinfüehren wo er dan willens gehabt

Ad. 4.m.

335

340

345

Ad: 5.m.

Seye geschwindt fortgangen.

Ad: 6.m.

Wans fünster geweßen, hab der teufel schon ein schein von sich geben, d[as] er sich hab erkhennen geben+ Khinden.

350

Ad: 7.m.

Zue der hollerstaud[en], Stain Pügkhl, vffm Creüzweeg beim Gotts Ackher, vff dem leber Pügkhl, vfn Pfahl, Pey Mänchinger holz, nacher Ingolstadt vfn Plan.

355

Ad: 8.m.

Draußen sey man gueter ding gewest danzt, vnd ein mahl zeit gehalten.

Ad: 9.m.

Fleisch Brattens vnd gefligel seye thails eingemacht in schwarzen Praunen Prüe.

360

Ad: 10.m.

335 337 353 355 359

Habe khein broth vnd Salz gesechen, die vrsach wisse er nit, halte darfür Got habe Jhms nit zuegelaß[en]

Kimich: ‘Kamin, Schornstein’ Erchtag: ‘Dienstag’ Pfinztag: ‘Donnerstag’ Khinden: ‘können’ Pügkhl: ‘Anhöhe, Berg’ (Bückel) Plan: Galgenplatz in Ingolstadt

365

370

Reichertshofen 1629

Ad. 11.m.

Ad. 12.m.

495 [8r] Weißen wein auß Silber vnd vergolten Bechern getrunckh[en], der wein sey in einem vaß geweßen, vnd er habe biß weiln einschenckhen müeß[en]. Man rede miteinander d[as] man woll lustig vnd gueter ding sein, seyen biß weillen an einer taffel vff stieln, biß weillen vff der Erden auch vff Seßeln geßeßen. Draußen hab man ein rathschlag waß ein yedes stüfften solle, Menschen oder vich welcher d[as] maiste vbl stüfft, seye am besten dran.

Ad: 13.m.

Ad: 14.m.

Ad: 15.m.

Ad. 16.m.

379 383 385 386 388 389 393 397

Habe große Inßlet Kerzen gehabt in weiß zünnen leichtern, seyen auch alte weiber alda, den[n]en steckhe Er leichter zwischen die zechen vnd thails in die händt, müeßen also zind[en] anderst hab er nie zind[en] sechen, hab auch für sein Persohn nie zinden dörfen. Die Mahlzeit wehre bey einer stundt auch lenger, wan ein große zusam[m]en khunfft sey khom[m]en, offt in die 1000 Persohnen, wan aber ein claine in die .20. weniger oder mehr zusam[m]en Nach der mahlzeit danze man, Er habe auch zimblich vil golten vnd wohl daran geweß[en]. [8v] Haben biß weilen Geiger auch vnderweilen Trum[m]elschlöger

stieln: ‘Stühlen’ rathschlag: ‘Beratung’ vbl: ‘Übel’ stüfft: ‘gestiftet, angestellt’ Inßlet: ‘Unschlitt, Talg, Tierfett’ zünnen leichtern: ‘Zinnleuchter’ zind [en]: ‘leuchten, Licht geben’ wehre: ‘währe, dauere’

375

380

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390

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400

405

Östliches Süddeutschland

496

vnd Pfeiffer gehabt, d[as] man die Trum[m]el sonsten nit gehört khöne er nit wißen. Ad: 17.m

Ad: 18.m.

410

Jm danzen danze ainer da der aines+ ander dorthin hinauß

415

Vnnderweilen gehen Par vnd Par vff die seithen treiben vnzucht miteinander, maßen ers dan auch biß weiln gethon.

420

Ad: 19m.

Er habe mit seiner Puelteuflin gedanzt, aber nie mit khainer andern.

Ad: 20m

Eß seye ein stattlicher alda in einem schwarzen zeüg[en] klaidt, schwarzen huet vnd schwarze federn, darauf, Süze in einem schenen Lüderen schwarzen Sesel mieß[en] ihme Ehr erzaig[en].

425

Ad. 21m.

Wehre vngefähr ein stundt hernach fahr ein yedes wider haimb

Ad: 22.m.

Der im Sessel geßeßen, sage baldts auß seye, eß solle sich ein yedes wider haimb mach[en].

430

435

Ad .23.m.

Ad .24.m.

429 430 447 449

[9r] Habe ine nichts eingeschoben allein habe ihme d[as] Essen geschmeckht, wie anders natürlichs Essen

440

Wan er außgefahrn, habe er ein schwarz bindelin seinem weib, vnder die haubten gelegt, d[as] Sie nit erwach[en] khendt, solches hab im der teuffel geben, sey wie ein schwarze bechkhugl geweßen.

445

Süze: ‘sitze’ Lüderen: ‘lidern’, Nebenform zu ‘ledern’ haubten: ‘Haube, Schlafhaube’ bechkhugl: ‘Pechkugel’

450

Reichertshofen 1629 Ad .25.m.

497 Seye in sein Claidern auß gefahrn vnd der teüffel habe ihms drauß[en] gesagt, wan er wider, vnd wohin außfahrn solle. 455

Adhortatio. Ad complices.

456 466

Adhortatio: ‘Mahnung’ sonderbaren: ‘besonderen’

Ist hierauff Erstlich erinnert word[en] solle sich woll besünnen vnd niemandt verschweigen, oder auch niemandt vnrecht thuen p[erge].

460

Hat vff .49. complices bekhendt der nam[m]en in einem sonderbaren biechlin verzaichnet vnd beim Ampt verhand[en].

465

498

Östliches Süddeutschland

Abb. 55: Pfarrarchiv Reichertshofen, Fach I, 3, fol. 7r

SCHWEINFURT 1616 Überlieferung Prozessort: Prozesszeit: Überlieferungsform: Archivverweis: Blatt: Weitere Editionen: Publikationen:

Schweinfurt 1616 Handschrift Stadtarchiv Würzburg, Reichsstadt Schweinfurt, Sig. 7/75 I 7r–14r (Originalzählung) – Merzbacher (1970), Pilartz (1993)

Inhalt Der gewählte Textausschnitt enthält die Aussagewiedergaben von mehreren Personen. Die Magd Afra beschuldigt ihre ehemalige Dienstherrin Susanne Pfister, ihr nahe gelegt zu haben, den Ausdruck „in Teufels Namen“ zu gebrauchen. Die Beklagte, die ihrer Magd zudem noch Geld schulden soll, gibt am 7. Juni 1616 zwar zu, in alltäglichen Belanglosigkeiten mitunter „in Teufels Namen“ gesagt zu haben, weist ansonsten aber die Vorwürfe und Ansprüche der Magd zurück. Am gleichen Tag findet auch die Befragung des jungen Niclaus Knies statt, der ebenfalls hexereiähnlicher Aktivitäten angeklagt wird. Hier handelt es sich offenbar um Prahlereien unter Kindern und Jugendlichen und daraus resultierende Denunzierungen. Das Verhör des Vaters Lorenz Knies stellt eine seltsame Mischung aus Absurdität und faktischer Bedrohung dar: Das Nichternstnehmen der Vorwürfe gegen seinen Sohn und ihn selbst bringt ihn in eine kritische Lage. So ist es Lorenz Knies, der zu einem der wenigen Hinrichtungsopfer der Schweinfurter Hexenverfolgungen wird. Sein Sohn Niclaus hingegen wird nach mehrwöchiger Haft freigelassen. Das Schicksal Susanne Pfisters ist ungeklärt.

Schrift und Sprache Das im Großen und Ganzen gut lesbare Protokoll ist in einer sauberen Handschrift verfasst und weist eine Reihe nachträglicher Einfügungen und Streichungen auf. Der Schreiber der Akte ist um eine klare Strukturierung bemüht, was sich insbesondere in den deutlichen Markierungen neu beginnender Protokolle mittels Frakturschrift und Zentrierung der Protokolleinleitungen zeigt. Die Sprache des Dokuments zeigt Merkmale, die mit seiner nordoberdeutschen Herkunft zusammenhängen (Auftreten dialektaler Lexeme wie Schirbelein, Heffelein u.a.; Verwendung des lein-Diminutivs). Auffällig ist der sprachhistorisch ins Mittelhochdeutsche weisende Gebrauch ‘voller’ Adverbien (Anfenglichen, Erstlichen, gentzlichen). ¢w² steht für regelmäßig in der Handschrift vorkommendes ¢5².

Östliches Süddeutschland

500

[7r] Actum in beysein H[err]n D i e n s t a g s d e n 4 J u n i i A[nn]o p[erge] 1 6 1 6 . Balthasar Rüeffers Johann Tscheins, Melchior W i d e r S u s a n n a m C a s p a r P f i s t e r s N . Göbels vndt Bastian Haußfrawen beschwehret vndt Teüffels, vndt+ dann beclaget sich H[errn] b[ürgermeister] Affra Riglerin von Traw weilandt Prückners ~ Hansen Lutzen Steinmetzens, Inwohners zu vnder Eißfeldt, nach gelaßene witib, Vndt ist deren selben Ausßag wie volget.

1) von häfelein

2.

10 14 19 25 26 35

Daß nemblichen Sie Pfisterin nechstuerschienen dritten Pfingst feyertag den 21. Maii Ihr (Alß welche bey erwehnter Pfisterin damals in diensten gewesen) Anbeuohlen, vff den Marckt zugehen, vndt Ein Heffelein, sampt einem Stürtzlein darauff, erstlich in deß Teüffels, zum Andern in Hundert Teüffel, fürs dritte in Aller Teüffel nahmen, zukauffen, welches aber Sie Clägerin nicht gethan, folgenden tags aber seye obbemeldte ihre fraw die Pfisterin zu ihr in den Stall kommen, fast zorr[7v] nig gewesen vndt gefraget, warumb Sie ihrem beuelch gemeß das Heffelein nicht kaufft Hette? daruff Clägerin geantworttet, weiln ihr kein geldt geben worden, darbey es Also verbliben. Vber das Aber Habe Sie Pfisterin begehret Ein Schirbelein, so 2ber deß Stalls thür gestanden Herrunder zulangen, welches Clägerin Anfenglichen zwar nicht, doch endtlichen vff der Frawen Instendtiges begehren herrunder langen, vndt

witib: ‘Witwe’ nechstuerschienen: ‘letzten, letztjährigen’ Heffelein: Diminutiv von Hafen ‘irdener Topf, Gefäß’ Stürtzlein: Diminutiv von Stürze ‘Deckel’ obbemeldte: ‘oben erwähnte, früher genannte’ fast: ‘sehr’ Schirbelein: Diminutiv von Scherben ‘irdener Topf’

5

10

15

20

25

30

35

40

Schweinfurt 1616

501 in den Hünerstein einweichen müesßen, [INT] ªhabº auch salva reverentia, opus naturæ in daßelbe thuen sollen, Weiln aber solches von ihr Clägerin rundt Abgeschlagen worden, Habe Sie Pfisterin solches ihrer Pfleg dochter, Walpurg Pfisterin, zuthuen, auch ferner beuohlen, deß Andern Morgens früe die milch in Aller Teüffel nahmen darein zu giesßen, vndt mit einem Höltzlein, So Sie

3. Päsen

4. Ausrühr[en]

[8r] Pfisterin Ihnen selbsten geben vnder einander zu rühren, vndt der Kuhe in ªdeß Teüffels namenº einzuschütten, Welches Sie Clägerin gentzlichen nicht thuen wollen, sondern darüber Außgedretten vndt daruon gangen. Sonsten aber, wann Sie die Kuhe gemolcken, habe ihre Fraw die Pfisterin in dem Stall, neben der Kuhe, einen Besen gehabt vndt denselben sehr geknauchet, zu was Ende aber solches geschehen, seye ihr Vnwisßent. Deß gleichen habe Sie auch gesehen, wann ihr fraw die Pfisterin einmahl+ Außgerühret, ªso fast Alle gewochen+ [INT] ªwochenº geschehenº daß sie doch deß negsten tags Hernacher ihr Putterfaß, darein sie den Rehm gesamblet, wider gantz voll Rehm gehabt, welches doch nicht wol sein können, weiln ihre Kuhe gantz mager vndt keine fütterung gehabt, auch eine vff einmahl 2ber ein mas milch nicht geben. [8v] Wüste sonsten ermelter Pfisterin keine zauberey nachzusagen, Hette auch

41 42 62 65 67 72 80

Hünerstein: ‘Steingefäß, Hühnertrog’ salva reverentia, opus naturæ: ‘mit Verlaub, das natürliche Geschäft’ Päsen: ‘Besen’ geknauchet: ‘gestampft, zerstampft’ Ausrühr[en]: ‘Sahne erzeugen’ Rehm: ‘Rahm’ ermelter: ‘erwähnter, genannter’

45

50

55

60

65

70

75

80

Östliches Süddeutschland

502

5.

6.

nichts gesehen, Allein was, oberzelter maßen zuthuen ihr Angesonnen worden, welches Sie gantz Vnrecht vndt wider Gottes gebott erachtet, auch darumb nicht thuen wollen. Beclagte sich sonsten wie offt ermelde Pfisterin ihren dienstlohn Ihr nicht geben wolte, dann Sie Ihr Ein Jhar lang 3. f[loren] vndt 4. Eln tuchs zugeben Versprochen, begehrte derentweg[en] ihren gebürenden lohn, souiel sichs vff die 11. wochen, weiln sie bey ihr in diensten gewesen, belauffen thete. Auch Hette Sie Clägerin bey ihrer frawen der Pfisterin 2. f[loren] 14. s[chilling] deponirt, dargegen Sie ihr etliche sachen Alß für 1. f[loren] leinetuchs, vndt eine Hauben so 10. Patzen gekostet, darfür man ihr Jezt 1. f[loren] gantz [9r] Vnbillicher weiß abrechnen wolte, kaufft worden, Begehrte derentwegen auch das Residuum wegen deß Depositi ihr wider Heraus zu geben. Freitags den 7. Junii vor Mittag. Vff obbeschehene Ausßag Affræ Riglerin, ist Susanna Pfisterin befraget worden, welche solches nachfolgender gestaldt beantworttet.

1.

90 99 103 105

Erstlichen ist sie gestendig, daß Sie der Magdt ein Schirbelein zu kauffen Anbeuolen Habe, Vndt solches Also; Nemblichen Alß einmahl ihre Magdt, die Clägerin, zu ihr kommen, vndt+ ein wenig milch bracht, Ihr gezeiget, vndt gefraget was Sie thuen solte, die Kuhe wolte keine milch mehr geben vndt verlahmete gantz vndt gar,

f[loren]: ‘Gulden’ Patzen: ‘Batzen’ (geringwertige Münze) Vnbillicher weiß: ‘zu Unrecht, fälschlicherweise’ Residuum: ‘das Zurückbleibende’ Depositi: ‘des Hinterlegten, des anvertrauten Geldes’

85

90

95

100

105

110

115

120

Schweinfurt 1616

503 Habe sie Pfisterin daruff Angefangen vndt gesaget, sie solte die milch in deß Teüffels nahmen wegschüdten,

2.

3.

4.

5.

135 136 163

[9v] auch Angefangen vndt gesaget, Sie were einmahl von einer Weisen Magdt, die Sie zu rhat Hette fragen laßen, ªetwasº gelehret worden das wolte Sie Jetzt wider brauchen, derentwegen ahn sie die Magdt begehret, Sie solte zu dem Heffner gehen, vndt ªeinº Schirm in deß Teüffels nahmen kauffen welches aber nicht beschehen. Das Heffelein Anlangendt, gestehet Sie, das Sie solches in den Hünerstein einweichen, das 2brige darein zuthuen, wie oberzehlt, vndt der Kuhe ins Teüffels nahmen einzugiesßen beuohlen: Wegen deß Besens Verhilte sichs Also, daß nemblichen Sie Pfisterin mit demselben ihre krancke kuhe Abgekehret, vndt wider in einen spalt, da Er zuuor gewesen, gestecket. Mit dem Rehm vndt Außrhüren Hette es diese beschaffenheit, daß nemblichen Sie vff 14 tag denselben [10r] samblet, vndt Hernacher Außrhüret, weiln aber ihr Butterfaß etwas klein, nehme sie den Halben theil vff einmahl, vndt laße den Andern stehen, vndt samble vffs new wider dar zu, darmit der Andere desto ehe sawer möchte werden. Habe sonsten Ihrer Magdt ihren verdienstlohn nicht verweigert, werde ihr auch noch wenig schuldig sein ªSintemalº Sie Ihr ein Paär Schue 2mb 10. s[chilling] von ihrem deponirtem geldt aber, so nur 2. f[loren] 5 Patzen gewesen, nachfolgende sachen gekaufft:

Heffner: ‘Töpfer, Topfmacher’ Schirm: Abschleifungsform von Scherben ‘irdener Topf’ Sintemal: ‘da, weil’

125

130

135

140

145

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155

160

165

Östliches Süddeutschland

504 1. f[loren] 3. Patzen Für 6 Eln leinetuch, die Eln zu 3. Patzen. 12 ½. Patzen Für eine Hauben. 4. s[chilling] 4 [Pfennig] Für Ein Eln Schwartzen Barchet. 6. s[chilling]. Von einem …+, Müder, Ermel vndt Schürtztuch zu machen. 2. s[chilling] 4 [Pfennig] Von einem zu falden

170

175

Actum in beisein H[err]n Christoff Krebsens vndt Balthasar Rueffers.

Stromenger.

[10v] Eodem die Veneris, 7. Junii. post meridiem. Vff obgesezt + N i c l a u s e n Lo r e n t z e n K n i s e n s S ö h n l e i n b e t r [effend], ist derselbe vff obbesezte wider Ihn beschehene Ausßag, in Nicodemi Zeühels behausung Examinirt worden, deßen Ausßag wie volget. Alß ihme, was+ Herrn Lorentzen Plaßens Söhnlein beschehene Ausßag vorgehalten worden, Hat Er solches Alßbalden negirt vndt nicht gestendig sein wollen, Hingegen Aber berichtet, daß Jörg Stromengers ªThorwarts vnder dem Brückenthorº Jung zu ihme gesagt, Er wolte fahren vndt Ihne mit sich in keller führen, darauff Knies geantworttet, Er begehrte weder mit Ihme zu fahren noch die kunst zu lernen. Habe auch ermelten Stromengers sohn vorgeben, Er könde ein hosenbandt entzwey schneiden, vndt wann Er solches nur wider durch das [11r] wammest zöge, gantz machen. Weiln aber Er Knies nichts gestehen wollen, ist mehrbesagten Plasßens Söhnlein Ihme vnder Augen gestellt worden, der dann seine Ausßag repetirt

171 172 196

Barchet: Leinen-, Baumwollstoff Müder: ‘Mieder’ keller: ‘Vorratsräume, auch außerhalb des Hauses’

180

185

190

195

200

205

210

Schweinfurt 1616

Confessio von

Vnsichbarkeit.

215 216 220

505 Knies aber hat Anfenglichen solches zwar gantz nicht, doch endtlich vff ernstlich vermahnen gestehen müesßen, daß Er dem Schefflein das Handtwerck habe lehren wollen, sey aber nur Vexirerey vndt schimpffreden gewesen. Hat auch ferner bekennet Er könde sich vnsichtbar machen, vndt solches Also, nemblichen Er mechte einen kreis oder zirckel, darein drey kreütz im nahmen Gottes deß Vatters p[erge] legte darauff Ein Mesßer vndt sprüng herrumb ~ ªN[ota]B[ene]. Wolte nichts ferners sagen was Er mehr brauchteº Hette solches von einem Armen betteljungen von Gochßheim ªHans Reuter g[enan]ntº, gelernet, der hette Ihne an einem dienstag vor das Brückenthor geführet, habe+ an einem weg einen zirckel vff die Erden vndt darein drey [11v] kreütz gemacht im nahmen Gottes deß Vatters p[erge] Ein mesßer darauff gelegt, ¨ein wenig+ herrumb gesprungen vndt ein wenig weg geloffen, da [INT] ªseyeº Er sobalden Vnsichtbar worden. Bekanndte Er hette es nur einmal vor dem Prückenthor Probiret.+ Item Da der Jung solches gebrauchet vndt …+ weg geloffen, habe Er gesaget, I c h f a h r d a h i n i n s Te ü f f e l s n a h m e n , I c h k o m m e g l e i c h h i n w o i c h wo l l e , I c h v e r d e r b [INT] ªe r fr ö r e ,º vi e l w e i n v n d t k o r n . Bekanndte sonsten Er knies, daß Er solches nur einmahl vor dem Prückenthor Probiret. Simulirte hefftiges weinen, weinen+ doch ohne Trehnen, daß, wie genugsam zuuerspüren gewesen, kein ernst da gewesen.

Schefflein: ein weiterer Jugendlicher (vgl. 11v) Vexirerey: ‘Fopperei, Neckerei’ mechte: ‘machte’

215

220

225

230

235

240

245

250

255

Östliches Süddeutschland

506 Jorg Schefflein von Obernbreidt bey Caspar Marcken tuchmachern wohnendt. bekandte, deß Nadlers Jung hette zu

260

Confessio

Grestat

kiesel

259 273 279 293

[12r] Ihme gesagt, Er wolte Ihme wammest vndt hosen zerreisßen, vff ein Alt wammest sezen vndt Hinaus führen, Allein Er solte nichts weinen oder reden, sonsten würde es kein guet thuen. Alß aber Er Schefflein solches nicht thuen wollen, habe er Knies zu Ihme gesaget, mann hette so guet sach. Welches Knies gestanden, aber darbey gesaget solches nur Vexirerey vndt gespött gewesen sey. Hab sonsten Martin Teüschels Prouisoners vnder dem Prückenthor ªsohnº einmahls vnder+ gesaget Er könde einen weidt hinweg führen. Eodem die. Lo r e n t z e n K n i e s e n N a d l e r n b e t r [effend] Claus Witwe Schneider, Berichtet, daß+ [INT] ªAlß Erº nechstuerwichenen dienstag den 4. Junii, von Geroltzhoffen, Alda Er vffm Marckt gewesen, wider nacher haus ¨zieh+ reisen wollen, seye Er zu Grettstadt in einem wirtshaus [12v] oben bey der Kirchen ligendt, eingekehrt, in willens einen trunck zu thuen, Vnder dem Zechen aber, seye die Wirtin zu Ihme kommen, vndt gefraget, was thuet eüer Schwartzer Nadler, Er hat Vns mit seinen kiseln das getreidt erschlagen. Sonsten aber seye das gemeine geschrey vffm landt, der Nadler seye ein Milchdieb man solte Ihn todt schlahen.

Nadlers Jung: Gemeint ist besagter Niclaus Knies. Prouisoners: ‘Provisoners’ (pensionierter Zivil- oder Militärbeamter) Witwe: gemeint ist wohl ‘Witwer’ kiesel: ‘Graupeln, Hagelkörner’ Nadler: Gemeint ist Lorenz Knies.

265

270

275

280

285

290

295

Schweinfurt 1616

kiesel

507 Bernhardt Zentgraff. Berichtet daß Er ebner gestaldt neben dem Witwe von obbemeldter witibin+ wirthin gehöret, vnser Nadler hette seine Kiesel herraus geschütt vndt Ihnen das getreidt erschlagen.

300

305

Lo r e n t z K n i e s N a d l e r Vff Jüngst den 1 Junii einkommene Ausßag berichtet, daß ¨deroselben zuwider+ Linhardt Bronner deß Mesßerschmidts Jung, Ihme, Alß Er in das rhathaus gehen wollen,

Milchdieb

weiden

Aliud p[un]ctum

325 329 331 335

[13r] nachgeschrien vndt [INT] ªzuº sich gefordert, Daruff Er erschinen, Do hette Ihn gemelder Jung ªohne Alle gegebene vhrsachº einen Milchdieb gescholten, auch solches zum Andern mahl repetirt, darüber Er Nadler den Jungen schlagen wollen seye aber nicht beschehen. Hette auch dem Jungen keine+ einige vhrsach oder Anlaß mit Vexiren vndt Anderm nicht geben.+ Habe zwar dem Jungen oberzehleter maßen ªden frörerº gewuntschet, sey aus zorn geschehen. Seye deß Männleins Anderst nicht dann nachfolgender weiß gedacht worden, Mann müste eine gelbe weiden nehmen, vndt das schwartze Mennlein fein dapffer behawen. Habe sonsten dem Jungen getrohet Er solte stillschweigen, sonsten würde Er veruhrsacht werden, ªauchº zu sagen was Er [INT] ªd[er] Jungeº Außgeben hette. N [ota]B[ene] solches ist in …+ [INT] ªEinem besondernº Prothocoll zu finden. +

frörer: ‘Fieber’ weiden: ‘Weidengerte’ dapffer: ‘fest, stark, kräftig’ Außgeben: ‘von sich gegeben, gesagt’

310

315

320

325

330

335

Östliches Süddeutschland

508

zauberey

Confessio

Cognitio [etiam] fur[is]

[13v] Wegen deß Jungens Kranckheit, daß solches ein gezaubert werck gewesen seye, Ihme auch durch die Jenige Persohnen, durch welche es Ihme Angethan worden, wider geholffen werden müste, vndt Er solches geredt haben solte, wüste Er sich nicht zu erinnern. Ist sonsten gestendig, saget auch ein schlecht vndt gering ding sey, einem verzauberten zuhelffen, brauchte darzu nur wurtzel. Habe Thoma Herdting Schmiden gelehret wie Er seine krancke Kuhe ªso keine Milch geben wollenº heilen solte. Item Er kennete auch die Milchdiebin, derentwegen weren sie Ihme so verhasst. Wegen seines Söhnleins sey Ihme nichts bewust, dann daß die Jungen denselben einen Milchdieb gescholten hetten. Alß Aber Ihme seines sohns Ausßag vndt bekandtnus vorgehalten word[en], [14r] hat Er solches lang nicht glauben wollen, auch nur, wie sonsten bey Allen fragen beschehen, darzu gelachet, auch bestendig gesaget, solches nicht sein könne. Deßgleichen Alß Ihme gesagt worden, sein Jung könde sich Vnsichtbar machen. Er solches eben sowol, wie Alles Andere für ein gespött gehalten, auch Ihme solches gantz Vnwisßendt sey. Was zu Grettstadt vorgeloffen, vndt Er bezichtiget worden sey, [INT] ªhatº Er ebener maßen darzu gelachet, Alß Er aber von den Herrn ªExaminatornº etwas scharpff erinnert worden, solches nicht so für ein gespött zuhalten, auch vngeandtet nicht ersitzen zulassen, hat Er gesaget, Er wolte sehen wie der sachen zu thuen sein mechte.

349

schlecht: ‘einfach’

340

345

350

355

360

365

370

375

380

Schweinfurt 1616

Abb. 56: Stadtarchiv Würzburg, Reichsstadt Schweinfurt, Sig. 7/75 I, fol. 9r

509

Register

Der Aufbau des Registers und die Auswahlkriterien der Einträge sind in der Einleitung (S. XXIV) erklärt.

Alltag Abendmahl 32, 37, 54, 79, 194, 237, 261, 305, 352, 354, 357, 380, 400, 401, 419, 444, 480, 492, 493 Abtreibung 30, 85 Alkohol 45, 49, 71, 72, 121, 129, 190, 210, 213, 277, 295, 296, 374, 394, 424, 451, 453, 475, 478, 495, 506 Armut 128, 292, 303, 323, 338, 377, 391, 404, 442 Beichte 190, 237, 245, 261, 286, 331, 380, 392, 419, 456, 480, 492, 493 Bekreuzigung 195, 247, 294, 333 Beschimpfungen 40, 50 Bibel 149 Brandstiftung/Feuer 320, 324, 433, 436, 439 Devotionalien 331, 332, 372 Diebstahl 55, 152, 170, 176, 227 Ehebruch 69, 70, 72, 75, 193, 215, 229, 251 Fastenzeit 23, 153, 175, 176 Feiertage 24, 82, 124, 136, 138, 175, 189, 194, 260, 261, 287, 301, 400, 401, 404, 419, 436, 489, 492, 500 Friedhof 63, 109, 110, 117, 124, 150, 274, 279, 452, 494 Gebet 37, 215, 228, 237, 274, 276, 293, 306, 331, 332, 361, 375 Geistliche 37, 65, 69, 70, 72, 97, 116, 117, 118, 136, 139, 141, 147, 190, 193, 244, 245, 246, 261, 274, 278,

318, 331, 333, 359, 369, 419, 430, 438, 481, 489, 492 Gerücht 13, 27, 94, 96, 99, 103, 121, 139, 145, 157, 159, 201, 204, 257, 258, 282, 506 Gottesdienst 54, 136, 149 Gotteslästerung 194 Hebamme 3 Heilen 7, 149, 174, 179, 323, 474, 508 Heiligentage 21, 22, 286 Hochzeit 81, 176, 211, 322, 462 Jahrmarkt 463, 466 Kindstod 4, 5, 6, 85, 95, 223, 311, 314 Krankheiten 8, 15, 50, 54, 104, 105, 148, 174, 186, 209, 306, 465, 468, 486, 507 Krieg 223, 304, 481, 483 Lossagung vom Teufel 331 Mord 45, 104, 130, 340, 468 Reichtum 433 Segenssprüche 27, 56, 105, 149, 157, 162, 170, 177, 405, 479, 481 Soldaten 175, 176, 178, 179, 227, 251, 303, 368, 380, 481 Soziale Einrichtungen 366, 381, 465 Studenten 477 Taufe 3, 6, 7, 8, 204, 314, 352, 354, 357, 462 Verleumdung 174 Wahrsagerei 7, 21, 175, 178 Witwe(r) 20 Wochenbett 72, 270, 338, 346, 348, 430 Zank/Streit 35, 55, 140, 226, 439, 458

512

Gericht Fiskalischer Anwalt 13, 14, 121, 122, 278 Gefängnis 38, 39, 40, 56, 68, 93, 146, 149, 152, 176, 185, 194, 195, 212, 214, 217, 223, 235, 250, 277, 330, 335, 361, 464, 473, 480 Gerichtsdiener 37, 38, 65, 145, 147, 160, 274, 293 Gerichtsschreiber 125, 145, 148, 185, 187, 190, 193, 194, 195, 253, 254, 282, 287, 291, 312, 323, 372, 398, 413, 435, 437, 447, 456, 486 Henker Siehe Scharfrichter Hexenkommissar 185, 186, 190 Nachrichter Siehe Scharfrichter Notar Siehe Gerichtsschreiber Richter 5, 27, 35, 36, 43, 46, 53, 68, 69, 72, 82, 87, 93, 97, 121, 125, 145, 148, 150, 152, 168, 174, 176, 177, 178, 185, 186, 187, 193, 194, 195, 197, 198, 201, 205, 214, 220, 226, 234, 250, 253, 257, 259, 261, 274, 278, 282, 287, 291, 293, 296, 312, 323, 330, 338, 340, 341, 347, 372, 385, 413, 447, 456, 464, 486 Scharfrichter 32, 37, 68, 72, 89, 205, 211, 217, 221, 226, 235, 250, 291, 332, 339, 403, 423, 433, 451, 457 Schöffen 5, 121, 168, 185, 186, 187, 190, 193, 194, 195, 201, 205, 220, 250, 253, 257, 259, 261, 282, 287, 291, 293, 296, 312, 444, 447, 456 Zeugen 13, 27, 36, 38, 40, 55, 135, 174, 194, 196, 197, 226, 321, 402

Hexerei Fluggeräte 212, 294, 329, 330, 332, 359, 375, 377, 379, 394, 402, 423, 453, 475 Hexenflug 11, 15, 23, 63, 124, 129, 130, 212, 227, 238, 243, 266, 267, 275, 294, 329, 330, 332, 359, 375, 376, 377, 379, 394, 402, 417, 423, 434, 453, 475, 476, 477, 487, 493

Register Hexengesellschaft 12, 15, 20, 22, 63, 109, 117, 129, 185, 212, 228, 230, 252, 284, 295, 347, 375, 378, 380, 418, 424, 454, 476, 495 Hexenmal 61, 116, 211, 243, 285, 330, 332, 339, 360, 392, 423, 476 Hexentanz 11, 13, 15, 16, 22, 23, 32, 43, 61, 62, 73, 94, 98, 109, 110, 116, 124, 128, 130, 146, 151, 185, 188, 190, 212, 214, 216, 217, 227, 228, 230, 237, 242, 251, 260, 266, 268, 273, 275, 276, 277, 282, 283, 284, 286, 291, 292, 293, 294, 295, 329, 339, 340, 345, 347, 359, 367, 375, 377, 379, 386, 394, 401, 402, 404, 413, 414, 418, 423, 434, 435, 447, 448, 454, 475, 476, 477, 487, 494 Hexentaufe 211, 212, 214, 236, 331, 414, 416, 453, 488 Hostienschändung 118, 124, 189, 230, 237, 245, 247, 285, 287, 352, 380, 391, 400, 413, 419, 444, 492 Kellerfahren 424, 435, 453, 475, 478, 504 Lehrmeister(in) 11, 15, 20, 28, 43, 60, 62, 68, 79, 85, 108, 116, 117, 123, 167, 169, 177, 187, 203, 205, 213, 266, 267, 273, 284, 295, 310, 312, 329, 330, 333, 451 Leichenschändung 80, 392 Milchzauber 3, 291, 292, 294, 295, 434, 501, 506, 508 Schadenszauber an Dingen 21, 22, 31, 80, 158, 188, 189, 213, 230, 269, 285, 296, 435, 444 Schadenszauber an Menschen 4, 21, 23, 27, 28, 31, 43, 44, 45, 50, 53, 72, 73, 80, 95, 103, 104, 105, 117, 123, 129, 130, 145, 154, 166, 167, 168, 169, 174, 202, 203, 211, 212, 214, 220, 228, 252, 254, 266, 267, 269, 274, 286, 291, 293, 296, 300, 301, 302, 303, 311, 319, 320, 340, 342, 345, 364, 366, 368, 373, 375, 378, 382, 393, 399, 405, 419, 423,

Register 428, 430, 444, 455, 464, 469, 487, 488, 508 Schadenszauber an Tieren 3, 12, 16, 17, 43, 53, 64, 71, 73, 81, 93, 96, 98, 105, 117, 123, 145, 146, 150, 151, 152, 153, 159, 161, 189, 190, 202, 212, 222, 230, 237, 252, 253, 260, 268, 269, 275, 278, 295, 296, 320, 322, 340, 341, 345, 361, 365, 366, 369, 375, 392, 393, 394, 399, 402, 403, 404, 405, 419, 423, 426, 434, 444, 487, 488, 491 Teufelsbeschreibung 11, 15, 20, 23, 61, 62, 71, 79, 80, 116, 123, 128, 146, 150, 151, 188, 190, 217, 227, 236, 266, 267, 273, 277, 283, 285, 294, 295, 311, 313, 330, 338, 339, 359, 364, 368, 375, 377, 391, 392, 398, 401, 415, 423, 442, 453, 476, 496 Teufelsbuhlschaft 11, 15, 20, 23, 28, 61, 71, 79, 116, 123, 128, 129, 150, 188, 205, 211, 214, 215, 227, 236, 243, 251, 259, 262, 266, 268, 273, 283, 291, 292, 293, 301, 310, 312, 329, 331, 338, 358, 359, 364, 366, 368, 374, 377, 379, 394, 398, 399, 415, 417, 420, 423, 434, 452, 487 Teufelshochzeit 251, 338, 359 Teufelslohn 15, 20, 61, 71, 116, 123, 128, 187, 211, 227, 237, 251, 266, 273, 274, 277, 278, 283, 284, 292, 301, 310, 338, 364, 391, 398, 416, 423, 487 Teufelsname 11, 15, 16, 20, 28, 43, 61, 62, 71, 116, 128, 150, 166, 169, 211, 227, 236, 251, 266, 274, 277, 283, 292, 310, 330, 339, 360, 364, 366, 374, 377, 391, 398, 416, 434, 453, 488 Teufelspakt 11, 15, 61, 71, 79, 95, 116, 123, 130, 150, 187, 211, 227, 236, 243, 245, 251, 260, 263, 266, 268, 273, 283, 291, 297, 313, 329, 331, 338, 345, 352, 364, 365, 368, 375, 377, 391, 398, 399, 404, 413,

513 414, 415, 416, 423, 443, 452, 476, 487, 488 Teufelstiere 12, 15, 23, 32, 63, 80, 123, 124, 129, 130, 153, 188, 227, 239, 251, 268, 291, 294, 320, 329, 332, 401, 402, 415, 417, 420, 434, 442, 475, 476, 477, 493 Werwolf 12, 13, 16, 189 Wetterzauber 238, 252, 253, 284, 339, 347, 380, 425, 455, 474, 477, 505, 506 Zaubermittel 11, 13, 15, 16, 21, 22, 24, 27, 28, 29, 31, 32, 43, 44, 50, 62, 63, 64, 71, 74, 80, 85, 118, 123, 166, 167, 169, 174, 188, 196, 211, 212, 237, 252, 254, 266, 267, 268, 269, 275, 283, 295, 313, 342, 346, 347, 364, 365, 366, 367, 368, 373, 375, 377, 379, 382, 391, 392, 393, 399, 402, 403, 419, 423, 428, 434, 442, 463, 467, 487, 488, 496, 501 Zaubersprüche 4, 11, 15, 16, 21, 22, 28, 29, 31, 35, 80, 81, 89, 129, 166, 169, 174, 177, 196, 197, 227, 251, 267, 301, 314, 361, 366, 392, 399, 402, 405, 417, 442, 453, 494, 500, 505

Prozess Anklage 79, 82, 93, 121, 318, 423 Besagungen 11, 12, 13, 15, 16, 20, 22, 23, 27, 43, 44, 60, 62, 64, 65, 68, 73, 74, 76, 80, 121, 122, 124, 128, 146, 162, 166, 167, 168, 179, 185, 188, 193, 196, 212, 214, 215, 228, 230, 235, 236, 237, 238, 244, 247, 250, 251, 252, 257, 268, 269, 275, 282, 284, 286, 292, 293, 302, 311, 329, 334, 339, 347, 381, 394, 401, 416, 417, 418, 423, 447, 451, 454, 497 Denunziationen Siehe Besagungen Endlicher Rechtstag 65, 278, 365, 367, 369, 459 Folter Siehe Verhör, peinlich Folterandrohung Siehe Territion

514 Foltermethode 195, 339, 341 Foltermethoden 38, 68, 69, 74, 122, 203, 235, 250, 259, 262, 292, 374, 414, 451 Frageartikel 3, 13, 14, 35, 49, 68, 74, 93, 121, 135, 145, 149, 157, 162, 166, 201, 204, 214, 220, 228, 242, 278, 300, 310, 318, 329, 333, 345, 352, 433, 462 Gegenüberstellung 17, 45, 59, 60, 68, 76, 87, 89, 146, 152, 153, 194, 247, 270, 282, 329, 332, 333, 386, 413 Geständnis, allgemein 5, 11, 43, 60, 71, 79, 85, 122, 128, 150, 151, 187, 226, 236, 242, 251, 259, 266, 273, 283, 292, 312, 338, 358, 374, 415, 423, 435, 451, 473, 480, 487, 504 Geständnis, Ratifikation 17, 24, 32, 65, 75, 125, 190, 231, 287, 379, 457 Geständnis, Widerruf 69, 72, 213, 216, 217, 262, 379, 387, 403, 488 Geständnis, Wiederholung 13, 20, 72, 209, 216, 217, 230, 242, 253, 259, 261, 274, 276, 287, 291, 293, 315, 335, 341, 377, 378, 452 Hinrichtung 82, 279 Nadelprobe 212, 282, 330, 332, 414, 423

Register Rechtsbelehrung 35, 209, 226, 234, 297 Stigma Siehe Nadelprobe Territion 37, 186, 195, 217, 226, 433, 464 Tränenindiz 372, 379 Urgicht 13, 17, 209, 226, 234, 291, 365, 368, 391, 398, 423, 442 Urteil 32, 82, 198, 226, 231, 278, 291, 297, 367, 369, 395 Verhör, gütlich 5, 14, 20, 35, 43, 53, 71, 93, 121, 128, 149, 162, 168, 186, 187, 193, 194, 201, 209, 220, 235, 242, 250, 257, 258, 266, 273, 291, 296, 302, 312, 330, 338, 339, 348, 353, 355, 356, 372, 377, 385, 387, 391, 413, 415, 418, 433, 464, 473, 480, 486, 502, 504 Verhör, peinlich 11, 14, 24, 27, 38, 60, 68, 72, 74, 79, 85, 122, 128, 149, 171, 178, 180, 195, 205, 209, 226, 235, 250, 259, 262, 267, 283, 291, 373, 379, 401, 414, 451, 457, 463, 488 Verteidigung 122 Wasserprobe 68

Literaturverzeichnis

Bezogen auf die regionale Großgliederung der Edition wird jeweils eine auf umfassendere Arealzusammenhänge zielende Überblicksdarstellung vorweg geschickt. Für den Leser wird damit die Möglichkeit geschaffen, sich über größerräumige Kontexte der Hexenverfolgung zu informieren.

I. Westliches Norddeutschland Schormann, Gerhard (1977): Hexenprozesse in Nordwestdeutschland. Hildesheim (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 87).

II. Östliches Norddeutschland Harmening, Dieter, Andrea Rudolph (Hrsg.) (1997): Hexenverfolgung in Mecklenburg. Regionale und überregionale Aspekte. Dettelbach (= Quellen und Forschungen zur europäischen Ethnologie 21).

III. Westliches Mitteldeutschland Franz, Gunther, Franz Irsigler (Hrsg.) (1996): Hexenglaube und Hexenprozesse im Raum Rhein-Mosel-Saar. 2. Aufl. Trier (= Trierer Hexenprozesse. Quellen und Darstellungen 1).

IV. Östliches Mitteldeutschland Füssel, Ronald (2003): Die Hexenverfolgungen im Thüringer Raum. Hamburg (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland 2). Wilde, Manfred (2003): Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen. Köln/Weimar/ Berlin.

V. Westliches Süddeutschland Lorenz, Sönke, Jürgen Michael Schmidt (Hrsg.) (2004): Wider alle Hexerei und Teufelswerk: Die europäische Hexenverfolgung und ihre Auswirkungen auf Südwestdeutschland. Ostfildern/Stuttgart.

VI. Östliches Süddeutschland Behringer, Wolfgang (1997): Hexenverfolgung in Bayern. Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. 3., verb. und um ein Nachwort erg. Aufl. München.

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Literaturverzeichnis

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Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit Band 2

Deutsche Kanzleisprache in Hexenverhörprotokollen der Frühen Neuzeit Band 2: Kommentierte Auswahlbibliographie zur regionalen Hexenforschung Herausgegeben von

Jürgen Macha und Forschungsgruppe (Anna Balbach, Tobias Gombert, Endre Hagenthurn, Alexandra Heimes, Brigitte Heeke, Iris Hille, Pamela König, Maren Lange, Claudia Minuth, Uta Nolting, Elvira Topalovic´, Anja Wilke)



Walter de Gruyter · Berlin · New York

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-018091-X Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2005 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...........................................................................................................................7 Westliches Norddeutschland ..............................................................................................9 Östliches Norddeutschland ...............................................................................................55 Westliches Mitteldeutschland...........................................................................................65 Östliches Mitteldeutschland ...........................................................................................117 Westliches Süddeutschland ............................................................................................127 Östliches Süddeutschland...............................................................................................153 Ortsregister .....................................................................................................................175

Einleitung

Die Zahl der Veröffentlichungen zum Thema Hexenverfolgung ist Legion, und die Vielfalt der behandelten Aspekte ist mittlerweile nahezu unüberschaubar geworden. Die hier vorgelegte Auswahlbibliographie von Publikationen zur regionalen Hexenforschung in Deutschland bedarf deshalb einiger kurzer erläuternder Anmerkungen. So ist vor allem hervorzuheben, dass der das Gesamtwerk leitende Gesichtspunkt ‘Sprachlichkeit’ auch bei der Dokumentation hexereibezogener Bücher, Aufsätze etc. eine wichtige Rolle gespielt hat. D.h. es schwebte uns vor, dem interessierten Leser Möglichkeiten zu eröffnen, sich zu den edierten Originaltexten gewissermaßen noch weitere regionale, textsortenspezifische und sprachhistorische Kontexte verfügbar zu machen. Hier ist vor allem an quellenbasierte Studien gedacht. Unter diesem Aspekt lag es von Beginn an nicht in unserer Absicht, bei der Erfassung hexereibezogener Forschungsliteratur Vollständigkeit zu erreichen. Um es am Beispiel zu illustrieren: Wer etwa an Sprache und Inhalt nordwestdeutscher Hexenprozesse interessiert ist, dem soll das Verzeichnis entsprechender Veröffentlichungen ein Stück weiterhelfen. Die Akzentuierung der Momente ‘Auswahl’ und ‘Regionalität’ ist also konstitutiv mit dem Anspruch unseres Vorhabens verbunden. Die Möglichkeit, dass theoretisch und methodologisch durchaus wichtige Publikationen zur Hexenforschung bei der Anlegung dieses Auswahlrasters möglicherweise ‘aus der Bibliographie gefallen’ sind, wird durchaus eingeräumt. Dass andererseits auch unsere Erfassung regionaler Hexenforschungsliteratur für manche Gebiete Deutschlands nicht exhaustiv sein konnte, ist ebenfalls zu konzedieren. Dem regionalen Prinzip folgend, das die Einteilung der Originaleditionen in Band 1 bestimmt hat, legen wir dem zweiten Band eine analoge Gliederung zugrunde. Man findet die Veröffentlichungen also unter den Großregionen Westliches Norddeutschland (Nwd), Östliches Norddeutschland (Nod), Westliches Mitteldeutschland (Wd), Östliches Mitteldeutschland (Od), Westliches Süddeutschland (Swd) und Östliches Süddeutschland (Sod) zusammengeordnet. Die Auflistung innerhalb des großregionalen Rahmens erfolgt alphabetisch nach Verfasser- bzw. Herausgebernamen. Bei zusätzlichen Bezügen auf andere Regionen erfolgen entsprechende Querverweise. Kurzzusammenfassungen informieren knapp über thematische Schwerpunkte der einzelnen Veröffentlichungen. Dabei kommt dem Aspekt ‘Sprache’ eine wichtige Rolle zu. Die Ortsangaben unter jeder Zusammenfassung sollen zeigen, welche Gemeinden, Ämter, Städte o.ä. konkret in den Blick genommen worden sind. Es werden maximal vier Orte genannt. Die Siglen Anm Arch Lit Qu und Reg geben Auskunft darüber, ob und inwieweit die beschriebenen, sämtlich autopsierten Publikationen über Anmerkungen, Archivverweise, Angabe von Forschungsliteratur und eventuelle Register verfügen. Die Angabe Qu für ‘Quellenwiedergabe’ steht dann, wenn originalbezogene Textteile in die Darstellungen eingebaut sind. Ein Register der im Text aufgeführten Orte beschließt die Bibliographie. Es erleichtert den direkten Zugriff auch auf kleinere Örtlichkeiten und ermöglicht so spezifische regionenbezogene Forschung.

Westliches Norddeutschland

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Westliches Norddeutschland

AHRENDT-SCHULTE, INGRID (1994): Hexenprozesse als Gegenstand historischer Frauenforschung. Der Fall Ilse Winter in Donop 1589. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 199–210. Die Verfasserin beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Rollen der Frau im System der Hexenverfolgung. Obwohl etwa in der Grafschaft Lippe Frauen unter den Opfern der Hexenverfahren deutlich überrepräsentiert waren, gehörten sie vor allem in der Verleumdungs- und Verdächtigungspraxis durchaus auch der „Täter“-Seite an. Ahrendt-Schulte kommt diesbezüglich zu dem Schluss, dass Frauen Konflikte untereinander durch gegenseitige Hexereibezichtigungen ausgetragen haben. Der Text belegt diese These u.a. mit einer Prozessparaphrase des Falles Ilse Winter (Blomberg 1589), die immer wieder durch fragmentarische Zitate aus dem Umfeld des Prozesses ergänzt wird. Dem thematischen Schwerpunkt des Aufsatzes entsprechend handelt es sich dabei hauptsächlich um Zeugenaussagen zum Hexereiverdacht. Die Zitate sind sprachlich weitgehend originalgetreu. Blomberg, Donop Anm Arch Lit Qu AHRENDT-SCHULTE, INGRID (1995a): Hexenprozesse als Spiegel von Alltagskonflikten. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b) Swd, 347–358. Die Untersuchung beleuchtet die Lebensbedingungen der als Hexen bezichtigten Frauen und diskutiert den Stellenwert des geschlechtsspezifischen Faktors der Hexenverfolgung. Als Basis dient eine Regionalstudie über den lippischen Ort Horn, wo Hexenprozesse in den Jahren 1554, 1563/1564, 1572, 1583/1584, 1588 und 1603 nachweisbar sind. Ahrendt-Schulte zeigt eine Verbindung zwischen Alltagskonflikten in der Bevölkerung und Hexereibezichtigungen auf. Vor allem für Frauen stellten sich solche Konflikte in vielen Fällen als existenzbedrohend heraus. Fallbeispiele illustrieren die unterschiedlichen Konfliktbereiche sowie Mittel und Methoden des Schadenzaubers. Die Autorin greift u.a. auf Justizkanzleiprotokolle, Ratslisten, Visitationsprotokolle und Handwerksordnungen zurück. Einzelne sehr kurze, sprachlich unveränderte Zitate aus Verhörprotokollen sind bruchstückhaft in den Text eingearbeitet. Horn Anm Arch Lit Qu AHRENDT-SCHULTE, INGRID (1995b): Schadenzauber und Konflikte. Sozialgeschichte von Frauen im Spiegel der Hexenprozesse des 16. Jahrhunderts in der Grafschaft Lippe. In: Opitz, Claudia (Hrsg.) (1995): Der Hexenstreit. Frauen in der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung. Ein Reader. Freiburg, Basel, Wien (= Frauen – Kultur – Geschichte 1), 174–210. Die Autorin untersucht die Prozessakten der wegen „Wickerei“ angeklagten Personen in der Grafschaft Lippe und erläutert Gründe sowie Handlungs- und Deutungsmuster des Schadenzaubers. Horn Anm Arch Lit

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AHRENDT-SCHULTE, INGRID (2002): Die Zauberschen und ihr Trommelschläger. Geschlechtsspezifische Zuschreibungsmuster in lippischen Hexenprozessen. In: Ahrendt-Schulte u.a. (Hrsg.) (2002), 123–131. Ahrendt-Schulte zeigt, dass das stereotype Hexenmuster in Lippe zunächst kein männliches Pendant fand. Erst im 17. Jahrhundert kamen auch Zaubereivorwürfe gegen Männer im untersuchten Gebiet auf, die sich dann auf das Muster „Werwolf“ oder aber die Teilnahme am Hexentanz bezogen. Ein Zusammenhang und eine Umdeutung zwischen der gesellschaftlich definierten Geschlechterrolle und dem mutmaßlichen Delikt ist hier eindeutig: So wurde Frauen zum Beispiel das Giftmischen vorgeworfen, männliche Hirten verdächtigte man als Werwölfe. Der Aufsatz macht auch deutlich, wie sich bestimmte Aussagen nach und nach in den erwarteten Geständnissen etablierten (etwa die „dünne“ Musik, die nur für Teilnehmer des Hexentanzes zu hören war). Die Grenze zwischen Zauberei und Realität verwischte im Laufe der späteren Prozesse immer mehr, was den steigenden Anteil männlicher Prozessopfer zumindest teilweise erklären dürfte. Der Aufsatz enthält einige ausführliche, sprachlich weitgehend unveränderte Zitate aus verschiedenen Protokollen. Horn, Lemgo Anm Arch Lit Qu AHRENDT-SCHULTE, INGRID u.a. (Hrsg.) (2002): Geschlecht, Magie und Hexenverfolgung. Bielefeld (= Hexenforschung 7). Der Band, dessen Beiträge sich überwiegend mit volksmagischen Aspekten des Themas Hexenverfolgung beschäftigen, basiert auf einer 1995 abgehaltenen Tagung. Aufsätze zur Stellung der Frau vor Gericht und zu geschlechtergeschichtlichen Aspekten in einzelnen Verfolgungen finden sich darin ebenso wie Untersuchungen aus ethnologischer und medizingeschichtlicher Sicht. Aufgenommen wurden → Ahrendt-Schulte (2002), → Bender-Wittmann (2002) und → Heuser (2002) Wd. Ahrweiler, Horn, Lemgo, Köln u.a. Anm Arch Lit Qu Reg ALFING, SABINE (1994): Hexenjagd und Zaubereiprozesse in Münster. Vom Umgang mit Sündenböcken in den Krisenzeiten des 16. und 17. Jahrhunderts. 2. Auflage. Münster, New York. Die Monographie beleuchtet das Phänomen der Hexenverfolgung am Beispiel der Stadt Münster, wo für den Zeitraum zwischen 1552 und 1644 aufgrund der guten Überlieferungslage 29 Verfahren nachweisbar sind. Ausführlich werden die einzelnen Prozesse vorgestellt, bevor die Verfasserin auf den typischen Verfahrensverlauf, die Elemente des Zauber- und Hexenglaubens sowie die Frage nach den beteiligten sozialen Gruppen eingeht. Die Darstellung enthält viele, zum Teil auch längere Zitate aus Originalakten. Münster Anm Arch Lit Qu ALLARDT, HANS-GEORG (1972): Der Bildschnitzer Jürgen Heitmann, d. Ältere, als Zeuge in einem bisher unbekannten Hexenprozess in Wilster 1622 und 23. In: Steinburger Jahrbuch 16, 64–93. Der Autor paraphrasiert den Hexenprozess gegen Silen Lakemanns (1622), der bei einer Durchsicht der Gezeugnisprotokolle der Stadt Wilster in Holstein aus den Jahren 1617–1636 entdeckt wurde. Die Ausführungen stützen sich zudem auf Gerichtsprotokolle und Brüche-

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register der entsprechenden Jahre. Neben Informationen zu den Hintergründen des Verfahrens enthält der Beitrag Hinweise auf die Familiengeschichte der beteiligten Personen. Aus dem Aktenmaterial fließen teilnormalisierte Auszüge (u.a. aus den Zeugenvernehmungen und Bürgerurteilen) in die Darstellung ein. Wilster Anm Arch Lit Qu ALLDIECK, HEINRICH (1926): Akten und Urkunden zur Geschichte des Horster Gerichtswesens. In: Vestische Zeitschrift. Zeitschrift der Vereine für Orts- und Heimatskunde im Vest Recklinghausen33, 180–206. Unter den edierten Akten und Urkunden des Horster Gerichtswesens befinden sich zwei Quellen aus Hexenprozessen in teilnormalisierter Schreibe. In Auszügen zitiert Alldieck aus dem „Protokoll über die Gerichtsverhandlung gegen eine Anzahl benannter Hexen im Jahre 1609“. Insgesamt werden sieben beschuldigte Personen erwähnt: Thonis Hotmacher, Trine Broiß, Elsa Lindemann, Johann Nothoff sowie dessen Frau Hille und deren Kinder Johann und Greitgen. Die transkribierten Passagen umfassen Aussagen der Angeklagten während des gütlichen und peinlichen Verhörs sowie die Urteile in den einzelnen Verfahren. Der Text enthält zudem einen „Auszug aus dem Protokoll der Gerichtsverhandlungen gegen drei der Zauberei Beklagte 1613 und aus den Akten betreffend den Scharfrichter Hermann aus Recklinghausen“. Horst Arch Qu ALLDIECK, HEINRICH (1928): Horst im Broiche. Aus seiner tausendjährigen Geschichte. Gelsenkirchen-Buer. Die lokalgeschichtliche Übersicht enthält umfangreiche Auszüge aus Akten und Urkunden des Horster Gerichtswesens, darunter auch Teile von Hexenprozessakten von 1609 und 1613 in modernisierter Sprache. Zudem beschreibt Alldieck die Praxis der Wasserprobe, die zur Überführung einiger benannter Hexen vom Horster Gerichtswesen eingesetzt wurde. Gelsenkirchen, Gladbeck, Horst, Recklinghausen u.a. Arch Lit Qu AYE, HEINRICH (1891/1892): Aus Eutins vergangenen Tagen. Vorträge gehalten im hiesigen Bürger-Verein. Erste Serie in 12 Heften. Eutin. Ein Kapitel dieser lokalgeschichtlichen Vortragssammlung beschäftigt sich mit rechtsgeschichtlichen Vorkommnissen in Eutin, u.a. wird ein lokales Hexenverfahren thematisiert (S. 143–146). Anhand des Prozesses von Hans Klindt (1615) zeigt der Verfasser, dass sich die Eutiner Obrigkeit verfolgungsablehnender als die Bevölkerung gab. Der Verfolgungswille wird hier fast ausschließlich als eine Initiative der Bürgerschaft geschildert. Der Angeklagte kam nach Haft und Folter frei, fiel aber offenbar binnen kurzer Zeit der lokalen Lynchjustiz zum Opfer. Eutin Arch

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BANGERT, FRIEDRICH (1925): Geschichte der Stadt und des Kirchspiels Oldesloe. Bad Oldesloe. Bangert setzt sich in seinem heimatkundlichen Beitrag auch mit dem historischen Gerichtswesen auseinander. Im Kapitel „Das Kriegsjahrhundert 1618–1714“ (S. 260–283) werden die Hexenprozesse von Gretje Dwenger (1639), Kathrine Faust (1640–47) und Anna Heitmann (1642) dargestellt. Aufgrund der lückenhaften Aktenüberlieferung kann der jeweilige Prozessausgang nicht mehr rekonstruiert werden. Die Prozesse zeigen aber ansonsten einen durchaus charakteristischen, am gelehrten Hexenmuster orientierten Verlauf. Aktenauszüge sind in modernisierter und größtenteils paraphrasierter Form vorhanden. Bad Oldesloe Anm Arch Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (1990): Hexenverfolgungen und städtische Gesellschaft im frühneuzeitlichen Lemgo. In: Scheffler, Jürgen (Hrsg.) (1990): Stadt in der Geschichte – Geschichte in der Stadt: 800 Jahre Lemgo. Dokumentation der stadtgeschichtlichen Ausstellung. Bielefeld (= Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe 36), 45–55; 97–102. Anhand von Fallbeispielen zeichnet Bender-Wittmann die Hexenverfolgung in Lemgo nach. Neben lokalgeschichtlichen Aspekten kommen Ursachen und Wirkungen der Verfolgungen im Allgemeinen zur Sprache. Die Autorin zitiert die Sündenbocktheorie (Missernten, Krankheiten, plötzliche Todesfälle) und verweist auch auf persönliche Bereicherungsinteressen bzw. Machtinteressen von Hexenverfolgern und Ratsherren. Nicht zuletzt erfüllten Hexenprozesse die Funktion, „die Grenzen der Gemeinschaft“ zu definieren. Der Aufsatz enthält viele teilnormalisierte Zitate aus Prozessakten. Am Ende der Publikation finden sich die Ausstellungsmaterialien mit zusammenfassenden Darstellungen, Listen und einer Auswahl anschaulicher Passagen aus Zeugenaussagen. Lemgo Anm Arch Lit Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (1993): Hexenprozesse in Lemgo 1628–1637. Eine sozialgeschichtliche Analyse. In: Der Weserraum zwischen 1500 und 1650: Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur in der Frühen Neuzeit. Marburg (= Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 4), 235–266. Im Mittelpunkt dieser sozialgeschichtlichen Studie steht die gesellschaftliche Position aller an Hexenprozessen beteiligten Personen während der ersten großen Lemgoer Verfolgungsperiode 1628–1637. Mit Hilfe originalen Quellenmaterials erstellt die Verfasserin Sozialprofile von Verurteilten, Angeklagten und Zeugen. Dabei finden u.a. Parameter wie Familienstand, Herkunft und Beruf Beachtung. Mehrere Abbildungen und Tabellen sowie kurze Quellenzitate unterstützen die Darstellung. Lemgo Anm Arch Lit Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (1994a): Hexenglaube als Lebensphilosophie. Informeller Hexereidiskurs und nachbarschaftliche Hexereikontrolle in Lemgo 1628–1637. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 107–135. Der Aufsatz enthält zunächst Anmerkungen zum in Lemgo praktizierten Gerichtsverfahren in Hexereifällen. Neben allgemeinen Begriffserklärungen und Erläuterungen zu den „Axiomen

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des Hexenglaubens“ sowie zu soziostrukturellen Gegebenheiten finden sich auch Beschreibungen von Lemgoer Hexenprozessen. Mehrere Passagen aus Protokollen werden sprachlich unverändert wiedergegeben. Bender-Wittmann zeigt auf, wie sich aus gestörten sozialen Beziehungen (z.B. aus im Streit geäußerten Flüchen) im Zusammenwirken mit konkreten Schicksalsschlägen unheilvolle Hexereivorwürfe entwickeln konnten. Der gezielte Einsatz der Verleumdungen (vor allem in den späteren Prozessen) endete jedoch für die Ankläger nicht selten in einem eigenen Hexereiprozess. Lemgo Anm Arch Lit Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (1994b): There and back again. Zum Verhältnis von Ergebnis, Fragestellung und diskursivem Rahmen am Beispiel der Lemgoer Hexenjagden. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 71–81. In den Lemgoer Hexenprozessakten lässt sich ein exaktes Opferprofil ausmachen: Hier fielen der Verfolgung überwiegend ältere und häufig verwitwete Frauen zum Opfer. Trotz der guten Quellengrundlage wirft der Beitrag weitere Fragen nicht nur nach der Geschlechtsspezifik der Verfolgungen, sondern auch zur Rolle der wechselnden Bürgermeister Lemgos auf. Nach Foucault unterscheidet Bender-Wittmann für den Hexereidiskurs verschiedene Wirklichkeiten: Das, was innerhalb des Systems „Sinn macht“ (so wird etwa die zufällige Berührung eines kranken Kindes als ursächliche Zauberei für dessen späteren Tod umgedeutet), und das, was nachweisbar zur Wirklichkeit gehörte, aber vor dem Hintergrund des Diskurses weniger stark gewichtet wurde (wie der regelmäßige Kirchgang einer Angeklagten, der einen Hexereiverdacht in der Regel nicht verhindern konnte). Lemgo Anm Arch Lit BENDER-WITTMANN, URSULA (1996): „Hexen machen“. Geschlechter- und Hexereidiskurse in einer frühneuzeitlichen Stadt. In: L'Homme. Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft 7, Heft 2, 43–55. Unter der Fragestellung, wie Hexerei- und Genderdiskurs ineinander greifen und wie Gendermodelle im Bereich der Hexenprozesse geschaffen und bewusst eingesetzt wurden, skizziert Ursula Bender-Wittmann das Verfahren gegen Elisabeth Lencken (Lemgo 1653). Im Mittelpunkt steht die Analyse der Erzähltechniken, rhetorischen Strategien und juristischen Argumentationen, die sich in den protokollierten Aussagen finden. Im Rahmen der Beschreibung dieses Falles werden weitere Prozesse kurz angesprochen. Bender-Wittmann stützt sich auf Originalakten, aus denen sie kurze Zitate in den Text einarbeitet. Lemgo Anm Arch Lit Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (2000): „Communis salutis hostis“. Die Kauffrau Anna Veltmans. In: Wilbertz/Scheffler (Hrsg.) (2000), 150–184. Der Aufsatz zeichnet den Lebensweg der Kauffrau Anna Veltmans (1604–1665) nach, die nach dem Tod ihres Mannes 1654 in Hexereiverdacht geriet und nach zwei langwierigen Prozessen schließlich als „Feindin des Gemeinwohls“ vom Rat der Stadt Lemgo zum Tode verurteilt wurde. Im Zentrum der Untersuchung steht das Verhältnis von gesellschaftlichen Strukturen und Individuum. Das Schicksal der Anna Veltmans soll das „Ineinandergreifen von Diskur-

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sen über Geschlecht, Ökonomie und Hexerei“ verdeutlichen. Fragmentarische Zitate aus den Prozessakten illustrieren die Darstellung vereinzelt. Lemgo Anm Arch Lit Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (2002): Gender in der Hexenforschung. Ansätze und Perspektiven. In: Ahrendt-Schulte u.a. (Hrsg.) (2002), 13–37. Der systematisierte Forschungsüberblick nimmt zunächst eine Sortierung nach folgenden Punkten vor: Mythen und Symbole, normative Konzepte (etwa aristotelische Dualismen als Ursache für eine generelle Frauenfeindlichkeit), politische und sozioökonomische Strukturen, gesellschaftlicher Rahmen sowie die Subjektivität als psychische Dimension des Hexenglaubens. Die Autorin sieht in der Hexenthematik einen Schnittpunkt aller wichtigen Bereiche frühneuzeitlichen Lebens und aller gesellschaftlichen Organisationen. Dem Forschungsüberblick folgt ein optimistisches Fazit: Wenn die Genderforschung für die Untersuchung der Hexenverfolgungen auch keinen Generalschlüssel besitzt, so ermöglicht sie es doch, deren Mechanismen unter verändertem Blickwinkel zu untersuchen. Dass die Hexenforschung untrennbar mit der Bedeutung von Geschlecht verknüpft ist, steht dabei außer Frage. Lemgo, Köln Anm Lit BLAUERT, ANDREAS (Hrsg.) (1990): Ketzer, Zauberer, Hexen. Die Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen. Frankfurt/Main (= Edition Suhrkamp 1577). Die in diesem Sammelband enthaltenen Beiträge setzen sich mit den ersten Hexenverfolgungen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts auseinander. Blauert betont, dass sich die einzelnen Arbeiten der Thematik Hexerei und Hexenverfolgung weniger theoretisierend als vielmehr empirisch nähern. Separate Kommentare finden sich zu den Aufsätzen von → Blécourt/Waardt (1990) und → Rummel (1990) Wd. Ein Nachdruck des Sammelbandes ist im Jahr 2000 erschienen. Erkelenz, Rheinberg, Trier, Viersen u.a. Anm Lit BLAZEK, MATTHIAS (2001): Ilsche Lüders aus Ahnsbeck als Hexe angeklagt. 1570 starben vier Frauen auf dem Scheiterhaufen. In: Cellesche Zeitung: Sachsenspiegel 40, 63. Der Autor widmet sich dem Prozess gegen Metke Musmann (1547) und weiteren Verfahren aus dem Jahr 1570. Im Mittelpunkt steht der Fall der Ilsche Lüders. Die Veröffentlichung gibt deren Geständnisse während des peinlichen Verhörs in paraphrasierter Form wieder. Durch die erzwungene Angabe von Mitschuldigen wurden vier andere Frauen wegen Hexerei angeklagt und verurteilt. Einige kurze, sprachlich weitgehend unveränderte Auszüge aus den Akten unterstützen die Darstellung. Ahnsbeck, Celle Anm Arch Lit Qu

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BLÉCOURT, WILLEM DE; WAARDT, HANS DE (1990): Das Vordringen der Zaubereiverfolgungen in die Niederlande. Rhein, Maas und Schelde entlang. In: Blauert (Hrsg.) (1990), 182–216. Der Beitrag vertritt die These, dass Kenntnisse über Hexenprozesse über die allgemeinen Handelswege verbreitet wurden und zu einer Beeinflussung entfernter Regionen beitrugen. Der Text analysiert exemplarisch Gerichtsverfahren in den verschiedenen Gebieten und arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. Die Darstellung enthält Verweise auf Quellen und eine Karte. Erkelenz, Geldern, Rheinberg, Viersen u.a. Anm Arch Lit BORCHLING, CONRAD (1903): Ein Hausbuch Eggerik Beningas. Beilage IX: Die Protokolle der Auricher Hexenprocesse von 1543, nebst einem Ueberblick über die Hexenprocesse in Ostfriesland. In: Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden 15, Heft 1, 104–137. Der Autor skizziert einleitend den Verlauf der Hexenverfolgungen in der untersuchten Region und verweist auf verfolgungsarme und verfolgungsintensive Perioden. Im Mittelpunkt steht die Zusammenstellung primärer Belege von Hexenprozessen. Borchling beschreibt den Bestand der noch vorhandenen Quellen und macht auf die schwierige Überlieferungslage aufmerksam. Informationen zu Zaubereiverfahren finden sich hauptsächlich in Chroniken und Annalen, aus denen kurze Auszüge in den Text eingearbeitet werden. Der Beitrag enthält zudem die Wiedergabe eines Dekrets des Grafen Edzards II. aus dem Jahre 1591, das sich auf den Prozess gegen Bileke Doden und Dedde Ubbens bezieht. Auch das Urteil zu beiden Fällen wird nach einer Abschrift von 1742 wortgetreu wiedergegeben. Aurich, Emden, Rysum Anm Arch Lit Qu BORGS, HERTA (1983): Zauberei- und Hexenprozesse. Aus den Protokollen des Lübecker Domkapitels. In: Lübeckische Blätter 143, 124f.; 157f.; 308f. Anhand von Originalakten aus dem Lübecker Domkapitel stellt die Autorin Hexenprozesse aus verschiedenen Jahrhunderten vor. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Verfahren gegen Abelke Rhöders (1587), Gretge Schof (1591) und Trine Hildebrand (1669). Zahlreiche Originalauszüge ergänzen die Prozessparaphrasen, so dass der Leser sowohl einen Überblick über die vorhandenen Akten als auch einen Einblick in die frühneuzeitliche Gerichtspraxis sowie die Einzelschicksale der Angeklagten erhält. Lübeck Arch Qu BREHMER, WILHELM (1890): Lübeckische Hexenprocesse im 17. Jahrhundert. In: Mittheilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde 4, Heft 7, 97–101. Brehmer bezieht sich in erster Linie auf eine Stadtchronik Lübecks, die ohne nähere Quellenhinweise Angaben zur Lübecker Hexenverfolgung macht. Die eigentlichen Gerichtsbücher der Stadt sind im Jahre 1816 zerstört worden, aber es haben sich Notizen zu Hexenprozessen in einem Exemplar des Lübeckischen Stadtrechts erhalten, die Brehmer ergänzend heranzieht. Der Aufsatz erwähnt Prozesse und deren Ausgang aus der Zeit von 1637–1667, darunter die ersten

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überlieferten Hinrichtungen (Catharina Meyer und Elisabeth Harms, 1637). Insgesamt war die Hexenverfolgung in der Hansestadt laut Brehmer vergleichsweise wenig intensiv. Lübeck Anm BREMER, H. (1847): Ein Hexen-Proceß aus dem Jahre 1641. Mitgetheilt vom Ober- und Landgerichtsadvokaten Bremer in Flensburg. In: Schleswig-Holstein-Lauenburgische Landesberichte 2, Heft März bis April, 65–76. Bremer präsentiert das Aktenmaterial zu einem Hexenprozess im Herzogtum Schleswig aus dem Jahr 1641, in dem zwei Frauen (Maria Thies aus Grünholz und Mette Johnes aus Boltoft) angeklagt sind. Dokumentiert werden die Zeugenaussagen gegen die Angeklagten sowie die in gütlicher Befragung geäußerten Antworten der Frauen auf die Anschuldigungen durch die Zeugen. Da keine der Angeklagten gesteht, werden beide unter der Folter weiter befragt. Zu den peinlichen Verhören findet sich allerdings nur der Aktenvermerk, dass auch hier kein Geständnis erfolgt ist. Das Quellenmaterial wird von Bremer ohne erläuternde Zusätze, aber weitgehend normalisiert wiedergegeben. Flensburg, Grünholz, Osterholm, Sterup u.a. Qu BRINKMANN, RUDOLF (1972): Verbrennung von Zauberinnen in Heiligenhafen. Nach urschriftlichen Akten aus den Jahren 1578, 1581 und 1583. In: Jahrbuch für Heimatkunde Oldenburg/Ostholstein 16, 238–245. Brinkmann gründet seine Ausführungen auf Originalaktenmaterial aus dem Archiv der evangelischen Kirche zu Oldenburg. Aus den Jahren 1578, 1581 und 1583 liegen vier Verurteilungen urschriftlich vor. Bei den Beschuldigten handelt es sich um Geske Ryper (1578), Ursula Möller (1581), Katharine Schapherdesche (1581) und Marie Jüns (1583). Der Autor gibt die protokollierten Bekenntnisse größtenteils in paraphrasierter Form wieder. Der Anhang enthält das originalgetreue Transkript eines der in niederdeutscher Sprache verfassten Protokolle. Der Aufsatz ist erstmals 1859 in den Jahrbüchern für die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg 2, 232–242, erschienen. Heiligenhafen Arch Qu BRUNS, ALFRED (1974): Amt Thülen. Geschichte und Überlieferung. Brilon. Im Kapitel „Von Hexen, Zauberern und Werwölfen“ (S. 299–305) finden sich in dieser lokalgeschichtlichen Veröffentlichung Auflistungen, Teileditionen und Paraphrasen von Hexenprozessen aus Nieder- und Oberalme. Der Verfasser zitiert in leicht angepasster Sprache längere Passagen aus den Prozessen von Gord Scheper, Erling Reineke, Anne Janus und Ursule Brüggers. Die Verfahren von Funcke Olmes, Liese Reckers und Dietze Beelen werden hingegen nacherzählt und mit einzelnen Zitaten aus den Gerichtsakten belegt. Nieder- und Oberalme, Thülen Arch Qu Reg

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BRUNS, OTTO (1917): Die Wirksamkeit des Bürgermeisters Dr. Wilhelm Pelzer von Osnabrück. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück 40, 153–280. Nach einem Überblick über die politischen Hintergründe im Bistum Osnabrück im 17. Jahrhundert beschäftigt sich Bruns in sechs weiteren Kapiteln mit der teilweise kontrovers diskutierten Rolle des damaligen Bürgermeisters Wilhelm Pelzer bei der Durchführung der Osnabrücker Hexenprozesse. Diese fanden von 1636–1639 genau in seiner Amtszeit statt. Ein besonderes Schlaglicht fällt auf die kirchlichen Vertreter, die sich spät gegen die Prozesse aussprachen. Bruns dokumentiert seine Auführungen mit zahlreichen unveränderten Auszügen aus verschiedenen Quellen. Osnabrück Anm Arch Lit Qu CHMIELEWSKI-HAGIUS, ANITA (Hrsg.) (2000): Wider Hexerey und Teufelswerk. Von Hexen und ihrer Verfolgung. Ausstellungskatalog des Museums Prinzeßhof. Itzehoe. Neben einer Begriffsbestimmung des Wortes „Hexe“ erläutert Chmielewski-Hagius grundsätzliche Merkmale des Hexenmusters und den Zusammenhang des Hexenverfolgungswahns mit den epochalen Krisenzeiten der Frühen Neuzeit. Aus der Region Steinburg werden exemplarisch einige Hexenprozesse vorgestellt. Glückstadt, Herzhorn, Itzehoe, Steinburg u.a. Anm Arch Lit Qu DALHOFF, WALTER (1984): Zu Rüthener Hexenprozessen. In: Bruns (Hrsg.) (1984a) Wd, 177– 188. Nach einer kurzen Einführung in die am Gogericht Rüthen geführten Hexenprozesse und eine chronologische Auflistung der Prozesse der Jahre 1576–1660 (mit Archivnachweisen) stellt Dalhoff zwei Hexenprozesse aus der Mitte des 17. Jahrhunderts detailliert vor. Der Verlauf der Verfahren gegen die Angeklagten Grete Adrian (1655) und Freunnd Happen (1660), beide aus dem Ort Meiste stammend, wird ausführlich geschildert und mit kurzen, sprachlich weitgehend unveränderten Zitaten aus den Verhörprotokollen sowie dem Abdruck eines Faksimile illustriert. Rüthen Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (1978): Die Hexenverfolgungen im Hochstift Paderborn. In: Westfälische Zeitschrift. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 128, 315–356. Nach einem kurzen Überblick über Forschungsstand und Quellenlage beschreibt Decker die Entwicklung der Hexenverfolgungen im Hochstift Paderborn von ihrem ersten Auftreten Anfang des 16. Jahrhunderts bis zu den letzten Verfolgungen Anfang des 18. Jahrhunderts. Ein besonderer Schwerpunkt bei der Darstellung der einzelnen Verfolgungswellen von 1580, 1600 und 1630 liegt auf der Haltung der Obrigkeiten. Decker arbeitet sehr nah an den Quellen und illustriert seine Studie mit einer Reihe teils längerer Quellenauszüge. Büren, Fürstenberg, Paderborn, Ringelstein u.a. Anm Arch Lit Qu

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DECKER, RAINER (1981/1982): Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Westfälische Zeitschrift. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 131/132, 339– 386. Decker stellt die Entwicklungsgeschichte der Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen dar, wobei ein Schwerpunkt auf der Frage nach Ursachen und Motiven liegt. Der chronologische Überblick ist mit einer Vielzahl von Fallbeispielen, einigen kurzen Quellenzitaten und Abbildungen versehen. Der Haltung westfälischer Verfolgungsbefürworter und -gegner geht der Verfasser mit Ausführungen zu Person und Schriften von Dr. Heinrich Schultheiß, dem Hexenrichter, und Michael Stapirius, einem erklärten Verfolgungsgegner, nach. Balve, Bilstein, Oberkirchen, Werl u.a. Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (1983): Die Hexenprozesse im Herzogtum Westfalen und im Hochstift Paderborn. In: Degn/Lehmann/Unverhau (Hrsg.) (1983), 204–217. Gegenstand der Untersuchung sind die Hexenprozesse im südöstlichen und südlichen Westfalen, wo insgesamt etwa 1320 Verfahren nachweisbar sind. Chronologisch werden die verschiedenen Wellen der Verfolgung von 1500 bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts skizziert, wobei der Verfasser seinen Blick auf die Elemente des Hexenglaubens und auf die juristische Durchführung der Prozesse richtet. Vereinzelt ergänzen kurze, modernisierte Aktenzitate die Darstellung. Bonn, Hirschberg, Paderborn, Recklinghausen u.a. Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (1995): Die Haltung der römischen Inquisition gegenüber Hexenglauben und Exorzismus am Beispiel der Teufelsaustreibungen in Paderborn 1657. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995a) Wd, 97–115. Der Aufsatz enthält Verweise auf Quellen und Archive im Raum Paderborn sowie Auszüge aus Briefwechseln, die der Paderborner Fürstbischof Dietrich Adolf von der Recke mit Ferdinand von Fürstenberg und der römischen Inquisition führte. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Haltung der katholischen Kirche gegenüber den Hexenprozessen und dem Exorzismus. Der charakteristische Ablauf der Hexenprozesse wird dabei durch Schaubilder verdeutlicht. Brakel, Paderborn Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (1996): Der Hexen-Richter Dr. Heinrich von Schultheiß (ca. 1580–1646) aus Scharmede. In: Grothmann, Detlef (Hrsg.) (1996): 750 Jahre Stadt Salzkotten. Geschichte einer westfälischen Stadt. Band 2. Paderborn (= Studien und Quellen zur westfälischen Geschichte 32), 1045–1060. Decker skizziert den Lebensweg des Richters Dr. Heinrich von Schultheiß aus Scharmede. Schultheiß' geistige Haltung zu den Hexenverfolgungen wird verdeutlicht durch eine Untersuchung seines Leitfadens zu Hexenprozessen, der „Instruction, wie in Inquisitionsachen des greulichen Lasters der Zauberei gegen die Zauberer […] zu prozedieren“, aus dem Jahr 1634. Die tatsächliche Prozessführung erhellt Decker durch die Untersuchung eines Traktats des

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Verfolgungsgegners Michael Stappert (1590–1663), in welchem dieser die Methode der HexenRichter, u.a. auch des Heinrich Schultheiß, anprangert. Hirschberg, Salzkotten, Scharmede Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (2003): Die Päpste und die Hexen. Aus den geheimen Akten der Inquisition. Darmstadt. Decker wertet u.a. Aktenmaterial aus dem erst seit 1996 für die Forschung zugänglichen vatikanischen Archiv des Hl. Officiums aus. Neben allgemeinen Aspekten zur Inquisitionsgeschichte werden verschiedene Ausprägungen der europäischen Hexenverfolgung dargestellt, darunter eine Reihe von Selbstbezichtigungen „teuflisch besessener Mägde“ aus Brakel. Diese Fälle einer vorgeblichen Besessenheit lösten die letzte Verfolgungswelle im Hochstift Paderborn (1656–1659) aus, der 30 vermeintliche Hexen zum Opfer fielen. Decker geht von einer hohen Verfolgungsbereitschaft in der Bevölkerung aus, der sich die kirchlichen Autoritäten dann angeschlossen haben. Brakel, Paderborn Anm Arch Lit Reg DEGN, CHRISTIAN; LEHMANN, HARTMUT; UNVERHAU, DAGMAR (Hrsg.) (1983): Hexenprozesse. Deutsche und skandinavische Beiträge. Neumünster (= Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins 12). Der Sammelband ist das Resultat eines Kolloquiums zum Thema „Hexenprozesse in Norddeutschland und in Skandinavien im 16., 17. und 18. Jahrhundert“, das 1980 in Schleswig stattfand. Er umfasst allgemeine Beiträge sowie Regionalstudien zu den Hexenverfolgungen in norddeutschen Territorien, in Dänemark, Schweden und Norwegen. Aufgenommen wurden die regionalen Darstellungen der Hexenprozesse in Schleswig-Holstein [→ Unverhau (1983a)] und Westfalen/Paderborn [→ Decker (1983)]. Arnsberg, Bonn, Osnabrück, Paderborn u.a. Anm Arch Lit Qu Reg DIEDERICHSEN, J. (1932): Hexenprozesse in Angeln. In: Jahrbuch des Angler Heimatvereins 3, 27–47. Diederichsen gründet seinen Beitrag auf ungedruckte Quellen, aus denen er umfangreiche Auszüge größtenteils wortgetreu wiedergibt. Besonders detailliert geht er auf die Hexenprozesse gegen Sonje Markes (1641) und Anneke Hansen (1632) ein. Weitere Schicksale, die mit diesen Verfahren in Zusammenhang stehen, werden kurz angesprochen. Die zitierten, sprachlich modernisierten Passagen aus den Quellen enthalten Zeugenaussagen sowie Aussagen der Angeklagten im gütlichen und peinlichen Verhör. Zudem findet sich neben einer Prozesskostenabrechnung (Ellen Lassen 1641) und einem Fragenkatalog auch das Transkript eines Kirchspielzeugnisses, das im Fall der Anneke Hansen beantragt wurde. Flensburg, Grödersby, Sterup Anm Arch Qu

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DISCHER, LUBA (1994/1995): Das Grauen hat viele Namen. In: Kreisbuch Landkreis Helmstedt, 37–43. Der Aufsatz zeichnet anhand von originalen Quellenauszügen den charakteristischen Verlauf von Hexenprozessen nach. Discher zitiert u.a. aus der Urgicht des Jochim Ewers (1578) und gibt Passagen aus den Geständnissen verschiedener angeklagter Personen wieder. Die Aussagen sind thematisch gegliedert und betreffen sowohl das Vergehen des Schadenszaubers als auch die Buhlschaft mit dem Teufel. Neben Prozessprotokollen dienen auch Gutachten der Juristenfakultät Helmstedt als Quellen. Helmstedt Arch Lit Qu ENDLER, CARL AUGUST (1923): Hexen und Hexenverbrennungen im Lande Ratzeburg (1604– 1700). In: Mitteilungen des Heimatbundes für das Fürstentum Ratzeburg 5, Sonderbeilage zu Heft 4, 3–16. Endler gibt einen Überblick über die Hexenprozesse im Land Ratzeburg. Dazu beschreibt er die den Angeklagten vorgeworfenen Zaubereien ebenso wie die Mittel der Überführung, die Folterinstrumente, die Urteilssprüche und deren Vollzug. Der Verfasser listet alle nachweisbaren Prozesse mit Personenangaben, Jahreszahl und Urteil auf. Im Anhang wird ein Auszug aus dem Protokoll eines späten Hexenprozesses wiedergegeben (Grete Jirschen 1689). Rehna, Schönberg, Thandorf Anm Arch Qu ESCH, THEODOR (1901): Beitrag zur Geschichte der Hexenprozesse aus der Stadt Recklinghausen. In: Vestische Zeitschrift. Zeitschrift der Vereine für Orts- und Heimatskunde im Veste und Kreise Recklinghausen 11, 59–78. Nach einleitenden Bemerkungen zum Hexenglauben und Hexenwesen in Deutschland geht der Autor speziell auf die Hexenprozesse in Recklinghausen ein. Er stellt diese anhand der Quellenbefunde zusammen und gibt Passagen aus den Rentmeisterbüchern der Stadt Recklinghausen in teilnormalisierter Form wieder. Als weitere Quelle dient ein Aktenstück aus dem städtischen Archiv, das die ab dem Jahr 1595 geführten Kriminalprozesse enthält. Darin befinden sich auch zwei Zauberei-Verfahren. Die Anklagen richteten sich gegen Bernd im Walde (1612) und Anna Schorfeld (1650). Längere wortgetreue Auszüge aus den Quellen dokumentieren beide Schicksale. Recklinghausen Anm Arch Qu FALCK, N. (1826): Dingswinde der Kirchneffninge auf Westerlandföhr, Hexerei betreffend, vom Jahre 1614. Miszellen 5. In: Staatsbuergerliches Magazin, mit besonderer Ruecksicht auf die Herzogthuemer Schleswig, Holstein und Lauenburg 6, Heft 3/4, 703–705. Falck veröffentlicht ein Gerichtsprotokoll des Kirchgerichts von Westerlandföhr, vor dem 1614 ein Verfahren gegen Gundell Knutzen wegen Hexerei stattfand, an dessen Ende die Angeklagte vom Gericht für schuldig befunden wurde. Der in niederdeutscher Sprache abgefasste Text ist nicht normalisiert worden. Westerlandföhr Arch Qu

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FICK, C. F. (1863): Hexenverbrennung in Kiel. In: Jahrbücher für die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg 6, 381–383. In seiner kurzen Einleitung zählt der Verfasser mehrere Prozesse auf, die zwischen 1530 und 1676 in Kiel geführt wurden. Im Anschluss daran findet sich die wortgetreue Abschrift einer Rechnung des Scharfrichters über ein Verfahren, in dem 1638/1639 acht Frauen verurteilt und hingerichtet wurden. Kiel Qu FREYTAG, ERWIN (1953): Ein Nachtrag zum Register der „Hexen“ in Schleswig-Holstein. In: Zeitschrift für niedersächsische Familienkunde 28, 15. Dieser knappe Beitrag nennt in Ergänzung zu → Plöhn (1952) namentlich etwa 20 weitere Opfer der Hexenverfolgung und listet Ort und Jahr der Hinrichtung bzw. Freilassung – soweit dies aus den Akten ersichtlich ist – auf. Altenhof, Barst, Eckernförde, Steruz u.a. Anm FUCHS, RALF-PETER (1994): „Von diesen unbesonnenen, ärgerlichen und gottlosen HexenProcessen“. Schlaglichter auf die Hexenverfolgung in Herford während des Dreißigjährigen Krieges. In: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford, 17–52. Der Beitrag ordnet die Hexenprozesse in Herford in verfolgungsintensive und verfolgungsarme Perioden ein. Einzelne Verfahren werden in unterschiedlichem Umfang vorgestellt und paraphrasiert. Besonders detailliert geht der Autor auf das Schicksal der Anna Schwerdtfeger und ihrer Tochter ein. 1622 tauchen die Namen offenbar erstmals in den Akten im Zusammenhang mit einem Injurienprozess auf. Im Jahr 1627 wird Anna Schwerdtfeger wegen Hexerei angeklagt. Der Prozess ist bis 1633 dokumentiert. Zahlreiche fragmentarische Auszüge aus den Quellen und Abbildungen von Holzschnitten aus dem Bereich der Hexenverfolgungen ergänzen den Text. Herford Anm Arch Lit Qu FUCHS, RALF-PETER (1999): Um die Ehre. Westfälische Beleidigungsprozesse vor dem Reichskammergericht 1525–1805. Paderborn (= Forschung zur Regionalgeschichte 28). Der Verfasser legt einen Schwerpunkt auf den Aspekt der Ehrverletzung bei Injurien- und Kalumnienprozessen. Im Kapitel „Die Kalumnie: Injurienprozesse als Abwehr gegen Vorwürfe krimineller Handlungen“ werden der Beweisführungscharakter und die Erfolgsaussichten der Kalumnienklage bei Hexereivorwürfen dargestellt. Um die Glaubwürdigkeit der Angeklagten zu betonen, wurde durch Ehrbeteuerungen mit Hilfe von Zeugen versucht, das Negativbild einer vermeintlichen Hexe umzukehren. Aus den Akten lässt sich entnehmen, dass trotz Zweifeln an den Beweisverfahren das System der Hexenprozesse nicht in Frage gestellt wurde. Düsseldorf, Herford Anm Arch Lit Qu Reg

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FUCHS, RALF-PETER (2002): Hexenverfolgung an Ruhr und Lippe. Die Nutzung der Justiz durch Herren und Untertanen. Münster (= Forum Regionalgeschichte 8). Die Regionalstudie beschäftigt sich mit der Hexenverfolgung im Ruhr-Lippe-Raum, besonders im Stift Rellinghausen, in der Stadt und dem Stift Essen, der Reichsstadt Dortmund und der kleinen Herrschaft Witten. Anhand von Quellenauswertungen und der Überlieferung des Reichskammergerichtes werden lokale Bedingungen und Hintergründe für die Hexenprozesse skizziert, etwa für einen Dortmunder Kettenprozess um 1593. Der Quellenanhang enthält transkribierte und mit Worterklärungen versehene Auszüge aus den Aktenstücken verschiedener Hexenprozesse. Dortmund, Essen, Hamm, Witten u.a. Anm Arch Lit Qu Reg GERSMANN, GUDRUN (1992): Auf den Spuren der Opfer – zur Rekonstruktion weiblichen Alltags unter dem Eindruck frühneuzeitlicher Hexenverfolgung. In: Lundt, Bea (Hrsg.) (1992): Vergessene Frauen an der Ruhr. Von Herrscherinnen und Hörigen, Hausfrauen und Hexen 800–1800. Köln, Weimar, Wien, 243–272. Nach einem Überblick über Forschungsgeschichte und Quellenlage zur Hexenforschung im Ruhrgebiet nähert sich Gersmann dem Thema der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung von zwei Seiten. Einen ersten Schwerpunkt legt sie auf die Frage nach der Verwurzelung des Hexenwahns in der frühneuzeitlichen Gesellschaft, wobei sie sowohl die Verfolgungspraxis beschreibt als auch mögliche Hintergründe für die Entstehung des Hexenglaubens untersucht. Der zweite Teil analysiert die Rezeptionsgeschichte des Hexenthemas durch Heimathistoriker des Ruhrgebiets ab dem Ende des 19. Jahrhunderts. Dortmund, Essen, Recklinghausen, Witten u.a. Anm Lit GERSMANN, GUDRUN (1998): Wasserproben und Hexenprozesse. Ansichten der Hexenverfolgung im Fürstbistum Münster. In: Westfälische Forschungen 48, 448–480. Auf der Basis ausführlicher Archivrecherchen stellt die Autorin Hexenprozesse des Münsterlandes, vor allem der Stadt Coesfeld vor. Besondere Aufmerksamkeit widmet Gersmann dabei der Funktion der so genannten „Wasserprobe“. Coesfeld Anm Arch Lit GERSMANN, GUDRUN (1999): „In Criminal Sachen Fisci zu Coesfelt“. Hexenverfolgung und Machtpolitik in einer münsterländischen Stadt. In: Damberg, Norbert (Hrsg.) (1999): Coesfeld 1197–1997. Beiträge zu 800 Jahren städtischer Geschichte. Band 2. Münster, 1215–1262. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Coesfelder Hexenprozesse, die jedoch für das insgesamt verfolgungsarme Münsterland nicht als generalisierbar gelten können. Anhand einiger Beispielfälle, die mit Paraphrasen und kurzen Aktenzitaten illustriert werden, verdeutlicht Gersmann, dass die Hexenverfolgung in Coesfeld in erster Linie machtpolitisch motiviert war. Coesfeld, Horstmar Anm Arch Lit Qu

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GOTTSCHLICH, ALFRED (1985): Aus der Geschichte Hirschbergs. Hirschberg. Das ausführlich gestaltete Kapitel „Hirschberg und die Hexenprozesse“ geht zunächst der Frage nach, welche Vergehen zu Verdächtigung und Anklage wegen Zauberei führten. Im Anschluss werden die Gesetze und Verordnungen des Herzogtums Westfalen dargestellt. Das Hauptaugenmerk des Kapitels ist allerdings auf die „Unterthanige Klage der Unschultigen“ des Hirschberger Pfarrers Michael Stapirius gerichtet. Im Kampf gegen die Hexenprozesse verfasst, weist die Schrift auf Unstimmigkeiten und offensichtliche Ungerechtigkeiten der Justiz hin. Das im Original abgedruckte Dokument wurde zusätzlich mit einer Übersetzung versehen. Hirschberg Anm Arch Lit Qu GRAVE (1817): Ueber einen Hexenprozeß im Jahre 1667. Mit einem Nachtrag aus dem Jahr 1814. In: Schleswig-Holstein-Lauenburgische Provinzialberichte 7, 174–188. Der Autor gibt anhand der Originalakten den Hexenprozess gegen Gretje Offen (1667) wieder. Aus den mehrmaligen Verhören teilt Grave Auszüge mit. Der Beitrag enthält zudem ein Bittgesuch des Kriminalgerichts an die zuständige Juristenfakultät sowie die Resolution und die Straferkenntnis aus Gottorf. Neben allgemeinen Informationen zu den Hexenprozessen und dem Ende der Verfolgung in Deutschland findet sich auch ein Verweis auf den Kinderhexenprozess der Altje Ahlers, der sich im Jahre 1694 im Amthaus zu Itzehoe zutrug. Itzehoe, Tremsbüttel Arch Qu GRUNDIG, EDGAR (1952/1953): Hexenprozesse in Delmenhorst und Varel. In: Oldenburger Jahrbuch 52/53, 69–72. Grundig skizziert anhand mehrerer Einzelschicksale die Hexenverfolgung in den Herrschaften Delmenhorst und Varel (heutiges Oldenburger Land) vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zu den 1630er Jahren. Da aus der Herrschaft Delmenhorst keine Prozessakten erhalten sind, entnimmt Grundig seine Informationen anderen Quellen wie Rechnungsbüchern und Briefen. In normalisierter Form wird ein längerer Auszug aus einem Brief des Freiherrn Iko von In- und Kniphausen an den oldenburgischen Drosten Hartwich von Badendorf aus dem Jahr 1590 wiedergegeben. Das Schriftstück dokumentiert die Verfolgungspraxis im Territorium des Freiherrn, den Kirchspielen Sengwarden, Accum und Fedderwarden. Accum, Bremen, Delmenhorst, Varel u.a. Anm Arch Lit Qu HAHN, LOUIS (1938): Uphuser Hexenprozesse. In: Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden 26, 57–85. Ausgehend von einer kurzen Darstellung eines Auricher Hexenprozesses gegen Wybbeke Galtetz (1543) skizziert Hahn den Verlauf von drei Uphuser Folgeprozessen gegen Tette Aylken, Aleydt, Frau des Hayo Jeltken, (1564) und Gertrud Focken (1565), die – der Zauberei beschuldigt – peinlich verhört wurden. Im Anschluss an seine Ausführungen liefert Hahn die vollständige, sprachlich unveränderte Edition des Verhörprotokolls und der Zeugenverhöre zum Fall Gertrud Focken sowie zwei Urfehden und Zeugenverhörprotokolle zum Fall Aleydt. Aurich, Uphusen Anm Arch Lit Qu

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HANF, MAIKE (1992): Frauenleben in einer Stadt. Studien zu den Lebenschancen von Flensburgerinnen vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Entstehung und Entwicklung der ersten organisierten Flensburger Frauenbewegung. Flensburg (= Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte e.V. 45). In ihrer Studie widmet sich Hanf in einem Exkurs (S. 48–51) der Hexenverfolgung in Flensburg, deren Hauptzeit sie auf die Jahre 1617 bis 1620 datiert. Die Autorin erläutert das Ausmaß, die zeitliche Verteilung und den Charakter der Flensburger Verfolgungen und hebt beispielhaft die Fälle der Kristina Netelers, Anna Kockes, Anna Jensen und Margaretha Supmans hervor, die alle infolge eines Kettenprozesses in den Jahren 1607 und 1608 als Hexen zum Tode verurteilt wurden. Flensburg Anm Arch Lit HANSEN, REIMER (1927): Hexen- und andere Kriminalprozesse in Meldorf 1616–1642. In: Jahrbuch des Vereins für Dithmarsche Landeskunde 7, 83–114. Die bis 1927 völlig unbeachteten Gerichtsakten aus dem frühen 17. Jahrhundert der Stadt Meldorf werden von Hansen erstmals genauer untersucht. Unter dem Quellenmaterial finden sich auch einige Hexenprozesse, deren Gemeinsamkeiten der Verfasser zunächst herausstellt. Anschließend schildert Hansen acht Prozesse (ab 1618) und ediert einen Teil der entsprechenden Akten. Im „Prozeß Wiben Maß Telse“ (1618) werden elf Artikel des Bekenntnisses sowie das darauf folgende Urteil wiedergegeben. Ähnlich verfährt Hansen in den übrigen Fällen, wobei er den originalen Textzitaten häufig eine Zusammenfassung des Verfahrens voranstellt. Meldorf Anm Arch Lit Qu HAREN, GERRIT (1897/1898): Das Gerichtswesen in Witten. Fehmgericht. Hexenprozesse. In: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 12, 139–156. Die Veröffentlichung basiert auf einem Vortrag Harens. Neben allgemeinen Informationen zum Wittener Gerichtswesen finden sich Angaben zum Hexenwahn in der betrachteten Region. Der Autor bedauert die dürftige Quellenlage und verweist auf „4 Piecen“, deren Inhalt er in größtenteils paraphrasierter Form wiedergibt. Konkret erwähnt und beschrieben wird der Hexenprozess gegen Arndt Bottermann (ca. 1647). Der Beitrag enthält die wortgetreue Wiedergabe des überlieferten Interrogatoriums, das elf Fragen umfasst. Vier weitere aus den Akten erschließbare Verfahren gegen vermeintliche Hexen werden lediglich kurz angesprochen. Witten Anm Arch Qu HARTMANN, WILHELM (1927): Die Hexenprozesse in der Stadt Hildesheim. Hildesheim, Leipzig (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 35). Der Verfasser stellt die in Hildesheim geführten Hexenprozesse der Jahre 1431–1746 chronologisch zusammen. Seine Untersuchung enthält unterschiedlich umfangreiche Skizzen der Verfahren, die durch zahlreiche sehr kurze, wortgetreue Originalauszüge aus den Protokollen ergänzt werden. Hildesheim Anm Arch Qu

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HEBERLING, RICHARD (1915): Zauberei und Hexenprozesse in Schleswig-Holstein-Lauenburg. Aufgrund des Aktenmaterials im kgl. Staatsarchiv Schleswig. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 45, 116–246. Nach einem allgemeinen Teil über die Hexenverfolgungen in Schleswig-Holstein gibt Heberling eine Übersicht über die Hexenprozesse der Region, die nach den jeweils zuständigen Gerichten gegliedert ist. Beginnend mit den Prozessen vor den Patrimonialgerichten (1557– 1690) beschreibt der Autor nacheinander Verfahren vor der städtischen Gerichtsbarkeit (1444– 1702), der Klostergerichtsbarkeit der Klöster Lübeck und Preetz (1591–1735), den Schöffengerichten Schleswigs (1614–1648), den Ämtern, vornehmlich in Holstein (1590–1682), sowie die Hexenverfolgung auf Fehmarn (1622–1664). Flensburg, Lauenburg, Lübeck, Schleswig u.a. Anm Arch Lit Qu HESSE, WERNER (1897): Ueber einen Hexenprozess in München-Gladbach. In: Rheinische Geschichtsblätter. Zeitschrift für Geschichte, Sprache und Altertümer des Mittel- und Niederrheins 3, Heft 8, 225–232. Hesse geht besonders auf das Verfahren gegen Treina Cörsten (1630) ein. Die entsprechende Akte, überschrieben mit „Prothocollum in Criminal-Inquisitionssachen gegen Treina Cörsten, Müllers Ehefrawe, in M.-Gladbach 1630“, lag dem Verfasser im Original vor. Neben allgemeinen Angaben zum Verfahren und einer Paraphrase des Prozesses finden sich die Aussagen der Angeklagten in zusammengefasster Form. Fragmentarisch arbeitet Hesse einzelne, zum Teil unvollständige Sätze aus dem Quellenmaterial in seine Darstellung ein. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Frage nach dem Nutzen von Hexenprozessen für Richter, Henker und sonstige am Verfahren beteiligte Personen. Mönchengladbach Arch Qu HEYSER, ERICH (1905): Hexenprozeß gegen Catharina Ranzebach, nach ihres Mannes Namen Martens die Martensche genannt. Behandelt im Amt Schöningen (Braunschweig) 1656. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 25, 559–584. Heysers Beitrag basiert auf dem Aktenmaterial zum Prozess gegen Catharina Ranzebach, der 1656 im braunschweigischen Amt Schöningen geführt wurde. Die Akte setzt sich aus vor Ort angefertigten Schriftstücken sowie aus Schreiben der Universität Helmstedt zusammen, die von den örtlichen Stellen um Rechtshilfe ersucht wurde. Heyser schildert den Verfahrensverlauf, indem er die unterschiedlichen in der Akte befindlichen Dokumente (Zeugenaussagen, Verhörprotokolle, Fragenkataloge, Bescheide etc.) resümiert, paraphrasiert oder zitiert. Insbesondere die Bescheide und Gutachten aus Helmstedt werden in längeren Auszügen aus dem Original veröffentlicht. Die Wiedergabe der Verhöraufzeichnungen erfolgt dagegen zumeist in Form von Paraphrasen. Braunschweig, Schöningen Arch Qu

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HOFFMANN, BIRGIT (1978/1979): Die Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein zwischen Reformation und Aufklärung. In: Schriften des Vereins für Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte 34/35, 110–172. Auf der Grundlage älterer Darstellungen [→ Jessen (1859), → Heberling (1915)] sowie umfangreicher Aufsatzliteratur bietet Hoffmann in ihrer Regionalstudie eine Darstellung der Geschichte und Entwicklung der Hexenverfolgungen in Schleswig-Holstein. Nach einem Überblick über die wirtschaftlichen und politischen Entstehungsbedingungen der Verfolgungen im 16. und 17. Jahrhundert folgt als Fallbeispiel eine summarische Paraphrase des Prozesses gegen Abel Kruse aus Eckernförde (1635). Eckernförde, Fehmarn, Flensburg, Meldorf u.a. Anm Lit Qu HOFFMANN, HANS (1993): Hexen im Harz. Bad Harzburg. Bei Hoffmanns Darstellung der Hexenverfolgung im Harz handelt es sich um eine narrativ angelegte Quellenstudie. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte und einzelne Aspekte des Hexenglaubens schildert der Autor die Hexenverfolgung in den verschiedenen Orten im Harz anhand zahlreicher Fallbeispiele. Untersucht werden die Ortspunkte Ilsenburg, Goslar, Nordhausen, Altgandersheim, Ballenstedt, Elbingerode, Greede, Hornburg, Wildemann, Quedlinburg, Wernigerode, Wolfenbüttel, Halberstadt und Braunschweig. Die Fallbeschreibungen sind im Ganzen quellennah, Zitate aus den Akten erfolgen jedoch durchgehend in modernisierter Form. Goslar, Ilsenburg, Nordhausen, Wernigerode u.a. Arch Lit Qu HUMBORG, LUDWIG (1914): Die Hexenprozesse in der Stadt Münster. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Münsters. Münster. Nach einer kurzen Einführung zur Gerichtsbarkeit der Stadt Münster stellt Humborg in chronologischer Reihenfolge die in Münster im Zeitraum von 1522 bis 1644 durchgeführten Hexenprozesse dar. Er gibt dabei anhand des Aktenmaterials zu jedem Prozess einen zusammenfassenden Bericht, Originalzitate fehlen. Münster Anm Lit JACOBSEN, MANFRED (1994): Ein Hexenprozeß auf Gut Schmoel im Jahre 1686. In: Jahrbuch für Heimatkunde im Kreis Plön 24, 99–118. Jacobsen analysiert in seinem Beitrag einen Hexenprozess auf dem Gut Schmoel anno 1686, der zusammen mit zwei Folgeprozessen zu insgesamt 18 Todesurteilen und damit zu einer der höchsten Opferzahlen in der Geschichte der schleswig-holsteinischen Hexenverfolgung führte. Der Autor stellt dabei insbesondere die zweifelhafte Rolle des Grafen Rantzau heraus, der offenbar von religiösem Eifer motiviert die treibende Kraft der massiven Verfolgung war. Im Anhang findet sich eine Chronologie der Ereignisse mit „behutsam“ normalisierten Auszügen aus den nur in zeitgenössischen Kopien vorliegenden Protokollen. Schmoel (bei Schönberg) Anm Arch Lit Qu

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JACOBSEN, MANFRED (1996): Gut Schmoel in dunkler Zeit. Christoph von Rantzau und seine Hexenprozesse. Hohenfelde. Jacobsen stellt den Verlauf der drei auf den Gütern Schmoel und Övelgönne geführten Hexenprozesse von 1686 dar, an die sich noch im gleichen Jahr ein Prozess gegen den Grafen selbst wegen illegitimer Prozessführung anschloss. Auch dieses Verfahren wird ausführlich geschildert. Ein kurzer Beitrag von Christian Hube würdigt den Pastor Johann Christoph Linekogel als eine der führenden Personen der Anklageerhebung gegen Christoph von Rantzau. Da die eigentlichen Hexenprozessakten mit den Gutsarchiven verloren gingen, bilden die Akten des Prozesses gegen Rantzau die Grundlage von Jacobsens Arbeit. Sie beinhalten unter anderem Verhörprotokolle, Verteidigungsschriften und Zeugenaussagen. Der Anhang der Regionalstudie enthält u.a. zwei Interrogatoria sowie eine Liste der Verurteilten. Schmoel (bei Schönberg), Schwartbuck Anm Arch Lit Qu JESSEN, CHR. (1859): Zur Geschichte der Hexenprozesse in Schleswig und Holstein. In: Jahrbücher für die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg 2, 200–231. Jessen erstellt anhand von Urkundensammlungen, Chroniken und weiteren Quellen eine Übersicht über die Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein und verweist auf regionale Besonderheiten. Die Veröffentlichung enthält kurze modernisierte Auszüge aus den Geständnissen vermeintlicher Hexen und stellt diese in einen thematischen Zusammenhang. Einige Prozesse werden dabei namentlich erwähnt, aber nicht ausführlicher beschrieben. Eckernförde, Hamburg, Kiel, Schleswig u.a. Anm Arch Lit Qu KEUSSEN, HERMANN (1896): Zwei Hexenprozesse aus der Crefelder Gegend. In: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 63, 111–119. Keussen berichtet von zwei Hexenprozessen, die er über eine Kellnerei–Rechnung von 1595 und ein Aktenstück von 1589 oder 1601 erschließen konnte. Anhand dieser Dokumente, die er wortgetreu in teilmodernisierter Form wiedergibt, rekonstruiert Keussen die Fälle gegen Catharina Hagh und Beell This. Kempen, Krefeld Anm Arch Qu KIRCHNER, BERNHARD (1940): Rechtswesen und Rechtsbräuche in der Stadt Essen während des 16. und 17. Jahrhunderts. Forschungsergebnisse aus dem Stadtarchiv Essen. In: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 60, 143–237. Am Ende seines rechtsgeschichtlichen Beitrags geht Kirchner in einem kurzen Kapitel (S. 233–235) auf die Hexenprozesse in Essen ein. Da das Essener Stadtarchiv kein urkundliches Material über Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts besitzt, stützt sich der Verfasser auf eine Stadtchronik sowie Forschungen Otto Seemanns, der drei Verfahren aus den Jahren 1580, 1581 und 1589 ermitteln konnte. Kirchner skizziert das juristische Vorgehen in mehreren Prozessen und illustriert seine Darstellung mit Hilfe von teilnormalisierten Auszügen aus den genannten Quellen. Essen Anm Lit Qu

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KNESE, LOUIS (1977): Zauberwahn und Hexenprozesse in Barntrup. Zum 600jährigen Bestehen der Stadt Barntrup am 21. Mai 1976. Ein Beitrag zur Chronik der Stadt Barntrup und zur Geschichte der Hexenverfolgung im Lande Lippe. Detmold. Die lokalgeschichtliche Veröffentlichung zur Stadt Barntrup (bei Höxter) widmet sich der dortigen Hexenverfolgung. Das erste Barntruper Verfahren gegen Claren Düvels löste neun Folgeprozesse aus. Durch viele orthographisch modernisierte Zitate aus den Prozessakten sowie die Urgicht der Catarina Geilhardt (1658) ergibt sich ein Bild des Barntruper Hexenglaubens. Das Todesurteil der verdächtigten Ilschen Falken ist im Faksimile abgedruckt. Barntrup Anm Arch Lit Qu Reg KOCH, MANFRED (1991): Die Hexenprozesse von Wilster im Kontext der europäischen Hexenverfolgung des 17. Jahrhunderts. In: Steinburger Jahrbuch 35, 120–145. Der Text geht zunächst auf den Ursprung des Hexenglaubens in kulturell-historischer Hinsicht ein und greift dann aus der „Massenhaftigkeit der Hexenprozesse im 17. Jahrhundert“ beispielhaft die Verfahren gegen Sile Lakemans und Stincke Ritzers heraus. Koch legt diesen Prozessen in Bezug auf die Stadt Wilster konjunkturelle Ursachen zu Grunde (Sündenbockmotiv). Hexen wurden demnach für Unglücksfälle verantwortlich gemacht, für die man keine logischen Erklärungen fand. Wilster Anm Arch Lit KÖHN, GERHARD (1991): Hexenprozesse in Glückstadt 1622 und in Wilster und in Krempe. In: Steinburger Jahrbuch 35, 146–156. Köhn versteht seine Darstellung als kurze Zusammenfassung seiner Recherchen über Hexenprozesse in Glückstadt. In Übereinstimmung mit der allgemeinen Hexenforschung sieht er eine mögliche Ursache für die Verfolgungen in der generellen Angst und Unsicherheit der Zeit, aber auch in Nachbarschaftskonflikten. Köhn geht außer auf die Schuldbezichtigungen von Seiten der Bürger aus Glückstadt, Wilster und Krempe auch auf die Besagungspraxis ein. Als Quelle dient ihm u.a. eine originale Stadtabrechnung von 1622/1623, die transkribiert und im Faksimile abgedruckt ist. Glückstadt, Krempe, Wilster Anm Arch Lit Qu KÖNIG, BRUNO EMIL (2003): Geschichte der Hexenprozesse. Köln. Die Monographie enthält zahlreiche wortgetreue, aber orthographisch angeglichene Protokollauszüge. Ausführlich transkribiert sind die Akten der Prozesse gegen die Ehefrau des Hans Krebs aus Calenberg anno 1638 und Hans Hartmanns Ehefrau aus Calenberg anno 1653. Der Verfasser paraphrasiert einige weitere Prozesse, z.B. den Fall Rebekka Lemp (1590). Calenberg Anm Lit Qu

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KOPPENBORG, INGO (1994): Die soziale Funktion städtischer Hexenprozesse. Die lippische Residenzstadt Detmold 1599–1669. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 183– 198. Der Beitrag geht Konfliktmustern in der städtischen Gesellschaft nach, die Hexenprozesse auslösen konnten. Koppenborg nimmt dabei eine Unterteilung in individuelle und gesellschaftliche Strukturen vor. Als gesellschaftlichen Faktor nennt der Autor vor allem ein von den gängigen Normen abweichendes Verhalten, was er mit kurzen, originalgetreuen Zitaten aus dem Prozess von Ilse Sölters belegt. Zu den individuellen prozessauslösenden Faktoren zählt Koppenborg den Nachbarschaftsstreit und den Konfliktanlass des Familienstreites. Auf Letzteren sei auch die große Anzahl der Prozesse gegen eingeheiratete Familienmitglieder (z.B. Witwen) zurückzuführen. Ein Beispiel für einen derartigen Familienkonflikt, der schließlich in Hexereiprozessen mündete, gibt Koppenborg mit der Detmolder Familie Mauritz, genannt Öhlschleger (Prozesse ab 1659). Detmold Anm Arch Lit Qu KOPPENBORG, INGO (1998): „Wer in verborgenen Sachen die wahrheit erkündigen will, der frage die Kinder …“. Darstellung, Analyse und soziale Funktion städtischer Hexenverfolgungen des 17. Jahrhunderts am Beispiel der Lippischen Residenzstadt Detmold 1599–1669. Diss. Essen. Koppenborg beginnt seine umfangreiche Regionalstudie mit einer Einführung in die landes-, rechts-, kirchen- und stadtgeschichtlichen Voraussetzungen der Detmolder Hexenverfolgungen. Es folgt eine kurze chronologische Darstellung der einzelnen Detmolder Prozesse von 1599 bis 1669, die mit einigen wenig veränderten Quellenzitaten versehen ist und mit einer statistischen Auswertung abschließt. Den Hauptteil der Arbeit bildet eine ausführliche Analyse der Detmolder Prozesse, in welcher der Verfasser u.a. auf „Objekte“ des Schadenszaubers, auf individuelle und gesellschaftliche Konfliktbereiche sowie auf die Beteiligten im Hexenprozess (Angeklagte, Ankläger, Zeugen, Kinder und Jugendliche) zu sprechen kommt. Detmold Anm Arch Lit Qu KOPPENBORG, INGO (2004): Hexen in Detmold. Verfolgung in der lippischen Residenzstadt 1599–1669. Bielefeld (= Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe 57). Der Verfasser skizziert einleitend die Voraussetzungen der Detmolder Hexenverfolgungen. Er verweist dabei sowohl auf landes- und rechtsgeschichtliche als auch auf kirchen- und stadtgeschichtliche Hintergründe. Anschließend widmet sich Koppenborg detailliert den Detmolder Hexenprozessen. Im Mittelpunkt stehen soziopsychologische Überlegungen zu den Beziehungen zwischen Angeklagten und Klägern. Daneben finden sich kurze Darstellungen einzelner Verfahren sowie eine „statistisch-analytische Auswertung des vorhandenen Materials“. Die Veröffentlichung stützt sich auf gedruckte und ungedruckte Quellen, aus denen einzelne Sätze zitiert werden. Detmold Anm Arch Lit Qu Reg

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KRANZ, GISBERT (1929): Mendener Recht und Gericht u.a. Hexenprozesse 1592–1631. Menden. Einleitend behandelt Kranz die Hexenverordnungen für das Herzogtum Westfalen aus dem Jahr 1607. Es folgt eine namentliche Auflistung aller 80 Opfer des Mendener Hexenwahns in chronologischer Reihenfolge. Im Anschluss daran erläutert der Verfasser kurz das gerichtliche Verfahren und belegt seine Ausführungen mit modernisierten Protokollauszügen. Kranz stellt die Ähnlichkeiten der unter Folter erzwungenen Bekenntnisse heraus und verweist auf die noch heute existierenden Mendener Lokalitäten, die dem Hexentanz und anderen heimlichen Zusammenkünften gedient haben sollen. Abschließend druckt Kranz modernisierte Aktenauszüge aus 30 Mendener Hexenverhandlungen ab, die ihm entweder wegen ihrer Kuriosität oder aufgrund ihrer Grausamkeit besonders erwähnenswert erschienen. Menden Anm Arch Lit Qu LEHRMANN, JOACHIM (1997): Hexen- und Dämonenglaube im Lande Braunschweig. Die Geschichte einer Verfolgung unter regionalem Aspekt. Lehrte. Lehrmann schildert einführend die Hintergründe des Hexenglaubens und fasst in einem chronologischen Abriss die Entwicklung der Zaubereivorstellung zusammen. Die Darstellung erstreckt sich von den Anfängen der Hexenverfolgung im Lande Braunschweig bis zu deren Ende. Einzelne Hexenprozesse werden dabei unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Der Text enthält zahlreiche Abbildungen und Originalauszüge aus Verhörprotokollen. Celle, Göttingen, Goslar, Helmstedt u.a. Anm Arch Lit Qu Reg LEHRMANN, JOACHIM (2000): Für und wider den Wahn. Die Geschichte der Hexenverfolgung im Hochstift Hildesheim. Lehrte. Die Monographie enthält eine tabellarische Auflistung aller vor dem Rat der Stadt Hildesheim geführten Hexenprozesse von 1428 bis 1726. Der Autor sieht in der Hexenverfolgung einen religiösen Wahn, angezettelt von Klerikern und frommen Juristen. Die Prozessparaphrasen enthalten einige sprachlich modernisierte Zitate. Ein Kapitel über einen Gegner der Hexenprozesse im Bistum Hildesheim, den Juristen Justus Oldekop, beschließt die populärwissenschaftliche Veröffentlichung. Hildesheim, Peine Anm Arch Lit Qu LENZ, WILHELM (1956): Hexenprozesse im Lande Hadeln. In: Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 37, 85–93. Auf der Grundlage einer Sammlung von Akten der Otterndorfer Kriminalgerichte zeichnet Wilhelm Lenz die Entwicklung der Hexenverfolgung im niedersächsischen Hadeln vom Ende des 16. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein nach. Der Autor schildert einzelne Prozesse in chronologischer Folge und hebt dabei besonders das Verfahren gegen Margarethe Versche (Otterndorf 1604) hervor. In einem längeren Auszug wird ihr Geständnis wiedergegeben, etwas verkürzt und „zum leichteren Verständnis“ sprachlich modernisiert. Hadeln, Otterndorf, Ritzebüttel Anm Arch Lit Qu

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LODTMANN, FRIEDRICH (1875): Die letzten Hexen von Osnabrück. In: Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück 10, 97–200. Lodtmann behandelt die Osnabrücker Hexenprozesse von 1636–1639. Besonderes Augenmerk richtet er auf die spätere strafrechtliche Verfolgung des Osnabrücker Bürgermeisters Pelzer, dem politische Gründe für die Durchführung der Prozesse unterstellt wurden. Hierzu analysiert er ausführlich die Schicksale der Anna Modemann (1636), Anna Ameldung (1636) und Sara Baumeister (1639). Die Archivalien, aus denen Lodtmann zitiert, sind heute teilweise nicht mehr auffindbar. Von besonderem Interesse ist daher ein in niederdeutscher Sprache verfasster Kassiber von Sara Baumeister. Weitere Dokumente finden sich im Anhang. Osnabrück Anm Lit Qu LOMBERG (Hrsg.) (1781): Fragmente zur Geschichte der Hexerey im Herzogthum Westphalen. (Buchstaeblich aus den Original-Protocollen). In: Materialien zur Geist- und weltlichen Statistick des niederrheinischen und westphaelischen Kreises und der angraenzenden Laender nebst Nachrichten zum Behuf ihrer aelteren Geschichte 1, Heft 4, 341–360. Der Verfasser erarbeitet eine nach seinen Aussagen buchstabengetreue Edition von fünf Verhörprotokollen. Diese stammen aus dem Hexenprozess der in Arnsberg angeklagten Walburgh der Muscherdischen aus dem Jahr 1629. Arnsberg Anm Qu LOPAU, CHRISTIAN (1998): Der Hexenprozess gegen Telse Clausen. In: Lauenburgische Heimat 148, 3–24. Lopau stellt in seinem Aufsatz detailliert Bedingungen und Umstände von Hexenprozessen anhand des Fallbeispiels der Telse Clausen (1607) dar. Dabei legt er den Schwerpunkt auf die einflussreiche und wirtschaftlich erfolgreiche Position der Familie, die jedoch das Todesurteil im Fall Telse Clausens nicht abwenden konnte. Ratzeburg Anm Arch Lit LUNTOWSKI, GUSTAV (1994): Geschichte der Stadt Dortmund. Herausgegeben vom Stadtarchiv Dortmund. Dortmund (= Dortmunder Leistungen 2). Dem Thema der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen ist in dieser Geschichte der Stadt Dortmund nur ein sehr kurzer, dreiseitiger Abriss gewidmet (S. 187–189). Es werden die zeitlichen Ausdehnungen von einem ersten Hinweis im Jahr 1451 bis zur schärfsten Verfolgungswelle im Jahr 1593 aufgezeigt. Anhand einiger paraphrasierter Hexenprozesse mit kurzen Originalzitaten skizziert der Verfasser den Charakter der Dortmunder Verfolgungen. Dortmund, Mengede Anm Arch Lit Qu Reg MACHA, JÜRGEN (2003): Ein erfundenes Hexereiverhör: Zu CAPVT V. der INSTRUCTION des Heinrich Schultheiß (1634). In: Moeller/Schmidt (Hrsg.) (2003), 24–32. Macha untersucht in seinem Beitrag das fünfte Kapitel der Instruktion des Hexenkommissars Heinrich Schultheiß, in dem dieser das fiktive Szenarium eines Hexereiverhörs entwirft, auf seinen „Spracherkenntniswert“ und „Realitätsgehalt“ hin. Er analysiert dabei die von

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Schultheiß in direkter Rede dargestellten Dialoge zwischen den fiktiven Prozessbeteiligten im Hinblick auf die Aspekte Regionalsprachlichkeit, Lateinverwendung und Frage- bzw. Antwortverhalten vor Gericht. Paderborn, Scharmede Anm Arch Lit Qu MEIER, CHRISTINE (1994): Die Anfänge der Hexenprozesse in Lemgo. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 83–106. Zunächst schildert der Beitrag historische Aspekte der Hexenverfolgung und der Rezeption des gelehrten Hexenmusters. Meier beschäftigt sich dann mit der historischen Gerichtsbarkeit in Lemgo und skizziert ein typisches Verfahren mit dem charakteristischen stereotypen Inhalt der Protokolle. Den noch vorhandenen Akten nach haben mindestens 200 Prozesse zwischen 1655 und 1681 in Lemgo stattgefunden. Der Prozess der Maria Ramendahl (1681) markiert das Ende dieser Verfolgungen. Die Autorin paraphrasiert den Prozess Teuffel/Culeman (1585) und ergänzt die Schilderung mit einem originalgetreuen Zitat aus der Gerichtsakte. Horn, Lemgo Anm Arch Lit Qu MEIER-LEMGO, KARL (1981): Geschichte der Stadt Lemgo. Lemgo (= Lippische Städte und Dörfer 1; Sonderveröffentlichung des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe 9). In diesem allgemeinen Werk zur Geschichte der Stadt Lemgo findet sich in dem Unterkapitel „Lemje, dat Hexennest … Der Hexenglaube“ (S. 136–178) eine kurze Schilderung der Umstände, die zu einer verstärkten Verfolgung vermeintlicher Hexen der Stadt beitrugen. Nach einer Einführung in die Thematik, in der typische Motivstrukturen des Hexenglaubens aufgegriffen werden, widmet sich Meier der Beschreibung einzelner Verfahren und verweist auf die Prozesswellen der Jahre 1628–1637 (90 Opfer), 1653–1656 (38 Opfer) und 1665–1681 (über 90 Opfer). Meier-Lemgo fügt teilnormalisierte Auszüge aus Quellen (Prozessprotokolle, Briefe) in Form kurzer Zitate in den Text ein. Lemgo Anm Arch Lit Qu Reg MERTSCH, JÜRGEN (1986): Anklage einer Frau in Schaalby wegen Zauberei 1583. In: Jahrbuch des Heimatvereins der Landschaft Angeln 5, 59–62. Mertsch stellt den Prozess gegen Kathrine Jeß Hansen (1583) vor und untersucht ihn unter heimatkundlichen Gesichtspunkten. Zunächst findet sich eine Paraphrase des Hexenverfahrens aus der kirchlichen Gemeindechronik des Pastors William Martensen. Als Anlagen enthält die Darstellung ein Faksimile des Urteils gegen Kathrine Jeß Hansen und eine orthographisch angepasste Transkription des Urteils. Schaalby Arch Lit Qu

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MEYER, H. (1935): Drei Hexenprozesse in Schwabstedt, 1619. In: Jahrbuch Nordfriesland 22, 94–114. Bei Meyers Artikel handelt es sich um eine Edition von Auszügen aus zwei Akten aus dem Staatsarchiv Kiel. Eine der beiden Akten ist das „Schwabstedter Dingbuch“. Meyer beginnt mit einer formalen und inhaltlichen Beschreibung der Archivalien sowie Erläuterungen zur Handschrift. Aus seinen Editionsrichtlinien geht hervor, dass er sich um buchstabengetreue Wiedergabe bemüht hat. Es wird umfangreiches Quellenmaterial in Form von zwei Urgichten (Grete Wedelman und Meye Muhlen, 1619), Zeugenaussagen, Dekreten und Urteilen präsentiert. Schwabstedt Anm Arch Qu MEYER, STEFAN (2000): Adelheid Sieveking (1600–1654). Ein Tod auf dem Scheiterhaufen. In: Geschichte Schaumburger Frauen. Hrsg. von der Schaumburger Landschaft. Bielefeld, 222– 232. Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes steht der Prozess gegen Adelheid Sieveking. Als Grund für die Hexereibeschuldigung der als tüchtig und wohlhabend beschriebenen Bürgerfrau sieht der Autor vor allem Sozialneid in einer krisengeprüften Zeit. Der durchaus typische Prozessverlauf von ersten Gerüchten, Anschuldigungen und Verhaftung bis zur Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen und den Folgeprozessen wird paraphrasiert. Der Text enthält Zitate aus einem Gespräch, das der Angeklagten und ihrer Familie während der Haft gewährt wurde. Das Rechtsgutachten der Rintelner Juristenfakultät von 1654 ist im Faksimile abgebildet. Rinteln Anm Arch Lit Qu MOELLER, KATRIN; SCHMIDT, BURGHART (Hrsg.) (2003): Realität und Mythos. Hexenverfolgung und Rezeptionsgeschichte. Hamburg (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland 1). Dieser Sammelband vereinigt Aufsätze zu drei verschiedenen Themenkreisen: Im ersten Kapitel „Zwischen Glaube, Skepsis und Konstruktion – Eine andere Sicht auf den Umgang mit Hexerei im frühneuzeitlichen Alltag“ stützen sich die Aufsätze auf Quellen aus dem 17. Jahrhundert. Der zweite Teil ist überschrieben mit „Funktionalisierung durch Forschung und Wahrnehmung.“ Im dritten und letzten Teil wird die „Rezeptionsgeschichte zwischen Schuldzuweisung, Wahrnehmungsverengung und Aufklärung“ besprochen. Aus diesem Sammelband sind folgende Artikel aufgenommen: → Macha (2003), → Nolting (2003), → Topaloviü (2003b). MOSER, JOH. (1894): Kleiner Beitrag zur Geschichte der Quedlinburger Hexenprozesse. In: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 27, 620–627. Moser kritisiert vorgängige Historikerangaben und fordert, dass aufgrund der oft widersprüchlichen Überlieferungen über die Geschichte der Quedlinburger Hexenprozesse auf der Grundlage eines guten Quellenkorpus genauere Forschungen stattzufinden hätten. Quedlinburg Anm Arch Lit Qu

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MÜLLER, HELMUT (1993): Chronik Anröchte. Geschichte seiner Ortschaften von den Anfängen bis um 1800. Band 1. Anröchte. Am Ende dieses Artikels über die frühneuzeitliche Gerichtsbarkeit gibt Müller einen Überblick über Fälle von Hexenprozessen in Anröchte (S. 209–218). Anhand des Aktenmaterials wird der Verlauf einiger Hexenprozesse paraphrasiert. Besonders ausführlich und mit einigen Originalzitaten versehen werden die Fälle gegen die Geschwister Elsgen und Johann Kigels und gegen Gertrud Koch aus dem Zeitraum von 1611–1668 dargestellt. Anröchte Anm Arch Lit Qu MUMMENHOFF, WILHELM (1927): Zur Geschichte der Hexenverfolgungen in der Stadt Recklinghausen und ihrer Umgebung während des 16. Jahrhunderts. In: Vestische Zeitschrift. Zeitschrift der Vereine für Orts- und Heimatskunde im Vest Recklinghausen 34, 75–90. Die Veröffentlichung stellt die nachweisbaren Hexenprozesse in Recklinghausen anhand der Quellen zusammen. Hinweise auf Verfahren bezieht Mummenhoff im Wesentlichen aus Rentmeister- und Kellereirechnungen. In den Prozessauflistungen finden sich Informationen zum Herkunftsort der beschuldigten Personen sowie zum Ausgang der Verfahren. In der Anlage sind der Arbeit Auszüge aus den Kellereirechnungen der Veste Recklinghausen in leicht normalisierter Schreibe beigefügt. Recklinghausen Anm Arch Qu NIEHUES, BERNHARD (1875): Zur Geschichte des Hexenglaubens und der Hexenprozesse vornehmlich im ehemaligen Fürstbistum Münster. In: Jahresbericht des historischen Vereins zu Münster zum 43jährigen Stiftungs-Feste den 14. März 1875. Münster, 1–152. Einführend skizziert Niehues die Geschichte des Hexenglaubens und der Hexenprozesse im Fürstbistum Münster. Die Darstellung umfasst einen Zeitraum von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Niehues verweist auf Unterschiede in der Vorgehensweise innerhalb von Hexenprozessen zwischen dem Fürstbistum Münster und anderen Regionen. Dazu schildert er exemplarisch einzelne Verfahren, so etwa die Fälle des Hermann Schwechmann (1596), des Peter Kleikamp (1615), des Christian zum Loe (1615/1616), der Anna Sadelers (1652) sowie der „Studiosen“ Heinrich Holcke und Ernst Heinrich Niehueser (1682). Die Darstellung wird durch zahlreiche, sprachlich modernisierte Passagen aus Verhörprotokollen gestützt. Als Quellen dienen sowohl Protokolle als auch Briefe und Berichte. Im Anhang befinden sich Auszüge aus einer sprachlich unveränderten, niederdeutschen Akte (Großmutter Aleke und ihre beiden Töchter, Stromberg 1565). Ahlen, Coesfeld, Münster, Vechta u.a. Anm Qu NIESERT, JOSEPH (1827): Merkwürdiger Hexen-Process gegen den Kaufmann G. Köbbing an dem Stadtgerichte zu Coesfeld im Jahre 1632 geführt. Vollständig aus den Original-Acten mitgetheilt und mit einer Vorrede begleitet. Coesfeld. Neben einleitenden Informationen zur Entstehung und Verbreitung der Hexenverfolgung in Deutschland enthält die Veröffentlichung eine umfangreiche Edition von Aktenmaterial des Coesfelder Hexenprozesses gegen Georg Köbbing (1632). Es finden sich Interrogatoria, Zeugenbefragungen, verschiedene Schreiben sowie der Urteilsspruch. Anhand der Quellen sind

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weitere Verfahren belegbar, in deren Rahmen der Angeklagte denunziert wurde. Die entsprechenden Auszüge aus den Kriminalakten sind ebenfalls Teil der Edition. Die Arbeit schließt mit einer Liste aus dem Stadtarchiv Coesfeld, die sämtliche Namen hingerichteter „Hexen“ aus dem Jahr 1631 nennt. Coesfeld Anm Arch Lit Qu NOLTING, UTA (2002): „Jch habe nein toueren gelernet.“ – Mindener Hexenverhörprotokolle von 1614. In: Niederdeutsches Wort 42, 55–116. Nolting untersucht in ihrem sprachhistorischen Beitrag Hexenverhörprotokolle des Jahres 1614 aus der ostwestfälischen Stadt Minden, in denen die Aussagen von drei Angeklagten festgehalten sind. Bei den Protokollen handelt es sich um den sehr seltenen Fall von simultan zum Verhör angefertigten Mitschriften, die sich durch eine außergewöhnliche Nähe zur tatsächlich geäußerten mündlichen Rede auszeichnen. Die Aufzeichnungen werden im Hinblick auf die Wiedergabe in direkter Rede, auf niederdeutsche Sprachanteile und auf Reflexe gesprochener Sprache analysiert. Im Rahmen des Beitrags wird ein größerer Ausschnitt aus den Protokollen in originalgetreuer Transkription sowie die Abbildung einer Manuskriptseite vorgelegt. Minden Anm Arch Lit Qu NOLTING, UTA (2003): Nah an der Realität – Sprache und Kommunikation in Mindener Hexenverhörpotokollen von 1614/1615. In: Moeller/Schmidt (Hrsg.) (2003), 33–55. Noltings Untersuchung basiert auf Hexenverhörprotokollen der Jahre 1614/15 aus der ostwestfälischen Stadt Minden, die Prozesse gegen insgesamt sieben Frauen dokumentieren. Bei den Protokollen handelt es sich um simultan zum Verhör angefertigte Mitschriften. Nolting analysiert die Protokolle zum einen im Hinblick auf Merkmale gesprochener Sprache, zum anderen unter dem Aspekt des sprachlich-kommunikativen Verhaltens der angeklagten Frauen im Rahmen der Zwangskommunikation des Verhörs unter der Folter. Neben zahlreichen originalgetreuen Zitaten wird ein längerer Auszug aus einem peinlichen Verhör sowie die Abbildung eines Faksimile präsentiert. Minden Anm Arch Lit Qu OESTMANN, PETER (1994): Lippische Hexenprozesse vor dem Reichskammergericht. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 233–261. Der Aufsatz untersucht die Rolle des Reichskammergerichts in lippischen Hexenprozessen auf möglichst breiter Quellenbasis. Exemplarisch zeigt Oestmann die Haltung des Gerichts zu den Hexenverfolgungen an den Prozessen von Gerd Ahrends und Anna Maria Tintelnot (Detmold 1659), Court Dircking (1668) und Maria Rampendahl (Lemgo 1681) auf. Nach der Einordnung der Verfahren unter rechtsgeschichtlichen Gesichtspunkten und der Beschreibung von Verlauf und Ausgang der geschilderten Prozesse kommt Oestmann zu dem Schluss, dass das Reichskammergericht die Hexenprozesse in keiner Weise billigte. Der Autor folgert daraus, dass diese Haltung zum Ende der lippischen Hexenprozesse beigetragen haben könnte. Detmold Anm Arch Lit Qu

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PADBERG, MAGDALENA (1987): Ein außergewöhnlicher Hexenprozeß. Von Esleve contra Volmers/Hoberg. Arnsberg. Padberg beschreibt eine Verleumdungsklage aus den Jahren 1605–1615. Die der Hexerei bezichtigten Personen Margarethe Volmers und Christian Hoberg gehen auf diesem Wege gegen die Verleumdungen des Ehepaars von Esleve vor. Die Veröffentlichung beruht auf verschiedenen Quellen. Diese umfassen Verhörprotokolle, Kirchenbücher, Schatzungsregister, Tagebücher Kaspar von Fürstenbergs, Briefe der Beteiligten, Taufbücher und Sterberegister. Es finden sich normalisierte Auszüge aus Verhörprotokollen sowie einige Abdrucke von Originalseiten, die zum Teil transkribiert sind. Arnsberg, Eslohe, Werl Anm Arch Lit Qu PLÖHN, ARNOLD (1952): Register der „Hexen“ in Schleswig-Holstein. In: Zeitschrift für niedersächsische Familienkunde 27, 66–67. Der Beitrag gibt eine alphabetische Auflistung von Opfern der Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein. Dem Autor geht es dabei um die Erschließung der Namen, vor allem zu genealogischen Zwecken. Neben den Namen von Angeklagten enthält die Liste Ort und Jahr (1530–1682) der Prozesse sowie deren Ausgang, sofern dieser aus den Quellen hervorgeht. Ergänzungen zu diesem Aufsatz geben → Freytag (1953), → Treichel (1968) und → Treichel (1978). Hamburg, Mölln, Rendsburg, Tremsbüttel u.a. Anm Arch RAUTERT, FR. (1827): Etwas Näheres über die Hexen-Prozesse der Vorzeit. Aus authentischer Quelle. Essen. Hier handelt es sich in erster Linie um eine Edition von Aktenstücken aus dem 17. Jahrhundert, die einem nicht näher spezifizierten gerichtlichen Protokollbuch entnommen wurden, welches „continuationes actorum criminalium contra sagas et maleficos“ enthält. Auf eine Einführung in die Rechtsgrundlagen des 17. Jahrhunderts, die Rautert u.a. durch mehrere Auszüge aus einer Hexenprozessordnung von 1615 für die Richter des Herzogtums Westfalen verdeutlicht, folgen vier Fallbeispiele von Hexenprozessen des 17. sowie frühen 18. Jahrhunderts. Die Fälle werden im „möglichst vollständigen getreuen Auszuge“ wiedergegeben, wobei die Namen der Richter, des Ortes, der Parteien und Zeugen anonymisiert wurden. Unter den Aktenstücken finden sich sowohl Zeugenaussagen als auch Protokolle gütlicher und peinlicher Verhöre, Fragenkataloge, Rechtsgutachten und Urteile, die vermutlich weitgehend unverändert wiedergegeben werden. Eine genaue Verortung der Prozesse ist durch die Anonymisierung zwar nicht möglich, es scheint sich aber um Fälle aus dem Bereich des Bistums Paderborn zu handeln. Büren, Geseke, Lippspringe, Paderborn u.a. Qu RHAMM, ALBERT (1882): Hexenglaube und Hexenprocesse, vornämlich in den braunschweigischen Landen. Wolfenbüttel. Rhamm entfaltet in seiner Studie, die aus Vorträgen vor dem Wolfenbütteler Ortsverein für Geschichte und Altertumskunde hervorgegangen ist, Ursachen und Entwicklung der Hexenverfolgung in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der regionalen Abläufe in den

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„braunschweigischen Landen“. Anhand von Aktenmaterial illustriert er das Hexenwesen, indem er einzelne Verfolgungsfälle ausführlich schildert und mit Auszügen und Paraphrasen aus den Quellen anreichert. Die Quellenauszüge sind stark normalisiert. Braunschweig, Celle, Eimen, Greene u.a. Anm Qu ROGGE, ROSWITHA (1995): Hexenverfolgung in Hamburg? Schadenzauber im Alltag und in der Justiz. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 46, Heft 7/8, 381–401. Rogge erläutert auf der Grundlage des vorhandenen Quellenmaterials mögliche Ursachen für das Entstehen eines Zaubereiverdachtes. Die Reaktionen der städtischen Obrigkeit auf typische Konflikte in der frühneuzeitlichen Bevölkerung finden in der Rechtspflege und Rechtspraxis ihren Niederschlag. Sie werden von der Verfasserin näher untersucht. In einem weiteren Analyseteil thematisiert Rogge quantitative Aspekte sowie den Charakter der Hexenverfolgung in Hamburg. Hamburg, Ochsenwerder Anm Arch Lit RÜBEL, KARL (1913): Hexenaberglaube, Hexenprozesse und Zauberwahn in Dortmund. In: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 22, 96–117. Rübel bespricht einleitend die „Wurzeln“ des Aberglaubens und verweist auf wesentliche Elemente des Hexenglaubens. Die erste Hexenverbrennung in Dortmund stellt er für das Jahr 1581 fest. Eine lokale Prozesshäufung ist für das Jahr 1593 belegt. Als Quellen dienen dem Autor u.a. ein Prozessprotokoll aus dem Stadtarchiv sowie ein zeitgenössisches Bittschreiben an den Rat der Stadt Dortmund. Der Beitrag enthält das teilnormalisierte Transkript eines erhaltenen Verhörprotokolls (Annen Coesters 1581). Dortmund Anm Arch Lit Qu RUFFIN, FRANZ FREIHERR VON (1988): Das Adelich Gericht Basthorst im Herzogthum Lauenburg. Geschichte der Dörfer Basthorst, Dahmker und Hamfelde. Lütjensee (= Schriftenreihe der Stiftung Herzogtum Lauenburg 18). Im Kapitel „Das Recht“ (S. 103–110) erfolgt ein kurzer Hinweis auf die Hexenverfolgung im Herzogtum Lauenburg. Nach einigen allgemeinen Erläuterungen zur Verfolgungspraxis nennt von Ruffin zwei Ratzeburger Prozesse aus den Jahren 1601 und 1604, in denen jeweils drei Personen der Hexerei beschuldigt und hingerichtet wurden. Es folgt eine knappe Darstellung der Rechtspraxis des „Adelich Gerichts Basthorst“, die durch die Wiedergabe eines Gerichtsprotokolls aus dem Jahr 1612 (Prozess gegen Gescke Herdess) illustriert wird und mit Aussagen vereidigter Zeugen aus dem Jahr 1703 über das überlieferte Wissen dieses Prozesses abschließt. Ratzeburg Arch Lit Qu

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RÜGGE, NICOLAS (2000): Hermann Cothmann. Annäherungen an die historische Person des „Hexenbürgermeisters“ von Lemgo. In: Wilbertz/Scheffler (Hrsg.) (2000), 216–246. Im Zentrum von Nicolas Rügges Untersuchung steht Hermann Cothmann (1629–1683), der sagenumwobene „Hexenbürgermeister“ von Lemgo. Rügge setzt es sich zum Ziel, der historischen Person Cothmann auf die Spur zu kommen. Lemgo Anm Arch Lit RUST, JÜRGEN (1983): Aberglaube und Hexenwahn in Schleswig-Holstein. Garding. Rusts Veröffentlichung gliedert sich in zwei Abschnitte, von denen der erste allgemeine Informationen zum Aberglauben in Schleswig-Holstein enthält. Der zweite Teil widmet sich hingegen speziell den Hexenprozessen in der betrachteten Region (S. 71–112). In der populärwissenschaftlichen Publikation werden zahlreiche Beispiele für typische Elemente der Hexenlehre gegeben, die sich auch in den über 450 nachweisbaren Hexenprozessen im untersuchten Gebiet wiederfinden. Der Autor fasst den Verlauf einiger Fälle (Sunde Bohlen/Hansen 1587, und Telsche Bulders 1639) zusammen und ergänzt seine Prozessparaphrasen immer wieder um einige kurze, nur wenig normalisierte Zitate aus den Verhörprotokollen. Fehmarn, Kiel, Ratzeburg, Schleswig u.a. Anm Arch Lit Qu SAATKAMP, MARIELIES (1992): Von den bösen Weibern die man nennet die Hexen. Quellen und Ausstellungstexte. Borken (= Schriftenreihe des Kreises Borken 12). Bei der Publikation handelt es sich um die Begleitschrift zu einer Ausstellung des Landeskundlichen Instituts Westmünsterland. Neben allgemeinen Informationen und Quellentexten enthält das Heft auch einige Kapitel zu konkreten Hexenverfahren in der Region: Sprachlich unverändert werden ein Bericht des Bocholter Amtsdrosten über eine Wasserprobe im Jahr 1611 sowie die Rechtfertigung eines als Teufelsbanner beschuldigten Arztes aus Stadtlohn (1652) wiedergegeben. Zudem skizziert die Verfasserin den in Ahaus verhandelten Fall der Hebamme Hille Blooms (1608/1609), wobei sie ihre Darstellung mit kurzen Auszügen aus der Gerichtsakte ergänzt. Bei der Schilderung weiterer Prozesse greift Saatkamp auf Sekundärliteratur zurück. Ahaus, Bocholt, Borken Anm Arch Lit Qu SAATKAMP, MARIELIES (1993): Bekandt daß sie ein Zaubersche were. Zur Geschichte der Hexenverfolgung im Westmünsterland. Vreden (= Westmünsterland. Quellen und Studien 2). Am Anfang des 17. Jahrhunderts gab es auch im Westmünsterland eine „Hexenhysterie“, Saatkamp spricht von einem regelrechten „Wasserproben-Tourismus“. Die Monographie untersucht regionale Fälle, die teilweise nacherzählt, aber auch mit Originalzitaten aus den Akten belegt werden. So enthält die Veröffentlichung unter anderem eine Teiledition des Hexereiprozesses von Hille Blomers (Ahaus 1608) sowie Faksimiles dazu (fol 96v – 98r auf S. 112–115). Eine Karte gibt eine chronologische Übersicht über Beleidigungen, Wasserproben und Hexen

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prozesse im Westmünsterland, ab S. 177 bietet das Buch eine nach Ämtern sortierte Auflistung von Prozessen. Ahaus, Borken, Coesfeld, Ostendorf u.a. Anm Arch Lit Qu Reg SAATKAMP, MARIELIES (1995): Zur Geschichte der Hexenverfolgung, dargestellt an Beispielen aus dem Westmünsterland. In: Saatkamp, Marielies/Schlüter, Dick (Hrsg.) (1995): Van Hexen un Düvelslüden. Über Hexen, Zauberei und Aberglauben im niederländisch-deutschen Grenzraum. Over heksen, toverij en bijgeloof in de Nederlands-Duitse grensstreek. Enschede, Doetinchem, Vreden (= Westmünsterland. Quellen und Studien 4), 15–32. Marielies Saatkamp gibt zunächst einen Überblick über die historische Entwicklung der Hexenverfolgung und des Hexenglaubens. Dazu erklärt sie einige wesentliche Begriffe wie Teufelspakt, Schadenszauber und Hexensabbat. Die Auswirkungen des geistigen Klimas der Zeit, das sich nicht nur in Prozessen, sondern auch in Injurienklagen und dem Ruf nach der Wasserprobe manifestierte, stellt die Autorin an Beispielen des Westmünsterlandes dar. So paraphrasiert sie beispielsweise den Prozess gegen Hille Blomers anno 1608 im Amt Ahaus und den darauf folgenden Fall der so genannten „groten Grete“ vor dem Borkener Gericht. Beide Prozessschilderungen beinhalten kurze Originalzitate der Verhörprotokolle und des Hexereigeständnisses. Ahaus, Borken Anm Arch Lit Qu SANDER, KIRSTEN (1991): Aberglauben im Spiegel schleswig-holsteinischer Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Neumünster (= Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte SchleswigHolsteins 25). Sanders Untersuchung stützt sich auf umfangreiches Quellenmaterial aus rund 40 Orten im heutigen Schleswig-Holstein. Die Belege aus dem Zeitraum zwischen 1560 und 1844 bestehen zu 70 Prozent aus Amtsrechnungen, in denen verhängte Geldstrafen unter Angabe von Klage, Kläger und Beklagtem verzeichnet sind. Einen geringen Teil machen Protokolle und amtlicher Schriftverkehr aus. Im Rahmen ihrer kulturgeschichtlichen Analyse zitiert die Verfasserin häufig aus dem Quellenmaterial. Ihren eigenen Angaben zufolge wurde die Schreibweise dabei vereinfacht und modernisiert. Kiel, Oldenburg, Pinneberg, Reinbek u.a. Anm Arch Lit Qu SCHOLTZ (1824): Ein im Jahre 1632 auf dem adelichen Gute Roest, in Angeln, vorgefallener merkwuerdiger Hexenproceß; nebst einem Anhange, der aus einem andern, gleichfalls daselbst gefuehrten Hexenprocesse, einige Zusaetze zu dem Ersten, wie auch Erlaeuterungen desselben liefert. In: Staatsbuergerliches Magazin mit besonderer Ruecksicht auf die Herzogthuemer Schleswig, Holstein und Lauenburg 4, Heft 3/4, 475–492. Scholtz beschreibt den Prozess gegen die als Hexe bezichtigte Anna Stiggen (1632). Dazu analysiert er Aktenmaterial, das neben dem gütlichen und peinlichen Verhör auch das Urteil gegen Anna Stiggen enthält. Von diesem konkreten Fall ausgehend werden Auffälligkeiten des Verfahrens herausgearbeitet. Scholtz dokumentiert die Quellenlage und den Umfang sowie den Bestand des Quellenkorpus. Er rekonstruiert zudem den zeitlichen Verlauf des Prozesses und ergänzt die nicht mehr vorhandenen Frageartikel des Verhörs. Ganze Passagen des Protokolls

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werden in moderner Interpunktion und Orthographie wiedergegeben. Im Anhang findet sich eine Paraphrase des Prozesses gegen Ellen Lassen (1641). Auch hier arbeitet Scholtz Auszüge aus dem Aktenmaterial in seine Darstellung ein. Angeln, Röst, Töstrupholz Anm Arch Qu SCHOPPMEYER, HEINRICH (1991): Neue Überlegungen zum Hexerei-Prozeß gegen Arnd Bottermann in Witten. In: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 89, 183–201. Heinrich Schoppmeyer beleuchtet den Fall des Arnd Bottermann, eines Bauern aus der Gerichtsherrschaft Witten, der im 17. Jahrhundert Opfer der Hexenverfolgungen wurde. Dem Verfasser geht es um eine genaue Klärung des Falles auf der Grundlage des vorhandenen Quellenmaterials. Er beschreibt den Prozess gegen Bottermann und vermutet in der schwierigen sozialen, mentalen und ökonomischen Situation im 17. Jahrhundert Gründe für seine Verfolgung. Witten Anm Arch Lit Qu SCHORMANN, GERHARD (1977): Hexenprozesse in Nordwestdeutschland. Hildesheim (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 87). Schormann analysiert die nordwestdeutschen Hexenverfolgungen und verweist auf Besonderheiten im Bereich der Verfahrenspraxis. Er bezeichnet Hexenprozesse als „Strafverfahren ohne Straftat“ und verweist auf wesentliche Hintergründe und Motive der Verfolgung. Die Veröffentlichung umfasst einen Zeitraum von der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis in die 80er Jahre des 17. Jahrhunderts. Zahlreiche Abbildungen und Schaubilder geben einen statistischen Überblick über die Verfolgungssituation. Im Mittelpunkt steht die Quantifizierung der Hauptprozesswellen, die Schormann für die Jahre 1590, 1630 und 1655 ansetzt. In einem Anhang sind Gutachten aus Prozessen und exemplarische Vernehmungsauszüge zusammengestellt. Hildesheim, Minden, Münster, Osnabrück u.a. Anm Arch Lit Qu Reg SCHORMANN, GERHARD (1985): Städtische Gesellschaft und Hexenprozeß. In: Meckseper, Cord (Hrsg.) (1985): Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bürgertums in Norddeutschland 1150– 1650. Ausstellungskatalog Band 4. Stuttgart-Bad Cannstatt, 175–187. Der Autor geht zunächst der Frage nach, welche Anklagepunkte zu einem Hexenprozess führten. Dazu richtet er sein Augenmerk unter anderem auf Prozesse im Braunschweigischen und Osnabrücker Land. Anhand paraphrasierter Prozessakten und weniger kurzer Textauszüge diskutiert Schormann verschiedene gesellschaftliche Einflüsse auf die Entwicklung der Hexenverfolgungen. Buxtehude, Hildesheim, Lemgo, Osnabrück u.a. Anm Arch Lit Qu

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SCHREIBER, FRITZ (1984): Hexenprozesse im Amt Medebach. In: Bruns (Hrsg.) (1984a) Wd, 137–176. Die Darstellung beinhaltet Transkriptionen mehrerer Hexenverhörprotokolle. Im Einzelnen handelt es sich um die Fälle von Henrich Stoffregen, Catharina Conradts, Crina Vollmecke, Margarete Regers, Creina Lözen, Johänchen Paffe gnt. Benden (alle aus Hallenberg) und Peter Guntermann aus Liesen bzw. Hesborn. Schreiber dokumentiert die Quellenlage und verweist auf einzelne Archive. Der Beitrag enthält eine detaillierte Zeittafel zu den Hexenprozessen im Amt Medebach, die den Zeitraum von 1521/1522 bis 1717 umfasst. Zahlreiche Bildbeigaben und ein Faksimiledruck des ältesten Hexenprozesses aus dem kurkölnischen Sauerland ergänzen den Text. Hallenberg, Medebach, Schmallenberg, Winterberg u.a. Anm Arch Lit Qu SCHREYER, ALF (1978): Aus der Zeit der Hexenverfolgung. Gretje Offen aus Klein-Hansdorf wird 1667 gefoltert und verbrannt. In: Unsere Heimat – die Walddörfer 16, 13f.; 30f.; 54f. In einer allgemeinen Einführung skizziert Schreyer den Verlauf der Hexenprozesse vom Beginn bis zur allmählichen Abnahme der Verfolgungen und kommt in diesem Rahmen sowohl auf Befürworter als auch auf Gegner der Hexenprozesse zu sprechen. Anhand des Falles der Gretje Offen (1667) werden der Ablauf des Verhörs sowie die Vorgehensweise im Zuge eines Hexenprozesses beschrieben. Es finden sich Passagen aus dem Fragenkatalog, Aussagen der Angeklagten sowie Auszüge aus einer Resolution, die der Amtsschreiber von Gottorp erhielt. Schreyer stützt sich auf Originalakten aus dem Archiv in Schloss Gottorp. Tremsbüttel, Steinhorst Arch Qu SCHRÖCK, GUNDA (1983): „So ich aber mit dem Satan auff der Domsheide buhlte“. Von Bremer Hexenprozessen. Bremen. Schröcks lokalgeschichtliche Darstellung bietet zunächst einen kurzen Einblick in den Gesamtzusammenhang der Hexenverfolgung. Der größere Anteil des Buches beschäftigt sich jedoch mit der Hexenverfolgung in Bremen, wobei Schröck aus den Akten rekonstruierte Prozessverläufe beschreibt. Der Text wird durch zahlreiche Abbildungen illustriert, unter denen sich zwei Faksimileseiten aus den Originalakten befinden. Bremen Arch Lit Qu SCHULTE, ROLF (2000): Hexenmeister. Die Verfolgung von Männern im Rahmen der Hexenverfolgung von 1530–1730 im Alten Reich. Frankfurt/Main u.a. (= Kieler Werkstücke Reihe G: Beiträge zur Frühen Neuzeit 1). Die Studie beschreibt das Phänomen der „männlichen Hexe“ sowohl auf qualitativer als auch auf quantitativer Ebene. Dafür werden die Ergebnisse zur Geschlechterverteilung in der Hexenverfolgung aus Mikro- und Regionalstudien zusammengetragen. Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik widmet sich der Verfasser einer Gegenüberstellung der Regionen Holstein/Sachsen-Lauenburg und Kärnten. Beide Territorien weisen große Unterschiede in der Verfolgungspraxis auf. Während in Kärnten mehrheitlich Männer verfolgt wurden, beträgt der

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Männeranteil in Holstein lediglich 11,9 Prozent. Kurze Paraphrasen einzelner Hexenprozessverfahren sowie zahlreiche teilnormalisierte Auszüge aus Quellen ergänzen den Text. Lübeck, Ratzeburg Anm Arch Lit Qu SCHULTE, ROLF (2001): Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein vom 16.–18. Jahrhundert. Heide. Rolf Schultes Untersuchung zu Hexenverfolgungen im frühneuzeitlichen SchleswigHolstein basiert auf einem breiten Quellenkorpus, das unter anderem Prozessakten, Brücheregister, Urfehdensammlungen, Amtsrechnungen und Urteilsbücher umfasst. Quellenzitate sind dem heutigen Sprachstand angepasst. Nach einer Einführung anhand von zahlreichen Fallbeispielen erläutert Schulte die weltanschauliche Grundlage der Hexenverfolgungen in SchleswigHolstein, indem er regionale Hexenverfolger und Verfolgungsgegner sowie ihre Werke darstellt. Es folgen Ausführungen zu den Rechtsgrundlagen und zur Rechtspraxis sowie zum typischen Verfahrensverlauf, an die sich eine quantitativ-statistische Auswertung der Quellen anschließt. Eckernförde, Flensburg, Meldorf, Oldesloe u.a. Anm Arch Lit Qu SCHULZE, TRAUGOTT (1961): Hexenprozeß in Oldenburg 1577. In: Jahrbuch für Heimatkunde im Kreis Oldenburg, Holstein 5, 63–70. Schulzes Beitrag fußt auf den Urgichten von fünf vor dem Oldenburger Rat wegen Hexerei angeklagten Frauen aus dem Jahr 1577. Der Autor gibt zunächst eine allgemeine Einführung in Hintergründe und Inhalte der Quellen, wobei er insbesondere auf die Rolle des Amtmanns Diedrich Blome aufmerksam macht, der nach den Bekenntnissen der Angeklagten eines der Hauptziele ihres Schadenszaubers gewesen ist. Im Anschluss daran sind die fünf in niederdeutscher Sprache abgefassten Urgichten abgedruckt. Oldenburg Qu SCHWERHOFF, GERD (1994): Hexerei, Geschlecht und Regionalgeschichte. Überlegungen zur Erklärung des scheinbar Selbstverständlichen. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 325–354. Der Beitrag zum nordwestdeutschen Raum nennt Prozessopferzahlen und errechnet den Frauen- sowie den Männeranteil unter den hingerichteten Personen. Schwerhoff untersucht die Hintergründe und Verfolgungsmotive, die dazu beitrugen, dass vornehmlich Frauen von Hexereibezichtigungen betroffen waren. Köln, Lemgo, Minden, Osnabrück u.a. Anm Lit SEEMANN, O. (1886): Über einige Hexenprozesse im Stift Essen. In: Karsch, J. (Hrsg.): Geschichte der evangelischen Gemeinde Rellinghausen. Essen, 111–131. Im Anschluss an einen kurzen Abriss zu Entstehung, Formen und Ausbreitung der Hexenverfolgung folgt die vollständige Edition eines Protokolls aus dem Jahr 1589 zum peinlichen Verhör von zwölf in Essen der Hexerei beschuldigten Personen. Daneben werden weitere

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Quellen aus dem Prozesszusammenhang (Urteile und Briefe) ediert. Alle Quellen werden sprachlich in möglichst unveränderter Fassung wiedergegeben. Essen Qu STEBEL, HEINZ-JÜRGEN (1969): Die Osnabrücker Hexenprozesse. Osnabrück. Stebels Dissertationsschrift stellt eine grundlegende rechtswissenschaftliche Arbeit zu den Osnabrücker Hexenprozessen dar. Nach einer allgemeinen historischen Einführung werden die straf- und verfahrensrechtlichen Aspekte anhand von Aktenmaterial und originalen Auszügen näher beleuchtet. Der Anhang enthält ein Transkript des Osnabrücker Hexenstatuts von 1639 und eine Auflistung aller „aktenmäßig nachweisbaren Osnabrücker Hexenprozesse“. Ein zweiter, unveränderter Nachdruck ist 1997 erschienen. Die dritte, durch Abbildungen ergänzte Auflage von 2003 enthält keine Anmerkungen und ist nicht für das wissenschaftliche Publikum gedacht. Osnabrück Anm Arch Lit Qu STODT, HANS (1999): „Alß die Zauberschen gerichtet …“ oder „Sehet da Werl, so vieler Hexenjäger Mutter!“ Hexenwahn und Zaubereiprozesse in Stadt und Amt Werl im 17. Jahrhundert (1628–1630, 1642/43, 1660). Ein Beitrag zur Sozialgeschichte Werls des 17. Jahrhunderts. In: Mitteilungen der Werler Arbeitsgemeinschaft für Familienforschung 20, Heft 1/2. Der Autor versteht seine sozialgeschichtliche Studie über die Werler Hexenprozesse als Beitrag zur genealogischen Forschung. Im Vordergrund steht die Erfassung von Namen und Angaben aller in der von ihm untersuchten Gerichtsakte Genannten sowie die soziologische Auswertung. Einen breiten Raum nimmt auch die Erörterung möglicher Ursachen der Werler Prozesswellen ein. Im zweiten Heft liegt der Schwerpunkt auf der Beschreibung des „Hexengerichts“ und den zwanzig in der Akte protokollierten Prozessen. Stodt stützt seine Ausführungen mit Paraphrasen und originalgetreuen Zitaten aus der Akte. Werl Anm Arch Lit Qu STÖWER, ULRIKE (2002): Zur Lemgoer Stadtsprache des 16. Jahrhunderts am Beispiel des Stadtschreibers Heinrich Wippermann. Ein Beitrag zur Erforschung des niederdeutschhochdeutschen Sprachwechsels im Weserraum. Hamburg. Ulrike Stöwers Dissertation basiert auf einem Korpus von Texten aus der Zeit von 1542– 1576, die sämtlich aus der Hand des Schreibers Heinrich Wippermann stammen. Neben Protokollen aus dem Lemgoer Stadtbuch, Hanseakten und städtischer Korrespondenz berücksichtigt Stöwer Auszüge aus einer umfangreichen Hexenprozessakte aus dem Jahr 1564, die eine Reihe von Protokollen der Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Elisabeth Bösendahl aus Horn umfasst. Einige Seiten aus der Akte werden im Anhang als Transkription wiedergegeben. Horn, Lemgo Anm Arch Lit Qu

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STRÖHMER, MICHAEL (2003): Von Hexen, Ratsherren und Juristen. Die Rezeption der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. in den frühen Hexenprozessen der Hansestadt Lemgo 1583–1621. Paderborn (= Studien und Quellen zur Westfälischen Geschichte 43). Anhand früher Hexenprozesse zwischen 1583 und 1621 untersucht der Autor das Verhältnis zwischen den normativen Vorschriften der Carolina und ihrer Umsetzung in Lemgo. Dabei wird exemplarisch die Funktion von Hexenprozessen bei der Bildung des frühmodernen Staates erörtert. Zweiunddreißig Gerichtsverfahren sind sorgfältig analysiert. In den Text ist eine Fülle von fragmentarischen Teilen aus Verhörprotokollen etc. eingebaut, der Wiedergabeduktus ist am Original orientiert. Es finden sich allerdings nur wenige zusammenhängende Textpassagen. Durch detaillierte Verweise auf die archivalische Herkunft dieser Zitate lassen sich bei Bedarf jedoch größere Zusammenhänge sprachlicher Art erschließen. Lemgo Anm Arch Lit Qu TARDEL, HERMANN (1938): Ein bremischer Hexenprozeß vom Jahre 1603. In: Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 16, 39–48. Der Autor beschreibt den Prozess gegen Gretke Kramers und Pellke Stubben (1603) und gibt die Aussagen der beiden angeklagten Frauen wieder. Er richtet sich dabei sowohl nach einer ins Hochdeutsche übertragenen handschriftlichen Vorlage Hermann Posts aus dem 18. Jahrhundert als auch nach den historischen Akten. Der ältere niederdeutsche Text enthält im Anschluss die Aussagen der Pellke Stubben. Mit Hilfe der Quellen belegt Tardel wesentliche Anklagepunkte und Elemente des Hexenglaubens. Die Quellenauszüge sind leicht normalisiert. Bremen Anm Arch Lit Qu TELLEN, A. (1910): Ein Hexenprozeß mit Ordalien in Füchtorf im Jahre 1590. Nach den Originalurkunden bearbeitet. In: Warendorfer Blätter für Orts- und Heimatkunde 9, 35f.; 39f.; 42. Der Autor beschreibt den Hexenprozess gegen den Kolon Johan N. (1590) und nennt weitere mit diesem Fall in Verbindung stehende Verfahren. Die Darstellung stützt sich auf Originalakten, aus denen die Bekenntnisse einzelner angeklagter Personen teils in stark modernisierter Form, teils auch paraphrasierend wiedergegeben werden. Füchtorf Anm Arch Qu TITZ-MATUSZAK, INGEBORG (1993): Zauber- und Hexenprozesse in Goslar. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 65, 115–160. Die Autorin stützt ihre Darstellung auf umfangreiches Quellenmaterial, in dem sich u.a. Chroniken, Tafelamtsrechnungen, Rechtsgutachten und Verhörprotokolle befinden. TitzMatuszak stellt anhand des verwendeten Aktenmaterials Belege für Hexenprozesse in der Stadt Goslar zusammen und verweist auf verfolgungsintensive und verfolgungsarme Perioden. Neben Prozessparaphrasen unterschiedlichen Umfangs enthält der Beitrag mehrere originale Quellenauszüge. Besonders detailliert wird auf den Fall der Cathrin Hartmann (1657–1662)

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eingegangen. Die Wiedergabe von Passagen aus den Zeugenvernehmungen sowie des Fragenkatalogs ergänzen die Ausführungen. Goslar Anm Arch Lit Qu TOBÜREN-BOTS, ILONA (1997): Aus einem berüchtigten Geschlecht geboren – Zwei Lüdinghauser Hexenprozesse und deren Spätfolgen. In: Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld 22, 57–84. Die Verfasserin stellt anhand originaler Quellen drei Lüdinghauser Hexenprozesse der Jahre 1624–1628 vor. Es sind dies die Verfahren gegen Anna Koppers, Maria Vorwick und Gerdraut Winckelman. Teilstücke aus der Urgicht der Anna Koppers sowie kleinere Aktenfragmente aus den beiden anderen Hexenprozessen ergänzen den Beitrag. Lüdinghausen Anm Arch Lit Qu TOPALOVIû, ELVIRA (2003a): Sprachwahl – Textsorte – Dialogstruktur. Zu Verhörprotokollen aus Hexenprozessen des 17. Jahrhunderts. Trier. Die Dissertation untersucht Osnabrücker Verhörprotokolle im Hinblick auf ihren rechtshistorischen Quellenwert und auf germanistische Fragestellungen (Sprachwahl, Textsortengeschichte, historische Dialogforschung, institutionelle Kommunikation). Die quellenkritische Auseinandersetzung mit der Konstruktion von Wirklichkeit in den untersuchten Protokollen anhand von unterschiedlichen Mitschriften, Reinschriften, Abschriften und Versendungsakten relativiert die Annahme einer objektiven Wiedergabe der Verhöre in den Akten. Der Text enthält Transkriptionen von zuvor unveröffentlichten Protokollen (Anna Ameldung und Anna Modemann 1636) sowie einige entsprechende Faksimiles. Im Anhang listet eine Tabelle alle der Hexerei angeklagten Frauen und Männer aus Osnabrück namentlich auf. Osnabrück, Trier Anm Arch Lit Qu Reg TOPALOVIû, ELVIRA (2003b): Konstruierte Wirklichkeit. Ein quellenkritischer Diskurs zur Textsorte Verhörprotokoll im 17. Jahrhundert. In: Moeller/Schmidt (Hrsg.) (2003), 56–76. Topaloviü setzt sich in ihrem Beitrag mit den unterschiedlichen Überlieferungsformen von Hexenverhörprotokollen (Mitschrift, Abschrift, Reinschrift, Versendungsakte) und ihrem Quellenwert auseinander. Auf der Grundlage der Osnabrücker Gerichtsakten zu den dortigen Hexenprozessen stellt sie die Merkmale von Protokollmitschriften und Protokollabschriften zusammen. Im Rahmen dieses quellenkritischen Ansatzes führt sie zudem vor, inwiefern die zeitgenössische juristische Bearbeitung der Protokolle oft manipulativen Charakter hatte. Zur Illustration der von ihr vorgenommenen textlinguistischen Merkmalbestimmung von Mitschrift versus Abschrift sind fünf Abbildungen von Originalseiten aus den Osnabrücker Gerichtsbüchern beigegeben. Osnabrück Anm Arch Lit Qu TOPALOVIû, ELVIRA (2004): „Ick kike in die Stern vndt versake Gott den herrn“. Versprachlichung des Teufelspaktes in westfälischen Verhörprotokollen des 16./17. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Augustin Wibbelt-Gesellschaft 20, 69–86.

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Anhand eines Vergleiches von Hexenverhörprotokollen aus 20 westfälischen Orten wird die regionalspezifische Ausprägung des Teufelspaktes diskutiert. Die westfälische Paktstruktur, die nicht nur symbolische, sondern auch sprachliche Besonderheiten zeigt, führt die Autorin zum einen auf juristische Vereinheitlichungstendenzen, zum anderen auf kulturhistorische Zusammenhänge zurück. Originalgetreue Ausschnitte aus Protokollen, Abbildungen und Tabellen unterstützen die Darstellung. Münster, Osnabrück, Recklinghausen, Wittgenstein u.a. Anm Arch Lit Qu TREICHEL, FRITZ (1968): Hexen und Zauberer in Schleswig-Holstein. In: Zeitschrift für niederdeutsche Familienkunde 43, 68–71. Treichel liefert zusätzliche Informationen zu den in anderen Jahrgängen derselben Zeitschrift bereits erschienenen Hexenregistern → Plöhn (1952), → Freytag (1953). Der Text liefert eine Liste aller Hinrichtungen, die im Zusammenhang mit Hexenprozessen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert in der Region stattgefunden haben. Sie enthält 109 Personen in alphabetischer Reihenfolge mit Namen, Jahreszahlen, Berufsstand und Andeutungen zum Prozessverlauf (soweit ermittelbar). Ein Nachtrag der Redaktion gibt 16 zusätzliche Opfer von Hexenprozessen im untersuchten Gebiet an. Angeln, Heiligenhafen, Lübeck, Rendsburg u.a. Anm TREICHEL, FRITZ (1978): Weitere Hexen und Zauberer in Schleswig-Holstein. In: Zeitschrift für niederdeutsche Familienkunde 53, 142–143. In Ergänzung zu → Plöhn (1952) und → Treichel (1968) liefert dieser Beitrag eine Liste von 47 zusätzlichen Opfern der Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein. Die alphabetische Auflistung gibt neben den Namen der betroffenen Personen die Jahreszahl und – soweit rekonstruierbar – auch den Ausgang der jeweiligen Prozesse an. Flensburg, Oldesloe, Rostock, Tönning u.a. Anm Lit TRUMMER, CARL (1844): Vorträge ueber Tortur, Hexenverfolgungen, Vehmgerichte, und andere merkwuerdige Erscheinungen in der Hamburgischen Rechtsgeschichte. Gehalten in der juristischen Section des geschichtlichen Vereins in Hamburg. Erster Band. Mit vielen bisher ungedruckten Urkunden und Criminalfaellen. Hamburg. Der zweite Beitrag in dieser umfangreichen Sammlung ist der Hexenverfolgung in Hamburg gewidmet (S. 96–160). Trummer zeichnet die Geschichte von einem ersten Fall im Jahr 1270 bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts nach. Die quellennahe Darstellung enthält zahlreiche Prozessparaphrasen und Informationen über die Hamburger Gerichtspraxis. Ein Quellenanhang bietet einige sprachlich unveränderte Aktenauszüge, u.a. eine Urgicht aus dem Jahr 1583. Der vorliegende Band ist insofern besonders interessant, als die Vorträge auf der Grundlage von Akten entstanden sind, die bei dem Hamburger Archivbrand im Jahr 1842 zerstört worden sind. Hamburg Anm Qu UNVERHAU, DAGMAR (1981a): Kieler Hexenfälle des 16. und 17. Jahrhunderts. Kiel.

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Unverhau gliedert ihre regionale Untersuchung in eine Fall- und Personenbeschreibung, ein alphabetisches Glossar zu den dargestellten Fallbeschreibungen und eine Bildbeschreibung des Stiches der „Justitia“ nach Brueghel d.Ä., die zur Illustration der Hexenstrafvollzugsprozesse dienen soll. Anschließend arbeitet die Verfasserin ein typisches Kieler Hexenbild heraus. In dieser Studie finden sich zahlreiche paraphrasierte Prozesse sowie einige Originalauszüge aus den Gerichtsakten. Kiel Anm Arch Lit Qu UNVERHAU, DAGMAR (1981b): Kieler Hexen und Zauberer zur Zeit der großen Verfolgung (1530–1676). In: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte 68, 41–96. Die Verfasserin gibt in ihrem Aufsatz zunächst eine Übersicht über Kieler Hexen- und Zaubereifälle im 16. und 17. Jahrhundert. Anhand ausführlicher Fallbeschreibungen, die durch zahlreiche (teils längere) Quellenzitate illustriert werden, arbeitet sie im Folgenden eine Typologie der frühneuzeitlichen Hexe heraus. In einem weiteren Schritt unternimmt die Autorin Deutungsversuche hinsichtlich der dem Hexenglauben zugrunde liegenden Realitäten. Kiel Anm Lit Qu UNVERHAU, DAGMAR (1983a): Akkusationsprozeß – Inquisitionsprozeß. Indikatoren für die Intensität der Hexenverfolgung in Schleswig-Holstein? Überlegungen und Untersuchungen zu einer Typologie der Hexenprozesse. In: Degn/Lehmann/Unverhau (Hrsg.) (1983), 59–142. Nach einer Einführung in die juristischen Grundlagen und die Rechtspraxis des 17. Jahrhunderts mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem Vergleich von Akkusations- und Inquisitionsprozess werden 45 Fälle von Zauberei- und Hexereibeschuldigungen auf ihre Prozessformen und Verfahrensrechte untersucht. Ein Ziel der Analyse liegt in der Erstellung einer (neuen) Typologie der Hexenprozesse, wobei sich die Arbeit als „Zwischenbericht“ versteht, in dem die Ergebnisse einer intensiven Quelleninterpretation zur Diskussion gestellt werden sollen. Unverhau bezieht sich auf eine frühere, grundlegende Untersuchung zu den Hexenverfolgungen in Schleswig-Holstein von → Heberling (1915), dessen Ergebnisse sie teils revidiert, teils ergänzt. Eine chronologische Übersicht der Fälle mit Angaben zu den Angeklagten, zur Prozesseinleitung, zu den Instanzen und Quellen sowie zu den Urteilen schließt die Arbeit ab. Bad Oldesloe, Bergedorf, Kiel, Mölln u.a. Anm Arch Lit Qu UNVERHAU, DAGMAR (1983b): Hexen aus Angeln. In: Journal für Geschichte 5, 68–70. Unter der Rubrik „Das kommentierte Dokument“ werden einige Aktenauszüge aus den Hexenprozessen gegen Sonje Markes und Maria Thiels (Kreis Angeln 1641) vorgestellt. Unverhau schildert die beiden Hexenprozesse zu einem mittels eines im Faksimile abgedruckten Aktenblattes sowie durch teilnormalisierte Ausschnitte aus der Besagung, einigen Zeugenaussagen

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und den Verhör- und Folterprotokollen. Dabei verweist sie besonders auf die Unterschiede zwischen den Anklagen der Bevölkerung und den späteren juristischen Klagepunkten. Flensburg Lit Qu UNVERHAU, DAGMAR (1984): Flensburger Hexenprozesse (1564/1607/08) – erneut betrachtet. Die Hexe als „Ärztin“? In: Grenzfriedenshefte, Heft 3/4, 171–187. Dagmar Unverhau erörtert 13 bekannte Flensburger Hexenprozesse, die erstmals von A. Wolff beschrieben wurden. Paraphrasen der einzelnen Verfahren werden durch Originalauszüge aus den niederdeutschen Quellen sowie durch zahlreiche Bildbeigaben unterstützt. Anhand der Prozesse bildet Unverhau die „Vielfalt der möglichen Hexentypen“ ab und sucht nach Hintergründen für die Verfolgung vermeintlicher Hexen. In die Betrachtung fließt zudem die Diskussion um die moderne Frauenbewegung und die (in der Hexenforschung umstrittene) Bedeutung der Hexe als kräuterkundige Frau mit ein. Flensburg Arch Lit Qu VOIGT, OTTO (1981): Das Hexenunwesen in Verden. In: Heimatkalender für den Landkreis Verden, 187–196. Otto Voigt stellt die Hexenprozesse in Stadt und Stift Verden zusammen. Die Veröffentlichung stützt sich auf Verdener Chroniken, zeitgenössische Berichte und Gerichtsprotokolle. Aussagen von angeklagten Personen sind fragmentarisch und in paraphrasierter Form in den Text eingearbeitet. Der Beitrag verweist zudem auf Befürworter und Gegner der Hexenverfolgung und geht auf das Ende der Hexenprozesse in Verden ein. Verden Anm Arch Lit Qu WALZ, RAINER (1992): Dörfliche Hexenprozesse in Lippe. Ein Vergleich zwischen ethnologischen und regionalgeschichtlichen Konzepten. In: Brakensiek, Stefan u.a. (Hrsg.) (1992): Kultur und Staat in der Provinz. Perspektiven und Erträge der Regionalgeschichte. Bielefeld (= Studien zur Regionalgeschichte 2), 281–314. Walz sieht als Erklärung der Hexenverfolgungen im Raum Lippe einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Entwicklungen und calvinistischen Disziplinierungsversuchen. Systematisch gibt der Beitrag zunächst einen kurzen Forschungsüberblick und wendet sich dann konkreten Konfliktkonstellationen in der dörflichen Gemeinschaft zu. Typische Klischees von Hexen (Drohungen oder Verwünschungen, Anwendung alltagsmagischer Praktiken, Heilerinnen/Hebammen, Abweichlerinnen) kann Walz für den untersuchten Raum in der Regel nicht bestätigen. Die Hauptfunktion der lippischen Hexenprozesse scheint vielmehr eine Kontingenzreduktion gewesen zu sein, vor allem natürlich bei Schadenszauber-Vorwürfen. Detmold, Lemgo, Lippe, Lüdinghausen u.a. Anm Arch Lit Qu

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WALZ, RAINER (1993): Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der frühen Neuzeit. Die Verfolgungen in der Grafschaft Lippe. Paderborn (= Forschungen zur Regionalgeschichte 9). In einer allgemeinen Einführung verweist Walz auf die Hintergründe der europäischen Hexenverfolgungspraxis und stellt verschiedene Erklärungmodelle des Hexenglaubens vor. Die Studie ist interdisziplinär angelegt, wobei jedoch historische und soziologische Fragestellungen im Mittelpunkt stehen. In einer detaillierten Analyse bezieht Walz Stellung zu den Hexenprozessen in den ländlichen Gebieten der Grafschaft Lippe und vergleicht die Ämter Sternberg und Varenholz. Der Band enthält zahlreiche Schilderungen einzelner Verfahren, die durch teilnormalisierte Auszüge aus Verhörprotokollen gestützt werden. Die Prozesse gegen die Familien Wullf und Schoeff werden dabei genauer betrachtet. Karten, Grafiken und Tabellen geben Aufschluss über die untersuchte Region sowie die quantitative Ausprägung der Verfolgung innerhalb der einzelnen Ämter. Als Quellen dienen Prozessprotokolle, Visitationsakten und Traktate. Humfeld, Oerlinghausen, Sternberg, Varenholz u.a. Anm Arch Lit Qu WALZ, RAINER (1994): Kinder in Hexenprozessen. Die Grafschaft Lippe 1654–1663. In: Wilbertz/Schwerhoff/Scheffler (Hrsg.) (1994), 211–231. Walz zeigt an verschiedenen Beispielen, wie sich aus Hexereigerüchten im einfachen Volk, der Teufelsangst in gebildeten gesellschaftlichen Kreisen und der spielerischen Gegenwelt von Kindern auf unheilvolle Weise Kinderhexenprozesse entwickeln konnten. Mit kurzen originalgetreuen Zitaten aus den Prozessakten paraphrasiert der Autor vor allem die Prozesse und Folgeprozesse von Johan Hermans (Lemgo 1654), Trine Wehrman (1658) und Margarete Catherine Hoppe. Walz stellt fest, wie sehr die Spiel- und Arbeitswelt der Kinder mit magischen Vorstellungen durchsetzt war und welche fatalen Folgen harmlose Prahlereien (etwa mit Zaubersprüchen) selbst für Kinder haben konnten. Die Selbstbezichtigungen von Kindern wie teilweise auch von erwachsenen Frauen wertet der Verfasser dabei als (unbewussten?) Appell und die Bitte um mehr fürsorgliche Aufmerksamkeit. Bösingfeld, Detmold, Lemgo, Varenholz u.a. Anm Arch Lit Qu WALZ, RAINER (1996): Paradoxe Kommunikation – die dörflichen Hexenverfolgungen in Lippe. In: Hexenverfolgung im Rheinland (1996) Wd, 57–87. Walz analysiert die dörflichen Rituale im Umgang mit einer Hexe und versucht, die Denkstrukturen und Handlungsmöglichkeiten der damaligen Bevölkerung zu ermitteln. Es wird eine Verbindung zwischen den dörflichen Interaktionsmustern und der Durchführung von Hexenprozessen hergestellt. Walz dokumentiert einzelne Fälle von Hexereibezichtigung exemplarisch, wobei Auszüge aus Verhörprotokollen in den Text eingearbeitet sind. Als Quellen dienen Verhörprotokolle sowie Prozessschriften der Verteidiger. Oerlinghausen, Sternberg, Varenholz Anm Arch Lit Qu

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WEGENER, FRANZ (2004): Kelten, Hexen, Holocaust. Menschenopfer in Deutschland. Gladbeck. Wegener belegt anhand eines Fallbeispiels aus Westfalen seine These, dass die grundlegenden Strukturen der Hexenverfolgung keinesfalls nur auf einem „Missionseifer“ der katholischen Kirche basierten, sondern dass vielmehr eine Wiederaufnahme volksmagischer und vorchristlicher Praktiken der „Krisenbewältigung“ in den Prozessen zu erkennen sei. Unter Hinzuziehung verschiedener Opfertheorien zeichnet Wegener den Weg nach, der zur Ausformung der Hexenprozesse als „dörflichem Regulationsmechanismus“ geführt haben soll. Es finden sich mehrere Zitate aus Protokollen („Examinatio“), die dokumentieren sollen, dass die Hexenverfolgungen nicht ohne die Zustimmung der Bevölkerung hätten stattfinden können („Inquisition von unten“). Brauck (heute Gladbeck), Gladbeck Anm Lit Qu Reg WESSEL, GERHARD (1959): Das Strafrecht in der Herrschaft Brenken zwischen 1537 und 1802 unter Einschluß der in Fürstenberg im 17. Jahrhundert durchgeführten Hexenprozesse. Köln. Die rechtshistorische Dissertation beschäftigt sich in einem längeren Abschnitt (S. 21–30) mit der Hexenverfolgung im untersuchten Gebiet. Wessel vermutet, dass ein dualistisches Weltbild grundsätzlich die Entstehung von Hexenglauben begünstigt hat. Konkret skizziert der Autor zwei Fälle, nämlich die Prozesse von Meineke und Anneke Brielon (Fürstenberg 1659), seine Ausführungen ergänzt er durch einige Aktenauszüge in leicht modernisierter Fassung. Büren-Brenken, Fürstenberg Anm Arch Lit Qu WILBERTZ, GISELA (1978): Hexenprozesse und Zauberglaube im Hochstift Osnabrück. In: Osnabrücker Mitteilungen 84, 33–50. Die Autorin legt nach Prüfung der Quellen eine exakte Auflistung der einzelnen Prozesse mit Personenangaben, den Verfahrensschritten und dem Ausgang der Prozesse im Osnabrücker Land vor. Aus dem Verlauf und der geographischen und zeitlichen Verteilung der Prozesse leitet der Beitrag mögliche Ursachen für die Anklagen ab. Iburg, Reckenberg, Vörden, Wittlage u.a. Anm Arch Lit WILBERTZ, GISELA (1999): „… es ist kein Erretter da gewesen …“ Pfarrer Andreas Koch, als Hexenmeister hingerichtet am 2. Juni 1666. Lemgo. Die Veröffentlichung stellt den Hexereiprozess des Pfarrers Andreas Koch vor – laut Begleittext der einzige bislang bekannte Fall eines im Zuge der Hexenverfolgungen hingerichteten Pfarrers. Wilbertz zeigt auf, welche lokalgeschichtlichen Hintergründe für die Verhaftung Kochs sorgten. So hatte sich der Geistliche immer wieder mit mutigen Predigten gegen örtliche Unregelmäßigkeiten gewandt und öffentlich Zweifel an der grausamen Verhörpraxis in Lemgoer Hexenprozessen geäußert. Die Publikation enthält nur wenige kurze und modernisierte Zitate aus den Akten, aber einige Faksimiles, u.a. aus einer Schmähschrift von 1665 auf die Lemgoer Hexendeputierten sowie ein Schreiben des Angeklagten an den Landesherrn. Lemgo Anm Arch Lit Qu

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WILBERTZ, GISELA (2000): Familie, Nachbarschaft und Obrigkeit. Soziale Integration und Loyalitätskonflikte im Leben des Lemgoer Scharfrichters David Clauss d.Ä. (1628/29–1696). In: Wilbertz/Scheffler (Hrsg.) (2000), 247–307. Der Aufsatz skizziert die Lebensgeschichte des Lemgoer Scharfrichters David Clauss d.Ä. Das bislang trotz fehlender Quellenbelege weit verbreitete negative Bild des „Meister David“ soll anhand einer ausführlichen biographischen Quellenanalyse überprüft und korrigiert werden. Die Erkenntnisse über das Leben dieses einzelnen Scharfrichters werden ergänzt durch Schilderungen des Alltags frühneuzeitlicher Scharfrichter im Allgemeinen und der Lebenswelt im Lemgo des 17. Jahrhunderts. Zahlreiche fragmentarische Zitate aus Archivmaterial sind in die Darstellung eingearbeitet. Lemgo Anm Arch Lit WILBERTZ, GISELA; SCHEFFLER, JÜRGEN (2000): Biographieforschung und Stadtgeschichte. Lemgo in der Spätphase der Hexenverfolgung. Bielefeld (= Studien zur Regionalgeschichte 13; Beiträge zur Geschichte der Stadt Lemgo 5). Der Aufsatzband enthält 15 Beiträge von Wissenschaftlern der Universitäten Bielefeld und Paderborn. Mit Hilfe der Verknüpfung von Biographieforschung und Stadtgeschichte werden die Hexenprozesse von Lemgo als „normales Alltagsgeschehen“ (und nicht als extraordinärer „Wahn“) begriffen und als ein Aspekt von vielen, der zu einem komplexen Bild der Stadt im 17. Jahrhundert beiträgt. Die ersten vier Beiträge bilden das theoretische Fundament für die „Lemgoer Biographien“, die im zweiten Teil das Leben und die Lebenswelt Lemgoer Frauen und Männer des 17. und 18. Jahrhunderts beleuchten. Die Hexenverfolgungen selbst spielen dabei oft nur eine marginale Rolle. Ausführlicher thematisiert werden sie in drei Aufsätzen: → Bender-Wittmann (2000), → Rügge (2000) und → Wilbertz (2000). Lemgo Anm Arch Lit Reg WILBERTZ, GISELA; SCHWERHOFF, GERD; SCHEFFLER, JÜRGEN (Hrsg.) (1994): Hexenverfolgung und Regionalgeschichte. Die Grafschaft Lippe im Vergleich. Bielefeld (= Studien zur Regionalgeschichte 4; Beiträge zur Geschichte der Stadt Lemgo 4). Der Sammelband enthält Regionalstudien, die sich auf den nordwestdeutschen Raum beschränken. Folgende Aufsätze sind einzeln aufgenommen: → Ahrendt-Schulte (1994), → Bender-Wittmann (1994a), → Bender-Wittmann (1994b), → Koppenborg (1994), → Meier (1994), → Oestmann (1994), → Schwerhoff (1994) und → Walz (1994). Lemgo, Lippe Anm Arch Lit Qu WOLFF, A. (1887): Flensburger Hexenprozesse. In: Aus Flensburgs Vorzeit. Beiträge zur Geschichte der Stadt, Heft 1, 17–37. Nach einer allgemeinen historischen Einleitung wendet sich Wolff den Hexenprozessen in Flensburg zu, die relativ früh enden (letzte Hinrichtung im Juli 1620). Besondere Beachtung findet das Schicksal von vier 1607 und 1608 wegen Zauberei angeklagten Frauen. Um den Lesern einen Einblick in die Gerichtsakten zu geben, sind in einem Anhang die Geständnisse

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von Kristina Netelers und Anna Kockes ediert. Weitere originalgetreue Auszüge u.a. aus dem Diarium Flensburgense finden sich in den Anmerkungen. Flensburg Anm Lit Qu ZUHORN, WILHELM (1902): Ein Warendorfer Hexenprozess. Mitgeteilt vom Amtsgerichtsrat Zuhorn. In: Warendorfer Blätter für Orts- und Heimatkunde. Extra-Beilage zum Neuen Emsboten, Heft 1/2, 2f.; 7. Es handelt sich bei diesem Quellentext um einen Auszug aus der Akte von Gertrud van Gelderen, die 1551 der Hexerei angeklagt, verhört und hingerichtet wurde. Der in niederdeutscher Sprache verfasste Text bezieht sich hauptsächlich auf Schadenszauber-Aktivitäten, welche die vermeintliche „Molkentöwersche“ („Milchzauberin“) ihrer (wahrscheinlich erzwungenen) Aussage nach ausgeübt haben soll. Warendorf Anm Arch Qu

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BARTSCH, KARL (1880): Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg. Zweiter Band: Gebräuche und Aberglaube. Wien. Das Kapitel „Hexen“ enthält Auszüge aus dem Rostocker Kriminalgerichtsbuch des 16. Jahrhunderts. Beginnend mit dem Jahr 1543 findet sich eine chronologische Zusammenstellung von Hexenprozessen. Die Einträge setzen sich bis in das Jahr 1586 fort und umfassen unter anderem die Prozesse gegen Margaretha Gudowen (1576), Anneke Swarten (1584) und Anneke Tengels (1584). Die Informationen zu den einzelnen Verfahren sind unterschiedlich umfangreich. Passagen aus der Originalquelle wechseln mit Paraphrasen des Autors. Im Mittelpunkt stehen die Aussagen der Angeklagten sowie Zauber- und Bötensprüche. Güstrow, Rostock Anm Qu BEESE, MARIANNE (1993): Ketzerbewegungen und Hexenverfolgung in Rostock. In: Beese, Marianne (Hrsg.) (1993): Frauen in der Geschichte Rostocks [Erweiterte Fassung]. Rostock, 20–23. Marianne Beese skizziert exemplarische Hexenprozesse in Rostock und Umgebung. Dabei geht sie auf mögliche Gründe für die Hexenverfolgungen ein und nennt typische Geständnisse der Beschuldigten. Sie erklärt des Weiteren die Methode der Hexenprobe und stellt die historische Entwicklung der Versuche dar, sich gegen die Prozesse zu wehren und diese zu kritisieren. Rostock Lit BEYER, CARL (1903): Kulturgeschichtliche Bilder aus Mecklenburg. Zauberei und Hexenprozesse im evangelischen Mecklenburg. Berlin (= Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen 6). Beyer skizziert einzelne Punkte, die er für die Entwicklung des Hexenglaubens verantwortlich macht. Er skizziert das Alltagsleben der Bauern und beschreibt Bräuche, die mit dem Aberglauben in Verbindung stehen. Der Text greift typische Motive des Hexereiglaubens auf und verweist auf deren Hintergründe. Innerhalb des Textes finden sich zahlreiche Verweise auf Quellen. In einem Anhang sind zum Teil modernisierte Auszüge aus Prozessakten und weitere Quellen zusammengestellt. Neubrandenburg, Ribnitz, Rostock u.a. Lit Qu BOLL, ERNST (1855): Geschichte Meklenburgs mit besonderer Berücksichtigung der Culturgeschichte. Erster Theil. Neubrandenburg. In diesem allgemeinen Werk zur Geschichte Mecklenburgs findet sich im Kapitel „Die Hexenprocesse“ (S. 282–306) eine Auflistung der Verfahren, die in der Region in den Jahren von 1563–1675 durchgeführt wurden. Als Quellen dienen unter anderem die Rostocker Chronik und die Schweriner Jahrbücher. Boll verweist auf die quantitative Konzentration von Prozessen und sieht die Kirche als Urheber der Hexenverfolgung. Zum Teil werden einzelne Verfahren exemplarisch beschrieben. Zahlreiche Auszüge aus Traktaten ergänzen den Text. Rostock, Schwerin, Stuer, Wittenberg u.a. Anm

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BOLL, FRANZ (1875): Chronik der Vorderstadt Neubrandenburg. Neubrandenburg. Das Kapitel „Neubrandenburgs schwere Unfälle im siebenzehnten Jahrhundert“, das vorwiegend Katastrophen wie Pest, Krieg und Feuersbrünste beschreibt, enthält als „Anlage 1“ die Schilderung eines Prozessverlaufes im Fall Anna Arendt, der durch modernisierte Originalauszüge aus in Privatbesitz befindlichen Akten ergänzt wird. Die Auszüge umfassen den Fragenkatalog und die Antworten der Angeklagten sowie Auszüge aus der Briefkorrespondenz im Umfeld dieses Hexenprozesses aus der Feder der geistlichen und weltlichen Autoritäten. Trotz des Drängens auf einen zügigen Verlauf und Abschluss des Verfahrens zieht sich der Fall Arendt von 1678 bis 1680 hin. Er endet, den abrupt abbrechenden Akten zufolge, vermutlich mit einer Freilassung. Neubrandenburg Anm Arch Lit Qu BOMANN, CORINA (1997): Parchimer Hexengeschichten. Hexenverfolgung in und um Parchim in den Jahren 1563–1683. Teil 1. Parchim. Die Autorin setzt sich in einem ersten allgemeinen Teil mit dem Hexenglauben auseinander. In einem zweiten speziellen Teil finden sich neben Informationen zu den Hexenprozessen in Parchim auch zahlreiche Prozessbeschreibungen unterschiedlichen Umfangs. Laut Bomann lassen sich für die Jahre von 1563–1683 insgesamt 20 Prozesse und Anzeigen wegen Hexerei in dieser Stadt nachweisen. Der Darstellung liegen Originalakten zugrunde, die größtenteils im Stadtarchiv Parchim und dem Mecklenburgischen Landeshauptarchiv aufbewahrt werden. In den Prozessbeschreibungen wird fragmentarisch aus den Originalakten zitiert. Parchim Anm Arch Lit Qu BREDTHAUER, WALTER (1956): Hexenglaube und Hexenverfolgung in unserer Heimat. In: Unsere Heimat 12, 363–366. Walter Bredthauer liefert in seinem Artikel einen summarischen Bericht über die Prozesse in Perleberg. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dabei den Prozessen von 1565. In Ergänzung zu einem kurzen, modernisierten Protokollauszug nennt er die Namen der wegen Hexerei angeklagten und verbrannten Personen. Um einen Überblick über die Hexenprozesse der benachbarten Städte und Dörfer zu bekommen, stellt der Autor einige Opferzahlen aus Sterberegistern zusammen. Außerdem führt er einen teilnormalisierten Auszug aus einem Prozessprotokoll der Peterschen von Losenrade von 1663 auf. Brandenburg, Neuruppin, Perleberg, Schwerin u.a. Lit Qu CORDSHAGEN, CHRISTA (1984): Hexenprozesse in Mecklenburg. In: Schweriner Blätter 4, 68– 72. Christa Cordshagen erwähnt einleitend einen Kinderhexenprozess des Jahres 1694, in dem die Geschwister Christoph Bartels und Liesche Bartels angeklagt waren. Ausgehend von diesem Verfahren geht Cordshagen allgemein auf Hexen- und Kinderhexenprozesse in der untersuchten Region ein. In ihren kurzen Ausführungen verweist sie auf verfolgungsintensive und verfolgungsarme Zeiträume in Mecklenburg. Demnach kam es während des Dreißigjährigen

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Krieges kaum zu Hexenprozessen, wohingegen sich für das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts ein Höhepunkt bei den Verurteilungen feststellen lässt. Wendelstorf Arch Lit EHLERS, INGRID (1986): Über den Glauben an Hexen und Zauberer und ihre Verfolgung im Rostock des 16. Jahrhunderts. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock 6, Neue Folge, 21–40. Ingrid Ehlers Beitrag basiert auf Quellen aus dem Stadtarchiv Rostock. Darunter befinden sich unter anderem die Ordelbücher der Jahre 1508–1586 sowie verschiedene Chroniken. Neben einem Exkurs zum theoretischen Kern des Hexenglaubens finden sich Angaben zum historischen Kontext der Hexenverfolgung. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen jedoch die Prozessaussagen von Hexen und Zauberern in Rostock. Ehlers zitiert fragmentarisch aus dem Aktenmaterial und belegt mit Hilfe der Aussagen wesentliche Elemente des Hexenglaubens. Drei Holzschnitte und zwei exemplarische Faksimiledrucke ergänzen den Text. Rostock Arch Lit EHLERS, INGRID (1995): Der Fall Anna Gribbenis. Ein mecklenburgischer Hexenprozeß aus dem Jahr 1667. In: Pelc, Ortwin (Hrsg.) (1995): 777 Jahre Rostock. Neue Beiträge zur Stadtgeschichte. Rostock (= Schriften des Kulturhistorischen Museums in Rostock 2), 109–118. Ingrid Ehlers hat in diesem städtegeschichtlichen Beitrag die Kriminalakten des Falles Anna Gribbenis aus dem Jahr 1667 ausgewertet. Es handelt sich dabei um einen acht Monate andauernden Hexenprozess, der minuziös protokolliert wurde und in seiner vollständigen Überlieferung in Rostock offenbar einmalig ist. Der Text enthält den Urteilsentwurf im Faksimile sowie Auszüge aus Zeugenaussagen und Verhören in freier Wiedergabe. Rostock Anm Arch Lit ENDERS, LIESELOTT (1992): Die Uckermark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert. Weimar (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam 28). Enders widmet ein Kapitel (S. 269–281) ihrer umfangreichen Geschichte der Uckermark dem Thema „Volksglaube und Volksmagie“ und gibt darin auf der Grundlage der Brandenburger Schöppenstuhlsakten paraphrasierend und unter Einbezug kurzer Originalzitate den Verlauf zahlreicher Hexenprozesse des ausgehenden 16. Jahrhunderts wieder, darunter ausführlich die Prozesse gegen Walborg Rudow aus Herzfelde (1572), gegen einige Frauen in Lützlow (1572/1581) und Sanna Krüger in Templin (1592). Herzfelde, Lützlow, Templin Anm Arch Lit Qu Reg HAALCK, JÖRGEN (1966): Rostocker Hexenprozesse des 16. Jahrhunderts. In: Rostocker Beiträge. Regionalgeschichtliches Jahrbuch der Mecklenburgischen Seenstädte 1, 79–88. Der Beitrag beginnt mit allgemeinen Beobachtungen zu den Ursprüngen der Hexenverfolgung in der mittelalterlichen Ketzerverfolgung und zu deren geistigen und rechtlichen Grundlagen. Den Hauptteil bildet die Darstellung einzelner Rostocker Hexenprozesse des 16. Jahrhun-

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derts in chronologischer Folge, vom vermutlich ersten Prozess im Jahre 1532 bis zu den letzten durch Aktenmaterial belegten Prozessen im Jahre 1586. Rostock Anm Lit HAALCK, JÖRGEN; TROTZ, NORBERT (1964): Die Hexenverfolgung in der Spruchpraxis der Rostocker Juristenfakultät. Eine Studie zur Universitätsgeschichte. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 13, Heft 2/3, 227–237. Einleitend umreißen die Verfasser die gesellschaftlichen Hintergründe der Hexenverfolgung. Daran anknüpfend stellen sie dar, dass die Rostocker Juristenfakultät durch ihre Sprucharbeit in Strafsachen auch in die Hexenprozesse eingeschaltet wurden. Anhand von vorhandenen Archivalien vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts untersuchen Haalck und Trotz die Haltung der Fakultät. Rostock Anm Lit HARMENING, DIETER; RUDOLPH, ANDREA (Hrsg.) (1997): Hexenverfolgung in Mecklenburg. Regionale und überregionale Aspekte. Dettelbach (= Quellen und Forschungen zur europäischen Ethnologie 21). Die Sammlung von sechzehn Beiträgen unterschiedlicher Provenienz behandelt verschiedene Aspekte des Hexereiwesens in regionaler und anderer Perspektive. So finden sich neben Aufsätzen zur Eigenart weißer Magie und Ähnlichem auch gebietsbezogene Darstellungen. Besondere Bedeutung kommt Mecklenburg zu. Zwei Darstellungen sind im Zusammenhang dieser Bibliographie gesondert aufgeführt worden → Rösler (1997), → Rudert (1997). Anm Arch Lit Qu KRÜGER, GEORG (1923): Eine Gerichtsverhandlung wegen Zauberei. In: Mecklenburg. Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg 18, Heft 2, 30–32. Georg Krüger paraphrasiert in seinem Beitrag den Prozess gegen Anna Schmied (Ramelow 1659). Die Zeugenaussagen spiegeln eine Mischung aus Kontingenzbewältigung und einem generellen Unbehagen gegenüber der Verdächtigten wider: Wann immer man der Witwe ein Almosen abgelehnt hatte, stellten sich wenig später vermeintliche Schadenszauber wie plötzliche Krankheiten bei Mensch und Tier ein. Die Veröffentlichung stützt sich auf Originalakten, aus denen zwei kurze, normalisierte Auszüge stammen. Basedow, Ramelow Arch MOELLER, KATRIN (2002): „Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden.“ Hexenverfolgung im protestantischen Nordostdeutschland. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002) Wd, 96–107. Katrin Moeller untersucht die These, dass Hexenverfolgungen in protestantischen Gebieten in geringerem Maße vorkamen als in katholischen Regionen. Hierzu erörtert sie zum einen die Aussagen protestantischer Gelehrter, zum anderen untersucht sie die tatsächlichen Hexenprozesse der protestantischen Landstriche. Eine tabellarische Darstellung zur Intensität der Hexenverfolgungen in Mecklenburg, Schleswig-Holstein und Vorpommern dokumentiert die teilwei-

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se sehr rege Hexenverfolgung in den protestantischen Gebieten. Zur Verdeutlichung schildert die Autorin einen Hexenprozess aus Glasewitz bei Güstrow, den Fall der Anna Polchow aus dem Jahre 1623. Güstrow, Quedlinburg, Stralsund Anm Arch Lit PAULUS, NIKOLAUS (1910): Hexenwahn und Hexenprozeß vornehmlich in Mecklenburg. Freiburg/Breisgau u.a. Paulus zeichnet in seinem Aufsatz die Geschichte der Hexenverfolgungen in Mecklenburg vom Mittelalter bis zum Ende des 17. Jahrhunderts nach. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Darstellung des theoretischen Diskurses zur Hexereiproblematik im Mecklenburg des 16. und 17. Jahrhunderts. Er untersucht die Haltungen zahlreicher Prediger aus dem Raum Mecklenburg und stellt eine Reihe von Schriften vor, z.B. die Hexenschrift Johann Jacob Gödelmanns aus dem Jahre 1591, die „Laienbibel“ Nikolaus Gryses aus dem Jahr 1604 oder die Schrift Petrus Tornovius' aus dem Jahr 1711. Rostock Anm Lit Reg RAUMER, GEORG WILHELM VON (1841): Actenmäßige Nachrichten von Hexenprozessen in der Mark Brandenburg vom sechzehnten bis ins achtzehnte Jahrhundert. In: Märkische Forschungen 1, 236–265. Von Raumer stellt Hexenprozesse der untersuchten Region für den Zeitraum von 1545– 1728 zusammen. Der Beitrag stützt sich offenbar auf Originalquellen, die briefliche Korrespondenzen und Gutachten aus dem Umfeld der Hexenprozesse enthalten, ein Teil der Korrespondenzen ist in den Text eingearbeitet. Von Raumer paraphrasiert die Aussagen der Angeklagten und stellt neben dem Tatbestand der Hexerei auch Verbrechen, wie das Giftmischen, im Rahmen der Verfahren fest. Blantkow, Brandenburg, Neuruppin, Wittstock u.a. Qu RÖSLER, IRMTRAUD (1987): Zu sprachlichen Interferenzen in den Verhörprotokollen der mecklenburgischen Kanzleien im 16./17. Jahrhundert. In: Große, Rudolf (Red.) (1987): Zur jüngeren Geschichte der deutschen Sprache. Beiträge zum internationalen Kolloquium „Sprache in der sozialen und kulturellen Entwicklung. Zum 100. Geburtstag von Theodor Frings vom 22. bis 24. Juli 1986 in Leipzig. Leipzig, 37–47. Irmtraud Rösler widmet sich in ihrem Aufsatz der Entwicklung der Literatursprache. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Beeinflussung der in Mecklenburg verwendeten hochdeutschen Literatursprache durch das Niederdeutsche. Die Autorin gründet die Studie auf 85 Verhörprotokolle des 16. und 17. Jahrhunderts, die die Besonderheit aufweisen, mündlich in niederdeutscher Sprache geführt, aber auf Hochdeutsch schriftlich abgefasst worden zu sein. Der Beitrag stellt Interferenzen vor allem auf der lexikalischen Ebene vor und belegt diese anhand der Quellen. Anm Arch Lit Qu

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RÖSLER, IRMTRAUD (1997): „Ich soll als eine Zauberinne vorbrandt werden …“. Zur Widerspiegelung populären Zauberwissens in mecklenburgischen Hexenprozeßprotokollen und zur Sprachform der Verhörsprotokolle. In: Harmening/Rudolph (Hrsg.) (1997), 13–30. Diese sprachliche Analyse von Hexenprozessprotokollen legt einen Schwerpunkt auf soziolinguistische Aspekte. Die Autorin stützt sich auf Akten des Mecklenburgischen Landeshauptarchivs Schwerin, aus denen sie zahlreiche beispielhafte Auszüge in den Text einarbeitet. Der Aufsatz verweist auf einzelne niederdeutsche Elemente (Interferenz) in den protokollierten Aussagen der Beklagten und Zeugen und gibt Informationen zu dem Phänomen der funktionalen Alternanz. Als Belege werden unter anderem Böte- und Zaubersprüche in originaler Schreibe wiedergegeben. Crivitz, Hagenow, Meteln, Santow Anm Arch Lit Qu RÖSLER, IRMTRAUD (2004): „… dergleichen malefiz Persohn …“. Mecklenburgische Prozeßakten als Quellen sprachhistorischer Beobachtungen. In: George, Marion; Rudolph, Andrea (Hrsg.) (2004): Hexen. Historische Faktizität und fiktive Bildlichkeit. Dettelbach (= Kulturwissenschaftliche Beiträge 3), 19–34. Vor dem Hintergrund einer sprachhistorischen Betrachtungsweise widmet sich die Autorin mecklenburgischen Hexenprozessprotokollen. Im Mittelpunkt stehen onomaseologische Aspekte. Irmtraud Rösler geht ebenso speziell auf die Bezeichnungen für Hexereidelikte sowie für die Angeklagten und den Teufel ein. Die Studie stützt sich auf Originalquellen, aus denen fragmentarisch in originaler Schreibe zitiert wird. Anm Arch Lit Qu RUDERT, THOMAS (1997): Die Geschichte der Maria Otto aus Groß Dalwitz. Zu den Implikationen des Hexereivorwurfs in einem Mordprozeß des 17. Jahrhunderts in Mecklenburg. In: Harmening/Rudolph (Hrsg.) (1997), 79–118. An einem interessanten Einzelfall aus dem Jahre 1677/1678 wird vor Augen geführt, wie im Spannungsfeld verschiedener Machtkompetenzen innerhalb der Feudalbauernschaft die individuelle Existenz von Hexereiverdächtigen gefährdet werden konnte. Dabei wird der ländlich strukturierten Grundsituation, in der der Fall Maria Otto anzusiedeln ist, Rechnung getragen. In den Text und vor allem in den Anmerkungsapparat sind fragmentarische Zitate aus Verhörprotokollen und Ähnlichem weitgehend originalgetreu eingebaut. Groß Dalwitz Anm Arch Lit Qu SCHIRRMACHER, ELFRIEDE (1965): Ein Hexenprozeß in Freienwalde. In: Heimatkalender für den Kreis Bad Freienwalde 9, 41–43. Im Mittelpunkt des kurzen Beitrags von Elfriede Schirrmacher steht die Abschrift eines Briefes (1644), den Amtsschreiber, Richter und Schöffen der Stadt Freienwalde an die Juristenfakultät in Frankfurt/Oder geschrieben haben. Er enthält Angaben mit fragmentarischen Zitateinschüben (orthographisch angepasst) zu einer Hostienschändung der Ursula Heinrichs (Hensel). Bad Freienwalde Qu

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SCHNEIDER, PETER (1996): Hexenwahn – Hexen und Hexenprozesse in Schwerin. Schwerin. Die Monographie gibt zunächst einen allgemeinen Überblick zur Hexenverfolgung, um dann den Hexenglauben in Schwerin vom 14.–17. Jahrhundert zu skizzieren. In einer z.T. tabellarischen Chronologie sind Prozesse, Urteile und Hinrichtungen aufgelistet. Die Publikation enthält Auszüge aus dem Verhörprotokoll Anna Rukits (um 1604) und Ilse Grieshagen (1668) in modernisierter Form. Der Autor weist darauf hin, dass es sich beim zugrunde liegenden Aktenmaterial offenbar um saubere Abschriften zur Aktenversendung handelt. Schwerin Arch Lit Qu SEEGER, ANNELORE (1982): Hexenprozesse in und um Neubrandenburg. In: Neubrandenburger Mosaik. Heimatgeschichtliches Jahrbuch des Bezirkes Neubrandenburg, 10–18. Die Autorin umreißt kurz exemplarische Prozessverläufe aus Neubrandenburg und Umgebung und schildert die Verfolgung einiger namentlich genannter Personen, die Opfer der „planmäßig angelegten Justizmorde“ geworden sind. Akten aus dem Staatsarchiv Schwerin entnimmt sie den Fall der Elisabeth Haker, dessen Urteil aus dem Jahre 1650 abgedruckt ist. Brunn, Greifswald, Neubrandenburg, Schwanbeck u.a. Anm Arch Lit SOLTWEDEL, ANNALIESE (1997): Der Prozeß der Catarina Schley. In: Güstrower Jahrbuch 1997, 207–210. Die Autorin beschreibt anhand von Originalquellen den Hexenprozess gegen Catarina Schley (Güstrow 1664). Neben einer Skizzierung des Verfahrensverlaufs enthält der Beitrag auch Hinweise auf weitere Anklagen, die mit diesem Prozess in Verbindung stehen. Kurze Zitate aus dem Aktenmaterial sind in Form einzelner Sätze in den Text eingearbeitet. Güstrow Arch STOJENTIN, MAX VON (1898): Aktenmäßige Nachrichten von Hexenprozessen und Zaubereien im ehemaligen Herzogtum Pommern. In: Beiträge zur Kulturgeschichte. Ergänzungshefte zur Zeitschrift für Kulturgeschichte 2, 18–44. Stojentin berichtet am Ende seines Aufsatzes kurz über einen Hexenprozess aus Greifswald, der sich dort im Jahre 1612 zutrug. Dieser soll als Beispiel dafür dienen, wie eine einzige vom Hexenwahn ergriffene Person einer ganzen Gruppe von Menschen den Tod bringen konnte. So fasst der Autor den Fall zunächst zusammen, um dann eines der Gesuche der Klägerin an den Herzog wörtlich anzuführen. Greifswald Anm Arch Lit Qu STÖLZEL, ADOLF (1901): Urkundliches Material aus den Brandenburger Schöppenstuhlsakten. 4 Bände. Berlin. Stölzels umfangreiche Edition der Brandenburger Schöppenstuhlsakten der Jahre 1432– 1807 enthält unter anderem zahlreiche Rechtsfragen und Sprüche zu Zauberfällen. Daneben sind auch vereinzelt Protokolle von Hexenverhören wiedergegeben, darunter das Protokoll der in Schönhausen verhörten Eggertschen (1587), das der Cathrina Peters aus Perleberg (1588)

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und der Maria Vagts aus Seehausen (1633). Alle abgedruckten Dokumente stellen sprachlich möglichst originalgetreue Wiedergaben dar. Perleberg, Schönhausen, Seehausen Anm Arch Qu Reg VOGEL, OTTO (1901): Perlebergische Geschichten. Perleberg. Im ersten Kapitel seiner Perlebergischen Geschichten beschäftigt sich Vogel mit den Hexenprozessen in Perleberg. Nach einer allgemeinen Einführung in die geschichtliche Entwicklung des Hexenglaubens schildert er die ersten Perleberger Hexenprozesse im Jahre 1509, wozu er Originalauszüge aus den Schuldbekenntnissen der Angeklagten verwendet. Anhand von überlieferten Verurteilungen stellt der Autor fest, dass Perleberg häufig Rechtsberatung durch den „Schöppenstuhl“ in Brandenburg erfuhr. Modernisierte Auszüge aus einer Rechtsberatung von 1565 im Fall von fünf in Perleberg Angeklagten sind dem Artikel beigefügt. Angermünde, Freienwalde, Perleberg, Wittstock Anm Qu WAGNER, ANNALISE (1996): Hexenprozesse und Aberglauben in Mecklenburg. Neustrelitz (= Strelitzer Geschichte(n) 7). Bezogen auf Mecklenburg wird über allgemeine und regionalspezifische Aspekte der Hexerei und ihrer Verfolgung berichtet. In den Text sind bisweilen kürzere oder längere Passagen aus Originaldokumenten (z.B. aus Stellungnahmen der um Rat gefragten juristischen Fakultät zu Greifswald) eingebaut, die zum Teil normalisiert erscheinen. Strelitz, Weseberg Lit Qu

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ALTONA (1892): Aus den Akten des Reichskammergerichts. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 12, 909–913. In einem Abschnitt zur Stellung des Reichskammergerichts zu Hexenprozessen setzt es sich der Verfasser zum Ziel, auf der Grundlage eines Bittgesuches von Adolf Cramer das Bestreben des Reichskammergerichts, unschuldige Opfer der Hexenverfolgung vor falschen Verurteilungen zu bewahren, darzustellen. Da es im Regelfall einer vor dem Gericht angeklagten Person samt ihrer Verwandten kaum möglich war, ein normales Leben weiterzuführen, möchte Altona anhand dieses abgedruckten, exemplarischen reichskammergerichtlichen Mandats (1632) die differenzierte Herangehensweise des Gerichts beleuchten. Ein Auszug aus einer nachfolgenden Bittschrift aus dem Jahr 1641 soll den weiteren Verlauf des Falles Cramer veranschaulichen. Köln, Speyer Anm Arch Qu BACH, ADOLF (1923): Hexenprozesse in der Vogtei Ems. Nach den Akten des Staatsarchivs zu Wiesbaden. Bad Ems. Nach einer kurzen Einführung in den Aberglauben und in einige zentrale Begriffe der Zauberei wendet Adolf Bach sich den Emser Hexenprozessen zu. Diese gibt er sehr detailliert wieder, indem er Zeugenbefragungen, Verhörprotokolle und anderes Aktenmaterial paraphrasiert, oft aber auch originalgetreu zitiert. In dieser Weise schildert er einen Prozess von 1594, drei Prozesse von 1629 und zwei weitere aus dem Jahr 1631. In einem Nachwort weist der Autor auf mögliche wirtschaftliche und soziale Ereignisse hin, die zu den Emser Hexenverfolgungen geführt haben könnten. Ebenso erklärt er einige Verdachtsmomente wie Giftmischerei oder den so genannten „Bösen Blick“ aus zeitgenössischen Zusammenhängen. Bad Ems, Nassau Anm Arch Lit Qu BÁTORI, INGRID (1987): Die Rhenser Hexenprozesse der Jahre 1628 bis 1630. In: Landeskundliche Vierteljahresblätter 33, 135–155. Ingrid Bátori untersucht die erste Hexenprozesswelle, die in Rhens zwischen 1628 und 1632 stattgefunden hat. Ausgehend von den Fragen, wer ein Interesse an den Verfolgungen hatte, wer die Opfer waren und wie es zu Wellen der Hexenverfolgungen kommen konnte, analysiert Bátori einzelne Verhörprotokolle, Zeugenaussagen sowie Schriftwechsel aus dem Rhenser Aktenmaterial. Zahlreiche Aktenzitate z.B. aus den Fällen gegen Appolonia Lehmel und Margaretha Dreys geben einen Einblick in Verlauf und Charakter der Verfolgungen. Rhens Anm Arch Lit Qu BÁTORI, INGRID (1996): Schultheiß und Hexenausschuß in Rhens 1628–1632. Zum Ende einer Prozeßserie. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 195–224. Ingrid Bátori setzt sich in ihrem Beitrag mit den Hexenprozessen der Stadt Rhens auseinander, die hier für die Jahre 1628–1632 und 1645–1647 feststellbar sind. Im Mittelpunkt stehen die Ursachen, die zu einem – zumindest vorläufigen – Stillstand der Verfolgung führten. Neben Informationen zum kurfürstlich-kölnischen Gerichtsverfahren enthält der Beitrag auch Hinweise zur Bedeutung des Schultheißen sowie des Ausschusses in Hexereianklagen. Bátori geht detailliert auf den Fall der Margaretha Dreys (1629) ein und stützt ihre Angaben auf Quellen, die im Landeshauptarchiv Koblenz aufbewahrt werden. Es finden sich zahlreiche Passagen aus

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dem Aktenmaterial in originaler Schreibe. Dem Beitrag ist ein kurzer Anhang beigefügt, der die Vollmacht des Rhenser Hexenausschusses wiedergibt. Rhens Anm Arch Lit Qu BAUMGARTEN, ACHIM R. (1987): Hexenwahn und Hexenverfolgung im Naheraum. Ein Beitrag zur Sozial- und Kulturgeschichte. Frankfurt/Main u.a. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 325). Bei Achim Baumgartens Darstellung der Hexenverfolgung im Naheraum handelt es sich um eine Quellenstudie, die eine vollständige „Bestandsaufnahme des noch vorhandenen Quellenmaterials zum Hexenwahn in einem fest umrissenen Gebiet“ anstrebt. Der erste Teil bietet einen nach Herrschaften gegliederten Überblick über die Hexenprozesse im Untersuchungsgebiet. Baumgarten gibt jeweils Hinweise zur Quellenlage und zu den allgemeingeschichtlichen Hintergründen, bevor er an zahlreichen Fallbeispielen die Hexenverfolgung in den Teilregionen nachzeichnet. Im zweiten Untersuchungsteil sollen die gewonnenen Erkenntnisse an den bereits vorhandenen Erklärungsmodellen und Deutungsmustern geprüft werden. Beim dritten Teil handelt es sich um eine umfangreiche Sammlung der benutzten archivalischen Quellen. Auf insgesamt 240 Seiten werden dem Leser, wiederum nach Herrschaften gegliedert, Dokumente aus den Akten in edierter Form zum eigenen Studium bereitgestellt. Bingen, Gaugrehweiler, Neunkirchen/Nahe, Wallhausen u.a. Anm Arch Lit Qu BAUMGARTEN, ACHIM R. (1991): Die Hexenprozesse in der Wild- und Rheingrafschaft. In: Monatshefte für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 40, 53–102. Der Autor beschreibt zunächst die komplexen territorialen Verhältnisse der Wild- und Rheingrafschaft in Verbindung mit einer Ahnentafel der Grafen und einer Erläuterung der gerichtlichen Zuständigkeiten. Nach Archivhinweisen folgen Paraphrasen der Prozesse, die Baumgarten auf der Grundlage der Akten formuliert hat. Dabei versucht der Verfasser, die Ursachen der Verfolgung zu ergründen. Dhroneck, Gaugrehweiler, Hochstetten, Rhaunen u.a. Anm Arch Lit Qu BAUMGARTEN, ACHIM R. (1999): Neue Hinweise auf Hexenprozesse im Herzogtum Simmern. In: Hunsrücker Heimatblätter 39, 399–403. Der Autor stellt Hinweise auf Hexenprozesse im ehemaligen Herzogtum Simmern zusammen. Im Mittelpunkt steht ein neu entdecktes Schriftstück, das Verfahren gegen vermeintliche Hexen in der untersuchten Region für das 17. Jahrhundert belegt. Es handelt sich um ein Antwortschreiben des Simmerner Landschreibers Peter Lansser, in dem er die Aussagen einer der Hexerei beschuldigten Frau namens Appolonia (1643) wiedergibt. Anhand ihres Schicksalsweges glaubt Baumgarten, eine konsequente Instrumentalisierung der Hexenprozesse („Sozialhygiene“) sehen zu können. Simmern (Hunsrück) Anm Arch Lit Qu

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BECHTOLD, ARTHUR (1917): Hexen im bayrischen Lager bei Durlach. In: Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst und Sprache 44, 3. Folge, Band 8, 138–144. Der Artikel enthält ein Bittgesuch an den Fürsten um Ausrottung der Hexerei in Durlach von 1643: Eine sich ausbreitende Pferdekrankheit wurde „denn Hexen und Zauberern hero“ sowie der Hexerei verdächtigten Soldatenfrauen zugeschrieben. Die Quelle ist eingebettet in eine Kriegsberichterstattung, die möglicherweise auf eine vergleichbare Stelle in Grimmelshausens „Simplicissismus“ anspielt. Durlach Anm Arch Lit Qu BECKER, THOMAS P. (1996): Hexenverfolgung im Erzstift Köln. In: Hexenverfolgung im Rheinland (1996), 89–136. Die Veröffentlichung thematisiert das Ausmaß sowie die Dauer der Hexenverfolgungen in Kurköln und im Herzogtum Jülich. Becker verweist auf die quantitative Konzentration von Hexenprozessen innerhalb des Erzstifts und analysiert die Motive von Kettenprozessen und Massenhinrichtungen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage nach dem sozialen Hintergrund der Opfer. Zudem kommentiert Becker die Bedeutung der Obrigkeit bei der Durchführung von Hexenverfahren. Der Text wird durch Bildbeigaben, eine Karte, die die Dorf- und Hofsiedlung im Rheinland skizziert, sowie einen Abdruck der kurkölnischen Hexenprozessordnung von 1607 ergänzt. Als Quellen dienen Protokolle des Hofrates, Verhörprotokolle und Briefe. Becker beschreibt einige exemplarische Fälle von Hexereibezichtigung. Bonn, Jülich, Köln, Lechenich u.a. Anm Arch Lit Qu BECKER, THOMAS P. (2002): Hexenverfolgung im Amt Godesberg – eine Spurensuche. In: Godesberger Heimatblätter. Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Godesberg 40, 7– 20. Ohne auf Prozessakten aus dem kurkölnischen Amt Godesberg-Mehlem zurückgreifen zu können, geht Thomas P. Becker selbst kleinen Hinweisen nach, um die Namen der Personen zu vervollständigen, die der Hexenverfolgung zum Opfer fielen. In seinem Aufsatz gibt Becker dem Leser zunächst grundsätzliche Informationen zum Thema Hexenverfolgung an die Hand: die Diskrepanz zwischen dem traditionellen Magie- und Hexenglauben und dem Hexenwesen des 16. und 17. Jahrhunderts, die Elemente des Hexereideliktes, die geographische Ausbreitung der Hexenlehre, mögliche Triebfedern der Verfolgungen etc. Anschließend fügt er aus unterschiedlichsten Quellen ein Bild der Hexenverbrennungen in den jeweiligen Ämtern und Dörfern in Kurköln zusammen. Bad Godesberg, Mehlem Anm Arch Lit Qu

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BEIER-DE HAAN, ROSEMARIE; VOLTMER, RITA; IRSIGLER, FRANZ (Hrsg.) (2002): Hexenwahn. Ängste der Neuzeit. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung des Deutschen Historischen Museums. Berlin. Aus diesem Katalog sind folgende Aufsätze aufgenommen: → Franz (2002), → Fuge (2002), → Moeller (2002) Nod, → Voltmer (2002c), → Voltmer (2002d), → Voltmer (2002e), → Voltmer/Eiden (2002). Trier Anm Lit BELLINGHAUSEN, HANS (1924): Hexenprozesse in Winningen. In: Rheinische Heimatblätter, 9–12. Eine schriftliche Aufforderung zur Aufspürung aller „Zauberei-Laster“ von 1630 dokumentiert den Beginn der Hexenverfolgungen in Winningen. Um den allgemeinen Prozessverlauf zu demonstrieren, fasst der Autor die unter Folter erzwungenen und überlieferten Geständnisse der Opfer zusammen. So tritt auch die Ähnlichkeit der Geständnisse hervor. Zudem listet der Verfasser alle wegen Zauberei angeklagten und hingerichteten Personen chronologisch und mit kurzen Erläuterungen auf. Der abschließende teilnormalisierte Abdruck eines doppelten Todesurteils von 1647 verdeutlicht noch einmal die übliche Vorgehensweise der Winninger Justiz. Winningen Anm Arch Lit Qu BELLINGHAUSEN, HANS (1929): Rhens am Rhein und der Königsstuhl. Ein deutsches Heimatbuch. Koblenz. Die Veröffentlichung enthält in einem Kapitel zu den Rhenser Hexenprozessen eine Liste aller zu Rhens in den Jahren 1645–1647 wegen Hexerei beschuldigter Personen. Der Autor paraphrasiert die einzelnen Verfahren in unterschiedlichem Umfang. Seine Ausführungen wechseln mit normalisierten Quellenauszügen, unter denen sich u.a. ein Interrogatorium und eine Kostenaufstellung befinden. Besonders detailliert widmet sich Bellinghausen dem Schicksal der 1645 angeklagten Eltz, der Hausfrau von Tielen Seinerholtzen. Rhens Anm Qu BENDER-WITTMANN, URSULA (2002): Gender in der Hexenforschung. Ansätze und Perspektiven. In: Ahrendt-Schulte u.a. (Hrsg.) (2002) Nwd, 13–37. Kommentar siehe Nwd. Lemgo, Köln Anm Lit BLÉCOURT, WILLEM DE; WAARDT, HANS DE (1990): Das Vordringen der Zaubereiverfolgungen in die Niederlande. Rhein, Maas und Schelde entlang. In: Blauert (Hrsg.) (1990) Nwd, 182– 216. Kommentar siehe Nwd. Erkelenz, Geldern, Rheinberg, Viersen u.a. Anm Arch Lit

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BORN-SIEBICKE, GISELA; BREIT, ERNST; WIEGELMANN, ELMAR (2002): Die Hexenkönigin von Bruchhausen. Auf den Spuren der Anna Katharina Spee. Historischer Roman; Fakten und Hintergründe; Schauplätze. Rheinbreitbach. Der Wiederabdruck eines Fortsetzungsromans aus den dreißiger Jahren zum Hexenprozess der Anna Katharina Spee (Bruchhausen 1631) wird in dieser Veröffentlichung um eine fundierte lokalgeschichtliche Aufarbeitung des Falles ergänzt. Das Verfahren stand am Ende einer Prozesskette und verlief in gewisser Weise charakteristisch: Der Hexereivorwurf traf eine vermögende Witwe, die vor allem aufgrund von Besagungen anderer Angeklagter inhaftiert, gefoltert und hingerichtet wurde. Dass es sich bei dem Opfer dieses Prozesses aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Tante von Friedrich Spee handelt, dessen kritische Schrift „Cautio Criminalis“ fast zeitgleich erschien, verleiht dem untersuchten Fall eine zusätzliche Bedeutung. Veranschaulicht wird die Beschreibung durch zahlreiche, sprachlich modernisierte Aktenzitate. Bruchhausen, Erpel Anm Arch Lit Qu BREIDEN, HERIBERT (1954a): Die Hexenprozesse der Grafschaft Blankenheim von 1589–1643. Diss. Bonn. Breidens Dissertation widmet sich einführend der Entstehung des Hexenglaubens und verweist auf mögliche Hintergründe. Im Folgenden geht der Autor auf die belegbaren Verfahren in der Grafschaft Blankenheim ein und unterstützt seine Darstellung durch tabellarische Übersichten über bekannte Hexenprozesse aus Blankenheim, Esch, Gau, Ober Gartzem und Houverath. Neben zahlreichen Prozessparaphrasen unterschiedlichen Umfangs, die mit fragmentarischen Zitaten aus den Quellen belegt werden, finden sich die „Abschrift einer verbesserten Reinschrift des Kriminalprozesses gegen die Frau des Theis (Mathias) Philip“ (1627) und die „Abschrift des Originalprotokolls über den Kriminalprozeß des Obergerichts Gau (Engelgau) gegen die frühere Haushälterin des verstorbenen Pastors Johann zu Blankenheimer Dorf, Marie“ (1627). Blankenheim, Engelgau, Esch, Houverath u.a. Anm Arch Lit Qu BREIDEN, HERIBERT (1954b): Der Zaubereiprozeß gegen den Pfarrer Mathias Hennes aus Wiesbaum. In: Heimatkalender des Kreises Schleiden/Eifel 4, 86–93. Der Verfasser behandelt den Fall des Pfarrers Mathias Hennes aus Wiesbaum, der von Januar bis Mai 1630 unter Zaubereiverdacht stand. In paraphrasierter Form erzählt Breiden das Prozessverfahren nach, wodurch dem Leser die nach einstündiger Folter abgegebenen Bekenntnisse und Besagungen, das Vorgehen bei den obligatorischen Stigmatauntersuchungen sowie der Ausgang des Prozesses geschildert werden. Der Fall ist in den Akten des Staatsarchivs Koblenz nachzulesen. Blankenheim, Wiesbaum Anm Arch BREIDEN, HERIBERT (1956): Zauberer und Hexen in der Grafschaft Blankenheim. In: Heimatkalender des Kreises Schleiden/Eifel 6, 71–80. Der Beitrag stellt einen Versuch dar, das charakteristische Verfahren gegen Hexen in der Grafschaft Blankenheim gegen Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu skizzieren. Breiden fasst einige Prozesse zusammen, die vor dem Hochgericht zu Blankenheim geführt

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wurden. Er stützt sich dabei auf Originalakten des Staatsarchivs Koblenz. Insgesamt werden fünf Prozesse in paraphrasierter Form wiedergegeben. Die Beschreibungen der einzelnen Prozesse greifen wesentliche Anklagepunkte wie Wetterzauber, Schadenszauber und Teufelsbuhlschaft auf. Breiden lässt gelegentlich Zitate aus dem Aktenmaterial in Form kurzer Einschübe in den Text einfließen. Blankenheim, Frohngau Anm Arch BREIDEN, JAKOB (1920): Zauberwahn und Hexenprozeß. Aachen. Der Verfasser sieht in der Hexenverfolgung vor allem einen „schrecklichen Massenwahn“. In einem ersten, allgemeinen Teil beschäftigt sich Breiden mit den Wurzeln des Magieglaubens, den er bis in die Antike zurückverfolgt. Ein zweiter Teil schildert konkrete Hexenprozesse von der Verhaftung über die durch Folter erzwungenen Geständnisse bis zur Hinrichtung. Einige Fälle werden paraphrasiert wiedergegeben, aber auch längere, sprachlich angepasste Aktenzitate sind zu finden (Prozess Mary Kroiseti, Aachen 1604). Aachen, Düren, Erkelenz, Jülich u.a. Qu BRÜCK, ANTON PHILIPP (1956): Ein politischer Hexenprozess in Bodenheim. In: Mitteilungsblatt zur rheinhessischen Landeskunde 5, Heft 3, 49–62. Im Mittelpunkt der Veröffentlichung stehen Bodenheimer Hexenprozesse der Jahre 1612– 1615, die zu einem Disput zwischen Kurmainz und Kurpfalz führten. Neben einleitenden Informationen zu den Ursprüngen des Hexenglaubens enthält der Beitrag mehrere teilnormalisierte Quellenauszüge. Darunter befindet sich unter anderem ein Verzeichnis, das die „Untaten“ vermeintlicher Hexen in Bodenheim zusammenstellt. Von den 16 angeklagten Personen geht Brück besonders auf den Fall des Martin Schmidt (1613–1615) ein. Alzey, Bodenheim, Mainz Arch Qu BRÜCK, ANTON PHILIPP (1979): Hexenprozesse in Aschaffenburg und Damm in den Jahren 1603/04 und 1628/29. In: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes 6, 234–270. Brück wertet eine Reihe von willkürlich foliierten Einzelrechnungen aus dem Mainzer Stadtarchiv aus, die sich auf die Hexenprozesse in Aschaffenburg und Damm der Jahre 1628/29 beziehen. So stellt er ein Verzeichnis aller freigelassenen Personen zusammen, aus dem ihre Leidensstationen sowie die entstandenen Kosten abzulesen sind. Ebenso erfasst er die genauen Daten der Verhaftung, der Folterungen und der Entlassung. Aschaffenburg, Damm Arch Qu BRUNS, ALFRED (1984b): Die Oberkirchener Hexenprotokolle. In: Bruns (Hrsg.) (1984a), 11– 90. Bruns verweist einführend auf die Hintergründe der Oberkirchener Hexenverfolgungen. Die Veröffentlichung ist jedoch im Wesentlichen eine Edition von Primärquellen. Es finden sich sowohl fragmentarische Auszüge aus Verhörprotokollen als auch vollständige Wiederga-

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ben sowie zusammenfassende Paraphrasen. Bruns erläutert typische Motive wie Hexenglauben und Teufelstanz. Der Text beinhaltet detaillierte Auflistungen von Angeklagten und beschreibt die Prozessfolge des Jahres 1630. Die Quellen stammen aus dem Archiv Freiherr von Fürstenberg in Herdingen. Oberkirchen Arch Qu BRUNS, ALFRED (Hrsg.) (1984a): Hexen. Gerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland. o.O. (= Veröffentlichungen des Schieferbergbau-Heimatmuseums zur Landesgeschichte 43). Die Veröffentlichung erschien im Rahmen einer Ausstellung des SchieferbergbauHeimatmuseums in Schmallenberg-Holthausen. In den einzelnen Beiträgen finden sich zahlreiche Primärquellen, deren Ausgangspunkt die Oberkirchener Hexenprozesse des Jahres 1630 darstellen. Die Aufsätze sind einzeln aufgenommen unter → Bruns (1984b), → Decker (1984a/b), → Höffer (1984), → Schreiber (1984) Nwd und → Dalhoff (1984) Nwd. Die Beiträge stehen zum Teil in Verbindung zueinander. Zahlreiche Schaubilder, Karten und Bildbeigaben unterstützen die Texte. Oberkirchen Arch Qu COLESIE, GEORG (1969/1970): Hexenprozesse am Hochgericht Nalbach. In: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 17/18, 229–237. Der Beitrag über die Gerichtspraxis in Nalbach im 16./17. Jahrhundert enthält einen Auszug aus dem Testament der 1595 verurteilten Anna Schmitz aus Piesbach. Es handelt sich bei dem Dokument vermutlich um eine Nachschrift aus dem 18. Jahrhundert. Erwähnt und auszugsweise wiedergegeben werden zudem der Prozess gegen Theis Johann alias Keuch Johann aus Diefflen, die Urgicht des Ciriacus aus Körprich (Dillingen 1602) sowie Kostenverzeichnisse aus weiteren Prozessen. Insgesamt sind im untersuchten Gebiet wenige spezifische Quellen erhalten, sodass sich die regionale Hexenforschung in erster Linie auf Dokumente aus dem Umfeld von Hexenprozessen beruft. Diefflen, Dillingen, Nalbach, Piesbach u.a. Anm Arch Lit Qu CORBACH, GOTTFRIED (1969): Hexenprozesse aus der Herrschaft Homburg. In: Romerike Berge. Zeitschrift für Heimatpflege, Volkskunde, Kunst, Museumswesen, Denkmalpflege und Naturschutz im Bergischen Land 19, Heft 1, 15–30. Corbach stellt Hinweise auf Hexenprozesse in der Herrschaft Homburg zusammen. Er belegt diese anhand der Originalquellen, unter denen sich ein Bittgesuch und ein Fragebogen über die „Zauberey-Sach“ sowie eine Gebührenordnung befinden. Zitate aus den Akten werden lediglich fragmentarisch in den Text eingearbeitet. Ein Exkurs zum bergischen Amt Windeck dokumentiert dessen Zurückhaltung im Bereich der Hexenverfolgung, Prozesse sind dort – laut Corbach – nur für das Jahr 1641 in Morsbach festzustellen. Homburg, Morsbach, Nümbrecht Anm Arch Lit Qu

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CORDIE (1922): Hexenprozesse in der Westeifel. In: Eifelvereinsblatt 23, Heft 12, 112–114. Cordie zeichnet einzelne Hexenprozesse nach. Es finden sich der „Bruchteil einer Interrogationsformel“ sowie eine Beschreibung der Foltermethoden, die an vermeintlichen Hexen angewendet wurden. Der Beitrag enthält zudem Auszüge aus zwei Bitburger Aktenstücken (1591), zwei Klagen eines Bürgers namens Schweinsdal gegen den, der ihn der Hexerei beschuldigte, sowie gegen das Gericht Hamm. Die Wiedergabe beider Akten geschieht „größtenteils inhaltsgetreu und an einzelnen Stellen wortgetreu“. Bitburg, Hütterscheid Qu CRECELIUS, W. (1855): Auszug aus hessischen Hexenprocessacten von 1562–1633. Im Besitz sr. Durchlaucht des Fürsten zu Ysenburg in Büdingen. In: Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde 2, 62–77. Crecelius stellt in seiner Veröffentlichung spezielle Vorstellungen und Begriffe zum Hexenwesen zusammen und belegt diese durch Quellen, aus denen er einzelne Zitate sowie ganze Passagen in die Darstellung einfließen lässt. Zudem enthält der Text Auszüge aus der Urgicht der Appolonia Appel von Nieder-Florstadt (1596). Im Mittelpunkt stehen die Aussagen verschiedener angeklagter Personen, die wesentliche Elemente des Hexenglaubens belegen sollen. Assenheim, Büdingen, Issenburg, Nieder-Florstadt u.a. Anm Arch Qu CREMER, TILLMANN (1904): Eine Hexenverbrennung in der Eifel. Kulturbild aus der Zeit des dreissigjährigen Krieges. In: Rheinische Geschichtsblätter. Zeitschrift für Geschichte, Sprache und Altertümer des Mittel- und Niederrheins 7, 342–346; 380–383. Nach einer allgemeinen Einführung geht Cremer speziell auf die Hexenverfolgung in der untersuchten Region ein. Er betont die Bedeutung der Herrschaftsverhältnisse für die Durchführung von Hexenprozessen. Im Mittelpunkt der Darstellung steht die Auseinandersetzung des Marsil von Palant und des Grafen Werner von Reifferscheid um die Hinrichtung von vermeintlichen Hexen. Wildenburg DECKER, RAINER (1981/1982): Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. In: Westfälische Zeitschrift. Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 131/132, 339– 386. Kommentar siehe Nwd. Balve, Bilstein, Oberkirchen, Werl u.a. Anm Arch Lit Qu DECKER, RAINER (1984a): Der soziale Hintergrund der Hexenverfolgung im Gericht Oberkirchen 1630. In: Bruns (Hrsg.) (1984a), 91–118. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Suche nach den sozialen Hintergründen zu Beginn der Hexenverfolgung. Decker stellt die Frage nach der Schichtzugehörigkeit der Angeklagten und Kläger. Die Basis für die Untersuchung bilden Steuerverzeichnisse, Einkünfteregister und Vermögensaufstellungen. Es finden sich zahlreiche Abbildungen, Tabellen und Schaubilder. Decker skizziert den Ablauf der Oberkirchener Hexenprozesse chronologisch (1536–1630) und

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macht detaillierte Angaben zu den einzelnen Prozessopfern (Alter, Familienstand, Geschlecht, geographische und soziale Herkunft) [→ Decker (1984b)]. Oberkirchen Arch Lit DECKER, RAINER (1984b): Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Westfalen. Überarbeitete und um die Anmerkungen gekürzte Fassung eines Aufsatzes in der Westfälischen Zeitschrift 131/132 1981/82. S. 339–386. In: Bruns (Hrsg.) (1984a), 189–218. Decker erarbeitet eine Chronik der Hexenprozesse im Herzogtum Westfalen. Er nutzt dabei unterschiedliche Quellen. So finden sich Auszüge aus Friedrich von Spees Cautio Criminalis sowie aus den Tagebüchern Kaspar von Fürstenbergs und einzelnen Verhörprotokollen. Besondere Aufmerksamkeit gilt zudem der Hexenprozess-Instruktion des Dr. Heinrich Schultheiß und einem Traktat des Pfarrers Michael Stapirius (Stappert) [→ Decker (1984a)]. Brilon, Hallenberg, Kallenhardt, Padberg u.a. Arch Qu DECKER, RAINER (2004): Hexen. Magie, Mythen und die Wahrheit. Darmstadt. In einem Unterkapitel der Studie zur Frühen Neuzeit (S. 61–69) geht Decker auf die Hexenverfolgung im kurkölnischen Städtchen Rheinbach in den Jahren 1631–1636 ein, über die es einen äußerst plastischen Bericht eines direkt Beteiligten gibt: Hermann Löher, Mitglied im Schöffenkollegium und damit Augenzeuge der Prozesse und der Folterungen, schildert nach seiner Flucht ins holländische Exil seine Erlebnisse bei Gericht. Rheinbach Anm Lit DELABAR, WALTER (Hrsg.) (1984): Styna und Mergen. Hexenglaube und Hexenwahn in Erkelenz. Von Josef Gaspers. Erkelenz. Bei der Frage nach einer möglichen Motivation für die Verfolgungen in Erkelenz äußert sich Delabar sehr kritisch gegenüber der katholischen Kirche und wirft ihr Geschichtsfälschung vor. Bei ihm spielt somit der Faktor der Machtstabilisierung und -erweiterung eine entscheidende Rolle. Als Beilage findet sich eine Protokollwiedergabe über die Folterung von Styna und Mergen Knoicken sowie deren Endurteil. Außerdem fügt Delabar ein „Verzeichnis der Hexen-Leut“ bei, das über die Verbrennungen dieser Zeit informiert. Erkelenz, Roermond Qu DIE HEXENVERFOLGUNG IN FREUDENBERG (1933): In: Spessart. Monatszeitschrift des SpessartBundes. Zeitschrift für Wandern, Heimatgeschichte und Naturwissen 19, Heft 9/10, 4–7; 7–9. Nach einem kurzen Einblick in die historische Entwicklung des Hexenglaubens werden die Opferzahlen der Hexenverfolgungen in Freudenberg zwischen 1590–1632 genannt. Etwa 150 Menschen wurden zum Tode verurteilt. Um den Verlauf eines Hexenprozesses aufzuzeigen, werden die ersten Fälle von 1590/1591 paraphrasiert und mit normalisierten Auszügen aus drei Hexengeständnissen und einem Urteilsspruch veranschaulicht. Zitate aus zeitgenössischen

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Gefängnisbeschreibungen verdeutlichen die Umstände, unter denen die Opfer damals inhaftiert waren. Bürgstadt, Freudenberg, Miltenberg Arch Qu DILLINGER, JOHANNES (1998a): Richter als Angeklagte. Hexenprozesse gegen herrschaftliche Amtsträger in Kurtrier und Schwäbisch-Österreich. In: Schnabel-Schüle, Helga (Hrsg.) (1998): Vergleichende Perspektiven – Perspektiven des Vergleichs. Studien zur europäischen Geschichte von der Spätantike bis ins 20. Jahrhundert. Mainz (= Trierer Historische Forschungen 39), 123–169. Dillinger greift in diesem Beitrag zwei untypische Opfer aus der Zeit der Hexenverfolgungen heraus: die Richter Dr. Dietrich Flade und Christoph Wendler. Die jeweiligen Fälle werden paraphrasiert, an einigen Stellen aber auch durch kurze Originalauszüge aus den Akten ergänzt. Es folgt eine vergleichende Gegenüberstellung der beiden Prozesse. Als besonders auffällig stellt Dillinger unter anderem die Übereinstimmungen der jeweiligen Verdachtsgenese, des folgenden Verfahrens und der Verteidigungsstrategien heraus. Rottenburg/Neckar, Trier Anm Arch Qu DILLINGER, JOHANNES (1999): „Böse Leute“. Hexenverfolgungen in Schwäbisch-Österreich und Kurtrier im Vergleich. Trier (= Trierer Hexenprozesse. Quellen und Darstellungen 5). Aufbauend auf einer älteren Regionalstudie untersucht Dillinger die Hexenverfolgung in Schwäbisch-Österreich und im strukturell ähnlichen Kurtrier. Nach allgemeinen Informationen zur aktuellen Forschungssituation und Quellenlage folgt ein chronologischer Überblick über den Verlauf der Hexenprozesse. Gegenstand des Vergleichs sind unter anderem Gerichtspraxis, Verwaltungsaufbau, Volksmagie und das allmähliche Abklingen der Verfolgung in den beiden Territorien. Die Darstellung enthält zahlreiche kürzere Quellenauszüge sowie Karten, die eine genaue regionale Zuordnung ermöglichen und alle erwähnten Orte aufzeigen. Altdorf, Oberndorf, Rottenburg/Neckar, Stockach, u.a. Anm Arch Lit Qu Reg DIWO, JOSEF (1948): Die Hexenprozesse in der Stadt Siegburg. Eine strafrechtliche und strafprozeßrechtliche Untersuchung. Bonn. Diwo untersucht in seiner Dissertation die Entwicklung der Gerichtsbarkeit und des Gerichtswesens im Blick auf die Siegburger Hexenprozesse sowie deren Rechtsgrundlagen zur Zeit der lokalen Verfolgung. Dabei stellt er mögliche Entstehungsursachen für die regionale Hexenverfolgung dar und knüpft daran eine Illustration der Verfahrensformen und Prozessdurchführungen an. Als Quellenmaterial nutzt Diwo zahlreiche Siegburger Prozessakten. Der Anhang bietet eine Edition von Akten aus dem Prozess gegen die Ehefrau Konrad Leyendeckers aus dem Jahr 1636. Siegburg Anm Arch Lit Qu

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DORNBUSCH, J. B. (1874): Dr. juris Franciscus Buirmann, der Hexenverfolger. Culturgeschichtliche Skizze von J. B. Dornbusch. In: Kölnische Volkszeitung Drittes Blatt, Heft 306/313/322/327. In mehreren fortlaufenden Zeitungsartikeln berichtet Dornbusch über „das schandvolle Treiben der am Niederrhein als Hexen-Commissare thätig gewesenen Juristen“. Dr. jur. Franciscus Buirmann stach unter diesen durch besondere Grausamkeit und Härte hervor. Sein Leben und Wirken wird anhand der überlieferten Hexenprozessakten und aufgrund der Aufzeichnungen von Hermann Löher rekonstruiert. In Paraphrasen werden dabei unter anderem die Prozesse gegen Christina Böffgens, Hilger Lirtzen und das Ehepaar Lapp wiedergegeben. Rheinbach, Siegburg Anm Arch Lit Qu ECKERTZ, G. (1861): Hexenprozesse. In: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 9/10, 135–181. In seinem Artikel druckt Eckertz einige Hexenprozessunterlagen originalgetreu ab. Die ausgesuchten Dokumente gehören zur Jülich-Bergischen Gerichtsbarkeit und stammen aus den Prozessen gegen Els Misseler und Appolonia Pelzer aus Flamersheim von 1629, dem Fall Groffjans Aelh von 1628/1629 aus Kirchheim sowie den darauffolgenden Prozessen gegen Barbara in der Rischgassen und Linden Zilch. Flamersheim, Kirchheim Anm Qu EICHELSBACHER, JOSEF AUGUST (1922): Hexenbrand. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege 9, 24–28; 54–57. Eichelsbacher beschreibt den „Hexenwahn“, der im 17. Jahrhundert in Hörstein und Umgebung um sich gegriffen hat. In Prozessparaphrasen schildert er exemplarisch einige Fälle von 1602. Dazu zitiert er in normalisierter Schreibe aus Gerichtsbüchern, Verhörprotokollen, Geständnissen, Urteilen und Gerichtsrechnungen. Das besondere Augenmerk des Textes liegt auf sehr jungen oder sehr alten Angeklagten. Alzenau, Hörstein, Michelbach Anm Arch Lit Qu EICHHOFF, JOHANN PETER (Hrsg.) (1781): Beytrag zur Geschichte der Hexereyen im Erzstifte Koeln. In: Materialien zur Geist= und weltlichen Statistick des niederrheinischen und westphaelischen Kreises und der angraenzenden Laender nebst Nachrichten zum Behuf ihrer aelteren Geschichte 1, Heft 5, 448–492. Der Beitrag bietet eine umfangreiche Quellenedition zu zwei Hexenprozessen aus Altenahr aus dem Jahr 1649. Es werden zum einen mehrere Verhörprotokolle sowie das Urteil aus dem Prozess gegen Else Simons, Frau des Thoniss zu Pützfeld, sowie zum anderen Verhörprotokolle, Zeugenaussagen und das Urteil aus dem Prozess gegen Laurenz Steins Frau zu Aldenahr wiedergegeben. Alle Texte erscheinen, abgesehen von einer normalisierten Groß- und Kleinschreibung, sprachlich nahezu unverändert. Altenahr Qu

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EICHLER, KARL (1927): Die Wildunger Hexenprozesse. In: Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont 24, 103–126. Der eigentlichen Darstellung einzelner Hexenprozesse stellt Eichler eine geschichtliche Einleitung voran, in der er die jeweiligen verfolgungsintensiven Phasen in Wildungen beschreibt sowie grundlegende Informationen über das Prozessverfahren gibt. Im Anschluss schildert der Autor in paraphrasierender Form die aus den Akten ersichtlichen Abläufe der Verfahren, die gegen die Angeklagten geäußerten Vorwürfe, deren Geständnisse und den jeweiligen Ausgang der Prozesse. Wildungen Arch Lit EIDEN, HERBERT; VOLTMER, RITA (2002): Hexenprozesse und Gerichtspraxis. Trier (= Trierer Hexenprozesse. Quellen und Darstellungen 6). Dieser Sammelband vereint Beiträge des internationalen Kolloquiums „Hexenprozesse und Gerichtspraxis“, das 1999 in Wittlich stattfand. Im Mittelpunkt der Texte steht die Umsetzung landesherrlicher Rechtsnormen in die Praxis der lokalen Hexereiverfahren. Aufgenommen sind die folgenden Aufsätze: → Rowlands (2002) Sod, → Voltmer 2002a, → Voltmer 2002b. Dreis, Trier, Wincheringen, Wittlich u.a. Anm Arch Lit Qu Reg EMSLANDER, HEINZ UND MARGARETHE (1996): Hexenprozesse in Dieburg 1596–1630. Erweiterte und überarbeitete Ausgabe. Dieburg. Die Untersuchung zeichnet den Verlauf der Hexenverfolgung in Dieburg zwischen 1596 und 1630 nach. Über die Korrespondenz zwischen den kurfürstlichen Räten in Mainz und Aschaffenburg, dem Amtmann sowie den Dieburger Beamten nähern sich die Autoren zunächst den Prozessen aus der Zeit von 1596–1600. Die Aktenstücke werden in modernisierter und teils paraphrasierter Form wiedergegeben und sollen einen „Einblick in den Ablauf der Verhandlungen und die Denkart der Bürger und Beamten“ ermöglichen. Die zweite Welle von Prozessen (1600–1630) fand unter Kurfürst Johann Schweickard von Kronberg nach veränderten Richtlinien statt. Insbesondere mit Bezug auf die neu entwickelten Generalfragen erläutern die Autoren den veränderten Verhörverlauf und bieten wiederum modernisierte Auszüge aus den Prozessakten. Im Anhang wird ein weitgehend unverändertes Frageschema für die Hexenprozesse von 1590 präsentiert. Dieburg Anm Arch Qu ENGELBERT, GÜNTHER (1959): Die Bekenntnisse einer Hexe zu Winningen. In: Heimatkalender für den Landkreis Koblenz 13, 58–61. Der Beitrag enthält eine Paraphrase des Prozesses gegen Maria Knebel (1631). Neben einer kurzen Skizzierung des Verfahrensablaufs gibt der Verfasser einen Einblick in die der Beklagten zur Last gelegten Vergehen und nennt weitere am Prozess beteiligte Personen. Ein längerer Auszug aus dem Bekenntnis sowie kurze Zitate aus der Rede des Anwalts und des Gerichts sind in sprachlich leicht veränderter Form in den Text eingearbeitet. Winningen Arch Lit Qu

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ENNEN, LEONARD (1880): Geschichte der Stadt Köln. Meist aus den Quellen des Stadt-Archivs. Band V. Düsseldorf. Das mit „Hexenwesen“ überschriebene Kapitel dieses allgemeinen Werks zur Geschichte der Stadt Köln enthält eine chronologische Auflistung der in Köln geführten Hexenprozesse. Nach einer allgemeinen Einführung in die wesentlichen Elemente des Hexenglaubens sowie die Hintergründe der Hexenverfolgung werden die einzelnen Verfahren paraphrasiert und durch zahlreiche kurze Auszüge aus den Akten ergänzt. Ennen widmet sich dabei detailliert den Prozessen gegen Catharina Henot (1626) und Christina Plum (1630). Als Quellen dienen Ratsprotokolle, Turmbücher und Prozessakten. Köln Anm Arch Qu Reg ESSER, PETER (1965/1966): Dr. jur. Franziskus Buirmann. Der Hexenrichter aus Euskirchen. Hexenverbrennungen in der Eifel. In: Eifeljahrbuch, 30–36. Der Verfasser beleuchtet nach einleitenden Informationen zur Hexenverfolgung in Deutschland die Tätigkeit des Hexenrichters Dr. jur. Franziskus Buirmann in Euskirchen und Siegburg. Vor diesem Hintergrund paraphrasiert Esser einzelne Verfahren gegen vermeintliche Hexen, worunter sich unter anderem die Fälle der Christine Böffgens und des Hilger Lirtzen befinden. Der Veröffentlichung liegen Akten des Rheinbacher Schöffen und Ratsherrn Hermann Löher, eines Zeitgenossens Buirmanns, zugrunde. Euskirchen, Rheinbach, Siegburg Arch EULENSTEIN, JULIA; GURACK, DITTE (2004): Rechtliche Aspekte der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen am Beispiel des Hochstifts Bamberg und der freien Reichsstadt Köln. In: Gundelach, Bodo; Molkenthin, Ralf (Hrsg.) (2004): Blicke auf das Mittelalter. Aspekte von Lebenswelt, Herrschaft, Religion und Rezeption. Festschrift Hanna Vollrath zum 65ten Geburtstag. Herne (= Studien zur Geschichte des Mittelalters 2), 177–216. Der Fokus des Beitrags liegt auf der Rekonstruktion rechtshistorischer Aspekte zur Zeit der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen. Dabei vergleichen die Verfasserinnen die Hochstifte Bamberg und Köln mit Schwerpunkt auf dem angewandten Recht und den beteiligten Organen. Das Hochstift Bamberg betreffend werden die Prozesswellen von 1612–1613, 1616–1619 und 1626–1630 auf Verstöße im rechtlichen Verfahren analysiert. Die Darstellung des Hochstifts Köln beruht ebenfalls auf einer Einordnung der Rechtsgeschehnisse in die allgemeine Tradition der Hexenverfolgung. Bamberg, Köln Anm Lit EVANS, E. P. (1892): Ein Trierer Hexenprozeß. In: Augsburger Allgemeine Zeitung 86, 5–7. Zur Einführung erläutert Evans die problematische Aktenlage, die den Fall des Dr. Dietrich Flade begleitet. Der Nachvollzug der Prozessentwicklungen gründet auf den von A. White gefundenen Originalakten, was der Verfasser durch fragmentarische Zitateinschübe belegt. Im Mittelpunkt der Darstellung steht die Tatsache, dass Dr. Flade selbst von der Macht des Teufels, vom Hexen- und Zauberwesen überzeugt war. Nach Anklage und Konfrontation mit den

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ihm vorgeworfenen Tatbeständen hat es den Anschein, als käme Flades Geständnis aus freien Stücken und aus Reue für seine schlechte Lebensführung. Trier Arch Lit Qu FIX (1951): Zum Hexenprozeß der Veit Gail. In: Eifel-Kalender, 96–98. Auf der Grundlage der nur noch teilweise erhaltenen Prozessakten wird der Fall der Veit Gail aus Winningen ins Zentrum des Aufsatzes gestellt. Fix zieht zur näheren Illustration die sieben Zeugenaussagen von 1644 heran und verdeutlicht somit die Vorwürfe, die gegen die Angeklagte vorgebracht wurden. Ein kurzer Auszug aus einer Zeugenaussage wird ergänzend abgedruckt. Winningen Arch Qu FLAGMEIER, RALF (1991): Hexenprozesse und sozialer Wandel in Korbach. In: Geschichtsblätter für Waldeck 79, 67–118. In einem einleitenden allgemeinen Teil finden sich Angaben zum Rechtswesen sowie zur zeitlichen und räumlichen Verteilung von Hexenprozessen. Im zweiten Teil der Arbeit geht Flagmeier auf die Hexenverfolgung in Korbach ein. Die Darstellung stützt sich auf Originalquellen, aus denen gelegentlich fragmentarisch zitiert wird. Zudem druckt Flagmeier einen Fragenkatalog ab und widmet diesem ein eigenes Kapitel. Korbach, Waldeck Anm Arch Lit Qu FRANKEN, IRENE; HOERNER, INA (2000): Hexen. Verfolgung in Köln. Köln. In mehreren Kapiteln untersuchen die Autorinnen verschiedene Aspekte der Kölner Hexenverfolgungen. Betrachtet werden neben regional- und sozialgeschichtlichen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch geschlechtsspezifische und religiöse Hintergründe. An fünf ausgewählten „Lebensbildern“, unter anderem am Schicksal von Katharina Heinot (1627), Christina Plum (1629) und „Catharina sine cognomine“ (1630), wird das Ursachengeflecht, das die jeweiligen Hexenprozesse bedingte, aufgezeigt. In die Ausführungen sind kurze teilnormalisierte und modernisierte Zitate aus den jeweiligen Gerichtsakten eingebaut. In einem Anhang geben Franken/Hoerner u.a. eine tabellarische Übersicht aller in Köln angeklagter Personen von 1446–1662. Zahlreiche Abbildungen fließen in die Darstellung ein. Köln Arch Lit Qu FRANZ, GUNTHER (1996): Hexenprozesse in der Stadt Trier und deren Umgebung. Gerichtsbarkeit von St. Maximin, St. Paulin und St. Matthias. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 333–353. Einleitend skizziert Gunther Franz die territorialen Verhältnisse des Untersuchungsgebietes. Der Beitrag stützt sich auf verschiedene Quellen, so z.B. Prozessakten, das Mirakelbuch des Klosters Eberhardsklausen sowie Jahresberichte der Jesuiten und Rentmeistereirechnungen. Franz dokumentiert den Verlauf der Verfolgungen und analysiert das Prozessverfahren sowie die zentralen Punkte der Hexenlehre. In den letzten Abschnitten seines Beitrags geht Franz auf

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Hintergründe für den Beginn der Verfolgungen und schließlich auf das Ende der Hexenprozesse ein. St. Matthias, St. Maximin, St. Paulin, Trier u.a. Anm Arch Lit Qu FRANZ, GUNTHER (2002): Prominente Gegner der Hexenprozesse in Luxemburg und Kurtrier. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), 154–163. Franz gibt einen Überblick über einige Personen, die im 16. und 17. Jahrhundert ihre Stimme gegen die Hexenverfolgungen erhoben. Er stellt Antonius Hovaeus, Cornelius Loos, Dietrich Flade, Johannes von Malmédy, Heinrich Gaderius und Friedrich Spee vor. Dazu erläutert er kurz ihre Schriften, zitiert einige signifikante Stellen und skizziert die Wirkungen, die ihre Publikationen damals nach sich zogen. Für den Trierer Raum sind besonders die Aussagen des Juristen Dietrich Flade und des Abtes Johannes von Malmédy interessant. Trier Anm Lit FRANZ, GUNTHER; GEHL, GÜNTER; IRSIGLER, FRANZ (Hrsg.) (1997): Hexenprozesse und deren Gegner im trierisch-lothringischen Raum. Weimar (= Historie und Politik 7). Der Sammelband beinhaltet sieben Aufsätze, darunter fünf Regionalstudien zu Hexenprozessen im trierisch-lothringischen Raum. Zwei der Regionalstudien beschäftigen sich überwiegend mit der Hexenverfolgung in heute französischen Gebieten und wurden daher nicht in die Bibliographie aufgenommen. Bei den weiteren beiden handelt es sich um Studien zu Hochwald → Lauer (1997) und zur Eifel → Kettel (1997). Blankenheim, Dagstuhl Arch Lit Qu FRANZ, GUNTHER; IRSIGLER, FRANZ (Hrsg.) (1996): Hexenglaube und Hexenprozesse im Raum Rhein-Mosel-Saar. 2. Auflage. Trier (= Trierer Hexenprozesse. Quellen und Darstellungen 1). Der vorliegende Sammelband gibt einen „Überblick über die vielfältigen Aspekte des Hexenglaubens und der Hexenprozesse im Raum zwischen Rhein, Mosel und Saar“. Den Kernbestand bilden Beiträge eines 1987 veranstalteten Kolloquiums unter gleichnamigem Titel. Die Beiträge sind einzeln aufgenommen unter → Bátori (1996), → Franz (1996), → Hilgers (1996), → Irsigler (1996), → Kettel (1996), → Labouvie (1996) → Pohl (1996), → Rummel (1996), → Schormann (1996) und → Weisenstein (1996). Mainz, Prüm, Rhens, Trier u.a. Anm Arch Lit Qu Reg FREUDENBERG, J. (1846): Zur Geschichte der Hexenprozesse. In: Zeitschrift für Philosophie und katholische Theologie 7, 63–100. Grundlage des Aufsatzes ist das Werk von Herman Löher (1676), aus welchem Freudenberg Zitate zu den Prozessen gegen Christina Böffgens, Hilger Lirtzen, Anna Kemmerling, die Ehefrau des Johann Tondorff und gegen Herbert Lapp entnimmt und damit die Hexenverfolgungen dokumentiert. Herman Löher sieht er dabei als Zeitzeugen, der auf regelwidrige Vorgänge aufmerksam zu machen versuchte. Informationen über angewendete Foltermethoden, finanzielle Bereicherungen der Obrigkeit, Besagungsumstände und Verhaftungsprozeduren

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stehen bei Freudenbergs Beschreibungen im Vordergrund. Briefkorrespondenzen geben Einblick in die zeitgenössische Wahrnehmung der Verfolgungspraxis. Rheinbach Anm Lit FUGE, BORIS (2002): Das Ende der Hexenverfolgungen in Lothringen, Kurtrier und Luxemburg im 17. Jahrhundert. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), 164–175. Fuge erläutert einige der vielschichtigen Gründe, die im 17. Jahrhundert zum Ende der Hexenverfolgungen führten. Besonderes Augenmerk legt der Autor dabei auf die juristischen Veränderungen. So erläutert er für den Raum Kurtrier den Einfluss der verschiedenen Kurfürsten und ihrer Erlasse auf die Prozessverläufe. Trier Anm Lit GANSEN, PETER (1959): Die Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts in Siegburg. In: Heimatblätter des Siegkreises. Zeitschrift des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Siegkreis 76, 52–81. Nach einer einleitenden Skizzierung der kontextuellen Umstände der Hexenverfolgung mit Hinweisen auf die Verfahrenspraxis, geht der Autor speziell auf die Aussagen der Beklagten ein und gliedert diese entsprechend ihrer Inhalte. Aus dem Siegburger Einwohnerbuch zählt Gansen alle Personen auf, die in einem Zusammenhang mit Hexenprozessen und/oder dem Vorwurf der Zauberei stehen. Umfangreiche originale Quellenauszüge (u.a. aus Rechnungen und Interrogatoria zum Fall der Kündtgen, Frau des Peter Meurer) unterstützen die Darstellung. Berg, Düsseldorf, Köln, Siegburg Anm Lit Qu GEBHARD, HORST H. (1981): Hexenprozesse und Hexenverfolgung in Ober-Rosbach Ende des 16. Jahrhunderts. In: Wetterauer Geschichtsblätter 30, 69–82. Gebhard stützt sich auf Originalakten, die größtenteils im Haupt- und Staatsarchiv Würzburg aufbewahrt werden. Anhand der Quellen lassen sich zwölf Verfahren gegen vermeintliche Hexen in Ober-Rosbach belegen. Der Autor geht jedoch von wesentlich mehr Prozessen und Prozessopfern aus. Im Beitrag finden sich die Namen der angeklagten Personen sowie Paraphrasen zu einzelnen Fällen. Neben Informationen zum Ablauf des Verfahrens enthält der Aufsatz auch kurze originale Quellenzitate. Ober-Rosbach Anm Arch Lit Qu GEBHARD, HORST H. (1991): Hexenprozesse im Kurfürstentum Mainz des 17. Jahrhunderts. 2. Auflage. Aschaffenburg (= Veröffentlichungen des Geschichts- und Kulturvereins Aschaffenburg e.V. 31). Kommentar siehe Sod. Aschaffenburg, Bamberg, Höchst, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu Reg

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GRAEF (1924/1925): Ein Hexenprozeß vor dem Gericht zu Wallhausen. Teil I und II. In: Kreuznacher Heimatblätter. Beilage zum Öffentlichen Anzeiger, Heft 4/5, 1–3; 1f. Ziel des Aufsatzes von Graef ist es, dem Leser zu ermöglichen, sich selbst ein Bild davon zu machen, „welch geringe Umstände“ für das Gericht ausreichten, „um gegen eine Person den Hexenprozess zu eröffnen“. Am Beispiel des Prozesses gegen Christine Jung rekonstruiert der Verfasser auf der Grundlage von Originalakten den Gang des Prozesses, wobei er Quellenzitate zwecks Lesbarkeit orthographisch normalisiert. Es finden sich ein Auszug aus ihrer Anklage, Auszüge ihrer Aussagen sowie Teile der juristischen Korrespondenz. Die an Christine Jung gestellten Fragen sind im 32 Punkte enthaltenden Interrogatorium nachzulesen. Ergänzend fügt Graef im zweiten Teil die Antworten der am 5. September 1628 verbrannten Christine Jung hinzu. Wallhausen Arch Qu GREBNER, CHRISTIAN (1979): Hexenprozesse im Freigericht Alzenau. In: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes 6, 142–240. Auf der Grundlage umfangreicher Prozessakten diskutiert Grebner unter anderem die Frage einer Schuld der Kirche zur Zeit der Hexenverfolgung. Um die Gleichförmigkeit vieler Geständnisse zu erklären, schildert er den Standardverlauf von Verhören von der Denunziation bis zu Folter und Verbrennung. Nach einem Überblick über die juristischen Richtlinien werden ausgewählte Sonderfälle von Prozessverläufen skizziert. Am Ende seiner Arbeit wägt der Verfasser die bekanntesten Theorien über mögliche Entstehungsursachen der Hexenverfolgung gegeneinander ab und entwickelt einen eigenen Lösungsversuch. Alzenau Anm Arch Lit Qu GRIGULEVIý, JOSIF R. (1976): Ketzer – Hexen – Inquisitoren. Geschichte der Inquisition (13. – 20. Jahrhundert). Mit einem Vorwort von Hubert Mohr. Band 1. Berlin (= Beiträge zur Geschichte des religiösen und wissenschaftlichen Denkens). Kommentar siehe Sod. Bamberg, Gelnhausen, Würzburg Anm Arch Lit Qu GUTHAUSEN, KARL (1967): Hexenwahn in der Herrschaft Kronenburg um 1630. In: Heimatkalender des Kreises Schleiden/Eifel 17, 105–110. Guthausen greift in seinem Aufsatz auf die eher zufällige Sammlung von Akten eines Faszikels zurück. Bei der Bearbeitung des Materials geht es ihm weniger darum, die Einzelschicksale nachzuzeichnen, als vielmehr darum, ein Gesamtbild der Hexenprozesse in der Herrschaft Kronenburg zu erstellen. Mit minimalen, fragmentarischen Zitateinschüben aus den Akten geht er skizzenhaft auf den Gerichtsort, Gründe für die Verhaftung, Anklagepunkte, Zeugen, Foltermethoden, Geständnisinhalte, den Ausgang der Prozesse sowie auf überlieferte Urteile ein. Kronenburg Anm Arch Lit

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HANSMANN, AENNE (1974): Hexenprozesse in Heimerzheim. In: Doepgen, Heinz (Hrsg.) (1974): 900 Jahre Heimerzheim (1074–1974). Köln, Berlin, 98–106. Der Beitrag besteht vor allem aus einer Zusammenfassung des Hexenprozesses gegen Anna Dhomhalffen aus dem Jahr 1637, die auf der Grundlage des noch erhaltenen Gerichtsprotokolls geschrieben wurde. Im Ganzen sind 10 Abschriften von Protokollen des Schöffengerichts Heimerzheim aus den Jahren 1636–1637 überliefert. Hansmann skizziert auf dieser Quellenbasis den stereotypen Ablauf der Prozesse und die Aussagen der Angeklagten. Heimerzheim Anm Arch Lit Qu HAUPT, TH.V. (1823): Ein Hexen-Proceß aus dem Moselthale. In: Mosella. Eine Monatsschrift 10, Heft 3, 301–315. Bis auf einige kurze Anmerkungen des Autors enthält der Beitrag in seiner Gänze originales Aktenmaterial zu einem Hexenprozess von 1587. Die Dokumentation des Falles „Zender und Gemeinden zu Mirtesdorff contra Feylen Suin“, verhandelt in St. Maximin, reicht von der Anklageerhebung bis zum endgültigen Todesurteil und seiner Vollstreckung. Die Quelle ist in nur leicht modernisierter Wiedergabe (mit wenigen erläuternden Fußnoten), ohne Beiziehung von Literatur zugänglich gemacht. St. Maximin, Mertesdorf Qu HAUPTMANN, F. (1903/1904): Abergläubisches aus der Zeit der Hexenprozesse. Kulturhistorische Plauderei von F. Hauptmann. In: Rheinische Geschichtsblätter. Zeitschrift für Geschichte, Sprache und Altertümer des Mittel- und Niederrheins 7, Heft 1, 1–9; 36–45; 76–82; 101–109; 171–181. Der Verfasser berichtet über ein Buch aus dem späten 16. Jahrhundert, bei dem es sich um eine Sammlung verschiedener Texte und Sprüche zur Beschwörung sowie Rezepte zur Heilkunde handelt. Aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen Texten des Buches und Aussagen in Flamersheimer Hexenprozessen vermutet Hauptmann einen Zusammenhang. Um diesen zu verdeutlichen, schildert er einige der Prozesse von 1629 und fügt kurze originale Zitate aus den Prozessprotokollen ein. Flamersheim Anm Lit Qu HECKMANN, KARL (1935): Hexenwahn und Hexenprozesse in der ehemaligen Herrschaft Homburg im Oberbergischen. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 63, Heft 1, 21–26. Heckmann erklärt das juristische Vorgehen im Fall eines Hexereiverdachts. Dazu paraphrasiert er die entsprechenden Teile aus der Carolina und erläutert ihre praktische Anwendung. Eine Bittschrift „sämtlicher Bewohner des Kirchspiels Nümbrecht an die Herren Beamten zu Homburg“ von 1630 in originalem Wortlaut, aber mit angeglichener Schreibweise veranschaulicht die lokale Hexenverfolgung. Homburg, Nümbrecht Lit Qu

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HEISTERKAMP, H. (1955): Hexen auf dem Maifelde. In: Eifel-Kalender, 69–70. In seinem narrativ gestalteten Aufsatz nennt Heisterkamp auf der Grundlage einer Illustration des allgemeinen Hexenglaubens exemplarische Namen der Opfer in einigen ausgewählten Städten um Münstermaifeld. Hauptsächlich geht Heisterkamp auf die grundlegenden Hexereitatbestände ein und skizziert somit die tiefe Verwurzelung dieses Glaubens in der Bevölkerung. Münstermaifeld HELFER, CHRISTIAN (1968): Hexenrichtplätze und Enthauptungsstätten am unteren Mittelrhein. In: Bonner Geschichtsblätter. Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins 1968, Heft 21, 127–135. Diese Darstellung der Topographie und Geschichte von Hexenrichtplätzen gibt für das untersuchte Gebiet typische Merkmale von Hexenrichtstätten an. Die Nutzung selbständiger Hinrichtungsplätze für Hexereiprozesse kam mit der erzstiftkölnischen Hexengerichtsordnung auch am unteren Mittelrhein auf. Kurze, teilnormalisierte Aktenzitate ergänzen den Text, der sich in einem zweiten Teil mit Enthauptungsstätten größerer Orte beschäftigt. Ahrweiler, Altenahr, Erpel, Linz Anm Arch Lit Qu HENNEN, GERHARD JULIUS NIKOLAUS HEINRICH (1887): Ein Hexenprozeß aus der Umgegend von Trier. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Mosellandes. St. Wendel. Hennen schildert die Hexenverfolgung in Trier als besonders intensiv und durch schnelle Verfahren und strenge Vorgehensweise gekennzeichnet. Die Veröffentlichung beschäftigt sich ausführlich mit dem Prozess der Eva aus Kenn (1572) und deutet die daraus entstandenen Folgeprozesse an. Modernisierte Aktenauszüge, u.a. die Urgicht der Angeklagten, ergänzen den Text. Fell, Kenn Anm Lit Qu HEUSER, PETER ARNOLD (1999): Hexenverfolgung und Volkskatechese. Beobachtungen am Beispiel der gefürsteten Eifelgrafschaft Arenberg. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 44, 95–142. Vor dem Hintergrund einer strafrechtsgeschichtlichen Untersuchung widmet sich der Verfasser den von der gefürsteten Gräfin Margaretha von Arenberg in den Jahren 1591 und 1592 durchgeführten Hexenprozessen sowie den Verfahren, die 1593 unter ihrer Leitung in der reichsunmittelbaren Grafschaft Arenberg stattfanden. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit der gelehrte dämonologische Diskurs des späten 16. Jahrhunderts Einfluss auf die Hexenprozesse in der Eifel nahm. Die dem Beitrag zugrunde liegenden Quellen stellen im Wesentlichen Traktate dar. Zwei tabellarische Übersichten mit statistischen Hintergrundinformationen aus dem Umfeld der Hexenprozesse sind ebenfalls enthalten. Arenberg, Nürburg Anm Arch Lit Qu

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HEUSER, PETER ARNOLD (2002): Die kurkölnischen Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts in geschlechtergeschichtlicher Perspektive. In: Ahrendt-Schulte u.a. (Hrsg.) (2002) Nwd, 133–174. Diese auf umfangreichem Quellenmaterial beruhende Studie zeigt eine signifikante Geschlechterrollen-Verteilung ab 1590, die allerdings nur für die westfälischen Teilterritorien des untersuchten Gebietes festzustellen ist. Heuser skizziert die insgesamt relativ große Prozessdichte der untersuchten Region anhand von Tabellen (chronologisch, mit Verzeichnis des jeweiligen Prozessausgangs) und stellt eine steigende Zahl männlicher Prozessopfer für das westfälische Teilgebiet im Gegensatz zum rheinischen Oberstift fest. Heuser nimmt diese Uneinheitlichkeit im Verfolgungsraum als Beleg für die große Wandelbarkeit des Hexenglaubens als Welterklärungssystem. Kurze Zitate in originaler Schreibweise aus den Prozessakten ergänzen den Text. Ahrweiler, Köln, Nürburg, Wildenburg u.a. Anm Qu HEXENVERFOLGUNG IM RHEINLAND (1996): Ergebnisse neuerer Lokal- und Regionalstudien. Dokumentation einer Studienkonferenz in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Rheinland/Kulturabteilung. Bergisch Gladbach (= Bensberger Protokolle 85). Der Sammelband bezieht sich auf eine Studienkonferenz, die unter gleichnamigem Titel im März 1994 von der Thomas-Morus-Akademie Bensberg und dem Landschaftsverband Rheinland veranstaltet wurde. Die Veröffentlichung enthält die einzelnen Beiträge in überarbeiteter Form. Einem einleitenden Überblick folgt die Darstellung der Verfolgungen u.a. in der Reichsstadt Köln von → Schwerhoff (1996), im Erzstift Köln von → Becker (1996) und in Lippe von → Walz (1996) Nwd. Jülich, Köln, Sternberg, Varenholz u.a. Anm Arch Lit HILGERS, BEATRIZ (1996): Das Longuicher „Eulchen“ oder sieht so eine Hexe aus? In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 459–467. Hilgers geht der Geschichte eines Gedenksteins nach, der eine Frau namens „Eulchen“ zeigt. Heute identifiziert man die Dargestellte mit der Longuicher Adligen Dorothea Eligia von Bentzerath. Das Schicksal dieser Frau kann offenbar mit den großen Hexenverfolgungen im Trierer Land zum Ausgang des 16. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden, in deren Verlauf sie mehrfach als Hexe denunziert wurde. Lörsch, Longuich, Kirsch, Ruwer u.a. Anm Arch Lit HÖFFER, OTTO (1984): Die Hexenverfolgung im Amt Bilstein 1576–1608. Regesten. In: Bruns (Hrsg.) (1984a), 119–136. Ein Aufsatz zur Hexenverfolgung im Bilsteiner Land von Clemens Stracke bildet den Ausgangspunkt des Aufsatzes, der auf Hexenakten aus dem Archiv des Freiherrn von Fürstenberg zu Herdringen basiert. Höffer gibt die Regesten der gesamten Akte wieder. Eine kurze Einleitung kommentiert den Text. Die Prozessakten entstammen den Jahren 1576–1597 sowie den Jahren 1603, 1608 und 1659. Die Orts-, Personen- und Flurnamen werden buchstabengetreu

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wiedergegeben. Modifikationen beziehen sich lediglich auf den Bereich der Interpunktion. Bildbeigaben unterstützen den Text. Bilstein, Niederhelden, Schnellenberg Arch Lit HOPPSTÄDTER, KURT (1959): Die Hexenverfolgungen im saarländischen Raum. Ein Beitrag zur Geschichte der Hexenprozesse. In: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 9, 210–267. Nach einem kurzen, einführenden Überblick über die Geschichte der Hexenprozesse untersucht Hoppstädter den genauen Ablauf der saarländischen Hexenprozesse. Exemplarisch präsentiert er dazu mit Hilfe normalisierter Aktenauszüge die Fälle gegen Katharina Backes und Claß Clesers Frau Ida aus Weierweiler (1599) sowie den Prozess gegen Engel (Angelika) Anthes aus Gonnesweiler (1630). Berus, Gonnesweiler, Neunkirchen/Nahe, Weierweiler u.a. Anm Arch Lit Qu HOPSTÄTTER, HELMUT (1955): Hexenprozesse und Hexenglaube auf dem Hunsrück. In: Hunsrückkalender. Ein Volksbuch mit Beiträgen zur Natur und Kultur des Hunsrücks, 54–60. Helmut Hopstätter paraphrasiert ausführlich den Prozess gegen Elisabeth Laux aus dem Jahr 1629. Es folgen einige kurze Anmerkungen zu nachfolgenden Prozessen aus der Umgebung. Arch Lit HORST, GEORG CONRAD (1821): Zauber-Bibliothek oder von Zauberei, Theurgie und Mantik, Zauberern, Hexen und Hexenprocessen, Dämonen, Gespenstern und Geistererscheinungen. Mit einer Einführung von Herbert Kempf. Band 1–6. Nachdruck Freiburg/Breisgau 1979. Kommentar siehe Sod. Bamberg, Kronach, Lindheim Anm Arch Lit Qu Reg IRSIGLER, FRANZ (1996): Zauberei- und Hexenprozesse in Köln, 15.–17. Jahrhundert. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 169–179. Der Autor befasst sich mit den Kölner Hexenverfolgungen unter zwei wesentlichen Fragestellungen. Zum einen setzt sich Irsigler mit der Behauptung des Zeitgenossen Weinsberg auseinander, wonach die Stadt Köln außerhalb der starken Verfolgungsbewegungen platziert sei. Zum anderen analysiert er einen Umschwung zu stärkerer Verfolgungsintensität, die für die Jahre 1627–1630 festgestellt werden kann. Irsigler erwähnt zahlreiche Prozesse und paraphrasiert die Verfahren gegen Katharina Henot (Köln 1626/27) und Christina Plum (Köln 1630). Köln Anm Lit Reg JACOB, A. (1929): Ueber Hexenprozesse im Hochgericht Merzig-Saargau. In: Trierische Heimat 3, 35–36. In seinem kurzen Beitrag beschäftigt sich Jacob mit den Hexenprozessen in Kurtrier, Lothringen und besonders im Hochgericht Merzig-Saargau. Neben allgemeinen Informationen zur Gerichtsordnung des Hochgerichtes findet sich eine Zusammenfassung des Prozesses gegen

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Wirts Klas (1603). Die Aussagen des Angeklagten werden in paraphrasierter Form wiedergegeben. Gelegentlich zitiert Jacob fragmentarisch aus dem Quellenmaterial. Lothringen, Merzig, Merzig-Saargau, Mettlach Anm Arch Lit Qu JACOB, A. (1930): Die Hexenprozesse in Merzig u. Umgebung. Ein Beitrag zur Kultur- und Sittengeschichte des Saarlandes. In: Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde im Kreis Merzig 1930, Heft 2, 29–72. Jacob stellt zahlreiche Hexenprozesse der untersuchten Region anhand des Quellenmaterials zusammen. Die protokollierten Aussagen der Angeklagten werden in paraphrasierter Form wiedergegeben. Zu den skizzierten Verfahren gehören sowohl Fälle aus dem Hochgericht Merzig-Saargau als auch Prozesse in anderen Orten des Kreises außerhalb des Hochgerichtsbezirkes. Neben Informationen zu den Gerichtsverhältnissen enthält der Beitrag auch Anmerkungen zu den Gerichtskosten und Konfiskationen sowie eine tabellarische Gesamtübersicht über die Opfer im Kreis Merzig. Normalisierte Auszüge aus den Prozessprotokollen ergänzen den Text. Bachem, Büdingen, Merzig, Mettlach u.a. Anm Arch Lit Qu JÖST, FRIEDRICH (1930): Offenbacher Hexenprozesse. In: Alt Offenbach, Heft 4, 82–91. Nach einleitenden allgemeinen Informationen zu den Hexenverfolgungen in Deutschland widmet sich Jöst den Offenbacher Hexenprozessen und paraphrasiert einzelne Verfahren aus den Jahren 1562–1564. Zum Ende des Beitrags geht er zudem auf den letzten anhand der Akten belegbaren Hexenprozess im Jahre 1581 ein. Neben Paraphrasen der Vernehmungen sind auch fragmentarische Auszüge aus den Protokollen und einem Frankfurter Gutachten zu finden. Offenbach Anm Arch Qu JUX, ANTON (1959): Eine Hexenverbrennung am Hagdorn im Jahre 1612. In: Bergischer Kalender. Ein Heimatbuch für den Rheinisch-Bergischen Kreis 29, 90–92. Der kurze Aufsatz dient der exemplarischen Illustration einer Hexenverbrennung im Jahre 1612. Da der Hauptbestand der Akten fehlt, bezieht sich Jux auf Vinzenz von Zuccalmaglio, der noch mit den vollständigen Materialien arbeiten konnte. Hagdorn, Mülheim an der Ruhr, Nittum Arch Lit KARNETH, RAINER (1997): Hexen, Hexenverfolgung und ein vermeintlicher Alzeyer Kritiker – Antonius Praetorius. In: Alzeyer Geschichtsblätter 30, 37–76. Mit der Schilderung des Prozesses der Eva von Gerau aus Odernheim (1563) gibt Karneth einen ersten Einblick in die Praxis der Hexenverfolgung. Sodann schildert der Verfasser einige ausgewählte Prozesse aus dem Alzeyer Gebiet. Kurze Originalzitate aus den Akten dienen der Demonstration ebenso wie zahlreiche Abbildungen von originalen Urgichten, Hexensabbat

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zeichnungen u.v.m. Einen großen Teil des Aufsatzes nimmt die Diskussion der diversen Gründe ein, die für die Hexenverfolgungen verantwortlich sein könnten. Alzey Anm Arch Lit Qu KARNETH, RAINER (2001): Bäcker Pfitzer – ein Flüchtling vor der Hexenverfolgung des 17. Jahrhunderts findet Asyl in Alzey. In: Alzeyer Geschichtsblätter 33, 34–49. Rainer Karneth beschreibt Fälle, in denen Personen, die der Hexerei angeklagt waren, im pfälzischen Raum um Asyl ersuchten. Seine Ausführungen stützen sich auf Quellen (Briefe, Traktate, Verhörprotokolle), aus denen gelegentlich kurz zitiert wird. Neben allgemeinen Informationen zu den Hexenverfolgungen im Mainzer Erzstift finden sich auch Hinweise auf Eigenarten der Kurpfalz bezüglich der Hexenfrage. Im Mittelpunkt steht jedoch das Schicksal des Bäckermeisters Caspar Pfitzer (1612), der als Flüchtling in Alzey aufgenommen wurde. Karneth stellt den Verlauf des Prozesses und der anschließenden Flucht paraphrasiert dar. Alzey, Ellwangen Anm Arch Lit Qu KATZFEY, JACOB (1855): Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ortschaften. Zweiter Theil. Köln. Grundlage des Kapitels über Rheinbach (S. 180–182) ist die Arbeit von Hermann Löher, der sich in seinem zeitgenössischen Werk mit den Vorgängen in Rheinbach zur Zeit der Hexenverfolgung beschäftigt hatte. Jacob Katzfey zitiert Auszüge aus dieser Arbeit, um dem Leser einen Eindruck zu geben, mit welchen Vorgehensweisen ein der Hexerei Angeklagter während seines Prozesses konfrontiert wurde. Exemplarisch schildert Katzfey den von Löher beschriebenen Fall der Christina Böffgens (1611). Es findet sich zudem die Abschrift eines Briefes von Pastor Weynardt Hartmann an Hermann Löher. Rheinbach Anm Lit KAUFMANN, KARL LEOPOLD (1929): Hexenwesen in einer kleinen Eifelherrschaft des 17. Jahrhunderts. In: Eifel-Kalender, 34–38. Kaufmannn schildert die Geschehnisse in der Herrschaft Wildenburg im Jahre 1627/1628 vor dem Hintergrund eines Zuständigkeitskonfliktes im hoheitsrechtlichen Sinne. Dabei gelangte Marsil von Palland in den Fokus der Kritik, der sich willkürlich Hoheitsrechten widersetzte, um auf eigene Verantwortung Hexenverbrennungen durchführen zu können. Reifferscheid, Wildenburg Arch KEMMERICH, HETTY (2003): Sagt, was ich gestehen soll. Hexenprozesse. Entstehung – Schicksale – Chronik. Dortmund. Die insgesamt drei Teile umfassende Regionalstudie beinhaltet eine Zusammenstellung und Auswertung aktueller Ergebnisse zur Hexenforschung. Weiterhin findet sich in einem speziellen Teil unter der Nennung von Namen und Jahreszahlen eine kurze Beschreibung der Schicksale von Prozessopfern am Niederrhein. Der Text enthält Bildbeigaben sowie exemplarische

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Auszüge aus Briefen und Verhörprotokollen. Zudem wird eine ausführliche Beschreibung der Hexenprozesse am Niederrhein geliefert. Aachen, Bonn, Düren, Köln u.a. Anm Lit Qu KETTEL, ADOLF (1988): Von Hexen und Unholden. Hexenprozesse in der West- und Zentraleifel. Prüm. Nach einer allgemeinen Einführung zum Hexenstereotyp geht Kettel auf die Hexenprozesse gegen Threin Schliger, Heinrich von Mülheim und Matthias Hennes ein und rekonstruiert die Verdachtsmomente, die gegen die Angeklagten geäußert werden, die juristischen Inquisitionsverfahren, die Foltermethoden sowie die Geständnisse und Urteile. Umfangreiche Auszüge aus Verhörprotokollen, Fragen- und Antwortkatalogen, Urgichten und Briefauszügen veranschaulichen die Prozessverläufe. In den letzten Kapiteln seiner Arbeit widmet sich Kettel Hexenprozessen im Luxemburgischen Land, indem er diese kurz, teilweise auch mit Originalauszügen skizziert. Gerolstein, Mülheim/Mosel Anm Arch Lit Qu KETTEL, ADOLF (1996): Hexenprozesse in der Grafschaft Gerolstein und in den angrenzenden kurtrierischen Ämtern Prüm und Hillesheim. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 355–388. Adolf Kettel fasst die Hexenprozesse in der Grafschaft Gerolstein und in den angrenzenden kurtrierischen Gebieten zusammen und verweist auf verfolgungsintensive und verfolgungsarme Perioden. Er erwähnt zahlreiche Prozesse und nennt Namen der Opfer sowie Prozessausgänge. Zudem werden einzelne Prozessparaphrasen in den Text eingearbeitet. Gerolstein, Hildesheim, Prüm, Stadtkyll u.a. Anm Arch Lit Qu KETTEL, ADOLF (1997): Hexenprozesse in der Eifel. In: Franz/Gehl/Irsigler (Hrsg.) (1997), 69– 98. Kettel schränkt seine Untersuchung der Hexenprozesse in der Eifel auf die Herrschaft Neuerburg (Westeifel), die kurtrierischen Ämter Prüm und Hillesheim sowie die Grafschaften Manderscheid-Blankenheim und Manderscheid-Gerolstein ein. Alle Teilgebiete werden nacheinander auf die überlieferten Hexenprozesse, Prozessformen und Prozessbesonderheiten untersucht. Kettels Studie basiert auf einem breiten Quellenkorpus und beinhaltet Prozessbeispiele mit zahlreichen Quellenzitaten. Blankenheim, Hillesheim, Neuerburg, Prüm u.a. Arch Qu KITTEL, MARTIN BALDUIN (1865): Kurmainzische peinliche Hexeninquisition vom Jahre 1624. In: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 12, 395–400; 434–439; 457–460. Der Autor gibt Interrogatoria der Jahre 1597 und 1624 sowie Ordnungen zur Unkostenbegleichung in teilnormalisierter Schreibe wieder. Der Fragenkatalog, der vom kurfürstlichen Hofgericht zu Mainz 1624 an die Justiz und Stadtämter erging, enthält 98 Fragen. Angehängt finden sich ältere „Interrogatoria zur peinlichen Examination“ mit acht Fragen. Qu

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KLAR, HUGO (1959): Ein Hexenprozess zu Neunkirchen. Neunkirchen (Nahe) im Jahre 1630. In: Heimatkalender des Landkreises Birkenfeld. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des Landes an der oberen Nahe, des Westrichs, des Hoch- und Idarwaldes 4, 107–110. Hugo Klar stellt anhand der Prozessakte das Verfahren gegen Eva Schmehlich aus Neunkirchen dar, die im Jahre 1630 der Hexerei angeklagt und hingerichtet wird. Paraphrasierend zeichnet er den Prozessverlauf vom Hexereiverdacht über Zeugenaussagen und Verhör bis zur Hinrichtung nach. Lemberg, Neunkirchen/Nahe Anm Arch KOCH, HUGO (1935): Hexenprozesse und Reste des Hexenglaubens in der Wetterau. Gießen. Die Dissertation enthält umfangreiche Auszüge aus Prozessakten der „Besenkunigund“ (Echzell 1655) und des Heinrich Benner (Echzell, 1654/55). Mit zusätzlichen Zitaten aus weiteren Protokollen zeichnet Koch die regionalgeschichtliche Ausprägung der Hexenverfolgung in der Wetterau nach. Er deutet die Vielschichtigkeit des Phänomens an, nennt aber das Bereicherungsinteresse der lokalen Hexenjäger als Hauptgrund für die Verfolgung. Bisses, Echzell, Geißnidda, Leidhecken u.a. Anm Lit Qu KRÄMER, WOLFGANG (1959): Kurtrierische Hexenprozesse im 16. und 17. Jahrhundert vornehmlich an der unteren Mosel. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte. München. Die Arbeit von Wolfgang Krämer gliedert sich nach den ihm zur Verfügung stehenden Prozessakten: den Waaler Dokumenten von 1630–1652 und den Prozessakten von Winningen 1631–1661. Der Verfasser gibt einige Akten sprachlich normalisiert wieder, darunter Fragmente aus den Prozessen gegen Lucia, Frau des Johann Flick, und Lucia, Witwe des Thöngen Zens aus Winningen (1647). Kempenich, Mayen, Monreal, Winningen u.a. Anm Arch Lit Qu Reg KUPITZ, ANSGAR (1996): Der Marktwert einer Hexe. In: Nassauische Annalen 107, 97–100. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Illustration finanzieller und bürokratischer Aspekte während der schlimmsten Phase der Hexenprozesse in Nassau (1630er Jahre). Zunächst erläutert er die allgemeine Rechtslage innerhalb dieses Zeitraums, um anhand des emplarischen Falls der Ottilie Pfinstock (1631) den Charakter der Hexenverhöre mit Hilfe von fragmentarisch in den Text integrierten Aktenzitaten zu verdeutlichen. Um dem Leser die Systemhaftigkeit der Prozesse näher zu bringen, nimmt Kupitz die Sicht der ‘Dienstleister’ (Scharfrichter, Fiskale, Handwerker) ein und zeigt, dass die Anzahl der Hexenverbrennungen meist auch aus einer Kosten-Nutzen-Rechnung resultierte. Dillenburg, Eisemroth, Nassau Anm Arch Lit LABOUVIE, EVA (1992): Verbotene Künste. Volksmagie und ländlicher Aberglaube in den Dorfgemeinden des Saarraumes (16.–19. Jahrhundert). St. Ingbert (= Saarland Bibliothek 4). Eva Labouvie analysiert die magischen Vorstellungen und Praktiken der dörflichen Bevölkerung vom 16. bis zum 19. Jahrhundert sowie den Umgang der kirchlichen und weltlichen

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Institutionen mit diesem Phänomen, wobei der Zusammenhang zwischen Volksmagie und Hexenverfolgung immer wieder Erwähnung findet. So kann Labouvie eine Beziehung zwischen Häufigkeit, Konzentration, Ausrichtung und Wandel magischer Rituale und dem jeweils unterschiedlichen Verlauf der Hexenverfolgung feststellen. Merzig, Ottweiler, Saarwellingen, Trier u.a. Anm Arch Lit LABOUVIE, EVA (1993): Zauberei und Hexenwerk. Ländlicher Hexenglaube in der frühen Neuzeit. Frankfurt/Main. Labouvie beschäftigt sich mit funktionalen sowie inhaltlichen Voraussetzungen für die Hexenverfolgung. Im Mittelpunkt steht die These, dass dem ländlichen Hexenglauben zu Beginn der Hexenprozesswelle wesentliche Bedeutung zukommt. Die Autorin vergleicht das Hexenbild der Kirchen mit der Hexereivorstellung des Volkes und verweist auf Schnittpunkte. Der Text skizziert einzelne Prozesse und greift in diesem Zusammenhang typische Anklagemotive auf. Er enthält exemplarische Auszüge aus Verhörprotokollen und wird durch Abbildungen und zahlreiche statistische Angaben gestützt. Saarbrücken, Trier Anm Arch Lit Qu LABOUVIE, EVA (1995a): Absage an den Teufel. Zum Ende dörflicher Hexeninquisition im Saarraum. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995a), 55–76. Der Aufsatz analysiert die Hintergründe der ab 1635 feststellbaren Abnahme der Hexenprozesse im Saarraum. Die Argumentation verläuft auf verschiedenen Ebenen. Motive werden dabei sowohl in einem Wandel der Rahmenbedingungen (Bevölkerungsrückgang) als auch in einer Interessenverschiebung (die allgemeine Lage wurde durch die Tötung von Hexen nicht verbessert) der ländlichen Bevölkerung gesehen. Berg, Dillingen, Saarbrücken, Ottweiler u.a. Anm Arch Lit LABOUVIE, EVA (1995b): Das Ende dörflicher Hexeninquisition im Saarraum. In: Dülmen, Richard van; Klimmt, Reinhard (Hrsg.) (1995): Saarländische Geschichte: Eine Anthologie. St. Ingbert, 66–74. Nachdem in den Dörfern des Saarraumes zwischen 1580–1635 eine verfolgungsintensive Periode mit den Höhepunktjahren 1590, 1610, 1630 und 1633/1634 festzustellen ist, brechen die Hexenprozesse im Jahr 1635 plötzlich ab. Eva Labouvie sucht im vorliegenden Aufsatz nach Gründen für dieses jähe Ende der Hexenverfolgungen, indem sie die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren der Zeit beleuchtet. Ebenso befragt sie Aktenausschnitte, die sie paraphrasiert wiedergibt, auf Anzeichen eines Bewusstseinswandels der Bevölkerung. Schließlich setzt die Autorin diese „äußere“ und „innere“ Ebene in Zusammenhang und diskutiert diese Kombination als mögliche Erklärung für das Ende der saarländischen Hexenverfolgungen. Criechingen, Nassau-Saarbrücken, Wustweiler Anm Arch Lit

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LABOUVIE, EVA (1996): „Gott zu Ehr, den Unschuldigen zu Trost und Rettung …„. Hexenverfolgungen im Saarraum und in den angrenzenden Gebieten. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 389–403. Es handelt sich um eine vergleichende Studie, „die die unterschiedliche Handhabung von Hexenverfolgungen durch Vertreter der verschiedenen Konfessionen, Landesherrschaften und Rechtsinstitutionen“ thematisiert. Eva Labovie analysiert Ursachen sowie den Verlauf der Verfolgungen. Neunkirchen/Nahe, Roden, Wallerfangen, Weierweiler u.a. Anm Lit LAGER, JOHANN CHRISTIAN (1905): Bruchstücke aus der Rechtspflege zu Filzen a. d. Saar in früheren Jahrhunderten. In: Trierische Chronik N.F. 1, Heft 10, 145–156. Nach einer allgemein gehaltenen Darstellung zur Hexenverfolgung im Erzstift Trier wendet sich der Autor dem Schicksal der Marie Dillinger aus Filzen zu, die im Juni 1630 wegen Zaubereiverdachts angeklagt wurde. Der Verfasser präsentiert in Form von Paraphrasen Auszüge aus den Untersuchungsakten. Commlingen, Filzen, Neunkirchen/Nahe, Saarburg Anm Arch Lit LANGE, THOMAS (1993): „… die Zauberinnen mögen verbrennet werden“. Hexenverfolgungen in Darmstadt und Umgebung am Beginn der Neuzeit. Dokumente 1574–1628. Darmstadt (= Geschichte im Archiv. Darmstädter Archivdokumente für den Unterricht 3). Das vorgelegte Material soll Quellenbasis zur selbständigen Erarbeitung der Hexenproblematik in Darmstadt (1582) und Dieburg (1627/28) sein. Neben den Transkripten der Darmstädter und Dieburger Verhörprotokolle enthält die Materialsammlung Briefe der Landgrafen, die damalige Kirchenordnung, Rechtsgrundlagen der Prozesse und andere Dokumente. Zur Illustration finden sich zahlreiche Faksimiles. Darmstadt, Dieburg Anm Arch Lit Qu LANGE, THOMAS/WOLF, JÜRGEN RAINER (1994): Hexenverfolgung in Hessen-Darmstadt zur Zeit Georgs I. Mit einer Edition des Briefwechsels zwischen den Landgrafen Georg I. und Wilhelm IV. über Hexereifälle im Jahre 1582. In: Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde (Neue Folge) 52, 139–198. Lange und Wolf stützen sich in ihrem Beitrag auf Originalakten, die sowohl Urgichten und Spezialrechnungen als auch Briefe beinhalten. In einem ausführlichen Anhang stellen die Autoren das Quellenmaterial in Auswahl zusammen. In diesem Rahmen findet sich die Edition des Briefwechsels zwischen dem Landgrafen Georg I. und Wilhelm dem IV. sowie die Urgicht des Wolf Weber und „Der Dreieicherin Tiehter Annen guetliche Bekantnus“. Die Quellen werden in modernisierter Form wiedergegeben. Darmstadt Anm Arch Lit Qu

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LAUER, DITTMAR (1997): Hexenprozesse im Hochwald. In: Franz/Gehl/Irsigler (Hrsg.) (1997), 59–68. Dittmar Lauer widmet sich in seinem Aufsatz der Hexenverfolgung im Hochwald und grenzt sein Untersuchungsgebiet genauer auf das Amt Grimburg, die darin eingeschlossenen Herrschaften des Domkapitels in Schillingen und der Propstei des Kollegiatsstifts St. Paulin in Heddert und das Dagstuhler Land ein. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre 1523– 1630, die Zahl der ermittelten Prozesse liegt bei 172. Einige Quellenzitate sollen die These der „Hexenjagd von unten“, also die Forcierung der Verfolgungen von Seiten der unteren Bevölkerungsschichten belegen sowie die Folter als Ursache für Falschaussage, Selbstbeschuldigung und Denunziation erkennbar machen. Dagstuhl, Grimburg, Heddert, Schillingen u.a. Arch Lit Qu LAVEN, H. (1908): Die Hexenprozesse in Trier und Umgebung. In: Trierische Chronik. Zeitschrift der Gesellschaft für Trierische Geschichte und Denkmalpflege 4, Heft 8/9, 113–128; 129–135. Lavens Beitrag umfasst neben allgemeinen rechtshistorischen Erläuterungen zum weltlichen und geistlichen Recht Angaben zu den ersten Hexenpozessen in Trier und der Trierer Umgebung. Den Beginn der Verfolgungen datiert Laven auf das späte 16. Jahrhundert. Er beschreibt den Prozess gegen Niklas Fiedler (1581), um ein Hexenverfahren in seinen charakteristischen Stationen zu belegen. Es folgen weitere kurze Paraphrasen einzelner Prozesse, die auf Besonderheiten in der Prozessführung verweisen. Laven stützt seine Darstellung auf Originalakten. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf den Aussagen der Angeklagten, die Urgichten werden dabei besonders berücksichtigt. Schillingen, Trier, Wahlscheid, Waltrach u.a. Anm Arch Lit LEIß, ALBERT (1928): Hexenprozesse in Corbach. In: Mein Waldeck. Heimatkundliche Beilage zur „Waldeckischen Landeszeitung“ 5, Heft 22, 85f. Albert Leiß berichtet in seinem Aufsatz von elf Korbacher Hexenprozessen aus den Jahren 1656–1671, die durch Protokolle im Stadtarchiv Korbach dokumentiert sind. Neben einer namentlichen Auflistung der Angeklagten und Erläuterungen zum schematischen Aufbau der Verhöre gibt Leiß in freier Paraphrase einige Aussagen aus den Protokollen wieder, so z.B. Beschreibungen vom Hexentanz und die Schilderung eines Paktschlusses mit dem Teufel. Korbach, Waldeck Arch LIEBELT, KURT (1932): Geschichte des Hexenprozesses in Hessen-Kassel. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 58, 1–144. Liebelt untersucht die Prozesse in Hessen-Kassel detailliert – vom anfänglichen Verdacht der Hexerei bis hin zum vollzogenen Urteil – anhand der Prozessakten. Die einzelnen Verfahrensschritte werden vom Autor anschaulich dargestellt, illustriert durch teilnormalisierte und

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modernisierte Auszüge aus Zeugenvernehmungen, juristischen und ärztlichen Gutachten, Verhören, Folterprotokollen u.a. Kassel, Kirchhain, Rinteln, Willersdorf Anm Arch Lit Qu LIEL, A. F. J. (1833a): Die Verfolgung der Hexen und Zauberer in dem Kurfürstentum Trier. In: Archiv für rheinische Geschichte 1, 17–46. Liel gibt zunächst einen Abriss der allgemeinen Geschichte des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung, beginnend in der Antike bis in die Frühe Neuzeit. Anschließend wird der Schwerpunkt auf die regionale Ausprägung der Hexereivorstellungen im Raum Trier gelegt. Anm Lit LIEL, A. F. J. (Hrsg.) (1833b): Merkwürdige Hexenprozesse. In: Archiv für rheinische Geschichte 1, 47–80. Liel veröffentlicht einen umfangreichen Auszug aus der Prozessakte gegen den Trierer Bürger Johann Reulanth, der 1591 der Hexerei angeklagt wird. Die Akte enthält neben Dekreten und Protokollen von Verhören mit Reulanth vor allem eine Vielzahl von Besagungen anderer Angeklagter, die der Gerichtschreiber aus Urgichten und Verhörprotokollen auch benachbarter Hochgerichte extrahiert hat. Das Quellenmaterial ist sprachlich anscheinend nicht normalisiert worden. Trier Qu LORENZ, DR. MED. (1908): Hexenprozesse. In: Aschaffenburger Geschichtsblätter 2, Heft 1, 1– 7. Lorenz' summarischer Bericht über die Hexenprozesse in Aschaffenburg und Umgebung bezieht sich unter anderem auf Vorarbeiten des Lokalhistorikers Ludwig Hermann. Nach einer allgemeinen Einführung legt Lorenz den Schwerpunkt auf die Schilderung der unmenschlichen Foltermethoden, die anhand von kurzen, exemplarischen Prozessbeschreibungen illustriert werden. Mittels fragmentarisch zitierter Protokolleinschübe aus Geständnissen oder Zeugenaussagen werden die stereotypen Vorwürfe der Hexeninquisition dargelegt. Eine statistische Übersicht über die Hexenprozesse in der Umgebung Aschaffenburgs beendet den Aufsatz. Aschaffenburg, Dieburg, Großostheim, Seligenstadt u.a. Anm Arch Lit LORENZ, SIMON R. (1931): Hexenprozesse in Großostheim und Pflaumheim. Wortgetreue Abschrift aus einem alten Protokoll. In: Spessart. Monatszeitschrift des Spessart-Bundes. Zeitschrift für Wandern, Heimatgeschichte und Naturwissen 17, Heft 3, 14–17. Simon Lorenz gibt Verhörprotokolle einiger wegen Hexerei Angeklagter in wortgetreuer, aber normalisierter Schreibweise wieder. Die Auszüge stammen aus den Jahren 1602/03. Großostheim, Mainz, Ostheim, Pflaumheim Anm Qu

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LORENZ, SÖNKE; BAUER, DIETER R. (Hrsg.) (1995a): Das Ende der Hexenverfolgung. Stuttgart (= Hexenforschung 1). Es handelt sich um eine Aufsatzsammlung, die vom „Arbeitskreis interdisziplinäre Hexenforschung“ zusammengestellt wurde. Im Vordergrund steht die Suche nach den verschiedenen Faktoren, die zum Ende der Hexenverfolgung beigetragen haben. Die Beiträge sind einzeln aufgenommen unter: → Pohl (1995), → Rummel (1995), → Labouvie (1995), → Decker (1995) Ndw, → Jerouschek (1995) Swd. Aschaffenburg, Cochem, Kastellaun, Mainz u.a. Anm Arch Lit Qu Reg LOREY, ELMAR M. (2001): Das Werwolfstereotyp als instabile Variante im Hexenprozeß. „Gefragt, wie oft er sich des Jahrß zu einem Wehr Wolff gemacht“. In: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 112, 135–176. Anhand von Bad Homburger Hexenprozessen skizziert Lorey Grundmuster der „Verwandlung in einen Werwolf“, um diese mit den Mustern in anderen Regionen zu vergleichen. Sodann stellt er das Werwolfstereotyp dem Hexenstereotyp gegenüber und ermittelt Ähnlichkeiten und Differenzen. Bad Homburg Anm Arch Lit Qu LUSCHBERGER, FRANZ (1991): Hexenprozesse zwischen Main und Taunus. Protokoll der Offenbarungen und Grausamkeiten. Hochheim/Main. Die Publikation enthält eine Auswertung der noch vorhandenen Prozessakten der Ämter Höchst, Hofheim, Königstein und der im Domdechaneiamt Mainz zusammengefassten Ämter Hochheim und Flörsheim. Luschberger verfolgt unterschiedliche Diskurse und verweist sowohl auf die rechtshistorische Dimension der Hexenverfolgung als auch auf die psychologische sowie geschlechtsspezifische Komponente. Es finden sich exemplarische Beschreibungen einzelner Hexenprozesse, die unter anderem die Verfahren gegen Ela Dheiss (Höchst 1617), die Geschwister Schad (Flörsheim 1617) und Anna Dheiß (Wicker 1616) aufgreifen. Zahlreiche teilnormalisierte Auszüge aus Verhörprotokollen und Traktaten unterstützen den Text. Flörsheim, Hochheim/Main, Höchst, Wicker u.a. Arch Lit Qu MACHA, JÜRGEN (1992): Anmerkungen zur Schreibsprache eines Kölner „Hexenprothocolls“ aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 56, 325–332. Einleitend stellt der Verfasser das von ihm untersuchte Hexenprotokoll vor. Im 17. Jahrhundert von dem Notar und Gerichtsschreiber des Kölner Rates geführt, umfasst das Dokument 116 vor- und rückseitig beschriebene Blätter. An eine Reflexion über den Forschungsstand zu Schreib- und Schriftsprache im 17. Jahrhundert schließt sich die ausführliche Analyse ripuarischer sowie oberdeutsch-bairischer Sprachmerkmale im Hexenprotokoll an, die sich auf den lautlich-graphischen, den grammatischen und den lexikalischen Bereich erstreckt. Köln Anm Lit

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MACHA, JÜRGEN; HERBORN, WOLFGANG (BEARB.) (1992): Kölner Hexenverhöre aus dem 17. Jahrhundert. Köln, Weimar, Wien (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 74). Die Publikation enthält die Edition von Hexenprotokollen aus Köln, in denen gerichtliche Ermittlungen in Hexereifällen zwischen 1629 und 1662 dokumentiert werden. Dem Text- und Kommentarteil ist eine ausführliche Einleitung vorangestellt. Die Verfasser gehen näher auf die Handschrift, den Schreiber, die Entstehungshintergründe und die Verhörkonstellation ein. Mehreren tabellarischen Übersichten können zum einen die Chronologie der Verhöre und zum anderen die Amtszeiten von Gewaltrichtern, Turm- und Stimmeistern sowie Schöffen des erzbischöflichen Hochgerichts entnommen werden. Daneben enthält die Edition auch Schriftproben des Schreibers und im Anhang ein Sach-, Orts- und Personenregister. Köln Anm Arch Lit Qu Reg MALKMUS, GEORG JOSEPH (1962): Der Hexenrichter Balthasar Nuß. In: Buchenblätter, Hefte 8/9/11/12/13/15/16/18/19, 31; 34; 42; 47f.; 54f.; 58; 62f.; 71; 74f. Im Mittelpunkt des 1875 verfassten Aufsatzes von Malkmus steht der Hexenrichter Balthasar Nuß, dessen Lebensweg bis zur Hinrichtung 1618 detailliert beschrieben wird, wobei der Autor vor allem Wert darauf legt, die kriminellen Tätigkeiten, die Nuß während seiner Richterkarriere ausübte, zu belegen. Geschildert werden die Beschwerden, die gegenüber Nuß geäußert wurden, seine grausamen Foltermethoden, seine falschen Rechnungsangaben und die Verteidigungsargumentation vor Gericht. Alle diese Angaben werden mit paraphrasierten Zeugenaussagen (namentlich benannt) belegt. Fulda Anm Arch Lit MANSEL, BARBARA (1974): Der Hexenprozeß in Linz im Jahre 1631. In: Heimat-Jahrbuch des Landkreises Neuwied, 93–95. Nach einem kurzen allgemeinen Abriss über Ausmaß und Charakter der Hexenverfolgungen im Rheinland wendet sich Barbara Mansel einem spezifischen Prozess zu, der 1631 gegen Giertgen Hemmessem und Elisabeth Becker in Linz geführt wurde. Auf der Grundlage der Prozessakte aus dem Stadtarchiv Linz beschreibt Mansel in knapper Form den Prozessverlauf sowie seinen Ausgang für beide Frauen. Linz Arch MEINHARDT, KARL-ERNST (1957): Das peinliche Strafrecht der freien Reichsstadt Frankfurt am Main im Spiegel der Strafpraxis des 16. und 17. Jahrhunderts. Frankfurt/Main. Im dritten Teil der Arbeit wird im Rahmen der Beschreibung einzelner Straftatbestände unter den „Verbrechen wider die Religion“ das Verbrechen der Zauberei aufgeführt. Ein kurzer Überblick beschreibt auf vier Seiten (S. 198–201) den Charakter und das Ausmaß der Hexenprozesse in Frankfurt am Main. Meinhardts Arbeit basiert auf einem breiten Quellenkorpus, das u.a. ein Strafenbuch der Stadt Frankfurt aus der Zeit von 1562–1696, Bürgermeisterbücher, Ratsprotokolle und Strafakten aus dem Frankfurter Stadtarchiv umfasst. Frankfurt/Main Anm Arch Lit

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MERGEN, JOSEF (1969): So litt und starb ein Pölicher Meyer als Opfer des Hexenwahns. In: Neues Trierisches Jahrbuch, 93–101. In seinem Aufsatz schildert Joseph Mergen den Fall des Jakob Meyer aus Pölich, der aufgrund von Denunziationen und Besagungen Opfer der Hexenverfolgungen geworden ist. Mit Hilfe von Auszügen aus Folter- und Geständnisprotokollen, die Mergen in orthographisch angepasster Form wiedergibt, werden die Entwicklungen der Geständnisinhalte unter Zunahme der Folterdauer ersichtlich. Die schematischen Geständnisse führt der Autor auf die angewendeten Suggestivfragen der Verhörenden zurück. Detzem, Fell, Trier Anm Arch Lit Qu MERKEL, ERNST (1939): Der Teufel in hessischen Hexenprozessen. Gießen. Ernst Merkel gehörte dem Hexen-Sonderkommando der Nationalsozialisten an. Seine Dissertationsschrift trägt entsprechend nationalsozialistische und rassistische Züge. So sieht der Verfasser die christliche Teufelsvorstellung als Resultat eines vermeintlichen vorderasiatischjüdischen Dualismus, er vertritt die Auffassung, dass „die Lehre von einem Reich des Bösen“ nicht in die nordische Götterwelt passe. Neben diesen nationalsozialistisch geprägten Anteilen der Arbeit hat der SS-Angehörige Akten aus dem Gräflich-Ysenburg-Büdingschen Archiv vor allem im Hinblick auf verschiedene Teufelsbilder ausgewertet. Daher kommen eher Schilderungen von Teufelsbegegnungen aus den Protokollen zur Sprache – teilweise mit kurzen Aktenauszügen belegt – als dass konkrete Fälle genauer aufgeführt werden. Anm Arch Lit Qu MIRBACH-HARFF, WILHELM GRAF VON (1881): Die Hexenprozesse im Ländchen Drachenfels 1630–1645. In: Forschungen zur deutschen Geschichte 21, 615–621. Der Autor stellt die Besitz- und Verantwortungsverhältnisse der Landesherren zur Zeit der Hexenprozesse in der Region Drachenfels um 1630 bis 1645 dar. Den Schwerpunkt seiner Ausführung legt er auf Hexenverbrennungen in Merl, wo in der Zeit zwischen Juli 1630 und Dezember 1631 sowie zwischen November 1643 und Mai 1645 ca. 92 Personen wegen Hexerei und Zauberei verurteilt worden sind. Merl Anm MÖLLER, THOMAS (1983): Hexenverfolgungen und Hexenprozesse im Hochstift Fulda. In: Buchenblätter 22/24/25, 84; 95; 99. Thomas Möller skizziert zunächst die Situation im geistlichen Fürstentum Fulda unmittelbar vor Beginn der exzessiven Hexenverbrennungen. Es folgt die Darstellung der größten Hexenverfolgung in Fulda unter Balzer Roß. Einige Prozesse um 1603/1604 werden kurz geschildert, eine Gerichtskostenaufstellung wird exemplarisch abgedruckt. Abschließend erläutert der Autor die Verhaftung des Hexenrichters Balzer Roß und die damit verbundene Beendigung der Hexenverfolgungen im Fuldaer Land. Fulda Anm Arch Lit Qu

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MÜLLER, ADOLF (1957): Ein Hexenprozeß in Rhens. In: Heimatkalender für den Landkreis Koblenz, 42–46. Müller schildert in seinem Beitrag den Prozess gegen Elisabeth Seinerholtz, die im Jahre 1645 verhaftet und in Rhens vor einem Inquisitionsausschuss verhört wird. Als sie auf Beschluss des Inquisitionsgerichts zu Koblenz der Folter unterworfen wird, legt sie ein Geständnis ab, aufgrund dessen sie im August 1645 nach mehrmonatigem Verfahren hingerichtet wird. Müller integriert in seine Darstellung sowohl einige Schreiben des Koblenzer Inquisitionsgerichts als auch Auszüge aus den Verhörprotokollen, wobei das Quellenmaterial in weitgehend normalisierter Form präsentiert wird. Rhens Qu MÜLLER, AEGIDIUS (1925): Siegburg und der Siegkreis. Seine Sagen und seine Geschichte von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Siegburg (= Beiträge zur Heimatkunde 5/6), 30–35. Im ersten Kapitel des fünften Buches berichtet Aegidius Müller kurz über die Hexenprozesse, die im Kreis Siegburg von 1636 bis 1638 stattgefunden haben. Von 20–30 dokumentierten Prozessen greift er den Fall der Kunigunde Meurer heraus. Der Verfasser gibt ihr Geständnis wortgetreu, aber normalisiert wieder. Siegburg Arch MÜLLER, WILHELM (1915): Die Verurteilung einer Arheilger Hexe im Jahr 1586. In: Hessische Chronik 4, 177–181. Nach einer kurzen Einführung in die Hexenprozesse der Landgrafschaft Hessen, in der auf die ersten Darmstädter Prozesse im Jahr 1582 verwiesen wird, skizziert Wilhelm Müller einen weiteren Hexenprozess der Jahre 1585 und 1586, der die bisherigen Verfahren hinsichtlich seines Umfangs übertraf. Müller erläutert in diesem Zusammenhang einen Erlass des Landgrafen Georg I., der eine Grundlage für die zahlreichen Hexenprozesse bildete. Da das Quellenmaterial nur unvollständig erhalten ist, gibt der Text lediglich das Schlussprotokoll des Prozesses gegen Margaretha Weiland (1586) wortgetreu wieder. Darmstadt-Arheilgen Anm Arch Lit Qu NAHRGANG, KARL (1956): Hexenprozesse in der Dreieich im Ausgang des 16. Jahrhunderts. In: Landschaft Dreieich. Blätter für Heimatforschung, 2–16; 22–24. Dieser Beitrag in einer Beilage der „Langener Zeitung“ stellt die Hexenprozesse in der Dreieich chronologisch zusammen. Der Autor stützt sich dabei auf Originalakten, die Verhörprotokolle sowie Gutachten umfassen, und gibt „einige kurzgefaßte und weitgehend in den modernen Sprachgebrauch übersetzte Protokolle“ wieder. Die Beschreibung der einzelnen Verfahren gestaltet sich unterschiedlich umfangreich, ein Schwerpunkt liegt auf dem Fall des Nikolaus Quelbach (1596/97). Nahrgang referiert die Punkte der Anklage und stellt diesen die Entgegnungen Quelbachs und einige Zeugenaussagen gegenüber. Dreieichenhain, Götzenhain, Offenthal Arch Qu

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NEUMAIER, HELMUT (1976): Hexenwahn im badischen Frankenland. In: Württembergisch Franken 3, 264–277. Neumaier stellt die Hexenverfolgung im kurmainzischen Osterburken (badisches Frankenland) anhand eines fragmentarischen Faszikels aus dem Staatsarchiv Würzburg dar. Im Frühsommer 1593 setzte hier eine kurze, aber intensive Hexenverfolgung ein. Innerhalb weniger Monate forderte sie zahlreiche Opfer, endete allerdings im Jahre 1594 bereits wieder. Neumaier erläutert anhand der Prozessakten den Verlauf der Verfolgung sowie die unterschiedlichen Schicksale der einzelnen Angeklagten. Dazu zitiert er längere Auszüge aus den Akten in Originalform. Altheim, Mainz, Osterburken, Rosenberg Anm Arch Lit Qu NIEß, WALTER (1982): Hexenprozesse in der Grafschaft Büdingen. Protokolle. Ursachen. Hintergründe. Büdingen. Walter Nieß fasst umfangreiches Material zur Hexenverfolgung im untersuchten Gebiet (Wetterau) zusammen. Die Monographie bezieht sich auf etliche Prozesse, die in zeitlicher und geographischer Gliederung meist eher nacherzählt als aus den Akten zitiert werden. Die Paraphrasen werden ergänzt durch Prozesskosten-Auflistungen und andere historische Quellen, darunter eine modernisierte Edition typischer Hexenprozess-Formalia um 1655. Sprachlich angepasst wiedergegeben wird das einzige längere Prozessakten-Zitat aus einem Sammelprozess von 1652/53 (Margarethe Schäffer, Else Holben, Anna Helffrich, Else Laudenbach, Anna Reins und Anna Michel aus Rodenbergen bzw. Lieblos). Büdingen, Cleeberg, Dreieich, Götzenhain u.a. Arch Lit PELIZAEUS, LUDOLF (2003): Hexenprozesse in Dieburg 1627–1629. Das CD Projekt der Universität Mainz. Vier Biographien aus den Dieburger Hexenprozessen von 1627–1629. Dieburg (= Dieburger kleine Schriften 17). Ludolf Pelizaeus stellt den Inhalt eines CD-Projektes der Universität Mainz vor. Den Kern der CD bilden aufbereitete Auszüge aus dem Faszikel 28/291 „Diepurger Hexerey Sachen betr. 1627“ im Stadtarchiv Mainz. Jedem Archivale wird dabei eine Transkription zur Seite gestellt. Neben den Texten wird die CD auch Bilder, Musik- und Sprachbeispiele sowie ein Glossar enthalten. Nährere Informationen hierzu sind der Homepage der Universität Mainz zu entnehmen. Als Vorgriff auf die CD stellt Pelizaeus einige Einzelschicksale von Dieburgern im Zusammenhang mit der Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert vor. Es handelt sich dabei um die Fälle der Anna Stark (1627), des Michael Fritz (1627) und des Niclas Ehereutter (1627). Dieburg Anm Arch Lit Qu PETRY, KLAUS (1989): Zur Zeit der Hexenverfolgungen in den kurtrierischen Landen. Opfer des Hexenwahns aus Hupperath und Minderlittgen vor 400 Jahren. In: Jahrbuch für den Kreis Bernkastel-Wittlich 13, 312–322. Nach einer kurzen Übersicht über die ereignis- und mentalitätsgeschichtliche Entwicklung der Hexenverfolgungen lässt Klaus Petry im Wesentlichen die Quellen für sich sprechen. Auf der Grundlage von Aktenstücken aus dem Landeshauptarchiv Koblenz gibt er zwei Texte wieder: zum einen die Abschrift eines Protokolls aus dem Jahre 1581, das „Bekenntnis der Anna

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Heß aus Hupperath“, zum anderen eine „Anklageschrift […] gegen Margarethe (Merg) Aitzige aus Minderlittgen, um 1590“. Beide Texte sind an das heutige Deutsch angepasst sowie mit textlichen Ergänzungen und Worterklärungen versehen. Hupperath, Minderlittgen, Musweiler, Wittlich Anm Arch Lit Qu POHL, G. (1893): Ein Hexenprozeß zu Linz am Rhein vom Jahre 1631. In: Bonner Archiv für die Geschichte Bonns und der Umgegend 5, Heft 5–8, 33–37; 41–44; 49–52; 57f. Im Zentrum des Beitrags steht die weitgehend originalgetreue Transkription eines Hexenverhörprotokolls aus Linz am Rhein vom Jahr 1631. Der Autor gibt nach einigen einführenden Bemerkungen zur Schreiberproblematik und zum Text das vollständige, recht umfängliche Protokoll wieder, das die Aussagen zweier Angeklagten, nämlich Giertgen Hemmeßem und Elisabeth Hilgenhaupt enthält. Während Elisabeth Hilgenhaupt am 17. Januar 1631 die Flucht aus dem Gefängnis gelingt, wird Giertgen Hemmeßem am 8. Februar 1631 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Linz Anm Arch Lit Qu POHL, HERBERT (1988): Hexenglaube und Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz. Ein Beitrag zur Hexenfrage im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. Stuttgart (= Geschichtliche Landeskunde 32). In drei Untersuchungsteilen werden die Hexenverfolgungen und der Hexenglaube im Kurfürstentum Mainz unter juristischen, sozialgeschichtlichen und mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten näher beleuchtet. Pohls Studie basiert auf einem breiten Quellenkorpus und ist mit zahlreichen Quellenzitaten sowie den zugehörigen Belegen versehen. Aschaffenburg, Bingen, Höchst, Mainz u.a. Anm Arch Lit Qu POHL, HERBERT (1995): Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1647–1673) und das Ende der Hexenprozesse im Kurfürstentum Mainz. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995a), 19–36. Der Autor gibt zunächst einen chronologischen Überblick über die Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz, der durch Karten und Grafiken visuell unterstützt wird. Im Folgenden geht er auf die Rechtsgrundlagen im Kurfürstentum ein und bewertet abschließend die Bedeutung des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn für das Ende der Hexenprozesse in dieser Region. Aschaffenburg, Mainz Anm Arch Lit Reg POHL, HERBERT (1996): Hexenverfolgungen im Kurfürstentum Mainz. Ein chronologischer Abriß. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 225–254. Herbert Pohl zeichnet die Entstehung von Hexenverfolgungen im Kurfürstentum Mainz nach und verweist auf den allmählichen Beginn der Prozesse sowie auf das Aufkommen der großen Prozesswellen ab dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Aschaffenburg, Dieburg, Höchst, Großostheim u.a. Anm Arch Lit

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POHL, HERBERT (1998): Zauberglaube und Hexenangst im Kurfürstentum Mainz. Ein Beitrag zur Hexenfrage im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert. Stuttgart (= Hexenforschung 3). Im ersten Kapitel seines „Beitrages zur Hexenfrage“ systematisiert Herbert Pohl die Intensitätsentwicklungen der Hexenverfolgung, um einen Gesamtüberblick zu ermöglichen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit exemplarisch ausgewählten Prozessen, deren Genese und Umfeld, den Abläufen sowie der Haltung der Bevölkerung. Die strafrechtliche Verfolgung der Angeklagten ist Thema des dritten Kapitels, in dem Pohl auf der Grundlage von Originalakten auf Details der Prozesse eingeht. Er schildert die Handhabung von Denunziationen, die Anwendung von Schemata der gütlichen und peinlichen Examen und fragt nach dem Einfluss lokaler und zentraler Behörden auf deren Verlauf, um im vierten Kapitel eine Analyse der Hexenprozesse als Symptom gesellschaftlicher Spannungen vorzunehmen. In einem dreiteiligen Anhang befinden sich Interrogatorien von 1612, Kurmainzer Verordnungen zur Hexenverfolgung u.a.m. Aschaffenburg, Buchen, Dieburg, Kleinostheim u.a. Anm Arch Lit Qu Reg REHANEK, RUDOLF (1929): Die Hexen von Schwarzenholz. Hexenprozesse im Gebiet der ehemaligen adeligen Frauenabtei Fraulautern. Nach Originalakten im Preußischen Staatsarchiv zu Koblenz bearbeitet. In: Südwestdeutsche Heimatblätter. Beiträge zur Heimatforschung in der südwestdeutschen Grenzmark 3, Heft 2/3, 9–12; 17–21. Auf der Grundlage von Originalakten des Preußischen Staatsarchivs rekonstruiert Rudolf Rehanek die Fälle der Barbara Odil (1611) und des Bartholomäus Hoff (1611/1612). Nach einem kurzen historischen Abriss der Geschehnisse zur Zeit der Hexenverfolgungen führt der Autor dem Leser die Unmenschlichkeit der Prozesse mittels paraphrasierter Protokollinhalte vor Augen. Im Falle der Barbara Odil finden sich eine dem Wortlaut nach wiedergegebene Urgicht sowie Auszüge aus einem Fragenkatalog. Für den Fall des Bartholomäus Hoff werden das originale Urteil und die „Urfriedt“ sprachlich normalisiert abgedruckt. Labach, Schwarzenholz Anm Arch Lit Qu REHBAUM-KELLER, ADELHEID (1994): Sündenbock: Hexe. Ausgrenzung und Vernichtung gestern – und heute? Gießen. Das Untersuchungsgebiet der Studie umfasst die Region der Wetterau (Hessen). Eckpunkte sind die Orte Gießen, Homberg/Ohm, Lauterbach, Büdingen und Ober-Rosbach. Das Buch, das in der Folge einer Ausstellung in Lich (1990) entstanden ist, bietet zweierlei: Zum einen eine ausführliche quellenbasierte Untersuchung der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung im genannten Gebiet, zum anderen einen umfassenden Anhang mit edierten Prozessakten aus dem Zeitraum 1595–1673, der sowohl Zeugenaussagen als auch Verhörprotokolle, Urgichten und Briefwechsel beinhaltet. Echzell, Friedberg, Gießen, Nidda u.a. Anm Arch Lit Qu RICHEL, ARTHUR (1898): Zwei Hexenprozesse aus dem 16. Jahrhundert. In: Beiträge zur Kulturgeschichte. Ergänzungshefte zur Zeitschrift für Kulturgeschichte, Heft 2, 1–17. Richel veröffentlicht in seinem Beitrag die Prozessaufzeichnungen zu zwei Hexereiverfahren des 16. Jahrhunderts aus dem Kurfürstentum Trier, wobei die wiedergegebenen Texte

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sprachlich weitgehend nicht normalisiert sind. Nach einigen einführenden Erläuterungen ist zunächst die Urgicht von Melch Schmieden aus Neunkirchen abgedruckt. Es folgen die Verhöraufzeichnungen des Prozesses gegen Peter Bartzen aus Neurath aus dem Jahr 1693. Fell, Neurath, Neunkirchen/Nahe Anm Arch Lit Qu RICHTER, SABINE (2004): Werwölfe und Zaubertänze. Vorchristliche Glaubensvorstellungen in Hexenprozessen der frühen Neuzeit. Frankfurt/Main (= Europäische Hochschulschriften 22). Sabine Richter setzt sich mit der Hexenverfolgung in der Grafschaft Nassau auseinander, die sie insbesondere auf die Rolle archaischer, vorchristlicher Glaubensvorstellungen untersucht. Sie stützt sich auf Aktenmaterial aus dem Staatsarchiv Wiesbaden. Im ersten Teil der Studie geht die Autorin zunächst allgemein auf die Entstehung des Hexenbildes ein, um dann unter begrenzter Perspektive den sozialen Kontext in der Grafschaft Nassau darzulegen. Der zweite Teil enthält eine Analyse verbreiteter Elemente des Hexenmusters (Hexenflug, TierMensch-Metamorphosen etc.), wie sie sich in den Nassauer Akten finden. Im dritten Teil untersucht sie das Quellenmaterial auf musterabweichende Momente, wobei sie insbesondere Theorien zum Schamanismus und Muttergöttinenkult diskutiert. Der Arbeit ist ein umfangreicher Anhang mit Originalauszügen aus Nassauischen Hexenprozessakten beigefügt. Anm Arch Lit Qu RINSCHEID, JOSEPH (1963/1964): Der Hexenwahn im Wildenburger Lande. In: Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde 21, 203–276. Joseph Rinscheid rekonstruiert anhand von Jahresabrechnungen und Prozessakten die Hexenfälle des Wildenburger Landes. Ausführlich berichtet er über einen großen Hexenprozess im Jahr 1617. Es folgen in chronologischer Reihenfolge weitere Prozessskizzierungen der nächsten 30 Jahre. In originalem Wortlaut und unveränderter Orthographie zitiert der Autor Aktenausschnitte eines weiteren großen Hexenprozesses von 1650. Hier nennt er die Namen der Opfer, erläutert ihre Anklage und fasst die einzelnen Verhörprotokolle und Folteraufzeichnungen zusammen. Wildenburg Arch Qu RUDERSDORF, WALTER (1991): „Des leidigen Satans Werk Zeug“. Zur Hexenverfolgung im ehem. Amt Ellar. In: Lasterbacher Hefte: Beiträge zur Heimatgeschichte 8, 5–9. Ein lokalgeschichtlicher Teil der Untersuchung wendet sich Prozessen im Nassauischen und im Nassauisch-Hadamarschen zu. Für die Ämter Herborn, Dillenburg und Dieburg wird eine Prozesswelle von 1629–1631 festgestellt, die insgesamt 212 Opfer forderte. Kurze, sprachlich modernisierte Zitate aus verschiedenen Prozessakten illustrieren das charakteristische Bild der Verhörpraxis. Für das nassauisch-hadamarsche Gebiet zieht der Beitrag aus der eher dürftigen Aktenlage vor allem Rückschlüsse auf die Begleitumstände von Hexenprozessen. Dillenburg, Herborn, Siegen, Schönbach u.a. Arch Lit Qu

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RUDERSDORF, WALTER (1999): Krieg, Pest und Hexen im Hadamarer Land. In: Kloft, Matthias Theodor (Hrsg.): 1648 – Legatus Plenipotentiarius Graf Johann Ludwig von Nassau-Hadamar und der Westfälische Friede. Limburg, 55–81. Innerhalb des Beitrages bezieht sich lediglich ein Kapitel (S. 65–70) konkret auf Hexenverfolgungen. Der Autor verweist auf einzelne Hexenprozesse der Jahre 1629–1630 in den Ämtern Dillenburg, Driedorf und Herborn. Die Fallbeschreibungen sind sehr kurz gehalten und erwähnen zumeist lediglich die Namen der Angeklagten und den Ausgang des Prozesses. Die Darstellung stützt sich auf Originalakten, die im Hessischen Hauptstaatsarchiv gesammelt sind. Dillenburg, Driedorf, Ellar, Herborn u.a. Arch Lit RUHL, MARTINA (1990): Das Phänomen der Hexenverfolgung. Verdeutlicht am Fall der Barbara C. aus Friedberg. Münster (= Hochschulschriften 8). Nach Ausführungen zum Hexenglauben, zum mittelalterlichen Weltbild, zur Inquisition und zur Hexerei-Traktatliteratur wendet die Autorin sich dem konkreten Fall der Barbara Camberger aus Friedberg zu. Auf der Grundlage von Prozessakten der Jahre 1663–1666 aus dem Friedberger Stadtarchiv schildert sie Prozessverlauf und Hintergründe des letzten Friedberger Hexenprozesses. Friedberg Anm Arch Lit Qu RUMMEL, WALTER (1990): Gutenberg, der Teufel und die Muttergottes von Eberhardsklausen. Erste Hexenverfolgungen im Trierer Land. In: Blauert (Hrsg.) (1990) Nwd, 91–117. Der Autor befasst sich mit der geographischen Verbreitung des Hexereibegriffs und verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Medien sowie des Buchdrucks. Im Mittelpunkt steht zudem die Frage nach den Hintergründen für eine zunehmende „Dämonisierung der Welt“ und für die Entstehung des elaborierten Hexereibegriffs. Der Text favorisiert dabei die Sichtweise einer kirchlichen Beeinflussung. Grundlage der Analyse bietet eine Handschrift aus dem Kloster Eberhardsklausen. Diese vereinigt die regionale Einstellung zum Hexenwesen und die Prägung durch dämonologische Literatur. Der Beitrag enthält Auszüge aus Mirakelberichten sowie Verweise auf Quellen. Trier Anm Arch Lit RUMMEL, WALTER (1991): Bauern, Herren und Hexen. Studien zur Sozialgeschichte sponheimischer und kurtrierischer Hexenprozesse 1574–1664. Göttingen (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 94). Die Dissertationsschrift zeigt, wie der gelehrte Hexenglaube entstehen, sich im Bewusstsein der Bevölkerung verankern und schließlich in die Hexenverfolgung der Frühen Neuzeit münden konnte. Walter Rummel analysiert die Organisation von Hexenprozessen, ihren (dörflichen) Kontext sowie die mögliche Motivation der Ankläger und Zeugen. Der Verfasser nimmt sowohl für das Kurfürstentum Trier als auch für die Grafschaft Sponheim eine breite Akzeptanz

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des Hexenglaubens an. Viele orthographisch leicht angepasste Zitate sowie eine Karte der untersuchten Amts- und Prozessorte ergänzen den Text. Cochem, Koblenz, Mainz, Winningen u.a. Anm Arch Lit Qu Reg RUMMEL, WALTER (1995): Exorbitantien und Ungerechtigkeiten. Skandalerfahrung und ordnungspolitische Motive im Abbruch der kurtrierischen und sponheimischen Hexenprozesse 1653/1660. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995a), 37–53. Im Vordergrund steht die Frage nach den Motiven für das Ende der Hexenprozesse in Kurtrier und der Grafschaft Sponheim. Der Text verweist auf die moralische Anrüchigkeit und politische Problematik der Verfolgungen innerhalb dieser Regionen. Vor allem den Gemeinden und bestimmten dörflichen Gruppen kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Cochem, Kastellaun, Trier, Winningen u.a. Anm Arch Lit Reg RUMMEL, WALTER (1996): Phasen und Träger kurtrierischer und sponheimischer Hexenverfolgungen. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 255–331. Der Verfasser unternimmt den Versuch einer zusammenhängenden Darstellung der Hexenverfolgung im Kurfürstentum Trier und der Grafschaft Sponheim. Neben territorialgeschichtlichen Informationen finden sich auch Ausführungen zu den verwendeten Quellen, die unter anderem Prozessakten und Chroniken umfassen. Der Beitrag enthält einzelne Prozessschilderungen, die durch zahlreiche Zitate aus dem Quellenmaterial unterstützt werden. Beltheim, Cochem, Klotten, Strimmig u.a. Anm Arch Lit Qu SCHIFFER, HANS PETER (2003): Notzeiten in der Eifel. Von der Hexenverfolgung bis zum Kriegsende an der Westfront. Aachen. Der Autor widmet sich in den ersten Kapiteln seiner Veröffentlichung der Hexenverfolgung in der Eifel und paraphrasiert einzelne Verfahren in unterschiedlichem Umfang. Darunter befinden sich u.a. die Hexenprozesse gegen Giertgen Thelen aus Freilingen (1593) und den Pfarrer Matthias Hennes aus Wiesbaum (1630). Die Paraphrasen sind mit originalen Auszügen aus den Bekenntnissen der Beklagten durchsetzt. Ausgehend von der exemplarischen Darstellung der Prozesse verweist Schiffer auf charakteristische Elemente des Verfahrensverlaufs. Neben statistischen Angaben zur Anzahl der Verfolgungsopfer in der untersuchten Region enthält der Beitrag zahlreiche illustrierende Bildbeigaben. Arenberg, Blankenheim, Frohngau, Neuerburg u.a. Anm Arch Lit Qu SCHLEICHERT, SABINE (1993): Hexenprozesse in der Landgrafschaft Hessen-Kassel. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 43, 39–76. Nach einer allgemeinen Einführung zur Entstehung des Hexenglaubens und den juristischen Grundlagen der Verfolgung fokussiert die Autorin die Hexenprozesse in Hessen-Kassel. Dabei stellt sie verfolgungsintensive Phasen des 16./17. Jahrhunderts heraus und geht auf ein-

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zelne Fälle ein. Aktenausschnitte werden paraphrasiert, zum Teil werden aber auch Dokumente in originalem Wortlaut und mit unveränderter Orthographie zitiert. Borken, Katzenelnbogen, Schönstadt, Witzenhausen u.a. Anm Arch Lit Qu SCHMIDT, JÜRGEN MICHAEL (2000): Glaube und Skepsis. Die Kurpfalz und die abendländische Hexenverfolgung 1446–1685. Bielefeld (= Hexenforschung 5). Während im 15. Jahrhundert in der Kurpfalz bereits erste Hexenprozesse geführt wurden, stellt Schmidt für die Zeit der großen Hexenverfolgswellen in diesem Territorium eine relative Zurückhaltung und eine überwiegend verfolgungsablehnende Haltung fest, mit Ausnahme der Besatzungszeit während des Dreißigjährigen Krieges. Eine gewisse grundsätzliche Skepsis gegenüber der Wirksamkeit von Zauberei verhalf den der Hexerei Verdächtigten zur Freilassung oder zu vergleichsweise milden Strafen. Schmidt paraphrasiert einige Prozesse ausführlich und zitiert weitgehend originalgetreu kürzere Passagen aus den noch vorhandenen Quellen. Er untersucht den gesamten Zeitraum der Hexenverfolgungen, vom Spätmittelalter (um 1446 erste Prozesse in Heidelberg) bis zur Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg (bis 1685). Alzey, Heidelberg, Kaiserslautern, Mosbach u.a. Anm Arch Lit Qu Reg SCHMIDT, JÜRGEN MICHAEL (2004): Die Kurpfalz. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004) Swd, 238–252. In der Kurpfalz hat man sich aus den großen abendländischen Hexenverfolgungen weitgehend herausgehalten. Seit dem Ausgang des Mittelalters ist im untersuchten Gebiet keine Hinrichtung mehr nachweisbar. Jürgen Schmidt geht in seiner Untersuchung der Frage nach, wie es trotz der Nachbarschaft zu verfolgungsintensiven Regionen (Main-Moselraum, Südwestdeutschland) sowie des in der Bevölkerung durchaus vorhandenen Verfolgungswillens zu einer solchen Verfolgungsabstinenz von Seiten der Obrigkeit kommen konnte. Bei dem Beitrag handelt es sich um eine stark überarbeitete Fassung des unter gleichem Titel in → Lorenz (1994) Swd, 206–217, veröffentlichten Aufsatzes. Germersheim, Heidelberg, Neustadt, Kaiserslautern u.a. Anm Arch Lit SCHORMANN, GERHARD (1991): Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm des Kurfürsten von Köln. Göttingen. Unter Verweis auf strukturelle Berührungspunkte zwischen der Judenverfolgung im Mittelalter und zur Zeit des Dritten Reiches sowie der Hexenverfolgung der Frühen Neuzeit stellt Gerhard Schormann die Sonderstellung des Kurfürstentums Köln in der Hochphase der Hexenverfolgung heraus. Dabei illustriert er das „Vernichtungsprogramm“, das Kurfürst Ferdinand v. Wittelsbach unterstützte. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der Darstellung der Verantwortungsund Einflussbereiche der Oberschicht sowie auf gerichtlichen Bestimmungen. Schormann stellt für Kurköln den „Vernichtungsapparat“ unter den Gesichtspunkten der Hexenkommissare und der Finanzierung dar. Der Text verweist regelmäßig auf Prozessakten und schriftliche Korrespondenz. Köln Arch Anm Lit Qu Reg

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SCHORMANN, GERHARD (1996): Die Hexenprozesse im Kurfürstentum Köln. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 181–193. Als zeitlichen Bezugsrahmen wählt der Autor die Regierungszeit von Kurfürst Ferdinand (1595/1612–1650). Die Veröffentlichung verweist auf die Prozesswellen innerhalb des Kurfürstentums und vergleicht die Situation der einzelnen Landesteile des Kurstaates. Schormann stützt sich zum Teil auf Originalakten, unter denen sich Hofratsprotokolle und Bittgesuche befinden. Köln Anm Arch Lit SCHÜLLER, A. (1914): Ein Eifeler Hexenprozeß vom Jahre 1614. In: Trierische Chronik N.F. 10, Heft 9/10, 129–159. Schüller greift das Verfahren gegen Scheider Mergh (1614) aus einer verfolgungsintensiven Region der Eifel heraus, um einen „typischen“ Hexenprozess zu belegen. Die unterschiedlichen Stationen der gerichtlichen Untersuchung (Voruntersuchung, Anklageschrift des Anwaltes, Rechtsgutachten über die Prozessordnung, Verhör der Angeklagten, erneute Anklageschriften, Folter, Geständnis, Urteil etc.) werden durch die teilnormalisierte Wiedergabe der Originalquellen dokumentiert. Es finden sich zudem drei kürzere Auszüge aus früheren Prozessen, in denen Scheider Mergh bereits der Hexerei bezichtigt wurde. Trier Anm Arch Qu SCHWERHOFF, GERD (1991): Köln im Kreuzverhör. Kriminalität, Herrschaft und Gesellschaft in einer frühneuzeitlichen Stadt. Bonn, Berlin. Gerd Schwerhoff geht in seiner kriminalhistorischen Dissertation zum frühneuzeitlichen Köln unter anderem auch auf die Deliktgruppe „Magie, Zauberei und Hexerei“ ein (S. 424– 441), wobei ihm als Quellengrundlage die so genannten Kölner Turmbücher (vorzugsweise der Jahre 1568–1612) dienen, „in denen die zum Teil sehr ausführlichen Verhöre von Gefangenen durch die Ratsbeamten protokolliert sind“. Der Autor setzt sich sowohl mit den Hinweisen auf das elaborierte Hexenmuster als auch mit den unterschiedlichen Phänomenen von Magie und Zauberei auseinander. Für das 16. Jahrhundert stellt er im Hinblick auf die Hexenverfolgung ein relativ geringes Interesse sowohl der Turmherren wie des Hohen Gerichts fest, so dass hier nur von einem „quantitativ marginalen Kriminaldelikt“ gesprochen werden kann. Köln Anm Arch Lit Qu Reg SCHWERHOFF, GERD (1996): Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt – das Beispiel der Reichsstadt Köln. In: Hexenverfolgung im Rheinland (1996), 13–56. Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage nach einer spezifischen, stadtbürgerlichen Rationalität bei der Hexenfrage. Einzelne Fälle werden in diesem Zusammenhang exemplarisch dokumentiert, u.a. die Verfahren gegen Margaretha von Eischen (1617), Anna Maria von Meiningen (1617) und Clara von Metz (1617). Die Hexenprozesse gegen Katharina Henot (1627) und Christina Plum (1629/30) werden gesondert dargestellt. Köln Anm Arch Lit

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SEIBERT, LUDWIG (1937): Hexenbrände in und um Seligenstadt. Seligenstadt. Ludwig Seibert hat für diese Lokalstudie in erster Linie Prozessakten unterschiedlicher Provenienz ausgewertet, er gibt Auszüge aus verschiedenen Prozessen in modernisierter Form wieder. Ausführlich berücksichtigt wird dabei unter anderem der Prozess von Anna, Frau des Ulrich Schmidtuers, Krein (Katharina) Wendel und Anna, Witwe des Peter Zilgs von KleinWelzheim (1603). Aus dem Umfeld des Prozesses gegen Johannes Junius enthält der Text den Wiederabdruck seines Abschiedsbriefes. Vorgelegt werden auch zwei Briefe eines Ehemannes an seine im Gefängnis sitzende, nicht geständige Ehefrau sowie das Bittschreiben zweier angeklagter Frauen um Beschleunigung ihrer Hinrichtung. Heusenstamm, Hörstein, Oberroden, Seligenstadt Anm Arch Lit Qu SELLO, G. (1882): Aus Hexenprocessakten. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 14, Heft 4, 460–466. Der Beitrag gliedert sich in zwei Teile, von denen der erste im Wesentlichen auf Prozesse vermeintlicher Hexen aus Landsberg verweist. Der Autor schildert einzelne Verfahren aus den Jahren 1643, 1685, 1686 und 1707. Die Paraphrasen sind durchsetzt mit originalen Quellenauszügen. Im zweiten Teil widmet sich Sello speziell der Hexenverfolgung in Rhens. Auch hier stützt er sich auf Originalaktenmaterial und gliedert die Aussagen der Beklagten in einen thematischen Zusammenhang ein. Im Mittelpunkt stehen Angaben zum Hexentanz und zur Teufelsbuhlschaft, die in paraphrasierter Form wiedergegeben werden. Landsberg, Rhens Qu SIEBEL, FRIEDRICH WILHELM (1959): Die Hexenverfolgung in Köln. Bonn. Die Darstellung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Kölner Hexenprozesse der Jahre 1627–1630. Im Vordergrund steht die rechtshistorische Einordnung der Verfahrensabläufe. Anhand der exemplarischen Bearbeitung und Paraphrasierung der Fälle Catharina Henot und Christina Plum wird die Prozessdurchführung von der Einleitung des Verfahrens bis zum Urteil beschrieben. Die Dissertation enthält die Transkription eines Briefes der Catharina Henot und das Urteil gegen Christina Plum. Köln Anm Lit Qu STEINER, JOHANN WILHELM CHRISTIAN (1829): Geschichte der Stadt Dieburg. Aschaffenburg. Im 13. Paragraphen seiner Stadtgeschichte liefert der Verfasser eine kurze Darstellung der Dieburger Hexenprozesse, speziell der des Jahres 1627. Ergänzt werden die Ausführungen durch die vollständige Edition eines Protokolls vom Verhör der Witwe Martin Padts, das sprachlich weitgehend unverändert wiedergegeben ist. Dieburg Anm Qu

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THEIS, HANS (1953): Hexenprozeß vor dem Neuerburger Hochgericht. In: Eifel-Kalender 1953, 130–131. Im Mittelpunkt des kurzen Beitrags steht der exemplarische Fall der Magdalena Pirken, die nach dem geheimnisvollen Tod der Gräfin Claudia von Leuchtenberg im Jahre 1613 der Hexerei verdächtigt wurde. Theis bemerkt, dass durchaus auch Zeugenaussagen erpresst werden konnten. Für den Leser fügt er, der heutigen Schreibweise angepasst, die Aussage der Verdächtigten an, die am Ende der Prozessführung zum Tode verurteilt wurde. Es findet sich eine nach Wohnorten aufgegliederte Liste von Personen (ohne namentliche Nennung), die „während eines Lebensalters“ den Prozessen zum Opfer fielen. Neuerburg Qu TIEDEMANN, DIETRICH (1787): Auszug aus vollständigen Akten eines im Jahr 1655 zu Marburg vorgefallenen Hexenprozesses, der sich mit dem Scheiterhaufen endigte. In: Hessische Beiträge zur Gelehrsamkeit und Kunst. Bd. 2. Frankfurt, 577–605. Dietrich Tiedemann beschreibt ausgehend von den Originalakten den Hexenprozess gegen Katharina Staudingerin (1655). Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Zeugenaussagen sowie die Aussagen der Beklagten während des peinlichen Verhörs gelegt. Die Zitate aus dem Aktenmaterial werden formal nicht kenntlich gemacht. Es handelt sich um teilnormalisierte Auszüge, die jeweils mit Erläuterungen des Autors abwechseln. Marburg Qu Reg TOPALOVIû, ELVIRA (2004): „Ick kike in die Stern vndt versake Gott den herrn“. Versprachlichung des Teufelspaktes in westfälischen Verhörprotokollen des 16./17. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Augustin Wibbelt-Gesellschaft 20, 69–86. Kommentar siehe Nwd. Münster, Osnabrück, Recklinghausen, Wittgenstein u.a. Anm Arch Lit Qu TRITZ, MICHAEL (1901): Geschichte der Abtei Wadgassen. Zugleich eine Kultur- und Kriegsgeschichte der Saargegend. Wadgassen. Tritz ediert neben anderen Quellen zur Geschichte der Abtei Wadgassen ein Verhörprotokoll eines peinlichen Prozesses, der im Jahr 1618 wegen Mordes, Diebstahls und Zauberei gegen Sondag von Chrichingen geführt wurde. Das Protokoll wird vollständig und sprachlich in weitgehend unveränderter Form wiedergegeben. Wadgassen Arch Qu ÜBEL, ROLF (2003): Wegen vielgeübter Zauberei und Hexenwerk. Hexenverfolgung im Süden der Pfalz und im Nord-Elsass. Mit Beiträgen von Andreas Imhoff und Michael Martin. Landau. Nach einer allgemeinen Einführung in den Stand der Forschung widmet sich der Autor unterschiedlichen Aspekten der Hexenverfolgung im Süden der Pfalz (mit besonderem Schwerpunkt auf der Stadt Landau; daneben u.a. Hochstift Speyer, Pfalz-Zweibrücken, Kurpfalz) sowie im Norden des Elsaß (vor allem die Städte Weißenburg, Hagenau und das Territorium

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des Deutschen Ordens um Weißenburg) im Zeitraum von 1570 bis 1640. Neben der Erörterung der Verfolgung an einzelnen Ortspunkten, in deren Rahmen zahlreiches Quellenmaterial (zumeist in neuhochdeutscher Übertragung) präsentiert wird, werden in weiteren Kapiteln u.a. die Rolle der Scharfrichter, die Gegner der Prozesse und die Hexentanzplätze der Region zum Gegenstand gemacht. Freimersheim, Hagenau, Landau, Weißenburg u.a. Arch Lit Qu VATER, ANDREA (1988): Hexenverfolgungen in nassauischen Grafschaften im 16. und 17. Jahrhundert. Marburg. In ihrem Beitrag analysiert Vater die Prozesse der nassauischen Gebiete vor allem aus rechtsgeschichtlicher Perspektive. Zahlreiche Originalauszüge sowie teilnormalisierte Zitate aus den Gerichtsakten belegen Besonderheiten der Nassauer Prozesse. Ausführlich behandelt werden die Prozesse gegen Elisabeth Auruff in Kirberg (1596) und Cäcilie Wicht in Idstein (1676). Diez, Idstein, Kirberg Anm Arch Lit Qu VAUPEL, URSULA (1997): „Sie wollen die Hexen brennen“. Hexenprozesse in Eschwege. Kassel (= Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde 34). Vaupel stellt ausführlich den im Jahr 1657 in Eschwege gegen die Hauptangeklagte Catharina Rudeloff sowie deren Mutter und Schwester geführten Prozess dar. In ihren Ausführungen stützt sich die Verfasserin auf umfangreiches Aktenmaterial, das neben Protokollen auch Korrespondenz, Gutachten, Anklage-, Verteidigungs- und Bittschriften umfasst. Mehrere gut lesbare Originalseiten sind in der Publikation abgebildet. Der Verlauf des Verfahrens wird nacherzählt; die zahlreichen Zitate sind normalisiert. Eschwege Anm Arch Lit Qu Reg VENNER, GERARD (1976): Die Roermonder Haupturteile für das Erkelenzer Stadtgericht. In: Studien zur Geschichte der Stadt Erkelenz vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit. Hrsg. von der Stadtverwaltung der Stadt Erkelenz. Köln (= Schriftenreihe der Stadt Erkelenz 1). Im rechtsgeschichtlich orientierten Kapitel dieser Stadtgeschichte werden zwei Fälle der lokalen Hexenverfolgung paraphrasiert. Während der Prozess von Frens von Bellinghoven trotz Haft und Folter schließlich glimpflich für die Angeklagte ausging (ihr Verleumder musste offenbar den Schadenersatz entrichten), endete der Prozess von Styn und Mergen Knoichen mit der Verbannung. Die nacherzählten Fälle werden nur kurz und ohne Aktenauszüge skizziert. Erkelenz, Roermond Anm Arch

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VOLTMER, RITA (1998): Claudius Musiel oder die Karriere eines Hexenrichters. Auch ein Beitrag zur Trierer Sozialgeschichte des späten 16. Jahrhunderts. In: Franz, Gunther; Irsigler, Franz (Hrsg.) (1998): Methoden und Konzepte der historischen Hexenforschung. Trier, 211– 254. In den umfangreichen Hexenprozessakten des vor der Stadt Trier gelegenen Amts St. Maximin lassen sich über 400 Hinrichtungen zwischen 1586 und 1596 feststellen. Ein Hexenregister mit 306 namentlich festgehaltenen Hinrichtungen weist den Amtmann Claudius Musiel als einen der Hauptverantwortlichen für einen großen Teil der zahlreichen Todesurteile aus. Rita Voltmer untersucht im vorliegenden Aufsatz den zweifelhaften Ruf dieses Hexenrichters. Dazu rekonstruiert sie seine Karriere und analysiert sein soziales Milieu. Paraphrasierte Aktenausschnitte und etliche Originalzitate in den ausführlichen Anmerkungen lassen den Leser ihre Gedankengänge sehr gut nachvollziehen. Trier, St. Maximin Anm Arch Lit Qu VOLTMER, RITA (1999): „Gott ist tot und der Teufel ist jetzt Meister!“ Hexenverfolgungen und dörfliche Krisen im Trierer Land des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Kurtrierisches Jahrbuch 39, 175–223. Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht die Hexenverfolgung im frühneuzeitlichen Dorf, die anhand des Beispiels Ruwer vorgestellt wird. Voltmer skizziert sowohl den historischen als auch den sozialen Kontext und beschreibt Profile vermeintlicher Hexen. Neben mehreren Abbildungen zum Thema enthält der Beitrag einige kürzere originalgetreue Auszüge aus Hexenprozessakten. Longuich, Trier Anm Arch Lit Qu VOLTMER, RITA (2002a): Monopole, Ausschüsse, Formalparteien. Vorbereitung, Finanzierung und Manipulation von Hexenprozessen durch private Klagekonsortien. In: Eiden/Voltmer (Hrsg.) (2002), 5–67. Rita Voltmer zeigt die Entstehung und Vorgehensweise privater Interessengemeinschaften (Klagekonsortien), die sich gebildet hatten, um Hexenprozesse zu initiieren und zu finanzieren. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf einem um 1590 in Trier entstandenen, besonders einflussreichen Monopol. Die Autorin zeigt, dass dennoch nicht alle derartigen Zusammenschlüsse von Privatpersonen „erfolgreich“ im Sinne der Aktivisten waren – nicht selten gerieten deren Mitglieder selbst in Hexereiverdacht. Voltmer kommt zu dem Schluss, dass für die hohen Opferzahlen der ersten großen Verfolgungsphase am Ende des 16. Jahrhunderts auch die Ausschüsse verantwortlich waren. Der Beitrag enthält Auszüge aus den Akten der Maria Contzen (1572). Zusätzlich finden sich vor allem in den Fußnoten Aktenzitate unterschiedlicher Länge. Trier, Wittlich Anm Arch Lit Qu Reg VOLTMER, RITA (2002b): Hexenprozesse und Hochgerichte. Zur herrschaftlich-politischen Nutzung und Instrumentalisierung von Hexenverfolgungen. In: Eiden/Voltmer (Hrsg.) (2002), 475–525. Für die Machtverhältnisse der frühen Neuzeit stellte der Besitz der Hochgerichtsbarkeiten eine politische Waffe dar („Herrschaftszeichen des Galgens“), wie Rita Voltmer hier an typi-

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schen Konfliktbeispielen zeigt. Als einer von vielen Faktoren betrifft die machtpolitische Frage nach der Hochgerichtsbarkeit auch die Haltung der Obrigkeit zu Hexenprozessen und die Instrumentalisierung der Hexenverfolgung für politische Zwecke. In diesem Zusammenhang wertet der Beitrag ebenfalls die verfolgungsablehnende Haltung der Kurpfalz als machtpolitisches Signal, adressiert an die verfolgungsintensiven Nachbarregionen. Der Text enthält Paraphrasen und Protokollauszüge aus Belgien und Luxemburg. Dreis, Wincheringen Anm Arch Lit Qu Reg VOLTMER, RITA (2002c): Von der besonderen Alchimie, aus Menschenblut Gold zu machen, oder von den Möglichkeiten, Hexenprozesse zu instrumentalisieren. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), 130–141. Die Autorin geht auf mögliche Gründe der frühneuzeitlichen Hexenjagd ein, die schon von zeitgenössischen kritischen Stimmen genannt wurden: die hysterische Hexenangst der Bevölkerung und das pragmatisch-eigennützige Interesse einzelner Personen. An einigen Prozessbeispielen u.a. aus dem Trierer Raum zeigt Rita Voltmer, dass oftmals Familien und Nachbarn den Hexereiverdacht zur Lösung sozialer Probleme einsetzten und viele lokale Hexenjäger, Schöffen und Richter wirtschaftliche und soziale Vorteile aus ihrer Arbeit in den Hexenprozessen zogen. Trier Anm Lit VOLTMER, RITA (2002d): Abläufe, Ursachen und Hintergründe der großen Hexenverfolgungen in den Territorien zwischen Reich und Frankreich im späten 16. und im 17. Jahrhundert. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), 84–95. Rita Voltmer zeichnet den Verlauf der Hexenverfolgungen im Rhein-Maas-Mosel-Raum nach. Anhand der Opferzahlen kann sie Hoch- und Ruhephasen der Hexenverfolgung feststellen. Auf der Suche nach Gründen für diese Phasen betrachtet sie einige Prozesse der Stadt Trier. Hier wurden zwischen 1589–1594 zahlreiche wohlhabende und einflussreiche Personen hingerichtet, deren Fälle sie kurz schildert. Trier Anm Lit VOLTMER, RITA (2002e): Hexenprozesse in der Stadt Trier und im Herzogtum Luxemburg. Geständnisse (Auszüge aus Prozessakten). Transkription und Transposition. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), Berlin 72–81. Rita Voltmer transkribiert und transponiert einen Auszug aus dem Geständnis des ehemaligen Trierer Bürgermeisters Niclas Fiedler von 1591. Die Transkription löst wegen der besseren Lesbarkeit Abkürzungen auf und verzichtet auf Hinweise zu Streichungen, Einfügungen oder Zeilenwechsel. Einen Eindruck der ursprünglichen Handschrift vermittelt ein Bild des transkribierten Geständnisses. Die Transposition erfolgt an einigen Stellen sehr frei, um dem Leser das Verständnis des vierhundert Jahre alten Textes zu erleichtern. Auf die gleiche Art verfährt die

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Autorin mit dem Geständnis der Maria Adams aus Oberweis bei Bitburg, welche 1630 hingerichtet wurde. Trier Anm Lit Qu VOLTMER, RITA (2003): Jagd auf „böse Leute“. Hexenverfolgungen in der Region um den Laacher See (16.–17. Jahrhundert). In: Plaidter Blätter. Jahrbuch des Plaidter Geschichtsvereins 1, 11–24. Voltmer zeichnet die Geschichte der Hexenverfolgungen in der untersuchten Region von den ersten Hinrichtungen in Kruft im Jahr 1514 bis zu ihrem Ende um 1700 nach. Dabei wechseln sich allgemeine Informationen über die Verfolgungs-, Gerichts- und Folterpraxis mit Beschreibungen einzelner Schicksale ab, in denen auch kurze Aktenauszüge zu finden sind. Mayen, Rieden, St. Johann, Wehr u.a. Lit Qu VOLTMER, RITA; EIDEN, HERBERT (2002): Rechtsnormen, Gerichts- und Herrschaftspraxis bei Hexereiverfahren in Lothringen, Luxemburg, Kurtrier und St. Maximin während des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Beier-de Haan/Voltmer/Irsigler (Hrsg.) (2002), 60–71. Die Autoren legen die juristische Seite der frühneuzeitlichen Hexenprozesse dar. Anhand der Carolina und einzelner lokaler Gesetzestexte erläutern Voltmer und Eiden den Ablauf der Prozesse in den verschiedenen Städten. Auch die speziell für den Raum Trier geltenden Verordnungen werden erklärt. Trier Anm Lit WAAS, CHRISTIAN (1908): Ein Hexenprozeß aus „der guten alten Zeit“. In: Preußische Jahrbücher April bis Juni, 60–61. Anhand von Akten (1663/1664) aus dem Archiv der Stadt Friedberg in der Wetterau beschreibt Waas den Hexenprozess gegen die Witwe Barbara Wendel. Er rekonstruiert den Fall, indem er die Verhörprotokolle, Zeugenvernehmungen, Folterprotokolle etc. paraphrasiert. Besonders wichtige oder charakteristische Aussagen zitiert er im Original. Friedberg, Lindheim Arch Qu WEBER, FRANZ LOTHAR (1938): Hexenverbrennen – ein einträgliches Geschäft. In: Heimat und Geschichte, 10–14. Die Grundlage des Beitrags stellen zwei Akten aus dem Aschaffenburger Stadtarchiv aus den Jahren 1613 und 1628/1629 dar. Der Autor widmet sich im Wesentlichen dem finanziellen Aspekt der Hexenverfolgung. Neben allgemeinen Informationen zur Hexenverfolgung enthält der Beitrag transkribierte Kostenzusammenstellungen und eine Auflistung der hingerichteten Personen in Aschaffenburg. Aschaffenburg Arch Lit Qu

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WEISENSTEIN, KARL (1996): Zaubereiprozesse in der Stadt Trier. In: Franz/Irsigler (Hrsg.) (1996), 469–484. Karl Weisenstein stellt die Zaubereiprozesse der Stadt Trier chronologisch zusammen. Als wesentliche Quellen dienen Rentmeistereirechnungen und das Musielprotokoll, in dem zahlreiche Hexenprozesse verzeichnet sind. Die Übersicht wird ergänzt durch die Auflistung noch „vorhandener Prozeßprotokolle und der darin enthaltenen Extrakte und Besagungen, die zur Erschließung weiterer Hinrichtungen dienen können“. Diedenhofen, Neuerburg, Trier Anm Arch Lit Qu WELKER, AUGUST (1962): Hexenprozesse aus der oberen Grafschaft Wied. Aktenmäßige Darstellung. In: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete 14, 34–47. Anhand amtlicher Unterlagen stellt August Welker Beginn und Ende der Hexenverfolgung in der Westerwälder Grafschaft Wied zwischen 1629 und 1653 dar. Die ersten Aktenauszüge betreffen die Gründung des dortigen Hexenausschusses. Den größten Teil des Beitrags nimmt die teilnormalisierte Wiedergabe der Prozessakten des Falles Agatha Thönges Rothbacks aus Dierdorf (1629) ein, die Prozessführung und Verhörpraxis illustrieren. Welker gibt außerdem einen Überblick über die Opferzahlen. Dierdorf, Puderbach Arch Qu WIRTH, JOSEF (1938): Hexenwahn in Aschaffenburg. Nach einem Hexenprozeßakt im Staatsarchiv Würzburg. In: Heimat und Geschichte, 7–9. Auf der Grundlage von Originalakten aus dem Staatsarchiv Würzburg und dem Aschaffenburger Archiv schildert Josef Wirth den Prozessverlauf der Margaretha Kaybel und der „Hechtbeckerin“ (1594) mit Hilfe von fragmentarisch wiedergegebenen Auszügen aus ihren Geständnissen. Wesentliche Elemente des Hexenglaubens werden anhand einzelner Zeugenaussagen dargestellt. Aschaffenburg, Leider Arch Qu WOLF, KARL (1934): Hexenverfolgung. In: Nassauische Heimatblätter 35, Heft 3/4, 47–52. In den beiden Jahren 1629/1630 finden in der Grafschaft Nassau zahlreiche Hexenprozesse statt. 158 Frauen und Männer werden zum Tod verurteilt. Karl Wolf greift einige Fälle exemplarisch auf und schildert den Prozessverlauf. Anschließend berichtet er über einen Schriftwechsel zwischen dem Grafen Johann dem Älteren von Dillenburg und seinem Diener, der für die Abrechnungen der Gerichtskosten zuständig war. In diesem originalgetreu abgedruckten Schreiben wird der übermäßige Weinkonsum bei der Henkersmahlzeit vor einer Hexenhinrichtung angesprochen. Anm Arch Lit Qu

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WYTTENBACH, J. H. (1825a): Abermaliger Beytrag zur Geschichte der Hexen-Processe. In: Trierische Chronik. Zeitschrift der Gesellschaft für Trierische Geschichte und Denkmalpflege 10, 108–116; 124–126. Bei Wyttenbachs Beitrag handelt es sich um die Edition einer Untersuchungsakte aus dem Jahr 1625. Sie beinhaltet Zeugenbefragungen, Verhörprotokolle und weitere Schriftstücke aus dem Prozess gegen Gertraudt Kremer zu Niederkell, der vor dem Hochgericht Mandern geführt wurde. Die Edition gibt den Urtext in weitgehend unveränderter Form wieder. Mandern, Niederkell Qu WYTTENBACH, J. H. (1825b): Noch ein höchst merkwürdiger Hexenprozeß. In: Trierische Chronik. Zeitschrift der Gesellschaft für Trierische Geschichte und Denkmalpflege 10, 196– 209; 221–234; 245–257. Wyttenbach veröffentlicht die Akte des Prozesses gegen den Trierer Bürger und Scheffen Niklas Fiedler, der 1581 der Hexerei angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Die Akte, die in großem Umfang Verhörprotokolle enthält, wird in ganzer Länge und sprachlich nicht modernisiert abgedruckt. Der Herausgeber kommentiert den Text durch Fußnoten. Trier Anm Qu ZENZ, EMIL (1962): Dr. Dietrich Flade, ein Opfer des Hexenwahns. In: Kurtrierisches Jahrbuch 2, 41–69. Emil Zenz berichtet ausführlich über eines der bekanntesten Opfer des Hexenwahns, den Richter und Professor Dr. Dietrich Flade. Bevor der Autor detailliert die Prozessakten paraphrasiert und Originalauszüge aus dem Verhörprotokoll wiedergibt, führt er in die Biographie des Dietrich Flade ein. Trier Anm Arch Lit Qu ZIEMER, MAX (1928): Der Werwolf in Wörsdorf. In: Nassovia. Zeitschrift für nassauische Geschichte und Heimatkunde 28, 3–5. Max Ziemer geht in seinem kurzen Beitrag der Rolle des Werwolfes in den Idsteiner und Weilburger Hexenprozessen nach. Ausgehend von einem Unglücksfall im Juli 1653, bei dem ein Kind bei Wörsdorf von einem Wolf verschleppt und getötet wurde, beleuchtet Ziemer drei Hexereiprozesse gegen Männer, die u.a. des Werwolftums beschuldigt werden: Peter Schöffer von Reichenborn, Caspar Bruder von Merenberg und Johann Preusser von Merenberg. In einem „kurzen Einblick in die Prozeßakten der drei Missetäter“ werden teils längere modernisierte Auszüge aus den Bekenntnissen wiedergegeben. Idstein, Weilburg, Wörsdorf Anm Qu ZUCCALMAGLIO, VINCENZ JACOB VON (1846): Geschichte und Beschreibung der Stadt und des Kreises Mülheim a. R. Köln. Zuccalmaglio paraphrasiert den Prozess gegen Katharina Güschen (1611/12) und ergänzt die Darstellung dieses Falls mit einigen Quellenzitaten. Der Anhang gibt das Interrogatorium

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und die Urgicht der Angeklagten in modernisierter Sprache wieder. Der Ablauf dieses Prozesses wurde offenbar vom örtlichen Schultheiß bei jedem neuen Schritt (Haft, einzelne Foltergrade, Zeugenverhör und Hinrichtung) mit der Düsseldorfer Landesregierung abgestimmt, was den ansonsten stereotyp verlaufenden Prozess in die Länge zog. Bensberg, Mülheim an der Ruhr, Nitten, Odenthal Qu

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ADAM, RUDOLF (1933): Hexenprozesse in Breitungen. In: Breitunger Heimatbuch. Alten-, Frauen- und Herrenbreitungen in Wort und Bild. 933–1933. Hrsg. von der Gemeinde Breitungen/Werra. Breitungen/Werra, 126–128. Rudolf Adams Beitrag stützt sich auf Quellenmaterial, das sich aus den Kirchenbüchern von Frauenbreitungen sowie Amtsschreiben zusammensetzt. Gelegentlich finden sich kurze modernisierte Auszüge aus den Originalakten. Passagen aus dem Kirchenbuch belegen für die Jahre 1613, 1615, 1670 und 1700 die Hinrichtung vermeintlicher Hexen in Breitungen. Exemplarisch wird der Prozess gegen Barbara Witzel aus dem Jahr 1613 dargestellt. Breitungen/Werra Qu DIETZEL, WERNER (1998): Katharina Weber und die Hexenverfolgung in unserer engeren Heimat. In: Rudolstädter Heimathefte 44, Heft 1/2, 27–34. Einleitend informiert Werner Dietzel über einige Zahlen und Fakten der europäischen Hexenverfolgung. Das Hauptaugenmerk seines Artikels lenkt er aber auf den Saalfelder Raum in Ostdeutschland. Durch eigene Forschungen konnte Dietzel neues Aktenmaterial über den Fall Wolf Leupold aus Kaulsdorf in Eyba (1591) und u.a. über den Prozess gegen Käthe Weber aus Obernitz (1677) ausfindig machen. Zu Letzterem druckt er die Anklage in modernisierter Form ab, paraphrasiert den Prozesshergang und rekonstruiert die Biographie der Angeklagten. Eyba, Obernitz, Rudolstadt, Saalfeld Anm Arch Lit Qu EINERT, EMIL (1892): Aus den Papieren eines Rathauses. Beiträge zur deutschen Sittengeschichte. Arnstadt. Einerts Text basiert auf Dokumenten aus dem Ratsarchiv Arnstadt. Das siebzehnte Kapitel beschäftigt sich unter der Überschrift „Erbhexen“ (S. 135–142) mit der Hexenverfolgung im Amt Arnstadt zu Ende des 17. Jahrhunderts. Erzählt wird der Fall der Susanna Hornin, die verdächtigt wird, eine „Erbhexe“ zu sein, also eine Hexe, die ihre Fähigkeiten von ihrer Mutter bzw. Großmutter geerbt hat. Einert schildert den Verlauf der Verfolgungen von anfänglichen Gerüchten über Denunziationen und Verhöre bis hin zur Verurteilung und Hinrichtung im Juli 1691. Arnstadt, Erfurt, Jena, Walthersleben Arch FABIAN, ERNST (1894): Hexenprozesse in Zwickau und Umgegend. In: Mitteilungen des Altertumsvereins für Zwickau und Umgegend, Heft 4, 122–131. Neben der kurzen Erwähnung des ersten Hinweises auf eine vermeintliche Hexe, die Schulzin (1424), skizziert der Verfasser ausgewählte Fälle auf Grundlage verschiedener, in Auszügen wiedergegebener berichtender Quellen wie Annalen, Briefe und Chroniken, ohne auf die Prozessakten zurückgreifen zu können. Dargestellt werden die Fälle der „Malerin“ (1510), der Barbara Ritzlin (1542), der Elisabeth Pfeifer (1557) (alle aus Zwickau) sowie der Margarethe Stellmacherin aus Werdau (1560). Werdau, Zwickau Anm Arch Lit Qu

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FRAUENLEBEN (2000): Frauenleben – Frauenalltag – gestern und heute. „… viele und manchfeldige böse missethaten …„. Hexenverfolgungen auf dem Territorium Sachsen-Anhalts vom 16.–18. Jahrhundert. Hrsg. von der Projektgruppe des Courage e.V. Halle/Saale. Der Aufsatzband dokumentiert die Ergebnisse einer mehrjährigen Forschungstätigkeit und Materialsammlung zur Hexenverfolgung in der Region Sachsen-Anhalt. Die einzelnen Beiträge beschäftigen sich mit Verfahren in Groß Salze [→ Mohrig (2000) und → Holzhausen/Fechner (2000)], in Halle [→ Ruprecht (2000)], in Sangerhausen [→ Zeun (2000)], in Dessau [→ Schröder (2000)] sowie in Sachsen-Anhalt allgemein [→ Lücke (2000)]. In einigen Aufsätzen sind kurze Auszüge aus Gerichtsakten sowie Abbildungen verschiedener Schriftstücke enthalten. Alle Verfasser geben Literatur- oder Quellennachweise. Dessau, Groß Salze, Halle/Saale, Sangerhausen u.a. Anm Arch Lit Qu FÜSSEL, RONALD (2003a): Die Hexenverfolgungen im Henneberger Land – Ein Überblick. In: Hexen in Thüringen (2003), 60–95. Ronald Füssel widmet der Verfolgung in der Grafschaft Henneberg einen gesonderten Beitrag in einem Sammelband zur Thüringer Hexenverfolgung [→ Hexen in Thüringen (2003)], da diese das verfolgungsstärkste Gebiet im Thüringischen war. Während der großen Verfolgungswellen (1580 bis 1630 und zwischen 1660 und 1680) fanden jeweils 50 bis 80% aller thüringischen Prozesse im Raum Henneberg statt. Schmalkalden, Schwarza Anm Arch Lit Qu FÜSSEL, RONALD (2003b): Die Hexenverfolgungen im Thüringer Raum. Hamburg (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland 2). Mit dem Thüringer Raum hat der Autor für seine Regionalstudie einen Untersuchungsraum gewählt, der – obschon es sich um ein sehr verfolgungsreiches Gebiet handelt – in der Hexenforschung bislang kaum Berücksichtigung gefunden hat. Auf der Grundlage eines umfangreichen Materialkorpus, das sich aus Primärquellen (Prozessakten, Kirchenbüchern etc.), Sekundärliteratur und der Hexenkartothek Himmlers zusammensetzt, kann Füssel für den Zeitraum von 1526 bis 1731 insgesamt 1565 Fälle von Hexenverfolgungen ermitteln, welche die Grundlage seiner vorwiegend quantifizierend-statistischen Analyse darstellen. In einem ausführlichen geographisch strukturierten Überblick stellt er zunächst die zeitlichen, räumlichen und quantitativen Dimensionen der Thüringer Hexenverfolgungen dar, um sich im Folgenden genauer der Verfolgungs- und Verfahrenspraxis zu widmen. Die Arbeit ist mit einer Vielzahl von Quellenbeispielen versehen und verfügt über einen umfassenden Anhang mit Verzeichnissen, Tabellen und Grafiken. Eisenach, Jena, Schleusingen, Weimar u.a. Anm Arch Lit Qu Reg

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HEXEN IN THÜRINGEN (2003): Hexen und Hexenverfolgung in Thüringen. Begleitbuch zur Ausstellung ‘Hexen in Thüringen’ im Schloß Elisabethenburg Meiningen vom November 2003 bis April 2004. Hrsg. von den Meininger Museen. Meiningen, Bielefeld (= Südthüringer Forschungen 32; Hexenforschung 8). Der begleitende Aufsatzband zur Ausstellung ‘Hexen in Thüringen’ enthält u.a. Beiträge zur Hexenverfolgung in der Grafschaft Henneberg [→ Füssel (2003a), → Mötsch (2003) Sod], zur frühneuzeitlichen Rechtssprechung [→ Rüster (2003)] sowie zur Hexenverfolgung in Thüringen allgemein [→ Füssel (2003c) Sod]. Kaimberg, Meiningen, Schmalkalden, Schwarza u.a. Anm Arch Lit Qu HÖHN, W. (1911): Hexenprozesse in den hennebergischen Ämtern Schleusingen, Suhl und Ilmenau. In: Schriften des Hennebergischen Geschichtsvereins 4, 24–137. Der Verfasser gibt teils paraphrasierend, teils in sprachlich normalisierten Zitaten den Verlauf verschiedener Prozesse in den genannten Ämtern wieder. Ausführlich dargestellt werden die Fälle der Margarete Grebel aus Waldau (1598), der Barbara Rauch aus Schönau (1619), der Anna Schantz aus Altendambach (1621) (unter Einbezug der Anklageschrift) sowie der Fall der Osanna, Tochter des Schultheißen Valentin Albert aus Albrechts (1621). Ilmenau, Schleusingen, Suhl Anm Arch Lit Qu HOLZHAUSEN, EVA; FECHNER, ANNEGRET (2000): Gedanken einer Annäherung. In: Frauenleben (2000), 6–9. Der kurze Aufsatz beschäftigt sich mit der Prozessakte von Lehne Jahn und Anna Körbitz aus dem Jahr 1632, deren Fall in seinen Grundzügen nachgezeichnet wird. Beide Frauen, sesshaft in Groß Salze, wurden für fünf Jahre des Landes verwiesen. Einige Auszüge aus der Originalakte illustrieren die Aussagen der Angeklagten und der Zeugen. Auf drei Abbildungen sind die Urteilsempfehlung zur Landesverweisung, ein Brief der Anna Körbitz sowie die Prozesskostenabrechnung zu sehen. Groß Salze Anm Arch Qu HUMAN, A. (Hrsg.) (1898): Herzog Johann Casimirs „Gerichts-Ordnung die Hexerey betref: Publiciret ahm 21. February 1629“. Aus dem Hildburghäuser Ratsarchiv mitgeteilt von Dr. A. Human. In: Schriften des Vereins für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde, Heft 29, 99–112. Kommentar siehe Sod. Friedelshausen, Meiningen, Schleusingen, Wasungen Anm Arch Qu JEROUSCHEK, GÜNTER (1994): Die Fürstlich-Magdeburgischen Schöppen zu Halle und der Hexenprozeß. Zur Inquisition gegen Catharina Ebelings, Altkrügerin zu Barleben, wegen Verdachts der Hexerei. In: Brieskorn, Norbert u.a. (Hrsg.) (1994): Vom mittelalterlichen Recht zur neuzeitlichen Rechtswissenschaft. Paderborn, München, 273–283. Der Autor beschreibt den Prozess gegen die 51-jährige Catharina Ebelings aus dem Jahr 1659 und 1663 in Bardeleben. Vorrangig dient dieser dazu, aus rechtswissenschaftlicher Per-

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spektive die Spruchpraxis des Halleschen Schöppenstuhls zu dokumentieren. In kurzen Versatzstücken zitiert Jerouschek aus dem zugrunde gelegten Aktenmaterial. Bardeleben, Halle/Saale, Wolmirstedt Anm Arch Lit Qu KAISER, FRITZ (1928/1929): Ein Mühlhäuser Hexenprozeß aus dem Jahre 1624. In: Mühlhäuser Geschichtsblätter. Zeitschrift des Altertumsvereins für Mühlhausen in Thüringen und Umgegend 29, 214–224. Kaiser schildert anhand der Akte den 1624 in Mühlhausen durchgeführten Prozess gegen Osanne Knoblauch wegen Hexerei, der für die Angeklagte mit einer Ausweisung aus der Stadt endet. Der Autor referiert den Hergang des Verfahrens, indem er die Aussagen der Angeklagten und Zeugen sowie anderer in der Akte enthaltener Quellentexte wie Rechtsbescheide und Urfehden in Paraphrase nachzeichnet. Mühlhausen Anm Arch Lit KAUFFUNGEN, KUNZ VON (1906/1907): Mühlhäuser Hexenprozesse aus den Jahren 1659 und 1660. Ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte. In: Mühlhäuser Geschichtsblätter. Zeitschrift des Altertumsvereins für Mühlhausen in Thüringen und Umgegend 7, 84–119. Der Autor gibt einen kurzen geschichtlichen Abriss der Hexenprozesse in Deutschland, um dann auf einige regionale Prozesse genauer einzugehen. Hierzu gibt er Einblick in verschiedene Prozessakten, wobei Anklageschriften, Verhörprotokolle u.a. teilweise unverändert, teilweise paraphrasiert wiedergegeben werden. Aus den Fällen gegen Margareta Eberhard und Anna Luhn von 1659 und gegen Anna Führ aus Halungen von 1659/1660 druckt Kauffungen das Interrogatorium mit den gegebenen Antworten ab und paraphrasiert zahlreiche Zeugenaussagen. Ergänzend fügt er ärztliche Gutachten und Prozessnotizen aus den Akten hinzu. Halungen, Mühlhausen Anm Arch Lit Qu KLUGE, F. (1906): Der Coswiger Hexenprozeß 1630. In: Zerbster Jahrbuch 2, 30–36. Diese Druckfassung eines im Coswiger Geschichtsverein gehaltenen Vortrags enthält die Wiedergabe des Verhörs „Der zu Coswig wegen verdächtiger Zauberei gefangen Margarethen Wochin“ in modernisierter Orthographie. Der Ausgang des Prozesses vom Jahr 1630 geht aus den erhaltenen Akten nicht hervor. Coswig Arch Qu LÄMMERHIRT, RAINER (1995): Wie Ebenau zu einer „Hochburg der Hexerei“ wurde. Eine [!] Hexenprozeß und seine Folgen. In: Das Werraland. Heimat, Kunst, Dichtung, 37f. Rainer Lämmerhirt beschreibt in seinem kurzen Beitrag die Hexenverfolgungen in Ebenau und Umgebung in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Exemplarisch werden zwei Einzelschicksale paraphrasiert: das Schicksal der Elsa Kayser aus Creuzburg sowie der Fall der Barbara Grimmenstein aus Ebenau. Creuzburg, Ebenau, Mihla, Scherbda

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LÜCKE, MONIKA (2000): Hexenprozesse des 16.–18. Jahrhunderts. In: Frauenleben (2000), 10– 27. Lücke geht auf die Überlieferungslage im heutigen Sachsen-Anhalt ein. Aus den 200 bekannten Prozessen, die man über Gerichtsakten, Rechnungs- und Kirchenbücher ermittelt hat, werden exemplarische Fälle herausgegriffen und vorgestellt. Genauer skizziert die Verfasserin nur den in Groß Salze verhandelten Fall der Katharina Heitmann (1607), den sie unter Ergänzung kurzer Originalauszüge schildert. Groß Salze Anm Arch Lit Qu MOHRIG, ANDREAS (2000): Der Hexenprozess gegen Anna Schlemmer in Groß Salze. In: Frauenleben (2000), 28–38. In einem kurzen Abriss zeichnet Mohrig die Entwicklung von frühen Inquisitionsprozessen bis zur Hexenverfolgung im 16. Jahrhundert nach. Detailliert behandelt wird sodann der Fall der verurteilten Anna Schlemmer (1618). Neben Informationen zu den Lebensumständen der Angeklagten erhält der Leser eine genaue Vorstellung vom Ablauf des Prozesses. Geschildert werden Verfahrenseröffnung, Zeugenvernehmung, Gegenüberstellung, Inhaftierung und Urteil des Schöppenstuhls. Alle Ausführungen stützen sich auf die Prozessakte, die in weitgehend unveränderten Auszügen mehrmals zitiert wird. Groß Salze Anm Arch Lit Qu NIX, DIETMAR K. (1997): Zaubereiprozesse zu Kreutzburg. Der Drachenmann. In: WerratalNachrichten 8, Heft 48, 6f. Der Autor gibt zunächst allgemeine Hintergrundinformationen zur Entwicklung der Hexenverfolgung und geht dann näher auf einige der insgesamt zehn nachweisbaren Hexenprozesse in Creuzburg ein. In kurzen Abschnitten werden u.a. die Prozesse von Barbara Glogisch (1583), Jobst Heydenreich (1657) und Barbara Pinkernagel (1658) skizziert. Zudem stellt der Artikel Abläufe der lokalen Gerichtsbarkeit und ihre Gerichtsstätten (Kerker und Richtplätze) vor. Creuzburg RÖHNER, REGINA (2000): Hexen müssen brennen. Geschichten vom Hexenwahn in Sachsen. Chemnitz. Es handelt sich um eher belletristische Nachzeichnungen sächsischer Hexenprozesse. Einzelne Originalauszüge aus Verhörprotokollen und Akten anderer Art sind in den Text eingebaut, wobei nur wenig an detaillierten Quellennachweisen mitgeliefert wird. Der Prozess gegen Anna Evens (Gommern 1658) enthält eine Reihe originaler Protokollstellen, die in leicht modernisierter Form wiedergegeben werden. Gommern, Leisning, Oederan, Oelsnitz Arch Lit Qu

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RÜSTER, HAGEN (1996): Aberglaube, Zauberei und Hexenprozesse in der Greizer Umgebung. In: Greizer Heimatkalender. Heimatgeschichtliches Jahrbuch für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Greiz, 60–67. Rüster beschreibt zunächst rechtsgeschichtliche Hintergründe und den Ablauf von Strafprozessen im 16. und 17. Jahrhundert und geht dann auf Zaubereiprozesse im reußischen Land ein. Aus den zehn erhaltenen Akten mit Zaubereisachen aus der Greizer Umgebung stellt Rüster den Fall einer „die Keiserin“ genannten Angeklagten (1608) sowie die Prozesse von Barbara Breunlich (Tschirma 1658), Barbara Kühnel und weitere spätere Verfahren vor. Dabei paraphrasiert der Autor den Prozesshergang und ergänzt ihn durch einige kurze Quellenzitate. Gera, Greiz, Schleiz Anm Arch Qu RÜSTER, HAGEN (2003): Frühneuzeitliche Gerichtsverfassung und Strafprozess im thüringischobersächsischen Raum. In: Hexen in Thüringen (2003), 41–57. Hagen Rüster beschreibt die drei Prozessarten Akkusations-, Inquisitions- und Achtsprozess und informiert über die Art der Beweisaufnahme, der Zeugenvernehmung und über den Einsatz der Folter. Konkret beschreibt er ein Verfahren gegen eine Frau vor dem Endischen Gericht in Kaimberg. Kaimberg Anm Lit RUPRECHT, MICHAEL (2000): Auf der Spitze des Roten Turms. In: Frauenleben (2000), 39–47. Ausgehend von der Feststellung, dass kaum Literatur über Hexenprozesse in Halle existiert, geht Ruprecht allen Hinweisen auf mögliche Quellen nach. Vorgestellt wird u.a. die Chronik Johann Christophs von Dreyhaupt (1755) unter Angabe der dort dargestellten Prozesse. Neben zwei kurzen Auszügen enthält der Aufsatz auch die Abbildung einer Seite aus dieser für die Stadt Halle bedeutendsten Sammlung von Prozessen. Die von Ruprecht dokumentierte Forschung gibt Anhaltspunkte für insgesamt 19 Verfahren; keiner der Fälle konnte allerdings anhand von Originalakten überprüft werden. Halle/Saale Anm Arch Lit SCHMIDT-ZERBST, W. (1902): Anhaltische Hexenprozesse. I. In Stadt und Amt Dessau. Aus den Akten des Herzoglichen Haus- und Staatsarchivs. In: Unser Anhaltland. Illustrierte Wochenschrift für Kunst, Wissenschaft und heimatliches Leben 2, Heft 1/2, 1–5; 13–17. Im ersten Heft geht Schmidt-Zerbst auf allgemeine Rechtsgrundlagen (Bulle von 1233 und 1484) ein, um nach einem Verweis auf den folgenden „Hexenhammer“ und dessen schnelle Verbreitung anhand der Prozessakten von 1588–1594 einen kurzen Überblick über die Hexenprozesse der Stadt und des Amtes Dessau zu geben. Vor allem narrativ, aber auch mit Hilfe von Quellenauszügen und paraphrasierten Aktenbezügen skizziert er einige exemplarische Schicksalswege (Martha von der Witwende, Frau Drewes, Barbara Bussin). Im zweiten Heft werden ebenfalls die Aussagen angeklagter Hexen paraphrasiert und mit fragmentarischen Aktenauszügen belegt. Dessau Anm Arch Qu

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SCHRÖDER, BETTINA (2000): Nur 21 Zentimeter Stapelhöhe – Hexenprozesse in Dessau. In: Frauenleben (2000), 54–60. Die Verfasserin stellt die im Landesarchiv Oranienbaum noch vorhandenen Akten vor, die aus dem Zeitraum von 1588 bis 1596 stammen. Insgesamt 30 hauptsächlich in Dessau geführte Prozesse werden skizziert, wobei sich neben paraphrasierten Passagen vereinzelt kürzere weitgehend unveränderte Zitate aus den Originalakten finden. Schröder arbeitet die Zusammenhänge zwischen einzelnen Verfahren heraus: Mehrmals wurden wegen belastender Aussagen von Verurteilten Folgeprozesse angestrengt. Dessau, Möckern, Zerbst Anm Arch Qu SCHULZE, W. (1931): Der Hexenprozeß gegen Anna Körbest von Alt Salze. In: Heimatglocken des Kreises Calbe. Heimat-Beilage zur Schönebecker Zeitung 7, Heft 15/16, 57–60; 61–63. Schulze stellt in seinem Beitrag den Prozess gegen Anna Körbest in Alt Salze bei Calbe vom Jahre 1632 dar, an dessen Ende die Angeklagte für fünf Jahre des Landes verwiesen wird. Die Schilderung des Prozesses ist eingebettet in eine Beschreibung der örtlichen Kriegswirren. Der Autor referiert aus der Prozessakte, indem er die Aussagen der Zeugen, die Verhöre mit der Angeklagten sowie die Rechtsgutachten in zusammenfassender Form wiedergibt. Alt Salze Anm SOMMER, KARL-HEINZ (1995): Von Hexerei und Zauberei im Schwarzburgischen. In: Jahrbuch Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 4, 180–185. Karl-Heinz Sommer schildert exemplarisch eine Gerichtsverhandlung aus dem Jahr 1677, wobei der Ablauf des Prozesses durch kurze, normalisierte Auszüge aus Anklageschrift und Befragung illustriert wird. Der Verfasser sieht vor allem Neid, Rachsucht und religiösen Fanatismus als Ursache für Hexereianklagen. Rudolstadt, Teichel Arch Lit Qu STELZNER, W. (1910): Die Verbrennung der Christine Spiering wegen „überführter Zauberei“ am 17. Dezember 1658 in Mülverstedt. In: Aus dem Unstruttale 37, 82–91. Anhand von Originalquellen fasst der Autor den Hexenprozess gegen Christine Spiering (1658) zusammen und verweist auf mögliche Hintergründe des Verfahrens. So enthält der Beitrag Informationen zur Person der Angeklagten und der Vorgehensweise in Hexenprozessen. Kurze Auszüge aus dem Aktenmaterial fließen fragmentarisch in den Text ein. Leipzig, Mülverstedt Qu WEISE, KARL (1992): Benshausen. Ein Heimatbuch. Hrsg. von Manfred Weise. Benshausen. Auf den Seiten 48f. gibt der Autor zunächst eine kurze, allgemeine Einführung in die Geschichte der Hexenverfolgung und fasst dann die nachweisbaren Hexenprozesse in der Zent Benshausen zusammen (von 1579–1620 und von 1633–1711). Dabei zählt der Text nicht nur die Opfer dieser Prozesse namentlich auf, sondern gibt auch eine knappe Übersicht typischer

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Aussagen in den Verhörprotokollen am Beispiel des Falles von Anna und Martha Bader (1597/1599). Kleinere Zitate aus den Akten ergänzen den Abschnitt zur Hexenverfolgung. Benshausen, Viernau Arch Lit Qu WILDE, MANFRED (2002): Hexenprozesse und Landesherrschaft. Der Schöffenstuhl, die Juristenfakultät und das Oberhofgericht in Leipzig und ihre Bedeutung für Hexenprozesse in Kursachsen. In: Wißuwa, Renate; Viertel, Gabriele; Krüger, Nina (Hrsg.) (2002): Landesgeschichte und Archivwesen. Festschrift für Reiner Groß zum 65. Geburtstag. Dresden, 149–166. Im vorliegenden Beitrag wird auf die Stellung der kursächsischen Spruchbehörden zum Hexereidelikt eingegangen. Für die entsprechenden drei Instanzen lassen sich verschiedene Umgehensformen hinsichtlich der Behandlung von Hexerei konstatieren. Anhand zweier Hexenprozesse, zu denen Klagen beim Oberhofgericht Leipzig angestrengt wurden, wird – mit wenigen, aber originalgetreuen Zitaten – die juristische Problematik der Kompetenzverteilung erörtert. Torgau, Wiesenburg/Erzgebirge Anm Arch Lit Qu WILDE, MANFRED (2003): Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen. Köln, Weimar, Wien. Manfred Wildes Habilitationsschrift bietet die erste umfassende Darstellung der Hexenprozesse in Kursachsen (in den Grenzen von 1750). In zwölf Kapiteln beleuchtet er nicht nur die Rechtsprechung der Zeit, sondern wendet sich auch der Verfolgungspraxis und den sozialen Hintergründen der Opfer zu. In den Fließtext sind kurze Zitate aus den Originalakten eingebaut. Durch die umfangreichen Register kann der Band als Nachschlagewerk dienen. Dresden, Halle/Saale, Leipzig, Wittenberg u.a. Anm Arch Lit Qu Reg ZEUN, PEGGY (2000): Hexenprozesse in der Stadt und im Amt Sangerhausen. In: Frauenleben (2000), 48–53. In der Sekundärliteratur wird zwar über Hexenprozesse in Sangerhausen berichtet, Gerichtsprotokolle sind allerdings nicht erhalten. Zeun stützt sich in ihrem Aufsatz daher vor allem auf Chroniken, in denen auch Auszüge aus Protokollen enthalten sind. Die Schwerpunkte ihrer Darstellung liegen auf den verschiedenen Ursachen für Beschuldigungen und Verdächtigungen, möglichen Urteilen und Strafen sowie der Lokalisierung des so genannten Hexenturms als Haftort in Sangerhausen. Sangerhausen Anm Arch Lit Qu

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AßFALG, WINFRIED (2001): Strafen und Heilen. Scharfrichter, Bader und Hebammen. Ein Beitrag zur Geschichte der ehemals vorderösterreichischen Donaustadt Riedlingen. Bad Buchau. Es handelt sich um einen Beitrag zur Geschichte Riedlingens mit dem Schwerpunkt „Strafen und Heilen“. Das Kapitel IV „Scharfrichter als Vollstrecker“ enthält die in Riedlingen mit der Feuerstrafe vollstreckten Todesurteile, die sich in vier Fällen gegen vermeintliche Hexen richteten. Der Autor gibt Auszüge aus dem Protokoll der Beklagten Katharina Merk (1596) in originaler Schreibe wieder. Riedlingen Anm Arch Lit Qu BACHMANN, ANGELIKA (2003): „Allerhand gottloses abgöttisches Werckhen“. Glaube – Aberglaube – Zauberei. Magie in der dörflichen Gesellschaft Württembergs des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Dillinger, Johannes (Hrsg.) (2003): Zauberer – Selbstmörder – Schatzsucher. Magische Kultur und behördliche Kontrolle im frühneuzeitlichen Württemberg. Trier, 27–112. Zunächst definiert Angelika Bachmann den Begriff der Magie und weist ihn in verschiedenen Diskursen nach. Den Hauptteil der vorliegenden Arbeit widmet die Autorin der Auswertung der Quellen: Aus den Malefizakten des württembergischen Oberrates sucht sie 13 Zauberei-/Hexereifälle von 1623–1752 exemplarisch aus. Diese werden u.a. unter rechts-, territorialund kirchengeschichtlichen Aspekten analysiert, um die Rolle der Magie im ländlichen Alltagsleben herauszuarbeiten. Außerdem wird der Frage nachgegangen, wie sich das Phänomen Zauberei in der Wahrnehmung der Zeitgenossen darstellte und wie es schließlich zum Delikt wurde. Dazu paraphrasiert die Autorin die Aktenlage und fügt kurze Originalzitate ein. Stuttgart Anm Arch Lit Qu BACK, NIKOLAUS (1998): Hexenverfolgung auf den Fildern 1662/63. Filderstadt (= Filderstädter Schriftenreihe zur Heimat- und Landeskunde 12). Der Verfasser stellt einleitend die Hexenverfolgung als komplexe historische Erscheinung dar, wobei er besonders auf die Situation in Württemberg eingeht. Der Schwerpunkt seiner Ausführungen liegt auf Stuttgart. Für Stadt und Amt sind zwischen 1662 und 1663 insgesamt acht Prozesse überliefert, die von Back ausführlich in chronologischem Verlauf dargestellt werden. Neben paraphrasierten Passagen finden sich immer wieder längere, sprachlich normalisierte Zitate aus den Gerichtsakten. Analysiert werden das Verhältnis der beteiligten Akteure zueinander sowie die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Prozessen. Esslingen, Stuttgart Anm Arch Lit Qu BALZER, EUGEN (1984): Die Bräunlinger Hexenprozesse. In: Balzer, Eugen (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bräunlingen. Die Bräunlinger Hexenprozesse. Freiburg/Breisgau, 1–42. Eugen Balzer befasst sich in seinem Beitrag mit Bräunlinger Hexenprozessen aus den Jahren 1632–1635. Dabei entnimmt er seine Auszüge fast durchgehend wortgetreu aus den Originalakten und nähert nur die Rechtschreibung der besseren Lesbarkeit halber der heutigen an. Bevor Balzer sich der Wiedergabe der Akten zuwendet, informiert er über den Verfasser und den Zustand der Bräunlinger Akten sowie über das allgemeine juristische Procedere. Unter den

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abgedruckten Prozessen befinden sich u.a. der Fall Verena Hornung (1632), Magdalena Schwenckh (1632) und Madlena Clausen (1635). Bräunlingen Anm Arch Lit Qu BARCZYK, MICHAEL (1994): Stadt Waldsee. In: Lorenz (Hrsg.) (1994), 253–256. Der Autor stellt für das untersuchte Gebiet einen relativ frühen Beginn (1515) und ein bemerkenswert frühes Ende (1645) der Hexenverfolgungen fest. Die meisten Prozesse der Region fanden in den 1580er Jahren statt. Insgesamt fielen bei einer Einwohnerzahl von 500–600 Personen 54 Menschen den Verfolgungen zum Opfer. Neben Textabschnitten zur Strafrechtspflege und soziokulturellen Hinweisen enthält der Text auch drei Fallbeispiele mit kurzen Zitate aus den Urgichten in moderner Übertragung. Bad Waldsee, Stadt Waldsee Anm Arch Lit Qu BEHRINGER, WOLFGANG (2004): Hochstift Augsburg. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 355– 364. Der Verfasser skizziert das Ausmaß der Verfolgungen in den einzelnen Orten des Hochstifts und gibt soziologische Einschätzungen zu den Denunziationen. Neben der Namensnennung einiger Angeklagter weist Wolfgang Behringer auf den „Flug zum Heuberg“ als regionaltypischen Topos in den stereotypen Verhörprotokollen hin. Das Ende der Hexenprozesse ist erst im 18. Jahrhundert eingetreten. Der Beitrag ist auch in → Lorenz (1994) auf den Seiten 308–315 abgedruckt. Augsburg, Dillingen, Oberstdorf, Schwabmünchen u.a. Anm Arch Lit Qu BERGER, BRUNO (1960): Hexen am Bodensee und Oberrhein. In: Bodensee-Hefte. Aktuelles aus der Region Bodensee 11, 442–445. Bruno Berger stellt in diesem Beitrag die häufigsten Vorwürfe, die gegen Hexen ausgesprochen wurden, zusammen und skizziert den „ordnungsgemäßen“ Prozessablauf. Dazu nennt er die Anzahl der Opfer in Offenburg, Hüfingen und Freiburg. Freiburg, Hüfingen, Offenburg Anm Lit BUCK, M. R. (1883): Hexenprocesse aus Oberschwaben. Auszüge. In: Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst und Sprache 11, 108–135. Der Autor stellt drei Hexenprozesse aus Oberschwaben anhand von normalisierten Quellenauszügen vor. Es sind dies die Verfahren gegen Elisabeth Heyingin (1665), den 10-jährigen Knaben Philipp Kholler (1665) und Katharina Bosch (1672). Die wiedergegebenen Quellen enthalten u.a. Personenvernehmungen, das Endurteil im Fall der Elisabeth Heyingin und das gütliche Bekenntnis sowie die Urgicht der Katharina Bosch. Königsegg, Oberwaldhausen, Wald Anm Arch Qu

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BUMILLER, CASIMIR (1983): „Ich bin des Teufels, wann er nur käm und holte mich!“ Zur Geschichte der Hexenverfolgung in Hohenzollern. In: Hohenzollerische Heimat. Vierteljahresschrift für Schule und Haus 33, 2–7. Der Autor stellt die Hexenprozesse in der untersuchten Region zusammen. Er stützt sich dabei einerseits auf bereits veröffentlichte Studien und andererseits auf Urfehden, die bisher unbekannte Hexenprozesse in Hohenzollern belegen. Neben originalen Auszügen aus der Selbstanklage der Jungingerin Barbara Mayerin (1568) enthält der Beitrag zudem die Paraphrase des Prozesses gegen Margaretha Richin aus Jungingen (1577). Auch hier fließen kurze Originalauszüge aus dem Aktenmaterial in den Text ein. Haigerloch, Hechingen, Jungingen, Trochtelfingen u.a. Anm Arch Lit Qu BUMILLER, CASIMIR (2004): Die Grafschaften und Fürstentümer Hohenzollern. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 295–314. Der Beitrag gibt einen Forschungsüberblick über einzelne Territorialherrschaften. Demnach war Hohenzollern-Hechingen am stärksten von den Hexenverfolgungen betroffen. In Hohenzollern wurden Hexereiprozesse offenbar nicht leichtfertig eröffnet. Kam es jedoch zum Prozess, zeichneten sich auch hier stereotype Verlaufsmuster ab. Kurze Zitate aus dem Umfeld der Hexenprozesse in weitgehend originaler Schreibe ergänzen den Text. Der Aufsatz ist im Vergleich zur ersten Auflage des Sammelbandes → Lorenz (1994) kaum verändert. Er findet sich dort auf den Seiten 258–272. Haigerloch, Hechingen, Owingen, Sigmaringen u.a. Anm Arch Lit Qu BÜRGER (1870): Beitrag zum Hexenwesen. Auszug aus dem Kirchenbuch zu Unterregenbach. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Württembergisch-Franken 8, Heft 3, 502–504. Der Beitrag liefert einen Auszug aus dem zeitgenössischen Kirchenbuch von Unterregenbach. Die in modernisierter Form wiedergegebenen Passagen berichten von einem Hexenprozess des Jahres 1668. Neben einer vorausgehenden Beschreibung verschiedener Krankheitsund Todesfälle, für die die Beklagte Anna Schulerihn verantwortlich gemacht wird, enthält die Veröffentlichung Bekenntnisse zu Schadenszauber und Teufelsbuhlschaft sowie die schließliche Entscheidung in diesem Fall. Unterregenbach Qu DILLINGER, JOHANNES (1998b): Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg. In: Dillinger/Fritz/Mährle (1998), 1–161. Johannes Dillinger legt eine Regionalstudie vor, in der er alle überlieferten Hexenverfolgungen der Grafschaft Hohenberg zwischen 1528–1711 erfasst. Durch detaillierte Recherchen kann er 441 Verfahren nachweisen. Die Prozessopfer ordnet er nach Familienstand, Alter, sozialem Rang sowie Wohnort und versucht aus diesen Statistiken ein „Opferprofil“ zu erstellen. Ein „Täterprofil“ skizziert Dillinger durch Untersuchungen der lokalen Prozesspraktiken. Zudem hinterfragt er die Anklagepunkte nach kirchlichen, juristischen und volkstümlichen Hexenstereotypen. Dazu gibt er dem Leser besondere Einblicke in die Fälle Agatha von

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Sontheim (1590–1594), Maria Ulmerin (1594–1596) und Christina Rauscher (1590–1604), indem er die Prozesse paraphrasiert und durch zahlreiche kurze Originalauszüge verdeutlicht. Horb, Oberndorf, Rottenburg/Neckar Anm Arch Lit Qu DILLINGER, JOHANNES (2001): Die Hexenverfolgung in der Landvogtei Schwaben im 16. und 17. Jahrhundert. In: Schmauder, Andreas (Hrsg.): Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee. Konstanz (= Historische Stadt Ravensburg 2), 125–147. Im wirtschaftlich gut gestellten Weinanbaugebiet der Landvogtei Schwaben fanden vergleichsweise wenige Hexenprozesse statt. Dillinger nennt dafür die folgenden Gründe: Wegen der klimatisch begünstigten Lage gab es keine längere wirtschaftliche Krise, die juristischen Voraussetzungen für die Entstehung von Kettenprozessen fehlten, zudem wirkte offenbar der Glaube an die Schlechtwetterabwehr durch Gebete und Devotionalien der Abtei Weingarten einem Hexenglauben in der Bevölkerung entgegen. Auf der Basis von Ratsprotokollen und Korrespondenzen erschließt der Beitrag den Verlauf einiger Prozesse (Margaretha Bruelerin, Anna Michlerin u.a.). Altdorf, Unlingen, Urspring Anm Arch Lit Qu DILLINGER, JOHANNES (2004): Schwäbisch-Österreich. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 283– 294. Der Autor setzt sich mit einem der verfolgungsintensivsten Territorien Süddeutschlands auseinander, der Grafschaft Hohenberg. Dillingers Ausführungen informieren über die Strafrechtspflege und über die Anzahl von Hexenprozessen im Zeitraum von 1493–1711. Im Mittelpunkt stehen statistische Angaben zu den Verfolgungen innerhalb der einzelnen Städte und Herrschaften. Dillingers Beitrag zur Hexenverfolgung in Schwäbisch-Österreich ersetzt seinen Beitrag zur Grafschaft Hohenberg in der ersten Auflage des Sammelbandes [vgl. → Lorenz (1994)]. Der ursprüngliche Aufsatz wurde aufgenommen unter → Dillinger (1994). Hohenberg, Horb, Oberndorf, Rottenburg/Neckar u.a. Anm Arch Lit DILLINGER, JOHANNES; FRITZ, THOMAS; MÄHRLE, WOLFGANG (1998): Zum Feuer verdammt. Die Hexenverfolgungen in der Grafschaft Hohenberg, der Reichsstadt Reutlingen und der Fürstpropstei Ellwangen. Ellwangen, Stuttgart (= Hexenforschung 2). In diesem Sammelband untersucht Johannes Dillinger die Verfolgungen in der Grafschaft Hohenberg. Thomas Fritz beschäftigt sich mit den Prozessen der ehemaligen Reichsstadt Reutlingen, und Wolfgang Mährle geht den Hexenfällen der Fürstpropstei Ellwangen nach. Die Beiträge sind einzeln aufgenommen unter → Dillinger (1998b), → Fritz (1998) und → Mährle (1998). Ellwangen, Oberndorf, Reutlingen, Rottenburg/Neckar u.a. Reg

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ESCHBAUMER, GLORIA (1983): Bescheidenliche Tortur. Der ehrbare Rat der Stadt Nördlingen im Hexenprozeß 1593/94 gegen die Kronenwirtin Maria Holl. Nördlingen. Eine neuere, weitgehend unveränderte Fassung dieses Werkes stammt aus dem Jahre 1998: → Rüdel-Eschbaumer (1998). Nördlingen Anm Arch Lit Qu FRANCK (o. J.): Der Hexenprozeß gegen den Fürstenbergischen Registrator Obervogteiverweser und Notar Mathias Tinctorius und Consorten zu Hüfingen. Ein Sittenbild aus den 1630er Jahren. o.O. Der Autor widmet sich detailliert dem Hexenprozess gegen den Notar Mathias Tinctorius (1631/1632) und seine Frau, genannt „die Notarin“ (1631). Die Veröffentlichung verweist auf Hintergründe sowie Hergang der Denunziation und nennt weitere, mit diesem Fall in Verbindung stehende Verfahren. Umfangreiche Auszüge aus den der Darstellung zugrunde liegenden Quellen unterstützen den Text. Es werden u.a. die Wiedergabe des Protokolls der Ehefrau in modernisierter Orthographie und ein eigenhändiges Schreiben des Notars Tinctorius an das Gericht abgedruckt. Donaueschingen, Fürstenberg, Hüfingen, Rottweil u.a. Anm Qu FRANCK, WILHELM (1870/1872): Zum Hexenwesen (in Donaueschingen 1719 und in Wolfach 1640). In: Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften 2, 430–431. Franck beschreibt einen Hexenprozess aus Donaueschingen von 1719 sowie einen Fall aus Wolfach von 1640. In ersterem Fall handelt es sich um ein Verfahren gegen einen 14-jährigen Jungen aus Thannheim, der mit dem Schwert hingerichtet wurde. In dem Prozess von 1640 kam es zum peinlichen Verhör einer 70-jährigen Frau, die daraufhin ein Geständnis ablegte. Kurze Originalzitate aus den jeweiligen Verhörprotokollen ergänzen den Text. Donaueschingen, Wolfach Arch Qu FRITZ, THOMAS (1998): Hexenverfolgungen in der Reichsstadt Reutlingen. In: Dillinger/Fritz/Mährle (Hrsg.) (1998), 163–324. In einer Lokalstudie zur ehemaligen Reichsstadt Reutlingen untersucht Thomas Fritz die Hexenverfolgungen des 16. und 17. Jahrhunderts. Drei größere Prozesswellen lassen sich feststellen, die zwischen 1565–1667 mindestens 53 Todesopfer forderten. Der Autor spürt anhand von umfangreichem Aktenmaterial die jeweiligen Auslöser der Verfolgungen auf. Zudem kann er durch die Prozessunterlagen viele Gemeinsamkeiten der Opfer ausfindig machen und so die typische Reutlinger „Haupt- oder Gassenhexe“ beschreiben. Zahlreiche Originalaktenauszüge sowie teilnormalisierte Zitate veranschaulichen seine Darlegungen. Esslingen, Reutlingen Anm Arch Lit Qu FRITZ, THOMAS (2004): Reichsstadt Reutlingen. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 417–426. Fritz behandelt Hexenprozesse der Reichsstadt Reutlingen. Er bettet seine Studie in den politischen und rechtshistorischen Kontext des untersuchten Gebiets ein. Verfahren gegen ver-

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meintliche Hexen fanden dort in dem Zeitraum von 1565–1667 statt. Die wesentlichen Verfolgungswellen lassen sich für die Jahre 1565, 1603, 1633, 1660/1661 und 1665–1667 feststellen. Als Quellen dienen Ratsprotokolle sowie die Chronik des Reutlinger Schulmeisters Lorentius Hofstetter. Der Beitrag findet sich in der ersten Fassung des Sammelbandes unter → Lorenz (1994), S. 370–378. Reutlingen Anm Arch Lit Qu GAYLER, CHRISTOPH FRIEDRICH (1845): Historische Denkwürdigkeiten der ehemaligen Freien Reichsstadt, izt Königlich Württembergischen Kreisstadt, Reutlingen vom dritten Viertel des 16ten bis gegen die Mitte des 18ten Jahrhunderts. Nebst einem Anhang von 1798 bis 1803. Reutlingen. Das dritte Kapitel der Abhandlung (S. 131–182) thematisiert die Hexenverfolgung in Reutlingen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Untersuchung basiert auf Originalakten und einer Chronik Hoffstetters. Im ersten Untersuchungsteil wird die lokale Hexenverfolgung anhand zahlreicher Fallbeispiele nachgezeichnet. Es folgt eine Darstellung und Beurteilung der verschiedenen Inhalte des Hexenglaubens (Teufelspakt, Ausfahren etc.) und eine Untersuchung zur Stellung der Obrigkeiten zur Hexenverfolgung. Im vierten und letzten Teil beschreibt Gayler den Prozess des früheren Bürgermeisters Heinrich Essers, dessen Frau in Hexereiverdacht geriet, gegen Bürgermeister Johann Philipp Laubenberger, der sich wegen seiner Verfolgungspraxis und Prozessführung verantworten musste. Reutlingen Anm Arch Qu Reg GRAF, KLAUS (1995): Hexenverfolgung in Schwäbisch Gmünd. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 123–139. Graf vermutet eine gegenseitige Beeinflussung der Städte Schwäbisch Gmünd, Ellwangen und Aalen für den Zeitpunkt ihrer Hexenverfolgungen. In der Fürstpropstei Ellwangen fielen in den Jahren von 1611–1612 ca. 260 Personen der Hexenverfolgung zum Opfer. Die plötzlich einsetzende Verfolgung und die Zunahme von Hexenprozessen werden auf ungünstige Klimaveränderungen zurückgeführt. Graf paraphrasiert einige Fälle von Hexereibezichtigungen, u.a. die Prozesse gegen Anna Deblerin (1613), Anna Schöchin (1613) und Barbara Secklerin (1613). Das Ende der Hexenverfolgung in der untersuchten Region wird für das Jahr 1684 angesetzt. Aalen, Dillingen, Ellwangen, Schwäbisch Gmünd Anm Arch Lit Qu GRAF, KLAUS (2004): Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 437–442. Klaus Graf macht für die Geschichte der Hexenverfolgung im untersuchten Gebiet eine typische Konstellation aus, nach der Unwetter Verfolgungswünsche in der Bevölkerung auslösten. Der Autor gibt eine Zahl von 47 Personen als nachweisbare Prozessopfer in Schwäbisch Gmünd an (1613–1617) und rekonstruiert einige feststellbare Verfahrensabläufe. Der Beitrag ist in → Lorenz (1994) auf den Seiten 388–392 abgedruckt. Aalen, Schwäbisch Gmünd Anm Arch Lit Qu

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GREINER, J. (1929): Hexenprozesse in Dinkelsbühl. In: Alt-Dinkelsbühl. Mitteilungen aus der Geschichte Dinkelsbühls und seiner Umgebung 16, Heft 6, 41–47. Greiner berichtet über einen Hexenprozess, der vom 17. September 1655 bis zum 27. März 1656 in Dinkelsbühl durchgeführt wurde. Anhand von überlieferten Ratsprotokollen können die einzelnen Phasen dieses Prozesses bis zur Verurteilung und Hinrichtung fünf angeklagter Frauen nachvollzogen werden. Greiner stützt sich auf Arbeiten von Ernst Kern und Michael Mögelin, um den Prozessverlauf wiederzugeben. Paraphrasen und Quellenauszüge werden ebenfalls nach Kern und Mögelin in normalisierter Schreibweise zitiert. Dinkelsbühl Qu GÜNTHER, LUDWIG (1906): Ein Hexenprozeß. Ein Kapitel aus der Geschichte des dunkelsten Aberglaubens. In: Archiv für Kriminal-Anthropologie und Kriminalität 19, 298–356. Ausführlich schildert Ludwig Günther den Fall der Katharina Kepler, der Mutter des Astronomen Johannes Kepler. Anhand der Originalakten rekonstruiert er nicht nur den Gerichtsprozess selbst, sondern auch die Vorgeschichte sowie die Auswirkungen dieses Hexenprozesses. Zahlreiche wort- und buchstabengetreue, aber auch orthographisch und sprachlich angeglichene Aktenauszüge ergänzen den Text. Längere Dokumente wie einzelne Klagen und Anwaltsschreiben sind in einem umfangreichen Anhang abgedruckt. Leonberg Anm Arch Qu HAAS, CARL (1865): Die Hexenprozesse. Ein cultur-historischer Versuch nebst Dokumenten. Tübingen. Die Studie von Carl Haas weist einen dreigliedrigen Aufbau auf. Der erste Teil gibt einen allgemeinen Überblick über die Entstehung und den Verlauf der Hexenverfolgung in Deutschland. Im zweiten Teil werden verschiedene Ansichten und Erklärungsansätze bezüglich der Hexenprozesse vorgestellt. Im dritten Teil bietet Haas eine Sammlung so genannter „Hexenprozeß-Dokumente“ aus den Städten Waldsee (1518–1645), Augsburg (1650–1694) und Kempten (1775). Die Dokumente werden größtenteils in Auszügen bzw. stark zusammengefasst wiedergegeben. Augsburg, Kempten, Waldsee Arch Qu HÄMMERLE, GEORG (1987): Aus der Geschichte der Stadt Saulgau. Bd. 1: Die Saulgauer Hexenprozesse. Saulgau. Der erste Teil dieser Lokalstudie schildert die Situation im „Hexenstädtle“ Saulgau im Zeitraum von 1666–1684, in den die größte Verfolgungswelle der Stadt fällt. Im zweiten Teil geht Georg Hämmerle dann auf die Hexenprozesse selbst ein, wobei er eine genaue Aufstellung der in Saulgau geführten Verfahren mit Angabe des Urteils und eventuell noch vorhandener Akten liefert. Der Studie sind Abschriften der Originalprotokolle und Urgichten der beiden Prozesse gegen Anna Persauter beigefügt. Saulgau Arch Qu

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HARZENDORF, FRITZ (1940): Überlinger Hexenprozeß im Jahre 1596. Ein Beitrag zur Geschichte und Psychologie des Hexenwahns. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 67, 108–141. Fritz Harzendorf sieht seinen Text als Fortsetzung und Ergänzung zu Soldan-Heppe. Aus den drei Verfolgungswellen der Stadt Überlingen (1574–1578, 1594–1597, 1608–1610) mit 18 nachweislichen Fällen stellt er zwei Protokolle vor. Der Text liefert eine weitgehend modernisierte Edition der Prozessprotokolle von Appollonia Mayer und Anna Sauter (1596). Überlingen Anm Arch Qu HASELIER, GÜNTHER (1969): Geschichte der Stadt Breisach am Rhein. 1. Halbband: Von den Anfängen bis zum Jahr 1700. Breisach am Rhein. Bei der Monographie handelt es sich um ein allgemeines Werk zur Geschichte der Stadt Breisach, das auf den Seiten 309–313 kurz auf die Hexenprozesse dieses Ortes zu sprechen kommt. Der Autor stellt Hinweise auf in Breisach stattgefundene Hinrichtungen zusammen. Als noch vorhandene Quellen werden vor allem Ratsprotokolle genannt, aus denen modernisierte Auszüge in den Text einfließen. Breisach am Rhein, Endingen Anm Arch Qu HEBEISEN, GUSTAV (1931–1933): Hexenprozesse aus Hohenzollern-Hechingen. Ein Prozeß am Fürstlichen Hofe. In: Hohenzollerisches Heimatblatt. Beilage zur Hohenzollerischen Volkszeitung 4/5/6, Heft 1 (31.12.1931; 14.05.1932; 15.01.1933), o.S. Um die Art und Weise der Hexenverfolgungen im Gebiet Hohenzollern-Hechingen möglichst deutlich zu machen, veröffentlicht Hebeisen umfangreiche Auszüge u.a. aus den Hexenprozessen gegen Katharina Weytt aus Hausen im Killertal (1648), Anna Widmayer zu Rangendingen (1610) und Margarethe Hirlingerin (1610) in normalisierter Schreibweise. Die Prozessprotokolle aus dem Verfahren gegen Anna Kadiss aus dem Jahr 1643 gibt der Autor nahezu vollständig wieder. Eine chronologische Auflistung aller Verfolgungsopfer mit Angabe ihres Urteils bietet eine Übersicht über den regionalen Umfang der Hexenverfolgungen. Grosselfingen, Hechingen, Rangendingen, Weilheim u.a. Anm Arch Lit Qu HEINZELMANN, MATTHIAS (1955): Aus dem Hexenprozess der Adlerwirtin Katharina Memlerin von Melchingen. In: Hohenzollerische Heimat. Vierteljahresschrift für Schule und Haus 5, 50– 53. Der Autor beschreibt den Hexenprozess gegen Katharina Memlerin von Melchingen (1597/1598). Er stützt seine Veröffentlichung auf Originalaktenmaterial, aus dem er Aussagen der Angeklagten in paraphrasierter Form wiedergibt. Zudem enthält der Beitrag ein modernisiertes Transkript der Urgicht des zehn Jahre zuvor hingerichteten Bastian Steublin (1588). Melchingen, Trochtelfingen Arch Qu

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HELLINGER, KARL (1912a): Die Carolina in Gengenbach. In: Archiv für Strafrecht und Strafprozess 59, 78–94. Karl Hellinger druckt einige gerichtliche Unterlagen ab, unter denen sich auch die Urfehde der Ursula Jacob Meyer von 1604 und die Urfehde der Christina Mathis Lienhardt von 1617 befinden. Beide Dokumente sind in unveränderter Schreibweise und wortgetreu aus den Originalakten übernommen. Gengenbach Anm Arch Qu HELLINGER, KARL (1912b): Die Carolina und die Hexenverfolgung in Gengenbach. In: Archiv für Strafrecht und Strafprozess 59, 389–397; 497–500. Die hier vorgelegten Protokolle aus dem ausklingenden 16. Jahrhundert berichten in originaler Schreibweise von verschiedenen Hexenprozessen. Karl Hellinger publiziert einige Verhörprotokolle, Korrespondenz der Reichsstadt Zell an die Reichstadt Gengenbach, aus der die Namen denunzierter Personen hervorgehen, sowie juristische Gutachten. Ortenau, Gengenbach, Zell Anm Arch Qu HERRMANN, KLAUS JÜRGEN (2001): „Er habe auß Ängsten und Forcht geredt und bekennt … er seye kein Hex“. Ein Hexerprozess gegen den Spitalpfründner Nikolaus Weitlufft aus Schwäbisch Gmünd im Jahr 1650. In: Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 27, 167–190. Nach einer Einführung in die gesellschaftlichen Hintergründe beschäftigt sich der Autor vor allem mit den noch erhaltenen protokollierten Verhören. Er paraphrasiert größtenteils die Aussagen des Angeklagten. Zusätzlich fließen Aktenzitate in den Text ein. Bei den Quellenauszügen handelt es sich zumeist um einzelne, z.T. unvollständige Sätze. Lediglich im Kontext des Geständnisses gibt Herrmann eine längere Passage aus dem Protokoll in teilnormalisierter Schreibe wieder. Dieser Aufsatz ist in unveränderter Form auch im Internet unter www.hexenforschung.historicum.net/etexte/weitlufft.html (19.04.2005) zu finden. Schwäbisch Gmünd Arch Lit Qu HOCHSTRASSER, OLIVIA (1993): Ein Haus und seine Menschen 1549–1989. Ein Versuch zum Verhältnis von Mikroforschung und Sozialgeschichte. Tübingen. Über 40 Jahre hinweg waren die beiden Hausbewohner Jakob und Jerg Größer offensichtlich maßgebliche Betreiber der Junginger Hexenverfolgung. Allein bei vier der acht Hexenprozesse ihres Dorfes waren sie daran beteiligt, den Verdacht auf die entsprechenden Opfer zu lenken. Die Fälle gegen Maria Wullin, Katharina Fattlerin, Anna Kuenzlerin und Anna Rieckherin werden hier paraphrasiert, oft aber auch mit kurzen originalen und teilnormalisierten Aktenzitaten illustriert. Jungingen, Tübingen Anm Arch Lit Qu Reg

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HOFFSTETTER, LORENTIUS (1981/1982): Reutlinger Chronik. Vom Ursprung der Stadt und was sich Merkwürdiges zugetragen bis 1691. Bearbeitet von Dr. Paul Schwarz. In: Reutlinger Geschichtsblätter NF 20/21. Die im Original 1152 Seiten umfassende Chronik Lorentius Hoffstetters wurde von Paul Schwarz buchstabengetreu ediert und mittels eines ausführlichen Inhaltsverzeichnisses sowie eines Orts- und Personenregisters aufbereitet. Einträge zu Hexereifällen finden sich gehäuft in den Jahren 1660–1667. Hoffstetter scheint mit großem Interesse kursierenden Gerüchten nachgegangen zu sein und berichtet oft „aus eigenem Erleben und Hörensagen“. In vielen Fällen basieren seine Angaben zudem auf den am „Endlichen Rechtstag“ verlesenen Geständnissen der Angeklagten. Reutlingen Arch Qu Reg HONKE, GUDRUN (1994): Katharina Kepler 1547–1622. „Sie hab sich sovihl erweint, das Sie jetztmahls nit mehr weinen könde“. In: Pusch, Luise F. (Hrsg.) (1994): Mütter berühmter Männer. Frankfurt/Main, 9–43. Im Zentrum dieser biographischen Skizze der Mutter des Mathematikers und Astronomen Johannes Kepler steht deren Hexenprozess, der sich über sechs Jahre, darunter 14 Monate in Haft, hinzog. Die Autorin schildert den Fall vom ersten Auftreten des Hexereiverdachts bis zur Freilassung und ordnet Katharina Keplers Einzelschicksal in den größeren Zusammenhang der regionalen Hexenverfolgung ein. Dazu paraphrasiert sie das Aktenmaterial, fügt aber auch einige Zitate ein. Güglingen/Stuttgart Anm Arch Lit Qu HÖRGER, HERMANN (1975): Wirtschaftlich-soziale und gesellschaftlich-ideologische Aspekte des Hexenwahns. Der Prozeß gegen Simon Altseer aus Rottenbuch 1665. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 38, 945–966. Hermann Hörger widmet sich in seinem Beitrag speziell dem Hexenprozess gegen Simon Altseer (1665) und stellt sowohl die Person des Angeklagten als auch die Kläger vor. Im Mittelpunkt steht die Analyse der protokollierten Aussagen, die auf „wirtschaftlich-soziale und gesellschaftlich-ideologische Aspekte“ hin geprüft werden. Die Veröffentlichung stützt sich auf das Originalprotokoll des Prozesses, aus dem das Urteil des Bannrichters und einzelne Zitate in den Text eingearbeitet werden. Als Anhang sind dem Aufsatz zusammenhängende Abschnitte aus dem Aktenmaterial im Original beigefügt. Rottenbuch Anm Arch Lit Qu HORTZITZ, NICOLINE (Hrsg.) (1990): Hexenwahn. Quellenschriften des 15. bis 18. Jahrhunderts aus der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek. Mit einer Einführung von Gertrud RothBojadzhiev. Stuttgart (= Silberburg Wissenschaft/Geschichte 280). Den gesammelten Quellenschriften ist eine historische, zum Teil auch systematisch argumentierende Einleitung vorangestellt, die das Phänomen „Hexerei und deren Verfolgung“

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thematisiert. Der dokumentierende Teil enthält Aktenmaterial, unter dem auch originalgetreue Verhörprotokolle aus Hexereiprozessen von 1570, 1590 und 1654 abgedruckt sind. Augsburg, Eichstätt Anm Arch Lit Qu 

JEROUSCHEK, GÜNTER (1995): Der Hexenprozess als politisches Machtinstrument. Der mysteriöse Tod des Hexeninquisitors Daniel Hauff und das Ende der Hexenverfolgung in Esslingen nebst Überlegungen zur Psychohistorie der Hexenverfolgungen. In: Lorenz/Bauer (1995a) Wd, 117–128. Der Verfasser zeichnet den Ablauf der Esslinger Hexenprozesse nach. Dabei steht die Suche nach Gründen für den Beginn der Hexenverfolgungswellen sowie für das Ende der Hexenprozesse im Mittelpunkt. Der Ratsadvokat Daniel Hauff wird in diesem Zusammenhang als wesentlicher Verursacher der Verfolgungen betrachtet. Seine Untersuchungen veranschaulicht Jerouschek mit Paraphrasen und kurzen Originalzitaten aus Prozessakten. Esslingen Anm Arch Lit Qu KEMPF, KARL (1995): Hexenverfolgung in Rottenburg. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 159– 202. Kempf skizziert die sozialpsychologische Komponente des Hexenglaubens und die Genese der Hexenverfolgung „vor Ort“. Die Grundlage der Analyse stellen 47 Urfehden oder Urgichten sowie Tagebuchnotizen des Crusius (1573–1605) dar. Kempf verweist auf die quantitative Konzentration von Hexenprozessen auf die Zeit um 1600 und stellt seine Ergebnisse in tabellarischer Form zusammen. Zahlreiche Auszüge aus Verhörprotokollen sind in Form längerer Zitate in den Text eingearbeitet. Rottenburg/Neckar Anm Arch Lit Qu KINZELBACH, ANNEMARIE (1999): Konstruktion und konkretes Handeln. Heilkundige Frauen im oberdeutschen Raum, 1450–1700. In: Historische Anthropologie 7, 165–190. Annemarie Kinzelbach untersucht, inwiefern heilkundige Frauen einem erhöhten Risiko, Opfer von Hexenverfolgungen zu werden, ausgesetzt waren. Dazu geht die Autorin Hexenprozessen des oberdeutschen Raumes nach, in die Heilkundige verwickelt waren oder in denen Krankheitszauber eine wesentliche Rolle spielte. Um mögliche kausale Zusammenhänge zwischen heilenden Praktiken und den Anklagepunkten aufzuzeigen, paraphrasiert Kinzelbach u.a. den Prozess gegen Anna Vischerin (Nördlingen 1592). Nördlingen, Überlingen Anm Arch Lit Qu KOENIGER, A. M. (1907): Zum Kapitel Hexenprozesse. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 33, 79–83. A. M. Koeniger schildert anhand von pfalzneuburgischen Prozessakten und einigen Pfarrakten den Fall eines 10-jährigen Mädchens von 1629. Größtenteils in paraphrasierter Form, aber auch mit kurzen Originalzitaten berichtet Koeniger, wie das Mädchen unter Hexereiverdacht geriet und verhört wurde. Es folgt ein originaler Schriftwechsel zwischen dem Landvogt

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Gravenögg und dem Ordensvogt Lays, der von mehreren Kindern berichtet, die Opfer der Hexenverfolgung wurden. Zöschingen Anm Arch Qu KOHLER, JOSEF (1912): Die Carolina in den Freien Reichsstädten Offenburg und Zell am Harmersbach. In: Archiv für Strafrecht und Strafprozess 59, 218–224. Um die Anwendung der Carolina in Offenburg und Zell zu demonstrieren, entnimmt Josef Kohler den Ratsprotokollen einige Fälle und fügt Auszüge aus den Originaldokumenten bei. Unter diesen befindet sich auch das Protokoll über den Fall der Christiane Göpfertin und ihrer Tochter. Beide standen nacheinander (1600/1601 bzw. 1602) wegen Hexerei vor Gericht. Offenburg, Zell Anm Arch Qu KRAMER, KARL-S. (1957): Volksglauben in Nördlinger Urfehdebüchern. In: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, 43–50. Der Autor wertet Nördlinger Urfehdebücher der Jahre 1415–1625 aus. Nach einer allgemeinen Einleitung in den Hexereiglauben untersucht Kramer die Quellen auf unterschiedliche Motive wie Teufel, Teufelsbuhlschaft, Hexerei. Dazu liefert er Beispiele in originaler Schreibe. Nördlingen Anm Arch Lit Qu LANGEN, KARL V. (1821): Beiträge zur Geschichte der Stadt Rotweil am Neckar. Rotweil. Der Verfasser liefert neben zahlreichen anderen Quellen zur Rottweiler Stadtgeschichte die vollständige und sprachlich originalgetreue Edition dreier Verhörprotokolle betreffend die Hexenprozesse gegen Anne Huenckherin (1615), Anna Gritzerin (1631) und Agneß Montelin (1629). Rottweil Qu LORENZ, SÖNKE (Hrsg.) (1994): Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten. Eine Ausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe im Schloß. Bd. II: Aufsatzband. Ostfildern/Stuttgart (= Volkskundliche Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe 2/2). Der Aufsatzband enthält neben allgemeinen Einführungen vor allem Beiträge zu einzelnen südwestdeutschen Territorien. In einer Einleitung zum zweiten, regionalgeschichtlichen Teil des Bandes gibt Lorenz einen Forschungsüberblick und fasst die Ergebnisse der einzelnen Regionalstudien zusammen. Zu dem Sammelband existiert unter dem Titel „Wider alle Hexerei und Teufelswerk“ eine neue Fassung aus dem Jahr 2004. Für Beiträge, die (teils überarbeitet) aus der alten Fassung in die neue übernommen wurden, vgl. → Lorenz/Schmidt (2004). Folgende Titel erscheinen nicht mehr in der Neuauflage: → Barczyk (1994), → Dillinger (1994), → Voges (1994). Hagenau, Hohenberg, Ortenau, Waldsee u.a. Anm Arch Lit Qu Reg

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LORENZ, SÖNKE (1995): Die Rechtsunfähigkeit der Tübinger Juristenfakultät in Hexenprozessen (ca. 1552–1602). In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 241–320. Im Mittelpunkt der Darstellung steht die Spruchpraxis der Tübinger Juristenfakultät im 17. und 18. Jahrhundert. Lorenz dokumentiert Prozessgrundsätze und Vorgehensweisen in den Hexenprozessen. Auf die Beschreibung einzelner Fälle folgt die Vorstellung einiger Fragenkataloge, anhand derer Angeklagte und Zeugen verhört wurden. Der umfangreiche Anhang enthält das Tübinger Consilium für Pforzheim (1552/1553) und das für Markgraf Karl II von Baden Durlach (1553) in einer Gegenüberstellung. Pforzheim, Tübingen Anm Arch Lit Qu LORENZ, SÖNKE; BAUER, DIETER R. (Hrsg.) (1995b): Hexenverfolgung. Beiträge zur Forschung – unter besonderer Berücksichtigung des südwestdeutschen Raumes. Wiesbaden (= Quellen und Forschungen zur europäischen Ethnologie 15). Der Sammelband dokumentiert die Ergebnisse einer gleichnamigen Studientagung von 1986. Die Veröffentlichung wird als grundlegend für die Arbeit des AKIH (Arbeitskreis Interdisziplinäre Hexenforschung) angesehen. Folgende Regionalstudien sind einzeln aufgenommen unter → Ahrendt-Schulte (1995a) Nwd, → Graf (1995), → Kempf (1995), → Lorenz (1995), → Raith (1995a), → Raith (1995b) und → Vöhringer-Rubröder (1995). Hagenau, Hohenberg, Ortenau, Waldsee u.a. Anm Arch Lit Qu Reg LORENZ, SÖNKE; SCHMIDT, JÜRGEN MICHAEL (Hrsg.) (2004): Wider alle Hexerei und Teufelswerk: Die europäische Hexenverfolgung und ihre Auswirkungen auf Südwestdeutschland. Ostfildern/Stuttgart. Der Sammelband enthält neben einigen allgemeinen Beiträgen zur Hexenverfolgung eine Reihe von Regionalstudien, die sich vornehmlich auf den südwestdeutschen Raum beziehen. Bei der Veröffentlichung handelt es sich um eine Neubearbeitung des Karlsruher Ausstellungskataloges, der unter dem Titel „Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten“ [vgl. → Lorenz (1994)]in zwei Bänden erschien. Die Herausgeber beurteilen die vorliegende Aufsatzsammlung aufgrund des veränderten Umfangs und des neuen Aussehens weniger als 2. Auflage des ersten Kataloges, sondern vielmehr als neuen Band. Zahlreiche Beiträge der Ausgabe von 1994 wurden – teils in überarbeiteter Form – übernommen. Sie sind aufgenommen unter → Behringer (2004), → Bumiller (2004), → Fritz (2004), → Graf (2004), → Raith (2004), → Schlaier (2004), → Schmidt (2004), → Schneider (2004), → Schraut (2004a), → Schraut (2004b), → Vöhringer-Rubröder (2004), → Weiß (2004a), → Weiß (2004b) Sod, → Wohlschlegel (2004) Sod, → Zeck (2004) und → Zimmermann (2004). Neu hinzugekommen ist → Dillinger (2004). Der Band schließt mit einem neuen ausführlichen Forschungsüberblick über die „Geschichte der Hexenforschung“ von Wolfgang Behringer ab. Hagenau, Hohenberg, Ortenau, Waldsee u.a. Arch Qu Lit MÄHRLE, WOLFGANG (1998): „O wehe der armen seelen“. Hexenverfolgungen in der Fürstpropstei Ellwangen (1588–1694). In: Dillinger/Fritz/Mährle (Hrsg.) (1998), 325–500. Ein strukturgeschichtliches Kapitel über die Fürstpropstei Ellwangen und einige Bemerkungen zur Entstehung des frühneuzeitlichen Hexenglaubens führen in die vorliegende Unter-

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suchung ein. Der Hauptteil stellt sehr detailliert die Ellwanger Verfolgungen der Jahre 1588– 1694 dar. Besonderes Augenmerk legt Mährle auf die beiden, grundsätzlich unterschiedlichen Prozessserien der Jahre 1588 und 1611–1618. Mit Hilfe von paraphrasierten sowie einigen originalen Aktenauszügen arbeitet der Autor vor allem die Kontinuität und die Veränderungen der Prozessführungen und ihre Folgen heraus. Ellwangen, Heuchlingen, Rötlen, Tannenburg u.a. Anm Arch Lit Qu NEUMAIER, HELMUT (1976): Hexenwahn im badischen Frankenland. In: Württembergisch Franken 3, 264–277. Kommentar siehe Wd. Altheim, Mainz, Osterburken, Rosenberg Anm Arch Lit Qu OESTMANN, PETER (1995): Das Reichskammergericht und die Hexenprozesse – das Beispiel der Reichsstadt Offenburg. In: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 17, 30–49. Unter der Fragestellung, welchen Einfluss das höchste deutsche Gericht auf die territorialen Hexenverfolgungen nehmen konnte, erörtert Peter Oestmann anhand des Beispiels der Reichsstadt Offenburg die Haltung des Reichskammergerichts zum Hexereitatbestand sowie zum Hexen-Inquisitionsprozess. Der Beitrag verweist auf eine Offenburger Prozesswelle des Jahres 1608 sowie auf einen erneuten Anstieg der Verfolgungen von 1627–1630. Als Quellen dienen Ratsprotokolle, Protokollbücher und weitere Aktenstücke. In seiner Analyse geht Oestmann kurz auf die Prozesse gegen Maria Linderin (1608), Anna Maria Hofmann (1608–1610) und Barbara Pfäffinger (1603) ein. Offenburg Anm Arch Lit Qu PFAFF, KARL (1856): Die Hexenprocesse zu Eßlingen im sechszehenten und siebenzehenten Jahrhundert. In: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte. Bilder und Züge aus dem Leben des deutschen Volkes 1, 253–271; 283–294; 347–371; 441–462. Im ersten Kapitel leitet Karl Pfaff seinen vierteiligen Beitrag mit einigen Worten über Entstehung, Ausbildung und Aufhebung der Hexenprozesse ein. Er verdeutlicht seine Ausführungen anschließend mit Prozessparaphrasen und modernisierten Auszügen aus den Esslinger Prozessen gegen z.B. Bertha Bul und Barbara Schauer (1562/1563). Das zweite Kapitel paraphrasiert mehrere Prozesse aus der Zeit von 1596–1632. Unter dem Titel „Großer Hexenprozeß in den Jahren 1662–68“ beschreibt Pfaff im dritten und vierten Kapitel die gewaltigen Ausmaße der Esslinger Hexenverfolgung. Zahlreiche paraphrasierte Verhörprotokolle zeugen hier von dem damaligen Geschehen. Esslingen Anm Arch Qu RAITH, ANITA (1995a): Ein württembergischer Hexenprozeß des Jahres 1592. Eine Fallstudie. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 83–100. Anhand des konkreten Falls von Barbara Zimmermann werden die Auswirkungen einer Hexereibezichtigung und die Vorstellungen von Zauberei der am Prozess beteiligten Personen analysiert. Raith skizziert vor dem Hintergrund einer rechtshistorischen Sichtweise die Verhaf-

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tungs-, Verhör-, Folter- sowie Hinrichtungspraktiken und verweist auf Elemente, die das Delikt der Zauberei begründen (Pakt mit dem Teufel, Schadenszauber, Teilnahme am Hexensabbat). Sie greift dabei typische Motive des gelehrten Hexenmusters auf und beschreibt den sozialen Hintergrund der angeklagten Personen. Stuttgart Anm Arch Lit Qu RAITH, ANITA (1995b): Hexenprozesse beim württembergischen Oberrat. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 101–121. Anhand der Beschreibung einzelner Fälle von Hexereibezichtigung gibt Raith einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Hexenverfolgung in Württemberg und ermöglicht somit einen „Einblick in das formale Verfahren und die am Prozess beteiligten Instanzen“. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Bedeutung des Oberrats und die Charakteristika des württembergischen Rechts. Als Quellen dienen sowohl Traktate als auch Verhörprotokolle, aus denen kürzere Auszüge zitiert werden. Stuttgart Anm Arch Lit Qu RAITH, ANITA (1998): Das Hexenbrennen in Leonberg. In: Dürr, Renate (Bearb.) (1998): Nonne, Magd oder Ratsfrau: Frauenleben in Leonberg aus vier Jahrhunderten. Leonberg, 53–73. Anita Raith geht in ihrem Aufsatz zu Beginn auf allgemeine Forschungsergebnisse der Hexenforschung ein. Auf die Zusammenhänge zwischen ökologischen und wirtschaftlichen Krisen und den Hexenprozessen als Konfliktbewältigung verweisend, schildert sie exemplarisch den Fall der Catharina Müller und nennt weitere namentlich bekannte Verfolgungen. Sie zieht den Schluss, dass im Herzogtum Württemberg der übergeordnete Beamtenapparat auf der Regierungsebene den Verfolgungseifer bremste, indem er auf die Einhaltung des ordentlichen Gerichtsverfahrens achtete. Heimsheim, Leonberg Anm Arch Lit Qu RAITH, ANITA (2004): Herzogtum Württemberg. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 225–236. Der Beitrag berücksichtigt Aspekte zur territorialen, politischen und sozialen Situation des Landes Württemberg in der Neuzeit und zeichnet den Verlauf der Hexenverfolgung nach. Erste Hinrichtungen sind 1562/1563 (Württemberg, Esslingen, Wiesensteig) nachweisbar, die hauptsächliche Verfolgungszeit umfasst den Zeitraum von 1590–1630, mit einem Schwerpunkt auf den Jahren 1626–1630. Erwähnt werden u.a. der bekannte Prozess gegen Katharina Kepler (Leonberg und Güglingen 1620) sowie zahlreiche Kinderhexenprozesse nach 1634. Raith nennt stereotype Vorstellungen von Hexerei, häufige Opfercharakteristika und geht auf die Haltung der lutherischen Geistlichen sowie auf gesetzliche Grundlagen und Strafverfahren ein. Brackenheim, Dornham, Münchingen, Sulz u.a. Anm Arch Lit Qu

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RATH, H. (1850/1851): Ein Hexenproceß zu Schongau vom Jahre 1587. Aus den Originalacten geschichtlich dargestellt. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 11, 126– 144. Rath gibt eine detaillierte Zusammenfassung des Prozesses gegen Lucia Geiger, die erstmals 1575 der Hexerei beschuldigt wurde. Zu der hier dargestellten Anklage kam es allerdings erst im Jahre 1587. Im Mittelpunkt der Veröffentlichung stehen der Inhalt der protokollierten Aussagen und die einzelnen Anklagepunkte. Überlegungen des Autors werden durch die Wiedergabe einzelner Passagen aus dem Aktenmaterial gestützt. Es finden sich zudem eine „buchstäbliche“ Abschrift des Hofratsbefehls sowie ein Transkript des Urfehdebriefs in leicht normalisierter Schreibe. Schongau Anm Arch Qu RAU, KURT (2003): Augsburger Kinderhexenprozesse im Kontext der Hexenverfolgungen in Früher Neuzeit. Zürich. Im Mittelpunkt der Dissertation steht die Analyse von Kinderhexenprozessen in Augsburg (1618–1730). Rau dokumentiert die Quellenlage und skizziert den bisherigen Forschungsstand. Als Quellen dienen Prozessakten aus dem Stadtarchiv Augsburg, Strafbücher der Jahre 1596– 1699, Urgichtenbücher und Urgichtensammlungen sowie Augsburger Chroniken. Nach einem Überblick über den Hexenglauben erfolgt eine detaillierte Beschreibung einzelner Kinderhexenprozesse ausgehend von dem Fall der Maria Braun (1625). Vor dem Hintergrund der Analysen versucht Rau ein Persönlichkeitsprofil (Alter, Geschlecht, Konfession, sozialer Kontext) der verdächtigten Kinder zu erstellen. Die Quellenauszüge sind teilnormalisiert. Die Veränderungen werden durch den Verfasser kommentiert. Zahlreiche Tabellen und ein Anhang mit Faksimiledrucken ergänzen den Text. Augsburg Anm Arch Lit Qu REINFRIED, KARL (1916): Auszüge aus den Hexenprozeß-Protokollen des Amts Bühl der Jahre 1628 und 1629. In: Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst und Sprache 43, 2–21. Karl Reinfried schildert zunächst das gerichtliche Vorgehen im Fall eines Hexereiverdachts im Amt Bühl mit kurzen, teilnormalisierten Zitaten aus Verhörprotokollen (1628/1629). Anschließend listet er die „vom 3. Oktober 1628 bis zum 13. Oktober 1629 wegen des Lasters der Zauberei hingerichteten Personen“ auf (70 verurteilte Personen mit kurzer Beschreibung des Gerichtsverfahrens). Ergänzt wird das Verzeichnis durch einen Auszug aus Steinbacher Hexenprotokollen. Bühl, Steinbach Anm Arch Lit Qu REIß, WOLFGANG (1971): Die Hexenprozesse der Stadt Baden-Baden. In: Freiburger DiözesanArchiv 91, 202–266. Wolfgang Reiß zeichnet in seiner Diplomarbeit anhand paraphrasierter Protokollauszüge den Ablauf und die Durchführung der Hexenprozesse in Baden-Baden in der Zeit zwischen

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1627 bis 1631 nach. Mit einem einleitenden Kapitel bettet er diese Beschreibung in einen allgemeinen historischen Zusammenhang ein. Baden-Baden, Baden-Durlach, Beuern, Kuppenheim Anm Arch Lit Qu REST, JOSEF (1912): Ettenheimer Hexenprozesse im 17. Jahrhundert. In: Die Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden 3, 38–56. Josef Rest nennt Ursachen für die Hexenverfolgungen und spricht einzelne Verfahren aus der betrachteten Region kurz an. Dabei rückt er vor allem die Bedeutung des Amtmanns sowie finanzielle Zusammenhänge in den Mittelpunkt. Der Autor listet außerdem alle nachweisbaren Prozesse auf. Dabei finden sich jeweils kurze Informationen zu den angesprochenen Verfahren. Rest gibt zudem einen Auszug aus den Prozessakten der Maria Störin (Ettenheim 1667) in teilnormalisierter Schreibe wieder. Ettenheim Anm Arch Lit Qu ROPER, LYNDAL (1996): Witchcraft and fantasy in early modern Germany. In: Barry, Jonathan; Hester, Marianne; Roberts, Gareth (Hrsg.) (1996): Witchcraft in early modern Europe. Studies in culture and belief. Cambridge, 207–236. Lyndal Ropers Studie basiert auf Augsburger Hexereiakten (Urgichten, Verhörprotokollen, Zeugenaussagen) des 17. Jahrhunderts und nähert sich dem Bereich des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung von Seiten der Psychoanalyse. Im Zentrum der Untersuchung steht der laut Roper für den Hexereiglauben zentrale Aspekt der Mutterschaft und hier insbesondere das Verhältnis der Mütter zu den „lying-in maids“: älteren, unverheirateten bzw. verwitweten Dienstmägden, die sich in den ersten Wochen nach der Geburt um die Wöchnerinnen und ihre neugeborenen Kinder kümmerten. Augsburg Anm Arch Lit Qu ROPER, LYNDAL (1997a): Hexenzauber und Hexenphantasien im Deutschland der Frühen Neuzeit. In: Hsia, Ronnie Po-Chia; Scribner, Robert (Hrsg.) (1997): Problems in the Historical Anthropologie of Early Modern Europe. Wiesbaden, 139–174. Mit dem Instrumentarium der Psychoanalyse versucht Roper, die Psyche und das Denken frühneuzeitlicher Menschen zu rekonstruieren. Bei der Untersuchung Augsburger Hexenprozesse wird in den Anklagen eine auffällige Häufung von Aspekten der Mutterschaft festgestellt. Im Zusammenhang mit der Folter analysiert der Text zudem die ambivalenten Rollen der Beteiligten. Augsburg Anm Arch Lit Qu ROPER, LYNDAL (1997b): Kinder ausgraben, Kinder essen. Zur psychischen Dynamik von Hexenprozessen in der Frühen Neuzeit. In: Boskovska-Leimgruber, Nada (Hrsg.) (1997): Die Frühe Neuzeit in der Geschichtswissenschaft. Forschungstendenzen und Forschungserträge. Paderborn, München, 201–228. Im Zentrum der Untersuchung Lyndal Ropers steht das Motiv der kinderessenden Frau, dem in den Hexereiverhören der Stadt Nördlingen, zur Zeit der großen Prozesswelle von 1590–

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1598, ein besonderes Gewicht zukam. Ausgehend von der These, dass das Bild der kannibalistischen Mutter eine für die psychische Dynamik der Nördlinger Hexenjagd unabdingbare Voraussetzung darstellte, widmet sich Roper in ihrer psychologischen Analyse insbesondere drei psychischen Komponenten, die diesem Bild zugrundeliegen: mythischen Vorstellungen aus dem Bereich der christlichen Eucharistie, oralem Sadismus als Ausdruck von Hass gegen die Mutter und sadomasochistischen Beziehungen zwischen Angeklagten und Richtern bzw. Scharfrichtern. Ropers Studie basiert auf einer Sammlung von Hexenakten aus dem Stadtarchiv Nördlingen und ist mit einer Vielzahl von Originalzitaten versehen. Nördlingen Anm Arch Lit Qu RÖSCH, FRANZ; RUF, J. (1924): Ein Einblick in die Renchtäler Hexenprozesse. Nach umfangreichen Materialsammlungen zusammengestellt von Bürgermeister J. Ruf und bearbeitet von Franz Rösch. In: Die Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden 11, 31–38. Rösch gibt eine kurze Einführung in den Hexenglauben des 16. und 17. Jahrhunderts, um dann genauer auf die Hexenprozesse des Herrschaftsgebiets Oppenau einzugehen. Dazu nutzt er Gerichtsunterlagen aus dem „Oppenauischen Hexenbuch“, in dem 52 Protokolle enthalten sind. In normalisierter Schreibweise zitiert Rösch Geständnis- und Verhörprotokollausschnitte aus den Fällen gegen Maria Magdalena (1630), Apollonia Ruessen (o.J.), Anna Wallreins (1631) und Eva Simmler (1631). Oberkirch, Oppenau, Peterstal, Ramsbach Anm Arch Qu RÜDEL-ESCHBAUMER, GLORIA (1998): Der Hexenprozeß Maria Holl. Mit Originalprotokollen aus dem Stadtarchiv Nördlingen vom Jahre 1593/94. Nördlingen. Beginnend mit einer allgemeinen Einführung in den „Hexenwahn“ und das Strafrecht, behandelt dieses Buch detailliert die gerichtlichen Akten des Prozesses gegen Maria Holl von 1593/1594. Abbildungen der originalen Aktenstücke führen dem Leser die damalige Schriftlichkeit vor Augen; die jeweiligen hinzugefügten Übersetzungen ins heutige Deutsch lassen ihn den historischen Inhalt leichter begreifen. Nördlingen Anm Arch Lit Qu SABEAN, DAVID WARREN (1990): Das zweischneidige Schwert. Herrschaft und Widerspruch im Württemberg der Frühen Neuzeit. Frankfurt/Main. (= Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 888). Im Zentrum der komplexen Untersuchung steht nicht die Hexerei als solche, sondern ihre metaphorischen Anteile sowie die Frage, „wie Metaphern als eine Grammatik sozialer Beziehungen verstanden werden können“. Am Beispiel der dreizehnjährigen Anna Catharina Weissenbühler aus Warmbronn, die im Jahr 1683 in Leonberg in Hexereiverdacht gerät, analysiert Sabean Sprache und Kommunikation zwischen dem Mädchen, seinen Verfolgern und den Bewohnern von Warmbronn, Gerlingen und Leonberg. Die quellengestützte Untersuchung

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basiert auf Akten aus dem württembergischen Hauptstaatsarchiv, deren Inhalte durchgehend in Form von Paraphrasen wiedergegeben werden. Gerlingen, Leonberg, Warmbronn Anm Arch Lit Reg SCHILLING, A. (1883): Drei Hexenverbrennungen zu Ulm. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 6, 137–141. Der Autor gibt in seinem Beitrag drei „Verkündzettel“ aus einem Urgichtenbuch „in treuer Abschrift“ wieder. Aus diesen sind die Bekenntnisse dreier vermeintlicher Hexen sowie das angewandte Gerichtsverfahren zu ersehen. Die Prozesse entstammen dem Beginn des 17. Jahrhunderts und betreffen Catharina Rüessin (1613), Anna Uebelhierin (1616) sowie Ilgen Anna aus Nördlingen (1621). Nördlingen, Ulm Arch Qu SCHLAIER, BERND (2004): Reichsstadt Ulm. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 453–484. Von 1507 bis 1682 fanden nachweislich auch in Ulm Hexenprozesse statt. Mindestens 30 Personen waren davon betroffen, wobei Schlaier eine Verdichtung der Prozesse für 1562–1564 und 1612–1621 feststellt. Dass in Ulm, verglichen mit anderen Territorien, relativ wenige Hexenprozesse verhandelt wurden, führt der Autor auf Gerichts- und Behördenstrukturen vor Ort zurück. Demnach hat ein hoher Grad an Verrechtlichung bei gleichzeitiger homogener Obrigkeit eventuelle Verfolgungswünsche aus der Bevölkerung deutlich abgemildert. Bei den Prozesshäufungen der zweiten Periode in Ulm vermutet Schlaier wirtschaftliche Gründe und problematische Klimaveränderungen. Ulm Anm Arch Lit SCHNEIDER, CORINNA (2004): Die Markgrafschaften Baden-Baden und Baden-Durlach. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 213–224. Der Beitrag über die Markgrafschaften im 16. Jahrhundert enthält Paraphrasen, Interrogatoria und Hintergründe zu mehreren Prozessen. Zunächst geht es allgemein um die Markgrafschaft Baden-Durlach, ein „verfolgungsarmes Gebiet“, dann folgen knapp paraphrasierte Hexenprozesse aus dieser Markgrafschaft. Für die Markgrafschaft Baden-Baden gibt die Autorin eine erste Verfolgungswelle für die 1570er Jahre an (noch unter vormundschaftlicher Regierung Bayerns). Der erste Prozess fand hier 1560 statt. Ein Abschnitt über „Das Gerichtsverfahren und das baden-badische Landrecht von 1588“ mit Fragenkatalogen ergänzt den Text. In einer zweiten Prozesswelle von 1626–1631 wurden 244 Personen aus den Ämtern Rastatt, Baden-Baden, Steinbach, Bühl angeklagt. Baden-Baden, Baden-Durlach, Bühl, Rastatt u.a. Anm Lit SCHNEIDER, GERHARD (1887): Ein Hexenprozeß in Tettnang. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 16, 68–72. Gerhard Schneider wertet in seiner Lokalstudie die Akten zum Fall Anna Lohr aus Argen aus, gegen die von Juni bis Oktober 1625 in Tettnang ein Prozess wegen Hexerei geführt wird.

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Neben kurzen Protokollauszügen wird das „Endturthel“ in originaler, aber gekürzter Form wiedergegeben. Argen, Tettnang Anm Arch Qu SCHNELL, EUGEN (1873): Zur Geschichte der Criminaljustiz und besonders der Hexenprozesse in Hohenzollern. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern 7, 69–99. Eugen Schnell legt in seinem Beitrag den Schwerpunkt auf die Darstellung juristisch legitimierter Prozessverfahren, dort vor allem auf die Zusammensetzung des Gerichts und die Art der angewendeten Tortur. Er schildert verbreitete Vorwürfe, die den vermeintlichen Hexen gegenüber geäußert wurden, und stellt die Frage, wie es möglich sein konnte, dass Frauen Geständnisse ohne Folterzwang ablegten. Im Anhang findet sich eine Auflistung von „historisch interessanten“ Malefizprozessen von 1556–1780, die den jeweiligen Herrschaften im Hohenzollerngebiet zugeordnet werden. Sigmaringen Anm Arch Qu SCHRAUT, ELISABETH (2004a): Grafschaft Hohenlohe. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 315– 324. Nach einem kurzen, allgemeinen Geschichtsüberblick wendet sich die Verfasserin der regionalen Ausprägung von Hexenprozessen zu. Aufgrund der Quellenüberlieferung bildet die Hexenverfolgung im Neuensteiner Landesteil ihren Schwerpunkt. Das erste Auftreten des elaborierten Hexereibegriffs im untersuchten Gebiet datiert Elisabeth Schraut auf 1592 (Ingelfingen). Der Aufsatz rückt mit Prozessparaphrasen der Forchtenberger Künstlerfamilie Kern soziales Konfliktpotenzial als Auslöser der Verfolgungen in den Mittelpunkt. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit der Anzahl und der geschlechterspezifischen Verteilung der Prozessopfer in Hohenlohe: Von insgesamt 81 nachgewiesenen Prozessen waren 60 Frauen und 21 Männer betroffen. Forchtenberg, Ingelfingen, Künzelsau, Langenberg u.a. Anm Arch Lit SCHRAUT, ELISABETH (2004b): Reichsstadt Schwäbisch Hall. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 453–463. In der freien Reichsstadt Schwäbisch Hall sind vergleichsweise wenige Hexenprozesse nachgewiesen. Lediglich während der letzten Jahre des Dreißigjährigen Krieges kam es zu dem so genannten „Haller Hexenbad“, das die Autorin – anders als z.B. Midelfort – nicht der Stadt Hall zuschreibt, sondern den Truppen des bayrischen Oberst Hans von Sprock, der Frauen aus seiner eigenen Truppe der Hexerei verdächtigte und hinrichten ließ. Die letzte Anklage in Hexereisachen wurde 1674 durchgeführt. Der Beitrag ist ebenfalls in → Lorenz (1994), S. 394– 401 abgedruckt. Schwäbisch Hall Anm Arch Lit

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SIEBENMORGEN, HARALD (Hrsg.) (1994): Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten. Eine Ausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe im Schloß. Bd.I: Katalogband. Ostfildern/Stuttgart (= Volkskundliche Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe 2/1). Der Katalogband enthält Abbildungen zahlreicher Exponate aus den Bereichen Hexenglauben, magisches Weltbild, Hexentraktate, Strafjustiz u.a. Unter der Überschrift „Exemplarische Hexenprozesse“ finden sich viele Faksimiles von Malefizprotokollen, Urgichten oder Briefdokumenten aus dem Umfeld der Hexenprozesse. Die kurzen Artikel zu diesen Exponaten enthalten oft transkribierte Zitate aus den Prozessakten. Weitere Kapitel fassen Hexenbezüge aus den Bereichen Kunst und Literatur zusammen. Mergentheim, Nördlingen, Reutlingen, Rottweil u.a. Anm Arch Lit Qu THELE (1881/1882): Ein Hexenprozeß zu Hechingen a. 1648. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern 15, 32–42. Thele gibt in seinem Beitrag ein Hechinger Hexenverhörprotokoll aus dem Jahre 1648 wieder. Angeklagt ist Anna Speidel aus Jungingen, die infolge des plötzlichen Todes eines jungen Mädchens in den Verdacht der Hexerei gerät. Nachdem sie der Folter unterworfen worden ist, gesteht sie die ihr zur Last gelegten Hexereivorwürfe und wird zum Feuertod verurteilt. Der Text, der aus der Befragung von Belastungszeugen, dem Verhör der Angeklagten, einer Gegenüberstellung und dem Urteilsspruch besteht, ist „in genauer Abschrift“ abgedruckt, lediglich die Interpunktion ist modernisiert worden. Aufgrund der getreuen Wiedergabe ist der Text für sprachwissenschaftliche Fragestellungen sehr gut nutzbar. Hechingen Arch Qu THIEL, SYBILLE (2003):Strafe und Strafverfahren in der freien Reichsstadt Memmingen in den Jahren 1551–1689. Würzburg. Zielsetzung dieser juristischen Dissertation ist es, Wesen und Wandel der Gerichtsbarkeit in einer mittelgroßen Reichsstadt (Memmingen) zwischen 1551 und 1689 darzustellen. Dabei wird vor allem auf die Bezüge zur Carolina geachtet. Die Zauber- bzw. Hexenproblematik kommt eher am Rande ins Spiel. Zitate aus Urgichtenbüchern des Gerichts sind fragmentarisch in den Text eingebaut. Zwei Faksimiles (ohne Transkription) sollen einen Quelleneindruck geben. Memmingen Anm Arch Lit Qu VOGES, DIETMAR-HENNING (1994): Reichsstadt Nördlingen. In: Lorenz (Hrsg.) (1994), 360– 369. Der Beitrag gibt eine chronologische Übersicht über die Hexenverfolgungen in Nördlingen. Der Hauptverfolgungszeitraum lag in den Jahren von 1589–1598, mit einem Schwerpunkt auf dem Jahr 1593. Anhand ausgewählter Quellen, von denen er einige paraphrasiert, einige zitiert, geht der Verfasser den Ursachen der Verfolgungen nach. Nördlingen Anm Arch Qu

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VOGES, DIETMAR-HENNING (1998): Nördlingen seit der Reformation. Aus dem Leben einer Stadt. München. Im zweiten Kapitel seiner Monographie geht der Verfasser auf die Nördlinger Hexenprozesse (1589–1598) ein, die er „gleichsam in verschiedenen Streiflichtern“ beleuchtet. Einem allgemeinen Teil, in dem Hintergründe zu Hexenglaube und -verfolgung geliefert werden, folgt ein lokalgeschichtlicher Teil, in dem sich Voges speziell mit den Prozessen und Protagonisten in Nördlingen beschäftigt. In Form eines Überblicks geht er dabei unter Angabe von Namen und Daten auf die einzelnen Prozesse ein, um abschließend die Rolle des Pfarrers Dr. Lutz als Kritiker der Hexenverfolgung anzusprechen. Das Kapitel enthält einen längeren, durch Faksimileseiten illustrierten Quellenauszug aus den Verhörprotokollen des bekannten Prozesses gegen Maria Holl. Nördlingen Anm Lit Qu Reg VÖHRINGER-RUBRÖDER, GISELA (1995): Hexenverfolgung in der Reichsstadt Esslingen. In: Lorenz/Bauer (Hrsg.) (1995b), 141–158. Anhand des „Esslinger Blut- oder peinlichen Urthelbuchs“, das für den Text die Hauptquelle darstellt, überprüft und ergänzt die Autorin die für Esslingen bereits bekannten Hexenprozesse. Die Hexenverfolgung in Esslingen wird in drei wesentliche Phasen eingeteilt, die etwa in den Zeitraum von 1541 bis 1665 fallen. Vöhringer-Rubröder nimmt eine statistische Auswertung der Prozesse vor und greift typische Motive des Hexenglaubens auf. Es finden sich Auszüge aus dem Aktenmaterial, die in Form kurzer Zitate in den Text eingearbeitet werden. Esslingen Anm Arch Lit Qu VÖHRINGER-RUBRÖDER, GISELA (2004): Reichsstadt Esslingen. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 403–416. Die Verfasserin teilt die Esslinger Hexenprozesse in drei Phasen mit jeweils charakteristischen Merkmalen ein. So fielen zum Beispiel in der zweiten Prozessphase (1596–1630) fast ausschließlich Männer den Hexenprozessen zum Opfer. Die Autorin stellt volksmagische Vorstellungen dem Schadenszauber des elaborierten Hexenmusters gegenüber, wobei die regionalen Schadenszaubervorwürfe die Wirklichkeit der landwirtschaftlichen Probleme widerspiegeln. Der Aufsatz ist auch in → Lorenz (1994), S. 348–359, abgedruckt. Esslingen Anm Arch Lit VOLK, FRANZ (1882): Hexen in der Landvogtei Ortenau und Reichsstadt Offenburg. Ein Beitrag zur Sittengeschichte. Lahr. Franz Volk hat für diese Veröffentlichung Ratsprotokolle ausgewertet, um die intensive Hexenverfolgung in Offenburg und der Landvogtei Ortenau zu skizzieren. Er stellt mehrere Fälle ausführlich vor, ergänzt durch kleinere, sprachlich modernisierte Quellenzitate. Eine chronologische Übersicht über die jährliche Zahl der Hexenprozesse spiegelt die regionale Verfolgungsintensität von 1557–1630 wider. Offenburg Arch Qu

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WEBER, HARTWIG (1991): Kinderhexenprozesse. Frankfurt/Main. Im Mittelpunkt des ersten Teils der Studie stehen die Kinderhexenprozesse der Stadt Reutlingen, die sich dort ab dem Jahr 1565 nachweisen lassen. Zur Erschließung des Phänomens der Kinderhexen werden einzelne Schicksale in paraphrasierter Form wiedergegeben. Unter den Beschreibungen finden sich unter anderem die Verfahren gegen Anna Walter (1628) und Urban Helbing (1665). Webers Ausführungen stützen sich zum Teil auf ungedruckte Quellen, die fragmentarisch in den Text eingearbeitet sind. Reutlingen Anm Arch Lit Qu WEIß, ELMAR (2004a): Erzstift Mainz (südwestdeutsche Gebiete). In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 339–354. Elmar Weiß gibt eine Übersicht über Hexenprozesse im untersuchten Gebiet mit einer chronologischen Auflistung der Prozesse. Die Bevölkerung war zu einem relativ hohen Grad am Zustandekommen der Hexenverfolgungen im Erzstift Mainz beteiligt, während die Obrigkeit zwar selbst im Hexenglauben befangen war, aber immerhin gegen Fälle von Lynchjustiz vorging. Ballenberg, Mudau, Neudenau, Osterburken u.a. Anm Arch Lit Qu WERBER, KLARA (1959/1960): Hexenprozeß in Grafenhausen. In: Der Altvater. Beilage der Lahrer Zeitung für Heimat- und Kulturgeschichte 17/18, Heft 100, 3–4; 6; 12. Klara Werber erläutert anhand von drei Hexenprozessen aus dem Jahr 1657, welche volkstümlichen Vorstellungen des Hexenglaubens in der Frühen Neuzeit vorherrschten. Dazu paraphrasiert die Autorin die Fälle gegen Barbara Heimin, Jacob Bruggert und Maria, Ulrich Hägis Frau, und gibt einige Protokollauszüge in moderner Orthographie wieder. Ettenheim, Grafenhausen, Millebach, Mühlenbach u.a. Arch Qu WOLFF, FRITZ (1961): Die Rastatter Kronenwirtin und andere Hexen. In: Um Rhein und Murg. Heimatbuch des Landkreises Rastatt 1, 86–91. Fritz Wolff zieht zur Illustration des Hexen- und Dämonenglaubens den Fall der Katharina Haug aus Rastatt heran und gewährt somit einen Einblick in die Methodik von Hexenverhören und in eine mögliche Entlastungsstrategie einer Angeklagten, die weiteren Folterungen entgehen wollte. Um auch die psychischen Folgen von Denunziationen zu verdeutlichen, werden zwei kurze Briefauszüge von K. Haug dem Wortlaut entsprechend und von Markgraf Wilhelm teilweise modernisiert wiedergegeben. Baden, Rastatt Anm Arch Lit Qu WÜST, WOLFGANG (1987): Inquisitionsprozess und Hexenverfolgung im Hochstift Augsburg im 17. und 18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 50, Heft 1, 109– 126. Der Verfasser schildert anhand der geltenden Gesetze den Ablauf eines Hexenprozesses. Die peinliche oder gütliche Befragung, die Folter, Geständnis und Anklage sowie Verfahrens-

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kosten und -dauer werden dazu mit Paraphrasen und kurzen Originalzitaten aus Augsburger Hexenprozessakten veranschaulicht. Augsburg, Dillingen, Kempten, Marktoberdorf u.a. Anm Arch Lit ZECK, MARIO R. (2000): „Im Rauch gehn Himmel geschüggt“. Hexenverfolgungen in der Reichsstadt Rottweil. Stuttgart. Diese quellennahe Regionalstudie geht verschiedenen Fragestellungen zur Hexenverfolgung nach. In Rottweil fanden 287 Verfahren wegen Hexerei, Zauberei oder Magie statt. Davon endeten 266 mit einem Todesurteil. Mario Zeck kommt zu dem Schluss, dass der soziale Stand der Angeklagten in den von ihm untersuchten Prozessen eine entscheidende Rolle spielte. Demnach gehörten viele Verdächtige häufig gesellschaftlichen Randgruppen an (Unbürger, Arme, Witwen, Bettler). Die besser gestellten Bürger der Stadt nutzten offenbar die Hexenprozesse, um eher unliebsame Zeitgenossen loszuwerden. Mit umfangreichen orthographisch angepassten Zitaten aus den Prozessakten skizziert der Verfasser den charakteristischen Prozessverlauf. Rottweil Anm Arch Lit Qu ZECK, MARIO R. (2004): Reichsstadt Rottweil. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 424–436. Der Beginn der Hexenprozesse in Rottweil ist unklar, eine verstärkte Verfolgung ist ab 1571, vor allem von 1579–1598 festzustellen. Im 17. Jahrhundert gab es hier keine Verfolgungswellen, „vielmehr einzelne Verfolgungsspitzen“. Nach 1631 verzeichnet der Autor eine rapide Abnahme der Verfolgungen. Der Aufsatz ist im Vergleich zu seinem ersten Abdruck in → Lorenz (1994), S. 380–387, überarbeitet und erweitert. Dauchingen, Oberndorf, Rottweil, Schwaben u.a. Anm Arch Lit Qu ZIMMERMANN, WOLFGANG (1988): Teufelsglaube und Hexenverfolgungen in Konstanz 1546– 1548. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 106, 29– 57. Der Autor untersucht nach einem kurzen Überblick über die Konstanzer Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts die Verfahren in den Jahren 1546–1548. Dabei berücksichtigt er die Lebensumstände der Angeklagten und die Vorwürfe aus der Nachbarschaft. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, ob Beschuldigungen der Bevölkerung in das Verfahren vor dem Rat aufgenommen wurden. Konstanz Anm Arch Lit Qu ZIMMERMANN, WOLFGANG (2004): Hochstift Konstanz. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004), 365–376. Wolfgang Zimmermann gibt eine Chronologie der Hexenprozesse im Bodensee-Gebiet, die im Wesentlichen den für ganz Deutschland festgestellten Verfolgungswellen entspricht. Ein enges Geflecht von Besagungen hielt offenbar im territorial zersplitterten Bodensee-Gebiet die Hexenfurcht in allen Herrschaften aufrecht. Wegen der ungünstigen Quellenlage verzichtet Zimmermann auf einen Überblick für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, er schildert jedoch

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aus den Akten typische Hexereibezichtigungen. Der weitgehend unveränderten Neuauflage des Aufsatzes entspricht Zimmermanns Beitrag in → Lorenz (1994), S. 316–324. Konstanz, Markdorf, Meersburg, Reichenau u.a. Anm Arch Lit Qu ZOEPFL, FRIEDRICH (1964): Hexenwahn und Hexenverfolgung in Dillingen. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 27, 235–244. Der Autor stellt die Dillinger Hexenprozesse anhand der Quellenbefunde chronologisch zusammen. Zu den von ihm untersuchten Akten gehören sowohl Hofratsprotokolle als auch Briefprotokolle und Flugblätter. Zoepfl geht u.a. der Frage nach, wieso die Hexenverfolgungen im Hochstift Augsburg im Vergleich zu den Verfolgungen in zahlreichen anderen Territorien weniger intensiv waren. Er verweist in seinen Ausführungen auf Gegner sowie Befürworter der Hexenverfolgung und geht auf die Bedeutung von Traktaten für die Verbreitung des Hexenglaubens ein. Dillingen Anm Arch Lit Qu

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ABANO, PETRUS DE (1811): Abdruck aktenmaeßiger Hexenprozesse, welche in den Jahren 1590. 1626. 28. 30. und 1637. gerichtlich verhandelt worden. Was sich nemlich vom Tage der Einkerkerung bis zur Stunde der Verbrennung mit diesen wegen Hexerei- und Unholden-Wesen angeklagt ungluecklichen Schlachtopfern zugetragen. Eichstätt. Um dem Unwissen und Vergessen entgegenzuwirken, veröffentlicht Petrus de Abano fünf Eichstätter Verhörprotokolle aus Prozessen zwischen 1590 und 1637. Er fand diese „tief versteckt“ in Archiven und Registraturen, wo sie „dem Licht und jedem logischen Kriterium entzogen“ lagerten. Der Verfasser bemüht sich um eine möglichst wort- und schreibgetreue Wiedergabe derselben. Ebenso führt er dem Leser ein Hexentestament, eine Urgicht und eine Prozesskostenauflistung vor, anhand derer das ganze Ausmaß der Hexenverfolgungen sichtbar gemacht wird. Eichstätt Arch Qu AUSSAG PHILIPP KEMPEN VON SULZWISEN. SAMBSTAG DEN 16. JANUARY 1627 (1799): In: Fränkischer Merkur 6, 854–860. Im Rahmen der Kriminal-Justiz-Anzeigen gibt der Beitrag teilnormalisierte Auszüge aus dem Bekenntnis des Philipp Kemp(en) (1627) wieder. Die transkribierte Quelle enthält Passagen aus dem protokollierten Interrogatorium. Denunziationen des Beklagten lassen Rückschlüsse auf weitere Hexenprozesse zu. Sulzwiesen Qu BACHERLER, MICHAEL (1929): Über Eichstätter Hexenprozesse. In: Heimgarten. Beilage zur Eichstätter Volkszeitung – Eichstätter Kurier 10, Heft 43/45–47, 169f.; 177f.; 181f.; 185f. Bacherler stellt einige allgemeine Hintergrundinformationen „über die Vorläufer der Hexen und Hexenprozesse, über Alter und Verbreitung der Hexenprozesse und über den Prozeßgang selbst“ voran. Er schildert dann den Prozess gegen den Eichstätter Pfarrer Johann Reichardt, der 20 Jahre unter dem Anklagepunkt der Hexerei im Gefängnis verbrachte, bevor er dort 1644 starb, ohne gestanden zu haben. Anschließend gibt Bacherler umfangreiche, sprachlich weitgehend unveränderte Auszüge aus dem Verhörprotokoll gegen den Kastner Johann Gebhardt aus Herrieden wieder, der am 25.10.1629 verhaftet und bereits am 22.11.1629 hingerichtet wurde. Eichstätt, Herrieden Lit Qu BARTH, GEORG (1980): Eine Hexenverbrennung im evangelischen Landesteil. Im Jahre 1590 geschehen. In: Heimatblätter für Hiltpoltstein, Allersberg, Greding, Heideck und Thalmässing. Beilage zum Hiltpoltsteiner Kurier 20, Heft 1, 1; 4. Georg Barth zieht als Grundlage seines Aufsatzes ein Protokollfragment aus dem Jahre 1590 heran. Diesem entnimmt er die Bekenntnisse einer als Hexe verurteilten Angeklagten und modernisiert sie für den Leser. Ebenso listet er ein Verzeichnis aller entstandenen Prozesskosten für Nennslingen auf. Nennslingen Arch Qu

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BECHTOLD, ARTHUR (1940a): Aus dem alten Würzburg. Beiträge zur Kulturgeschichte der Stadt. Würzburg. In seinem Kapitel „Aus der Hexenzeit“ (S. 169–188) stellt Bechtold die Würzburger Hexenverfolgung der Jahre 1627–1629 dar, im Zuge derer etwa 900 vermeintliche Hexen und Zauberer im Hochstift hingerichtet wurden, davon 219 in der Stadt Würzburg. Ein Abdruck aus dem Würzburger „Verzeichnis der Hexen-Leut“, mit eigenen Anmerkungen und Korrekturen versehen, bildet den Hauptteil des Textes, der u.a. mit teilnormalisierten Zitaten aus der Akte Hans Schwerdt (1627) arbeitet. Würzburg Anm Arch Lit Qu BECHTOLD, ARTHUR (1940b): Beiträge zur Geschichte der Würzburger Hexenprozesse. In: Frankenkalender 53, 117–129. Bechtold führt in die Würzburger Hexenprozesse ein, die zur Zeit des Bischofs Philipp von Ehrenberg stattfanden. Er diskutiert das Zustandekommen der enormen Verfolgungen, die 900 Personen das Leben kosteten. Dazu geht er auf einen „Kurtzen und wahrhaftigen Bericht“ von 1629 und 1630 ein, auf das so genannte „Hexenmandat“ des Bischofs, das die Übernahme der Prozesskosten regelte, und den Eid, den die mit der Einziehung der „Hexengüter“ Beauftragten ablegen mussten. Zur Veranschaulichung der Gerichtskosten druckt Bechtold eine Konfiskationsrechnung aus dem Stift Haug von 1632 ab. Würzburg Anm Arch Lit Qu BECK, PAUL (1883/1884): Hexenprozesse aus dem Fränkischen. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 6/7, 247–253; 304–310; 76–80; 157–160; 297–302. Nach allgemeinen Informationen zum Verlauf der Hexenprozesse diskutiert Beck einige zeitgenössische Schriften, in denen die Autoren Stellung zum Hexenglauben und den damaligen Prozessen nehmen. Direkten Einblick in die Situation der beschuldigten Personen geben die umfangreichen Urgichten und Gerichtsrechnungen, die Beck in normalisierter Schreibweise abdruckt. Diese Schriftstücke stammen u.a. aus den Prozessakten der Barbara Weiland (1590), der Apollonia Pflüger, der Anna Caspar Stübers sowie der Anna Kolbenschlägin (1629). Apfelbach, Ellingen, Markelsheim, Mergentheim Anm Arch Lit Qu BEHRINGER, WOLFGANG (1983): Scheiternde Hexenprozesse. Volksglaube und Hexenverfolgung um 1600 in München. In: Baumann, Angelika (Mitverf.); Dülmen, Richard van (Hrsg.) (1983): Kultur der einfachen Leute: bayerisches Volksleben vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. München, 42–78. Der Beitrag bietet eine Synthese aus historischer Reflexion zur Hexenproblematik und fallbezogenen Analysen am Beispiel Bayern. Untersucht werden vor allem ‘scheiternde’, das heißt, nicht mit dem Todesurteil endende Prozesse, die vor dem Münchner Stadtgericht zur Verhandlung kamen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die politische Gegnerschaft von Hexereiverfolgungskritikern und -befürwortern gelenkt. In nur leicht modernisierter Wiedergabe sind einzelne Zitate, aber auch größere Textpassagen aus den Verhörprotokollen der Katharina

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Schwerzin in die Darstellung eingebaut, so dass ein auch sprachlich recht authentisches Bild entsteht. München Anm Arch Lit Qu BEHRINGER, WOLFGANG (1997): Hexenverfolgung in Bayern. Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. 3., verbesserte und um ein Nachwort ergänzte Auflage. München. Wolfgang Behringer beschäftigt sich in seiner vergleichenden Regionalstudie schwerpunktmäßig mit der Hexenverfolgung in Südostdeutschland, worunter er die Gebiete des alten Herzogtums Bayern, des angrenzenden Ostschwabens und die südlichen Teile des heutigen Mittelfranken und der Oberpfalz fasst. Er beginnt mit einem statistischen Überblick über die zeitlichen und räumlichen Ausmaße der Prozesse im Untersuchungsgebiet, der eine deutliche Konzentration auf die Jahre um 1590 erkennen lässt, sowie einer sozialgeschichtlichen Annäherung an die Hexereiproblematik. In chronologischer Ordnung verfolgt Behringer im Folgenden die Entwicklung von Hexenverfolgung, Hexenprozessen und theoretischer Hexereidiskussion von der ersten großen Verfolgungswelle um 1590 über den „Kampf um die Eindämmung der Verfolgungen“ von 1600–1630 bis zur Beendigung und Entschärfung der Verfolgungen in den Jahren 1630–1775 sowie zur katholischen Schlussdiskussion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ein ausführlicher Anhang listet die Hexenprozesse in Südostdeutschland von 1300–1800 chronologisch auf. Augsburg, München, Nördlingen, Regensburg u.a. Anm Arch Lit Qu Reg BEYER, CHRISTEL (1986): „Hexen-Leut, so zu Würzburg gerichtet“. Der Umgang mit Sprache und Wirklichkeit in Inquisitionsprozessen wegen Hexerei. Frankfurt/Main, Bern, New York (= Europäische Hochschulschriften 1; Band 948). Christel Beyers Dissertation zur Hexenverfolgung in den Würzburger Territorien, die als „Hochburgen der Hexenverfolgung in Deutschland“ gelten, basiert auf Akten von Hexenprozessen aus dem Hochstift Würzburg von 1569–1634. Die Untersuchung ist am historischen Verlauf der Verfolgungen orientiert. Beyer beginnt mit der Entwicklung und Festigung von Hexenglauben und -verfolgung durch die Geistlichkeit. Dabei geht sie von der Darstellung der kirchlichen Inquisition über Erläuterungen zur gesellschaftspolitischen Neuordnung bis zur Beschreibung des weltlichen Inquisitionsverfahrens vor. Der Verfahrensverlauf und somit die „Produktion“ einer Hexe wird durch zahlreiche Quellenauszüge illustriert. Iphofen, Lauda-Königshofen, Marbach, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu BEYTRAG ZUR GESCHICHTE DES HEXENVERBRENNENS (1832): In: Bayerische Annalen 10, 37– 39. In seinem Beitrag zur Geschichte des Hexenverbrennens zitiert der unbekannte Schreiber aus dem Tagebuch eines Gerichtsdieners der Stadt Zeil im Untermainkreis. In diesem Tagebuch scheinen die Aufzeichnungen nicht immer zeitgleich mit den Ereignissen vermerkt worden zu sein, da die Einträge nicht chronologisch aufeinander folgen. Dennoch geben sie wichtige Details über die stattgefundenen Hexenprozesse preis: Namen der Angeklagten, Urteile sowie

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Hinrichtungsdaten. Einige Einträge sind vom Gerichtsdiener mit dem Folium der Akten ergänzt. Bamberg, Zeil/Main Arch BREITENBACH, JOSEF (1913): Eine Hofmagd als Zauberin. In: Die Oberpfalz 7, 112–115. Josef Breitenbach schildert den Fall des Hexereiverdachtes gegen die Hofmagd Barbara Ziszler (Deindorf 1638). Dazu gibt er sämtliche Korrespondenzen in angeglichener Orthographie wieder, die von Ankläger und Angeklagtem an die Leuchtenbergische Regierung geschrieben wurden. Abschließend zitiert der Autor das Gerichtsurteil, mit dem die Hexereivorwürfe gegen die Magd abgewiesen wurden, in normalisierter Schreibweise. Deindorf, Leuchtenberg, Pfreimd Arch Qu DIETZ, BERNHARD (1922): Von Hexen und Geistern in und um Herzogenaurach. In: Erlanger Heimatblätter 5, Heft 5/6, 17f.; 21. Der Beitrag gliedert sich in drei Teile, von denen sich der erste mit den Hexenprozessen innerhalb der betrachteten Region auseinander setzt. Bernhard Dietz fasst den Hexenprozess der Barbara Dennerin von Niederndorf (1618) kurz zusammen und gibt die wesentlichen, unter der Folter erpressten, Aussagen der Angeklagten wieder. Er stützt sich dabei auf Originalquellen. Herzogenaurach Arch EICHELSBACHER, JOSEF AUGUST (1922): Hexenbrand. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege 9, 24–28; 54–57. Kommentar siehe Wd. Alzenau, Hörstein, Michelbach Anm Arch Lit Qu EULENSTEIN, JULIA; GURACK, DITTE (2004): Rechtliche Aspekte der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen am Beispiel des Hochstifts Bamberg und der freien Reichsstadt Köln. In: Gundelach, Bodo; Molkenthin, Ralf (Hrsg.) (2004): Blicke auf das Mittelalter. Aspekte von Lebenswelt, Herrschaft, Religion und Rezeption. Festschrift Hanna Vollrath zum 65ten Geburtstag. Herne (= Studien zur Geschichte des Mittelalters 2), 177–216. Kommentar siehe Wd. Bamberg, Köln Anm Lit FRIEDRICH, EGBERT (1995): Hexenjagd im Raum Rodach und die Hexenprozeßordnung von Herzog Johann Casimir. Spezieller Beitrag zur Geschichte des Coburger Landes. Rodach bei Coburg (= Schriften des Rodacher Rückert-Kreises e.V. 19). Die Veröffentlichung enthält umfangreiches Quellenmaterial aus dem Umfeld der Hexenprozesse. Der Autor bettet die Rodacher Hexenverfolgung in ihren historischen Kontext ein und verweist auf Traktate, die zu einer Förderung des Hexenglaubens beitrugen. Er beschreibt die einzelnen Stationen eines Verfahrens und belegt diese durch originale Auszüge aus den Akten.

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Es werden u.a. ausführliche Passagen aus den Vernehmungen der Angeklagten thematisch zusammengestellt (Schadenszauber, Teufelspakt etc.). Im Anhang findet sich eine Auflistung aller nachweisbaren Beschuldigungen oder Verurteilungen wegen Hexerei im Herzogtum Sachsen-Coburg in chronologischer Folge aus der Zeit von 1532–1710. Hildburghausen, Rodach bei Coburg Anm Arch Lit Qu Reg FÜSSEL, RONALD (2003c): Die thüringischen Hexenverfolgungen. Eine Einführung. In: Hexen in Thüringen (2003) Od, 12–36. In seinem in den Ausstellungsbegleitband [→ Hexen in Thüringen (2003) Od] einführenden Beitrag gibt Füssel Informationen zum spezifischen Verfahrensverlauf in Thüringen sowie zum Ausmaß der Verfolgungen. Der Text enthält umfangreiche Anmerkungen mit Literaturhinweisen, eine Grafik und eine Karte zur Anzahl der Hexenprozesse in einer Thüringen überschreitenden Perspektive. Coburg, Meiningen, Schleusingen Anm Arch Lit GEBHARD, HORST HEINRICH (1991): Hexenprozesse im Kurfürstentum Mainz des 17. Jahrhunderts. 2. Auflage. Aschaffenburg (= Veröffentlichungen des Geschichts- und Kulturvereins Aschaffenburg e.V. 31). Die Dissertation schildert die Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz aus sozialgeschichtlicher, territorialgeschichtlicher und theologischer Sicht. Auch juristische oder berufsständische Aspekte kommen zur Sprache. Der Autor schlüsselt die Funktion der an Hexenprozessen beteiligten Personen auf und schildert typische Haftbedingungen anhand zahlreicher Einzelfälle. Aschaffenburg, Bamberg, Höchst, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu Reg GEHM, BRITTA (2000): Die Hexenverfolgung im Hochstift Bamberg und das Eingreifen des Reichshofrates zu ihrer Beendigung. Hildesheim, Zürich, New York (= Rechtsgeschichte und Zivilisationsprozeß 3). Die rechtshistorische Dissertation über die Hexenverfolgung in „den fränkischen Besitzungen des Hochstifts Bamberg„ nimmt nicht nur die Ursachen von Beginn und Ende der Bamberger Hexenverfolgung in den Blick, sondern auch die sozialen Verhältnisse, aus denen die Opfer stammen, sowie die Organisation der Gerichtsbarkeit und die Bedeutung der „Constitutio Criminalis Bambergensis“. Grundlage des Textes bilden „mehrere tausend Folioseiten Prozeßakten“, aus denen auszugsweise in teilnormalisierter Form zitiert wird. Die Prozessverläufe werden aber überwiegend paraphrasiert dargestellt. Zahlreiche Grafiken und Tabellen verzeichnen u.a. die Namen aller Opfer und den Aufbewahrungsort der Prozessakten. Bamberg, Hallstadt, Zeil/Main Anm Arch Lit Qu

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GEIDNER, OSKAR (2003): „… aus Pein und Marter bekhendt …“ Hexenverfolgung in der Stadt und im Vogteiamt Eschenbach. Wolframs-Eschenbach. Die lokalgeschichtliche Studie beschäftigt sich zunächst mit allgemeinen Aspekten der Hexenverfolgung und dem Gericht des Deutschen Ordens, um dann die örtlichen Besonderheiten der Hexereiverfahren aus dem Archivmaterial zu erschließen. Das Buch enthält Editionen von Verhörprotokollen (Eva Burlein, 1614; Hans Steinlein, 1630; Agnes Stöcklin, 1630; Maria Horndasch, 1675; Urgicht Wörlein Eurosina, 1613; Euphrosina Kurtz, 1614) und eine Übersicht der Hexenprozesse in Wolframs-Eschenbach. Eine tabellarische Statistik, ein Faksimile sowie Kurzbiographien der Angeklagten vervollständigen die Publikation. Wolframs-Eschenbach Anm Arch Lit Qu GEYER, HENRIETTE (1965): Die Ingolstädter Hexenprozesse um 1600. In: Ingolstädter Heimatblätter 28, Heft 5–8, 17f.; 21f.; 25–30. Nach einleitenden Informationen zu Gegnern und Befürwortern der Hexenverfolgung widmet sich die Autorin den Hexenprozessen in Ingolstadt. Die Ausführungen stützen sich größtenteils auf Ratsprotokolle der Jahre 1590–1595 und 1618–1624. Geyer stellt anhand der Quellen einzelne Verfahren gegen Hexen zusammen und paraphrasiert diese in unterschiedlichem Umfang. Die Veröffentlichung enthält zahlreiche teilnormalisierte Auszüge aus den Ratsprotokollen sowie eine Zusammenfassung der Bekenntnisse von Waldtburg Diepholdt, ihrer Tochter Magreth und Rosina Dintzlin (alle 1590). Ingolstadt Anm Arch Lit Qu GRIEßHAMMER, BIRKE (Hrsg.) (1999): Drutenjagd in Franken. 16.–18. Jahrhundert. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Erlangen. Der Katalog zur Wanderausstellung „Hexenverfolgung in Franken“ versteht sich als ein Beitrag zur allgemeinen Frauengeschichte. Demnach richtet sich der Fokus der Betrachtung nicht auf die Täter, sondern auf die Opfer. Exemplarische Schilderungen von Prozessen illustrieren, dass die Verfolgung nicht einem „Wahn“ entsprach, sondern als Machtinstrument von „Herrschern, Richtern und Klerikern“ genutzt wurde. Nach Orten in Franken aufgegliedert, listen die Verfasserinnen die ihnen bekannten Hexenhinrichtungen und -anklagen auf, um darauf aufbauend die Vorfälle mit Quellenmaterial zu ergänzen (Auszüge aus Fragenkatalogen, Geständnissen, Zeugenaussagen und Prozessprotokollen, teilweise modernisiert). Bamberg, Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Weißenburg u.a. Arch Lit Qu GRIGULEVIý, JOSIF R. (1976): Ketzer – Hexen – Inquisitoren. Geschichte der Inquisition (13.– 20. Jahrhundert). Mit einem Vorwort von Hubert Mohr. Band 1. Berlin (= Beiträge zur Geschichte des religiösen und wissenschaftlichen Denkens). Josif R. Griguleviþ beschreibt die Tätigkeit der Inquisitoren über mehrere Jahrhunderte. Besonders hervorzuheben ist das Kapitel „Die lange Jagd auf die ‘Hexen’“ (S. 200–234). Hier geht er zunächst den theologischen Antworten der Inquisitoren auf Fragen der Teufelsexistenz nach. Ausführlich wird das Vorgehen gegen vermeintliche Hexen dargestellt. Dazu nutzt der Autor sowohl normalisierte als auch teilnormalisierte Quellenauszüge sowie Paraphrasen u.a.

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aus badischen und württembergischen Verhörprotokollen und einen Fragenkatalog aus der Markgrafschaft Baden-Baden (1588). Bamberg, Gelnhausen, Würzburg Anm Arch Lit Qu HEINING, JOSEF (1981): Hexenprozeß in Wiesentheid – ein Protokoll aus dem Jahre 1617. In: Jahrbuch des Landkreises Kitzingen 2, 274–280. In orthographisch angeglichener Weise gibt Josef Heining das Protokoll im Fall „Valentin Kleins Witwe Anna aus Wiesentheid“ (1617) wieder. Das Protokoll enthält 59 Anklagepunkte, das Muster eines Urteilsspruches sowie eine Auflistung der Gerichtskosten. Zur Illustration fügt Heining einen Ausschnitt aus dem Originalprotokoll bei. Wiesentheid Arch Qu HEXENVERFOLGUNG IN FRANKEN (2003): Hexenverfolgung in Franken: 16.–17. Jahrhundert. Quellen aus den Staatsarchiven Ludwigsburg und Wertheim. Hrsg. von den Staatsarchiven Ludwigsburg und Wertheim. Ludwigsburg. Diese Zusammenstellung von Hinweisen auf Quellen der beteiligten Archive enthält kurze Transkriptionen, nacherzählende Wiedergaben von Prozessverläufen und Beschreibungen einzelner Dokumente, z.B. Kostenrechnungen und Briefe aus dem Umfeld der regionalen Hexenverfolgungen. Bezogen auf ein Verhörprotokoll des Lorenz Seuboth (Mergentheim 1629) enthält die Broschüre die Transkription eines längeren Aktenauszuges. Ellingen, Markelsheim, Mergentheim, Neunkirchen Arch Lit Qu HEYDENREUTER, REINHARD (1992): Der landesherrliche Hofrat in München und die Hexenprozesse in den letzten Regierungsjahren des Herzogs und Kurfürsten Maximilian I. (1598–1651). In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 55, 137–150. Der Autor beschäftigt sich mit dem typischen Ablauf eines Hexenprozesses (Verdacht – Verhaftung – Folter – Geständnis – Verurteilung und Hinrichtung) sowie mit Formen des Aberglaubens. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Werwolf-Hysterie im Bayerischen Wald von 1641/1642. Ein weiterer Abschnitt setzt sich mit „einem der letzten großen Hexenprozesse im Kurfürstentum Bayern“ auseinander (Rain/Lech, 1643/1644). Mit Hilfe mehrerer Prozessakten, von denen er einige paraphrasiert wiedergibt, widerlegt der Verfasser die These, dass die Phase der Hexenverfolgung im Kurfürstentum Bayern gegen 1632 bereits vorbei war. Rain/Lech Anm Arch Lit Qu HEYDENREUTER, REINHARD (2003): Kriminalgeschichte Bayerns. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Regensburg. Heydenreuter untersucht im Kapitel „Was war früher alles strafbar?“ (S. 112–129) verschiedene Hexenprozesse und beleuchtet die Verfolgungspraxis im Herzogtum Bayern. Dabei zeichnet er die Prozessketten nach (Schongau – München – Donauwörth – Wemding). Der Text enthält längere Zitate aus den Prozessakten, u.a. eine Passage aus dem Pappenheimer-Prozess.

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Einige Quellen sind im Faksimile abgedruckt, etwa das Strafurteil der Ingolstädter Juristenfakultät gegen Catharina Nicklin aus Eichstätt (1629). Bamberg, Donauwörth, Eichstätt, München u.a. Anm Arch Lit Qu Reg HINCKELDEY, CHRISTOPH (Hrsg.) (1989): Justiz in alter Zeit. Wesentlich erweiterte 2. Auflage. Rothenburg ob der Tauber (= Schriftenreihe des Mittelalterlichen Kriminalmuseums Rothenburg ob der Tauber VIc). In diesem allgemeinen Werk zu Verbrechen, Angeklagten, Strafen und Polizeiordnungen „in alter Zeit“ finden sich in den einzelnen Kapiteln zahlreiche Informationen zur Hexenverfolgung. Speziell zu diesem Thema enthält der Band ein Faksimile der Urfehde von Catharina Schlüter (1659) aus Bardeleben und deren teilnormalisierte Transkription (S. 195) sowie eine Transkription des Urteils gegen Margarethe Mauterin (Nürnberg 1659, S. 278) und einen Eichstätter Fragenkatalog in teilnormalisierter Schreibe (S. 264–265). Eichstätt, Nürnberg Lit Qu Reg HIRSCHMANN, ADAM (1918): Johann Reichard. Ein Sittenbild aus der Zeit der Hexenverfolgungen. In: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland 161, 669–681. Adam Hirschmann berichtet auf der Grundlage von Originalakten vom Prozess gegen Stadtpfarrer Johann Reichard aus Eichstätt. Detailliert schildert er dessen Lebensweg vor der Anklage 1624, die Vorwürfe, die gegen ihn ausgesprochen wurden, und den eigentlichen Prozessverlauf bis zu seinem ‘natürlichen’ Tod nach 20-jähriger Haft. Reichards Beharren auf seiner Unschuld führte die weltliche Macht dazu, ihn von seinem Amt zu suspendieren und in Haft zu nehmen. Hirschmann verweist auf das „Urphedt Buch“ von 1603, das sich im bischöflichen Ordinariat Eichstätt befindet und Einsicht in Hexenfälle aus Eichstätt gewährt. Eichstätt Anm Arch Lit HOFMANN, SIEGFRIED (1980): Protokoll eines Verhörs eines Hexenprozesses von 1629 aus Reichertshofen. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadts 89, 153–229. Hofmanns Studie liegt ein umfangreiches Verhörprotokoll des Jahres 1629 aus Reichertshofen zu Grunde, in dem die Aussagen von vier Angeklagten (Hanns Zollner, Barbara Kurzhalßlin, Anna Spizerin, Regina Mayrin) festgehalten sind. In einem ersten Teil liefert Hofmann eine ausführliche Analyse des Quellenmaterials anhand der im Protokoll auftauchenden Anklagepunkte. Ihn interessieren dabei vor allem die vorchristlichen und christlichen Traditionsstränge des sich im Text manifestierenden Hexenglaubens. In einem zweiten Teil gibt der Autor in einer synoptischen Zusammenstellung die aus den Antworten des Protokolls erschlossenen Fragepunkte sowie den Fragenkatalog des Kehlheimer Hexenhammers (um 1550) und der Instruktion Maximilians (1622) wieder. Es folgt die ausführliche Wiedergabe des Reichertshofener Protokolls in weitgehend originalgetreuer Form. Reichertshofen Anm Arch Lit Qu

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HORST, GEORG CONRAD (1821): Zauber-Bibliothek oder von Zauberei, Theurgie und Mantik, Zauberern, Hexen und Hexenprocessen, Dämonen, Gespenstern und Geistererscheinungen. Mit einer Einführung von Herbert Kempf. Band 1–6. Nachdruck Freiburg/Breisgau 1979. In seiner Zauber-Bibliothek trägt Horst zahlreiche Schriften und umfangreiche Informationen zu Magie und Aberglaube zusammen. Die einzelnen Bände schildern jeweils in der dritten Abteilung mehrere Hexenprozesse, wobei sich zum Teil vollständige Gerichtsprotokolle finden. Zu diesen originalgetreu wiedergegebenen Dokumenten zählt die Akte der Margreth Duemlerin aus Kronach (1617), in der neben Korrespondenz mit dem Bamberger Gericht auch Protokolle enthalten sind. Hinzu kommt der in Lindheim verhandelte Fall der Anne Pomp (1631–1634). Bamberg, Kronach, Lindheim Anm Arch Lit Qu Reg HORTZITZ, NICOLINE (Hrsg.) (1990): Hexenwahn. Quellenschriften des 15. bis 18. Jahrhunderts aus der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek. Mit einer Einführung von Gertrud RothBojadzhiev. Stuttgart (= Silberburg Wissenschaft/Geschichte 280). Kommentar siehe Swd. Augsburg, Eichstätt Anm Arch Lit Qu HUMAN, A. (1898): Herzog Johann Casimirs „Gerichts-Ordnung die Hexerey betreffend Publiciret ahm 21. February 1629“. Aus dem Hildburghäuser Ratsarchiv mitgeteilt von Dr. A. Human. In: Schriften des Vereins für Sachsen Meiningische Geschichte und Landeskunde 29, 99– 112. Nach einer kurz gefassten Einleitung zur ihrer Entstehung liefert Human die sprachlich unveränderte Edition der Gerichtsordnung, die eine Übersicht über Gerichtsgebühren, ein Interrogatorium für die Zeugenbefragung, ein Interrogatorium für das peinliche Verhör sowie Vorschriften zu Haftbedingungen und Befragung enthält. Im Anschluss an die Wiedergabe der Gerichtsordnung geht der Verfasser auf die Hexenverfolgungen in Schleusingen, Meiningen, Wasungen und Friedelshausen ein und nennt einige Namen und Herkunftsorte der angenommenen 107 wegen Hexerei verbrannten Personen. Friedelshausen, Meiningen, Schleusingen, Wasungen Anm Arch Qu JÄGER, FRANZ ANTON (1834): Geschichte des Hexenbrennens in Franken im siebzehnten Jahrhundert aus Original-Prozeß-Akten. In: Archiv des historischen Vereins für den Untermainkreis 2, Heft 3, 1–72. Der Autor stellt aus den in der Region geführten Hexenprozessen einzelne Verfahren beispielhaft vor. Der Beitrag enthält neben Prozessparaphrasen auch Namensauflistungen der Opfer unter Angabe des Prozessjahres. Jäger nennt die Zahl der hingerichteten Personen und liefert zudem allgemeine Informationen zu den Hintergründen der Hexenverfolgung sowie zur Vorgehensweise im Bereich von Hexereianklagen. Die Arbeit stützt sich auf Originalaktenmaterial, aus dem umfangreiche Auszüge wiedergegeben werden. Gerolzhofen, Lauda-Königshofen, Würzburg, Zeil/Main u.a. Qu

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JÄGER, FRANZ ANTON (1968): Geschichtliche Nachrichten von der Stadt Gerolzhofen bis 1800 n. Chr. Hrsg. von Max Tschiggfrey. Gerolzhofen. In den gedruckten, ehemals handschriftlichen Aufzeichnungen des Kaplans Franz Anton Jäger wird auf den Seiten 88–90 auf das Thema Hexenverfolgung Bezug genommen. Im Zentrum steht ein Auszug aus einer Chronik des ehemaligen Schullehrers und Geschichtsschreibers von Frankenwinheim, der im Jahre 1616 den Stadtschreiber vertreten und somit zeitweise die Funktion des Protokollanten in den Hexenprozessen von Gerolzhofen übernehmen musste. Aus seinen eigenen Erfahrungen heraus schildert er den Prozess gegen die Schmidtskuni (1616) und führt anschließend in einem Überblick Hexenverbrennungen in Gerolzhofen in den Jahren 1616–1619 sowie 1627 und 1628 auf. Frankenwinheim, Gerolzhofen, Zeilitzheim Qu Reg KESTLER, STEFAN (1996): Frühneuzeitliche Hexenverfolgung in Bayern und Franken. Bemerkungen zu einem historischen Problembereich. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 58, 171–181. Nach einem allgemeinen historischen Überblick zur Hexenverfolgung wird der Blick auf die Großregionen Bayern und Franken gelenkt. Der knappe Aufriss basiert auf einer auswählenden Sichtung von Forschungsliteratur, Originalzitate fehlen. Grünsfeld, Lauda-Königshofen, Tauberbischofsheim, Wertheim Anm Lit KNAPP, HERMANN (Hrsg.) (1907): Die Zenten des Hochstifts Würzburg. Ein Beitrag zur Geschichte des süddeutschen Gerichtswesens und Strafrechts. II. Band: Das Alt-Würzburger Gerichtswesen und Strafrecht. Berlin. Das Werk gibt im Kapitel „Hexenprozesse“ (S. 557–589) einen Überblick über die Hexenprozesse im Hochstift Würzburg, in dessen Rahmen Einzelverfahren kurz angesprochen werden. Unter den verwendeten Quellen befinden sich die protokollierten Aussagen der Angeklagten, Bittgesuche sowie ein Gutachten der Juristenfakultät Ingolstadt. Umfangreiche Quellenzitate in originaler Schreibe unterstützen die Darstellung. Gerolzhofen, Grünsfeld, Remlingen, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu KUISL, FRITZ (2002): Die Hexen von Werdenfels. Hexenwahn im Werdenfelser Land. Rekonstruiert an Hand der Prozeßunterlagen von 1589–1596. Garmisch-Partenkirchen. Anhand von Prozessunterlagen der Jahre 1589–1596 stellt Kuisl die für diesen Zeitraum dokumentierten Hexenprozesse zusammen. Neben Paraphrasen unterschiedlichen Umfangs enthält das Buch zahlreiche Hinweise auf weitere Prozesse, die aber lediglich mit Namen und Prozessjahr genannt werden. Es finden sich zudem Faksimileseiten aus den Originalquellen sowie ein Transkript des Protokolls von Anna Lidl (1590). Garmisch-Partenkirchen, Mittenwald Anm Arch Lit Qu Reg

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KUNSTMANN, HARTMUT HEINRICH (1970): Zauberwahn und Hexenprozeß in der Reichsstadt Nürnberg. Nürnberg (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 1). Nürnberg gehört nicht zu den berüchtigten Orten der großen Hexenverfolgungen. Kunstmann zeigt jedoch auf, dass die Reichsstadt keineswegs frei von Hexenprozessen war. Die Dissertation bietet zunächst einen allgemeinen Überblick über Entstehung und Entwicklung des Hexenglaubens und des gelehrten Hexereibegriffs sowie über die Verfolgungen in der Umgebung Nürnbergs. Kunstmann geht auf die Rechtsgrundlagen und die Gerichtsbarkeit in Nürnberg ein (Carolina). Anhand mehrerer Beispiele zeichnet der Autor den Verlauf konkreter Prozesse nach. Von der Angeklagten Margarethe Mauterin (1659) ist das Urteil ediert. Viele kurze Zitate aus den Prozessakten ergänzen den Text. Eichstätt, Nürnberg, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu KUNZE, MICHAEL (1981): Der Prozeß Pappenheimer. Ebelsbach. Kunzes Dissertation untersucht die Geschichte einer nicht nur der Hexerei, sondern vieler anderer Delikte beschuldigten niederbayerischen Landfahrerfamilie. Die Darstellung des groß angelegten Schauprozesses beginnt mit der Verhaftung der Familie und endet mit ihrer äußerst grausamen Hinrichtung. Den stereotypen Geständnissen, die unter Folter von den Verhafteten erpresst wurden, entnimmt Kunze neben Belegen für Elemente des gelehrten Hexenmusters (Schadenszauber, Hostienschändung, Teufelspakt und -buhlschaft) auch Hinweise auf den lebensweltlichen Alltag um 1600 sowie auf die Genese des Hexenglaubens. Das Geschilderte wird quellennah mit zeitgenössischen Kommentaren und vielen, normalisierten Aktenzitaten ergänzt. München Anm Arch Lit Qu Reg LAMBERG, GRAF VON (1835): Criminal-Verfahren vorzüglich bei Hexenprozessen im ehemaligen Bisthum Bamberg während der Jahre 1624–1630. Aus actenmäßigen Urkunden gezogen. Nürnberg. Graf von Lamberg geht dem juristischen Mechanismus der Bamberger Hexenprozesse nach und führt zahlreiche, leicht veränderte Auszüge aus Originalakten an, um das Wesen so genannter Hexenbekenntnisse und darauf folgender Urteile aufzuzeigen. Bamberg Anm Arch Lit Qu LEITSCHUH, FRIEDRICH (1883): Beiträge zur Geschichte des Hexenwahns in Franken. Bamberg. Leitschuh beginnt mit einer Einführung in die Entwicklung des Hexenglaubens unter besonderer Beachtung der Region Franken. Sodann untersucht er die Verhandlungen der fränkischen Hexenfälle. Hierzu nutzt er zahlreiche Aktenausschnitte, die teils paraphrasiert teils in originalem Wortlaut und ursprünglicher Schreibweise dem Leser vor Augen geführt werden. Neben Verhörprotokollen, Urteilen und Besagungen sind auch ein „Speiszetl“ von 1628, der Brief des Bürgermeisters Junius an seine Tochter und viele andere Unterlagen abgedruckt. Bamberg, Steinbach, Würzburg, Zeil/Main u.a. Anm Arch Lit Qu

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LIEBHART, WILHELM (1989): Hexenwahn und Hexenprozesse im Landgericht Aichach. In: Aichacher Heimatblatt 37, Heft 7, 25–28. Anhand der „Baierischen Hexengesetzgebung von 1590“ erläutert Liebhart den Verlauf eines Hexenprozesses im Landgericht Aichach. Die Hexenverfolgung in Aichach verlief offenbar vergleichsweise gemäßigt. Insgesamt sind acht Fälle nachweisbar. Um den Vorgang einer gütlichen und peinlichen Befragung zu verdeutlichen, listet der Autor in modernisierter Orthographie alle 33 Fragen des Hexenverhörs auf. Der Bericht über zwei für Aichach typische Prozesse beendet den Artikel. Aichach, Ingolstadt, Pfaffenhofen, Rain/Lech Anm Arch Lit Qu MEIER, ROBERT (2002): Hexenverfolgung im Kondominat. Die Grafschaft Wertheim um 1630. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 54, 70–82. Robert Meier befasst sich mit der Rolle der Kanzlei als wichtigster beteiligter Instanz in Hexenprozessen. Außerdem stellt er die Bedeutung sozialer und konfessioneller Konflikte für die Prozesse heraus. Exemplarisch wird der Prozess gegen Michael Bundschuh (1633) anhand einer fragmentarischen Wiedergabe aus Verhörprotokollen geschildert. Wertheim, Würzburg Anm Arch Lit Qu MERZBACHER, FRIEDRICH (1970): Die Hexenprozesse in Franken. 2., erweiterte Auflage. München. Friedrich Merzbacher erfasst in seiner umfangreichen Studie den Wirkungszusammenhang von Hexenprozessen, „in dem Hexenwahn, Mensch und Recht in den fränkischen Stiften Würzburg und Bamberg, in der hohenzollerschen Markgrafschaft und in den fränkischen Reichsstädten gestanden haben“. Nach einer allgemeinen Einführung in die Geschichte und Entwicklung des Hexenbegriffes und der Hexenverfolgung vom Altertum bis in die Frühe Neuzeit bietet Merzbacher einen chronologischen Abriss der Hexenverfolgung in den einzelnen fränkischen Gebieten vom Ende des 16. bis ins 18. Jahrhundert. Bamberg, Nürnberg, Schweinfurt, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu Reg MÖTSCH, JOHANNES (2003): Archivalien zu den Hexenverfolgungen in der Grafschaft Henneberg. In: Hexen in Thüringen (2003) Od, 99–125. Johannes Mötsch legt eine Edition von neun Dokumenten mit kurzen Erklärungen zu ihren Entstehungsbedingungen vor: Auszüge aus einem Brief von Pfarrer Johann Langguth (1658), in dem dieser Personen denunziert, Auszüge aus Regierungsprotokollen (1621–1623), Auszüge aus Juristengutachten (1656–1660), Auszüge aus Prozessakten (Else von der Linden aus Walldorf 1659, Anna Maria Storand aus Meiningen 1667), Kostenabrechnungen, eine Mahnung des Scharfrichters Nikolaus Wahl aus Dreißigacker an die Stadt Meiningen wegen Zahlungsrückständen (1662–1666), Auszüge aus den Aussagen des Kannengießers Hans Haas und des Prokurators Klauer aus Schleusingen, gegen die als Kritiker der Hexenjustiz ermittelt wurde. Meiningen Anm Arch Lit Qu

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NEUMAIER, HELMUT (1976): Hexenwahn im badischen Frankenland. In: WürttembergischFranken 3, 264–277. Kommentar siehe Wd. Altheim, Mainz, Osterburken, Rosenberg Anm Arch Lit Qu PFRANG, MICHAEL (1987): Der Prozeß gegen die der Hexerei angeklagte Margarethe Königer. Ein Hexenverfahren in der Zent Gerolzhofen. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 49, 155–165. Um die „Härte und Eigendynamik“ von Hexenprozessen zu verdeutlichen, stellt Pfrang den Fall der Margarethe Königer (1617) vor. Die erhaltenen Antworten ihres Verhörs werden in paraphrasierter Form wiedergegeben, wobei die Ausführungen des Autors mit fragmentarischen Quellenzitaten durchsetzt sind. Neben dem Auszug aus einem Interrogatorium findet sich das originalgetreue Transkript eines Urteils gegen zehn Angeklagte (Gerolzhofen 1616). Gerolzhofen Anm Arch Lit Qu PILARTZ, KLAUS (1993): Hexenprozesse in Schweinfurt. In: Schweinfurter Mainleite 3, 11–19. Klaus Pilartz geht den Hexenprozessen der Reichsstadt Schweinfurt nach, für die weniger Fälle als für die benachbarten Gebiete nachzuweisen sind. Aus Ratsprotokollen und Gerichtsakten erschließt der Verfasser den jeweiligen Ausgang der einzelnen Fälle. Tabellen präsentieren die Anzahl der Prozesse pro Jahr und die verurteilten oder freigelassenen Personen (1608– 1718). Ausgesuchte Prozesse, z.B. gegen Nikolaus Knieß und Susanna Pfister (1616), werden paraphrasiert dargestellt. Schweinfurt Anm Arch Lit REGNET, CARL ALBERT (1881): Von Zauberapparaten und Hexenakten im Reichsarchiv zu München. In: Archivalische Zeitschrift 6, 244–259. Dem Autor lag eine Sammlung von Archivmaterial vor, u.a. mit 49 vollständig erhaltenen Hexen- und Zauberakten. Regnet beschreibt zunächst einige „Zauberbücher“ aus der Zeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts, dann wertet er einen kleinen Teil der ihm vorliegenden Hexenakten aus. Der Text zitiert des Weiteren ein undatiertes Interrogatorium der Ingolstädter Juristen- und Theologenfakultät und fasst das Flugblatt zum Prozess der Familie Pämbs (Pappenheimer, München 1600) zusammen. München Arch Qu REINFRIED, KARL (1916): Auszüge aus den Hexenprozeß-Protokollen des Amts Bühl der Jahre 1628 und 1629. In: Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst und Sprache 43, 2–21. Karl Reinfried schildert zunächst das gerichtliche Vorgehen im Fall eines Hexereiverdachts im Amt Bühl mit kurzen, teilnormalisierten Zitaten aus Verhörprotokollen (1628/1629). Anschließend listet er die „vom 3. Oktober 1628 bis zum 13. Oktober 1629 wegen des Lasters der Zauberei hingerichteten Personen“ auf (70 verurteilte Personen mit kurzer Beschreibung des

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Gerichtsverfahrens). Ergänzt wird das Verzeichnis durch einen Auszug aus Steinbacher Hexenprotokollen. Bühl, Steinbach Anm Arch Lit Qu RENCZES, ANDREA (1990): Wie löscht man eine Familie aus? Eine Analyse der Bamberger Hexenprozesse. Pfaffenweiler (= Forum Sozialgeschichte 1). Die Autorin befasst sich primär mit dem Prozess der Familie Haan in Bamberg. Nach einer allgemeinen Einführung und Erläuterung der Quellenlage erfolgt eine detaillierte Beschreibung der Prozesse gegen die einzelnen Familienmitglieder. Der Anhang enthält unter anderem eine Zeittafel und Auszüge aus Verhörprotokollen. Bamberg Anm Arch Lit Qu RIEZLER, SIGMUND (1896): Geschichte der Hexenprozesse in Bayern. Im Lichte der allgemeinen Entwickelung dargestellt. Stuttgart. Riezler beginnt seine Arbeit mit einem allgemeinen Überblick über Entstehung und Entwicklung der Hexenverfolgung. Im Folgenden wendet er sich den Hexenverfolgungen in bayerischen Gebieten aus den Jahren 1589–1631 zu. Von der Entwicklung der „Epidemie der Hexenprozesse“ über die beginnende Opposition von Seiten der Hexenverfolgungsgegner (u.a. Loos, Weyer, Spee) bis hin zur Abnahme der Prozesse im 17. Jahrhundert stellt er die Geschichte der Verfolgung in Bayern anhand zahlreicher Beispiele, teils in Form von ausführlichen Nacherzählungen einzelner Prozesse, dar. Eichstätt, Landshut, München, Reichenberg u.a. Anm Arch Lit Qu RIEZLER, SIGMUND (1903): Geschichte Baierns. 6. Band: Von 1508–1651. Gotha. Sigmund Riezler beschreibt auf der Grundlage einer Darstellung der politischen Verantwortlichkeit in Justiz und Verwaltung im 16. und 17. Jahrhundert die Situation der Hexenverfolgung in Bayern. Dabei versteht er den „Verfolgungswahn“ als einen Kulturrückschritt. Bei seinen Erläuterungen legt Riezler den Schwerpunkt vor allem auf das „kirchliche Hexenwahnsystem“. Bamberg, Freising, München Anm Lit ROWLANDS, ALISON (2002): Eine Stadt ohne Hexenwahn. Hexenprozesse, Gerichtspraxis und Herrschaft im frühneuzeitlichen Rothenburg ob der Tauber. In: Eiden/Voltmer (Hrsg.) (2002) Wd, 331–347. Mit drei Hinrichtungen für den gesamten Zeitraum von 1550–1750 fiel die Hexenverfolgung in der Reichsstadt Rothenburg gemäßigt aus. Rothenburg gilt damit als Beispiel für eine zurückhaltende Einstellung zur Hexenverfolgung, was Rowlands auf verschiedene Faktoren zurückführt. Vor allem hatte die Obrigkeit Rothenburgs wohl keinerlei Interesse an den wirtschaflichen und sozialen Folgen einer Eskalation: Man wollte „feindschafft und allerlei Unraths“ (Hinrichtungen, Flucht der Verdächtigen und die Verwicklung in Fehden) vermeiden. Auch theologische Bedenken spielten eine Rolle. Rowlands schildert den Verlauf einer Hexe-

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reibeschuldigung (Anna Schneider, Anna Weh, Gertraud Durmann, 1582), die sich schon sehr bald zu einem Verleumdungsprozess gegen die einzige „Zeugin“ entwickelte. Rothenburg ob der Tauber Anm Arch Lit ROWLANDS, ALISON (2003a): „… wie der Pöbel gemeinlich auss einer Mucken einen Elefanten zumachen pflegt“ – Ratskonsulent Friedrich Prenninger und seine Gutachten in drei Hexenprozessen im frühneuzeitlichen Rothenburg ob der Tauber. In: Borchardt, Karl; Tittmann, Ekkehart (Hrsg.) (2003): Städte, Regionen, Vergangenheiten. Beiträge für Ludwig Schnurrer zum 75. Geburtstag. Würzburg (= Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 59), 285–304. Im Zentrum des Beitrags steht die Rolle der Ratskonsulenten bei der Hexenverfolgung im Rothenburg des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts. Alison Rowlands stellt drei Hexenprozessgutachten des rothenburgischen Ratskonsulenten Friedrich Prenninger aus den Jahren 1587, 1602 und 1605 vor. Behandelt werden der Fall des sechsjährigen Hans Gackstatt und seiner Mutter Magdalena (1587), beide der Hexerei verdächtig, der Fall des Leonhard Brandt (1602) und der Fall des Hans Georg Hoffmann (1605). Die Arbeit basiert auf Originalakten aus dem Stadtarchiv Rothenburg und wird durch einige kurze Zitate illustriert. Rothenburg ob der Tauber Anm Arch Lit ROWLANDS, ALISON (2003b): Witchcraft narratives in Germany. Rothenburg, 1561–1652. Manchester, New York. Nach allgemeinen Erläuterungen zum volkstümlichen Hexenglauben sowie zu gelehrten Hexereivorstellungen zeichnet Alison Rowlands die Hexenverfolgung in Rothenburg anhand zahlreicher Fallbeispiele aus dem 16. und 17. Jahrhundert nach. Berücksichtigt werden dabei sozial- und gesellschaftsgeschichtliche Einflüsse, Geschlechtsspezifität und Verteidigungsstrategien. Obwohl die Untersuchung auf einem breiten Quellenkorpus basiert, finden sich keine Quellenauszüge oder -zitate. Der Anhang bietet eine chronologische Liste der in Rothenburg geführten Prozesse zwischen 1549 und 1709. Rothenburg ob der Tauber Anm Arch Lit Reg SCHMIDT, BURGHART (2004): Ludwig Bechstein und die literarische Rezeption frühneuzeitlicher Hexenverfolgung im 19. Jahrhundert. Hamburg (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland 4). Der Autor widmet sich der frühneuzeitlichen Entstehung des Hexenbildes und verfolgt die literarische Rezeption bis ins 19. Jahrhundert. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Betrachtung dichterischer Produktion. Ludwig Bechstein spielt hier eine entscheidende Rolle. Das vierte Kapitel enthält eine Quellenedition, ergänzt durch Faksimiles, die einen Hexenprozess aus Bettenhausen (1611) originalgetreu vor Augen führt. Auch im Anhang findet sich originales Quellenmaterial. Bettenhausen, Meiningen Anm Arch Lit Qu

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SCHNEID, JOSEPH (1913): Das Rechtsverfahren wider die Hexen zu Wemding im 1. Drittel des 17. Jahrhunderts. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte 57, 118–195. Schneid wertet die zahlreich vorhandenen archivalischen Quellen zu Hexenprozessen der Stadt Wemding aus und rekonstruiert anhand dieser Informationen das übliche Rechtsverfahren. Dazu gibt er originale Beispiele von Verhören, Auszügen aus der lokalen Gerichtsordnung, aus Zeugenbefragungen und -aussagen. In einem Anhang sind dem Artikel originale und teilnormalisierte Aktenstücke beigefügt. Wemding Anm Arch Lit Qu SCHRITTENLOHER, JOSEPH (1963): Aus der Gutachter- und Urteilstätigkeit der Ingolstädter Juristenfakultät im Zeitalter der Hexenverfolgungen. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 23, 315–353. Der Beitrag untersucht verschiedene Gutachten der Ingolstädter Juristenfakultät aus der Zeit der Hexenverfolgung. Anhand von kurzen Auszügen aus Interrogatorien und Gutachten kommt Schrittenloher zu dem Fazit, dass die Ingolstädter Juristen einen eher mäßigenden Einfluss auf die Hexenprozesse ausübten und so „ihren Teil dazu beitrugen, den Hexenwahn zu bekämpfen“. Die erwähnten und in Auszügen zitierten Gutachten stammen aus dem Zeitraum von 1601–1629. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit späten Ausläufern der Hexenverfolgung im 18. Jahrhundert. Freising, Ingolstadt Anm Arch Lit Qu SCHWERTL, GERHARD (1990/1991): Hexenprozesse im Pfleggericht Mitterfels. In: Verhandlungen des historischen Vereins für Niederbayern, Band 116/117, 209–235. Im Mittelpunkt der Auswertung von Prozessunterlagen und Ämterrechnungen des Pfleggerichts Mitterfels steht der Fall der Margaretha Würthin. Da ihr Prozess laut Schwertl keinen typischen Verlauf hat, wird auf der Grundlage von Aktenmaterial ihr Weg von den Befragungen über die Zeugenverhöre bis zu Geständnis und Urteil nachgezeichnet. Die Dokumentation des Falles verdankt sich einem zufälligen Fund im Staatsarchiv Landshut. Neben der Darstellung dieses Prozesses arbeitet Schwertl die Mitterfelser Hexenprozesse der Jahre 1584–1738 statistisch auf. Mitterfels Anm Arch Lit Qu SCHWILLUS, HARALD (1987): „Der bischoff läßt nit nach, bis er die gantze statt verbrennt hat“. Bemerkungen zu der 1745 veröffentlichten Liste der unter Fürst Bischof Adolf zu Ehrenberg wegen angeblicher Hexerei hingerichteten Menschen. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 49, 145–154. Schwillus verbessert und ergänzt eine von Hauber 1745 publizierte Liste mit Opfern der Hexenprozesse unter Bischof Adolf zu Ehrenberg. Seine Korrekturen basieren auf Vergleichen mit anderen Dokumenten wie Klerikerlisten, Ratsbüchern und Degradationsurkunden. Würzburg Anm Arch Lit Qu

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SCHWILLUS, HARALD (1992): Kleriker im Hexenprozeß. Geistliche als Opfer der Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts in Deutschland. Würzburg (= Forschungen zur fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte 16). Die Dissertation untersucht Hexereiprozesse, denen römisch-katholische Geistliche zum Opfer gefallen sind. Geographisch geordnet, legt Schwillus eine umfangreiche Materialsammlung von Fällen aus dem Zeitraum vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts vor. Zahlreiche, offenbar kaum veränderte Passagen aus den Protokollakten zeichnen ein relativ genaues Bild der untersuchten Prozesse. Bamberg, Eichstätt Anm Arch Lit Qu SEBALD, HANS (1992): Der Hexenjunge. Fallstudie eines Inquisitionsprozesses. Marburg. Im Zentrum von Sebalds Untersuchung steht ein Manuskript des Bamberger Hexengerichtes aus dem Jahre 1629, aufgefunden im Rare Books Department der Cornell University. Das Verhörprotokoll des erst neunjährigen Angeklagten wurde von Sebald sehr frei ins Neuhochdeutsche übersetzt und von indirekter Rede in direkte Rede übertragen. Es stellt somit nur eine Paraphrase und keine verlässliche Quellenwiedergabe dar. Eine Seite des Protokolls ist in Form eines Faksimiles abgedruckt. Auf die Wiedergabe des Textes folgen Untersuchungen zur Struktur der Verhörprotokolle sowie Versuche, die Motive für das ausführliche Geständnis und die sozialen Hintergründe des Jungen zu klären. Bamberg Anm Lit Qu SEIS, HERMANN (Red.) (2002a): Hexenjagd in Ellingen. 1. Teil und 2. Teil: Formalien – ein Ordensjurist – „die Sekretarin“ – die Kartei. In: Ellinger Hefte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Ellingen, Heft 16/17. Als Anlass, diese beiden Teilhefte zu den Ellinger Hexenverfolgungen zu veröffentlichen, nennen die Autoren – die Arbeitsgemeinschaft des Freundeskreises Barockstadt Ellingen e.V. – die Sonderausstellung „Drutenjagd in Franken – Hexenverfolgung in Franken 16. bis 18. Jahrhundert“. Ziel war u.a. die Aufdeckung der „ortsspezifischen Täterstrukturen“ und der Mechanismen, die zu den Ellinger Hexenprozessen geführt haben. Einen breiten Raum nehmen Transkriptionen verschiedenster Aktenstücke ein (Protokolle, Urgichten, Fragenkataloge, Gutachten etc.), die unterschiedlicher Herkunft sind und nicht vereinheitlicht wurden. Zu finden sind auch die „Erweytterte Vnholden Zeyttung“ und einige Abdrucke von Urschriften. Ellingen, Eschenbach, Weißenburg Anm Arch Lit Qu SEIS, HERMANN (2002b): Hexenjagd in Ellingen. 3. Teil: Das Verfahren von 1575. In: Ellinger Hefte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Ellingen, Heft 18. Im dritten Teilheft zu den Ellinger Hexenprozessen befasst sich Seis mit dem Schicksal von Othilie Baumgarten alias Weingarten, die 1575 als Hexe verbrannt wurde. Ausgelöst wurde der Prozess durch den gewaltsamen Tod zweier Küchenjungen im Deutschordens-Schloss Ellingen.

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Der Beitrag enthält u.a. zwei peinliche Urgichten und einen Fragenkatalog, die den ersten Ellinger Hexenprozess dokumentieren. Ellingen, Röttenbach Arch Qu SEIS, HERMANN (2002c): Hexenjagd in Stopfenheim. 4. Teil der Reihe Hexenjagd in Ellingen. In: Ellinger Hefte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Ellingen, Heft 19. Der Autor beschreibt den Beginn mehrerer Hexenprozesse in Stopfenheim im Jahr 1629. Die Folterung eines zehnjährigen Schuljungen und seine Besagungen führen zu weiteren Verhaftungen und Hinrichtungen. Der Beitrag enthält u.a. Transkriptionen von Verhörprotokollen, mehrere Briefwechsel zwischen dem Deutschmeister und dem Landkomtur und eine Besagungsliste. Ellingen, Eschenbach, Schmalwiesen, Stopfenheim u.a. Arch Qu SIXT, FRIEDRICH (1892): Chronik der Stadt Gerolzhofen in Unterfranken. II. Theil: Darstellung des äußeren politischen Lebens wie des Entwicklungsganges der Stadt. In: Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg 35, 141–205. Informationen zu Hexenprozessen in Gerolzhofen finden sich in einem Unterkapitel, das den Zeitraum von 1623–1631 behandelt. Der Verfasser verweist auf Prozessopferzahlen im Bistum Würzburg und kennzeichnet Gerolzhofen als Hauptrichtplatz im Würzburgischen. Die Veröffentlichung nennt einzelne Verfahren und macht allgemeine Angaben zur Hexenverfolgung in der untersuchten Region. Als Quellen dienen offenbar Stadt- und Zentgerichtsprotokolle, aus denen modernisierte Auszüge fragmentarisch in den Text eingearbeitet werden. Im Anhang ist ein „Muster zur Abfassung von Urtheilen bei Hexenprozessen“ angefügt, das den Gerolzhofener Gerichtsakten von 1616 entnommen ist. Gerolzhofen Anm Arch Qu SOLLEDER, FRIDOLIN (1914): Hexenwahn, Zauberei und Wunderglauben in Franken. Nach neuen Quellen des Juliusspital-Archivs Würzburgs. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege 1, 115–126; 176–183. Auf der Grundlage von unsystematisch bearbeiteten Originalakten zeichnet Fridolin Solleder einzelne Hexenprozesse nach. Dabei beschreibt er mit Hilfe von verkürzt wiedergegebenen Verhörfragen, Zeugenaussagen und Antworten den Weg der Beschuldigten. Zudem listet Solleder die in Franken geführten Kinderhexenprozesse auf, indem er deren Bezeichnungen aus den Protokollen übernimmt. Gamburg, Gräfendorf, Wolfsmünster, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu STELZNER, FRIEDRICH KARL (1892): Das Zauber- und Hexenwesen in der Stadt Lohr. Lohr/Main. Nach einer allgemeinen Einführung in die Geschichte der Hexenverfolgung geht Friedrich Stelzner auf die Auswirkungen des Hexenglaubens in der Stadt Lohr ein. Ausgewählte Lohrer Hexenprozesse werden ausführlich dargestellt. Einige Auszüge in normalisierter Schreibweise

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geben Einblick in die Protokollakten. Den Umfang der Lohrer Verfolgungen verdeutlicht der Autor durch ein Verzeichnis aller wegen Hexerei beschuldigter Personen. Lohr/Main, Rieneck, Rothenfels Anm Arch Lit Qu STRAUß, EVA (1999): Hexenverfolgung in München. „… daß solch ungewöhnliche Gewitter von den vermaledeiten bösen Weibern gemacht werden“. München. Als Haupt- und Residenzstadt war München um 1600 Schauplatz von Hexenprozessen, genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor. Die Broschüre von Stadtreisen München vermittelt anhand beispielhafter Orte (Jesuitenkolleg, Hofgraben mit Falkenturm etc.) Hintergrundwissen zu diesen Prozessen. Der Text enthält kurze, wenig modernisierte Zitate aus den Prozessakten, der Pappenheimer Prozess wird paraphrasiert. Einige Abbildungen illustrieren die lokalgeschichtliche Veröffentlichung. München Arch Lit Qu WALINSKI-KIEHL, ROBERT (1993): La chasse aux sorcières et le sabbat des sorcières dans les échêvés de Bamberg et Würzburg (vers 1590 – vers 1630). In: Jacques-Chaquin, Nicole; Préaud, Maxime (Hrsg.) (1993): Le sabbat des sorciers en Europe. XVe–XVIIIe siècles. Grenoble, 213–225. Dieser Beitrag zur städtischen Hexenprozessforschung ist 1992 im Rahmen eines internationalen Kolloquiums zum Hexensabbat entstanden. Einige Fälle aus dem untersuchten Gebiet werden in Auszügen zusammenfassend dargestellt, darunter der Prozess von Johannes Junius (Bamberg 1628), Kunigunda Schrepferin (Bamberg 1612) und Barbara Hohenburg (Würzburg 1590). Die Erwähnung der Prozesse dient dem Nachweis der These, dass in späteren Hexenprozessen gezielter und detaillierter nach der Teilnahme am Hexensabbat gefragt wird. Dieses Vorgehen gab der Besagungspraxis eine neue Dimension. Bamberg, Eichstätt, Würzburg Anm Arch Lit WALINSKI-KIEHL, ROBERT (2003): Males, „Masculine Honor“, and Witch Hunting in Seventeenth-Century Germany. In: Men and Masculinities 6, Heft 3, 254–271. Im Zentrum der Untersuchung steht der Prozess gegen Bürgermeister Johannes Junius, der 1628 in Bamberg geführt wurde. Die Grundlage bilden die während des Prozesses angefertigten Verhörprotokolle sowie ein Brief von Junius an seine Tochter. Der Autor dokumentiert, teils mit Hilfe von übersetzten Zitaten aus den Akten, den Prozessverlauf und arbeitet den Gegensatz von Fremd- und Selbstdarstellung heraus, wie er in den offiziellen Protokollen und dem „ego document“ des Briefes zum Vorschein kommt. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt der Analyse liegt auf der Konstruktion von Männlichkeit im 17. Jahrhundert sowie dem damit verbundenen Konzept der Ehre. Bamberg Anm Lit

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WEIß, ELMAR (1988): Würzburger Kleriker als Angeklagte in Hexenprozessen in den Jahren 1626–1630. In: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 40, 70–94. Der Autor untersucht Verfahren gegen Würzburger Kleriker aus den Jahren 1626–1630. Einleitend kennzeichnet der Verfasser intensive Verfolgungsphasen in der mainfränkischen Region und verweist auf mögliche Ursachen der Hexenverfolgung. Neben einem Verzeichnis verurteilter Kleriker aus den betreffenden Jahren enthält der Beitrag Quellenauszüge, die fragmentarisch in den Text eingearbeitet sind. U.a. finden sich Passagen aus verschiedenen Verhörprotokollen sowie das Testament des Angeklagten Lorenz Stauber in teilnormalisierter Schreibe. Würzburg Anm Arch Lit Qu WEIß, ELMAR (2004b): Grafschaft Wertheim. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004) Swd, 325–338. Auslöser für die Hexenverfolgungen in der Grafschaft können Missernten im Weinanbau gewesen sein (1602). Weiß schildert die am elaborierten Hexenbegriff orientierten stereotypen Geständnisse aus den untersuchten Prozessen und zählt die nachgewiesenen Prozesse mit Jahres- und Ortsangaben auf. Der Beitrag findet sich auch in → Lorenz (Hrsg.) (1994) Swd auf den Seiten 282–292. Er wurde für den neuen Sammelband kaum verändert. Holzkirchen, Michelrieth, Wertheim Anm Arch Lit WITTMANN, PAUL (1883): Die Bamberger Hexenjustiz (1595–1631). In: Archiv für katholisches Kirchenrecht, mit besonderer Rücksicht auf Deutschland, Oesterreich und die Schweiz 50, 177–223. Die rechts- und kulturgeschichtliche Abhandlung gibt zahlreiche Prozessparaphrasen in unterschiedlichem Umfang. Der Prozess gegen Dorothea Flock (1629/1630) und das Schicksal der Familie Haan (1627/1628) werden ausführlich geschildert. Als Quellen dienen sowohl Urkunden und Hexenakten als auch Jahrbücher und Briefe. Innerhalb des Textes finden sich die Wiedergabe eines Bittschreibens in angepasster Orthographie und ein Urteilsspruch vom Mai 1630 sowie ein Gnadenzettel in nicht normalisierter Schreibe. Paul Wittmann bettet die einzelnen Prozesse in den regionalgeschichtlichen Kontext ein und skizziert die quantitative Konzentration von Hexenprozessen in den untersuchten Städten. Bamberg, Hallstadt, Kronach, Zeil/Main u.a. Anm Arch Qu WOHLSCHLEGEL, KARIN (1995): Die letzten Hexen von Mergentheim. Auswertung der Verhörprotokolle aus den Jahren 1628 bis 1631. In: Württembergisch Franken 79, 41–115. Im Mittelpunkt der Auswertung von Verhörprotokollen aus den Jahren 1628–1631 stehen die Opfer und ihre individuellen Schicksale. Auf der Grundlage von Protokollen und Rechnungen sowie Inventaren, Taxationen, Konfiskationslisten, Supplikationen, Dekreten und Hexenlisten des Regierungsbezirks Mergentheim skizziert Karin Wohlschlegel kurz die Schicksale

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der Opfer und arbeitet ihr typisches Profil heraus (Beruf, Familienstand, Alter). Im Hinblick auf das Ende der Hexenverfolgung nennt sie mögliche „Bruchstellen im System der Hexenjustiz“. Bamberg, Mergentheim, Neunkirchen, Würzburg u.a. Anm Arch Lit Qu WOHLSCHLEGEL, KARIN (2004): Deutschordenskommende Mergentheim. In: Lorenz/Schmidt (Hrsg.) (2004) Swd, 387–402. Die Autorin gibt einen chronologischen Überblick über die Hexenprozesse in Mergentheim, deren Quellenlage außergewöhnlich gut ist. Sie bezieht sich außerdem auf die nationalsozialistische „Hexenkartothek“, aus der sie Mergentheimer Hexenprozessdaten tabellarisch auflistet und die sie in einer Gegenüberstellung mit einer „Hexenliste“ aus dem Staatsarchiv Ludwigsburg kritisch bewertet. In der folgenden Beschreibung der Mergentheimer Verfolgungen geht Karin Wohlschlegel möglichen Motiven für ihr Entstehen nach und erläutert Gründe für ihre Beendigung. Exemplarisch wird zudem der Fall der Anna Matzet geschildert, die 1629 der Hexerei angeklagt und schließlich als Hexe verurteilt wurde. Der Aufsatz ist im Vergleich zu seiner ersten Fassung in → Lorenz (Hrsg.) (1994) Swd, S. 336–347, leicht verändert. Heilbronn, Igersheim, Mergentheim, Rothenburg ob der Tauber u.a. Anm Arch Lit

Ortsregister

Aachen............................................. 71, 89 Aalen ................................................... 133 Accum ................................................... 24 Ahaus .............................................. 39, 40 Ahlen ..................................................... 35 Ahnsbeck............................................... 15 Ahrweiler................................... 11, 84, 85 Aichach ............................................... 165 Alme...................................................... 17 Alt Salze .............................................. 124 Altdorf ........................................... 75, 131 Altenahr........................................... 76, 84 Altenhof................................................. 22 Altheim.................................. 99, 141, 166 Alzenau ................................... 76, 82, 157 Alzey ....................................... 71, 88, 105 Angeln ......................20, 33, 40, 41, 47, 48 Angermünde .......................................... 63 Anröchte................................................ 35 Apfelbach ............................................ 155 Arenberg........................................ 84, 104 Argen........................................... 146, 147 Arnsberg.................................... 20, 32, 37 Arnstadt ............................................... 118 Aschaffenburg71, 77, 81, 94, 95, 100, 101, 112, 113, 158 Assenheim ............................................. 73 Augsburg .....129, 134, 138, 143, 144, 150, 151, 156, 162 Aurich.............................................. 16, 24 Bachem.................................................. 87 Bad Ems ................................................ 66 Bad Freienwalde.................................... 61 Bad Godesberg ...................................... 68 Bad Homburg ........................................ 95 Bad Oldesloe ................................... 13, 48 Bad Waldsee........................................ 129 Baden .................................................. 150 Baden-Baden ....................... 143, 144, 146

Baden-Durlach............................. 144, 146 Ballenberg............................................ 150 Balve................................................ 19, 73 Bamberg ......78, 81, 82, 86, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 164, 165, 167, 170, 172, 173, 174 Bardeleben................................... 120, 121 Barntrup................................................. 29 Barst....................................................... 22 Basedow ................................................ 59 Beltheim .............................................. 104 Bensberg........................................ 85, 115 Benshausen .................................. 124, 125 Berg ................................................. 81, 91 Bergedorf............................................... 48 Berus...................................................... 86 Bettenhausen........................................ 168 Beuern ................................................. 144 Bilstein................................. 19, 73, 85, 86 Bingen ........................................... 67, 100 Bisses..................................................... 90 Bitburg................................................... 73 Blankenheim................ 70, 71, 80, 89, 104 Blantkow ............................................... 60 Blomberg ............................................... 10 Bocholt .................................................. 39 Bodenheim............................................. 71 Bonn .............................. 19, 20, 68, 70, 89 Borken ..................................... 39, 40, 105 Bösingfeld.............................................. 50 Brackenheim........................................ 142 Brakel .............................................. 19, 20 Brandenburg .................................... 57, 60 Brauck (heute Gladbeck) ....................... 51 Bräunlingen ................................. 128, 129 Braunschweig ...................... 26, 27, 31, 38 Breisach am Rhein............................... 135 Breitungen/Werra ................................ 118 Bremen ...................................... 24, 42, 45

176 Brilon .............................................. 17, 74 Bruchhausen .......................................... 70 Brunn..................................................... 62 Buchen................................................. 101 Büdingen ................................... 73, 87, 99 Bühl..............................143, 146, 166, 167 Büren ......................................... 18, 37, 51 Büren-Brenken ...................................... 51 Bürgstadt ............................................... 75 Buxtehude ............................................. 41 Calenberg .............................................. 29 Celle .......................................... 15, 31, 38 Cleeberg ................................................ 99 Coburg................................................. 158 Cochem ......................................... 95, 104 Coesfeld............................... 23, 35, 36, 40 Commlingen .......................................... 92 Coswig................................................. 121 Creuzburg.................................... 121, 122 Criechingen ........................................... 91 Crivitz.................................................... 61 Dagstuhl .......................................... 80, 93 Damm.................................................... 71 Darmstadt .................................. 20, 74, 92 Darmstadt-Arheilgen ............................. 98 Dauchingen.......................................... 151 Deindorf .............................................. 157 Delmenhorst .......................................... 24 Dessau ................................. 119, 123, 124 Detmold..........................29, 30, 36, 49, 50 Detzem .................................................. 97 Dieburg.........77, 92, 94, 99, 100, 101, 107 Diedenhofen ........................................ 113 Diefflen ................................................. 72 Dierdorf ............................................... 113 Diez ..................................................... 109 Dillenburg ............................. 90, 102, 103 Dillingen...........72, 91, 129, 133, 151, 152 Dinkelsbühl ......................................... 134 Donaueschingen .................................. 132 Donauwörth................................. 160, 161 Donop.................................................... 10 Dornham.............................................. 142 Dortmund ............................ 23, 32, 38, 88 Dreieich ................................................. 99 Dreieichenhain ...................................... 98 Dreis .............................................. 77, 111 Driedorf ............................................... 103 Düren............................................... 71, 89

Autorenregister Durlach .................................................. 68 Düsseldorf........................................ 22, 81 Ebenau ................................................. 121 Echzell ........................................... 90, 101 Eckernförde ......................... 22, 27, 28, 43 Eichstätt .......138, 154, 161, 162, 164, 167, 170, 172 Eimen..................................................... 38 Eisemroth............................................... 90 Eisenach............................................... 119 Ellar ..................................................... 103 Ellingen ....................... 155, 160, 170, 171 Ellwangen .............. 88, 131, 133, 140, 141 Emden.................................................... 16 Endingen.............................................. 135 Engelgau ................................................ 70 Erfurt ................................................... 118 Erkelenz................. 15, 16, 69, 71, 74, 109 Erpel ................................................ 70, 84 Esch ................................................. 21, 70 Eschenbach .................................. 170, 171 Eschwege............................................. 109 Eslohe .................................................... 37 Essen.............................. 23, 28, 30, 43, 44 Esslingen ............. 128, 132, 138, 141, 149 Ettenheim..................................... 144, 150 Euskirchen ............................................. 78 Eutin ...................................................... 12 Eyba..................................................... 118 Fehmarn..................................... 26, 27, 39 Fell........................................... 84, 97, 102 Filzen ..................................................... 92 Flamersheim .................................... 76, 83 Flensburg .....17, 20, 25, 26, 27, 43, 47, 49, 52, 53 Flörsheim............................................... 95 Forchtenberg........................................ 147 Frankenwinheim .................................. 163 Frankfurt/Main................................. 15, 96 Freiburg ................................. 86, 129, 132 Freienwalde ........................................... 63 Freimersheim....................................... 109 Freising........................................ 167, 169 Freudenberg............................... 74, 75, 80 Friedberg ............................. 101, 103, 112 Friedelshausen ............................. 120, 162 Frohngau........................................ 71, 104 Füchtorf ................................................. 45 Fulda................................................ 96, 97

Östliches Mitteldeutschland Fürstenberg.............18, 19, 51, 72, 85, 132 Gamburg.............................................. 171 Garmisch-Partenkirchen ...................... 163 Gaugrehweiler ....................................... 67 Geißnidda .............................................. 90 Geldern............................................ 16, 69 Gelnhausen .................................... 82, 160 Gelsenkirchen........................................ 12 Gengenbach......................................... 136 Gera ..................................................... 123 Gerlingen..................................... 145, 146 Germersheim ....................................... 105 Gerolstein .............................................. 89 Gerolzhofen ..................162, 163, 166, 171 Geseke ................................................... 37 Gießen ..................................... 90, 97, 101 Gladbeck ......................................... 12, 51 Glückstadt ....................................... 18, 29 Gommern............................................. 122 Gonnesweiler......................................... 86 Goslar .................................. 27, 31, 45, 46 Göttingen............................................... 31 Götzenhain ...................................... 98, 99 Gräfendorf ........................................... 171 Grafenhausen....................................... 150 Greifswald ............................................. 62 Greiz.................................................... 123 Grimburg ............................................... 93 Grödersby.............................................. 20 Groß Dalwitz ......................................... 61 Groß Salze ........................... 119, 120, 122 Grosselfingen ...................................... 135 Großostheim .................................. 94, 100 Grünholz................................................ 17 Grünsfeld............................................. 163 Güglingen/Stuttgart ............................. 137 Güstrow ..................................... 56, 60, 62 Hadeln ................................................... 31 Hagdorn................................................. 87 Hagenau........................108, 109, 139, 140 Hagenow ............................................... 61 Haigerloch ........................................... 130 Halle/Saale ...................119, 121, 123, 125 Hallenberg ....................................... 42, 74 Hallstadt ...................................... 158, 173 Halungen ............................................. 121 Hamburg.........................28, 34, 37, 38, 47 Hamm.............................................. 23, 73 Hechingen ........................... 130, 135, 148

177 Heidelberg ........................................... 105 Heilbronn............................................. 174 Heiligenhafen .................................. 17, 47 Heimerzheim ......................................... 83 Heimsheim........................................... 142 Helmstedt................................... 21, 26, 31 Herborn.................................. 96, 102, 103 Herford .................................................. 22 Herrieden ............................................. 154 Herzfelde ............................................... 58 Herzhorn ................................................ 18 Herzogenaurach ................................... 157 Heuchlingen......................................... 141 Heusenstamm ...................................... 107 Hildburghausen.................................... 158 Hildesheim........................... 25, 31, 41, 89 Hillesheim.............................................. 89 Hirschberg ................................. 19, 20, 24 Hochheim/Main ..................................... 95 Höchst.............................. 81, 95, 100, 158 Hohenberg ........................... 131, 139, 140 Holzkirchen ......................................... 173 Homburg.......................................... 72, 83 Horb..................................................... 131 Horn..................................... 10, 11, 33, 44 Horst .......................... 12, 81, 86, 158, 162 Hörstein ................................. 76, 107, 157 Horstmar ................................................ 23 Houverath .............................................. 70 Hüfingen ...................................... 129, 132 Humfeld................................................. 50 Hupperath ...................................... 99, 100 Hütterscheid........................................... 73 Iburg ...................................................... 51 Idstein .......................................... 109, 114 Igersheim ............................................. 174 Ilmenau ................................................ 120 Ilsenburg................................................ 27 Ingelfingen........................................... 147 Ingolstadt ............................. 159, 165, 169 Iphofen................................................. 156 Issenburg ............................................... 73 Itzehoe ............................................. 18, 24 Jena.............................................. 118, 119 Jülich ................................... 68, 71, 76, 85 Jungingen..................................... 130, 136 Kaimberg ..................................... 120, 123 Kaiserslautern ...................................... 105 Kallenhardt ............................................ 74

178 Kassel .............................................. 93, 94 Katzenelnbogen................................... 105 Kempen ................................................. 28 Kempenich ............................................ 90 Kempten ...................................... 134, 151 Kenn ...................................................... 84 Kiel.....................22, 28, 34, 39, 40, 47, 48 Kirberg ................................................ 109 Kirchhain............................................... 94 Kirchheim.............................................. 76 Kirsch .................................................... 85 Kleinostheim ....................................... 101 Klotten................................................. 104 Koblenz ........................66, 70, 71, 98, 104 Köln.11, 15, 29, 43, 51, 66, 68, 69, 78, 79, 81, 85, 86, 88, 89, 95, 96, 105, 106, 107, 157 Königsegg ........................................... 129 Konstanz...................................... 151, 152 Korbach ........................................... 79, 93 Krefeld................................................... 28 Krempe.................................................. 29 Kronach ................................. 86, 162, 173 Kronenburg............................................ 82 Künzelsau............................................ 147 Kuppenheim ........................................ 144 Labach ................................................. 101 Landau......................................... 108, 109 Landsberg............................................ 107 Landshut.............................................. 167 Langenberg.......................................... 147 Lauda-Königshofen ............. 156, 162, 163 Lauenburg ................................. 26, 38, 40 Lechenich .............................................. 68 Leider .................................................. 113 Leidhecken ............................................ 90 Leipzig......................................... 124, 125 Leisning............................................... 122 Lemberg ................................................ 90 Lemgo ...11, 13, 14, 15, 33, 36, 39, 41, 43, 44, 45, 49, 50, 51, 52, 69 Leonberg ......................134, 142, 145, 146 Leuchtenberg....................................... 157 Lindheim ............................... 86, 112, 162 Linz ......................................... 84, 96, 100 Lippe 10, 11, 23, 29, 30, 33, 49, 50, 52, 85 Lippspringe............................................ 37 Lohr/Main ................................... 171, 172 Longuich ....................................... 85, 110

Autorenregister Lörsch .................................................... 85 Lothringen ............................................. 87 Lübeck ........................... 16, 17, 26, 43, 47 Lüdinghausen .................................. 46, 49 Lützlow.................................................. 58 Luxemburg ............................................ 80 Mainz.....71, 75, 77, 80, 81, 89, 94, 95, 99, 100, 101, 104, 141, 166 Mandern............................................... 114 Manderscheid ........................................ 89 Marbach............................................... 156 Marburg ............................................... 108 Markdorf.............................................. 152 Markelsheim ................................ 155, 160 Marktoberdorf...................................... 151 Mayen............................................ 90, 112 Medebach .............................................. 42 Meersburg............................................ 152 Mehlem.................................................. 68 Meiningen............ 120, 158, 162, 165, 168 Melchingen .......................................... 135 Meldorf...................................... 25, 27, 43 Memmingen......................................... 148 Menden.................................................. 31 Mengede ................................................ 32 Mergentheim........ 148, 155, 160, 173, 174 Merl ....................................................... 97 Mertesdorf ............................................. 83 Merzig ............................................. 87, 91 Merzig-Saargau ............................... 86, 87 Meteln.................................................... 61 Mettlach................................................. 87 Michelbach .................................... 76, 157 Michelrieth .......................................... 173 Mihla ................................................... 121 Millebach............................................. 150 Miltenberg ............................................. 75 Minden....................................... 36, 41, 43 Minderlittgen ................................. 99, 100 Mittenwald........................................... 163 Mitterfels ............................................. 169 Möckern............................................... 124 Mölln ............................................... 37, 48 Mönchengladbach.................................. 26 Monreal ................................................. 90 Morsbach ............................................... 72 Mosbach .............................................. 105 Mudau.................................................. 150 Mühlenbach ......................................... 150

Östliches Mitteldeutschland Mühlhausen ......................................... 121 Mülheim an der Ruhr .................... 87, 115 Mülheim/Mosel ..................................... 89 Mülverstedt.......................................... 124 München 26, 155, 156, 160, 161, 164, 166, 167, 172 Münchingen......................................... 142 Münster ............11, 23, 27, 35, 41, 47, 108 Münstermaifeld ..................................... 84 Musweiler............................................ 100 Nalbach ................................................. 72 Nassau ............................................. 66, 90 Nassau-Saarbrücken .............................. 91 Nennslingen......................................... 154 Neubrandenburg ........................ 56, 57, 62 Neudenau............................................. 150 Neuerburg.......................89, 104, 108, 113 Neunkirchen ................................ 160, 174 Neunkirchen/Nahe........67, 86, 90, 92, 102 Neurath................................................ 102 Neuruppin........................................ 57, 60 Neustadt............................................... 105 Nidda................................................... 101 Nieder-Florstadt .................................... 73 Niederhelden ......................................... 86 Niederkell ............................................ 114 Nitten................................................... 115 Nittum ................................................... 87 Nordhausen............................................ 27 Nördlingen...132, 138, 139, 144, 145, 146, 148, 149, 156 Nümbrecht....................................... 72, 83 Nürburg ........................................... 84, 85 Nürnberg ......................159, 161, 164, 165 Oberkirch............................................. 145 Oberkirchen......................... 19, 72, 73, 74 Oberndorf .............................. 75, 131, 151 Obernitz............................................... 118 Oberroden............................................ 107 Ober-Rosbach........................................ 81 Oberstdorf ........................................... 129 Oberwaldhausen .................................. 129 Ochsenwerder........................................ 38 Odenthal .............................................. 115 Oederan ............................................... 122 Oelsnitz ............................................... 122 Oerlinghausen........................................ 50 Offenbach .............................................. 87 Offenburg .....................129, 139, 141, 149

179 Offenthal................................................ 98 Oldenburg........................................ 40, 43 Oldesloe..................................... 13, 43, 47 Oppenau............................................... 145 Ortenau ................................ 136, 139, 140 Osnabrück....18, 20, 32, 41, 43, 44, 46, 47, 51, 108 Ostendorf ............................................... 40 Osterburken ................... 99, 141, 150, 166 Osterholm .............................................. 17 Ostheim ................................................. 94 Otterndorf .............................................. 31 Ottweiler ................................................ 91 Owingen .............................................. 130 Padberg.................................................. 74 Paderborn................. 18, 19, 20, 33, 37, 52 Parchim.................................................. 57 Peine ...................................................... 31 Perleberg.......................................... 57, 63 Peterstal ............................................... 145 Pfaffenhofen ........................................ 165 Pflaumheim............................................ 94 Pforzheim ............................................ 140 Pfreimd ................................................ 157 Piesbach................................................. 72 Pinneberg............................................... 40 Prüm ................................................ 80, 89 Puderbach ............................................ 113 Quedlinburg............................... 27, 34, 60 Rain/Lech .................................... 160, 165 Ramelow................................................ 59 Ramsbach ............................................ 145 Rangendingen ...................................... 135 Rastatt.......................................... 146, 150 Ratzeburg....................... 21, 32, 38, 39, 43 Reckenberg ............................................ 51 Recklinghausen 12, 19, 21, 23, 35, 47, 108 Regensburg .......................................... 156 Rehna..................................................... 21 Reichenau ............................................ 152 Reichenberg......................................... 167 Reichertshofen ..................................... 161 Reifferscheid.................................... 73, 88 Reinbek.................................................. 40 Remlingen............................................ 163 Rendsburg........................................ 37, 47 Reutlingen.... 131, 132, 133, 137, 148, 150 Rheinbach ...................... 74, 76, 78, 81, 88 Rheinberg .................................. 15, 16, 69

180 Rhens......................66, 67, 69, 80, 98, 107 Ribnitz................................................... 56 Rieden ................................................. 112 Riedlingen ........................................... 128 Rieneck................................................ 172 Ringelstein............................................. 18 Rinteln............................................. 34, 94 Ritzebüttel ............................................. 31 Rodach bei Coburg...................... 157, 158 Roden .................................................... 92 Roermond...................................... 74, 109 Rosenberg.............................. 99, 141, 166 Röst ....................................................... 41 Rostock...........................47, 56, 58, 59, 60 Rothenburg ob der Tauber.. 159, 167, 168, 174 Rothenfels ........................................... 172 Rötlen .................................................. 141 Röttenbach........................................... 171 Rottenbuch .......................................... 137 Rottenburg/Neckar ................ 75, 131, 138 Rottweil ........................132, 139, 148, 151 Rudolstadt ................................... 118, 124 Rüthen ................................................... 18 Ruwer .................................................... 85 Rysum ................................................... 16 Saalfeld................................................ 118 Saarbrücken........................................... 91 Saarburg ................................................ 92 Saarwellingen ........................................ 91 Salzkotten ........................................ 19, 20 Sangerhausen............................... 119, 125 Santow................................................... 61 Saulgau................................................ 134 Schaalby ................................................ 33 Scharmede ................................. 19, 20, 33 Scherbda.............................................. 121 Schillingen............................................. 93 Schleiz ................................................. 123 Schleswig ............................ 20, 26, 28, 39 Schleusingen.................119, 120, 158, 162 Schmalkalden .............................. 119, 120 Schmallenberg................................. 42, 72 Schmalwiesen...................................... 171 Schmoel........................................... 27, 28 Schnellenberg ........................................ 86 Schönbach ........................................... 102 Schönberg.............................................. 21 Schongau ............................................. 143

Autorenregister Schönhausen .......................................... 63 Schöningen ............................................ 26 Schönstadt............................................ 105 Schwaben..................................... 131, 151 Schwäbisch Gmünd ..................... 133, 136 Schwäbisch Hall .................................. 147 Schwabmünchen.................................. 129 Schwabstedt........................................... 34 Schwanbeck........................................... 62 Schwartbuck .......................................... 28 Schwarza ..................................... 119, 120 Schwarzenholz..................................... 101 Schweinfurt.................................. 165, 166 Schwerin .................................... 56, 57, 62 Seehausen .............................................. 63 Seligenstadt.................................... 94, 107 Siegburg......................... 75, 76, 78, 81, 98 Siegen .................................................. 102 Sigmaringen................................. 130, 147 Simmern ................................................ 67 Speyer .................................................... 66 St. Johann ............................................ 112 St. Matthias...................................... 79, 80 St. Maximin ....................... 79, 80, 83, 110 Stadt Waldsee ...................................... 129 Stadtkyll................................................. 89 Steinbach ............................. 143, 164, 167 Steinburg ............................................... 18 Steinhorst............................................... 42 Sternberg ......................................... 50, 85 Sterup............................................... 17, 20 Steruz..................................................... 22 Stockach ................................................ 75 Stopfenheim......................................... 171 Stralsund ................................................ 60 Strelitz ................................................... 63 Strimmig .............................................. 104 Stuer....................................................... 56 Stuttgart ................................. 41, 128, 142 Suhl...................................................... 120 Sulz...................................................... 142 Sulzwiesen ........................................... 154 Tannenburg.......................................... 141 Tauberbischofsheim............................. 163 Teichel ................................................. 124 Templin ................................................. 58 Tettnang....................................... 146, 147 Thandorf ................................................ 21 Thülen.................................................... 17

Östliches Mitteldeutschland Tönning ................................................. 47 Torgau ................................................. 125 Töstrupholz............................................ 41 Tremsbüttel................................ 24, 37, 42 Trier.15, 46, 75, 77, 79, 80, 81, 84, 91, 92, 93, 94, 97, 103, 104, 106, 110, 111, 112, 113, 114 Trochtelfingen ............................. 130, 135 Tübingen ..................................... 136, 140 Überlingen................................... 135, 138 Ulm...................................................... 146 Unlingen.............................................. 131 Unterregenbach ................................... 130 Uphusen................................................. 24 Urspring............................................... 131 Varel...................................................... 24 Varenholz ........................................ 50, 85 Vechta ................................................... 35 Verden ................................................... 49 Viernau................................................ 125 Viersen ...................................... 15, 16, 69 Vörden................................................... 51 Wadgassen........................................... 108 Wahlscheid ............................................ 93 Wald ............................................ 129, 160 Waldeck..................................... 77, 79, 93 Waldsee ............................... 134, 139, 140 Wallerfangen ......................................... 92 Wallhausen ...................................... 67, 82 Walthersleben...................................... 118 Waltrach ................................................ 93 Warendorf ............................................. 53 Warmbronn.................................. 145, 146 Wasungen .................................... 120, 162 Wehr.................................................... 112 Weierweiler ..................................... 86, 92 Weilburg.............................................. 114 Weilheim ............................................. 135 Weimar................................................ 119 Weißenburg ..................108, 109, 159, 170

181 Wemding ............................................. 169 Wendelstorf ........................................... 58 Werdau ................................................ 118 Werl ..................................... 19, 37, 44, 73 Wernigerode .......................................... 27 Wertheim ............................. 163, 165, 173 Weseberg ............................................... 63 Westerlandföhr ...................................... 21 Wicker ................................................... 95 Wiesbaum .............................................. 70 Wiesenburg/Erzgebirge ....................... 125 Wiesentheid ......................................... 160 Wildenburg ........................ 73, 85, 88, 102 Wildungen ............................................. 77 Willersdorf............................................. 94 Wilster ....................................... 11, 12, 29 Wincheringen ................................ 77, 111 Winningen ................... 69, 77, 79, 90, 104 Winterberg............................................. 42 Witten ........................................ 23, 25, 41 Wittenberg ..................................... 56, 125 Wittgenstein......................................... 108 Wittlage ................................................. 51 Wittlich ............................ 77, 99, 100, 110 Wittstock ......................................... 60, 63 Witzenhausen ...................................... 105 Wolfach ............................................... 132 Wolframs-Eschenbach......................... 159 Wolfsmünster ...................................... 171 Wolmirstedt ......................................... 121 Wörsdorf.............................................. 114 Würzburg.81, 82, 155, 156, 158, 160, 162, 163, 164, 165, 169, 171, 172, 173, 174 Wustweiler............................................. 91 Zeil/Main ............. 157, 158, 162, 164, 173 Zeilitzheim........................................... 163 Zell .............................................. 136, 139 Zerbst........................................... 123, 124 Zöschingen .......................................... 139 Zwickau ............................................... 118