Der Pionier: Wie Louis Sachse in Berlin den Kunstmarkt erfand 9783412505943, 3412505943

Im Berlin des 19. Jahrhunderts trat aus dem Umfeld der Gebrüder Humboldt ein junger Mann hervor, der hellwach und neugie

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German Pages 760 [780] Year 2017

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Der Pionier: Wie Louis Sachse in Berlin den Kunstmarkt erfand
 9783412505943, 3412505943

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Anna Ahrens

Der Pionier Wie Louis Sachse in Berlin den Kunstmarkt erfand

2017 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

Zugl. Diss. Humboldt-Universität zu Berlin, Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät, 2013.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Franz Krüger, Der Kunsthändler Louis Friedrich Sachse, um 1838, Bleistift, Kreide, aquarelliert, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett, Mappe Franz Krüger, A 262, Nr. 179

© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Claudia Holtermann, Bonn Satz: Bettina Waringer, Wien Druck und Bindung: General Druckerei, Szeged Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50594-3

Inhalt

Louis Sachse: Kosmopolit und Kunsthändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 I Einführung: Eine Preussische Parade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II Industrie und Avantgarde – Sachse und die Lithographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1 2 3

Lithographie in Paris: ein Avantgarde-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a Le théâtre privilégié de l’art lithographique . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b Aut Caesar aut nihil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 c König im Kleinen eines großen Ateliers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Lithographie in München: eine Wallfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a Ein Reisebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 b Louis Sachse und Aloys Senefelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c Erinnerungen aus dem Kunstleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Lithographie in Berlin: ein Neuanfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a Einrichtungen, Korrespondenzen, Launereien . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. . . . . . . . . . . . . . 130 c Die Kunst will leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

III Phänomen und Fortschritt – Sachse und die Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1 2 3

Die neue Bahn und ein neues Geheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 a Die neue Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 b Ein neues Geheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 c Ankündigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Die ersten Lichtbilder und fotografischen Apparate in Berlin . . . . . . . . . . 231 a Wettlauf der Pioniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b Die ersten Pariser Kameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c Platten und Gläser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Fotografien aus Sachses Salon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a Mehr als 200 Lichtbilder in sechs Wochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b Der Pionier bleibt Pionier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c Über den Vorrat von Fotografien in Sachses Kunstsalon . . . . . . . . . . . 267

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IV Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277 1 2 3

Berlins kleines Luxembourg (1834–1853) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a Gewagte Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 b Die Kunsthandlung L. Sachse & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 c Händler und Mentor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Berlins erste private Kunsthalle (1853–1875) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 a Ein kühner Plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 b Exposition en permanente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 c Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon . . . . . . 436 Berliner Kunstdebatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 a Museums-Kulturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 b Museale Gegenwart und Gegenwartskunst . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 c Böse Kunsthändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 1 Das Reisetagebuch (1834–1861) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 2 Lexikon der (erwähnten) Kunsthändler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865) . . . . . . . 689 Archivalienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 714 Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779

Für Mamie

 

Louis Sachse: Kosmopolit und Kunsthändler Von Bernhard Maaz

Die Kunstgeschichte hat sich im Verlauf ihrer mittlerweile bald zwei Jahrhunderte umfassenden wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklung stetig weiterentwickelt und diversifiziert; zuletzt kristallisierte sich insbesondere die Provenienzforschung als ein Forschungsfeld mit hoher Relevanz und Brisanz heraus. So ist das Fach längst nicht mehr eine bloß historische Bildwissenschaft, die gelegentliche Berührungspunkte mit anderen historischen Fächern hat. Auch hat sich das Bewusstsein etabliert, dass die berühmtesten modernen Künstler im Allgemeinen nicht ohne den zugehörigen Kunstmarkt zu jenem Ruhm kommen, der ihr Werk strahlen lässt oder gar überstrahlt. Es ist grundsätzlich bekannt und bewusst, dass ein eigentlicher Kunstmarkt erst im 17. Jahrhundert in den Niederlanden zu entstehen begann, als Künstler ohne direkte Anbindung an die herkömmlichen Auftraggeber – Höfe, Kirchen, Klöster – für einen offenen Markt arbeiteten. Doch die Geschichte des Kunsthandels, dessen heutige Macht für Preisbildung, Ruhm und Wirksamkeit zugunsten einiger weniger Künstler (und zu Ungunsten vieler, die nicht reüssieren und oftmals nicht von ihrer Kunst zu leben vermögen) niemanden überraschen kann, diese komplizierte Geschichte ist noch ungeschrieben. Gegenwärtig richtet sich der Fokus der Forschung allenfalls auf die (mehr oder weniger mit Schuld beladene) Geschichte des Kunsthandels in den 1930er Jahren und danach. Dabei gibt es klärende Forschungsprojekte von hoher Transparenz wie jenes zur Geschichte des Auktionshauses Weinmüller von Meike Hopp und andere, die sich der Problemzeiten und der schwierigen Fragestellungen weniger intensiv annehmen. Auch hier wird in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten noch vieles zu recherchieren sein. Forschungen finden ferner statt zur Kunsthandelsgeschichte der Klassischen Moderne, aber für das 19. Jahrhundert, also für jene Zeit, da sich der moderne Kunsthandel etablierte und konturierte und seine Praktiken einübte, liegt kaum etwas vor. Umso wichtiger sind Einzelstudien wie dieses Buch von Anna Christine Ahrens zu Louis Sachse, dem wichtigsten Berliner – und wohl auch bedeutendsten und wirkungsvollsten deutschen – Kunsthändler in seiner Zeit. Diese über Jahre sorgsam recherchierte Arbeit macht einerseits also die bisherigen Forschungslücken bewusst, zeigt aber andererseits auch an dem konkreten Beispiel mögliche Wege künftiger Forschungen und viel Wesentliches früherer Entwicklungslinien. Dass mit Louis Sachse im Zeitalter der Nationalstaaten und der Debatten um Nationalgalerien – die Berliner wurde 1861 durch Konsul Wagener, einen ebenso wichtigen Anwalt der europäischen bildenden Kunst und potenten Sammler in Preußen initiiert – ein Händler als Kunstvermittler und als Transmissionshilfe drucktechnischer oder

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fotografischer Technologien wirkten konnte, mag auf den ersten Blick überraschen. Doch er ergriff lediglich jene Chancen und füllte jene Marktlücken, die staatlicherseits unerkannt blieben oder gezielt nicht bedient wurden. Damit stand Sachse in guter Tradition: Im 18. Jahrhundert wurden jene Kunstwerke, die nicht direkt bei produzierenden Künstlern beauftragt waren, über mehr oder minder im Verborgenen handelnde Agenten deutscher Höfe und Sammler in Paris, Amsterdam und Rom erworben: Niemand hätte den deutschen barocken und aufklärerischen Sammlergeschmack vom europäischen Trend isoliert. Anderes kam auf der Leipziger Messe oder auch in Hamburg zum Verkauf, wo insbesondere bürgerliche Sammler sich versorgten. Somit existierte ein internationaler Kunsthandel durchaus auch schon vor der Französischen Revolution, aber man folgte primär der Gelegenheit, die sich ergab. Und in Zeiten der Aufklärung kauften die deutschen Kunstfreunde bevorzugt in Rom, da es in Deutschland, das noch in zahllose Duodezfürstentümer zersplittert war, keinen wirkungsvollen Kunstmarkt gab. Das Neue an Louis Sachse also liegt nicht zuletzt daran, dass er diese Kaufgelegenheiten gleichsam in Deutschland organisierte, indem er ein systematisch und dauerhaft ein aktuelles Kunstangebot bereithielt. Dafür war keine deutsche Stadt so geeignet wie Berlin, wo – ähnlich wie in Paris als der französischen Metropole – besonders zahlreiche deutsche Künstler lebten. Berlin war bereits eine anerkannte Weltstadt, München musste es erst noch werden – dazu trugen auch Ausstellungen wie jene der französischen Malerei im letzten Jahrhundertdrittel mit Courbet und seinen Zeitgenossen bei –, und Dresden hatte schon damals seine Glanzzeiten hinter sich. Louis Sachse, das wird bei der Lektüre dieses klug konzipierten Buches sichtbar, war ein Exponent des zweiten Schubes jener ‚Verbürgerlichung‘, die im aufklärerischen 18. Jahrhundert begonnen und zu einer weiteren Verbreitung von Kunst im Alltagsleben der bürgerlichen Schichten geführt hatte. Dies spielte sich zwar vor dem Hintergrund einer starken nationalen Abgrenzung ab, aber – Zollvereine bewiesen es – das Bewusstsein dafür war längst erwacht, gewachsen und erstarkt, dass transnationaler Güter- und Geistesgüterverkehr unerlässlich waren. Hatte allerdings Friedrich der Große von Preußen seine französischen Kunstwerke noch in Frankreich aufkaufen lassen, so kehrte Sachse die Verhältnisse auf progressivste Weise um, indem er die französische Kunst auf deutschem, auf Berliner Boden anbot, zeigte, verkaufte, vermittelte – und das dauerhaft, nicht nur auf Nachfrage, nicht nur zu den jährlichen Handelsmessen, nicht nur für einen königlichen Käufer: Sachses Verdienst ist letztlich die Etablierung eines Marktes für Produkte, die ohne ihn schwerlich einen solchen Markt innerhalb Deutschlands gefunden hätten. Als 1830 das von Schinkel errichtete Museum, das heute als Altes Museum bekannt ist, eröffnete, waren darin bezeichnenderweise nur drei Skulpturen enthalten, die man der Gegenwartskunst hätte zurechnen dürfen, nämlich Antonio Canovas „Hebe“, die der König als ein Meisterwerk seiner Zeit gekauft hatte, Antoine-Denis Chaudets „Napoleon“, der sein Dort-Sein den politischen Ereignissen seit der Jahrhundertwende verdankte, und François-Joseph Bosios „Hyacinth“, der letztlich als ein

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Meisterwerk moderner Bronzeguss-Technik und also als kunsttechnologisches Idealund Vorbild hierher gelange. Dies ist als ein Indikator für die enorme und grundlegende Zurückhaltung gegenüber der damaligen modernen, der zeitgenössischen internationalen Kunst zu werten. Auch die bekannte Präsentation zeitgenössischer belgischer Historienmalerei an verschiedenen Orten kann über die staatliche Abstinenz gegenüber der Moderne nicht hinwegtäuschen. Gezeigt wurde nur anerkannte Kunst der hohen Gattung Historienmalerei, nicht experimentelle, nonkonforme, realistische Malerei. Das eben blieb mithin engagierten, mutigen privaten Akteuren wie Louis Sachse vorbehalten. Wenn im vorliegenden Buch der Bogen bis hin zur Reproduktionsgrafik geschlagen wird, so hat das einen tieferen Sinn. Nicht zufällig ließ Alexander von Humboldt, mit dem Louis Sachse in engem Austausch stand, gerade einen Stecher wie Paolo Toschi in die Friedensklasse des preußischen Ordens „Pour le mérite“ aufnehmen, obgleich dieser kunstgeschichtlich wichtige Werke reproduzierte und die Mitgliedschaft also nicht etwa durch Toschis eigene künstlerische Inventionen legitimiert wurde: Es ging dabei darum, dass der bildenden Kunst aller Epochen ein internationaler Wirkungskreis zugedacht wurde, und dieses idealistische Vorhaben bedurfte transnationalen Austauschs. Das war seinerzeit auch bei Goethe so gewesen, der ja durchaus etliche Zeichnungen und Druckgrafik moderner französischer Künstler erwarb. Aber er beschaffte sich diese Arbeiten ganz außerhalb irgendeines etablierten deutschen Kunsthandels; er nutzte dafür seine zahllosen guten persönlichen Kontakte. Dieser veralteten Form eines geistigen Austauschs konnte dann erst Abhilfe verschafft werden, als sich Louis Sachse der Aufgabe systematisch annahm. Das vorliegende, sorgfältig recherchierte, anschauliche, leicht und gut lesbare Buch deckt auf, wie aus der Tat und Entscheidung eines Einzelnen bald ein ganzes System wurde, der deutsche, auf die internationalen Zeitgenossen ausgerichtete Kunsthandel, der späterhin mit glänzenden Namen wie Cassirer verbunden war. Louis Sachse war definitiv ein maßgeblicher Vorreiter. Parallelfälle in Berlin und anderen Städten klingen an, die überaus nützlichen Anhänge, unter denen zu den Namen und dem Wirken anderer Händler besonders wertvoll sein wird, erheben dieses Buch zum Nachschlagewerk und die Fülle der Aspekte machen es zu einem Epochenbild: Im Tropfen spiegelt sich die Welt. Die kluge, heitere Gliederung, der Facettenreichtum des Lebens Sachses und der Wirkungsrichtungen, die reiche Bildauswahl – all das ist vorbildlich und möge zu ähnlichen Untersuchungen anspornen. Für jeden Kunsthändler, für jeden Kunst- und Kulturhistoriker wird diese Darstellung bald zu einer elementaren Basis weiterer Forschungen aufrücken. Die Kapitelüberschrift „Böse Kunsthändler“ (Seite 507) lässt freilich anklingen, dass diese Profession seit jeher mit Argwohn oder Verdächtigungen überzogen wurde, mehr vielleicht als die Verleger und Buchhändler, die ja ihrerseits auch zur weiten Verbreitung von geistigem Eigentum beitragen. Und doch – es braucht(e) sie, die regen, innovativen, internationalen, kosmopolitischen Kunsthändler. Sie wurden und werden sowohl für die Kunst benötigt als auch für die Künstler. Eben deshalb trägt das Buch nicht nur zur historischen Aufklärung bei,

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sondern auch zur Würdigung eines ganzen Berufsstandes, der ebenso wie die Künstler von finanziellen Impulsen und von idealen bzw. idealistischen Motiven geleitet wird. Bernhard Maaz Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München



I

Einführung: Eine Preussische Parade

„Die Menschen! Die Menschen sind wirklich ausgezeichnet – ausgezeichnet! Ich selbst, ich bin ausgezeichnet, mein herrliches Ich ist in den Pluralis getreten, ich bin wir geworden.“1 „Ich bin wir geworden.“ Mit dieser selbstbewussten Pointe kommentierte der Schriftsteller Adolph Glassbrenner die allgemeine Begeisterung, die Franz Krügers Gemälde „Parade auf dem Opernplatz (Eine preußische Parade)“ beim Berliner Kunstpublikum ausgelöst hatte (Abb. 1). Das großformatige Bild war im Herbst 1839 der Besuchermagnet auf der großen Kunstausstellung der Berliner Akademie. Dargestellt ist eine (fiktive) Militärparade, die Friedrich Wilhelm III. Unter den Linden, „drüben beim Blücherdenkmal“,2 mit seinen Prinzen und Generälen abhält. Das höfisch-militärische Zeremoniell verortet Krügers Bild in der vornehmsten akademischen Gattung, der Historienmalerei. Die begeisterte Reaktion der Zeitgenossen zielte auf die vielen, ungewöhnlich prominent platzierten Zuschauer der Parade ab, die nahezu den gesamten Bildvordergrund besetzen: „Was in diesem wichtigen Zeitraume, in welchem Berlin sich den Ruf der Metropole deutscher Intelligenz erworben hat, durch Rang und Stellung im Staat und im gesellschaftlichen Leben, in Wissenschaft und Kunst nach verschiedenen Richtungen hin in diesem Brennpunkte gesammelt hat, das tritt uns hier entgegen, erfasst mit vollendeter Lebenstreue“, schrieben die Berlinischen Nachrichten.3 Das kühne Bildkonzept hatte Krüger bereits bei einem früheren Paradebild erfolgreich umgesetzt: Die „Parade auf dem Opernplatz in Berlin (Eine Parade)“ war 1829/30 im Auftrag des russischen Zarenhofs entstanden.4 Hier war es Krüger schon einmal gelungen, die Konventionen höfischer Bildhierarchien zu unterwandern und den Repräsentanten der Bürgergesellschaft ein Forum in einem offiziellen Gemälde zu verschaffen. Auch in Krügers zweiter Darstellung, der „Preußischen Parade“, ist das militärische Herrschafts-Zeremoniell in den Bildmittel- und Hintergrund gerückt, um der versammelten Berliner Bürgerschaft den Platz vor der Neuen Wache im Vordergrund zu reservieren. Der Betrachter des Bildes wird so selbst zum Zuschauer am Ort des Geschehens: „Wir sehen die Parade mit s e i n e n [Franz Krügers, d. V.] Augen, sehen das lebendige, 1 2 3 4

Adolph Glassbrenner: Herr Buffey in der Berliner Kunstausstellung. Ein Lebensbild, Berlin 1839, H. 3, S. 12 und S. 121f.; hier zit. nach Franke 2007, S. 39. Anonym: „Franz Krüger (Nekrolog)“, in: Deutsches Kunstblatt, 8. Jg., Nr. 25, 18. Juni 1857, S. 215–218, hier S. 216. Anonym: „Die Ausstellung der Werke F. Krügers und W. Stiers in der königlichen Akademie“, in: Berlinische Nachrichten, Nr. 137, 16. Juni 1857; zit. nach Franke 1984, S. 209 bzw. Franke 2007, S. 39. Vgl. Ausst.-Kat. Krüger 2007, Nr. 99, S. 147, Abb. S. 148f. Renate Franke hat die Bedeutung der Paradebilder Franz Krügers in mehreren Publikationen überzeugend dargestellt; vgl. Franke 1984 und 2007.

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schau- und lebenslustige Berlin um seinen militärischen Kern versammelt, sehen seine Statuen, seine Linden, seine prächtige Architektur [...]. Wir sind mitten darunter, durch des Künstlers Gunst am glücklichsten Platz, und sehen von der Parade gerade soviel oder so wenig, als der Zuschauer in solchem Fall wirklich sieht, mit besserer Muße nur und in ausgewählter Gesellschaft“, hieß es auch im Deutschen Kunstblatt anerkennend.5 Auch Krügers zweites Paradebild war eine Auftragsarbeit, diesmal des preußischen Königshauses. Wahrscheinlich hatte Friedrich Wilhelm III. sogar selbst die Namen der etwa 250 Berliner Persönlichkeiten vorgegeben, die das Bürgertum gleichberechtigt neben der Regierung repräsentieren.6 Für die „Menge Portraits der bekanntesten Personen Berlins“, die „fast alle sprechend ähnlich“ seien,7 verschickte Krüger persönliche Einladungen, „behufs einer flüchtigen Skizze ihres Kopfes“ in sein Atelier zu kommen.8 Eine solche Einladung hatte auch der Kunsthändler Louis Friedrich Sachse (1798– 1877) erhalten. Die „flüchtige“ Porträtskizze, die Krüger von Sachse anfertigte, wird im Berliner Kupferstichkabinett aufbewahrt (Abb. 3). Sie zeigt den vierzigjährigen Sachse im strengen Profil nach links. Er trägt eine runde Brille, einen Zylinder und ein weißes Hemd mit Stehkragen unter Halstuch und Gehrock. Auf dem späteren Gemälde platzierte Krüger ihn mit gleicher Blickrichtung inmitten der den Linden am nächsten stehenden Gruppe des Vordergrundes (Abb. 2, Nr. 6). Etwa zur selben Zeit fertigte Krüger durchgearbeitete Kreidebildnisse sowohl von Louis Sachse als auch von dessen Frau Nanni an (Abb. 4 und 5). Auf den beiden gleich großen Halbporträts guckt das Ehepaar dem Betrachter selbstbewusst in die Augen. Louis Friedrich Sachse nahm eine zentrale Stellung im bürgerlichen Kunst- und Kulturstreben der Stadt ein.9 „Weit bekannt durch tausendfache Beziehungen, in die ihn sein Kunsthändlerberuf zu den Kunstdingen und Personagen [seiner] Zeit brachte“,10 bildete sein „Kunstsalon“ einen Mittelpunkt der frühen Kunstöffentlichkeit Berlins. Sachse hatte 1828 ein lithographisches Institut gegründet und dieses mit einer Handlung für Gegenwartskunst verbunden. 1853 eröffnete er in einer eigens erbauten Galerie die erste permanente Gemäldeausstellung der Stadt und setzte damit noch einmal 5

Anonym: „Franz Krüger (Nekrolog)“, in: Deutsches Kunstblatt, 8. Jg., Nr. 25, 18. Juni 1857, S. 215–218, hier S. 216. 6 Kenntnis von dieser Namensliste gibt der seit 1883 geführte und laufend ergänzte Generalkatalog der sich in den Königlichen Schlössern befindlichen Gemälde. Wie Franke konstatiert, sind die originalen „Erklärungsblätter“ seit 1945 verloren. Franke entdeckte in „Alt-Berlin“ (1904) jedoch eine vollständige Publikation der „Erklärungsblätter“; vgl. Franke 1984, S. 193–195 und S. 211–215. Ausführliche Darstellung, S. 193–257. 7 Vgl. Raczynski 1841, Bd. 3, S. 117. 8 Insgesamt sind 213 Einzelstudien erhalten. Viele dieser Studien sind mit der Unterschrift der Dargestellten versehen, was auf die Bedeutung hinweisen könnte, die dem Unternehmen beigelegt wurde; vgl. Franke 1984, S. 194f. Die Einladung für den Kunstsammler Joachim Heinrich Wagener ist publiziert in Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 230, Dok. 3. 9 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 259. 10 Anonym: „Louis Friedrich Sachse (Nekrolog)“, in: Vossische Zeitung, dritte Beilage, 12. März 1878, in: LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1.

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neue Impulse für die Kunstverhältnisse seiner Zeit. Sachses unermüdliches Engagement spiegelt sich in der Regelmäßigkeit der Nachrichten, die als Reaktion auf seine vielseitigen Tätigkeiten in diversen Zeitungen und Zeitschriften erschienen.11 Mit regem Eifer nahm er sich der Kunstdinge seiner Zeit an und suchte positiv auf ihre Entwicklungen einzuwirken. Seine bürgerlich-liberale Haltung übertrug Sachse in die Förderung und Verbreitung von Kunst als einen wesentlichen Teil der eigenen Lebenskultur. Bis weit in die zweite Jahrhunderthälfte hinein war „Sachses Kunstsalon“ der zentrale Ort für die Begegnung und Vermittlung von internationaler Gegenwartskunst in Berlin. Louis Sachses Wirksamkeit ist eng mit der Phase jenes gesellschaftlichen Umbruchs verbunden, von der auch Krügers „Zeitgeschichtsbilder“ erzählen.12 Das starke Bewusstsein für die Bedeutung der Gegenwart, in der aus dem „ich“ ein „wir“, in der „aus Untertanen Bürger“ wurden, hatte Krüger als „historischen Moment“ in einem offiziellen Bildkommentar zur eigenen Zeit manifestiert.13 Zahlreiche sozialgeschichtliche Studien haben aufgezeigt, dass der Prozess bürgerlicher Emanzipation und mit ihr der Übergang vom Ständestaat hin zu einer nach Klassen gegliederten Staatsbürgergesellschaft bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingesetzt hatte.14 Er sollte sich bis weit ins 19. Jahrhundert hineinziehen. Die wesentlichen Fortschritte fielen in die Zeit nach der napoleonischen Besatzung und den Befreiungskriegen und damit in die Zeit nach 1815.15 Forderungen nach parlamentarischer Mitbestimmung und eine allmählich erstarkende Industrie, die einen „Mittelstand“ heranzog, der nicht nur Reichtum, sondern auch Selbstbewusstsein anhäufte, begleiteten und forcierten diese Entwicklungen. Die Gründung der Universität 1810 mag stellvertretend für die Emanzipation der Wissenschaften stehen, deren kluge Vordenker sich auffällig zahlreich in Berlin versammelten. Die aufstrebende Gruppe von Bildungs- und Wirtschaftsbürgern trat zunehmend selbstbestimmt auf. Auch wenn der Hof das maßgebliche politische und gesellschaftliche Gewicht behielt, veränderten die immer deutlicher sichtbar werdenden und äußerst vielseitigen „bürgerlichen“ Aktivitäten das Gesicht der Stadt nachhaltig. Die zentrale Rolle, die die Kunst im „bürgerlichen Lebenshaushalt“ als „wesentliches Medium der Sinnstiftung in einer postreligiösen Zeit“ einnahm, wurde von Thomas Nipperdey als „Fundamentalereignis, das die Künste wie das Leben verändert hat“, be11 Regelmäßig findet sich Sachses Name etwa in den Wissenschaftlichen und Kunstnachrichten der von seinem Freund Samuel Heinrich Spiker herausgegebenen Berlinischen Nachrichten von Staatsund gelehrten Sachen (Haude und Spenersche Zeitung, im Folgenden: Berlinische Nachrichten) und in der Vossischen Zeitung, aber auch im Museum. Blätter für bildende Kunst, im Kunstblatt, im Deutschen Kunstblatt und in den Dioskuren. 12 Vgl. Franke 2007 und Franke 1984, S. 231–234. 13 Vgl. ebd., S. 35; sowie Franke 1984, S. 7–40. 14 Zur Begriffsbestimmung „Bürgertum“ und dessen sozialgeschichtlicher Einordnung vgl. vor allem Kocka 1987. Der beginnende Aufstieg des Bürgertums in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird beschrieben bei Vierhaus 1981 und Ruppert 1981. Über Kunst und Bürgertum vor allem Nipperdey 1988 und Gerlach 1994; Mäzenatentum 1993; Gaehtgens 1993 und 1998; Bürgerlichkeit, Wertewandel, Mäzenatentum 1999. 15 Vgl. Grossmann 1994, S. 15.

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schrieben.16 Auch Peter H. Feist stellte fest, dass „niemals sonst“ der Kunst „eine so zentrale und ausgezeichnete Bedeutung für die Bestimmung des menschlichen Wesens und für die Beförderung der Humanität im einzelnen Individuum wie in der Gesellschaft insgesamt beigemessen wurde“ wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und speziell in der Zeit des Vormärz.17 Die Rangerhöhung von Kunst und Künstler, der als „Sinnstifter“ in einer sich säkularisierenden Welt zu den „Idealen der aufstrebenden bürgerlichen Gesellschaft“ gehörte, ging mit der Forderung nach der ästhetischen Autonomie des Kunstwerks einher.18 Ein wesentlicher Ausdruck dieser Entwicklung war die Hervorbringung ebenjener Institutionen, die noch heute den Kunstbetrieb prägen: Museen und Ausstellungen, Kunstvereine, Kunstpublizistik – und der moderne Kunsthandel.19 Liegen für die erstgenannten Einrichtungen grundlegende Studien vor, wurde dem internationalen Handel mit Gegenwartskunst im 19. Jahrhundert bisher wenig Aufmerksamkeit zuteil. Dabei ergaben wissenschaftliche Studien etwa zum deutsch-französischen Kulturtransfer im auslaufenden 18. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg bereits wertvolle Erkenntnisse über rege geschäftliche und persönliche Beziehungen und damit einhergehend den Austausch von Wissen, Handelsware und Kunstobjekten.20 Für die Zeit nach der Reichsgründung (1870/71) ist jüngst eine Reihe von Publikationen erschienen, die bedeutende Kunsthändler vorstellen. Die Wirksamkeit etwa von Paul Cassirer, Alfred Flechtheim oder Herwarth Walden wurde als wichtiger Baustein für die Durchsetzung der Moderne in Deutschland gewürdigt.21 Die Anfänge eines international organisierten, „modernen“ Kunsthandels sind allerdings deutlich früher anzusetzen. Von Paris und London ausgehende Entwicklungen bildeten schon seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts die wesentlichen Voraussetzungen für das Heranwachsen eines überregionalen Kunstmarktes, der weder staatlichen noch höfischen Kontrollen unterlag. In Berlin wirkte Louis Sachse auf diesem

16 17 18 19

Vgl. Nipperdey 1988, S. 30. Vgl. Feist 1986, S. 113. Vgl. Grossmann 1994, S. 18–21 und S. 247–250. Vgl. ebd. Grossmann hat diese Beobachtung in seiner wichtigen Studie über die Sozialfigur des Künstlers in Preußen 1786 bis 1850 eindrücklich dargestellt. 20 Vgl. hierzu u. a. die rege Forschungstätigkeit des von Thomas W. Gaehtgens 1997 gegründeten „Deutschen Forums für Kunstgeschichte“ in Paris sowie die weitreichenden Untersuchungen zum Kunst- und Kulturtransfer im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts von Bénédicte Savoy, France Nerlich und anderen. Auf die für den hiesigen Kontext so wichtigen Untersuchungen speziell von Annette Schlagenhauff und France Nerlich wird unter „Zur Materialgrundlage und zum Forschungsstand“ am Ende dieses Kapitels noch näher eingegangen werden. 21 Jüngst erschienen (Auswahl): Durand-Ruel 2014; Ausst.-Kat. Sturm 2012; Kunstsalon Cassirer 2011/2013; Dascher 2011; Ausst.-Kat. Gute Geschäfte 2011; Ausst.-Kat. Cassirer 2006; Ausst.-Kat. Kahnweiler 1984/1986; außerdem Untersuchungen über Kunstsammler und -vermittler der Moderne, z. B. Pophanken/Billeter 2001; Heinen 2012.

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Gebiet als Pionier. Guido Joseph Kern erkannte bereits 1934 dessen Lebensleistung und bezeichnete Sachse zu Recht als den „Begründer des Berliner Kunsthandels“.22 Wie nun erstmals umfassend aufgezeigt wird, bestätigt sich Sachses Rolle auch im europäischen Vergleich. Sachse ist zu den Protagonisten der Gründergeneration eines institutionalisierten, international agierenden Handels mit Gegenwartskunst zu zählen und in einem Atemzug zu nennen mit wichtigen Pariser Kunsthändlern wie etwa JeanMarie-Fortuné Durand-Ruel oder Adolphe Goupil als auch bedeutenden Londoner Akteuren wie Rudolph Ackermann, Paul Colnaghi oder Joseph Gambart.23 Grundlegende strukturelle Voraussetzungen, die noch heute den Kunstmarkt prägen, gehen auf ihr Wirken zurück. Beinahe ein halbes Jahrhundert vor der Reichsgründung strebte Sachse bereits danach, Berlin als „Kunst-Hauptstadt“ und „Mittelstation im Gemäldeverkehr“ zu etablieren und so in eine Reihe mit der französischen und britischen Kunstmetropole zu stellen.24 Dabei ging es Sachse nicht um den Handel mit alter Kunst, die als Wertund Handelsobjekt sowohl eine eigene Tradition als auch eine Lobby besaß.25 Sachses ideale Vorstellung ging vielmehr dahin, in Berlin einen Markt für zeitgenössische Kunst zu begründen, der ähnlich wie in Paris die Kulturschaffenden seiner Zeit anziehen sollte. Auf diese Weise würden sich, so seine Hoffnung, nicht nur neue Absatzwege für Kunst 22 23 24 25

Kern 1934, S. 2. Zu den genannten Kunsthändlern vgl. Anhang 2. Vgl. Sachse 1865, S. 3. Es kann auf den Markt und den Handel mit alter Kunst im 19. Jahrhundert hier nicht näher eingegangen werden. Zweifelsohne ist auch auf diesem Gebiet noch eine Menge unbearbeitet. Für die Situation im friderizianischen Berlin legte Nina Simone Schepkowski mit der Darstellung der Wirksamkeit des Kunstagenten und Gemäldehändlers Johann Ernst Gotzkowsky (Berlin 2009) eine umfangreiche Studie vor. Seit dem frühen 19. Jahrhundert wurde der Kunsthandel mit alten Meistern im Zuge der Einrichtung der ersten Museen forciert. Zur gleichen Zeit etablierte sich die Kunstgeschichte als wissenschaftliche Disziplin. Die meisten der bedeutenden Vordenker und Kulturschaffenden haben sich sowohl mit alter als auch mit neuer Kunst beschäftigt, wie etwa Wilhelm von Humboldt, Franz Kugler oder Gustav Waagen, um nur einige wenige zu nennen. Immer aber wurde deutlich unterschieden zwischen der „Jetztzeit“ und den historischen Betrachtungen. Der Wert der alten Meister, allen voran der „altitalienischen“ und der „altdeutschen Schule“, war – im Gegensatz zur Beurteilung vieler Gegenwartskünstler – so gut wie unbestritten. Der Ankauf der Sammlung Giustiniani und deren Ergänzung durch die Sammlung Solly für die zu gründende Gemäldegalerie rief einvernehmlich Begeisterung hervor; vgl. Skwirblies 2009. Kunstagenten wie der Privatgelehrte und außerordentliche Kenner altitalienischer Malerei Carl Friedrich von Rumohr (1785–1843) wandten sich an Kunsthändler wie Johann Metzger in Florenz, der Ankäufe vor Ort durchführte; vgl. Ausst.-Kat. Rumohr 2010. Viele private Sammlungen zeugen davon, dass im frühen 19. Jahrhundert alte und neue Kunst häufig gemeinsam gesammelt wurde, die alte Kunst aber fast immer das Hauptinteresse darstellte. Reine Sammlungen zeitgenössischer Malerei bildeten sich hingegen erst allmählich heraus. Mit Spannung darf die Veröffentlichung der Dissertation von Robert Skwirblies erwartet werden: „,Questa roba farebbe figura in Germania‘. Altitalienische Malerei im Berlin des frühen 19. Jahrhunderts. Handel, Ausstellung und Wirkung“. Von früheren Publikationen, die sich mit dem Kunsthandel und speziell mit dem Handel alter Meister beschäftigen, soll hier beispielhaft angeführt werden: North 2001 und 1998.

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und Künstler erschließen, sondern das Wissen um die internationale Konkurrenz sollte sich auch positiv auf den Kunstsinn des preußischen Publikums und, vor allem, die Kunstproduktion selbst auswirken. Louis Friedrich Sachse wurde geboren am 12. Juli 1798. Er war das siebte Kind von Johann Christoph Ambrosius Sachse (1751–1808) und dessen zweiter Ehefrau Charlotte Françoise Louise, geb. Chevalier, genannt Lebrun (1769–1831). Die Familie Chevalier gehörte der französischen Kolonie an, der sich auch Ambrosius Sachse angeschlossen hatte. Der ursprünglich aus Dessau stammende Perückenmacher hatte 1780 „sein Meisterstück“ in Berlin gemacht, „doch die Mode wandelte sich; das einst so glühende Gewerbe erlosch und zwang ihn, sich einer anderen Tätigkeit zuzuwenden“, wie Ambrosius’ Urenkel Alfred Sachse in einem unveröffentlichten Manuskript 1943 vermerkte.26 Das Ablegen des „alten Zopfs“, ein Bild, das aufgrund seiner symbolischen Kraft in unzähligen Darstellungen und Karikaturen über den Aufbruch der alten in eine neue Zeit weite Verbreitung fand, hatte für Sachses Vater ganz konkrete Auswirkungen auf seine Lebensumstände. Nachdem er sich das Berliner Bürgerrecht erworben hatte, kaufte er 1803 „das Haus Jägerbrücke“ (später Jägerstraße 30) und damit jenes Grundstück, das die zentrale Wirkstätte seines Sohnes werden sollte (Abb. 6 und 7).27 Hier betrieb Ambrosius Sachse „einen Tabakhandel, den er von dem kranken Inhaber Hildebrandt gegen eine diesem zu zahlende Jahresrente übernahm, und fügte bald eine Lotterie-Kollekte und Geldwechsel hinzu“.28 Nach dem verfrühten Tod ihres Ehemannes im Jahre 1808 führte die Witwe das Geschäft weiter. Der deutsch- und französischsprachig erzogene Louis Friedrich Sachse besuchte zu dieser Zeit das Friedrich-Werdersche Gymnasium, das er 1815 mit Abitur verließ, „um die Universität zu beziehen“, wie Alfred Sachse überliefert.29 Um seine Mutter und seine Geschwister neben seinem Studium zu unterstützen, fertigte er „schriftliche Arbeiten für den Verwalter des Fürsten Hardenberg“ an.30 Leider ist heute weder bekannt, ob und was Louis Sachse tatsächlich studierte, noch um welche Arbeiten für das Ministe26 Vgl. Sachse 1943, S. 4. 27 Aus dem Berliner Bezirks-Lexikon Mitte (Edition Luisenstadt, Berlin 2002) ist zu erfahren: „ Das Wohn- und Geschäftshaus wurde nach einem Entwurf von Georg Christian Unger (1743–1799) erbaut. Im H. ist im Kern die Anlage der Jägerbrücke mit den Jägerkolonnaden von 1782 enthalten, die über dem einstigen Festungsgraben des 17. Jahrhunderts errichtet worden waren. Durch mehrere Überarbeitungen - u.a. 1829 durch Friedrich Wilhelm Langerhans (1780–1851) - ist das ursprünglich zweigeschossige Haus in seinem Erscheinungsbild heute verändert. Das H. hat eine glatt verputzte sechsachsige Fassade mit hellgrauen Fensterspiegeln. Durch eine Aufstockung ist das Gebäude dreigeschossig und mit einem Mansarddach versehen. In der DDR diente es dem DEFA-Studio für Dokumentarfilme. Nach Umbau und Sanierung 1995 bis 1999 nutzt der Fernsehsender SAT 1 das Haus. Das Gebäude ist denkmalgeschützt“; vgl. http://www.luise-berlin.de/lexikon/mitte/h/haus_jaegerstrasse_29_31.htm. Kulturdenkmal Berlin, Obj.-Dok.-Nr. 09030035. 28 Vgl. Sachse 1943, S. 4. 29 Vgl. ebd., S. 5. 30 Vgl. ebd.

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rium es sich genau gehandelt hat. Belegt ist, dass Sachse ab 1819 auch für Hardenbergs Mitstreiter und späteren Konkurrenten Wilhelm von Humboldt Schreibarbeiten ausführte. Nachdem dieser im selben Jahr aus dem Staatsdienst entlassen worden war und sich fortan seinen Sprachstudien in Tegel widmete, arbeitete der gerade einundzwanzigjährige Sachse als Humboldts Privatsekretär.31 Möglicherweise war es neben Sachses „schöner Schrift“ sein nachgewiesenes Interesse für Literatur und naturwissenschaftliche Sammlungen, die den jungen Studenten bei Humboldt empfohlen hatten. In Briefen an seine Frau Caroline erwähnt Humboldt Sachses Geschick beim Schmetterlingefangen, der Arbeit „an den amerikanischen Sprachen, die unter meinen und Herrn Sachses Händen sehr vorrücken“ oder beim Abschreiben von Gedichten.32 Anfang des Jahres 1822 fand die vermeintliche Arbeitsidylle ein abruptes Ende. Aufgrund der Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung wurde Louis Sachse der „demagogischen Umtriebe“ angeklagt und zu sechs Jahren Festungshaft verurteilt. Anderthalb Jahre saß er in der Berliner Hausvogtei und noch einmal so lange in Magdeburg fest, bis er im Dezember 1824 frühzeitig freigesprochen wurde. An eine akademische Karriere oder gar Beamtenlaufbahn war nun nicht mehr zu denken. Sachse gelang ein Richtungswechsel. Die Haftzeit hatte er zum Lesen, Nachdenken und Verfassen eigener Aufsätze genutzt. In einem umfangreichen Manuskript befasste er sich mit dem „Einfluß des Handels auf die Wissenschaften und Künste im Mittelalter und das Begründen einer allgemeinen europäischen Kultur“. Annette Schlagenhauff hat auf die Bedeutung dieser frühen Arbeit für Sachses Denk- und Lebenskonzept bereits hingewiesen.33 Nach der Haftentlassung ging Sachse als Lehrling ans Königliche Lithographische Institut in Berlin (1825/26). Nebenher führte er weiterhin Schreib­ arbeiten und Lithographien für Humboldt aus. Das Flachdruckverfahren als künstlerisches Medium, das Sachse vorrangig interessierte, war hierzulande jedoch noch wenig entwickelt. Sachse erkannte bald, dass ihn nur eine weiterführende Ausbildung in Paris und München, den damaligen Zentren der künstlerischen Lithographie, an sein Ziel bringen würde: Er wollte ein eigenes lithographisches Institut in Berlin gründen. Ausgestattet mit Empfehlungsschreiben u. a. von Wilhelm und Alexander von Humboldt sowie einem Kredit seines Magdeburger „Schwiegeronkels“ Henri L’Hermet studierte Sachse 1827 für ein gutes halbes Jahr in der Pariser Filiale des Steindruck-Erfinders Aloys Senefelder. Im direkten Anschluss ging er für zwei Monate nach München in dessen persönliche Lehre. Zurück in Berlin setzte Sachse sein Vorhaben umgehend in die Tat um. Im Juni 1828 eröffnete er das lithographische Institut L. Sachse & Co., das er nach Pariser Vorbild und mit ebendort ausgebildeten Lithographen und „Kunstdruckern“ einrichtete. Die neue Anstalt entwickelte sich schnell zu einem Zentrum der „lithographi-

31 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 261. 32 Zit. nach Sachse 1943, S. 5. 33 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 262.

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schen Kunstparthie“ in Preußen.34 Sachse förderte alte und junge Talente und führte den künstlerischen Steindruck in Berlin zu einer Blütezeit. Er hatte die Bedeutung des modernen Druckverfahrens für die Ausübung und Verbreitung der Kunst erkannt. Der chemische Flachdruck erlaubte den Künstlern, mit freier Hand direkt auf den Stein als Druckträger zu zeichnen. Dazu ließen sich die Kompositionen in nahezu unbegrenzter Anzahl und wesentlich kostengünstiger und schneller vervielfältigen als bei traditionellen Druckpraktiken. Entsprechend förderte die Lithographie wie kaum ein anderes Verfahren die Auseinandersetzung mit aktuellen Kunstströmungen in Europa. Der erste der drei Hauptteile dieses Buches, „Sachse und die Lithographie“, befasst sich mit der Bedeutung der künstlerischen Lithographie in der ersten Jahrhunderthälfte. Thematisiert wird Sachses eigene Ausbildung zum Lithographen in Paris und München, die eine wichtige Voraussetzung für seine zukünftige Wirksamkeit als Verleger und Graphikhändler bildet. Des Weiteren wird Sachses lithographisches Institut als frühes Zentrum für die künstlerische Lithographie in Berlin vorgestellt. Von Anfang an sah Sachse eine wesentliche Aufgabe darin, über die Lithographie den künstlerischen Austausch auf nationaler wie internationaler Ebene zu fördern. Die in seinem Institut entstandenen Graphiken stellte er zusammen mit neuesten Kunstblättern aus Frankreich, bald aber auch aus vielen anderen deutschen und europäischen Ländern in seinem Ladengeschäft aus. Gleichzeitig bemühte er sich erfolgreich darum, die jüngsten „Leistungen der lithographischen Kunstparthie“ auch auf den großen Kunstausstellungen der Berliner Akademie zu präsentieren und über die Landesgrenzen hinaus zu vermitteln. Sachse wusste, dass der Anschluss seines Kunstverlags an den europäischen Graphikmarkt nur zu realisieren war, indem er sich von Paris bis London, von Warschau bis Wien ein eigenes Bild machte. Seine unermüdliche Reisetätigkeit entwickelte und verfeinerte sein Verständnis für das aktuelle Kunstgeschehen. So baute Sachse enge Kontakte zu wichtigen Verlegern und Kunsthändlern, Künstlern und Sammlern auf. Bald gab er aufwendige Lithographiewerke gemeinsam mit den bedeutendsten ausländischen Verlagshäusern heraus. Einige druckgraphische Arbeiten des frühen Adolph Menzel, als dessen Entdecker und Förderer Louis Sachse gelten darf, mögen das künstlerische Gespür und die Verantwortung des Institutsbesitzers für junge Talente verdeutlichen. Auch dem bereits erfolgreichen Porträtmaler Franz Krüger war Sachses lithographisches Institut für die Vermittlung und Verbreitung seiner Werke sowie für das eigene Studium zeitgenössischer Kunstströmungen willkommen. Dabei war es vielleicht tatsächlich eine „Ironie des Schicksals“, wie Gerd Bartoschek schrieb, dass Sachse im Herbst 1839 – genau in jenen Wochen, in denen Krügers „Preußische Parade“ das Berliner Publikum begeisterte – die Fotografie als bald stärkste Konkurrenz der Porträtmaler in die Stadt holte.35 Louis Sachse hatte im Jahr zuvor die persönliche Bekanntschaft mit Louis-Jacques Daguerre 34 Vgl. Zedlitz 1834, S. 426. 35 Vgl. Bartoschek 2007, S. 13f.

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(1787–1851) gemacht. Daguerre war es gelungen, Bilder in einer Camera obscura auf einer mit Silber beschichteten Kupferplatte zu fixieren. Unmittelbar nach der öffentlichen Bekanntgabe des epochemachenden Verfahrens durch die französische Akademie der Wissenschaften im August 1839 präsentierte Sachse die ersten Daguerreotypien und französischen Kameras in Berlin. Die Frühzeit der durch Sachse in Preußen eingeführten Fotografie wird im zweiten Hauptteil dieses Buches, „Sachse und die Fotografie“, beleuchtet. Die damalige Auffassung, dass das Daguerreotypieren – obwohl sich nur Unikate herstellen ließen – erneut eine moderne Drucktechnik bezeichnete, wird im Umfeld von Sachses lithographischem Institut augenfällig. Sachse verkaufte nicht nur die nötigen Apparaturen, sondern erkannte den Nutzen der „durch die Natur“ detailgenau „gezeichneten“ Lichtbilder als Vorlage für Lithographien.36 Er selbst betätigte sich erfolgreich als einer der ersten Fotografen in Berlin. Seine erstaunlich frühen Porträtaufnahmen machten ihn nochmals zum Pionier. Zur selben Zeit brachte er die erste Voigtländerkamera aus Wien in die preußische Hauptstadt, die das Porträtieren erheblich erleichtern und den ersten Berufsfotografen das Feld bereiten sollte. Im dritten Hauptteil dieses Buches, „Sachse und die zeitgenössische Malerei“, wird Sachses Wirksamkeit für die Gegenwartsmalerei in Berlin untersucht. Die wichtigste Gelegenheit für Berliner Künstler, ihre Werke innerhalb Berlins vor großem Publikum zu präsentieren und zu handeln, bot die alle zwei Jahre stattfindende Große Kunstausstellung der Akademie. Um einen zusätzlichen Absatzweg zu schaffen, war 1825 unter Vorsitz von Wilhelm von Humboldt der „Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate“ gegründet worden. Der Kunstverein investierte die eingenommenen Mitgliedsbeiträge in Werke Berliner Gegenwartskünstler und verloste die so finanzierten Arbeiten einmal pro Jahr unter seinen Mitgliedern. Sachses ständige Reisen und seine regen Beziehungen, speziell zum lebendigen Kunstbetrieb in Paris, führten dem weltoffenen Institutsbesitzer die insgesamt noch eher provinziellen Verhältnisse seiner Heimatstadt vor Augen. Die Ausstellungsmöglichkeiten für hiesige Künstler waren begrenzt. Zeitgenössische Produktionen aus dem Ausland wurden in der preußischen Hauptstadt kaum gezeigt. Dem Berliner Publikum und den ortsansässigen Kunstschaffenden war die internationale Gegenwartskunst – solange man keine Reise auf sich nahm – fast nur über Reproduktionen und Graphiken bekannt. Missstände wie diese waren immer wieder beklagt worden, vor allem von den nach Paris und London gereisten Künstlern: Hier waren die großen Ateliers zu finden, die Schüler aus der ganzen Welt anzogen. Bereits 1818 wurde dem Louvre mit der Neueinrichtung des Musée du Luxembourg ein erstes Museum für Gegenwartskunst zur Seite gestellt. Hinzu kamen die jährlichen Ausstellungen der einflussreichen Akademien und wichtige 36 Die zeitgenössischen Kommentare über die frühe Fotografie sprechen von der Natur, die sich über das Licht in der Kamera selbst zeichnet. Das Fixieren dieser Lichtbilder auf mit Silber überzogenen Metallplatten wurde mit dem Vorgang des Gravierens verglichen, wie man es von Kupferstichen her kannte; vgl. Kapitel III: „Phänomen und Fortschritt. Sachse und die Fotografie“. Die Idee von der Natur, die die Zeichenfeder selbst führt, findet sich auch bereits bei Talbot 1844.

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offizielle Einrichtungen wie die Royal Society of the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce (gegründet 1754, kurz Royal Society of Arts) in London und die Société d’Encouragement pour l’Industrie Nationale (gegründet 1801) in Paris, die die zeitgenössische Kunstproduktion förderten. In Berlin wurde mit der Eröffnung des ersten Museums 1830 zwar den alten Meistern ein dauerhafter Ausstellungsort zugewiesen, nicht aber der Gegenwartskunst. Auf dem freien Markt dominierte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in den Kunstmetropolen Paris und London noch der Graphikhandel. Parallel zeichneten sich jedoch Entwicklungen ab, die Künstlern neue Absatzwege für ihre Originale eröffneten. Malartikel- und Luxuswaren-Geschäfte und bald auch die ersten Kunstverlage boten neben ihrem eigentlichen Sortiment vermehrt zeitgenössische Kunstwerke zum Verkauf an. In Paris wurde die wachsende Anzahl von Händlern, die sich der Gegenwartskunst annahmen, seit Beginn der 1830er Jahre als neue Branche wahrgenommen. In London hatte die private Society of Watercolours schon 1804 ein erstes eigenes Ausstellungs- und Verkaufslokal eingerichtet, das sich schnell als gesellschaftlicher Treffpunkt etablierte. Daneben begannen auch hier verschiedene Geschäfte, mit zeitgenössischer Kunst zu handeln, Ausstellungen zu organisieren und mit Geschäftspartnern auf dem europäischen Festland, insbesondere Paris, zu kooperieren. Die Zahl privater Händler, die Gegenwartskunst in einem eigenen Verkaufslokal anboten, blieb bis zur Jahrhundertmitte allerdings überschaubar. Die Akademien spielten im damaligen Kunstsystem nach wie vor die maßgebliche Rolle. Der Geschäftssinn einiger unabhängiger Kunsthändler – oft gepaart mit persönlichem Engagement für die Kunst und Künstler ihrer Zeit – stellte jedoch allmählich jene Vertriebsstrukturen und Vermittlungspraktiken vor, die die Grundlagen eines frei von offiziellen Kontrollen agierenden, internationalen Kunstmarktes bilden sollten. Einer dieser Pioniere war Louis Sachse. Schon 1834 brachte er erstmals nicht nur Lithographien, sondern bereits gut 70 Aquarelle und kleinere Ölgemälde populärer wie unbekannter zeitgenössischer Künstler aus Paris mit in die preußische Hauptstadt. Den in seinem lithographischen Institut begonnenen künstlerischen Austausch führte Sachse nun konsequent auch mit den Originalwerken aktueller Malerei fort. Er vermittelte Arbeiten von Berliner Künstlern ins Ausland, hauptsächlich nach Paris, und stellte Gemälde und Aquarelle internationaler Künstler sowohl in seinem Salon als auch auf den großen Kunstausstellungen der Akademie vor. Die enorme Belebung des zeitgenössischen Kunstbetriebes, der dem preußischen Publikum neueste Originale aus dem Ausland bislang nur selten vorgestellt hatte, spiegelt sich in vielen Zeitungsberichten jener Jahre wider. Die Akademieausstellung von 1836 sollte die erfolgreichste des gesamten Vormärz werden, auch aufgrund der von Sachse vermittelten nie dagewesenen Anzahl französischer Gemälde. Der berühmt gewordene Ausspruch des noch jungen Adolph Menzel, die Pariser Malerei möge in Berlin eine Revolution hervorbringen, ist auf dieses Ausstellungsereignis bezogen.37 37 Adolph Menzel an Carl Heinrich Arnold in Kassel; Berlin, den 29. Dezember 1836: „Der wirklich geistvolle und gediegene Materialismus der jetzigen Franzosen (derer die die Schule geprägt

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Sachses frühe Karriere als Kunsthändler, seine Erfolge, aber auch sein von offizieller Seite bald kritisch beäugtes Engagement für die Etablierung eines Marktes für internationale Gegenwartskunst in Berlin, stehen im Zentrum des ersten Teilabschnitts über „Sachse und die zeitgenössische Malerei“. Die Parallelität von Sachses Wirksamkeit mit den Entwicklungen in Paris macht sein außerordentliches Gespür und sein Verständnis für das aktuelle Kunstgeschehen deutlich. Zeitlich werden knapp 20 Jahre umrissen. Die Eckdaten bilden Sachses erste Präsentation französischer Malerei in Preußen im Jahr 1834 und die Eröffnung seiner permanenten Gemäldeausstellung im Jahr 1853. Nach der Niederschlagung der Unruhen im März 1848 hatte sich das politische und geistige Klima in Preußen stark verändert. Man dachte konservativ und spürte Polizei-Präsenz. Die Liberalisierung der Wirtschaft und der Ausbau der Infrastruktur brachten der Industrialisierung ab 1850 hingegen einen enormen Entwicklungsschub. In Paris nahm das unabhängige Kunstleben noch deutlicher als anderswo an Fahrt auf. Galerien und Ausstellungen waren in den Straßen der Seinemetropole schon mit Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nichts Ungewöhnliches mehr. Aber auch in anderen europäischen Städten etablierte sich allmählich das private Geschäft mit zeitgenössischer Kunst. In Berlin gelang dem mittlerweile fünfundfünfzigjährigen Sachse erneut ein Coup: Im Sommer 1853 eröffnete er die erste permanente Gemäldeausstellung für internationale Gegenwartskunst. In einem eigens errichteten Galeriegebäude präsentierte er dem Publikum ein breit gefächertes Programm in- und ausländischer Künstler. Die meisten der ständig wechselnden Exponate standen zum Verkauf. Die neue Einrichtung bewirkte noch einmal eine spürbare Belebung des aktuellen Berliner Kunstgeschehens. Sachses Vermittlungs- und Verkaufspraktiken werden im zweiten Teilabschnitt zu „Sachse und die zeitgenössische Malerei“ untersucht. 1857 führte Sachse seinen Sohn Louis Alfred (1834–1897) in die Geschäfte ein. In den Jahren 1861–65 übernahm der Junior sukzessive die Leitung der Firma L. Sachse & Co. Es ist anzunehmen, dass der Senior beratend tätig blieb. Der Zeitenwandel vor und nach der Reichsgründung 1870/71 stellte das Unternehmen vor große Herausforderungen, denen man mit verschiedenen Maßnahmen entgegentrat. Ein hauseigenes Korrespondenzblatt wurde herausgegeben und regelmäßige Wanderausstellungen organisiert. Das Stammhaus in der Jägerstraße wurde aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten verkauft und ein neues Gebäude in der Taubenstraße für „Sachses Internationalen Kunstsalon“, vormals „Sachses Permanente Gemälde-Ausstellung“, errichtet. Mit der Wiedereröffnung im Frühjahr 1874 wurde in den Hauptstadtgazetten von der „schönsund zum Theil geschaffen haben) eines Gudin, Roqueplan, Coignet, zum Theil Watelet, Le Poittevin werden hier eine Revolution hervorbringen, in welcher diejenigen, die da glauben, Buntmalen sei brillant, und geschmiert geistreich gemalt, untergehen werden, was nicht schaden kann, und die kräftig genug sind sie zu überstehen, werden gewiß besser daraus hervorgehen ...“; vgl. Keisch/Riemann-Reyher, Menzel Briefe 2009, Bd. 1, S. 89. Außerdem Kapitel IV.1, „Berlins kleines Luxembourg (1834–1853)“.

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ten Kunsthalle Berlins“ gesprochen.38 Dennoch war der neuen Einrichtung keine lange Lebensdauer beschieden. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen die Besitzer schon anderthalb Jahre später, das Haus zusammen mit allen Einrichtungsgegenständen inklusive der Kunst zu versteigern. Der abschließende dritte Teilabschnitt zu „Sachse und die zeitgenössische Malerei“ ordnet Sachses Lebensleistung für den damaligen Berliner Kulturbetrieb ein. Beleuchtet wird sein Kunsthandel vor dem Hintergrund der in Berlin geführten bildungspolitischen Debatten um museale Einrichtungen. Des Weiteren wird Sachses permanente Gemäldeausstellung hinsichtlich der öffentlichen Diskussion über die Gründung einer Nationalgalerie betrachtet. Zu Recht darf Louis Sachse als „Begründer des Berliner Kunsthandels“ bezeichnet werden. Sein ebenso bemerkenswertes wie weitreichendes Engagement, die Landeshauptstadt Berlin als internationalen Versammlungsort aktueller Kunstströmungen zu etablieren, macht Sachse zu einem Vordenker und Vorläufer bedeutender Kunsthändler, Galeristen und Kulturschaffender bis in die Gegenwart. Zur Materialgrundlage und zum Forschungsstand:

Die wichtigste Quelle für das vielseitige Wirken Louis Sachses bewahrt das Berliner Landesarchiv (LAB). Der Enkel des Kunsthändlers, Alfred Sachse (1869–1945), trug in den 1920er und 1930er Jahren den Familiennachlass zusammen, den er 1943 dem Märkischen Museum übergab und der zwei Jahre später vom Landesarchiv übernommen wurde (archiviert unter LAB, E. Rep. 200-03). Wie in dem dieser Arbeit angehängten Archivalienverzeichnis aufgelistet ist, umfasst der aus handschriftlichen und gedruckten Quellen bestehende Nachlass heute noch 31 Faszikel. Sie enthalten in erster Linie Briefe, aber auch Zeitungsausschnitte, Manuskripte, Aufsätze, Zeichnungen, Diplome, Poesiealben und einiges mehr. Die leider nicht vollständige, aber immer noch sehr umfangreiche persönliche Korrespondenz Louis Sachses mit seiner Familie und das ausführliche Maschinenskript Alfred Sachses von 1943 über das Wirken seines Großvaters, das die Transkription einer Reihe später verloren gegangener Dokumente überliefert, stellen die ergiebigsten Quellen dar. Aus dem eigentlichen Familienarchiv haben sich nur Bruchstücke erhalten. Am meisten zu bedauern ist der Verlust von Geschäftskorrespondenzen (wohl bereits im Zuge der Firmenauflösung 1876) und sämtlicher Geschäftsbücher. Annette Schlagenhauff stellte in einem grundlegenden Aufsatz im Jahrbuch der Berliner Museen 2003 bereits den Familiennachlass als auch die Lebensleistung Louis Sachses vor und publizierte zwei zentrale Schriftstücke aus dem Maschinenskript von Alfred Sachse. Zum einen handelt es sich hierbei um das von Alfred Sachse transkribierte Dokument „Beitrag zu der Übersicht des Entwicklungsganges der Photographie mit Be38 Anonym: „Sachses Kunstsalon“, in: Beilage zu Nr. 126 der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung, Berlin, 3. Juni 1874.

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zug auf ihren Ursprung aus der Daguerre’schen Erfindung im Berliner Fremdenblatt 1865“.39 Sachses Sohn Louis Alfred hatte diese quellenreiche Darstellung über den bedeutenden Anteil seines Vaters an der Einführung der Fotografie in Berlin für eine Veröffentlichung im Berliner Fremdenblatt vorgesehen. Zum anderen publizierte Schlagenhauff das ebenfalls von Sachses Enkel transkribierte Reisetagebuch seines Großvaters.40 In Kalenderform sind hierin tägliche Notizen während der 16 Reisen zu finden, die Louis Sachse zwischen 1834 und 1861 in die Kunststädte Europas führten. Schlagenhauff nahm an, dass das originale Reisetagebuch verloren gegangen war, weshalb sie die Transkription von Alfred Sachse veröffentlichte. Im Zuge der Recherchen im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) konnte das originale Reisetagebuch von Louis Sachse wieder aufgefunden werden (GStA PK, VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie, C, Familienarchive und Nachlässe, Einzelstücke, Nr. 92, Bl. 52–191). Der abgenutzte braune Ledereinband und die gewissenhaft geführten Kalendereinträge vermitteln einen lebendigen Eindruck dieses für Sachses Wirken so zentralen Notizbuchs im Taschenformat (Abb. 8). In den Anhängen 1 und 2 wird dem Leser der nachfolgenden Darstellungen nicht nur der ständige Zugriff auf Sachses Notizen ermöglicht, sondern ihm wird erstmals ein Lexikon der Kunsthändler an die Hand gegeben, die zeitgleich mit Louis Sachse wirkten und mit denen dieser (in den meisten Fällen) persönlichen Kontakt pflegte: Jeweils hinter dem Personennamen ist der entsprechende Eintrag aus Sachses Reisetagebuch in Kursivschrift wiedergegeben, daran anschließend wird jeder Kunsthändler kurz vorgestellt. Dieser alphabetische Katalog internationaler Kunsthändler, -verleger und Galeristen der Jahre 1820 bis 1880 versteht sich zugleich als Nachschlagewerk und Grundlage für weitere Forschungen auf diesem Gebiet. Zusammen mit Sachses originalem Reisetagebuch konnte am selben Ort eine weitere schöne Entdeckung gemacht werden: eine Stereo-Daguerreotypie, sorgsam eingebunden in eine mit Samt ausgelegte Schatulle, die Sachse und seine Frau Nanni zeigt (Abb. 9 und 10).41 Das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz bewahrt darüber hinaus jene Ministerial-Akten, die Sachses rege Auseinandersetzung mit öffentlichen Behörden, insbesondere dem Kultusministerium, belegen. Eingesehen wurden die im Archivalienverzeichnis angeführten Dokumente des Königlichen Geheimen Zivilkabinetts HA I, Rep. 76 Ve: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten (Kultusministerium) sowie HA I Rep. 77: Ministerium des Inneren und HA I, Rep. 89: Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode. Das überaus reiche Quellenmaterial ist zu einem großen Teil in die vorliegende Arbeit eingeflossen.42 39 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 291–294. 40 Vgl. ebd., S. 281–290. 41 Ich danke dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, insbesondere Dr. Ingeborg Schnelling-Reinicke und Christine Ziegler, für die schönen Reproduktionen und die wertvolle und freundliche Unterstützung. 42 Bedauerlicherweise konnten nicht alle Vorgänge in dieser Arbeit Berücksichtigung finden. Von wesentlicher Bedeutung war Sachses Engagement für das erste Gesetz „zum Schutz des Ei-

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Neben mehreren Akten aus dem Historischen Archiv der (Preußischen) Akademie der Künste (PrAdK) in Berlin, die wertvolle Korrespondenzen und Dokumente über Sachses Beziehung zur Berliner Kunstakademie bereithalten, beschreiben Autographen auch aus diversen weiteren deutschen Bibliotheken und Archiven den Umgang Louis Sachses mit Künstlern, Sammlern und Persönlichkeiten des damaligen Kulturbetriebes. Darüber hinaus bietet das gedruckte Material eine reiche Quelle. Die Berliner Zeitungen berichteten ebenso regelmäßig über Sachse wie die wichtigsten Kunstzeitschriften jener Jahre: Das von Franz Kugler redigierte Museum – Blätter für bildende Kunst (1833–1937), das von Ludwig Schorn herausgegebene Kunstblatt (1816–1849), das von Friedrich Eggers verlegte Deutsche Kunstblatt (1850–1858) und die von Max Schasler herausgebrachten Dioskuren (1856–1875). Über die reichen handschriftlichen und gedruckten Quellen hinaus bot die große Zahl der erhaltenen Kunstblätter aus dem Institut von L. Sachse & Co. eine wertvolle Betrachtungsgrundlage. Allein in der Graphiksammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin werden über 1000 druckgraphische Blätter, überwiegend Lithographien, aus Sachses Institut aufbewahrt. Hinzu kommen unzählige Blätter aus weiteren öffentlichen Sammlungen, wobei der „Sachse-Bestand“ in der Porträtsammlung der Humboldt-Universität und im Berliner Kupferstichkabinett besonders berücksichtigt wurde. Zudem konnten auch einige Daguerreotypien ausgemacht werden, die entweder Sachse selbst erstellt haben soll, wie die im Bilderkatalog erstmals gezeigten Aufnahmen aus dem Dresdner Kupferstichkabinett, oder die den Trockenstempel aus seinem Institut tragen, wie eine vor einigen Jahren im Kunsthandel aufgetauchte Papierfotografie. Das deutsch-französische Doktorandenkolleg (DFDK) ermöglichte einen längeren Rechercheaufenthalt in Paris. Das Département des Estampes der Bibliothèque nationale de France (BnF) bewahrt eine ganze Reihe lithographischer Blätter, die entweder von Sachse im Alleingang oder gemeinsam mit Pariser und Londoner Verlegern, in Paris meistens dem Maison Goupil, herausgegeben wurden. Die Möglichkeit zum vergleichenden Betrachten der Lithographien von Berliner und Pariser Künstlern und Verlagen war wertvoll und aufschlussreich. Die Pariser Bibliotheken halten zudem unzählige Galerie- und Auktionskataloge damals relevanter Kunsthändler zur Einsicht bereit. Das Centre Historique des Archives Nationales (CHAN) ermöglichte einen Einblick in die Dossiers der Pariser Druckereibesitzer und Buchhändler. genthums von Werken der Wissenschaft und der Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung“ in Preußen (1837), das er zusammen mit George Gropius, C. G. Lüderitz, Julius Kuhr und Schenk & Gerstäcker schon im Oktober 1834 schriftlich beim Kultusministerium angeregt hatte; vgl. GStA PK, HA I, Rep. 76 Ve, Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3 sowie das aus dieser Initiative der Händler angeregte Gesetz, in: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten, Nr. 22, S. 165–171. Auch in verschiedenen privaten Briefen (vgl. LAB, E. Rep 200-03, Nr. 3) untermauert Sachse seine Überzeugung von der Bedeutung der Initiative und dem Fortgang der Vergandlungen; vgl. auch Schlagenhauff 2003, S. 276f. Das Problem der Urheberrechte für Bilder wird in Kapitel IV.1.a „Gewagte Versuche / Gegenwind“ und Kapitel IV.2.a „Ein kühner Plan / Neue Maßstäbe“ noch einmal kurz angesprochen werden.

I Einführung: Eine Preussische Parade  | 27

Viele Quellen und eine ganze Reihe der hier publizierten Lithographien, Kupferstiche und Fotografien werden in der vorliegenden Untersuchung erstmals zugänglich gemacht. Dennoch ist dies nicht die erste Arbeit, die Sachses Wirksamkeit beleuchtet. Es liegen zwei hervorragende Publikationen vor, in denen Sachse als Vermittler französischer Malerei nach Berlin bereits prominent vertreten ist. 2001 kam in London die Dissertation von Annette Schlagenhauff: „Capital Concerns. German Perception of French Art and Culture in Berlin (1830–1855)“ heraus. Louis Sachse ist hier ein eigenes Kapitel gewidmet, das ihn als Händler französischer Malerei in Berlin vorstellt. Schlagenhauff veröffentlichte etwa zur selben Zeit außerdem zwei Aufsätze zu Sachse: einen, wie erwähnt, in den Berliner Jahrbüchern 2003 und einen weiteren in dem Sammelband von Fleckner/Schieder/Zimmermann, „Jenseits der Grenzen“, worin Schlagenhauff über die Präsentation von Pauls Delaroches berühmtem Gemälde „Hémicycle“ in Sachses Salon referiert.43 2010 erschien in Paris die Dissertation von France Nerlich: „La peinture française en Allemagne (1815–1870)“, die Louis Sachse ebenfalls in seiner Funktion als Überbringer französischer Malerei nach Berlin einen breiten Raum einräumt.44 Viele Recherchen zu der hier vorliegenden Studie waren bereits abgeschlossen, als Einsicht in die wertvollen Dissertationen von Schlagenhauff und Nerlich genommen werden konnte. Hinsichtlich des Aspekts der von Sachse in Berlin gezeigten französischen Malerei mögen sich daher einzelne Überlegungen wiederholen, die dort bereits dargestellt wurden. Dieser Bereich ist jedoch für das Wirken Louis Sachses so zentral, dass hierauf nicht verzichtet werden konnte. Insbesondere für das Kapitel IV.1 a sei daher ausdrücklich auf die entsprechenden Kapitel in den wichtigen Untersuchungen von Nerlich und Schlagenhauff hingewiesen. Das vorliegende Buch stellt das Engagement Louis Sachses für die Institutionalisierung eines Marktes für internationale Gegenwartskunst in Berlin nun erstmals umfassend vor. Die Aufmerksamkeit wird nicht ausschließlich auf französische Malerei, sondern wesentlich auch auf Lithographie und Fotografie gerichtet, zudem werden andere Länder, vor allem England, Holland und Belgien, mit einbezogen. Das vorrangige Interesse gilt der frühen Entwicklung des europäischen Marktes für zeitgenössische Kunst. In wissenschaftlichen Abhandlungen über die Kunst im vormärzlichen Berlin wird Sachse, dessen Wirksamkeit seinerzeit überaus präsent war, wiederholt erwähnt, etwa in Joachim Grossmanns grundlegender Darstellung über „das Leben und die Arbeit der Maler in Preußen 1786–1850“ (1994).45 Darüber hinaus fand Louis Sachse Eingang in die Veröffentlichungen von Kerstin Bütow, die über die frühe Gebrauchs- und Gelegenheitsgraphik Adolph Menzels promovierte (1994). Bütow verfasste in diesem Zusammenhang ebenfalls zwei kleinere Artikel zu Sachse für das Museumsjournal (1996 und 1997).46 43 44 45 46

Vgl. Schlagenhauff 2000. Vgl. Nerlich 2010, hier insbesondere S. 107–124. Vgl. Grossmann 1994. Vgl. Bütow 1994, 1996 und 1997.

28  |  I Einführung: Eine Preussische Parade

Auffällig ist das Interesse an Sachse in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Schon damals erschienen kenntnisreiche Aufsätze, denen die Quellen aus dem Familiennachlass zumindest teilweise vorlagen und die gleichsam im Landesarchiv aufbewahrt werden. 1922 veröffentlichten Wilhelm Dost und Erich Stenger das Standardwerk über die Daguerreotypie in Berlin von 1839 bis 1860, worin auch Louis Sachse der ihm gebührende Platz zugewiesen wird.47 1927 publizierte Hans Schliepmann einen Text über den „Kunstförderer Alt-Berlins“.48 1940 erschien ein Aufsatz von Otto F. Reinhard über Sachse als den „Pionier der Berliner Lithographie“.49 Im selben Jahr kam der noch immer grundlegende Werkband zu Carl Blechen von Paul Ortwin Rave heraus, in dem die wichtigsten Schriftstücke über Sachses enge Beziehung zu dem bedeutenden Berliner Künstler abgedruckt sind.50 Schon 1931 hatte Guido Kern den Artikel „Karl Blechen und das Meer“ veröffentlicht, worin Blechens gemeinsame Parisreise mit Sachse den zentralen Gegenstand bildet.51 1934 publizierte derselbe einen weiteren Aufsatz über Sachse als den „Begründer des Berliner Kunsthandels“ in der Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Berlins.52

47 48 49 50 51 52

Vgl. Dost/Stenger 1922. Vgl. Schliepmann 1927. Vgl. Reinhard 1940. Vgl. Rave 1940. Vgl. Kern 1931. Vgl. Kern 1934.

II

Industrie und Avantgarde – Sachse und die Lithographie

1

Lithographie in Paris: ein Avantgarde-Projekt

a

Le théâtre privilégié de l’art lithographique

Entrez!

„Entrez Messieurs et Dames, C’est ici là-dedans que se fait voir la famille des fameux Lithographantoccini apportée du Sénégal par le célèbre Capitaine Crayonnizinkhotzp! Ces petits animaux sont parvenus à force de privations, de sommeil et surtout de nourriture, à former une très belle collection d’Albums, Recueil de Croquis, Paysages, Sujets civils et militaires, Caricatures, Scènes populaires, Idem de Sociétés, Principes de dessins, Portait au grainé doux, à la hachure, au pointillé && Entrez Messieurs et Dames. C’est le moment de leurs exercices.“1 „Treten Sie ein, meine Damen und Herren“ – auf dem Frontispiz eines lithographischen Albums aus dem Jahr 1824 wirbt ein Mann um Aufmerksamkeit (Abb. 11). Er ist in Frack und Zylinder bürgerlich gekleidet. Begleitet von zwei Gauklern, die mit Schellen und Trompete mehr Krach als Musik machen, steht er vor dem Eingang einer Art Zirkuszelt. Eine ausgerollte Leinwand, an die verschiedene lithographische Blätter gepinnt sind, hängt über den Köpfen der Männer. Mit einem Stab in seiner ausgestreckten linken Hand dirigiert der werbende Protagonist die Blicke des Betrachters in das Innere der Manege: Unmittelbar hinter dem Eingang steht ein einfacher langer Tisch, an dem eng nebeneinander gereiht mehrere Künstler sitzen und zeichnen. Zu ihren Füßen liegen, in einem wilden Durcheinander, unzählige lithographische Alben. Um den Tisch mit den fleißigen Künstlern herum spannt sich eine beeindruckende (wenn auch kaum nachvollziehbare) Seilkonstruktion durch den gesamten Raum. Mit Hilfe großer Räder werden hier schwere Gewichte, wohl lithographische Steine, durch die Luft in das provisorisch errichtete Atrium befördert. Im Hintergrund werden prall gefüllte Körbe über eine große Leiter abtransportiert. Ein Arbeiter scheint dabei das Gleichgewicht verloren zu haben und stürzt kopfüber in die Tiefe. Währenddessen laufen Besucher durch den Schauraum und bestaunen das Geschehen.

1

Hippolyte Bellangé: „Entrez Messieurs et Dames“ (Frontispiz eines lithographischen Albums), 1824, Lithographie, Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des Estampes.

30  |  II Industrie und Avantgarde – Sachse und die Lithographie

Es sind nicht nur die gezeigten lithographischen Alben, deren Fremdartigkeit und Neuheit das beschriebene Blatt thematisiert. Es ist das lithographische Verfahren selbst, das hier als eine Sensation vorgeführt wird. Die Herstellung und Vervielfältigung von Bildern durch den Steindruck wird in der Schaubude als Kuriosität gefeiert. Der von dem begleitenden Text wohl dem Druckereibesitzer und Händler der Lithographien in den Mund gelegte, phantasievolle Name der Künstlerfamilie, „Lithographantoccini“, die von dem „berühmten Kapitän Crayonnizinkhotzp“ aus Senegal mit nach Frankreich gebracht worden sei, spielt mit dem verlockendem Klang ferner Länder und verweist gleichzeitig auf den Zauber des ersten chemischen Druckverfahrens. Wie in einem Zirkus werden die Lithographen dem Publikum inmitten einer imposanten Maschinerie vorgeführt, aus deren Zusammenspiel – trotz Schlaf- und Essensentzug der Schöpfenden, wie es heißt – eben jene phantasievollen Kompositionen unterschiedlichster Art entstehen, die der Ermunterung und dem Genuss des Publikums dienen sollen: „Entrez Messieurs et Dames! C’est le moment de leurs exercices...“. Die Zeichnung des französischen Malers Hippolyte Bellangé (1800–1866) reiht sich ein in eine Vielzahl von Frontispizen lithographischer Alben der 1820er und 1830er Jahre, die in humorvoller, sich der Karikatur annähernden Form die damaligen Bedingungen der Lithographie als künstlerisches Ausdrucksmittel thematisieren. Die noch junge Steindrucktechnik erfuhr im Paris jener Jahre einen enormen Aufschwung.2 Ihr ökonomisches Potential, Bilder (mit Schrift) in nahezu unbegrenzter Anzahl vervielfältigen zu können, ging – im Gegensatz zu den traditionellen Drucktechniken – mit der verführerischen Leichtigkeit einher, die Zeichnung unmittelbar auf den Stein als Druckvorlage auf- und übertragen zu können. Neben Gebrauchs- und Reproduktionsgraphik brachten französische Lithographie-Häuser seit Beginn der 1820er Jahre vermehrt sogenannte „recueils lithographiques“ heraus – Mappen mit originalen Künstler-Blättern, die einem breiten Publikum zu einem geringen Preis angeboten wurden. Die Alben, die meist aus einem ungerahmten Frontispiz und zwischen 10 bis 15 gezeichneten Blättern bestanden, widmeten sich den unterschiedlichsten Sujets von Alltagsszenen, Tiersdarstellungen und Karikaturen bis hin zu Landschaftsbildern und den populären Darstellungen der „Légende Napoléon“. Sie waren äußerst beliebt und konnten sich der Mitarbeit bekannter Künstler und Zeichner rühmen, wie ein Artikel aus dem Journal des Artistes et des Amateurs aus dem Jahre 1828 bestätigt: „C’est ainsi que, depuis quelques années, la circonstance des étrennes, surtout, donne annuellement naissance à un grand nombre de recueils lithographiques ou nos artistes, même du premier ordre, tantôt confondant leurs productions, font aux yeux et au profit du public, assaut d’originalité et de talents …].“3 Die Idee des später für seine Schlachtenbilder bekannten Malers und Zeichners Hippolyte Bellangé, das Erstellen lithographischer Kunstblätter als Theateroder Zirkusvorstellung zu inszenieren, unterstreicht die Neuartigkeit als auch den Un2 3

Vgl. u. a. Twyman 2001 und 1970. Anonym: „Des Albums“, in: Journal des Artistes et des Amateurs, 2. Jg., Nr. 12, 23. März 1828, S. 182–184.

1 Lithographie in Paris: ein Avantgarde-Projekt  | 31

terhaltungswert der Blätter. Lithographien waren Bilder für jedermann. Sie sprachen bewusst alle Bevölkerungsschichten an. Mit den phantasievollen Frontispizen wurde gezielt um potentielle Käufer der Alben geworben. Das beliebte Spielrepertoire der Komödie lieferte reiches (Bild-)Material. Einer der bekanntesten und gleichzeitig originellsten Lithographen der 1820er und 1830er Jahre war Nicolas-Toussaint Charlet (1792–1845). Wie sein Freund Bellangé arbeitete auch er regelmäßig für den noch jungen Graphikverlag der Brüder Gihaut.4 Schon 1823, also ein Jahr vor Bellangés beschriebenem Blatt, inszenierte auch er den Verlagseingang nach Art eines Zirkus- oder Theaterzeltes (Abb. 12). „Entrez, entrez chez Gihaut“ ist hier auf der mittig ins Bild gehängten Leinwand zu lesen. Zwei musizierende Clowns preisen lauthals das Vergnügen an, das beim Stöbern durch das Alben gefunden werden soll.5 Vergleichbares ist auch bei Auguste Raffet (1804–1860) zu beobachten. Er war, wie die beiden Erstgenannten, ein Schüler aus dem Atelier von Antoine Gros, einem angesehenen Akademie-Künstler, der sich schon sehr früh für die Lithographie als Bildmedium einsetzte – und dies auch seinen jungen Studenten empfahl.6 Auguste Raffet bediente sich für das Frontispiz seines (vergleichsweise späten) Album lithographique von 1835 ebenfalls dem Formenreichtum der Schaustellerwelten, aus der der schlacksige Harlekin und der dicke Dompteur im Bärenmantel entsprungen zu sein scheinen (Abb. 13). Ein als Soldat verkleidetes Äffchen überwacht den Fortgang ihrer nurmehr müden Gaukeleien. Die Eingangsschranke, auf der das Äffchen Platz genommen hat, ist hier noch geschlossen. Erst beim Aufschlagen des Albums betritt der Betrachter mit der ersten Zeichnung das angekündigte Spektakel. Der Pariser Zauberkreis

Ein unerhörtes Spektakel zu betreten, einen „Zauberkreis, der betäubt, verwirrt, umstrickt“, sodass man „nicht mehr zu sich selbst zu kommen im Stande“ sei,7 das waren auch die ersten Eindrücke des jungen Berliner Lithographen Louis Friedrich Sachse (1798–1877), als er im Frühjahr 1827 zu Studienzwecken in der französischen Hauptstadt eintraf: „Die Straßen wimmeln von Leuten; hier steht ein Mann, der Kunststücke 4

5

6 7

Zur Firmengeschichte der Brüder Gihaut siehe Anhang 2. Charlet lithographierte seine ersten Zeichnungen bereits 1817 bei Lasteyrie und bei Delpech; vgl. hierzu den Abschnitt „Pioniergeister“ in diesem Kapitel. 1822 freundete er sich mit den Brüdern Gihaut an, für die er fortan rege tätig war; vgl. Bouquin 1989, S. 8. Diese Form der werbenden Einladung ist auch in einem Artikel über lithographische Alben im Journal des Artistes et des Amateurs aus dem Jahre 1828 zu lesen: „Allons Messieurs! Allons Mesdames! Achetez les Albums lithographiques, dont le talent de nos modernes dessinateurs vous régale pour l’an de grâce 1829. Ils ne sont pas chers, et vous en aurez, comme on dit, pour votre argent“, vgl. Anonym: „Albums lithographiques“, in: Journal des Artistes et des Amateurs, 2. Jg, Nr. 36, 28. Dezember 1828, S. 128. Vgl. Eyermann 1997; Bann, Parallel Lines 2001, S. 62. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827.

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macht, dort ein Weib, dass mehrere Instrumente spielt, hier wieder ein Kind, das ein Anderes hebt, oder gar ein Quacksalber […]. Ich sehe so viel Neues, so viel Unerhörtes; ich verschlinge die Gegenstände der Kunst und höre nicht auf dies unerhörte Treiben, dies einig Volksgewühl zu bewundern. Täglich, stündlich, minütlich bietet sich mir ein neuer Gegenstand der Betrachtung, des Nachdenkens; Alles muß ich in mir verarbeiten und ich habe keinen Köhler an meiner Seite, der mit mir staunt, mit mir genießt, fühlt, überlegt und folgert“, schrieb Sachse in den ersten Tagen nach seiner Ankunft an seine junge Verlobte Nanni l’Hermet.8 Louis Sachse hatte seit 1825 am Königlichen Lithographischen Institut zu Berlin das moderne Steindruckverfahren erlernt. Die Lithographie war in der preußischen Hauptstadt zu diesem Zeitpunkt noch relativ wenig verbreitet und wurde an dem dem Kriegsministerium unterstellten königlichen Institut vorwiegend für Gebrauchsgraphik und Kartendruck angewandt.9 Louis Sachse wollte eine eigene, künstlerisch ausgerichtete Anstalt in Berlin begründen. Ihm war bald klar, dass er hierfür zunächst nach Paris gehen musste: „Um aber eines gewissen günstigen Erfolgs meines Unternehmens versichert zu seyn, und dazu beitragen zu können, diesen herrlichen Kunstzweig in meinem Vaterlande mehr zu heben, wünsche ich mich einige Zeit in Paris und München aufzuhalten, um mich durch den Besuch der vortrefflichen lithographischen Anstalten dieser beiden Städte, und der vorzüglichsten auf dem Wege dahin zu vervollkommnen“, wie Sachse sein Anliegen beim preußischen Kultusministerium vorbrachte.10 Von den „außerordentlichen und ganz eigenthümlichen Vortheilen“ der französischen Hauptstadt für jeden, „der einige nähere Kenntniß von der Lithographie hat“, war im Jahr zuvor auch im nationalen Kunstorgan, dem von Ludwig Schorn von 1816 bis 1849 herausgegebene Kunstblatt, berichtet worden: „Hier [in Paris, d. V.] vereinigt sich in dem vielseitigen lebhaften Verkehr, worin Künstler, Chemiker und Handwerker stehen, alles, was die schnellere Ausbildung einer artistischen Technik befördern kann“, schrieb das Kunstblatt im Mai 1825 über die Fortschritte des Steindrucks. Ein direkter Vergleich des Entwicklungsgangs der Lithographie in beiden Ländern attestierte Paris einen „höchst ersprießlichen Wetteifer, eine überaus heilsame Concurrenz“, der sich die deutschen Länder „keineswegs zu erfreuen“ haben.11 Eine wesentliche Ursache sah der Referent darin begründet, „dass in der französischen Hauptstadt weit mehr ausgezeichnete Künstler sich für die Lithographie interessieren und sich eifrigst für die Vervoll8

LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827. Ludwig Köhler (Lebensdaten unbekannt) war ein Jugendfreund von Sachse; vgl. Kapitel II.3.a, „Einrichtungen, Korrespondenzen, Launereien / Verwünschte Aristokratenstadt“. 9 Vgl. Kapitel II.3.a, „Einrichtungen, Korrespondenzen, Launereien / Die Lithographie greift um sich“. 10 GStA PK, Rep. 76Ve, Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 3, Bd. 2, o. Bl., Louis F. Sachse an das Kultusministerium, 10. November 1826. 11 Speth, B.: „Über die weitere Ausbildung der Lithographie und ihres Druckes in und außer Deutschland, als Fortsetzung des früheren Berichtes im Dezember 1820“, in: Kunstblatt, Nr. 37, 9. Mai 1825, S. 145f.

1 Lithographie in Paris: ein Avantgarde-Projekt  | 33

kommnung der Technik bemüht haben, während in Deutschland der bisherige unsichere, schwankende Zustand dieser Kunstart, den dem Mangel ähnlicher, die Versuche erleichternder Umstände, gar viele der besseren Künstler abschreckt, und sie zum Theil zu der irrigen Meynung verleitet hat, als lägen die Schwierigkeiten in der Unzulänglichkeit der lithographischen Kunst selbst“.12 Obwohl das Prinzip des Steindrucks von Aloys Senefelder (1781–1834) in München entdeckt und bald wichtige Erfolge in der Weiterentwicklung der Technik bekannt wurden,13 scheint tatsächlich nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl der Künstler und alteingesessenen Verlage des deutschen Sprachraumes die Möglichkeiten der Lithographie als modernes Bildmedium von Anfang an erkannt bzw. genutzt zu haben.14 Neben einer weit verbreiteten Verwendung für gebrauchsgraphische und kommerzielle Zwecke wurde die Lithographie hier hauptsächlich für den Musiknotendruck, vereinzelt auch für die Reproduktion von Werken alter Meister gebraucht.15 In Frankreich hingegen 12 Vgl. ebd. 13 Aloys Senefelder ist nicht nur der Erfinder des Steindruckverfahrens, sondern er hat auch Drucktechniken und Druckfarben entwickelt, die ersten zweckdienlichen Pressen gebaut und die damit verbundenen Vorgänge beschrieben; vgl. Senefelder 1818. Erste Versuche gehen auf das Jahr 1796 zurück. Am 3. September 1799 erhielt Senefelder das „Bayerische Privilegium exclusivum“ für Bayern und die Obere Pfalz vom Kurfürsten Max Joseph, welches auf fünf Jahre befristet war; vgl Twyman 2001, S. 12; Imiela/Gerhardt 1993, S. 17, über „Erfinderstreitigkeiten“ S. 29–36. 14 Viele deutsche Künstlerlithographien wurden in den frühen Jahren von den Künstlern selbst veröffentlicht, die die Drucker für das Vervielfältigen ihrer Blätter bezahlten; vgl. Griffith/Carey 1994, S. 26f. Karen F. Beall meint sogar: „Despite the many artists and printers working in Germany, no major German artist made a lithograph and no single print of great importance was published there. From the start, the emphasis in Germany was on the commercial and industrial applications of the medium, and this orientation continued throughout the century“, vgl. Beall 1980, S. 197. Entgegen der weit verbreiteten Meinung, bei Senefelder seien in den ersten Jahren gar keine Überlegungen zu Kunstdrucken zu finden, steht die Tatsache, dass er es war, der die erste Zeichnung lithographierte. Doch stand für ihn die Weiterentwicklung der Technik als günstiges Vervielfältigungsinstrument im Vordergrund; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 92f. Die ersten künstlerischen Lithographien erschienen in München um das Jahr 1800, von denen die Blätter von Angelo Quaglio zu erwähnen sind. Mit Hermann Joseph Mitterer, Professor an der Feiertagsschule für Künstler und Techniker in München, wurde erstmals Lithographie als Zeichenmethode gelehrt. Die von ihm veröffentlichten „Lithographischen Kunstprodukte“ aus den Jahren 1805 bis 1807, die Arbeiten von Joseph Hauber, Simon Klotz, Andreas Seidl, Max Wagenbauer und Simon Warnbauer vorstellten, belegen ein erstes Unternehmen von Bedeutung hinsichtlich des Formates und der Qualität lithographischer Kunstblätter; vgl. ebd., S. 98f. In Berlin beschäftigte sich Wilhelm Reuter ab 1804 mit der künstlerischen Lithographie. Der Maler war einer der ersten deutschen Künstler, die sich für Originallithographien interessierten und einsetzten. Die Möglichkeiten des neuen Mediums offenbarten sich jedoch auch ihm erst im Zuge eines Aufenthaltes in Paris, wo er auf die englische Publikation „English Speciments of Polyautographie“ stieß. Diese veranlasste ihn dazu, eine Edition von Künstlerlithographien unter dem Titel „Polyautographische Zeichnungen vorzüglicher Berliner Künstler“ 1808 in Berlin herauszubringen; vgl. Glaser 1923, S. 71–183, bes. S. 80–82 und Imiela/Gerhardt 1993, S. 30f. 15 Vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 27–29 und S. 37–42.

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kann die Lithographie als eine Art Avantgardeprojekt unter den graphischen Künsten bezeichnet werden, wie bereits das englische Schriftsteller- und Lithographenehepaar Pennell 1898 deutlich herauszustellen wusste: „If Germany boasts the invention, in France lithography was the handmaid of the art. […] The fact is, the French were the first to recognize the value of lithography as a means of artistic expression. […] In Germany, the prosperity of lithography was, from the start, commercial; while only of a few artists, like Strixner and Piloty used it for the reproduction of pictures. In France, the development was largely artistic. Instead of the music that came from the presses of Munich and Straßbourg, Berlin and Vienna, instead of the copies of old masters that delighted Aretin and Senefelder, the publication of original drawings was the chief concern of the artists and editors in Paris. Had lithography been confined to Germany, its history would have had a mere industrial and commercial significance […]. Its carrer in France makes the story of lithography, as an art, worth to telling.“16 Das dargebotene künstlerische Leben der französischen Hauptstadt sollte auch den jungen Berliner Louis Sachse ins Staunen versetzen: „Welch ein Leben in der Kunst ist in Paris gegen München, besonders in der Lithographie! Es ist ein unglaublicher Unterschied“, schrieb er von seinem ersten Parisaufenthalt 1827 an seine Verlobte Nanni l’Hermet in die Heimat.17 Pioniergeister

Der rasante Aufschwung der französischen Lithographie zur Zeit der Restauration rührte aus einem Netzwerk kleiner, sich eben erst etablierender Ateliers rund um die im Pariser Bezirk Saint-Germain-de-Prés angesiedelten Druckerpioniere Lasteyrie und Engelmann. Charles-Philibert de Lasteyrie (1759–1849), auch von Sachse als „einer der ersten Portatoren und Beförderer der Lithographie“ bewundert,18 hatte in den Jahren 16 Vgl. Pennell/Pennell 1898, S. 35. Ferdinand Piloty (1786–1844) und Johann Nepomuk Strixner (1782–1855) betrieben von 1808 bis 1815 gemeinsam eines der ersten lithographischen Institute in München, die erfolgreich Lithographien nach Handzeichnungen und Gemälden alter Meister herausgaben. Insbesondere die von Strixner schon 1808 übertragenen Randzeichnungen Dürers zum Gebetbuch Kaiser Maximilians haben den Steindruck als eine neue Technik bekannt gemacht, die sich auch für das Reproduzieren von Kunstwerken hervorragend eignete; vgl. Imiela/ Gerhardt 1993, S. 28. Joseph Christoph Freiherr von Aretin (1773–1824) war Oberbibliothekar der Hofbibliothek in München. Senefelder hatte am 21. Januar 1807 einen Vertrag mit Aretin geschlossen. In dem sogenannten Aretinschen Schlösschen im Englischen Garten bei Schwabing wurden fünf Pressen „für Musik, für Regierungsarbeiten und selbst für das Kunstfach“ in Gang gesetzt. Im Dezember 1809 verkaufte Aretin die Druckerei an den Direktor der Königlichen Galerie Johann Christian von Mannlich und an den Verleger Johann Georg Zeller; vgl. Senefelder 1818, S. 100–103; Imiela/Gerhardt 1993, S. 27–29. 17 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an seine Mutter, München, den 30. November 1827. 18 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 27. April 1827.

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1812 und 1814 Senefelder in München aufgesucht, um schließlich 1815 eine erste lithographische Presse in Paris zu installieren.19 Am 15. April 1816 konnte Lasteyrie ein eigenes Atelier in der Rue du Four-Saint-Germain eröffnen. Das neue Druckverfahren wurde schnell zum beliebten Zeitvertreib einer gehobenen Pariser Gesellschaft. Lasteyrie druckte zunächst hauptsächlich Amateur-Zeichnungen.20 Sein eigentliches Engagement ging jedoch dahin, auch bekannte Künstler wie Antoine Gros oder Carle und Horace Vernet für das Veröffentlichen künstlerischer Arbeiten nach dem neuen Verfahren zu begeistern. Es sollte ihm gelingen. Er konnte sein Atelier als ein „endroit à la mode“ etablieren, das bald gleichermaßen von neugierigen Amateuren wie bedeutenden Künstlern frequentiert wurde, unter ihnen Antoine Gros, Nicolas-Toussaint Charlet, Carle und Horace Vernet, Achille-Etna Michallon, Jean-Baptiste Isabey und Dominique-Vivant Denon.21 Die französische Regierung wollte Lasteyrie eine Lizenz zugestehen, die ihm das Exklusivrecht für das Ausüben der Lithographie in Frankreich auf 15 Jahre gesichert hätte. Lasteyrie lehnte dankend ab mit der weitsichtigen Begründung „que l’exercice d’un art nouveau fût libre, que sans cela les progrès seraient lents et difficiles, et qu’il ne voulait pas priver sa patrie des immenses bienfaits que produirait la concurrence“.22 Als er sein Institut im Jahre 1825 verkaufte, hatte sich die künstlerische Lithographie von der Gebrauchsgraphik bereits soweit entwickeln und absetzen können, dass der „Importateur de la lithographie en France“, wie Lasteyrie schon 1819 ehrenvoll von der 19 Zu Lasteyries Rolle für die Einführung der Lithographie in Frankreich vgl. Mellerio/Nussac 1935, S. 106–119; Bobet-Mezzasalma 1999, S. 90–95; Gräff 1906, S. 92–98; Weber 1961, S. 59–62: Twyman 1970, S. 50–55. Im Jahr 1803 kaufte Lasteyrie von dem Geschäftspartner Senefelders, Fréderic André, lithographische Steine an. 1810 machte er Senefelder den Vorschlag, zusammen mit Aretin nach Paris zu fahren und dort eine lithographische Presse zu installieren. In den Jahren 1812 und 1814 war er selbst in München zugegen: „Je fus à Munich au commencement de 1812, et j’exécutai moi-même toutes les opérations de l’art, convaincu que je ne pouvais former à Paris un établissement et diriger des ouvriers que quand je serais éxercé moi-même dans la pratique de cet art. J’arrêtai des ouvriers, je fis même un traité avec l’inventeur Senefelder, mais la guerre de Russie, qui se déclara peu après, empêcha mes ouvriers de venir. Je fis cependant transporter une presse et des pierres et je commençai à graver des objets. Je fus obligé de faire un second voyage à Munich en 1814, pour engager de nouveaux ouvriers et faire construire des machines, et d’autres presses. De nouveau événements politiques retardèrent mon entreprise“; vgl. Charles de Lasteyrie an Monsieur Latina, Verleger und Herausgeber des L’Almanach du commerce, Januar 1817, zit. nach Mellerio/Nussac 1935, S. 112. Aufgrund der politischen Umstände installierte Lasteyrie erst im Jahr 1815 seine erste lithographischen Presse in Paris, 54 rue du Four-Saint-Germain. 20 Vgl. Sparks 1973, S. 15–17. 21 Vgl. Bobet-Mezzasalma 1999, S. 90–95; Bann 2001, S. 62.; Imiela/Gerhardt 1993, S. 45. 22 Zit. nach Mellerio/Nussac 1935, S. 113. In einem Bericht des Institut de France heißt es über die Rolle von Charles de Lasteyrie als Beförderer der Lithographie in Frankreich: „Ce fut bien lui qui donna à la lithographie sa formule d’art qui crée le climat nécessaire à son développement, par sa générosité en refusant un monopole que lui offrait le Duc Decazes et aussi par ses immenses relations. Qui donc pouvait mieux que lui prendre sous une aile protectrice Horace et Cerle Vernet, Vivant-Denon, Demarne et surtout Charlet! Ses commensaux s’appelaient encore Thiénon et Bourgeois qui préfacent Taylor et ses Monument dans l’anciennes France, Bonnington, Duparty, le Baron Gros et Eugène Lami“; vgl. Labrousse 1947, S. 5.

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Académie des Beaux-Arts genannt wurde,23 die Kommission für das Produzieren der Kunstblätter („ouvrages de l’art“) an den jungen Verleger Delpech (Abb. 22) und die Produktion der kommerziellen Drucke („ouvrage de ville“) getrennt davon an Brégeaut abgeben konnte.24 Von den herausragenden Leistungen der Anstalt Engelmanns war einem interessierten Berliner Publikum schon 1821 im Kunstblatt berichtet worden.25 Auch Sachse schätzte das Institut des engagierten Förderers der französischen Lithographie neben dem der Senefelder’schen Filiale in Paris als die erste Adresse am Ort.26 Der gebürtig aus Mulhouse stammende Godefroy Engelmann (1788–1839) war erstmals 1813 über einen deutschen Freund auf die Erzeugnisse des Steindrucks aufmerksam gemacht worden, suchte wenig später Senefelder in München auf und eröffnete schließlich am 15. Juni 1816, genau einen Monat nach Lasteyrie, ein eigenes Atelier in der Rue Cassette Nr. 18.27 Gleichermaßen fest entschlossen, die Pariser Künstlerschaft für das neue Medium zu begeistern, präsentierte Engelmann bereits am 3. August desselben Jahres der Académie des Beaux-Arts ein erstes „Recueil d’essais lithographiques dans les différents genres et dessins“, das sich aus einer Serie von Kreidelithographien u. a. von Carle Vernet, dem Landschaftsmaler Mongin und einer Studie nach einem Gemälde seines ehemaligen Lehrers Renault zusammensetzte. Der positive Abschlussbericht der zur Beurteilung der neuen Technik zusammengerufenen Kommission, unterzeichnet vom Secrétaire perpétuel Quatremère de Quincy, endete in einem Aufruf an die Künstler Frankreichs, das neuartige Verfahren der Lithographie rege zu praktizieren: „Il est même à désirer que cet établissement attire l’attention du gouvernement et en soit pro23 Vgl. Mellerio/Nussac 1935, S. 117 und Bobet-Mezzasalma 1999, S. 140. 24 Vgl. Mellerio/Nussac 1935, S. 117; Rosen 1989, S. 40. Auch nach dem Verkauf seiner eigenen Anstalt behielt Lasteyrie seine Position als einer der wichtigsten Kenner der Lithographie in Paris. Seine Ernennung zum „Président d’honneur de la Chambre des Lithographes“ im Jahre 1845 soll stellvertretend für die Rolle genannt werden, die Lasteyrie auch in den Folgejahren für die Entwicklungsgeschichte der Lithographie in Frankreich gespielt hat; vgl. Mellerio/Nussac 1935, S. 118. 25 Vgl. u. a. Kunstblatt, Nr. 17, 26. Februar 1821, S. 67 und Nr. 56, 12. Juli 1821, S. 224. 26 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 9. Mai 1827. Den persönlichen Aufzeichnungen seiner Reisetagebücher ist zu entnehmen, dass Sachse spätestens 1835 den engagierten Förderer des chemischen Druckverfahrens persönlich aufsuchte; vgl. Anhang 1. 27 Vgl. Lang 1948, S. 168, Anm. 7: „En 1813, rapporte Engelmann dans son Traité de la Lithographie, un de mes amis (M. Eduard Koechlin) rapporta d’un voyage en Allemagne quelques épreuves lithographiques, et le traité publié par la maison Cotta à Tübingen.“ Es handelte sich um „Das Geheimnis des Steindrucks“ von Cotta, vgl. Bobet-Mezzasalma 1999, S. 82. Engelmann war 1814 nach München gereist. Senefelder lehnte anscheinend seine Mithilfe ab. Doch Johann Baptiste Stuntz vermittelte ihn an Johann Nepomuk Strixner und Ferdinand Piloty. Engelmann erwarb daraufhin seine ersten Druckerpressen in München, die er im Herbst des Jahres in Mühlhausen aufstellte. Im Frühjahr 1815 gründete er die Société Lithographique du Haut-Rhin, im Jahr darauf gründete er seine Anstalt in Paris; vgl. Engelmann 1839, S. 35–38; Engelmann 1843, S. 23–25, Twyman 1970, S. 53, Imiela/Gerhardt 1993, S. 45f.

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tégé: alors il deviendra stable, les artistes pourront y trouver les facilités nécessaires pour multiplier leur productions dans toute leur originalité, et faire des essais nouveaux qui doivent tourner à l’avantage des arts, de l’industrie, du commerce, et contribuer ainsi à la prospérité et à la gloire de France.“28 Damit war die Lithographie in Frankreich als Medium für die Reproduktion zeitgenössischer Kunstwerke sowie für originale Künstlerblätter von offizieller Seite bestätigt worden. Lasteyrie und Engelmann beschickten den akademischen Salon schon 1817 und 1819 mit ersten lithographischen Kunstdrucken, die als „produit de l’industrie“ innerhalb der Sektion „Gravure“ der Öffentlichkeit präsentiert wurden.29 Die gleichzeitige Bekräftigung der engen Bindung des Steindrucks an dessen Nutzbarmachung als Industrieprodukt schien dabei keinen Widerspruch hervorzurufen. Engelmann selbst hatte nicht nur der Akademie, sondern auch der Société d’Encouragement pour l’Industrie Nationale (SEIN) lithographische Probedrucke vorgelegt.30 Die nach dem englischen Modell der Society for the Encouragement of the Arts, Manufactures and Commerce noch unter Napoleon gegründete Anstalt stellte sich in der Folgezeit als ein wichtiges Instrument zur Förderung der Lithographie in Frankreich heraus, indem sie fortlaufend Berichte über deren Entwicklung veröffentlichte und Preiswettbewerbe für den Bau innovativer Pressen und die verbesserte Bearbeitung und Zusammensetzung von Steinen, Tusche und Kreide ausschrieb.31 Protegiert durch die Anerkennung bekannter Künstler einerseits und gefördert durch die ausgeschriebenen Belohnungen für technische Leistungen durch die SEIN und die Industrieausstellungen andererseits erfuhr die Lithographie in Frankreich seit den 1820er Jahren schließlich einen enormen Aufschwung. 28 Die Kommission, die zur Beurteilung der lithographischen Probedrucke zusammengekommen war, bestand aus dem Maler Guérin, dem Kupferstecher Desnoyers, dem Architekten Hertier und dem Sekretär Castellan. Einige von ihnen versuchten sich selbst im chemischen Druck. Der Bericht „Rapport sur la Lithographie, et particulièrement sur un recueil de dessins lithographiés, par M. Engelmann“ am Institut Royal, Académie des Beaux-Arts, Paris 1816, wurde in Teilen und im Ganzen in diversen Journalen abgedruckt: Archives des Découvertes, Paris 1818, S. 208– 213; Journal de Physique, Bd. LXXXIV, Februar 1817, S. 102–121; Annales encyclopédiques, Bd. 1, Januar 1817, S. 90–113; Engelmann 1822/1824, S. 18–39. Die weite Verbreitung des Berichtes spielte eine wichtige Rolle für Engelmanns erfolgreiche Etablierung als „imprimeur lithographique“; vgl. Bobet–Mezzasalma 1999, S. 110–120. 29 Bis 1824 liefen die im Salon präsentierten Lithographien, obgleich es sich um künstlerische Auseinandersetzungen mit dem neuen Medium handelte, als „produits de l’industrie“. Erst ab diesem Jahr wurde ihnen eine eigene Sektion innerhalb der „Gravure“ zugewiesen; vgl. Bobet-Mezzasalma 1999, S. 146–151. 30 Vgl. Godefroy Engelmann: Rapport sur la lithographie introduite en France par G. Engelmann de Moulhausen, Haut-Rhin. Adressé à la Société d’Encouragement de Paris par l’auteur, membre de la société, le 20 octobre 1815; komplett abgedruckt bei Lang 1977, Anhang. Lasteyrie war der Berichterstatter des von Engelmann gesandten Schriftstücks über die Lithographie; vgl. „Rapport fait par M. le Compte de Lasteyrie, au nom d’une commission spéciale, sur les gravures lithographiques adressées à la Société par M. Engelmann“, in: Bulletin de la Société d’Encouragement, Bd. XIV, 1815, S. 290–295; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 45. 31 Vgl. Rosen 1989, S. 41f.

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Delpech, Constant und Villain, ehemalige Schüler und Mitarbeiter von Lasteyrie, gründeten ihre erfolgreichen Druckereien und Verlage, gefolgt von Brégeaut, Noel, Langlumé und Motte, die meist ebenfalls entweder bei Lasteyrie oder Engelmann ihren Ausgangspunkt genommen hatten. Allerortens wurden lithographische Pressen aufgestellt, auffallend viele in den Papier- und Kunstzubehörhandlungen.32 Einige der Besitzer von zunächst drei bis fünf lithographischen Pressen sollten später zu internationalen Großverlagen heranwachsen, wie Lemercier, Goupil oder das Maison Aubert, die seit Beginn der 1830er Jahre die Lithographie als bevorzugtes Medium für Karikatur und politische Satire oder Original- und Reproduktionsgraphik etablierten. 33 Das Mysterium eines neuen Verfahrens

1827, in dem Jahr also, in dem Sachse zum ersten Mal nach Paris kam, veröffentlichte der französische Nationalökonom Adolphe Blanqui die „Histoire de l’Exposition des Produits de l’Industrie Française“. Blanqui würdigte die noch junge Entwicklungsgeschichte der Lithographie mit einem eigenen Kapitel.34 Obwohl in Deutschland erfunden, feiere das neue Verfahren seine größten Erfolge in Frankreich, „où elle arrive chaque jour à un nouveau dégrée de perfection“, heißt es da.35 Tatsächlich erwiesen sich eine ganze Reihe der „imprimeries lithographiques“ der 1820er Jahre als äußerst erfolgreiche Experimentieranstalten, die sowohl das ökonomische als auch das künstlerische Potential des Verfahrens rasant vorantrieben. Geradezu schwärmerisch berichtet Blanqui von den „dienenden Versuchen zur Analyse der lange unbekannten Prozesse“, die der lithographischen Kunstproduktion endlich das „Mysteriöse“ genommen hätten, um nun mit „krönendem Geschmack und brillantem Erfolg“ kultiviert zu werden.36 Blanquis Hinweise auf das „Mysteriöse“ und „Geheimnisvolle“ des chemischen Drucks entsprachen einer Vorstellung, die sich auffallend häufig in den frühen Texten zur Lithographie wiederfindet. Nicht zuletzt Engelmann selbst schrieb von „Geheimnissen“, aus denen man eine Art Mysterium machte.37 Auch die Zeichnungen einiger 32 1839 gab es bereits über 90 lithographische Anstalten in Paris; vgl. Rosen 1989. S. 42. 33 Vgl. u. a. Bosch-Abele 2000; Beall 1980; zu Goupil und Lemercier siehe Anhang 2. 34 Adolphe Jérôme Blanqui (1798–1954), 1825 Professor und ab 1830 Direktor der Handelsschule zu Paris, ab 1833 Professor am Conservatoire des Arts et des Métiers; vgl. Blanqui 1827, S. 281– 290. Über die Ausstellung, an der auch Sachse teilnahm, siehe Kapitel II.1.c, „Kunst-Industrie, Industrie-Kunst“. 35 Vgl. ebd., S. 281; außerdem Bobet-Mezzasalma 1999, S. 156f. 36 Vgl. Bobet-Mezzasalma 1999, S. 156f.: „L’analyse de ses procédés, longe-temps inconnue, a fini par céder aux savantes investigations de nos chimistes; et depuis qu’il n’ y a plus rien de mystérieux dans cet art, on le cultive parmi nous avec une ardeur courronnée de plus brillants succès.“ 37 Vgl. Engelmann 1822/1824, S. 26 und S. 29; Rap 1810, S. 3f. Die Vorstellung des Geheimnisbehafteten des Steindruckverfahrens hatte nicht zuletzt Senefelder selbst heraufbeschworen, der erst 1818, also 20 Jahre nach seiner Entdeckung, ein erstes Lehrbuch mit einer Beschreibung der Technik herausbrachte. Eine ausführliche Darstellung mit einer kenntnishaften und einen brei-

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Künstler-Lithographen zeugen von der Verbreitung einer solchen Idee.38 So lässt ein Maler auf einem Titelblatt von Auguste Raffet aus dem Jahre 1832 die hinter ihm stehende Leinwand unangerührt. Er hält stattdessen Kelle und Kochdeckel in den Händen: „Voila un drôle de pot-au-feu“ steht darunter geschrieben. Einen „lustigen Eintopf“ will er sich also zusammengebraut haben, bestehend aus einer Vielzahl dem Topf entfliehender lithographischer Alben. Hinter dem Ofen aber hockt der Teufel und führt Regie (Abb. 14). Auf dem Blatt „Le diable emporte les Albums“ von Nicholas Charlet aus dem Jahre 1825 ist es der Teufel selbst, der die Alben verteilt, während der Graphikhändler eingeschlafen und von den ebenso spektakulären wie gabenspendenden lithographischen Blättern zu träumen scheint (Abb. 15). Eine weitere Titelzeichnung Charlets aus dem Jahre 1827 stellt dem braven Künstler einen verhüllten und bewaffneten Gauner zur Seite, um einen gut betuchten Bürger mit allen Mitteln zum Kauf eines Albums zu bewegen: „Si vous n’achetez pas mon album vous êtes mort“, droht der Mephisto dem Neugierigen. Über der Szene steht als Hinweis auf die Modernität der Blätter geschrieben: „Débit d’albums avec procédés nouveaux“ (Abb. 16). Das Neue und „lange Unbekannte“ des chemischen Druckprozesses wurde ins Mysteriöse, dann ins Diabolische gesteigert – und humorvoll wieder aufgefangen. Die spielerische Faszination für das neue Medium, das den Künstlern die Freiheit ungehemmter Kreativität an die Hand gab, besaß darüber hinaus ein weiteres neues, ein „demokratisches“ Potential. Die preisgünstige Vervielfältigung der Blätter rief eine Bilderflut hervor, deren Ausmaß grenzenlos schien. Diese neue, schier unerschöpfliche Verfügbarkeit der Bilder wurde durchaus auch von ihrer „bedrohlichen“ Seite wahrgenommen. Eine weitere Zeichnung von Auguste Raffet aus dem Jahr 1828 ist mit „Gare les Albums!“ untertitelt. Sie suggeriert die diabolische Gefahr einer Invasion lithographischer Blätter, die aus Kanonen geschossen über Paris geschüttet werden (Abb. 17). Wieder sind es kleine Teufel, die sich unter die durch die Luft fliegenden Alben mischen. Ihr lautes Trompetenspiel ist kaum mehr zu überhören: Gespannt richtet sich die Aufmerksamkeit der staunenden Menge auf das visuelle und akustische Himmelsspektakel.39 Nur drei Jahre später, 1831, verschob Raffet den Verweis auf die revolutionäre Sprengkraft des Steindrucks noch deutlicher ins Politische (Abb. 18). Auf einem Titel­ blatt schwenkt ein Arbeiter, der sich auf einen einfachen Tisch in der Bildmitte gestellt hat, mit der einen Hand ein lithographisches Album und mit der anderen die französiten Raum einnehmenden Erörterung der Historie der Vorgänge in Deutschland, Frankreich und England verlegte Engelmann 1835/1839 mit seinem „Traité theorique et pratique de la lithographie“; vgl. Engelmann 1839, S. 2–47. Johann Wolfgang von Goethe hatte noch 1830 seinen im Steindruck vervielfältigten handverfassten Gedichten etwas „Magisches“ zugesprochen, da er sie „geschrieben und nicht geschrieben“ habe; vgl. Johann Wolfgang von Goethe an Sulpiz Boisserée, 23. Juli 1830, in: Goethes Werke, Bd. 47, Abteilung 4 (Briefe), Weimar 1909, S. 155f. sowie Abb. 60. 38 Zu den Frontispizen aus dem Verlag Gihaut Frères vgl. auch Bouquin 1989. 39 Vgl. ebd., S. 11 und Bouquin-Chupeau 1993, S. 89.

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sche Nationalfahne. Er ist von hinten zu sehen, auf der Fahne steht „Album 1831“ geschrieben, ein Strohhut hängt symbolisch über der Fahnenspitze. Der Mann spricht zu einer aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten zusammengesetzten Menge, die aus dem Bildhintergrund zu ihm drängt, während im Vordergrund haufenweise lithographische Alben herumliegen. Die Lithographie entwickelte sich in Frankreich zur Zeit von Restauration und Juli-Monarchie bekanntlich zu einem wichtigen Instrument für die Herausbildung einer progressiven, politisch und sozial diskursiven, aber eben auch – und darum soll es hier vorrangig gehen – zu einer neuen Kunst-Öffentlichkeit. Alles andere als Standard

Die phantasievollen, sich der Karikatur annähernden Auseinandersetzungen mit dem neuen Medium Lithographie verweisen nicht zuletzt auf das Vertriebs- und Verkaufsnetz, das sich in Paris parallel zur Technik rasant herausbildete und immer weiter professionalisierte. Schon zu Beginn der 1820er Jahre wurden Lithographien in bedeutendem Umfang von den Druckern und Verlegern vermarktet.40 Ein Blatt von Charlet, das dieser wohl um 1822 zeichnete, zeigt bereits einen eigenen offenen Verkaufsstand für Lithographien. Ein erfahrener Soldat ist mit einem jungen Rekruten im Arm an die Auslage herangetreten, um die hier präsentierten Lithographien mit Napoleon-Motiven anzusehen, die wohl persönliche Erinnerungen an seine eigene militärische Vergangenheit in ihm weckten. Es waren zudem ebenjene Motive, die auch Charlet, selbst der Sohn eines Soldaten, als Lithographen bekannt gemacht hatten (Abb. 19).41 Der provisorisch anmutende, schmale Holzstand mit markisenartiger Überdachung erinnert entfernt an die am Quai der Seine noch heute zu findenden traditionellen Verkaufsbuden der Bouquinisten. Etwa auf Hüfthöhe ist eine Ablagefläche für Bücher auszumachen, darüber sind die lithographischen Blätter dicht an dicht entweder direkt an die Innenwand gepinnt oder an einer Leine aufgehängt, wie auf der linken Seite, außerhalb des eigentlichen Holzhäuschens, zu beobachten ist. Knapp zehn Jahre später, wahrscheinlich gegen Ende der 1820er Jahre, bildet Charlet erneut eine Verkaufsfläche für Lithographien ab, mutmaßlich auch wieder jene von Gihaut (Abb. 20). Die kleine Szene, die sich vor dem Laden abspielt, zeigt eine Frau und mehrere Kinder. Nun sind sie es, die gespannt den Geschichten eines Soldaten über die 40 Rudolf Schenda, der den Bilderhandel im Mitteleuropa des 19. Jahrhundert untersuchte, beschreibt einen ausgedehnten Handel mit Graphiken und speziell Lithographien über Geschäfte und Hausierer: „Die neue Reproduktionstechnik der Lithographie, verbesserte Druckerpressen und raschere Transportmittel erlaubten seit Beginn des 19. Jahrhunderts die Diffusion preiswerter populärer Bilderbögen bis in die fernsten Winkel Europas. Ausgehend von Druckerzentren […] und von Dispositären dieser Verlage in den Großstädten tragen viele Hunderte von Hausierern jährlich viele Millionen Bilder zu einem anwachsenden Publikum in Stadt und Land“; vgl. Schenda 1984, S. 163. 41 Vgl. Ausst.-Kat., Bild vom Stein 1961, Nr. 50.

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auf den ausgehängten Blättern dargestellten Ereignisse zuhören: „Seriez vous sensible?“, steht unter der Darstellung – wohl als rhetorische Frage – geschrieben, schaut man in die Gesichter der Kleinen, die mit offenen Mündern schauen und lauschen. Grundsätzlich vergleichbar mit dem vorangegangenen Blatt ist hier aus dem provisorischen Stand ein veritabler Laden geworden: mit einem Hauseingang links, zu dem zwei Treppenstufen in mindestens einen innengelegenen Raum führen. Das Geschäft, vielleicht befand sich innen auch die lithographische Werkstatt, hat keine Fenster, zumindest keine sichtbaren. Die Außenwand des Hauses, die wieder von einer markisenartigen Überdachtung geschützt wird, stellt sich erneut als Ausstellungsfläche für die Lithographien dar, die auch hier dicht an dicht und ungerahmt direkt auf die Wandfläche geheftet sind. Wie eine spätere Ansicht des Geschäfts von Gihaut am Boulevard des Italiens aus dem Jahre 1855 zeigt, war eine solche Präsentationsform für Lithographien und Drucke auch nach der Jahrhundertmitte noch geläufig (Abb. 21). Carle Vernet, der Napoleon noch selbst begleitet hatte, zeichnete schon um 1820 einen Verkaufsstand für Lithographien. Es ist der Laden des Druckerpioniers Delpech, bei dem der Künstler selbst lithographierte (Abb. 22).42 Delpechs Verkaufsstand präsentiert sich, ähnlich wie der von Gihaut in jenen frühen Jahren, als schmaler, überdachter, offener Raum, der an eine Hauswand (vielleicht das Haus von Delpechs Druckerei?) angebaut wurde. Es scheint hier jedoch insgesamt „gesitteter“, geordneter, ja „vornehmer“ zuzugehen. Die ausgestellten Lithographien sind in einfache Holzrahmen gefasst, was sie weitaus mehr wie Kunstwerke erscheinen lässt und den Präsentationsgewohnheiten etwa von Kupferstichen entsprach. Auch das die Werke betrachtende Publikum ist, der distinguierten Haltung und Kleidung nach zu urteilen, eher dem mittleren bis gehobenen Bürgertum zuzuordnen. Auch die Besucher von Delpechs Auslagen gehen ganz nah an die einzelnen Zeichnungen heran, gerade so, als wollten sie Wahrheitsgehalt und Ausführung der Darstellungen en détail untersuchen. Ein aus dem Bild herausschauender und die Menge verlassender Junge trägt eine Steinplatte auf seinem Kopf. Als Vertreter einer heranwachsenden Künstlergeneration steht er zukunftsweisend für die Möglichkeiten und Veränderungen durch ein gänzlich neues künstlerisches Medium (Abb. 23 und 24).43 Der Vertrieb lithographischer Bilder wurde neben derartigen festen Verkaufsständen – wie von alters her für graphische Blätter üblich – von fahrenden Händlern oder Hausierern übernommen. Die Lithographie „Le marchand d’images“, nach einem gleichnamigen Gemälde von Alexandre Guillemin, wurde um 1845 bei Lemercier verlegt (Abb.

42 Vgl. Ausst.-Kat. Senefelder Daumier 1988, Nr. 24. 43 Pierre Bergeret schuf bereits 1804 eine frühe Pariser „Schaufensterdarstellung“. Das Blatt „Les Musards de la Rue de Coq“ zeigt das Geschäft des Verlegers Aaron Martinet. Eine Zuschauermenge drängt sich vor dessen Schaufenster, um die ausgestellten Karikaturen und Genreblättchen zu betrachten; vgl. Pierre Bergeret (1782–1863), „Les Musards de la Rue de Coq“, 1804, Radierung, koloriert, Sammlung Anne und Arsène Bonafous-Murat, Paris.

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25).44 Das Blatt zeigt einen reisenden Graphikhändler während eines Hausbesuches. Er wählt für ein junges Bauernpaar die Darstellung einer Madonna mit Kind aus seiner mitgebrachten Mappe aus. Guillemins romantisches Motiv, (religiöse) Kunst auch in entlegene ländliche, eher kunstferne Haushalte zu bringen, führt unweigerlich die Dichotomie von Idealisierung und (oft prosaischer) Realität im Kunstbetrieb des frühen 19. Jahrhunderts vor Augen. Eine humorvoll-satirische Auseinandersetzung mit der Zirkulation und der großen Reichweite der neuen Bildware findet sich in einem weiteren Beispiel von Nicolas-Toussaint Charlet. Schon 1824, also gut 20 Jahre vor Jacots lithografischer Reproduktion von Guillemins romantisierender Darstellung, setzte er den Typus eines fliegenden Bilderhändlers ins Bild, der ganz offensichtlich an nichts anderem als an persönlicher Bereicherung interessiert ist (Abb. 26). Erneut hielt das Spielreservoir der Komödie den entsprechenden Bilderschatz bereit, um die „öffentlichen Ausrufer“ („crieurs publics“), die „fliegenden Händler“ und „Kolportateure“ („marchands ambulants“) vorzuführen. Auf dem Frontispiz für ein lithographisches Album aus dem Verlag von Gihaut eilt der dickbäuchige Bilderhändler in einem karierten, clownshaften Kostüm lachend durch das sturmgepeitschte, im Chaos zu versinken drohende Land. Die Menschheit scheint einer apokalyptischen Bilderflut schutzlos ausgeliefert zu sein. Unzählige lithographische Alben durchwirbeln die Luft und drohen alles unter sich zu begraben. Der gaukelnde Bilderhändler, bepackt mit Trommel, Trompete und Holzstuhl, trägt in der linken Hand einen Hut vor sich her, der mit Geldstücken gut gefüllt ist. Mit der rechten Hand umklammert er einen Regenschirm, der ihm als schützendes Dach dient. Über einen provisorischen Steg entkommt er als Einziger jener sintflutartigen Katastrophe, von der die Welt um ihn herum heimgesucht wird. Ja, mehr als das: Er trägt – diabolisch lachend – seinen Gewinn davon. Die vorgestellten Zeichnungen von Charlet und Raffet, zwei Künstlern, denen die Lithographie als neues Bildmedium eine brillante Karriere ermöglichte, thematisieren nicht zuletzt die oft unklare Beziehung zwischen den Künstlern, den Druckern und Verlegern bzw. den Händlern, die für die Verbreitung der Drucke eintraten. Wie Stephen Bann überzeugend dargestellt hat, waren die ökonomischen Beziehungen der beteiligten Parteien während dieser Zeit weder standardisiert noch einfach.45 Eine zunehmende Anzahl meist wenig bemittelter Künstler suchte in den großen und kleinen Lithographiehäusern nach einem Auskommen, was jedoch bedeutete, dass sie sich in der Regel sowohl dem Geschmack und den Wünschen eines zahlenden Publikums als auch des Verlegers oder Druckereibesitzers zu beugen hatten: „La lithographie, par ses procédés expéditifs et reproductifs, a merveilleusement favorisé ces dispositions, et à la passion des albums de 12000 francs a succédé celle des albums à 12 francs, objets de spéculation de la part d’habiles éditeurs, et souvent d’une ingénieuse philanthropie exercée au profit 44 An dieser Stelle mein besonderer Dank an Tom McLaughlin, Donaldheld Rare Books, NY, für die großzügige Bereitstellung der Abbildung. 45 Vgl. Bann 2001 und 2005.

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d’un artiste malheureux, ou tribut annuels offerts au public, par les artistes eux-mêmes, de la variété et de la fécondité de leurs inspirations“, wie in dem bereits herangezogenen Artikel aus dem Journal des Artistes et des Amateurs von 1828 festgestellt worden war.46 Darüber hinaus gaben die ständigen technischen Modifikationen den Künstlern immer neue Werkzeuge zur Hand. Die Künstler konnten bestimmte Arten von Arbeiten in ihrem eigenen Ateliers oft nicht mehr selbst betreiben und gingen in ein lithographisches Institut, wo sie das notwendige Material fanden und zusammen mit einem erfahrenen Drucker arbeiten konnten.47 Obwohl es Künstler-Drucker gab, die Rolle des Künstlers und des Druckers also austauschbar war, zogen die meisten Künstler es vor, einen bestimmten Drucker heranzuziehen, weshalb Letzterem großes Gewicht bei der Bewertung der Qualität eines Blattes zuzusprechen ist.48 In dem zeitgenössischen Kunstjournal L’Artiste aus dem Jahr 1833 wurde entsprechend die Frage aufgeworfen: „Qu’est-ce que lithographe sans l’imprimeur? Et qu’est-ce qu’n imprimeur s’il n’est artiste?“ Die nachfolgende Feststellung „l’imprimeur artiste est fort rare: c’est ce qui en fait le mérite“49 ist durchaus aussagekräftig und spielt auf die erfolgreichen zeitgenössischen Druckerpioniere mit künstlerischem Hintergrund an, einen Typus, der wohl vor allen anderen von Godefroy Engelmann verkörpert wurde. Der bereits erwähnte Adolphe Blanqui stellte in seiner Abhandlung 1827 die neue Rolle der Verleger und Händler als Begründer einer wichtigen industriellen Branche deutlich heraus. Seiner Meinung nach habe die Lithographie erst durch sie zu künstlerischem Rang gelangen können: „M. Engelmann, M. Motte, M. Noel, M. Langlumé, en ont fait une branche importante de l’industrie nationale, une redoutable rivale pour la gravure, une auxiliaire puissante de l’imprimerie, et peut-être de la civilisation.“50 Das Bemühen der hieran beteiligten Akteure, die Summe aus den gemachten Erfahrungen zu ziehen, zeigte sich in einer ganzen Reihe von Traktaten und Lehrbüchern über Geschichte und Technikbeschreibung des Steindrucks, als deren bedeutendste in diesen Jahren erschienen: „Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerei“ (1818) von Senefelder, das im Folgejahr ins Französische übersetzt wurde, 1822 und 1824 Engelmanns viel gelesenes „Manuel du dessinateur lithographe“ und 1835 von demselben „Traité théorique et pratique de lithographie“ sowie die Publikation des Engländers Hullmandel „The Art 46 Anonym: „Des Albums“, in: Journal des Artistes, 2. Jg., Nr. 12, 23. März 1828, S. 183. 47 Ein wichtiger Aspekt war die Zeitersparnis, da große Editionen schneller vorbereitet werden konnten als mit den herkömmlichen Techniken; vgl. Beall 1980, S. 199. 48 Vgl. ebd. Auch Beall stellt in ihrem Artikel die Tatsache in den Vordergrund, dass die meisten Versuche in den frühen Dekaden der Lithographie von Druckern gemacht worden sind, deren Erfahrung in der Zusammensetzung der Tinte, Beurteilung des Druckprozesses und Details zur Verbesserung der Qualität den Künstlern endlose Stunden des Versuchens und Experimentierens erspart haben. 49 Michel Raymond: „De la Lithographie“, in: L’Artiste, 1833, 1ère série, Bd. V, S. 59–61, hier S. 60. Raymond spricht in dem Aufsatz eine fiktive Dame an, die er leidenschaftlich über die Bedeutung des lithographischen Verfahrens aufklärt. 50 Blanqui 1827, S. 281. Vgl. auch Bobet-Mezzasalma 1999, S. 156.

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of Drawing on Stone“, ebenfalls aus dem Jahre 1824. Als praktische Anleitung und Bewertungsgrundlage spielten diese Veröffentlichungen neben den fortlaufenden Berichten in den Bulletins der Société d’Encouragement und anderen Zeitschriften eine wesentliche Rolle für die Durchsetzung und Verbreitung des neuen Mediums.51 b

Aut Caesar aut nihil

Reisefieber

Auch der junge Louis Sachse, in der französischen Kolonie in Berlin aufgewachsen und zweisprachig erzogen, hatte sich auf seinen lang ersehnten Studienaufenthalt in Paris mit Reisebeschreibungen und Lithographenhandbuch bestmöglich vorbereitet: „So bin ich denn jetzt ein wahres Perpetuum Mobile, und ich sehne mich schrecklich nach dem Augenblick der Abreise oder wenigstens der Entscheidung aut Caesar aut nihil, denn wird aus der Reise nichts, so werfe ich den ganzen Atlas der Beschreibungen von Paris, das Lehrbuch der Lithographen, das Reisethagebuch und Gott weiß was alles zum Fenster hinaus“, schrieb er im Januar 1827 voll Ungeduld seiner Verlobten Nanni L’Hermet, die noch bis zur Hochzeit 1828 in Magdeburg bei ihren Onkel wohnte.52 Bei dem von Sachse erwähnten „Lehrbuch der Lithographen“ handelte es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um die frühe Schrift von Aloys Senefelder. Dessen biographische Einführung schließt mit dem Wunsch des Erfinders, dass die Lithographie „bald auf der ganzen Erde verbreitet, der Menschheit durch viele vortreffliche Erzeugnisse vielfältigen Nutzen bringen, und zu ihrer größten Veredelung gereichen, niemals aber zu einem bösen Zwecke missbraucht werden möge. Dies gebe der Allmächtige! Dann sey gesegnet die Stunde, in der ich sie erfand“.53 Bei Sachse ist in der Zeit seiner Reisevorbereitungen von dem „Drang“ und der „Wollust“ zu lesen, „in der Zukunft noch einmal ein rechtmäßiger Weltbürger zu werden, so ein Erfinder irgend eines Nützlichen, zum 51 Senefelder selbst hat in seinem Lehrbuch von 1818 bereits 25 verschiedene Manieren beschreiben können. Er ließ es unmittelbar ins Französische übersetzen; vgl. Senefelder 1819. Rudolph Ackermann veröffentlichte die erste englische Übersetzung von Senefelders Lehrbuch ebenfalls im Jahre 1819. Wichtige weitere frühe Veröffentlichungen über lithographische Druckprozesse: Engelmann 1822; Hullmandel 1824. Die Bedeutung dieser Traktate muss sehr hoch eingeschätzt werden. Ihre Autoren gaben genaueste Instruktionen über den Vorgang, das Erstellen und das Bewerten von lithographischen Blättern, um eine Klientel für das neue Medium zu begeistern und heranzuziehen. Die Schriften der Druckerpioniere über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse im rasch voranschreitendem Entwicklungsprozess des Verfahrens konstituierten sich als äußerst erfolgreiches Promotions-Vehikel für die Vermittlung und Verbreitung der technischen Grundzusammenhänge und das Bewerten der Blätter, indem ausgewählte Probedrucke im Text vorgestellt und diskutiert wurden; vgl. Twyman 1970, S. 109–131. 52 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 20. Januar 1826. 53 Vgl. Senefelder 1818, S. 132.

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Wohl der Menschheit führenden“.54 Dass die eigene Situation, von Haus aus nur mit bescheidenen Geldmitteln ausgestattet zu sein, ein solches Vorhaben erschwerte, war Sachse bewusst: „Wenn ich mich nicht schämte zur Klasse der elenden Künstler und ewigen Bettler zu gehören, so spräche ich innig die Worte aus: ach, wenn ich doch vom Glück (in gewisser Hinsicht) mehr begünstigt wäre, was könnte dann in der Welt geleistet werden!“55 In der festen Absicht, ein eigenes lithographisches Institut in Berlin zu begründen, hatte sich Sachse mit der Bitte um eine finanzielle Unterstützung für eine Ausbildung in Paris und München an das Kultusministerium gewandt. Der wohlhabende Onkel seiner Verlobten Nanni L’Hermet hatte ihm einen Kredit für den Aufbau seines Etablissements zugesichert, doch war Sachse eine vorausgehende „Vervollkommnung“ seines Wissens über den „herrlichen Kunstzweig“ der Lithographie in Paris und München als dringend notwendig erschienen.56 Während der aufreibenden Zeit, in der Sachse auf eine Antwort der staatlichen Behörde wartete, ist in seinen Briefen von verschiedenen Persönlichkeiten zu lesen, die er um Rat fragte und deren Einschätzung der Situation ihm wichtig war. Eine bedeutende Rolle im Zuge der Entscheidungsfindung und der Reisevorbereitungen für Paris spielte zweifelsohne Wilhelm von Humboldt (1767–1835). Von 1819 bis 1822 hatte Sachse als Privatsekretär für Humboldt gearbeitet. Den naheliegenden Gedanken an eine akademische Laufbahn hatte er aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung und einer daraus resultierenden Festungshaft jedoch verwerfen müssen.57 Das vertraute Verhältnis zu dem preußischen Staatsmann, der nicht zuletzt wegen seines Widerstandes gegen die Karlsbader Beschlüsse und des Versuchs, eine liberale Verfassung in Preußen zu begründen, Ende 1819 seiner Ämter enthoben worden war, blieb bestehen. Sachse führte auch weiterhin Arbeiten für Humboldt aus, der sich auf dem Familiensitz in Schloss Tegel seither vorwiegend den Sprachwissenschaften widmete (Abb. 27).58 Bevor Sachse „das pro memorie an das Ministerium des Cultus“ abschickte, hatte „der Minister [Wilhelm von Humboldt ge]wünscht, es erst zu haben“, wie der junge Sekretär seiner Verlobten nach Magdeburg schrieb.59 Sachses Antrag ist im Geheimen Staatsarchiv bewahrt. Der junge Lithograph berichtet hierin von seinem Vorhaben: „Seit beinahe zwei Jahren arbeite ich im hiesigen königlichen lithographischen Institute und 54 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. August 1826. 55 Vgl. ebd. 56 Vgl. GStA PK, Rep. 76Ve, Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 3, Bd. 2, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 10. November 1826. 57 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 261f.; außerdem Sachse 1943, S. 4–8. Es wird auf Sachses Beziehungen zu einer polnischen Studentenverbindung und die Festungshaft im Kapitel II.3.a, „Verwünschte Aristoratenstadt“, näher eingegangen. 58 Mein besonderer Dank an dieser Stelle an das Freie Deutsche Hochstift, Frankfurter Goethe-Museum, speziell an Dr. Mareike Hennig, für die großzügige Bereitstellung der Reproduktion. 59 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. November 1826.

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bin in dieser Zeit so viel als möglich bemüht gewesen, mir außer einiger praktischer Übung in vielen Theilen der Lithographie, eine ziemlich genaue und gründliche Kenntniß dieses Fachs [...] zu erwerben, sodass ich es nunmehr wagen zu dürfen glaube und entschlossen bin, ein eigenes Institut der Art zu gründen. Um aber eines gewissen günstigen Erfolgs meines Unternehmens versichert zu seyn, und dazu beitragen zu können, diesen herrlichen Kunstzweig in meinem Vaterlande mehr zu heben, wünsche ich mich einige Zeit in Paris und München aufzuhalten, um mich durch den Besuch der vortrefflichen lithographischen Anstalten dieser beiden Städte, und der vorzüglichsten auf dem Wege dahin zu vervollkommnen. Da ich nun ohne alles Vermögen bin, und ich das zu meinem Etablissement erforderliche Kapital von einem Gönner und Wohlthäter vorgeschossen erhalte, so erdreiste ich mich Eure Excellenz dringend und gehorsamst zu bitten, mir während meiner Ausbildungsreise im Ausland eine Geldunterstützung aus königlichen Fonds gnädigst zu bewillligen. [...] Rücksichtlich meiner übrigen Fähigkeit und Person habe ich die Erlaubniß mich auf die Zeugnisse des Herrn Staatsministers Freiherrn von Humboldt und des Herrn Generals Rühle von Lilienstern zu berufen. Wenn ich mich nun außerdem gern jeder Prüfung unterwerfe, so werden eure Excellenz um so mehr die hohe Gnade haben, mein unterthänigsten Gesuch zu erfüllen, als mich für das Fach der Lithographie der regste Eifer beseelt. Stets werde ich bemüht seyn, mich für die mir bewilligte Unterstützung so nützlich, als es immer in meinen Kräften steht, zu machen. Ich wage es daher mich Euer Excellenz zu Dienstleitungen oder Geschäften irgend einer Art während meiner Reise anzubieten, und verspreche die gehorsamste Rechenschaft über mein Thun und Lassen und von den Resultaten meiner Beobachtungen, in regelmäßig einzunehmenden schriftlichen Relationen, abzulegen. In der frohen Zuversicht einer baldigen günstigen Relation habe ich die Ehre, [...].“60 Sachse berief sich in dem für seine Zukunftsplanung so wichtigen Schreiben also auf Zeugnisse von Wilhelm von Humboldt sowie von General August Rühle von Lilienstern (1780–1847), dem Direktor des Königlich Lithographischen Instituts zu Berlin. Humboldt kannte die zeichnerische Begabung seines ehemaligen Sekretärs und ließ ihn in Rühles Institut entsprechende Arbeiten ausführen. An beide wandte sich der junge Antragsteller wiederholt mit der Bitte um Rat: „Ich habe wieder zwei Unterredungen mit dem Minister [Wilhelm von Humboldt, d. V.] und eine mit General Rühle wegen meiner Reise und meines Etablissements gehabt. Beide haben mir versichert, dass sie bereits meinethalben verschiedene Schritte gethan hätten und noch thun würden. Ich habe mich [...] durchaus auf sie, rücksichts meiner Person und meiner Fähigkeiten, berufen müssen, sodass ich einigen Erfolg erwarten dürfte. Allein ich lasse mich nicht verführen gewiß auf eine kostenfreie Reise zu rechnen“, schrieb er – wenn auch nicht ohne Skepsis – hoffungsfroh seiner Verlobten Nanni.61 60 GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 3, Bd. 2, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 10. November 1826. 61 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. November 1826.

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Auch Humboldts Forschungen waren damals wesentlich von wissenschaftlichen Neuigkeiten aus Frankreich geprägt. Der rege Austausch mit seinem in Paris lebenden Bruder Alexander von Humboldt (1769–1859), der hier sein umfangreiches amerikanisches Reisewerk erarbeitete und (nicht zuletzt aufgrund der hohen verlegerischen Qualitäten) auch drucken ließ,62 trug maßgeblich zu dem fruchtbaren deutsch-französischen Wissenschaftsverkehr jener Jahre bei.63 Eines der wichtigsten Ereignisse war die aufsehenerregende Entzifferung ägyptischer Hieroglyphen durch den französischen Sprachforscher Jean-François Champollion (1790–1832).64 Bereits unmittelbar nach deren Erscheinen im Jahre 1822 hatte Wilhelm von Humboldt begonnen, mit den neuen Erkenntnissen zu arbeiten, diese zu referieren und eine persönliche Korrespon62 Das umfangreiche Reisewerk über die Beobachtungen und Ergebnisse jener Expedition, die Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland von 1799 bis 1804 durch Südamerika führte, veröffentlichte derselbe in Paris und auf französischer Sprache zwischen 1807 und 1833 in 34 Bänden. 63 Wilhelm von Humboldt veröffentlichte zu jener Zeit selbst mehrere französischsprachige Aufsätze im Journal asiatique, dem Publikationsorgan der Pariser Société asiatique, deren korrespondierendes Mitglied er seit 1824 dank der Initiative seines in Paris weilenden Bruders Alexander war. Der in verschiedenen Pariser Wissenschaftsinstitutionen umtriebige Naturforscher wusste die Nachfrage nach den Forschungsergebnissen seines älteren Bruders gezielt zu schüren und setzte sich kontinuierlich für deren Verbreitung ein: „Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich hier gequält werde, Deine sprachlichen Akademieabhandlungen zu besorgen. Man bittet mich dauernd darum. Bitte, schicke mir die Exemplare, die Du übrig hast, besonders über die Bhagavad Gita“ (12. März 1827); vgl. Humboldt auf Reisen. Zum Start des DFG-Projekts Wilhelm von Humboldt und Frankreich, in: FU-Nachrichten Online 1–3/2004: 6. 64 Jean-François Champollion (1790–1832), Sprachforscher, Historiker und Bibliothekar. Beherrschte neben Hebräisch und mehreren orientalischen Sprachen auch Koptisch, Arabisch und Syrisch. 1822 gelang Champollion infolge einer jahrelangen Beschäftigung mit dem sogenannten Stein von Rosetta die Entzifferung erster Hieroglyphen. Der Stein von Rosetta war 1799 bei Erdarbeiten an einer französischen Befestigungsanlage in der Nähe der Nilmündung von französischen Soldaten der Expedition Napoleons gefunden. Die erste Abhandlung über seine Entdeckung schickte Champollion an Dacier, dem damaligen Präsidenten der Académie des Inscriptions et Belles Lettres. Der Text wurde im selben Jahr unter dem Titel „Lettre à Dacier“ im Journal des Savants der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Erkenntnisse Champollions waren aufsehenerregend. Humboldt hatte den Text unmittelbar nach seinem Erscheinen erhalten und den Inhalt in seiner Abhandlung „Schrift und Sprache“ verarbeitet. Im Jahr 1824 erschien eine verbesserte Neuedition unter dem Titel „Précis du système hiéroglyphique“. 1823 begann Champollion mit seinem enzyklopädischen Werk zu den Hieroglyphen, dem „Panthéon égyptien“, das er bei seinem Tode im Jahr 1832 unvollendet hinterließ. 1824 ging Champollion nach Italien, um dort die Sammlung Drovettis zu untersuchen, die der König von Sardinien erworben hatte. Hieraus resultierte die bedeutende Publikation „Lettres à M. le duc de Blacas“, die Humboldt zusammen mit dem „Panthéon“ und dem „Précis hiéroglyphique“ in seiner zweiten Abhandlung, die sich ausführlich auf Champollion stützte, heranzog. 1826 wurde er der erste Konservator des ägyptischen Museums im Louvre, das 1827 eröffnet wurde. 1828 reiste Champollion erstmals selbst nach Ägypten. Nach seiner Rückkehr im Jahr 1830 wurde er Inhaber des ersten Lehrstuhls für Geschichte und Archäologie am Collège de France; vgl. Reutter 2006, S. 124–134, hier bes. S. 130–132.

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denz mit dem französischen Kollegen aufzunehmen.65 Erste Überlegungen „Über vier ägyptische, löwenköpfige Bildsäulen in den hiesigen Königlichen Akademiesammlungen“ trug Humboldt am 25. März 1825 im Rahmen seiner Vorlesungsreihe über Schrift und ihr Verhältnis zur Sprache an der Akademie der Wissenschaften vor.66 Anhand der vier altägyptischen Bildsäulen aus der Berliner Sammlung wollte er die Bedeutung von Champollions Entdeckung dem interessierten Publikum vor Augen führen.67 Sie sollte in den „Abhandlungen der historisch-philologischen Klasse der Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1825“, Berlin 1828, S. 145–168, erstmals im Druck erscheinen. „Herr Minister von Humboldt lässt jetzt eine Abhandlung über Hieroglyphen und aegyptische Alterthümer drucken. Ich habe schon vor vielen Monaten dazu mehrere Zeichnungen liefern müssen, die jetzt Herr v. H[umboldt] von mir in Stein gestochen zu haben wünscht. Eine Arbeit, die doch wenigstens 10 Tage kostet. Er bittet aber so dringend, dass ich schon um ihm nicht ungefällig zu scheinen, seinen Wunsch gar nicht unerfüllt lassen kann“, schrieb Sachse im Februar 1827, also kurz vor seiner Abreise nach Paris, an Nanni L’Hermet (Abb. 28).68 Die den Text ergänzenden Bildtafeln nahmen einen wichtigen Platz in Humboldts Abhandlung ein. Für die Deutung der Berliner Hieroglyphen hatte Humboldt selbst das monumentale Werk „Description de l’Égypte, ou recueil des observations et des recherches qui ont été faites en Égypte pendant l’expédition de l’armée française, publié par les ordres de sa majesté l’empereur Napoléon le Grand“ herangezogen, das aus sieben Textbänden und fünf Bänden mit Kupferstichtafeln besteht.69 Das aufwendige Tafelwerk gilt noch heute als eindrucksvolles Beispiel der qualitätvollen französischen Druckerkunst des frühen 19. Jahrhunderts.70 65 Humboldt begann seine Abhandlungen mit einer Würdigung sowohl der Person als auch der wissenschaftlichen Leistungen Champollions, indem er den Leser wissen ließ: „Nach der großen und wahrhaft musterhaften Gefälligkeit, mit welcher dieser Gelehrte, frei von aller kleinlichen Eifersucht und ängstlichen Geheimhaltung, über die ihn die Sicherheit seiner Forschungen emporhebt, seine Entdeckungen frei und offen mittheilt, beantwortete derselbe meine Fragen in einem ausführlichen Briefe [...]. Ich habe es mir zur Pflicht gemacht, dasjenige aus diesem Briefe, was zunächst hierher gehört, in meine Abhandlung zu verweben, und wo ich Herrn Champollion ohne Nennung einer seiner Schriften anführe, beziehe ich mich auf diese briefliche Mittheilung“; vgl. Humboldt Schriften (1828) 1907/1968, S. 134. 66 Vgl. ebd. 67 Zur Erklärungen der Bildsäulen zieht Humboldt ausführlich Champollions „Panthéon égyptien“ (1823–31), „Précis du système hiéroglyphique“ (1824) und den „Lettre à M. le duc de Blacas“ (1824/26) heran. Auch sein Bruder Alexander zählte Champollion zu den herausragenden Korrespondenten Humboldts. In seinem Exemplar von Champollions „Lettre à M. Dacier“ finden sich zahlreiche handschriftliche Notizen Humboldts; vgl. Reuttner 2006, S. 132. 68 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. Februar 1827. 69 Das oben genannte Werk entstand als Zusammenfassung der Erkenntnisse über die Denkmäler und Kultur Ägyptens, die aus dem als „ägyptische Expedition“ bezeichneten Feldzug Napoleons von 1798 bis 1801 gewonnen werden konnten. Das monumentale Werk wurde von der Commission d’Egypte in den Jahren 1809 bis 1827 in Paris veröffentlicht. 70 Vgl. http://descegy.bibalex.org.

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Während seiner Reisevorbereitungen erwähnt Sachse wiederholt, dass er „für den Minister noch zu thun habe“, er ihn „bis 8 Uhr abends bei sich“ behalte.71 Gleichzeitig wartete er „schmerzlich auf eine Antwort des Ministers Altenstein“. Herr von Kamptz72 würde an eine günstige, Herr von Humboldt und General Rühle von Lilienstern an eine ungünstige Rückmeldung glauben, obgleich sie ihm „nicht alle Hoffnung rauben“ wollten, schrieb er Ende November 1826.73 Kurz vor Weihnachten kam die Resolution. Wilhelm von Humboldt sollte recht behalten, wie Sachse das Antwortschreiben des Ministers von Altenstein kommentierte, das wie folgt ausgefallen war: „Ich befinde mich zu meinem größten Bedauern nicht im Stande Eurer Wohlgeboren die, in der Eingabe vom 10. d. Monats erbetene Unterstützung zu Ihrer weiteren Ausbildung bei auswärtigen lithographischen Instituten zu bewilligen, indem mir hierzu kein geringster Dank zur Disposition steht; solange kann ich Ihnen bei Rückforderung der Zahlungen nur überlassen, sich eventualiter an das Königl. Kriegsministerium deshalb zu wenden, durch welches die Vervollkommnung der lithographischen Technik umfassend berücksichtigt wird.“74 Diesen seine Reise erneut verzögernden Schritt wollte Sachse jedoch nicht mehr gehen. Der Onkel seiner Verlobten Nanni war bereit, ihm auch die Geldmittel für die weiterführende lithographische Ausbildung in Paris zu leihen, was Sachse nun dankend annahm.75 Rühle von Lilienstern schrieb Sachse ein Zeugnis aus und gab ihm gleich mehrere Aufträge an den Besitzer der Senefelder’schen Druckerei in Paris mit auf den Weg. Er wollte ihm „Unannehmlichkeiten an der Grenze [zu] ersparen“.76 Auch Kamptz schrieb ihm eine Empfehlung, ebenso wie Wilhelm von Humboldt, der, „immer der Zuverlässigste“, ihm zudem „wie versprochen [...] eine Empfehlung an seinen Bruder“ mitgab.77 Der Möglichkeit, Alexander von Humboldt noch in Paris treffen zu können, maß Sachse höchste Priorität bei. Der berühmte Forschungsreisende, dessen Wahlheimat für so viele Jahre die Seinemetropole gewesen war, bereitete just in jenen Wochen seine Rückkehr nach Berlin vor. Sachse hatte von diesen Plänen frühzeitig erfahren: „Große Sorgen scheinen vorzugehen. Montag, 30. Oktober war der ganze Hof in Tegel, wofür er sich selbst eingeladen hatte, sodass der Minister sein Silberzeug und vieles mehr hinausschaffen lassen musste. Noch nicht genug. Freitag, den 3. November waren der 71 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 7./8. Dezember 1826 und Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 20. Januar 1827. 72 Karl Albert Christoph Heinrich Baron von Kamptz (1769–1849). Seit 1825 Erster Direktor im Justizministerium, ab 1832 Staats- und Justizminister. 73 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 20. November 1826. 74 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 19. Dezember 1826. 75 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 20. Januar 1826, 4. März 1827 und 13. März 1827. 76 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. März 1827. 77 Vgl. ebd.

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König und die hohen Herrschaften schon wieder zum Diner draußen. Man spricht von dem Wunsche des Königs Alex. H[umboldt] wieder um sich zu haben. Zum Wohl des Landes wünsche er dies von Herzen. Man sagt ferner, Alex. H[umboldt] habe sich auch entschlossen hier zu bleiben; er reise bloß noch nach Paris, bringe dort seine Angelegenheiten in Ordnung und komme dann zurück.“78 Allein wenn Sachse „Nutzen aus dem Aufenthalt des Herrn v. H[umboldt] in Paris ziehen“ wolle, könne er nicht anders, als schnellstmöglich abzureisen: „Die Reisezwecke müssen ebenfalls sua desiderata bleiben, frühestens dass ich in Cassel 1 Tag, in Frankfurt und Mainz 2 Tage noch verweile, sonst darf ich mich nicht aufhalten.“79 Wilhelm von Humboldt hatte den Eifrigen beruhigen können, indem er ihn über die genauen Reisepläne seines Bruders auf dem Laufenden hielt. Am 18. März 1827 berichtete Sachse seiner Verlobten erleichtert nach Magdeburg: „Ich brauche mich nun doch nicht so sehr abzumartern, und kann ganz ruhig meine 3 Tage in Magdeburg verweilen, ohne befürchten zu müssen, Herrn v. H[umboldt] nicht mehr in Paris zu treffen. Anfangs hieß es, dass derselbe am 14. d. M. aus Paris reisen sollte. Gestern aber zeigt mir Herr Minister an, dass sein Bruder bis zum 24sten dort sich aufhalten würde. Nun kann ich Cassel, Mainz, Frankfurt, ja sogar die Rheinreise bis Coblenz ohne Angst genießen, und ich denke dann bestimmt zum 14 – 16 in Paris einzutreffen, wo mir Zeit genug bleibt Nutzen durch Herrn v. H[umboldt] zu ziehen.“80 Vielleicht könne er sogar Wilhelm von Humboldt noch einmal in München treffen, der sich auf dem Rückweg von Gastein dort noch einige Zeit aufhalten wolle.81 Am 24. März 1827 fuhr Sachse aus Berlin zunächst in Richtung Magdeburg ab. Die gut zweiwöchige Reise führte ihn durch Kassel, Gießen, Frankfurt, Koblenz, Mainz, Kaiserslautern, Homburg, Saarbrücken, Forbach, Saint Avold, Fonligny, Courcelles, Metz, Verdun, Châlons-en-Champagne und Meaux, bis er am 12. April 1827 Paris erreichen sollte. Die Fahrt mit der Kutsche durch den „gefährlichen Harz“ bis nach Kassel verlief äußerst beschwerlich; die Wetterbedingungen waren ungünstig und ein Rad war gebrochen.82 An der französischen Grenze bestieg Sachse erstmals einen modernen französischen Wagen, der nicht für vier, sechs oder acht, sondern für 20 Personen Plätze bereithielt. In einem mehrseitigen Brief an seine Familie beschrieb er begeistert den Bau und die Aufteilung des Gefährts und fügte sogar eine handgezeichnete Skizze 78 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. November 1826. 79 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. März 1827. 80 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. März 1827. 81 Vgl. ebd. 82 Sachse klagte: „Oh Nagler, Nagler, wie viel bleibt hier zu thun übrig! Man findet hier auch nicht die geringste Anstalt zur Verbesserung der Wege, da doch die kleinen Staaten Bernburg, Anhalt, Stolberg, durch welche wir kommen, selbst jetzt nach dem schwerlichen Wetter sich ganz in Charpen darbieten [...]“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Kassel, den 30. März 1827. Karl Ferdinand Friedrich von Nagler (1770–1846), von 1823 bis 1836 Preußischer General-Postminister.

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der Kutsche ein (Abb. 29). Nicht weniger ausführlich berichtete er über die wechselnde, teilweise hochrangige Reisegesellschaft aus Adel, Diplomatie und Bildungsbürgertum, der er hier begegnete.83 Große Sympathie empfand er für eine Gruppe, mit der er von Mainz bis nach Paris gefahren war: „Um 6 Uhr saß ich in der Diligence mit folgender Gesellschaft: Herr v. Carlowitz, ein ungemein feiner junger Mann, neben ihm ich, wir beide rückwärts; den Fonds nahmen Herr von Symolin, Kammerherr des Fürsten v. Nassau und Innenminister Ritter, ein junger Mann von ungemeinen Kenntnissen, der fast alle Länder bereist, in Curland geboren war, und mit den ersten Dichtern unserer Zeit, vorzüglich mit Goethe und Tieck genau bekannt ist; neben ihm saß Herr Hanau, Cosimus des Herrn Rothschild in Frankfurt. Letzterer spricht vier Sprachen, geht jetzt nach Neapel, um dort die Stelle des einen Rothschild einzunehmen. Eine so überraschende Gesellschaft habe ich noch nie gehabt und du kannst dir denken, wie sehr ich allen nachstand. Umso überraschender ist es mir, dass wir alle so gut Freund geworden sind, und bis zu dieser Stunde keinen Schritt voneinander gewichen.“84 In Kassel, Frankfurt und Mainz hatte Sachse längere Aufenthalte, die er mit Besuchen in den Kirchen, Museen und Theatern gut auszufüllen wusste: „Das Museum in [Kassel] ist wirklich interessant, man trifft dort seltene Antiken, in Stein und Bronce, Münzen-, Eier-, Conchilien und ornithologische Sammlungen, auch herrliche physikalische und entfremdliche Seltenheiten, die mich ganz befriedigt haben.“85 Auch über die örtlichen lithographischen Anstalten informierte er sich: „Der Lithographie habe ich den ganzen Nachmittag bis zum Theater gewidmet. Die Anstalt des Herrn Commerzienrath Arnold, der mich sehr freundlich empfangen, hat manches Ansehen, morgen früh gehe ich wieder hin“, ließ er seine Mutter in Berlin wissen.86 In Frankfurt besuchte er die „Bethmannschen Gärten und die antiquarische Sammlung“ sowie das städtische Museum der Zoologie, wo er „die Bekanntschaft des Herrn Professor Börsch aus Hanau [machte], der mit allen Berliner Verhältnissen genau bekannt war [...]. Die Sammlung ist in vielen Branchen reicher, als die unsere“.87 Mit Börsch besuchte er auch das „Kunstinstitut“, wo ihn „vortreffliche Niederländer, einige Poussin und altdeutsche Meister“ sehr beeindruckten.88 Als Sachse das erste Mal nach Paris einfuhr, war er schier überwäl83 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Kassel, den 30. März, Koblenz, den 7. April 1827 und Paris, den 14. April. Sachse beschreibt in diesen Briefen seine erste Reise in der Art eines fortlaufenden Tagebuchs. 84 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Mainz, den 8. April 1827. Ein englischer Reiseführer aus dem Jahr 1817 beschreibt das Reisen mit der Diligence ebenfalls recht amüsant: „Tout y est vie, mouvement et joie. Dès que vous y entrez, vous êtes en parfaite familiarité avec vos compagnons de route. En un instant toutes les langues marchent, chacun s’applique à se rendre heureux et à contribuer au bien-être de ses compagnons. On parle, on plaisante, on rit, on chante, on récite des vers... Un jeu qui ressemble à nos propos interrompus est souvent joué en diligence et faire naitre un grand agrément“; zit. nach Adhémar 1997, S. 37. 85 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Kassel, den 30. März 1827. 86 Vgl. ebd. 87 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16. April 1827. 88 Vgl. ebd.

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tigt: „Symolin, Carlowitz und ich saßen oben auf dem ungeheuren Wagen, der sich mit unendlicher Geschwindigkeit durch das unbeschreibliche Gewühl dieser Stadt durchschlängelte. Ich schwindelte oben; es war der 2. Tage des Festes von Langchamps, wo alles, was Füße hat, sich im feinsten Ornat zeigt [...].“89 Sachse nahm sich ein Zimmer im Hotel Vivienne und spazierte durch die Straßen der Seinemetropole: „[D]as Treiben übersteigt alle menschlichen Begriffe, keine, auch die reichste Phantasie, kann sich so etwas denken, ich wusste nicht, träumte oder wachte ich, und alle meine Vorstellungen waren bei weitem übertroffen (Abb. 30 und 31).“90 Von Humboldt zu Humboldt

Kaum in der französischen Metropole angelangt, erfuhr Sachse, dass Alexander von Humboldt (Abb. 32) bereits im Begriff sei, mit dem Londoner Gesandten Heinrich von Bülow91 nach England abzureisen. Der junge Berliner „stürzte fort und hätte in Tränen ausbrechen mögen“,92 hatte er doch so große Hoffnungen in ein persönliches Treffen mit dem großen Naturforscher gesetzt: „Hier erfuhr ich die schreckliche Neuigkeit, dass Herr v. Humb[oldt] sich entschlossen hätte, mit Herrn v. Bülow, Gesandter in London, dahin abzureisen und nicht mehr bis zum 10. Mai hier [in Paris, d. V.] zu bleiben. Ich erschrak heftig und eilte sogleich mit meinem Brief dahin, fand ihn aber nicht. Nun besuchte ich unterdessen Schlesinger und ging von da wieder zu Herrn v. H[umboldt]: wieder nicht da, ich sollte vor 5 Uhr kommen.“93 Sachse eilte ein weiteres Mal, um Alexander von Humboldt zu treffen, der aber war noch immer nicht da: „Der Kammerdiener meint, ich müsse meinen Brief versiegelt dalassen, es würde mir schon gelingen, Herrn v. H[umboldt] noch zu treffen. Ich that es aber nicht und wollte das Mögliche versuchen, deshalb besuchte ich ihn um 10 Uhr abends nochmals, und musste mich nun entschließen, den Brief, auf welchen ich alle meine Hoffnung gesetzt hatte, zunächst zu lassen für Herrn v. H[umboldt] zuhause, der schon um 4 Uhr früh abreisen sollte. Ich war in Verzweiflung und bin es noch. All meine Erwartungen durch einen so schnellen Reisebeschluß vereitelt. Es ist ein großes Unglück für mich!“, schrieb Sachse nach Magdeburg.94

89 Vgl. ebd. 90 Vgl. ebd. 91 Heinrich Freiherr von Bülow (1792–1846), preußischer Staatsmann. Bülow arbeitete unter dem Staatsminister Wilhelm von Humboldt, folgte ihm 1817 als Gesandtschaftssekretär nach London und 1819 nach Berlin, wo er im auswärtigen Amt den Vortrag über Handels- und Schifffahrtssachen übernahm. 1820 heiratete er Humboldts jüngere Tochter. Ab 1827 preußischer Gesandter in London. 1842 bis 1845 Minister für auswärtige Angelegenheiten. 92 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16. April 1827. 93 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 14. April 1827. 94 Vgl. ebd.

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Nachdem Sachse „nun Herrn v. H[umboldt] aufgegeben hatte“, wollte er sich dem Gesandten präsentieren und ihm seinen Brief übergeben. Die daraus resultierende folgenreiche Episode beschrieb Sachse ausführlich in einem Brief an seine Mutter: „Um 12 Uhr lasse ich mich melden und werde angenommen, soll nur ein wenig verziehen. Man führt mich also in ein großes Zimmer, wo mehrere Herren mit Packen beschäftigt sind. Ich erkannte die Reiseeffecten des Herrn von Bülow und sehe ihn selbst unter den Herren, die keine Notiz von mir nahmen. Herr von Bülow entfernte sich in ein anderes Zimmer, und ich konnte ihn durch die offene Tür schreiben sehen. Die Herren meinten, ich könnte schwer Herrn v. Werther95 sprechen können, der sehr beschäftigt sey. Ich ließ mich nicht abweisen, da ich schon angenommen war. Endlich tritt ein kleiner Mann aus einem Kabinett, und fragt mich, was ich wünschte. Ich überreichte meinen Brief, nannte meinen Namen und bat um Verzeihung, ihn zu stören. Herr v. Werther wurde viel freundlicher und sagte endlich: Ich freue mich Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie haben doch Herrn v. Humboldt schon gesprochen? – Ich bin erst vorgestern abend angekommen, habe Herrn v. H[umboldt] gestern 4 Mal in seinem Hotel gesucht, und heute früh ist er schon abgereist. – Ei, das ist ja ein glücklicher Zufall, ich habe zwar schon Aufträge für sie, allein sie können nun Herrn v. H[umboldt] selbst sprechen, setzen sie sich einen Augenblick, er wird gleich da seyn. Mir ging ein freudiges Licht auf. – Herr v. Bülow, der wohl jetzt gehört haben mochte, dass ich angekommen sey, da die Herren, die da packten in das andere Zimmer liefen, trat zu mir, und freute sich, mich zu sehen, und wunderte sich, mich nicht erkannt zu haben. Wir sprachen ein Manches, bis endlich die Tür aufging und außer Herrn Minister v. Werther noch 2 Herren eintraten. Ich erkannte den großen A. v. Humboldt gleich und verneigte mich tief. Gott, wenn du doch den Mann hättest sprechen hören, liebe Mutter; er ist hinreißend. Mit der ungemeinsten Freundlichkeit äußerte er, dass es ihn freue, mich, der ihm von seinem Bruder so dringend empfohlen wäre, persönlich kennen zu lernen: ‚ich bedaure ungemein, nicht selbst ihnen Gelegenheit geben zu können, den Zweck ihres Hierseyns auf dem kürzesten Weg zu erreichen. Allein ich habe bereits mit Herrn Prof. Kunth96 gesprochen, den ich Ihnen hiermit vorstelle (er präsentierte mir den anderen mitgenommenen Herrn) und der wird die Güthe haben aus Freundschaft zu meinem Bruder und mir, so, wie wir selbst es nur könnten, für Sie zu sorgen.‘ Und so ging es fort. Herr v. Werther und die ganze Gesellschaft fing jetzt ein Gespräch über Lithographie mit mir an und ich schwatzte so wie mir die Nase gewachsen war. Noch einige Tage sollte ich Herrn Kunth Zeit lassen, der jetzt mit der Reise des Herrn v. H[umboldt] noch sehr beschäftigt ist. Ich wollte immer fort gehen, da der Wagen noch vor der Thür stand, allein Herr v. H[umboldt] neckte immer wieder mit mir, empfahl mich nochmals dringend den Gesandten und Herrn Kunth. Das war auch gut, dass Herr v. Kamptz mich 95 Wilhelm Freiherr von Werther (1772–1859), von 1824 bis 1837 Gesandter in Paris und von 1837 bis 1841 Minister für auswärtige Angelegenheiten. 96 Karl Sigismund Kunth (1788–1850), deutscher Botaniker. Kunth lebte zwischen 1813 und 1829 in Paris, wo er den botanischen Teil des amerikanischen Reisewerks von Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland bearbeitete.

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empfohlen hatte. Die Herren sehen doch, dass man mehr Gönner hat. Herr v. Werther erlaubte mir jetzt meine Briefe durch die Gesandtschaft zu ziehen und ich bitte dich also mir bald auf diesem Weg zu schreiben. Herr v. W[erther] bat sich meine Adresse aus und so schied ich dann, hochbeglückt über diesen unerwarteten Auftritt, aus der Gesellschaft der Excellenzen.“97 Tatsächlich war Sachse über die Vermittlung Alexander von Humboldts schon wenige Tage später mit Bernhard Donndorf (1809–1902), einem „der geschicktesten Lithographen [wie] wir in Berlin, ja in ganz Deutschland keinen Ähnlichen besitzen“, zusammengekommen.98 Diese frühe Begegnung mit dem jungen 97 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. April 1828. Die Begegnung mit Alexander von Humboldt hat Sachse auch in einem Brief an seine Verlobte Nanni beschrieben; LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 14. April 1827:„Ich komme zurück und bin noch ganz ungewiß ob ich träume oder wache. Höre nur. Der Gesandte lädt mich vor, man führt mich in ein Zimmer, wo 6 Personen mit Packen der [unleserlich, d. V.] des Ministers v. Bülow beschäftigt sind, die ich gleich erkannte. Herr Bülow war dabei, muß mich aber nicht erkannt haben. Man sagte mir, dass Herr v. Werther heute wenig Zeit habe, allein ich ließ mich nicht abweisen, da ich vom Minister schon angenommen war. Endlich kommt Herr v. Werther, ein sehr artiger, feiner Mann. Er liest den Brief des Herrn von Kamptz, der viel Gutes enthalten musste, denn Herr von W. wurde immer freundlicher zu mir und sagte mir endlich: ‚Sie haben doch Herrn v. Humboldt gesprochen?‘ Nein, ich bin erst vorgestern angekommen, habe Herrn v. H[umboldt] gestern 4 Mal aufgesucht, und letzter wäre schon um 4 Uhr morgens abgereist. ‚Ei, das ist ja ein glücklich Zusammentreffen, warten Sie einen Augenblick, Herr v. H[umboldt] hat mir zwar Aufträge an Sie gegeben, allein er ist noch hier und wird sich freun, Sie selbst noch zu sehen‘. – Ich musste mich setzen. Endlich kamen vier Herren zu mir herein. Der Gesandte, Alexander v. Humboldt, Herr Gesandter v. Bülow und noch einer. Herr v. Bülow nahm das Wort und bedauerte mich nicht gleich erkannt zu haben, aber Herr v. H[umboldt]! Welch ein Mann! Was er mir alles sagte? Er hatte schon Anstalten meinethalben getroffen und stellte mir Herrn Professor Kunth, seinen Freund, vor, der mir seinen Stuhl anbieten sollte. Es wäre ihm, nach dem Briefe seines Bruders, ungemein leid gewesen, wenn er mich nicht gesehen hätte. Er empfahl mich den Gesandten und nochmals Kunth und jetzt ließ er sich mit mir auf ein Gespräch über Lithographie ein, woran alle theil nahmen. Herr v. H[umboldt] sagte mir sehr viel Schmeichelhaftes, worein Herr v. B[ülow] einstimmte, sodass ich noch jetzt freudetrunken bin. Herr v. Werther ließ sich meine Adresse geben und bat recht oft zu ihm zu kommen, er wäre für mich alle Morgen von 8 – 10 zu haus. Herr von H[umboldt] fing von meinen Briefen an, und der Gesandte erlaubte, dass ich sie ihm zeigen müsste [....] Wie wird sich Herr Prof. K[unth] nun wundern, wenn ich ihm noch einen Brief von seinem Freunde Mayet bringe. Der Brief von Herrn v. Kamptz war doch sehr gut, und die Herren sehen doch, dass ich mehr Freunde habe, als einen. Glaube mir das ist sehr gut.“ Sachse spricht vielleicht von Carl Mayet (1810–1868), deutscher Schachmeister und als einer der „Plejaden“ (Siebengestirn mit Ludwig Bledow, Tassilo von Heydebrand, Paul Rudolph von Bilguer, Wilhelm Hanstein, Bernhard Horwitz und Karl Schorn) 1827 Mitbegründer der Berliner Schachgesellschaft, dem ältesten und lange Zeit führenden Schachverein Deutschlands. Mayet war der Vetter von Wilhelm Hanstein (1811–1850), der Jurist war und im Jahre 1848 als Regierungsrat nach Magdeburg berufen wurde. Er galt als einer der stärksten Schachspieler seiner Zeit. 98 Bernhard Donndorf (1809–1902), Lithograph, zunächst wohl im Institut von Engelmann, ab 1828 im lithographischen Institut von Sachse, ab 1833 in Frankfurt am Main tätig; vgl. auch Schlagenhauff 2003, S. 265, Anm. 39.

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Donndorf, der zu dieser Zeit im Institut von Engelmann tätig war, sollte eine wichtige Rolle spielen, da Sachse ihn mit der Eröffnung seines eigenen Institutes als ersten französischen Zeichner nach Berlin holen sollte.99 Auch über Lasteyrie war offenbar in dieser erlesenen Runde gesprochen worden. Kunth wollte Sachse zu ihm führen, doch kam es zunächst aufgrund der vielen Arbeit nicht dazu, die Kunth „mit der Versendung der von Herrn A. v. H[umboldt] für unseren König gekauften Sammlung ägyptischer Alterthümer“ zu tun hatte.100 Humboldt hatte Sachse geraten, sich erst nach acht Tagen bei Kunth zu melden, der ihn „bekannt machen sollte“.101 Der Botaniker nahm ihn „gut auf, erinnerte sich Korns und las mit Vergnügen den Brief des Herrn Mayet, allein er war im Ausziehen begriffen [...]“.102 Die Einladung des preußischen Gesandten von Werther scheint Sachse rege in Anspruch genommen zu haben: „Soeben komme ich auch von Herrn v. Werther, den ich wieder besucht habe. Er war heute besonders gnädig, sprach viel mit mir über Kunst und zeigte mir seine nette kleine Sammlung köstlicher Lithographien, wodurch dann natürlich mancher anderer Gegenstand geneckt wurde.“103 Auch seiner Mutter schrieb Sachse von mehreren Besuchen und einem vertrauenvollem Verhältnis zu dem Gesandten, der ihn immer auf das Freundlichste aufnahm: „Zweimal schickte er mir die Einlaßkarte zur Tribüne des diplomatischen Corps in der Deputierten Kammer, wo ich natürlich außer mir war einen Neuville, Sebastiani, Villete, Corbière, Teyronet, Mechin und andere reden zu hören. Die Deputierten Kammer allein könnte Stoff geben, einen ganzen Brief voll zu schreiben.“104 Die Kunde, dass Sachse von Alexander von Humboldt persönlich empfangen worden war, scheint sich in Paris schnell herumgesprochen zu haben. Als Sachse seiner Mutter in einem Brief von der Einladung zu einer Soiree „unter vielen Gelehrten und Künstlern“ erzählte, wo er die Bekanntschaft u. a. mit Op99 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 9. Mai 1827: „Mein übriger Umgang besteht noch aus zwei der geschicktesten Lithographen, die ich noch gesehen habe, einem Federzeichner und einem Calligraphen in erhabener Manier und einem Graveur. Ersteren Herrn D. (ich nenne ihn dir absichtlich nicht, um zu verhindern, dass er durch Mittheilung dort bekannter werde) aus einer großen deutschen Stadt werde ich jedenfalls für mich zu gewinnen suchen, da er Ungewöhnliches leistet, und wir in Berlin, ja in ganz Deutschland keinen Ähnlichen besitzen. Engelmann und Senefelder, die ersten Institute hier, finden ihn, der erst 19 Jahre alt ist, für sich zu engagieren, er hat aber Lust, nach Deutschland zurückzukehren, und dort etwas anzufangen. (Sein Bruder ist mir aus Berlin bekannt, wo er Dr. med. ist; auch diesen habe ich hier schon gesprochen.) Unsere Bekanntschaft hat sich durch Herrn Alexander von Humboldt gemacht, der mir zuerst von seinem Talent“ – der Brief bricht hier leider ab, das Ende fehlt. 100 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827: „Herr Professor Kunth hat noch sehr viel mit der Versendung der von Herrn A. v. H[umboldt] für unseren König gekauften Sammlung ägyptischer Alterthümer zu thun, deshalb sind wir noch nicht beim Gesandten Lasteri [sic] wo er mich hinführen will, gewesen, obgleich ich mehrere Male zu diesem Zweck bei ihm war.“ 101 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 102 Vgl. ebd. 103 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827. 104 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827.

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penheim aus Berlin und Meierbeer machen durfte, fügte er hinzu: „Um 12 Uhr drückte ich mich still aus dieser feinen Gesellschaft, welche auch A. v. H[umboldt] oft besucht haben soll. Dieser Mann scheint hier das einzige Urteil zu seyn, dass man mir Aufmerksamkeit schenkt. Alles fragte mich nach ihm und ohne ihn wäre ich vergessen.“105 Das Modell einer modernen Welt

Die ersten Tage in Paris nutzte Sachse, um sich mit dem Leben und den Einrichtungen der französischen Hauptstadt bekannt zu machen: „Ich ruhe nicht eher, bis ich nicht alles gesehen habe; was mir schön und nützlich vorkommt, das besuche ich öfter. Mit den Theatern bin ich bald durch. Ach, man schwelgt hier in Kunst und Wissenschaft und Genuß! Welche Anstalten, welche Einrichtungen!“, schwärmte er Ende April 1827 in einem Brief an seine Verlobte Nanni.106 Sachse hatte sich im Hotel Vivienne in der gleichnamigen Straße in unmittelbarer Nähe des Palais Royal einquartiert:107 „Ich ließ mich nach dem Hotel Vivienne fahren. Die Wirthin kannte die Namen, welche ich ihr nannte, noch recht gut, besonders den von Herrn v. H[umboldt] und so gab sie mir dann eine sehr nette Stube für 30 fr. monatlich.“108 Die Rue Vivienne war das Zentrum des Mode- und Luxusgüterviertels zwischen den Tuileries und dem Quartier Chausée d’Antin (Abb. 33). Hier konzentrierten sich neben einer großen Anzahl an Modeboutiquen, Buchhandlungen, öffentlichen Lesesälen, Papéteries, Theatern, Variétés und den verschiedensten Einrichtungen der „culture bourgeois“ die meisten kulturellen, kommerziellen und Finanz-Institutionen. Es war das Pariser Quartier „par excellence“ – von Louis Montigny 1825 gar als das Zentrum der Hauptstadt des Universums beschrieben: „Si Paris est, comme on l’a souvent répété, la capitale de l’univers, le quartier du Palais Royal en est l`abrégé. [...] Aucun quartier de la capitale ne saurait cependant soutenir la comparaison avec celui de Palais-Royal. Dans un rayon de peu d’étendue, on trouve deux promenades, dont une magnifique, les Tuileries; les plus beaux boulevards sont voisins; cinq théâtres [...] se partagent chaque soir les amateurs avec le Variétés, qui sont à la proximité de tout. La Bourse, la Bibliothèque, la Banque, la Trésorerie et les Postes, s’y trouvent réunîtes. Les plus important messageries ont leurs bureaux dans ce quartier, et les trois cinquièmes des maisons, ont été, dans certaines rues, converties en hôtels garnis.“109 Der Rue Vivienne, in welcher Sachse Quartier bezogen hatte, war besondere Würdigung zuteilgeworden: „[La rue Vivienne] est a l’apogée de sa gloire; elle est sans rivales, non seulement à Paris, mais peut-être sur le globe. [...] C’est une profusion de 105 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16. April 1827. 106 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827. 107 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 14. April 1827. 108 Vgl. ebd. Wilhelm von Humboldt hatte Sachse versichert, ihm beim Finden eines Etablissements zu helfen; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. November 1826. 109 Vgl. Montigny 1825, S. 129f.

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richesse de tout genre: en aucun lieu on ne peut voir autant ni de plus belles boutiques. Mais que dire du nombre incroyable des restaurants, des lieux de plaisir, et surtout des cafés!“110 Als Sachse am Abend nach seiner Ankunft zusammen mit seinem Reisegefährten und Freund von Carlowitz erstmals bis zum nahe gelegenen Palais Royal (Abb. 34 bis 36) flanierte, fehlten ihm die Worte: „Ich sage nichts – nichts. Mir schwindelt der Kopf und staunend stehe ich jede Minute still. Hier hilft kein Beschreiben, kein Ausrufen, hier heißt es: komm selbst und schaue und staune!“111 Überwältigt berichtete der Staunende über „Tausende und abermals Tausende der elegantesten Damen und Herren, der brillantesten Equipagen“, die sich dem „trunkenen Auge“ auf den vielen Boulevards darstellten. „Der Abend bricht ein und doch wird es nicht finster, alles blinkt von Glanz, das Gas verbreitet überall ein schönes Licht. Man tritt ins Palais Royal, in ein Feenschloß, Damen in höchsten Ballstand promenieren sich“, schrieb er merklich beeindruckt.112 In einem späteren Brief an seine Mutter schwärmte Sachse erneut: „Von dem einzigen Palais Royal lässt sich ein Buch schreiben, und wir haben alle keinen Begriff von seiner Größe. Ich wiederhole mich zwar sehr oft, allein ein solcher Gegenstand macht dies verzeihlich.“113 Sachse fügte an dieser Stelle eine beschriftete Handzeichnung der Form des Palais Royal (Abb. 35) mit folgenden Erklärungen ein: „Er hat 80 Bogen in der Länge und 30 in der Breite [...]. Was ich mit A bezeichnet habe ist die sogenannte gallerie de bois, welche jetzt wegkommt und oberhalb von Stein gebaut wird. B ist ein sehr großes Bassin, aus dem 16 Strahlen in die Höhe springen, ungefähr so [Abb. 35] welcher einen köstlichen Effect macht. C sind Plätze, mit den herrlichsten Blumen bepflanzt. Der übrige innere Theil dient der Prommenade, die besteht aus 4 hohen Alleen. D ist das Theater francaise, E ist die Wohnung des Herzogs von Orléans. F das Café des milles colonnes. G Café de la paix, so groß wie beinahe unser Königstädtisches Theater, statt dass aber die Logen und Plätze eingetheilt sind, ist hier alles frei und für die Zuschauer bestimmt, die zugleich etwas verzehren müssen, da es sonst hier kein Eintrittsgeld kostet. [...] Außer dem Angeführten befinden sich in diesem ungeheuren Gebäude noch ca. 20 Cafés und wenigstens 12 Restaurants und estaminets, z. B. Café de la rotonde, de foy, Valois, Carezza, café anglais et français [...], des aveugles, welches letzteres besonders merkwürdig ist, weil es im Keller sich befindet, der auf das feinste eingerichtet ist, und, weil dort alle Abend 8 Blinde ein Concert geben, das so mittelmäßig ausfällt. Café Foy war Humboldts Kneipe und der Versammlungsort aller Gelehrten. [...] Wenn ich dir nun noch sage, dass im bloßen Palais Royal noch an die 350 Läden sind, von denen du nicht weißt, welchen du wegwünschen möchtest, dass hier noch 5 Spielhäuser, eine Unzahl von anderen Merkwürdigkeiten aller und jeder Art sich befinden, so wirst du dir eine kleine Idee von dem ungeheuren, durchaus unbeschreiblichen Gebäude ma110 Vgl. ebd., S. 134–136. 111 LAB, E. Rep. 200–03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 14. April 1827. 112 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827. 113 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827.

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chen können. Des Abends strahlt hier alles von Gold und Silber, das Gas streitet mit dem Tage, und Menschen von allen Weltenden, Türken, Griechen, Mohren, Gott weiß was alles, sind hier stets zu finden. – Affen, die Kunststücke machen, Stutzer und Bettler bieten hier immer Stoff zum Lachen und zum Ärgern dar. Größeres Gesindel, wie die hiesigen Bettler, kenne ich bis jetzt, außer in Böhmen, noch nicht. Oh Preußische Polizei, man lobt dich nicht, aber du verdienst es mehr als die hiesige [...].“114 „Kaum acht Tage in dieser Riesenstadt“ hatte Sachse schon „Dinge gehört und gesehen, Dramen und Auftritte erlebt und beobachtet, dass [ihn] diese Größe und Erhabenheit, wie diese Niedrigkeit und Verwerflichkeit, manche schon aus wenigen Zügen, schwindelnd macht“.115 Die Beschreibungen, die Johann Konrad Friedrich in „Die Wundermappe oder sämtliche Kunst- und Natur-Wunder des ganzen Erdballs“ vom Palais Royal und dem umliegenden Bezirk wenig später veröffentlichte, ergänzen das von Sachse beschriebene Bild: „Wer hat nicht schon von diesem Quodlibet aller Laster, aller Künste, aller Gewerbe, aller Fressereien, aller Getränke und aller Tollheiten, die in diesem einzigen Gebäude fortwährend im buntesten Gemisch und tollsten Gewirr vereinigt sind, reden hören.“116 Nach einer kurzen Baugeschichte gab sich auch Friedrich seinen Eindrücken hin: „Es gibt kein natürliches oder erkünzeltes Lebensbedürfnis, keine gröbere oder feinere Begierde, wofür nicht Befriedigung sich darböte. Beim Buchhändler kann man nach dem ältesten, wie nach dem neuesten, nach dem wissenschaftlichsten, wie nach dem frivolsten Buche fragen, es ist hier zu finden. Schwärme von berühmten und unberühmten Schriftstellern versammeln sich bei ihm, und es wimmelt hier von Kritikern und Dilletanten. Im Bijouterie-Gebäude daneben, das drei Arkaden einnimmt, ist für die ärmste wie die reichste Eitelkeit gesorgt [...]. Dieses Gewölbe ist des Abends mit mehr als 50 Wachskerzen beleuchtet, und große Spiegel vermehren das zauberische Farben- und Strahlenspiel. Elegante Modehändlerinnen walten hier mit ihrem mächtigen Zepter [...]. Gewölbe mit Uhren und Niederlagen mit dem geschmackvollsten Porzellan; hier die allerliebsten Parfüms, dort eine Ausstellung der herrlichsten Kupferstiche; hier mathematische Instrumente, dort Kinderspielzeug, hier Sammlung elegantester Meubles, dort Lotterie-Collecturen, Geldwechsler, Pastetenbäcker, Restaurateurs und Obsthändlerinnen. Alles ist hier zu finden [...]. Es gibt hier mehrere Kaffeehäuser, worunter das Kaffehaus de foi das beste Gefrorene liefert. Im Kaffeehaus der Blinden ertönt die fröhliche Musik von lauter Blinden aus dem Spital de Quinze vingts; während aus dem Kaffeehaus du caveau der wildeste und ausgelassenste Lärm erschallt. Noch anlockender als die Gallerien sind die oberen Säle. Hier sind die verrufenen Spielzimmer; hier wohnen die Dienerinnen der Wollust. Sie schwärmen mit Schmetterlingseitelkeit herum, und meistens zwei und zwei, oft auch in Begleitung einer Bonne. Ihre Klassen sind so verschieden als die Klassen des Publikums selbst. Die meisten sind sehr schön, witzig, belesen, lebhaft und einschmeichelnd. Wissen äußeren 114 Vgl. ebd. 115 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 20. April 1827. 116 Friedrich 1832/1837, S. 42.

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Anstand zu heucheln, sodass der junge lüsterne, reiche Fremdling leicht in ihre Netze fällt. Spaziergänger trifft man zu jeder Tageszeit im Palais Royal. Früh eilt nur der ernste Geschäftsmann, der fleißige Künstler durch, um noch einmal frische Luft zu schöpfen, ehe er an die Arbeit geht. Erst nach acht Uhr werden die Gewölbe eröffnet. Nach neun Uhr füllen sich die Kaffeehäuser, die Zeitungsleser versammeln und gruppieren sich. Zwischen zwölf und zwei erscheint die vornehme Welt. Die Bänke reichen nicht zu: Hunderte von Strohstühlen werden herbeigeschafft und um zwei Sous vermiethet. Sobald die wogene Menge abgenommen, kommen die Kinderwärterinnen mit ihren Kleinen, aber bald strömt alles, was ins Theater eilt, herbei. Gegen Acht Uhr fängt es wieder an, äußerst lebhaft zu werden, und die Stunden bis Mitternacht gehören unter die rauschensten und mannigfaltigsten. Auf einmal ist alles leer und todtenstille. Höchst merkwürdig bleibt stets für den Beobachter der Menschen und Sitten dieser Ort.“117 Auch Sachse beschrieb seitenweise seine Eindrücke vom Pariser Leben. Er erzählt von „unerhörten Theatherstücken und Opern“, die alle immer voll besetzt sind: „Die französische Ungebundenheit thut in den hiesigen Theatern und namentlich im Théatre francaise offenbar dem Rufe der Franzosen als freie Männer Schaden. Nur gegen Damen habe ich noch keinen Franzosen sich unartig betragen sehen. Allein sonst hat die allgemeine französische Freiheit sehr bei mir verloren. Ein Geschrei, Geschrei und Gepfeife hört man hier im Theater, wie mir es noch nirgends vorgekommen, die geringste Anspielung gegen den König und die Regierung wird aufs Unsinnigste beschimpft.“118 So viel bliebe jedoch gewiß, „es ist ein großes Volk. Wenn du des abends nicht einen Schritt thun kannst, ohne auf das Eleganteste angezogene, wirklich prachtvollen gemeinen Geschöpfen zu begegnen, so wirst du mit der größten Mühe bei Tage kein solches durch äußerliches Benehmen unterscheiden können“.119 Ein Gemälde des Genreund Porträtmalers Louis Leopold Boilly (1761–1845), das sich im Pariser Museum für Stadtgeschichte, dem Musée Carnavalet, befindet, mag das Treiben und Werben elegant gekleideter Männer und Frauen in den Kolonnaden des Palais Royal vor Augen führen (Abb. 36). Mit seinem Freund Maquet und dessen Freund, dem Grafen Aceto, „letzterer schon in den gesetzten Jahren und ungeheuer reich“, besuchte Sachse alles, wozu ihm „besondere Erlaubnis oder viel Geld nöthig“ sei, darunter das „Conservatoire des arts et des métiers, l’éléphant, statue de Louis III auf dem Place royal, noch in Arbeit, und die berühmte Gesellschaft der Mad. d’Auville, wo die Person 12 francs einzeln entrée kostet“.120 Diese Gesellschaft sei merkwürdig, so Sachse, „glänzend wie man sie nur wünschen kann, die ersten Gelehrten und Beamten besuchen sie, obgleich sich hier größtentheils vornehme Maitressen, adelige Coquetten oder von Fürsten und Grafen unterhaltene Mädchen, zum Theil von der ausgesuchtesten Schönheit, findet. Nach 117 Vgl. ebd., S. 45f. 118 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 20. April 1827. 119 Vgl. ebd. 120 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827.

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dem, wie es dort zugeht, und was dort gereicht wird, könnte die Gesellschaft, die schon seit Ninou de Lenclos [sic] existiert, nicht bestehen. Mir scheint die Sache auf Spiel zu beruhen. Denn um 1 Uhr vor dem Souper ging es um Louis d’Or wie mit Pfeffernüssen, und die Damen ebenso. Ich kann mich nicht genug freuen, diese Gesellschaft auf so gute Art besucht zu haben, es wird nicht jedem geboten“.121 Überhaupt halte die Stadt die „originellsten und elegantesten“ Kaffeehäuser bereit, wie Sachse berichtet.122 Das berühmte Frascati, das er zusammen mit Carlowitz und Symolin aufgesucht hatte, sei gegen „das schon erwähnte Spielhaus ein wahres Kind“ (Abb. 37).123 Auch Damen waren hier zugelassen. Sie „sitzen mit ebenso blassen Gesichtern da, wie die Herren. Rollenweise wird hier routiert, und mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn ich nur daran denke. Man muß das sehen, denn die Beschreibung klingt wie Pfeife gegen Flöte“.124 Es habe einen „ganz eigenthümlichen Reiz, in einer so immensen Stadt zu leben“, schrieb Sachse an einer anderen Stelle: „Es vergeht nämlich gewiß kein Tag, an dem man nicht ein Abenteuer in irgendeiner Art erlebt.“125 Er erzählt davon, dass er Briefe erhalten habe, „ohne den Unterzeichnenden zu kennen, und doch rühmen sie sich schon seit langem mit einem bekannt zu seyn. Bald kommt eine Balleinladung, bald eine zum Souper, aufs Land zu gehen, oder sonst etwas mitzumachen“. Am „Lächerlichsten“ sei die „Anpreisung der Gesellschaft“ zu lesen oder den Schluss: „Vous trouvez de vos compatriotes!“126 Überhaupt finde man hier „Anpreisungen und Schilder, wo nur ein menschliches Auge hinreichen kann“: „Häuser von 8 Stock, ja 9, haben gewiß kein Plätzchen übrig, alles ist vollgeschrieben; das Haus eines Malers ist hier so bunt wie die Kleidung eines Arléquin, das Schild eines Zahnarztes besteht hier aus Zähnen, die er ausgezogen, ein Mann wie J. Sy. in Berlin hat hier sein Haus von oben bis unten mit den schönsten Kattuns drappiert, und das ganze 6stöckige Haus sieht einem Fenster ähnlich mit bunten Gardinen. Die Hühneraugenärzte haben hier Schilde ausgehängt, worauf Summen aus Hühneraugen sich befinden, in allen möglichen Größen. Jedes Plätzchen ist hier zu einer Empfehlung benutzt. Eine leere Mauer gibt es in ganz Paris nicht. Selbst in den Kirchen sind Anschlagzettel von der Größe unserer Ladenschilder, ungelogen. Genug, alles ist voll.“127 Trotz vieler Ärgernisse über Schmutz und Gestank – „Sodom und Gomorra“ in den kleinen schattigen Gassen – war Sachse immer wieder positiv erregt: „Was für Passagen, Fenster und Einrichtungen hat dieser mehrheitlich große Geist nicht erschaffen!“128 Nachdem Sachse nach einigen Tagen die „schönsten Kirchen, meh121 Vgl. ebd. 122 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 22. April 1827. 123 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827. 124 Vgl. ebd. 125 Vgl. ebd. 126 Vgl. ebd. 127 Vgl. ebd. 128 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827.

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rere Spielhäuser, viele Galerien und die meisten Café’s [...] durchstaunt“ hatte,129 beim Spaziergang über den Kirchhof Père Lachaise ins Schwärmen geraten war,130 den Louvre und die Galérie du Luxembourg ausgiebig besichtigt (Abb. 38)131 und sich in der „ungeheuren Sammlung von Maschinen und Metallen, den merkwürdigsten Erfindungen und Verbesserungen in allen Zweigen der Kunst, der Mechanik, der Industrie, der Fabriken und des Manufakturwesens“ im Conservatoire des Arts et des Métiers „ungemein vergnügt“ hatte, schrieb er überwältigt von dem Reichtum an Neuem, den es in dieser Stadt zu entdecken und zu lernen gebe: „Ich stehe hundert mal des Tages still, ich bezwicke mich mit den Händen, ob ich wache oder träume – denn was ich hier sehe, was sich hier in jeder Sekunde darbietet, das gibt Anlaß zu den eingehendsten Betrachtungen für alle Fächer über Welt und Leben!“132 Offensichtlich wirkte der besondere Charakter des Pariser Innenstadtviertels auf Sachse ähnlich anregend wie etwa auf seinen französischen Zeitgenossen Montigny, der bereits 1825 schreib: „Tout ce qu’on trouve inventé les arts et la civilisation, tous les commodités du luxe, toutes les recherches du goût et de la mode, on peut se les procurer sans sortir de ce rayon: ailleurs, tout est imitation; là, tout est modèle.“133 c

König im Kleinen eines großen Ateliers

Die Imprimerie Knecht-Senefelder in Paris

Trotz des verlockenden Pariser Treibens behielt Sachse das Ziel seines Studienaufenthaltes von Anfang an fest im Blick: „[…] mit Ablauf des heutigen Tages [ist] auch die Bummelzeit, die ich mir nun einmal durchzumachen vorgenommen habe, zu Ende gegangen […]. Ich kann nunmehr sagen: ich bin in Paris gewesen; ich kann auch sagen: ich habe dort gelebt, denn die ersten acht Tage wollte ich mit Vorsatz ganz nach meinem Gefallen, ohne mich an Kosten zu scheren, hier verbringen, und alles in Augenschein 129 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827. 130 Vgl. ebd.: „Du solltest ein solches Abatoir sehen, oder den Kirchhof des père la chaise, wo Abeland neben seiner Helouise liegt, die größten Dichter, Maler, Componisten, die größten Feldherrn und Gelehrten, die größten Männer Frankreichs – der Ehre ruhen. Dort zu wandeln, Paris zu seinen Füßen, in der Mitte dieser abgeschiedenen, in den Allen der schönsten Cypressen umgeben von den erhabendsten, geschmackvollsten Ranken, das ist der Genuß, den sich ein fühlender, denkender Mensch nicht oft genug verschaffen kann.“ 131 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 2. Juni 1827: „Die Galerie du Luxembourg, welche neben einzelnen Sehenswertem viel Schlechtes enthält. Hier sieht man nur tableaux von französischen, noch lebenden Meistern, die herrlichen Stücke von David, Girodet p.e. sind schon im Louvre. Freilich ist die Sammlung immer noch sehr ausgezeichnet und von großen Meisterstücken durchwebt.“ 132 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827. 133 Vgl. Montigny 1825, S. 129–133.

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nehmen, was sich in solcher Zeit nur irgend thun ließe.“134 Von nun an galt Sachses Interesse ausschließlich der Lithographie. Manches fand er anders, als er zunächst glaubte: „In Ordnung, Pünktlichkeit, Sauberkeit suche ich noch immer vergebens ein zweites Berliner Königliches Institut, wiewohl die Leistungen im Zeichnen mit der Feder und im Crayon hier höher stehen“, schrieb er Anfang Mai nach Berlin.135 Am Mittwoch, den 20. April, war Sachse „in das berühmte Senefeldersche Institut [eingetreten], dessen jetziger Leiter, Herr Knecht, mit dem General Rühle genau bekannt“ sei.136 Durch die zu überbringenden Aufträge des Generals Rühle von Lilienstern und ein Empfehlungsschreiben der preußischen Gesandtschaft in Paris an den Firmeninhaber Knecht hatte Sachse Zutritt in eines der ältesten Pariser Institute gefunden. Ende des Jahres 1818, nur zwei Jahre nach Gründung der gefeierten Etablissements des Grafen Lasteyrie und Engelmanns, war Aloys Senefelder zusammen mit seinem Neffen Joseph Edouard Knecht (1789–1870) selbst nach Paris gereist. Er wollte hier ein eigenes lithographisches Atelier eröffnen und sein eben erschienenes „Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerei“ in französischer Sprache herausbringen (Abb. 39).137 Am 1. März 1819 wurde Senefelder das „brevet lithographique“ und damit die offizielle Bestätigung ausgestellt, eine eigene lithographische Druckanstalt in Paris betreiben zu dürfen (Abb. 40). Die finanziellen Voraussetzungen für ein solches Unternehmen waren von den Straßburger Verlegern Treuttel & Würtz geschaffen worden, die eine Filiale in Paris besaßen und Senefelder für eine Summe von 6000 fr. mit 500 Exemplaren beauftragt hatten.138 134 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 22. April 1827. 135 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 136 Der Firmeninhaber Joseph Knecht stellte Sachse am 23. April 1827 ein; vgl. LAB, E. Rep. 20003, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 22. April 1827 und LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827. 137 Anscheinend sollte Senefelder anfangs sogar die „Direction einer kaiserlichen lithographischen Anstalt“ in Paris übernehmen, doch die allgemeine politische Entwicklung in Europa machte die Pläne zunichte; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 34 und Senefelder 1818, S. 121f. Die Abb. 39 zeigt eine Allegorie von Nicolas-Henri Jacob auf die Erfindung der Lithographie. Nicht nur das Genie der Zeichnung und die Kunst der Lithographie inspirieren sich gegenseitig, sondern über die hervorgehobenen Schriftzüge wird auch die diesbezügliche Wechselbeziehung zwischen Deutschland und Frankreich thematisiert. 138 Vgl. Aloys Senefelder an Friedrich von Schlichtegroll, Paris, den 20. Januar 1819, abgedruckt in Wagner 1914, S. 142f.: „Die Herren Treuttel und Würtz habe ich einige Tage nach meiner Ankunft besucht, und eine Empfehlung von Ihnen an sie bestellt, worauf ich mit vieler Freundschaft aufgenommen wurde, und bald darauf mit diesem Hause in betracht der Übersetzung des Lehrbuches einen Contrakt schloß, vermög welchem sie mir für die französische Übersetzung und für 500 Hefte Musterblätter die Summe von 6000 Franken zahlen. Da mich nun diese Übersetzung 500 fr. kostet und ich für das Übrige 18 neue Zeichnungen nebst 10000 Abdrücken nebst dem Papier liefern muß, so wird von obiger Verkaufssumme für mich wohl wenig übrig bleiben; außer dem was ich an ferneren Abdrücken, die mich dann viel weniger Kosten, zu gewinnen hoffe. In jedem Fall ist es mir doch lieb, dass ich wenigstens dadurch für meinen hiesigen Aufenthalt gedeckt bin, und nicht dem Meinigen zehren muß.“ Die französische Ausgabe von Senefelders

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Der Weg von der für den Druck des französischen Lehrbuches aufgestellten provisorischen Presse in der Rue de Lille bis hin zur Etablierung eines eigenen Etablissements sollte jedoch erst über Umwege gelingen. Wie Gervaise Brouwers aufgezeigt hat, war Senefelder zu jener Zeit getrieben von der Idee einer künstlichen Druckvorlage, die als Substitut für den schweren und kostspieligen Solnhofer Kalkschiefer eingesetzt werden konnte.139 Die Verleger Treuttel & Würtz waren an dem Vorhaben sehr interessiert und so war im Sommer 1819 ein erneuter Vertrag mit Senefelder und Knecht zustande gekommen. Der Kontrakt sah vor, dem aufgrund dringlicher Verpflichtungen schon wieder in München weilenden Entwickler der sogenannten lithographischen Kartons, deren Herstellung aus Kalksteinstaub, geronnener Milch, Gips und Leim in einem Manuskript von Knecht unter der Korrektur Senefelders aufgeschrieben worden war, 12000 fr. als zinsloses Darlehen auf fünf Jahre für den Aufbau eines Pariser Unternehmens zu überlassen.140 Joseph Knecht wurde als kommissarischer Leiter für die täglichen Geschäfte eingesetzt, bis Senefelder in die französische Metropole zurückkehren würde.141 Da Knecht jedoch nur ungenügend in das Geheimnis der Erstellung lithographischer Kartons eingeweiht war, blieben dessen Lehrbuch erschien 1819 zum Preis von 50 fr. unter dem Titel: „L’art de la Lithographie, ou instruction pratique contenant la description claire et succincte des différents procédés à suivre pour dessiner, graver et imprimer sur pierre procédée d’une histoire de la lithographie et de ses divers progrès. Par M. Aloys Senefelder, inventeur de l’art lithographique, avec le portrait de l’auteur et un recueil de 20 planches offrant un modèle des différents genres auxquels la lithographie est applicable. Paris chez Treuttel & Würtz, Libraires, rue de Bourbon 17, à Strasbourg et à Londres, même maison de commerce“. 139 Vgl. Brouwers 2005, S. 46f. 140 Vgl. J. Knecht und A. Senefelder: „Beschreibung der Fabrikation der lithographischen Cartons“, Paris, den 23. und 24. März 1822; vollständig abgedruckt in: Wagner 1914, S. 147f. In der Staatsbibliothek München befinden sich in der Ferchl-Sammlung eine ganze Reihe künstlicher Steintafeln mit den dazugehörigen Abzügen. Die gelbliche, glattgestrichene Masse wurde auf Pappe, Leder oder Zink aufgezogen. In der Sammlung befinden sich Zeichnungen, geschriebene Noten, Überdrucke alter Textseiten, Gedichte in Schreibschrift sowie Versuche teilweise von Senefelders Hand in Kreide- und Federmanier; vgl. Bayerische Staatsbibliothek München, Sammlung Franz Maria Ferchl, Inkunabeln-Sammlung der Lithographie, Bavar. 790 qca. 141 Nach Ablauf von fünf Jahren sollte das Darlehen mit jährlich 10 % verzinst werden; vgl. Briefe Senefelders an Treuttel & Würtz, Paris, den 22. Mai, 8. Juni und 19. Juni 1819. Senefelder berechnete die jährlichen Unkosten des Unternehmens auf 8000 Franken, Lokalmiete 1000 Franken, Gehalt für zwei Arbeiter zum Anfertigen von künstlichen Steintafeln auf 2000 Franken, Pressen und andere notwendige Anschaffungen 2000 Franken, Gehalt für Knecht 3000 Franken. Außerdem beanspruchte er noch 4000 Franken im ersten Jahr für die Rückzahlung einer Schuld an André. Als Gegenleistung wollte Senefelder die von ihm über die Auflage gedruckten 100 Abzüge der Mustertafeln des französischen Lehrbuches und die 28 Originalsteine abgeben. Bei einem Absatz von jährlich 20000 Steintafeln berechnete Senefelder die Einnahmen auf 30000 Franken, wobei eine Steintafel für 1,50 Franken abgegeben werden sollte, im Gegensatz zum Verkaufspreis einer Zinkplatte für 4 Franken und eines Steines für 12 Franken. Trotzdem es zu Schwierigkeiten zwischen den Vertragspartnern wegen der einmaligen Auszahlung von 4000 Franken kam, wurde der Vorschlag angenommen und am 19. Juni des gleichen Jahres ein Kon-

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Bemühungen, ein florierendes Geschäft zu generieren, zunächst erfolglos. Auf dringliches Bitten war Senefelder im Februar 1820 daher erneut nach Paris gereist, um sich persönlich an die Société d’Encouragement zu wenden – sowohl um sein künstliches Steinpapier als auch eine von ihm eben entwickelte kleine portable Handpresse vorzustellen.142 Letztere war zum Handgebrauch und eigenen Druck von Geschäftskarten und Zirkularen für größere industrielle Unternehmungen gedacht und sollte ebenfalls über das Pariser Geschäft verkauft werden (Abb. 42).143 Bis September 1820 konzentrierte sich das Unternehmen weitgehend auf dem Verkauf von Druckmaterial: „[I]l a été vendu dans le public jusqu’à aujourd’hui [Januar bis September 1820] 115 presses avec des cartons ou au moins le accessoires“, wie Knecht an Treuttel & Würtz berichtete.144 Die ersten strategischen Schritte zur Verbesserung der fragilen Situation und zum Ausbau des Geschäfts zu einer veritablen „Imprimerie lithographique“ sollten erst Ende des Jahres mit dem Umzug des Unternehmens in das lebendigere Quartier in unmittelbarer Nähe der Ateliers von Lasteyrie und Engelmann erfolgen. Eine Handzeichnung Senefelders von den Räumlichkeiten des neuen Lokals in der Rue Servandoni 13 zeigt die Aufteilung in einen Verkaufsladen und auf der gegenüberliegenden Straßenseite separate Arbeitsbereiche bestehend aus einem „Grande Salle“, einem „Seconde piece pour les presses portatives“, einem Raum mit „2 Presses Lithographiques“, einem weiterem Raum mit der Bezeichnung „2 Presses [unleserlich, d. V.]“, einem dritten Raum mit „2 Presses à taille douce“, einer „Cuisine“ und einem „Chambre à Comptoir“ (Abb. 41). Um das junge Unternehmen in der französischen Metropole bekannt zu machen, hatte Senefelder öffentliche Demonstrationen der Verfahrens vorgeschlagen sowie eine variable Preisstruktur erdacht, die sich den Wünschen

trakt zwischen Senefelder und den Straßburger Verlegern geschlossen. Der Originalvertrag befindet sich in Besitz der Staatsbibliothek München, vgl. Wagner 1914, S. 148f. 142 Vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 53f. und Wagner 1914, S. 147–153. Senefelder hatte vor der SEIN die Bitte ausgesprochen, eine Kommission zu ernennen, der er Druckproben auf dem künstlichen Steinpapier vorlegen dürfe. Er hatte daraufhin die Aufgabe erhalten, 500 Probedrucke von einem Überdruck, einer Federzeichnung, einer Kreidezeichnung und einer Gravure zu erstellen. Senefelder brachte es zu 600 Abdrücken und erhielt dafür eine ehrenvolle Erwähnung. Die verschiedenen Proben vereinigte Senefelder daraufhin zu einem Heft, das er unter dem Titel „Recueil papyrographique – Premiers Essais de l’impression chimique sur cartons lithographiques, contenant quatres planches dans les différents genres usités – D’après la demande de M.M. les Commissaires de la Société d’Encouragement en 3 planches ont été tirées à 500 épreuves sans alteration – Paris 1820 – Chez Senefelder et Comp. Rue Servandoni No. 13“ herausgab und später wahrscheinlich als Reklame für Steinpappen verschickte; vgl. Wagner 1914, S. 154f. 143 Senefelders portable Handpresse (110 cm hoch, 90 cm tief und 70 cm breit) wurde angeboten als „nützlich für die Handelshäuser und für die Reisenden“, um „mittels der Autographie Circulare, Avertissements etc. zu vervielfältigen“. Engelmann erwähnt, dass eine große Anzahl bereits verkauft sei; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 57. Es wird in dem Kapitel II.1.c, „Kunst-Industrie, Industrie-Kunst“, darauf zurückzukommen sein. 144 Zit. nach Brouwers 2005, S. 47.

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und Möglichkeiten der Kunden anpassen sollte.145 Noch 30 Jahre später erinnerte sich Knecht an diese erste fruchtbringende Periode: „Le petit atelier que Senefelder avait Rue Servandoni était fréquemment visité par les hommes notables de l’époché: Le comte Siméon, alors ministre de l’intérieur; le comte de Lasteyrie, Chaptal, d’Hauterive, Lord Spencer. Lord Essex. Des ambassadeurs, des savants ne dédaignèrent pas de descendre dans les petits détails de la lithographie, dont l’inventeur ne faisait aucun mystère, tandis qu’ailleurs on les cachait avant tant de soins.“146 Etwa zur gleichen Zeit legte Knecht sein Augenmerk auf die künstlerischen Dimensionen der Lithographie: „[…] quelques bons dessins par des bons artistes, comme premier travail, et les imprimer ensuite pour servir de preuve à l’excellence des cartons.“147 Die angehende Neuorientierung der Produktion in Richtung künstlerischer Prozesse148 und der lukrative Verkauf der Handpressen konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gebrauch der lithographischen Kartons oft nur unbefriedigende Ergeb145 Die variable Preisstruktur, die sich nach den Mitteln und Wünschen der Kunden richten sollte, sah 300 fr. für eine schnelle Fertigung innerhalb von drei Monaten und günstiger für eine Entwicklung bis zu einem Jahr vor; vgl. Brouwers 2005, S. 49. 146 Vgl. E. Knecht: Notice historique sur Aloys Senefelder sur la découverte de la lithographie et sur la marche et les progrès de cette invention; zit. nach Browers 2005, S. 49. 147 Vgl. ebd. die Briefe von Aloys Senefelder aus Paris vom 7. und 16. November 1820. Die Proben, die Lasteyrie und Engelmann von angesehenen Malern seit 1816 machen ließen, um die Verwendbarkeit der Lithographie als künstlerisches Ausdrucksmittel zu belegen, bleiben in deren Schaffen zwar zunächst noch Ausnahmen, was aber doch nichts über die Wichtigkeit und die Wirksamkeit dieser Versuche aussagt. Nachdem Ende 1817 Charles Motte und Anfang 1818 Séraphin Delpech ihre lithographischen Anstalten eröffnet hatten, setzte ein regelrechter Wettstreit hinsichtlich der Vervollkommnung der bereits bekannten Techniken ein. 1818 erschienen die „Divers Essays lithographiques“ von Jean Babtiste Isabey, der Zwischentöne durch die Benutzung von Tampons verfeinerte und für die Zeichnung eine Radiernadel einsetzte. Wohl mit diesem zusammen entwickelte Engelmann das sogenannte „lavis lithographique“ oder auch „aquatinta lithographique“, für das dieser im Oktober 1819 ein „brevet d’invention“ erhalten sollte und für das ihm die Société d’Encouragement eine ehrenvolle Erwähnung zugestand. Als Engelmann 1822 sein „Manuel du dessinateur lithographe“ veröffentlichte, widmete er dieser Erfindung einen großzügigen Textabschnitt; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 100f.; Lang 1948, S. 67 und S. 88f.; Twyman 1970, S. 66 und S. 124–126; „Lavis lithographique“, in: Le Lithographe, 4. Jg., 1843, S. 18–21, S. 39–47, S. 78–92, S. 103–119, S. 166–176; Engelmann 1822/1824, S. 2–16 und S. 71–84; Engelmann 1843, S. 202–206. 148 Brouwers berichtet von mehreren Ausgaben „Fortifications“, einer künstlerischen Produktion aus zwölf großformatigen Kartons, die laut Knecht im November und Dezember im Pariser Atelier Senefelders entstanden waren; vgl. Brouwers 2005, S. 49. Die Anstrengungen Knechts, anerkannte Künstler für einzelne Produktionen zu verpflichten, gestalteten sich offensichtlich als schwierig, da die meisten bereits für andere Ateliers arbeiteten und ohne lukrative Neuerungen nicht gelockt werden konnten. Knecht wandte sich daher an junge, unbekannte Zeichner wie Hector, Louis Gudin, Le Boucher, die jedoch ebenfalls durch die oft minderwertige Qualität der „cartons lithographique“ oder des noch nicht ausgereiften Verfahrens des Druckens auf behandelten Zinkplatten entmutigt wurden. Über die entstandenen Künstlerdrucke der Jahre 1820 bis 1823 siehe Brouwers 2005, S. 52 und S. 54.

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nisse hervorbrachte. Wieder musste Knecht sich eingestehen: „Il n’est pas étonnant qu’il arrive des plaintes de tous côtés, et qu’entre dix personnes une seul soit contente.“149 Das Unternehmen litt offensichtlich unter einer schlechten Reputation aufgrund der ungenügenden Qualität der Steinersatzplatten. Knecht, der sich den steigenden Anforderungen durch die nicht untätige Konkurrenz bewusst war, lenkte daraufhin seine Anstrengungen auf ein mögliches Substitut der Druckvorlagen aus Metallplatten. Von den Metallen hatte sich Zink als das brauchbarste herausgestellt, womit nun regelmäßig Experimente durchführt wurden.150 Sowohl Lasteyrie als auch Engelmann zeigten großes Interesse an derartigen Versuchen aus Senefelders Atelier, dessen berühmten Inhaber sie bereits von ihren frühen Besuchen in München kannten.151 Senefelder selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Auch die Zinkversuche konnten von Knecht zu keiner befriedigenden Qualität geführt werden und eine Allianz mit den französischen Druckerpionieren verlief im Sande.152 Anfang des Jahres 1824 sah sich Knecht endgültig gezwungen, sich umzuorientieren.153 Das neue Atelier Boulevard Bonne-Nouvelle 31 lag nun nicht mehr in dem bevorzugten Kunst- und Luxusgüterviertel, sondern in einem ökonomisch weniger attraktiven Gebiet nördlich der Seine. Neben der Konzentration auf qualitätvolle Lithographien sollte sich der Materialverkauf auf die Handpressen und handelsüblichen Steinplatten beschränken. Von lithographischen Kartons und Zinkplatten wurde gänzlich Abstand genommen. Eine erste Bilanz für die von Knecht fokussierte Produktion von Künstlerlithographien fiel dennoch erneut negativ aus: „Notre quartier ne se prête pas du tout à cela, les artistes demeurent presque tout de l’autre côté de la Seine; non 149 Knecht musste im Zuge des Gebrauchs der lithographischen Kartons feststellen, dass „sur dix personnes qui s’adonnent à ce nouvel art, a peine une sait se tirer d’affaires, deux ou trois peutêtre produisent quelques barbouillages“. Die Schwierigkeiten lagen in der nicht ausgereiften Konstruktion der lithographischen Kartons selbst, welche äußerst fragil und nur zu benutzen, wenn sie mit größter Perfektion hergestellt waren. Unter den lithographischen Kartons mit einem Wert von etwa 2100 Francs, die im Magazin des Geschäftes lagerten, waren es Kartons mit einem geschätzten Wert von 550 Francs, die nach Knechts eigenen Angaben „inutilisables“ oder „de mauvaise qualité“ waren, was etwa ein Viertel des Budgets ausmachte; vgl. Brouwers 2005, S. 48. 150 Senefelder hatte bereits im Juni 1805 in Wien eine „Instruction über die Anwendung seiner chemischen Druckkunst auf Metall-Platten“ an den Komponisten Ignaz P. Pleyel verkauft, dass als Anwendungsgebiete für diese Druckart zunächst nur Schrift und Noten in Frage kamen; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 55f. und Wagner 1914, S. 61f. Im Jahre 1816 hatte Senefelder in München ein Privileg für den Zinkdruck erlangt; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 56 und S. 128. Knecht selbst beschreibt seine Experimente mit den Zinkplatten in einem Brief an Treuttel & Würtz vom 11. Mai 1822; vgl. Brouwers 2005, S. 51. 151 Von dem großen Interesse der beiden französischen Pioniere Lasteyrie und Engelmann an einer Zusammenarbeit in Bezug auf den Zinkdruck berichtet Knecht in einem Brief an Treuttel & Würtz vom 19. März 1822 und abermals vom 14. Juni 1822; vgl. Brouwers 2005, S. 52. 152 Vgl. Brouwers 2005, S. 52f.; Wagner 1914, S. 157f.; Imiela/Gerhardt 1993, S. 55f. 153 In einem Brief an Treuttel & Würtz schreibt Knecht am 21. Dezember 1823: „[…] dans 6 moins, nous devrons quitter notre local; les brevets seront aussi périmés; la vente des presses diminue, les clients aussi; il faut donc suivre un chemin ou l’autre“; vgl. Brouwers 2005, S. 55.

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seulement le transport des pierres de côté et d’autre est compliqué et dangereux, mais les artistes craignent aussi d’aller si loin. Deux beaux dessins qui ont été abimés, l’un de Maurin, l’autre de Franck, ont beaucoup nui à l’établissement.“154 Im September 1824 wandte sich Knecht an seine Straßburger Gesellschafter. Er war davon überzeugt, dass die Herausgabe eines größeren lithographischen Werkes die Künstler in das Atelier locken und dessen Reputation sowie den Verkauf entscheidend steigern würden: „Donnez-nous seulement un seul ouvrage important à lithographier, c’est-à-dire un ouvrage dans lequel il y ait des dessins de bons maîtres. Je garantis la meilleure exécution possible. Ainsi, notre réputation se relèvera. Les artistes viendront chez nous; ils nous achèteront des pierres, des planches, des crayons, etc., et nous donneront leurs travaux à lithographier. Je vous assure que nous arriverons difficilement au but si la réputation perdue de notre établissement n’est pas relevée de cette manière.“155 Tatsächlich entstand eine kleine Serie künstlerischer Original-Lithographien bestehend aus Karikaturen und populären Genreszenen, die in der Bibliographie de la France verzeichnet sind.156 Eine kleine zwölfblättrige Mappe, betitelt mit „L’Aquatinta lithographique ou Manière de reproduire des dessins faits au pinceau“, zeugt zudem von ehrgeizigen Bemühungen Knechts, sich als Konkurrent Engelmanns zu behaupten.157 Bei der Aquatinta oder Lavis Lithographique handelte es sich um ein Verfahren, die malerische Wirkung von Wasserfarben für den Steindruck zu erreichen. Engelmann, der diese Erfindung als wichtigen Schritt zur Vollendung der Lithographie wertete, hatte der Beschreibung der Methode in seinem zwei Jahre zuvor erschienenen „Manuel du dessinateur lithographe“ einen Gutteil des Textes zugestanden.158 Die zweite Ausgabe, die nun herauskam, schlug eine erweiterte Anleitung des „Nouveau procédé du lavis lithographique“ vor. Nach der Überzeugung Knechts fehlte es der Lavis jedoch aufgrund der zu glatten Tinten an „la manière de détacher en ombre et d’obtenir de l’effet par le pinceau“, was nur mit seiner Methode realisierbar sei.159 Obwohl sich Knecht kein Gehör bei seinem berühmten Konkurrenten verschaffen konnte, sollten seine Anstrengungen um einen höheren Bekanntheitsgrad unter den Pariser lithographischen Ateliers erste Früchte tragen. Für das Folgejahr 1825 konnte er einen deutlichen Anstieg der 154 Das Zitat Knechts ist übernommen von Brouwers 2005, S. 57. 155 Knecht an Treuttel & Würtz, Paris, den 15. September 1824, abgedruckt bei Brouwers 2005, S. 57. 156 Vgl. zu den Einträgen der Bibliographie de la France: „The image of France 1793–1880 at Artfl“ in www.lib.uchicago.edu/efts/ARTFL/projects/mckee/. 157 Vgl. Bibliographie de la France, Eintrag zum 24. September 1824, no. 737: „L’Aqua-Tinta lithographique, ou Manière de reproduire des dessins faits au pinceau. Un cahier in-4. de huit pages de texte et de douze planches; le tout lithographié. A Paris, chez {Senefelder et compagnie}, boulevard Bonne-Nouvelle, n. 31. Prix. 10 fr. 12 items“; vgl. „The image of France 1793–1880“ in www.lib.uchicago.edu/efts/ARTFL/projects/mckee/. 158 Vgl. Twyman 1970, S. 124–126; „Lavis lithographique“, in: Le Lithographe, 4. Jg., 1843, S. 18–21, S. 39–47, S. 78–92, S. 103–119 und S. 166–176; Engelmann 1822/1824, S. 2–16, S. 71–84; Engelmann 1839, S. 229–305. 159 Zitat Knechts übernommen von Brouwers 2005, S. 57.

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künstlerischen Produktion verzeichnen. Neben humorvollen Genreszenen war es ihm gelungen, den jungen, noch am Anfang seiner Karriere stehenden Auguste Raffet für die Anfertigung einiger Militärszenen heranzuziehen, Zeichnungen nach Girodet wurden gedruckt, Porträts berühmter Persönlichkeiten und Landschaften gehörten jetzt zum festen Repertoire.160 Nach immer wieder aufflammenden Auseinandersetzungen mit seinen Straßburger Gesellschaftern hatte Knecht gegen Ende des Jahres beschlossen, das Unternehmen, in das er bereits so viel investiert hatte, ganz zu übernehmen und nach seinen Vorstellungen weiter auszubauen. Nach langwierigen Verhandlungen, die bis Mai 1826 andauerten, kamen schließlich alle Parteien zu einer Übereinkunft. Knecht kaufte den Straßburger Verlegern Treuttel & Würtz für 2000 fr. alle Rechte ab und verpflichtete sich gleichzeitig, dem bereits seit geraumer Zeit wieder in München weilenden Senefelder für eine Dauer von zehn Jahren 600 fr. jährlich als Ablöse zu zahlen.161 Im August 1826 zog er mit dem Atelier unter dem neuen Namen „Imprimerie Knecht-Senefelder“ in die Rue Paradies-Poissonières 27, entschlossen, seinen Platz im Quartier zu verteidigen. Tatsächlich sollte das Unternehmen von nun an immer weiter aufblühen und zahlreiche lithographische Serien aller Genres herausbringen. Zwischen den Jahren 1826 und 1827 suchte sogar Rosé-Joseph Lemercier für einige Monate Knecht auf, um letzte Erfahrungen zu sammeln, bevor er sein eigenes Etablissement gründete, das er bis zur Mitte des Jahrhunderts zu einem der erfolgreichsten lithographischen Institute seiner Zeit ausbaute (Abb. 149).162

160 Vgl. „The image of France 1793–1880“ in www.lib.uchicago.edu/efts/ARTFL/projects/mckee und Brouwers, Catalogue raisonnée 2005, S. 82f. Genannt seien an dieser Stelle nur zwei Militärszenen von Raffet: „Nous avons la victoire, fanfan, etc“ und „Je le sauverai, ou je perdrai la vie“, Cabinet des Estampes, Bibliothèque nationale, Paris. 161 Die Verhandlungen mit Treuttel & Würtz dauerten vom 5. November 1825 bis zum 3. Mai 1826; vgl. Briefverkehr zwischen Knecht und Treuttel & Würtz 5. und 11. November 1825, 1., 7., 11. und 13. März 1826 und 3. Mai 1826, nach Brouwers 2005, S. 60. Mit Senefelder regelte sich das Eigentumsproblem wesentlich einfacher. Der Erfinder hatte im Zuge seiner Rückkehr nach Deutschland sämtliche Geldschulden bei Knecht gelassen. Im Austausch hatte der Jüngere eine Hypothek auf dessen Lizenz übernommen. Seit 1817 war es in Frankreich Pflicht, sich zum Führen einer eigenen lithographischen Institutes ein sogenanntes „brevet“ zu erwerben; über die „brevet lithographique“ siehe Delmas/Bouquin1997, S. 743–746. 162 Rose-Joseph Lemercier (1803–1887) hatte zuvor bei Langlumé gelernt, bis er nach dem Aufenthalt bei Knecht 1828 eine eigene Anstalt gründete. Er war einer der wichtigsten Drucker seiner Zeit. Mitte des Jahrhunderts führte er mit 70 Pressen eines der größten lithographischen Unternehmern von Paris; vgl. Brouwers 2005, S. 60f.; zu Lemercier ausführlich Bouquin Chupeau 1993. Siehe auch Kapitel II.1.a „Die neue Bahn“.

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Sachses Ansicht der Sache

Das alte neue Unternehmen Knecht-Senefelder stand nach den aufgezeigten Schwierigkeiten noch am Anfang einer fruchtbringenden Periode, als Sachse Ende April 1827 die Räume in der Rue Paradies-Poissonnière erstmals betrat. Joseph Knecht hatte Sachse freundlich aufgenommen und ihm eine Presse zum Drucken bereitgestellt: „[…] ich [drucke] von morgens sieben bis mittags 4 Uhr und kann mich nicht genug für die recht deutsche Bereitwilligkeit des Herrn Kn[echt] bedanken, der mir hierzu die Erlaubnis gab, die man sonst nirgends und besonders hier erhält.“163 Sein erstes Lehrgeld von 4½ fr. überließ Sachse seinem Lehrmeister, da dieser durch seinen Unterricht an der Sternpresse viel versäumt hätte: „[M]an hält mich hier für einen seltenen Liebhaber der Lithographie, da ich diesen Schritt gethan“, schrieb Sachse nach Berlin.164 Schon nach wenigen Tagen bekam der Auszubildende die Möglichkeit, eigene Zeichnungen anzufertigen und selbst zu vervielfältigen: „Herr Knecht hat mir nun erlaubt, dass ich, um mich zu vervollkommnen, einmal selbst einen Stein andrucken darf, allein auf meine Gefahr; deshalb graviere ich jetzt selbst eine mir von Herrn K[necht] gegebene Zeichnung, die zu einem ungeheuren Werk für Brasilien gehört. Dies Werk besteht aus 1800 Platten, jede Platte wird 3000 Mal gedruckt. Bis jetzt arbeiten 4 Graveure und 16 Pressen dafür.“165 Obwohl er diese für ihn so positiven Umstände durchaus zu schätzen wusste,166 sah Sachse seinen Aufenthalt in Knechts Atelier anfangs jedoch noch nicht von Dauer: „Alsdann, nach diesen gemachten Fortschritten werde ich die Empfehlung beim berühmten Lasteyrie […], bei Noel und Constant mit umso größerem Muthe anwenden. Übrigens ist für wie gar nichts in diesem Hause zu lernen. Außer diesem Polen ist hier kein einziger guter Graveur, und ich könnte, wenn ich meinen eigenen Zwecken nicht gerade entgegen arbeitete, hier ein schnelles Geld machen. […] Der arme Pole hat für das Lernen der Bereitung der Kreide, Tusche und Schürze 1000 Franc geben müssen, und wenn ich nicht durch diesen wieder etwas lerne, so werde ich wahrscheinlich in dieser Hinsicht von hier so dumm weggehen, wie ich gekommen bin.“167 Da „Herr Knecht nicht so viel in Kreide druckt“, hatte Sachse über die Bekanntschaft Donndorfs das Institut von Engelmann besichtigt, und „dasselbe in vieler Hinsicht angestaunt“: „Bei ihm gehen 16 Pressen nur in einem Saale und alle sind nur mit Kunstsachen besetzt“,

163 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827. Hier heißt es weiter: „Mit der vertieften Manier habe ich den Anfang gemacht und den 3. Tag 100 gute, den 4. 150 Exemplare abgezogen.“ 164 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 165 Vgl. ebd. 166 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827: „Gestern habe ich eine Zeichnung fertig gemacht, die ich nun selber ausdrucken und vollenden will (ich schreibe dir das ganze, […] da du doch vielleicht von dieser mir höchst wichtigen Erlaubnis nicht die richtige Ansicht hast und haben kannst).“ 167 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 30. April 1827.

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berichtet er merklich beeindruckt.168 Sobald Sachse ein wenig fortgeschritten sei, wollte Donndorf „es vielleicht möglich machen, bei ihm [Engelmann, d. V.] zu arbeiten“.169 Knecht jedoch hatte in dem jungen Berliner offensichtlich ebenfalls einen Zugewinn gesehen und stellte Sachse bereitwillig sein Wissen und seine Gerätschaften zur Verfügung. Knecht „glaubt, ich könne ihm zu einer Summe von 800 frs. verhelfen, die er von Herrn Rühle bekommt, weshalb er mir alles erlaubt, was ich nur für möglich in seinem Hause halte. Ich nenne dies einen recht glücklichen Zufall, und bin es mir schuldig, hier uns den gehörigen Nutzen zu bringen, denn ich hatte es möglich zu machen, ihm sein Geld zu verschaffen“, wusste Sachse wenig später die Umstände zu erklären und sich ihrer anzunehmen.170 Die anfänglichen Zweifel waren bald verflogen und so berichtet er wenig später seiner Verlobten in Magdeburg: „Herr Knecht ist ein überaus lieber, gefälliger Deutscher, der mir alles, was nur zu meinem Nutzen gereichen kann, erlaubt. Er allein macht mir alle meine übrigen Empfehlungen fast unnöthig, und ich bin von 7 bis 5 Uhr ausschließlich entweder in seinem Atelier, oder in der Druckerei, oder im Magazin, wodurch sich meine Ansicht der Sache sehr erweitert. Freilich, nach den gemachten Schritten, die ich bereits gethan, wird es jetzt doch ernst mit meinem Etablissement, und wenn ich auch noch einige Scheu im Herzen vor dem Erfolge trage, so glaube ich es doch jetzt mehr mit Fug und Recht unternehmen zu dürfen.“171 Schon nach kürzester Zeit hatte sich ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Meister und Lehrling eingestellt. Knecht, der ebenso wie Senefelder den Großteil seiner Anstrengungen auf Versuche zur Verbesserung und Weiterentwicklung sowohl der lithographischen Technik als auch des dazu zu verwendenden Materials richtete,172 ließ Sachse Einblick nehmen in sämtliche Arbeitsbereiche seines Instituts: „Ich drucke, koche, graviere, mische Farbe, reibe sie, schleife sogar und thue den ganzen Tag über zwanzig verschiedene Sachen, zu denen ich dort nicht gelangt bin, und habe nunmehr wenigstens die vollkommene Überzeugung, dass mir keiner meiner zukünftigen Arbeiter mal ein Zöpfchen machen soll.“173 Bereits nach zwei Wochen machte Knecht dem Jüngeren das Angebot, eine von ihm selbst konstruierte Druckpresse für dessen zukünftigen Gebrauch in Berlin nachbauen zu lassen, damit dieser die in Paris erlernten Kenntnisse in der preußischen Hauptstadt fortführen konnte: „Knecht, ein echter Deutscher, der sich meiner mit mancher Freundschaft annimmt, ist der Erfinder einer Art Presse, die wir in Deutschland noch gar nicht kannten, und die auch in Paris nicht außer das Se168 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 169 Vgl. ebd. 170 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 20. Mai 1827. 171 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827. 172 Vgl. Eduard Joseph Knecht: Le petit manuel du lithographe ou abrégé des meilleurs procédés pour dessiner, graver et imprimer sur Pierre, Paris 1832 und ders.: Nouveau manuel complet du dessinateur et de l’imprimeur-lithographe. Nouvelle édition complètement refondue, mise au courant de l’industrie actuelle, la lithographie mécanique, la chromolithographie, la lithofotografie, la zincographie et traitant des papiers de sûreté, Paris 1867; nach Brouwers 2005, S. 64f. 173 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827.

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nefeldersche Institut gebracht werden darf, da Herr Knecht das alleinige Privilegium darauf besitzt. Ich habe seit zwei Wochen auf solcher Presse gedruckt, finde sie so vorzüglich, so schnell und solide, dass ich die Unredlichkeit besitzen wollte, sie heimlich abzugreifen, und bei mir künftig in Anwendung zu bringen. Es fand sich aber manches, das so künstlich gemacht war, dass ich zweifelte, dort eine ebenso zweckmäßige gebaut zu erhalten, deshalb machte ich mich mit Offenheit an Herrn K[necht], und dieser, statt mir bloß alles zu erklären, hat die ungemeine Güte gehabt, mir anzubieten für mich solche durchaus unbekannte, erst ganz neu erfundene Presse bauen zu lassen. Ich werde dabei in den doppelten Vortheil gehen, die Presse unter meinen Augen werden zu sehen und mich von der Solidität aller Materialien zu überzeugen, und dieselben selbst noch einige Zeit vor der Absendung zu bearbeiten und somit mehr kennen zu lernen.“174 In Deutschland würde eine vergleichbare Presse etwa 100–120 Reichstaler kosten. Sachse sollte für seine von Knecht gebaute Presse den (offenbar) freundschaftlichen Preis von 400 fr. inklusive Transport bezahlen: „Es ist ein ungeheures Glück für mich, da ich auf einer solchen, Art Sternpresse, halb Mal so viel an einem Tag allein drucke, als zwei Leute auf einer gewöhnlichen Sternpresse, wie nämlich im Königlichen Institut, und hier fast überall bedient. Dabei hat diese Presse […] doppelte Manneskraft. Wenn ich nun bis zu meiner Abreise von hier darauf gearbeitet habe, verpacke ich sie selbst mit und schicke sie an Ed. [Edouard, Sachses Bruder, d. V.], der sie bis zu meiner Zurückkunft unausgepackt und als Geheimnis irgendwo trocken hinstellt. Dabei habe ich noch den Vortheil, bei meiner Zurückkunft gleich eine mir völlig bekannte Presse zu finden, die dort niemand kennt. Hiervon nochmals tiefes Stillschweigen.“175 Es ist nur zu mutmaßen, um welches Modell von Druckpresse es sich bei der Knecht’schen Konstruktion gehandelt haben könnte. Tatsächlich hat es eine relativ große Anzahl von Versuchen gegeben, Pressen nach eigenem Plan zu bauen, doch sind nur wenige Beispiele dieser Periode bis heute erhalten. Unter den überlieferten Erwähnungen, Aufzeichnungen und Beschreibungen in diese Richtung konnte über ein Knecht’sches Patent leider nichts in Erfahrung gebracht werden.176 Der Hinweis Sachses, dass es sich im Gegensatz zur „gewöhnlichen Stangenpresse“177 um eine „Sternpresse“ gehandelt ha174 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827. 175 LAB, E. Rep. 200-03, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827. 176 Wie Michael Twyman in seinen grundlegenden Untersuchungen herausstellen konnte, sind die wichtigsten Neuerungen und Erweiterungen auf diesem Gebiet in den 1820er Jahren in Frankreich und England und nicht mehr in Deutschland gemacht worden. Twyman hat auf Grundlage der historischen Übersicht verschiedener Konstruktionen, die Engelmann in seinem „Gesamtgebiet der Lithographie“ zusammengetragen, beschrieben und abgebildet hat, und der überlieferten zeitgenössischen Patente und Berichte in Zeitschriften, eine Übersicht über Funktion und Entwicklung der Handpressen bis 1850 nachgezeichnet und verschiedene Typen kategorisiert und in ihrer Mechanik genau beschrieben; vgl. Twyman 1967. 177 Die sogenannte Stab- oder Stangenpresse war die erste und zweifelsohne bekannteste lithographische Presse. Das ursprüngliche Modell aus Holz war von Senefelder 1796/98 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entdeckung des Verfahrens konstruiert worden. Sie wird in den meisten Traktaten beschrieben und ist eines der wenigen Modelle, von denen sich ein Beispiel bis in die

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be,178 entspricht zeitgenössischen Berichten, die die größer und solider gebaute Sternradpresse als das ideale Instrument für einen professionellen Drucker und somit als „la plus généralement en usage dans les imprimeries“ bezeichnen (Abb. 44).179 Die für Sachse gebaute Konstruktion war Anfang Juni 1827 fertig. Voller Zufriedenheit über deren Funktionalität berichtete Sachse seiner Verlobten nach Magdeburg von der unaufhörlichen Arbeit mit der eigenen Presse.180 Neben dem „praktischen Druck“ heutigen Tage erhalten hat (Deutsches Museum München). Ihre Funktionsweise ist genau beschrieben bei Twyman 1967, S. 12–16. 178 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 11. Mai 1827: „Bei uns kosten gewöhnliche Stangenpresse 70–80r und diese Sternpresse wird nicht höher als 400 francs kosten. Sey so gut Onkel gleich mit dieser wichtigen und freudigen Nachricht bekannt zu machen, damit er sich mit mir ergötze, dass diese Reise schon deshalb sehr segensreich für mich ist.“ 179 Der französische Drucker Houbloup beschrieb schon 1825 die Sternradpresse als größer und solider gebaut als frühere Versionen mit einem Hebelverfahren. Sie sei mit weniger Kraftaufwand zu bedienen und die ideale Presse für einen professionellen Drucker; vgl. Houbloup: Théorie lithographique, ou manière facile d’apprendre à imprimer soi-même, Paris 1825, S. 55. Die gleichen Beobachtungen machte L. R. Brégeau: Nouveau manuel complet de l’imprimeur lithographique. Nouvelle édition très augmentée, par M. Knecht […] et M. Jules Desportes, Paris 1850, S. 91; nach Twyman 1967, S. 17f. Wie Michael Twyman herausstellte, entwickelte sich die Sternpresse bis 1825 als Holz-, später als Holz-Eisen- und schließlich als vollständige Eisenkonstruktion zum bevorzugten Modell für qualitativ hochwertige Drucke weiter und wurde besonders in Frankreich zum populärsten Typus; vgl. ebd., S. 17–28. Nach 1830 wurden einige dieser Modelle sehr bekannt und konnten als aus bestimmten Manufakturen kommend identifiziert werden. Eine der damals hoch geschätzten Firmen für Druckpressen war die des Ingenieurs Pierre Denis Brisset; vgl. ebd., S. 26f. und C. Straker: Instructions in the Art of Lithography, London 1867, S. 16. Brissets Modell einer Sternpresse wird hier als „das französische Modell“ bezeichnet; zit. nach Twyman 1967, S. 27, Anm. 1. Brisset hatte sein Modell, eine unmittelbare Ableitung der seit den 1820er Jahren bekannten hölzernen Sternpresse, mit wenigen, aber gezielt eingesetzten konstruktiven Veränderungen zum effizienteren und einfacheren Gebrauch erstmals 1827 auf der Pariser Industrieausstellung gezeigt. Brisset selbst fasste die Neuerungen an dem Modell seiner Sternradpressse wie folgt zusammen: „On voit que cette nouvelle presse diffère des autres par un grand nombre de pièces ajoutées ou retranchées qui toutes concourent à son action plus énergique et d’économie; tels sont, par exemple, le régulateur, la barre de pression prolongée, le contrepoids et l’arbre en fer à tourillons, la bobine, les deux poupées en fer, les deux vases en cuivre, les deux coussinets, enfin le moulinet en fonte de fer, pour remplacer celui en bois“; zit. nach Twyman 1967, S. 28. Wie Twyman aufzeigte, war sie später weit verbreitet und wurde auch von Engelmann und Lemercier mit lobenden Worten beschrieben; vgl. Adolphe Lemercier: La lithographie française de 1796 à 1896, Paris o. D., S. 45 und Engelmann 1839, S. 205; nach Twyman 1967, S. 27. 180 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. Juni 1827: „In geschäftlicher Hinsicht muß ich dir, liebes Nannichen, noch melden, dass seit 8 Tagen meine Presse fertig ist, dass ich mit ihr sehr wohl zufrieden bin, und nun nicht aufhöre, sie so oft es irgend möglich zu nutzen. Auch ein Rouleaux, die man bei uns weder so billig, noch so gut gemacht erhält, habe ich für würdig befunden mir hier anzukaufen, so wie einige andere Gegenstände der Lithographie, die ich mit der Presse, im Fall wir nicht hier bleiben sollten, zugleich versuchen kann.“

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in den unterschiedlichen Techniken von „vertiefter Manier“ bis zum „Kreidedruck“, in welchem er, wie er selbst schreibt, „gewaltig vorwärts[schritt]“,181 stellten das Bereiten der „Kreiden, Tupfen, Farben und Virnisse“ und die gemeinsamen Versuche mit Knecht „die Hauptsache“ seiner Tätigkeit im Atelier dar:182 „Meine Presse ist im Gange und steht mit der des ersten Druckers in einem verschlossenen Zimmer. Den ganzen Tag arbeiten wir zusammen, ätzen, drucken an, kochen, präparieren und versuchen uns in jeder Art. Neulich habe ich von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abends auf dem Montmartre Firniß gekocht (in der Stadt darf man wegen Feuergefahr nicht).“183 Sachses Drucke würden nun immer vorzüglicher ausfallen, was ihn noch mehr anspornte. Sorgen machte ihn nun nur noch die „recht unglückliche Position“, die er unter seinen französischen Arbeitskollegen einnahm.184 Mit einer „scheinbaren Artigkeit“ wussten diese ihn von Zeit zu Zeit „ordentlich zu überführen“, wie er anhand einer vorgefallenen Episode nach Berlin berichtete: „Allein vor einigen Tagen will es mir nicht gelingen, einen guten Druck abzuziehen (ich drucke Kunstsachen und muß jeden Bogen, den ich verderbe, mit 2 Sous, den Fabrikpreis, ersetzen, umso ärgerlicher, wenn alle Mühe nichts hilft). Ich bemerke endlich, dass alle Farbe sich von dem Stein ablöst; nun untersuchte ich jedes einzelne Material, und finde endlich, dass man unter mein Terpentinöl zum Flüssigmachen der Schwärze, Scheidewasser gegossen hat, wodurch unfehlbar der ganze Kunststein zu Schaden gegangen wäre, hätte ich noch einmal eingerieben, und nicht zur rechten Zeit ein Malheur geahnt […]. Was sagst du zu solchen gemeinen Kerlen, die einen Schaden hätten anrichten können, der wenigsten 250 Frs. werth wäre, und, das ist das schlimmste, 2 Monate zusätzlich wenigstens gekostet, die Zeichnung gar erst nach Brasilien zur Korrektur hätte gehen müssen.“185 Auch Knecht wollte Sachse „nicht genug seine Noth klagen“, wie die Franzosen in seinem Atelier „ihm zu schaffen machen“.186 Vielleicht ließ auch dieser Umstand die beiden Deutschen immer mehr zusammenwachsen: „Den ganzen Tag bin ich bei Kn[echt] und arbeite mit ihm in jeder Art. Mit der von mir zuletzt bearbeiteten Kreide zeichnet jetzt Donnd[orf ] eine Bestellung für den Brasilianischen Gesandten zum Beweise, dass sie gelungen ist. Ich werde in der Zukunft immer mit Knecht (Firma Aloys Senefelder & Co.) in Correspondenz bleiben, und wir haben schon vieles ausgeheckt, woran etwas zu verdienen ist. Dies bleibt, versteht sich, in der engsten Familie. Wahrscheinlich werde ich mich ent-

181 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 20 Mai 1827. 182 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 2. und 15. Juni sowie 5. August 1827. 183 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. Mit dem ersten Drucker ist der Lithograph und Drucker Georg Berndt gemeint, den Sachse später in sein eigenes Institut nach Berlin holen wird; vgl. Kapitel II.3.b. 184 Vgl. ebd. 185 Vgl. ebd. 186 Vgl. ebd.

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schließen, hier etwas länger zu bleiben und in München nur solange es nöthig ist, alles, Anstalten und Kunstsachen, zu sehen.“187 Kunst-Industrie, Industrie-Kunst

Rezeptur, Zubereitung und Weiterentwicklung des lithographischen Materials wie Tuschen, Kreide, Firnisse und Druckpresse waren wesentliche Grundpfeiler für den geschäftlichen Erfolg einer lithographischen Anstalt jener Zeit. Im Jahr 1826, also ein Jahr vor Sachses Pariser Ausbildung, hatte die Société d’Encouragement erstmals Preise für verbesserte Kreiden ausgeschrieben und gleichzeitig der Wunsch nach einer entsprechenden Industrie bekräftigt.188 Zudem fand ab August 1827 die Gewerbeausstellung in Paris statt, an dessen Preiswettbewerben sich das Knecht-Senefelder’sche Institut ebenfalls beteiligte: „Knecht und ich wollen durchaus die ausgesetzten Preise gewinnen, zu deren Einholung wir manchen Versuch machen müssen; für die verbesserte Presse, die beste Kreide und Schwärze ist uns der Preis durch ein schmeichelhaftes Schreiben des Grafen Lasteyrie zugesichert worden.“189 Tatsächlich erhielt Knecht eine Silbermedaille für sein Modell einer Handpresse. Der Bericht der Ausstellungsjury beschreibt sie wie folgt: „Cette petite presse appelée portative est une copie exacte des presses connues venant de la bavarière et en usage dans les divers ateliers d’imprimeurs lithographes. Elle a sa manivelle, son treuil, sa sangle entrainant le chariot, son porte racle, son affrage et son levier. Elle est d’une jolie exécution, mais le motif date de l’invention de la lithographie.“190 Tragbare Handpressen waren als preisgünstige Vervielfältigungsmöglichkeit für den privaten wie Geschäftsgebrauch seit etwa 1820 beliebt. Es wurde bereits erwähnt, dass Senefelder selbst um das Jahr 1818 ein erstes Modell entwickelt hatte, das seither auch bei Senefelder et Cie. in Paris angeboten wurde (Abb. 42). Wie aus einem Artikel im Kunstblatt vom 8. Juni 1820 hervorgeht, wurde eine derartige Apparatur im Mittelformat von 10 bis 16 Zoll mit allem Zubehör, 6 Blatt Steinpapier, 50 Blatt Überdruckpapier, chemischer Tinte, Farbe, Kreide, Präparatur und den dazugehörigen Rezepten abgegeben.191 Aus einem Bericht in dem französischen Magazin Le Lithographe aus dem 187 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. 188 Vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 49; Engelmann 1839, S. 242–248 und Engelmann 1843, S. 162– 167 sowie M. Merimée: „Rapport sur de concours relatif au perfectionnement de la lithographie“, in: Bulletin de la SEIN XVII, 1828, S. 352f. 189 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 27. Juli 1827. 190 Report des Jurors de l’Exposition Industrielle 1827, S. 3f.; zit. nach Twyman 1967, S. 38. Erwähnung der Firma Senefelder & Compagnie für eine Medaille in der Abteilung „Division des maschines“ in Blanqui 1827, S. 307. 191 Vgl. Wagner 1914, S. 153. Die im Deutschen Museum in München verwahrte Presse Senefelders hat die Maße 110 cm hoch, 90 cm tief und 70 cm breit. Der Reiber wird hier mittels der von einer Kurbel bewegten Schneckenwelle über den Stein gezogen. Engelmann bildete später eine verbesserte Variante ab. Auch sie wurde angeboten als „nützlich für die Handelshäuser und für die Reisenden“, um „mittels der Autographie Circulare, Avertissements etc. zu vervielfältigen“.

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Jahre 1842 ist zu erfahren, dass allein durch das Knecht-Senefelder’sche Institut seit Beginn der 1820er Jahre an die 600 „presse portatives“ verkauft worden waren.192 Das Münchener Modell blieb dabei nicht der einzige Vorschlag Senefelders für eine mobile Presse193 und auch Knecht und die anderen Institute entwickelten eigene Konstruktionen. Eine solche lithographische Handpresse von Joseph Knecht aus der Zeit um 1830 bewahrt noch heute das Musée des Arts et des Métiers in Paris (Abb. 45).194 Die „Exposition publique des produits de l’industrie française“, für die Knecht und Sachse an einer Vielzahl von Versuchen zur Verbesserung des lithographischen Druckprozesses gearbeitet hatten, war ausschließlich französischen Herstellern vorbehalten. Sie fand seit 1798 in unregelmäßigen Abständen und an unterschiedlichen Orten in Paris statt. Bis 1819 war Frankreich das einzige Land mit einem solchen Ausstellungsereignis. Es jährte sich 1827 zum siebten Mal.195 In diesem Jahr wurde es vom 1. August bis 1. Oktober im Ehrenhof des Louvres ausgetragen, wofür sich 1695 Aussteller angemeldet hatten (Abb. 45).196 Adolphe Blanqui, von dem bereits mehrmals die Rede war,

Engelmann erwähnt, dass eine große Anzahl bereits verkauft sei; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 57. 192 Vgl. Twyman 1967, S. 37–41, Imiela/Gerhardt 1993, S. 57f., die verweisen auf: Desportes, in: Le Lithographe, 4. Jg, 1842, S. 191. 193 Senefelder hatte auf der Pariser Industrieausstellung 1823 eine Silbermedaille für eines seiner eben entwickelten Modelle erhalten; vgl. Twyman 1967, S. 38. 194 Auch Engelmann erwähnt, dass die portablen Handpressen äußerst populär waren und bildet ein eigenes Modell, das dem frühen Senefelder’schen ähnelt, in seinem Lehrbuch ab. Engelmann jedoch machte auch auf die Schwierigkeiten für nicht geübte Personen aufmerksam, die Presse zu bedienen und verleugnete für sich jedes historische Interesse an dieser Art von Apparat; vgl. Engelmann 1839, S. 182f.; nach Twyman 1967, S. 37–41 und Imiela/Gerhardt 1993, S. 57f. Ein für unseren Zusammenhang besonders interessantes Beispiel einer Handpresse, deren Entwicklungsdatum um das Jahr 1830 geschätzt wird, ist im Pariser Musée des Arts et Métiers zu besichtigen (vgl. Abb. 43). Der Apparat trägt die Bezeichnung „presse portative pour la lithographie avec ses accessoires, par Hecht et Boissy“; vgl. „Presse portative pour la lithographie aves ses acsessoires“, Holz, Leder, Eisenlegierung, Zeichensatz, Mineralien, 60 x 66 x 150 cm, Gewicht der Gesamtmasse 24 kg, um 1830, bez. „par Hecht et Boissy“, Inv.: 02437-0001, Musée des Arts et Métiers Paris. Michael Twyman vermutete bereits, dass es sich bei der Bezeichnung des Herstellers um einen Druckfehler handelt; vgl. Twyman 1967, S. 41. Knecht verkaufte sein Institut 1830 an Anselme Olivier Félix de Roissy, blieb aber weiterhin beratend tätig und veröffentlichte zwei Jahre später mit selbigem zusammen „Le Petit Manuel du lithographe ou abrégé des meilleurs procédés pour dessiner, graver et imprimer sur pierre“; vgl. hierzu Brouwers 2005, S. 64. Brouwers erwähnt die erhaltene Handpresse im Pariser Musée des Arts et Métiers interessanterweise nicht. Das Musée des Arts et des Métiers in Paris hingegen bestätigte auf Nachfrage der Verf. Twymans Vermutung. 195 Vgl. François Gerard: „Les expositions nationales parisiennes françaises“, in: worldfairs.free.fr/ forum/viewtopic.php?f=2&t=122#p465. 196 Bis zur ersten Pariser Weltausstellung 1855 war die Gewerbeausstellung allein der Präsentation französischer Produkte vorbehalten. Sie hatte bis 1827 sechs Mal stattgefunden (1798, 1801, 1802, 1806, 1819 und 1823, wobei die Zahl der Aussteller von anfangs 110 auf 1695 ange-

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hat die Industrieausstellung dieses Jahres ausführlich beschrieben und der Lithographie ein eigenes Kapitel gewidmet.197 Die Gesamtschau französischer Industrieprodukte spielte für die Vermarktung lithographischer Blätter eine wichtige Rolle, deren Verleger in den meisten Fällen gleichzeitig die Drucker und Inhaber der Pressen und rechtlich sowohl für die Qualität als auch für den Inhalt der Drucke zuständig waren. Auf der Ausstellung konnten sie die ganze Bandbreite ihrer Produktion und Lithographien in all ihren Variationen aufzeigen. Neben den ausgestellten Druckblättern, Qualitätsnachweis und Aushängeschild für das herstellende Institut, richteten sich ihre Bemühungen auf den Verkauf von qualitativ hochwertigen, bereits anwendungsfertigen Materialien.198 Lithographische Kunstdrucke dieser Periode unterlagen einem entsprechend ambivalenten Status. Bis 1824 waren lithographische Kunstblätter, die seit 1819 auch im Salon der Akademie zur Ausstellung kamen, noch als „produit de l’industrie“ allein unter den Namen der Drucker und Verleger aufgeführt worden. Mit der Zuweisung einer eigenen Sektion und Nennung der Künstlernamen hatte die Akademie ihren künstlerischen Wert und damit die Rolle der Lithographie als Rivalin des Kupferstiches bekräftigt: „La lithographie a décidément pris un rang honorable au Salon“, wie es in einem zeitgenössischen Bericht hieß.199 Corinne Bouquin Chupeau hat auf diese ganz wesentliche Entwicklung bereits hingewiesen. In der Zeitschrift La Pandore war die grundlegende Veränderung der Präsentation gar als „véritable révolution“ begrüßt worden, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Bedeutung lithographischer Blätter an der Bildung und Ausbreitung des Kunstgeschmacks: „Le besoin de répandre plus facilement les productions de l’art, avait fait imaginer ce moyen plus expéditif: le moyen trouvé, et ses productions mises à portée du plus grand nombre, ont excité le gout de l’art toujours, le besoin a fait naître le moyen; le moyen a soutenu, a augmenté le besoin, et l’art y a gagné une très grande popularité.“200 Eine Lithographie von Henri Daniel Plattel (1803–1859), untertitelt mit „La Gravure aux prises avec la lithographie“, setzte die Diskussion ins Bild (Abb. 46). Sie zeigt die Personifikation des Kupferstiches als Herren im Frack, der mit einem Bein in einem stiegen war); vgl. Douyere-Demeulemaere 2005, S. 2. Die Akten für das Ausstellungsjahr 1827 befinden sich in Paris, CHAN, F/12/988: formulaires d’envoi. 197 Blanqui 1827, S. 281–290. Vgl. auch in Kapitel II.1.a in diesem Buch: „Das Mysterium eines neuen Verfahrens“ und „Alles andere als Standard“. 198 Anfangs haben die Lithographen ihr Rüstzeug selbst hergestellt und sind dabei, wie Imiela/Gerhardt feststellen, wohl insgesamt vergleichbare Wege gegangen, sosehr sie sich auch von den anderen zu unterscheiden suchten. Entsprechend gab Senefelder in seinem Lehrbuch noch überwiegend Rezepte zur Herstellung der benötigten Materialien. Das „Manuel“ Engelmanns von 1824 schloss dagegen bereits mit einer Preisliste für den Erwerb von Kreiden, Tusche, Kreidehalter und Stahlfeldern im Anhang; vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 105, Engelmann 1822/1824, S. 93. 199 C. A. und D. B.: „Salon de 1824“, in: L’Année Française ou Mémorial des Sciences, des Arts et des Lettres, par une Société de Gens de Lettres, 1ère année, Paris 1825, S. 101; nach Bouquin Chupeau 1993, S. 154. 200 A. Thiers: „De la lithographie et de ses progrès“, in: La Pandore, Nr. 259, 30. März 1824 und Nr. 263, 3. April 1824; nach Bouquin Chupeau 1993. S. 151.

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gebrochenen Stuhl steht, hinter ihm sein Zeichen- und Arbeitstisch. Er ist im Kampf, gebeugt und offenbar unterlegen, mit einem in einen langen Malerkittel gekleideten Mann, ebenfalls vor seinem Arbeitsgerät, der die Lithographie vertritt. Der eigentliche Verdienst einer solchen Rangerhöhung der Lithographie wurde den lithographischen Ateliers und Druckereien zugeschrieben: „[L]a place accordée aux lithographies prouve l’importance qu’on attaché avec raison à cette nouvelle branche d’industrie.“201 Dabei stellten Künstler und Drucker ihre neuesten Produkte auch weiterhin nicht nur in den Salons aus, sondern präsentierten sie gleichsam in den großen nationalen Industrieausstellungen, was die Dichotomie der Lithographie zwischen Kunst und Industrie deutlich vor Augen führt.202 König im Kleinen eines großen Ateliers

Aus den Briefen, die Sachse regelmäßig nach Berlin und zu seiner Verlobten und deren Onkel nach Magdeburg schickte, wird immer wieder deutlich, welch hohe Bedeutung Sachse seinem ersten Aufenthalt in Paris und seiner freundschaftlichen Beziehung zu Knecht beimaß. Das eigentliche Ziel – die Gründung eines eigenen Geschäfts – verlor er dabei nie aus den Augen: „Ich habe jetzt für nichts Sinn, als für mein Geschäft, und kann Gott nicht genug danken, dass ich gerade mit Herrn Knecht, einem so anerkannt ehrlichen Mann, den Miterfinder der Lithographie und Nachfolger von Senefelder, der früher hier mit ihm stationiert war, so freundschaftlich stehe.“203 Der Umgang mit Knecht sei die „Basis seines zukünftigen Glücks“, schrieb Sachse Anfang Juni nach Berlin: „Es ist erstaunlich, wie sehr sich der Mann meiner annimmt. Keine Branche in dieser herrlichen Kunst, in der ich nicht neue Ansichten und Fortschritte gewinne.“204 Bereits Ende Mai 1827 hatte Sachse einen „kleinen Bericht“ an den Leiter des Königlichen Lithographischen Instituts in Berlin, General Rühle von Lilienstern, geschickt, in der Hoffnung, nach seiner Rückkehr Aufträge von diesem zu erhalten,205 als auch „dem armen K[necht] zu seinem Gelde zu verhelfen“.206 Letzterer hatte Sachse „bedeutende Vorschläge zu einem Etablissement in Paris“ gemacht, die „sehr annehmbar“ seien: „Ich bin im Stande, es hier zu unternehmen, den Himmel zu stürmen“, notierte Sachse euphorisch.207 Der erfahrene Druckereibesitzer und Neffe Senefelders hatte Sachse das Angebot gemacht, als Associé bei ihm in Paris zu bleiben und ihm über kurz oder lang das 201 C. A. und D. B.: „Salon de 1824“, in: L’Année Française ou Mémorial des Sciences, des Arts et des Lettres, par une Société de Gens de Lettres, 1ère année, Paris 1825, S. 101, nach Bouquin Chupeau 1993, S. 154. 202 Vgl. ebd. 203 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 2. Juni 1827. 204 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. 205 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 2. Juni 1827. 206 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. 207 Vgl. ebd.

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Geschäft zu übergeben: „Was sagst du zu dem unerwarteten Glück, dass ich hier [...] Associé und später alleiniger Besitzer des ersten lithographischen Instituts der Welt werden kann, das den Namen des Erfinders trägt!“208 Sachse sah in dem Angebot eine „Fügung des Himmels“ und war davon „überzeugt, dass lange Jahre vergehen werden, als es gelingen wird in Berlin solch ein Institut zu schaffen, solchen Ruf zu erwerben und so ein hübsches Geld zu verdienen“.209 Nach intensiver Rücksprache mit seiner Familie und vor allem seiner Verlobten Nanni, die ihm in diesem Fall nach Paris folgen sollte, hatte Sachse die Offerte Knechts dennoch abgelehnt.210 Sowohl Nanni l’Hermet als auch ihr Onkel, der Sachses Ausbildung finanziell unterstützte, hatten ihn gebeten, „wegen des Herzens“ nach Berlin zurückzukehren.211 Das Unternehmen sei „wahrscheinlich ein Luftschloß“, schrieb Sachse daraufhin an seine Mutter, obgleich sich „die Bedingungen immer mehr zu [seinem] Vortheil ändern“ würden:212 „Ich habe schon so viele Tränen durch diese Geschichte verursacht, und bin so oft beschworen worden, meinen Plan aufzugeben, dass ich meinen Beschluß bereits gefasst habe.“213 Sachse wollte seinen „ersten Plan wieder verfolgen“, wobei er sich von der Freundschaft mit Knecht noch viel versprach.214 Die emotionale Bindung an den Mentor Knecht und an das Pariser Institut blieb bestehen: „Das Vertrauen, das er meiner Person und meinen geringen Kenntnissen schenkt, ist unbegrenzt und verpflichtet mich ihm auf ewig, weil er mich dadurch ehrt, achtet und mein Selbstvertrauen in die Kunst hervorhebt und in jeder Art befestigt.“215 Das Bekanntwerden jenes Knecht’schen Plans, Sachse als seinen Nachfolger einzuarbeiten, hatte die Position des Berliners im Atelier gestärkt: „Die Drucker verbergen mir nichts mehr, sind artig, weil sie denken, ihr Brodt zu verlieren, weil es heißt, dass ich bleibe, und da würde ich ja immer dahinter kommen.“216 Obwohl Sachse sich gegen ein Leben in Paris entschieden hatte, identifizierte er sich zunehmend mit dem Knecht’schen Institut: „So ein Geschäft muß eine Wonne seyn zu leiten. Da wird den ganzen Tag eingenommen, stets gearbeitet, gepackt, verschickt, und ich, ich fühle mich jetzt schon unendlich glücklich, König im Kleinen dieses großen Ateliers zu seyn.“217 Joseph Knecht und Louis Sachse, die „sich nicht an den Gedanken gewöhnen [konnten], voneinander zu scheiden“,218 waren offenbar ein gut eingespieltes Team, sodass der Ber208 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. 209 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. Juni 1827. 210 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. Juni, 12. Juli und 5. August 1827 und Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. 211 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6./7. Juli 1827. 212 Vgl. ebd. 213 Vgl. ebd. 214 LAB, E. Rep, 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 7. Juli 1827. 215 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 27. Juli 1827. 216 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. 217 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 27. Juli 1827. 218 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827.

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liner bald in leitender Position selbstverantwortlich agieren durfte: „Knecht sagt, wenn ich auch weg müsste, so sollte ich doch die kurze Zeit meines Hierseyns ganz thun, als gehöre mir das Institut. Und so thue ich auch.“219 Seinen Arbeitstag beschrieb Sachse nun wie folgt: „Wenn ich um 8 Uhr komme, gehe ich erst alle 21 Pressen durch, ordne hier und da, retouchiere, schicke sogar lächerliche Kerls sogleich, wozu ich vollkommene Vollmacht habe, fort; denn ich kenne sie besser als Herr K[necht], weil ich mit ihnen gearbeitet habe, und wer konnte denken, dass so ein kleines, vom Schweiße triefendes, mageres Männchen (von dem es so schien, als wolle es diesen Spaß 14 Tage so mitmachen), zum Herrn des Instituts werden würde. Und doch sind mir die guten Arbeiter, redlichen Drucker etc. gar nicht mehr abhold, bloß die bösen Kerls, die alle fort sollen, hassen mich. Wenn nun alles genau durchgesehen ist, gehe ich in mein Laboratorium, zu meinem Berndt, dem ersten Drucker, bei dem meine Presse steht. Wir beide nun leiten die ganze Kunstdruckerei, und wenn ich nicht selber drucke, so ist mir doch die Ätzung jedes noch so nichtigen Steins übertragen und bis jetzt habe ich keinen verdorben. Alles und jedes Material bereite ich jetzt ganz allein, oder mit Berndt, der mir hülfreiche Hand leistet, und gewiß habe ich schon 6 Mal Kreide gekocht, die ich ganz los zu haben glaube. Wenn alle Arbeiten dieser Art vollendet sind, geht es an das retouchieren der Abdrücke, wird zurückgegeben, und das Papier mit 2 oder 4 Sous ersetzt und von dem Arbeitslohn abgezogen. Fehlt es hier und da, so gehe ich selbst hinunter in die Ateliers, sehe zu, woran es liegt, und wahrlich, ich bin an meinem Gotte vergnügt, wie nie, wenn mir alles gut von Statten geht. Jeder, der etwas wünscht in irgendeiner Art, muß sich allein an mich wenden, ich habe die Schlüssel zu allem, und richte es aus, wie ich wünsche, sodass Herr K. ungemein vorwärts kommt, da er Zeit hat, sich ganz mit den Versendungen und Correspondenzen und Sortieren und Vertheilen der Exemplare zu beschäftigen. Da ich mit [unleserlich, d. V.] zu handeln mich bestrebe, so habe ich auch einige Anfänger ihre Exemplare als unbrauchbar bezahlen lassen, ihnen aber das verdorbene Papier heimlich ersetzt, wodurch ich sie mir gewonnen habe. Neulich sagte mir Herr Knecht], er wolle mir auf gewisse Zeit, in der ich denn zum ganzen Kerl gebildet werden könne, sein ganzes Institut als Werkmeister übertragen, mit unumschränkter Vollmacht, dafür wolle er mich freilich recht gut bezahlen [...].“220 Immer wieder verlor sich Sachse in schwärmerischen Träumereien über ein Leben in Paris als Leiter des Senefelder’schen Instituts: „Auch Mad. K[necht] hilft uns, sodass wir drei alle Tage einige Stunden an einem großen Magazintisch sitzen und Exemplare zählen und aussuchen. Es wäre recht hübsch gewesen, wenn Nanni und Amalie und Mad. K[necht] dies niedliche unterhaltende Geschäftchen vollbracht hätten. Dann aber gehen wir hier die Wirtschaftsgeschäfte an und die Frauen entfernen sich in die Seitenflügel. Auch Ed[ouard] wäre hier ganz in seinem Stalle, er müsste die Verhandlungen, die Correspondenzen mit Brasilien etc. besorgen, wozu Herr K[necht] einen jungen recht gescheiten Mann braucht. Wie gesagt, aus diesem jetzt 219 Vgl. ebd. 220 LAB, E. Rep, 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827.

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schon ungeheuren Geschäft wäre etwas außerordentliches zu machen, natürlich aber ist es zu viel für einen Mann, und wozu sich todt arbeiten, da er jetzt schon aufhören könnte [...]. Doch ist es die Möglichkeit, über einen Gegenstand so lange zu schwelgen? [...] Man spricht gern über das, was man gern thut.“221 Über den täglichen Geschäftsbetrieb hinaus durfte Sachse die Firma bald selbstständig nach außen präsentieren und mit anderen Graphikhändlern in Kontakt treten. Als auf Veranlassung des „berühmten Dr. Gall, welcher sich für Lithographie interessiert“, der angesehene Leiter eines der ersten lithographischen Institute Wiens, Adolph Friedrich Kunike,222 die Geschäftsräume betrat, nahm Sachse sich seiner an und lehrte ihn Druck und das Kochen von Kreide auf Pariser Art.223 Kunike prahlte bei einem anschließenden Besuch in München, die französischen Geheimnisse nun zu kennen und in Besitz des Rezeptes für die beste Kreide zu sein, die die Welt gesehen.224 Knecht und Sachse waren darin übereingekommen, auch in der Zukunft „immer im freundschaftlichsten und Geschäfts=Verhältnis“ zusammenzuarbeiten: „Deshalb besorge ich doch schon, ohne dass der ehrliche Mann sich davor fürchtet, mehrere Geschäfte mit den Kunsthändlern, zu deren Vielen ich selbst in Knechts Namen gegangen bin, mit ihnen wegen der Verlagsartikel zu sprechen. Auch bei einigen Illumineurs und anderen Subjekten des Kunsthandels habe ich mir die Sache mit Knecht bereitwillig angesehen. Er meint, wenn ich auch nicht bleibe, und ich lerne, was hier in Zukunft durch ihn billiger zu beziehen ist.“225 Durch Knecht werde Sachse alle in Paris erscheinenden Kunstsachen für Deutschland mit 40% Rabatt erhalten, schrieb er einige Zeit später freudig nach Berlin.226 Sachse war unbedingt gewillt, „noch so manches hier an Ort und Stelle einzukaufen, was [seinem] Geschäft in der Folge ersprießlich seyn könnte“, wobei er an „Pariser Ruß, Kreide und schöne Kunstsachen“ dachte.227 Knecht erteile ihm dabei 221 Vgl. ebd. 222 Adolph Friedrich Kunike (1777–1838) studierte an der Wiener Akademie und erlernte die lithographische Drucktechnik direkt von Aloys Senefelder. 1817 gründete Kunike eine eigene lithographische Werkstatt. Die Vorlagen für seine Lithographien stammen von bedeutenden Künstlern seiner Zeit, wie z. B. von Jacob Alt. 223 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. August 1827. 224 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni l’Hermet, München, den 9. November 1827; vgl. auch Kapitel II.b, „Louis Sachse und Aloys Senefelder / Im Laboratorium eines Alchimisten“. 225 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. 226 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. 227 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 24. August 1827. Sachse erwähnt immer wieder, dass er den Wunsch hat, in Paris Kunst einzukaufen, was sein Etat jedoch zunächst nicht zulässt: „Noch habe ich keine Kunst kaufen können, da ich zu viel Ausgaben habe, und mir bei unserem Etat gar nicht darauf [unleserlich, d. V.], dass die Hauptsache selbst, das Lernen im Atelier und die Versuche, die ich doch aus meiner Kasse bezahlen muß, so viel kosten würde; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. Juni 1827. „Geld, Nannichen, Geld, Geld, und es ließe sich hier eine Unsumme einkaufen mit doppeltem Gewinn“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 5. August 1827.

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„in Allem den besten Rath […], wie, und auf welchem Fuß [er seine] Sachen einrichten soll“.228 Besonders wichtig war es Sachse, vor seiner Abreise noch „einige Kunstsachen zur Gewinnung eines Portefeuilles [...] anzukaufen“.229 Dem Berliner Händler Lüderitz hatte er in dieser Angelegenheit „bereits Vorschläge gemacht“, da er nicht in seinem Vaterlande sei, er aber einen „Kunsthändler“ dazu gebrauche: „Edouard möchte so gut seyn, falls sich Herr Lüderitz bei ihm nach einer angekommenen Rolle erkundigt, ihm zu sagen, dass er dieselbe, sobald er sie von der Gesandtschaft erhalten, Herrn L[üderitz] gleich ins Haus schicken wolle“, ließ Sachse über seine Mutter seinem Bruder Edouard mitteilen.230 Ein gewisser Herr Bock, mehrwöchiger Zimmernachbar und Freund Sachses in Paris, würde die ersten von ihm angekauften Kunstblätter mit nach Berlin nehmen. Der Sendung schickte Sachse einen Brief mit genauen Anweisungen voraus. Sie würde Folgendes enthalten: „1.) 3 Blätter Napoleon, die ich Edouard wohl aufzubewahren bitte, 2.) eine Rolle unter Edouards Adresse, worin 2 Blätter Napoléons Abschied von Fontainebleau nebst Porträtskizze, welche Edouard gefälligst gleich zu Herrn Lüderitz bringt, und ihn bittet, nunmehr seine Antwort so schnell als möglich zw. Einlage durch euch herzuschicken. Hat Herr Lüd[eritz] nicht Lust, das Geschäft mit mir zu machen, welches aus einem Briefe an mich, den Ed[ouard] erbrechen darf, hervorgehen muß, so soll Ed. ja sogleich die beiden Blätter nebst Skizze zu sich holen und sie mir ebenfalls sorgfältig bis zu meiner Zurückkunft aufbewahren, in einer großen Mappe, mit Seidenpapier dazwischen. Wir müssen dran noch tüchtig verdienen.“231 Bei dem Blatt „Napoleons Abschied aus Fontainebleau“ handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Reproduktion des gleichnamigen Gemäldes des bekannten Napoleon-Porträtisten Horace Vernet (Abb. 47). Welche „Porträtskizze“ des berühmten französischen Feldherrn Sachse hingegen gemeint haben könnte, ist nur zu mutmaßen. Die „Legende Napoléon“ war bei Künstlern und Publikum jener Zeit äußerst beliebt und es entstanden unzählige Blätter zu diesem Thema. Die beiden „Adieux de Fontainebleau“ scheinen Sachse besonders wertvoll gewesen zu sein, da er wiederholt an seinen Bruder nach Berlin schreibt, sie im Falle von Lüderitz’ Zurückweisung „recht sauber in einer großen Mappe zu verwahren“.232 Der Hinweis auf den heute kaum mehr bekannten Maler Philipp Franck lässt an dieser Stelle kurz aufhorchen. Franck war nach einer Ausbildung an der Berliner Akademie 1812 als Schüler ins Atelier von David gegangen. Er lebte dann noch einmal zwischen 1824 und 1837 in Paris. France Nerlich machte in ihrer hervorragenden Studie über französische Malerei in Deutschland im 19. Jahrhundert auf Franck als „un des grands 228 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 2. Juni 1827. 229 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 9. Juli 1827. 230 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. Sachse war offenbar mit Lüderitz befreundet, wie er in einem Brief an Nanni l’Hermet schrieb; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni l’Hermet, Paris, den 2. Juni 1827. 231 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juli 1827. 232 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 7. Juli 1827.

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médiateurs oubliés“ zwischen Berlin und Paris aufmerksam: „[L]e peintre semble s’être particulièrement engagé pour mettre en œuvre et institutionnaliser un certain dialogue entre Paris et Berlin.“233 Sachse hatte Francks „vierge au linge auf eine Weise ins Haus geschickt [bekommen], dass [er] als zukünftiger Geschäftsmann sie nicht zurücksenden konnte“, wie er an seine Mutter schreibt.234 25 Francs würde das Blatt kosten und Sachse besitze nun „den ersten und den letzten Abdruck avant la lettre“.235 Die außerdem erwähnten Blätter, die Sachse nach Berlin schickte, waren „1 Fodor, 1 Pasta, 1 Villèle und 1 Bolivar“, sprich Porträt-Lithographien bekannter zeitgenössischer Persönlichkeiten.236 An einer anderen Stelle berichtet Sachse zudem von einer „Gelegenheit hier etwas zu verdienen durch den Ankauf eines Steins mit 100 Abdrücken, persönlich und auf Risiko des Verkäufers über die Grenze zu schaffen“.237 Das „bei uns so beliebte Blatt“ könne er für den „billigen Preis von 1500 frc.“ ankaufen, weshalb er sogleich an Lüderitz schreiben wollte, um „diese Speculation“ mit ihm zusammen zu unternehmen.238 Die Aktivitäten Sachses zeigen, dass er über das Erstellen eigener Drucke in seinem einzurichtenden Institut hinaus von Anfang an den Handel mit ausländischen Kunstblättern anstrebte. Je näher der Tag der Abreise von Paris rückte, desto umfangreicher sind Sachses Briefe gefüllt mit Gedanken des Abschieds von einem ebenso leid- wie freudvollen Leben an der Seine und der Vorfreude auf die Rückkehr in seine Heimat. In einem Schreiben an seine Verlobte Nanni bringt er seine Gefühle zum Ausdruck: „Wie klopft mir das Herz, wenn ich an mein liebes, liebes Vaterland denke, an mein herrliches Deutschland, von dem ja auch Preußen ein Theil ist. Wie ist es da so anders, so besser als hier. Ein A. Humboldt, der die ganze Welt kennt, spricht es mit Überzeugung aus, dass es kein schöner Land geben, als Deutschland. Wie ich mich freue ein Deutscher zu seyn! Man lasse einmal alle Deutsche aus jedem fremden Lande auswandern, und 233 Vgl. Nerlich 2010, S. 107, Anm. 3. Nerlich weist auf ein wohl verlorenes Dokument aus dem Geheimen Staatsarchiv hin, das überschrieben war mit „Die durch die Vermittlung des Malers Philipp Franck beabsichtigte Herbeiführung einer engen artistischen Verbindung zwischen Berlin und Paris, namentlich wegen gegenseitiger Übersendung von Kunstwerken zu Kunstausstellungen“ aus dem Jahr 1835, in: GStA PK, Rep. 76Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 6. 234 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. 235 Vgl. ebd. Bei der „vierge au linge“ handelt es sich um jenes im Louvre bewahrte Raffael-Gemälde, das auch als „Madonna mit dem blauen Diadem“ bekannt ist. Die ebenso geschmückte Maria zeigt dem kleinen Johannes das schlafende Christuskind, indem sie einen kleinen ihn bedeckenden Schleier vorsichtig lüftet. In Naglers Künstlerlexikon ist die Lithographie „La vierge au linge“ erwähnt; vgl. Nagler 1837, S. 451. 236 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 7. Juni 1827. Carel Joseph Fodor (1801–1863) war ein wohlhabender Amsterdamer Kaufmann, der im Laufe seines Lebens eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Gemälde zusammentrug. Nach seinem Tod 1863 sollte ebenjene umfangreiche Privatsammlung, die er zusammen mit seinen drei Häusern der Stadt vererbte, den Grundstock des ersten örtlichen Museums bilden, vgl. Bley 2004, S. 162–166. Jean-Baptiste Villèle (1773–1854) war von 1821 bis 1828 Finanzminister von Frankreich. Simon Bolivar (1783–1830) ist als südamerikanischer Unabhängigkeitkämpfer und Nationalheld bekannt. 237 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827. 238 Vgl. ebd.

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dann wollen wir sehen wie es mit den guten Arbeiten der Franzosen und Engländer usw. steht. Ihr armen dummen Deutschen! Fremde Könige lassen euch kommen um eine Leibwache treuer Männer um sich zu haben!“239 Kaum hatte Sachse Anfang September die französische Hauptstadt verlassen, resümiert er überwältigt: „Paris wird mir ewig unvergesslich bleiben. Und jetzt denke und verarbeite in mir nichts anderes, als Paris, und um nicht einmal für inconsequent in meinem Urtheil gehalten zu werden, schreibe ich es nochmals nieder, was ich von dieser Stadt in meister Hinsicht halte. Nirgends in der Welt kann man, glaube ich, besser leben als dort und dies in aller Rücksicht. Ewig da zu bleiben wäre gar zu wünschenswerth. Paris ist der einzige Ort vielleicht, wo Jedermann viel lernen kann, und alle Einzelheiten, und jeder Mangel, der auch dort zuweilen in Vielem angetroffen wird, verschwindet gänzlich beim allgemeinen Zuschaun dessen, was Paris darbietet. Wenn ich oft absichtlich mich bestrebte, was meine Grundsätze und dem vielleicht besseren Lebensprinzip entgegen lief, so entstand dieses Häschen und Suchen aus einer Art von Patriotismus, aus einem regen Gefühl, dass wir deutsche, als Mensch, als Bürger, als Denker und Wisser jenen [unleserlich, d. V.] bei weitem überlegen sind. Den jetzigen entarteten Franzosen werd ich immer hassen, den gemeinen ­Schnösel und Verfolger, der unser Vatherland ewig verrathen. Paris, dessen Einrichtungen in Kunst, Wissenschaft, Volkslust und Völkerfreude, in Leben und Handel und vielem anderen werde ich ewig schätzen, und wird mir stets, trotz so manchen Ärgers und Betrügereien, die ich dort erfahren musste, unvergesslich bleiben. Nun ich fort bin pocht mir das Herz, wenn ich daran denke; denn es ist einzig, es ist erhaben, herrlich. Hat man sich noch so müde gearbeitet, so braucht man abends nur auf die Straße zu treten, so befindet man sich auf einem Theater; wo man auch hinblickt wird ein Lustspiel aus dem Leben gegriffen aufgeführt. […] Mein schönes Paris!“240

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Lithographie in München: eine Wallfahrt

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Ein Reisebericht

Die Reise ist gepackt

Am 24. August 1827 war „die Reise [...] gepackt“ und der Abschied von Paris rückte näher. Seine Koffer hatte Louis Sachse bereits über Le Havre und Hamburg nach Berlin verschickt.241 Er selbst plante über die Schweiz, Oberitalien und Österreich nach München zu reisen, wo er vor seiner endgültigen Rückkehr noch die örtlichen Kunstanstalten besichtigen und Aloys Senefelder treffen wollte. 239 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. August 1827. 240 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Freiburg, den 12. September 1827. 241 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 24. August 1827.

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Die letzten Wochen vor seiner Abreise von Paris hatte Sachse noch einmal alte und neue Bekannte, Franzosen, Reisende und Zugereiste aus Diplomatie und Bürgertum, ebenso wie einige Künstler und Drucker aufgesucht, deren Umgang er schätze.242 Der Abschied von seinem Freund und Lehrer Joseph Knecht fiel ihm besonders schwer: „Nun wird es mit der Abreise ernst. Knecht und ich können uns ohne Trauer nicht ansehen und mir ist es oft weinerlich zu Muthe, das schöne Etablissement zu verlassen.“243 Knecht gebe ihm „noch jetzt täglich Beweise“ seiner Freundschaft: „Laß es mich offen bekennen [...], ich bliebe gern (in geschäftlicher Hinsicht und auch als Freund), einig mit diesem Mann zusammen, der so redlich an mir gehandelt hat“, gestand er seiner Verlobten Nanni.244 Mehrere Empfehlungsschreiben hatte Sachse von Knecht mitbekommen, sowie den Vorschlag, zuerst nach Straßburg zu reisen, um „vielleicht unterwegs etwas zu verdienen“.245 Anschließend sollte es in die Schweiz gehen. „Nun habe ich keine Ruhe mehr in Paris; ich kann den Augenblick der Abreise nicht mehr erwarten; umso mehr, als ich höchstwahrscheinlich mit Remy einen Theil der Schweiz bereisen werde“, hatte Sachse bereits Anfang August nach Berlin geschrieben.246 August Remy (1800–1872) war Porträt- und Historienmaler aus Pasewalk, später Professor an der Berliner Akademie der Künste. Remy und Sachse hatten in Paris einige Zeit miteinander verbracht und sich angefreundet.247 Zu dem „Zirkel“ an Freunden und Bekannten, „der anfängt, immer interessanter zu werden“,248 war außerdem Johann Wilhelm Wedding249 gestoßen, der sich den Reiseplänen Sachses und Remys angeschlossen hatte: „Unsere Gesellschaft nimmt immer an Interesse zu. Ein auf Kosten des Ministeriums, ohne Nachsuchung, auf Reisen geschickter junger Architekt, der mit Beuth und Schinkel in London war, und sich in neuer Zeit vorzüglich mit dem Maschinenwesen beschäftigt hat, ist mir durch Frank zugeschickt worden. [...] Dieser höchst kluge und gescheite junge Mann belebt unsere Gesellschaft außerordentlich, und es fehlt nichts daran, so meinen wir 3, Remy, er und ich, unsere fernere Reise miteinander. Herr Bau-Inspektor Wedding hat früher Jura und Cameralia studiert und wurde von Minister Bülow von Breslau als Referendarius nach Berlin bezogen, wo er, wegen seines ausgezeichneten Talents, zum Bau- und Maschinenwesen überging.“250 242 Vgl. u. a. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 9. Mai 1827. 243 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 19. August 1827. 244 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. August 1827. 245 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 31. August 1827. 246 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. August 1827. 247 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827: „Meine Tischgesellschaft [...] hat bedeutend durch die Ankunft des Malers Remy gewonnen, der mit Mila in Italien war, und viele Berliner Freunde kennt.“ 248 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 15. August 1827. 249 Johann Wilhelm Wedding (1798–1872). Fabriken-Kommissionsrat und Geheimer Regierungsrat in Berlin. Baukonduktor und seit 1827 Lehrer am Gewerbeinstitut in der Klosterstraße. 250 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. August 1827.

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Die gemeinsamen Reisepläne zerschlugen sich kurzfristig. Remys Frau war in Dresden „ernsthaft krank“ und Wedding „sollte über Lion reisen und später die Schweiz besuchen“.251 Am 5. September 1827 brachten Wedding und „noch sechs Künstler und Freunde“ Sachse zur Post in Paris, wo er einen „recht schweren Abschied“ nahm.252 Der Maler Karl Schorn aus Düsseldorf, den Sachse über Remy kannte, und der sich seit 1824 in den Ateliers von Gros und Ingres gebildet hatte, reiste nun mit ihm zusammen.253 Schorn sei ein „herrlicher Reisegefährte und ein Mann von vielerlei Kunstsinn“, so Sachse.254 Nach zwei sehr kalten Nächten bis Metz fuhren sie in Straßburg ein. „Der Turm vom Münster ist das 8. Wunder der Welt“, erklärte Sachse begeistert nach Hause.255 Voll Neugier und Abenteuerlust hatte er sich bis auf dessen Spitze gewagt: „Wir sind auf dem Münster in Straßburg gewesen in Gesellschaft von 11 Personen, Engländern und Franzosen. Zwar dieser Anzahl bin ich der einzige gewesen, der es wagte, die Laterne des Münsters zu besteigen, dessen Treppe zwar, wie unser Sims vor den Fenstern, frei oben herumläuft, allein doch nicht so gefährlich ist, als viele oft durchgemachte Turnübungen. Nachdem ich zurück war, wagte es ein Engländer auch, und unsere beiden Namen werden nun oben in Stein ausgehauen“, berichtete er freudig.256 Auf der Aussichtsplattform tranken sie „zwischen Blumen und Gesträuchern ein gutes Bier“.257 Die Namen Goethes, Schillers und tausend anderer waren hier verewigt, die der ersten Fürsten ebenfalls, „aber nicht in der Laterne“, schrieb Sachse mit einigem Stolz.258 Das Geschäft, das Knecht Sachse für Straßburg in Auftrag gegeben hatte, erwähnt Sachse in seinen Briefen nicht mehr. Seiner Verlobten Nanni hatte er schon von Paris aus anvertraut, dass es darum ginge, für Knecht eine Schuld einzuziehen, „die 100 gegen 1 zu wetten nicht mehr zu bekommen ist“.259 Möglicherweise sollte er Recht behalten. Bereits am 9. September ging es weiter nach Baden, „einem wahren Paradiese, fast hübscher als alle schwäbischen Bäder“, die Sachse bisher gesehen hatte.260 Hier war es 251 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Straßburg, den 10. September 1827. 252 Vgl. ebd. 253 Karl Schorn (1803–1850), deutscher Historienmaler und Neffe des Kunstschriftstellers Ludwig von Schorn (1793–1842). Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie, von 1824 bis 1827 in Paris, um sich in den Ateliers von Antoine-Jean Gros und Jean-Auguste-Dominique Ingres weiterzubilden. Anschließend in München bei Heinrich Maria von Hess. 1832 in Berlin, 1840 wieder in München, ab 1847 Professor an der Akademie der Bildenden Künste. 254 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Straßburg, den 10. September 1827. 255 Vgl. ebd. 256 Vgl. ebd. 257 Vgl. ebd. 258 Vgl. ebd. 259 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 24. August 1827. 260 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Straßburg, den 10. September 1827.

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die Bekanntschaft mit Benjamin Constant,261 die Sachse beeindruckte, aber auch nachdenklich stimmte: „Übrigens fand ich diesen verdienten Mann in recht schlechter Gesellschaft. Die Fürstin Sophie, oder wie sie heißt, eigentlich eine Maitresse, die sich unfähig und gemein beträgt und einige andere Aventuriers umgaben ihn, auch hörte er nicht auf rouge et noir zu spielen.“262 Zwei Tage später fuhr Sachse nach Freiburg im Breisgau weiter. Nach einer unangenehmen Reise, „Staub und Hitze brachten mich in Verzweiflung“, besuchte er den Freiburger Dom, „ein ungewöhnliches, schönes gothisches Gebäude, ganz ci jour. Von der Galerie an, bis zu schönen Altarbildern von altdeutschen Meistern, die Glasmalereien vorzüglich, zum Theil aber modisch“.263 Doch Sachse hielt es auch nicht lange in dieser Stadt. Nach nur zwei weiteren Tagen trat er die ersehnte Reise in die Schweiz und nach Oberitalien an. Die himmlische Schweiz

„Finis coronat opus, sagt der Lateiner, und ich sage es auch aus ganzer Überzeugung“, hatte Sachse den ersten langen Brief an seine Mutter über seine bevorstehende Reise in die Schweiz und nach Oberitalien eingeleitet.264 Straßburg, Freiburg und Baden hatten ihn schon begeistern können. Seine Sehnsucht aber galt der „himmlischen Schweiz“.265 Nach seiner Abreise aus Freiburg bestaunte Sachse aus dem Wagen der Diligence heraus zunächst den Kaiserstuhl mit dem Ort Limburg, „wo Kaiser Rudolph von Habsburg geboren wurde, und die Burg Stauffen im Schwarzwald“.266 Dann kam er nach Basel, dessen Anblick er von Weitem reizend, in der Stadt selbst aber „abscheulich“ fand: „Eine mehr als seltsame Bauart, noch engere, unregelmäßige Straßen, einige schandhafte Kloaken machen den Aufenthalt hier so beängstigend, dass man, ohne Bekannte zu haben, krank werden könnte; mit einem Wort, ich möchte hier nicht gemalt seyn.“267 Schnellstmöglich verabschiedete er sich wieder von der Stadt: „Adieu, abscheuliches Basel mit deinem herrlichen Schein und mittelmäßigem Münster.“268 Über Brügg ging es weiter bis nach Schaffhausen. Mit seiner neuen Reisegesellschaft hatte er offenbar wieder großes Glück. Sachse beschrieb sie mit viel Humor: „Meine Wegegesellschaft glich ei261 Benjamin Constant, eigentlich Henri-Benjamin Constant de Rebecque (1767–1830), französisch-schweizerischer Schriftsteller, Politiker und Staatstheoretiker. 262 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Straßburg, den 10. September 1827. 263 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Freiburg im Breisgau, den 12. September 1827. 264 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Straßburg, den 10. September 1827. 265 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 24. August 1827. 266 LAB, E. rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Freiburg im Breisgau, den 12. September 1827. 267 Vgl. ebd. 268 Vgl. ebd.

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nem Hogarthschem Kupferstich. Theils der geistreiche Scharfsinn (in einer jungen, ganz allerliebsten Französin), theils Tiefe, Erfahrung und Weltkenntnis (in einem reichen, gediegenen Schweizer Patrizier und Rathsherren), endlich schweizerische Einfachheit, Matronenwürde und Freundlichkeit (in einer Konstanzerin) und endlich endlich im Hintergrunde, ein langarmiger, spitzgrimmiger, bebrillter Berliner, der aus Paris kommt. Ich kann wohl sagen, das war ein witziger, unvergleichlicher Tag.“269 Am 15. September erreichten sie den Schweizer Kanton Schaffhausen. Sachses Eindrücke vom Rheinfall, einem der größten Wasserfälle Europas, offenbaren seine von der Literatur der Aufklärung und Romantik geprägte, „empfindsame“ Naturauffassung: „Man komme her, man sehe, was der Schöpfer gethan. Er allein muß hier herrschen, ihm allein gebührt die Ehr! Solch großen, unermesslichen Anblick, können wohl auch große Seelen bilden. [...] Ehrbares Bild, ich habe dich in meine Seele fest eingeschlossen, Du sollst fortan mein Altargemälde sein, und ich will mich durch deine immer stille Betrachtung stärken, erholen und erbauen.“270 Sachse wollte nicht aufhören, das herrliche Schauspiel von allen Seiten zu bewundern und anzustaunen.271 Mit dem Schiff war die Reisegesellschaft von der Seeseite an den Wasserfall herangefahren. Eine solche Kahnfahrt gehörte zu den Höhepunkten für Tourismusreisende, obwohl sie, wie schon Goethe berichtete, nicht ganz ungefährlich war.272 Anschließend besah man die Eisenhütte, die Camera obscura und „das romantische Laufen“. Sachse sah sich auch die lithographische Anstalt der Stadt Schaffhausen an, von der er aber eher unbeeindruckt blieb.273 Schon am darauffolgenden Tag ging der Kurier morgens früh um 4 Uhr weiter in Richtung Zürich: „Ach, Zürich soll göttlich seyn“, freute sich Sachse.274 Leider war das Wetter schlecht, sodass ihm der Anblick der Gletscher zunächst verwehrt blieb: „Meine Hoffnung soll und wird mich aber nicht betrügen. Der liebe Gott weiß, wie sehr ich mich seit meiner Kindheit nach der Schweiz gesehnt habe [...] Hoffnung lebt!“275 Die Stadt sollte ihn nicht enttäuschen: „Wie göttlich es hier in Zürich ist. Ein Panorama bietet diese Stadt mit freundlichen Häusern, dem großen, klaren, mit üppigem Grün bekränztem See, wie es sich die herrlichste Phantasie nicht noch einmal schaffen kann. Alles lebt und webt, deutet auf Handel, Fleiß und Thätigkeit. Und welche Ordnung und Rheinlichkeit hier überall, es ist herrlich, herrlich!“, schrieb er begeistert.276 Voller Elan lief Sachse noch am selben Nachmittag zu Herrn Dr. Ebel, „dem berühmten Verfasser der Schweizreise“, für welchen ihm Knecht ein Empfehlungsschreiben mitgegeben hat269 Vgl. ebd. 270 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Schaffhausen, den 15. September 1827. 271 Vgl. ebd. 272 Vgl. u. a. Bode 1922, S. 39f. 273 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Schaffhausen, den 15. September 1827. 274 Vgl. ebd. 275 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Zürich, den 16. September 1827. 276 Vgl. ebd.

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te.277 Johann Gottfried Ebel war Doktor der Medizin. Einen Namen hatte er sich jedoch mit dem 1792 veröffentlichten, mehrfach aufgelegten Reiseführer „Anleitung, auf die nützlichste und genussvollste Art die Schweiz zu bereisen“ gemacht, der sogar Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ beeinflusst hatte. Ebel lebte seit 1810 in Zürich, wo er verschiedenen Gelehrtenkreisen angehörte und sich hauptsächlich mit geologischen Studien der Alpen beschäftigte.278 Sachse hatte Ebel nicht persönlich angetroffen, ihm aber den Empfehlungsbrief überbringen lassen. Am nächsten Tag wurde er auf Ebels Landgut eingeladen: „Da habe ich dann volle zwei Stunden gesessen und konnte nicht fortkommen, immer musste ich mich wieder setzen. Herr Dr. E[bel] war so güthig, mir eine Reise auszusetzen, die gut und billig auszuführen ist.“279 Anschließend zeigte Ebel Sachse seine neuesten Arbeiten und bat ihn um Rat zur Ausführung seiner Karten und Panoramen: „Mein Rath hatte das Glück, ihm so zu gefallen, dass er mit mir zum berühmten Keller zu gehen vermochte, ihn in Ausführung seiner Panoramen in Stein zu bitten (morgen Vormittag treffe ich die nächsten Einleitungen und Einrichtungen im lithographischen Institute dazu).“280 Der Lithograph und Radierer Heinrich Keller (1778–1862), der lange bei dem Maler und Kunsthändler Johann Heinrich Füssli (1755–1829) in Zürich gelernt und gearbeitet hatte, führte seit 1817 einen eigenen Verlag in seinem Haus an der Unteren Zäune 23 in Zürich. Keller entwarf Panoramaansichten und Karten für Reisehandbücher, die ihm große Anerkennung einbrachten. Erst 1827 hatte er eine Karte des Kantons Zürich herausgebracht. Sachse konnte offenbar mit seinem in Paris erworbenen druckgraphischen Wissen beeindrucken, denn er berichtete nach Berlin: „Ebel besuchte mich zum zweiten Male, blieb den Abend bei mir und [...] höchstwahrscheinlich wird er mir seine Werke künftig anvertrauen. Werke, die bis jetzt noch immer ihre 3 Auflagen wenigstens erlebt haben. Er [Ebel] konnte nicht aufhören, mit mir von seiner Kunst zu reden und morgen Nach277 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 1. September 1827 und LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Zürich, den 16. September 1827. 278 Johann Gottfried Ebel (1764–1830). 1792 veröffentlichte Ebel den geologisch ausgerichteten, mehrfach aufgelegten Reiseführer „Anleitung, auf die nützlichste und genussvollste Art die Schweiz zu bereisen“. Als Anhänger der Französischen Revolution fuhr Ebel 1796 nach Paris, wo er sich auch mit politischen Reformen für die Schweiz beschäftigte. 1808 versuchte er mit dem Werk „Über den Bau der Erde in dem Alpen-Gebirge“ als Erster eine eigentliche Synthese der Geologie der Alpen. Ab 1810 lebte er in Zürich bei der Familie Escher-Gossweiler, wo er sich als Mitglied verschiedener gelehrter Gesellschaften auch mit Grenzgebieten der Naturwissenschaften beschäftigte, etwa mit der Anwendung der Wünschelrute oder mit dem tierischen Magnetismus. 1813 erschien seine Denkschrift „Abriss des polit. Zustandes des Schweiz“. Der sich anbahnende Fremdenverkehr in der Schweiz geht auch auf E.s Reiseberichte zurück, vgl. Wilhelm von Gümbel: „Ebel, Johann Gottfried“, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Bd. 5, Leipzig 1877, S. 518f. 279 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Zürich, den 17. September 1827. 280 Vgl. ebd.

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mittag gehen wir zusammen ins Institut zu Keller. Ich will ihm doch das Franzosendrucken zeigen. Das kann mir nicht schaden, und ich habe hier doch keine Presse dazu.“281 Sachse maß seinem Züricher Aufenthalt eine „ungeheure Wichtigkeit“ bei, wobei er in geschäftlicher Hinsicht wohl vor allem seine Begegnung mit Gottfried Ebel meinte.282 Dieser sei sehr von dem „Vorschlag“ eingenommen gewesen, dass Sachse ein Werk im Verlag und – sobald er in Berlin zurück sei – Zeichnungen zur Probe erhalte, von deren Ausführung die weitere Zusammenarbeit abhängen würde. Seiner Familie empfahl Sachse, im „Conversations-Lexikon“ nachzuschlagen, „damit ihr auch wisst, wer der große Mann ist“.283 Ebel hatte Sachse persönlich das Relief und die Panoramen von der Schweiz erklärt, sodass der Berliner nun schon gut Bescheid wusste und „nicht als so ein Halbkenner durchs Gletscherland zurückfahren“ müsste.284 Nach einigen Ausflügen in die Umgebung und Besuchen der örtlichen Sehenswürdigkeiten, wie der Stadtbibliothek, dem Zeughaus und „Danneckers schöne[r] Büste von Lavater, stellte Sachse fest: „Zürich überhaupt wimmelt von Künstlern und wissenschaftlichen Männern.“285 Am 19. September reiste Sachse von Zürich ab. Die weitere Fahrt ging über Rigi und Zug, dann auf den Sehwitz, über den Vierwaldstätter See, hinunter nach Altdorf, über die Teufelsbrücke, die Aarfälle, Meiningen, Grindelwald, Untersenn und Brunn entweder über den Simplon oder, „wie es Ebel durchaus wünscht“, über Lausanne nach Genf, per Dampfboot nach Vervay, Charmony Thal bis nach Mailand.286 Sachse folgte Ebels Rat. Der Lago Maggiore und besonders der Comer See beeindruckten ihn tief, obwohl er hier „Schelte [von der Polizei] bekam, [seinen] Paß nicht besser gepflegt zu haben und wo man nicht wusste, was Lithographie sey“.287 Nach einer aufregenden Reise und der ausführlichen Beschreibung einer Begegnung mit einem geheimnisvollen Unbekannten erreichte Sachse am 12. Oktober 1827 schließlich Mailand. Auf Napoleons Spuren durch Oberitalien

„Mailand! Mailand! Mailand!“, schrieb Sachse begeistert, „das Kind des großen Napoleon, und das will viel sagen! Alles atmet nach seinem Geist, wo man hier hinblickt, staunt man seine Werke an“.288 Immer wieder hatte Sachse in seinen Reisebeschreibungen den Vergleich mit Frankreich gezogen (seien es die schnelleren Diligencen oder die schöneren Gebäude) oder sich in seinen Erinnerungen an Paris verloren („Es bleibt mir 281 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Zürich, den 18. September 1827. 282 Vgl. ebd. 283 Vgl. ebd. 284 Vgl. ebd. 285 Vgl. ebd. 286 Vgl. ebd. 287 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Mailand, o. D. (Mitte Oktober 1827). 288 Vgl. ebd.

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Zeit, an Paris zu denken [...] Mein schönes Paris!“).289 Auch die Eindrücke seiner Reise durch Oberitalien sind von einer gewissen Frankreich-, genauer Napoleon-Faszination durchzogen. So schrieb Sachse, kaum in Mailand angekommen: „Ich ließ alles Vortreffliche aus früherer Zeit für den Anfang unbeachtet, und besuchte gleich die Polterkammer, in welcher man die Überbleibsel aus den Kaisers Reise-Zimmern aufgesammelt und zur Schau gestellt hat, nach deren näherer Bekanntschaft ich mich sehnte. Jedes Gefäßchen, das der Weltüberwinder berührt hatte, erregte Gedanken und Betrachtungen in mir. Die hier aufbewahrten Büsten in großer Anzahl, die Kupferstiche und Gemälde, besonders das des über die Alpen ziehenden Kaisers zu Pferde in Öl von David, wovon auch Berlin eine Kopie besitzt, fesselten mich längere Zeit.“290 Mailand sei so reich an Sehenswürdigkeiten und doch seien es – was Sachse selbst als „sonderbar“ empfand – die „neu errichteten Anstalten“, die ihm die „vorzüglichsten“ blieben: „Die Hauptverschönerungen der Stadt, die Triumphbogen von Simplon, von Marengo, die Porta Nuova, die Arena, einem ausgezeichneten Werke von antikem Geschmack, sowie die reichsten und herrlichsten privat- und öffentlichen Gebäude sind von Napoleon begonnen.“291 Auch die schönsten Promenaden durfte er „nicht unbesucht lassen“, den „corso orientale hauptsächlich, wo Sonntag, den 14. Oktober, die ganze feine Welt zu Fuße und in prächtigen Equipagen auf und abwogte“.292 Fünf Tage hielt sich Sachse in Mailand auf, von denen er „allein zwölf Stunden [seines] Lebens dem Dom“ widmete. Der Dom, „der Ungeheure, der Unbegreifliche“, war sein „täglicher Spaziergang“, hier habe er „im eigentlichen Sinne des Wortes geschwelgt“.293 Sachse konnte seine starken Eindrücke nur schwer in Worte fassen: „Es kommt mir oft vor“, so schrieb er nach Hause, „als wäre die Sprache für viele Gegenstände zu arm, und doch liegt dies nur an meiner zu geringen Gabe und Kunst, sie gehörig zu handhaben. Bei vielen Dingen bin ich vielleicht zu sehr außer mir. Kommt dann so ein Mailänder Dom, so weiß ich nicht mehr, welche Ausdrücke auf ihn passen [...]: gigantisch, übernatürlich, unbegreiflich, mächtig, göttlich, überirdisch werden mir zu erbärmlichen Allgemeinplätzen, die nicht den hundertsten Theil dessen beschreiben, was ich in solchem Augenblick in mir fühle.“294 Zweimal besuchte Sachse die Pinacoteca di Brera „auf lange und in bester Gesellschaft“, wobei ihn „der berühmte Raffael ...] wohl mit recht am längsten“ fesselte.295 Auch unter den „neueren Produkten“ würde sich „manches herrliche“ befinden. Die „Kupferstecherschule der Longhi, als ein Gegen-

289 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Freiburg, den 12. September 1827. 290 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Mailand, o. D. (Mitte Oktober 1827). 291 Vgl. ebd. 292 Vgl. ebd. 293 Vgl. ebd. 294 Vgl. ebd. 295 Vgl. ebd.

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stand der Kunst“, den er noch „besser zu beurtheilen vermag“, war ihm wichtig.296 Dazu suchte er „manchen Künstler“ auf, der ihm von Paris aus empfohlen worden war.297 Zu Sachses Mailänder Bekanntschaften gehörte der Architekt und Schriftsteller Friedrich Maximilan Hessemer (1800–1860). Hessemer hatte „als früherer alter Burschenschaftler“ schon von Sachse gehört und war selbst, wie Letzterer zum Lithographen, „durch seine traurigen Schicksale“ zum Architekten, „und zwar zum Glück“ geworden.298 Der Sohn des hessischen Baurates Bernhard Hessemer hatte Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie in Gießen studiert, war 1817 Mitglied der sogenannten Ehrenspiegelburschenschaft geworden und hatte am Wartburgfest teilgenommen, zu deren führenden Köpfen seine Cousins Adolph Ludwig, Karl und Paul Follen gehörten. Anschließend hatte er Architektur studiert, um nach Abschluss seiner Ausbildung 1827 eine zweijährige Bildungsreise durch Italien anzutreten.299 „Eine erfreuliche Übereinstimmung“ ihrer Ansichten habe den Weg zu ihrer Freundschaft gebahnt, schrieb Sachse nach Berlin.300 Es sei die „gelehrte Gesellschaft“ Hessemers gewesen, die ihm die Kunstschätze Mailands erst zu würdigen gelehrt hätten.301 Der neue Freund reiste einen Tag vor Sachse ab, um „von Mailand nach Florenz zu Fuß“ zu gehen.302 Tatsächlich sollte er noch bis nach Ägypten wandern, von wo aus er Hunderte von Zeichnungen arabischer Bau- und Kunstwerke mitbrachte. 1830 sollte Hessemer schließlich einem Ruf an das Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt am Main folgen, wo er als Lehrer für Architektur bis zum seinem Tod tätig war.303 Über den „dänischen Kammerjunker und Rechtsgelehrten Herrn v. Krieger“ und den „Mediziner und Kunstreisenden Dr. Mac Douglas“, mit den „beiden lieben Freunden“ Sachse noch längere Zeit zusammenblieb, konnte leider nichts Näheres in Erfahrung gebracht werden.304 Dabei beeindruckte insbesondere Mac Douglas, „welcher ganz Europa und mehr gesehen und alle Sprachen sprach“, Sachse sehr: „Als Mediziner stand er lange Zeit in der Armee Wellingtons in Portugal und Spanien, später hatte er Frankreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Schweden, Russland, Griechenland, Kleinasien und Ägypten durchreist. In Amerika geboren, Schottland und England erzogen, wurde er zuerst als Schiffsarzt angestellt und machte mehrere Expeditionen nach beiden Indien 296 Vgl. ebd. Guiseppe Longhi (1766–1831). Von 1798 bis 1831 war Longhi Professor an der Accademia di Brera zu Mailand, wo er die Kupferstecherschule leitete. 297 Vgl. ebd. 298 Vgl. ebd. 299 Vgl. Hessemer, Friedrich Maxililian, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 50, Leipzig 1905, S. 281f. 300 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, o. D. (Mailand, im Oktober 1827). 301 Vgl. ebd. 302 Vgl. ebd. 303 Vgl. Hessemer, Friedrich Maximilan, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 50, Leipzig 1905, S. 281f. 304 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, o. D. (Mailand, im Oktober 1827).

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mit. Haben mich je Sprachkenntnisse bei einem Menschen ins Staunen gebracht, so geschah es bei diesem höchst interessanten Menschen.“305 Nach „vielfältigen Vorstellungen und Bitten Kriegers und Mac Douglas“ hatte Sachse beschlossen, „mit ihnen, statt zurückzukehren, weiter zu reisen“.306 Die Versuchung sei einfach zu groß gewesen. So fuhren die neuen Freunde gemeinsam am 15. Oktober 1827 mit der Diligence ab in Richtung Verona. Am nächsten Tag erreichten sie um 20 Uhr ihr Ziel: „Verona, eine Stadt mit 70000 Einwohnern, vielen herrlichen Alterthümern, einem recht italienischen Leben, trefflichen breiten Straßen, guten Plätzen und Quadertrottoirs, verdiente wohl einen ganzen Tag des Rastens, und dieser Tag bleibt einer der schönsten meiner ganzen Reise“, schwärmte Sachse.307 Am übernächsten Tag fuhren sie schon früh um 4 Uhr „mit einem vetturino von dem schönen Verona ab“.308 Sie mussten „wegen der Räuber sehr auf Zeit seyn“.309 Die Fahrt ging von Montebello zunächst nach Vicenza, „der Vaterstadt des großen Palladio“: „Je näher man kommt, desto schöner wird die Gegend, desto edler der Styl der Bauart, als ob des berühmten Meisters Geist noch unter seinen Nachkommen waltete.“310 Sachse erinnerte sich, dass er „mit Eifer die W. Heinse’schen Schriften gelesen“ hatte und freute sich nun über den Nutzen der Lektüre für sein Architekturverständnis.311 Am Freitag, den 19. Oktober 1827, gelangte die kleine Reisegesellschaft nach Padua. Sie nahm sich den Vormittag Zeit, um „einige mitunter berüchtigte oder berühmte Gegenstände zu betrachten“.312 Sachse, der eine genaue Aufzählung der besuchten Orte, insbesondere Kirchen und Paläste, in seinen Briefen aneinanderreiht, war beeindruckt 305 Vgl. ebd. 306 Vgl. ebd. 307 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Verona, den 16. Oktober 1827. 308 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Padua, den 19. Oktober 1827. 309 Vgl. ebd. 310 Vgl. ebd. 311 Vgl. ebd. Johann Jakob Wilhelm Heinse (1746–1803). Heinses Hauptwerk „Ardinghello und die glückseligen Inseln“ von 1787 ist eine in Briefform geschriebene und im 16. Jahrhundert spielende Erzählung, die auf den Aufzeichnungen einer dreijährigen Reise des Autors zwischen Venedig, Florenz und Rom beruht. Das Werk gilt als der erste Künstlerroman, der in Deutschland erschienen ist. Heinse verfasste den Roman 1785. Die Handlung spielt im Italien des 16. Jahrhunderts und übte „durch die individualistische Persönlichkeitsauffassung, das soziale Gemeinschaftsideal und die Propagierung der freien Liebe auf Frühromantik und Junges Deutschland einen starken Einfluss aus.“ In dem „utopisch-gewagten Roman, zwei Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution erschienen, gründet Ardinghello auf zwei Inseln im Ägäischen Meer einen Staat, der die Verwirklichung von Freiheit und Menschenwürde ermöglichte: Individueller Besitz und Ehe sind abgeschafft, Frauen haben Stimmrecht, es herrscht völlige Gleichberechtigung in sozialer und politischer Hinsicht“; vgl. www.heinse.de/werke. Die den größten Teil der Erzählung einnehmenden Kunstgespräche, Gemäldebeschreibungen und philosophisch-religiösen Ausführungen behandeln im ersten Teil ausführlich auch die Kunst Andrea Palladios; vgl. Wilhelm Heinse: Ardinghello und die glückseligen Inseln, 2. Aufl., Heilbronn 1819, S. 9–16.; ausführlich zum „Ardinghello“ siehe Herrmann 2010. 312 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni l’Hermet, Padua, den 19. Oktober 1827.

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von den „unglaublichen Schätzen von Guido Reni, Donatello und Canova“.313 Sein Reisegefährte Mac Douglas führte ihn und Krieger außerdem in die Universität, „angeblich von Palladio erbaut“, die Bibliothek und den botanischen Garten: „Letzterer“, schrieb Sachse, „der älteste in Europa, zeichnet sich in jeder Hinsicht aus; noch nie habe ich etwas Schöneres der Art gesehen, mit Ausnahme höchstens des Pariser Jardin des Plantes.“314 Um ein Uhr fuhren sie aus Padua wieder ab, das „einen bleibenden Eindruck durch sein alterthümliches, düsteres, ja fast schmutziges Äußeres, durch herrliche, leider während der glorreichen aufgeklärten Österreichischen Gouvernements in Verfall gerathene wissenschaftliche Anstalten und besonders durch viele seltene Kunstwerke“ bei Sachse hinterlassen hatte.315 Über Fesina führte der Weg bis nach Venedig. „Die Wasserstadt Venezia Dominante. Eine ganz schwarze, vorzügliche Gondel nahm uns und unser Gepäck auf, um uns einige Stunden über den großen Wasserspiegel nach der Wunderstadt selbst zu führen. Es war vier Uhr nachmittags, die schon untergehende Mutter des Lichts vergoldete magisch die seltsam sich präsentierende Meeresbraut. Mir war unbeschreiblich zu Muthe, die Größe, das Wunderbare des Augenblicks machten mich stumm. Unsere Gondel näherte sich pfeilschnell dem canal de la guidecca, durchfuhr ihn und einige kleinere Kanälde zur Linken, gelangte endlich in den canal grande und vor der écu de France, unserem Abstiegsquartiere, zwischen Rialto und der Post gut gelegen“, beschrieb Sachse seinen Einzug in die Wasserstadt.316 Unmittelbar nach ihrer Ankunft besuchte er mit seinen Freunden zunächst den Markusplatz. Mehrere Briefseiten füllte Sachse mit seinen Ansichten über diesen malerischen Ort und zog immer wieder das Pariser Palais Royal zum Vergleich heran, welchem er letztlich als „noch schöner, genussreicher“ den Vorzug gibt.317 Nach Besuchen des Teatro San Benedetto, Teatro San Samuele und Teatro San Luca ging es am nächsten Morgen in die Markuskirche: „Alle Schätze des byzantinischen Kaiserthums, Indiens [...] scheinen hier angehäuft worden zu seyn. Man geht auf Mosaik, aus seltenen Steinen, man blickt nur auf Gold, Silber, Edelgestein und Mamor. Die ganze Decke, oder das Gewölbe, ist in gothisch-, arabisch- und byzantinischem Geschmack [...]. Dies ist erstaunlich und erinnert an den mündlichen Reichthum des ehemaligen mächtigen Freistaats.“318 Und doch wollte Sachse sich nicht blenden lassen. Architektur, Bildhauerei und Malerei hätten seiner Meinung nach hier „einen Zwitter hervorgebracht, der die Allmacht auf das Gemüth und den Geist des Menschen nie ausüben kann, den ein Rheinfall oder ein Münster zu Straßburg oder Dom zu Mailand ausüben“.319 Die Accademia di Belle Arti hingegen sei „eine Sammlung des besten, was je Maler und besonders der Venezianischen 313 Vgl. ebd. und LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Venedig, den 20. Oktober 1827. 314 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni l’Hermet, Padua, den 19. Oktober 1827. 315 Vgl. ebd. 316 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Venedig, den 20. Oktober 1827. 317 Vgl. ebd. 318 Vgl. ebd. 319 Vgl. ebd.

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Schule geschaffen haben“.320 Zweimal und jedes Mal für vier Stunden schwelgten er und seine beiden Reisebekannten in den Sammlungen der Gemälde und der Abgüsse von Antiken, die „reich und schön“ seien.321 Von dem dichten Programm berichtet Sachse weiter: „Besuch der kleineren Galerien Pisani und Barbarigo, die Kirchen Benetore und S. Giorgio, beide von Palladio, einige gute Bilder von Tintoretto und Bassano, nach einer Chocolata Besuch des gigantischen Dogenpalastes mit all seinen geschichtlichen Merkwürdigkeiten und Kunstschätzen. Die goldene Treppe, die ungeheuren Säle, angehäuft mit Meisterstücken der Bildhauerei (Ganymed und Praxiles), Architektur und Malerei, reichsten Verzierungen, Antiken, die unterirdischen Gefängnisse, die Bleikammern, und tausend unzählbarer Gegenstände, erinnerten hier an eine einstige Größe, die fast schwindeln machte.“322 Ein „ewig sich aufdrängender Gedanke“ stimmte Sachse und seine Begleiter beim Betrachten all dieser Pracht nachdenklich: „Was war die Venedig einst, was ist es jetzt!“323 Auch der folgende Tag in Venedig war mit Besuchen unzähliger Sehenswürdigkeiten gut gefüllt. Krieger, Douglas und Sachse sahen sich „die in allen Schulen gleich reiche Mantrinische Gemäldegalerie“ an, danach „die Kirchen San Madonna de Orto mit Meisterwerken von Tintoretto und Maria de Frari, worin [sich] das Mauseoleum des Canova [...] und das einfache Grabmal des Tizian“ befinden.324 „Sehr großartig, wenn auch geschmacklos und überladen“ fanden sie das Innere der Kirche von S. Giovanni e Paolo mit seinen „schönen Grabmälern von mehr als 20 Dogen“.325 Die vor dieser Kirche stehende Leonardo-Statue des Colleoni zu Pferde wurde betrachtet und das „in seiner Art vielleicht einzige Zeughaus“.326 Beeindruckt war Sachse von den „Wassersälen, die von dem früheren Thun und der Größe dieser Stadt zeugen“.327 Das Monument des Admirals Emo von Canova sei „wirklich sublim“.328 Auch der Amerikaner und der Däne, die ähnliche Anstalten bereits kannten, staunten über „die 36 Gebäude zum Bau von Schiffen (unter Dach), die Tana oder Cordie, ein Gebäude von 1000 Fuß im edelsten Styl von Antonio de Ponte erbaut, il hangere von 500 Fuß Länge und 70 Höhe, der Modellfall, ferner die unzähligen Ateliers für Artillerie, Kanonenguß, Schiffsbau, Schlosserei, Zimmerei, Bildhauerei, Spinnanstalten und Spielereien, die 5 großen Bassins, ums ein fertig gebautes Kriegsschiff vom Stapel laufen zu lassen“.329 Das ursprüngliche Bild Venedigs präsentierte sich nach den Umbrüchen der jüngsten Geschichte in vielen Teilen deutlich verändert, was Sachse offenbar faszinierte: 320 Vgl. ebd. 321 Vgl. ebd. 322 Vgl. ebd. 323 Vgl. ebd. 324 LAB, E. Rep. 200-03, Nr.4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Venedig, den 22. Oktober 1827. 325 Vgl. ebd. 326 Vgl. ebd. 327 Vgl. ebd. 328 Vgl. ebd. 329 Vgl. ebd.

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„Napoleons Name bleibt überhaupt besonders für Venedig unsterblich. Was hat er hier wieder für Riesenpläne ausgeführt“, schrieb in seinen Reisebericht.330 Zwei Klöster ließ Napoleon abreißen und „legte den Grund für den ersten öffentlichen Garten in ganz Venedig. Tausende von Schiffsladungen mit Erde wurden herangefahren und es entstanden so diese herrlichen Promenaden mit den schönsten Aussichten von künstlichen Bergen herab, mitten in dieser Wasserwüste. Dicht bei diesen Gärten befindet sich die einzige Straße von Venedig. Napoleon ließ den Kanal überwölben in der Art wie die Berliner Brücke an der neuen Wache; er ließ Quai’s anlegen, sodass man auch überall zu Fuß hinkommen kann; er zerstörte viele von den unnützen Kirchen, Klöstern und Verbrüderungen, sodass nur noch ungefähr 110–120 dergleichen in Venedig (die Tafeln ausgenommen) sind, und legte dafür an ihrer Stelle öffentliche Plätze oder nützliche Anstalten an. Diese, wie die Akademie, Bibliothek, einige Unterrichtsanstalten ep. nehmen Kirchen und Klostergebäude ein“.331 Am nächsten Vormittag besuchte Sachse mit seinen beiden Freunden erneut die Akademie, dann die Kirchen S. Maria delle Salute, S. Simeon und Scuola di S. Rocco, wonach sie die Aussicht vom Markusturm genossen. Sie ließen sich mit der Gondel durch die Kanäle der Stadt fahren, „um das Eigenthümliche von Venedig und den schönen Anblick der vielen, vielen Paläste und herrlichen Memoriengebäude, vom Wasser umgeben und auf Pfählen in Lagunen erbaut, nochmals recht zu genießen“.332 Sachse konnte sich eines Missmuts nicht erwehren, dass jetzt „all diese Paläste verlassen, die Scheiben darin zerschlagen und schmutzig, die Häuser unreinlich, von Gesinde bewohnt“ seien: „Ich kann nicht sagen, welch ein Gefühl mich beängstigte, wenn ich so durch die Kanälde la guidecca und grande fuhr. Armes, armes Venedig, du bist unwiederbringlich verloren; nichts kann dich retten. Du hast dich selbst überlebt, der Zahn der Zeit hat die alten Gebäude der Größe und des Ruhmes im Grunde angegriffen. Alles stieg empor, schritt vorwärts, du wolltest deinen alten Seesternen treu bleiben und – bist das Opfer!“333 Am Dienstag, den 23. Oktober 1827, nahm Sachse „einen herrlichen Abschied von Mac Douglas und Krieger“ und fuhr zurück zunächst in Richtung Verona und Bassano, um schließlich über Innsbruck nach München zu gelangen.334 Seine Reisegesellschaft bestand nun aus dem Italiener Francesco da Ponte, „der nach Innsbruck zur Universität reiste“ und „dem österreichischen Hauptmann von Löwenring nebst seiner Frau, die aus Neapel nach Innsbruck versetzt worden waren“.335 Die Nächte waren unruhig, denn seit mehreren Wochen hatten Straßenräuber die Gegend unsicher gemacht: „Der Hauptmann hielt also seine blanke Waffe neben sich, Don Francesco eine geladene Pistole, 330 Vgl. ebd. 331 Vgl. ebd. 332 LAB, E. Rep. 200-03, Nr.4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Venedig, den 23. Oktober 1827. 333 Vgl. ebd. 334 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, München, o. D. (wohl 31. Oktober 1827). 335 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, o. O., den 26. Oktober 1827.

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und zur Deckung dienten uns [...] nur ein reitender Jäger nebst Hunde. Bei all diesen Anstalten seufzte nun die Frau Hauptmännin unaufhörlich, blickte hinaus, horchte auf und wollte stets Räuber bemerken. Da konnte wohl an Schlaf nicht gedacht werden“, beschrieb Sachse die nächtliche Reisesituation.336 Vor Rovereto begann schließlich die „herrliche Gegend in Tirol, die fast der Schweiz ganz ähnlich“ sei.337 Hier frühstückten sie in der Rose, „einem Gasthofe, dem man wahrscheinlich den Namen spottweise gegeben, weil es dort fürchterlich stank“, und gingen zu Fuß weiter „unter steter Abwechslung lieblicher und schauerlicher Gegenden“ bis nach Trient, wo sie sich vom Postwagen wieder einholen ließen.338 Nachdem sie „diese berühmte Stadt und dessen Dom“ besucht und in „demselben Zimmer, das der König von Preußen auf seinem Zuge nach Verona bewohnt hatte“ zu Mittag gegessen hatten, fuhren sie über Bozen und Brixen dem Brenner entgegen: „Je mehr wir uns dem Brenner näherten, je kälter und rauer wurde die Luft“, und „frierend“ dachte Sachse daran, „dass jener schreckliche Berg der Grenzpunkt des feuchteren und ungestümeren Klimas“ bildete.339 Gegen Mitternacht passierten sie die Grenze und erreichten morgens früh um 6 Uhr Innsbruck. Hier ging Sachses „erstes Trachten“ dahin, „eine gute Gelegenheit nach München zu erhaschen“.340 Diese sollte sich bei einem Mittagessen bei Löwenring ergeben, wo Sachse mit dem Maler Gebhard Flatz (1800–1881) bekannt wurde.341 Die Kompositionen des Künstlers gefielen dem Berliner gut, da sie „ein so inneres tiefes Leben atmeten“, dass Sachse „fest entschlossen war, koste es, was es wolle, mit ihm zu reisen“.342 Auch Flatz wollte nach München und „seine Freunde Cornelius, Hess und Quaglio besuchen“.343 Flatz und Sachse verstanden sich offenbar auf Anhieb und fanden schließlich eine gemeinsame Reisegelegenheit: „Mit Flatz blieb ich Sonntag, den 28. Oktober über in Innspruck [sic], lernte durch ihn die unbeschreiblich nette Stadt in allen ihren Theilen und Merkwürdigkeiten, von den 26 Erzstatuen in der Hauptkirche an, bis zur gemeinsten Tiroler Kneipe, kennen, besuchte am Abend mit ihm das dürftige Theater, das ,der Diamant des Geisterkönigs‘ aufführte, und reiste in seiner höchst angenehmen Gesellschaft Montag früh um 8 Uhr von Innspruck ab“, wie Sachse nach Berlin schrieb.344 Die neue Reisegesellschaft erweckte jedoch sein Misstrauen: „Es hatte sich ein Unbekannter, ohne 336 Vgl. ebd. 337 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, o. O., den 27. Oktober 1827. 338 Vgl. ebd. 339 Vgl. ebd. 340 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, o. O., den 28. Oktober 1827. 341 Gebhard Flatz (1800–1881), Porträt- und Historienmaler aus dem Vorarlberg. Ab 1827 in Innsbruck, von 1833 bis 1838 in Rom tätig, wo er sich stilistisch den Nazarenern näherte. Nach kurzem Aufenthalt wieder in Innsbruck kehrte er 1840 nach Rom zurück. Seit 1871 lebte Flatz in Bregenz, wo er hauptsächlich religiöse Werke malte. 342 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, o. O., den 28. Oktober 1827. 343 Vgl. ebd. Peter von Cornelius (1783–1867), Peter von Hess (1792–1871), Simon Quaglio (1795–1878). 344 Vgl. ebd.

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unseren Willen, bei uns im Wagen eingefunden, der ebenfalls nach München zu reisen vorgab. Herr Flatz, ein welterfahrener deutscher, altdeutscher Biedermann, überzeugte sich bald mit mir, dass unser Reisegefährte ein kaiserlich-königlicher Spion oder Kundschafter war, wovon es in München mehrere geben soll, damit die reiche Regierung Österreichs stets wisse, welche Geisteskinder Wien, von dem aufgeklärten München aus, besuchen. Unser Begleiter musste noch ein Neuling seyn, da er sich sobald erkennen ließ, und er ahnte nicht, dass zwei misstrauische Menschenkinder auch ihn merkten.“345 Auch die Fahrt selbst war anstrengend, denn „seit Innspruck entfloh uns das Wetter, um sich in schöneren Regionen niederzulassen“.346 Sachse „frohr heftig, als [sein] Wagen, von drei Seiten offen, abends [30. Oktober 1827] um 6 Uhr vor der Sonne, ins Thal zu München“ hineinfuhr.347 b

Louis Sachse und Aloys Senefelder

Ein Zimmer bei Quaglio

„Mit tausend Plänen im Kopf“ war Sachse am Abend des 30. Oktober 1827 in München angekommen, „gerade noch zur rechten Zeit [...], um für 5½ Gulden 12 Briefe aus allen Weltgegenden [...] auf der Post in Empfang zu nehmen“.348 Die Reise durch die Schweiz, durch Oberitalien und das „pitoresque, gigantische Tirol“ hatte ihn „stark und gesund“ gemacht, sodass er jetzt „wirklich etwas besser“ auszusehen glaubte, wie er freudig an seine Verlobte nach Magdeburg schrieb.349 Sein Reisegefährte Gebhard Flatz wollte fünf Tage in München bleiben, weshalb auch Sachse für diese Zeit „in einer schlechten Kneipe [...], genannt der Sonnenwirt im Thale, speiste, um doch die höchstgeniale Gesellschaft dieses Malers nicht zu entbehren“.350 Flatz „liebte diejenigen Orte, wo verschiedene Menschen sich aufhielten, um immer Nahrung für seinen Pinsel zu haben“, erklärte er die Situation.351 Flatz war es schließlich auch, der Sachse mit seinem Künstlerkollegen Simon Quaglio (1795–1878) bekannt machte und ihm ein Zimmer in dessen Haus beschaffte.352 345 Vgl. ebd. 346 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 31. Oktober 1827. 347 Vgl. ebd. 348 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 31. Oktober 1827. 349 Vgl. ebd. 350 LAB, E. Rep, 200-03, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, o. D. (wohl Ende Oktober 1827). 351 Vgl. ebd. 352 Simon Quaglio (1795–1878); Landschaftsmaler, Bühnenmaler und Lithograph, aus der bekannten Künstlerfamilie aus der Lombardei, jüngerer Bruder von Domenico Quaglio. Wie dieser hatte er bei seinem Vater Guiseppe Quaglio seine erste Ausbildung genossen. Seit 1814 war er Hofthe-

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Am Tag nach seiner Ankunft in München berichtet Sachse: „Heute Vormittag [...] hielt ich es für besser gleich meine Lokalität in Ordnung zu bringen. Ich schrieb mir einige Wohnungen aus dem Polizei-Anzeiger ab, und lief dann selbst zu den angebotenen Zimmern. Drei waren theils zu schlecht, theils wollte man mich nicht annehmen; da geriet ich durch meinen Reisegefährten, einem Maler aus Wien, auf den großen Markt am Rathause und entschloß mich 3 Treppen hoch in ein kleines Zimmerchen zu ziehen, weil – der berühmte Quaglio, Königs Hofmaler und aus seinen Werken mein größter Liebling, dem ich das ausgezeichnete Glück hatte zu gefallen, mir dasselbe überlassen wollte.“353 Inklusive „Bett, Aufwartung und Heizung“ würde Sachse nur 10 Th. im Monat bezahlen.354 Sachse hatte zudem die Hoffnung, von Quaglio selbst „manches Ersprießliche“ lernen zu können. Glücklich über den gelungenen Start in München schrieb er nach Magdeburg: „So verfolgt mich in meinen Bekanntschaften und meinem Umgang ein unbeschreibliches Glück.“355 Mit der Familie Quaglio entwickelte sich schnell ein vertrautes Verhältnis. Schon am 9. November 1827, also keine zwei Wochen nach seiner Ankunft in München, schrieb er Nanni in einem Brief: „Von meinen inneren Verhältnissen kann ich dir nur Herrliches erzählen. Ich lebe und werde in der Familie Quaglio, die mich zu meiner wahrhaften Freude wie ein Familienmitglied behandelt. Ich speise mittags und abends mit ihnen und fühle mich einmal wieder heiter von dieser Seite.“356 Nanni könne „sich denken, welche unschätzbaren Bekanntschaften“ er dadurch schon machen durfte und wie er durch diese glücklichen Umstände „sich überhaupt in Ansichten über Kunst belehrt“ habe.357 Simon Quaglio, im gleichen Alter wie Sachse und selbst ausgebildeter Lithograph, nahm sich seines Berliner Kollegen äußerst freundschaftlich an. Der ältere und

atermaler in München. Ab 1828 sollte er die Oberleitung des Dekorationswesens übernehmen; vgl. Meyers Konversations Lexikon, Bd. 13, 4. Aufl., Leipzig/Wien 1885–1892, S. 493. 353 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 31. Oktober 1827. 354 Vgl. ebd. 355 Vgl. ebd. 356 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 9. November 1827. Das Verhältnis mit der bekannten Münchener Künstlerfamilie scheint von Beginn an vertraut gewesen zu sein. In demselben ausführlichen Brief an seine Verlobte Nanni berichtet Sachse weiter: „Bin ich abends zu Hause und habe keine Arbeiten, so laufe ich hinüber und späht sitzen wir noch und plaudern. Quaglio besitzt einen Schatz von junger, liebenswürdiger Frau, auch einen Sohn von 6 Jahren, da genieße ich denn den Verschmauß der Seligkeit süßlicher Freuden, denen ich jetzt näher und näher schreite.“ Sowohl die Schwestern Quaglios mit ihren Männern als auch viele andere Künstler und Kunstfreunde saßen „bei uns (wie ich sagen darf )“, so Sachse. Nicht weniger glücklich war Sachse über den Umstand, dass „sogar Frau Quaglio“ sich herabließe, „sich [seiner] Wäsche anzunehmen, Knöpfe nach guter deutscher Sitte anzunähen, Strümpfe zu stopfen, oder anstricken zu lassen“: „Was sagst du zu solcher Güte. O ich lebe auch auf und thue alles, mich dankbar zu zeigen“. 357 Vgl. ebd.

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bekanntere Bruder Domenico Quaglio358 hatte 1823 zusammen mit Peter von Hess,359 Friedrich von Gärtner360 und Joseph Karl Stieler361 in München den ersten Kunstverein in Deutschland gegründet, wo Simon Quaglio Sachse bereitwillig einführte: „Vorgestern bin ich den Menschen des Kunstvereins vorgestellt worden, und habe eine Karte auf einen Monat erhalten, ihren täglichen Zusammenkünften beizuwohnen, ihre Sammlungen zu benutzen, und überhaupt alle Kunstgegenstände von München zu allen Zeiten zu besuchen“, berichtete dieser freudig nach Hause.362 Da Quaglio „auch zugleich Königlicher Hof Theater Architekt und Vorsteher der Theatermalerei“ war, „so wie bei uns Schinkel“, genoss Sachse zudem „für alle Abende [seinen] bestimmten Sperrsitz im königl. Hof- und Nationaltheater“, worüber sich der Bühnenfreund besonders gefreut haben mag.363 Als „Stuben-, Tisch- und (beinahe) Kunstgenosse“ empfand Sachse in der Familie Quaglios „mehr Freundschaft, als [er sich] je verdient zu haben schmeichelte“.364 Über den Familienanschluss hinaus fühlte er sich in den Münchener Künstlerkreisen, zu denen er nun Zutritt gewonnen hatte, überaus wohl: „In einem ähnlichen Kunsttreiben bin ich noch nie gewesen. Zu allen Instituten besitze ich jetzt Eintrittskarten, selbst hinter die Bühne darf ich in Gesellschaft mit Quaglio gehen“, schrieb er weiter.365 In 358 Domenico Quaglio (1786–1837). 359 Peter von Hess (1792–1871), Genre- und Historienmaler in München; ab 1806 Student an der Kunstakademie in München; später Studienreisen durch die Schweiz, Italien, Österreich; ab 1820 bayerischer Hofmaler; 1833 in Begleitung des bayerischen Königs Otto I. in Griechenland; 1839 auf Einladung von Zar Nikolaus I. in St. Petersburg; vgl. Friedrich Pecht: „Heß, Peter von“, in: ADB, Bd. 12, Leipzig 1880, S. 300–303. 360 Friedrich von Gärtner (1791–1847), Architekt und Baumeister unter Ludwig I.; ab 1809 Studium an der Münchener Akademie, von 1812 bis 1814 in Paris, anschließend in Italien; 1819 Professor für Baukunst an der Münchener Akademie; Ernennung zum Oberbaudirektor und Generalinspektor der architektonischen und plastischen Kunstdenkmäler Bayerns; 1840 geadelt; ab 1842 Direktor der Münchener Akademie; Architekt diverser repräsentativer Bauten in Bayern; vgl. Nerdinger 1992. 361 Joseph Karl Stieler (1781–1858), Porträtmaler in München; von 1802 bis 1805 Studium an der Akademie der Künste in Wien; Studienreise nach Russland, über Polen 1807 zurück in Wien; weitere zum Teil lange Reisen nach Paris (Studium bei François Gérard) und Italien; ab 1812 am bayerischen Hof tätig, ab 1820 als Hofmaler; es entstehen noch heute berühmte Bildnisse: 1820 von Ludwig van Beethoven (Beethoven-Haus, Bonn), 1828 von Johann Wolfgang von Goethe (Neue Pinakothek, München); vgl. Hase 1971. 362 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 9. November 1827. 363 Vgl. ebd. 1840 reiste auch Simon Quaglio zu Studienzwecken nach Paris und brachte als Verbesserung der Bühnentechnik das dreiwandige geschlossene Bühnenzimmer mit. Quaglio schuf etwa 100 Gesamtentwürfe, neben der „Zauberflöte“ u. a. für den „Tannhäuser“ (1855) und den „Lohengrin“ (1858). Ein 1818 entstandener Bühnenbildentwurf für Mozarts „Zauberflöte“ von Simon Quaglio ist im Deutschen Theatermuseum München erhalten. 364 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 23. November 1827. 365 Vgl. ebd.

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einem Brief an seine Mutter gestand Sachse, schon lange nicht mehr so gute bürgerliche Küche gegessen zu haben wie in seiner Münchener Unterkunft: „Doch was ist das alles gegen die Annehmlichkeiten des Hauses selbst, und gegen die Gelegenheit so manchen geschätzten Künstler zu sehen und kennen zu lernen, über so Belehrendes schwatzen zu können, so vieles unendgeldlich zu finden, so das Theater äußerlich und innerlich.“366 Seiner Verbindung zum Hause und zum Kunst- und Künstlerkreis der Familie Quaglio maß Sachse eine hohe persönliche Bedeutung bei, wie aus diesen Briefaussagen deutlich wird. Der angesehene Münchner Landschafts- und Architekturmaler war zudem offenbar bereit, den zukünftigen Institutsbesitzer auch beruflich mit der Herausgabe einiger seiner Arbeiten in Berlin zu unterstützen: „Quaglio wird Mehreres bei mir herausgeben, was schon fertig da liegt“, informierte er seine Verlobte Nanni, leider jedoch ohne genauer auf bestimmte Arbeiten oder Absprachen einzugehen.367 Im Laboratorium eines Alchimisten

Sachses eigentliches Anliegen in München jedoch war, den berühmten Erfinder der Lithographie Aloys Senefelder (1771–1834) aufzusuchen, in der Hoffnung, bei ihm persönlich für einige Zeit in Lehre gehen zu dürfen. Erst Anfang des Monats, am 1. Oktober 1827, war Senefelder von seinem Inspektorposten am lithographischen Institut des königlichen Steuerkatasteramts, den er seit 1809 innehatte, zurückgetreten und mit 1200 Gulden im Jahr in den Ruhestand gegangen.368 Sein Laboratorium hatte der Sechsundfünfzigjährige behalten, wo er „im schauderhaften Durcheinander“ Versuche zur Verbesserung des Mosaik- und Ölgemäldedrucks betrieb und Reproduktionen von Landschaften, Tierbildern und Porträts anfertigte.369 Sachse wusste, dass er Senefelder „nicht sehr bereitwillig finden würde, [ihm] die letzten Unterweisungen in der so vielseitigen Lithographie zu erteilen“.370 Simon Quaglio hatte ihn „schon vorher über die Eigenheiten und Schwächen dieses genialen Mannes, seine Carriere und häuslichen Verhältnisse Aufklärung gegeben“.371 Quaglios Ratschläge stellten sich noch als äußerst nützlich für Sachse heraus.372 Mit den Empfehlungen von „Alexander von Humboldt, General Rühle von Lilienstern, ganz besonders aber Knechts, des Vorstehers seines Instituts in Paris“ in der Tasche, wagte Sachse es

366 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an seine Mutter, München, den 30. November 1827. 367 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 23. November 1827. 368 Vgl. Imiela/Gebhard 1993, S. 35f. 369 Vgl. ebd. 370 Vgl. Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 79. 371 Vgl. ebd., S. 80 oder in der Kunst-Correspondenz, Nr. 5, vom Februar 1872, S. 8. 372 Vgl. Kapitel II.2.c, „Erinnerungen aus dem Kunstleben“.

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schließlich, sich Senefelder vorzustellen.373 Das Attest von Joseph Knecht, das Sachse „so übertrieben“ fand, dass er „fast erröten musste, es niederzuschreiben“, ist als eigenhändige Abschrift sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch in einem Brief Sachses aus Paris an seine Verlobte Nanni erhalten: „Bester Senefelder, verehrter Freund! Diese wenigen Zeilen werden Sie durch Herrn Sachse aus Berlin, einem lieben Freund und talentvollen Schüler erhalten, welcher sehnlichst wünscht die Bekanntschaft meines und unseren allen Meisters zu machen. Da er sich unserem Fache mit Ernst und Eifer gewidmet hat, so hoffe ich, dass sie ihm gern, ihren alten [unleserlich, d. V.] gemäß, mit Rath und That behülflich seyn werden, und vielleicht mit ihm eine für beide Theile gleich nützliche Verbindung anknüpfen werden. Herr Prof. Kunike374 war auch hier und Sie werden ihn gewiß gesehen haben. Er hat hier 4 Wochen unter Herrn Sachse gearbeitet, und wir werden ja sehen, was er für Wien und unsere Kunst leisten wird. Ich warte noch immer auf einen Brief von Ihnen und werde Sie vielleicht einmal in M. besuchen. Thun Sie nur ja alles für meinen Freund, was in Ihren Kräften steht, er ist in allem eingeweiht. Nach dem dummen Frankreich, wo jetzt die Pfaffen herrschen, welche alle Künste und Wissenschaften leiten wollen, kommen Sie ja doch nicht, so muß ich nun einmal zu Ihnen eilen. Leben Sie wohl und behalten lieb Ihren treuen, ergebenen Knecht.“375 Senefelder „glaubte wohl nicht, [ihn] abweisen zu dürfen“ - bei „so gewichtigen Empfehlungen“, schrieb Sachse später: „Er äußerte denn [...], dass es ihm sehr leid thue, nur wenig für mich thun zu können, da er selbst kein Etablissement habe, nur für sich laboriere und an der Vervollkommnung seiner Erfindung arbeite.“376 Immerhin hatte Senefelder dem jungen Berliner Lithographen angeboten, ihn am nächsten Morgen abzuholen und ihm die verschiedenen lithographischen Institute der Stadt vorzustellen.

373 Vgl. Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 79. 374 Adolph Friedrich Kunike (1777–1838), Maler und Lithograph in Wien. Studium an der Wiener Akademie. Während des Aufenthaltes Aloys Senefelders in Wien lernte Kunike den Erfinder der Lithographie kennen und wurde dessen Schüler. 1817 gründet Kunike eine eigene lithographische Anstalt in Wien, wo er im lithographischen Kunstdruck Bedeutendes leistete. Er gab außerdem Serienwerke heraus, wie die „Malerische Donausreise“ nach J. Alt; vgl. Österreichisches Biographisches Lexikon, Neue Deutsche Biographie (aeiou.at/aeiou.encyclop.k). Ludwig Pietsch will über das Verhältnis Senefelders zu Kunike zu berichten wissen: „In Kunike fand Senefelder einen eifrigen und geschickten Adepten, der ihn selbst durch die Kunst überraschte, mit welcher er ungenügenden Abdrücken in Kreidemanier durch Retouche auf dem Papier den täuschenden Schein ebenso der Vollendung als der unmittelbaren Handzeichnung zu geben wusste“; vgl. Pietsch 1871, S. 72. 375 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 1. September 1827. 376 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 79f.

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Sachse stand pünktlich bereit. Nacheinander besuchten sie die Etablissements von Clemens Senefelder (Bruder des Erfinders),377 das Steuer-Kataster378 und die Anstalt von Herrn Siedler:379 „Zu meinem Schrecken sah ich, dass in diesen Instituten für mich wenig oder gar nichts zu lernen war. Das königl. Steuerkataster, bei welchem Senefelder Inspektor war, befasste sich gar nicht mit eigentlichen Kunstarbeiten und stand in dieser Beziehung unserem damaligen Königl. Institut bedeutend nach [...]. Nur Siedler leistete Bedeutendes im Kunstdruck, welches aber wieder zu dem, was ich eben in Paris gesehen, in gar keinem Verhältnis stand“, schrieb Sachse rückblickend.380 377 Über Clemens Senefelder (1788–1833) konnte nur wenig in Erfahrung gebracht werden. Er war ein Bruder von Aloys Senefelder und zunächst Schauspieler, ging dann aber ebenfalls zur Lithographie über: „Er besaß unter allen Brüdern das meiste Talent zum Zeichnen, insbesondere zur Landschaft [...]. Später fand er im Ministerium des Äußeren eine Stelle als Sekretär und starb 1833 zu München“; vgl. „Senefelder, Alois“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 34, 1892, S. 10. 378 Vgl. ebd. über das lithographische Institut im Steuerkatasteramt München und Aloys Senefelder: „Die königlichen Ämter ersahen aus der Errichtung von Druckereien überhaupt einen großen Vortheil, da S[enefelder] und seine Brüder die Tabellen- und Geschäfts Druckerei sehr verbesserten und Theobald den Überdruck für amtliche Ausschreibungen in Anwendung brachte. Deshalb errichtete die Stiftungs Administration eine lithographische Anstalt, welche in zwei Officinen, sowohl für die laufenden Geschäfte, wie zur Erzeugung von Kunstproducten für den öffentlichen Cultus und den Unterricht arbeitete. Und Theobald S[enefelder] wurde 1809 als Inspector der lithographischen Anstalt im Ministerium des Innern angestellt und genoß als solcher Vorteile, die seinem Bruder, dem unermüdet thätigen und so oft getäuschten Erfinder der Lithographie zugedacht waren! Ueberdieß wurde auch die Druckerei der Armenanstalt auf dem Anger errichtet und sogar beim k. Staatsrath eine Presse in Gang gesetzt. Auch erkannte die Steuer-Cataster-Commission den großen Vortheil, der ihr durch die Einrichtung einer solchen Presse erwachsen mußte, aber nicht S[enefelder], sondern Franz Weishaupt, einer der ausgezeichnetsten Arbeiter Senefelder’s, erhielt den Auftrag dazu! Senefelder’s Verhältnisse gestalteten sich immer trüber, dazu kamen noch höhnische Artikel in Zeitungen, welche ihm seine Erfindungen anstritten, ferner ein ärgerlicher Proceß mit dem Fitzcutz wegen Verletzung des ihm ertheilten ausschließlichen Privilegiums, schließlich löste sich durch K. v. Aretin’s Versetzung nach Neuburg die mit demselben geführte Gesellschaft. Endlich erhielt S. durch Vermittelung des Herrn v. Utzschneider eine Anstellung 1809 als Inspector der lithographischen Anstalt der k. Steuer-Cataster-Commission mit einer lebenslänglichen Besoldung von 1200 Gulden und 300 Gulden als Functions Zulage, auch Gleißner wurde in den Staatsdienst mit übernommen bei 1000 Gulden Gehalt und dem Rang eines Inspectors; dabei erhielt S. die Vergünstigung, seine Presse nebenbei noch weiterführen zu dürfen, wovon Senefelder] aber nach Erledigung seiner laufenden Verbindlichkeiten keinen weiteren Gebrauch machte. Sein neuer Wirkungskreis, wobei er durch Mettenleiter und F. Weishaupt in ausgiebiger Weise unterstützt wurde und seine Idee zur gediegensten Verwirklichung bringen konnte, galt als Sinecure. S[enefelder] hing seinen Lieblingsplänen nach und machte noch viele Erfindungen, die theilweise als unausführbar und unpraktisch sich erwiesen, darunter z. B. auch sein damals viel bewundertes Steinpapier, welches die nur in Baiern vorkommenden Solnhofer Platten ersetzen sollte, und nur Zeit, Mühe und Geld kosteten.“ 379 Joseph Siedler hatte sich wohl schon 1780 in München mit einer Papeterie und später einem Verlag niedergelassen. Er spezialisierte sich offenbar auf den Verkauf von Ausschneidebögen für die Herstellung von Papiertheatern (sogenannte Theaterbogen); vgl. Oberbayerisches Archiv, Bd. 99/100, 1974, S. 3 und S. 49. 380 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 79f.

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Während des Besuches bei Siedler hatte sich jedoch eine Episode ereignet, die sich als folgenreich für den Berliner herausstellen sollte. Aus der Erinnerung beschrieb Sachse die Begebenheit viele Jahre später wie folgt: „Nun traf es sich, dass bei Siedler eben das Porträt der Schechner gezeichnet wurde. Nachdem ich dem arbeitenden Lithographen eine Weile zugesehen hatte, erlaubte ich mir die Bemerkung, dass ich nicht begreifen könnte, wie der Zeichner mit dieser Kreide arbeiten könne. ‚Wieso‘, fuhr Herr Siedler auf, ‚es ist die beste, die es bis jetzt giebt‘. Dies gab zu einer kleinen Debatte Veranlassung, deren Resultat war, dass mir Senefelder erlaubte, in seinem Laboratorium eine Kreide nach dem Pariser Rezept zu gießen [...]. Mit Sorgfalt, aber, ich muß bekennen, mit großer Angst kaufte ich nun meine Ingredienzien zur Kreide für morgen ein, und hatte vor Besorgniß, mich vielleicht vor diesem großen Meister zu blamieren, eine fast schlaflose Nacht. Anderen Tags stand ich schon vor bestimmter Zeit vor dem Laboratorium und wartete auf den endlich mit dem Schlüssel ankommenden Senefelder. Jetzt wurde gefeuert, die Pfanne aufgesetzt und nach und nach, wie ich von Knecht in Paris gelernt, die Ingredienzien eingeschüttet. Senefelder ließ das ohne irgendwelche Bemerkung, aber genau beobachtend, geschehen, endlich aber, nachdem die Kreide gepresst und geschnitten war, sagte er: ‚Keine Frage, die Kreide wird sich durch das veränderte Verhältniß des Wachses, Unschlitts [sic] zu dem Mastrix [sic] gewiß besser zuspitzen und gebrauchen lassen, aber ob sie steht?‘ Nun wurde sogleich ein fein gekörnter Stein mit Strichen und Schraffierungen in allen Nuancen versehen und in der damals noch üblichen Weise mit verdünntem Scheidewasser präpariert, demnächst auf die Presse gebracht und Abzüge gemacht. Und siehe da, auch nicht die feinsten, kaum hingehauchten Töne wurden vermisst. Senefelder war im höchsten Grade befriedigt, bestand darauf, dass wir gleich zu Siedler eilen und ihn mit diesem Geschenk erfreuen müssten. Senefelder rief beim Eintritt: ‚Nun, Siedler, lassen sie Ihren Zeichner prüfen, was der Berliner Herr geleistet; dass die Kreide steht, dafür stehe ich!‘ Der Lithograph spitzte den Stift und sagte: ‚Das lasse ich mir gefallen‘, beim nachherigen Zeichnen aber konnte er vor Freude und Dankbarkeit kaum Worte finden.“381 Von der gleichen Episode ist in einem Brief Sachses an seine Verlobte Nanni zu lesen. Hier schrieb Sachse zeitnah und sehr viel leidenschaftlicher über den eigentlichen Auslöser der Debatte und sein damit verbundenen Ärgernis: „Kunike war hier durchgereist und hatte sich gerühmt, Pariser Kreide kochen zu können, ja sogar einen Versuch gemacht [zu haben]. Ich fühlte mich veranlasst zu meinem Nutzen zu erwähnen, dass Kunike gewissermaßen mein Schüler sey und er nur einige Male gesehen hätte, wenn ich Materialien bereitet habe. Dies war wahr, musste aber bewiesen werden. Man forderte mich also auf, eine echte Pariser Kreide zu bereiten, die der des Kunike nichts vergäbe. Ich zeigte die Mängel der letzteren und bestimmte zuvor, wie meine werden sollte. So habe ich nie ausgestanden, als bei diesem Höllenfeuer. Senefelder, Siedler und noch einige andere standen mir auf dem Nacken, und ich war überzeugt, ich würde mich blamieren, da auch die Materialien anders waren, besonders die Seife und der Ruß schlecht. 381 Vgl. ebd.

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An Kohlen mangelte es auch. Dennoch gerieth meine Kreide, mit Gottes Hülfe, gut, Senefelder lobte sie ungemein und das Schreckensbild, welches ich mich gemacht habe in der Pariser Art herzustellen, wird damit geziehmt. Dies war ich mir schuldig, denn der undankbare Kunike hat sich hier gerühmt, seine Kreide wäre in Deutschland die beste, und sie hat auch, da sie auf unseren Recepten beruht, große Vorzüge, allein ihm geht die Übung des Bereitens ab, welche noch dazu wir ihm anders gezeigt haben, um doch einen Vortheil zu behalten.“382 Aus Freude, „dass er jetzt doch noch einen Vorrath guter Kreide besitzt“, wohl aber auch „in der Hoffnung auch das Rezept zu erhalten“,383 lud Siedler Senefelder und Sachse „zum Frühstück zu dem damaligen ersten Delikatessenhändler Junemann“ ein, „wo es dann mehrere Stunden sehr lustig herging und wir uns Alle von unserer geselligen und gemütlicheren Seite zeigten und uns etwas näher kennen lernten“, wie Sachse später versöhnlich berichtet.384 Von nun an strich Sachse „den ganzen Tag mit Senefelder umher“.385 Am 8. November 1827, also zwei Tage nach dem zuvor beschriebenen Ereignis, betraten die beiden gemeinsam das Institut von Strixner386 und Piloty387 (Selb’sche Drucke382 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 9. November 1827. 383 Vgl. ebd. 384 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 80. 385 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 9. November 1827. 386 Johann Nepomuk Strixner (1782–1855), seit 1797 Zeichenunterricht bei Mitterer an der Feiertagsschule für Künstler und Handwerker in München; noch im selben Jahr Anstellung als Zeichner an der kurfürstlichen Galerie, seit 1799 Schüler des Kupferstechers Johann Jakob Dorner; vom Direktor der Hofbibliothek Christoph von Aretin und Aloys Senefelder als Zeichner für das Projekt angestellt, die im königlichen Kupferstichkabinett aufbewahrten Handzeichnungen alter Meister auf lithographischem Weg zu faksimilieren; 1808 Herausgabe des in der Sammlung befindlichen und mit Federzeichnungen von Albrecht Dürer reichlich verzierten Gebetbuchs Kaiser Maximilians in lithographischer Nachbildung unter dem Titel „A. Dürers Christlich–Mythologische Handzeichnungen“; Eintritt Ferdinand Pilotys in das Unternehmen, um in 72 Heften mit zusammen 432 Blättern die Handzeichnungen des königlichen Kupferstichkabinetts herauszugeben (1808–1815); ab 1815 lithographierten Strixner und Piloty die besten Gemälde der Galerien zu München und Schleißheim (sogenanntes Altes Galeriewerk); Ruf beider nach Stuttgart, um die reiche Sammlung älterer ober- und niederdeutscher Meister der Gebrüder Boisserée zu lithographieren; im Zuge des Ankaufs und der Überführung der Gemäldesammlung von König Ludwig von Bayern Rückkehr Strixners und Pilotys nach München, um das lithographische Werk bis 1836 zu Ende zu bringen; Beteiligung der bei Cotta erschienenen Münchener Pinakothekwerke; Strixner malte daneben Lithographien nach einer von ihm selbst erfundenen Manier in Deckfarben aus, welche damit das Ansehen von Ölbildern erhielten und als Zimmerschmuck verkauft eine weite Verbreitung fanden; vgl. „Strixner, Johann Nepomuk“ in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 36, 1893, S. 598f. 387 Ferdinand Piloty (1786–1844); ab1804 Schüler des Hofmalers Moritz von Kellerhoven und ab 1806 auch von Johann Christian von Mannlich (1741–1822), durch den er nicht nur mit der Lithographie in Kontakt kam, sondern mit dem er auch weiterhin auf diesem Gebiet zusammenarbeitete; ab 1809 Studium der Historienmalerei an der neu gegründeten Kunstakademie in

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rei),388 „das einzige, wo ich nach Paris noch etwas hätte lernen können“, wie Sachse meinte.389 Er freute sich nach den bisher gemachten Erfahrungen, eine Anstalt kennenzulernen, „die denn doch in der That Künstlerisches durchweg leistete, und von den in Ausbeuten, Anwenden und Verbessern fremder Erfindungen so gewandten Franzosen noch nicht gar zu sehr überholt worden war“.390 Herr Selb empfing beide freundlich und zuvorkommend, schwieg aber auf den von Sachse geäußerten Wunsch, „zur Erweiterung [seiner] Kenntnisse öfter wiederkommen zu dürfen“.391 Auf Sachses Bedauern, nicht zum ferneren Besuch in das Institut von Strixner und Piloty eingeladen worden zu sein, soll Senefelder jedoch nur geantwortet haben: „Ei, loss’ns gut seyn. Was der weiß, wissen Sie auch. Ich mocht sie nit eh’r hinführen, denn man muß doch seine Leut’ erst kennenlernen.“392 Sachse ging von diesem Tag an „alle Morgen um 8 Uhr ins Laboratorium“, um mit Senefelder zu arbeiten: „Von jetzt an hatte ich über zwei Monate hindurch täglich Gelegenheit, die wirkliche Genialität, das ausgebreitete Wissen, die ungemeinen Kenntnisse dieses Mannes, namentlich in der Chemie, zu bewundern. Dabei entwickelte er, sobald er einen Gegenstand, eine neue Idee gefasst hatte, in Verfolg derselben eine Energie und Beharrlichkeit, die mich ins Erstaunen setzte. Zu allem diesem kamen die originellen Eigenthümlichkeiten, der ganz besondere Habitus, mit dem er alles anfasste und betrieb, sodaß meine Verehrung und Hochachtung für dieses wirkliche Original-Genie

München; von Mannlich überzeugt ihn, sich zudem – zusammen mit Johann Nepomuk Strixner – an den lithographischen Reproduktionen des königlichen Handzeichnungskabinetts zu beteiligen; ab 1810 Miteigentümer der Firma Strixner, Piloty & Comp.; als erste Mappenwerke erschienen, nach den Handzeichnungen alter Meister, die „Œuvres Lithographiques“, entstanden zwischen 1810 und 1816 (von insgesamt 432 Blättern dieser Serie stammen 219 von Piloty); 1816 bis 1822 (wieder unter der Leitung Mannlichs) Herausgabe des Werks „Königlich Bayerischer Gemäldesaal zu München und Schleißheim“ mit insgesamt 200 Lithographien, wobei der zweite Band 1821 schon unter Selb, Piloty & Comp. erschien, nachdem Strixner aus dem Unternehmen ausgeschieden war; ab 1827 erschienen in Zusammenarbeit mit der Cotta’schen Verlagsanstalt mehrere lithographische Serien; nach dem Tod von Johann Friedrich Freiherr von Cotta gründete Piloty mit dem Lithographen Joseph Löhle die Kunstanstalt Piloty & Löhle in der Karlstraße in München; sie wurde später von seinem Sohn Karl Theodor weitergeführt; vgl. Nicole Kromminga: „Ferdinand Piloty d. Ä. Ein Beitrag zur Frühzeit der Lithographie in München“, in: Oberbayerisches Archiv, Bd. 113, München 1989, S. 23–102. 388 Joseph Selb (1784–1832), Maler und Lithograph bei Piloty. 389 Vgl. Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 80. 390 Vgl. ebd. Sachse hatte seine Erinnerungen an die Zeit in München bei Senefelder anlässlich des 100. Geburtstages des Erfinders im Jahr 1871 für eine Broschüre von Ludwig Pietsch aufgeschrieben.Vgl. auch Kapitel II.2.c „Erinnerungen aus dem Kunstleben / Eine Festschrift“. 391 Vgl. ebd., S. 81. 392 Vgl. ebd.

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von Stunde zu Stunde wuchsen.“393 Senefelder sei ein „wahrhaftes Genie“ und könne „nicht genug geehrt“ werden, davon war Sachse bald überzeugt.394 Über die konkrete Arbeit im Labor des Erfinders berichtete Sachse später: „Bei den stets wandelnden, aber interessanten und lehrreichen Arbeiten im Laboratorium verging die Zeit gewaltig schnell. Bald beschäftigten wir uns mit dem Umdruck alter Pergamente, bald mit der Fabrikation von künstlichem Steinpapier, dann wieder wurde eine Zeitlang an einem neu von ihm erfundenen Einschwärtzungsapparat gearbeitet, oder die Mosaikdruckerei vorgenommen, welche er sehr geheimnisvoll betrieb, und von der er mich bat, gegen Niemanden etwas zu äußern.“395 Ludwig Pietsch kommentierte diese Beschreibung schließlich mit den Worten: „Es ging wie im Laboratorium eines Alchimisten und Alles möglichst geheimnisvoll!“396 In Sachses Augen war Senefelder „das größte Universalgenie, das [ihm] noch vorgekommen“, wie er schon während der Münchener Zeit wiederholt erwähnt: „Wie kann ein Mensch so viel wissen und so bescheiden seyn.“397 Auch viele Jahre später noch äußerte er sich über Senefelder mit Respekt und Bewunderung: „Bei Senefelder war Lesen, Auffassen und Behalten ein und dasselbe. Von einer solchen Gedächtnißbildung hatte ich bisher noch keinen Begriff gehabt, und es ist wahrhaft erstaunlich zu hören, was er in seinem Leben alles getrieben und gelesen hat [...]. Er war, außer in der Sprachkenntniß, fast in allen Fächern des Wissens mehr oder weniger zu Hause und wusste von Allem mitzusprechen und g e s c h e i t mitzusprechen.“398 Von der Wertschätzung, die Senefelder seinerseits dem sehr viel jüngeren Berliner entgegenbrachte, zeugt wiederum ein handschriftlich verfasstes Abschlusszeugnis: 393 Vgl. ebd. und LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, München, den 30. November 1827. 394 Vgl. ebd. 395 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 81. 396 Vgl. Pietsch 1871, S. 83. Ob Pietsch hier seine eigenen Assoziationen niederschrieb oder der Kommentar auf ein persönliches Gespräch mit Sachse zurückzuführen ist, bleibt unklar. In der Festschrift selbst gibt Pietsch als Quelle für diesen Abschnitt an: „Herrn Sachses Mittheilungen über seine Begegnung mit Senefelder, über dessen Verhalten zu ihm und Anderen, schildern letzteren so vortrefflich in seiner ganzen wunderlichen und liebenswürdigen Eigenart, dass ich dass Charakter- und Lebensbild des Mannes, welches ich hier nachzuzeichnen versuchte, nicht besser zu vollenden und abzuschließen hoffen dürfte, als durch eine sich möglichst treu an den Originaltext sich anlehnende Reproduction dieser Erzählung und Darstellung“, vgl. ebd., S. 79. 397 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, München, den 30. November 1827. 398 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 81. Senefelder hatte am Lyceum in München Mechanik, Physik und Chemie gehört und war dann nach Ingoldstadt zum Studium der Jurisprudenz gegangen. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters, der selbst Schauspieler gewesen war, versuchte er als dramatischer Dichter für sich und die Seinen zu sorgen. Bei Versuchen, aus Mangel an Geld seine geschriebenen Stücke auf billigere Weise drucken zu können, stieß er auf das auf chemischen Prozessen beruhende Flachdruckverfahren; vgl. „Senefelder, Alois“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 34, 1892, S. 8.

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„Herr Louis Sachse aus Berlin hat sich zwei Monate hindurch unter meinen Augen mit allen Zweigen der Lithographie beschäftigt, und mir während dieser Zeit solche Proben seiner Fähigkeit und seines Berufs für diese Kunst abgelegt, dass ich nicht gezögert habe, ihm einen vollständigen Unterricht in der Bereitung mehrerer neuen Recepte, und in vielen, noch wenig oder gar nicht bekannten Manieren der Lithographie zu geben. Auch habe ich ihm die in Deutschland noch so wenig bekannte Behandlungsart der von mir erfundenen künstlichen Steinplatten mitgetheilt, und ihn mit meinen verbesserten und neu erfundenen Druckmaschinen und Pressen bekannt gemacht. Ich nehme daher keinen Anstand, ihm dies Anerkenntniß schriftlich und aus freien Stücken zu übergeben und will in Berücksichtigung, dass Herr Sachse sich in meinem Institut zu Paris neun Monate und unter meinen Augen zwei Monat vervollkommnet hat, gern erlauben, sich mein Schüler zu nennen, wenn er glaubt, dass es ihm zu seinem ferneren Fortkommen nützlich seyn könnte. In Beglaubigung dieses Zeugnisses habe ich es eigenhändig ausgestellt und mit meinem Namen unterschrieben. München, den 30. Dezember 1827.“399 Sein „täglicher Arbeitsgefährte“ Senefelder sei ihm „von größtem Nutzen“, hatte Sachse Ende November 1827 seiner Verlobten Nanni anvertraut, was das nur drei Tage später entstandene Arbeitszeugnis bereits zu belegen scheint.400 Insgesamt fiel Sachses Resümee über das lithographische Kunsthandwerk in München trotz allem auffallend nüchtern aus: „In meiner Sache stehe ich nicht still, wenn ich auch hier mehr zu lernen gehofft habe. Die Pariser sind viel weiter [...]. Welch ein Leben in der Kunst ist in Paris gegen München, besonders in der Lithographie! Es ist ein unglaublicher Unterschied.“401 399 Das eigenhändig geschriebene Zeugnis Senefelders wurde im Familienarchiv Sachse verwahrt. Wahrscheinlich ging es in den Wirren des Zweiten Weltkrieges verloren. Der Enkel Alfred Sachse, der das Original noch kannte, übertrug es wörtlich in sein maschinengeschriebenes unveröffentlichtes Manuskript über das Leben seines Großvaters; vgl. Sachse 1943, S. 21. 400 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 30. November 1827. 401 Vgl. Sachse Erinnerungen; Senefelder selbst veröffentlichte seine Biographie bereits im Jahr 1818 im „Vollständigen Lehrbuch der Steindruckerei“. Dabei laborierte er noch bis zum seinem Tod 1834 rund um die Weiterentwicklung der Lithographie und verwandter Erfindungen. Vieles, insbesondere aus den letzten Schaffensjahren, bleibt aufgrund der wenigen Quellen aus dieser Zeit im Dunkeln. Sachses Beschreibungen von dem intensiven und sehr privaten Umgang mit Senefelder sind daher von einigem Interesse. Wie bereits in dem vorangegangenen Kapitel angeklungen, sind sowohl Briefe aus der Zeit Sachses in München als auch ein sehr viel späterer, eigenhändiger Bericht des Berliners erhalten. Ludwig Pietsch hatte Sachse dazu aufgefordert, einen Aufsatz über seine Lehrzeit bei Senefelder für eine Festschrift zum 100. Geburtstag des Erfinders im Jahre 1871 zu schreiben. Diesen nach über 40 Jahren verfassten „Erinnerungen“ fehlt zwar die Unmittelbarkeit der zeitnahen brieflichen Äußerungen, doch handelt es sich um den einzigen zusammenhängenden Bericht eines Zeitgenossen, der Senefelders Persönlichkeit und dessen Arbeitseifer noch in den letzten Schaffensjahren aus eigener Anschauung beschreibt. Es soll daher im Folgenden versucht werden, sich anhand der vorhandenen Quellen den Persönlichkeiten

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c

Erinnerungen aus dem Kunstleben

Eine Festschrift

„Erinnerungen aus dem Kunstleben. Mein persönlicher Verkehr mit Alois Senefelder, dem Erfinder des Steindrucks. Auf Wunsch des Berliner Comités für das Münchener Senefelder-Denkmal niedergeschrieben als Material zu der Broschüre von Ludwig Pietsch.“402 Als Sachse den von Ludwig Pietsch angeregten Text über seine persönlichen Erfahrungen mit Senefelder niederschrieb, war die Lithographie als grundlegendes Verfahren fast aller Bereiche des Verlagswesens kaum mehr wegzudenken. Annähernd 1000 Schnellpressen und etwa 6000 Handpressen waren allein in Deutschland in ständiger Bewegung, um der immer steigenden Nachfrage an Publikationen aller Art nachzukommen.403 Andererseits hatte gerade die künstlerische Lithographie zu jener Zeit mehr und mehr an Terrain verloren, was möglicherweise einer der Gründe für eine Rückbesinnung der älteren Generation auf die Anfänge jener Industrie gewesen sein könnte. Anlässlich des 100. Geburtstages von Aloys Senefelder am 6. November 1871 hatten sich in einer ganzen Reihe von Städten lokale Komitees zum Gedenken an den Erfinder gebildet. Europaweit war dieses „Phänomen“ zu beobachten, so in England, in Frankreich, in der Schweiz, in Italien, in Senefelders Geburtsort Prag, in Wien und sogar in Odessa. Allein in Deutschland fanden sich Interessengemeinschaften in Chemnitz, Dresden, Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt, Bremen, Hamburg und eben auch in Berlin zusammen.404 Hier war es Ludwig Pietsch, der zusammen mit dem Vorsitzenden des Berliner Comités zur Errichtung eines Senefelder-Denkmals in München Theodor Boesche eine Festschrift herausgab, deren Reinertrag „zum Fond des zu errichtenden Denkmals bestimmt“ sein sollte (Abb. 48).405 Wie von Sachse einleitend konnotiert, waren es weniger fachliche als vielmehr persönliche Erinnerungen, die der mittlerweile selbst erfahrene Institutsbesitzer über seinen frühen Umgang mit Senefelder schilderte. Die ersten Begegnungen mit der als schwierig beschriebenen Erfinderpersönlichkeit waren Sachse gut im Gedächtnis geblieben. So hatte sich Senefelder – wie im vorangegangenen Kapitel beschrieben – auf einer gemeinSenefelder und Sachse, ihrem Umgang miteinander und der Bedeutung dieser Verbindung für Sachses spätere Karriere noch einmal zu nähern. 402 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 79. 403 Vgl. Ausst.-Kat. Senefelder Daumier 1988, S. 12. 404 Vgl. ebd. 405 Vgl. Pietsch 1871. Aufgrund verschiedener, hier nicht weiter nachzuspürender Gründe sollte sich die Aufstellung des ersten Denkmals für Aloys Senefelder in München um sechs Jahre verzögern. Erst am 6. November 1877 wurde eine Büste gegenüber dem Sterbehaus Senefelders am Sendlinger Torplatz aufgestellt. Der Bildhauer Caspar Clemens Zumbusch (1830–1915) hatte sie modelliert, bevor sie von Christian Hörner in Erz gegossen worden war. Sie wurde 1955 aus Verkehrsgründen beseitigt und am Marktplatz gegenüber der Akademie für das Graphische Gewerbe auf modernem Sockel neu platziert. Louis Sachse hat die Aufstellung des Denkmals also nicht mehr erlebt.

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samen Besichtigungstour durch verschiedene lithographische Institute in München erst ein eigenes Bild von den Kenntnissen des Berliners machen wollen, bevor er ihn zum gemeinsamen Laborieren in seine eigenen Räume einlud: „Gutt, dann kommen’s alle Morgen um 8 Uhr ins Laboratorium, da wolln wir pummeln!“, soll Sachses Bericht zufolge die erste Absolution des Meisters an den Schüler gelautet haben.406 Nicht nur Sachse selbst, sondern auch die Quaglios seien hocherfreut gewesen: „[...] dies sei bei seinem Misstrauen und seinen Vorurtheilen viel.“407 Dieses Misstrauen, wusste Sachse später, „war bei Senefelder kein angeborenes, sondern erst durch die vielen Hintergehungen und Missbräuche seines durch und durch redlichen Herzens und seiner freundlichen und offenen Zuvorkommenheit allen Bekannten und Fremden gegenüber entstanden“.408 Trotz seiner epochemachenden Erfindung und der weiten Verbreitung, die diese schon zu Lebzeiten Senefelders erfuhr, hatte sie ihrem Entdecker nie einen entsprechenden wirtschaftlichen Nutzen gebracht. Nachdem sich Senefelder und Sachse angefreundet hatten, hörte Senefelder denn auch nicht auf, den Jüngeren zu warnen: „Hütten s’sich vor den villen Quacksalbern und Experimentieren! Schaun’s, alle Andern werden reich durch meine Erfindung – ich bleib ein armer Lump!“409 Über Senefelders finanzielle Situation Ende der 1820er Jahre berichtet Sachse: „Als ich Senefelder kennenlernte, war er seiner früher so äußerst bedrängten Lage bereits, soweit es bei einem solchen Geist möglich ist, überhoben. Die Regierung hatte sich endlich seiner angenommen, ihm den Posten eines Inspektors des neuen Katasters mit bestimmtem Gehalt verliehen und der König ihn in den Stand gesetzt, sorgenfrei sein Lehrbuch der Lithographie zu schreiben und zu verwerthen. Geld kannte er nicht, er hatte auch selten welches, die Frau besorgte, solange wenigstens, als ich da war, alles, sowohl in der Wirthschaft als auch das Taschengeld für die persönlichen Ausgaben ihres Mannes.“410 Dem jungen Berliner war offenbar schnell klar gewesen, welche Rolle Senefelders Ehefrau spielte. Durch Quaglio und wahrscheinlich auch durch Knecht auf die schwierigen persönlichen Verhältnisse des Erfinders vorbereitet, „wunderte oder ärgerte“ sich Sachse nicht über ihr Verhalten, als er Senefelder das erste Mal aus seiner Wohnung abholte. Frau Senefelder habe ihm „beim Vorstellen ein ziemlich unfreundliches Gesicht“ gezeigt und beiden „beim Weggehen sehr gereizt“ zugerufen: „Vergiß nur über deinen Berliner Herren nicht, zur Zeit zum Essen zu kommen.“411 In München hatte man der „gerade nicht liebenswürdigen Frau“ den Beinamen „Xantippe“ gegeben, womit ihr jedoch einigermaßen Unrecht getan wurde, wie Sachse fand: „Sie hatte nur durchaus kein Verständnis für die Größe und Genialität ihres Mannes, der in seiner originellen Eigenthümlichkeit aufgefasst sein wollte. Mit einem Wort, beide Gatten schienen mir au fond 406 Vgl ebd., S. 81. 407 Vgl. ebd. 408 Vgl. ebd. 409 Vgl. ebd. 410 Vgl. ebd., S. 82. 411 Vgl. ebd., S. 80.

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gut und brav, sie passten nur nicht zueinander. Schon früh des Morgens, den Kopf voller Ideen, stürmte er fort. Kaum hatte er nachmittags sein frugales Mahl verschlungen, so nahm er seine, nie unterlassene Mittagslektüre vor, welche oft mehrere Stunden dauerte, und wobei er sich durch kein Gezanke und Kindergeschrei stören ließ. Dann lief er wieder in seine Retraite, das Loboratorium, wo er braute und mischte, oder zimmerte und baute, bis die den Baiern eigenthümliche, unvermeidliche Kneipzeit heranrückte. Um das Hauswesen, die Wirtschaft, die Kinder und die Kindererziehung kümmerte sich der geniale Mann wenig oder gar nicht. Ich begreife sehr wohl, wie einer einfachen, praktischen, dabei aber jeder höheren Anschauung baren, durchaus prosaischen Frau, einem so genialen, von ihr gänzlich missverstandenen Manne gegenüber zu Muthe gewesen sein muß.“412 Sachse hatte sich während seiner gemeinsamen Zeit bei Senefelder brav darum gekümmert, den Lehrer trotz intensiven Laborierens immer rechtzeitig zu seiner Frau zum Essen zu schicken, woraufhin ihm „Wohlwollen und Freundschaft“ von beiden Seiten zuteilgeworden war.413 Durch die zweimonatige tägliche gemeinsame Arbeit, die Lehrer und Schüler immer näher zusammenrücken ließ, hatte Sachse die Gelegenheit, „die originellen Eigenthümlichkeiten, den ganz besonderen Habitus, mit dem er alles anfasste uns betrieb“, kennenzulernen und zu beobachten: „Ich wusste zwar, dass Senefelder früher Schauspieler war, dennoch machte es aber einen höchst possierlichen Eindruck auf mich, als er zum ersten Male, da wir eben mit der Bereitung einer künstlichen Steinplatte beschäftigt waren, mit aufgekrämpelten Hemdsärmeln aufsprang und ‚Sein oder Nichtsein‘ mit Pathos rezitierte. Da er es mit dem Vortrag sehr ernst nahm, so durfte ich ihn nicht merken lassen, wie das ganze Ensemble trotz dem blitzenden, kleinen aber geistreichen Auge doch einen höchst komischen Eindruck auf mich machte. Man denke sich einen mehr kleinen als mittelgroßen alten Mann mit einem ganz artigen Spitzbauch und langem, wild und wirr über dem Kopf hängendem Haar, dazu in diesem höchst burlesken Kostüm, und man wird es begreiflich finden, wenn ich mich des Lachens kaum enthalten konnte. Indeß, da er solche Intermezzos zu lieben schien und er öfter das Rezitieren klassischer Dichterstellen, wenn es ihm gerade Vergnügen machte, wiederholte, so verfehlte ich nicht, ihm bei Gelegenheit mit: ‚Durch diese hohle Gasse muß er kommen‘ oder mit: ‚Wir standen schwach verschanzt in unserem Lager etc.‘ zu antworten.“414 Die Liebe zur Lithographie als auch zur Bühne waren dabei nicht ihre einzigen Gemeinsamkeiten, wie Sachse weiter berichtete: „Eines schönen Tages, nachdem wir lange über dramatische Literatur geplaudert und er mich auf diesem Felde wohl orientiert und gesattelt fand, rief er aus: ‚Aber sagen’s mir, wie sind Sie in die Lithographie hineingeratten!?‘ Ich nahm nunmehr keinen Anstand, ihm offen und ehrlich meine Lebensschicksale mitzutheilen. Dabei hatte ich von Neuem Gelegenheit, sein edles, gutes Herz, seine Theilnahme für die Leiden seiner Mitmenschen kennenzulernen. Sein Bedauern 412 Vgl. ebd., S. 82. 413 Vgl. ebd. 414 Vgl. ebd., S. 81.

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und Mitgefühl darüber, dass ich mit Gewalt aus der aussichtsreichen Stellung eines Privat-Secretairs des Ministers Wilhelm von Humboldt herausgerissen worden war, und zwar einzig und allein durch die unselige Politik eines Metternich, nahm kein Ende und sprach sich immer von Neuem auf das Herzlichste aus. Er konnte es kaum fassen, dass ich drei volle Jahre meiner Freiheit beraubt gewesen, um nichts und wieder nichts in den Gefängnissen Berlins und in den Kasematten Magdeburgs herumgeschleppt sei, und hörte nicht auf die Karlsbader Beschlüsse, den Deutschen Bund und die heillose österreichische Politik zu verwünschen. Es war seinem klaren und einfachen gesunden Menschenverstand unbegreiflich, wie Preußen sich in das Schlepptau einer Bundespolitik nehmen lassen konnte, deren Nachtheile und schlimmen Folgen es fast allein zu tragen hatte, indem man es, wie Senefelder meinte, ja hauptsächlich auf die preußische Universitäts-Jugend abgesehen hatte, welche in Folge der ausgedehntesten sogenannten Demagogenriecherei verfolgt und massenhaft eingekerkert wurde.“415 Sachse mögen in der Rückschau auch die eigenen Jugenderlebnisse eingeholt haben. Dennoch ist kaum anzuzweifeln, dass Senefelder sich durch Sachses Lebensgeschichte seinerseits an prägende Erfahrungen erinnerte. Sein Meister sei „unermüdlich in Rathschlägen und Warnungen“ gewesen, was er „thun und unterlassen müsse“, schrieb Sachse. So warnte er ihn immer wieder „dringend vor den österreichischen Spionen, deren sich damals massenhaft in München befinden sollten“.416 Auch Senefelders Neffe Joseph Knecht hatte seinen Onkel in dem bereits zitierten Empfehlungsschreiben – wohl nicht unbegründet – auf dessen Auffassung von „dem dummen Frankreich, wo jetzt die Pfaffen herrschen, welche alle Künste und Wissenschaften leiten wollen“, angesprochen.417 Was in Gegenwart Knechts die Franzosen, waren in Gegenwart Sachses offenbar die Preußen, sodass Letzterer feststellte: „Bei allem Wissen, bei aller Geisteskraft und Genialität war dieser außergewöhnliche Mann doch nicht frei von manchen schroffen Ansichten und Vorurtheilen. Außerdem war er, obgleich eigentlich in Prag geboren, ein Stock-Altbayer von reinstem Wasser, mit eingeimpftem Misstrauen und Haß gegen Preußen, dessen größte Thaten selbst er herabzusetzen liebte. Alles was preußisch war, musste verschmitzt und hinterlistig sein.“418 Die erwähnten rührigen Abschiedsworte des „Stock-Altbayern“, der selbst nicht geglaubt habe, einen Preußen so lieb gewinnen zu können, rührten den Verfasser der „Erinnerungen“ wohl gerade deshalb zutiefst.419 Von der rührigen Anekdote, wie Senefelder seinen Geburtstag vergessen hatte, ist sowohl in den publizierten „Erinnerungen“ als auch in Sachses Briefen aus seiner Münchener Zeit zu lesen. In dem späteren Bericht schilderte Sachse den „jovialsten, unterhaltendsten Genossen, voll der heiteren Schnurren und Witze, welche nicht selten in Possenhaftigkeit überhingen“.420 Von seiner Genügsamkeit und Einfachheit der Lebens415 Vgl. ebd. 416 Vgl. ebd. 417 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 1. September 1827. 418 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 82. 419 Vgl. ebd. 420 Vgl. ebd.

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bedürfnisse könne sich der Leser kaum einen Begriff machen: „Um von seiner Selbstvergessenheit ein Beispiel zu geben, führe ich an, dass ich ihn einst zu Junemann zum Frühstück führte, wie dies nach anstrengender Früharbeit öfters geschah. Nach kurzer Zeit trat der Wirth begrüßend an uns heran und bemerkte, dass es heut wie ein auffallend warmer Frühlingstag wäre und wir schrieben doch den 6. November. Senefelder stutzte auf und rief: ‚Das soll am Ende ein Auszeichnung für den heut’gen Tag sein, denn soeben erfahre ich durch sie, dass heut mein Geburtstag ist‘. [...] Ich ließ zur Feier des zufällig entdeckten Geburtstages, welcher seit vielen Jahren nicht gefeiert wurde, wie S[enefelder] versicherte, Champagner vorfahren, bei welchem wir dann lange selig vergnügt plauderten und Luftschlösser bauten, ohne an Frau Senefelder zu Hause zu denken, welche ihm dann wohl die süße Stunde der Feier seines Geburtstages wieder verbittert haben mag.“421 Der Eintrag zu dem selben Ereignis in einem Brief vom 9. November 1827 an seine damalige Verlobte Nanni war wesentlich nüchterner ausgefallen: „Der arme Senefelder, dem die Lithographie das, was die Leiste dem Schuster, dachte endlich in seiner Freude daran, dass heute sein Geburtstag sey, den er seit mehreren Jahren nicht gefeiert. Das rührte mich und ich glaubte, es würde mir in der Zukunft einmal nicht leid thun in meinem Ausgabenbuche zu finden: ‚An Senefelders Geburtstag für eine Flasche Champagner‘ – und damit ließ ich sie kommen. Da waren wir recht vergnügt und Senefelder ist seitdem mein guter Freund, von dem ich doch etwas lerne.“422 Die Verbundenheit zwischen Sachse und Senefelder ging, wie angedeutet werden konnte, über den gemeinsamen Champagner weit hinaus. Die abschließenden Worte des Gedächtnis-Berichts zeugen, wenn auch von einiger Nostalgie getragen, von der Dankbarkeit Sachses gegenüber seinem Lehrer: „Die Erinnerung an diesen wirklich genialen, dabei liebenswürdigen und großen Geist erheitert meine letzten Lebensjahre. Ich bin stolz darauf, sein recht eigentlicher Schüler zu sein und mir seine Freundschaft erworben zu haben, glaube auch nach besten Kräften eifrig in seinem Sinn und Geiste in meiner Vaterstadt weiter gewirkt zu haben. Der kaum mehr zu bewältigende Umfang meines Kunstgeschäfts und mein hohes Alter veranlassten es freilich und zu meinem höchsten Bedauern, dass ich in dem letzten Jahrzehnt nach und nach mich von meiner geliebten Lithographie mehr und mehr lossagen musste. Ich konnte aber dies in dem erhebenden Bewusstsein, dass ich zur Vervollkommnung dieser herrlichen Kunst, solange ich konnte, das Meinige redlich gethan und dass dieselbe nunmehr durch die so tüchtigen Collegen in allen Branchen höchst eifrig vertreten, zur Ehre der deutschen Hauptstadt und Kaiser-Residenz fortblüht.“423

421 Vgl. ebd. 422 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, München, den 9. November 1827, beim Hofmaler Quaglio, Burggasse 163. 423 Sachse Erinnerungen, in: Reinhard 1940, S. 82.

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Ein Meister-Porträt

Im Archiv der Stiftung Deutsches Museum in München hat sich ein Brief Aloys Senefelders an Louis Sachse erhalten, der das freundschaftliche Lehrer-Schüler-Verhältnis erneut deutlich vor Augen führt.424 Er soll hier vollständig wiedergegeben werden: „München, den 21. Jänner 1830 Mein hochverehrter Freund! Als ich Ihr letztes werthestes Schreiben empfing war mein Portrait eben in der öffentlichen Kunst=Ausstellung; weil mich der Maler Herr Professor Hauber425 darum gebeten hatte. Durch den Zufall, dass unser König krank wurde, weswegen die Ausstellung bis jetzt verlängert wurde, damit er sie ebenfalls zu sehen bekäme, konnte ich es nicht früher zurück erhalten. Heute ist es wohlverwart abgegangen, und ich hoffe, dass Sie es in den 2 bis 4 Wochen erhalten werden. Das Bild ist jetzt gegen 6 Monate alt, und Sie können es sogleich firnissen lassen, wodurch es sehr an Lebhaftigkeit gewinnen wird. Nach dem allgemeinen Urtheile sieht es mir sehr ähnlich. Wenn Sie wollen den Betrag bei Herrn Schickler in Berlin bezahlen und mir dessen Anweisung an Herrn Eichthal in München schicken, so werde ich ihn richtig erhalten. In Kurzem werde ich die Ehre haben Ihnen etwas von meiner neuen Erfindung des Mosaikdruckes zu schicken, worin ich große Fortschritte gemacht habe. So viel ich von mehreren Freunden, die mich besucht haben, hörte, macht Ihr Institut in Berlin die besten Fortschritte, was mich von Herzen freut. Ich hoffe, dass Sie und Ihre liebe Familie sich recht wohl befinden. Was mich betrifft so geht es so ziemlich. Künftigen Frühling habe ich im Sinn Herrn Knecht in Paris zu besuchen, weil ich gedenke daselbst den 2ten Theil meines Lehrbuches herauszugeben. Ich hoffe dass ich es mit so vielen wichtigen und interessanten Erfahrungen ausstatten kann, dass ich viele Abnehmer erhalte. Ich werde es aber nur als Manuscript auf Subscription herausgeben. Leben Sie wohl und erhalten in gütigem An[denken] Ihren ganz ergebensten Alois Senefelder.“426 Auch Sachse schrieb in seinen „Erinnerungen“ von gemeinsamen Arbeiten zum Mosaikdruck und dem „Hauber’schen Bild“, das sich heute im Deutschen Museum in München befindet. Er selbst hatte das Porträt seines Meisters in Auftrag gegeben: „1827 stellten wir, Senefelder und ich, schon ganz artige Bilder im Mosaikdruck her. Das Porträt Senefelders bestellte ich aber erst, als mein Geschäft schon im Gange war, und zwar darum, weil ich, sein Schüler, die Ehre haben wollte, meinen Meister in meinem Verlage erscheinen zu lassen. Der Mosaikdruck war längst erfunden, als ich Senefelder bat, sich für mich und auf eigene Rechnung malen zu lassen.“427 Joseph Hauber hatte das Porträt im Sommer 1829 gemalt. Im Herbst desselben Jahres war es auf der Kunstausstellung 424 Aloys Senefelder an Louis F. Sachse, München, den 21. März 1830, in: Archiv der Stiftung Deutsches Museum München, HS 1934–1. 425 Joseph Hauber (1766–1834), Professor an der Akademie der bildenden Künste in München. 426 Aloys Senefelder an Louis F. Sachse, München, den 21. März 1830, in: Archiv der Stiftung Deutsches Museum München, HS 1934–1. 427 Sachse Erinnerungen, in: Reinhart 1940, S. 78.

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der Akademie in München zu sehen.428 Nach Erhalt hatte es Sachse zunächst in seinem Kunstverlag ausgestellt und dann von Wilhelm Devrient lithographieren lassen (Abb. 49). Ludwig Pietsch berichtet hingegen, trotz der gegenteiligen Aussagen Sachses, dass ebenjenes Hauber’sche Bild es war, das Senefelder überhaupt erst zu seinen Versuchen zum Mosaikdruck veranlasst hatte.429 Obwohl auch Senefelder in dem oben abgedruckten Brief sowohl das Porträt als auch seine neuesten Errungenschaften im Mosaikdruck erwähnt, ist davon jedoch nicht auszugehen. Vielmehr hatte Sachse selbst bereits mit Senefelder an der Möglichkeit des Ölbilddrucks gearbeitet, der sich, ebenso wie die ähnlichen Versuche von Liepmann in Berlin, so schnell nicht durchsetzen sollte.430 Unabhängig davon beschreiben der Auftrag des Schülers für ein Porträt des Lehrers und die Lust am gemeinsamen Experimentieren im Labor die Verbundenheit und das grundlegende gemeinsame Interesse Senefelders und Sachses, dass über den Tod Senefelders 1834 hinaus andauern sollte. In München haben sich 64 Briefe aus den Jahren von 1836 bis 1842 erhalten, teils der Witwe, teils des Sohnes an Sachse, die ein lebendiges Bild der Fürsorge des Berliners für die Hinterbliebenen des Erfinders schildern.431 Sachse stand der Witwe mit Rat und 428 Vgl. Verzeichnis der Kunstausstellung der königlich bayerischen Akademie der bildenden Künste, München 1829, S. 15. 429 Vgl. Pietsch 1871, S. 77f. 430 Eine grundlegende Studie über die Entwicklung des frühen Ölfarbendrucks steht noch aus. In Berlin war es der Maler Jacob Liepmann (auch Lipmann), der hieran gearbeitet und erste Ergebnisse vorgelegt hat. Aus Pierers Universal-Lexikon ist zu erfahren: „Aloys Senefelder suchte den Mosaikdruck wieder hervor, fand sich indeß trotz der erlangten Resultate nicht veranlasst, diese Art der künstlerischen Darstellung energisch zu verfolgen. Dieser Mosaikdruck führte jedoch den Maler Jakob Liepmann (Lipmann) in Berlin, auf die Erfindung des Ö[lfarbendrucks], welcher im Jahre 1840 eine Serie von völlig einander gleichen Ölbildern (Copien eines Rembrandt’schen Kopfes) erscheinen ließ. Die preußische Regierung kaufte ihm das Geheimnis seines Verfahrens ab u. gab in seiner Broschüre: Der Ölfarbendruck ec, Berlin 1842, öffentlich über seine Erfindung Aufschluß. [...]“; vgl. Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und der Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, 4. Aufl., Bd. 12, Altenburg 1861, S. 273. Liepmanns Broschüre, die eine genaue Anleitung und mehrere erklärende Tafeln enthält, ist bei Sachse erschienen; vgl. Liepmann 1842. Auch Christa Pieske erwähnt Liepmann als Berliner Erfinder des Ölfarbendrucks: „Die farbig reproduzierbare Wiedergabe einer farbigen Vorlage war das Ziel aller Versuche auf diesem Gebiet. Sie begannen bereits mit Engelmann und setzten sich mit dem Berliner Maler Liepmann fort, dessen ‚Geheimnis des Ölfarbendruckes‘ jedoch nicht den Erwartungen entsprach. Die entscheidenden Schritte in der Praxis müssen dann durch Winckelmann & Söhne in Berlin getan worden sein. Auf der Münchener Industrieausstellung von 1854 zeigten sie ‚lithographische Farbendrucke ohne Schwarzdruck in meisterhafter Vollendung‘“; vgl. Pieske 1988, S. 30. 431 Vgl. Briefe von Heinrich Senefelder (1813–1845) an den Kunsthändler L. Sachse in Berlin. Nebst Briefen seiner Mutter an denselben, in: Repertorium der deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Codices Germanici: Neue Reihe, d. h. nach dem Erscheinen der gedruckten Cataloge (1866) erworbene und nachträglich zur Ausstellung gebrachte deutsche Handschriften, Nr. 5155–7385, hier Nr. 6841:65 (richtig 64, da Nr. 20 fehlt). Eine Auswahl der Briefe ist abgedruckt bei Wagner 1914, S. 177f.

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Tat zur Seite. Den zuweilen haltlosen und künstlerisch eher unbedeutenden Sohn aus der ersten Ehe, Heinrich Senefelder, beschäftigte er mit Aufträgen und leitete ihn in dessen Lebensführung.432 Sachse war sich bewusst, was er, der sich mit der Eröffnung des eigenen Instituts als „Schüler des Erfinders der Lithographie Alois Senefelder“ bezeichnen durfte, dem Erfinder zu verdanken hatte. Das von ihm in Auftrag gegebene Ölgemälde Senefelders und die Verbreitung einer lithographischen Reproduktion zeugen von einer starken Verbundenheit - aber auch von Sachses Bewusstsein für den großen Nutzen dieser Verbindung hinsichtlich der Etablierung eines eigenen lithographischen Instituts in Berlin.

3

Lithographie in Berlin: ein Neuanfang

a

Einrichtungen, Korrespondenzen, Launereien433

Verwünschte Aristokratenstadt

„[... ich] war ein Narr so früh zu frohlocken. In Berlin, dieser verwünschten Aristokratenstadt, ist mir doch noch nichts leicht geworden [...]. Seit 3½ Jahren arbeite ich nun auf meinen Zweck eifrig hin, denke in Ordnung zu sein, bitte um die Erlaubnis meines Qualifikations-Attests zu meinem seit Jahren bekannten und überall gebilligten Vorhaben und – erhalte vor 3 Tagen vom Präsidio folgende Resolution: ‚Auf die am 16 d. M. wiederholt aufgenommene Verhandlung, eröffnet Ihnen das unterzeichnende Polizei Präsidium, dass Ihnen die Erlaubnis zur Errichtung eines lithographischen Kunstinstitutes, verbunden mit einer Kunsthandlung, nicht ertheilt werden kann. Berlin, den 29. April 1828, K. P. P. Präsidium‘.“434 Nach seiner Rückkehr aus Paris und München hatte Sachse unmittelbar mit der Organisation und Einrichtung eigener Geschäftsräume in seinem Elternhaus in der Jägerstraße 30 begonnen (Abb. 7). Für die Erteilung des notwendigen Gewerbescheines war er „dreimal zu Protokoll genommen“ worden und hatte 432 Ludwig Pietsch berichtet, dass Heinrich Senefelder mit damals 21 Jahren und königlicher Unterstützung eine lithographische Anstalt eröffnete: „Er scheint wohl die geringe Fähigkeit des Vaters zu Erwerbung materiellen Gewinns, aber desto weniger von seinen sonstigen Gaben und Talenten geerbt zu haben. Er starb 1845, ohne irgendwelche Früchte vom Betriebe jener Anstalt geerntet zu haben. Der Familie des Erfinders blieb der Ruhm und – die Noth als einziges Vermächtniß“, vgl. Pietsch 1871, S. 86. 433 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 6. März 1828. 434 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 6. Mai 1828. Das vollständige Schreiben des Polizeipräsidiums LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 3, Polizei-Präsidium an Ludwig Sachsé, 29. April 1828. Bis zum Jahre 1828 ist von Sachse selbst auch immer wieder die Schreibweise „Sachsé“ zu finden, die er im Laufe dieses Jahres jedoch aufgibt. Erst in den Druckgraphiken, die er zusammen mit Goupil in Paris in den 1840er Jahren verlegt, kommt diese Schreibweise gelegentlich wieder vor.

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jedes Mal seine „ganze Verbindungsgeschichte wieder auskramen“ müssen.435 Weil der zuständige Protokollant „wegen demagogischer Umtriebe“ notiert hatte, bekam Sachse – zumindest vorläufig – kein polizeiliches Attest ausgestellt.436 Die Vorwürfe der „demagogischen Umtriebe“ rührten aus der Zeit, als Sachse als Sekretär Wilhelm von Humboldts beschäftigt war. Sachse hatte sich damals mit dem Berliner Medizinstudenten und aus wohlhabendem polnischem Elternhaus stammenden Ludwig Köhler angefreundet. Köhler war Mitglied in einer Vereinigung vorrangig polnischer akademischer Jugendlicher in Warschau, die sich „Gesellschaft der Freunde“ oder „Panta Koina“ nannte. Er hatte Sachse die Ziele des Vereins mit der „gegenseitigen Freundschaft im ausgedehntesten Sinne“ sowie dem Bemühen nach wissenschaftlicher Ausbildung nähergebracht.437 Schließlich war es ihm gelungen, Sachse, der des Polnischen gar nicht mächtig war, mit dem Argument der Förderung der geistigen und literarischen Bildung zur Mitgliedschaft zu bewegen. Der Berliner Literarische Verein verstand sich als Tochtergesellschaft der Warschauer Verbindung. Den Vorsitz hatte Köhler inne, Sachse wurde dessen Sekretär. Die Versammlungen, in denen Vorträge philosophischen, historischen und literarischen Inhalts gehalten wurden, hatten nur über einen kurzen Zeitraum, aber in regelmäßigen Abständen in den Wohnungen der Mitglieder stattgefunden.438 435 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. April 1828. 436 Vgl. ebd. Sachse spielte mit dem Gedanken, den Protokollhörer Dr. Hoffmann zu verklagen, unterließ es jedoch, als selbiger Sachse um Verzeihung bat und beschwor, von „der Sache“ nichts gewusst zu haben. 437 Vgl. Laubert, o. D., S. 5 und: Panta Koina.o. D.; beides in: LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 13. Der Autor des handgeschriebenen Manuskripts „Panta Koina“ ist unbekannt. Nach Angaben des Verfassers sind in dem Aufsatz Archivquellen aus Warschau, Berlin und Petersburg zusammengetragen. Die entsprechenden Berliner Akten befinden sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz unter R. 77. XXI, 1822–1825: „Wegen Stiftung geheimer und sträflicher Verbindungen.“ Über Ludwig Köhler ist zu erfahren, dass er in Berlin seinen Doktor in Medizin machte und anschließend für zwei Jahre auf Reisen nach Dänemark, Schweden, England, Frankreich und Italien ging, wo er Kulturstudien machte. Köhler war ein frühes Mitglied des 1817 in Warschau ins Leben gerufenen Geheimbundes Panta Koina. Die Ziele der Verbindung seien in erster Linie ethischer Natur, zwar von Patriotismus beseelt, aber von keiner strafbaren Initiative gewesen. Obgleich Köhler selbst in einer Rede den Gedanken an einen Wiederaufbau des von Russland geführten Polen anregte, sei der Inhalt nur an die geistige Entwicklung seiner Kameraden an der Universität, nicht aber auf politische Angriffen gerichtet gewesen, 438 Vgl. ebd. Der Autor des Manuskriptes zitiert aus dem Tagebuch des als Gründer der Panta Koina angesehenen Ludwig Mauersberger: „Ein literarischer Verein ist in Berlin gegründet worden. Die Mitglieder sind: Ludwig Köhler, Ludwig Sachse, Bukowiecki, Kurnatowski und von Roenne. [...] Sachse ist Sekretär. Am 7. Februar war unsere literarische Sitzung sehr erregt. Ich trete aus. Wir sind gegenseitig unzufrieden. Das Cirkular Sachses, der als erster unterschreibt, enthält meine Ansicht, dass man philosophische und moralische Artikel nicht ausschließen soll. [...] Am 23. Februar Sitzung der Panta Koina in Berlin. Sachse wird Mitglied. Abends bei Sachse Tee und Abendbrot. Es werden Reden gehalten. Eine Torte mit den Buchstaben P. K. wird überreicht.“ Wie der Autor zu berichten weiß, baten Köhler und Sachse Mauersberger in einem Brief vom Juni 1821, auf dem Rückweg von Paris nach Berlin zu kommen. Mauersberger hielt daraufhin

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Als Folge der Karlsbader Beschlüsse und weiterer Gründungen von Studentenverbindungen in Berlin seit 1818 hatte Friedrich Wilhelm III. ein Verbot akademischer Vereinigungen an der preußischen Universität erlassen. Auch die Panta Koina war als staatsgefährliche Einrichtung eingestuft und seit 1821 energisch verfolgt worden. Die von dem Minister Schuckmann439 geleiteten Ermittlungen hatten nach einer Hausdurchsuchung Köhlers „eine sehr tiefe und gesellschaftliche politische Richtung der Gesellschaft“ festgestellt und zu Köhlers sowie am 23. Februar 1822 auch zu Sachses Festnahme geführt.440 Das Aufspüren des jungen Sekretärs schien dem Inquirenten eine gewisse Genugtuung bereitet zu haben: „Dieser Jüngling hatte ja die erschütternsten Geheimnisse aus dem Haus Hardenberg,441 den Ministerien Bernstorffs und Humboldts, durch seine Basen aus dem Palais Radziwills442 und durch die Bekanntschaft seiner Mutter mit dem königlichen Leibarzt Boillif gar aus dem Kabinett erhaschen können. Es war also eine politische Akquisition.“443 „Man hätte dem Ärmsten nie diese Wichtigkeit zugetraut“, schrieb Wilhelm von Humboldt, die Vorgänge um seinen Privatsekretär verfolgend, zu jener Zeit an seine Frau Caroline.444 Die Vorwürfe, über die in einigen der großen Gazetten zwischen Berlin und Paris berichtet wurde, schienen ihm zweifelhaft: „Da du die Hamburger Zeitung nicht siehst, wird dir der Artikel über mich und Sachse entgehen. Wir sind aber eine Rede in Berlin in lateinischer Sprache, weil man neue französische und polnische Mitglieder aufgenommen hatte und auch Sachse kein Polnisch verstand. Nach Mauersbergers Auffassung seien die Sitzungen „eigentlich literarische Zerstreuungen. Wir lesen Abhandlungen, die uns moralisch festigen sollen“. Ludwig Köhlers Aussage über die regelmäßigen Treffen der Vereinigung in Berlin wird wie folgt zitiert: „Die Versammlungen fanden jeden Sonntag in den verschiedenen Wohnungen der Mitglieder statt. Wir führten ein Tagebuch. [...] Seit 1820 war ich Vorsitzender. Ich erinnere mich an zwei gehaltene Vorträge historischen Inhalts von Sachse, einen von Laborowski über Frau v. Stael. Ich las französisch – de la beauté – Mauersberger über Philosophie, Sachse über römische Literatur, ich über polnische Geschichte aus den Jahren 1790–1799 und einen Abschnitt über das Leben Koscinskos. Wir gaben eine kurze Zeit ein Tagebuch unter dem Titel ‚Miscellanea‘ heraus.“ 439 Kaspar Friedrich Freiherr von Schuckmann (1755–1834), von 1814 bis 1819 preußischer Innenminister (Nachfolge Karl August von Hardenbergs). 1819 wurde Schuckmann von Wilhelm von Humboldt abgelöst, der das Amt aber nur ein knappes Jahr innehatte. Zwischen 1819 und 1830 erneut Staatsminister des Inneren und gleichzeitig Leiter des Polizeiministeriums. Führendes Mitglied des Ministerialausschusses gegen demagogische Umtriebe (der Königlichen Immediat-Untersuchungskommission zur Ermittlung hochverräterischer Verbindungen und staatsgefährlicher Umtriebe). Von E.T.A. Hoffmann in „Meister Floh“ als „Demagogenschnüffler“ karikiert; vgl. Lüttwitz, Hans Ernst von: Biographie des königl. Preuß. Staatsministers Freiherrn von Schuckmann, Leipzig 1835. 440 Vgl. Laubert, o.D. , S. 5. 441 Sachse war nach seinem Abitur 1815 zunächst bei Hardenberg als Schreiber tätig gewesen. 442 Henriette und Adeleine Maire waren Cousinen Sachses und die Töchter des verstorbenen Radziwill’schen Haushofmeisters. Henriette Maire war die Geliebte Köhlers; vgl. Laubert, o. D. S. 5. 443 Vgl. ebd. 444 Wilhelm von Humboldt an seine Frau Caroline vom 12. April 1822; zit. nach Sachse 1943, S. 6.

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nicht genannt. Er lautet wörtlich: ,Aus Paris vom 27. April 1822. Die Gazette de France enthält Folgendes: Für die Verhaftung des Herrn … Sekretär des vormaligen Ministers …, ist man in einer europäischen Hauptstadt zur Entdeckung einer sehr wichtigen Korrespondenz gelangt, woraus der Plan einer Verschwörung hervorgeht mit dem Endzweck, bei der ersten Nachricht von den Feindseeligkeiten zwischen Russland und der Pforte des Landes in Aufruhr zu setzen. Die Verschwörung hatte zahlreiche Verzweigungen in der europäischen Türkei, in Italien, Frankreich, Spanien und selbst in Amerika.‘ Man hätte Herrn Sachse nie solche Verbindungen zugetraut. Such doch durch Eichler zu erfahren, wie die Allgemeine Zeitung sich darüber auslässt, sie pflegt vernünftiger zu sein.“445 Offensichtlich hatte auch die Allgemeine Zeitung über die Vorkommnisse geschrieben: „[Diese] ist ja noch unvernünftiger als die Hamburger. Die lässt gar den Großfürsten Konstantin um Herrn Sachse kreisen“, schrieb Humboldt verärgert. Aufgrund eines angeblichen Berichtes des Petersburger Senators Novosilcov an den Zaren war der Angelegenheit in Verbindung mit den Berliner Informationen eine hohe Brisanz zugestanden worden.446 Köhler und Sachse baten wohl darum, vor ein Schiedsgericht gestellt zu werden, dem aber nicht stattgegeben wurde. Das Oberlandesgericht in Breslau entschied, beide zu sechs Jahren Einzelhaft zu verurteilen.447 Louis Sachse, der einen Teil seiner Strafe in der Berliner Hausvogtei, einen anderen in Magdeburg abgesessen hatte, war aufgrund guter Führung nach drei Jahren vorzeitig entlassen worden.448 Das Zeugnis, das ihn „von aller Theilnahme am politischen Treiben vollkommen frei sprach“, hatte er nun in dringender Erwartung eines polizeilichen Qualifikationsattests zur Erteilung eines Gewerbescheines für seine Kunsthandlung erneut an das Ministerium des Inneren geschickt: „Hilft Schuckmann nicht, so sind Kamptz und Humboldt da beim Könige zu wirken und hilft auch dieses nicht, dann lache ich die ganze Sippschaft aus, ändere meine Firma, lasse Ed[ouard; der Bruder von Sachse] Bürgen werden und werde laut Contract sein Teilhaber.“449 Offenbar hatte Sachse berechtigtes Vertrauen in Minister von Kamptz und insbesondere in die Gebrüder Humboldt, die ihn schon während seiner Pariszeit unterstützt hatten. Sachse war eben erst nach Berlin zurückgekehrt, als er seiner Verlobten Nanni berichtete: „Neulich ließ mich der Minister kommen, als sein Bruder dort war, und man lobte mich sehr, dass ich die 445 Vgl. ebd. 446 Vgl. ebd., S. 7 und Laubert, o. D. , S. 2f. In Lauberts handgeschriebenem Manuskript wird von einem entsprechenden Bericht des Petersburger Senators an den Zaren Alexander vom 19. Februar und 3. März 1822 berichtet. Köhlers Name als Mitglied der Warschauer Verbindung und Student der Medizin in Berlin wird als verbindende Person genannt. Bei der Revision waren Dokumente gefunden worden, aus denen hervorging, dass auch in Berlin eine geheime Verbindung existierte, die gewissermaßen eine „Filiale“ des Warschauer Geheimbundes sei. Konstantin Pawlowitsch Romanow (1779–1831), Großfürst und Zarewitsch von Russland; Nikolaevic Graf Novosilcov (1762–1838). 447 Das Dekret des schlesischen Oberlandesgerichtes trägt das Datum vom 27. Juni 1823; vgl. Laubert, o. D. , S. 6. 448 Vgl. Sachse 1943, S. 7 und Schlagenhauff 2003, S. 261f. 449 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Februar 1828.

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lithographische Manier vorzugsweise betrieben, und meinte, es würde mit meinem Geschäft schon gehen. Herrliche Leute bleiben diese Humboldts!“450 Die „letzten Mittel Kamptz und Humboldt“ wollte Sachse jedoch „gern erst beim Könige anwenden“, wohl in der Hoffnung, diese Möglichkeit trotz aller Strapazen nicht in Anspruch nehmen zu müssen.451 Sachse blieb hartnäckig: „[T]äglich sieht man mich in irgendeinem Ministerium oder dessen Vorzimmer stehen, mit krummen Rücken und eingezogenem Kopf“, wie er nach Magdeburg berichtet.452 Er wusste seine Situation durchaus einzuschätzen: „Bedenke doch nur, dass man mir, wenigstens bei der Polizei, nicht traut, und glaubt, ich sey ein unruhiger Kopf, nachdem ich zur Festung verdonnert wurde und jene Possen die Gründe weder wissen, noch es der Mühe werth halten, sich danach zu erkundigen. Verurtheilt – also gefangen. Wir wollen erst sehen, ob der Minister vernünftiger ist. [...] Sei nur nicht ängstlich, [...] wie ich allgemein höre, kann man mir nicht abschlagen, was billig und recht ist. Dem Präsidenten thut seine Antwort gewiß schon leid, weil er sehr eitel ist und sich gern im Steindruck prangen sähe. Geht meine Sache durch, dann muß ich Wort halten und ihn lithographieren lassen.“453 Tatsächlich erreichte Sachse Ende Mai das ersehnte Schreiben, worin ihm mitgeteilt wurde, dass ihm die Gewerbeerlaubnis ferner nicht vorzuenthalten sei.454 Wenig später sollte diese gute Nachricht ihre Bestätigung durch das Polizeipräsidium finden. Sachse wurde nun aufgefordert, sich wegen eines zukünftigen Aushängeschildes an den Polizei-Intendanten zu wenden.455

450 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 6. Mai 1828. 451 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828. 452 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Mai 1828. In diesem Brief heißt es weiter: „Ich muß aber zu meiner eigenen Genugtuung gestehen, dass ich dies bloß tue, um den späteren Vorwürfen der Meinigen zu entgehen, und ihre Bitte, dieses und jenes doch zu fragen und anzutreiben, zu gewähren. Das, was ich vorher sage, geschieht dann auch, überall wo ich hinkomme, zuckt man die Achseln: ,die Sache ist noch nicht entschieden‘ – ,Sie müssen sich noch etwas gedulden‘ – Das macht mir denn einen Seelengenuß, zu Hause und in der Familie wiederzuerzählen. – Ich muß nur nach Magdeburg reisen, das bringt Glück und bei meiner Zurückkunft finde ich gewiß gute Nachrichten.“ 453 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828. 454 Vgl. LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 3, Ministerium des Inneren an Louis F. Sachse, 17. Mai 1828. 455 Vgl. LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 3, Polizei-Präsidium an Louis F. Sachse, 25. Mai 1828 sowie GStA PK, Rep.77, tit. 656, Nr. 1, Bd. 1, Ministerium des Inneren und der Polizei an das Königliche Polizei-Präsidium, 17. Mai 1828. Aus letzterem Schreiben geht hervor, dass von Sachse irrtümlicherweise ein Vermögensnachweis gefordert worden war, obwohl ein solcher nur für Buchhändler, nicht aber für Buchdrucker und Kunsthändler erforderlich war; vgl auch Schlagenhauff 2003, S. 265. Wie Schlagenhauff bereits anmerkte, war es zu einem Missverständnis gekommen, weil der Kunsthandel als Gewerbe noch eng mit dem Buchhandel verbunden war..

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Das Pariser Prinzip

Obwohl er sich aufgrund des „Polizeikrimskrams“456 zuweilen vorgekommen war wie „ein Träumender, der immer vorwärts zu eilen bemüht ist, und welcher Blei an den Füßen hat“,457 trieb Sachse bereits seit Jahresbeginn den Aufbau des eigenen Geschäftslokals mit angeschlossener Druckerei konsequent voran. In ständiger Erinnerung an seine Pariser Zeit458 war seine Vorstellung „kräftig und bündig“,459 wie er seiner Verlobten Nanni schrieb: „Du wirst in der Folge staunen, was ich alles in so kleinem, beschränktem Raum bringen werde. Und daran ist wieder meine Reise nach Paris Schuld, sonst hätte ich geglaubt, es sey nicht möglich so etwas zu unternehmen ohne ein ausgedehntes, ungeheures Lokal. In Paris werden aber große Werke und Dinge in kleinem Raum herangebracht, und bei uns ist’s größtentheils das Gegentheil. Ich will nun einmal das Pariser Prinzip wenigstens in soweit befolgen, dass ich in kleinem Raum beginne, denn mit den großen Werken wird es wohl Zeit haben.“460 Schon Anfang Februar 1828 konnte Sachse berichten: „Das Dachlokal wird verändert (auf Mutters Kosten) und nach meiner Angabe eingerichtet. Der Zimmermeister ist au fait. Die Pressenbauer sind auch geworben, die Handlungsbücher und Mappen in Arbeit, so wie die Ladenspinde und Kunstfenster à la Parisienne, aber einfach, bestellt. Unsere Correspondenz ist in Ordnung, jedoch hat Herr Sen. [Aloys Senefelder] noch nicht zugesagt. Die Bestellungen bei K. [Joseph Knecht] und von Paris sind besorgt, sowie an den Schweizer Papierfabrikanten geschrieben, und damit das von der Hand beste. Das Übrige wird aus sich selbst erfolgen.“461 Als Nächstes wurde der Keller „vollkommen umgeschaffen“, um die Steine, die am 10. März erwartet wurden, „vollkommen gut und gesetzmäßig“ unterzubringen.462 Ende der ersten Märzwoche konnte mit der Einrichtung des Ladens und des Comptoirs mit „Hängeladen für die Papiervorräthe“ begonnen werden, während die Zimmermeister und Tischler die „neuen hohen Dachfenster“ einsetzten.463 Es sei ein „wahres Glück“, schrieb Sachse, dass seine Mutter ihn in seinem Geburtshaus in der Jägerstraße 30 „so uneingeschränkt walten“ ließe: „[...] das würde mir kein Wirth erlaubt haben, und jetzt bleibt doch das ganze Geschäft in einem Haus beisammen. Denke nur, wenn die Steindruckerei woanders hingekommen wäre, wo ich doch auch erst hätte einrichten lassen müssen.“464 Ein wahres Glück war es sicher auch, dass seine Mutter „die neuen Balken, Dielen, Fenster und Zimmereinrichtungen“ 456 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 31. Mai 1828. 457 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. April 1828. 458 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20; vgl. hier insbesondere die Briefe von Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. März, 15. April, 22. April, 30. April und 6. Mai 1828. 459 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828. 460 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. März 1828. 461 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 10. Februar 1828. 462 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 6. März 1828. 463 Vgl. ebd. 464 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. März 1828.

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bezahlte, während Sachse sich die Ausgaben für „den neuen Hängeladen zum Papiergelaß, die Verbesserung des Ladens, den Keller für die Steine und die Schleifstube“ mit seinem Brüder Edouard als Teilhaber und Buchhalter der neuen Firma teilte.465 Anfang April wurde bereits eine Stangenpresse und die seither in Sachses Stube bewahrte Pariser Presse aufgestellt,466 vier Wochen später wurden Türen und Fenster gestrichen: „Unser Laden wird brillanter, als ich es selbst gewollt habe, allein eines zieht das andere nach sich. Die Spinden stehen schon, sowie die Pulte, [...] morgen wird mit der Inblendung angefangen und die Vorräthe gepackt. Unser Papierlager ist schon jetzt an Kosten sehr bedeutend, obgleich an Quantität gering. Jedermann räth uns aber gerade hier zur Ausdehnung, weil dies der solideste Theil unseres Geschäftes ist.“467 Ende Mai traf „die Kiste mit der Portativpresse und den erwarteten Kunstsachen“ aus Paris ein und „auch Papiere [kämen] mehr und mehr“, sodass „bald [...] ein hübsches Lager complett seyn“ würde (vgl. für die Einrichtung einer frühen lithografischen Anstalt exemplarisch Abb. 50).468 Neben der materiellen Ausstattung legte Sachse sein Hauptaugenmerk auf die Akquisition französischer Lithographen und Kunstdrucker. Nach seinen Erfahrungen in Paris schätzte er die Fähigkeiten der in Frankreich ausgebildeten Fachleute sehr viel höher ein als die der deutschen. Den Lithographen Bernhard Donndorf (1809–1902) hatte Sachse schon während seiner Pariser Zeit für sein zukünftiges Unternehmen zu gewinnen versucht: „Ersteren Herrn D. (ich nenne ihn dir absichtlich nicht, um zu verhindern, dass es durch Mittheilung dort bekannter werde) aus einer großen deutschen Stadt werde ich jedenfalls für mich zu gewinnen suchen, da er Ungewöhnliches leistet, und wir in ganz Berlin, ja in Deutschland keinen ähnlichen besitzen. Engelmann und Senefelder, die ersten Institute hier, finden ihn, der erst 19 Jahre alt ist, für sich zu engagieren, er hat aber Lust nach Deutschland zurückzukehren, und dort etwas anzufangen. (Sein Bruder ist mir von Berlin bekannt, wo er Dr. med. ist; auch diesen habe ich hier schon gesprochen). Unsere Bekanntschaft hat sich durch Herrn A. v. Humboldt gemacht, der mir zuerst von seinem Talent erzählt hat.“469 Donndorf würde „hier [in Paris, d. V.] sehr protegiert wegen seines vorzüglichen Talents“, hatte Sachse auch seiner Mut465 Vgl. ebd. 466 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 10. April 1828. 467 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 6. Mai 1828. 468 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 31. Mai 1828. 469 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 9. Mai 1827. Neben seiner Verlobten Nanni hatte sich Sachse auch seiner Mutter anvertraut: „Freilich, nach den gemachten Schritten, die ich bereits gethan, wird es jetzt doch ernst mit meinem Etablissement, und wenn ich auch noch einige Scheu in meinem Herzen vor dem Erfolge trage, so glaube ich es doch jetzt mehr mit Fug und Recht unternehmen zu dürfen. Herrn Donnd. (wovon ich übrigens gegen Jedermann, wie alles, was die Lithographie und meine Verhältnisse zu ihr betrifft, gänzlich zu schweigen bitte, versteht sich die Glieder meiner Familie ausgenommen) werde ich jedenfalls für mich zu gewinnen suchen, das heißt gegen Stückweise bezahlen, damit ich gedeckt bin. In Berlin ist kein ähnlicher Arbeiter in Schrift und Federzeichnung“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827.

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ter nach Berlin geschrieben.470 Er war davon überzeugt, dass „kein ähnlicher Arbeiter in Schrift und Federzeichnung“ in der preußischen Hauptstadt zu finden sei.471 Sachse hatte mit Donndorf zusammengearbeitet und auch privat hatten beide einiges gemeinsam unternommen.472 Doch lagen die Erwartungshaltungen des in Paris gelernten Lithographen und des Berliner Institutsgründers zunächst noch weiter auseinander als dies von Sachse eingeschätzt worden war. Enttäuscht hatte Sachse damals von Paris aus an seine Verlobte Nanni geschrieben: „Donndorf hat sich bereit erklärt, mit mir nach Deutschland zu gehen, wenn er mein Associé werden könne, allein das wollte ich, auf diese Weise doch nicht gern, obschon ich fest überzeugt bin, niemals einen besseren Arbeiter in jeder Art und Manier zu finden.“473 Sachse scheint sein Vorhaben mit Donndorf nicht aufgegeben zu haben. Im Zuge der Einrichtung seines Instituts konnte er schließlich freudig verkünden: „Was sagst du zu der Akquisition von Donndorf? Herz, das ist ein großes Glück für mich, denn es gibt keinen zweiten. Er hat sich, wie er sagt, mehr aus Freundschaft, als um die jährliche Summe von 600 rt darauf eingelassen. Ach, diese Reise nach Paris segne ich schon jetzt.“474 Am 28. April 1828 traf Donndorf in Berlin ein und wurde von Sachse gleich mit der Herstellung des Circulaires, der lithographischen Firmenwerbung, beauftragt.475 Die frühe Einstellung Donndorfs war mit einer gewissen Brisanz verbunden, weil dem Neuankömmling aus Frankreich aufgrund der Schwierigkeiten Sachses mit der Polizei zunächst keine „Aufenthaltskarte“ ausgestellt werden konnte.476 Gleichwohl arbeiten bereits Anfang Mai drei weitere junge Männer zur Ausbildung in Sachses Atelier sowie ein Schleifer und ein „quasi Hausknecht und Papierfeuchter“: „In meinem Atelier sieht es jetzt schon allerliebst aus. Vier Menschen, Donndorf, Herrmann, der junge Dorne470 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 471 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827. 472 Ab und zu hatte Sachse mit dem Lithographen, der zu jener Zeit auch für Knecht arbeitete, seine Freizeit verbracht: „Mit Donndorf besuchte ich Tivoli Montmartre, einen Volksbelustigungsort, wo die bekannten montagnes russes und viele andere Vergnügungen für das Volk sind, und im Freien getanzt wird“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 17. Juni 1827. Dabei sei Donndorf „etwas arrogant“ und würde „deshalb öfters gemieden“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827. 473 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827. 474 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 17. März 1828. 475 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 30. April 1828. 476 Sachse lebte daher in ständiger Angst, „dass irgendein böser Mensch [ihn] verklagt“: „Neulich war unser Polizeicommissarius da und wollte das Haus untersuchen, allein Edouard hat ihn abgefertigt. Donndorf hat noch keine Aufenthaltskarte, von der Polizei hat man ihn 2 Mal zum Commissarius, von diesem 2 Mal zur Polizei geschickt. Ich habe ein Attest ausstellen müssen, dass er in meinem zu eröffnenden Institut auf ein Jahr angestellt ist, das wurde aber nachher wieder für unnütz erklärt. Darüber sind all die Tage hingegangen und noch heute weiß kein Mensch, ob er hier bleiben darf. Dabei ist es eine delikate Sache für mich, wenn er erfährt, dass es mir Schwierigkeiten macht mich zu etablieren, er könnte ja gleich ein anderes Unternehmen suchen, und ich weiß nicht, soll ich den Contract vollziehen oder nicht“; vgl. LAB. E. Rep. 200-03, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828.

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mann und Chevalier arbeiten fleißig und Gott sey Dank, beschäftigen kann ich sie alle. Die Druckerei ist Lernen, allein ohne meine Schuld. Mit meinen Engagements bin ich sehr zufrieden, und der junge Herm[ann] übersteigt am meisten meine Erwartungen, und gerade er kostet mich gar nichts, weil er stückweis angezirt ist.“477 Insbesondere die Akquisition in Frankreich ausgebildeter Mitarbeiter war mit einem hohen materiellen Aufwand verbunden und stellte dadurch ein finanzielles Risiko für das noch junge Unternehmen dar. Trotzdem holte Sachse nicht nur einen Lithographen, sondern auch einen ersten „Kunstdrucker“ aus Paris nach Berlin. Auch dieser stellte erhebliche Forderungen: „Knecht hat heut Nachmittag [...] geschrieben und uns manches Angenehme mitgetheilt. Allein der Kunstdrucker will 1800 frs. Fixum, 150 frs. Reisegeld hin und ebensoviel zurück und wir armen müssen es ihm zugestehen“, wie Sachse im April 1828 klagte.478 Der Drucker traf mit einiger Verzögerung am 13. Juni 1828 endlich in Berlin ein. Glücklich über diesen Umstand, aber auch in Sorge, ob sich der finanzielle Aufwand für das eben erst gegründete Unternehmen lohnen würde, schrieb Sachse an Nanni: „Jetzt sind wir dran für unseren Ruf ein bedeutendes Kunstwerk zeichnen zu lassen und unseres Druckers Talente zu beweisen. Es fehlt uns sehr an Geld, das ist das einzig Missliche.“479 Noch seien ihm die „Hände gebunden“, „da alles Geld zu Einrichtungen, Papier=, Stein= und Kunstvorräthe und Vorschüsse dafür gegangen ist, und die wenigen hundert Thaler nicht zu Unternehmungen ausreichen können, um nicht in Verlegenheit zu gerathen“.480 Sachse scheute bei der Einrichtung seines „lithographischen Instituts nach Pariser Art“ – wie er es in einem Schreiben an das Kultusministerium selbst nannte – „keine Mühe, keine Kosten“, sein „Atelier mit den geschicktesten Steinzeichnern, theils aus Paris, theils von anderen Orten her, zu besetzen“.481 Der „Theilnahme [s]eines Meisters Senefelder“ verdankte er zudem die beiden „Pariser Drucker von Ruf“, weshalb er nun „hoffen zu dürfen“ glaubte, „etwas Gutes für die Lithographie leisten zu können“.482

477 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. Februar und 6. Mai 1828. Weitere Lithographen und Drucker wurden aus Paris erwartet. Es kam immer wieder zu Verzögerungen, doch Sachse vertraute auf seinen Freund und Lehrer Knecht; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Mai 1828: „Zum Glück ist noch nicht alle Hoffnung dahin, indem Knecht, der sich der Sachen mit größter Freundschaft annimmt, noch einem anderen auf der Spur ist, der aber bei weitem nicht so geschickt ist und erst noch 13 Tage den letzten Unterricht bei Mercier erhalten soll“ und LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 31. Mai: „Mit Montag zieht ein neuer Drucker ein und künftigen ersten noch ein Lithograph von ziemlicher Geschicklichkeit“; u. a. 478 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Paris, den 10. April 1828. 479 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. Juni 1828. 480 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 5. Juni 1828. 481 GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 3, Bd. 2, Louis F. Sachse an Kultusminister von Kamptz, Berlin, den 17. September 1828. 482 Vgl. ebd.

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Die Lithographie greift um sich

„Den ganzen Tag ist bei mir ein einzige Gelaufe von jungen Lithographen und früheren Kollegen, die alle horchen wollen, und denen ich den Hals so voll lüge, dass sie nicht klug zu werden vermögen. [...] Allerdings greift die Lithographie jetzt mehr und mehr um sich, und nur diejenigen werden sich halten können, welche die beste Arbeit liefern“, erklärte Sachse im Februar seiner Verlobten Nanni L’Hermet die geschäftliche Situation.483 Tatsächlich waren die Bedingungen für die Eröffnung eines lithographischen Institutes, wie schon Schlagenhauff anmerkte, recht günstig, da sich Berlin noch nicht mit Städten wie Paris, London oder München messen konnte.484 Hier hatte die starke Konkurrenz den technischen Fortschritt schon seit längerer Zeit befördert. Erst seit 1822 hatte sich auch in Berlin eine gewisse Belebung abgezeichnet. Für das Jahr 1827 führte das Ministerium des Inneren neun lithographische Anstalten in Berlin auf.485 Die erste Adresse der Stadt war das „Königliche Lithographische Institut“, wo auch Sachse 1825/26 eine gut einjährige Ausbildung genossen hatte. Das Königliche Institut ging zurück auf eine lithographische Anstalt mit angeschlossener Lehrschule, die der Generalmajor Ludwig von Reiche (1775–1857) 1816 in Berlin eröffnet hatte, nachdem er als junger Offizier während des Krieges die Lithographie in Paris kennengelernt hatte.486 Die Einrichtung Reiches wurde vom Kriegsministerium anfangs insbesondere für kartographische Zwecke genutzt, fand aber bereits Erwähnung in Senefelders Lehrbuch aus dem Jahre 1818.487 Schließlich wurde sie dem großen Generalstab unterstellt und führte seit 1820 den Namen „Königlich Lithographisches Institut am Kriegsministerio“.488 Reiches Stelle übernahm der Rittmeister Harpe. Mit der technischen Leitung wurde der Generalmajor Johann Jacob Otto August Rühle von Lilienstern (1780–1847) betraut.489 Am 1. März 1828 wurde ein gewisser Major Kurts zum „Vorstand oder Direktor mit erweiterter Vollmacht“ ernannt, wovon Sachse frühzeitig erfuhr: „Das Königliche Institut hat mir Vorschläge gemacht. Der Vorstand wird verändert und der General [Rühle] 483 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Februar 1828. 484 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 265. 485 Vgl. ebd. und GStA PK, Rep. 77, tit. 656, Nr. 1, Bd. 1, o. Bl., Bericht vom 15. Januar 1827. 486 Vgl. Memoiren Reiche 1857 sowie „Katalog der sehr wertvollen Sammlung von Künstler-Lithographien aus dem Besitze eines bekannten Berliner Kunstfreundes“, Kunst-Auctions Katalog Nr. LXVI, Amsler und Ruthardt, Berlin, 20. März 1902, S. 25 und S. 27. 487 Vgl. Senefelder 1818, S. 132. 488 Vgl. Imiela/Gerhardt 1993, S. 31; Winkler 1975, Nr. 659; Bütow 1994, S. 70. 489 Rühle von Lilienstern wurde 1819 Chef des Großen Generalstabes in Berlin. Diese Funktion behielt er jedoch nur zwei Jahre, bis er durch den dienstälteren General Karl von Müffling ersetzt wurde. Im Jahre 1835 stieg er zum Generalleutnant auf und wurde zwei Jahre darauf Leiter der Kriegsschule in Berlin. 1844 wurde er schließlich zum Generalinspektor für das Militärerziehungs- und Bildungswesen ernannt. Er war seit seiner Jugend eng mit Heinrich von Kleist befreundet; vgl. Bernhard von Poten: „Rühle von Lilienstern, August“, in: Allgemeine deutsche Biografie, Bd. 29, 1889, S. 611–615 sowie Rühle von Lilienstern 1847, S. 161–164.

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räth mir mich mit dem neuen Direktor zu verständigen.“490 Aus einem ausführlichen Bericht in der Vossischen Zeitung vom 16. April 1829 ist zu erfahren: „Unter der oberen Leitung und der kenntnisreichen und umsichtigen Führung des Chefs des Generalstabs der Armee, des General=Leutenant von Müffling Excellenz und der, dieser Anstalt höheren Orts bestimmten Senatoren, des General=Major Rühle von Lilienstern und des Geh. Kriegsraths Hallervorden ist bei der sehr thätigen Einwirkung ihres Direktors oder Vorstandes der Erweiterung und Vervollkommnung jedes Zweiges des Instituts sichtbar fortgeschritten und der vergrößerte zu ersprießlichem Nutzen aufblühende Geschäftsverkehr giebt den besten Maßstab seiner Erweiterung und des möglichen Näherkommens zu dem vorgesteckten Ziele.“491 Der Referent stellte anschließend die verschiedenen Bereiche und Tätigkeiten der Anstalt vor, von der „Manier des Umdrucks oder der metallographischen Vervielfältigung“, den „besonders dazu bestimmten Zimmern der Graveure des Generalstabs“, dem „Druck der sogenannten vertieften Manier“ bis hin zur „Kunstdruckerei, wo die in Kreide=Manier gezeichneten Gegenstände aller Art durch den in seinem Fach rühmlich bekannten Kunstdrucker Helmlehner“ ausgeführt würden.492 Es wird über eine „Farben=Druckerei“ sowie „eine große Anzahl sogenannter Stangen=Pressen in einer unaufhörlichen Bewegung“ berichtet, die eine „große Menge Abdrücke, mit denen die Bestellung königlicher Behörden, sowie die von Privatpersonen, auf das schnellste [würde] befriedigt werden können“.493 Höhepunkt und Abschluss des Rundgangs stellte der „kleine, sehr geschmackvoll dekorierte Kunstsaal dar, wo Exemplare von den Kunstgegenständen, die bis jetzt hier angefertigt wurden, zur Ansicht ausgestellt“ seien.494 Louis Sachse war seit seiner Ausbildungszeit mit Rühle von Lilienstern in Kontakt, dem er aus Paris gelegentlich Bericht erstattet hatte. Die offizielle Anstalt hatte erst 1825 (in dem Jahr also, in dem Sachse als Lehrling aufgenommen worden war) eine entscheidende Wendung ihrer Ausrichtung erfahren. Einsparungsmaßnahmen verlangten von dem Institut, sich fortan „durch seine eigene Betriebsamkeit zu erhalten“ und „Schulund Hand-Atlassen, Wand-, Geschichts-, Übersichts- und andere Karten“ für ein breites Publikum herauszugeben.495 Trotzdem auch Berliner Künstler für das Institut arbeiteten, wie zahlreiche Kunstdrucke mit dem Trockenstempel des Königlich Lithographischen 490 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 10. Februar 1828. 491 Wissenschaftliche und Kunst-Nachrichten. Das Königliche Lithographische Institut des großen Generalstabs, in: Vossische Zeitung, Berlin, 16. April 1829. 492 Vgl. ebd. Der Steindrucker M. G. Helmlehner war bereits von Harpe 1823 von München nach Berlin geholt worden. Seine Drucke, die „zwar noch etwas hart in der Zeichnung“ waren, aber deren „Schönheit, Sauberkeit und Ausführung“ sich stetig steigerten, waren in Berlin bekannt; vgl. W. Gensel, in: Velhagen und Klasings Monatshefte II, Bd. 18, H. 101, 1903/04, S. 458. 493 Vgl. ebd. 494 Vgl. ebd. Wie der Referent weiter berichtet, handelte es sich bei den ausgestellten Kunstgegenständen in erster Linie um „Portraits aller Mitglieder des Königshauses, sowie vieler anderer fürstlicher Personen und der berühmten Männer unserer Zeit und unserer Stadt“. 495 Vgl. Rühle von Lilienstern 1847, S. 161–164.

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Institutes belegen,496 beklagte Sachse während seiner eigenen Zeit in dieser Anstalt noch den Mangel an Aufträgen: „Im Institut (es versteht sich, dass dies unter uns und Onkel bleibt) saßen 22 Menschen ganz müßig. Es mangelt an Arbeit und wenn die Lithographen nicht beschäftigt sind, dann frieren auch die Drucker.“497 Mit Einrichtung einer eigenen Druckerei hätten „alle Lithographen des Königlichen Instituts“ Sachse angeboten, extern auch für ihn arbeiten zu wollen.498 Wiederholt erwähnt Sachse zudem während der Aufbauphase seines Lokals, dass ihm „vom königlichen Institut wieder Vorschläge [...] gemacht worden“ seien, er es jedoch „nicht der Mühe werth gefunden“ habe, seine „Bereitwilligkeit zu zeigen“.499 Offenbar empfand die staatliche Anstalt Sachses privat geführte Einrichtung von Anfang an als ernstzunehmende Konkurrenz, weshalb sie den Fortgang der Entwicklungen genau beobachtete: „Dem General Rühle habe ich vorgestern meinen Bau gezeigt. Er that sehr gefährlich, hat mir aber mein Geld noch nicht bezahlt“, schrieb Sachse in jenen Tagen seiner Frau.500 Dem Berliner Verlagshändler Lüderitz gegenüber, mit dem Sachse ebenfalls spätestens seit seiner Pariser Zeit in Kontakt stand, soll Rühle angemerkt haben, Sachse „hätte wahrscheinlich den Muth verloren, jetzt, nach der neueren Umgestaltung des königl. Instituts, auch mit demselben in die Schranken zu treten“.501

496 Eine der bekanntesten Veröffentlichungen dieses Institutes sind die „Malerischen Ansichten verschiedener Gegenden und Merkwürdigkeiten auf einer Reise durch Österreich, Steyermark, Tyrol, die Schweiz, Ober- und Unteritalien. Nach der Natur aufgenommen und auf Stein gezeichnet von J. Schoppe u. C. Gropius, königlichem Decorateur und Mitglied der Akademie der bildenden Künste“. Sie erschienen 1823/24 in drei Lieferungen und waren König Wilhelm III. gewidmet. Das Werk umfasst 30 kolorierte Lithographien von Landschaften, die Carl Gropius (1793–1870) mit Julius Schoppe (1795–1868) und Carl Beckmann (1799–1858) auf seiner Reise durchwandert hatten; vgl. Bütow 1994, S. 70 und Kupferstichkabinett Berlin, ohne Inv.-Nr., unter dem Titel inventarisiert. 497 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. November 1826. 498 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. Februar 1828. 499 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 10. Februar und 6. März 1828. Zunächst zeigte sich Sachse noch gewillt, sich mit dem „Major [Kurts], von sehr gefälligem Äußeren, [...] rücksichts der Preise [zu] verständigen“, doch bleibt offen, ob eine solche „Verständigung“ tatsächlich stattgefunden hat. Noch Jahre später, wahrscheinlich im Januar 1835, schreibt Sachse an den Chef des Generalstabs Krauseneck: „Sind wir nicht schon so unendlich beeinträchtigt gegen dasselbe, in dem Königl[iche] Ministerien bei uns nicht arbeiten lassen dürfen, währen das [Königlich Lithographische] Institut doch bei Privatleuten Bestellungen annehmen darf?“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 3, Louis Sachse an Krauseneck, o. D. (wohl 30. Januar 1835); vgl. auch Schlagenhauff 2003, S. 266, Anm. 42. 500 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. März 1828; es wird nicht ganz klar, von welchen Zahlungen Sachse hier spricht. Möglicherweise geht es um Aufträge, die Sachse während seiner Pariser Zeit für das Königliche Institut an Knecht vermittelt hatte. 501 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. April 1828.

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Angesichts der neuen unternehmerischen Auflagen der staatlichen Anstalt sowie den Auseinandersetzungen Sachses mit der öffentlichen Behörde während der Aufbauphase seines eigenen Lokals mag es kaum verwundern, dass es auch zukünftig immer wieder zu Konfrontationen kommen sollte. Wie noch aufgezeigt werden wird, war Sachse stets bereit, sein privates Engagement selbstbewusst zu verteidigen. Inwieweit auch die anderen privaten Berliner Institute, die sowohl untereinander als auch mit dem königlichen Institut und dem Kultusministerium in Verbindung standen, auf ähnliche Probleme mit den Behörden stießen, lässt sich aufgrund der meist schwierigen Quellenlage an dieser Stelle nicht abschätzen.502 Einige zeitnahe Gründungen bedeutender Verlags- und Kunsthandlungen in Berlin sollen jedoch kurz vorgestellt werden. Im Oktober 1827 eröffneten die Gebrüder Gropius eine „Kunst=Anstalt“ in der Georgenstraße 12, Ecke Stallstraße (heute Universitätsstraße), in der ein „reichhaltiges Sortiment von geschmackvollen Mode-, Luxus- und Bequemlichkeitsartikeln, sowie Kinderspielzeug“ angeboten wurde.503 Carl Wilhelm Gropius (1793–1870) hatte das Haus zwischen 1826 und 1828 durch den Baukonduktor Richter unter Mithilfe von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) erbauen lassen.504 Die Attraktion des Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäudes stellte ein Diorama dar, das der Theater- und Dekorationsmaler Carl Gropius als genaue Kopie des Pariser Etablissements von Jacques-Louis Daguerre (1787–1851) eingerichtet hatte (Abb. 51 und 52).505 Carls Bruder George Gropius (1802–1842) integrierte eine Buch- und Kunstwarenhandlung in demselben Gebäude, wo in erster Linie Berliniana vertrieben wurden: Bücher, Karten, Veduten, Bildnisse von bekannten Persönlichkeiten, Darstellungen des städtischen Lebens usw. Die Buch- und Kunstwarenhandlung von Georg Gropius zog 1835 in die im Erdgeschoss der Schinkels’schen Bauakademie eingerichtete Geschäftszone (Abb. 53).506 Der Gropius’sche Verlag war auf die Herausgabe populärer Graphik ausgerichtet, wie etwa die um 1830 erscheinenden „Berliner Witze und Anecdoten, bildlich dargestellt“, „Berliner Redensarten“, „Berliner Ausrufe, Kostüme und lokale Gebräuche“, „Tagesgegebenheiten“ und „Berliner Volksszenen nach der Natur gezeichnet“. An den Folgen kolorierter Lithographien waren Künstler wie Gottfried Schadow, Franz Krüger, Theodor Hosemann und Adolph Schrödter beteiligt.507 „Gropius hat bei seinem Diorama einen ungeheuren Kunstmarkt angelegt und 3 lithographische Kunstpressen im Gange, die ihm viel einbringen sollen“, schrieb Sachse seiner Verlobten über Gropius, mit dem er über gemeinsame freundschaftliche Verbindungen, etwa dem Berliner Seidenfabrikan502 Es fehlen auch für die anderen größeren und kleineren Berliner Einrichtungen dieser Zeit bislang nähere Untersuchungen. Insbesondere für das bedeutende Unternehmen der Gebrüder Gropius wäre eine Studie wünschenwert. 503 Vgl. Lammel 1993, S. 93. Außerdem Anhang 2. 504 Vgl. Jutta Schneider: Das Diorama der Gebrüder Gropius, in: luise-berlin.de. 505 Vgl. zur Firma der Gebrüder Gropius Anhang 2. 506 Vgl. Lammel 1993, S. 93. 507 Vgl. ebd.

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ten Humbert, auch privat bekannt war.508 Um „etwas ruhiger ausgestattet zu seyn und einen hübschen Vorrath zu haben“, führte Sachse auch Kunst- und Verlagsartikel aus dem Gropius’schen (und dem Lüderitz’schen) Verlag.509 Die Geschäftsleute schätzten einander, wie nicht zuletzt die von Sachses Lithographen Donndorf entworfenen detaillierten Geschäftskarten für „die Gebrüder Gropius im Diorama“ bezeugen (Abb. 54).510 Privater Initiative war auch die Einrichtung einer Steindruckerei, die sich nach 1820 für einige Zeit unter der Leitung Johann Gottfried von Schadows in dessen Werkstatt befand.511 Joseph Graf von Rechberg und Rothenlöwen (1769–1833), der von 1816 bis 1827 bayerischer Gesandter am preußischen Hof war, begründete hier schon 1816 eine lithographische Anstalt, um nach Münchener Vorbild die Veröffentlichung des Galeriewerks „Königlich-Preußische Gemäldegalerie, Berlin“ unter Schadows Leitung (1764–1850) voranzutreiben.512 Als eine Auswahl berühmter Kunstwerke aus den Sammlungen der Schlösser in Berlin und Potsdam erschien das Werk zwischen 1822 und 1827 in 52 Kreidezeichnungen. Wie Mackowsky vermutet, scheint die Qualität der Arbeiten jedoch sehr unterschiedlich ausgefallen zu sein, sodass sich weder die an das Unternehmen geknüpften geschäftlichen noch die künstlerischen Hoffnungen erfüllten. In einem von Schadow 1825 anonym veröffentlichtem Zeitungsartikel in der Haude und Spenerschen Zeitung war von den Schwierigkeiten des Projektes zu lesen: „Nicht hinreichende Vorsicht in der Auswahl der zeichnenden Künstler war Ursach, dass man im Allgemeinen mit den Erzeugnissen nicht zufrieden war, indem neben einigen guten Blättern mehrere missglückte erschienen, welches Ursach, dass die Zahl der Subscribenten nicht zu dem Grade zunahm, dass ein sicheres Einkommen den Arbeitern (nämlich Zeichnern und Druckern) hätte gegeben werden können.“513 1827 verkaufte Rechberg 508 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Februar 1828. 509 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 5. Juni 1828. Vgl. für die Zusammenarbeit der Kunstverlage, Druckereien und Kunsthandlungen die wichtige Untersuchung von Christa Pieske 1988. Pieske zählt das Institut von Sachse neben dem Königlich Lithographischen Institut zu den beiden großen Kunstanstalten Berlins. Hatte Sachse anfangs Kunstblätter anderer Verlage wie etwa Lüderitz oder Gropius mit im Sortiment, übernahm er bald Auftragsarbeiten, etwa von Lüderitz, Meder oder Schroeder und brachte Blätter gemeinsam heraus. Pieske betont, dass bei Sachse vorwiegend Aufträge bestellt wurden, die „für ihre Käuferschicht nur höchste Qualität verlangten“; vgl. Pieske 1988, S. 148f. Auf die Zusammenarbeit Sachses mit in- und ausländischen Verlagen und Kunstanstalten wird noch einmal näher eingegangen werden in Kapitel II.3.b, „ Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Pariser Poesie und Leipziger Prosa“. 510 Die Geschäftskarte ist bereits abgedruckt bei Schlagenhauff 2003, S. 268. Es wird auf die Geschäftskarte und die Beziehung zwischen Gropius und Sachse in Kapitel II.3.b, „Pariser Poesie und Leipziger Prosa“, noch einmal eingegangen werden. 511 Vgl. Mackowsky 1936, S. 52f. und Bütow 1994, S. 70. Leider konnte, wie auch Kerstin Bütow bereits bedauert, weder ermittelt werden, wo sich die Steindruckerei vorher befunden hatte, noch wie lange sie genau in Schadows Werkstatt eingerichtet war. 512 Vgl. Bütow 1994, S. 70. Schadow erwähnt die Einrichtung in seinen „Lebenserinnerungen“ für das Jahr 1824; vgl. Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 154. 513 Vgl. Mackowsky 1936, S. 52.

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die lithographische Anstalt an einen gewissen H. L. Karrig.514 Unter der andauernden Leitung Schadows arbeiteten in dem „artistisch-lithographischen Institut von Karrig in Berlin“ die Berliner Lithographen Karl Paalzow und Wilhelm Rolling, der Münchener Lithograph Helmlehner515 betreute den Druck der Steinplatten. Als das Institut kurze Zeit später in den Besitz des Kunsthändlers Eduard Müller überging, entzog Schadow diesem jedoch die Geschäftsräume in seinem Hause.516 Ebenfalls noch 1828, wenn auch erst im Oktober, eröffneten Winckelmann & Söhne eine lithographische Anstalt in Berlin. Johann Christian Winckelmann (1766–1845) war schon als Lithograph bei Arnz & Co. in Düsseldorf tätig gewesen (Abb. 55).517 Nachdem zunächst Bilderbögen, Vorlageblätter zum Zeichnen, Etiketten und Vignetten gefertigt wurden, waren es später in erster Linie lithographierte und (hand)kolorierte Illustrationen für Kinderbücher und Jugendzeitschriften. Seit etwa 1830 war sein lithographisches Institut mit einer Verlags- und Kunsthandlung verbunden. Für Winckelmann & Söhne arbeiteten Künstler wie Theodor Hosemann (1807–1875), Julius Elsasser (1814–1859), Louis Amy Blanc (1810–1885) und August Theodor Kaselowski (1810–1891). Seit Anfang der 1840er Jahre wurde der Farbendruck betrieben. Mitte der vierziger Jahre sollen bereits 15 Pressen und 60 Mitarbeitern für Winckelmann tätig gewesen sein.518 Das äußerst populäre „Neueste Conversations=Handbuch“ des Freiherrn von Zedlitz aus dem Jahre 1834 gibt Aufschluss über die bedeutendsten lithographischen Anstalten der Stadt zu Beginn der 1830er Jahre. Wie Annette Schlagenhauff bereits beobachtete, ist hieraus zu erfahren, dass die verschiedenen Institute unterschiedliche Schwerpunkte verfolgten.519 Nach dem Königlichen Institut wurde als erste private Anstalt diejenige von Sachse detailliert beschrieben und insbesondere für die „Leistungen in der lithographischen Kunstparthie“ hoch gelobt.520 Es folgten als „noch mehr vorzügliche Anstalten dieser Art“ die Einrichtung von Winckelmann, die sich auf „unterhaltende und belehrende Bilder aus der Natur- und Völkergeschichte, Kinder- und Jugendschriften“ konzentriere und das Etablissement des Kunsthändlers Julius Kuhr (ca. 1808–1880), der sein Geschäft Unter den Linden 33 betrieb und auf Kupferstiche und Steindrucke nach Gemälden alter Meister spezialisiert war.521 Julius Kuhr eröffnete sein Institut im gleichen Jahr wie Sachse und Winkelmann. Wie im Zedlitz berichtet wird, nahm Kuhr 514 Vgl. Ausst.-Kat. Lithographie 1976, S. 51. 515 Helmlehner, M. G. (e. 1817–1823), Lithograph in München und seit 1823 in Berlin, arbeitete auch für das Königlich Lithographische Institut. 516 Vgl. Mackowsky 1936, S. 56 und Bütow 1994, S. 71. 517 Vgl. Colmi 1964, S. 44–46. Sachse stand sowohl mit Winckelmann als auch mit der Düsseldorfer Firma Arnz & Co. in regem Kontakt, wie aus seinen Reisetagebüchern herauszulesen ist; vgl. Anhang 2. 518 Vgl. Weinitz 1898/1899. 519 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 268. 520 Vgl. Zedlitz 1834, S. 426f. 521 Vgl. ebd. Zu Julius Kuhr vgl. außerdem Anhang 2.

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ähnlich wie Sachse „auf Reisen durch Frankreich und das südliche Deutschland, benutzt zur Ausbildung für das Fach eines Kunsthändlers, [...] die Gelegenheit [wahr], sich mit den Verlegern und Besitzern der besten Kunsthandlungen bekannt zu machen“. Es seien jene „Verhältnisse, welche sehr viel dazu beitragen, dass sein ausgezeichnetes Kunstmagazin mit den Erzeugnissen der vorzüglichsten Kunstwerkstätten und den bedeutendsten oder gesuchtesten Arbeiten beliebter Künstler ausgestattet ist, aus dem man sich zu jeder Jahreszeit mit allen Bedürfnissen und neuesten Erscheinungen in allen Fächern des Kunsthandels [...] versehen kann“, so Zedlitz.522 b

Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co.

Ein eigener Herd

Noch im April 1828 hatte Sachse das Gefühl, sein geschäftliches Treiben sei trotz aller Bemühungen bisher wenig mehr als „ein Schildchen mit einem Drucker darin“ und „allein auf Hoffnung gemüncht“.523 Er konnte Frankreich nicht vergessen, „das Land wo [er] um diese Zeit damals weilte“.524 Sachse sah sich sogar im Stande, zusammen mit seinem Bruder Edouard „noch einmal wieder nach Paris zu reisen“ und „der Welt [zu] zeigen, was für Kerle [sie] sind. – Ach ja, man zeige es nur, ohne polizeiliche Erlaubnis dazu!“525 Doch auch wenn der junge Louis Sachse „sich wohl gewünscht [hätte], [s]einen Anfang dort [in Paris, d. V.] zu machen“, umso mehr, als es sich schon jetzt zeige, dass „Berlin ewig Berlin bleibt“, so sei doch das, was er in seinem „jetzigen Ärger gar auch zuweilen ausrufen möge“, allein der Tatsache geschuldet, „dass es [ihm] nicht so geht, wie [er] geglaubt habe, dass es [ihm] in Paris würde gegangen seyn“.526 An seiner Bestimmung wollte er dennoch nicht zweifeln: „Es sollte so seyn, und wird, wenn auch erst später, zu meinem Glück gereichen, dass ich meinem Herzen und nicht meiner Überzeugung und meiner Vernunft gefolgt bin.“527 Die „Ungewissheit der Lage“ beruhigte sich mit dem Eingang der polizeilichen Erlaubnis Ende Mai 1828.528 Am 9. Juni war in den Berlinischen Nachrichten die Eröff522 Vgl. ebd., S. 403. 523 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. April 1828. 524 Vgl. ebd. Sachses Verlobte Nanni hatte immer wieder geäußert, dass sie Schuldgefühle quälten, da Sachse ihretwegen nicht in Paris geblieben, sondern nach Berlin zurückgekehrt war. Wenn Sachse schreibt, er sei „seinem Herzen“ und nicht seiner „Überzeugung und Vernunft“ gefolgt, so spricht er sowohl von der Liebe zu seiner Frau und seiner Familie als auch von der Verbundenheit mit Berlin, was auch in seinem zukünftigen Handeln deutlich wird. 525 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Mai 1828. 526 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828. 527 Vgl. ebd. 528 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 5. Juni 1828: „Mit heute, mein Nannichen, hat die Ungewißheit unserer Lage aufgehört. Die polizeiliche Erlaubnis

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nungsanzeige des Sachse’schen Instituts zu lesen: „Am heutigen Tage haben wir in der Jägerstraße Nr. 30 ein lithographisches Institut, unter der Firma: L. Sachse et Comp. eröffnet, in welchem nicht nur alle Gattungen von Zeichnungen und Kunstsachen in Kreide- und Feder-Manier oder Farbendruck auf das sorgfältigste durch geschickte Künstler ausgeführt, sondern auch alle nur vorkommende Druckgegenstände, sie mögen Namen haben wie sie wollen, schnell, geschmackvoll und sauber gefertigt werden. Indem wir dies hiermit ergebenst bekannt machen, erlauben wir uns unser bedeutendes Lager der neuesten und schönsten Steindrücke und aller derjenigen Artikel, welche in das lithographische Fach einschlagen, sowie feines schwarzes Velin- und aller andern Gattungen Papier, zu empfehlen. [...] Louis Sachse, Schüler des Erfinders der Lithographie, Alois Senefelder.“529 „So nahe am Eintritt in die Pforte des bürgerlichen Quallebens“ plagte Sachse durchaus die Sorge, „was von Gelingen und Misslingen [seines] Plans“ alles abhing.530 Doch schon wenige Tage nach der Eröffnung seines Lokals fühlte er sich, der nun „einen eigenen Herd“ besaß, „von heiterem Dank gegen die Vorsehung durchdrungen“, die es endlich so weit habe kommen lassen: „Wie schon gemeldet, ist unser Laden seit Montag geöffnet und wir nunmehr in Besitz unseres Wirkungskreises für jetzt und unser ganzes Erdenleben. [...] Unser kleines Ladengeschäft gereicht uns zur größten Freude und man findet unsere Einrichtung, obgleich es noch an so manchem fehlt, zweckmäßig, einheits= und geschmackvoll.“531 Besonders das lithographische Institut, das „am meisten gekostet hat“, würde „von allen gelobt“ und sogar „Herr General Rühle, der sich neulich über zwei Stunden bei uns aufhielt, konnte [...] nicht Schmeichelhaftes genug sagen“.532 Ein Bericht des Polizeipräsidiums vom September 1828 beschreibt bereits einen Geschäftsbetrieb mit differenzierter Arbeitsteilung und sogar Auszubildenden: „Der Sachse betreibt nach eingezogener Erkundigung sein Geschäft in bedeutendem Umfange. Er hat einen Lithographen Do[n]dorf mit 700 Thalern533 angestellt und außer diesem arbeiten in seinem Hause 9 Zeichner, Graveure, Kunstdrucker, Schriftdrucker, und Steinschleifer. Ausgebildet werden als Schüler bei ist auch eingelaufen und wir erwarten nun die Gropius = und Lüderitzschen Kunst- und Verlagsartikel, um etwas ruhiger ausgestattet zu seyn, und recht hübschen Vorrath zu haben. Montag prangen wir in den Zeitungen und plaudern unsere Circulaire herum. Früh um 7 Uhr wird der Laden geöffnet.“ 529 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 132, 9. Juni 1828. Edouard Sachse, Louis Sachses Bruder, unterzeichnete ebenfalls die Bekanntmachung. Er war anfangs Mitbesitzer der Firma L. Sachse & Co. in Berlin, später besaß er ein eigenes lithographisches Institut in Hirschberg und dann in Görlitz; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 264, Anm. 31 und Allgemeines Organ, 1. Jg., Nr. 3, 16. Januar 1841, S. 16 und 3. Jg., Nr. 48, 27. November 1843, S. 192. 530 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 5. Juni 1828. 531 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. Juni 1828. 532 Vgl. ebd. 533 Die in dem offiziellen Bericht einzige Gehaltsnennung für den in Paris ausgebildeten Lithographen stellt nicht nur deutlich dessen Stellung heraus, sondern beziffert auch die Investition, die von dem noch jungen Unternehmen für einen solchen Mitarbeiter geleistet worden war.

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ihm: 1. Der Dekorationsmaler Dahl534 zum Landschaftszeichner in Stein, 2. zwei Männer namens Bornemann535 und Chevalier als Zeichner und Lithographen. Außer dem Hause werden noch 5 Menschen beschäftigt, auch fabriziert der Sachs [sic] als Material bei der Steindruckerei chemische Kreide, Tusche und Farben.“536 Zunächst waren es vornehmlich gebrauchsgraphische Arbeiten, wie Geschäftspapiere, Gratulations-, Speise- und Tischkarten, die die finanzielle Grundlage des lithographischen Instituts bilden sollten.537 Das Unternehmen scheint gut angelaufen zu sein. Schon zwei Wochen nach der Eröffnung hielt Sachse es für „nicht mehr nöthig, [...] Sachen zu machen, wie dies bei neuen Einrichtungen der Art stets der Fall“ sei.538 Der junge Institutsleiter war hoffnungsfroh, denn er hatte die Einrichtungszeit seiner Anstalt zur Akquisition erster bedeutender Aufträge gut genutzt. Bereits im Februar 1828, also kaum von seiner Studienreise zurück, hatte er sich mit einem Künstler getroffen, „der mit Zustimmung der Regierung ein großes Werk über Herkulanum und Prinzipi“ herausgeben wollte: „Dies besteht fast aus 100 Platten, jede 100 mal wenigstens abgedruckt. Ich gab mir die größte Mühe dies Werk zu erhaschen, allein wollte er in 6 Tagen spätestens Prospectus mit 3 fertigen Platten und Text ins Publikum gehen, daher konnte ich, wenigstens den Anfang des Werks, nicht übernehmen“, wie er seiner Verlobten Nanni anvertraute.539 Sachse hatte dennoch gehofft, „noch einen bedeuthenden Theil davon zu erhalten“, da er „mit dem Künstler sehr genau bekannt“ sei, und „ein Werk nicht in einigen Monaten fertig wird“.540 Die bekannten Berliner Pompeji-Editionen des Architekten, Malers und Kunstschriftstellers Wilhelm Zahn (1800–1871) erschienen unter dem Titel „Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Pompeji, Herculanum und Stabiae, nebst einigen Grundrissen und Ansichten. Mit deutschem und französischem Text“ in drei Folgen à zehn Heften in den Jahren 1828 bis 1830, 1841 bis 1845 und 1849 bis 1859.541 Zahn hatte nach einem Malerei- und Architekturstudium in Kassel für andert534 Evtl. Carl Dahl (1810–1887). Der gebürtige Berliner trat erstmals 1832 mit mehreren Landschaftsbildern auf der Berliner Akademieausstellung auf. Ab 1833 Schüler von Wilhelm Schirmer an der Düsseldorfer Akademie. 535 Evtl. Adolf Bornemann, Maler und Zeichner, der zwischen 1832 und 1848 regelmäßig auf den Berliner Akademieausstellungen vertreten war. 536 GStA PK, Rep. 77, tit. 656, Nr. 1, Bd. 1, Polizei-Präsidium an Ministerium des Inneren, 4. September 1828. 537 Vgl. hierzu auch das Kapitel II.3.c, „Die Kunst will leben“. 538 Vgl. ebd. 539 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. Februar 1828. 540 Vgl. ebd. 541 Wilhelm Zahn (1800–1871), Architekt, Maler und Kunstschriftsteller, Ausbildung in Kassel, dann 1823 im Atelier von Gros in Paris und seit 1824 in Italien. Hier gilt sein Interesse den neu entdeckten Wandgemälden in Pompeji. 1827 Rückkehr nach Berlin, wo er in dem damals nur versuchsweise erprobten lithographischen Farbendruck sein Hauptwerk, „Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Pompeji, Herculaneum und Stabiä“ (Berlin 1828– 1830, 10 Hefte; 2. Folge 1841–1845, 10 Hefte; 3. Folge 1849–1859, 10 Hefte), herausgab. Ab

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halb Jahre in Paris gelebt, um sich im Atelier von Antoine Gros weiter ausbilden zu lassen. Nach zwei anschließenden Sommern in Pompeji, wo er „geradezu besessen die Wandmalerein aufnahm“, publizierte er das ambitionierte Tafelwerk, das nach damaligem Urteil „nicht seinesgleichen“ hatte.542 Johann Wolfgang von Goethe, den Zahn 1827 in Weimar besuchte, war begeistert von dessen Altertumsstudien und gab dem Künstler ein Empfehlungsschreiben nach Berlin mit.543 Die Herstellung des vom Verlag Reimer herausgegebenen aufwendigen Werkes erfolgte in verschiedenen Berliner Werkstätten und wurde von Zahn persönlich überwacht (Abb. 56).544 In seiner Autobiogra1829 Professor. 1830 wieder in Italien. Seine reichen Studien lieferten ihm den Stoff zu den „Ornamenten aller klassischen Kunstepochen“ (Berlin 1832–1848, 20 Hefte; 3. Aufl. 1869–1871) und, nachdem er 1842 nach Berlin zurückgekehrt war, zu den „Auserlesenen Verzierungen aus dem Gesamtgebiet der bildenden Kunst“ (Berlin 1842–1844, 5 Hefte); vgl. Meyers Konversationslexikon, Bd. 16, 4. Aufl., Leipzig/Wien 1885–1892, S. 816. 542 Vgl. Hennemeyer 2014, S. 99 sowie „Zahn, Wilhelm“, in: Nagler 1852, Bd. 22, S. 181. 543 Zahn hatte Goethe vom 7.–15. September 1827 in Weimar besucht und ihm seine Pausen der pompejianischen Wandmalereien gezeigt. In Goethes Tagebüchern ist zu lesen: „Gegen 1 Uhr der Casseler Maler Zahn. Seine Pompejanischen Durchzeichnungen vorlegend. Dazu Oberbaudirector Coudray, auch Dr. Eckermann. Ferner zeigte er das Vorgestrige auch den Meinigen zu allgemeiner Bewunderung der unschätzbaren Dinge. Wir gratulirten uns zur Publication solcher Kunstwerke und hofften von den Pompejanischen Ausgrabungen eine Reform der seit dreißig Jahren thörig retrograden deutschen Kunst.“ Die Wandmalereien seien „ganz unschätzbare Documente des Alterthums, an und vor sich und in historischer Rücksicht aller Betrachtung werth“, vgl. Goethes Werke, Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 11, S. 104–118. Goethe brachte der Arbeit von Wilhelm Zahn große Wertschätzung entgegen, dessen Aufzeichnungen er im 6. Heft von Kunst und Alterthum den Künstlern und Kunstfreunden dringend empfahl, vgl. Kunst und Alterthum, 2. Jg. Nr. VI, 1828. Nach Erscheinen des ersten Teils der „Schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde“ veröffentlichte Goethe eine Besprechung des Werkes, die voll des Lobes für das Dargestellte war; vgl. Wiener Jahrbücher der Literatur, Bd. 51, Juli–September 1830, S. 1–12. Im Anschluss an die Besprechung ist eine vier Seiten umfassende Autobiographie Zahns abgedruckt, vgl. ebd., S. 13–16. Es war schließlich die Anregung Zahns, dass 1832 eines der in Pompeji freigelegten Häuser „Casa di Goethe“ genannt wurde. Sämtliche Angaben übernommen von Migl 1998, S. 30f. und S. 36f. 544 Vgl. ebd., S. 30f. sowie Max Schasler: „Studien zur Charakteristik bedeutender Künstler der Gegenwart, ,Wilhelm Zahn‘“, in: Die Dioskuren, 8. Jg., Nr. 28, 12. Juli 1863, S. 209f.; Nr. 29, 19. Juli 1863, S. 217–219; Nr. 30, 26. Juli 1863, S. 225–227; Nr. 31, 2. August 1863, S. 233f.; Nr. 32, 9. August 1863, S. 241–243; Nr. 33, v16. August 1863, S. 249f.; Nr. 34, 23. August 1863, S. 255f.; Nr. 35, 30. August 1863, S. 261f. Auf S. 218 schreibt Schasler: „1827 berief ihn der Kurfürst von Hessen auf kurze Zeit nach Kassel zum Ausbau und zur Decoration einiger Schlösser, und als er von dort über Weimar nach Berlin reiste, trat er zu Goethe in Beziehung, der sich von dem genauen Kenner Pompeji’s gar nicht trennen mochte. War doch Goethe’s Lieblingsgedanke, junge Künstler zum Copiren nach Pompeji zu senden, durch Zahn’s Lebensplan der Erfüllung nahegebracht! Neue Freunde fand Zahn’s Unternehmen in Berlin, bei dem Kronprinzen, dem nachmaligen König Friedrich Wilhelm IV., den Ministern Wittgenstein und Altenstein, den Humboldts, Schinkel, Rauch, Tieck, Hirt, Rumohr, Waagen u. a. Georg Reimer übernahm den Verlag eines großen, in Farbensteindruck zu veröffentlichenden Prachtwerkes: ‚Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Pompeji, Herculanum und Stabiae’, im Juni 1828

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phie bemerkte der Künstler über die Bedingungen der Entstehung seines Hauptwerkes: „Die allgemeine Aufmerksamkeit, welche meine Studien in Weimar und Berlin auf sich gezogen, veranlasste die Entstehung meines großen Werkes über Pompeji, Herkulanum und Stabiä. Im März 1828 wurden die Arbeiten begonnen, und schon im July, trotz der großen Schwierigkeiten, erschien das erste Heft; das zehnte Heft wurde Ende Januar dieses Jahres 1830 vollendet. Es ist wirklich sehr schnell gegangen, wenn man berücksichtigt, dass die meisten Erfindungen der technischen Ausführung erst während der Arbeit gemacht wurden.“545 Tatsächlich ist der Zahn’schen Publikation wegen den frühen, noch experimentellen Methoden als Inkunabel der Farblithographie hohe Bedeutung beizumessen.546 Nicht grundlos hatte der Artikel über das königliche Institut in der Vossischen Zeitung vom 16. April 1829 hervorgehoben, dass die „in vier bis sechs Farben gelieferten Blätter“ für die Pompeji-Edition „einen guten Beweis“ für die Fähigkeiten der eigenen Drucker haben liefern können. Sachse befürchtete zunächst, eine Unternehmung dieser Größenordnung noch nicht bedienen zu können: „Denn dazu gehört eine ganz andere Einrichtung, wie ich sie mit meinem jetzigen, zum Etablissement bestimmten Kapital, herstellen kann. Ich würde wenigstens, bloß für dieses Werk, 3 Pressen mehr gebraucht haben, und kann mich unmöglich gleich anfangs so ausbreiten“, erklärt er die Situation seiner Verlobten nach Magdeburg.547 Offensichtlich brach Sachse die Verhandlungen dennoch nicht ab. Mitte Mai, also bereits zwei Wochen vor der eigentlichen Eröffnung seines Instituts, veranlassten ihn Aufträge zu ebenjenem Werk zu der hoffnungsfrohen Äußerung, dass es „an Arbeit nicht fehlen“ werde: „Dond [Donndorf ] hat schon vollauf zu thun, wenigsten auf einen Monat, ebenso Herm. [Hermann], welcher den großen Grundriß und Situationsplan von Pompeji für das Zahn’sche Werk graviert, wofür ich 100 rt verdient habe“ (Abb. 56).548 Aufgrund der vielen Arbeit wurde am 1. Juli der Lithograph Korf auf ein vierteljähriges Engagement erwartet und kurz darauf ein weiterer „Graveur aus Posen für das Zahnsche Werk“, was Sachse insofern Sorgen bereitete, als dass er nicht wusste, wo er denn eine weitere Stangenpresse platzieren sollte.549 lag bereits das erste Heft dem Kronprinzen vor, und 1880 wurde die erste Folge von zehn Heften mit 100 Tafeln mit deutschem und französischem Text edirt: unter den Veröffentlichungen antiker Kunstdenkmäler eine hochbedeutsame Leistung, deren Werth besonders von Goethe in der Anzeige im 51. Band der Wiener Jahrbücher der Literatur (Juli–September 1830) ausführlich gewürdigt wurde. [...] Seine Technik des Farbensteindruckes fand bald Nachahmer und verdient in der Geschichte der farbigen Reproductionsverfahren Beachtung.“ 545 Vgl. die Autobiographie von Wilhelm Zahn in Wiener Jahrbücher der Literatur, Bd. 51, Juli– September 1830, S. 13–16; bei Migl 1998, S. 30. 546 Vgl. Hennemeyer 2014. 547 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. Februar 1828. 548 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828. 549 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. Juni 1828. Als ein früher Erfolg des Sachse’schen Instituts darf sicher auch die Tatsache angesehen werden, dass die drei gedruckten „Kunstblätter“, die als Beilage zum Berliner Kunstblatt 1829 erschienen, aus dem noch jungen Institut stammen. Es handelte sich um die Umrisszeichnungen „Iris, einem

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Sachses Kunstblätter

Schon Ende August 1828 äußerte sich Sachse zuversichtlich: „Mit unserem Geschäft geht es sehr gut. Die saure Gurkenzeit scheint ein Ende zu haben, und sowohl unten als auch oben geht es munter zu. Ich denke also, dass wir nun endlich einmal zu verdienen anfangen werden.“550 Gründe dafür, dass sich das Institut so zügig etablieren konnte, mögen in der herausragenden Qualität der Produkte, Sachses verbindlichem Wesen und seinen bereits hervorragenden Kontakten gefunden werden. Noch ein halbes Jahr zuvor hatte er sich kaum eine Atempause gegönnt: „Du kannst denken, in welcher Lage ich bin, täglich Besuche zu machen und deren anzunehmen. Noch ist viel abzumachen. Außer der Familie, Humberts551 und Kolbes und und bin ich nur noch bei einigen Geschäftsmännern gewesen. Morgen Nachmittag kommen der Staatsminister552 und Leute wie Bendemanns553 [Abb. 57] und Magnus554 und und.“555 Sachses Bemühungen scheinen auf fruchtbaren Boden zu gefallen zu sein, was ihn selbst mit Freude, wenn auch nie ohne Skepsis, erfüllte: „Gestern erfreute mich Herr Polty durch ein einziges Wort sehr. Dichter die Lyris bringen, nach einem undatierten Vasengemälde zu Palermo“ sowie „Penelope verlässt ihren Vater Ikarios, um dem Odysseus, ihrem Gemahl zu folgen (von E.F.A. Rietschel, welches von der K. Pr. Academie d. K. 1828 des ersten Preises würdig erklärt worden).“ Die dritte Lithographie aus Sachses Institut, die hierin erschien, war ein Erklärungsblatt mit fünf Tafeln zu dem Artikel: „Beiträge zur vaterländischen Kunstgeschichte aus der Provinz Westphalen von Herrn Criminal-Gerichts-Director Dr. Gehrken zu Paderborn. 1. Über den Schüler Albrecht Dürers, Heinrich Aldegrever aus Paderborn“; vgl. Berliner Kunstblatt, H. 3–5, März bis Mai 1829, jeweils im Beiheft. 550 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 31. August 1828. 551 Zur weit verzweigten Familie Humbert, Seidenwarenhandel und -manufaktur in Berlin, vgl. Stulz-Herrnstadt 2002, S. 181–190. 552 Es ist wohl Wilhelm von Humboldt gemeint, der zwar zu dieser Zeit nicht mehr im Amt ist, den Sachse aber oft nur mit seinem ehemaligen Dienstgrad anspricht. 553 Anton Heinrich Bendemann (1775–1866) war ein angesehener Bankier in Berlin. Sachse hatte in Paris nähere Bekanntschaft mit dessen Familie gemacht: „Die Familie Bendemann aus Berlin, Vater, Mutter und Tochter sind jetzt hier. Die Leute sind ungemein artig gegen mich und wir sind, so oft es irgend geht, immer zusammen. Ich speise bei ihnen und führe sie dann in ihrem Wagen durch die Stadt oder besuche Anstalten mit ihnen. Gestern (Sonntag) waren wir 4 in Neuilli [sic] Malmaison [...]“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. Februar 1828. Die Bekanntschaft und die gemeinsamen Pariser Erlebnisse führten zu einer Freundschaft, die sich in Berlin noch festigte: „Die guten Bendemanns, mit denen ich sehr oft zu Mittag esse, heißt es, wären nach der Pariser Reise nicht mehr wiederzuerkennen; ja liegt in etwas anderem. Und da werde ich nun aus Freundschaft gegen alle Ungerechtigkeit mein Mögliches thun dagegen zu kämpfen und wenn ich dazu aufgefordert, aufzudecken [...]“; LAB, E. Rep. 20003, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 18. Februar 1828. 554 Eduard Magnus (1799–1872), Sohn eines wohlhabenden Seidenfabrikanten und äußerst erfolgreicher Porträtmaler. Älterer Bruder von Gustav Magnus (1802–1870), dem bedeutenden Physiker und Chemiker. Eduard Magnus wird noch eine entscheidende Rolle in Sachses Werdegang spielen; vgl. Kapitel IV.1.a, „Spekulationen ums Aquarell“. 555 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. Februar 1828.

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Beim Graf Brandenburg, wo er aufgewartet, ist gesagt worden im Gespräche, dass wir wohl die reellsten Kunsthändler wären: ‚Die Leute bezahlen stets bar und prompt!‘ Die Canaille der P[olty] wird doch wohl nicht gelogen haben?“556 Tatsächlich gelang es Sachse, Künstler und Publikum für das neue Medium zu begeistern. Das Geschäft mit der „lithographischen Kunstparthie“ in seinem Lokal blühte. Der Institutsgründer konnte hervorragende Drucker und Lithographen verpflichten, die Herausragendes leisteten. Der künstlerische Steindruck bildete bis in die 1850er Jahre hinein die finanzielle Grundlage für sämtliche geschäftliche Aktivitäten des umtriebigen wie kunstsinnigen Unternehmers. Im Folgenden soll ein näherer Blick auf die „Leistungen in der lithographischen Kunstparthie“ aus Sachses Institut geworfen werden. Den Ausgangspunkt der Betrachtungen bildet im Wesentlichen die umfangreiche Sammlung an Lithographien aus Sachses Institut in der Graphiksammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin, eine Auswahl aus dem Berliner Kupferstichkabinett, die zahlreichen Bildnisse, die sich in der Sammlung der Humboldt-Universität erhalten haben, sowie einige der vielen Blätter aus weiteren deutschen Sammlungen als auch aus dem Département des Estampes der Bibliothèque nationale in Paris. Es wird dabei eine Einteilung vorgenommen werden, die auf Sachse selbst zurückgeht. Eine handgeschriebene Liste aus dem Jahr 1838, in der Sachse von ihm als bedeutend eingeschätzte Blätter aufzählt, setzt sich aus den Gruppen „Porträts, Architektur und Landschaft, Genresachen, Jagdstücke und Diverse“ zusammen. Auf die Liste selbst, die sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin befindet, wird später noch einmal zurückzukommen sein.557 Porträts

Noch während der Verhandlungen um seine Gewerbeerlaubnis hatte Sachse die selbstsichere Vermutung ausgesprochen, dass dem Polizeipräsidenten Ludwig Wilhelm von Esebeck die Ablehnung seines Attests „gewiß schon leid [täte], weil er sehr eitel ist und sich gern im Steindruck prangen sähe“. Ginge seine „Sache“ durch, müsse er „Wort halten und ihn lithographieren lassen“.558 Sachse löste das Versprechen ein – wohl auch in dem Bewusstsein, dass die „Eitelkeit“ von Esebecks keinen Einzelfall darstellte (Abb. 58). Für den Zeitraum von 1822 bis 1856 finden sich fünf der acht Berliner Polizeipräsidenten dieser Periode in Lithographien aus Sachses Institut allein in der Graphiksammlung des

556 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 2. Juni 1830. Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792–1850), preußischer Ministerpräsident, Sohn von Friedrich Wilhelm II. 557 Vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3, eigenhändige Liste Sachses zu den lithographischen Kunstsachen aus seinem Institut, Berlin, den 28. März 1838. 558 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 13. Mai 1828.

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Berliner Stadtmuseums wieder.559 Auch der Minister Friedrich von Schuckmann, der die strafrechtliche Verfolgung gegen Sachse geleitet hatte, ist auf einer Lithographie aus Sachses Verlag erhalten.560 Der Minister von Kamptz (Abb. 59) sei sogar „mit seinem Bild so ausgezeichnet zufrieden“, dass er 100 Abdrücke bestellte, und nicht wisse, „was er vor Freude tun“ soll.561 „Wir werden wahrscheinlich durch ihn freie Post mit Paris und München erhalten; ich schreibe eben an das Ministerium des Cultus, wozu er mich aufgefordert hat. In jeder Woche besucht er uns und bestellt und kauft“, erzählte Sachse seiner Frau Nanni freudig nur wenige Wochen nach der Eröffnung seines Instituts.562 Die durch die Lithographie eröffneten Möglichkeiten zügig erstellbarer, preisgünstiger Drucke von malerischer Wirkung kamen der seit dem auslaufenden 18. Jahrhundert stetig wachsenden Nachfrage nach Porträts in besonderer Weise entgegen. Das gemalte Bildnis spiegelte das soziale und ethische Selbstverständnis nicht mehr nur des Adels, sondern auch der zunehmend erstarkenden bildungsbürgerlichen Schicht wider. Schon Käthe Glaser machte darauf aufmerksam, dass Porträtmaler unter den Fachmalern im Biedermeier die weitaus stärkste Gruppe darstellten. Für die Jahrzehnte zwischen 1820 und 1850 konnte sie bei einer Verdoppelung der Bevölkerung von 200.000 auf 400.000 Einwohner über 470 Bildnismaler in Berlin nachweisen.563 Besonders gut war das von einer wachsenden Käuferschicht bevorzugte einfache Brustbild im Kabinettformat zur angenehmen Platzierung im bürgerlichen Wohnraum geeignet, wie Johann Wolfgang von Goethe 1798/99 in „Der Sammler und die Seinigen“ angemerkt hatte: „Dieses Format hat seine eigenen Vorteile. Ein Porträt in Lebensgröße, und wäre es nur ein Kopf oder ein Kniestück, nimmt für das Interesse das es bringt immer einen zu großen Raum ein. Jeder fühlende wohlhabende Mann sollte sich und seine Familie, und zwar in verschiedenen Epochen seines Lebens, malen lassen. Von einem geschickten Künstler, bedeutend, in einem kleinen Raume vorgestellt, würde man wenig Platz einnehmen; man könnte auch alle seine Freunde um sich her versammeln, und die Nachkommen würden für diese Gesellschaft noch immer ein Plätzchen finden.“564 Goethe hatte also bereits empfohlen, über kleinformatige, gemalte oder auch gezeichnete Bildnisse eine bürgerliche Form der Ahnengalerie im eigenen Haus zu kultivieren. Die Lithographie ermöglichte nun jedem Familienmitglied den Aufbau einer solchen Sammlung. Darüber hinaus nutzten insbesondere Personen der Öffentlichkeit das moderne Medium, um 559 In der Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung, haben sich aus Sachses Institut Porträts erhalten von Ludwig Wilhelm von Esebeck (Polizeipräsident von 1822 bis 1831), Carl Johann von Gerlach (Polizeipräsident von 1832 bis 1839), Julius von Minutoli (Polizeipräsident von 1847 bis 1848), Heinrich Moritz Albert Graf von Bardeleben (Polizeipräsident 1848) und Carl Ludwig von Hinckeldey (Polizeipräsident von 1848 bis 1856). 560 Vgl. ebd. 561 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 31. August 1828. 562 Vgl. ebd. 563 Vgl. Gläser 1932, S. 292. 564 Vgl. Goethe 1831, S. 59. Außerdem Ausst.-Kat. Schmeller 2003. Schmeller soll im Auftrag Goethes in Weimar 130 Bildnisse bedeutender Persönlichkeiten gezeichnet haben.

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ihre Bildnisse kostengünstig und in nahezu beliebig hoher Anzahl zu verbreiten – nicht zuletzt Goethe selbst (Abb. 60). In vielen Fällen wurde dafür das gemalte Porträt eines Künstlers von Lithographen ins Papierformat übersetzt. Die Anzahl der Künstler-Lithographen, die Bildnisse und andere Kompositionen direkt auf den Stein zeichnen konnten, war im Berlin der 1820er Jahre jedoch noch begrenzt. Hinzu kam, dass auch die Auswahl geschickter Drucker und geübter Steinzeichner für Reproduktionszwecke eines künstlerischen Werkes im Gegensatz zu dem Angebot in Paris und München noch verhältnismäßig bescheiden war, wie Sigrid Achenbach konstatiert.565 Sachse wusste um jene Umstände, denen er durch die Akquisition in Frankreich ausgebildeter Kunstdrucker und Lithographen entgegenzuwirken suchte. Über die Besuche erster Künstler bei ihm im Institut schreibt er: „Jetzt haben sich noch folgende Künstler Kreidesteine von mir ausgebeten, (die unsere Fähigkeiten prüfen wollen, aber dabei nicht bedenken, dass die nicht genug ausgebildeten Ihrigen die meiste Schuld tragen): Professor Krüger, Adam, Hübner, Oldermann, Beckmann, Gropius, Remy und viele von geringerem Ruf und Fähigkeit.“566 Auch der Berliner Maler Franz Krüger (1797–1856) gehörte also schon im Juni 1828 zu den allerersten Künstlern, die Sachses Institut aufsuchten. Spätestens seit seinem Bildnisauftrag für das preußische Königshaus im Jahre 1824 zählte er zu den führenden Porträtisten der Hauptstadt.567 Krüger selbst führte nur gelegentlich eigene Entwürfe im Druck aus.568 Die Vorteile der lithographischen Reproduktionen seiner Arbeiten, durch deren weite Verbreitung sich das künstlerische Ansehen erheblich steigern ließ, hatte der geschäftstüchtige Künstler jedoch früh erkannt.569 Wie Sigrid Achenbach betonte, eigneten sich Krügers mit Deckweiß gehöhten Kreidezeichnungen auf braunem Papier vorzüglich für die Umsetzung in das Medium Lithographie. Mit dem Jahr 1828 lässt sich ein gesteigertes Interesse an solchen Bildnissen bei Krüger bemerken. Dabei sind es insbesonere Personen aus dem Bürgertum, speziell aus dem Bereich Kunst, Architektur, Wissenschaft, Musik und Theater, die Krüger zeichnete und die dann als Lithografie erschienen. Ein Umstand, der, wie Achenbach annimmt, auch dem Kontakt zu Sachse zu verdanken sein könnte.570

565 Vgl. Achenbach 2007, S. 71f. und Gläser 1932, S. 154–161. 566 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 24. Juni 1828. 567 Vgl. Achenbach 2007, S. 65 und Bartoschek 2007, S. 121, Kat.-Nr. 40–56. Eine Porträtreihe der Mitglieder des engeren Königshauses stand am Anfang einer geregelten lithographischen Reproduktion des Krüger’schen Werks. Gerd Bartoschek vermutet, dass diese Tatsache mit der Auflage des offiziellen Auftrages in Verbindung zu bringen ist, die prominenten Porträts durch das Königliche Lithographische Institut vervielfältigen zu lassen. 568 Vgl. Bartoschek 2007, S.13. Bartoschek vertritt die Meinung, dass die Beschäftigung Krügers mit druckgraphischen Verfahren, der Radierung und insbesondere der Lithographie, mehr seiner Neugier, dem Gefallen befreundeter Verleger oder wohltätigen Zwecken geschuldet gewesen sei. 569 Vgl. Achenbach 2007, S. 72. 570 Vgl. ebd., S. 73.

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Sachses Institut tat sich innerhalb von kürzester Zeit als erste Adresse für Porträtlithographie in Berlin hervor.571 Die etwa 520 erhaltenen und bei Sachse erschienenen Bildnisse in der Grafischen Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin vermitteln davon noch heute ein lebendiges Bild. Sie stellen die größte zusammenhängende Gruppe archivierter Sachse-Lithographien dar.572 Hinzu kommen zahlreiche Beispiele aus der Porträtsammlung der Humboldt-Universität. Sowohl in deutschen als auch in französischen Archiven und Bibliotheken sind viele weitere Blätter verwahrt. Im Folgenden mag ein beispielhafter Überblick ein Bild der damaligen Gesellschaft vermitteln, die sich in Sachses Institut lithographieren ließ. Von den etwa 150 Adelsporträts aus Sachses Institut, die die Grafische Sammlung im Stadtmuseum Berlin bewahrt, zeigen mehr als 50 Blätter Mitglieder des preußischen Königshauses. Etwa weitere 50 Lithographien präsentieren hochrangige Persönlichkeiten anderer bedeutender Adelshäuser, worunter sich auch ausländische Dynastien befinden, die wiederum meist mit dem preußischen Königshaus in näherer Verbindung standen, wie Nikolaus I. von Russland, Ferdinand Philippe Duc d’Orléans, Madame la Duchesse, geborene Helene von Mecklenburg-Schwerin, und Friederike von Hannover. Louis Herzog von Némours, Wilhelm Friedrich Carl Prinz der Niederlande, aber auch Gustav Adolf von Schweden und Ferdinand I. von Österreich. Unter den gut 60 Militärs befinden sich größtenteils namhafte Aristokraten und verdienstvolle Offiziere wie Friedrich von Wrangel, Helmuth Karl Bernhard von Moltke, Christian Carl Anton Friedrich von Scharnhorst, Gebhard Leberecht von Blücher, August Neidhard von Gneisenau und viele andere. Annähernd 100 lithografische Blätter aus Sachses Institut in der Grafischen Sammlung des Stadtmuseums Berlin zeigen Männer aus dem Staatsdienst, Beamte, Abgeordnete, Politiker und Räte. Das 1808 gegründete preußische Staatsministerium setzte sich aus einem Gremium von Innen-, Finanz-, Außen-, Kriegs- und Justizministern zusammen, wobei es inhaltlich und strukturell dem Wandel der Zeiten unterstand und die Durchsetzungskraft einzelner Persönlichkeiten eine durchaus prägende Rolle spielte.573 Sachse stand aufgrund der Vielzahl seiner Aktivitäten mit verschiedenen Ministern in Korrespondenz. Im Folgenden sollen zunächst einige der wichtigsten bei Sachse erschienenen und erhaltenen Bildnisse staatsbediensteter Persönlichkeiten kurz vorgestellt werden. Von den bereits angesprochenen preußischen Polizeidirektoren soll das Bildnis Julius von Minutoli Erwähnung finden, da dieser zugleich als Wissenschaftler, Sammler und Schriftsteller tätig und mit Sachse persönlich bekannt war.574 Bei Sachse lithographieren 571 Vgl. Zedlitz 1834, S. 426. 572 An dieser Stelle noch einmal mein innigster Dank an die Stiftung Stadtmuseum Berlin, speziell an Andreas Teltow, Leiter der Grafikabteilung, und Robert Wein, Fotothek, für die wertvolle Hilfe und das immer großzügige Entgegenkommen. 573 Vgl. Acta Borussia 2000–2004. 574 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung; vgl. Ausst.-Kat. Minutoli 2004 und Minkels 2013, S. 27–30.

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ließ sich auch Moritz Albert von Bardeleben, Berliner Polizeipräsident im Unruhejahr 1848, der als Oberpräsident der preußischen Rheinbehörde Karriere machte.575 Gustav Adolph Rochus von Rochow spielte als Minister des Inneren und der Polizei ab 1834 eine bestimmende Rolle im Staatsministerium.576 Aus dem Kabinett Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Ministerpräsident von 1848 bis 1850 und hier ebenso zu finden, sind weitere konservative Politiker wie Innenminister Otto Theodor von Manteuffel präsent.577 Minister für auswärtige Angelegenheiten wie Alexander Graf von Schleinitz oder Christian Günther Graf Bernstorff haben sich abbilden lassen, sowie zahlreiche Beamte aus der preußischen Verwaltung, unter ihnen der Direktor Wilhelm Gedicke.578 Eine auffallende Anzahl an Justizministern, -räthen, Rechtsgelehrten und Gerichtspräsidenten erscheinen auf den erhaltenen Druckgraphiken aus Sachses Institut wie Leopold von Franckenberg, Heinrich Wilhelm August von Danckelmann, Friedrich Zander,579 Heinrich Gottlob Mühler oder Gerichtsrat Ernst Wilhelm Eduard Eck.580 Dem Justizrat und Direktor der Gleimstiftung Christian Ludwig Stubenrauch wurde zu seinem fünfzigjährigen Dienstjubiläum 1829 von den Mitgliedern des „Montagskränzchens“ ein Glückwunsch-Porträt übergeben, das bei Sachse entstanden ist.581 Von den abgebildeten Finanzministern und -räten soll Otto von Camphausen Erwähnung finden.582 Neben dem Kriegsministerium, dem das Königlich Lithographische Institut unterstellt war, ist für die Untersuchung der Angelegenheiten Sachses das Ministerium für Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten als preußisches Kultusministerium von Interesse, dem die königlich-preußische Akademie der Wissenschaften, die Akademie der Künste, die Museen und die Bibliotheken untergeordnet waren. Die Porträtlithographien von Kultusminister Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn (Abb. 61) und dessen Nachfolger Adalbert von Ladenberg sind erhalten.583 Aus der Vielzahl der Abbildungen von preußischen Abgeordneten ist ein frühes Porträt Otto von Bismarcks erwähnenswert.584 Aussagen über eine politische Tendenz in Abwägung von Gruppierungen der Dargestellten sind aus den erhaltenen Blättern aus Sachses Institut nicht zu treffen. Neben konservativen Politikern sind preußische Reformer wie Carl Friedrich von und zum Stein und Ludwig von Vincke und selbstverständlich Wilhelm von Humboldt vertreten sowie eine Reihe Politiker der preußischen und der Frankfurter Nationalversammlung

575 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 576 Vgl. ebd.; vgl. Rathgeber 2004, S. 30. 577 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 578 Vgl. ebd. 579 Vgl. ebd. (Franckenberg; Danckelmann; Zander). 580 Vgl. Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen (Mühler; Eck). 581 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 582 Vgl. ebd. 583 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 584 Vgl. ebd.

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wie Paul Gustav von Hagenow und andere.585 Persönlichkeiten wie der Generalpostmeister des Deutschen Bundes Heinrich Gottlob Schmückert, der zuvor lange Zeit unter Friedrich von Nagler beschäftigt war, als auch der Oberpostmeister Carl Schneider nahmen Schlüsselpositionen ein, die für den regelmäßig mit dem Ausland korrespondierten Sachse von wesentlicher Bedeutung waren.586 Darüber hinaus haben sich in Sachses Institut verschiedene Hof- und Landräte, Proviantmeister Friedrich Theodor Müller und der langjährige Berliner Oberbürgermeister Johann Stephan Gottfried Büsching ebenso wie Hofjägermeister Werner von Veltheim und der Inspektor des Botanischen Gartens in Berlin, Christoph Friedrich Otto, lithographieren lassen.587 Auffällig in der Sammlung der erhaltenen Blätter aus Sachses Institut ist zudem die große Anzahl an bedeutenden Wissenschaftlern, Universitätsprofessoren und Direktoren. Der Astronom Wilhelm Beer (Abb. 62) ist darunter ebenso zu finden wie der Mitbegründer der Deutschen Geologischen Gesellschaft Leopold von Buch, einmal als Brustporträt vor Gebirgslandschaft nach dem Gemälde von Carl Begas (Abb. 63) und einmal in seinem Studierzimmer, der Professor für Chemie, Zoologie und Botanik Heinrich Friedrich Link, Heinrich Rose, ebenfalls Chemieprofessor, der Botaniker Carl Heinrich Schultz von Schultzenstein oder der Kameralwissenschaftler Eduard Baumstark.588 Inwieweit Sachse, der selbst großes Interesse an den wissenschaftlichen Leistungen seiner Zeit zeigte und privat eine wohl recht umfangreiche Conchiliensammlung besaß, auch den persönlichen Kontakt pflegte, ist unbekannt.589 Mit Eilhard Mitscherlich, Christian Samuel Weiss und dessen Nachfolger Gustav Rose sind Porträts der wichtigsten Mineralogen seiner Zeit in Sachses Verlag erschienen.590 Auf die Verbindung zu Alexander von Humboldt (Abb. 32), dessen Porträt hier ebenso erhalten ist, konnte wiederum bereits 585 Vgl. ebd. (Stein; Vincke; Hagenow). Das Portrait Wilhelm von Humboldts erscheint gleichsam in dem Gruppenportrait „Das gelehrte Berlin“, vgl. Abb. 68. 586 Vgl. ebd. Von dem Oberpostmeister Schneider befindet sich in der Sammlung bezeichnenderweise ein Porträt des Sohnes. 587 Vgl. ebd. 588 Vgl. ebd. (Beer; Buch; Baumstark) und Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen (Link; Rose; Schultz von Schultzenstein). 589 Vgl. Anonym: „Der Kunstnachlaß Louis Friedrich Sachse’s (Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des alten Berlin)“, in: Vossische Zeitung, 3. Beilage, 12. März 1878: „Sachse war nicht eigentlich Sammler im Kunstfach und hat diese Collectionen nur gelegentlich zusammengebracht – nur auf dem Gebiet der Conchylien hatte er systematisch und mit außerordentlichem Studium gesammelt, jene Sammlung aber in höherem Alter und namentlich seine ganz exquisiten Conusschnecken, letztere nach Wien, an öffentliche Cabinette abgegeben.“ In dem Tagebuch seiner Londonreise 1851 ist für den 16. August vermerkt: „Früh zu Sowerby“. Annette Schlagenhauff vermutete einen Schreibfehler, hinter dem sich eigentlich das Kunst- und Auktionshaus „Sotheby“ verbirgt; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 288. Wahrscheinlich aber mag Sachse James Sowerby (1787–1871) besucht haben, der wie sein berühmter Vater Naturwissenschaftler und Künstler war. Er begründete 1838 den Royal Botanical Garden in der Nähe des Regent Park und baute u. a. die naturwissenschaftliche Sammlung seines Vaters weiter aus, die später ans British Museum ging. 590 Vgl. Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen.

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hingewiesen werden.591 Ob das Bildnis des französischen Naturforschers und Bildungspolitikers Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert de Cuvier, wissenschaftlicher Begründer der Paläontologie und der vergleichenden Anatomie als Forschungsansatz über den Kontakt mit dem ebenfalls lange in Paris wirkenden Humboldt in Verbindung gebracht werden kann, muss hingegen reine Mutmaßung bleiben.592 Von der Berliner Familie Magnus hingegen ist durchaus überliefert, dass Sachse hier nicht nur über den Maler Eduard Magnus einen Umgang der gegenseitigen Wertschätzung pflegte.593 Der Universitätsprofessor für Physik und Chemie Heinrich Gustav Magnus, dessen Bild hier erscheint, hatte sich ein privates physikalisches Laboratorium in dem von ihm erworbenen Bürgerpalais am Kupfergraben eingerichtet.594 Auch die Historiker ließen sich bei Sachse lithographieren: der bedeutende Altertumswissenschaftler Theodor Mommsen, der durch seine moralisch eingefärbten Schriften stark auf den Mittelstand seiner Zeit einwirkende Friedrich Christoph Schlosser, der Bibliothekar und Orientalist, Rektor der Berliner Universität und seit 1831 Leiter der neu gegründeten Universitätsbibliothek Friedrich Wilken, der Archivar, Historiker und Politiker Adolph Friedrich Riedel sowie der Bonner Professor für Kunst- und Kulturgeschichte Gottfried Kinkel und nicht zuletzt der Kunsthistoriker und Direktor der Gemäldegalerie Gustav Friedrich Waagen (Abb. 64).595 Einen wichtigen Platz zwischen Wissenschaft und praktischer Ausübung nahmen Mediziner und Ärzte ein, deren Porträts ebenfalls zahlreich in Sachses Institut lithographiert und herausgegeben worden sind. Hier erscheinen Leibärzte der königlichen Familie wie Johann Theodor August Berend, Theodor Kunde, der Militärarzt der Charité Gustav Adolph Lauer, der Wundarzt Johann Wilhelm von Wiebel oder der königliche Sanitätsarzt Schmidt.596 Das Bildnis des bedeutenden Pharmakologen Carl Gustav Mitscherlich ist auf einer Sachse-Lithographie ebenso überliefert wie jenes von dem Begründer der ersten preußischen Geburtshilfeklinik Friedrich Wilhelm Traugott Voigtel, dem Diagnostiker und Lehrer Rudolph Virchows Johann Lukas Schönlein, dem Professor für Chirurgie und Augenheilkunde Johann Christian Jüngken, dem Medizinhistoriker und Begründer der historischen Pathologie Johann Christian Karl Hecker oder dem Berliner Universitätsprofessor für Psychiatrie Christian Karl Westphal.597 Johann Christian Nie591 Vgl. Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen. 592 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 593 Zu Sachse und Magnus siehe Kapitel III.1.a, „Die neue Bahn“. 594 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. Das Portrait hat der Bruder, Eduard Magnus, gezeichnet. 595 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung (Mommsen, Wilken); vgl. Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Grafische Sammlung (Schlosser); vgl. Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen (Riedel; Waagen) 596 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung (Berend; Kunde; Lauer; Wiebel; Schnidt). 597 Vgl. Humboldt-Universität Berlin, Porträtsammlungen (Mitscherlich; Schönlein; Jüngken); vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung (Voigtel; Hecker; Westphal).

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mann, der in seinem „Symbiothikon für öffentliche und Privatärzte“ von 1817 manches Kuriose über „Rettungsapparate für Scheintote“, „prophetische Schlafreden“ und „unentbehrliche physik-chemische Apparate der Medizin“ zu berichten hatte,598 findet sich als Steindruck aus Sachses Institut ebenso wie eine ganze Reihe weiterer praktischer Ärzte, so der Pathologe Ernst Daniel August Bartels, C. H. Schulz, Friedrich Vogel und andere heute in Vergessenheit geratene Kollegen.599 Interessanterweise ist mit dem ehemaligen Postbeamten und Vater der Homöopathie Arthur Lutze, der sich in mesmerischen Magnetisiermethoden übte, auch die alternative Medizin in der Sammlung vertreten.600 Das druckgraphische Bildnis des bedeutenden Direktors am chirurgischen Klinikum der Charité Johann Friedrich Dieffenbach scheint erst nach dessen Tod 1847 entstanden zu sein.601 Der Inhaber und Herausgeber der Berlinischen Nachrichten für Staats- und Gelehrten-Sachen (Haude und Spenersche Zeitung), Samuel Heinrich Spiker, mit dem Sachse in regem Kontakt stand, bedankt sich bei demselben in einem undatierten Brief für das Porträt Dieffenbachs: „Die ungemeine Ähnlichkeit hat mir den großen Verlust wieder recht lebendig an die Seite gegeben.“602 Auch das geistige Leben seiner Zeit findet sich in den vielen druckgraphischen Bildnissen von Geistlichen und Theologen, Philosophen, Schriftstellern, Dichtern und Pädagogen bei Sachse wieder. Dabei handelt es sich bei den Erstgenannten um Vertreter sowohl der evangelischen als auch der katholischen, der jüdischen und der griechisch-orthodoxen Glaubensrichtung. Protestantische Priester, Theologen und Philosophen bilden die größte Gruppe, an deren Anfang hier Friedrich Daniel Schleiermacher gestellt werden soll (Abb. 65). Von seinen Schülern sind der Potsdamer Hof- und Gardedivisionsprediger Adolph Sydow präsent, der als Mitglied der Preußischen Nationalversammlung die Rede für die evangelischen Märzgefallenen gehalten hat, sowie der Kieler Professor für Theologie und Philosophie August Detlev Christian Twesten, der die Nachfolge Schleiermachers in Berlin antreten sollte.603 Die Universitätsprofessoren für evangelische Theologie Wilhelm Rudolph Kranichfeld, Ernst Wilhelm Hengstenberg und aus Leipzig Georg Benedikt Winer blicken dem Betrachter auf den Druckgraphiken ebenso entgegen wie der protestantische Geistliche und Pädagoge Gustav Friedrich Dinter und eine große Anzahl weiterer Kirchenprediger, unter ihnen Ludwig Vater aus der Friedrich Werderschen und Dorotheenkirche in Berlin, Superintendent Carl Adalbert Ludwig Büchsel aus St. Martin, der aus Neustadt Dosse stammende evangelische Missionar August Gericke, J. C. W. Neuendorff von St. Katharinen in Brandenburg, D. Jonas von St. Nikolai und Wilhelm Blanck, Prediger in St. Petri zu Berlin.604 Gleichsam 598 Vgl. Niemann 1817, Vorwort. 599 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 600 Vgl. ebd. 601 Vgl. ebd. Die Lithographie von Dieffenbach ist nach einer Daguerreotypie von Biow entstanden. 602 Samuel Heinrich Spiker an Louis Sachse, o. D., Zentral- und Landesbibliothek Berlin, EH 1400 VdfGB. 603 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 604 Vgl. ebd.

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auf den Lithographien erscheinende Geistliche waren der zeitweise in England lebende Georg Müller, der Waisenhäuser in Bristol und Halle aufbaute und leitete, der Breslauer Hofprediger August Erdmann Wunster, der Luckenwalder Diaconus Arnold Wilhelm Sybel oder Frater Minor aus Magdeburg.605 Unter den hugenottischen Geistlichen nahm der Prediger am französischen Dom in Berlin Gasparol Molière sicher eine auch für Sachse bedeutende Stellung ein.606 Französischer Abstammung war aber auch der auf einer Lithographie aus Sachses Verlag abgebildete promovierte Theologe und Prediger in St. Georgen zu Berlin Christian Ludwig Couard und der Direktor und Prediger am örtlichen französischen Gymnasium J. M. Palmié.607 Der aus einer hugenottischen Predigerfamilie stammende Ludwig Friedrich Franz Theremin war Oberkonsistorialrat im Kultusministerium.608 Mit einer Abbildung Lautarets ist gar ein Pastor aus Piermont in der Sammlung vertreten.609 Speziell lutherisch ausgerichtet waren der Breslauer Professor Johann Gottfried Scheibel, Mitbegründer der „altlutherischen Bewegung“, der evangelische Theologe, Schriftsteller und Historiker Christian Friedrich Bernhard Augustin, dessen Bibliothek an Lutherschriften Friedrich Wilhelm IV. für das Wittenberger Lutherhaus erwarb, oder der Calvinist und Seminarinspektor Paul Henry.610 Auch ein historisches Porträt des berühmten Mitstreiters Luthers selbst, Philipp Melanchthon, wurde von Sachse herausgegeben.611 Daneben sind katholische Geistliche auf Lithographien in der Sachse-Sammlung zugegen, so der Erzbischof von Posen Martin von Dunin oder Johannes Ronge, der sich wiederum für die Gründung des Bundes freireligiöser Gemeinden in Berlin einsetzte.612 Edouard Wilhelm Kuntze war ökumenischer Pastor in St. Elisabeth zu Berlin, Constantine Oikonomos gar ein griechisch-orthodoxer Geistlicher und „L.M. Berlin“ ein Landrabbiner in Kurhessen.613 Mit Franz Julius Delitzsch erscheint das Bild eines evangelischen Theologen und herausragenden Kenners der hebräischen Sprache und der rabbinischen Literatur, der sich mit großem Engagement für die Judenmission in Berlin einsetzte.614 Leopold Zunz wurde als Mitbegründer der „Wissenschaft des Judentums“ bekannt.615 Von einem persönlichen Umgang Sachses mit Einzelnen der Genannten konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. Trotzdem Sachse ein gläubiger Protestant war, scheint er es durchaus nicht jeden Sonntag in die Kirche geschafft zu haben: „Nach langer Zeit kam ich gestern in den Genuß einer guten Predigt und das heilige Abend605 Vgl. ebd. 606 Vgl. ebd. 607 Vgl. ebd. 608 Vgl. ebd. 609 Vgl. ebd. 610 Vgl. ebd. 611 Vgl. ebd. 612 Vgl. ebd. 613 Vgl. ebd. 614 Vgl. ebd. 615 Vgl. ebd.

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mahl gehabt und bin wirklich einmal recht erbaut worden. Man sollte sich wirklich solch herrlichen Genuß, wie ihn die Kirche bringt öfter verschaffen und ich muß jetzt schon des sonntags mich öfter dazu losreißen“, gestand er seiner jungen Frau Nanni.616 Wiederholt spricht Sachse in seinen Briefen von seinem festen Glauben an seine „Bestimmung“: „[W]enn der Mensch auch immer seines eigenen Glückes Schmied ist, so bleibt am Ende doch die weise Führung des allmächtigen Schöpfers unverkennbar.“617 Die Sinnfrage des eigenen Erdenlebens und das Streben nach Erfüllung einer nützlichen, der Menschheit dienenden Aufgabe waren ihm Motivation und Begleiter: „[I] ch denke manchmal, ob ich wohl, riefe mich der Schöpfer jetzt, nicht so ganz unnütz dagewesen wäre. [...] ich habe doch schon gelitten und gekämpft im Leben, habe willig für einen großen Gedanken meine Freiheit daran gesetzt, das ist doch etwas.“618 Der Mensch dürfe sich seiner Bestimmung nicht entziehen, „nicht murren“, da alles so komme, wie es kommen solle, auch wenn Sachse „oft bemerkt“ habe, dass beide, er und seine Frau Nanni, „zu sehr Franzosen sind, welche lieber gegen die Gebote Gottes handeln, als sich in Bequemlichkeit zu stören“.619 Sich bessern und redlich kämpfen wollte er, Mut und Tapferkeit an den Tag legen, auch wenn es manchmal im Willen Gottes zu liegen scheint, dass es anders kommt als gewünscht.620 Von großer Wichtigkeit war es Sachse, dass jeder Mensch dem anderen stets mit dem nötigen Respekt begegnete: „[I]ch nenne den Bräutigam sehr unliebreich, der seine Braut Verwandten, mögen sie Heiden oder Türken, Juden oder Christen seyn, nicht die gehörige Achtung angedeihen lässt.“621 Eine humanistisch aufgeklärte, liberale Geisteshaltung bei gleichzeitig großer Vaterlandsliebe spricht aus vielen Äußerungen Sachses. Mit dem Porträt Moses Mendelssohns, Wegbereiter der jüdischen Aufklärung in Berlin, soll zu den bei Sachse erschienenen Bildnissen bekannter zeitgenössischer Dichter, Schriftsteller und Philosophen übergeleitet werden.622 Darunter befindet sich David Friedländer (Abb. 66), der sich als Freund Moses Mendelssohns um praktische Formen der Konvergenz zwischen Juden- und Christentum in Berlin bemühte, erster jüdischer Stadtrat der preußischen Hauptstadt wurde und sich als Freund und Förderer der Wissenschaften und Kunst um Alexander und Wilhelm von Humboldt einen Namen machte. Auf Arthur Schopenhauer (Abb. 81) wird später noch einmal kurz zurückzukommen sein. Friedrich Schiller ist gleich drei Mal als Lithographie der gemalten Porträts unterschiedlicher Künstler präsent.623 Der Forschungsreisende, Botaniker und Dichter Adalbert von Chamisso ist zu erblicken ebenso wie der humoristisch satirische Erzähler und spätromantische Dichter Franz von Gaudy, mit dem Chamisso 616 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 27. April 1829. 617 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 13. Mai 1828. 618 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 22. Mai 1829. 619 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 27. April 1838. 620 Vgl. ebd. 621 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 10. Februar 1828. 622 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 623 Vgl. ebd.

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den „Deutschen Musenalmanach“ herausgab.624 Der Philosoph und Universitätsprofessor Georg Friedrich Wilhelm Hegel präsentierte sich sowohl als Brustbild als auch in seinem Arbeitszimmer (Abb. 67). Julius Ludwig Sebbers hatte Hegel im Schlafrock 1828 ebendort (sprich in seinem Arbeitszimmer) „nach der Natur“ in einem Aquarell festgehalten.625 Noch im gleichen Jahr lithographierte derselbe das Blatt und ließ es bei Sachse drucken und verlegen.626 Das lithographierte Porträt gehört somit zu den frühesten Blättern aus Sachses Institut. Zudem war es nach der Natur gezeichnet und keine Reproduktion nach einem Gemälde oder einer anderen Druckvorlage. Das Blatt zählt noch heute zu den bedeutendsten Drucken, die das Bildnis Hegels deutschlandweit bekannt machten.627 Der ebenfalls porträtierte Bruder des Junghegelianers Bruno, Edgar Bauer, war als politisch-philosophischer Schriftsteller und Aktivist 1843 aufgrund der Veröffentlichung einer Streitschrift über die Kritik von Kirche und Staat zu vier Jahren Festungshaft in der gleichen Arrestanstalt in Magdeburg verurteilt worden wie zuvor Sachse.628 Ludolf Parisius war Politiker, Schriftsteller und Jurist, Karl Ludwig Seidel veröffentlichte Schriften über Ästhetik, Philosophie, Literatur und Geschichte, Franz Christoph Horn war Romandichter und Literaturhistoriker, Karl Gutzkow war Schriftsteller und Ernst von Houwald Schriftsteller und Dramatiker.629 Auf den in der Einführung zitierten Adolph Glassbrenner (Abb. 68), mit dem Sachse schriftlich korrespondierte, soll hingewiesen werden, ebenso wie auf Leopold Freiherr von Zedlitz.630 Letzterer hatte 1834 das bereits zitierte „Neueste Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam zum täglichen Gebrauch des Einheimischen und Fremden aller Stände“ herausgegeben, worin der lithographischen Anstalt Sachses ein bedeutender Platz eingeräumt worden war.631 Louis Sachse, der zur Zeit seiner Gefangenschaft selbst Aufsätze und vor allem Theaterkritiken verfasst hatte, war zeitgemäß literarisch gebildet.632 Neben Friedrich Schiller 624 Vgl. ebd. 625 Das Aquarell wurde 1970 noch in einer Privatsammlung befindlich erwähnt, heute gilt es als verschollen; vgl. www.hegel.net. 626 Die Lithographie weist kleine Veränderungen zur Aquarell-Vorlage auf. Die auf dem Aquarell neben dem Bücherstapel auf dem Schrank stehende Flasche fehlt und auf den Büchern sind nun Namen zu lesen wie Plato und Aristoteles. Die Lithographie liegt auch im Hegel-Haus in Stuttgart neben dem charakteristischen Barett Hegels aus; vgl. ebd. 627 Vgl. ebd. Sogar Goethe soll die Lithographie, auf die er wartete, die aber in einem Postpaket lag, das verschollen ging, in einem Brief erwähnt haben. 628 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 629 Vgl. ebd und Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Grafische Sammlung (Parisius). 630 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 631 Vgl. Zedlitz 1834, S. 426f. 632 Vgl. Sachse, Louis F. 1822. Sachse hatte diese Abhandlung während seiner Untersuchungshaft in der Hausvogtei in Berlin verfasst; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 19. Es wird darauf in Kapitel IV.1.b, „Europäische Malkunst für Berlin“, noch kurz zurückzukommen sein. Am gleichen Ort wird eine ganze Reihe von handschriftlichen Theaterkritiken Sachse aus den Jahren von 1822 bis 1826 aufbewahrt.

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und Wolfgang Goethe, dessen Torquato Tasso Sachse als „kühnstes Kunstproduct“ bezeichnete,633 finden sich in seinen Aussagen der 1820er und 1830er Jahre immer wieder Zitate oder direkte Verweise auf Jean Paul: „Ein besseres Erkennen eines Schriftstellers wie Jean Paul kann man von keinem Literaten erwarten, und wer eine Sache wirklich erkennt, der kann sie auch beurteilen.“634 Insbesondere für das Verarbeiten seiner früheren Gefangenschaft scheint Jean Pauls Gedankenwelt eine gewisse aufbauende Rolle für Sachse gespielt zu haben. Während jener „Tage in der Dunkelheit“ hatte er außerdem „Lessing, Engel, Schlegel und einige andere Theoretiker“ studiert, in deren Schriften Sachse nicht nur „Gefühl und Sinn“, sondern auch „Vollkommenheit“ in Form, Rhythmus und Silbenmaß fand.635 Seiner Frau Nanni empfahl Sachse regelmäßig Literatur zur „Erbauung“: „Ich habe [...] aus meiner Bibliothek den herrlichen Stilling (Jung) Selbstbiographie wieder herausgeholt und finde es trotz der alten Schreibart [...] noch immer herrlich. Dies Werk, betitelt: Heinrich Stillings Jugend: Jünglings- und Wanderjahre empfehle ich dir also als die nächste Lektüre. Du findest keine Roman, sondern die Schicksale eines sehr berühmten Mannes höchst einfach und mehr rührend und interessant beschrieben.“636 Sachse, der danach strebte, „noch einmal ein rechtmäßiger Weltbürger zu werden, so ein Erfinder irgend eines Nützlichen, zu Wohl der Menschheit führenden“,637 sah in den Lebensläufen bedeutender Männer sicher auch eine gewisse Vorbildhaftigkeit für sein eigenes Wirken.638 Eine weitere Bildnisgruppe der in Sachses Institut erschienenen Blätter machen die Pädagogen aus. Der Lübecker Syndikus Carl Georg Curtius wäre hier ebenso zu nennen wie „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, der Gründer der Erziehungsanstalt in Charlottenburg Jacob Ludwig Cauer und der „preußische Pestalozzi“ Wilhelm von Türk.639 Eine Reihe weiterer zeitgenössischer Schulpolitiker sind vertreten wie der liberale Pädagoge Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg, der evangelische Theologe und Schulreformer Christoph Gottfried Zerrenner oder August Wilhelm Spillecke.640 Karl Friedrich von Klöden war der Gründer der ersten städtischen Gewerbeschule in Berlin.641 Bevor auf die Repräsentanten aus Musik und Theater, Architektur und Kunst eingegangen wird, sollen die Bildnisse einiger, ganz unterschiedlichen Tätigkeiten nachgehender Bürger Erwähnung finden, die die Farbigkeit und Lebendigkeit der hier vertretenen 633 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. Oktober 1826 und ebd., Berlin, den 26. Oktober 1826: „[Du] kannst beim Lesen darin immer an mich denken, denn jede Stelle hat mich entzückt und ich weiß ihn fast ganz auswendig.“ 634 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 7. Oktober 1826. 635 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 22. Oktober 1826. 636 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 19. November 1826. 637 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. August 1826. 638 In dem Kapitel zu Sachse und Senefelder ist bereits darauf hingewiesen worden. 639 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 640 Vgl. ebd. 641 Vgl. ebd.

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damaligen Gesellschaft unterstreichen. Namhafte Protagonisten des industriellen Fortschritts waren die „Eisenbahnkönige“ August Borsig und Berthel Henry Strousberg.642 Auch Carl Friedrich Claudius war Unternehmer und ging mit seinem Wachstuchballon in die Geschichte der Luftfahrt ein.643 Nikolas Thomas Blesson war Küchenmeister (Abb. 69). Aus der Verlagsbranche kamen Ernst Siegfried Mittler, der sich auf die Herausgabe von militärwissenschaftlichen Schriften konzentrierte, und Carl August Malzdorff.644 Christian Gottfried Hillig, Doktor der Rechte in Leipzig, sei „weniger auf Ausübung seines Sachwalterberufes, als auf Pflege der Künste bedacht“ gewesen.645 Er war ein Freund Goethes und besaß selbst eine beachtliche Graphiksammlung, die 1845 bei Rudolph Weigel in Leipzig versteigert wurde.646 Johann Jacob Hahn war Kaufmann und Stadtrat in Elbing, der Preußische Landes-Ökonomie-Rat Johann Gottlieb Koppe gab in den 1840er Jahren die Landwirtschaftliche Literatur Zeitung heraus. 647 Aus annähernd 65 Bildnissen, die nicht oder nur ungenügend namentlich ausgewiesen sind, konnten lediglich einige wenige Damenporträts näher bestimmt werden. Unter ihnen Marianne Stosch, die Frau des Berliner Oberhofpredigers Ferdinand Stosch, Christiane Natorp, Frau des Theologen Ludwig Natorp und Friederike Kolbe, die mit dem Landschaftszeichner Carl Wilhelm Kolbe d. Ä. verheiratet war.648 Ein als „Frau von Astaschef“ bezeichnetes Porträt zeigt eventuell die Gemahlin jenes reichen Russen, der von 1842 bis 1878 ein herrschaftliches, als Treffpunkt der gehobenen Gesellschaft bekanntes Haus in Tomsk führte.649 Minka von Schele war die Frau des Ministerpräsidenten des Königreichs Hannover und Generalpostmeisters der privaten Thurn-undTaxis-Post in Frankfurt am Main, Eduard August Friedrich Freiherr von Schele zu Schelenburg.650 Da für Sachse ein günstiges Auskommen mit den verschiedenen Postbeamten eine wichtige Voraussetzung für die Logistik seines Geschäftsbetriebes darstellte, verwundern die gehäuften Darstellungen kaum. Auch das Bildnis Carl Schneiders, Sohn des Hofrats und Oberpostdirektors Schneider, ist möglicherweise dahingehend einzuordnen. Auf Sachses leidenschaftliche, zeitlebens andauernde Auseinandersetzung mit der Welt der Musik und des Theaters näher einzugehen, wäre sicher aufschlussreich, kann im Rahmen dieser Darstellungen jedoch nicht geleistet werden. Bereits zur Zeit seiner Festungshaft schrieb Sachse eine Reihe von Theaterkritiken, in seinen Tagebüchern und Briefen reihen sich unzählige, oft ausführliche Kommentare infolge der regelmäßigen Besuche der Schauspiel- und Opernhäuser sowohl in Berlin als auch während seiner 642 Vgl. ebd. 643 Vgl. ebd. 644 Vgl. ebd. 645 Vgl. ebd.; vgl. Biedermann 1865, S. 175f. und Kneschke 1869, S. 309. 646 Vgl. Verzeichnis Hillig 1845. 647 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 648 Vgl. ebd. 649 Vgl. ebd. 650 Vgl. ebd.

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ständigen Reisen durch ganz Europa, insbesondere Paris und Wien, aneinander. Die in der Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin erhaltenen zahlreichen graphischen Porträts von Schauspielern, Komponisten, Intendanten und Musikern vermitteln einen entsprechend lebendigen Eindruck der allgemeinen Theaterbegeisterung jener Tage. Eine der bekanntesten hier erscheinenden Sängerinnen war Luise Köster-Schlegel, von der eine Lithographie nach einer Fotografie erhalten ist.651 Sie sang am Berliner Opernhaus ebenso wie Leopoldine Tuszek.652 Johanna Wagner, die zunächst als Sopranistin bei ihrem Onkel Richard Wagner in Dresden auf der Bühne stand, war später Kammersängerin in Berlin.653 Auguste von Fassmann, Amalie Taglioni, Lina Roser, Pauline von Schätzel, Carla Novello, Sophia Löwe, Pauline Marx und die französische Opernsängerin Zelia Trebelli waren alle äußerst beliebte Stimmen ihrer Zeit.654 Zu internationalem Ruhm gelangte die „schwedische Nachtigall“ und zeitweise Geliebte Chopins Jenny Lind (Abb. 70), die 1844 erstmals in Berlin und dann in allen Hauptstädten Europas auftrat.655 Aber auch auf der Theaterbühne waren die Frauen stark vertreten, wovon die Bildnisse von Helma Heyne, Auguste Crelinger,656 Charlotte Birch-Pfeiffer, Emilie Haupt, Anais Castellan oder der als kokett bezeichneten Geliebten von Franz Liszt, Charlotte von Hagn, zeugen.657 Amalie Wolff, geb. Malcomi, ist als Königin Elisabeth in „Die Flucht nach Kenilworth“ als kolorierte Lithographie von Sachse herausgegeben worden.658 Therese Humbert stand Sachse auch privat nah, da sie als geborene Coqui selbst aus einer wohlhabenden Magdeburger Familie stammend in das Haus der eng befreundeten Seidenfabrikantendynastie eingeheiratet hatte. Den Berliner Großkaufleuten Humbert gehörte u. a. das neben der königlichen Bank gelegene Grundstück Jägerstraße 35.659 Den häufigen und sehr vertrauten Umgang mit der Familie beschreibt Sachse in zahlreichen seiner Briefe. Weiterhin von den überlieferten Bildnissen aus Sachses Institut ausgehend genossen die Sänger Robert Kraus und Edouard Vogt ebenso wie die Schauspieler Ludwig Schneider, Hermann Henrichs, Ludwig Dessoir und Heinrich Ludwig Schmelka in Berlin einen hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad.660 Ludwig Devrient, aus einer 651 Vgl. Theatergeschichtliche- und Hebbelsammlung, Kiel. 652 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 653 Vgl. ebd. 654 Vgl. Theatergeschichtliche- und Hebbelsammlung, Kiel (Fassmann; Taglioni; Löwe); vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung (Wagner; Roser; Schätzel; Novello; Marx; Trebelli). 655 Vgl. Franzen 1990. 656 Die Lithographie könnte nach einer Daguerreotypie entstanden sein. 657 Vgl. Theatergeschichtliche- und Hebbelsammlung, Kiel (Heyne; Crelinger); vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung (Birch-Pfeiffer; Haupt; Castellan; Hagn); vgl. Damen Conversations Lexikon, Bd. 5, o. O. 1835, S. 115f. 658 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung „Die Flucht nach Kenilworth“, Trauerspiel von J. R. Lenz nach einem Roman von Walter Scott. Die Lithographie ist nach einer Zeichnung von Julius Schoppe entstanden. 659 Vgl. Stulz-Herrnstadt 2002, S. 127–135 und S. 181–190. 660 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung.

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bekannten Künstler- und Schauspielerfamilie stammend und mit E.T.A. Hoffmann eng befreundet, ist in seiner Rolle als König Lear im gleichnamigen Drama von Shakespeare bei Sachse erschienen. Der Lear war die Debütrolle des Künstlers in Berlin.661 Die Theatergeschichtliche und Hebbelsammlung in Kiel verwahrt ein weiteres Blatt aus Sachses Institut, das Devrient als Gloster in dem Trauerspiel „Richard III.“ von Shakespeare zeigt.662 Es ist gezeichnet und lithographiert von Ludwig Sebbers. In einem Brief an Louis Sachse vom Juni 1829 bedankt sich der Berliner Theaterintendant und Komponist Friedrich Wilhelm Graf von Redern (1802–1883) für den Erhalt eben jener Lithographie: „Euer Wohlgeboren danke ich freundlichst für das mir übersendete Bild Devrients als Gloster, und werde es an dem hierzu ganz ersten Orte aufhängen lassen. Die beabsichtigte Subscriptions Einladung bei dem Vorspiele der königlichen Bühne genehmige ich gern.“663 Aus den wenigen Zeilen des Intendanten geht hervor, dass der theaterbegeisterte Sachse hier und da Blätter wohl auch zur eigenen Empfehlung verschenkt zu haben scheint. Der Sänger Joseph Spitzeder präsentierte sich seinem Publikum auf einer Lithographie von Sachse, ebenso der Bühnenautor Karl Martin Plümicke.664 Neben dem Theaterintendanten Karl Theodor Kustner sind zahlreiche Musikdirektoren und Komponisten auf den erhaltenen Blättern zu entdecken.665 Gustav Albert Lortzig machte sich als einer der Hauptrepräsentanten der deutschen Variante der Opéra Comique einen Namen, der angesehene Komponist Friedrich Schneider war als Organist und Hof-Kapellmeister in Dresden tätig, Wilhelm Taubert war Musikdirektor der königlichen Oper in Berlin und Heinrich August Neidhardt leitete als Direktor des königlichen Hof- und Domchors zu Berlin den führenden deutschen Knabenchor.666 Von den ausländischen musikalischen Persönlichkeiten ist sowohl Joseph Haydn als auch der französische Opernund Ballettkomponist Adolphe Adam und der belgische Violinist François Prume zu nennen.667 Letzteren hatte Carl Begas gezeichnet, der in Paris ausgebildeter Berliner Akademieprofessor und einer der beliebtesten Porträtmaler seiner Zeit war. Auch sein Bildnis ist als Lithographie aus Sachses Institut erhalten, ebenso wie jene Porträts von Johann Gottfried (Abb. 71) und Wilhelm von Schadow, Wilhelm Krause (Abb. 72), Christian Rauch, Franz Catel und die der Franzosen Eugène Lepoittevin, Horace Vernet (Abb. 73) und Paul Delaroche (Abb. 74).668 Auf die drei gefeierten Maler der französischen Schule wird noch einmal gesondert eingegangen werden, ebenso wie auf die 661 Vgl. ebd.; vgl. Freydank 1988, S. 163. 662 Vg. Theatergeschichtliche und Hebbelsammlung, Kiel (Inv. Nr. G486). 663 Freie Universität zu Berlin, Institut für Theaterwissenschaft, Archiv und Theaterhistorische Sammlung, Inv.-Nr. 115/4500, Friedrich Wilhelm Albert Graf von Redern an Louis F. Sachse, Berlin, den 18. Juni 1829. 664 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 665 Vgl. ebd. 666 Vgl. ebd 667 Vgl. ebd. 668 Vgl. ebd.

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bei Sachse verkehrenden Künstler insgesamt. Das lebendige Berliner Gesellschaftsbild, wie es die erhaltenen Porträtlithographien aus Sachses Institut aufzeigen, rundet eine Gruppe bedeutender Architekten ab. Zu ihnen gehören August Stüler, Ludwig Persius, Karl Friedrich Schinkel (Abb. 75), Leonhard Dorst, Carl Knoblauch und Carl Friedrich Langhans.669 Die überwiegende Zahl der Darstellungen sind Brustbilder. Der Oberkörper ist meist leicht zu einer Seite gedreht, das Gesicht wird von vorne oder im Dreiviertelprofil gezeigt, wobei der Dargestellte nicht immer den Betrachter direkt ansieht. Eine betonte Einfachheit und Zurückhaltung spricht aus den meisten Bildern, was durch den oft nicht näher bestimmten Hintergrund noch unterstrichen wird. Seltener sind Halboder Ganzfigurenporträts wie das Blatt Alexander von Humboldts (Abb. 32). Zuweilen sind die Figuren in einem angedeuteten Garten, einem Innenraum oder eine Landschaft gesetzt und erhalten so Hinweise auf soziale Stellung, Beruf oder Geisteshaltung, wie beispielsweise bei den Bildnissen von Leopold von Buch und Friedrich Hegel, welche einmal als Brustbild und ein anderes Mal in Studier- bzw. Arbeitszimmer dargestellt sind (Abb. 63 und 67). Eine Sonderform stellen Gruppenbilder dar, die ebenfalls recht zahlreich von Sachse herausgegeben worden sind. Zumeist im Kreis oder übereinander angeordnet erscheinen hier etwa fünf bis zehn Bildnisse verschiedener Persönlichkeiten auf einem Blatt. Sie sind jeweils einer Berufs- oder Geistesgruppe zuzuordnen. Die Lithographien sind entsprechend untertitelt: „Berliner Künstler“ (Abb. 76), „das Gelehrte Berlin“ (Abb. 77), „Deutsche Dichter und Schriftsteller“, „Englische Dichterportraits“.670 Manche dieser Gruppenbilder erschienen in Folgen, was den Gedanken und das Interesse an einer Porträtsammlung konsequent weiterführt. Die Darstellungen fürstlicher Prominenz oder der Größen aus Literatur, Kunst und Wissenschaft fanden beim Publikum regen Anklang, was viele Künstler dazu animierte, Porträtsammlungen berühmter Zeitgenossen in größerem oder kleinerem Umfang anzulegen.671 So hatte beispielsweise Carl Begas, von dem acht Lithographien in der Sachse-Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin erhalten sind, den „Teufelsgeiger“ Paganini bei einem Auftritt in Berlin nach der Natur gezeichnet und das Blatt Sachse anschließend zum Verkauf angeboten (Abb. 78): „Mit unserem Paganini [..] machen wir ein gutes Geschäft. Gropius wollte ihn Begas nicht [für] 15 Fr. d’Or abkaufen, deshalb fiel das Krümchen vom Tisch des Reichen uns darum zu, indem Begas ihn uns überließ, und zwar für die Hälfte des Preises den er von Gropius forderte. Den Betrag ließ er sich aber sogleich auszahlen. Wir haben seit Montag früh 165 gedruckt, von denen noch ungefähr 15 da sind. Heute druckt er wieder 100 davon“, berichtete Sachse im April 1829 seiner Frau Nanni.672 669 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 670 Vgl. ebd. 671 Vgl. Geismeier 1986, S. 111. 672 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 17. April 1829.

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Franz Krüger lieferte die Vorlagen für rund 80 Lithographien aus Sachses Institut, die allein die Grafische Sammlung des Stadtmuseums Berlin bewahrt. Sie scheinen das frühe Urteil von Curt Glaser zu stützen, die Berliner Lithographie habe „während der Zeit ihrer Hauptblüte seit den zwanziger Jahren nahezu ausschließlich im Zeichen Franz Krügers“ gestanden.673 Neben den Porträts, die den umfangreichsten Teil der Krüger’schen Graphik ausmachen, waren dies Genre- und Militärszenen, Karikaturen und Pferdedarstellungen vom Rennplatz, worauf noch zurückzukommen sein wird. In der im Geheimen Staatsarchiv verwahrten Liste Sachses, worin der Verleger eine Auswahl seiner bedeutendsten lithographischen Kunstsachen bis 1838 aufzählt, sind 14 der 31 lithographierten Porträts nach Franz Krüger.674 Die Übertragung seiner Zeichnungen überließ Krüger anerkannten Lithographen, wie Friedrich Oldermann (1802–1874), Friedrich Jentzen (1804–1875) und Gustav Heinrich Gottlob Feckert (1820–1899), die regelmäßig für Sachses Verlag auf Stein zeichneten. Als „tüchtigsten unter den Berufslithographen“ bezeichete Glaser den „erfahrenen Techniker“ Friedrich Jentzen.675 Auch von Louis Sachse fertigte Jentzen ein lithographisches Porträt an – der undatierten Darstellung nach zu urteilen wahrscheinlich in den 1830er oder frühen 1840er Jahren (Abb. 79). Das Brustbild zeigt Sachse als Dreiviertelprofil im Gehrock mit gewickeltem Tuch über dem Hemdkragen. Seine welligen, nach hinten gekämmten Haare mögen auf einen dynamischen, der kritische Blick aus den Augenwinkeln (durch die Nickelbrille hindurch) und die zusammengepressten schmalen Lippen auf einen umsichtigen, aber zum Handeln entschlossenen Charakter hindeuten. Das Berliner Kupferstichkabinett bewahrt eine ganze Reihe der großformatigen Lithographien Jentzens, von denen ein bedeutender Teil bei Sachse gedruckt und herausgegeben worden ist. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Blätter nach Krü-

673 Vgl. Glaser 1922, S. 158. 674 Vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3, eigenhändige Liste Sachses zu den lithographischen Kunstsachen aus seinem Institut, Berlin, den 28. März 1838: „Philipp Ferdinand, Herzog von Orléans, gez. von Fr. Krüger, lith. von Hanfstängl; W. von Humboldt, Königl. Preuß. Staatsminister, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; von Kamptz, Königl. Preuß. Staatsminister, gez. von Fr. Krüger, lith. von Sebbers; Von Neumann, Königl. Preuß. General Major, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; Louis Herzog von Nemour, gez. von Fr. Krüger, lith. von Mateling; Franke, Aug. Wilh., Oberbürgermeister in Magdeburg, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; Wagner, Dr. und Geh. Medizinal Rath, gez. von Fr. Krüger, lith. von Beck; Langhans, Baurath, gez. von Fr. Krüger, lith. von Senefelder; Bartels, Geh. Ober Medizinal Rath und Professor der Universität zu Berlin, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; Begas, Professor und Mitglied der Akademie der Künste, gez. von Fr. Krüger, lith. von Loeillot de Mars; Pamlié, Confessorial Rath, Prediger und Direktor vom französischen Gymnasium in Berlin, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; Crelinger, Königl. Schauspielerin zu Berlin, gez. von Fr. Krüger, lith. von Oldermann; Löwe, Königl. Hofsängerin, gez. von Fr. Krüger, lith. von Fischer; Von Faßmann, Königl. Hofsängerin, gez. von Fr. Krüger, lith. von Wild.“ 675 Vgl. ebd., S. 158.

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ger-Vorlagen. Leider ist nicht bekannt, ab wann er genau für Sachse lithographierte.676 Jentzen, der gleichzeitig für das Königlich Lithographische Institut arbeitete, hatte ab 1819 die Berliner Akademie besucht und bei Heinrich Anton Dähling und Johann Gottfried Niedlich Malerei studiert.677 Ab 1822 nahm er regelmäßig an den Berliner Akademieausstellungen teil. 1824 war er erstmals Franz Krüger begegnet, wenig später entschloss er sich, professioneller Lithograph zu werden.678 Da Jentzen aus einfachen Verhältnissen stammte, vermutete Siegrid Achenbach, dass u. a. finanzielle Gründe bei der Entscheidung, das Metier zu wechseln, eine Rolle gespielt haben könnten.679 1830 weilte Jentzen für knapp ein Jahr in Paris, wo er wahrscheinlich in den Museen kopierte, vor allem aber in den hochentwickelten Steindruckwerkstätten seine lithographischen Kenntnisse schulte. Schon in Paris entstanden zudem Bildnisse nach der Natur.680 Die enge Verbindung zu Hermann Eichens, der sich als Lithograph ab 1835 gänzlich in Paris niederließ und gleichsam mit Sachse in dauerndem und regem Austausch stand, lässt an eine frühe Bekanntschaft mit dem Berliner Institutsbesitzer denken.681 Diese Annahme scheint auch ein Eintrag in Zedlitz’ „Conversations-Handbuch“ von 1834 zu bestätigen. Hier wird von der „aufmunternden Anerkennung“ durch „ehrenvolle großartige Aufträge“ aus Sachses Kunstverlag berichtet: „Gegenwärtig ist das Institut mit dem Druck des Kaisers und der Kaiserin von Russland, nach Professor Krügers sprechend ähnlichen Ölbildern, von Jentzen trefflich lithographiert, beschäftigt. Von jeder dieser Platten sind, nur um die vorläufige Nachfrage zu befriedigen, 10000 Exemplare in Petersburg bestellt.“682 Krüger hatte mit der „verblüffenden Lebenstreue“ seiner Porträts den russischen Zaren offenbar so überzeugt, dass „einem Erlaß seines Kabinetts zufolge alle in demselben befindliche Portraits S.M. des Kaisers auf den Tabatieren und Medaillons nach dem Portrait Krügers neu zu malen seien“.683 In einer Vielzahl von Kopien seien alle öffentlichen Repräsentationsräume damit gefüllt worden und Krüger selbst habe seine gelungensten Werke für staatliche Behörden und für die ganze kaiserliche Verwandtschaft multiplizieren müssen, erklärt Wasilissa Pachomova-Görres in ihrem aufschlussreichen Aufsatz zu Krügers Beziehung nach Russland.684 676 Jentzen arbeitete jedoch bereits spätestens seit 1833 in Sachses Institut. Von ihm stammt die erste bedeutende Gemälde-Reproduktion bei Sachse; vgl. Kapitel II.3.b, „Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co / Sachses Kunstblätter (Genre, Jagdstücke, Diverse)“. 677 Vgl. Siegrid Achenbach: „Der Lithograph Friedrich Jentzen“, in: Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 128, Nr. 60. 678 Vgl. Thieme Becker, Bd. 18, 1925, S. 522. 679 Vgl. Achenbach 2007, S. 128, Nr. 60. 680 Vgl. Jentzen, in: Pariser Lehrjahre 2013, S. 134f. 681 Vgl. Eichens, in: Pariser Lehrjahre 2013, S. 66f. 682 Vgl. Zedlitz 1834, S. 427. 683 Vgl. Pachomova-Görres 2007, S. 51. 684 Vgl. ebd. Dass sich so viele von Jentzens Lithographien nach den Krüger’schen Vorlagen im Berliner Kupferstichkabinett erhalten haben, mag der engen Beziehung jener Jahre zum russischen Zarenhaus geschuldet sein.

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Da die Geschäftsbücher verloren gegangen sind, ist leider nicht mehr nachzuvollziehen, wie diese lukrative Bestellung beim Institut von Sachse zustande kam. Einen solch repräsentativen Auftrag hätte sicher auch das Königliche Lithographische Institut gerne übernommen. Möglich ist, dass Krüger Sachses „Leistungen in der lithographischen Kunstparthie“ empfohlen hat, dessen Institut sich bereits mit der Ausführung bedeutender Kunstblätter und deren Vervielfältigung in großer Zahl einen „bleibenden Ruf“ erworben hatte.685 In einem Brief an seine Frau sprach Sachse am Ende ebenjenes Jahres zufrieden von ausgeglichenen Rechungsbüchern, wozu der russische Auftrag das Seinige beigetragen haben mag: „Da meine Angelegenheiten in bester Ordnung sind, besonders meine Bücher, auch hier die Passiva und Aktiva genug vorhanden sind, so glaube ich jeden Augenblick meine Augen schließen zu können. Ängstige dich also für die Zukunft nicht.“686 Auch in den folgenden Jahren sind Bemerkungen zu Geldern aus Petersburg in Sachses Briefen zu finden, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Lithographien nach den Krüger’schen Porträts des Zarenpaares tatsächlich weitere Aufträge nach sich gezogen haben.687 Später lithographierte auch Gustav Feckert (1820–1899) ein Porträt von Sachse (Abb. 80).688 Feckert, der einer jüngeren Generation als Sachse und Jentzen angehörte, hatte ab 1836 bei Albert Remy an der Berliner Akademie studiert, aber schon bald konzentrierte er sich auf das Übertragen von Gemälden und Zeichnungen von Carl Begas, 685 Vgl. Zedlitz 1834, S. 426f. Sachse und Franz Krüger fuhren 1846 zusammen nach Paris; vgl. Sachses Reisetagebücher, Anhang 1. 686 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. 687 Vgl. u. a. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837: „Ich kann aber, da das Geld von Petersburg immer noch nicht eingegangen ist, das Accreditif von Mendelssohn gar nicht benutzen [...].“ Der Vollständigkeit zuliebe sollen die von Sachse 1838 als besonders schützenswert ausgezeichneten Porträtlithographien aus seinem Institut hier außerdem kurz angeführt werden: eine von Rechlin gezeichnete Darstellung Friedrich Wilhelms III., König von Preußen, zu Pferde, einmal von Devrient und einmal von Schumann lithographiert; die Fürstin von Thurn und Taxis, die Gutekunst gezeichnet und Gille lithographiert hatte; der General Stabsarzt Dr. Wiebel, gemalt von Ternite und lithographiert von Dichter; das Porträt Hegels im Schlafrock in seinem Arbeitszimmer, das Sebbers ebenso malte und lithographierte wie jeweils das der Universitätsprofessoren Weiß und Gans; das von Carl Sohn gezeichnete wie lithographierte Bildnis Wilhelm Schadows; das von Stein gezeichnete und lithographierte Porträt des Sängers Mantius, der von Karst noch einmal als „Postillon von Lonjumeau“ gezeichnet und lithographiert aufgezählt wird; der königliche Schauspieler Schneider, einmal von Remy gezeichnet und lithographiert, und zweimal von Hosemann gezeichnet und lithographiert, und zwar einmal in seiner Rolle als Hauser im „Reisenden Studenten“ und noch einmal als Fröhlich im Singspiel gleichen Namens; der gefeierte Schauspieler am Königlichen Hoftheater Ludwig Devrient gemalt und lithographiert von Devrient und nicht zuletzt der Komponist und Musiker Berger, den Metz gezeichnet und Wildt lithographiert hatte; vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3, eigenhändige Liste Sachses zu den lithographischen Kunstsachen aus seinem Institut, Berlin, 28. März 1838. 688 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 13. Mein Dank gilt an dieser Stelle dem Landesarchiv Berlin, speziell Klaus-Dieter Pett, für die großzügige Genehmigung, dieser wie weitere Archivalien in diesem Buch veröffentlichen zu dürfen.

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Franz Krüger und anderen anerkannten zeitgenössischen Künstlern in Stein. Er sei für seine Reproduktionen „wegen ihres sprechenden Ausdrucks sehr gerühmt“ worden, so Glaser, ein „Virtuose des Steines“, der der „lithographischen Technik reichere Farbigkeit abzugewinnen“ verstand.689 Feckerts Porträtkunst charakterisiert Glaser folgendermaßen: „Er vergrößert das Format und gibt der bürgerlichen Kunst den Anstrich höfischer Repräsentation. Er kann sich nicht genug tun in glänzender Wiedergabe der farbigen Ölfläche verschiedenen Materials, in der ebenso erstmals die berühmten Portraitstecher prunkten, und technisch hat die Lithographie kaum etwas Vollendeteres hervorgebracht als die besten Bildniszeichnungen Feckerts.“690 Wann Feckert erstmals zu Sachse ins Atelier trat, ist heute ebenfalls nicht mehr zu belegen.691 Das Brustporträt, das er von Sachse schuf, mag aber die gegenseitige Wertschätzung belegen. Es befindet sich im Berliner Landesarchiv und ist von fremder Hand auf 1850 datiert worden. Trotz des relativ großen Formats lässt das Bildnis Sachses kaum etwas Repräsentatives zu, zumindest nicht in dem von Glaser beschriebenen Sinn. Seine leicht vorgebeugte Haltung, der einfache Gehrock mit über dem Hemdkragen gewickelten Halstuch und nicht zuletzt der – im Gegensatz zur „jugendlichen“ Entschlossenheit in Jentzens Zeichnung – milde, eher warmherzige Gesichtsausdruck vermitteln vielmehr der Eindruck des privaten, des persönlichen Blicks des Künstlers auf den Dargestellten. Sachse scheint sich hier überhaupt nicht zu repräsentieren oder zu inszenieren. Dargestellt im Dreiviertelprofil schaut er über die rechte Seite gerade aus dem Bild heraus. Sein angedeutetes Lächeln mag darauf hinweisen, dass er sich der Anwesenheit seines Porträtisten bewusst ist. Auch die insgesamt etwas ungelenke Ausführung lässt vermuten, dass Feckert Sachses Porträt nicht nach einem Gemälde, einer Zeichnung oder einem Aquarell reproduzierte, sondern dieses nach der Natur auf den Stein zeichnete. Möglicherweise entstand das Bildnis weniger für die Öffentlichkeit als für einen privaten Rahmen im Zuge des persönlichen Umgangs mit dem Verleger. Wie zufrieden oder unzufrieden Sachse mit seinen eigenen Bildnissen war, wissen wir nicht. Von den Kunden, die sich in Sachses Institut lithographieren ließen, sind hingegen zwei Fälle verärgerter Auftraggeber bekannt. Einer dieser beiden unzufriedenen Klienten war Adolph Glassbrenner (1810–1876, Abb. 68). Der „Vater des Berliner Witzes“692 war Schriftsteller und überzeugter Demokrat und lebte seit seiner Heirat mit der Schauspielerin Adele Peroni 1840 im mecklenburgischen Neustrelitz. Hier arbeitete er an seinem erfolgreichsten Werk „Der Neue Reinecke Fuchs“ und den Serienheften „Berlin, wie es is(s)t – und trinkt“. Glassbrenner hatte 1842 bei Sachse eine Porträtlithographie seiner Frau Adele in Auftrag gegeben. Die zugesandte Lithographie nach einem gemalten Porträt hatte anfangs noch den ungeteilten Beifall des Kunden gefunden: „Die 689 Vgl. Glaser 1923, S. 159. 690 Vgl. ebd. 691 Sachses Sohn erwähnt Feckert 1857 in Paris; vgl. Kapitel IV.2.c, „ Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon / Wie der Vater, so der Sohn?“. 692 Vgl. „Glassbrenner, Adolph“, in: Meyers Konversations-Lexikon, Bd. 7, Leipzig/Wien 1885– 1892, S. 408.

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Lithographie hat meinen und des Malers Beifall in vollem Maße. Auf der Brust ist ein Strich, der aber wohl nur durch den flüchtigen Abzug entstanden.“693 Unterhalb der Darstellung sollten nun nur noch der Name des Malers „E. Hahn“, der Porträtierten „Adele Peroni Glassbrenner“ und des Verlages gesetzt werden.694 Der Preis war in das beigelegte Formular nicht eingetragen worden, weshalb Glassbrenner mahnte: „Hoffentlich wird es nur eine 3 [Friedrichsdor, d. V.] sein. Rechnen Sie ein zu Alles recht billig, nehmen Sie einen Leidenden nicht wie jeden Anderen. Lassen Sie nun schnell – denn wir reisen bald fort – 200 Expl. auf ersten und 100fache abziehen und senden Sie mir dieselben, nebst Bild, höchstens in 8 Tagen. Eilen Sie ja, geehrte Herren!“695 Die Zahlung würde nach Erhalt der Abdrücke und der Rechung folgen. Zum Schluss fügt Glassbrenner noch hinzu, dass er wünsche, dass das Bild bei Sachse in der Handlung ausgestellt werden würde. Entgegen der Erwartung war der Schriftsteller mit den ihm daraufhin zugesandten Exemplaren jedoch nicht zufrieden. Am 18. Mai 1842 schrieb er an die Kunsthandlung Sachse: „Es tut mir leid Ihnen meine vollständige Unzufriedenheit mit den gestochenen Bildern aussprechen zu müssen. [...] Ich begreife nicht, wie mir Ihre berühmte Kunsthandlung dergleichen schicken konnte. Alle hiesige Sachverständige sind einstimmig der Meinung, dass das Bild so nicht der Öffentlichkeit übergeben werden darf.“696 Glassbrenner konnte sich nicht mit dem chinesischen Papier anfreunden und die „höchst auffälligen Fehler besonders am Kopf und der Schein über dem Haupt“ wollte er umgehend retuschiert wissen.697 Möglich, dass die Schauspielerin sich in ihrer Eitelkeit verletzt fühlte, da Glassbrenner urteilt, dass die Abdrücke „nichts von der Hauptsache, von der Hauptfreude, welche [s]einer Frau beygebracht“ sei, also seine Frau nicht im rechten Glanz erstrahlen lassen würden.698 Unabhängig davon ärgerte sich Glassbrenner über eine nicht eingehaltene Preisabsprache: „Kurz, die Exemplare müssen, wie sich von selbst versteht, untadelhaft seyn, soll ich nicht den gestellten, sondern den vereinbarten Preis zahlen. Ihr Herr Louis Sachse nannte mir als höchsten für die Lithographien 4 Louis d’Or: das ist dann auch der höchste, den ich zahle, wobei ich davon absehen will, dass die Unterschrift mit 3,15 Th. und der Druck mit 6 Th. für hundert angesetzt ist.“699 Leider konnte das Antwortschreiben Sachses nicht aufgefunden werden. Er scheint jedoch die Drucke aus seinem Institut verteidigt zu haben. Am 693 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, NL Glassbrenner B 407: Adolph Glassbrenner an Louis F. Sachse, Neustrelitz, den 4. Mai 1842. 694 Vgl. ebd. 695 Vgl. ebd. 696 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, NL Glassbrenner B 407: Adolph Glassbrenner an Louis F. Sachse, Neustrelitz, den 18. Mai 1842. 697 Vgl. ebd. 698 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, NL Glassbrenner B 407: Adolph Glassbrenner an Louis F. Sachse, Neustrelitz, den 29. Mai 1842. 699 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, NL Glassbrenner B 407: Adolph Glassbrenner an Louis F. Sachse, Neustrelitz, den 18. Mai 1842.

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29. Mai 1842 schrieb Glassbrenner zurück: „Sie sind eher ungerecht gegen mich, als ich gegen Sie. Von Anderen mich zu irgendeiner unbilligen Handlung verleiten zu lassen, sieht mir so unähnlich wie die mir übersendeten Exemplare des Bildes den Probeabdrücken.“700 Glassbrenner ließ sich auf eine grundsätzliche Diskussion mit Sachse ein, die das nicht immer einfache Verhältnis zwischen den Erwartungen des Auftraggebers, dem Künstler, hier dem Lithographen, und dem ausführenden Institut umschreibt: „Obschon Sie recht haben, dass ich wenig oder nichts von der Lithographie verstehe, so verstehe ich doch saubere Lithographien von unsauberen zu unterscheiden, nur es wäre mir unbegreiflich wenn Sie wollen, dass ein Bild mit solchen Fehlern aus Ihrer Handlung verkauft würde. Wie kommen Sie nur zu der Meinung als wolle ich Ihnen schaden? Aber sein Sie gerecht Herr Sachse! Soll ich wenn ich den theuren Preis zahle nicht den Anspruch dorthin haben und Ihre Handlung von einer gelungenen Lithographie meine Abdrücke zu bekommen?“701 Glassbrenner hatte Sachses Kenntnis und seine „berühmten Kunstreisen als Garantie für das vollkommene Gelingen des Bildes“ vorausgesetzt. Als Güte zur Einigung schlug er schließlich vor: „Zur Sache mehr, ohne alle Missgunst: wir beide sind ehrlich und gerecht. Lassen Sie die Stellen des Bildes retuschieren, ich nehme sie dann bei meiner Unterkunft nach Berlin – 2., 3. Juni – in Empfang und zwar gegen baare Zahlung.“702 Gerne wüsste man, ob und wie die Herren zu einer gütigen Einigung gekommen sind. Ein anderer unzufriedener Porträtkunde aus Sachses lithographischem Institut, von dem sich eine Korrespondenz erhalten hat, war Arthur Schopenhauer (1788– 1860, Abb. 81). Der Philosoph habe, wie Carl Gebhardt im Zuge der Ausstellung der Schopenhauer-Bildnisse 1913 in Frankfurt einleitend feststellte, zeitlebens „selbst dafür Sorge getragen, dass sein Äußeres, in dem er den Spiegel seines Wesens sehen durfte, in getreuen Bildnissen der Nachwelt überliefert werde“.703 Zwischen 1855 und 1859 entstanden allein fünf in Öl gemalte Porträts, von denen jedoch keines den genial Schaffenden „recht zufrieden“ stellte.704 Drei dieser Bildnisse stammen von dem anerkannten französischen Maler Jules Lunteschütz (eigtl. Isaak Lunteschütz [1822–1893]). Der seit 1845 in Frankfurt am Main ansässige Künstler war als Tischgenosse am englischen Hof mit dem Philosophen vertraut geworden und malte 1855 ein erstes Porträt.705 Das Bild

700 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, NL Glassbrenner B 407: Adolph Glassbrenner an Louis F. Sachse, Neustrelitz, den 29. Mai 1842. 701 Vgl. ebd. 702 Vgl. ebd. 703 Gebhardt 1913, S. 7. 704 Vgl. ebd., S. 9f. 705 Vgl. Briefe Schopenhauer an Christian Martin Julius Frauenstädt vom 2. Mai 1855, 7. September 1855, 23. Dezember 1855 und Schopenhauer an Becker vom 20. Januar 1856, Schopenhauer an Adam von Doss, vom 27. Februar 1856 und Schopenhauer an den Käufer des Bildes, den Gutsbesitzer Carl Ferdinand Wiesike vom 3. September 1856, in: Gebhardt 1913, S. 21f.

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war in Frankfurt und im darauffolgenden Jahr in Berlin auf der Akademieausstellung zu sehen. Es befindet sich heute im Frankfurter Städelmuseum.706 Bei der bei Sachse in Auftrag gegebenen Lithographie handelte es sich um eine Reproduktion nach ebenjenem ersten Ölgemälde. Schopenhauer erwähnt diese erstmals in einem Brief an Johann August Becker (1803–1881) vom 20. Januar 1856: „[E]s [das Porträt, d. V.] wird jetzt in Berlin sehr schön lithographiert“; und an Adam Ludwig von Doß (1820–?) vom 27. Februar 1856: „[…] wo es [das Porträt, d. V.] jetzt sehr schön lithographiert wird.“707 Dem Käufer der Bildes, den brandenburgischen Gutsbesitzer Carl Ferdinand Wiesike (1798–1880), hatte Schopenhauer noch im September 1855 berichtet, dass sich ein Lithograph gemeldet hätte, „dem jedoch L[unteschütz] seine Erlaubnis verweigert hat, mit meiner Bestimmung. Wir möchten lieber einen saubern Kupferstich – ist honoriger“.708 Ob es finanzielle Überlegungen waren, die dann doch der preisgünstigeren lithographischen Reproduktion den Vorzug gaben, oder andere Gründe eine Rolle spielten, ist kaum mehr nachzuvollziehen. Offenbar war es jedoch Lunteschütz selbst, der sich an das Sachse’sche Institut wandte. Mit dem von L. Wildt lithographierten Bildnis waren beide, Künstler und Porträtierter, dann auch durchaus zufrieden. Das angekündigte Ärgernis gründete vielmehr auf einem Fehldruck im Namen. Schopenhauer schrieb darüber in einem Brief an Christian Martin Julius Frauenstädt (1813–1879) vom 13. März 1856: „Von beifolgenden 2 Lithographien, werther Freund, verehre ich die Eine Ihnen, die Andere Dr. Lindner, welchem ich sie zu überreichen bitte. Ich habe nur drei von der Kunsthandlung erhalten, davon ich die Eine, avant la lettre, behalte. Das Bild ist süperbe gerathen, auch Lunteschütz ist sehr zufrieden damit. Aber Sie werden, wie ich, sich ärgern über das pp in meinem Namen! Auch sollte der Vorname ausgeschrieben seyn. Habe gestern sogleich an die Kunsthandlung geschrieben. Alles kommt darauf an, ob die Abdrücke schon genommen sind: da ists nicht mehr zu ändern. Lindner wird’s wohl anzeigen in seiner Zeitung, da sollte er, wenn es nicht geändert wird, über das pp eine Jereminade anstimmen.“709 Leider ist der Brief Schopenhauers an Sachse nicht mehr aufzufinden. Erhalten aber hat sich das selbstbewusste Antwortschreiben Louis Sachses. Es soll hier vollständig wiedergegeben werden: „Wohlgeborener, hochgeehrtester Herr! Euer Wohlgeboren beehre ich mich auf Ihre etwas gereizte Zuschrift ganz ergebenst zu erwidern, dass ich meinerseits „an dem größten Verdruß, Ihren Namen verstümmelt zu sehen, und zwar auf eine Art, die ihm eine hässliche und gemeine Bedeutung giebt“ ganz unschuldig bin. Ich weiß sehr wohl, dass Sie ein großer Denker und berühmter Philosoph sind, darin aber, wie Sie Ihren geehrten Namen schreiben, glaube ich einzig und allein den mir von Frankfurt/M in Ihrem Auftrag zugekommenen Weisungen folgen zu müssen, und Herr Lunteschütz schrieb mir wörtlich Folgendes: ‚Mr. Schoppen706 Hier wird auch eine lithographische Reproduktion aufgehoben. 707 Vgl. Gebhardt 1913, S. 24. 708 Arthur Schopenhauer an Carl Ferdinand Wiesike vom 3. September 1855; vgl. ebd., S. 22. 709 Arthur Schopenhauer an Christian Martin Julius Frauenstädt vom 13. März 1856; vgl. ebd., S. 23.

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hauer désire aussi que la souscription soit concue de la sorte: A. Schoppenhauer d’après le tableau orig. peint par Mr. Lunteschütz, p.p.‘ Ich glaube mich also, wegen des Ihnen durch diesen unverzeihlich großen Verstoß bereiteten größten Verdrusses, nicht weiter entschuldigen zu brauchen. Es versteht sich indeß von selbst, dass die von Ihnen mit vollkommenen Recht gewünschten Rectificierungen augenblicklich bewirkt werden sollen, und bei der leisesten Erinnerung auch ohne den Ausspruch: ‚ich bestehe darauf, dass ich nicht eine Verstümmelung meines Namens zu dulden brauche‘ wäre die Änderung im Interesse der Correctheit und aller Betheiligten schuldigst geschehen. In Folge Euer Wohlgeborenen Bemerkung, dass man in der Regel Ihren Vornamen ausschriebe, ‚denn jetzt sieht es aus, als hieße ich Adolph oder Albert, wohl gar Adam!‘ habe ich sogleich das A in das Englische Arthur verwandeln lassen, denn es wäre in der That schrecklich, wenn man sich unter dem blossen A wohl gar einen Adam denken könnte. Befehlen Euer Wohlgeboren noch Abdrücke, so bitte ich mich zu benachrichtigen. Es wird mir ein Vergnügen seyn, damit aufzuwarten. Ich glaube aber fast, dass ich dies Vergnügen nicht haben dürfte, da Ihr geehrtes auch nicht ein einziges aufmunterndes Wort über die Leistung des tüchtigen Lithographen nach einem so schwierigen Bilde sagen, und auch nicht eine Silbe abfällt, fast schließen könnte, dass Sie mit meinem Unternehmen unzufrieden sind. In ausgezeichnetester Hochachtung Euer Wohlgeboren Ganz ergebenster Diener L. Sachse, Kön. Kommerzienrath.“710 Sachse sollte „das Vergnügen“ neuerlicher Abdrücke wider Erwarten wohl doch bekommen. Schopenhauer kommentierte das Schreiben in einem Brief an Frauenstädt: „Vom Kunsthändler Sachse u. Comp. habe auf meine Rüge wegen meines verhunzten Namens eine spöttische und impertinente Antwort erhalten: doch verspricht er, es zu ändern, sagt aber nicht, wie viele er schon abgedruckt hat.“711 Schopenhauers Bemerkung, die wenig später über dieselbe Lithographie zu finden ist, lässt dann doch noch ein wenig Humor erahnen. Ebenfalls an Frauenstädt schrieb er noch einmal über sein gedrucktes Bildnis: „Ich sehe wirklich so alt aus wie auf der Lithographie: Diable, ich bin im 69sten, dem Zeichen des Krebses.“712 Architektur und Landschaften

Im Mai 1829 entschuldigte sich Sachse bei seiner Frau, „nicht alle Tage“ schreiben zu können, weil die „Danziger Minderungsgeschäfte“ ihn zeitlich so sehr beanspruchten: „Ein jeder nämlich will jetzt unentgeltlich etwas lithographiert oder gedruckt haben zum 710 Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main, Schopenhauer-Archiv IV 82, Louis Sachse an Arthur Schopenhauer, Berlin, den 14. März 1856. Das Schreiben ist weder bei Gebhardt noch an einem anderen mir bekannten Ort abgedruckt. 711 Vgl. Arthur Schopenhauer an Christian Martin Julius Frauenstädt, Frankfurt am Main, den 21. März 1856, in: Gebhardt 1913, S. 23. Die Lithografie in der Grafischen Sammlung Stiftung Stadtmuseum zeigt den Fehldruck. Sie ist bezeichnet mit „A. Schoppenhauer“. 712 Vgl. ebd.

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Besten der Unglücklichen, und so häuft sich die Arbeit an.“713 In der Zeit vom 7. bis 9. April 1829 war es in Ostpreußen zu großen Überschwemmungen gekommen, wovon rund 12000 Menschen betroffen waren. Der Schaden allein in den Regierungsbezirken Marienwerder, Danzig, Gumbinnen und Königsberg belief sich auf fast 3 Millionen Reichstaler. Zur Unterstützung der Hilfsbedürftigen war in Berlin ein Verein gegründet worden, dessen Aufgabe es war, die aus allen Teilen Deutschlands und aus dem Ausland überwiesenen Geld- und Sachspenden zu registrieren, bekanntzugeben und an den Zentralhilfsverein in Marienwerder weiterzuleiten.714 Auch der Verkauf von Ansichten und malerischen Landschaftsausschnitten der Region zwischen Weichsel und Memel sollte den Notleidenden mit der Hälfte des Reinerlöses zugutekommen.715 Das ebenso zügige wie kostengünstige lithographische Verfahren war besonders geeignet, Zweck wie Nachfrage bedienen zu können. Da die Steindruckereien der Provinz Preußen seinerzeit aber noch in die Buchdruckereien integriert waren, wurden künstlerische Drucke in Berlin und Leipzig oder sogar in München ausgeführt.716 Die auf 1829 datierten Lithographien des in Königsberg geborenen und zwischen 1822 und 1827 an der Berliner Kunstakademie ausgebildeten Landschafts- und Historienmalers Ludwig Carl Rundt (1801–1868) gehören nicht nur zu diesen „Unterstützungsblättern“, sondern auch zu den frühesten Landschafts- und Architekturdarstellungen aus Sachses Institut. Rundts „nach der Natur auf Stein gezeichneten“ Ansichten von Heilsberg und vom Kloster Oliva (Abb. 82) zeigen vedutenartige malerische Stimmungslandschaften, die durch die sorgfältig behandelte Vegetation im Vordergrund bildmäßig abgeschlossen sind. Das Blatt „Schloss Marienburg“ (Abb. 83) gehört ebenfalls in diese Reihe. Die Darstellung geht auf ein Gemälde zurück, das Rundt 1828 unter dem Namen „Einzug der aus Frankreich 1814 heimkehrenden Truppen in Marienburg“ gemalt hatte. Friedrich Wilhelm III. hatte das Historienbild mit der „im Hintergrund fast gläsern aufleuchtenden Marienburg“ kurz darauf für seine Sammlung erworben.717

713 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 13. Mai 1829. 714 Vgl. GStA PK, I. HA, Rep. 157 A-C, Hauptverein in Berlin zur Unterstützung der im Jahre 1829/30 durch Überschwemmung verunglückten Gegenden von Ostpreußen, Westpreußen und Schlesien, Gesamtbestand (M), 1829–1831 (20 AE/0,4 lfd.M.); vgl. Archivführer Memelgebiet 2006, S. 121. 715 Vgl. Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 28. 716 Vgl. Meyer-Bremen 2001, S. 10. 717 Vgl. Rohde 1933, S. 168, Abb. S. 167. Die mittelalterliche Ruine der Marienburg hatte in der öffentlichen Wahrnehmung einen besonderen Platz eingenommen. Gut zehn Jahre zuvor hatte sich der preußische Monarch in der Pflicht gesehen, per Kabinettsorder den Erhalt der mittelalterlichen Burganlage zu befehlen, nachdem sich immer weitere Kreise für die Bewahrung des Schlosses vor Verfall und Zerstörung eingesetzt hatten. Ausgangspunkt einer solchen zu jener Zeit noch ungewöhnlichen „Bewegung“ war die Initiative des erst zweiundzwanzigjährigen Friedrich Gilly (1772–1800), der eine Reihe eindrucksvoller Zeichnungen der Burg angefertigt hatte, nach denen um 1800 ein Vedutenwerk von 18 großformatigen Aquatinta-Ätzungen entstanden war. Das Werk fand ein ungeheures Echo, weshalb die Marienburg in der Folgezeit (ähnlich wie etwa

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Auch der bedeutende Architekturmaler Domenico Quaglio (1787–1837) hatte 1832 eine Reise angetreten, die ihn über Danzig nach Marienburg und weiter nach Königsberg und Tilsit führte. Sein Gemälde „Schloss Marienburg von der Nogat aus gesehen“ erwarb der Kaufmann A. Mitscher, der schon seit Ende der 1820er Jahre auch mit Louis Sachse bekannt war.718 Das heute verschollene Ölbild ist auf mehreren Lithographien überliefert. Die früheste und wohl bekannteste druckgraphische Übersetzung hatte der talentierte Lithograph Julius Tempeltey (1802–1870) für Sachse angefertigt (Abb. 84). Domenico Quaglio, selbst einer der ersten deutschen Künstler, die das lithographische Verfahren für sich entdeckten, war der führende Vertreter jener in München ansässigen Künstlerfamilie, die Sachse während seiner Zeit bei Senefelder persönlich kennen und schätzen gelernt hatte. Meyer-Bremen berichtet von einem Brief, den Domenico Quaglio am 11. Januar 1834 an den Berliner Verleger schrieb. Es sei hier von dem Gemälde „Stadt Marienburg“ die Rede sowie einem weiteren Gemälde für den Kronprinzen und einem Stein mit der Bitte, sich an den Kosten zu beteiligen. Meyer-Bremen vermutet, dass der „Stein“ jene von J. Bergmann (1796–1865) lithographierte Darstellung von Quaglios „Langen Markt in Danzig“ enthielt, die Sachse als Imperial-Druck 1834 für 3 Taler anbot, während Tempelteys kleinerer Royal-Druck nur 1,5 Taler kostete.719 Sachse hatte schon früh Verbindungen zu Künstlern in West- und Ostpreußen aufgenommen, die sich in den jüngst gegründeten Kunst- und Gewerbeschulen zunehmend auf Landschaftsdarstellungen und Baukultur der heimatlichen Gegenden konzentrierten.720 Zu ihnen gehörten der als Zeichenlehrer und Landschaftsmaler in Königsberg wirkende Christian Ernst Rauschke (1780 – nach 1835), dessen malerische Landschaft von „Neukuhren“ (Abb. 85) ebenso wie die „Lindenstraße in Königsberg“ (Abb. 86) vom Verlag der Kunsthandlung von P. Voigt & Fernitz in Königsberg herausgegeben wurde. Lithographiert und gedruckt sind die Ansichten in Sachses Institut, und zwar von Otto Hermann und Sachses Pariser Kunstdrucker Guillaume. Die genauen Angaben aller an dem Blatt beteiligten Personen, einschließlich des Druckers, machen erneut

der Kölner Dom) auf einer Vielzahl graphischer und malerischer Darstellungen erschien; vgl. Hunten 2001, S. 333. 718 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 20. Mai 1829: „Durch Herrn Mitscher, meinem sehr guten Freund, der in Manchester wohnt, wirst du einen mündlichen Gruß von mir erhalten; er kommt von Leipzig und wird dich besuchen.“ Zu Mitscher als Eigentümer des Bildes vgl. Meyer-Bremen 2001, S. 109. 719 Vgl. Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 109. In der Kunstzeitschrift Museum wurde die Lithographie vorgestellt: „Der lange Markt in Danzig, gemalt von Domenico Quaglio, lithographiert von J. Bergmann, gedruckt von L. Sachse & Co durch Berndt, Verlag von L. Sachse & Co. [...] Die Composition des Ganzen, ebenso wie die Ausführung der Einzelheiten ist ansprechend, und von guter Wirkung. Auch die Arbeit des Lithographen ist erfreulich; namentlich sind bei dem wohlgelungenen Bestreben, ein malerisch zusammenhaltendes Ganzes zu liefern, die Eigenthümlichkeiten der Architektur in großer Schärfe und Deutlichkeit wiedergegeben [...].“; vgl. Museum, 2. Jg., Nr. 8, 24. Februar 1834, S. 62. 720 Vgl. Meyer-Bremen 2001, S. 7f.

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die besonders in frühen Jahren hohe Wertschätzung des Letzteren für die Qualität des Kunstdruckes deutlich.721 Bald arbeitete Sachse auch mit den ersten lithographischen Instituten dieser Gegend zusammen. Mit dem 1829 in Elbing eröffneten Etablissement von August Rahnke (1801–1856) etwa gab Sachse Zeichnungen des ortsansässigen Künstlers Johann Heinrich Hoorn (1788–1836) heraus. Sie zeigen sämtlich Ansichten von und aus Elbing der Jahre 1829 und 1830, so den „Weingarten“, den „Vogelsanger Stadtwald“ (Abb. 87) oder die Wasserläufe der „Elbinger Höhe“.722 Eine auffallend große Anzahl der im Berliner Stadtarchiv überlieferten Ansichten aus Sachses Institut zeigt ostpreußische Gegenden, aber auch Ansichten von Potsdam und der märkischen Umgebung, Dresden, Thüringen, Hamburg, Hannover, dem Rheinland mit Köln und mehr sind erhalten.723 Es verwundert wohl kaum, dass mehrheitlich das preußische Herrschaftsgebiet ins Bild gesetzt ist. Den weitaus größten Anteil stellen repräsentative Berlin-Ansichten dar. Die steigende Beliebtheit von Stadt- und Landansichten ist neben dem zunehmenden Bedürfnis, ein Bewusstsein für die Geschichte und die kulturellen Hervorbringungen des eigenen Landes zu schaffen, mit der seit Mitte der 1820er Jahre aufkommenden Nachfrage nach Reiseliteratur zu begründen, die durch die lithographierten Blätter auf ideale Weise ergänzt wurde. In Preußen, wie in den anderen Landesteilen, beförderte der Ausbau der mit Bäumen gesäumten „Kunststraßen“, die Einrichtung von „Bädern“ und „Luft- und Wasserkurorten“, die Ausweitung der Dampfschifffahrtswege sowie die Erschließung des Landes durch Eisenbahnnetze seit Ende der 1830er Jahre die Mobilität und Reiselust: „Das Reisen wurde [...] zur Mode, wenig später zur bürgerlichen Tugend, wobei es einerseits um Bildungsbürgerideale, die ,Erweiterung des Horizonts‘, wie auch um das Naturerlebnis, das ästhetische Genießen der Landschaft an ihren sehenswürdigsten Stellen ging“, konnotiert Wolf-Dieter Otte in seiner Untersuchung zur „Ikonographie der Landschaft in Reisewerken und Ansichten“ jener Zeit.724 Das „Naturerleben“ knüpfte sich an die „bildlich-optische Erkundung von Landschaft und Architektur“, sprich an die „Sehenswürdigkeiten im weitesten Sinne“, 721 Ein weiteres Blatt Rauschkes, das die Weinstube in den Kellerräumen des Königsberger Schlosses zeigt, die unter dem Namen „Blutgericht“ bekannt war, ist hingegen nur noch mit Sachses lithographischen Institut und dem Verlag Voigt & Fernitz unterschrieben, vgl. Meyer-Bremen 2001, S. 55, Abb. 28. 722 Vgl. Meyer-Bremen 2001, S. 33, Nr. 9 und S. 35, N. 11. Weitere Blätter dieser Reihe wie den „Alten Markt“ und die „Hohe Brücke“, beide aus dem Jahr 1830, sind schließlich nur noch bei Sachse erschienen; vgl. ebd., S. 36, Abb. 12, S. 37, Abb. 13 und S. 53, Abb. 26. Als eine mögliche Erklärung sei daran erinnert, dass Sachses Bruder Gustav Edouard (1801–1856), der zunächst Buchhalter und Mitbesitzer der Berliner Firma war, später ein eigenes lithographisches Institut in Hirschberg und dann in Görlitz besaß; vgl. auch Schlagenhauff 2003, S. 264, Anm. 31. 723 Auffällig viele Blätter haben sich in der Grafiksammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin erhalten, weitere sind von Rudolf Meyer-Bremen und Jörn Barfod in dem Begleitbuch zur Ausstellung „Frühe Ansichten Ost– und Westpreußens im Steindruck“, Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg 2001, publiziert worden. 724 Vgl. Otte 1986, S. 82.

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wobei das, was als sehenswert erachtet wurde, durch die Bildmuster der Reproduktionsgraphik popularisiert wurde. „Dem möglichst rasch von einem schönen Panorama zur nächsten Attraktion eilenden Touristen kamen bei der Auswahl des Sehenswerten die illustrierten Reiseführer zur Hilfe, die ihm Orientierung boten und sogleich zur Normierung seines Seherlebnisses beitrugen“, so Otte.725 Wie schon die Aufzählung der Elbinger Ansichten exemplarisch nahelegt, erschienen die Darstellungen baulich wie landschaftlich reizvoller Ansichten meist in Form von Alben, die aber auch als einzelne Blätter gekauft und gesammelt werden konnten. Die Lithographien dienten dem Gereisten als Erinnerungswerk und genügten zugleich den Ansprüchen desjenigen, der die Ansichten nur in seiner Stube genießen wollte oder konnte. Eine Sonderform stellten sogenannte Souvenirblätter dar, die in der Art eines Bilderfrieses verschiedene landschaftliche Eindrücke und örtliche Sehenswürdigkeiten meist um eine größere zentrale Darstellung auf einem Blatt anordneten. Der anerkannte Lithograph und Landschaftsmaler Heinrich Mützel (1797–1868) etwa, Akademiemitglied in Berlin, der u. a. für Karl Friedrich Schinkel lithographierte, zeichnete das „Erinnerungsblatt Marienwerder“ von W. F. Bergius (1785–1871) für Sachse auf Stein (Abb. 88).726 Ein verhältnismäßig spätes, aber vielleicht eines der schönsten Souvenirblätter aus Sachses Institut, das der begabte Heinrich Mützel sowohl zeichnete als auch lithographierte, zeigt den „Zoologischen Garten bei Berlin“ im Jahre 1849 (Abb. 89). Die Darstellung des belebten Ausflugslokals in der Bildmitte ist hier gerahmt von zwölf im Oval angeordneten malerischen Ansichten der verschiedenen architektonisch reizvollen Tierhäuser des Berliner Zoos. Das aufwendig gestaltete großformatige Blatt ist eingefasst in zwei sich an den seitlichen Bildrändern emporrankenden Pflanzenarabesken, die von unterschiedlichen Tieren besetzt sind. Die exotische Flora und Fauna der linken Bildhälfte steht dabei der heimischen auf der rechten Seite gegenüber. Doch auch weniger spektakulär anmutende Orte konnten das erforderliche Maß an Aufmerksamkeit erfahren, um bildkünstlerisch in Stein verewigt zu werden. Zeitgenössische Routenkarten für Postkutschen und Eisenbahnlinien lassen eine erhöhte Aufmerksamkeit für graphische Ansichten entlang der eingezeichneten Strecken und Orte erkennen (Abb. 90).727 Zuweilen wurde das Reisen selbst zum Thema. Der nicht näher bekannte R. Ziegert lithographierte bei Sachse im Jahr der Eröffnung der sogenannten Stammstrecke, der ersten Eisenbahnlinie in Preußen 1838, „Potsdam von Nordosten aus der Ferne, im Vordergrund die Nuthebrücke mit Eisenbahnzug“.728 Die Tatsache, dass hier noch eher ein zu725 Vgl. ebd., S. 82f. 726 Der Landschaftszeichner W. F. Bergius (1785–1871) aus Preußisch Holland war in Elbing tätig. Julius Tempeltey lithographierte in Sachses Intitut dessen nach der Natur gezeichnete Ansicht des Doms und Schlosses von Marienwerder, vgl. Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 62, Abb. 33. 727 Vgl. Berndt 2007, S. 20. In der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin liegen drei aufschlussreiche Karten aus den Jahren 1829, 1836 und 1840: „Übersicht aller Schnellpost-, Eilwagen- und der bedeutensten Diligence- und Fahrpost-Verbindungen in Deutschland und den angrenzenden Ländern“. 728 Vgl. Berndt 2007, S. 311, Kat.-Nr. 324.

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kunftsweisendes Reiseideal als die tatsächliche Reisesituation ins Bild gesetzt ist, belegen zeitgenössische Beschreibungen ebenso wie Sachses Reisetagebuch.729 Insgesamt sind Städte der beständigste und traditionell vornehmste Gegenstand graphischer Ansichten, wie Iris Berndt in ihrer wichtigen Studie über märkische Druckgraphik herausstellte. Die Häufigkeit der Stadtdarstellungen könne als ein Indiz für die städtische Potenz in künstlerischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht sowie für die Wahrnehmung der Stadt von außen angesehen werden, so Berndt. Zu unterscheiden seien dabei Panoramen und Gesamtansichten im Gegensatz zu Teilansichten aus dem Stadtinneren. In Preußen stand Berlin mit 164 Gesamtansichten bis 1850 an weitaus führender Stelle, wie Berndt herausstellen konnte.730 Mindestens sechs dieser Berlin-Panoramen sind in Sachses Institut erschienen, ebenso wie an die 30 verschiedene Blätter einzelner repräsentativer Gebäude und in etwa noch einmal so viele Teilansichten, Gebäudekomplexe, Plätze und Sehenswürdigkeiten allein aus Berlin.731 Erwähnung finden sollen außerdem die „Skizzen aus Potsdam und Umgebung“ des seinerzeit bekannten Rottmann-Schülers Karl Lindemann-Frommel (1819–1891), die Sachse 1858/59 in vier Lieferungen mit je sechs Tafeln im Farbendruck à 4 Taler herausgab.732 Ein weiteres Themenfeld sind Landschaften und Dörfer außerhalb der Städte. Malerische Gegenden oft mit geschichtsreichem alten Bau- und Baumbestand kamen dem Bedürfnis jener Generationen entgegen, deren Naturverständnis vom englischen Landschaftgarten geprägt war, und befriedigten zugleich das aufkommende Interesse an der eigenen (Kultur-)Geschichte. Darüber hinaus erwies sich die aktuelle Bautätigkeit als wichtiger Antriebsmotor für die Anfertigung graphischer Ansichten. Darstellungen von Schlössern, Gutshäusern und repräsentativen Gebäuden, ob vom Besitzer oder vom ausführenden Architekten in Auftrag gegeben, erfreuten sich immer größerer Beliebtheit. Architektonische Details und raffinierte Raumlösungen, von Kirchen wie repräsentativen Anlagen, bedienten den kunstwissenschaftlichen und ästhetischen Wissensdurst des Laien wie des Kenners. Dabei sind es nicht ausschließlich Künstler, sondern auch dilletierende Kunstliebhaber, die ihre Zeichnungen bei Sachse in Stein übertragen und vervielfältigen ließen. Angelika Gräfin zu Dohna (1794–1868), Erbin der bedeutenden Schlossanlage von Dönhoffstätt samt umfangreicher Kunstsammlung, setzte sich zeitlebens tatkräftig für die Förderung junger Künstler, sozialer und kultureller Projekte ein. Die von ihr gezeichneten „Darstellungen alter preußischer Schlösser“, die bei Sachse 1834 in drei Heften mit je sechs Blättern im Steindruck erschienen, sind „herausgegeben zum Besten des Frauen-Vereins in Königsberg“.733 Die Zeichnungen des ersten 729 Vgl. u. a. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 8. Mai 1838. 730 Vgl. Berndt 2007, S. 16. 731 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 732 Vgl. Architektur-Katalog 1861, S. 92. Lindemann-Frommel war vor allem durch seine Italienansichten bekannt geworden und seit 1856 Professor an der Accademia di San Luca in Rom. 733 Vgl. Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 78. Das Titelblatt zeigt das aus Stein gearbeitete Adalbert-Kreuz mit der Jahreszahl 997 in der Fassung der Zeit um 1830, das in Erinnerung an den

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Heftes zeigen das Schloss Rössel mit historischen Erläuterungen von Prof. J. Voigt (Abb. 91). Sie sind wahrscheinlich von August Wilhelm Julius Ahlborn (1796–1857) in Stein übertragen worden, wie Ferdinand von Quast (1807–1877), seit 1843 der erste Denkmalpfleger in Deutschland, vermutete.734 Die Blätter des zweiten Heftes, die Königsberg, Balga, Tilsit und dreimal Heilsberg zeigen, sind von „Dr. Witt“ kommentiert und von „W. M.“ lithographiert, wohinter sich wiederum wahrscheinlich Wilhelm Meyerheim (1815–1882) verbirgt (Abb. 92).735 Bemerkenswert ist die Beobachtung von Iris Berndt, dass die Künstler der norddeutschen Länder noch im ersten Jahrhundertdrittel nur bedingt aus eigenem Antrieb daran interessiert waren, „der Nachwelt möglichst viel Umwelt bildkünstlerisch zu dokumentieren“.736 Die Darstellung heimatlicher Gegenden sei in den verschiedenen Herrschaftsgebieten auf ein unterschiedliches Interesse seitens der Künstler, aber auch der Auftraggeber und Käufer gestoßen. Waren in Sachsen schon im 18. Jahrhundert heimische Regionen von Malern, Zeichnern und Stechern für einen potentiellen Markt von Sammlern geschaffen worden, sind märkische Ansichten kaum erwähnt. Die königliche Familie habe englische oder italienische Landschaften vorgezogen, Druckgraphik mit den Darstellungen des eigenen Herrschaftsbereichs seien aber eher als topographische Belege in der königlichen Sammlung gelandet.737 Die Tatsache, dass Sachse schon in den Anfangsjahren seines Instituts äußerst aufwendige und künstlerisch hochwertige Original- und Reproduktionslithographien landschaftlich und historisch bedeutender Gegenden herausgab, mag u. a. wieder auf seine Erfahrungen und Kenntnisse des französischen Graphikmarktes zurückgeführt werden.738 Auch die zeitgenössische Rezeption des im Folgenden näher zu betrachtenden, wahrscheinlich bedeutendsten Ansichtenwerks dieser frühen Jahre aus Sachses Institut legt die Vorbildhaltigkeit französischer Mappenwerke nahe. Der aus einer Danziger Künstlerdynastie stammende Friedrich Eduard Meyerheim (1808–1879) war der ältere Bruder des bereits erwähnten Wilhelm Meyerheim, der wahrscheinlich einige der Ansichten der Gräfin Dohna bei Sachse lithographiert hatte. Eduard Mayerheim war, nach Recherchen von Heinz Lingenberg, der erste Künstler, der die Tradition von Vedutendarstellungen früherer Jahrhunderte für die Danziger Gegend wieder aufnahm.739 Im Jahr 1830 war Meyerheim über ein Stipendium der Danziger Friedensgesellschaft zum Studium an die Berliner Akademie gelangt und 1832 erstmals Apostel der Preußen in Tenkitten an der Semlandküste errichtet worden war. 734 Eine Vermutung, die von Meyer-Bremen aufgenommen und gestützt wird, vgl. Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 78. 735 Vgl. ebd. sowie die Kat.-Nrn. 46–51. 736 Vgl. Berndt 2007, S. 15. 737 Vgl. ebd., S. 14. 738 Es sei hier verwiesen auf das umfangreichste und sicher bedeutendste Werk lithographischer Landschaftskunst jener Jahre, die „Voyages pittoresques et romantiques dans l’ancienne France“; vgl. Twyman 1970, S. 226–253 und Adhémar 1997. 739 Vgl. Lingenberg 2001, S. 84.

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mit „Zehn Ansichten von Danzig“ einer breiteren Öffentlichkeit gegenübergetreten.740 Franz Kugler (1808–1858), promovierter Kunsthistoriker und späterer Kunstreferent im preußischen Kultusministerium, hatte Meyerheim daraufhin angeregt, die Danziger Zeichnungen als lithographische Reproduktionen herauszugeben (Abb. 93 und 94). Sie erschienen als Album im Verlag der Gerhardschen Buchhandlung in Danzig – lithographiert von Meyerheim selbst in Sachses Institut in Berlin (Abb. 95). Noch im selben Jahr 1832 schloss sich Meyerheim mit Johann Heinrich Strack (1805–1880), Schinkelschüler und zu jener Zeit Student der Berliner Bauakademie, zusammen, um die Mark Brandenburg zu durchwandern und gemeinschaftlich Aufnahmen von den zahlreichen mittelalterlichen Backsteinbauten des Landes zu machen. Die als Sepiazeichnungen ausgeführten Prospekte und Veduten erschienen zwischen 1833 und 1834 als lithographisches Album in vier Heften unter dem Titel „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg. In malerischen Ansichten aufgenommen von Strack, Architekt, und Meyerheim, Maler. Lithographiert von Meyerheim und herausgegeben vom Lithographischen Institut von L. Sachse & Co. Mit erläuterndem Text von Dr. Franz Kugler“ (Abb. 96 bis 98).741 Mit diesem gemeinschaftlichen Unternehmen waren die Künstler, der Kunstwissenschaftler und der Kunstverleger „endlich dem lang gefühlten Bedürfnisse zum großen Theil entgegen“ gekommen, „eine Reihe der vorzüglichsten Baudenkmäler der Altmark in malerischen Ansichten vorzuführen“, wie Leopold von Ledebur herausstellte.742 Die Qualität der Meyerheim’schen Lithographien beschrieben seiner Meinung nach „das Vollkommenste von dem, was in diesem Genre bisher in Berlin geleistet ist“.743 Schon das Erscheinen des ersten Heftes der „Architektonischen Denkmäler“ im Sommer 1833 war mit großem Wohlwollen wahrnommen worden: „Wenn es nicht das geringste Verdienst unserer Zeit ist, eine gewisse Ungerechtigkeit wieder gut zu machen, die man gegen die Kunstwerke beging, welche uns die nächsten und theuersten sein sollten, so ist es wirklich erfreulich den Eifer zu sehen, mit welchem die Alterthümer unserer verschiedenen Provinzen gewissermaßen neu entdeckt und zu unserer Kenntnis gebracht wurden“, lobte das Museum.744 Man hob auch hier die „harmonische Behandlung der einzelnen Blätter“ hervor, die „bei weitem“ alles 740 Die Originalzeichnungen sind in Blei, Feder und Tusche ausgeführt und befinden sich heute zum Teil in der Sammlung der Nationalgalerie in Berlin; vgl. Ausst. Kat.Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 65 und S. 67. 741 Das Exemplar aus dem Winckelmann-Museum Stendal ist digitalisiert einzusehen unter www. museum-digital.de. 742 Vgl. Ledebur 1835, S. 184. 743 Die Lithographie „verbindet mit einer großen Weichheit und Wärme in den architektonischen Details Schärfe und Correktheit“, heißt es in der zeitgenössischen Fachpresse weiter; vgl. ebd., S. 187. 744 „Das vorliegende Heft, von fünf Blättern, welchen noch drei ähnliche folgen sollen, kann uns nach vorstehenden Bemerkungen nur höchst willkommen sein“; vgl. Museum, 1. Jg., Nr. 33, 19. August 1833, S. 262f. Das kunsthistorische Interesse an den Gebäuden der Vergangenheit wundert in dieser Zeitschrift kaum. Sie wurde bekanntlich von Franz Kugler herausgegeben, der nicht nur den begleitenden Text zu den „Denkmälern der Altmark“ verfasst hatte, sondern in

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übertreffe, was „bisher in der deutschen landschaftlichen Lithographie“ gezeigt worden sei. Der Dank ging an den Lithographen Meyerheim und an Sachse, dessen „lithographische Druckerei [...] sich in die Reihe der französischen Presse ordnet, welche bisher allen anderen vorstanden“.745 Am Ende des Artikels stand der ausdrückliche Wunsch, „das nach Beendigung dieses Werks Herr Sachse durch zahlreiche Unterstützung, welche nicht ausbleiben kann, in den Stand gesetzt werde, auch die übrigen vier Marken in ähnlicher Folge zu behandeln“.746 Im Februar 1834 erschienen Heft zwei und drei der „Denkmäler“. Nicht nur der Gegenstand, sondern auch der erkennbare „weitere Fortschritt der lithographischen Kunst fast auf jedem Blatte“ sei äußerst erfreulich, wie das Museum erneut konstatierte: „[D]ie weitere Ausbildung des Druckers gereicht der lithographischen Anstalt des Herrn Sachse zu höchstem Ruhme und wir erkennen darin ein ehrenwertes patriotisches Streben, dem Auslande auch hierin, nicht ferner nachzustehen.“ Exemplarisch hevorgehoben wurde „die Ansicht des Stendal’schen Domes, welche durch das magische Helldunkel der Schattenparthien, durch den herrlischen Baumschlag, durch charakteristische Staffage sich vorzugsweise auszeichnen“ (Abb. 98).747 Die Würdigung der „lithographischen Leistung“, mit den „Architektonischen Denkmälern der Altmark Brandenburg“ etwas „nach dem Kunstwerthe zu urteilen“ Adäquates für das eigene Vaterland geschaffen zu haben, wurde mit dem ausdrücklichen Dank für den „nicht geringen Antheil“ des Verlegers Sachse und der Leistung des Lithographen Meyerheim verbunden.748 Der Vergleich mit ähnlichen Leistungen aus dem Ausland, insbesondere aus Frankreich und England, der der höchsten Nobilitierung jenes in Preußen seinerzeit einzigartigen Werks diente, wurde auch von Ledebur betont: „Lichteffekt und Klarheit“ seien in einer „Anmuth“ gegeben, wie sie „bisher selbst die vorzüglichsten Deutschen und den meisten Französischen und Englischen Lithographien vermissten“.749 Mappenwerke französischer Baudenkmäler und malerischer Landstriche, allen voran die berühmten „Voyages pittoresques et romantiques dans l’ancienne France“, die in Serien zwischen 1820 und 1878 bei Engelmann in Paris erschienen und an denen sich viele bekannte französische Künstler beteiligten, waren zwar in aller Munde, ein ähnliches „deutsches“ Unternehmen schien jedoch in weiter Ferne.750 den Folgejahren auch verschiedene Handbücher über regionale und allgemeine Kunstgeschichte veröffentlichte. 745 Vgl. ebd., S. 263. 746 Vgl. ebd. 747 Vgl. Museum, 2. Jg., Nr. 7, 17. Februar 1834, S. 54. 748 Vgl. Ledebur 1835, S. 187. Auch in Frankreich und England wurden lithographierte Stadtansichten und Landschaften meist als zusammenhängende Blätter, in Serien oder als Alben verkauft; vgl. Twyman 1970, S. 227. In vielen Fällen widmeten die Herausgeber diese Art Alben einer hochgestellten Persönlichkeit, meist dem Landesherren. Ein solches Vorgehen ist gleichsam bei Sachse zu beobachten, der die „Architektonischen Denkmäler der Altmark Brandenburg“ dem kunstsinnigen Kronprinzen Friedrich Wilhelm dedizierte. 749 Vgl. Ledebur 1835, S, 184. 750 Vgl. allg. Adhémar 1997 sowie Twyman 1970, S. 226–253.

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Auch Sachse maß dem Album „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg“ besondere Bedeutung bei. Noch heute befindet sich ein vollständiges Exemplar der „Denkmäler“ im Département des Estampes der Bibliothèque nationale in Paris, was möglicherweise darauf hinweisen mag, dass Sachse das hochwertige Album selbst nach Frankreich vermittelt hat. Die handgeschriebene Liste der von Sachse als besonders schützenswert erachteten Lithographien aus seinem Institut, die er 1838 dem Ministerium übergab und die sich heute im Geheimen Preußischen Staatsarchiv befindet, zählt ebenjenes Werk zusammen mit den bereits erwähnten Arbeiten Quaglios „Marienburg an der Nogat“ (Abb. 84) und „Der lange Markt zu Danzig“ sowie eine Reihe von Berlin-Ansichten auf.751 Nicht in dieser Liste erschien hingegen ein weiteres bedeutendes Werk, das Zedlitz ebenfalls 1834 in seinem „Conversations-Lexikon“ erwähnt. Der Grund hierfür liegt wohl in der Tatsache, dass in Sachses Institut zwar die qualitätvollen Lithographien angefertigt und gedruckt wurden, Sachse das Werk aber nicht selbst herausbrachte. Gemeint ist das „Fürstlich Pücklersche große Gartenwerk für die Hallbergsche Verlagshandlung in Stuttgart, dass aus 48 zum Theil meisterhaft von Schirmer gefertigten Ansichten, von jeder zu 1000 Exemplaren, besteht“.752 Die bekannten „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ des Fürsten Hermann zu Pückler-Muskau erschienen 1834 in Stuttgart und umfassten einen Textband und einen Atlas mit 44 lithographierten Ansichten und vier Plänen. August Wilhelm Schirmer (1802–1866), den Karl Friedrich Schinkel an Pückler als „vortrefflichen Landschaftsmaler“ vermittelte hatte, führte die Zeichnungen zunächst vor Ort aus und ließ diese anschließend in lithographische Kreide übertragen (Abb. 99 und 100).753 Die reizvollen Ansichten nehmen einen wichtigen Stellenwert in Pücklers Werk ein. Sie dienten einerseits als Anschauungsmaterial für die „Andeutungen“, andererseits als Führer durch den Muskauer Park und machten aus dem Werk gleichzeitig einen Bildband.754 Es ist Zedlitz zuzustimmen, dass die Qualität der Lithographien, die für eine weitere, in kleinerer Stückzahl herausgegebene Ausgabe von 1835 koloriert wurden, Sachses Institut auszeichneten.755 An dieser Stelle mag ein Dokument kurze Erwähnung finden, das einen Einblick in die Geschäftspraxis von Sachses Institutes erlaubt. Es handelt sich um einen Arbeitsvertrag, den Sachse mit dem nicht näher bekannten Architekten Paetschke aufgesetzt hat. Von Paetschke sind ebenfalls eine ganze Reihe architektonischer Ansichten denkmalwürdiger Bauwerke etwa aus Halle, Görlitz, Mühlhausen oder Eisenach, die jener bei Sachse lithographierte, im Berliner Stadtarchiv bewahrt.756 Der handschriftliche Vertrag vom 25. Februar 1842 beschreibt das „Abkommen“, das „zwischen dem Kunsthänd751 Vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve, Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3, eigenhändige Liste Sachses zu den lithographischen Kunstsachen aus seinem Institut, 28. März 1838. 752 Vgl. Zedlitz 1834, S. 427. 753 Vgl. Schulze 2004, S. 36. 754 Vgl. ebd., S. 37. 755 Vgl. Zedlitz 1834, S. 427. 756 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung.

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ler Herrn Sachse und dem Architekten Herrn Paetschke [... verbracht und abgeschlossen worden ist“.757 Die insgesamt sechs Paragraphen sind mit „T. Paetschke, Architekt, Schiffbauerdamm 16, 2 Treppen Hof“ unterschrieben. Der § 1 behandelt die Absicht Paetschkes, „ein Werk unter dem Titel Der [unleserlich, d. V.] ,Maschinenbauer oder vollständiges Lehrbuch der gesamten Mühlenbauerkunst‘ hier auszugeben“. Das Werk sollte „in 3 Theilen und in Quartalheften erscheinen“. „Die Anfertigung der zu jedem Hefte gehörenden 12 Zeichnungen nebst Druck und Papier überträgt Herr Paetschke dem Herrn Sachse.“ Im § 2 erklärt sich Sachse seinerseits zu „obiger Arbeit bereit und verspricht selbige in guter [unleserlich, d. V.] freier Beschaffenheit zu leisten“. Mit dem § 3 verpflichtet sich Sachse, „wenn ihm die Originale zur rechten Zeit, nämlich 6 Wochen vor dem Ablieferungstermin geliefert werden, alle Monat die Beendigung einer Lieferung von 4 Platten“. Der § 4 regelt den Umgang mit Korrekturen und Fehlern: „Von jeder Platte müssen wenigstens zwei Korrekturen erfolgen, um die Platten von allen Fehlern zu reinigen. Herr Sachse steht für jeden angezeichneten Fehler, dagegen ist Herr Paetschke für alle nicht angestrichenen verantwortlich.“ Mit dem § 5 kommt das Finanzielle zur Sprache. Der von Sachse veranschlagte „Preis von 16 Rt. für das Lithographieren jeder Platte, inklusive 1025 Abdrücken und Papier nach eingereichter Probe“ sei diesem zugestanden, „außerdem zahlt Herr Paetschke für die Benutzung und das Schleifen der Steine 1 Rt., welcher jedoch gleich nach Abzug der bestimmten Auflage abgeschliffen“ werden könne. Die monatlichen Lieferungen müssten „regelmäßig vom 1. April an beginnen, wo die erste Lieferung ausgegeben wird“. Der abschließende § 6 regelt wiederum den Fortgang der Arbeiten, die Arbeitsteilung, Zahlungsbedingungen und unvorhersehbare Verzögerungen bzw. den Fall der verfrühten Einstellung der Arbeiten: „Mit der Zahlung von 64 Rt für jede aus 4 Platten bestehende Lieferung verpflichtet sich Herr Paetschke vom 1. Mai an, also bei Ablieferung der Lieferung Zug um Zug zu beginnen, und jeden Monat bei Ablieferung einer folgenden Lieferung prompt fortzufahren, widrigenfalls die Handlung berechtigt ist die fertige Arbeit zu retinieren [sic] und mit der Fortsetzung der Arbeit einzuhalten. Im Fall das Werk nicht ersetzt werden sollte, oder inmitten zu erscheinen aufhören sollte, verpflichtet sich Herr Paetschke dennoch jeden 1. eines Monats mit Barzahlung einer schon vollendeten Lieferung fortzufahren, bis derselbe nichts mehr schuldig ist.“ Es ist heute kaum mehr festzustellen, ob der Vertrag, so wie er in dem beschriebenen Dokument vorliegt, von Anfang an nicht zustande gekommen oder aber möglicherweise jener Fall eingetreten ist, der im § 6 das Einstellen der Lieferungen rechtfertigt. Denn tatsächlich brachte Paetschke zwar ein Werk heraus, das den leicht veränderten Titel „Praktisches Lehrbuch der Mühlenbaukunst für Müller, Mühlen- und Maschinenbauer“ trägt. Es enthält auch „mehrere hundert genaue Abbildungen“, erschien aber erst 1848 und nicht bei Sachse, sondern beim Berliner Verlag Heymann. Eine handschriftliche Notiz von Sachses Enkel Alfred, der noch 1929 eine Ausgabe des „Maschinenbuches“ in der Bibliothek des Reichpatentamtes einsehen konnte, besagt zudem, dass auch die Li757 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 6.

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thographien nicht in Sachses Institut, sondern bei Reubke gedruckt worden sind.758 Das exemplarisch vorliegende „Abkommen“ zwischen Sachse und Paetschke ist jedoch insofern von Wert, als dass es die Vermutung zu stützen scheint, dass Verträge mit Kunden des lithographischen Instituts (zumindest in der ersten Jahrhunderthälfte) weder standardisiert noch festgeschrieben waren. Vielmehr scheinen sie je nach Art der Aufgabe, Aufwand, Stückzahl und vielleicht auch Sachses persönlichem Interesse an dem Auftrag individuell ausgehandelt worden zu sein. Abgeschlossen werden die Betrachtungen über lithographische Ansichten und Landschaften aus Sachses Institut mit der Erwähnung eines weiteren Reisewerks, das jedoch nicht die kulturelle und landschaftliche Schönheit der deutschen Länder vorstellt, sondern der Sehnsucht nach Bildern von den als exotisch empfundenen Gegenden begegnete. Es handelt sich um Ansichten, die Prinz Adalbert von Preußen (1811–1873) von einer einjährigen Reise nach Brasilien im Jahr 1842/43 mitgebracht hatte. „Eine größere Seereise war das Hauptmotiv, das mich ins Weite trieb, denn eine solche gehörte fast von Kindheit zu meinen Lieblingswünschen, während meine rege Phantasie von den Wundern der Tropenwelt angezogen, diesem Streben eine bestimmte Richtung gab“, hatte der preußische Prinz für die Gründe jener Expedition dem König vorgetragen, der ihn daraufhin als Überbringer des Schwarzen Adlerordens an den Kaiser Don Pedro II. nach Brasilien aussandte. Als die nach der Natur gezeichneten Ansichten aus dem prinzlichem Tagebuch 1847 im Druck vorlagen, soll Alexander von Humboldt die Naturschilderungen und wissenschaftlichen Beobachtungen gelobt haben, die „ein angenehmes, anschauliches Bild des Gesehenen und Erlebten“ und gleichsam Adalberts Fülle an technischen Fachkenntnissen im Seewesen wiedergeben würden.759 Das Werk ist hier auch von Interesse, weil es möglicherweise auf Sachses Pariser Zeit zurückweist. Das Institut von Knecht war während des Jahres 1827 mit einem „ungeheuren Werk für Brasilien“ beschäftigt, das aus 1800 Platten bestand, von denen jede Platte 3000 Mal gedruckt werden sollte.760 Es handelte sich um eine „große Menge Zeichnungen“, die der brasilianische Botaniker José Mariano de Conceição Veloso (1742–1811) zu Beginn des Jahrhunderts von der Flora Brasiliens angefertigt hatte, um die verschiedenen heimischen Pflanzenarten zu bestimmen. Don Pedro selbst soll 1824 beschlossen haben, die Zeichnungen in Paris und einen dazugehörigen Text in Rio de Janeiro drucken zu lassen.761 Die 1825–27/31 bei Knecht-Senefelder lithographierte „Flora Fluminensis“ ist das Hauptwerk des brasilianischen Naturwissenschaftlers (Abb. 101).762 758 Vgl. LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 6. Es ist leider nicht gelungen, ein Original ausfindig zu machen, weshalb hier lediglich die Notiz von Alfred Sachse und frühere bibliographische Angaben herangezogen werden konnten; vgl. etwa 1855, S. 110. 759 Vgl. Herman Granier: Adalbert, Prinz von Preußen von in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 45, 1900, S. 779–788. 760 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. 761 Vgl. Martius 1837, S. 10. 762 Der etwas umständliche vollständige Titel lautet: Petro nomine ac imperio primo Brasiliensis Imperii perpetuo defensore imo fundatore scientarum artium litterarunque patrono et cultore

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Vier Graveure und 16 (von insgesamt 21) Pressen seien allein für diesen Auftrag unaufhörlich in Gange, hatte Sachse im Mai 1827 aus Paris geschrieben.763 Der erste von ihm selbstständig gravierte und gedruckte Stein war bereits für jenes Werk bestimmt, welches das Knecht’sche Institut auch dann noch vollauf beschäftigte, als Sachse gegen Ende seiner Pariser Zeit zusammen mit dem „ersten Drucker Berndt“ die „Kunstdruckerei“ leitete.764 Auch die Beziehung zur brasilianischen Gesandtschaft, die damals im Namen des Monarchen an das Senefelder’sche Institut in Paris herangetreten war,765 scheint nicht nur Knecht, sondern auch Sachse gepflegt zu haben. So hatte der Berliner, in dem Vorhaben, bei Knecht in Paris zu bleiben, seinen Bruder Edouard vorgeschlagen, um „die Verhandlungen, die Correspondenz etc. mit Brasilien [zu besorgen“.766 Sachse hätte Edouard sogar „eine Stelle in Rio de Janeiro in einem großen Handlungshause, wo ein Deutscher gesucht wird“, vermitteln können.767 Es mag sein, dass Prinz Adalbert von Preußen von dieser Beziehung Sachses zur Gesandtschaft in Brasilien unterrichtet war oder aber sich Sachse selbst aus diesem oder einem ähnlichen Grund um den Auftrag bemüht hatte. Genre, Jagdstücke, Diverse

„Die Kunst, deren Geschäft es ist, das Leben zu verklären und zu veredeln, verfolgt ihre Bestimmung in zweifacher, unterschiedlicher Weise. Sie bringt auf der einen Seite selbständige, für sich gültige Werke hervor, welche in abgeschlossener Vollendung ein eigenthümliches, nur seinen eigenen Gesetzen folgendes Dasein haben und den Beschauer aus der Gegenwart in einen erhöhten Zustand des Lebens hinüberführen. [...] Sie hat aber auch, auf der anderen Seite, die Bestimmung, das wirkliche Leben zu durchdringen, die Umgebung des Menschen zu verschönern, seinen Bedürfnissen eine edle Form zu geben [...]“, hieß es in der Januarausgabe 1836 in Kuglers Kunstblatt Museum – Blätter für bildende Kunst.768 Die Forderung nach einer Verknüpfung von Kunst und Leben ist ein Topos, der sich in der ersten Jahrhunderthälfte in vielen Varianten aussprach.769 Entsprechend des philosophisch-pädagogischen Ansatzes einer solchen, der Aufklärung jubente Florae Flumensis Icones nunc primo eduntur. Edidid Dom. Frat. Anonius de Arrabia, Episcopus de Anemuria, Caesareae Majestetatis a Consuliis, Studiorum Principu ex imp. stirpe Moderator et imper. publicaque Bibliothecae in urbe Fluminensi Praefectus. Paris ex. off. lithogr. Senefelder, curante J. Knecht, 1827. 763 Vgl. ebd. 764 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827. 765 Vgl. Martius 1837, S. 10. 766 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 16.–18. Juli 1827. 767 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 6. Juni 1827. 768 Anonym: „Über den Beruf und die Bildung des Künstlers“, in: Museum, 4. Jg., Nr. 1, 4. Januar 1836, S. 2. 769 Vgl. allg. Nipperdey 1988.

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verpflichteten Idee, zeigt ein Blick in die Familienzimmer des Biedermeier die reiche Ausstattung mit Wandbildern.770 Bei diesen Wandbildern oder auch „Wohnzimmerbildern“, wie Christa Pieske sie betitelt, handelte es sich weitaus seltener um Gemälde als meistens um gerahmte Druckgraphik.771 Die Beispiele in den Interieurdarstellungen des Biedermeier sind zahlreich. „Ein Speisezimmer“, das der in Paris lebende Elsässer Martin Drölling (1752–1817) 1816 malte und im darauffolgenden Jahr zusammen mit dem Gegenstück „Ein Kücheninterieur“ ebendort im Salon ausstellte, gewährt einen Einblick in die Einrichtung einer wohlhabenden (wohl Pariser) Wohnung oder eines Hauses. Vorgestellt wird das Esszimmer, das an ein dahinter liegendes Musizierzimmer angrenzt und den Blick schließlich durch ein hohes Fenster ins Grüne freigibt. Der geschmackvoll eingerichtete Raum mit reduziertem, ausgesuchtem Mobiliar ist über einer hüfthohen hölzernen Vertäfelung mit paarweise angeordneten, gerahmten Kupferstichen auf olivgrüner Wandbespannung geschmückt (Abb. 102). Auch das Wohnzimmer des Prinzen Waldemar von Preußen (1817–1849), der sieben Räume im 2. Obergeschoß des königlichen Schlosses in Berlin bewohnte, kleidete eine dunkelgrüne, zurückhaltend gemusterte Tapete. Sie bildet das Tableau für die gruppenartig in drei bis vier Reihen übereinander angeordneten klein- bis mittelformatigen Bilder (Abb. 103). Deutlich ist an der rechten Wand eine Art Portraitgalerie zu erkennen. Der Rest zeigt Gemälde- oder besser Gemäldereproduktionen unterschiedlichen Inhalts (Historie, Genre, Landschaft). Es handelt sich auch hier hauptsächlich bis ausschließlich um gerahmte Druckgrafik. Eduard Gaertner, der Waldemars Wohnzimmer 1849 im Aquarell festhielt, zeigt, wie sich die SchwarzWeiß-Drucke vor der bunten Tapete abheben. Dabei wird es sich zu diesem Zeitpunkt kaum mehr ausschließlich um Kupferstiche sondern gleichsam um Lithographien und verwandte Drucktechniken gehandelt haben. Die Reihe ließe sich leicht weiterführen. Christa Pieske erklärte: „Überwogen zunächst noch die Reproduktionsstiche nach Werken der klassischen Meister zogen wenig später auch die Zeitgenossen mit ein.“772 Sie verwies auf die Gouache eines Wiener Zimmers aus dem Jahre 1844, worauf großformatige, gleichmäßig gerahmte Lithographien die eng gestellte Einrichtung des Raumes definieren (Abb. 104). Die Motive „Paul et Virginie au prière“ und „Au moment du départ“ des französischen Malers Henri-Frédéric Schopin (1804–1881) waren in den Jahren 1843 und 1844 gemalt und sofort in Lithographien umgesetzt worden.773 Da der Erwerb von Ölgemälden ein gewisses Vermögen voraussetzte und damit einer begüterten Bevölkerungsschicht vorbehalten blieb, holte man sich die Kunstwerke in Form von Reproduktionen ins Haus. Diese konnten in Mappen gesammelt oder auch als Wandschmuck gehängt werden. Qualität und Umfang der Blätter spiegelten den Bil-

770 Vgl. hierzu Pieske 1988, S. 39 sowie Nipperdey 1988, S. 15 und S. 21. 771 Pieske 1988. 772 Vgl. ebd. 773 Vgl. ebd., S. 40.

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dungsgrad und den Geschmack des Hausherrn wider.774 Ihr „Kunstwert“ hing dabei weniger von der Auflage als von der Bekanntheit des Originals sowie dem Einfühlungsvermögen des Übersetzers hinsichtlich einer originalgetreuen Umsetzung ab. Lange war die Gemäldereproduktion weitestgehend den Kupferstechern vorbehalten geblieben. Erst seit einigen Jahren wurde vor allem in Paris und München erfolgreich auch die kostenund zeitgünstigere Lithographie eingesetzt. Der Nutzen des modernen Flachdruckverfahrens für „Copien vorhandener größerer und allgemein bekannter Werke“ wurde bald auch in Berlin erkannt und der Mangel an leistungsfähigen Instituten wiederholt angemahnt.775 Louis Sachse wusste, wie dargelegt werden konnte, um diese Missstände, denen er durch seine in Paris ausgebildeten Drucker und Lithographen entgegenzuwirken suchte.776 Schon im Juni 1828, also unmittelbar nach der Eröffnung seines Geschäfts, hatte er an seine Frau geschrieben: „Jetzt sind wir dran für unseren Ruf ein bedeutendes Kunstwerk zeichnen zu lassen, und unseres Druckers Talente zu beweisen.“777 Anfangs fehlte Sachse für ein solches Unternehmen noch das Geld.778 Doch schon zu Beginn der 1830er Jahre machte sein Institut mit den ersten hochwertigen lithographischen Reproduktionen zeitgenössischer Gemälde auf sich aufmerksam. Ein Bericht in Kuglers Museum über die Lithographie nach Carl Friedrich Lessings „Leonore“, die 1833 erschien, bestätigte Sachses Bemühungen (Abb. 105).779 Bezeichnenderweise spannte der Redakteur den Bogen zum ersten Heft der kaum drei Monate zuvor veröffentlichten „Architektonischen Denkmäler“, um Qualität und Bedeutung der lithographierten „Leonore“ herauszustellen: „Bereits durch die ersten Hefte der von Meyerheim und Strack aufgenommenen, von Meyerheim lithographierten ‚Architektonischen Denkmäler der Altmark‘ hatten die Herausgeber, die Herren Sachse & Comp., gezeigt, wie entschiedener Wille und kräftiger Widerstand gegen den alten, leider nur zu lange vorherrschenden Schlendrian doch Untadeliges hervorbringen mussten, und 774 Vgl. ebd., S. 55f. 775 Vgl. Museum, Jg. 1, Nr. 44, 4. November 1833, S. 354. 776 Vgl. auch Sachses Anstrengungen, das preußische Königshaus vom Wert und der Qualität seiner lithographischen Arbeiten zu überzeugen, vgl. hierzu u. a. GStA PK, I Ha Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königlichen Geheimen Cabinets betr. den Kunsthändler L. Sachse zu Berlin, Kommerzienrath), Bl. 10, Louis F. Sachse an das Cabinett des Königs, Berlin, den 22. Oktober 1834: „[...] eine lithographische Arbeit zu Füßen zu legen, zu deren Gelingen sie hiermit alle ihre Kräfte aufgeboten haben. Geruhen eure k. M. dieselbe huldreich aufzunehmen, und im Fall sie dieser Ehre nicht unwürdig befunden wird, [...], uns huldreichst zu gestatten, diese Lithographie eurer k.M. zueignen zu dürfen. Dieser Beweis der Gnade wird uns zu neuen Bestrebungen anfeuern, und endlich wird und muß es gelingen die Lithographie auch hier auf die ihr gebührende Stufe der Vollkommenheit zu bringen.“ 777 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 15. Juni 1828. 778 Vgl. ebd. 779 An dieser Stelle mein besonderer Dank an das Berliner Kupferstichkabinett, insbesondere an Prof. Hein Schulze-Altcappenberg, Dr. Anna Pfäfflin und Dr. Andreas Heese für immer wertvolle Hilfe und großzügigstes Entgegenkommen bei Sichtung und Reproduktion zahlreicher Zeichnungen, Pastelle, Kupferstiche und Lithografien.

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indem Zeichnungen und Druck gleich meisterlich ausfielen, so wurden Blätter geliefert, welche nicht nur alles ähnliche bisher in Deutschland Versuchte übertrafen, sondern sich auch den französischen Arbeiten der Art wenigstens an die Seite stellen konnten. Doch sind diese Blätter eines Theil noch von kleineren Dimensionen, anderen Theil nicht Copien vorhandener größerer und allgemein bekannter Werke.“780 Erneut wird die Konkurrenz zu den französischen Druckereibetrieben deutlich, der Sachse mit seinen in Frankreich ausgebildeten Druckern und Lithographen begegnete. Ihre Leistungen wurden immer wieder hervorgehoben. Nicht nur virtuose Steinzeichner wie Friedrich Jentzen, sondern auch der „Kunstdrucker“ Georg Berndt lieferten im Berliner Lithographiebetrieb auffallend qualitätvolle Arbeiten ab. Wie beschrieben war es Sachse erst nach langjährigen Verhandlungen gelungen, Berndt im März 1832 aus Frankreich nach Berlin zu holen und exklusiv an sein Institut zu binden.781 Der Berliner Verleger betonte gern und in aller Deutlichkeit, dass seine ersten drei „bewährten Pariser Kunstdrucker“ die ersten „französischen Drucker überhaupt“ gewesen seien, die aus Paris nach Berlin gelockt werden konnten.782 Berndts Druckerkünste erwiesen sich schließlich sogar als so herausragend, dass das konkurrierende Königliche Lithographische Institut es darauf anlegte, denselben trotz Sachse heftigem Widerstand für die eigene Anstalt abzuwerben.783 Auch in Bezug auf die „Leonore“ wurde deutlich gemacht: „Was die Arbeit des Lithographen [Friedrich Jentzen] anbetrifft, so ist derselbe mit unverkennbarer Liebe in den Geist des Lessing’schen Gemäldes eingegangen und wie er mit seiner anerkannt gediegenen Technik alle Details wiederzugeben gewusst hat, so insbesondere das erschütternd Leidenschaftliche, was den poetischen Gesamt-Inhalt des Originals ausmacht. Mit großer Reinheit und mit einer bestimmten und sicheren Handhabung des Stiftes hat der den Drucker [Georg Berndt, d. V.] aufs angenehmste vorbereitet; und dieser hat nicht minder das Seinige gethan, um nirgends kalt auf den Kalkstein aufgetragene Schwärze,

780 Vgl. Anonym: „Leonore“, in: Museum, 1. Jg., Nr. 44, 4. November 1833, S. 354. 781 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 3, Contract zwischen dem Kunstdrucker G. Berndt und dem lithographischen Institut von L. Sachse & Co. in Berlin, Berlin, den 24. März 1832. 782 In der Beilage der Vossischen Zeitung vom 18. April 1829 veröffentlicht Sachse als „Berichtigung“ eines zwei Tage zuvor in derselben Zeitung erschienenen Artikels über das Königliche Lithographische und Sachses Institut: „Ferner heißt es in jenem Aufsatze, dass ‚das Königlich Lithographische Institut, um einem wesentlichen Bedürfnis abzuhelfen, im Begriff stände, einen französischen Drucker zu engagieren, und‘ – weiter unten – ‚dass auch wir zur Besetzung einer dritten in der Einrichtung begriffenen Kunstpresse einen Pariser Drucker anzustellen beabsichtigten‘ – Es sey uns daher zu berichtigen erlaubt, dass wir bereits seit dem Bestehen unseres Instituts einen bewährten Pariser Kunstdrucker besitzen, und dass der für unsere dritte Kunstpresse soeben Berufene, der dritte französische Kunstdrucker überhaupt ist, welchen wir aus Paris kommen lassen.“ 783 Leider kann auf diesen durchaus bezeichnenden Vorgang hier nicht näher eingegangen werden. Die aufschlussreiche Korrespondenz, die Sachse mit dem Königlichen Lithographischen Institut in dieser Sache führte, hat sich erhalten in LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 3.

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sondern überall eine warme, lebendige Farbe hervorzubringen und das ganze in gleichmäßigster Haltung wiederzugeben.“784 Im Gegensatz zu den „Denkmälern“ handelte es sich bei der lithographierten „Leonore“ um die Reproduktion eines bekannten zeitgenössischen Gemäldes, was nach damaliger Ansicht ein besonderes Einfühlungsvermögen der Übersetzer verlangte. Ihr hervorragendes Gelingen stellte den Kunstwert des lithographischen Blattes nun erstmals in die Nähe eines Kupferstiches, der als traditionelles druckgraphisches Medium und bislang als allein adäquat für die Übersetzung von Kunstwerken angesehen wurde (vgl. auch die bei Sachse erschienenen Beispiele, Abb. 106–108). Dem lithographischen Institut von L. Sachse & Co. sei daher die „gebührende Anerkennung“ entgegenzubringen, „durch den Verein so trefflicher Kräfte in Berlin zuerst ein so vollendetes Kunstwerk hergestellt [zu haben], wie es sich freilich für die Hauptstadt des preußischen Staates nur geziemt“.785 Denn der dargestellte Gegenstand erlaubte „den Beschauern, die das Original gesehen, – wer es aber gesehen, dem haben sich dessen Gestalten unauslöschlich eingeprägt – eine erwünschte Vergleichung mit letzterem“.786 Eine qualitätvolle und gleichzeitig nahezu unbegrenzte lithographische Vervielfältigung des Originals spielte sowohl aus marktstrategischen als auch aus geschmacksbildenden, ideellen Überlegungen eine bedeutende Rolle, da eine „möglichst allgemeine Verbreitung der Werke“ angestrebt wurde.787 Dies konnte die Lithographie sehr viel schneller, kostengünstiger und in höherer Auflage als der Kupferstich bedienen. So heißt es zu dem Druck der „Leonore“, der für die Mitglieder des Kunstvereins für die Rheinlande und Westphalen 1833 bei Sachse entstanden war: „Leider ist diese Lithographie nur eigentlich für die Mitglieder des genannten Kunstvereins bestimmt; doch hat, wie wir hörten, Herr Jentzen es bereits übernommen, da ein Stein auch für die Anzahl der Mitglieder nicht hinlänglich gute Abdrücke liefern würde, das Blatt für denselben Verein alsbald noch einmal zu lithographieren, und so dürfen wir hoffen, dass gleichwohl mehrere gute Abdrücke in das größere Publikum kommen werden.“788 Die Reproduktion „moderner Meister“, wie die Werke zeitgenössischer Künstler genannt wurden, war für Sachses Institut von großer Bedeutung. Oft wurde das Erscheinen solcher Blätter in den „Kunst-Nachrichten“ der Zeitungen und Kunstmagazine öffentlich angezeigt. Dabei ist zu beobachten, dass es sich bei Sachses Gemäldereproduktionen häufig um Genredarstellungen handelte, was sicher damit zu begründen ist, dass sich gerade diese Gattung beim bürgerlichen Publikum großer Beliebtheit erfreute. Die meist kleinformatige, populäre Genremalerei – allgemein als Gegenbegriff zur Historienmalerei verstanden – eroberte mit ihren „aus dem häuslichen gemeinen

784 Vgl. ebd. 785 Vgl. Museum, Jg. 1, Nr. 44, 4. November 1833, S. 354. 786 Vgl. ebd. 787 Vgl. ebd. 788 Vgl. ebd.

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Leben entlehnt[en]“ Szenen unaufhaltsam den Kunstmarkt.789 Darstellungen aus dem Volksleben, die „eher von bürgerlichen Wunschbildern als von realen Gehalten geprägt waren“,790 sollten „zur Verklärung einer schönen und guten Idee beitragen“ und waren „ihrer inneren Schönheit wegen“ geliebt und gerühmt.791 Eine sich durch Natursinn und Empfindungsreichtum auszeichnende Genremalerei bildete seit Ende der 1820er Jahre einen Schwerpunkt der Düsseldorfer Malerschule, die in der Folgezeit einen beispiellosen Aufschwung erlebte. In der Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin hat sich die Lithographie zu der Komposition Theodor Hildebrandts „Der Krieger mit seinem Kinde“ erhalten, die gleichsam von Georg Berndt für Sachse gedruckt wurde (Abb. 106).792 Auch das Erscheinen dieses Blattes war dem Museum ein eigener Eintrag wert. Das Bild von Hildebrandt gehöre „durch Idee und Ausführung zu den erfreulichsten Meisterwerken der neueren Zeit“, weshalb es „weiter nicht befremden darf, wenn das Bild ein allgemeiner Lieblingsgegenstand des Publikums geworden ist“, hieß es zur Begründung.793 Es sei „ein vielgeäußerter Wunsch“ des Publikums gewesen, „dass dasselbe durch eine genügende Lithographie dem täglichen Genuß zugänglich gemacht werden möchte“.794 Bis auf die Behandlung der Haare zeuge die Zeichnung von einem „guten Verständnis des Originals“.795 Der Druck sei ausgezeichnet. Er entspreche den Anforderungen, „zu denen die jüngsten Leistungen der Sachse’schen Steindruckerei“ den Betrachter berechtigt haben, wie das Museum konstatierte.796 Noch knapp 20 Jahre nach der Entstehung des Gemäldes, das der bedeutende Kunstsammler Joachim Heinrich Wagener angekauft hatte, schrieb Müller von Königswinter: „Ausgezeichnet ist der Krieger mit dem Kinde. Es ist ein frischer, blühender Mann in den kräftigsten Jahren, umkleidet von einem Panzer, der seinen gesunden Knaben trägt, welcher sich in dem blanken Erz widerspiegelt [...]. Freilich fehlen diesen Gemälden tiefe Gedanken, ihre Poesie liegt nur in ihrer gesunden, lebensfrischen Wahrheit, ähnlich jenen niederländischen Bildern, die uns eben durch ihre Naturtreue so sehr 789 Denis Diderot: Versuche über die Malerey. Übersetzt von Carl Friedrich Cramer, Riga 1779, S. 125f., hier zit. nach Grossmann 1994, S. 76. Gerade für den Erwerb von Wandbilddrucken sei meist weniger das Medium als der Bildinhalt ausschlaggebend gewesen, wie Christa Pieske konstatiert; vgl. Pieske 1988, S. 79. 790 Vgl. Grossmann 1994, S. 76. 791 Vgl. Wessely 1876, S. 96. 792 Kurz zuvor war der Kupferstich von Eduard Mandel nach Hildebrandts Gemälde erschienen, vgl. Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett, Mappe Eduard Mandel, 236–126. 793 Vgl. Museum, 3. Jg., Nr. 3, 20. Januar 1834, S. 24. 794 Vgl. ebd. 795 Vgl. ebd.: „Die Zeichnung zeugt von einem guten Verständnis des Originals, und gibt dessen Eigenthümlichkeiten mit Sorgfald wieder; die Arbeit ist sauber und geschickt, weich in den zarten Parthien des Bildes (besonders den nackten Theilen des Knaben), kräftig und entschieden in den anderen; das Ganze hat Farbe und vornehmlich eine glückliche Harmonie der verschiedenen Töne. Nur die etwas ängstliche Zeichnung der Locken, sowohl am Kopf des Knaben als an dem des Vaters ist störend.“ 796 Vgl. ebd.

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entzücken. Warum sollten wir uns solcher Schöpfungen aber nicht von Herzen freuen? Es ist ja der Puls des köstlichen Lebens, der uns hier entgegenpocht.“797 Die „Wirklichkeit“, eingetaucht „in eine klare, stille, friedliche Fluth [...], die alles Widerwärtige, Harte, Finstere, alle Spuren des Druckes von Noth und Arbeit, des Neides und allen bösen Leidenschaften von ihr genommen“ hatte, mit diesen Worten charakterisierte Ludwig Pietsch auch die Kompositionen des Berliner Genremalers Eduard Meyerheim.798 Er blies damit in dasselbe Horn wie ein Rezensent der Berlinischen Nachrichten, dem das Erscheinen der Lithographie „Das Scheibenschießen“, einer figurenreichen Komposition nach dem gleichnamigen Gemälde desselben Künstlers, „großes Vergnügen“ bereitete. Die Gemäldevorlage hatte auf der Berliner Akademieausstellung 1836 als „eins der ansprechendsten Erzeugnisse unserer modernen Genremalerei [...] zahlreichen Beifall“ gefunden, wie schon im Museum festgestellt worden war.799 Wieder wurde ausdrücklich den Herausgebern, „die Herren Sachse & Co.“, gedankt, die „sich durch die Bekanntmachung dieses sehr hübschen Blattes ein neues Verdienst um die vaterländische, itzt von allen Seiten sich erhebene, Kunst erworben“ haben.800 Sachse hatte die „vortreffliche“ Lithographie 1837 von dem in Paris lebenden und arbeitenden Philipp Hermann Eichens (1813–1886) anfertigen und daselbst im Institut von Lemercier drucken lassen, was den engen Kontakt des Berliner Institutsbesitzers zu der französischen Druckerei in ebendiesen Jahren unterstreicht.801 Ein Blick in die Sammlung der Lithographien aus Sachses Institut, die sich in der Stiftung Stadtmuseum Berlin erhalten haben, zeigt, dass Sachse eine ganze Reihe der Kompositionen Eduard Meyerheims reproduzieren ließ. Seine aus einem volkstümlichen Idyll entnommenen Motive tragen Namen wie: „Die Bleiche“, „Wohltätigkeit“, „Die Harzerin“, „Die Erwartung“, „Bei einem Gehöft ausruhender Jäger“, „Friedhof“, „Aufgebahrter Sarg“, „Schimmelhengst Caesar“, „Die junge Ziege“ oder „Die Kegelgesellschaft“ (Abb. 109). Bei der Entstehung des letztgenannten Gemäldes scheint Sachse sogar selbst zugegen gewesen zu sein. Meyerheim machte mit Vorliebe Ausflüge in den Harz und nach Thüringen, um nach Bildmotiven zu suchen. Die Komposition zur „Kegelgesellschaft“ entstand offenbar in dem thüringischen Ort Könitz, wohin u. a. Sachse 797 Müller von Königswinter 1854, S. 183f. 798 Meyerheim 1880, S. 11; hier zit. nach Grossmann 1994, S. 76. 799 Vgl. Anonym: „Lithographie. Das Scheibenschießen. Peint par F. Meyerheim, lith. par Hermann Eichens, Berlin, bei L. Sachse und Comp.“, in: Museum, 5. Jg., Nr. 43, 23. Oktober 1837, S. 342f. 800 Vgl. „Wissenschaftliche und Kunst=Nachrichten“, in: Berlinische Nachrichten, 7. Oktober 1837. 801 Philipp Hermann Eichens (1812–1886) war der Bruder des Berliner Malers Friedrich Edouard Eichens. Nachdem er zunächst an der Berliner Akademie unter Wilhelm Hensel Malerei studiert hatte, ging Hermann Eichens 1835 nach Paris, um die Lithographie zu erlernen. Eichens war damals zusammen mit Sachse und Blechen nach Paris gereist. Er blieb zehn Jahre und wurde in diesem Fach sehr erfolgreich; vgl. Pariser Lehrjahre 2012, S. 66f. Zur gemeinsamen Reise nach Paris vgl. Kapitel IV.1.c, „ Händler und Mentor / Carl Blechen“. Sachse ließ immer wieder Werke von Eichens lithographieren. 1837, dem Jahr des Erscheinens der oben genannten Lithographie, suchte Sachse zudem intensiven Kontakt zu Lemercier, vgl. Kapitel III.1.a, „Die neue Bahn“.

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Meyerheim begleitet hatte. Am 7. August 1834 schrieb Sachse an seine Frau: „In Könitz sind wir sehr freundlich und von allen Seiten liebevoll aufgenommen worden, und ich kann dir wohl sagen, dass ich dort genussreiche Tage verlebt habe. Karl hat uns durch immer neue Ablenkung und Parthien auch kein Stündchen Langeweile verursacht. Von unserer eigentlichen Beschäftigung mündlich mehr. [...] Dass wir außerdem, einmal losgelassen, sowohl unterwegs als dort ordentlich gelacht, gelobt und gewitzelt haben, wirst du dir denken können. Meine Arme thun mir vom Kegeln heute noch weh. Die Standpunkte zu den 4 Bildern haben wir bereits gewählt und Meyerheim wird seine Sache schon gut machen.“802 Wieder war es Kuglers Museum, das das Erscheinen der Lithographie mit einer ausführlichen Anzeige begleitete. Und wieder wurde die besondere Rolle des Verlegers Sachse für das Gelingen des Blattes hervorgehoben: „[...] wir haben dem wackern Verleger umso mehr zu danken, dass er keine Opfer scheut, um ausgezeichnete Bilder nur durch solche Lithographien zu vervielfältigen, die den ausgezeichnetsten Leistungen in der Kunst dereinst zur Seite gestellt werden können.“803 Die Kegelbahn, ein „wahres Kabinettstück“, hatte Hermann Eichens, ein jüngerer Brüder des „verdienstvollen Berliner Kupferstechers Eduard Eichens, lithographiert, „und zwar in größerer Vollkommenheit, als der Redakteur des Museums bisher bei ihm kennen konnte.804 Für die sich hier zeigende verdienstvolle Förderung junger Talente wurde Sachse ausdrücklich gedankt: „Es ist erfreulich, wie rasch sich die Fähigkeit dieses jungen Künstlers unter den Augen seiner Bruders entwickelte und auch hier gebührt Herrn Sachse der Dank dafür, dass er aufstrebenden Talenten Bilder anvertraut, die nothwendig Lust und Liebe zur Sache erzeugen müssen.“805 Bei der „sehr vorzüglichen Ausführung“ werde es dem Blatte an der Teilnahme des Publikums nicht fehlen.806 Neben einer Vielzahl weiterer Kompositionen von in erster Linie Berliner und Düsseldorfer Künstlern wie Eduard Magnus „Kinder mit Blumen spielend“ (Abb. 107) und „Das Blumenmädchen“, Franz Krügers „Spazierritt“, Steffecks „Pferdeschlitten Friedrich Wilhelm IV.“, Pollacks „Italienischer Hirtenjunge“ (Abb. 108), Pistorius’ „Schulmeister“, „Schuster“ und „Hirtenknabe“, Lindemann-Frommels „Paradies“, Kolbes „Lauschendes Mädchen“, Meyer-Bremens „Betendes Kind“, Schorns „Braut“, Schroedters „Der alte Politiker“, Spricks „Schäfer in der Campagna“ oder Vincents „Savoyenknabe“, um nur einige zu nennen, fallen in der Sammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin die drei Reproduktionen nach Gemälden des gefeierten Franzosen Horace Vernet ins Auge. Vernet sei „nothwendig derjenige von den französischen Künstlern, dessen Werke man am meisten gestochen“, hieß es zu dem europaweit gefeierten französischen Künstler im Kunstblatt 1838: „Von Kupferstich zu Kupferstich, von Copie zu Copie, und allen Klassen, allen Börsen zugänglich, ist es soweit gekommen, dass er unverkennbar geworden. 802 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 7. August 1834. 803 Vgl. Museum, 3. Jg., Nr. 18, 4. Mai 1835, S. 143. 804 Vgl. ebd. 805 Vgl. ebd. 806 Vgl. ebd.

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In Tausenden von Exemplaren, in allen Formen und Gestalten, für alle Zweige der Industrie hat man ihn abgezogen“ (Abb. 47).807 Drei bei Sachse erschienene Blätter stellen einen Querschnitt der Vernet’schen Bildthemen vor: „Der Überfall der Räuber“ zeugt von der Mode der sogenannten Banditenbilder, wonach meist italienische Wegelagerer und Palikaren romantisch umkleidet wurden.808 „La Poste au desert“ befriedigte die aufkommende Orientsehnsucht seiner Zeit (Abb. 110); der Künstler hatte selbst Arabien, Syrien und Algerien bereist. „Napoleon auf St. Helena“ gibt ein Beispiel für die anhaltende Napoleonbegeisterung und ihre zunehmende Legendenbildung, an der Vernets Kompositionen einen entscheidenden Anteil hatten (Abb. 111).809 Sachse brachte jedoch nicht nur Reproduktionen zeitgenössischer Kunstwerke heraus, sondern er verlegte bzw. verkaufte auch weniger anspruchsvolle, oft humoristische kleine Genreblättchen. Sie sind unterschrieben mit Bildtiteln wie: „Jedes Tierchen hat seine Manierchen“, „Ein heiterer Morgen nach dem Balle“, „Sommerlust. Ein Hund wird von zwei Damen der Gesellschaft gefüttert“, „Geduldsprobe. Du musst Salz auf den Schwanz streuen“, „Die Hasen auf der Hasenheide“, „Brunnenkur. Die Ärzte, die Ärzte!“, „Putzladenschaftliches. Wie eine Dame die neueste Mode nicht hintenan lassen will“, „Freue dir liebe Seele, et kommt en Platzregen“, „Schneppe, wo kommst du denn her? – Aus der Harmonie“, „Stoß dir nich!“ oder „Und drum keene Freundschaft nicht!“.810 Christa Pieske nannte für solche Art Darstellungen des sogenannten komischen oder humoristischen Genres wieder französische Vorbilder, wie etwa die Serienwerke „Galerie pour rire“, „Le Musée des rieurs“ (Abb. 112) oder „L’humanité comique“, die den Stoff und die Darstellungsweise lieferten.811 Witzblätter, die in volkstümlicher Weise typische Alltagsszenen, Stadtneuigkeiten oder Volksbräuche illustrierten, erfreuten sich in Berlin um 1830 großer Beliebtheit. Meist wurden die Lithographien nachträglich handkoloriert und für kleines Geld verkauft. Knappe, im Berliner Dialekt verfasste Bildunterschriften erläuterten die bildlich dargestellte Szene. Eine wichtige Rolle für die Entwicklung dieser Form der populären Graphik spielte der Verlag der Gebrüder Gropius, die erfolgreiche Serien herausbrachten wie „Berliner Witze und Anecdoten bildlich dargestellt“, „Berliner Redensarten“, „Tagesbegebenheiten“, „Berliner Ausrufer, Kostüme und lokale Bräuche“ und „Berliner Volksszenen“.812 Die qualitätvollen Darstellungen ließ Gropius oft von anerkannten Künstlern zeichnen und gerne bei Sachse lithographieren. Eines der Blätter, die Gropius und Sachse zusammen verlegten, soll hier exemplarisch Erwähnung finden. Um 1828 erschien Franz Krügers „Herr Baron kommen Se heran hier fehlt noch ene lumptige Person“, eine handkolorierte Lithographie, auf der der Kutscher eines bereits voll besetzen Wagens eine elegant gekleidete Person 807 Vgl. Kunstblatt, Nr. 28, 5. April 1838, S. 109. 808 Vgl. u. a. Boehm 1917, S. 79. 809 Vgl. auch Kapitel II.3.b, „ Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Pariser Poesie und Leipziger Prosa“. 810 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 811 Vgl. Pieske 1988, S. 93f. 812 Vgl. Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 145, Nr. 96.

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zum Mitfahren auffordert (Abb. 113).813 Auch die frühe Lithographie „Heda Mammselken“, die Adolph Menzel für den noch jungen Graphikverlag lithographierte, gehört in diese Reihe (Abb. 114).814 Erfolgreiche Künstler des humoristischen Genres, die sowohl für Gropius als auch für Sachse arbeiteten, waren Johann Peter Hasenclever, dessen Lithographie „Schulexamen in der Jobtirade“ genannt werden soll, Theodor Hosemann, der den „junge[n] Don Quichotte“ und den „Chausseearbeiter“ für Sachse lithographierte, oder Constantin Cretius, der die Berliner unterhielt mit Darstellungen wie „Ach, verzeihn sie, hier kommt ein Ochse“, „Lassen sie mir außer, ich bin schlimm“ oder „Ein Herr, der aus einem Gartenlokal kommt, wird von einem Burschen angerempelt“.815 Daneben hatten Märchen und Sagen sowie Kinder- und Familienszenen Konjunktur. Auf beides verstanden sich abermals die Düsseldorfer Maler ausgezeichnet. So schrieb Hermann Püttmann über die Malerschule 1839 augenzwinkernd: „Die Düsseldorfer sind außerordentliche Kinderfreunde und fast alle unter ihnen sind in dieser Beziehung fruchtbar. Ja, einige von ihnen gebären regelmäßig Zwillinge, Drillinge und Vierlinge. Die gemalten Kleinen werden den kunstliebenden Käuferinnen, denn auf diese ist es meistens abgesehen, auf alle mögliche Weise zubereitet.“816 Die bei Sachse erschienene Lithographie zu Theodor Hildebrandts „Märchenerzählerin“ soll als qualitätvolles Beispiel an dieser Stelle genügen. Auch Sachse wusste durchaus, was sich gut verkaufen ließ: „[…] betende Kinder [und] hübsche Köpfe von Frauen gehen immer“, wie er seinen Sohn in einem Brief wissen ließ.817 Ähnlich beliebt waren Tierdarstellungen und Jagdbilder: „Das Pferd als Reit- und Gespanntier war Kampfgenosse im Schlachtgetümmel, schmückendes Statussymbol höfischer Schichten, Voraussetzung ebenso für Reisende wie für den Ackerbau und konnte etwa als siegreiches Rennpferd zu eigener Berühmtheit gelangen, das mit Namen, Siegen und Gestütsangaben portraitiert wurde“, so Pieske.818 Einer der führenden Pferdemaler seiner Zeit war wieder Franz Krüger, der als ausgezeichneter Pferdekenner und Reiter zwischen 1829 und 1836 eine ganze Serie von Lithographien schuf, die bedeutende Rasse- und Rennpferde zeigen. Genannt werden hier die bei Sachse lithographierten und handkolorierten herausragenden Blätter „Dagobert. Fuchs-Wallach“ um 1831 (Abb. 115) und „Ganges“ um 1836.819 Daneben war die Jagd, der – obwohl schon längst auch von Bauern betrieben – noch immer der Flair des Höfischen anhaftete,

813 Vgl. ebd. 814 Vgl. auch Kapitel II.3.c, „Die Kunst will leben / Menzels Graphik“. 815 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 816 Püttmann 1839, S. 172; hier zit. nach Pieske 1988, S. 82. 817 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse jun. in Paris (bei Goupil), Berlin, den 6. März 1857. 818 Vgl. Pieske 1988, S. 90. 819 Vgl. Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 156f., Nr. 113 und 114. Die Blätter, die in enger Verwandtschaft zu den englischen „Sporting-Prints“ als „Sportbilder“ bezeichnet werden dürfen, waren nicht nur bei Kennern überaus beliebt.

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als Bildmotiv äußerst populär.820 Einer der beliebtesten Jagdmaler war Carl Friedrich Schulz (1796–1866), der auch „der Jagdschulz“ genannt wurde, und von dem auch Sachse Gemälde reproduzieren ließ.821 Zum sogenannten patriotischen Genre, das ebenfalls in keinem Verlag fehlen durfte, gehörten Fürstenporträts in anspruchsvoll gehobener oder „privater“ Atmosphäre, wie etwa der bereits erwähnte „Spazierritt Friedrich Wilhelm IV.“ von Franz Krüger oder der Pferdeschlitten desselben von Steffeck. Der Übergang zum historischen Genre sowie zu Militaria und Erinnerungsblättern war dabei fließend. Blätter wie „Erinnerung an Töplitz (Friedrich Wilhelm IV. auf einem Stuhl sitzend)“, „Die Huldigung der Stände Friedrich Wilhelm IV. in Königsberg“, „Friedrich Wilhelm IV. Eintritt in den Renaissancesaal am 18. Oktober 1840“ oder „Die Huldigung. Berlin am 15. Oktober 1840“ sprachen den geneigten Bürger und Untertan an. Szenen aus den Befreiungskriegen, vom Polenaufstand oder aber von den Märzereignissen des Jahres 1848 wie Loeillots „Friedrichshain. Begräbnis und Einsegnung der am 18. und 19. März Gefallenen“ und „Der 9. November 1848“ appellierten an Nationalstolz und Heldenverehrung.822 Ein interessantes Blatt ist hier sicher auch die bei Sachse erschienene Lithografie Hosemann´s nach dem Gemälde „Die Erschießung von Robert Blum in der Brigittenau bei Wien im Jahre 1848“ von Carl Steffeck (Abb. 116). Jüngste und sogar Tagesereignisse wurden – trotz Zensur in den politisch brisanten Zeiten – zum Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzung, ihre Verbreitung über das schnelle und kostengünstige Flachdruckverfahren förderte ihre Diskussion. Einen wichtigen Anteil der in Sachses Institut erschienenen Lithographien nahmen Uniformwerke ein. Die herausragende Arbeit stellte das „für seine ganze Geistes- und Charakterart so bezeichnende“ Album „Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung“ von Adolph Menzel dar (Abb. 117).823 Die 436 farbigen Blätter erschienen in drei Bänden bei Sachse in den Jahren 1851 bis 1857.824 Ludwig Pietsch berichtete in seinen Erinnerungen an Adolph Menzel: „Das Werk war nicht für den Verkauf geschaffen. Es sollte nur in den Besitz von wenigen kommen. L. Sachse erzählte mir, Menzel habe dem Druck jedes Blattes persönlich beigewohnt, um streng darüber zu wachen, dass keiner Platte mehr als die von ihm gewollte Anzahl von dreißig und einigen tadellosen Drucken abgezogen würde. Dann hätte er kaltblütig sein eigenes Werk vernichtet, indem er die betreffende Platte druckunfähig machte. Die materielle Kostbarkeit des Werkes, das nach dem von Menzel selbst kolorierten Handexemplar in farbigen Drucken hergestellt ist, wurde durch die Einschränkung der Zahl der Abdrucke natürlich hoch gesteigert.“825 Tatsächlich wurden nur 30 Exemplare gedruckt. Menzel selbst 820 Vgl. Pieske 1988, S. 91f. 821 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 822 Vgl. ebd. 823 Vgl. Pietsch 1905, S. 196. Zu Menzels Armeewerk ausführlich Kloosterhuis 2015. 824 Vgl. Dorgerloh 1896, S. 69–91. 825 Pietsch 1905, S. 196f.; es entstanden viele Tafeln durch Änderungen an den bereits gedruckten Steinen und durch veränderte Kolorierung, die von Carl Schulz nach Menzels eigenhändigen

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schrieb über seine Kalkulierung, dass „nur für Fälle des Verunglückens beim Ausmalen von jeder Platte [...] einige wenige Drucke über die Zahl der Auflage“ hergestellt wurden, die Sammlern zugutekommen sollten.826 Es kann auf die Geschichte und das große Interesse an Uniformwerken während jener Jahre hier kaum näher eingegangen werden.827 Menzels Äußerung deutet jedoch bereits darauf hin, dass er das „Armeewerk“ durchaus als künstlerische Aufgabe schätzte und ihm als kostbares Sammlerobjekt einige Bedeutung beimaß.828 Jeweils ein Exemplar ging an den König und an den Kulturminister zwecks „Unterstützung durch weitere Ankäufe“.829 Der Monarch veranlasste wenig später den Ankauf von drei weiteren Ausfertigungen für die Akademie in Berlin, Düsseldorf und Königsberg.830 Ein Album kostete 170 Taler. Sachse soll es in seinem Verlagsprospekt angeboten haben als „Prachtwerk, das das Vollständigste und das Authentischste bietet, was über den Gegenstand existiert“.831 Laut einer Quittung vom 27. Juli 1858, die sich in der Handschriftensammlung der Berliner Staatsbibliothek erhalten hat, erhielt Menzel von Sachse für ein Exemplar des dritten Bandes „Ein Hundert Thaler Antheil“.832 Ähnlich wie Menzel ging auch Franz Krüger bei der Vorbereitung militärischer Szenen mit äußerster Sorgfalt vor. Bevor er sein Paradebild „Die Regimentsübergabe in Potsdam“ in Angriff nahm, wandte sich Krüger im Frühjahr 1849 an Louis Sachse mit der Bitte um Informationen über die Uniformierung und Ausstattung der Soldaten und Offiziere zur Zeit Friedrich Wilhelms III. Krüger hatte um 1830 selbst ein Blatt lithographiert, das die königlich preußische Infanterie schematisch vorstellte und von dem er hoffte, dass Sachse es ihm besorgen könnte (Abb. 118): „Werden Sie mir nicht böse, wenn ich Sie mit einem kleine Auftrage belästige. – Vor längeren Jahren zeichnete ich für den Herrn General von Thümen, jetzigen Commandanten von Berlin, ein militärisches Blatt, ein Schema der preußischen Uniformen in einer sehr gedrängten einfachen Weise dargestellt. Dasselbe enthielt nur einen Offizier u. 2 bis 3 Mann die in einem Zimmer standen, in welchem die verschiedenen Gepäcke, Kopfbedeckungen und derley aufgehängt waren, auf einem Blatte von der ohngefähren Größe eines aufgeklappten gewöhnlichen Schreibebogens. – Sollten Sie dies Blatt selbst besitzen, oder irgend wo beVorlagen ausgeführt wurden. Am Ende wurden alle Steine abgeschliffen; vgl. auch Bock 1923, S. 149–247.. 826 Zit. nach Keisch 2012, S. 121. 827 Für die Begeisterung der Zeitgenossen für Uniformwerke ist erneut der Blick nach Frankreich unausweichlich. Die „Troupes françaises“, insbesondere aber die Armee Napoleons war über druckgraphische Darstellungen weit über die Schlachtfelder hinaus in die bürgerlichen Wohnzimmer gelangt; vgl. u. a. Dempsey 1992 und Kloosterhuis 2015. 828 Menzel schrieb über die Entstehung des 1842 begonnen Armeewerks, dass er „alle Ersparnisse an Geld und Zeit, und noch weit darüber hinaus“, der „Durchführung meines patriotischen Zwecks oft auch unter sehr schwierigen Verhältnisse geopfert“ habe; zit. nach Keisch 2012, S. 122. 829 Vgl. ebd., S. 121. 830 Vgl. ebd., S. 122. 831 Zit. nach Bütow 1994, S. 102. 832 Vgl. ebd.

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kommen können, so senden Sie es mir umgehend gefälligst u. sollten alle Stränge reißen es zu acquiriren, so wird gewiß der General von Thümen Ihnen die Quelle anzeigen, wo es zu bekommen ist – Bitte beschaffen Sie mir das Blatt. Sie reißen mich aus einer großen Verlegenheit [...].“833 Krüger hatte in den 1820er Jahren eine ganze Reihe solcher Uniformblätter gezeichnet, begonnen mit dem Werk „Darstellung der Königlich Preußischen Cavallerie in 41 Figuren [...] nach der Natur gezeichnet von den Malern Lieder und Krüger und in Tuschmanier gestochen von Professor Jügel“, das 1821 erschien.834 Als Aquarell bildmäßig ausgeführt, konnte Krüger offenbar bereits stattliche Preise für seine detailgenauen militärischen Darstellungen verlangen. Ein Aquarell auf Karton von 1829, das die königlich preußische Garde-Unteroffizier-Kompanie darstellt, wurde von Friedrich Wilhelm III. für 60 Friedrichsdor angekauft (Abb. 119).835 Sachse verlegte schon früh Prachtbände mit aufwendigen kolorierten Lithographien, die die Uniformierung verschiedener Regimenter bildmäßig vorstellen. Zwei solche prachtvollen Uniformwerke haben sich sogar im Département des Estampes der Bibliothèque nationale in Paris erhalten. Das eine Album stellt die „Großherzoglich-Mecklenburgisch-Schwerin’schen und Mecklenburg-Strelitz’schen Truppen“ in 24 kolorierten Einzelblättern im Jahre 1831 vor. Es ist auch antiquarisch im Kunst- und Buchhandel zu finden (Abb. 120). Bei dem anderen Album, das auf 1856 datiert ist, handelt es sich um das 30 Blatt umfassende Werk „Supplement zu das Preußische Heer unter Friedrich Wilhelm IV. Die Königlich Preußische Landwehr-Cavallerie nach neuester Uniformierung und Bewaffnung“.836 Das eigentliche Uniformwerk des preußischen Heeres unter Friedrich Wilhelm IV, das ebenfalls auch heute noch eine Rarität im Kunsthandel ist, gab Sachse 1843–1845 heraus (Abb. 121).837 Dieses Uniformwerk war bereits wiederum der Nachfolger von dem Album „Das Preussische Heer“, das Sachse von Ludwig Elzholz, Carl Rechlin und Julius Carl Schulz hatte zeichnen und lithographieren lassen und „Sr. Majestät dem Könige Friedrich Wilhelm III allerunterthänigst gewidmet“ schon 1830 herausgebracht hatte.838 Die handkolorierten Lithografien dieser frühen Alben gehen über eine schematische Darstellung weit hinaus. Sie sind bereits bildmäßig angelegt und vermitteln in ihrer Farbigkeit und dem großen Format der Blätter einen prächtigen, einen kostbaren Eindruck.

833 SMB, Zentralarchiv, AS: Mappe 792, Franz Krüger an Louis F. Sachse, Dessau, den 3. Mai 1849, vollständig abgedruckt in Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 231, Dok. 7. 834 Vgl. Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 109, Nr. 20; Friedrich Lieder (1780–1859) war Maler und Lithograph aus Potsdam. 835 Vgl. ebd., S. 140, Nr. 82. 836 Vgl. Cabinet des Estampes, BNF, Paris. 837 Vgl. „Das Preussische Heer unter Friedrich Wilhelm IV. Mit besonderer Berücksichtigung der neuesten Uniformirung und Bewaffnung aller Truppentheile unter specieller Leitung eines Allerhöchsten Orts ernannten Sachverständigen herausgegeben von L. Sachse & Co., Kunst-Verlags-Händler, Berlin 1845.“ 838 Vgl. Lipperheidische Kostümbibliothek, SPK Berlin.

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Pariser Poesie und Leipziger Prosa

„So bin ich denn aus dem Kreise des Kunst, Kultur und Poesie wieder im Kreise der Aufschneiderei, der Lüge und des Schmaches, mit einem Worte der Prosa angelangt, und du kannst dir denken, wie ich mich dabei befinde. Aber es muß nun einmal sein und so wollen wir nicht murren“, schrieb Sachse am 24. April 1837 aus Leipzig an seine Frau Nanni.839 Erst vor gut einer Woche war er aus Paris zurückgekehrt, „da wo Geist und Witz, Gefühl und Herz leben“.840 Dem „Leipziger Messleben“, das „allen Herzensgenuß und aller Genialität“ vermissen lasse, konnte Sachse nur wenig abgewinnen: „[…] ein schrecklich prosaisches Daseyn, oder besser Hierseyn. Zigarren, elendes Getratsch, Heuchelei über Collegen, gefällige Witze und Persönlichkeiten, Umgang mit Berliner maliziösen Witzbolden [...], das ist Leipziger Messleben (Abb. 122).“841 Der Ein- und Verkauf von Druckgraphik war in den deutschen Staaten noch weitgehend über die vorhandenen Vertriebsstrukturen des Literaturbetriebes organisiert und lief über ein weit gesponnenes Netz von Buchhändlern, Druckereien und Verlegern.842 Die Buchhändlermesse in Leipzig, die seit 1783 auch Kunstauktionen veranstaltete,843 war eine wichtige Gelegenheit, um graphische Arbeiten anzubieten, Bestellungen in Auftrag zu geben und mit Händlern und Verlagen auch außerhalb der deutschen Länder in geschäftlichen Kontakt zu treten (Abb. 123 und 124).844 Von Leipzigs Bedeutung als Messestadt ist 1851 in Meyers großem „Conversations-Lexicon“ zu lesen: „[...] an keinem anderen Orte, London und Paris nicht ausgenommen, werden so wichtige Geschäfte mit demselben [Buchhandel] gemacht, als in dieser Stadt [Leipzig], die man 839 LAB, E-Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 24. April 1837. 840 LAB, E-Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, im Mai 1838. 841 Vgl. ebd. 842 Vgl. das Stichwort „Kunsthandel“, in: Meyer’s Conversation-Lexicon 1851, S. 502f. sowie Schenda 1984, S. 163–175 und Pieske 1988. 843 Vgl. Meyer’s Conversations-Lexicon 1851, S. 502, sowie: Allgemeines Organ für die Interessen des Kunsthandels, 1. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1841, S. 173–175, hier S. 173: „In den Sälen der deutschen Buchhändlerbörse hat sich auch in diesem Jahr eine hinlänglich zahlreiche, bunte und mannichfaltige Gesellschaft von Gemälden, Zeichnungen, Miniaturgemälden e.c. zusammengefunden. Der Katalog nebst Nachtrag weist 428 Nummern auf, die aber immer noch anwachsen [...].“ 844 Vgl. Meyer’s Conversations-Lexicon 1851, S. 502: „[...] gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts gelangte dieses Geschäft [der Handel mit Kupferstichen, d. V.] nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Holland zu einer gewissen Selbständigkeit, die sich immer mehr befestigte. Der Kunsthändler lässt entweder nach guten Originalen von anerkannt tüchtigen Meistern Kupferstiche erstellen und wird dadurch, wie beim Buchhandel, zum Verleger, oder er unterzieht sich nur dem Vertriebe des Vorhandenen und tritt damit in die Reihe der Sortimentshändler; selten indessen findet man streng diese Ordnung, meist verbindet man hier beides miteinander [...]. In der neuesten Zeit, in welcher die Lithographie eine hohe Stufe zu erringen strebte und ihre Produkte der Kunst näher gebracht worden sind, macht man damit [...] nicht unbedeutende Geschäfte. [...] Der Kunsthandel weicht in Deutschland hinsichtlich seiner innern und gegenseitigen Verhältnisse und Bedingungen nur wenig vom Buchhandel ab [...].“

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daher als den Hauptort des Buchhandels der ganzen civilisierten Welt betrachtet; denn man zählt hier außer den Kunst- und Musikalienhandlungen allein 114 buchhändlerische Etablissements, und in der jedesmaligen Ostermesse finden sich gegen 300 fremde Buchhändler nicht nur aus allen Gegenden Deutschlands, sondern auch aus den größeren Städten des Auslandes, aus Aarau, Basel, Straßburg, Kopenhagen, Christiana, Stockholm, Petersburg, Riga, [...], ja selbst aus Athen und Newyork auf diesem Centralpunkte des Bücherverkehrs zur gegenseitigen Abrechung ein, zu welchem Behufe seit 1835 hier eine großartige Deutsche Buchhändlerbörse von dem 1825 gestifteten und sehr wohlthätig wirkenden Buchhändlerverein [...] errichtet worden ist, was dem gesamten Buchhandel einen bequemen Abrechungspunkt und der allgemeinen Abrechung eine große Erleichterung verschafft hat.“845 Als Verleger und Sortimentshändler musste auch Sachse seine Messegeschäfte über die Buchhändlerbörse (Abb. 125) abrechnen, „für Kunsthändler das Unsinnigste, das sich nur denken lässt“, wie er verärgert nach Berlin schrieb.846 „Dies echt deutsch-kleinstätter Wesen der so hoch gepriesenen Buchhändler-Abordnung“ kam ihm „unglaublich lächerlich“ vor: „Welch unerhörte Arbeit machen sich die guten Leute mit ihrem echt deutschen Fleiße und ihrer wohlbekannten Umständlichkeit! Halte mich kleinen, unbedeutenden, nicht mal routinierten Geschäftsmann nicht für vermessen, dass ich da lache, wo ich vielleicht nicht einmal begreife, aber [...] ich komme aus Frankreich, aus England, habe dort Milliarden von Geschäften abwickeln sehen, und mit welcher Einfachheit, mit wie wenig Umstand, und so geringen Spesen.“847 Die „ostindische Companie“, eine englische Privatgesellschaft, besitze „einen halben Welttheil mit Hauptstädten von Millionen Einwohnern“ und hätte „damit nicht so viel Schreiberei, unnütze Spesen und verhältnismäßig so viel Umstand als der gepriesene deutsche Buchhandel“, der „die Fuhrleute durch unnütz hin- und hergehende Bücherballen“ reich machte (Abb. 126).848 Sachse wollte kaum begreifen, wie „diese Art der Abrechnung noch Bestand haben“ könne, zumal „alle deutschen Buchhändler doch selbst darüber lachen“ würden.849 Als Sachse 1829 das erste Mal Leipzig bereiste, war ihm die Messe noch „nicht unnütz“ vorgekommen: „Überall findet man unsere Arbeiten gut und macht uns Lobesempfehlungen.“850 Seine Firma sei bereits „bekannter als er glaubte“ und auch Bestellungen würde er „viel erhalten“, wie er freudig nach nach Hause berichtete.851 Fünf Jahre später, zur „Kunstschau in Leipzig während der Ostermesse“ 1834, machte das Kunstblatt auf die bedeutenden Kunsthändler aufmerksam, die „jetzt häufig die Kunstmesse 845 Vgl. das Stichwort „Leipzig (Messen, Buchhandel)“, in: ebd., S. 1507f. 846 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 24. April 1837. 847 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 8. Mai 1838. 848 Vgl. ebd. Nur zu gern wollte Sachse sich „einmal mit einem pünktlichen Engländer offen über dies deutsche Buchhändlergeschäft“ unterhalten, das demselben „mehrfach lächerlich, ja kindlich“ erscheinen müsse, wie er weiter schreibt. 849 Vgl. ebd. 850 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 16. Mai 1829. 851 Vgl. ebd.

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besuchten“ und „in reichen Magazinen eine große Auswahl neuerer und älterer schöner Gegenstände sowohl in Kupferstichen als in der sich noch immer ausbreitenden, vieles wiederholenden und oft nachdruckenden Lithographie“ zeigten.852 Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde die Anwesenheit des Hauses „Rittner und Goupil“ wahrgenommen (Abb. 188–191). Der gebürtige Stuttgarter Graphikhändler Joseph-Henri Rittner (1802–1840) hatte sich 1827 in Paris niedergelassen und zwei Jahre später mit dem französischen Verleger Adolphe Goupil (1806–1893) zusammengeschlossen.853 Die daraus hervorgegangene Kunst- und Verlagshandlung Rittner & Goupil schwang sich in kürzester Zeit zum „großartigsten artistischen Etablissement in Frankreich“ empor.854 Ihre 1834 in Leipzig präsentierten Neuigkeiten (Kupferstiche und Lithographien) wurden in der Presse vor allen anderen lobend hervorgehoben. Unter ihnen waren Blätter nach Kompositionen von Paul Delaroche, François Gerard, James Stewart – Künstler, die bald auch Sachse in seinem Etablissement anbot.855 852 Vgl. „Kunstschau in Leipzig währen der Ostermesse 1834“, in: Kunstblatt, Nr. 76, 23. September 1834, S. 301–303, hier S. 302. 853 Zu der Firma Goupil & Cie. vgl. Anhang 2. 854 Vgl. Anonym: „Artistischer Verkehr“, in: Kunstblatt, Nr. 93, 19. November 1840, S. 388: „Die Kunsthandlung, welche ein Sohn des bekannten Rittner in Dresden in Gemeinschaft mit Hrn. Goupil begründet hat, ist gegenwärtig unstreitig das großartigste artistische Etablissement in Frankreich. Fast alle wahrhaft bedeutenden Kupferstiche und Lithographien gehen aus dieser Handlung hervor, und in ihrer allseitigen Tendenz beschäftigt sie Künstler aller Nationen, während die meisten andern, nach französischer Art, meist immer den einen und denselben Künstler exploitieren.“ 855 Vgl. Fr: „Kunstschau in Leipzig während der Ostermesse“, in: Kunstblatt 1834, Nr. 76, S. 302 und Nr. 77, S. 306–308: „Die französische Kupferstecherkunst lieferte so manches Neue bei Herrn Rittner und gab gleichsam einen eigenen Abschnitt der neuen Calcographie, worunter besonders die kostbaren Probeblätter des zu Paris erscheinenden neuen Münz- und Medaillienwerks, Trésor numismatique etc., gehören dürfen. [...] In der That muß man das Gelingen dieser Arbeiten außerordentlich nennen, und den Stechern dieser in Stahl gearbeiteten Platten, die selbige unter der Leitung des bekannten genialen Kupferstechers Dupont und des berühmten Genremalers De la Roche vollenden, die volleste Gerechtigkeit widerfahren lassen. [...] Scène de la Sainte Barthélemy, par De la Roche, gravé par Prudhomme, gr. real Fol[...] das Blatt ist kräftig, geistreich und effektvoll bearbeitet und gehört den besseren der neuen Calcographie an. Le Duc d’Anjou declaré Roi d’Espagne en 1700, peint par Fr. Gérard, gravé par Alf. Johannot s. gr. r. q. Fol. Publié par Rittner et Goupil. Der berühmte Maler Gérard zeigte uns durch Johannots kräftigen Grabstichel die Scene aus der reichen Lebensgeschichte Ludwig’s XIV. wie nach Karl’s II. von Spanien Testament den Herzog von Anjou zum Thronfolger Spaniens erklärt und ihm durch Spaniens Gesandten die Declaration überreicht wird. [...] Ste. Amélie, in einer Kapelle, gemalt von De la Roche, gestochen von Mercury, II. Fol. bei Rittner und Goupil [...] Der Kupferstecher Mercury begann die Arbeit des Blattes in derselben zarten und ihm höchst eigenthümlichen Manier, Vielen als ein Räthsel in der Ausführung scheinenden Manier, wie die von ihm vor drei Jahren beendeten Schnitter der Campagna nach Robert’s reichem Bild. Jene Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass der Kupferstecher die Vollendung durch den Grabstichel und die Schneidenadel so bearbeitete, dass das Ganze, einer sanft getuschten Zeichnung gleichend, den Beschauer oft in Zweifel setzt, wie die Arbeit gefertigt ist. Eigentlich das

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Die aufwendigen Reproduktionen nach Gemälden bekannter Pariser Maler trugen wesentlich zum nachhaltigen Erfolg der Firma bei.856 Die Zeitschrift L’Artiste bezeichnete 1840 die Kupferstiche aus dem Hause Rittner & Goupil nach Werken etwa von Delaroche, Ary Scheffer oder Léopold Robert als die bedeutendsten Kunstblätter ihrer Epoche.857 Die Wahl des Mediums stand dabei in einer gewissen Wechselwirkung mit dem Wert, den man der Gemäldevorlage zuschrieb. Nach wie vor wurde der Kupferstich als die würdigste Form für die Reproduktion bedeutender Kunstwerke angesehen.858 Die hochwertigen und oft großformatigen Drucke wurden selbst von gefeierten Kupferstechern gefertigt, wie Paul Mercuri (1804–1884), Luigi Calamatta (1802–1869) und Louis Pierre Henriquel-Dupont (1797–1892).859 Sie waren schon in der Herstellung ungewöhnlich teuer und wurden dementsprechend hoch gehandelt. Basis des Geschäftserfolgs und Grundlage für die Fertigung solcher Prestige-Blätter waren die wesentlich preisgünstigeren, aber grundsätzlich kaum minder qualitätvollen Lithographien, die Rittner & Goupil in ihrer ganzen Bandbreite, sprich als Originalblätter oder Reproduktionen, von Historien- und Landschaftsdarstellungen bis Genre und Humor, als Einzelblätter, Alben oder in Serie anboten.860 Für die Produktion und den Vertrieb der Graphiken baute die Firma ein eng gesponnenes Netzwerk auf, das auf eine möglichst internationale Verbreitung der Blätter abzielte und zugleich übergangslos vom Künstleratelier zum Sammler oder direkt in die Akademien und Galerien operierte, wie McIntosh ausführte.861 Auch Sachse nutzte seit 1829 den Messeort Leipzig für Geschäfte mit in- und ausländischen Verlagen und Kunsthandlungen, Künstlern und Sammlern. Da sich keine Geschäftsbücher erhalten haben, können leider kaum Aussagen über Sachses konkreten wahre Problem, was der Künstler darlegen konnte, um des Beschauers Auge nicht auf die einzelne technische Arbeit lenken. [...] Portrait de Napoléon d’après le masque moulé à St. Hélène par le Dr. Automarchi, dess. et gravé par Calamatti. Fol. Von den englischen Blättern erscheinen nun: Hide an Seek, gemalt und gestochen von James Stewart. Fol. The pedlar, gemalt von Wilkie, gestochen von Stewart, Seitenstück zu ersteren und eben so groß.“ 856 Vgl. McIntosh 2004, S. 73 und Whitely, S. 78f. 857 Zit. nach McIntosh 2004, S. 73. 858 Vgl. u. a. Pierre-Lin Renié: „Delaroche par Goupil. Portrait du peintre en artiste populaire“, in: Ausst.-Kat. Delaroche 1999, S. 173–199, hier S. 177. 859 Vgl. Bann 2005 und 2001 sowie Renié 1999. 860 Vgl. Whitely 2000, S. 79. Im Kunstblatt 1840, Nr. 93, S. 388 heißt es über die Produkte aus dem Hause Rittner & Goupil: „Noch nicht lange existierend hat diese Handlung bereits 50 Capitalkupferstiche von 21 Zoll Höhe und 36 Z. Breite, und daneben über 120 andere in Format von 8 bis 12 Z. Höhe und 6 bis 14 Z. Breite ausgegeben. Dazu kommen noch über 100 lithographierte Blätter von den bedeutendsten Pariser Meistern, die meistens von 10 bis 32 Z. Höhe und 8 bis 23 Z. Breite, eine Masse von Ansichtensammlungen aus der Schweiz, Italien, Frankreich, Baden, sämtlicher Monumente [...] von Paris, Panoramen und Studien und Skizzensammlungen aller Art.“ 861 Vgl. McIntosh 2004, S. 64.

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Transaktionen, Abmachungen, Tauschgeschäfte, Ein- und Verkäufe in Leipzig getroffen werden. Aus den Briefen an seine Familie lassen sich aber einige interessante Details herauslesen. Naturgemäß unterlag auch das Leipziger Messeleben den zeitbedingten politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Schwankungen. Im April 1831 schrieb Sachse an seine Frau: „Die letzten Unruhen in Dresden haben noch ungünstiger auf die Messe eingewirkt, sodass es nicht viel hier werden wird. Allein wir sind genügsam und vertrauen auf Oben, lassen uns auch nicht in zu viel ein.“862 Vom gleichen Aufenthalt berichtete er wenig später: „Die Messe ist, wie vermuthet, schlecht, und um doch etwas zurückzubringen werde ich wohl bis auf die letzt [sic] hierbleiben müssen. Denn jeder vertröstet mich auf die Zahlwoche und die hat 7 Tage, an deren letztem der Lässige erst zu geben nöthig hat. Von unserem Verlag ist auch noch viel dort, das kommt aber noch hoffentlich.“863 Sachse sei „wegen der schlechten Einnahme“ noch nicht einmal im Theater gewesen, was für den bühnenbegeisterten Berliner wohl einiges heißen mag.864 Drei Jahre später waren bereits „gewiß ein Duzend“ der „größere[n] Kunsthandlungen“ auf der Messe vertreten. Das Kunstblatt lobte ihre Anwesenheit, da durch sie „viele artistische Hände beschäftigt, einheimische, wie ausländische Werke in Curs gesetzt werden und manches interessante Neue selbst dem Vorübergehenden durch die Aushängefenster bekannt wird“.865 Sachse, dessen Unternehmen Mitte der dreißiger Jahre bereits zu den „größeren Kunsthandlungen“ gezählt werden darf, schrieb hingegen nach Berlin: „Übrigens hat unter den jetzigen Umständen die Messe aufgehört ein Vergnügen zu seyn. Geschäfte werden wenig gemacht, und Geld geht wenig ein. Nun obendrein der viele Wein, das gute Leben und Geldausgaben, das einige Rauchen und Wäscheverbrauchen [...].“866 Wirklichen Enthusiasmus konnte Sachse für die Leipziger Messe schon bald kaum mehr aufbringen. Es ginge ihm „gewöhnlich“, wie er 1835 berichtet: „[M]an rechnet und rechnet und es kommen am Ende ein Paar Kreuzer heraus.“867 Alle „bedeutenden Posten“ seien ihm „bis jetzt noch ausgeblieben“, seine „paar Groschen“ aber sei er „bis auf den letzten los“: „[E]s zwickt mich unangenehm, [...] weil ich schon so viel mitnehme um alles zahlen zu können.“868 1837 hatte die Messe für Sachse schließlich „allen Reiz verloren“. Er habe „nichts zu thun als einzutragen und auszupacken, und auf der Börse [s]eine Zeit zu verthun, wodurch manches andere Geschäft, des Ankaufs oder Tausches, versäumt“ würde.869

862 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 22. April 1831. 863 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, Dienstag (April) 1831. 864 Vgl. ebd. 865 Vgl. „Mittheilungen aus Berlin“, in: Kunstblatt, Nr. 14, 18. Februar 1834, S. 54. 866 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, o. D. (wohl Mitte der 1830er Jahre). 867 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 17. Mai 1835. 868 Vgl. ebd. 869 LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 24. April 1837.

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In den 1830er Jahren reiste Sachse oft mit seinem Berliner Kollegen und Freund George Gropius zusammen nach Leipzig.870 Im Gegensatz zu den noch kalkulierbaren Sorgen Louis Sachses hatte sein Berliner Kollege mit ernsthaften finanziellen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sachse „schmerzt[e] es in der Seele“, seinen Freund so straucheln zu sehen. 1831 schrieb er aus Leipzig: „Er [Gropius] macht sehr schlechte Geschäfte und aus diesem Grund mag wohl der ihn gestern Nacht betroffene heftige Blutsturz entstanden seyn, denn die Angst war – muß doch schrecklich seyn. Die arme, arme Frau. Und die Leute lieben sich wirklich, und mit einer liebenswürdigen Hingebung erträgt sie ihr Schicksal und die Sorgen ihres Mannes.“871 1835 war Sachse wieder mit Gropius in Leipzig, von wo er seiner Frau anvertraute: „Der arme G. G. [George Gropius] ängstigt sich furchtbar ab, um so viel einzubekommen, als er braucht, und es scheint ihm diesmal nicht zu gelingen.“872 Der „so kluge und richtige Kaufmann“ Gropius betrieb in Sachses Augen „das Kunstgeschäft zu buchhändlerisch“, was ihm „von Herzen leid“ tat:873 „Denn hier macht keiner sein Glück im Schlamm des Buchhandels. Daraus sich herauszuarbeiten ist unmöglich. Was ein ehrlicher rüstiger Mann thun kann, ist, sich vor peinlichem Untergang zu hüten, und sich herauszutreten so gut es geht.“874 Einen gewichtigen Grund für die Schwierigkeiten seines „armen Freund[es] Gropius“ sah Sachse zudem in den „Folgen zu großer Geschäftsausdehnung“.875 Die bereits erwähnte „elegante und detaillierte Geschäftskarte“ der Firma Gropius, die Sachses Lithograph Donndorf 1830 entworfen hatte, vermittelt einen Eindruck von dessen weit gefasstem Tätigkeitsfeld (Abb. 54).876 Unterhalb einer Ansicht des firmeneigenen Dioramas wird in einem ausführlichem Text ein „Lager aller neuen Steindrücke, einer großen Anzahl neuer Oelbilder, Sculpturen jeder Art und Medaillien“ beworben, aber auch „Eisengußwaren der Königlichen Eisengießerei“, und besonders „alle Charten, Pläne, Wegweiser, Steindrücke und Kupferstiche, welche Berlin, Potsdam und Umgebung zum 870 Zu der Firma Gropius vgl. Anhang 2 und das Kapitel II.3.a, „Einrichtungen, Korrespondenzen, Launereien / Die Lithographie greift um sich“. 871 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 22. April 1831. 872 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 17. Mai 1835. 873 Vgl. ebd. 874 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Messe Leipzig Mai 1838. 875 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 22. April 1831. 876 Annette Schlagenhauff erkannte in der bei Sachse gedruckten Geschäftskarte zu Recht ein Zeugnis der gegenseitigen Wertschätzung der Geschäftskollegen und Freunde; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 267, Abb. S. 268. Der frühe Tod von George Gropius im Jahre 1840 bedeutete das abrupte Ende einer fruchtbaren geschäftlichen und freundschaftlichen Verbindung. Im Jahr 1831, als Gropius einen Sorgen bereitenden „Blutsturz“ erlitt, schrieb Sachse aus Leipzig an seine Frau Nanni: „Du kannst dir denken, wie sehr ich mich ohne Gropius langweile. Wäre Engelmann nicht hier so hätte ich keinen, seit George weg ist“, vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, Dienstag April 1831. Als Sachse im Juli 1839 „alle [seine] Wohlthäter“ zum Mittagstisch einlud, war auch George Gropius mit dabei, vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 13. Juli 1839.

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Gegenstand haben“. Darüber hinaus besorgte die Gropius’sche Kunsthandlung „alle Arten von Einrahmungen und Aufziehen von Kupferstichen und Charten billigst und auf das Prompteste“ und führte „überhaupt jeden Auftrag im Fache der Kunst aufs Beste und Schnellste aus“. Recto ist ein Stadtplan mit der Lage des Dioramas unweit der Linden abgedruckt, der gerahmt ist von die Firma bezeichnenden Schriftzügen in französischer Sprache und kleinteilig ausgeführten Porträt-, Genre- und Landschaftsbildern in quadratischer Anordnung in den Ecken. Gropius bot – im Gegensatz zu Sachse – ein vielschichtiges Sortiment von „Mode-, Luxus-, und Bequemlichkeitsartikeln“ an.877 Neben den Berliner Graphiken waren hier Porzellan- und Glaswaren, Spielzeugartikel und vieles mehr zum Verkauf ausgestellt. Schon 1834 berichtete Zedlitz zudem von einem „Kunstsaal, wo sich die neuesten Produkte der lebenden Künstler vor uns erhalten, deren Arbeiten hier zum Verkauf, in einem großen Magazin vereinigt, bereit liegen“.878 Wie schon Annette Schlagenhauff beobachtet hat, richteten beide, Louis Sachse und George Gropius, ihr Interesse im Laufe der 1830er Jahre zunehmend differenziert auf die zeitgenössische Kunstproduktion.879 Warf Gropius sein Augenmerk vorzugsweise auf die regionale Kunst, wozu bald auch Gemälde gehörten, brachte Sachse neben französischen Kunstblättern ab 1835 auch Aquarelle und Ölbilder aus Paris und dem europäischen Ausland mit nach Berlin und stellte sie neben den Produktionen einheimischer Künstler bei sich aus.880 Im Jahr 1833 gründete George Gropius das bedeutende Wochenblatt Museum, das bis 1837 bestand.881 Für die redaktionelle Leitung konnte er den Kunstreferenten Franz Kugler gewinnen, mit dem auch Sachse, etwa 1834 über die Herausgabe der von Eduard Meyerheim aufgenommenen „Architektonischen Denkmäler der Altmark Brandenburg“, zusammengearbeitet hatte.882 Bezeichnenderweise war es Kuglers Museum, das Sachses Bemühungen um den künstlerischen Steindruck durch positive Artikel von Anfang an begleitete und bedeutende Leistungen, wie das Meyerheim’sche „Ansichtenwerk“ (Abb. 96–98) oder die gelungene lithographische Reproduktion von Lessings „Leonore“ (Abb. 105), mit aller Deutlichkeit hervorhob. Erst durch Unternehmungen wie diese habe sich „Berlin aus einem ebenso beschämenden wie drückenden Abhängigkeitsverhältnisse zu Paris und München befreit und endlich in einer Kunst, welche, wie keine andere, zur möglichst allgemeinen Verbreitung der einzelnen Werke dient, mit genügender Selbständigkeit auftritt“, hieß es ebenhier.883 Ein solch fruchtbarer Kunstaustausch zwischen den Ländern, sprich die möglichst regelmäßige Zirkulation eigener und fremder Kunstblätter, die hier angesprochen wird, 877 Vgl. Zedlitz 1834, S. 147. 878 Vgl. ebd. 879 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 267. 880 Vgl. Kapitel IV, „Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei“. 881 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 267. Zu dem frühen bedeutenden Kunstmagazin Museum; vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve. Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 59. 882 Vgl. Kapitel II.3.b, „ Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Architektur und Landschaften“. 883 Vgl. Museum, 1. Jg., Nr. 44, 4. November 1833, S. 354.

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stellte nicht nur eine organisatorische, sondern auch eine ökonomische Herausforderung für Sachse dar. Eine wesentliche Rolle spielte die geschickte Kalkulation von Transportkosten. Schon im September 1828, also etwa ein halbes Jahr nach seiner Geschäftseröffnung, hatte sich Sachse an das Kultusministerium gewandt, um Portofreiheit für seine Korrespondenz mit Paris und München zu erbeten: „Für das beste meines Instituts und zur Erreichung des mir vorgesetzten Ziels bleibt eine fortschreitende Correpondenz mit Paris und München durchaus nothwendig und eine stehte Verbindung mit den ersten Instituten wünschenswerth, theils um den Rath meines Meisters A. Senefelder auch hier noch benutzen zu können, theils um die in Paris fast täglich erscheinenden erstaunenswürdigen Meisterstücke der Lithographie zu Vorbildern schnell zu erhalten und durch Verbreitung derselben sowohl auf die Künstler als auch auf das Publikum einzuwirken.“884 Sachses Antrag war an den preußischen Generalpostmeister Karl von Nagler weitergeleitet worden, der ihm zwar nicht das ausländische, wohl aber das preußische Porto erlassen wollte.885 Sachse sollte eine Aufstellung machen und einen Antrag um Rückerstattung stellen. Doch als Sachse seine Liste nach einem halben Jahr eingereicht hatte, war er überraschend zurückgewiesen worden. Mit der Bitte um Klärung des Sachverhalts hatte sich Sachse daraufhin erneut an das Kultusministerium gewandt: „Der erhaltenen Anweisung gemäß reichten wir [...] anfangs Mai unsere erste sechsmonatige Liquidation ein, erhielten aber darauf die originaliter sub. Pet. rem. gehorsamst beigelegte Resolution. Da wir nun aus einer so gnädigen Begünstigung auch den möglichsten, jedoch bescheidenen Vortheil ziehen zu müssen glaubten, so haben wir, allein im Vertrauen auf jene Portofreiheit manche Correspondenz, manches Geschäft angeknüpft, welches sonst hätte unterbleiben müssen. Wenn wir daher die Wiederherstellung der Portos nicht erlangten, so würde uns statt Nutzen allenthalben Schaden entstehen. Deshalb wagen wir das Königl. Hohe Ministerium unterthänigst zu bitten, sich beim Königl. General Postamt fachgeneigt doch für uns zu verwenden, dass 1.) unsere dort eingereichte Liquidation genehmigt 2.) uns die Portofreiheit in der Preußischen Monarchie, wenigstens auf eine Anzahl Jahre gnädigst bewilligt werde.“886 Minister von Altenstein hatte sich der Sache angenommen und umgehend an Nagler geschrieben. Altenstein hatte empfohlen, der Bitte stattzugeben, da Sachse „fortgesetzt ein achtungswürdiges Anstreben für sein Fach bethätigt, und begründete Hoffnung erregt, nach überstandenen Hindernissen um diesen Gegenstand sich bedeutende Verdienste

884 GStA PK, Rep. 76Ve, Sekt. 4, Abt. VX, Nr. 3, Bd. 2, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 12. September 1828. 885 Vgl. ebd., Nagler an von Altenstein, Frankfurt am Main, den 30. September 1828: „Nicht nur der Wunsch Eurer Eczellenz meine Bereitswilligkeit zu bestätigen, werden uns das lebhafte Interesse, welches ich an dem Gedeihen der Kunst nehme, veranlassen mich für das Interesse des Sachse zu thun, was die Umstände irgend gestatten. Das französische und bayerische, sowie überhaupt das ausländische Porto zu erlassen, liegt leider nicht in meinem Vermögen. Ich kann den Erlaß nur auf das Preußische Porto gewähren.“ 886 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 1. September 1829.

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zu erwerben“.887 Nagler gab jedoch offenbar den eigenen Amtsinteressen den Vorrang. Er genehmigte Sachse zwar die Portofreiheit für Sendungen von und nach München und Paris, nicht aber, wie zunächst versprochen, für ganz Preußen.888 Der Vorgang ist bezeichnend, zumal die diskutierten Transportkosten von 107 Talern und 26 Silbergroschen für sieben Monate eine Vorstellung von dem Umfang seiner Geschäftstätigkeit vermitteln.889 Ungeachtet solcher Schwierigkeiten arbeitete Sachse von Anfang an mit Pariser Firmen zusammen und gab bald auch gemeinsam mit diesen lithographische Alben und Einzelblätter heraus. Eine der ersten bekannten Ausgaben ist ein Album mit dem Titel „Les Arts et les Métiers, Recueil de Carricatures“, das Sachse zusammen mit der Imprimerie de Senefelder in Paris verlegte. Fünf Zeichnungen aus dieser Mappe haben sich in der Grafiksammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin erhalten (Abb. 127). Sie sind sämtlich am linken unteren Rand bezeichnet mit „Gaillot inc. et. del.“ sowie rechts „lith. de Senefelder“ bzw. ein abweichendes mit „chez Senefelder et Cie“. Die Lithographien auf hellblau eingefärbtem Papier zeigen je ein Brustbild in Profilansicht, das nach der Art eines Kompositkopfes aus verschiedenen Gegenständen, hier Arbeitsinstrumenten, gebildet ist. Die erhaltenen Zeichnungen stellen verschiedene „Métiers“ dar und sind mit entsprechenden Beschriftungen untertitelt: No. 1 „La Cuisinière“, No. 9 „Le Jardinier“, No. 10 „La Fruitière“, No. 11 „Le Perruquier“ und No. 12 „Le Menuesier“.890 Den „Métiers“ waren die „Arts“ gegenübergestellt. Leider ist von diesen Blättern 887 Vgl. ebd., von Altenstein an von Nagler, Berlin, den 3. September 1829. 888 Vgl. ebd., von Nagler an von Altenstein, 3. September 1829. Nagler listete in seinem Schreiben eine Reihe von Gründen auf, weshalb dem Wunsch Sachses nicht entsprochen werden könne. Zudem handele es sich sowohl um schwere Paketsendungen als auch um Geldzahlungen, für deren Transport dem Postfuhramt zusätzliche Kosten entstünden. 889 Vgl. ebd. und Schlagenhauff 2003, S. 267. 890 Das Porträt der mit der „No. 1“ bezeichneten „La Cuisinière“ ist vollständig aus Küchenutensilien gebildet. Ihr Nacken-Schulterbereich bis zum Oberkörperansatz setzt sich aus einer Schüssel und einem darin liegenden höheren (wohl) Tontopf mit seitlichen kleinen Henkelansätzen zusammen. Der Henkel einer aus dem nach links oben geöffneten Topf herausragenden Suppenkelle verläuft durch einen für die Kinn-Mundpartie platzierten Becher und ist zugunsten einer vollständigen, nach links blickenden Profilansicht als Nase ausgeformt, während die eigentliche Kelle über dem so gebildeten Kopf zu schweben scheint. Haare und Hinterkopf sind durch einen aufgesetzten Blasebalg verbildlicht. Die als Blatt „No. 9“ gekennzeichnete Zeichnung stellt des Typus „Le Jardinier“ dar. Seine nun nach rechts gewandte Profilansicht wird im Schulterberich aus einem Korb mit lose darin platziertem Grasbündel und Tuch gebildet. Hals-, Ohren- und Nasenpartie sind durch die entsprechend ausladenden Teile einer Gießkanne bezeichnet. Eine dahinter hervorragende Schüssel bildet das Kinn aus. Anstelle eines Hutes oder einer Mütze trägt die Figur eine aufgestülpte Schubkarre, die so den Hinterkopf ausformt. Der Gärtner hat auf seiner imaginären linken Seite Hacke und Schaufel geschultert. Die Lithographie mit der „No. 10“ zeigt „La Fruitière“. Der Oberkörper der Obstfrau ist aus einem kleineren Handkorb und einem darüber platzierten umgestülpten Rückenkorb gebildet. Auch die nach rechts gerichtete Hals-, Ohren und Kinnpartie ist durch einen kleineren leicht ausladenden Korb zusammengestellt, aus dessen zur linken Seite liegender Öffnung ein Blätterstrauß herausquillt, der wiederum einem

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nur der „Peintre“ überliefert, dessen Porträt aus Palette, Pinsel und anderen Malutensilien arrangiert ist.891 Die phantasievollen Kompositionen stammen von dem französischen Maler und Lithographen Bernard Gaillot (1780–1846),892 der während der zweiten Hälfte der 1820er Jahre verschiedene Originalblätter für das Institut Knecht-Senefelder gezeichnet hatte. Es handelte sich dabei vor allem um Genredarstellungen und Karikaturen wie die Kragen ähnlich Oberkörper- und Halspartie miteinander verbindet und gleichzeitig umkränzt. Als Stirn und Augenansatz ist eine Birne platziert, die Nase wird durch den Stil einer Artischocke ausgeformt, dessen Frucht über der Stirn eine Art Lockenansatz oder Kopfschmuck versinnbildlicht. Den Hinterkopf bildet ein Kürbis, der in seiner Form einer aufgesetzten Arbeitshaube gleicht. Die als „No. 11“ bezeichnete Graphik verbildlicht „Le Perruquier“. Schulter und Hals der nach links gewandten Figur sind aus einem herabhängendem Tuch gebildet, eine Schere deutet eine Krawatte an, die Rückenansicht eines Buches oder einer kleinen Tafel bildet den Kragen seines Arbeitsanzuges. Für die Kinn- und Backenpartie ist ein zylinderförmiger Behälter mit verschließbarem Deckel platziert, dahinter ragen zu beiden Seiten erneut eine Schere und ein Kamm hervor, deren untere Enden die Lippen eines leicht geöffneten Mundes ausformen. Darüber liegt, annähernd horizontal und etwa mittig zur Kopflänge, ein Pinsel, dessen weicher Borstenkopf einen Haarzopf im Nacken des Perückenmachers beschreibt und aus dessen unterem Stiel auf der Höhe von Augenbrauen ein Barbiermesser herausklappt, welches die Nase des Meisters bildet. Die hohe Stirn und der kahle Oberkopf sind durch eine runde Palette versinnbildlicht, ein Haarbüschel bildet einen entsprechenden Ansatz oberhalb des als Zopf gedachten Borstenpinselkopfes. Die letzte der in der Mappe beinhalteten Zeichnungen trägt die „No. 12“ und stellt „Le Menuisier“ dar. Auch das Porträt des Tischlers ist allein aus entsprechenden Arbeitsinstrumenten zusammengesetzt. Der Oberkörper wird durch eine Handsäge mit einem als Kragen diagonal darauf platzierten Holzrahmen gebildet. An diesem hängt an einem Henkel eine kleine vierfüßige Schüssel, wahrscheinlich zum Mischen des Leims, welche die rechte Schulter des nach links gewandten Bildnisses ausmacht. Ein darunter platziertes Tuch sowie ein abermals dahinterliegender Holzgriff deuten den Ansatz der Rückenpartie und ein Gewand an. Aus dem einen Kragen imitierenden Holzrahmen ragen in Richtung Halspartie die oberen Enden einer Zange und einer Pfeile hervor sowie ein großer Holzhammer, dessen Kopf Kiefer-, Mund- und Backenpartie des Gesichtes beschreibt. Ein darüberliegender, leicht nach links oben deutender kleiner Holzkeil bildet die imaginäre Augenpartie aus. Ein kleinerer Hammer ist so platziert, dass der annähernd vertikal verlaufende Holzgriff als verbindendes Element zwischen Holzkeil und dem Kopf des Holzhammers eine Nase ausformt, während dessen Eisenkopf, ähnlich dem Schirm einer Schirmmütze, auf Höhe der Stirn in die Blickrichtung des Porträtierten zeigt. Ein entsprechend gelegtes Tuch bezeichnet Haare und Hinterkopf des Tischlers. 891 Brouwers erwähnt als ein Beispiel dieser Sammlung von Lithographien allein den Kompositkopf des „Peintre“; vgl. Brouwers 2005, S. 61. 892 Bernard Gaillot (1780–1847), Maler und Lithograph in Paris, Schüler von David. Debütierte im Salon 1817 mit dem Gemälde „Cornelia, die Mutter der Gracchen“ und stellte bis 1831 wiederholt meist biblische Historien aus. In den Pariser Kirchen befindet sich in St. Pierre du Gros-Caillou eine „Befreiung Petri aus dem Gefängnis“ von 1834, in St. François ein „heiliger Franciskus von Assisi vor Papst Innocenz III.“ (Salon 1827), in St. Martin de Marais eine „Vision des hl. Augustin und Vision der hl. Monika“, in Notre Dame de Bercy ein „Traum des hl. Joseph“ aus dem Jahre 1824 und in der Kathedrale du Sens „Hl. Ludwig trägt die Dornenkrone“, das ebenfalls im Salon von 1824 ausgestellt war. Im Museum Versailles ist außerdem ein Bildnis des Seigneur de Crillon und des Konnetabel Charles de Bourbon bewahrt.

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populären Einzelblätter „Les démoiselles honnêtes“ aus dem Jahre 1827, die drei Zeichnungen „Riche propriétaire“ aus dem selben Jahr oder auch eine Dreier-Serie, „Avant, Pendant, Après“893 aus dem Jahre 1828.894 Das Thema der vorgestellten und sowohl in Berlin als auch im Cabinet des Estampes der Bibliothèque nationale 895 in Paris erhaltenen Kompositköpfe war spätestens seit den berühmten Bildnissen Guiseppe Arcimboldos aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bekannt und beliebt.896 Auf das Verspielte, Karikaturhafte der Gaillot’schen Zeichnungen weist der Titel der vorgestellten Mappe „Recuiel de Caricatures“ hin. Das Album war erstmals im Dezember 1826 bei Senefelder et Cie. in Paris erschienen und wurde im September 1828, also unmittelbar nachdem Sachse sein eigenes Institut in Berlin eröffnet hatte, erneut aufgelegt.897 Dabei ist davon auszugehen, dass auch in der Berliner Mappe alle zwölf Zeichnungen vereint waren bzw. dass es zu dem „Heft 2“ auch ein „Heft 1“ gab. Nicht nur mit Knecht, sondern auch mit Rittner & Goupil stand Sachse schon seit frühester Zeit im geschäftlichen Kontakt. Ein weiteres frühes Zeugnis für die deutsch-französische Zusammenarbeit findet sich auf der Rückseite eines Titelblattes der „Auserlesenen Sammlung antiker und moderner Schablonen und Arabesken“ aus dem Jahre 1831, auf der ein zusätzliches Frontispiz aus dem Hause Rittner & Goupil erscheint (Abb. 128). Das lithographische Album wird in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin aufbewahrt. Annette Schlagenhauff, die ihre wertvolle Entdeckung bereits publizierte, schrieb die Arabeskensammlung, was durchaus naheliegend ist, dem jungen Adolph Menzel zu.898 Sehr wahrscheinlich jedoch handelt es sich um ein Album des ebenfalls aus Breslau stammenden Architekten Carl August Menzel (1794–1853), der nach einer langjährigen Tätigkeit in Schinkels Berliner Oberbaudirektion zwischen 1830 und 1832 als privatgelehrter Publizist in der 893 Es scheint, als habe dieses Blatt trotz des trivialen Inhalts, denn es stellt einen eleganten Mann während der Verrichtung seiner Geschäfte dar, einen gewissen Erfolg gehabt. Es erschien zwei Jahre später auch bei Lemercier; vgl. Brouwers 2005, S. 85f. 894 Von den Originallithographien werden im Thieme-Becker genannt: „Enfantillages, étrennes pour les grands et les petits“ (15 Bl., 1824) und die zu ihrer Zeit sehr populären Einzelblätter „Le Piano“ (1828), „Les Canaches à l’endroit difficile“, „Avant, Pendant, Après“, „Les Démoiselles honnêtes“ und „Les Vendages“; vgl. Thieme/Becker, Bd. 13, Leipzig 1999, S. 78. Siehe außerdem Brouwers, Catalogue raisonné 2005, S. 85f. 895 BNF, Dc-89 Pet Fol. und BNF, Dc-89 Pet. Fol. 896 Guiseppe Arcimboldo (um 1527–1598). Zum Prinzip der Kompositbildnisse siehe Bredekamp 2003. Ein Fundus solcher Anthropomorphismen stellt auch die 100 Blätter umfassende Stichfolge „Les Costumes Grotesques et les Métiers“ von Nicolas de Larmessin aus dem Jahre 1695 dar. Die aus diversen Objekten phantasievoll zusammengesetzten Figuren sind als typische Vertreter bestimmter Berufs- und Gesellschaftsgruppen visualisiert („Le Musicien“ und „Le Tapissier“); vgl. Larmessin 1974. 897 Vgl. Brouwers, Catalogue raisonné 2005, S. 85: „Les Arts et les Métiers, no. 1 à no. 12 inclus, lith. par Gaillot, 6 décembre 1826, no. 948“, in BNF, Dc-89 Pet Fol. und S. 86: „Art et métiers, figures allégoriques, 12 planches, Paris chez Senefelder, Rue de Paradies, no. 20, 12 items, 20 septembre 1828, no. 729“, in BNF, Dc-89 Pet. Fol. 898 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 269.

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Landeshauptstadt auftrat.899 Wie der französische Titel auf der Innenseite informiert, wurden die Vorlagen Carl August Menzels von dem französischen Maler und Lithographen Henri Grévedon (1776–1860) lithografiert. Ein weiteres Exemplar von Carl August Menzels Album, das eine Folge von 36 Ornamentik-Lithographien enthält, ist im Département des Estampes der Bibliothèque nationale in Paris zu finden. Interessanterweise trägt nur das Heft 2 aus der Berliner Kunstbibliothek den inwendigen französischen Titel. Das Heft 6 aus Paris, dessen Inhalt mit dem Heft 1 ansonsten absolut identisch ist, unterscheidet sich allein darin, dass auf dem Titel der Namenszug des Künstlers Carl August Menzel gut leserlich, in kapitalen Druckbuchstaben und nicht mehr als Schreibschrift, erscheint.900 Der Hinweis von Annette Schlagenhauff auf die frühe gemeinsame Ausgabe dieses Albums von Sachse und Rittner & Goupil ist enorm wertvoll. Sachses Vorhaben, deutsche Künstler im Ausland bekannt zu machen, mag wohl insbesondere bei dem sächsischen Immigranten Henri Rittner Zuspruch gefunden haben.901 Aus dem Nachruf des jung verstorbenen Dresdners im Kunstmagazin L’Artiste 1840 ist zu erfahren, dass Rittner „convenait les mieux à ses instincts et à cet amour inné des arts qu’il avait puisé à Dresde, la Florence de l’Allemagne, il n’avait d’autre ambition que de créer à Paris un entrepôt d’estampes allemagnes“.902 Sachses Äußerungen über konkrete Versuche, deutsche Kunstblätter in das Sortiment französischer Kunsthandlungen zu integrieren, schlugen hingegen einen erheblich nüchterneren Ton an. So schrieb Sachse etwa 1834 aus Paris: „Meiner Lautenspielerin ist es leidlich ergangen, Gihaut hat 12 Exemplare vorläufig genommen, Rittner 6 vorläufig, und wollen beide, wenn ich sie keinem andern gebe, noch sehr viele unterbringen, ich habe aber den Preis durchaus auf 8 francs netto stellen müssen. Wenn das nun auch für die avant la lettre zu wenig ist, so gleicht es sich später bei dem Schnitt wieder aus. Auch andere Verlage, u. a. 5 Per. groß, habe ich angebracht, obgleich mit Proben und in der Kürze der Zeit mit meinem Verlage nichts zu machen war.“903 Der Geschäftsmann Sachse wusste wohl, dass er mittelfristig kalkulieren musste, um seine Verlagsartikel in Paris zu positionieren. 899 1832 wurde Carl August Menzel Bauinspektor an der Universität in Greifswald; vgl. Lissok 1996. 900 Vgl. „Auserlesene Sammlung antiker und moderner Schablonen für Architekten, Stubenmaler & Fabrikherrn in natürlicher Größe gezeichnet, Heft 6, Kunstverlagshandlung und lithographisches Institut von L. Sachse & Co., Berlin“; in Paris, BnF, Département des Estampes. Unterhalb des Namenszuges ist zudem auf beiden Blättern zu lesen: „Königlicher Bau-Inspector“. 901 Vgl. Anhang 1 und 2. Sachse traf sich in den Anfangsjahren in Paris offenbar vorrangig mit Rittner. Goupil erwähnt er namentlich erst seit 1837. 902 Vgl. M. Fayot: „Nécrologie M. Rittner“, in: L’Artiste, 2ème série, Bd. 6, Dezember 1840, S. 399; vgl. auch McIntosh 2004, S. 65. 903 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. Bei der „Lautenspielerin“ handelte es sich um die Lithographie nach einem Gemälde von Carl Sohn, das von Wildt in Sachses Verlag lithographiert und herausgegeben worden ist. In Kuglers Museum wurde das Erscheinen der Lithographie willkommen geheißen: „Vorliegendes Blatt (über 17 Zoll hoch und beinahe 13 Zoll breit) gehört zu den trefflichsten Leistungen, welche die Berliner Lithographie hervorgebracht hat. Die Zeichnung ist höchst sauber und klar, mit glück-

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Im Stadtmuseum Berlin sind weitere Graphiken zu finden, die Sachse zusammen mit Rittner & Goupil, später Goupil & Vibert, verlegte. Unter ihnen ist Franz Krügers Porträt des gefeierten französischen Künstlers Horace Vernet (Abb. 73), ein weiteres von Tizian, Tizians Porträt seiner Tochter Lavinia (im Großformat) sowie eine Genredarstellung mit dem Untertitel „Qui d’art diné“ von Villeneuve (Abb. 129).904 Im Département des Estampes der Bibliothèque nationale in Paris sind ebenfalls Blätter zu finden, die Sachse gemeinsam mit dem Maison Goupil, aber auch mit anderen französischen und englischen Kunstverlagen herausgab, wie etwa die großformatigen Außen- und Innenansichten bedeutender sakraler Bauwerke aus Nürnberg: eine Ansicht der Frauenkirche und des Schönbrunnens, eine Hauptansicht des Inneren sowie eine Seitenansicht der St. Laurentiuskirche und eine Ansicht der Karolinenstraße. Die fein gezeichneten Lithographien sind sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch betitelt, sämtlich gedruckt bei Lemercier in Paris und gemeinsam herausgegeben von L. Sachse & Co. (Berlin), Gambart, Junin & Co. (London), Goupil & Vibert (Paris) und Jeannin (Paris).905 In der Blattmitte stehen (zumeist) die Hauptherausgeber, in diesem Fall Gambart und Sachse, zu beiden Seiten sind die Mitherausgeber, hier Goupil und Jeannin, aufgeführt. Das gemeinsame Verlegen brachte den Kunsthandlungen (vermutlich) die Befreiung von Einfuhrzöllen, „sodass eine finanziell unbelastete Weitergabe erfolgen konnte“, wie Christa Pieske in ihrer wichtigen Abhandlung über Wandbilddrucke des 19. Jahrhunderts konstatiert.906 Die gemeinsame Nennung international bekannter Verlagsnamen wertete zudem die eigene Handlung auf. Die so ausgewiesenen Lithographien und Stiche versprachen eine hohe Qualität und eigneten sich ebenso für Mappensammlungen wie für die gerahmte Hängung an der Wand.907 Eine von Christa Pieske angelegte Übersicht über die Zusammenarbeit deutscher und ausländischer Kunstverlage in den Jahren zwischen 1840 und 1940 führt die zulichstem Verständnis des Originals und mit innerer Hingebung durchgeführt. Die Harmonie des Ganzen und die treffliche Durchbildung der einzelnen Theile (z. B. meisterhaftes Helldunkel des linken Armes) ist gleichen Lobes würdig. Soviel wir wissen ist dies erst die zweite Arbeit des Lithographen, die erste war der Krieger mit dem Kinde von Hildebrandt, auch diese schon eine sehr tüchtige Lithographie, gleichwohl von der vorliegenden um ein Bedeutendes übertroffen: wir wünschen dem Künstler alles Glück zu der so rühmlich beschrittenen Bahn. Der Druck entspricht den Erwartungen, zu welchem uns die Verlagshandlung schon seit längerer Zeit berechtigt; er ist durchgängig rein, harmonisch und warm, in den zartesten Übergängen sowohl, wie in den kräftigem Schattenparthien [...]“; vgl. Museum, 2. Jg., Nr. 47, 24. November 1834, S. 388. Zu Sachses Genre-Lithographien und dem erwähnten Blatt nach Theodor Hildebrandts „Der Krieger mit dem Kinde“ vgl. Kapitel II.3.b, „ Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Genresachen, Jagdstücke, Diverse“. 904 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 905 Vgl. „Topographie de la Bavarière. Moyenne Franconie Nuremberg“, BNF VC 268-fol. P168532, P168535, P168538 und P168550. Alle Blätter sind handschriftlich mit der Jahreszahl 1846 bezeichnet. 906 Vgl. Pieske 1988, S. 170. 907 Vgl. ebd.

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nehmend regen Kooperationen von Berliner mit ausländischen Firmen vor Augen.908 Sachse brachte demnach zusammen mit Goupil & Vibert (Paris), Gambart, Junin & Co. (London) und Jeannin (Paris) außer den genannten Nürnberger Architekturansichten auch Blätter heraus wie: „Comme l’esprit“ (1845), „Études lithographiques“ (1845), „L’enfant charitable“ (1845), „Travers le champs“, „Église Notre-Dame“ oder „Chemin faisant“. Allein mit Goupil & Vibert (Paris) und Gambart, Junin & Co. (London) verlegte Sachse die Blätter: „Pas de fleurs“ (1845) und „Tyroliènne“ (1845). Im Musée Goupil in Bordeaux haben sich zudem einige Beispiele aus den gemeinsam herausgebrachten Serien „Études choisies“ (1844) und „Études lithographiées“ (1845) erhalten, die beide zeitgenössische Werke französischer Maler sowie eine Reihe von Kupferstichen alter Meister enthalten.909 Von einer gemeinsamen Herausgabe der Firma L. Sachse & Co. mit Jeannin (Paris), Gambart, Junin & Co. (Paris) und L. T. Neumann (Wien) zeugen, wiederum nach Pieskes Recherche, die Lithographien mit den Titeln: „Secret“ und „Études variées“ (1844). Ebenfalls mit Gambart, Junin & Co. (London), aber auch mit Bulla frères & Jouy (Paris) verlegte Sachse die „Nouvelles études variées“ (1845).910 Zwei weitere Beispielblätter konnten im Musée Sarret de Grozon in Arbois ausgemacht werden. Es handelt sich in beiden Fällen um Lithographien von Alphonse Léon Noel nach Gemälden von Pierre François Eugène Giraud. Unterhalb der genrehaft aufgefassten Darstellungen „Manon Lescaut et le Chévalier des Grieux au Palais de St. Sulpice“ und „Première entrevue de Manon Lescaut et du Chevalier des Grieux“ aus dem Jahr 1844 wird auch hier der Kunstfreund höchstgenau informiert: links „Peint par E. Giraud“ und „Paris, Goupil & Vibert, boulev. Momatre 15 et r. de Lancy 7“, rechts „Lith. par Léon Noel“ und „Paris, Jeannin, Place du Louvre, 20“. Zentral ist zu lesen „Imp. par Lemercier à Paris“, dann der Titel sowie „London, pub 5 May 1844 by Anaglyptic Company, 25 Berners St Oxford St / Berlin Verlag von Sachse et Cie., Wien Verlag Neumann“.911 Wie aus seinem Reisetagebuch hervorgeht, besuchte Sachse auf seinen regelmäßigen Parisreisen die großen Kunsthandlungen und Verlage der Seinemetropole. Er traf sich in den 1830er und 1840er Jahren mit Rittner und mit Goupil, aber auch mit Gihaut, Aubert, Mme Hulin, Engelmann, Susse, Lemercier, Giroux, Knecht, Binant, Fatout, Daguerre und anderen, um neue Kunstblätter zu erwerben, Bestellungen in Auftrag zu 908 Vgl. ebd., S. 170–172. Auf S. 241 ihrer Abhandlung zählt Pieske die öffentlichen und privaten Sammlungen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn, Italien, Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika auf, aus denen sie ihre wertvollen Erkenntnisse zusammengetragen hat. In Berlin sind hier das Museum für deutsche Volkskunde (heute Ethnologisches Museum) und die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz sowie die Sammlung des Märkischen Museums genannt. In der Liste der Kooperationen deutscher mit ausländischen Kunstverlagen sind einzelne Blätter namentlich vorgestellt, leider aber ist nicht ausgewiesen, in welchen Sammlungen die Blätter heute noch zu finden sind. 909 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 276. 910 Bedauerlicherweise nennt Pieske nur die Titel der Blätter, nicht aber die Künstler oder den Namen der Sammlung, in der die Blätter zu finden sind. 911 Vgl. Musée Sarret de Grozon, Arbois, Inv. Nr. 249/252 und Inv. Nr. 250/253.

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geben, eigene Blätter abzusetzen oder gemeinsame geschäftliche Aktivitäten anzubahnen.912 Unter dem Eindruck des lebendigen Pariser Kunstlebens schrieb Sachse schon von seinem ersten Parisaufenthalt als Institutsbesitzer 1834: „Ich darf nicht wider so lange von Paris fortbleiben und muß es künftig wie eine 2jährige Messe betrachten.“913 Tatsächlich bildete die Teilnahme am Pariser Kunstgeschehen einen Ausgangspunkt für Sachses Karriere als Kunsthändler. Der Messeort Leipzig hingegen scheint von ihm zunehmend widerwillig bereist worden zu sein. Andererseits ließ Sachse keine „Ostermesse“ teilnahmslos verstreichen. Leipzig war einer der wichtigsten Handelsorte im deutschsprachigen Raum – und Sitz einer ganzen Reihe bedeutender Verleger und Sammler. Rudolph Weigel etwa brachte nicht nur unzählige Kataloge namhafter Kunstsammlungen, sondern seit 1850 auch Friedrich Eggers Deutsches Kunstblatt von hier aus heraus. Schon 1832 war über Weigels Rolle für Leipzig zu lesen: „Nach Vorbild des Buchhandels haben sich mehrere große deutsche Kunsthandlungen entschlossen, ihren Verlag hier gleichfalls niederzulegen, sodass Kunsthändler oder Kunstliebhaber von ihnen gewünschte Artikel mit geringen Kosten und ohne Zeitaufwand erhalten können. Dieses Commissionsgeschäft hat Herr Rudolf Weigel, durch die genaue Fertigung der Leipziger Kunstauctionskataloge seit einer Reihe von Jahren bekannt, übernommen.“914 Weigel übernahm bald auch „den Ein- und Verkauf neuerer Blätter sowohl, als solcher, die längst nicht mehr im Handel sind, und [gab] monatliche Berichte darüber aus“.915 Und auch Sachse berichtete. Sein Berliner Freund und Verleger der Berlinischen Nachrichten Samuel Heinrich Spiker versuchte Sachse sogar als „regelmäßigen Korrespondenten für [s]ein Blatt zu engagieren“.916 Auch wenn der Institutsbesitzer sich darauf wohl nicht einlassen wollte, schrieb er für Spiker doch gelegentlich „Artikel über Leipzig, den Kunstmarkt betreffend“, die der Zeitungsverleger mit „Zusätzen [...] aus den Leipziger Zeitungen“ veröffentlichte.917 Darüber hinaus galt Sachses Interesse den ortansässigen Kunstsammlern.918 Über die privaten Kunstschätze in Leipzig ist abermals im Kunstblatt zu lesen. Während der Ostermesse finde ein „großer Zusammenschluß höchst gebildeter Männer des In- und Auslandes in den ersten Familienkreisen“ statt, was „einen liberalen Austausch der Ideen für alles Schöne auf sehr anspruchsvolle Art“ herbeiführe.919 Die „mehrfachen, wahrhaft 912 Vgl. Anhang 1 und 2. 913 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. 914 Vgl. „Leipzig“, in: Kunstblatt, Nr. 62, 2. August 1832, S. 248. 915 Vgl. ebd. 916 Vgl. Zentral- und Landesbibliothek Berlin, EH 1391 Vdf GB, Samuel Heinrich Spiker an Louis Sachse, Berlin, den 30. April 1836. 917 Vgl. ebd.: „Hoffentlich werden Sie, m. th. Fr., in irgend einem Exemplare meiner Zeitung [...] gesehen haben, welchen Gebrauch ich von Ihrem vortrefflichen Artikel gemacht. Die Zusätze sind aus einem Schreiben eines anderen und aus den Leipziger Zeitungen.“ 918 Vgl. zu den Leipziger Sammlern französischer Kunst ausführlich Nerlich 2010, S. 147–168 und S. 323–263. 919 Vgl. „Die Kunstschau in Leipzig während der Ostermesse 1834“, in: Kunstblatt, Nr. 74, 16. September 1834, S. 293–295, hier S. 294.

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glänzenden Einladungen bei den Besitzern reicher Sammlungen oder künstlerischer und wissenschaftlicher Anstalten“ trugen vielfach dazu bei, sich näher kennenzulernen.920 Einer der bedeutendsten hier ansässigen Sammler war der Baron Maximilian Speck von Sternburg (1776–1856),921 „dessen Sammlung wirklich ausgezeichnete Oelgemälde und andere Kunstschätze in sich fasst, und welche von dem zartgesinnten Kunstfreund [...] gezeigt werden“.922 Ein großer Teil von Specks Gemäldesammlung war „durch den von ihm 1827 selbst herausgegebenen brillanten Katalog, welcher mit Kupfern und Lithographien geziert ist, bekannt“.923 Im Frühjahr 1837 hatte sich Sachse während der Ostermesse in Leipzig mit Speck verabredet: „Herr von Speck Sternburg, dessen Schwiegersohn Professor Hähnel eben wieder zum zweiten Male bei mir in Paris war, hat mir Sonntag die Visite gemacht, meine Dienste für den neuen Leipziger Kunstverein in Anspruch genommen, und mir eine Karte für mich und 8–10 meiner Freunde geschickt zur Fahrt zum Bilderschmuck nach Lützschena, welches sonst, aber jetzt nicht mehr, öffentlich zu sehen war. Vielleicht machen wir morgen dahin.“924 Sachse besuchte das vor den Toren Leipzigs gelegene Rittergut Lützschena (Abb. 130 und 131), das seit 1822 im Besitz Speck von Sternburgs und der eigentliche Sitz seiner Bildersammlung war,925 noch im Oktober desselben Jahres. Er wolle „sehen, was [er] für den Absatz einer reichen Sammlung thun kann“, da „die gemachten persönlichen Besprechungen und Bekanntschaften bei einem so ins große gehende Vertrauensgeschäft von größter Wichtigkeit sind“.926 Unter Anderem ging es wohl darum, „einen Quaglio loszuschlagen“ - ein Bild, das ihm „besonders am Herzen“ lag, aber „bei dem jetzigen Stande der Malerei in Berlin nicht mehr abzusetzen“ sei.927 Von eigentlicher Bedeutung aber waren die „Dienste für den neuen Leipziger Kunstverein“, für die Sachse „in Anspruch“ genommen worden war. Erst wenige Monate zuvor war ein Entwurf der Satzungen des neu zu gründenden Vereins unterzeichnet worden. Die erste Generalversammlung sollte erst am 9. November 1837 abgehalten werden. Schon vorher fand eine erste Ausstellung mit 759 Werken im Bau der Buchhändlerbörse statt, zu der Sachse eine ganze Reihe v.a. französischer Bilder beisteuerte.928 Unter diesen frühesten gezeig920 Vgl. ebd. 921 Vgl. die Maximilan Speck von Sternburg Stiftung im Museum der bildenden Künste in Leipzig. Die Stiftung umfasst 202 Gemälde, 126 Zeichnungen, mehr als 500 druckgraphische Blätter sowie illustrierte Bücher und Kunstliteratur; vgl. Speck 1998. 922 Vgl. „Die Kunstschau in Leipzig während der Ostermesse 1834“, Kunstblatt Nr. 74, 16. September 1834, S. 294. 923 Vgl. ebd. und Gleisberg 1998. 924 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 24. April 1837. 925 Vgl. Gleisberg 1998, S. 24. 926 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 23. Oktober 1837. 927 Vgl. ebd. Tatsächlich befindet sich ein Gemälde von Domenico Quaglio in der Sammlung Speck von Sternburg im Museum der bildenden Künste in Leipzig („Straßburg mit dem Münsterturm“, 1823, vgl. Speck 1998, S. 230–232). Nach Gleisberg besuchte der Künstler Speck wohl 1832 persönlich in Lützschena und brachte das Bild mit, vgl. ebd., S. 232. 928 Zur Gründung des Kunstvereins in Leipzig und der Rolle Sachses vgl. Nerlich 2010, S. 147–150.

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ten Arbeiten des neu gegründeten Vereins befand sich auch ein „Großes Seestück“ des französischen Malers Eugène Lepoittevin. Das Bild sollte später zu den ersten drei Ankäufen für das Leipziger Museum gehören (Abb. 132).929 c

Die Kunst will leben

Künstlers Erdenwallen

„Hier in diesem neuen Horizont unter dem Eindruck der öffentlichen Monumente [...] und auch was die Schaufenster der großen Kunsthandlungen in so anderer Fülle boten, setzte das alte Leben sich fort, freilich so viel fruchtbarer für mein Lernen!“, erinnerte sich der greise Adolph Menzel rückblickend seiner ersten Eindrücke von Berlin.930 Im Frühjahr 1830 war er als junger, unbemittelter Lithograph mit seiner Familie von Breslau in die preußische Hauptstadt gezogen, „zum Teil auch durch den Wunsch bestimmt, in der lithographischen Anstalt der Sachse’schen Hofkunsthandlung sich über manche neuere Fortschritte in der Kunst und Technik des Steindrucks zu unterrichten“, wie Ludwig Pietsch berichtet.931 Kerstin Bütow merkte an, dass Menzel schon in Breslau „ein häufiger Besucher“ der örtlichen Kupferstichhändler gewesen war, „die in Schaukästen Stiche nach italienischen und flämischen alten Meistern zeigten“.932 Später schrieb Menzel selbst über diese früheste Zeit: „In dem, was mein Leben eigentlich erfüllte, gänzlich mir selbst überlassen, begann ich da schon jenes autodidaktische Treiben, das mich auch für die Folgezeit beim Studium ohne Meister beharren ließ [...].“933 Vater Carl Erdmann Menzel, der eine kleine Steindruckerei besaß, hatte bald beschlossen, in der Hauptstadt ein „Mahler Comptoir“ zu eröffnen, weil Berlin „mehr für die Kunst [ist] als Breslau“ und „anders bezahlt wird“.934 Er wollte seinem begabten Sohn eine „ordnungsgemäße“ Ausbildung ermöglichen, denn er kannte die Stadt und ihre Einrichtungen von mehreren Geschäftsbesuchen und war mit dem Akademiedirektor Schadow bekannt.935 Im Frühjahr 1830 richtete Carl Erdmann Menzel eine lithographische Werkstatt in der Zimmerstraße ein, die jedoch kaum mehr war als ein bescheidenes Arbeitszimmer in der neuen Wohnung der Familie. Hier wurde jegliche Art von Gelegenheitsarbeit ausge-

929 Vgl. ebd., S. 148, Abb. 32 und Winkler 1979, S. 11. 930 Adolph Menzel im Fragebogen der Akademie der Künste, Frühjahr 1896; zit. nach Achenbach 1984, S. 35. 931 L. P. (Ludwig Pietsch): „Adolph Menzel“, in: Nord und Süd, Bd. 11, Breslau 1879; zit. nach Lammel 1993, S. 96. 932 Vgl. ebd., S. 76. 933 Vgl. ebd. 934 Carl Erdmann Menzel in einem Brief vom 24. September 1824, zit. nach Bütow 1994, S. 79. 935 Vgl. Bütow 1994, S. 78f.

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führt.936 Auch für Sachse arbeitete Vater Menzel „ganz privatim“ als Lithograph, wie der Sohn rückblickend bestätigte.937 Der plötzliche Tod von Carl Erdmann Menzel kaum zwei Jahre später übertrug seinem Ältesten frühzeitig die Verantwortung für das finanzielle Auskommen der Witwe und ihrer drei Kinder. Adolph Menzel zeichnete „Witzblätter“ und Illustrationen für den Verlag von George Gropius, Bildnisse von Herrschern und Generälen für den Verlag von Bechthold und Hartje und lithographierte Zeichnungen des Düsseldorfer Künstlers Adolph Schrödter für die Lüderitz’sche Kunst- und Buchhandlung.938 Und er fertigte weiterhin, wie schon sein Vater, auch für Louis Sachse Gelegenheitsarbeiten an. Auf der Rückseite einer handkolorierten Lithographie für die „Berliner Redensarten“, die eine humorvolle Szene um eine Köchin nach ihrem Einkauf beim Fischhändler zeigt, ist der Vermerk zu finden: „Erstlingsarbeit des jungen Künstlers Mitteilung des Com. Rath Sachse“ (Abb. 114). Es blieb zunächst bei kleineren Aufträgen, wie etwa das „Musterblatt für Etiketten und Geschäftskarten“ (Abb. 133) oder die vier Einzelzeichnungen preußischer Soldaten in Paradeuniform, die von Sachse als Bildschmuck für Briefbögen und später rückseitig auf den Rechnungsformularen der Firma verwendet wurden (Abb. 134). Nach dem unerwarteten Tod des Vaters 1832 soll Menzel um eine feste Anstellung bei Sachse gebeten haben. Das geht aus dem handgeschriebenen Manuskript von Sachses Enkel Alfred hervor, kann aber nicht näher belegt werden.939 Louis Sachse, der in seiner ebenfalls noch jungen Anstalt bereits drei Lithographen beschäftigte, konnte Menzel immerhin mit weiteren Aufträgen versorgen. Er bot ihm an, die abgenutzten Steine eines Freiherrn von Löwenstein zu „Luthers Leben. Ein Bilderbuch für die Jugend“ zu überarbeiten (Abb. 135).940 Wohl etwa zur selben Zeit entstanden auch die „Zwölf Neujahrskarten für verschiedene Stände“ für Sachse (Abb. 136). Der junge Lithograph führte alle Arbeiten zur Zufriedenheit des Verlegers aus. Kerstin Bütow äußerte sogar die Vermutung, dass es die „Neujahrskarten“ waren, die Sachse endgültig auf das handwerkliche Geschick und das künstlerische Talent des jungen Menzel aufmerksam machten: „Diese Karten unterschieden sich durch die künstlerisch und em936 Vgl. ebd., S. 80. 937 Adolph Menzel in einem Brief vom 24. Dezember 1879, zit. nach Bütow 1994, S. 99. 938 Vgl. ebd., S. 84. 939 Vgl. Sachse 1943, S. 48. Auch Kern berichtet von einer solchen Episode, die heute jedoch nicht mehr nachzuprüfen ist; vgl. Kern 1934, S. 3. 940 Die 1832 ausgeführte lithographische Folge zu „Luthers Leben“ stellt das erste größere Auftragswerk dar, das Menzel für Sachse ausführte. Sieben der 13 Zeichnungen schuf Menzel; vgl. Best.Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, Nr. 187.1–15. Zwar musste Menzel weitgehend nach den fremden Vorlagen des Freiherrn von Löwenstein arbeiten, doch übertraf seine Überarbeitung der lithographischen Steine die Vorlagen bei Weitem: „Gegen dies treue Kopieren dieser allerdings meist schlecht entworfenen und teilweise roh ausgeführten Blätter sträubte sich sein schon höher gebildeter Kunstsinn, welcher schon selbständig beobachtete und arbeitete; er verbesserte deshalb Zeichenfehler, änderte die Kompositionen, brachte seine Naturbeobachtungen, welche er mit seinem treuen Gedächtnisse festhielt, an richtiger Stelle an“; vgl. Dorgerloh 1896, S. 5. Vgl. zu dieser Episode außerdem Kern 1934, S. 3 und Bütow 1994, S. 99.

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blematisch bemerkenswerte Ausführung der Illustrationen von den Massenproduktionen dieser Kategorie von Glückwunschkarten“, so die Einschätzung Bütows.941 Im Herbst 1833 vergab Sachse Menzel schließlich seinen ersten selbständigen Auftrag: „So forderte mich denn im Herbst 1833 Herr Sachse auf, für einen Verleger ein Heft Federzeichnungen zu komponieren, den Stoff gab er an: so entstand ‚Künstlers Erdenwallen‘“, wie sich der betagte Menzel später noch gut erinnern konnte.942 Und er fügte hinzu: „Zu ‚Künstlers Erdenwallen‘ hatte mir Sachse wie den Auftrag, so auch die Idee und den Plan zu den einzelnen Darstellungen gegeben.“943 Menzels Bemerkung mag die Vermutung nähren, dass auch Sachse ein besonderes Augenmerk auf diesen Auftrag an den jungen Menzel hatte und die Umsetzung genau verfolgte. Welcherart diese „Ideen“ und der „Plan“ waren, die Sachse „gab“, ist leider nicht überliefert. Bei dem „Stoff“, den Sachse dem jungen Künstler vorlegte, handelte es sich um ein Gedicht von Goethe. Der einst jugendlich stürmende und drängende Dichterfürst hatte „Künstlers Erdenwallen“ im selben Jahr verfasst wie seinen aufsehenerregenden „Werther“ (1774). Erst 14 Jahre später hatte er die Verse durch „Künstlers Apotheose“ ergänzt (1788). Das Gedicht thematisiert exemplarisch den Lebenslauf eines Künstlers, dessen hohe Kunstideale seiner prosaischen Künstlerexistenz entgegenstehen. Menzel schuf elf Federlitographien auf sechs Blättern. Die Zeichnung auf dem Schlussblatt ist doppelseitig. Das Album schmückt ein aufwendig gestaltetes Titelblatt mit umlaufender Bordüre (Arabeske) und zentralem Textfeld auf türkis- bzw. hellblauem Papier (Abb. 137).944 Werner Busch hat Tradition und Bedeutung der Arabeske als Reflexionsform für die Kunst der Romantik umfassend beleuchtet, deren Vorbilder ebenso in Dürers berühmten Randzeichnungen für das Gebetbuch Kaiser Maximilians I. zu finden sind (1808 von Johann Strixner in München lithographisch reproduziert), wie in Philipp Otto Runges „Tageszeiten-Zyklus“ als kunstvoll rankendes kosmologisches Programm.945 Menzel sei, so Busch, das „Berliner Haupt aller Arabeskenzeichner“946 – eine Würdigung, an deren Anfang das oft beschriebene Titelblatt seines ersten selbstständigen Auftrags von Sachse steht.947 941 Vgl. Bütow 1994, S. 100f. 942 Adolph Menzel, zit. nach Jensen 1982, S. 18. 943 Vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, S. 242. 944 Vgl. ebd., Nr. 188. 945 Vgl. Busch 1985; Ausst.-Kat. Verwandlung, Petersberg 2013. 946 Busch 2015, S. 30. 947 An dieser Stelle soll kurz auf Menzels Kürzel auf dem Titelblatt zu „Künstlers Erdenwallen“ unten rechts hingewiesen werden. Menzel verwandte zu jener Zeit immer wieder die ineinander verschränkten Buchstaben „A“ und „M“, die als Monogramm gestaltet sind und so unweigerlich an ein Gütezeichen nach der Art von Albrecht Dürer denken lassen. Menzel schrieb 1836 in einem Brief an seinen Kasseler Freund Arnold über Dürer: „[E]s ist nun die Aufgabe, das in unserer Zeit zu leisten, was dieser Phönix in der seinigen leistete. Dahin werden wirs wohl nicht bringen, ich glaube unsere Künstlergeneration [...] ist nur ein Vorläufer der Epoche die das leisten können, wir haben genug zu thun, uns durch den alten Sauerteig durchzubeißen; unser ist das Steigen, das

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Die Gesamtkomposition des Titelblattes ist achsensymetrisch angeordnet. Aus der unteren Mittelachse entwachsen zu beiden Seiten zwei in sich verschlungene Ranken, die in der oberen Blattseite mittig wieder aufeinandertreffen. In das Rankenwerk eingeflochten sind verspielte kleine Szenen mit Figuren und Gegenständen symbolischen und emblematischen Inhalts, die das Geschehen der Lithographiefolge vorausdeuten. Erst bei genauem Hinsehen wird klar, dass es sich bei den einzelnen Darstellungen um Künstlerkommentare handelt, die das Goethe-Gedicht weitaus mehr hinterfragen, als dass sie ihm folgen. Menzel selbst verfasste ein Erklärungsblatt, das seine kunstvoll versteckten Anspielungen auf den zeitgenössischen Kunstbetrieb konkret benennt.948 Es soll auch hier als Erklärungsstütze dienen: In der Mitte der oberen Bildachse thront Mydas und spricht „das Urtheil [...] im Wettstreit des Pan mit dem Apollo“.949 Mit großer Geste stößt der phrygische König den zu seiner Linken platzierten Gott der Künste (mit Lorbeerkranz auf dem Kopf und Leier im Arm) von sich weg. Er richtet sein Zepter auf den Dudelsack spielenden Satyr zu seiner Rechten, dem er damit seine Gunst erweist. Der zurückweichende Apoll, Stellvertreter der „wahren“ Künste, bestraft den törichten König für dieses Fehlurteil, indem er ihm die berühmten Eselsohren durch die Krone hindurchwachsen lässt. Das Pendant zum Mydas auf der unteren Mittelachse – zugleich Ursprung und Quell der beiden seitlich wuchernden Ranken – bildet „das Geschrei der Fama über unwürdige Dinge (als da sind: Ochsen, Esel, Schaafe, Gänse pp.)“.950 Menzel zeigt Fama, die Göttin des Ruhmes wie des Gerüchts, als dicke, hässliche Frau, die „über allerlei Dummheit, Schwatzhaftigkeit und Faulheit verkörperndem Getier großspurig die Tuba bläst“.951 Unterhalb ihrer Flügel sind zwei Sinnbilder platziert, die „links, vergebliches Mühen und Placken des Künstlers für nichts, rechts, kaufmännischer Druck“ zum Inhalt haben, so Menzel.952 Sie finden ihre Entsprechungen in je einem weiteren, ins RanHinaufkommen wird den folgenden verbleiben“; vgl. Adolph Menzel an Johann Heinrich Arnold, Berlin, den 29. Dezember 1836, hier zit. nach Grossmann 1994, S. 147f. Dürers berühmte Randzeichnungen für das Gebetbuch Kaiser Maximilians I. waren 1808 von Johann Nepomuk Strixner unter Aufsicht und Mitarbeit Aloys Senefelders in 43 Blättern lithographiert worden. Wie berichtet wurde, hatte Sachse Strixner und Piloty während seiner zweimonatigen Ausbildung bei Senefelder in München 1827 persönlich kennengelernt. Um 1834 standen die beiden Kunsthandlungen im Kontakt, wie eine lithographische Anzeige belegt, die Piloty am 2. März 1834 an Sachse schickte. Die handgeschriebene Anzeige informiert über Lithographien nach Gemälden aus der Alten Pinakothek. Sie befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Kerstin Bütow, die in ihrer wichtigen Studie über die Gebrauchsgraphik Adolph Menzels diese interessante Entdeckung machte, sprach noch davon, dass es sich hierbei um das einzige erhaltene Zeugnis handele, das Sachses Kontakte zu anderen deutschen Kunst- und Verlagseinrichtungen dokumentiere; vgl. Bütow 1994, S. 94. 948 Vgl. ebd., Nr. 188.3.: handgeschriebene Erklärung zu „Künstlers Erdenwallen“. 949 Vgl. ebd. 950 Vgl. ebd. 951 Vgl. ebd., S. 244. 952 Vgl. ebd., Nr. 188.3: handgeschriebene Erklärung.

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kenwerk eingebetteten Emblem in den beiden unteren Ecken der arabesken Einfassung. Erneut wird hier auf die ungerechte Beurteilung und Bewertung künstlerischer Leistungen hinweisen. Laut Menzel verzehrt links die Nachäfferei die Früchte künstlerischer Erfindung, gegenüber sitzt ein Pfau, der mit seinem nach unten gerichteten Blick auf ein „verunglimpftes Verdienst“ verweist.953 Die beiden seitlichen Rahmenteile enthalten weitere Anspielungen auf das in der anschließenden Blattfolge beschriebene Künstlerleben: Links sind diese eingeflochten in ein üppiges Rankengeflecht aus Blatt- und Blumenzweigen, rechts in wucherndes Dornengestrüpp. So sieht man in der blumigen linken Ranke, wie ein Vogel aus einem Käfig entfleucht und gerade so noch der lauernden Katze entflieht. Die Gefahren eines ungewissen Aufbruchs nach der „Flucht aus dem heimatlichen Zwange“954 seien hierin angedeutet. Darunter pustet ein Putto eine große Seifenblase in die Höhe, „hochfliegende Pläne für die Zukunft“955 verbildlichend. Im dornigen Rankenwerk gegenüber zieht die Personifikation der Hoffnung den Künstler an der Nase, der mit ausgestrecktem Arm den von der „speranza divina“ fest ergriffenen Anker zu erreichen versucht. Menzel setzt hier „getäuschte Hoffnung, Lebenswiderwärtigkeiten“956 eines Künstlerlebens in eine Bildformel um. Darüber hindert ein Satyr den Künstler daran, sich zum strahlenden Licht zu erheben. „Künstlerische Laufbahn, Armuth, Hinderniße der Celebrität und des Aufstrebens“,957 wohl aber auch das Streben nach Idealen und Vervollkommnung sollen so verdeutlicht werden. Die dem Titelblatt nachfolgende Lithographieserie (Abb. 138) erzählt von einem nach hohen Kunstidealen strebenden Maler, „dessen mühevoller Weg ihn aus dem kunstfeindlichen Elternhaus in eine ebenso von Zwängen, Profitstreben, Dummheit und Unwissenheit geprägte Alltagswelt führt, die jeder höheren Bestimmung des Künstlers zuwiderläuft“, wie Jensen resümierte.958 Die insgesamt elf Bilder sind, mit Ausnahme des Schlussblattes, paarweise angeordnet. Sie sind alle nach dem gleichen dreiteiligen Grundprinzip aufgebaut: Es gibt eine Hauptszene, darunter eine emblematisch verschlüsselte Vignette, die die jeweilige Bildaussage deutend zusammenfasst, und eine von Menzel selbst verfasste Bildunterschrift.959 Die Blätter sind oft beschrieben und für die unterschiedlichsten Vergleiche – insbesondere zur zeitgenössischen Situation des Künstlers sowie Menzels eigener Biographie – herangezogen worden.960 Die Vorstellung

953 Vgl. ebd. 954 Vgl. ebd. 955 Vgl. ebd. 956 Vgl. ebd. 957 Vgl. ebd. 958 Vgl. Jensen 1982, S. 18. 959 Vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, Nr. 188. 960 Zweifelsohne enthält der Zyklus autobiographische Züge. Obwohl Menzel später gestand, dass ihn die Goethe’sche Dichtung „stets angewidert habe“, ist eine starke innere Beteiligung zu erkennen, in einzelnen Darstellungen wurden sogar Selbstbildnisse Menzels gesehen; vgl. hier Menzel

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der einzelnen Zeichnungen darf sich daher im Folgenden auf ein paar wesentliche Beobachtungen beschränken. Im Gegensatz zum Goethe-Gedicht erzählt Menzel „seine Geschichte“ chronologisch, sprich er beginnt mit dem künstlerischen „Keim“, so Menzels Bildunterschrift, und zeigt einen Jungen, der den Fußboden des Elternhauses bemalt und dafür vom Vater bestraft wird (die Vignette kommentiert mit einem Schmetterling im Fangnetz). Im Folgenden geht der Heranwachsende widerwillig einer Ausbildung zum Schuster nach. Nur nachts findet er Raum und Zeit zum malen („Zwang“ und „Trieb“). Ihm gelingt schließlich die Flucht aus dem engen Elternhaus („Freiheit“) und er findet Zugang zu einer Kunstakademie („Schule“). Das Zeichnen nach Gipsabgüssen enttäuscht die Erwartungen des talentierten Studenten. Schon bald findet er sich in einer winzigen Dachstube wieder. Er ist erneut allein auf sich selbst und seine Vorstellungen von wahrer Kunst gestellt („Selbstkampf“) (Abb. 138a). Da begegnet ihm die „Liebe“. Er malt „Luftschlösser“ von einer glücklichen gemeinsamen Zukunft und der Verwirklichung seiner Pläne als Künstler (die Vignette zeigt einen Putto, der Seifenblasen pustet). Doch wieder wird der Maler von der Lebensrealität eingeholt. Um Frau und Kinder zu ernähren, muss er hässliche, aber reiche Ehefrauen porträtieren, wie das fünfte Blatt der Folge mit der Unterschrift „Wirklichkeit“ zeigt. Seinen armseligen Verhältnissen schafft er zeitlebens nicht zu entfliehen. Er stirbt jung, arm und verkannt im Kreis seiner kleinen Familie. Seine hochtrabenden Kunstträume hängen – für die Welt verborgen – hinter ihm und einem Paravant: großformatige, „hohe“ Kunst, Historienmalerei (Abb138b). Der Vergleich mit dem Goethetext zeigt, wie oft schon betont wurde, dass Menzel sich nur sehr vage an die literarische Vorlage gehalten hat. Goethes Eröffnungsszene ist jene, in der ein junger Künstler sich gezwungen sieht, unter der Aufsicht des Ehemannes dessen hässliche Frau zu porträtieren.961 Die Muse der Liebe beflügelt ihn, an seinem Talent und seinen Vorstellungen von wahrer Kunst festzuhalten und ein echtes Meisterwerk zu schaffen. Zwar bleibt ihm auch bei Goethe die Anerkennung als Künstler zu Lebzeiten verwehrt. Das Meisterwerk jedoch wird nach Vorstellung des Dichterfürsten als „Apotheose“ in eine fürstliche Sammlung gelangen und den Ruhm des Künstlers bewahren und verbreiten. Wie anders Menzel auch und vor allem die Schlussszene interpretiert, zeigt der Blick auf das letzte, das einzige doppelseitige Blatt mit der vagen Unterschrift „Nachruhm“ (Abb. 139). Das Meisterwerk des früh verstorbenen Künstlers steht hier zum Verkauf. Wie Busch anmerkt, stellt es keine ideale „Venus Urania“ (himmlische Liebe) im Sinne Goethes dar, sondern den blinden Belisarius, einen ehemals verdienten Feldherren, der Opfer einer Verleumdung wurde und als geblendeter Mann auf Almosen angewiesen war.962 Menzels Kommentar zu seinem Schlussblatt in einem Brief an Ludwig Pietsch vom 24. Dezember 1879, abgedruckt in Wolff 1914, S. 222. Außerdem Jensen 1982, S. 16–19; Grossmann 1994, S. 19f.; Busch 2015, S. 23–34, bes. S. 27. 961 Vgl. hierzu auch den Kupferstich von Johann Heinrich Ramberg, gestochen von Carl August Schwerdgeburth, Künstlers Erdenwallen II.r Act, erschienen in Minerva Taschenbuchausgabe für das Jahr 1826, 18. Jg.; in Frankfurt, Goethe-Haus, Kunstsammlung, Inv.-Nr. XI-M3–1826-004. 962 Vgl. Busch 2015, S. 24f.

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lautet: „[…] anerkennende, bewundernde Nachwelt. Bilderhändlers Ernte.“963 Prominentes und reiches Publikum hat sich in einer Gemäldegalerie eingefunden. Ein Kunsthändler führt den erlesenen Gästen seine Neuentdeckung vor. Auch Goethe ist unter den Bewunderern und deutet mit schwärmender Geste (aber abgesetzter Brille!) auf das ausgestellte Gemälde. Neben ihm steht ein junger Kunstschüler im Malerkittel. Der Kunstpapst mit seinem Schüler bildet bildkompositorisch das Gegengewicht zu dem gegenüber aufgestellten, großformatigen und goldgerahmten Gemälde – und damit auch zu den dahinter versteckten beiden kleinen Staffeleien. Diese (versteckten) Bilder sind noch in Arbeit. Ein ausschlagender Esel ist darauf zu erkennen. Wer ihn entdeckt, dem führt er vor Augen, was er von der Szene zu halten hat, so Busch.964 Menzels Bilderfolge vermittelt ein ernüchterndes Bild vom Künstler und dessen Platz in der zeitgenössischen, „bürgerlich“ orientierten Gesellschaft. Deutlich zeigt sie die veränderten Lebensbedingungen für Maler auf. Joachim Grossmann hat diese Veränderungen in seiner Studie über Leben und Arbeit der Künstler in Preußen überzeugend dargestellt.965 Die Künstler konnten sich seit den Umbrüchen im Kunstbetrieb des auslaufenden 18. Jahrhunderts zwar zunehmend frei bewegen und ihren individuellen künstlerischen Neigungen nachgehen. Um ihre Existenz zu sichern und Werke auch zu verkaufen, mussten sie sich nun jedoch den Gesetzen eines (freien Kunst-)Marktes stellen - der sich wiederum selbst eben erst formierte. Die immer neuen Bedingungen, die dieser stellte, waren abhängig von der Fortschrittlichkeit und dem Geschmacksurteil einer sich ständig wandelnden Gesellschaft.966 Die anhaltenden Diskussionen um ästhetische Autonomie hatten die Kunst während jener Zeit zwar zu einem „Ort höchster Einsicht aufgewertet“ und den Künstler zu einem Sinnstifter gemacht, dessen schöpferisches Genie belebend auf Geist und Seele des Betrachters wirken sollte.967 Die Kunst war zum „Religionsersatz in einer sich säkularisierenden Welt“ geworden, mit einer „zentralen Sinnstiftungsfunktion“ im bürgerlichen Lebenshaushalt, wie Nipperdey und Grossmann deutlich machten.968 Vom „neuen“ Kunstpublikum gekauft und gefordert wurde jedoch überwiegend ein erschwinglicher Wandschmuck, der den Betrachter ermuntern, 963 Vgl. Jensen 1982, S. 18; Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, Nr. 188.13 und 188.14. 964 Vgl. Busch 2015, S. 25–27, hier S. 26. 965 Vgl. Grossmann 1994. 966 Vgl. ebd., S. 18–24. 967 Vgl. ebd., S. 18f. 968 Vgl. Nipperdey 1988, S. 30. Thomas Nipperdey hat die damalige idealistische Funktionsbestimmung der Kunst wiederholt betont. Der von ihm verwendete Begriff „Sinnstiftung“, den schon Grossmann für seine Studie zugrunde legte, wird auch hier übernommen; vgl. Grossmann 1994, S. 18f. Grossmann verweist in diesem Zusammenhang auch auf Franz Kugler, der sich zu dieser Zeit das Ziel der Kunst eindeutig als ein moralisches vorstellte. 1835 definiert er die Funktion von Kunst dahingehend, dass „die bildliche Darstellung würdiger Gegenstände“ das Volk „auf eine höhere Ansicht des Lebens leiten“ solle: „Macht er im Menschen den Gott offenbar, Künstler ist Priester am Welten-Altar“, wie Kugler im Lied der Künstler 1830, S. 100, dichtete; zit. nach Grossmann 1994, S. 20. Vgl. auch Sheehan 2002, S. 175.

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aber nicht (zu sehr) herausfordern sollte. Menzel stellte die Dichotomie von höchsten Kunstansprüchen und prosaischen Künstlerrealitäten, die seine Zeit zunehmend prägten, bereits in seiner ersten „offiziellen“ Zeichenfolge überdeutlich heraus. Welche Rolle der Auftraggeber und Kunsthändler Louis Sachse dabei spielte, ist kaum mehr im Einzelnen zu klären. Es können aber ein paar Beobachtungen angestellt werden. Als Sohn eines Breslauer Steindruckerei-Besitzers war Adolph Menzel, wie er selbst schreibt, „in der Umgebung und den Erlebnissen des Kindheitsstadiums der Lithographie“ aufgewachsen.969 Auch Sachse hatte sich, wenn auch erst über Umwege, für eine Ausbildung zum Lithographen entschieden. Von Hause aus nur mit geringen Geldmitteln ausgestattet, war auch er der Gegenwart zugewandt, äußerst fleißig und bald fest entschlossen, das neue Verfahren aus dem „Kindheitsstadium“ herauszuführen und künstlerisch nutzbar zu machen. Beide, der Künstler Menzel und der Verleger Sachse, hatten die Möglichkeiten erkannt, die das moderne Medium für sie persönlich als auch für die Kunst der eigenen Zeit bereithielt. Menzel erklärte später: „Die nach dem Tod meines Vaters notwendig gewordenen Arbeiten [...] hatten durch die Art, wie sie ausfielen, mir im Lauf fast zweier Jahre doch auch bessere Gelegenheiten, mich hervorzuthun, zugeführt“.970 Diese „notwendig gewordenen“ lithographischen Arbeiten beschreiben die zunehmende Nähe der Kunstproduktion zu den „neuen technisch-modernen Segmenten“ und damit den „Dreiklang von Kunst, Kunsthandwerk und Industrie“ der damaligen Zeit.971 Die „modernen“ Arbeitsbedingungen forderten die Künstler zur Mitarbeit auf und verlangten nach immer engeren Kontakten zu Verlegern, Händlern und Märkten.972 Menzel kokettierte, „das bittere Kraut ‚Muß‘. Auch Friß Vogel oder stirb“ der frühen Brotarbeiten mit dem festen Willen „zum Üben und zum Lernen“ verbunden zu haben und „sich aus Allem eine künstlerische Aufgabe zu machen“ - denn „für verneindende Gesinnungstüchtigkeit der Jugend“ habe das Leben „wenig übrig“.973 Menzel hatte frühzeitig erkannt, dass die 969 Adolph Menzel über seine künstlerische Entwicklung im Dezember 1872; hier zit. nach Bütow 1994, S. 75. 970 Adolph Menzel im Fragebogen der Akademie der Künste, Frühjahr 1896; hier zit. nach Bütow 1994, S. 84. 971 Vgl. Kaschuba 1994, S. 15. Kaschuba macht in diesem Zusammenhang auf die nachrevolutionären Ausstellungen in Paris und die Berichte Ludwig Börnes aus den 1820er Jahren über die großen Kunst- und Industrieausstellungen aufmerksam. Börne beschreibt in eindrucksvollen Bildern, wie dort regelrechte „Schauspiele“ der Kunstpräsentation und „Wettkämpfe des Gewerbefleißes“ inszeniert werden. 972 Vgl. auch Kapitel II.1, „Lithographie in Paris: ein Avantgarde-Projekt“. 973 Adolph Menzel an den jungen Zeichner Otto Greiner, 6. Februar 1890, zit. nach Wolff 1914, S. 277. Der gesamte Absatz lautet: „Das Ding hat viele, überall andere Namen. Bei Ihnen also heißt’s ,süßes Zeug‘. Im Leben heißt das bittere Kraut ,Muß‘. Auch Friß Vogel oder stirb. Man weiß von Leuten, und zwar die heute ziemlich was gelten, an die in ihren hilflosen Jugendtagen noch andere Ansinnen gestellt wurden. Und musste Alles als Gelegenheit zum Üben und Lernen mitbenutzt werden. Es ist da kein anderer Weg als der da heißt ,sich aus allem eine künstlerische Aufgabe machen ...‘ sofort hält man nichts mehr für seiner unwürdig, auch ,süßes‘ Zeug wird

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„Art“, wie diese „notwendig gewordenen Arbeiten [...] ausfielen“, ihm „bessere Gelegenheiten“, sich „hervorzuthun“, verschaffen würden.974 Louis Sachse war Anfang der 1830er Jahre gewillt und in der Lage, Menzel mit „Künstlers Erdenwallen“ eine solche, für seine Entwicklung vom Lithographen zum Künstler entscheidende Gelegenheit zu geben. „Die Kunst will leben!“ hatte er während seiner eigenen Ausbildungszeit zum Lithographen enthusiastisch von Paris aus nach Hause geschrieben.975 Die rasanten Entwicklungen im Kunstbetrieb, die Sachse in der Seinemetropole beobachten und die (überwiegend positiven) eigenen Erfahrungen, die er hier machen konnte, hatten seinen Mut und seinen Willen gestärkt, selbst aktiv zu werden. Dennoch übersah er nicht, dass er die ersten Jahre dazu benötigte, ein solides wirtschaftliches Fundament für das Unternehmen aufzubauen. Von Beginn an war es sein „eigentliches Vorhaben“, ein „bedeutendes Kunstwerk“ zeichnen zu lassen. Doch sah er sich in den ersten Jahre nach der Institutsgründung noch „nicht in der Lage“ dazu.976 Ostern 1833 hatte Menzel „einen Ausbruchversuch“ unternommen, so Jensen, und sich in der Gipsklasse der Berliner Akademie eingeschrieben (Abb 138a). Er pflegte die Hoffnung, „seiner künstlerischen Ausbildung ein solides Fundament zu geben“.977 Menzels Erwartungen wurden bekanntlich nicht erfüllt und er „blieb gegen Ende des Jahres ganz fort“.978 Das Jahr 1833 war auch für Sachse und die zukünftige Ausrichtung seines Instituts entscheidend. Er konnte in diesem Jahr (endlich) sein „eigentliches Vorhaben“ umsetzen und seine ersten anspruchsvollen Lithographiewerke herausbringen: Jentzens Reproduktion von Lessings „Leonore“ (Abb. 105), Meyerheims „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg“ (Abb. 96–98) – und, nicht zuletzt, Menzels „Erdenwallen“-Zyklus (Abb. 137–139). 979

interessant, lehrreich, sogar schwer. Das Leben hat für verneindende Gesinnungstüchtigkeit der Jugend wenig übrig nach solcher Seite hin.“ 974 Adolph Menzel im Fragebogen der Akademie der Künste, Frühjahr 1896; hier zit. nach Bütow 1994, S. 84. Auch andere Äußerungen Menzels betonen die frühe „Selbständigkeit“ und damit Selbstbestimmtheit stärker als die stets damit verbundene Notwendigkeit des Broterwerbs: „Da im Januar 1832 versetzte der schnelle Tod meines Vaters mich in die Lage der Selbständigkeit. Statt nun in meiner Hilflosigkeit (16jährig) nach Unterstützung zur Förderung meines künstlerischen Strebens auszuschaun, zog ich es vor, den geplanten Besuch der Akademie vorläufig aufzuschieben und nur dem Erwerb zu leben, darin aber, mochte das jedesmalige wie bisher, gleichviel wie geringfügig sein, so gut ich konnte und viel besser als nöthig und verlangt wurde zu leisten“; vgl. Menzels Lebenslauf aus dem Jahr 1853, hier zit. nach Küster 1999, S. 87. 975 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 29. August 1827. 976 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 15. Juni 1828. 977 Vgl. Jensen 1982, S. 16. 978 Adolph Menzel im Fragebogen der Akademie der Künste, Frühjahr 1896; hier zit. nach Jensen 1982, S. 16. 979 Vgl. zur „Leonore“ und den „Architektonischen Denkmälern“ vgl. Kapitel II.2.b, „Sachses Kunstblätter“.

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Menzel erinnerte sich noch im hohen Alter an die für seine Künstlerkarriere so wichtige Lithographiefolge: „Diese Erstlingsproduktion für die Öffentlichkeit habe ich indes hier nur insofern zu erwähnen, als sie für mich überraschend folgenreich ward. Mit ihrem Erscheinen (zum Ende 1833) erreichte meine bisherige dumpfe Verborgenheit ihr Ende, Künstlerkreise nahmen mich unter sich auf, sogar der selige Direktor Schadow gedachte zu meinem freudigen Staunen dieser Arbeit in ausgezeichneter Weise.“980 Unmittelbar nach Erscheinen der „Erdenwallen“-Kompositionen war Menzel in den jüngeren Berliner Künstlerverein aufgenommen worden. Johann Gottfried von Schadow hatte persönlich dazu beigetragen, indem er während eines abendlichen Vereinstreffens Anfang des Jahres 1834 „Menzels Erdenwallen“ zur Begutachtung vorgelegt hatte. Am Tag darauf hatte Schadow einen „Aufsatz über Menzel Erdenwallen“ an den Verleger („für Sachs.“) geschickt. Die überaus positive Kritik über das Erstlingswerk des jungen Künstlers war daraufhin, am 14. Januar, in der Allgemeinen Preußischen Staatszeitung abgedruckt und Menzel entsprechende Aufmerksamkeit aus den Kunst- und Künstlerkreisen zuteilgeworden.981 Sachse hatte Menzel die entscheidende Gelegenheit gegeben für sein „erstes Produkt eigener Komposition, das öffentlich erschien“.982 Der Lithograph wurde als Künstler wahrgenommen. Menzel war „in sein Element gelangt!“ (Abb. 140).983 Menzels Graphik

Kuglers wichtige Kunstzeitschrift Museum hob Sachses Verdienst wiederholt und deutlich hervor, „aufstrebenden Talenten“, sprich jungen Lithographen, „Bilder“ anzuvertrauen, die „nothwendig Lust und Liebe zur Sache erzeugen müssen“.984 Dies ist eine äußerst wertvolle Beobachtung, auch in Bezug auf Menzel. Dabei richtete Kugler sein Augenmerk zu Beginn der 1830er Jahre noch weitaus mehr auf Talente wie Eduard Meyerheim, dessen „Fortschritt der lithographischen Kunst fast auf jedem Blatte“ der „Architektonischen Denkmäler der Altmark Brandenburg“ im Museum aufmerksam verfolgt wurde.985 Auch die Leistungen des jungen Lithographen Ludwig Wildt würden sich von Aufgabe zu Aufgabe in Sachses Institut steigern.986 Und sogar Hermann 980 Adolph Menzel, zit. nach Jensen 1982, S. 18. 981 Vgl. ebd., S. 94. Werner Busch hat auf die Parallelen der Kunstauffassungen von Menzel und Schadow hingewiesen; vgl. Busch 2015, S. 27–31. Ergänzend sei hier aufmerksam gemacht auf einen Vergleich von Menzels Schlussblatt seiner „Erdenwallen“-Folge und einem Stahlstich von Schadow aus dem Jahre 1831, das das Publikum der Berliner Kunstausstellung karikiert (vgl. Abb. 246). 982 Adolph Menzel an Friedrich Pecht, Berlin, den 6. Oktober 1878; zit. nach Kirstein 1919, S. 106. 983 Adolph Menzel zit. nach Dorgerloh 1896, S. XIII; auch bei Bütow 1994, S. 85. 984 Vgl. Museum, 3. Jg., Nr. 18, 4. Mai 1835, S. 143. 985 Vgl. Museum, 2. Jg., Nr. 7, 17. Februar 1834, S. 54. 986 Vgl. Museum, 2. Jg., Nr. 47, 24. November 1834, S. 388 und Museum, 3. Jg., Nr. 3, 20. Januar 1834, S. 324.

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Eichens, bei dem der Redakteur des Museums zunächst noch keine „größere Vollkommenheit“ bemerken wollte, lieferte dank Sachses Festhalten an dem jungen Talent bald hervorragende Arbeiten ab.987 Der jüngere Bruder des bekannten Berliner Kupferstechers Eduard Eichens sollte zu einem bedeutenden Lithographen werden. Sachse reiste zusammen mit ihm und Carl Blechen 1835 nach Paris.988 Eichens blieb zehn Jahre in der französischen Hauptstadt, wo er regelmäßig Lithographien auch für Sachse anfertigte. Anerkannte Größen ihres Fachs arbeiteten für Sachses Institut, unter ihnen Julius Tempeltey, Friedrich Jentzen und später Gustav Feckert. Im Unterschied zu Menzel (und Meyerheim) hielten die genannten Künstler jedoch meist an der Lithographie fest und konzentrierten sich zudem weniger auf eigene Arbeiten als auf das Übersetzen zeitgenössischer Malerei in hochwertige Reproduktionen. Der großen Anzahl der qualitätvollen druckgraphischen Blätter Menzels, die ab 1834 in Sachses Institut erschienen, kann hier kaum die verdiente Würdigung entgegengebracht werden. Ein Großteil von Menzels künstlerisch anspruchsvollen Lithographien und einzelner Arbeiten in verwandten Drucktechniken sind bei Sachse entstanden und von diesem herausgegeben worden. Einige wenige Beobachtungen mögen einer Annäherung an Menzels Tätigkeit in und mit Sachses Institut dienen. Carl Johann Arnold, der Sohn von Menzels Kasseler Freund und einziger Schüler, erinnerte sich an den künstlerischen Werdegang seines Lehrers im Zusammenhang mit einigen bei Sachse erschienenen Werken: „Inzwischen hatte er [Menzel] Aufträge von lithographischen Anstalten und Kunsthändlern erhalten, besonders von L. Sachse, Jägerstraße, die ihn lange beschäftigten. Es entstanden Künstlers Erdenwallen, die Maurer- und Zimmermannsbriefe, die fünf Sinne, Blätter voll reichster Phantasie, die damals schon berechtigtes Aufsehen erregten.“989 Die großformatigen Blätter „Fünf Sinne“ (Abb. 141) und „Vater Unser“ (Abb. 142) aus den Jahren 1835 und 1837, beide für Sachses Institut entstanden, führen die komplexe Form der vielschichtigen Arabeske, wie sie schon im Titelblatt zu „Künstlers Erdenwallen“ zu finden ist, fort. Dabei geriet Menzels Begabung „Worte in Bilder zu verwandeln“990 für das „Vater Unser“ schließlich so komplex, dass sich Louis Sachse, der sich „ein solches Blatt“ von Menzel „gewünscht“ hatte, bald dazu veranlasst sah, einen Kommentartext zu Menzels Darstellung in Auftrag zu geben.991 Menzel erinnerte sich später an diese Episode: „Der verstorbene Hofkunsthändler Sachse (der Vater) hatte von mir für seinen Verlag ein solches Blatt gewünscht. Der Gegenstand war mir überlassen. Ich, ein tugendhafter Jüngling, also für ethische 987 Vgl. Museum, 3. Jg., Nr. 18, 4. Mai 1835, S. 143. 988 Vgl. Kapitel IV.1.c „Händler und Mentor / Carl Blechen“. 989 Vgl. C. J. Arnold: „Erinnerungen aus meinem Zusammenleben mit Adolph Menzel“, in: Gisold Lammel: Excellenz lassen bitten. Erinnerungen an Adolph Menzel, Leipzig 1992, S. 130. Zitiert auch bei Bütow 1994, S. 102. 990 Vgl. Küster 1999, S. 115. 991 Vgl. Menzels Erklärungsblatt zu „Künstlers Erdenwallen“. Auch Werner Busch macht darauf aufmerksam, dass die Geschichten offenbar „kommentarbedürftig“ geworden seien; vgl. Busch 2015, S. 31.

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Stoffe schwärmend, wählte mir das Vaterunser, – zu einer Art bildnerischer Paraphrase. Die Composition gerieth aber derart vielgliedrig, dass der Verleger für die Verständlichkeit beim Publikum zu fürchten begann, und sich an [...] meinen lieben Jugendfreund [Adolph Schöll, d. V.] wandte um eine poetische Interpretation, die dem Bild beigegeben wurde. So entstand diese Dichtung als Kommentar.“992 Tatsächlich verfasste Schöll eine sechzehnseitige „poetische Interpretation“ zu Menzels Arabeske, wobei die in der Zeichnung verbildlichten Textstellen mit einem Stern markiert wurden.993 Damit war kein Bild zu einem Gedicht (wie bei den „Erdenwallen“), sondern ein Gedicht zum Bild entstanden – und zwar als anspruchsvolle vermittelnde Maßnahme des Verlegers zwischen einem künstlerischen Werk und dessen potentiellem Publikum. Die ebenfalls bei Sachse erschienenen und von Arnold erwähnten Gesellenbriefe für das Maurer- und Zimmermannsgewerbe aus den Jahren 1834 und 1838 versinnbildlichen kaum weniger kunstvoll die Bedeutung des Handwerks für baukünstlerische Vorhaben (Abb. 143 und 144). In den aufwendigen, durchdachten Kompositionen entwickelte Menzel „Motive, die sich über sein gesamte Œuvre verteilt wiederfinden lassen, weil sie für ihn zu Signaturen seiner Zeit geworden sind“, wie Werner Busch konstatiert.994 Menzels Vorliebe für Bau- oder Malgerüste und -konstruktionen, für behelfsmäßige Bretterbeschläge, Lastenzüge und ähnliches Werkzeug kommt hier bereits zum Tragen. Erstaunlich ist hingegen, dass Arnold das wohl ehrgeizigste frühe Projekt, das Menzel unmittelbar nach „Künstlers Erdenwallen“ für volle drei Jahre beschäftigen sollte, unerwähnt lässt. Zwischen Anfang 1834 und Ende 1836 entstanden zwölf bildmäßig ausgeführte Kompositionen unter dem Titel „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburg-Preußischen Geschichte“. Zusammen mit einem erläuternden Text von Gottlieb Friedländer erschienen sie als großformatiges lithographisches Album in Sachses Verlag (Abb. 145). Ob Sachse (in welcher Form auch immer) Menzel zu den „Denkwürdigkeiten“ angeregt hatte oder ob dies aus eigenem Antrieb geschah, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen.995 Möglicherweise wusste Menzel, dass er mit einem solchen Vorhaben auf das Interesse des Verlegers stoßen würde. Wie bereits mehrfach angeführt wurde, waren 1833 die „Architektonischen Denkmäler der Altmark Brandenburg“ von Eduard Meyerheim mit einem erläuternden Text von Franz Kugler bei Sachse erschienen, die in der zeitgenössischen Presse hoch gelobt worden waren. Ebenfalls Mitglied im jünge992 Adolph Menzel in einem Brief an die Frau des verstorbenen Adolph Schöll im Jahre 1887, zit. ebd., S. 116. 993 Vgl. ebd. Adolph Schöll (1805–1882) wird auch im Zuge der Besprechungen aktueller Malerei aus Paris in Sachses Salon und auf den Ausstellungen der Akademie 1836 und 1838 noch eine Rolle als Kritiker und Vermittler spielen; vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche“. 994 Vgl. Busch 2015, S. 44–47. Busch beschreibt diese wichtige Beobachtung anhand des Maurergesellenbriefes, dem er ein eigenes Kapitel widmet. 995 Claude Keisch spricht sich dafür aus, dass der Verleger Sachse wohl nicht mehr als „den üblichen Einfluß“ genommen hat; vgl. Keisch 2012, S. 11.

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ren Künstlerverein sollte Meyerheim schon bald zu Menzels engerem Bekanntenkreis gehören.996 Für Kugler führte Menzel später bekanntlich die Illustrationen für „Die Geschichte Friedrichs des Großen“ aus. Die „Denkmäler“ stehen am Anfang der intensiven Auseinandersetzung mit der brandenburgisch-preußischen Geschichte und damit (zumindest in Teilen) auch mit der „Fritzen-Welt“.997 Vor allem aber bezeichnen sie das ehrgeizige Bemühen des jungen Künstlers, sich im Historienfach zu beweisen. „Mit und durch seinen Verleger Sachse“, wie es später in der Vossischen Zeitung hieß, „vom Kleinsten zum Größten“ emporzusteigen, das beinhaltete auch und vor allem, die Stufen der seinerzeit verbindlichen Gattungshierarchien erfolgreich zu erklimmen.998 Dabei deckten sich auch hier die künstlerischen durchaus mit den verlegerischen Zielen. Vier Blätter aus den „Denkwürdigkeiten“ wurden schon im Herbst 1834 auf der Berliner Akademieausstellung gezeigt. Kerstin Bütow äußerte sich zu Recht „erstaunt“ darüber und erklärte: „Kupferstich und Radierung wurden an nahezu allen Akademien in Deutschland als bevorzugte graphische Techniken vermittelt. Diese Stiche beschränkten sich meist auf Reproduktionen berühmter Gemälde. Den Schülern der Akademie blieb zwar eine relative Freiheit in der Interpretation der Vorlage, aber nur selten war die Verwirklichung eigener Ideen möglich. Umso erstaunlicher ist es, dass schon 1834 Originallithographien des jungen Menzel im Ausstellungskatalog der Berliner Akademie verzeichnet sind. Unter den Nummern 1072 bis 1075 werden die ‚Brandenburgisch-Preußischen Denkwürdigkeiten, nach eigenen Compositionen lithographiert‘ [...] aufgeführt.“999 Nicht nur Menzel wird mit einem gewissen Stolz auf diesen Umstand geblickt haben. Auch Sachse schrieb am 7. August 1834 merklich zufrieden an seine Frau Nanni: „[D]ie nächste Ausstellung, wohin doch jeder Lithograph seine besten Erzeugnisse gibt, wird es recht bestätigen, was in den letzten 1½ Jahren durch uns für die lith[ographische] Kunstpartie geschehen ist.“1000 Auf dem Titelblatt-Exemplar aus dem Berliner Kupferstichkabinett (Abb. 145) hat sich eine handschriftliche Notiz Menzels erhalten: „Als Geschenk erhalten von Herrn Senator Dr. Carl Eggers aus dem Nachlass von Friedrich Eggers – gestorben 11. August 1872 da ich von dieser meiner Jugendarbeit kein eigen Exemplar mehr besass. Ich hatte alle meine Freiexemplare schon in den Dreißiger Jahren nach allen Seiten verschenkt (war recht unnöthig). Obgleich das Werk seinerzeit keinen besonderen Erfolg machte so war es doch im Lauf langer Jahre aus dem Handel verschwunden und ziemlich selten geworden, so dass ich vergeblich einem hiesigen Kunsthändler lange Zeit hindurch Auftrag gegeben hatte es für mich bei vorkommender Gelegenheit zu kaufen.“ Diese wenigen 996 Vgl. Jensen 1982, S. 15. 997 Vgl. Keisch 2012, S. 11–14 und S. 21. 998 Claude Keisch bemerkte, dass jedes einzelne Blatt „vergrößert als Historienbild im Sinne der Konvention taugen“ würde, „bühnenhaft gruppiert und pathetisch, wenn auch nicht ohne erste Störmotive Menzelscher Prägung“; vgl. ebd., S. 11f. 999 Vgl. Bütow 1994, S. 83. 1000 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 7. August 1834.

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Zeilen sind recht aufschlussreich. Menzel maß den „Denkwürdigkeiten“ offenbar noch im Alter eine gewisse Bedeutung bei und versuchte, ein Exemplar über den Kunsthandel erneut in seinen Besitz zu bringen. Der Hinweis darauf, dass das Album seinerzeit wenig erfolgreich war, hat Menzel auch an anderer Stelle angemerkt. Ulf Küster machte auf die von Menzel zur Sprache gebrachten Schwierigkeiten aufmerksam, die im Zuge der Arbeit an den „Denkwürdigkeiten“ aufgetreten waren.1001 Demnach habe das Publikum „falsche Erwartungen an die noch junge Kunst der Kreidelithographie geknüpft“. Es habe auch „technische Schwierigkeiten“ gegeben. Außerdem sei Menzel selbst noch „naiv“, das allgemeine Publikum aber „ignorant“ gegenüber dem „historischen Quellenstudium“ gewesen.1002 Die nachklingende Enttäuschung über eine ursprünglich anders gelagerte Erwartungshaltung mag in diese Äußerungen mit eingeflossen sein. Den wahrscheinlich recht hohen Stellenwert, den der junge Künstler seinem in drei Jahren erarbeiteten Werk zugewiesen haben mag, bekräftigt hingegen die Bemerkung, er habe „all seine Freiexemplare [möglicherweise zu seiner eigenen Empfehlung, d. V.] schon in den Dreißiger Jahren nach allen Seiten verschenkt (war recht unnöthig)“. Der frühe, für seine Zeit aber kaum ungewöhnliche Drang Menzels, sich als Historienmaler zu behaupten, setzte die Kenntnis und die Beschäftigung mit druckgraphischen Vorlagen voraus. Andreas Heese hat überzeugend dargelegt, welch große Rolle das 1830 eingerichtete Berliner Kupferstichkabinett für den Autodidakten Menzel vor allem in den 1840er Jahren spielte.1003 Daneben waren es, wie auch Heese schon vermutet, die umfangreichen Mappen und Vorräte der Sachse’schen Kunsthandlung, die Menzel studieren und in denen er „breitgefächerte Anregungen“ finden konnte.1004 Es ist wahrscheinlich, dass solcherart „Anregungen“ Menzel Anfang der 1840er Jahre auch zu den „Radir-Versuchen“ führten (Abb. 146). Die Blätter weisen eindeutig auf die Beschäftigung mit den Radiermeistern Rembrandt und Jean-Jacques de Boissieu hin.1005 Tatsächlich hat Menzel diese 1844 im Kupferstichkabinett und vielleicht auch bei Sachse in Augenschein genommen.1006 Sachse war im Frühjahr 1844 erneut nach Paris gereist. Auffallend häufig ist in dem Tagebuch dieses Aufenthalts von Treffen mit 1001 Vgl. Küster 1999, S. 78. 1002 Vgl. ebd. 1003 Vgl. Heese 1999. 1004 Vgl. ebd., S. 80f. 1005 Vgl. hierzu ebd., S. 79–85. 1006 Vgl. ebd. In einem Brief vom Juli 1843 schreibt Menzel, dass er sich „inzwischen mit dem Radiren bekannt“ gemacht habe, denn: „[I]ch möchte es gar zu gerne dahin bringen, darin was zu leisten.“ In einem anderen Brief vom April 1844 heißt es: „[I]ch treibe mich überhaupt viel im Kupferstichkabinett herum, genieße die Radirungen der Niederländer, vor allem Rembrandt, der doch unter allen hierin der Solitär ist und bleibt, je öfter man ihn durchsieht, desto mehr Ehrfurcht kriegt man vor ihm“; zit. nach Busch 2004, S. 48; Briefstellen aus Wulff 1914, S. 78f.: Zu Boissieu schreibt Menzel an anderer Stelle: „Ich sah vor einigen Jahren einmal das ganze Werk von de Boissieu, er gehörte ja unter die größten Kerls im Zeichnen und Radiren! Und die Blätter, die ich hier von ihnen gesehen, gehören zu den Besten!“; vgl. Adolph Menzel in einem Brief an Carl Heinrich Arnold am 25. April 1844, zit. nach Heese 1999, S. 82. Heese vermutet,

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verschiedenen Verlegern und dem Stöbern bei Kupferstichhändlern die Rede.1007 Explizit schreibt Sachse davon, „alte Radierungen studiert“ zu haben, u. a. bei dem Händler Guichardot.1008 Menzels „Radir-Versuche“ wurden als Mappenwerk (Titelblatt und sechs Einzelblätter) 1844 von Sachse & Co. herausgegeben – und zwar gemeinsam mit Goupil & Vibert in Paris und der Anaglyphic Company in London. Sachses Interesse, Menzels Schöpfungen in einer Technik, die unter den jungen deutschen Künstlern seinerzeit nur wenig Beachtung fand, auch in Frankreich und England zu vertreiben, deutet auf seine Kenntnis und sein Interesse an diesbezüglichen künstlerischen Bewegungen im Ausland hin. Im Gegensatz zu einigen früheren Radierungen, in denen sich Menzel ausschließlich mit der Charakterisierung von Personen und Situationen beschäftigt hatte, wandte sich der Künstler in den „Radir-Versuchen“ zudem hauptsächlich dem Landschaftsthema zu.1009 Es scheint, als habe sich Menzel in den Radierversuchen explizit von populärer und illustrierender Graphik ab- und der Künstlergraphik zuwenden wollen. Gerade erst hatte er seine Arbeit an den 400 Federzeichnungen für Kuglers „Geschichte Friedrich des Großen“ beendet, die unter Menzels strenger Aufsicht in Holzstiche umgesetzt worden waren. Die Radierung war traditionell ein künstlerisches Medium, das „eine malerische Auffassungsweise fördert, wie sie im Holzstich nur schwer zu erreichen ist“, so Busch.1010 Dabei verbergen Menzels „Radir-Versuche“ kaum ihren Versuchscharakter, sprich die Suche und das Erproben von Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks – zuweilen mit eindeutigen Reminiszenzen an große Meister wie etwa Rembrandt. Ihr Entstehen in den 1840er Jahren, in denen Menzel sich auch in seinen Zeichnungen und Ölstudien verstärkt dem Landschaftsthema zuwendet und einige seiner erstaunlichsten und heute berühmtesten Werke schuf, setzt Menzel, aber auch seinen jungen Auftraggeber Sachse, erneut ins Zentrum aktuellster europäischer Malereientwicklungen. Petra ten-Doesschate Chu machte in ihrem Aufsatz über die realistische und naturalistische Zeichnung in Frankreich bereits auf die Parallelitäten in der Entwicklung der lithographischen und radierten Landschaftskunst und dem Zeichenstil einer jüngeren Künstlergeneration während der späten 1830er und frühen 1840er Jahre aufmerksam.1011 Insbesondere die jungen Landschafter wie Alexandre Decamps, Paul Huet dass Menzel die Ausgabe der nach Boissieus Tod in Paris 1824 neu erschienenen Radierungen in Sachses Kunsthandlung gesehen hat; vgl. ebd. 1007 Vgl. Anhang 1. 1008 Vgl. ebd. 1009 Vgl. Best.-Kat. Menzel, Zeichnungen und Graphik 1984, S. 268. 1010 Werner Busch weist ebenfalls auf die französische Radierbewegung hin, wenn auch in einem etwas anderen Zusammenhang, vgl. Busch 2015, S. 204. 1011 „Parallel with this development in lithography, and no doubt partly under its influence, a similar evolution took place in drawing style in the late 1830s and early 1840s. In these years the linear drawing mode of the previous decades, which was marked by a preference for pen and ink, gave way to an increasingly tonal, painterly style based on the use of softer drawing instruments, such as chalk, crayon, and, above all, charcoal“; vgl. ten-Doesschate Chu 1980, S. 22.

3 Lithographie in Berlin: ein Neuanfang  | 215

und Eugène Isabey sind hier zu nennen, gefolgt von den Barbizon-Künstlern Charles Daubigny, Narcisse Diaz, Jules Dupré, Charles Jacque, Théodore Rousseau, Constant Troyon und anderen.1012 Sie orientierten sich, was kaum erstaunen mag, an niederländischen Vorbildern aus dem 17. Jahrhundert. Die jungen Künstler wurden so gleichzeitig zu den „major forces behind the revival of etching that started approximately at the same time“, wie ten-Doesschate Chu konstatiert: „The use of the etching needle as well as charcoal and stump are closely linked to the beginning of Realism. Though apparently they led to different graphic results, both methods gave the artist the means to achive painterly effects and a new freedom and flexibility.“1013 Sachse, der seit Mitte der 1830er Jahre nicht nur Graphik, sondern auch Malerei aus Frankreich mit in die preußische Hauptstadt brachte, hatte dem Berliner Publikum Anfang der 1840er Jahre bereits wiederholt Ölskizzen und Ausstellungsbilder von Alexandre Decamps, Paul Huet und Eugène Isabey präsentiert. Kurz nach der Jahrhundertmitte sollte er auch die Malerei der führenden Barbizon-Künstler dem Berliner Publikum erstmals vor Augen führen. Ob er zudem schon in den Jahren zuvor graphische Arbeiten, vielleicht Radierungen, dieser jüngsten Richtung moderner französischer Landschaftskunst gezeigt hatte, lässt sich nicht belegen, ist aber sehr gut möglich, ja sogar wahrscheinlich.1014 Die Tatsache, dass Sachse Menzels „Radir-Versuche“ über den gemeinsamen Verlag mit Goupil und der Anaglyphic Company bewusst auch im Ausland bekannt zu machen suchte, mag auf eine Kenntnis derartiger Entwicklungen hindeuten. Schon 1835 hatte Goupil – noch mit Rittner als Partner – das „Album de six eau-fortes“ von Paul Huet herausgegeben, gefolgt von dem „célèbre planche à l’eauforte, Les Sources de Royat“ desselben Künstlers, das 1838 im Pariser Salon ausgestellt war (Abb. 147).1015 Einen weiteren Höhepunkt der in Sachses Institut entstandenen Menzel-Graphiken stellen neben dem zwischen 1851 und 1857 in drei Bänden entstandenen und bereits kurz vorgestellten „Armeewerk“ (Abb. 117) die „Versuche auf Stein mit Pinsel und Schabeisen“ dar (Abb. 148). Sie wurden von dem Verlag Carl Meder 1851 herausgegeben, sind aber gedruckt in der lithographischen Anstalt von L. Sachse & Co. – und zwar von Wilhelm Korn, was in diesem Zusammenhang von einigem Interesse ist. Bei Menzels Schabkunst-Blättern handelt es sich um eine kombinierte lithographische Technik aus Pinsel-, Tusch- und Kreidezeichnung.1016 Als eine „Manier, die dem Nicht-Meister nichts nützt, die aber dem Meister, besonders dem, dessen Richtung auf das speziell Malerische geht, recht viel nützen kann“ waren sie im März 1852 im Deutschen Kunstblatt vorgestellt worden.1017 Wohl auf Nachfrage erschien im April hier sogar noch eine Ergänzung mit den Angaben zum Verlag, zum Preis (4 Taler) und folgender Bemer1012 Vgl. ebd. 1013 Vgl. ebd. 1014 Vgl. hierzu das Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche“. 1015 Vgl. Bally-Herzberg 2001, S. 29. 1016 Vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, S. 281. 1017 Vgl. Deutsches Kunstblatt, Nr. 10, 6. März 1852, S. 84.

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kung: „Wir benutzen diese Gelegenheit, um noch auf den überaus gelungenen Druck der Blätter aufmerksam zu machen, welcher in der vortrefflichen Anstalt von Sachse durch W. Korn ausgeführt wurde, der seitdem eine eigene Anstalt gegründet hat. Er lernte, wie wir hören, das angewandte Verfahren in Paris kennen und zeigte es bei den hiesigen Künstlern. Menzel, der sofort erkannte, wie geeignet es bei dem sei, der sich selbstschöpferisch auf sich verlassen kann, war der Erste, der es in den besprochenen Versuchen zur Anwendung brachte.“1018 Von Produkten aus der „rühmlichst bekannten lithographischen Anstalt von Wilhelm Korn in Berlin“ ist in deutschen Kunstzeitschriften während der folgenden Jahre immer mal wieder zu lesen.1019 An dieser Stelle soll jedoch allein interessieren, dass Korn zu diesem Zeitpunkt in Sachses Anstalt die ungewöhnlichen Blätter für Menzel druckte. Denn Korn hatte das neue Verfahren offenbar gerade erst aus Paris mitgebracht. Möglich, dass er eine lithographische Ausbildung an der Seine genossen hatte. Später arbeitete er dann für Sachse, der in Paris ausgebildete Drucker und Lithographen zu schätzen wusste. Ein Blick in Sachses Reisetagebuch bestätigt, dass sich beide schon im Frühjahr 1844 in Paris getroffen haben. Sachses Eintragungen lassen sogar vermuten, dass er es war, der den jüngeren in die wichtigsten lithographischen Anstalten der Stadt einführte.1020 Für den 26. April, den Tag seiner Ankunft in Paris, notierte sich Sachse: „Wilhelm Korn und Chevalier citirt, mit beiden treuen braven Jungs gefrühstückt.“1021 Am nächsten Tag standen Besuche „mit Wilhelm bei Mozin, Engelmann, Villeret, Chevalier, Eichens, Soleil, Goupil“ auf dem Plan, wo sie sich „verschiedenes angesehen“ haben.1022 Am 28. April ging Sachse wieder „früh mit Wilhelm zu Engelmann“, am 3. Mai „mit Korn zu Goupil“ und am 5. Mai notierte Sachse sich noch einmal „Besuche mit Korn“.1023 Der Berliner Verleger genoss zu diesem Zeitpunkt, Mitte der 1840er Jahre, einen hervorragenden Ruf nicht nur in Berlin. Er war mit einer ganzen Reihe der wichtigsten Akteure des Pariser Kunstgeschehens bekannt und pflegte enge Geschäftsbeziehungen. Die Möglichkeit, dass er Wilhelm Korn hier einführte, damit dieser ihm über neueste Entwicklungen berichten und später in seinem Institut arbeiten konnte, ist sehr gut denkbar. Auch Menzel war im Laufe von mittlerweile 20 Jahren, in denen er mit Sachses Institut in Kontakt stand, an seinen Aufgaben gewachsen. Seine „Versuche auf Stein mit Pinsel und Schabeisen“, eine neue Technik, die Korn über Sachse nach Berlin brachte, bezeugen einmal erneut die Rolle, die die Sachse’sche Kunst- und Verlagshandlung als Vermittler aktueller Kunstbestrebungen für die Hauptstadt und ihre Künstler spielte. Wenig später, zur Weltausstellung 1855, sollte Menzel schließlich erstmals selbst nach Paris reisen. 1018 Vgl. Deutsches Kunstblatt, Nr. 16, 17. April 1852, S. 139. 1019 Vgl. z. B. Deutsches Museum, Nr. 33, 11. August 1864, S. 263. 1020 Eine Notiz in dem Manuskript von Sachses Sohn Louis Alfred mag darauf hinweisen, dass Korn möglicherweise der Neffe von Sachse war. Er betrieb später eine lithographische Anstalt in Stettin; vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 1021 Vgl. Anhang 1. 1022 Vgl. ebd. 1023 Vgl. ebd.

III Phänomen und Fortschritt – Sachse und die Fotografie

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Die neue Bahn und ein neues Geheimnis

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Die neue Bahn

Im Frühjahr 1837 war Sachse zum wiederholten Male nach Paris gereist. Neben einer Reihe von Aufträgen wollte er „einen Drucker, der zugleich Steine präparieren kann“, für sein Institut in Berlin gewinnen.1 Sachse Bemühungen schienen zunächst aussichtslos: „Mercier und Engelmann sind die einzigen hier, die großartige Seiten ätzen können, und wollen für kein Geld einen praktischen Drucker mit dem Geheimnis, gut zu ätzen, bekannt machen, weil die Technik sich gleich selbst verbreitet oder ins Ausland geht und so Paris alle guten Fachdrucker verliert.“2 Das Institut von Engelmann hatte Sachse schon während seiner Pariser Ausbildungszeit 1827 kennengelernt „und dasselbe in vieler Hinsicht angestaunt“: „Bei ihm [Engelmann] gehen 16 Pressen nur in einem Saale und alle sind mit Kunstsachen besetzt“, hatte Sachse damals merklich beeindruckt nach Berlin berichtet.3 Im Laufe der Jahre scheint sich zwischen den beiden Institutsbesitzern ein kollegiales Verhältnis entwickelt zu haben – auch wenn Engelmann Sachse offenbar keinen Drucker vermitteln wollte.4 Die „kunsthändlerische Laufbahn“ des Berliner Hugenotten erfuhr in Paris, wie dieser selbst schrieb, insgesamt jedoch erfreuliche „Anerkennung“, was ihm den Zugang zu immer neuen „Kunstbekanntschaften“ erleichterte.5 So lernte Sachse während ebenjenes 1 2 3 4

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LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837. Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 4. Mai 1827. So berichtet Sachse schon 1830 seiner Frau Nanni aus Berlin: „Engelmann aus Paris ist nämlich hier und ich bin ihm schon so manche Zeitigkeit schuldig geblieben, so dass ich diesmal nicht ohnehin konnte, mich seiner anzunehmen. Wir fuhren den Nachmittag ...] nach Tivoli und ließen uns den Abend von Ed. [Edouard, Sachses Bruder, d. V.] bei sich bewirten. In Tivoli trafen wir alle Humberts nebst Anhang, Magnus und alle und Halle’s. Der Franzose war nicht überrascht und hat sich sehr gut befunden“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 24. Mai 1830. Es ist wahrscheinlich, dass Engelmann im Zuge der Leipziger Buchmesse durch Berlin gekommen ist. Während jener Tage erklärt Sachse seiner Frau: „Jetzt ist nun obendrein die Reisezeit der Buch- und Kunsthändler, welche theils von Leipzig über hier kommen, um Geschäfte zu machen“, vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 29. Mai 1830. Vgl. ebd.; Sachse schreibt von der „Freude und Anerkennung“, welche seine „kunsthändlerische Laufbahn ihm hier bereitet“. An anderer Stelle heißt es noch einmal:„[I]ch sage dir, liebe Nanni, dass mich die Künstler hier mit Lob und Anerkennung überschütten [...]. Von sonstigen Auf-

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Parisaufenthaltes 1837 „auf mehreren Dinés namentlich bei Goupil“ den Druckereibesitzer Rose-Joseph Lemercier (1803–1887) näher kennen.6 Lemercier hatte bei Langlumé und – nur wenige Monate früher als Sachse – bei Joseph Knecht seine Ausbildung als Lithograph genossen, bevor er sich 1827 selbstständig und sein Institut zu einem der größten und bedeutendsten Pariser Druckereihäuser machte (Abb. 149).7 Zu Sachses Erstaunen lud Lemercier ihn nicht nur zu sich ein, sondern eröffnete ihm gleichsam, „dass er gesonnen sey [,] ihm die Kunst, auf die neue, ganz sichere Art zu ätzen, in 8 Tagen, unfehlbar beizubringen“.8 Sachse nahm das Angebot des einflussreichen Pariser Institutsbesitzers „mit Eifer“ an, da er „der Erste“ sei, dem Lemercier ein solches unterbreitete „und selbst sein Bruder nur bei ihm druckt“.9 Begeistert berichtete er nach Berlin: „Er verlangt nur erst dann von mir eine beliebige Entschädigung, wenn ich vollkommen sicher bin, und einsehe, dass er wahr und offen mit mir zu Worte gegangen ist. So sind mir dann nach 4 Tagen eifriger Arbeit die Augen gewaltig aufgegangen, und ich hoffe, dass meine Lithographie wieder werden wird, was sie einst war. Freilich wird für mich ein neues Leben der Sorge und Mühe in Berlin angehen, allein immerhin, ich will endlich thun, was ich kann, und Gott wird mir die Kraft und Ausdauer schenken, und mein Bewußtseyn, meine Pflicht erfüllt zu haben, wird mir Lohn seyn, wird ein Beispiel für meine liebe Kirche bleiben. Ich habe nun meine geringen Einkäufe eingestellt, und verfolge, neben der Vergrößerung meiner Kunstbekanntschaften, eifrig die neue Bahn.“10 Sachses Anstrengungen des Jahres 1837, „besonders für die Lithographie erschöpfend zu wirken“,11 damit seine Lithographie wieder werden würde, „was sie einst war“,12 bezeugen die Motivation des Berliner Verlegers, sich fortlaufend an den jüngsten Entwicklungen zu orientieren und diese für sein eigenes Geschäft zu nutzen.13 Wie aus den schriftlich erhaltenen Äußerungen hervorgeht, betrieb Sachse die Lithographie mit wahrem Herzblut. An seinen Buchhalter Wege schrieb Sachse am 21. März 1837: „Ich reise erst Freitag, den 24. von hier nach Brüssel ab. Es geht durchaus nicht anders. Ich darf jetzt mein Unternehmen mit Lemercier nicht halb ausführen und will meinem Gott danken, wenn ich erst gesund aus Paris bin, denn diese Anstrengung von morgens 7 Uhr bis nachts 1 Uhr ist übermenschlich, und dabei friert es hier, dass alle Rinnsteine fest sind, und ich mich nicht zu erwärmen im Stande bin, besonders in der Drucke-

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nahmen und Festivitäten schweige ich, um dir mündlich zu erzählen, auch sind es Nebensachen. Aber wie denkt man hier anders, als bei uns, und was habe ich in Berlin jemals an Dank gehabt?“ Vgl. ebd. und Anhang 1. Vgl. u. a. Twyman 1970, S. 235f. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Onkel L’Hermet, Paris, den 21. März 1837. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837. Vgl. dazu auch Kapitel II.3.b und hier vor allem „Pariser Poesie und Leipziger Prosa“.

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rei.“14 Leider ist nicht bekannt, was für eine Art von Abmachung Sachse mit Lemercier getroffen hatte. Doch scheint er große Hoffnungen in die neuen Erkenntnisse gelegt zu haben. Im gleichen Brief an Wege bekräftigte er an anderer Stelle noch einmal: „[I] ch werde meine Reise in Holland so viel wie möglich abkürzen, hier durfte ich diesmal ein paar Tage nicht achten, da unsere Lithographie auf dem Spiele steht, und mir die Augen gewaltig aufgegangen sind.“15 Und nur eine Woche später schrieb er aus Antwerpen: „Dieser Lemercier hat sich auf eine Weise für mich interessiert, dass für meine Lithographie eine neue Ära angehen wird. Ich kann die Zeit meiner Zurückkunft nicht erwarten!“16 Sachses lithographisches Institut bildete die finanzielle Grundlage all seiner Unternehmungen. Ende der 1830er Jahre scheint die Lithographie in Berlin jedoch an allgemeiner Aufmerksamkeit eingebüßt zu haben. Auf die Klage eines Berliner Künstlers, dass „sogar Portraitlithographien“ immer weniger gekauft würden, soll Sachse einer ungesicherten Quelle zufolge noch im Sommer 1839 entgegnet haben: „Das ist mir als Kunsthändler genauso bekannt wie Ihnen. In meinem Geschäft werden in der Hauptsache nur noch Kupferstiche gekauft und mit der Originallithographie geht es auch schon abwärts. Die wird zur Fabrikware.“17 In Paris hingegen fand zu jener Zeit geradezu ein Wettlauf um die Weiterentwicklung moderner druckgraphischer Techniken und ihre künstlerische Nutzbarmachung statt. Engelmann und Lemercier hatten unabhängig voneinander mit der „lavis lithographique“ eine Methode entwickelt, die feinere Farbabstufungen und malerische Effekte für den Steindruck ermöglichten. Noch „über den lavis lithographique Engelmanns hinaus“ erlaubte Lemerciers Arbeitsweise besonders zarte Tonabstufungen, was sich mehrere Künstler mit Erfolg zu eigen machten.18 So wurde etwa pulverisierte Kreide auf den leicht erwärmten Stein gestreut und dann mit dem Pinsel oder dem Tupfer bearbeitet und in Form gebracht. Diese Technik hatte sich insbesondere für die Darstellung von Himmel und Wasser als äußerst wertvoll erwiesen, wie der Neffe Alfred Lemercier in seiner Abhandlung über die französische Lithographie im 19. Jahrhundert festhielt.19 1837/38 machte Engelmann auch seine ersten Versuche um farbige Drucke publik und 14 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Buchhalter Herrn Wege, Paris, den 21. März 1837. 15 Vgl. ebd. 16 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse [?], Antwerpen, den 30. März 1837. 17 Zit. nach Cornwall 1979, S. 31. 18 Imiela/Gerhardt 1993, S. 114. 19 Alfred Lemercier: La Lithographie française de 1796–1896, Paris 1899, S. 69; hier zit. nach Twyman 1970, S. 140. Lemerciers Verfahren nannte sich ebenso wie jenes von Engelmann „lavis lithographique“. Die Prozedur sollte tonale Strukturen mit der Kreide aufbauen und dann die Töne verändern „en les frottant avec diverses étoffes, telles que la flanelle, le drap ou la mouselline, ou bien encore avec des estampes en liège, des ébouchoirs en buis ou en ivoire, différents brosses à peindre sur velours: en un mot, tout ce qui pouvait modifier un ton en frottant par un moyen quelquonque“; vgl. Alfred Lemercier 1899, S. 78f.

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nannte diese Technik „Chromolithographie“. Er verfasste einen enthusiastischen Text, in dem er den bezeichnenden Wunsch äußerte, „dass eine solch nützliche, fortgeschrittene und populäre Kunst wie die Lithographie ihre technischen Mittel erweitert und sich zumindest die Fähigkeit aneignet, die die Malerei besitzt, die Farben wiederzugeben [...]. Es war unumgänglich, diese Specimen auszuführen; es wird dazu dienen, bedeutendere Arbeiten auszulösen.“20 Über die Bedeutung der Lithographie in Frankreich während der 1830er Jahre schrieb Michael Twyman: „Lithographie has developed from being a miraculous method of multiplying drawings to a graphic process in its own right with its own system of working.“21 Insbesondere die Annäherung der Lithographie an malerische Prozesse sei als wichtiger Schritt für die Entwicklung der Graphik zu werten: „It was no longer so concerned with reproducing the essentially linear marks made by pen or chalk on the stone, but was trying to establish a tonal system of drawing.“22 An anderer Stelle räumte Twyman sogar ein: „No simple description could possibly cover all methods used by French artists and printers from about 1830 onwards in their attempt to find quicker and more spontaneous tonal techniques for lithography.“23 Ein Blick in die 1838 begründete Zeitschrift Le Lithographe – Journal des Artistes et des Imprimeurs vermittelt eine Ahnung von der Bedeutung und Vielseitigkeit der intensiven Bemühungen um die Weiterentwicklung des chemischen Druckverfahrens im Paris jener Jahre.24 Jérome Blanqui gab für das Jahr 1839 mehr als 150 lithographische Ateliers in der französischen Hauptstadt an. Seinen Aufzeichnungen zufolge arbeiteten mehr als 1000 Künstler, Zeichner, Drucker und Schreiber und mehr als 2000 Hilfsarbeiter in den lithographischen Instituten. Die angebotenen Produkte schätzte Blanqui auf einen Verkaufswert von 5.000.000 Francs.25 Auf die wirtschaftliche Seite dieser Unternehmungen machte auch S. Bennet 20 21 22 23 24

Zit. nach Weber 1996, S. 155. Vgl. Twyman 1970, S. 121. Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. 141. Le Lithographe erschien in Paris von 1838 bis 1848. Das offizielle Nachfolgejournal waren die Annales de l’imprimerie, die seit 1851 erschienen; vgl. hierzu Rosen 1987, S. 306 und S. 310, Anm. 4. 25 „Les pierres lithographiques sont employées, à Paris, dans plus de cent cinquante établissements, qui sont dirigés par des imprimeurs lithographes, et qui occupent plus de mille artistes, dessinateurs, graveurs, écrivains, et plus de deux mille ouvriers. La quantité des produits fournis par ces établissements et livrés aux commerce forme une valeur de plus de 5000000 Francs“; vgl. Jérome Blanqui et al.: Dictionnaire du commerce et de l’industrie, 4 Bände, hg. von der Société typographique Belge, Brüssel 1837–1839, hier Abschnitt „Pierres lithographiques“, Bd. 4, S. 76; zit. nach Rosen 1992, S. 82 und S. 91, Anm. 2. Rosen gibt außerdem an, dass sich in der Dekade zwischen 1839 und 1849 die Anzahl der lithographischen Firmen noch einmal auf 305 Institute verdoppelte, wobei der Wert der Produktion nach Angabe des Chambre de Commerce auf 7797864 Francs anstieg; vgl. Chambre de Commerce de Paris: Statistique de l’industrie à Paris résultant de l’enquête fait par la Chambre de Commerce pour les années 1847–1848, Paris 1851, Abschnitt 337: „Imprimeurs lithographes et imprimeurs de taille douce“, vgl. ebd., S. 82 und S. 91, Anm. 3. Die Auswertung der Pariser „Dossiers“, die die Vergabe der benötigten Gewerbeer-

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aufmerksam. Er konstatiert eine so große Nachfrage nach Drucken in jenen Jahren, dass „the most urgent needs of the print publishing trade during the second quarter of the nineteenth century were, firstly, for the development of ever more expeditious engraving techniques and, secondly, for metal plates which would yield enormously long runs of prints whilst not inhibiting reasonably speedy engraving.“26 Es wurde bereits angesprochen, dass diese Entwicklung in Frankreich durch die Société d’Encouragement und damit auch von offizieller Seite bedeutende Förderung genoss.27 Wie gegenteilig sich die Situation in Berlin darstellte, ließ Sachse in seinen Briefen immer wieder durchblicken. Trotz der Hoffnung, dass „[seine] Lithographie“ über die bei Lemercier gemachten Erkenntnisse „eine neue Ära angehen wird“,28 äußerte Sachse in Angesicht der Berliner Verhältnisse immer wieder Zweifel über den Erfolg seines Vorhabens. Die „Freude“ und „Anerkennung“, die Sachse in Paris erfuhr, würde ihm die Lithographie „besonders in Berlin „nie gewähren“, wo die „gefährlichste aller Erneuerungen den ehrgeizig vorwärts strebenden Einzelnen unterdrückt und ihm die Früchte seiner Arbeit raubt“.29 Seine Erfahrungen mit der Berliner Polizeibehörde und die Auseinandersetzungen mit dem Kultusministerium hatten wohl auch dazu geführt, dass Sachse ein „schrecklich Misstrauen gegen ein beschriebenes Stück Papier, gegen Tagebücher und sogenannte schriftliche Selbstentfaltungen“ wähnte.30 Eher allgemein gehaltene Äußerungen und die Nennung von Namen deuten Beziehungen und Zusammenhänge (leider) oft

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laubnis („brevet lithographique“) beurkunden, ergab nach Delmas/Bouquin folgende Statistik: 1818–1829 = 69 dossiers, 1830–1839 = 333 dossiers, 1840–1849 = 273 dossiers; vgl. Delmas/ Bouquin 1997, S. 744. S. Bennett: „Revolutions in thought. Serial publication and the mass market for reading“, in: The Victorian Periodical Press: Samplings and Soundings, hg. von J. Shattock und M. Wolff, Leicester 1982, S. 225–257; zit. nach Hamber 1989, S. 296. Vgl. Kapitel II.1.a, „Lithographie in Paris“. Jeff Rosen stellte die Bedeutung der Société d’Encoragement für die Entwicklung der Lithographie in Frankreich deutlich heraus: „Throughout the July Monarchy, the industrial development of French lithography was furthered by the Société d’Encouragement pour l’Industrie nationale. According to the principles of political economy promoted by this institution, technological improvements to industry would lead towards progress for all of society. The Société d’Encouragement, whoses members included prominent economists, industrials, and bankers, identified lithography as a ‚mechanical form‘. Its members believed that lithography’s mass production, thereby modernizing the artisan workshop technologically“; vgl. Rosen 1992, S. 81 sowie Chevallier 1838. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Antwerpen, den 30. März 1837. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837. Wie bereits dargelegt werden konnte, waren Sachses Bemühungen von staatlicher Seite immer wieder gebremst und aufgehalten worden. Hier deutet Sachse wahrscheinlich sein Verhältnis zum Königlichen Lithographischen Institut in Berlin an, das den Privatunternehmer durchaus als Konkurrenz betrachtete und erst kürzlich Sachse mit dem Abwerben des in Paris gelernten Druckers Berndt erheblichen Schaden zugefügt hatte; vgl. dazu Kapitel II.3.a, „Die Lithographie greift um sich“. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 18. Juni 1836.

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nur an. So schrieb Sachse an seinen Buchhalter Wege vertrauensvoll, dass dieser „sich wundern“ werde, die „Lemerciersche Angelegenheit“ aber „für sich behalten“ solle.31 Im gleichen Brief gesteht er seinem „redlichen Mitarbeiter“ aber auch: „[U]nser Haus floriert [...] ich [muß] alle meine Willenskraft anwenden, um den übermäßigen [unleserlich, d. V.], den man uns beinahe aufdringt, zurückzuweisen. Man überschüttet mich, im eigentlichen Sinne des Wortes, mit Artigkeiten, die mich aber beinahe umbringen. Diesmal komme ich gewiß sehr angegriffen zurück.“32 Die „Ehre“, die Sachse nach eigenen Aussagen in Paris „von allen Seiten widerfährt“, spiegelte sich gleichsam in der Vielzahl seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen, von denen Sachse in den meisten Fällen jedoch auch wieder erst in Berlin und „mündlich mehr“ berichten wollte.33 Festzuhalten bleibt, dass Sachse in den drei aufeinanderfolgenden Jahren 1837 bis 1839 regelmäßig im Frühjahr nach Paris auf Geschäftsreise fuhr. Trotzdem er sich zu dieser Zeit bereits (auch) als Gemäldehändler etablierte, zeigte er ein auffällig großes Interesse an den jüngsten technischen Fortschritten der modernen Druckverfahren, insbesondere der Lithographie. Als Händler und Inhaber eines lithographischen Institutes in Berlin war er bei den französischen Kollegen und Künstlern angesehen und geschätzt. Aus seinen Tagebuchaufzeichnungen und den erhaltenen Briefen geht hervor, dass er sich mit den Besitzern der wichtigsten Institute und bedeutenden Künstlern regelmäßig traf, um Geschäfte abzuschließen oder in geselliger Runde neue Bekanntschaften anzuknüpfen.34 Das nächste Mal würde Sachse seine Frau Nanni mit nach Paris nehmen, „umso mehr als [er] es den Damen Goupil, Giroux und Knecht habe versprechen müssen, und [Nanni] in ihren Häusern einen Aufenthalt finden würde[..], während [Sachse] hausie31 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Buchhalter Herrn Wege, Paris, den 21. März 1837: „Ich werde meine Reise nach Holland so viel wie möglich abkürzen; hier durfte ich diesmal ein paar Tage nicht achten, da unsere Lithographie auf dem Spiele steht, und mir die Augen gewaltig aufgegangen sind. Sie werden sich wundern“ sowie LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837: „[...] sage Wege, dass ich nicht schreiben kann, denn ich weiß nicht wann und wie, dass ich mit seinen Anordnungen zufrieden sey. Du kannst ihm auch diesen Brief zu lesen geben, denn ich habe vollkommenes Vertrauen zu ihm, und er wird die Lemerciersche Angelegenheit für sich behalten. Albert soll aber, wie alle unsere Leute, nichts davon erfahren.“ 32 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Buchhalter Herrn Wege, Paris, den 21. März 1837. 33 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Onkel L’Hermet, Paris, den 21. März 1837. Im gleichen Brief schreibt Sachse an anderer Stelle: „Ich bin wohl, halte es [...] mit Jedem aus, und stehe fest und unerschütterlich da, wenn Andere schwanken. Wie viele Male haben wir ausgerufen, ach, wenn dieser oder jener dies oder das sehen könnte [...]. Und Wallmüller, zu meiner großen Freude, hat Sinn, Gefühl und Geist für alles Große, was sich hier darbietet, und er ist empfänglich fürs Volksleben und für Volkstümlichkeit. Er staunt und schwelgt, und guckt doch nur oberflächlich hinein, wie würde er vieles noch bei näherer Bekanntschaft größer und tiefer finden!“. Hofrat Wallmüller (Lebensdaten unbekannt) war in der Legationskasse des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten tätig; nach Schlagenhauff 2003, S. 261, Anm. 11. 34 Vgl. Anhang 1.

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ren gehe“, schrieb der umtriebige Verleger im April 1838 nach Hause.35 Ob das tatsächlich geschehen ist, muss leider offen bleiben. Es haben sich keine Briefe an seine Frau von dieser Reise erhalten, auch in den Tagebuchaufzeichnungen taucht ihr Name nicht auf.36 Die fehlende Korrespondenz ist gerade für den anschließenden Parisaufenthalt im Frühjahr 1839 sehr zu bedauern. Denn aus der Reihe der bekannten französischen Kunstunternehmer trat in diesem Jahr Louis-Jacques-Mandé Daguerre (1787–1851, Abb. 150) hervor, der, selbst Künstler, Lithograph und Kunstunternehmer, mit einer bahnbrechenden Erfindung aufzeigte, dass Gegenstände sich allein über „Licht, gezwungen durch chemische Kunst“ in „unnachahmlicher Treue [selbst] malen“ konnten.37 Die Anerkennung seiner „kunsthändlerischen Laufbahn“, seine nahe Bekanntschaft mit den großen französischen Druckereibesitzern und Kunsthändlern sowie sein feines Gespür für zukunftsweisende Entwicklungen ermutigten und ermöglichten es Sachse, in diesem Zusammenhang einmal erneut als Pionier und Vermittler zwischen Paris und Berlin aufzutreten. b

Ein neues Geheimnis

„Erst jetzt, ruhig und unpartheiisch geworden, wird mir vieles klar, was ich sonst nicht verstand, und (aber ganz unter uns) erst jetzt erkenne ich umso mehr und mehr die wahre Größe, das wahre Wesen, und die Intelligenz der Franzosen“, hatte Sachse im Frühjahr 1838 aus Paris geschrieben.38 Die Versuchung ist groß, diese Äußerung bereits in Hinblick auf die anerkannte Pionierrolle zu interpretieren, die der Berliner im Folgejahr bei der Einführung der Daguerreotypie nach Deutschland spielen sollte. Vielleicht ist es Zufall, dass Sachse seine Begeisterung über das Erkennen der „wahren Größe“, dem „wahren Wesen“ und der „Intelligenz der Franzosen“ seiner Frau Nanni in einem Brief vom 5. April 1838 anvertraute („aber ganz unter uns“) und damit an ebenjenem Tag, an dem er das Diorama von Daguerre aufgesucht hatte.39 Elf Jahre zuvor, während seiner Pariser Ausbildungszeit, hatte Sachse Daguerres Etablissement das erste Mal betreten – und war schon damals tief beeindruckt: „[Das Diorama] ist sehr besucht und

35 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 5. April 1838. 36 Vgl. Anhang 1; die Aufzeichnungen der Reise von 1843 nach Dresden, Prag und Salzbrunn vermerken hingegen, dass Sachse mit seiner Frau als auch Franz mit seiner Frau zusammen gereist ist. 37 Vgl. Alexander von Humboldt an Herzogin Friederike von Anhalt-Dessau, 7. Februar 1839, abgedruckt in Stenger 1932, S. 56–59; hier zit. nach Beck 1989, S. 41. 38 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 5. April 1838. 39 Vgl. Sachses Tagebuch: Reise nach Paris und London (17. März bis 27. April 1838), Eintrag vom 5. April: „Diorama (von Daguerre)“; vgl. Anhang 1.

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verdient es auch, denn ich halte es für das Höchste, was durch Täuschung verschiedener Lichter hervorgebracht werden kann – c’est la nature elle même!“40 Helmut Gernsheim berichtet davon, dass Daguerre, dem es 1837 erstmals gelungen war, ein in der Camera obscura erzeugtes Bild zu fixieren, vom 15. März bis 15. August 1838 eine öffentliche Subskriptionsliste ausliegen hatte, um beide Verfahren, die von seinem Geschäftspartner Nièpce erfundene Heliographie und die von ihm daraus entwickelte Daguerreotypie, zu verkaufen. Zu diesem Zweck, so schreibt Gernsheim, „führte Daguerre in den nächsten Monaten eine regelrechte Werbekampagne, indem er mit seiner auf einem Wagen verstauten Ausrüstung in ganz Paris herumfuhr und Denkmäler und öffentliche Gebäude photographierte. Aber es gelang ihm nicht, für die Anteile irgendwelche Käufer oder einen Mäzen zu gewinnen, der gewillt gewesen wäre, die benötigte Geldsumme hinzublättern“.41 Der weitere Verlauf der Entwicklungen ist bekannt. Gegen Ende des Jahres 1838 wandte sich Daguerre an eine Reihe führender Wissenschaftler, darunter Jean-Baptiste Dumas, Jean-Baptiste Biot, Alexander von Humboldt und François Arago, „mit deren Hilfe er den Staat für seine Erfindung zu interessieren hoffte“.42 Durch eine erste Mitteilung an die Académie des sciences am 7. Januar 1839 verlieh Arago, der sich zum Anwalt jener bahnbrechenden Entdeckung berufen sah, Daguerres Erfindung eine Art offiziellen Status. Gleichwohl sollte es noch bis zum 19. August desselben Jahres dauern, bis der Staat die Rechte ankaufte und Arago das Geheimnis von Daguerres neuartigen Lichtbildern in einer gemeinsamen Sitzung der Académie des sciences und der Académie des Beaux-Arts öffentlich bekannt machte.43 Ob Sachse am 5. April 1838 tatsächlich „nur“ das Diorama besuchte oder ob er bereits mit Daguerre persönlich zusammengetroffen ist, muss offen und reine Spekulation bleiben. Sollte Letzteres der Fall gewesen sein, könnte Daguerre, der Gernsheim zufolge in jener Zeit „eine regelrechte Werbekampagne führte“, Sachse erste Daguerreotypien gezeigt haben. Fest steht, dass Sachse im Frühjahr 1839 Paris erneut besuchte. Fest steht auch, dass Sachse, wie aus einem Brief vom 22. Juli 1839 hervorgeht, frühzeitig persönliche Absprachen mit Daguerre getroffen hat: „Wir sprachen schon damals mit Herrn Daguerre darüber [die ersten Apparate und Daguerreotypien in Preußen einzuführen, d. V.], allein er war damals noch nicht vollständig mit seinen Einrichtungen am Ziel.“44 40 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 20. April 1827. Im gleichen Brief heißt es an anderer Stelle: „Gestern Vormittag besuchte ich das herrliche Diorama, und habe dort manches sehr lobenswertes neben mehrhafter Vollkommenheit gefunden.“ 41 Helmut Gernsheim 1983, S. 58. Laut Gernsheim dachte Daguerre an „vierhundert Subsribenten, die mit einer Zahlung von eintausend Francs zeichnen sollten. Beide Verfahren, die Heliographie und die Daguerreotypie, sollten erst bei einer Mindestanzahl von einhundert Subskribenten veröffentlicht werden. Für den Fall, dass ein einzelner Käufer beide Verfahren erwerben wollte, sollte der Preis mindestens 200000 Francs betragen“; vgl. ebd. 42 Vgl. ebd. 43 Vgl. ebd., S. 58–60 sowie Ahrens 2015. 44 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 9, Manuskript von Louis Alfred Sachse für einen Artikel im Berliner Fremdenblatt, Juni 1865: Beitrag zu der Übersicht des Entwicklungsganges der Photographie mit Bezug auf ihren Ursprung aus der Daguerre’schen Erfindung. Hierin Abschrift eines Briefes

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Ein handgeschriebenes Manuskript von Sachse Sohn Louis Alfred, das in Folge eines gemeinsamen Besuches von Vater und Sohn in der „internationalen photographischen Ausstellung“ in Berlin 1865 hinsichtlich einer öffentlichen Richtigstellung der fotografischen Geschichtsschreibung für das Berliner Fremdenblatt entstanden und 1889 noch einmal in den Photographischen Mitteilungen veröffentlicht worden war, setzte als Tag der persönlichen Absprache Sachses mit Daguerre das Datum 22. April 1839 in die Welt: „Sechste Geschäftsreise des Kunsthändlers Sachse nach Paris, woselbst er die persönliche Freundschaft mit Daguerre erneuerte und von seiner damals noch nicht offenbarten neuen Erfindung genaue Kenntnis erhielt. Daguerre beschäftigte sich mit der vollständigen Ausstattung und Verbesserung seines Daguerreotyp Apparates bis gegen Ende September 1839. Mündliche Verabredungen über die Einführung der Erfindung und der ächten unter Daguerre’s Augen konstruirten und mit seiner Namensunterschrift verifizirten Apparate nach Berlin und Deutschland.“45 Sowohl Wilhelm Dost als auch Erich Stenger übernahmen diese Angabe, die sich daraufhin bis in die jüngste Literatur über die frühe Fotografie in Deutschland erhalten hat.46 Aufgrund der Tatsache, dass Sachse erst am 27. April in Paris eintraf, kann das Datum jedoch nicht bestätigt werden. Die Feststellung, dass Sachse in seinen Tagebuchaufzeichnungen von 1839 Daguerre (im Gegensatz zum Vorjahr) nicht andeutungsweise erwähnt, mag hingegen mit seiner bereits aufgeführten Skepsis gegenüber schriftlichen Selbstzeugnissen erklärt werden. Von Interesse bleibt die Aussage seines Sohnes Louis Alfred, dass Sachse während seines Parisaufenthaltes vom 27. April bis 23. Mai 1839 seine „persönliche Freundschaft mit Daguerre erneuerte“. Die Formulierung suggeriert, dass sich beide bereits näher kannten, zumindest aber nicht das erste Mal zusammentrafen. Das „gewaltige Aufsehen“, das sich unmittelbar nach Aragos erster Mitteilung am 7. Januar 1839 in Paris entfachte, und von dem „die jüngere Generation sich keinen Begriff machen“ könne, beschrieb der Augenzeuge Ludwig Pfau in der Rückschau wie folgt: „Ich wohnte sozusagen der Geburt oder wenigstens der Taufe dieser Entstehung bei, als ich im Frühling 1839, ein Bursche von 17 Jahren, zum ersten Mal nach Paris kam. Mit der Wissensgier der Jugend stand ich stundenlang vor einem Schaufenster am Kai, wo die ersten Daguerreotypien ausgestellt waren, und suchte die Wunderbilder zu enträhtseln welche in allen Kreisen den Gegenstand der Unterhaltung bildeten. Als die Zeitungen die Nachricht von der öffentlichen Akademiesitzung brachten, in welcher das Geheimnis enthüllt werden sollte, befand ich mich in Ris, einem Dorfe an der Seine, einige Stunden oberhalb von Paris. Ich hatte natürlich nichts wichtigeres zu thun als am Morgen des 19. August mit dem Dampfschiff in die Stadt zu fahren, denn von der Eisenbahn war damals noch keine Rede.“47 vom Louis Sachse an Alphons Giroux, Berlin, den 22. Juli 1839. Die „Original-Documente von Herrn Hofkunsthändler Sachse“ zur Daguerreotypie sind in den Photographischen Mitteilungen, Septemberheft 2, Nr. 299, Berlin 1889, S. 181f. veröffentlicht worden. 45 Vgl. ebd. 46 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 15 sowie Dewitz 1989, S. 28. 47 Vgl. Pfau 1877, S. 114f.

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Zu gerne wüsste man, in wessen „Schaufenster am Kai“ die „ersten Daguerreotypien“ bereits vor der öffentlichen Bekanntgabe des Verfahrens ausgestellt waren. Daguerres Diorama befand sich nicht nur nicht am Kai, sondern war am 8. März desselben Jahres abgebrannt.48 Der Quai und St. Germain war traditionell das Quartier der Buch-, Graphik- und seit jüngerer Zeit auch der Kunsthändler. Die Vermutung liegt nahe, an das Geschäft von Alphonse Giroux (1775–1848) zu denken. Giroux hatte im Atelier von Jacques Louis David Malerei studiert, sich aber bald auf den Verkauf von alten Meistern und moderner Malerei, dekorativen Möbeln und Kuriositäten konzentriert. 1819 hatte Giroux eine Serie von Alben mit Drucken und Aquarellen bekannter Künstler herausgegeben, 1826 eine Société pour le commerce de tableaux, papeteries et objets de curiosité gegründet und 1827 seine Galerie des tableaux anciens et modernes, miniatures, lavis, dessins et gravures mit einem eigenen Katalog publikumswirksam beworben, bevor er 1830 die Leitung seines Geschäfts an seine Söhne Alphonse-Gustave und André, der ebenfalls Maler war, abgegeben hatte.49 Das Maison Alphons Giroux et Comp., das sich bis 1848 in der Rue du Coq-Saint-Honoré 7 und damit in unmittelbarer Seine-Nähe befand, spielte eine wichtige Rolle im Zuge der Entwicklung des modernen privaten Kunsthandels in Frankreich.50 Im Zusammenhang mit der frühen Daguerreotypie ist das Unternehmen in mehrerer Hinsicht von Interesse. Alphonse Giroux war ein Verwandter der Frau Daguerres. Ende der zwanziger Jahre verkaufte Giroux in seinem Ladengeschäft Daguerres „dessins-fumé“, Zeichnungen, in denen mit Hilfe von Kerzenrauch ein Chiaroscuro-Effekt hervorgerufen wurde.51 Giroux bot außerdem die Werke einer ganzen Reihe von Künstlern an, die auch für Daguerres Diorama arbeiteten.52 Und es war schließlich die Firma Giroux, die Daguerre mit der serienmäßigen Herstellung des ersten Daguerreotyps, also des von ihm entwickelten ersten fotografischen Apparates, sowie der Herausgabe seines Handbuches beauftragte.53 Auch wenn der entsprechende Vertrag erst am 22. Juni 1839 zustande kam, ist es also durchaus möglich, dass die Brüder Giroux, die in ihrem Geschäft neben moderner und alter Malerei Kuriositäten aller Art verkauften, bereits im Frühjahr 1839 erste Daguerreotypien bei sich ausstellten. Louis Sachse kannte die Firma Giroux seit spätestens 1834 und traf bis 1855 regelmäßig mit den Söhnen als auch mit „Giroux père“54 in Paris zusammen. Am 15. Mai 48 49 50 51

Vgl. Gernsheim 1983, S. 58. Zu Giroux vgl. Anhang 2. Vgl. Kapitel IV.1.b, „Pariser Kunsthändler“. Vgl. Bann 2001, S. 102. Bann zitiert u. a. einen Brief von Nicéphore Niépce an Lemaitre aus dem Jahre 1827, in dem dieser von Daguerres „dessins-fumés“, die bei Giroux verkauft werden, berichtet. 52 Vgl. hierzu Whiteley 1983. 53 Tatsächlich baute Giroux nach den genauen Angaben von Daguerre „nur“ das Gehäuse. Die Linse kam von dem Pariser Optiker Charles Chevalier; vgl. Cornwall 1979, S. 12. Der Vertragsabschluss trägt das Datum vom 22. Juni 1839, vgl. Corcy 2003, S. 262–265. 54 Vgl. Anhang 1 und 2.

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1839 besuchten sie gemeinsam die Industrieausstellung, wie in Sachses Tagebuch vermerkt ist.55 Möglich, dass auch Sachse Daguerreotypien bei Giroux gesehen hat. Sollte dies der Fall gewesen sein, mag allerdings erstaunen, dass die Händler bei ihrem Zusammentreffen in Paris nicht über den Verkauf und Vertrieb der Apparate gesprochen haben, wie sich aus einer Korrespondenz vom Juli 1839 ergibt.56 Hiernach wandte sich die Firma Giroux am 17. Juli 1839 an Sachse mit folgendem Anliegen: „Der Hauptzweck dieses Schreibens ist, Ihnen mitzutheilen, dass wir mit Herrn Daguerre über den Verkauf und die Verbreitung seiner Daguerreotypen überein gekommen sind, und da diese Erfindung, schon überall berühmt, einen ganz bedeutenden Erfolg erlangen muß, indem wir schon eine so große Liste an Subscribenten haben, dass wir kaum allen Aufträgen gleichzeitig genügen werden können, so kommen wir unserer Verpflichtung nach, an Sie zuerst zu denken und bieten Ihnen unsere Dienste an. Es ist zu erwägen, wie interessant es für Sie sein muß, die ersten Empfänger der Apparate zu sein, bei dem Eifer aller Gelehrten und der Künstlerwelt um die Sache; und wenn es Ihnen noch genehm ist, so wollen wir dafür sorgen, dass Sie unsere erste Auslieferung erhalten. Die Veröffentlichung der Erfindung wird in 1–1½ Monat stattfinden. Der Preis ist noch nicht fest bestimmt, aber vermutlich wird ein kompletter Apparat ungefähr 400 Francs betragen.“57 Sachse antwortete umgehend: „Es ist schade, dass Sie uns in Paris nichts von Ihrem Übereinkommen mit Herrn Daguerre gesagt haben, gern hätten wir uns mit Ihnen arrangiert, für eine angemessene Summe den alleinigen Debit für Preußen zu übernehmen. Wir rechnen nun auf Sie, dass wir die Ersten sind, die Apparate erhalten und werden uns alle Mühe geben, sie unterzubringen und Nachahmungen zu verhindern. In einer Woche haben Sie unsere Subscribtionen, inzwischen senden Sie uns aber vorläufig nur immer auf feste Rechnung sechs Apparate, aber sobald es irgend möglich ist! Wir sprachen schon damals mit Herrn Daguerre darüber, allein er war damals noch nicht vollständig mit seinen Einrichtungen am Ziel. Geben Sie also vor uns niemandem einen Daguerreotyp, es würde uns sehr schmerzen, wenn diese neue Erfindung nicht durch uns in Berlin eingeführt würde.“58 Die Formulierung, dass die Firma Giroux, wie in dem Schreiben formuliert, ihrer „Verpflichtung nachkommen“ wolle, für den Verkauf der Apparate in Deutschland an Sachse „zuerst zu denken“, mag erneut das Ansehen des Berliner Händlers widerspiegeln, das dieser in Paris bereits genoss. Ob die Brüder Giroux, die Sachse seit Jahren kannten, selbst die Initiative ergriffen hatten, Sachse ein solches Angebot zu unterbreiten, oder ob dies im Auftrag von Daguerre geschah, lässt sich hingegen nicht mehr fest55 Vgl. ebd. Bis 1855 ist für jede Parisreise der Name Giroux mindestens einmal vermerkt. 56 Der Grund hierfür könnte darin liegen, dass Sachse sich möglicherweise persönlichen Absprachen mit Daguerre verpflichtet fühlte und gleichsam Giroux seinen Vertrag über den Bau und Vertrieb der ersten Kameras erst nach deren Zusammentreffen abgeschlossen hatte. 57 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 2. Sachses Sohn Louis Alfred hatte die originalen Briefe, die leider verloren gegangen sind, noch vorliegen und diese (wahrscheinlich aus dem Französischen) transkribiert. 58 Vgl. ebd.

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stellen. Sachse könnte mit dem Erfinder bereits über ein gemeinsames Vorhaben gesprochen haben, wie auch in einem Brief vom 30. Juli 1839 angedeutet wird, den Sachse an Dr. Lucanus in Halberstadt schickte: „Die ersten Apparate kommen nun, nach Übereinkunft mit dem Erfinder, bei mir im September an.“59 Der Firma Giroux hatte Sachse zuvor mit Nachdruck versichert, der Erste sein zu wollen, der die Erfindung in Preußen, zumindest aber in Berlin einführte. Sachse schien sich seiner Sache durchaus sicher sein zu können. Denn die schriftliche Bestätigung der Lieferung durch Giroux erfolgte erst in einem Brief vom 9. August 1839.60 c Ankündigungen „[...] in der Tat, die Schönheit dieser Bilder ist so erstaunlich, daß man sich jeder Beschreibung enthalten muß, um nicht für einen Exaltierten gehalten zu werden“, schrieb Sachse am 30. Juli 1839 an Dr. Friedrich Gottfried Hermann Lucanus (1793–1872), Apotheker, Kunstliebhaber und Restaurator in Halberstadt.61 Selbst der zurückhaltende Sachse hatte offenbar Mühe, seine Begeisterung für die französischen „Wunderbilder“ im Zaum zu halten. Ein vorangegangenes Schreiben von Lucanus ist nicht auffindbar. Vielleicht hatte derselbe auf die „öffentliche Anzeige“ reagiert, die Sachse unmittelbar nach dem Erhalt des Schreibens von Giroux in Berlin geschaltet hatte.62 Wohl auf eine entsprechende Anfrage teilte Sachse Lucanus zumindest mit, „daß Herr Daguerre durchaus keine Lichbilder mehr ausgibt, und ausgeben kann, da die Nachfrage danach in ganz Europa so stark ist, das er nicht anders zu thun haben würde, als dergleichen zu fertigen, während er sich doch mit der Hauptsache, der Herstellung des Daguerreotyp Apparates selbst, beschäftigen muß“.63 Die Berliner waren bereits am 17. Januar 1839 durch den Allgemeinen Anzeiger für die Deutschen das erste Mal über die neuartige Erfindung aus Frankreich unterrichtet worden.64 Bis spätestens Mitte März hatte sich die Neuigkeit in fast ganz Europa verbreitet.65 Nicht alle begrüßten die Ankündigung der französischen Innovation. Wilde Spekulationen und diffuse Vermutungen über das Verfahren und seine Berechtigung bestimmten die Meldungen. Der Leipziger Anzeiger etwa „glaubte, beizeiten der flüch59 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an Dr. Lucanus in Halberstadt, Berlin, den 30. Juli 1839. 60 Vgl. ebd., S. 3. Leider hat Louis Alfred Sachse den Brief in seinem Manuskript nicht transkribiert. Es ist hier lediglich der Vermerk zu finden: „9. August 1839: Ausführliche briefliche Bestätigung von Giroux an Sachse“. 61 Vgl. ebd., S. 2: „30. Juli 1839. Sachses Mitteilung an Dr. Lucanus in Halberstadt“. 62 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an Giroux & Comp., Berlin, den 22. Juli 1839: „Wegen der Daguerre’schen Angelegenheit haben wir sogleich eine öffentliche Anzeige erfolgen lassen und rechnen darauf, mit dieser schönen Sache guten Erfolg zu haben.“ 63 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an Dr. Lucanus in Halberstadt, Berlin, den 30. Juli 1839. 64 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 12. 65 Vgl. Dewitz 1989, S. 22f.

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tigen Teufelskunst entgegen treten zu müssen. Flüchtige Spiegelbildchen festhalten zu wollen, heißt es da, dies ist nicht bloß ein Ding der Unmöglichkeit, wie es sich nach gründlicher deutscher Untersuchung herausgestellt hat, sondern schon der Wunsch, dies zu wollen, ist Gotteslästerung“.66 Gleichzeitig traten eine ganze Reihe von Wissenschaftlern, Tüftlern, aber auch Scharlatanen auf den Plan, die eigene Ansprüche auf die Entwicklung „photographischer Verfahren“ anmeldeten.67 Der größte ernsthafte Konkurrent im Wettlauf um den Erfindertitel kam bekanntlich aus England. Henry Fox Talbot (1800–1877), der bereits seit 1834 entsprechende Versuche mit sensibilisiertem Papier durchführte, hatte nach Aragos erster Mitteilung am 7. Januar ebenfalls aus der Presse von Daguerres Entdeckung erfahren und umgehend seine eigenen „photogenischen Zeichnungen“ in der Royal Academy vorgestellt. Er schrieb an Alexander von Humboldt, dass „er entschlossen sei, Prioritätsansprüche bezüglich der Fixation der Bilder der Camera obscura und der nachträglichen Haltbarkeit der Bilder geltend zu machen“.68 Humboldt war, zumindest anfänglich, über die „anmaßenden Briefe“ des Herrn Talbot „verärgert“, wie er wiederum Arago im Februar 1839 mitteilte: „Wie ist es möglich, daß man eine so außerordentliche Erfindung geheim gehalten hat? [...] Herr Daguerre ist trotz alledem mein ‚Chimborazo‘ Vierzig mal am Tage legt man mir die gleichen Fragen vor. Die Mitteilung, gesehen zu haben, wie das Bild entsteht, und wie es ohne Schwierigkeiten entsteht, das ist das Ausschlaggebende.“69 Humboldts Vergleich der Erfindung Daguerres mit dem höchsten, von den Ureinwohnern Ecuadors als Heiligtum verehrten Berg Chimborazo, den er selbst einst bestiegen, dessen Gipfel er aber nicht erreicht hatte, ist ein selbstironisches und äußerst schmeichelhaftes Bekenntnis des weltgewandten Wissenschaftlers. Seine Begeisterung für Daguerres Bilder, deren „unnachahmliche[n] Naturcharakter [diesen nur] die Natur hat selbst aufdrücken können“, verwundert dabei kaum.70 Bezeichnend aber ist Humboldts Aussage, dass er allein die Tatsache, das Entstehen der Daguerreotypien „gesehen zu haben“, als „das Auschlaggebende“ ansah, wohl wissend, dass seine „Mitteilung“ über die Annerkennung des Verfahrens bedeutendes Gewicht besaß. Das wusste auch 66 Vgl. Benjamin 2010, S. 249. Es soll hier lediglich erwähnt werden, dass bei dem neuen Verfahren wieder von „Teufelskunst“ gesprochen wurde. Dies erinnert unweigerlich an die frühe Wahrnehmung der Lithographie als diabolische Gefahr, eine Assoziation, die sich auch in vielen Zeichungen wiedergefunden hatte; vgl. Kapitel II.1.a, „Das Mysterium eines neuen Verfahrens“. 67 Vgl. u. a. Dewitz 1989, S. 23f. 68 Vgl. ebd., S. 19. 69 Alexander von Humboldt an François Arago im Februar 1839; zit. nach Beck 1989, S. 43. Beck stellt in seinem Aufsatz heraus, wie Humboldt zu Anfang verärgert über Talbots Ansprüche war. Die „Vielseitigkeit des typischen englischen Gentleman-Privatgelehrten“ beeindruckte ihn aber gleichzeitig sehr. Beck schreibt: „Gerade die besonders salzige Ironie mit der er [Humboldt] die zeitgenössische politische Situation bedachte und in seltener Schärfe erörterte, bezeugt eher ein fast intimes Vertrauen zu Talbot, den er mehrfach rühmte“; vgl. Beck 1989, S. 42 sowie Ahrens 2015. 70 Alexander von Humboldt an Herzogin Friederike von Anhalt-Dessau vom 7. Februar 1839; zit. nach Beck 1989, S. 41.

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Daguerre. Seine Strategie, drei der berühmtesten Wissenschaftler seiner Zeit zu „Mitwissern“ und damit zu seinen Verbündeten zu machen, erwies sich als Coup.71 Der französische Kunstunternehmer, der bereits mit seiner ersten Erfindung, dem Diorama, sein außerordentliches Geschick unter Beweis gestellt hatte, die Bedürfnisse seines Publikums aufzuspüren und diese in Geld umzusetzen, hatte dem „englischen Gentleman-Privatgelehrten“72 offenbar das entscheidende marktstrategische Kalkül voraus. Während die Wissenschaftler für Daguerres Geheimnis warben und die Zeitungen spekulierten, bereitete der Franzose nicht nur den Apparat zum serienmäßigen Verkauf, sondern bereits kleine Triptychen mit Bildproben vor, die er unmittelbar nach der Veröffentlichung seines Verfahrens durch die Académie des sciences den herrschenden europäischen Monarchien als Geschenk zusandte und die in München und Wien noch im selben Jahr zur Ausstellung kamen (Abb. 151).73 Auch Sachse war ein „Mitwisser“ Daguerres – oder er hatte sich zumindest frühzeitig selbst dazu gemacht –, wenn auch unklar bleibt, inwieweit Sachse tatsächlich bereits von dem Erfinder „persönlich“ in das „Geheimnis eingeweiht“ und über die „noch nicht offenbarte Erfindung genaue Kenntnis“ erhalten hatte.74 Auf jeden Fall war Sachse einer der wenigen Deutschen, die Daguerreotypien überhaupt vor August 1839 schon einmal selbst gesehen haben. Daguerres Auftrag, den Vertrieb der Apparate für Deutschland zu übernehmen und „Nachahmungen zu verhindern“, mag ein gewisses gegenseitiges Grundvertrauen voraussetzen. Leider bleibt unklar, inwieweit Sachse und Humboldt zu diesem frühen Zeitpunkt bereits über das Daguerreotypieren gesprochen haben. Überliefert ist nur, dass Humboldt, der Sachse als jungen Lithographen in Paris kennengelernt hatte und der später regelmäßig dessen Salon besuchte, die Ankunft der ersten Apparate in Berlin mit Spannung erwartete.

71 Daguerre hatte mit den Wissenschaftlern Alexander von Humboldt (1769–1859), Jean Baptiste Biot (1774–1862) und François Arago (1786–1853) ein Gutachtergremium an seiner Seite, das nicht nur neuen Entdeckungen aufgeschlossen war, sondern deren Namen in ganz Europa bekannt waren. 72 Vgl. Beck 1989, S. 42. 73 Vgl. Pohlmann 1989, S. 496. Außerdem die Abbildung des „Triptyque offert au roi Louis Ier de Bavière“, 1838–1839, heute im Fotomuseum im Münchener Stadtmuseum, in: Ausst.-Kat. Daguerreotyp Français 2004, S. 149. Es soll auf den Prioritätenstreit zwischen Daguerre und Talbot hier nicht näher eingegangen werden. Die Anmerkung, dass Daguerre noch kurz vor der öffentlichen Bekanntgabe seines Verfahrens am 19. August ein Patentrecht auch für England angemeldet und „damit dem Land seines Gegners Talbot eins ausgewischt“ hatte, ist für unseren Zusammenhang aber nicht uninteressant; vgl. Dewitz 1989, S. 12f. 74 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 2.

2 Die ersten Lichtbilder und fotografischen Apparate in Berlin  | 231

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Die ersten Lichtbilder und fotografischen Apparate in Berlin

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Wettlauf der Pioniere

Giroux & Comp. hatten Sachse in einem „ausführlichen“ Schreiben vom 9. August 1839 die Lieferung von sechs Daguerreotypen bestätigt.75 Am 6. September 1839 konnte Sachse endlich die „ersten vollständigen Apparate nebst Zubehör, Silberplatten, Gläsern und] Chemikalien“ in Empfang nehmen. Dazu gab es entsprechend „6 Broschüren mit den Erläuterungen“ und „ein Daguerre’sches Lichtbild“ zum „Kostenpreis“ pro Apparat 425 Francs nebst 153 Taler Frachtkosten.76 Bein Auspacken der sehnlichst erwarteten Kisten musste Sachse jedoch feststellen, dass „sich alles in einem trostlosen Zustande“ befand. Der Berliner Händler wandte sich umgehend an Giroux in Paris: „Die 6 Kisten sind eingetroffen, aber in welchem Zustande! Alle Flaschen sind in kleine Stücke zerschlagen und Sie können sich vorstellen, welche Wirkung dies auf das Holz der anderen Gefäße ausgeübt hat! Das Jod hat alles gebräunt, das Quecksilber ist in die Silberplatten-Kästen gelaufen und hat sie verdorben, die Kästen mit den Chemikalien in tausend Stücken sind nicht zu erkennen. Unsere Chemiker staunen, wie man Säuren und besonders Quecksilber auf diese leichtfertige Weise verpacken kann, namentlich für eine Reise von Paris nach Berlin, 160 Meilen mit der Diligence! Das Quecksilber, welches so schwer wiegt, und dessen Flasche obenein nur halb gefüllt war, musste seine Flasche zersprengen, die nur lose in einem Ring des Holzkastens stand! Das ist die Verpackung für einen Milchwagen, von St. Cloud nach Paris, und da schon kann man sich gratulieren, wenn nichts entzwei geht! Wir werden viele Tage zu tun haben, die Schäden zu ersetzen und inzwischen werden die Nachahmer, welche einen Apparat haben kommen lassen, um ihn nachgemacht zum halben Preis anzubieten, mit ihren Falsifikaten fertig werden, und wir behalten dann die Apparate, für die wir 600 Francs Porto bezahlt haben, auf dem Halse! Lassen Sie sich von unserem Freunde, dem Physiker Herrn Professor Magnus, der jetzt in Paris ist, schildern, wie man hier allgemein über solche Emballage gestaunt hat. Herr von Humboldt, der seinen Apparat so dringend erwartete, hat ihm darüber ausführlich geschrieben und Humboldt, hätten wir ihm es nicht selbst nachgewiesen, hätte nie geglaubt, daß man eine Flasche mit Quecksilber lose in einen Kasten stecken würde!!“77 Nach der langen Vorbereitungszeit war Sachse verärgert über die unprofessionelle Verpackung der teuren Apparate durch die französischen Kollegen. Auch wirtschaftlich stand für ihn einiges auf dem Spiel. Denn seine Befürchtung, dass „Nachahmer“ eigene Apparate anbieten würden, sollte sich schneller bewahrheiten, als ihm lieb war. Nur zehn Tage nach dem Eintreffen der ersten, aber kaputten französischen Daguerreotypen bei Sachse bekam das Berliner Publikum bereits die Gelegenheit, „bei dem Buch- und 75 Vgl. ebd., S. 3. 76 Vgl. ebd. 77 Vgl. ebd.

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Kunsthändler Herrn G. Gropius und dem Mechanikus Herrn Dörffel, Daguerreotypbilder an Ort und Stelle, nach den Angaben der Zeitungsberichte und mit selbst gemachtem Apparat verfertigt, in Augenschein zu nehmen“.78 Carl Theodor Dörffel (1810–1878) war „gepr. Optikus und Mechanikus“. Am 16. September 1839 stellte er den ersten „Daguerre Apparat eigener Ausführung“ und damit die erste in Deutschland gebaute Kamera nach Daguerres Vorbild in seinem Laden Unter den Linden 46 aus.79 Interessanterweise warben nicht nur Dörffel selbst, sondern auch zwei Berliner Kunsthändler für dessen Konstruktion. Ihre Anzeigen erschienen alle am 16. September in der Spenerschen, zwei auch in der Vossischen Zeitung.80 Julius Kuhr ließ das Berliner Publikum wissen: „Dagguersche Apparate in Berlin, wenn auch nicht in Paris gefertigt und von dort bezogen, dennoch in der Anwendung praktisch und für Jedermann leicht fasslich von Hrn. C.T. Dörffel konstruiert sind Montag, spätestens Dienstag bei Unterzeichnetem in Augenschein zu nehmen, woselbst auch Bestellungen aufgenommen werden. Auch sind dort Lichtbilder zur Ansicht ausgestellt. Diese Apparate haben noch den großen Vorteil, daß sie sich bedeutend billiger stellen, als die Pariser. Von den ersten Nummern kostet ein vollständiger Apparat 25 Thlr. und elegantere etc. bis zu 80 Thlr. Aufträge von Außerhalb werden franco mit Hinzufügung des Kostenbeitrages erbeten und soll dann die Bestellung der Reihenfolge nach erfolgen.“81 Wie von Sachse befürchtet, waren die nachgebauten Apparate wesentlich kostengünstiger als die französischen Originale. Zudem konnten überhaupt erstmals langersehnte Proben des neuen Verfahrens in Berlin in Augenschein genommen werden. Dass die mit Dörffels Kamera produzierten Bilder gleich an drei Orten in Berlin, nämlich bei Dörffel selbst, bei Julius Kuhr und bei George Gropius zu sehen waren, wird Sachse, der eifrig an der Wiederherstellung der kaputten französischen Apparate arbeitete, sicher verärgert haben. Genugtuung konnte ihm, der die Pariser Lichtbilder kannte, nur die mindere Qualität der „Falsifikate“ verschaffen. In dem Manuskript seines Sohnes Alfred ist für den 17. September 1839 die Notiz eingetragen: „Alle Versuche in Berlin, in Folge der Publikation des Daguerre’schen Verfahrens durch die Pariser Akademie, brauchbare Bilder zu erzeugen, waren misslungen, man brachte anstatt der bewunderungswürdigen 78 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839. Daguerres Handbuch war unmittelbar nach der Bekanntgabe überall in den Handel gelangt und auch in der Presse war das Verfahren immer wieder beschrieben worden; vgl. Dost/Stenger 1922, S. 25–30. 79 Vgl. die entsprechende Anzeige von Dörffel in der Spenerschen Zeitung, Nr. 216 und Vossischen Zeitung, Nr. 216, 16. September 1839: „Daguerres Apparat eigener Ausführung, steht, so wie Probe-Platten, für hierauf Refletirende [sic] zur Ansicht bereit, und nimmt Bestellungen darauf zu den Preisen von 25–80 Thlr., die in möglichst kurzer Zeit ausgeführt werden, an. Auswärtige können Probe-Platten gegen postfreie Einsendung von 1½ Thlr. Erhalten. T. Dörffel, gepr. Optikus und Mechanikus. Unter den Linden No. 46.“ 80 Vgl. die Anzeigen von Carl Theodor Dörffel, Julius Kuhr und George Gropius in der Spenerschen Zeitung und der Vossischen Zeitung, 16. September 1839, abgedr. in Dost/Stenger 1922, S. 26f. 81 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 216, 16. September 1839.

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Resultate Daguerres nur Sudeleien hervor und kaum mochte jemand glauben, dass die Erfindung brauchbar wäre.“82 Dieses schroffe Urteil muss vor dem Hintergrund gelesen werden, dass es von Alfred Sachse aus der Rückschau und mit dem Ziel niedergeschrieben wurde, mit jenem Manuskript die Leistungen seines Vaters bei der Einführung der Daguerreotypie in Deutschland für die Geschichtsschreibung zu „berichtigen“. Die Presse hatte einen milderen Ton im Zuge der Berichterstattung der ersten fotografischen Produkte in Berlin angeschlagen: „Die außerordentliche Sensation, welche die Daguerre’sche Entdeckung in der gelehrten Welt hervorrief, hat auch die Erwartungen des Publikums in einem hohen Grade gesteigert; indeß dürfte der erste Eindruck den Erwartungen derer, welche einem großen künstlerischen Effekt entgegensahen, keinesfalls entsprechen [...] der erste Eindruck ist sehr matt, fast ohne Wirkung [...], jedoch bei längerer Betrachtung fanden wir die Schärfe und Genauigkeit, mit der das kleinste Detail auf den hellpolierten Platten festgehalten ist, bewunderungswürdig“, so das Urteil der Vossischen Zeitung über die ersten Lichtbilder in Berlin.83 Auch die Spenersche Zeitung sah die „Erwartungen, [...] von dieser, auf jeden Fall für den wissenschaftlichen Physiker und Chemiker mindestens eben so sehr, als für den Maler wichtigen Erfindung [...] weder getäuscht, noch übertrieben“, und fügte mildernd hinzu: „Dem aufmerksamen, die Berichte über die Leistungen verfolgenden Leser konnte es keinen Augenblick zweifelhaft bleiben, dass es, bei dem gegenwärtigen Stande der Erfindung, keine vollendeten, etwa zur Verzirung geeigneten, Kunstproducte liefern würde; er durfte nur eine saubere Zeichnung in der Art, wie er sie, auf Metallplatten gravirt, schon sonst gesehen hat, nur unendlich feiner, und darum auch für den Beobachter unscheinbarer, erwarten.“84 Dörffels erste Aufnahmen bildeten das königliche Museum und das Zeughaus sowie „mehrere Statuen“ ab.85 Einig war man sich über bewunderungswürdige Wiedergabe der „kleinsten Einzelheiten“, die sogar „mit der Loupe die Cannelierung der Säulen am Museum“ erkennen ließen86 Der „Total-Effekt“ sei dagegen gering.87 Die Bäume vor dem Museum stellten sich „schon ziemlich verwischt“ dar,88 der „richtige Sehwinkel, unter dem das Bild am vorteilhaftesten erscheint“, sei „nicht leicht zu ermitteln“ und „an einen solchen Kontrast von Schatten und Licht [...] bei Kupferstichen nicht im mindesten zu denken“.89 Die Spenersche wie auch die Vossische Zeitung sprachen einig

82 83 84 85 86 87 88 89

Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 3. Vgl. Vossische Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839. Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839. Vgl. Vossische und Spenersche Zeitung, je Nr. 217, 17. September 1839. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Vossische Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839. Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839.

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ihre Ungeduld aus, die vorgelegten Berliner mit den „nächstens zu erwartenden Pariser Bildern zu vergleichen“.90 Nur drei Tage später, am 20. September 1839, war es schließlich soweit: „[…] zwey, mit Pariser Apparaten angefertigten Daguerreotypbilder“ konnten in der Kunsthandlung von Sachse in Augenschein genommen werden.91 „Nach größter Mühe mit der Wiederherstellung der Chemikalien und Ersatz durch hiesige, und Überwindung von Schwierigkeiten, die die Experimente fast einer Neuentdeckung gleich machten“, war es Sachse endlich gelungen, die ersten eigenen Bilder mit den französischen Daguerreotypen herzustellen.92 Sachse präsentierte ein „mit einem der hier angekommenen Pariser Apparate bereits in Berlin angefertigtes Bild“ zusammen mit einem „original Daguerre’schen Lichtbild“ in seinen Geschäftsräumen in der Jägerstraße.93 Die Pariser Daguerreotypie zeigte ein „malerisch drapiertes Zimmer“. Sachse selbst hatte „die den Linden zugelegene Seite der Jägerstraße, nebst einem der Gendarmenthürme“ als Motiv gewählt.94 Die Überlegenheit der bei Sachse zu betrachtenden Produkte gegenüber Dörffels Aufnahmen scheint tatsächlich beachtlich gewesen zu sein, wie aus den Berichten der Tageszeitungen hervorgeht. Der Rezensent der Spenerschen Zeitung verweigerte gar den direkten Vergleich: „Die Vorzüge dieser beiden Bilder [die bei Sachse zu sehen waren, d. V.] vor den mit hiesigen Apparaten erhaltenen, deren Verfertigern man übrigens das Verdienst, dem Publikum zuerst einen Begriff von der neuen Erfindung gegeben zu haben, stellen sich so entschieden heraus, daß man am füglichsten von aller Vergleichung abstrahirt. Hier haben wir nicht mehr ein physikalisches Experiment, sondern ein vollständiges Bild vor Augen, das dem Beschauer, ohne daß er zuvor den gehörigen Standpunkt ermittelt hat, sobald er vor dasselbe hintritt, allen seinen Reichthum entfaltet.“95 Einen ganz ähnlichen Ton stimmte H. Kletke in der Vossischen Zeitung an, nachdem er Sachse Aufnahmen betrachten konnte: „Die Ansichten über das Außerordentliche der Daguerrschen Erfindung müssen sich nun allerdings nach diesem Erfolge ganz anders gestalten, als es nach jenen, wenn auch verdienstlichen, doch hiermit in keinem Vergleich stehenden Versuchen der Fall sein könnte, welche vor einigen Tagen mit einem hier gefertigten Apparate aufgenommen wurden. Erst das bei Hrn. Sachse gegenwärtig ausgestellte Lichtbild läßt uns die Überzeugung gewinnen, daß dem Erfinder nicht unverdient weder die Fürsprache eines Arago noch die ansehnliche Belohnung des franzö90 Vgl. ebd. Der Ton in der Vossischen Zeitung ist den französischen Produkten gegenüber erwartungsgemäß verhaltener: „Ob übrigens die von Daguerre selbst gefertigten Bilder kräftiger und efektvoller sein werden, als die bei Herrn Gropius gesehenen, steht dahin, man wird sich früherer Berichte aus Paris erinnern, welche gleichfalls von der großen Mattheit der Daguerrschen Bilder sprachen.“ 91 Vgl. Berlinische Nachrichten, 21. September 1839. 92 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 3. 93 Vgl. ebd. und Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 94 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 95 Vgl. ebd.

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sischen Ministeriums zu Theil wurde.“96 War das original Daguerre’sche Lichtbild aus Paris „offenbar bei ungünstigem Sonnenlicht, auch nicht unbeschädigt angekommen“, führte „der erste hiesige Versuch mit einem französischen Apparat“ den Beweis, „daß das Experiment nicht so sehr, als man glaubte, dem Zufall unterworfen ist“.97 Einig wurde nun die Ansicht ausgesprochen, dass „nach gewonnener Vertrautheit mit diesem Verfahren und unter günstigen Bedingungen, eine hohe Vollendung der Bilder“98 zu erwarten sei: „Wenn nun an diesem ersten Versuche, welche Hr. Sachse mit dem Daguerreotyp machte, einige Stellen noch verwischt oder fleckig erscheinen, so ist dies nicht eben die Schuld des Apparates, sondern die einer ersten Probe, und wir haben, wie außerordentlich das schon ist, was sich uns gegenwärtig darstellt, doch noch Vollendeteres binnen Kurzem zu erwarten.“99 Hierzu gehörte auch der „nicht wesentliche Umstand, dass sich die Gegenstände (als Spiegelbilder) also auf der gegenüberliegenden Seite befindlich darstellen“.100 Es war bekannt geworden, dass Daguerre selbst bereits einen zweiten „Metallspiegel“ benutzte, „welcher im rechten Winkel vor dem Glase angebracht, die naturgemäße, richtige Auffassung der Gegenstände bewirkt“,101 was aber noch mit einer „Schwächung der Lichtwirkung“102 und damit des „Effects“103 der Bilder verbunden war. Der „Pariser Apparat [...], dessen einzelne Theile sämmtlich in möglichster Vollkommenheit gefertigt sind (wovon natürlich auch das Hervorbringen gelungener Bilder abhängt)“,104 war „mit den dazu gehörigen Platten“ für 30 Fr. d’or ab sofort über die Sachse’sche Kunsthandlung zu beziehen.105 Am 20. September 1839 hatte Sachse in der Spenerschen Zeitung angezeigt, dass der „Original Daguerreotyp, unter der Leitung und nach Angabe des Erfinders gefertigt“, bei ihm eingetroffen sei und „die resp. Besteller gebeten [werden], ihre Exemplare in Empfang zu nehmen“.106 b

Die ersten Pariser Kameras

„Daguerre’sche Bilder werden sie sich wohl nun selbst bis zu ihrer Ausstellung schaffen, Ihr Apparat ist bereits seit dem 19. unterwegs. Welch eine göttliche Erfindung! Wie 96 Vgl. H. Kletke in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 97 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 98 Vgl. ebd. 99 Vgl. H. Kletke in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 100 Vgl. ebd. 101 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 102 Vgl. ebd. 103 Vgl. H. Kletke in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 104 Vgl. ebd. 105 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 106 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 220, 20. September 1839, abgedruckt bei Dost/Stenger 1922, S. 34.

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schön werden wir jetzt Ihren Dom zu sehen bekommen! Senden Sie doch ein gelungenes Conterfei an unseren Kronprinzen“, schrieb Sachse am 25. September 1839 an Friedrich Lucanus nach Halberstadt.107 Der Apotheker war einer der ersten, der einen Pariser Apparat bei Sachse bestellt hatte. 1828 hatte Lucanus zusammen mit Werner Friedrich Julius Stephan von Spiegel (1802–1877) den Halberstädter Kunstverein ins Leben gerufen, wo erste Proben der Pariser Weltneuheit zur Ausstellung gebracht werden sollten. Wohl vor dem Hintergrund dieses Vorhabens hatte sich Lucanus bereits im Juli, unmittelbar nach Sachses Bekanntmachung die Pariser Apparate in Berlin einführen zu wollen, nach original Daguerre’schen Lichtbildern bei dem Kunsthändler erkundigt.108 Da Daguerre, wie Sachse schreibt, bis zur Veröffentlichung des Verfahrens keine Proben mehr herausgab, bekam Lucanus nun die Möglichkeit, mit dem eigenen Pariser Apparat Ausstellungsexponate herzustellen. Sachses Hinweis, doch den Halberstädter Dom als Motiv zu wählen, zielte dabei nicht nur auf die frühe Auffassung ab, dass sich die Erfindung „vorzugsweise für die Aufnahme architektonischer Gegenstände“109 eigne. Lucanus beschäftigte sich eingehend mit der lokalen Historie seiner Heimat. Zwei Jahre zuvor hatte er ein Buch zur Geschichte, Architektur und den Kunstschätzen des Halberstädter Doms herausgebracht, das er mit einem Stahlstich und sechs radierten Blättern „versinnlicht“ hatte.110 Sachses Vorschlag, „doch ein gelungenes Conterfei“ an Kronprinz Friedrich Wilhelm zu schicken, war dabei sicher auch von dem Gedanken getragen, dass ein solches Geschenk positiv auf Sachse selbst zurückwirken würde. Nicht nur Lucanus, sondern auch Domherr Spiegel aus Halberstadt hatte sich einen Apparat bei Sachse bestellt.111 Dies ist aus dem Manuskript seines Sohnes Alfred zu erfahren, worin festgehalten ist, an wen Sachse die ersten Kameras verkaufte. Unmittelbar nachdem die ersten Versuche mit den wiederhergestellten französischen Apparaten gelungen und ausgestellt waren, wandte sich Sachse demnach zuerst an Lucanus und dann an den Stadtrat Heinrich Degen (1791–1848) in Königsberg.112 Der Stadtrat, der ebenfalls kunstschriftstellerisch tätig war, genoss dort bedeutendes Ansehen als Kunst- und Gewerbeförderer. Degen hatte „zur Beschaffung der Mittel für die durch die Cholera [in den Jahren 1830/31, d. V.] ihrer Ernährer beraubten Familien“ die erste Kunstausstellung in Königsberg organisiert, aus der 1832 der Kunst- und Gewerbeverein hervorge107 Louis Sachse an Dr. Lucanus in Halberstadt, Berlin, den 25. September 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 3. 108 Vgl. Louis F. Sachse an Dr. Lucanus in Halberstadt, Berlin, den 30. Juli 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 2. 109 Vgl. H. Kletke in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 110 Vgl. Lucanus 1837. 111 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 112 Heinrich Degen hatte von seinem Vater eine Buchdruckerei geerbt, diese 1821 verkauft, um in Berlin zeichnen und malen zu lernen, „wenigstens soweit es zur sicheren Beurteilung verkäuflicher Gemälde erforderlich war“. Anschließend war er nach Dresden gereist, hatte hier eine Anzahl von Werken alter Meister zusammengesammelt und konnte sich zurück in seiner Heimatstadt Königsberg als Stadtrat und Kunstförderer einen Namen machen; vgl. Degen 1924, S. 78–80.

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gangen war.113 Er trat nicht nur als Vertreter des Kunstvereins auf, sondern hatte etwa auch einen Lesezirkel technischer Journale für die Gewerbetreibenden eingerichtet.114 Degen und Sachse verband ein gemeinsames Interesse an kunsthändlerischen und kunstfördernden Aktivitäten, weshalb anzunehmen ist, dass sich beide bereits seit einiger Zeit kannten.115 Aus einem von Alfred Sachse transkribierten Schreiben seines Vaters geht hervor, dass der Königsberger Stadtrat sich offenbar frühzeitig bei dem Berliner Händler über die Erfindung aus Frankreich erkundigt hatte. Am 26. September 1839 schrieb Sachse an Degen: „Die Daguerre’schen Apparate und die ununterbrochenen Versuche, die ich damit zu machen gezwungen bin, und zwar mit dem günstigsten Erfolge, ließen mich nicht eher dazu kommen, Ihnen weiter zu berichten. Welch eine wunderbare göttliche Erfindung, die Daguerre gemacht hat! Ich sage Ihnen, man könnte den Verstand verlieren, wenn man so ein von der Natur gewissermaßen selbst geschaffenes Bild sieht. Französische Originale habe ich nicht mehr, sie werden mit 60–120 Frcs bezahlt. Doch sind sie jetzt, wo ich selbst Apparate, unter Daguerre’s eigener Aufsicht gearbeitet, habe, nicht mehr nöthig. Meine Bilder geraten trefflich! Ich verkaufe sie für 1 Friedrichsdor – 8 Thaler und 2 Friedrichsdor. Wollen sie davon, so wählen sie beliebig unter Ansichten und plastischen Gegenständen.“116 Ob Degen tatsächlich von Sachse gefertigte Fotografien oder lediglich den Apparat bestellte, ist leider nicht überliefert. Insgesamt ist nur wenig über die ersten Jahre der Daguerreotypie in den preußischen Provinzen in Erfahrung zu bringen. Dies erstaunt, denn aus den Aufzeichnungen Alfred Sachses ist herauszulesen, dass Louis Sachse von Anfang an den Kontakt zu den Vertretern der Kunst- und Gewerbevereine suchte, um Daguerres Erfindung zu verbreiten. Neben Lucanus und Spiegel in Halberstadt sowie Degen in Königsberg schrieb Sachse bereits am 25. September 1839 auch an Wilhelm Ribbeck (1793–1843) nach Magdeburg: „Meine Versuche sind wider Erwarten gut ausgefallen, aber im Vergleich mit denen, die ich bei Daguerre sah und heute von ihm empfing, genügen sie mir noch nicht. Schickt der Himmel gutes Wetter.“117 Angeregt durch Friedrich Lucanus hatte Wilhelm Ribbeck 1835 den Magdeburger Kunstverein begründet. Ziel des Vereins war die „Förderung der echten Kunst nach allen ihren Richtungen und mit ihr zugleich harmonische Förderung des Lebens in Religion und Wis113 Vgl. ebd., S. 78f. 114 Vgl. ebd. Heinrich Degens Schrift „Nachrichten von den Malern und anderen Künstlern, welche von 1529 bis 1835 in Königsberg gelebt haben, die 1835 ebenda erschienen war, ist in der angegebenen Festschrift abgedruckt. In seinem Nachruf auf Degen in der Staats- Kriegs- und Friedenszeitung vom 17. Oktober 1848 schreibt Ferdinand Raabe: „Er also kann mit Recht vorzugsweise als der Begründer des hiesigen Stadtmuseums, welches eine Hauptzierde der Stadt ist, genannt werden.“ 115 Vgl. u. a. die Verbindungen von Sachses lithographischen Institut nach Königsberg und Umgebung im Kapitel II.3.b „Sachses Kunstblätter – Architektur und Landschaft“. Die Bedeutung des Stadtrats Degen für die Kunst in Königsberg wurde zudem schon 1833 in Kuglers „Museum“ gewürdigt; vgl. Museum, 1. Jg., Nr. 12, 25. März 1833, S. 92. 116 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 3f. 117 Vgl. ebd.

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senschaft” (Gründungsaufruf Ribbecks). Mit Hilfe des Direktoriums der Kunst- und Zeichenschule fanden ab 1835 alle zwei Jahre Kunstausstellungen in den Sälen des Innungshauses der Magdeburger Korporation der Kaufmannschaft statt, die durch Wanderausstellungen, Vorträge und Verlosungen durch vom Verein erworbene Gemälde und Lithographien ergänzt wurden.118 Ribbeck war gleichzeitig langjähriger Geschäftsführer der verbundenen Kunstvereine der Provinz Sachsen, deren Zwecke er umsichtig förderte, indem er große Wanderausstellungen organisierte, die neben Magdeburg in Halle, Halberstadt, Braunschweig und anderen Städten zu sehen waren.119 Die Vorstandsmitglieder der Kunstvereine trafen sich seit 1834 alle zwei Jahre zu größeren Versammlungen, deren letzte am 21. Oktober in Berlin stattgefunden hatte. Lucanus berichtete über die Sitzungen, an der neben den genannten weitere Kunstvereinsvertreter, das Direktorium der Kunstfreunde im preußischen Staate, aber auch einige Maler und Kaufleute teilnahmen, im Kunstblatt am 13. Dezember 1838.120 Es ist durchaus möglich, dass auch Sachse bei diesen Sitzungen anwesend, zumindest aber darüber unterrichtet war. Die Kunstvereine spielten für die Wirksamkeit seines Geschäfts eine bedeutende Rolle und Sachse, selbst Mitglied verschiedener Kunstvereine, war mit vielen Geschäftsführern und Mitglieder bekannt. In Berlin selbst war einer der ersten Abnehmer von Sachses französischen Kameras das Königliche Gewerbeinstitut. Der bedeutende Gründungsdirektor Christian Peter Wilhelm Beuth (1781–1853) soll persönlich dafür gesorgt haben, dass eine der ersten verfügbaren Originalkameras für die Lehrsammlung des Instituts angekauft wurde.121 Leider haben sich keine Korrespondenzen zwischen Sachse und Beuth erhalten. Dieser Umstand mag darauf zurückzuführen sein, dass innerhalb von Berlin mündliche Absprachen getroffen werden konnten. Das Fehlen der Geschäftsbücher der Kunsthandlung L. Sachse & Comp., die von Sachses Enkel noch erwähnt werden, heute aber nicht mehr auffindbar sind, hinterlässt immer wieder offene Fragen. Über die Notiz in Alfred Sachses Manuskript zur Fotografie hinaus findet sich auf dem Sockelrelief des von Johann Friedrich Drake (1805–1881) im Jahre 1861 fertig gestellten Denkmals für Beuth jedoch ein wichtiger Hinweis. Zusammen mit einer ganzen Reihe technischer Errungenschaften, die von Beuth gefördert wurden, wird hier erstmals in der Geschichte überhaupt eine Fotokamera in der Bildhauerkunst dargestellt (Abb. 152). Dabei handelt es sich eindeutig um das französische Originalmodell. Dem Fotografen sind Daguerres Züge eingeschrieben. Die Szene bildet eine Mutter mit zwei Kindern ab, die sich von Daguerre fotografieren lassen.122 Rechts hinter Daguerre steht Goethe, der mit seinem 118 Vgl. Guido Heinrich: „Ribbeck, Wilhelm“ unter www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien/1269. htm. 119 Vgl. ebd. 120 Vgl. Friedrich Lucanus: Dritte Versammlung der Vorstandsmitglieder der Kunstvereine, gehalten zu Berlin am 21. Oktober 1838, in: Kunstblatt, Nr. 100, 13. Dezember 1838, S. 406. 121 Vgl. Einholz 2006, S. 115. 122 Auf die Tatsache, dass Porträtfotografien aufgrund der langen Belichtungszeit erst einige Zeit später gelangen, soll hier nur hingewiesen werden. Es wird darauf im Kapitel IV.3.b, „Museale

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ausgestreckten linken Arm auf die über der Kamera eingemeißelte Inschrift verweist: „Denn die Natur ist aller Meister Meister, Sie zeigt uns erst den Geist der Geister.“ Hinter der Mutter-Kind-Gruppe stehen Drake und Kiss, die beiden Schöpfer des Denkmals.123 Die aus dem Gewerbeinstitut hervorgegangene Technische Hochschule übergab ihre Kamera 1905 dem Deutschen Museum in München, wo sie noch heute als eines der „Meisterstücke“ der fotografischen Sammlung zu besichtigen ist (Abb. 153).124 Die seitlich angebrachte ovale Plakette liefert das Echtheitszertifikat jener ersten Daguerre-Giroux-Kamera. Zusammen mit Daguerres eigenhändiger Signatur und einer fortlaufenden Nummerierung garantiert sie die Originalität des Gerätes: „Aucun Appareil n’est garanti s’il ne porte la signature de Mr. Daguerre et le Cachet de Mr. Giroux. Le Daguerreotype de son Auteur, à Paris, chez Alph. Giroux et Cie., Rue de Coq, St. Honoré, No. 7“.125 Es ist dies die einzige mit Sicherheit erhaltene Originalkamera Daguerres, die sich (mit großer Wahrscheinlichkeit durch Vermittlung des Sachse’schen Instituts) in Deutschland erhalten hat. In Berlin waren es außerdem die Brüder Gropius, die jeder einen Apparat bei Sachse bestellt hatten, sowie der Kunstsammler Athanasius Graf Raczynski und der Optiker Edouard Petitpierre. Eine weitere Kamera ging an den Theatermaler Friedrich Schnelle (1797–1848) in Schwerin, ein anderer an einen nicht näher bekannten Herrn Gabain.126 Bis auf Letzteren sowie den Privatmann Raczynski waren es also Vertreter der Kunstvereine, Kunsthändler, Theater- und Dekorationsmaler sowie Optiker, die sich zuerst für die neue Erfindung interessierten. Darüber hinaus soll auch Alexander von Humboldt „durch Sachses Vermittlung von Daguerre selbst“ seine Kamera bezogen haben.127 c

Platten und Gläser

Louis Sachse, der „nach größter Mühe mit der Wiederherstellung der Chemikalien und Ersatz durch hiesige, und Überwindung von Schwierigkeiten, die die Experimente fast einer Neuentdeckung gleich machten“,128 die kaputten Pariser Apparate wieder funktionstüchtig machen konnte, hatte nicht nur handwerkliches Geschick, sondern auch technisches Verständnis unter Beweis gestellt. Der Umgang mit den Chemikalien Gegenwart und Gegenwartskunst“, ausführlich eingegangen. 123 Zu Drakes Beuth-Denkmal vgl. Essers 1976, S. 48–52. 124 Vgl. Meisterwerke aus dem Deutschen Museum, Band IV, München 2002, in: www.deutsches-museum.de. 125 Vgl. Cornwall 1979, S. 12f. 126 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 127 Es sind bisher keine schriftlichen Nachweise für diese Behauptung aufzufinden. Doch schon in der frühen Literatur wird dieser Umstand hervorgehoben; vgl. u. a. Sachse Photographie 1865, S. 942. 128 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 3.

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und Kupferplatten war ihm durch seine langjährige Erfahrung mit den verschiedenen Drucktechniken grundsätzlich vertraut. Die Übersetzung seiner Kenntnisse aus dem druckgraphischen Bereich zusammen mit den eigenen fortlaufenden Erfahrungen aus den Versuchen mit Daguerres Apparaten machten Sachse selbst zu einem frühen Experten im praktischen Umgang mit den ersten französischen Kameras. Dies betraf zunächst einerseits die Auswahl geeigneter Kupferplatten, andererseits die der „achromatischen“ Gläser. Die Gunst der Stunde erkennend, hatte sich der Hofgoldschmied Johann Georg Hossauer (1794–1874) frühzeitig der Fabrikation jener mit Silber überzogenen Kupferplatten angenommen, die als Träger der neuartigen Lichtbilder fungierten. Hossauer hatte sich in Paris zum Goldschmied ausbilden lassen und nach seiner Rückkehr 1819 mit finanzieller Unterstützung Friedrich Wilhelms III. eine „Fabrik für Waren aus Platina, Gold, Silber, Bronze und gold- und silberplattiniertem Kupfer nach Englischer Art“ in Berlin eingerichtet, die später um die 100 Mitarbeiter gezählt haben soll.129 Mit Hilfe von Drehbänken und Prägewerk entwickelte er eine moderne Form der Serienproduktion plattierter Waren, die den Zuspruch von Beuth und Karl Friedrich Schinkel fanden. Letzterer arbeitete eng mit Hossauer zusammen und bezeichnete ihn als „den geschicktesten und einzigen in Berlin, der die neuesten technischen Hilfsmittel besitze und anwende“.130 Hossauer betrieb die Plattenfabrikation für die Daguerreotypien „mit bestem Erfolge [...], bis nach dem Jahr 1847, wo die Platten galvanisch versilbert wurden“.131 Hossauers serienmäßig hergestellte Kupferplatten waren „weit gerühmt“, fielen aber in durchaus unterschiedlicher Qualität aus, wie die erhaltenen Äußerungen von Sachse verraten. So schrieb Sachse am 15. Oktober 1839 an Theatermaler Schnelle nach Schwerin: „Unsere Platten werden hier sehr gerühmt, und sollen in der Kraft die Pariser übertreffen.“132 Wohl auf einen entsprechenden Auftrag Schnelles hin setzte Sachse am 5. November denselben aber in Kenntnis: „Die Platten können wir Ihnen leider nur comptant liefern, da wir sie in der Fabrik von Hossauer, der sie zwar gut aber sehr verschieden macht, unter vielen Untauglichen (von denen die billigeren schlechten für unseren und Ihren Zweck nicht anwendbar) aussuchen und gleich bar bezahlen müssen.“133 Einen ähnlichen Inhalt hat auch Sachses Brief an Lucanus vom 18. November 1839: „Der einzige, welcher hier Platten dazu liefert, ist Herr Hossauer, aber sie sind sehr ungleich und müssen unter vielen ausgesucht werden. Sie erhalten nun 6 Platten so gut wir sie fanden und sie selber verwenden.“134 Und auch Johann Carl Enslen (1759–1848), auf den noch 129 Vgl. Brecht 1888, S. 1–8. 130 Vgl. ebd. 131 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 942. 132 Louis F. Sachse an Friedrich Schnelle, Berlin, den 15. Oktober 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 4. 133 Vgl. ebd. 134 Louis F. Sachse an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 4.

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zurückzukommen sein wird, empfahl Sachse: „Die besten Platten erhalten Sie bei Hossauer, wählen Sie aber aus den minder guten die besten heraus. Gern besorge ich Ihnen auch die Auswahl.“135 Sachse verkaufte also nicht nur die ersten Kameras in Deutschland, sondern er vermittelte auch das entsprechende Zubehör. Er selbst arbeitete „fortwährend“ mit dem neuen Verfahren und entwickelte ein akribisches Interesse an der Herstellung bestmöglicher Produkte.136 Dass Sachse in diesem Zusammenhang – trotz der von ihm so häufig geäußerten Vorsicht – von einem eigenen Mitarbeiter hintergangen werden sollte, konnte offenbar nicht ausbleiben. Wilhelm Eduard Kannegießer (1810–1845) war nicht nur Silberpolierer in Hossauers Geschäft, sondern auch bei Sachse als Plattenschleifer angestellt. Hier lernte er das Daguerreotypieren kennen. Eines Tages, wie in Sachses Manuskript zu lesen ist, sei Kannegießer ohne Vorankündigung von der Arbeit ferngeblieben. Es stellte sich heraus, dass er Chemikalien veruntreut hatte. Spätestens Anfang Januar 1843 (wahrscheinlich früher) eröffnete Eduard Kannegießer als einer der Ersten in Berlin ein Atelier zur ausschließlichen Anfertigung von Daguerreotypien in der Wilhelmstraße 133.137 Kannegießer setzte den Preis für ein Bild aus seinem Geschäft auf 1½ Taler und lag damit weit unter dem Preis von Sachse, der seine ersten Aufnahmen noch für „1 Friedrichsd’or und 8 Thaler bis 2 Friedrichs’or“ verkauft hatte.138 Dem Manuskript von Sachses Sohn Alfred zufolge schien das Atelier von Kannegießer „anfangs so zu prosperieren [...], dass K[annegießer] mit 4 Schimmelponys zu fahren pflegte, bis er sich bald der Schlemmerei ergeben, durch Jod vergiftete“.139 Dost und Stenger wissen zu berichten, dass Kannegießer sich „besonders nach der Beschickung der Gewerbeausstellung in Berlin 1844 mit seinen Bildern [...] des größten Zuspruchs“ 135 Louis F. Sachse an Johann Carl Enslen, Berlin, den 25. November 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 5. 136 Vgl. ebd., u. a. S. 4, Louis F. Sachse an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839. 137 Vgl. ebd., S. 5 und Dost/Stenger 1922, S. 73 und S. 100f. Über das Datum der Eröffnung von Kannegießers Atelier herrscht Uneinigkeit. In Sachse Photographie 1865, S. 942 etwa ist zu lesen: „Der Silberpolierer im Hossauer’schen Geschäft, Namens Kannegießer, war bei Sachse als Plattenputzer beschäftigt, lernte dort bald das Verfahren kennen und eröffnete – etwa zu Ende des Jahres 1840 oder zu Anfang 1841, selbständig ein Atelier. Seine Bilder waren bereits durch Chlorgold fixiert.“ 138 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 4. Dost/Stenger schreiben über die Preispolitik der frühen Daguerreotypisten in Berlin im Zusammenhang mit Kannegießer: „In späteren Zeiten bezeichnete man Kannegießer als Schleuderer. Gewiß waren die Preise vor seiner Zeit ziemlich hoch gewesen, auch später wurden noch für bessere Arbeiten sehr gute Preise erzielt. Der allgemeine Satz war 1839 25 Franken. In den folgenden Jahren bezahlte man in Deutschland für eine gute Daguerreotypie einen Louisdor. Nach einer Aussage des Altmeisters Krone aus dem Jahr 1910 wurde eine Portraitaufnahme in der Größe 216 x 162 mm mit 15 Thalern bezahlt. Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass der Preis von 1½ Talern nur für kleine Formate galt und ein Mindestpreis für solche war. Dem Vorwurf der Preisunterbietung kann entgegengehalten werden, dass erst auf diesem Wege die Daguerreotypie volkstümlich geworden ist. Die anderen Berufsdaguerreotypisten griffen diesen ermäßigten Preis bald auf“, vgl. Dost/Stenger 1922, S. 73. 139 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5.

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erfreute, doch seine „Veranlagung, verschwenderisch zu leben“, es mit sich brachte, dass er bei seinem Tode im April 1845 „seine Witwe mit zwei unmündigen Kindern mittellos zurückließ“.140 Sachse selbst setzte das eigenhändige Daguerreotypieren bis Mitte des Jahres 1843 „mit großem Erfolge fort, nachdem es ihm gelungen war, durch die Unterstützung der Professoren Mitscherlich141 & Werther142 seine Platten durch Vergoldung zu fixieren und dem Bilde dadurch den weißbläulichen kalten Schimmer zu nehmen und durch einen wärmeren, kräftigeren Ton zu ersetzen“.143 Offenbar war von Anfang an ein warmer Sepiaton für die Bilder angestrebt worden, der auch die Aufnahmen von Daguerre auszeichnete. Denn schon bei Sachses ersten beiden Daguerreotypien war angemerkt worden: „Der Ton beider Bilder ist mehr bläulich als bräunlich, wie er an den von Daguerre entworfenen seyn soll.“144 Und auch bei den weiteren, äußerst lobend erwähnten Aufnahmen Sachses wurde lediglich bemängelt: „Nur ist der bräunliche Ton, der einer Sepia-Zeichnung gleich, die Pariser Exemplare, auszeichnet, hier noch nicht im gleichen Grade erreicht worden.“145 Dieser Hinweis auf die farbliche Wirkung ist durchaus bemerkenswert. Die Daguerreotypie wurde allgemein, trotzdem sich nur Unikate herstellen ließen, als Druckverfahren eingeordnet. Das Bemühen, den auf Kupferplatten fixierten Spiegelbildern den Farbton einer Sepia-Zeichnung zu geben, beruht auf der damaligen Ansicht, der Apparat habe die Handzeichnung zwar überwunden, müsse aber gleichzeitig den Vergleich mit selbiger aufnehmen können – eine Argumentation, die durchaus aussagekräftig ist für das Verstehen der damaligen Sehgewohnheiten und somit auch für das Betrachten und Beurteilen der frühen fotografischen Aufnahmen. Sachse nahm sich der Daguerreotypie von Anfang an mit großem Eifer an. Er erkannte die zukunftsweisenden Möglichkeiten des Verfahrens und informierte sich nicht nur fortlaufend über neueste Erkenntnisse, sondern wandte sich selbst mit Verbesserungsvorschlägen und Ideen an führende Experten seiner Zeit, wie etwa an den 140 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 100f. 141 Eilhard Mitscherlich (1794–1863) war seit 1822 Professor für Chemie an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin und Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Der bedeutende Chemiker und Mineraloge wurde u. a. bekannt als Entdecker der Isomorphie und Polymorphie bei Kristallen sowie der Selensäure und der Permangansäure. Mitscherlich hat außerdem das Benzin entdeckt und den Begriff „Katalyse“ eingeführt. Sein lithographisches Porträt aus dem Verlag Sachse wurde bereits aufgeführt; vgl. Kapitel II.3.b, „Sachses Kunstblätter / Porträts“. 142 August Friedrich Gustav Werther (1815– 1869) studierte zunächst Theologie und Philosophie, was er 1843 mit dem Doktor der Philosophie abschloss. Seit 1839 seinem ausgeprägten naturwissenschaftlichen Interesse nachgehend wurde er 1841 „in Mitscherlichs Haus aufgenommen“ (vgl. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin, Jg. 3, Berlin 1870, S. 373) und dessen Amanuensis, bevor er als Lehrer an der Artillerie- und Ingenieurs-Schule in Berlin unterrichtete. 1853 wurde er zum Professor für Chemie an die Universität nach Königsberg berufen. 143 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5f. 144 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 145 Vgl. Berlinische Nachrichten, 19. Oktober 1839.

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erwähnten Eilhard Mitscherlich. Aus einem Brief an den seinerzeit berühmten Erfinder, Physiker und Chemiker Johann Carl Enslen ist zu erfahren, dass Sachse zudem schon früh an einen Ersatz der schweren und kostspieligen Kupferplatten durch Papier dachte: „Herzlich habe ich mich gefreut, verehrter Freund, etwas nach langer Zeit zu hören, Ihre interessanten Lichtbilder waren mir bereits bekannt, da ich sie selbst in unserem wissenschaftlichen Kunstverein produciert habe! Da Sie doch ein so tüchtiger Chemiker sind und im Fache der Physik schon so viel geleistet haben, so sollten Sie sich wohl einmal mit Ernst daran machen, das herrliche Daguerre’sche Verfahren dahin zu erweitern, dass man die Bilder auf billigerem Material erhalte, namentlich auf Papier. Ihr so ehrenvoll verbreiteter Name würde dadurch unsterblich!“146 Carl Enslen war Pionier der Luftfahrt mit Heißluftballonen, Erfinder der damals weit gerühmten „aerostatischen Kabinette“, Schausteller und Eisenhüttenspezialist. Nach den napoleonischen Befreiungskriegen war er von Danzig nach Berlin übergesiedelt, wo er bei den Zelten im Tiergarten, einem vielbesuchten Ausflugsziel der Berliner, eine „optisch-cosmoramische Anstalt“ betrieb, die „mit einer begehbaren Camera obscura, seinem Mondglobus sowie mehreren selbstgebauten Fernrohren ausgestattet war, und die nach und nach zu einer Art Volkssternwarte und Berliner Institution avancierte“.147 Zusammen mit den von ihm entwickelten „Zimmerpanoramen“, die europaweit ausgestellt wurden, stellte Enslens Unternehmen die eigentliche Konkurrenz des Gropius’schen Dioramas dar.148 Gegen 1834 war der Fünfundsiebzigjährige nach Dresden gegangen und hatte das Berliner Geschäft seinem Sohn überlassen. Doch beschäftigte er sich weiterhin mit physikalischen Experimenten. Bis 1841 verfasste er nicht nur zwei Schriften über die Natur des Lichts (vor allem Lichterscheinungen am Himmel), sondern setzte sich auch mit der Fotografie auseinander.149 Schon am 21. April 1839 berichtete der Leipziger Anzeiger erstmals ausführlich über Enslens „photogenetische Lichtbilder“, die dieser „nach Angabe des Hrn. Talbot in London“ entwickelt und „seit einigen Tagen den hiesigen Kunsthandlungen übergeben“ hatte.150 Enslens Interesse galt dabei 146 Louis F. Sachse an Johann Carl Enslen, Berlin, den 25. November 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 5f. 147 Vgl. Oettermann 1989, S. 119. 148 Vgl. ebd. 149 Vgl. ebd., S. 120f.; außerdem Enslen 1834 und 1841. 150 Der Artikel ist abgedruckt ebd., S. 122f. Am 10. Mai schrieb Enslen zudem „an eine ungenannten Berliner Freund“ über seine Versuche: „Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen hierbei einige Lichtbilder aus meiner Fabrik zu übersenden, zu deren Anfertigung die Daguerre’sche und Talbot’sche Erfindung (die mich als Physiker und Optiker gar sehr beschäftigte) Veranlassung gab. Da Daguerre’s Verfahren noch ein Geheimnis ist, bei Talbot Alles im Licht und Schatten verkehrt erscheint, so suchte ich diesem Übelstande dadurch abzuhelfen, daß ich auf Horn, Glas oder transparentes Papier Gegenstände in umgekehrten Licht und Schatten abbilden ließ, welche zugleich durch die direkte Einstrahlung des Sonnenlichts kräftigere und dauerndere Bilder liefern müssten [...]. Die glückliche Ausführung hat für mich den Erfolg gehabt, daß seit zwei Monaten, wo ich dergleichen Lichtbilder dem Kunsthandel übergab, ich Abdrücke anfertigte, welche durch die galvanische Lichtwirkung gebildet werden, und eine Eigenthümlichkeit haben,

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ausschließlich den reprographischen Möglichkeiten der neuen Erfindung. Er konzentrierte sich auf die Entwicklung eines Fixierverfahrens. In der Wiener Theaterzeitung vom August 1839 wurden seine entsprechenden Versuche würdigend vorgestellt: „Professor Enslen, der schon in hohem Alter steht, hat sich mit viel Eifer die Daguerre-Talbot’sche Erfindung angeeignet, und dieselbe wesentlich modificiert; er hat nämlich durch eigenes Forschen eine chemische Auflösung erfunden, mittels welcher die durch die Einwirkung des Sonnenlichtes auf die mit Glasplatten belegten Zeichnungen, schattierten Bilder in kleinerem Formate fixiert werden. Ohne dieses chemische Präparat würden die Bilder ihre bräunliche Schattierung durch das Tageslicht wieder verlieren.“151 Ausdrücklich wurde in dem Artikel darauf hingewiesen, dass Enslen „sich zur Abbildung der gewählten Gegenstände nicht, wie Daguerre, der Camera Obscura“ bediente, seine Lichtbilder aber dennoch „bis in die feinsten Nüancirungen treu und so naturgemäß“ ausfallen, „wie sie durch gewöhnliche Zeichnungen es nicht leicht hätten werden können“.152 Leider kam es zu keiner Veröffentlichung des Enslen’schen Fixierverfahrens, weshalb sein Beitrag zur Weiterentwicklung der Fotografie gering blieb. Auch Sachses Anregung, sich statt der wenig erfolgversprechenden Talbot’schen Methode lieber mit der deutlicher abbildbaren Daguerreotypie zu beschäftigen, stieß bei Enslen offenbar nicht auf fruchtbaren Boden.153 Dennoch sind beide, Johann Carl Enslen und Louis Friedrich Sachse, so unterschiedlichen Generationen sie auch angehörten, zu den Pionieren der Fotografie in Deutschland zu zählen. Sie scheinen sich recht gut gekannt zu haben („mein verehrter Freund“) und es wäre sicher spannend, mehr über ihren gedanklichen Austausch in Erfahrung bringen zu können. Neben der Beschäftigung mit dem optimalen Trägermaterial für die neuen Lichtbilder stellte die Entwicklung geeigneter Linsen für die Kastenkamera die größte Herausforderung dar. Konnte Hossauer die benötigten versilberten Kupferplatten bereits serienmäßig anbieten, war die Beschaffung geeigneter Gläser offenbar schwieriger. Die ersten Besteller Daguerre’scher Apparate konnte Sachse noch mit den dazugehörigen original französischen Gläsern beliefern, wie aus einem Brief des Händlers vom 15. Oktober 1839 an Friedrich Schnelle zu erfahren ist: „Man findet hier, obgleich Daguerre’s Apparate etwas theuer zu stehen kommen, dass sie das enorme Porto eingerechnet, doch die in ihrer Art, weder im Kupferstich, noch in der Lithographie auszuführen ist, und durch Zeit und Erfahrung sich gewiß noch zu größeren Fortschritten wird steigern lassen. Portraits, auch zarte botanische Gegenstände, stellen sich auf das Genaueste dar, so wie durch Firniß transparent gemachte Kupferstiche, bei denen aber die schwarzen Linien weiß erscheinen. Ein Lichtbild lege ich hier bei, welches in mehr als einem Sinne diese Benennung verdient [...].“; der Brief wurde abgedruckt in der Juni-Ausgabe des Kunstblattes 1839, S. 196, hier zit. nach Oettermann 1989, S. 125. 151 Vgl. Theaterzeitung, Wien 1839, S. 840, hier zit. nach Oettermann 1989, S. 127. Wie Oettermann herausstellt, sind bisher keine schriftlichen Quellen über Enslens Fixier-Rezeptur aufgetaucht. Dies müsste anhand einer chemischen Analyse der erhaltenen Blätter noch geschehen; vgl. ebd., S. 128. 152 Vgl. ebd. 153 Vgl. ebd., S. 128–130.

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sehr billig sind, da die Gläser allein 55 Thaler kosten, und die Nachahmer hier, welche Apparate zu 80 Thalern angekündigt hatten, blamieren sich jetzt, indem sie keine Gläser anschaffen können.“154 Noch gut einen Monat später schrieb Sachse an Lucanus nach Halberstadt: „Gläser, wie Sie sie wünschen, wird es Ihnen schwer werden aufzufinden. Hier wenigstens sind keine vorräthig und Herr Pistor, unser 1. Optikus, meint, achromatische, von der Größe und Güte, wie die Pariser, seien nicht unter 55 Thalern herzustellen. Als die Pariser Apparate hier ankamen, zeigte alles billige nachgemachte Apparate an, aber bis jetzt, also nach 2 Monaten, hat noch keiner einen fertig, da die Gläser nicht so anzuschaffen sind. Der hiesige Mechanikus Dörffel ist jetzt mit dem Schliff von 10 großen Gläsern beschäftigt, kann den Preis aber noch nicht bestimmen. Sie würden gut thun, sich mit ihm in Korrespondenz zu setzen, über diesen Gegenstand.“155 Carl Philipp Heinrich Pistor (1778–1847) – die „sicherlich schillernste Persönlichkeit in der Geschichte der Berliner Optik und Feinmechanik“ – war Geheimer Postrat, bevor er sich, wohl um 1813, mit einer feinmechanischen Werkstatt in der Mauerstraße 34 niederließ und mathematische, optische und physikalische Instrumente herstellte.156 1838 konstruierte er zusammen mit seinem Partner und Schwiegersohn Carl Martins (1816–1871) den ersten Berliner Meridiankreis für die Berliner Sternwarte. Auch Pistor beschäftigte sich, wie Sachse zudem in einem Brief an Enslen erwähnt, mit der Herstellung fotografischer Apparate.157 Der Naturwissenschaftler und Pädagoge Friedrich Strehlke (1797–1886), der die ersten Lichtbilder in Danzig präsentierte, soll seine Kamera bei Pistor erworben haben.158 Im Gegensatz zu Pistors vielgerühmten astronomischen Mikroskopen ist über seine fotografischen Versuche jedoch kaum etwas in Erfahrung zu bringen. Obwohl es sich um seinen ersten Konkurrenten im Wettlauf um die Einführung der Fotografie in Berlin handelte, empfahl Sachse Lucanus, sich mit Theodor Dörffel in Verbindung zu setzen, der „mit dem Schliff von 10 großen Gläsern“ beschäftigt sei.159 Dies mag erstaunen, zeigt aber gleichzeitig die offenbar noch lange unbefriedigende Situation hinsichtlich der Beschaffung geeigneter Gläser an. Dörffel beschäftigte sich weiterhin intensiv mit dem Bau fotografischer Apparate. Aus einer Anzeige vom 12. Dezember 1839 in den Berlinischen Nachrichten ist zu erfahren, dass er in seinem Ladengeschäft Unter den Linden 46 „sein Magazin optischer Instrumente, vollständige Daguerre’sche

154 Louis F. Sachse an Friedrich Schnelle, Berlin, den 15. Oktober 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 4. 155 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839. 156 Vgl. Zaun 2000, S. 92f. 157 Louis F. Sachse an Johann Carl Enseln, Berlin, den 25 November 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 5. 158 Vgl. J.-H. Kämpfert: „Friedrich Strehlke“, in: http://kulturportal-west-ost.eu/biographien/strehlke-friedrich-2. 159 Louis F. Sachse an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839.

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Apparate, achromatische von 24 Thlr.“ anbot.160 Dost und Stenger berichten, dass aus Dörffels Werkstätten „unzählige Apparate“ hervorgingen, „wobei er besonders auf die Verbesserung der Optik bedacht war“.161 Auch der gebürtige Schweizer Eduard Petitpierre (1789–1862), „Optiker Sr. Majestät des Königs, akademischer Künstler und Mechanikus in Berlin“, hatte 1820 ein erstes Geschäft für Optik und Mechanik in der Mohrenstraße eröffnet, das er wenige Jahre später in die Straße Unter den Linden 33 verlegte. Das Geschäft entwickelte sich, wie Dost und Stenger schreiben, „zu dem ersten Berlins“,162 sodass es kaum verwundern mag, dass auch Petitpierre sich von Anfang an um die neue Erfindung bemühte. Aus einer Annonce in den Berlinischen Nachrichten vom 21. September 1839 – und damit nur einen Tag nachdem Sachse seine ersten Apparate und Lichtbilder bei sich ausgestellt hatte – geht hervor, dass Sachse einen der Pariser Apparate Petitpierre „zur Ansicht“ als auch zur Annahme von Bestellungen überlassen hatte: „Original-Daguerreotyp, unter Leitung des Erfinders Herrn Daguerre verfertigt, ist angekommen und steht bei mir zur Ansicht. Es werden bei mir sowie bei dem Kunsthändler Hrn. Sachse Bestellungen auf Apparate angenommen, zu deren Vervollkommnung der Erfinder 10 Jahre gebraucht hat. Das Original werde ich stets behalten, um Vergleiche damit anzustellen. Bei derselben Güte hoffe ich es etwas besser herstellen zu können. E. Petitpierre, Optikus und Mechanikus Sr. Maj. D. Königs und akad. Künstler unter den Linden 33.“163 Möglich, dass Petitpierre Sachse bereits bei der Wiederherstellung der kaputten französischen Apparate geholfen und er sich in diesem Zuge mit dem Schweizer arrangiert hatte. Widersprüchlich bleibt dagegen ein Eintrag in Alfred Sachses Manuskript, wo erst für den 4. November 1839 der Verkauf eines Apparates an Petitpierre vermerkt ist.164 Denn bereits am 27. September 1839 berichtete die Spenersche Zeitung: „Hr. Petitpierre, unser geachteter Mitbürger, hat sich nun auch in den Besitz eines ächten Pariser Daguerreotyps und des dazugehörigen Apparats gesetzt, und wir müssen gestehen, dass die Abbildungen, welche wir bis itzt in Berlin zu Gesicht bekommen haben, lange nicht an diese heranreichen.“165 Es wurde ferner bereits die „erfreuliche Nachricht für das Publikum“ verkündet, „dass Hr. Petitpierre das Instrument mit allem Zubehör, in gleicher Güte und Größe wie die Pariser aus seiner Fabrik für 18 Fr. d’or, also beinahe für das halbe Geld liefern wird.“166 Es ist anzunehmen, dass Sachse diese Ankündigung nicht gerade mit Freude erfüllte. Tatsächlich jedoch scheinen bis Ende des Jahres 1839 keine günstigeren und gleichzei160 Vgl. Dörffels Anzeige in der Spenerschen Zeitung, Nr. 290, 12. Dezember 1839, abgedruckt in Dost/Stenger 1922, S. 47. 161 Vgl. ebd., S. 62. 162 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 62f. 163 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 164 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 4: „4. November 1839: An Petitpierre einen Apparat verkauft“. 165 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 226, 27. September 1839. 166 Vgl. ebd.

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tig besseren Apparate als die Daguerre’schen in Berlin entwickelt worden zu sein. Und so schrieb Sachse mit einer gewissen inneren Genugtuung am 25. November an Enslen: „Ich weiß selbst nicht, wie es geschieht, dass meine Lichtbilder bis jetzt die besten in hiesiger Residenz sind, da doch jetzt auch Mechaniker, Gelehrte und Künstler, wie Pistor, Petitpierre, Berg, Dörffel, und Gropius damit experimentieren und bei weitem mehr Zeug dazu besäßen, etwas Gutes derart zu liefern! Das macht aber vielleicht, dass die Herren immer gleich den Erfinder übertreffen und verbessern wollen, während ich mich in allen Dingen streng nach seiner Vorschrift richte!“167

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Fotografien aus Sachses Salon

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Mehr als 200 Lichtbilder in sechs Wochen

„Welch eine göttliche Erfindung, die Daguerre da gemacht hat! Ich sage Ihnen, man könnte den Verstand verlieren, wenn man so ein von der Natur gewissermaßen selbst geschaffenes Bild sieht“, hatte Sachse an Stadtrat Degen nach Königsberg geschrieben.168 Sachses Begeisterung fand ihre Umsetzung im eifrigen Praktizieren des neuen Verfahrens. Allein in den ersten sechs Wochen stellte er „mehr als 200 Lichtbilder“ mit Daguerres Kamera her, wie sein Institut in einem Brief vom 18. November 1839 an Friedrich Lucanus berichtete.169 Als Fotograf der ersten Stunde spielte Sachse eine bedeutende Rolle in der preußischen Hauptstadt. Dies mag die Einladung Friedrich Wilhelms III. unterstreichen, der Sachse zehn Tage nach der Präsentation erster Aufnahmen an seinen Hof beorderte, um die Praktikabilität des aufsehenerregenden Verfahrens von dem Importeur der französischen Apparate persönlich vorgestellt zu bekommen. Schon am 11. September 1839 hatte Sachse an den König geschrieben: „Hierdurch beehre ich mich Euer Hochwohlgeboren [...] anzuzeigen, daß der Erfinder die von hier aus bestellten vollständgen Apparate seines Daguerreotyps an mich zur Vertheilung abgesendet hat, und daß dieselben in dem ersten Tagen der künftige Woche hier ankommen werden. Herr Daguerre fügte einige extra feine Exemplare für den Fall mehr ein, daß S. Maj. D. K. vielleicht die Gnade haben könnte eines zu befehlen. Ich erlaube mir daher bei EurerHochw. [...] anzufragen, ob ich vielleicht, da bis jetzt keine Bestellung erfolgt ist, es wagen darf S. M. ein Exemplar à 25 Frdor zu überschicken oder ob es über die beiden kostbaren Exemplare andersweitig disponieren soll.“170 Am 30. September 1839 wurde Sachse „auf allerhöchsten Befehl nach Charlottenburg berufen“, um „vor Sr. Majestät, dem König Friedrich Wilhelm III., in Gegenwart Ihrer Hoheit der Frau Fürstin Liegnitz, 167 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 168 Vgl. Louis F. Sachse an Stadtrat Degen, Berlin, 26. September 1839, in: ebd., S. 4. 169 Vgl. ebd., Sachse & Comp. an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839. 170 Vgl. I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königl. Geheimen Cabinets betr. Den Kommerzienrath Kunsthändler L. Sachse zu Berlin), Bl. 21, Louis F. Sachse an den preußischen Hof, Berlin, den 11. September 1839.

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des Prinzen und der Prinzessin der Niederlande und anderer Höchsten Personen, die Daguerre’sche Erfindung zu erläutern und Lichtbilder an Ort und Stelle herzustellen“.171 Von den „5 Park- und Schloßansichten“ seien „3 dort“ geblieben „und 2 wurden am 6. Oktober Sr. Majestät überreicht, infolge deren ein allerhöchstes Dank- und Anerkennungsschreiben, vom 17. Oktober 1839 ihm zuteil wurde. Gleichzeitige Einladungen zu weiteren erläuternden Operationen geschahen von Sr. Königl. Hoheit, dem Prinzen August, dem Fürsten Radziwill und vielen Königlichen und Höchsten Herrschaften“.172 Im Berliner Landesarchiv hat sich die Maschinenabschrift eines Briefes von Louis Sachse an Friedrich Wilhelm III. vom 6. Oktober 1839 erhalten, worin der Händler sich für die unzureichende Qualität jener Daguerreotypien entschuldigt, die er in Gegenwart des Monarchen hervorgebracht habe: „Leider gestattete ein stets wechselnder Himmel es am letzten Sonnabend nicht, etwas ganz gelungenes mit dem Daguerreotyp hervorzubringen. Es mag auch seyn, dass ich, in dem beglückenden Gefühl, mich zum ersten Mal in der Nähe meines vielgeliebten, erhabenen Monarchen zu befinden, es in irgend Etwas bei der Handhabung des Apparates versehen habe. Deshalb begab ich mich gleich anderen Tages wieder nach Charlottenburg und erkühne mich, Ew. Kgl. Majestät zwei, leider auch bei dem unruhigsten Himmel gefertigte Bilder, eine Ansicht des Schlosses und einen Blick aus dem Angelhause auf Berlin hiermit allerunterthänigst mit der Bitte zu Füssen zu legen, dieselben als schwachen Beweis meiner tiefsten Dankbarkeit für das mir gewährte Glück huldreichst anzunehmen, mich meinem allergnädigsten Monarchen haben nähern zu dürfen.“173 Sachse fuhr am 5. Oktober 1839 also ein zweites Mal nach Charlottenburg. Die ersten Aufnahmen hatten ihn offenbar nicht zufriedengestellt. Erst aus dem Brief ist zu erfahren, dass es sich bei diesen Lichtbildern, die zu den frühesten Berliner Fotografien überhaupt zählen, um eine „Ansicht des Schlosses und einen Blick aus dem Angelhause auf Berlin“ handelte. Leider konnten, was schon Dost und Stenger bedauerten, keine Aufnahmen mehr aufgefunden werden, die diesen Ereignissen eindeutig zuzuordnen wären.174 Das Überleben von Daguerreotypien bis in unsere Zeit war insgesamt von einer ganzen Reihe unsicherer Faktoren abhängig. Die „Spiegelbilder-Unikate“ auf silbrigem Grund waren empfindlich und mussten mit Glas gut geschützt werden, da „nicht das 171 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 4. 172 Vgl. ebd. In der Maschinenabschrift des Manuskripts ist ein handschriftlicher Vermerk des Enkels, der den Nachlass seines Großvaters zusammengetragen hatte, hinzugefügt: „Nach d. Brief v. 6. Okt. an den König (Abschrift aus dem Hohenzollern Hausarchiv) und dem Tagebuchvermerk Friedr. Wilhelms fand die erste Aufnahme am 5. und am 6. Okt. die zweite Aufnahme statt.“ 173 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 9: Louis F. Sachse an Friedrich Wilhelm III., Berlin, den 6. Oktober 1839. Der originale Brief liegt in I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königl. Geheimen Cabinets betr. Den Kommerzienrath Kunsthändler L. Sachse zu Berlin), Bl. 22. 174 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 37. Die Verfasser haben nach eigenen Angaben schon damals in den Sammlungen und Archiven des Charlottenburger Schlosses als auch des Hohenzollernmuseums „mit gütiger Unterstützung seitens der Direktoren dieser Sammlungen“ recherchiert.

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Licht, sondern die Luft“ die Bilder zerstörte.175 Bald als Vorlage für Kupferstiche oder Lithographien benutzt, wurde das Original meist weggeworfen oder „fiel dem Silberputz-Teufel zum Opfer“.176 Hinzu kommt, dass von den Daguerreotypien, die in öffentlichen und privaten Sammlungen – wenn auch oft „mit zerbrochenen Gläsern, zerkratzt und vergammelt“ – dennoch in großer Zahl existieren, „nicht mehr als zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent [...] signiert bzw. mit dem Firmen- und Werbeschild auf der Rückseite versehen“ sind, wie schon Fritz Kempe in seinen umfangreichen Untersuchungen festgestellt hat.177 Am ehesten haben Porträtaufnahmen als Erinnerung an Familienmitglieder in den privaten Nachlässen überlebt. Handelte es sich dabei jedoch um keine „bedeutenden Persönlichkeiten“, sanken auch diese bald „auf den Stand von Kuriositäten“.178 Entgegen aller anfänglichen Prognosen war Daguerres Verfahren mit dem Aufkommen fotografischer Abzüge auf Papier schon kurz nach der Jahrhundertmitte überholt. Als Stenger 1907 anfing, seine bedeutende Sammlung an Dokumenten aus der Pionierzeit der Fotografie, die heute den Grundstock des Agfa Foto-Historama in Köln bilden, zusammenzutragen, wurden Daguerreotypien nur noch als „minderwertig“ und „Trödel“ betrachtet.179 An systematisches Sammeln und gar Ausstellen dachte zu diesem Zeitpunkt schon lange kaum jemand mehr.180 Darüber hinaus spielte ein weiterer Punkt eine sicher nicht unwesentliche Rolle. Daguerreotypien lassen sich zwar „bei einiger Geschicklichkeit“, wie Kempe schreibt, gut reproduzieren, doch verlieren sie „dabei indes ihren eigentlichen Charakter des Spiegelnden, des merkwürdig Farbigen und Lebendigen, kurzum, ihren Zauber“.181 Beim Druck seien die Nachfolgeverfahren meist besser weggekommen als die Daguerreotypien.182 All dies ist zu berücksichtigen, wenn nun die wenigen erhaltenen Originale Sachses vorgestellt und sich anhand der publizierten Beschreibungen von heute verlorenen Lichtbildern entlanggehangelt werden soll. Die einzige bisher publizierte eigenhändige Daguerreotypie Sachses stammt aus der leider verlorenen gegangenen Sammlung von Wilhelm Dost. Auch das originale Lichtbild ist verschollen. Es kann sich daher nur auf die nicht näher erläuterte Reproduktion in der Veröffentlichung von Kempe gestützt werden (Abb. 154).183 Demnach hatte Sachse die ehemalige „Waisenbrücke in Berlin“ zum Motiv ausgewählt. Zum Zeitpunkt 175 Vgl. Kempe 1979, S. 25. Über dieses Problem vgl. auch den Bericht über den Daguerreotyp in: Kunstblatt, Nr. 77, 24. September 1839, S. 305: „Dies Bild ist jedoch leicht verwischbar und muß sorgfältig vor Berührung geschützt werden. Herrn Daguerre war es noch nicht gelungen, ein Befestigungsverfahren herzustellen.“ Obwohl eifrig nach einem Fixiermittel gesucht wurde, blieb dieser Umstand zunächst bestehen. 176 Vgl. ebd. 177 Vgl. ebd., S. 6 und S. 8. 178 Vgl. ebd. 179 Vgl. Dewitz 1988, S. 11. 180 Vgl. ebd. und Kempe 1979, S. 5–8. 181 Vgl. Kempe 1979, S. 8. 182 Vgl. ebd. 183 Vgl. ebd., S. 50.

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der Aufnahme, im Jahre 1842, war das 1960 abgetragene Bauwerk eine hölzerne Jochbrücke mit fünf Klappenpaaren für die Schiffspassagen.184 Die Brücke verband die südlich der Spree gelegene Wallstraße mit der nördlich der Spree gelegenen Neuen Friedrichstraße, der heutigen Littenstraße. Die Aufnahme zeigt den Blick über die Spree auf die Waisenbrücke und das dahinterliegende Waisenhaus Friedrichs. Die Brücke verläuft als oberste Markierung des unteren Bilddrittels nahezu horizontal durch das Querformat von ursprünglich 15,5 x 10 cm. Unterhalb der Brücke ist mittig ein einmastiger abgetakelter Kahn zu erkennen, der wahrscheinlich Holz transportiert. Der mittlere Bildstreifen, der oberhalb der Brücke beginnt, zeigt die weitläufige Bebauung des gegenüberliegenden Spreeufers. Von der Sonne beschienen bestimmt das rechteckige dreigeschossige „große Waisenhaus“ die linke obere Bildhälfte. Rechts daneben steht – etwas zurückversetzt – ein nur wenig kleineres freistehendes Gebäude. Dahinter sind die Dächer der Stadt zu erkennen. Ganz im Hintergrund links ragt die Spitze des Turmes der sogenannten Waisenkirche nicht nur in den Himmel des oberen Bilddrittels, sondern als einziges Element über die Bildgrenze der Kupferplatte hinaus. Frank Eberhardt recherchierte für einen Aufsatz über die Geschichte der Waisenbrücke, dass sich noch bis 1864 beiderseits des Spreeübergangs Holzplätze befanden. Auch diese sind auf der rechten Bildseite von Sachses Fotografie gut zu erkennen. Die sogenannte Auf- und Pferdeschwemme diente nicht nur zum Anladen von Holz, sondern „an den flachen Stellen wurden auch die Pferde in die Schwemme getrieben“, wie Eberhardt erklärt.185 Der Vergleich mit einem Kupferstich von Johann G. Rosenberg aus dem Jahre 1780, der einen ganz ähnlichen Blick gewählt hat, ist in diesem Zusammenhang aufschlussreich (Abb. 155).186 Rosenberg zeigt den Blick auf die Spree von Osten. Links ist die Zuckermanufaktur von Splittberger abgebildet, mittig die Waisenbrücke mit der dahinterliegenden Wollmanufaktur von Wegely und rechts das Friedrich’sche Waisenhaus mit der Waisenkirche. Die sich aus der rechten unteren Bildecke diagonal in der Bildmittelgrund schiebenden Holzstämme und Lastenkahne sind in Sachses Aufnahme als ungeordnete schwarze Balken auf der rechten Bildseite zu erkennen, die sich teilweise im glatten Wasser der Spree spiegeln. Dem aufragenden Kirchturm der linken Bildhälfte entsprechen drei dicht nebeneinanderliegende Masten der rechten Seite sowie zwei Masten von diesseits und jenseits der Brücke mittig auf der Spree ruhenden Schiffen. Auf dem Kupferstich von Rosenberg weitaus deutlicher zu erkennen ist das schräge Spreeufer an der linken Flussseite. Auch auf Sachses Aufnahme, oder zumindest auf der qualitativ minderwertigen Reproduktion, scheinen Land und Wasser des gegenüberliegenden Ufers ineinander überzugehen. Zwei Boote sind unmittelbar hinter der Brücke aufs Land gezogen worden.

184 Die Waisenbrücke wurde von 1892 bis 1994 durch eine mit rotem Sandstein verkleidete Steinbrücke ersetzt. Nach deren Sprengung von 1945 wurde sie 1960 endgültig abgebaut. 185 Vgl. Eberhardt 1999, S. 61. 186 LAB, F. Rep. 250-01, Nr. Ü 59.

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Ein kolorierter Stahlstich nach einer Vorlage von Eduard Gaertner aus dem Jahre 1833 eignet sich ebenfalls für einen Vergleich (Abb. 156).187 Der Betrachter steht hier wieder, wie bei Rosenberg und entgegen der Aufnahme von Sachse, auf der Seite des Waisenhauses und schaut auf die Waisenbrücke mit dem Inselspeicher-Gebäude im Hintergrund. Links ist wieder die Zuckermanufaktur von Splittberger zu erkennen, rechts Friedrichs Waisenhaus mit der Waisenkirche und im Vordergrund die Gebäude der Flussbadeanstalt. Das Turmdach der Waisenkirche hat hier bereits die weniger verspielte Form, die auch auf Sachses Foto zu sehen ist. Auch wenn Sachse sein Motiv sicher in dem im Licht strahlenden Waisenhaus mit der vorgelegten Brücke und damit vor allem in dem Abbilden einer traditionellen, in diesem Fall humanitären Berliner Einrichtung als Bildvorlage gewählt hat, ist nicht uninteressant, dass es sich in ebenjenem Jahr der Aufnahme auch um eine Gegend handelte, die in der öffentlichen Diskussion stand. Am 29. August 1842 war in der Spenerschen Zeitung ein Artikel mit der Überschrift erschienen: „Die Aufschwemme an der Waisenbrücke“. Der Artikel endete mit den Worten: „Hiermit vereinigen wir noch den nicht weniger dringenden Wunsch, daß der zwischen der Insel- und Waisenbrücke durch die gegenwärtige Dürre am Ufer bloßgelegte Moorgrund ein heilsames Einsehen veranlassen möchte, damit durch eine gründliche Reinigung desselben den daraus aufsteigenden, faulen Dünsten ihr bisheriger Nahrungsstoff entzogen und somit die oftmals davon infizirte Luft gereinigt werde.“188 Erst über 20 Jahre später, 1864, wurde eine Übereinstimmung erzielt und die Aufschwemme geschlossen. Das Motiv wird sich für den frühen Daguerreotypisten Sachse in mehrerer Hinsicht angeboten haben. Wie bereits erwähnt, waren Architekturen und Stadtansichten aufgrund der langen Belichtungszeit von bis zu einer Viertelstunde bevorzugte Vorlagen. Schon kleinste Bewegungen, wie sich im Wind wiegende Blätter, stellten sich nur noch verwischt dar. Immer wieder sind in den frühen Kritiken zur Fotografie daher Anmerkungen zu lesen wie „Bäume fallen immer und überall schlecht aus, sobald sie nur ein leises Lüftchen bewegt“.189 Nach Besichtigung einer ganzen Reihe städtebaulicher Aufnahmen bei Sachse im Herbst 1839 hatte der Rezensent der Spenerschen Zeitung die Beobachtung angestellt: „An die Aufnahme eigentlicher Landschaften mit Baumgruppen scheint man sich noch nicht gewagt zu haben, und die stürmische und regnerische Herbstwitterung wird dies vorläufig nicht gestatten; auf eine Winterlandschaft, für welche in dem Leuchten des Schnees und der Blätterlosigkeit der Bäume sehr günstige Bedingungen vorliegen, sind wir sehr gespannt.“190 Es wird kaum Zufall sein, dass sich in dem gewählten Ausschnitt kaum Bäume wiederfinden. Darüber hinaus spielte, wie angeklungen, das Wetter für die Daguerreotypisten eine wichtige Rolle, da aufgrund des benötigten Tageslichtes in der Regel draußen fotografiert wurde. Auch Sachse wünschte 187 LAB, F. Rep. 250-01, Nr. C 533. 188 Zit. nach Eberhardt 1999, S. 61. 189 Vgl. Vossische Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 190 Vgl. ebd.

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sich vor allem gute klimatische Bedingungen für seine Aufnahmen: „Schickt der Himmel gutes Wetter!“, hatte er Ende September 1839 an Ribbeck nach Magdeburg geschrieben.191 Die Tatsache, dass mit den lang ersehnten Kameras aus Frankreich gleichsam der Herbst einzog, dessen Witterung die Versuche deutlich erschwerte, wird nicht gerade zu Sachses Beruhigung beigetragen haben. Die Licht- und damit die Wetterbedingungen zum Zeitpunkt der Aufnahme wurden in den kritischen Zeitungsberichten über neueste Lichtbilder fast immer diskutiert und als Gradmesser für die Qualität der Abbildung herangezogen. „Außerordentlich günstige Verhältnisse“, sprich Witterungsbedingungen, waren dementsprechend nahezu windstille sonnige Tage, in denen sich „die kräftige Wirkung der späten Morgensonne“ positiv auf die Aufnahme auswirkte.192 Auch zu dem Zeitpunkt von Sachses Aufnahme scheinen die Bedingungen in diesem Punkt „außerordentlich günstig“ gewesen zu sein. Die spreeseitigen Fassaden der Häuser sind sonnenbeschienen und das ruhige Flusswasser reflektiert das Tageslicht zusätzlich. Die positive Wirkung der Lichtreflektion durch Schnee, der in Berlin nicht gerade der Regelfall ist, oder eben Wasser scheint früh erkannt worden zu sein.193 Schon im Oktober 1839 hatte Sachse Daguerreotypien ausgestellt, die die Spree als wirkungsvolles Element mit einbezogen, wie aus einer Besprechung in der Vossischen Zeitung hervorgeht: „Wir sahen zwei Ansichten der Kurfürsten-Brücke mit dem Quais, der Burgstr. etc. aus dem k. Marstalle aufgenommen, die ungemein scharf und deutlich fixiert waren. Das Wasser bietet sich zwar immer in spiegelglattem Zustande, markirt sich aber dennoch gut und der Lichteffekt unter dem Brückenbogen, in der Natur durch Einwirkung der Sonne auf das Wasser erzeugt, war auf der Platte überraschend wahr angedeutet.“194 Auffallend bei den frühen fotografischen Stadtansichten ist das gänzliche Fehlen von städtischem, genauer menschlichem Leben. Auch in dem gerade zitierten Artikel wird die Menschenleere als Ödnis und damit als Mangel empfunden, der auf die technischen Unzulänglichkeiten des neuen Bildapparates verweist: „Figuren, die sich bewegen, kommen gar nicht auf der Platte zum Vorschein, und die belebte lange Brücke erscheint öde und leer.“195 Die Gegend auf Sachses in Reproduktion vorliegender Aufnahme ist gleichsam auffallend menschenleer. Insbesondere der Kahn im Vordergrund scheint sich auf 191 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 3. 192 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 193 Eine „Winterlandschaft, für welche in dem Leuchten des Schnees und der Blätterlosigkeit der Bäume sehr günstige Bedingungen vorliegen“, wie sie sich ein Berliner Rezensent in Angesicht der von Sachse ausgestellten Stadtlandschaften schon im Oktober 1839 gewünscht hatte (Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42) ist auf einer Wiener Daguerreotypie von Anton Martin aus dem Jahre 1841 erhalten; vgl. Anton Martin: „Winterlandschaft“, Daguerreotypie um 1841. Handschriftlicher Vermerk: „Eine Minute ohne Sonnenschein. Aufgenommen mittels eines von Voigtländer und Sohn Optikern in Wien zum portraitiren construirten Apparates“, 7 x 4,8 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, abgebildet in Kempe 1979, S. 62. 194 Vgl. Vossische Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 195 Vgl. ebd.

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gespenstische Weise führerlos durch die Spree zu schieben. Ob sich Menschen darauf befunden haben, ist nur zu mutmaßen. Das Wasser der Spree zeigt sich spiegelglatt, aber an der leicht verwischten Mastspitze wird doch Bewegung deutlich. Ein Vergleich mit Berlins erster Reportagefotografie aus dem Jahre 1851 zeigt auf, dass noch neun Jahre später das Problem der Aufnahme von sich bewegenden Objekten bestand. Der Daguerreotypist Wilhelm Hallfter hatte die Enthüllung des Reiterdenkmals Friedrichs des Großen Unter den Linden am 31. Mai 1851 fotografisch festgehalten (Abb. 157).196 Die Statue auf hohem Sockel ist bis in alle Einzelheiten getreu wiedergegeben. Die Gäste der Feier aber sind nur dann als solche zu erkennen, wenn der Betrachter der Fotografie über ihre Anwesenheit informiert ist.197 Die mindere Qualität der Reproduktion von Sachses Daguerreotypie gibt bildästhetischen Gesichtspunkten nur wenig Anhaltspunkte. Ein so starker Kontrast von Licht und Schatten, wie er zumindest in der publizierten Reproduktion vorherrscht, wurde grundsätzlich als mangelhaft – weil auch „bei Kupferstichen nicht im mindesten zu denken“ – empfunden.198 Da die Daguerreotypien sich selbst jedoch weniger schwarz-weiß als vielmehr bläulich bzw. bräunlich und damit farbig schimmernd darstellten, muss der tatsächliche, vom Original ausgehende Eindruck als verloren angesehen werden. Insgesamt wurde den Daguerreotypien, wenn auch bei schönstem Sonnenlicht entstanden, oft die Wirkung von mondhellen Nachtbildern zugeschrieben. Über Sachses Aufnahme vom Zeughaus, einem der meistfotografierten Gebäude der Frühzeit der Berliner Fotografie, hieß es: „Das Zeughaus gewährt einen Anblick, der lebhaft an den in einer schönen mondhellen Nacht erinnert, wie dies wegen des Dunkels der Schatten fast auf allen Daguerreotypiebildern der Fall ist.“199 Sachse hatte „zunächst nur Ansichten, plastische Gruppen und malerische Gegenstände daguerreotypiert, die zwei Jahre lang einen so raschen Umsatz fanden, daß sich der deutsche Buch- und Kunsthandel tätig damit beschäftigte“, wie aus dem Manuskript von Sachses Sohn über die frühe fotografische Tätigkeit seines Vaters zu erfahren ist.200 Offensichtlich schickten sich Sachse und die daguerreotypiebegeisterten Käufer seiner ersten Apparate gegenseitig Proben ihrer fotografisch festgehaltenen Motive. So berichtete Friedrich Lucanus im Kunstblatt über „die Kunstausstellung zu Halberstadt im Juni und Juli 1840“: „Unter den Lichtbildern waren die von L. Sachse in Berlin bei weitem die schönsten. Mehr Farbencharakter aber haben die auch in der Natur so höchst malerischen alterthümlichen Gebäude, welche Lucanus hier aufgenommen hat. Auf diesen 196 Vgl. die Abb. bei Kempe 1979, S. 59. 197 Angesichts solcher „Mängel“ wird erneut die Bedeutung des lithographischen Verfahrens für die Aufnahme von Tagesereignissen deutlich. Als Neuruppiner Bilderbogen ist das Ereignis ebenfalls festgehalten worden. Hier wird der umstehenden Menschenmenge, die sich zu diesem Anlass Unter den Linden eingefunden hatte, entsprechende Aufmerksamkeit zuteil; vgl. ebd. 198 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 217, 17. September 1839. 199 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839, zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 200 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5.

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ist auch oft gar nette Staffage von Wagen, Karren u. dergl.“201 Sachse wiederum hatte im November des Vorjahres seinen Wunsch nach einer daguerreotypierten Ansicht des Halberstädter Domes bekräftigt: „Senden Sie uns doch einen gelungenen Dom, wir wollen Ihnen dagegen ein anderes hiesiges Blatt sogleich als möglich senden.“202 Wie bereits berichtet werden konnte, zeigte Sachses erste, in seinem Kunstsalon ausgestellte Aufnahme „einen Theil des Gendarmenmarkt [auf einer plattierten Kupferplatte von der Größe eines Quartblattes, d. V.] aufgenommen“203 oder noch genauer: „die den Linden zugelegene Seite der Jägerstraße, nebst einem der Gendarmenthürme“.204 Sachse hielt also zunächst die unmittelbare Umgebung seines Familien- und Geschäftshauses zusammen mit einem vertrauten Berliner Bauwerk fest, das einen hohen Wiedererkennungswert besaß. Wie die meisten anderen Daguerreotypisten nahm sich auch Sachse in erster Linie den baulichen Sehenswürdigkeiten der Stadt an. Die wahrscheinlich häufigsten Motive waren das Zeughaus, das Museum, das Schloss und die Schlossbrücke und eben der Gendarmenmarkt. Als Bildvorlagen Sachse’scher Fotografien, die im Oktober in den Geschäftsräumen in der Jägerstraße zu sehen waren, wurden sie von der Spenerschen Zeitung entsprechend hervorgehoben: „Vor allem werden drei Darstellungen die allgemeinste Aufmerksamkeit erregen, die des Zeughauses, der Hintergebäude der Poststraße (von dem k. Marstall aus gesehen) und eines Theils des südlichen Gendarmenthurmes.“205 Die „scharf ausgeprägten Einzelheiten“ seien „besonders bewunderungswürdig“, und selbst die Darstellung der Bäume [auf der Aufnahme der Hinterhäuser der Poststraße, d. V.], der schwierigste Punct für diese Bilder“, ließe „wenig zu wünschen übrig“.206 Andere „Gegenstände, die der Daguerreotyp wiedergegeben hat, sind das k. Theater, das Museum, eine Ansicht Berlins von dem Angelhäuschen aus gesehen bei Regenwetter, eine Bildsäulengruppe u.s.w.; alle werden mehr oder weniger Interesse erregen“.207 Allgemein als unvollkommen empfunden wurde zudem die seitenverkehrte Wiedergabe der Abbildungen. Auch Sachse stellte bald Versuche zur Beseitigung dieses Fehlers an. Durch Anbringung eines Spiegels an der Kamera erzielte er einige Erfolge, die aber nur durch Lichtverlust erreicht werden konnten: „Unter den von Hrn. Sachse angefertigten Daguerreotypbildern bemerken wir itzt auch eines, auf welchen die Gegenstände nicht mehr wie bisher, verkehrt, sondern in ihrer richtigen Lage dargestellt sind. Es wurde dies durch einen Spiegel erreicht, und der Versuch kann als vollkommen gelungen angesehen werden, indem die Wirkung des Lichts, zumal wenn man das ungünstige 201 Vgl. Friedrich Lucanus: Die Kunstausstellung zu Halberstadt im Juni und Juli 1840, in: Kunstblatt, Nr. 95, 26. November 1840, S. 398. 202 Sachse & Comp. an Friedrich Lucanus, Berlin, den 18. November 1839, in: Sachse Photographie 1865, S. 4. 203 Vgl. H. Kletke, in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839. 204 Vgl. ebd. 205 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 206 Vgl. ebd. 207 Vgl. ebd.

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Wetter bei der Aufnahme berücksichtigt, nur ganz unbedeutend geschwächt zu seyn scheint.“208 Neben „Ansichten“ nahm Sachse „plastische Gegenstände“ mit der Kamera auf.209 Sein Bildrepertoire umfasste damit anfangs dieselben Sujets, mit denen Daguerre für seine Apparate warb. Auch das früheste in Frankreich entstandene Lichtbild, das Sachse neben der ersten von ihm selbst aufgenommenen Ansicht in seinen Geschäftsräumen ausgestellt hatte, war ein „malerisch drapiertes Zimmer“. Leider ist das französische Original nirgends näher beschrieben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es sich um ein Stillleben mit Kleinplastiken auf drapiertem Tuch gehandelt hat, etwa in der Art, wie Daguerre sie selbst zu seiner Empfehlung an die europäischen Monarchen versandt hatte (Abb. 151).210 Im Gegensatz zu den Gebäude- und Stadtansichten konnten zu den plastischen Gegenständen bei Sachse kaum nähere Beschreibungen gefunden werden. Man beschränkte sich in den frühen Kritiken auf Nennungen wie „eine Bildsäulengruppe“.211 Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass in den Dresdener Kunstsammlungen drei Original-Daguerreotypien von Louis Sachse aufgetan werden konnten.212 Alle drei zeigen „plastische Gegenstände“. Sie müssen in den Jahren zwischen 1839 und 1843 entstanden sein, da Sachse danach das eigenhändige Fotografieren aus gesundheitlichen Gründen aufgab. Die quadratisch, eines mit abgeschrägten Ecken, gerahmten Bilder hinter rundem Passepartout mit je 8,7 cm Bildausschnitt im Durchmesser präsentieren klassizistische Einzelplastiken vor dunklem Hintergrund. Alle drei Vorlagen stammen von dem Berliner Bildhauer Christian Daniel Rauch. Die Abbildung zeigt Sachses Aufnahme von Rauchs Figur für das Grabmal der Königin Luise (Abb. 158). Es handelt sich um die zweite Fassung des Sakrophags, der 1828 im Antikentempel im Park von Schloss Sanssouci aufgestellt worden war und 1987 als Dauerleihgabe an die Nationalgalerie in die Friedrichswerderschen Kirche gelangte. Die liegende Figur der Luise ist von der Seite aufgenommen, und zwar so, dass sich der leicht zur Seite gedrehte Kopf dem Betrachter zuwendet. Die Füße sind nach links ausgerichtet. Das Licht scheint von oben auf die Figur zu fallen, ja geradezu zu strahlen, wie der leichte Schattenwurf auf dem Sarkophag erkennen lässt. Die berühmte Statue aus leuchtend weißem Carrara-Marmor hebt sich vor dem einfarbig dunklen Hintergrund gut ab. Wahrscheinlich wurde für den Zweck der Aufnahme ein dunkles Tuch hinter die Figur gespannt. Das Sujet erinnert, trotzdem es sich um die Fassung aus Sanssouci handelt, unweigerlich an Sachses Besuch bei Fried208 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 249, 24. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 44. 209 Vgl. Louis F. Sachse an Stadtrat Degen, Berlin, den 25. November 1839, in: Louis Alfred Sachse, Manuskript Photographie 1856, S. 4. 210 Vgl. Louis-Jacques-Mandé Daguerre, „Triptyche offert au Louis I. de Bavière. 1838/1839“, in: Ausst.-Kat. Daguerreotype Français 2003, S. 149, Kat.-Nr. 26 bis 28. Ein ähnliches, heute verlorenes Triptychon soll auch an Friedrich Wilhelm III. gegangen sein, vgl. ebd., S. 150. 211 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger, S. 42. 212 An dieser Stelle mein besonderer Dank an die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden für die freundliche Übersendung der Reproduktionen und die Genehmigung der Publikation.

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rich Wilhelm III. im Schloss Charlottenburg, wo das Grabmal der Königin möglicherweise als Bildmotiv für eine Daguerreotypie diskutiert wurde. Die Luisenstatue bildet sich, wie auch die Figuren der beiden anderen Dresdener Daguerreotypien Sachses, vor dunklem Hintergrund ab. Das Licht ist auf allen drei Bildern auffallend schwach. Dies könnte dem Umstand geschuldet sein, dass es sich um Aufnahmen handelt, die in einem Innenraum gemacht wurden. Die zweite Daguerreotypie hinter rundem Passepartout zeigt eine ganzfigürige Viktoria (Abb. 159). Es handelt sich hier um die Marmorfassung der zweiten Viktoria für die Walhalla, die Rauch 1833–38 ausführte. Die frontal aufgenommene Figur hält den Kranz in ihrer rechten Hand in Hüfthöhe, der linke Arm ist seitlich ausgestreckt, der Ellenbogen leicht angewinkelt, sodass die Hand nach oben zeigt. Ihr Blick ist leicht nach rechts unten gerichtet. Die Marmorstatue ist in ein antikisierendes Gewand gekleidet, das die Schwingung der Schrittbewegung – der rechte ist deutlich vor den linken Fuß gesetzt – aufnimmt. Die Figur steht auf annähernd quadratischem Sockel, von dem nur die Platte abgebildet ist. Das Licht kommt frontal von vorne, wie an dem Schlagschatten hinter dem vorderen Fuß zu erkennen ist, möglicherweise aus einem hinter dem Fotografen liegenden Fenster. Die dritte Dresdener Daguerreotypie Sachses konzentriert sich auf einen marmornen Sockel (Abb. 160). Es handelt sich hier um die Vorderseite des Sakrophags der Königin Friederike im Mauseoleum Hannover-Herrenhausen, den ebenfalls Christian Daniel Rauch in den Jahren 1843–45 schuf. Sachses Daguerreotypie auf leicht rechteckiger Kupferplatte ist von einem Passepartout mit abgeschrägten Ecken gerahmt und – eine Voraussetzung für die Langlebigkeit der Abbildungen – hinter Glas verklebt. Die Darstellung des Sockels füllt die gesamte, im Passepartout zur Verfügung stehende Bildfläche aus. Über einer einfach faszierten Plinthe sind an den zwei Kanten des frontal aufgenommenen Podestes zwei kniende Engel zu sehen, die das Gesicht zum Himmel heben und beten. Unmittelbar über den Engelsköpfen liegt das leicht auskragende Sockelgesims. Das Podest scheint aus nächster Nähe aufgenommen. Möglich, dass Sachse für die Aufnahme die Kamera direkt davor auf dem Boden positionierte. Es liegt nahe, bei den Aufnahmen aus Dresden an die dienende Funktion zu denken, die die Fotografie in vielerlei Hinsicht schon früh eingenommen hatte. Es wird auf diesen Aspekt noch einmal zurückzukommen sein.213 An dieser Stelle werden die Ausführungen zu Sachses figurativen Daguerreotypien mit einer Beobachtung abgeschlossen, die vielleicht – vielleicht aber auch nicht – in Zusammenhang mit Sachses früher Fotobegeisterung zu sehen ist. Zumal es sich bei allen Bilhauerwerken, die Sachse in den in Dresden erhaltenen Daguerreotypien aufnahm, um aktuelle, eben erst verwirklichte Werke des bedeutenden Schadow-Nachfolgers Rauch handelt. Wie das Kunstblatt berichtete, stellte der Händler seit Januar 1839 offenbar auch Abgüsse zeitgenössischer Bildhauerwerke in seinen Geschäftsräumen zum Verkauf aus: „In Hrn. Sachses Lokal sind jetzt Abgüsse von der von unserem Drake vollendeten höchst 213 Vgl. Kapitel III.3.c, „Über den Vorrat von Fotografien in Sachses Kunstsalon“.

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graziösen Statuette ,eine badende Nymphe, die einen Schmetterling fangen will, der sich auf ihr Knie niedergelassen hat‘ zum Verkauf ausgestellt.“214 Demnach richteten Sachse und Gropius im Dezember 1839 sogar einen „Skulpturensaal“ ein.215 Wo sich dieser befunden haben soll, konnte nicht ermittelt werden. Vielleicht handelte es sich um eine temporäre Verkaufsausstellung in der Weihnachtszeit. Auffällig bleibt jedoch, dass sich Sachse in ebenjenem Jahr, in dem er die Fotografie in Berlin einführt, auch für Skulpturen zu interessieren scheint, die sich, wie aufgeführt, als Bildmotive für Daguerreotypien in besonderer Weise eigneten.216 Lichtbilder wurden wiederum oft als Vorlage für Kupferstiche und Lithographien benutzt. Ob sich etwa der ebenfalls im Kunstblatt 1841 angezeigte Kupferstich von „Rauchs Statuengruppe der ersten christlichen Könige Polens“, der bei Sachse erschien, in einen solchen Zusammenhang einordnen lässt, muss jedoch, wie so vieles, Spekulation bleiben.217 b

Der Pionier bleibt Pionier

„Von Vervielfältigung oder Portraitierung ist bisher keine Rede“, hatte Alexander von Humboldt im Frühjahr 1839 festgestellt, nachdem er die ersten Daguerreotypien ge214 Vgl. Artistischer Verkehr, in: Kunstblatt, Nr. 24, 21. März 1839, S. 96. 215 Vgl. Kunstblatt, Nr. 14, 18. Februar 1840, S. 56: „Berlin, 12. Dezember. Einrichtung eines Skulpturensaals von Sachse und Gropius“. 216 Es lassen sich bisher tatsächlich nur für die Jahre um 1840 bis 1845 einzelne Erwähnungen über plastische Arbeiten auffinden, die über Sachses Kunstsalon vertrieben wurden. So hat sich im Geheimen Staatsarchiv Berlin ein Anschreiben Sachses an den königlichen Hof erhalten, worin dieser folgendes Angebot unterbreitete: „Der berühmte Bildhauer Marochetti aus Paris hat mir zwei Exemplare seiner soeben vollendeten meisterhaften Statuette Napoleon’s zu Pferde mit dem Auftrage und dem dringenden Wunsch zugeschickt, dieses sein neuestes Werk, wenn es irgend möglich seyn könnte, eurer k. M. vorzustellen und zum Kauf anzubieten“; vgl. I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königl. Geheimen Cabinets betr. den Komerzienrath Kunsthändler L. Sachse zu Berlin), Bl. 23, Louis F. Sachse an den königlichen Hof, Berlin, den 8. Mai 1840 und ebd., Bl. 24, vom 17. Mai 1840 die Negativantwort des Königs. In einem anderen Schreiben spricht Sachse von seinem „plastischen Kabinett“: „Euer Excellenz erdreiste ich mich hierdurch gehorsamst anzuzeigen, das in meinem plastischen Kabinett das merkwürde Kunstwerk Eva von Van der Veen in Rom zum Verkauf ausgestellt ist. Dasselbe wurde im Jahre 1842 vom Grafen Egloffstein im Atelier des Künstlers erkauft und soll jetzt, da der Graf sein Haus an den Grafen von Waldenburg verkauft hat, durch mich wieder verkauft werden. Es ist nach dem Ausspruch aller Kenner das bedeutenste plastische Werk des letzten Jahrzehnts, und würde gewiß seiner Maj dem K. zum höchsten Wohlgefallen gereichen. Es vorzustellen ist leider unmöglich und s. Mj. Zur allerhöchsten Ansicht einzuladen wage ich nicht.“; vgl. ebd., Bl. 49, Louis F. Sachse an den wirklichen Geh. Rath Müller, Berlin, den 4. November 1845. Die Anfrage wurde weitergeleitet und negativ beschieden; vgl. ebd., Bl. 48, Berlin, den 30. November 1845. Es soll hier jedoch bei diesen wenigen Verweisen auf den Verkauf plastischer Werke in Sachses Salon bleiben. 217 Vgl. Kunstblatt, Nr. 13, 16. Januar 1841, S. 52.

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sehen hatte.218 Arago hatte sich dieser Meinung angeschlossen: „Im allgemeinen zeigt man sich wenig geneigt anzunehmen, daß dieses Instrument jemals zur Portraitherstellung dienen wird [...]. Damit das Bild schnell entstehe, muß man von der Person fordern, dass sie in heller Sonne 4 bis 5 Minuten eine unbewegliche Haltung einnimmt. Das starke Licht würde aber die unempfindlichste Person fortwährend zum Blinzeln zwingen, das Gesicht würde sich verziehen und der ganze Ausdruck sich vollständig ändern.“219 Die Aufgabe forderte die Daguerreotypisten dennoch von Anfang an heraus. Schon am 23. September 1839 soll Daguerre selbst erste Porträtaufnahmen der Pariser Akademie der Wissenschaften vorgelegt haben,220 die jedoch, ebenso wie jenes einer Dame – aufgenommen von „Dr. Donné“ und am 14. Oktober derselben Institution vorgelegt – „noch viel zu wünschen übrig“ ließen. Das Bild von Donnés Dame kommentierte die Spenersche Zeitung für das Berliner Publikum: „[... die Ähnlichkeit soll nicht groß seyn. Die Dame hat die Augen schließen müssen, um jede Bewegung zu vermeiden, auch war ihr ganzes Gesicht eingepudert worden, weil man bemerkt haben will, dass die weiße Farbe schneller als die Fleischfarbe wirkt.“221 Es verwundert kaum, dass auch Sachse, dessen Porträtlithographien einen wichtigen Pfeiler seines Geschäfts bildeten, es sich im Zuge der intensiven Beschäftigung mit dem neuen Verfahren zur Aufgabe machte, Menschen fotografisch festzuhalten. Und es sollte ihm gelingen. Sachses erste Porträtaufnahme einer lebenden Person sorgte im April 1840 für Aufsehen: „Die bisherigen Versuche, mit dem Daguerreotyp zu portraitieren, hatten nicht recht gelingen wollen. Wir haben indeß in diesen Tagen ein, bei Hrn. Sachse gefertigtes, Daguerresches Portraitlichtbild gesehen, auf welchem die Ähnlichkeit der Person so leicht erkennbar ist, wie sie nur aus freier Hand hergestellt werden kann. Weiter fortgesetzte Versuche werden diesen Zweig der Daguerreschen Bilder-Vervielfältigung gewiß bald zu einer bedeutenden Höhe bringen“, hieß es in der Spenerschen Zeitung.222 Neben der Hoffnung, dass dieser Kunstzweig bald Blüten tragen werde, wird 218 Zit. nach Dewitz/Kempe 1983, S. 21. 219 Aus dem Bericht von François Arago vor der Akademie der Wissenschaften in Paris vom 19. August 1839, zit. nach Dewitz/Kempe 1983, S. 21. 220 Vgl. Allgemeiner Anzeiger und National Zeitung für die Deutschen, Nr. 227, 11. Oktober 1839, S. 3582: „Akademie der Wissenschaften. Sitzung vom 23. September. Zu Paris sind nun auch Portraits ausgestellt, die man mit Hilfe von Daguerres Verfahren hergestellt hat“; zit. nach Dost/ Stenger 1922, S. 53. 221 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 247, 22. Oktober 1839: „Paris. Herr Dr. Donné legt in der Akademie der Wissenschaften in Paris vom 14. Oktober ein mit einem Daguerreotyp erhaltenes Portrait einer Dame vor, das jedoch noch viel zu wünschen übrig lässt, wenn es auch nach Aragos Meinung schon bei weitem besser, als ein früher von Daguerre verfertigtes ist. Die Kleidungsstücke sind gut wiedergegeben obgleich sie während der Operation, die im freien geschah, von dem Winde bewegt wurden, aber die Ähnlichkeit soll nicht groß seyn. Die Dame hat die Augen schließen müssen, um jede Bewegung zu vermeiden, auch war ihr ganzes Gesicht eingepudert worden, weil man bemerkt haben will, dass die weiße Farbe schneller als die Fleischfarbe wirkt“; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 53. 222 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 100, 29. April 1840, zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 51.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 259

hier interessanterweise von der „Bilder-Vervielfältigung“ gesprochen. Daguerreotypien waren und blieben Unikate. Die Idee der Vervielfältigung kann sich also nur entweder auf die Möglichkeit beziehen, das menschliche Spiegelbild auf der Silberplatte zu fixieren oder aber die Fotografie als Vorlage für Lithographien und Kupferstiche zu nutzen. Sachses Gelingen erster Porträtaufnahmen war nichts weniger als eine Sensation. Noch im November 1840 zog ein Hamburger Korrespondent den Vergleich von Sachses fotografiertem ersten Bildnis zu der gepuderten Dame, die Donné im Oktober des Vorjahres in der Pariser Akademie ausgestellt hatte: „Es sind nicht marmorkalte Gestalten mit geschlossenen Augen; das Auge ist offen und über das Abbild ist das ganze Leben des Originals gegossen.“223 Wahrscheinlich hatte sich der stets informierte Sachse bereits jene Arbeitsvereinfachung zu Nutze gemacht, mit der die Münchener Fotopioniere, der Physiker und Mathematiker Carl August von Steinheil (1801–1870) und der Mineraloge Franz von Kobell (1803–1875), im Januar 1840 von sich reden machten.224 Die Berliner erfuhren von den Neuerungen aus der Spenerschen Zeitung: „Der Prof. Steinheil hat eine Erfindung zur wesentlichen Vereinfachung der Handhabung des Daguerreotyps gemacht. Die Jodierung bewirkt er durch ein, von Jod durchdrungenes Brettchen, welches er auf die Silberplatte legt, in 1–2 Minuten, und die Quecksilberung ebenso durch eine amalgamirte Kupferplatte, ohne besondere Erwärmung, durch bloßes Auflegen in 5 bis 10 Minuten. Bei beiden Operationen ist keine Verfinsterung des Lokals mehr nöthig.“225 Möglicherweise ebenfalls noch im Laufe des Jahres 1840 gelang auch Steinheil ein erstes Selbstporträt (Abb. 161).226 Es handelt sich hierbei um eines der frühesten erhaltenen daguerreotypierten Bildnisse überhaupt. Schon wenige Tage nach der Präsentation seines ersten fotografisch aufgenommenen Porträts sorgte Sachse für einen nächsten Coup. Der Händler stellte ein von ihm selbst gefertigtes Gruppenbild in seinem Kunstsalon aus. In „langdauernder Sitzung“ und ohne den für die frühen fotografischen Ateliers bald obligatorischen „Kopfhalter“ waren auf einer „Größe von 8¼ zu 6“ gleich vier Personen auf einer Silberplatte abgebildet.227 Aus dem schon vielfach erwähnten Manuskript seines Sohnes ist sogar namentlich zu erfahren, um wen es sich hierbei handelte: „1. Sachses Buchhalter [mit Namen Wege, alle Anm. d. V.], 2. Seinen Neffen [mit dem Namen Korn, der später in Stettin eine eigene 223 Zit. nach Dewitz/Kempe 1983, S. 21. 224 Sachse erfuhr bereits im Juli 1839 über die ersten eigenhändigen fotografischen Versuche von Steinheil und Kobell; vgl. Kunstblatt, Nr. 60, 16. Juli 1839, S. 240: „In der Sitzung des wissenschaftlichen Kunstvereins am 15. Juni wurde durch Dr. E. Förster über die Steinheil-Kobell’sche Methode der Heliographie, unter Vorlegung von Proben, berichtet. Hofrath Fr. Förster legte eine Sammlung indischer Originalbilder, Kunsthändler Sachse eine von schönen Aquarellen vor, die er soeben aus Paris mitgebracht.“ 225 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 6, 8. Januar 1840; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 50. Zu Steinheil und Kobell als Fotografiepioniere in München siehe Cornwall 1979, S. 15–29. 226 Vgl. Cornwall 1979, S. 25 und S. 29 (Abb.). 227 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5.

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lithographische Anstalt betrieb],228 3. Seinen Hausdiener, 4. Sein Töchterchen [mit Namen Betty],229 letzteres im Jahre 1841 verstorben.“230 Diese wahrscheinlich erste Gruppenfotografie, die in Berlin, möglicherweise in Deutschland entstanden ist, war 1865 noch im Besitz der Familie – und dazu in einem offenbar tadellosen Zustand: „Dies Bild, jetzt nach 25 Jahren noch in der vollkommensten Kraft, gibt Zeugnis von der malerisch gewählten Anordnung und von der Dauerhaftigkeit der Lichtbilder auf Silber, eine Dauerhaftigkeit, wie sie bis jetzt bei gleicher Zeitdauer bei allen Papierphotographien noch fraglich ist.“231 Deutlich sucht Sachses Sohn, sicher als Sprachrohr seines Vaters, die Bedeutung, ja Überlegenheit des Daguerre’schen Verfahrens gegenüber der (frühen) Papierfotografie herauszustellen.232 Die Formulierung vom Bild als „Zeugnis der malerisch gewählten Anordnung“ verleiht der Aufnahme künstlerischen Wert und stellt sie gleichberechtigt neben das gerade im Bürgertum beliebte gemalte Gruppenporträt. Zu gern würde man sich Sachses Gruppenfoto vor Augen führen und sich selbst ein Bild machen. Die Zusammenstellung der Personen (Buchhalter, Neffe, Hausdiener und einjährige Tochter) lässt an ein Heranziehen sowohl verfügbarer als auch vertrauter Menschen aus Sachses unmittelbarer Umgebung denken. Die „langdauernde“ Sitzung mag sicher noch viel von einem ersten Experiment gehabt haben. Die sich wenige Jahre später überall etablierenden Ateliers der Berufsdaguerreotypisten richteten sich in Räumen mit Glasdach ein, die ausgestattet wurden mit so wesentlichen Utensilien wie etwa einem Kopfhalter, der dem Porträtierten als Stütze während der langen Belichtungszeit dienen sollte, einer mit schönen Garten- oder Parkaussichten bemalten Leinwand als angemessenen Hintergrund für die Aufnahme, einem Piano zur Aufheiterung und vielem mehr. Vorschläge für die Einrichtung eines solchen Ateliers fand man u. a. im „Vollständigen Handbuch für Photographie“, Leipzig und Berlin 228 Vgl. ebd., später hinzugefügte handschriftliche Anmerkung von dem Enkel Alfred Sachse, der den Familiennachlass 1943 dem Berliner Landesarchiv übergeben hatte. 229 Vgl. ebd. 230 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 231 Vgl. ebd. 232 Sachse teilte seine Begeisterung für die Daguerreotypie mit vielen weiteren Pionieren dieses Verfahrens, auch wenn bald allgemein festgestellt wurde, dass die Zukunft der Papierfotografie gehörte. Anton Martin (1812–1882), der sich als einer der ersten der Daguerreotypie in Wien angenommen hatte und später Präsident der Photographischen Gesellschaft, der ersten dieser Art im deutschen Sprachraum, wurde, beschäftigte sich schon lange mit der „Photographie auf Papier“. 1846 gab er ein „Repertorium der Photographie“ heraus, dem eine Hymne auf die Daguerreotypie vorangestellt ist: „Jeder, welcher vollkommen gelungene Daguerre’sche Bilder gesehen hat, und noch vielmehr jener, welcher sich mit der Erzeugung derselben befasst, wird nicht leugnen, dass diese Bilder einen eigenthümlichen Reiz besitzen, der für alle Fehler, die, vom Standpunkt der Kunst betrachtet, nicht wegzuleugnen sind, vollkommen entschädigt. Die Entstehungsart selbst, dass nämlich das Bild so auf einmal ganz fertig erscheint, so wie die wundervolle Genauigkeit der Details, die zarten Übergänge vom grellsten Lichte bis zum tiefsten Schatten, das Durchschimmern von Farbtönen, kurz alle kaum zu beschreibenden Eigenthümlichkeiten der Daguerreotypien tragen dazu bei, durch einen einzigen gelungenen Versuch viele vergebliche Mühe vergessen zu machen“; zit. nach Kempe 1979, S. 62.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 261

1864, das mit selbsterklärenden Zeichnungen illustriert war (Abb. 162).233 Zum Zeitpunkt von Sachses Gruppenbild dachte noch kaum jemand an das Daguerreotypieren als Beruf und auch die vielen Hilfsmittel gab es noch nicht.234 Zudem ist wahrscheinlich, dass das Bild, wie schon jenes des Franzosen Donné, aufgrund der günstigeren Lichtsituation draußen entstanden ist. Das Gelingen, nicht nur die drei erwachsenen Männer, sondern auch die einjährige Tochter „malerisch“ anzuordnen (vielleicht um einen Tisch, wie in den Familienbildern des Biedermeier beliebt) und sie über Minuten ruhig zu halten, damit aus dem Experiment ein Exempel werden konnte, ist ein Verdienst, das neben dem Initiator und Fotografen Sachse allen Teilnehmern gebührt. Möglicherweise hat Sachse das auch selbst so gesehen. In dem Manuskript ist überliefert, dass er die Aufnahme „den Angehörigen der Dargestellten geschenkt hatte“.235 Schon im Folgejahr 1841 erhielt er es von denselben jedoch wieder zurück – „zur Erinnerung an sein verstorbenes Töchterchen“.236 Dieses erste Gruppenporträt scheint für einiges Aufsehen gesorgt zu haben. Es sei „vielfach von Gelehrten und Freunden der Daguerre’schen Erfindung zur Ansicht erbeten und gewährt“ worden.237 Auch im Kunstblatt vom 21. Mai 1840 wurde von einem Porträt bei Sachse berichtet, „welches die Hoffnung erweckt, daß dieser Zweig der Photographie ebenfalls bald vollkommenere Leistungen liefern wird, als bisher“.238 Die mehrminütige Belichtungszeit des Daguerre’schen Verfahrens stellte dem Gelingen von Porträtaufnahmen jedoch grundsätzlich noch eine erhebliche Hürde entgegen. Die entscheidenden Fortschritte, die Aufnahmen in wenigen Sekunden ermöglichen sollten, kamen diesmal nicht aus Paris, sondern aus Wien. Der Physiker und Mathematiker Prof. Andreas von Ettingshausen (1796–1875) war – „mehr oder weniger in direktem Auftrag des Österreichischen Staatskanzlers Clemens von Metternich“239 – zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Modalitäten der Daguerreotypie in Paris gewesen, von wo er eine erste originale Kamera mit nach Österreich brachte. Schnell schloss sich ein Kreis an dem Verfahren interessierter Persönlichkeiten zu der später berühmten „Fürstenhof-Runde“ zusammen.240 Zu diesen gehörte der Professor für höhere Mathematik Joseph Max Petzval (1807–1891), der „sich theoretisch mit der Erhöhung der Licht233 Vgl. ebd., S. 22. 234 Das ersten Berufsdaguerreotypisten lassen sich in Berlin nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 1842 ausmachen; vgl. u. a. ebd., S. 57. 235 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 236 Vgl. ebd. 237 Vgl. ebd. 238 Vgl. Kunstblatt, Nr. 41, 21. Mai 1840, S. 168. 239 Vgl. Monika Faber: „Stallburg und Altes Hoftheater. Eine Daguerreotypie von Andreas von Ettingshausen aus dem Jahr 1840“, in: Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie, H. 77, 2000, S. 15–24, hier S. 16–18. Hier auch zu Metternichs ausgeprägtem Interesse für wissenschaftliche Neuerungen und dem Verhältnis zu Ettingshausen. 240 Der Fürstenhof war der Ort, an dem sich die ersten Daguerreotypisten Wiens trafen; vgl. u. a. Eder 1936 sowie Kempe 1979, S. 61–76 und Faber 2000, S. 18f.

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stärken befasst und mehrere lichtstarke Objektivtypen errechnet hatte“.241 Schon im Frühjahr 1840 präsentierte Petzval seine Berechnungen für ein leistungsfähiges Porträtobjektiv. Die Fertigung übertrug er der optischen Firma von Peter Wilhelm Friedrich Voigtländer (1812–1878), der bereits im Mai 1840 das erste Objektiv zum Porträtieren liefern konnte. Ausgehend von diesem leistungsstarken Glas entwickelte Voigtländer eine erste Metallkamera, deren Prototyp im Januar 1841 auf den Markt gebracht werden konnte (Abb. 163). Noch während der Modellentwicklung stand Sachse offenbar mit Wien in Kontakt. Am 18. Dezember 1840 berichtete die Vossische Zeitung: „In der Kunsthandlung des Hrn. Sachse befindet sich gegenwärtig ein interessantes Daguerreotypbild, ein weibliches Portrait darstellend. Es ist sehr wohl gelungen und zeigt somit das Feld der Daguerreotypie in einer gewiß nicht unwichtigen Erweiterung. Das in Rede stehende Bild ist von Hrn. Voigtländer in Wien mit dem Daguerreotyp Sr. Durchlaucht des Fürsten Metternich, durch dessen Güthe es auch zur Mittheilung nach Berlin gelangte, gefertigt; doch hofft man, wird die Herstellung eines solchen später auf einer vervollkommneten Camera obscura nur einer Zeit von 10 bis 15 Sekunden bedürfen.“242 Interessanterweise erinnerte sich Felix Eberty in „Jugenderinnerungen eines alten Berliners“ noch 1878 an die Präsentation des von Metternich in Auftrag gegebenen Bildes und will zu berichten wissen: „Fürst Metternich ließ ein Bauernmädchen eine Viertelstunde lang stillsitzen; und in der That hielt die junge Person eine solche Tortur so tapfer aus, dass ein vortreffliches Bild entstand, welches später in Berlin bei dem Kunsthändler Sachse gezeigt wurde.“243 Wie lange die Sitzung tatsächlich gedauert hat, ist heute nur noch zu mutmaßen. Möglich, dass Eberty von den jüngsten Entwicklungen in Wien keine Kenntnis und aus seinem Wissen um die Schwierigkeiten von Porträtaufnahmen aufgrund der langen Belichtungszeiten seine eigenen Schlüsse gezogen hatte. Von der zeitgenössischen Presse hingegen war die Präsentation der von Voigtländer angefertigten Porträtaufnahme bei Sachse bereits mit der Hoffnung verbunden worden, in Kürze nur noch einer Belichtungsdauer von 10 bis 15 Sekunden zu bedürfen. Voigtländer hatte das entsprechende Objektiv nach Petzvals Berechnungen schon vor Monaten hergestellt und stand kurz vor der Präsentation seiner metallenen Porträtkamera. Es scheint vor diesem Hintergrund also eher unwahrscheinlich, dass Voigtländer die neue leistungsstärkere Linse nicht benutzt haben soll, als er das Porträt für Metternich anfertigte, der selbst großes Interesse an den neuesten Erkenntnissen des Daguerreotypierens zeigte.244 241 Vgl. Kempe 1979, S. 63. 242 Vgl. Vossische Zeitung, Nr. 207, 18. Dezember 1840; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 57. Von dem Bild wird außerdem berichtet im Kunstblatt, Nr. 8, 28. Januar 1841, S. 32: „Nachrichten vom Dezember. Berlin, den 15. Dezember (über die Sitzung des Wissenschaftlichen Kunstvereins): Der Kunsthändler Sachse zeigte ein vom Fürsten Metternich mitgetheiltes Lichtbild.“ 243 Eberty 1878, S. 25; Abschrift der entsprechenden Textstelle in LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1. 244 Diese These mag die Tatsache untermauern, dass auch Anton Martin, Mitarbeiter von Ettingshausen und Mitglied der Fürstenhof-Runde, schon in der zweiten Jahreshälfte 1840 erfolgreich Porträts mit der Voigtländer-Kamera erstellte; vgl. Faber 2000, S. 20.

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Zu der erwähnten Fürstenhof-Runde, die „sich wöchentlich zum Gedankenaustausch traf und sehr konkrete Probleme der jungen fotografischen Technik besprach“,245 zählte gleichsam der Chemiker und Beamte der k. u. k.-Hofkriegsbuchhaltung Franz Kratochwila (1798–?). Während Petzval seine Berechnungen für ein lichtstarkes Objektiv anstellte, arbeitete Kratochwila an einer zusätzlichen Bedampfung der versilberten Kupferplatten mit Chlorbrom, wodurch er deren Lichtempfindlichkeit um das Fünffache steigern konnte. Petzvals verbesserte Linse zusammen mit dem lichtempfindlichen Aufnahmematerial sollten die Voraussetzungen für den Siegeszug der Porträtfotografie liefern. Am 26. Januar 1841 druckte die Vossische Zeitung eine Mitteilung von Franz Kratochwila über die Entwicklungen aus Wien: „Die Erfahrung, dass eine bejodete Silberplatte mäßigen Dämpfen von unvollkommenen Chlorbrom ausgesetzt, an Reitzbarkeit wenigstens das fünffache gewinne, erregte in mir die Hoffnung, bei vermehrter Lichtstärke in der dunklen Kammer, Lichtbilder in ganz kurzer Zeit hervorbringen zu können. Durch meine Versuche habe ich bereits im Monat September 1840 dargethan, dass man Bilder in wenigen Augenblicken erzeugen könne. Mit der von Prof. Petzval berechneten Linsen Combination, von dem berühmten Optiker Voigtländer und Sohn zweckmäßig ausgeführt, hatte ich bei trüber Witterung im Zimmer zwei Portraits in einer Minute und draußen in 8 Sekunden hervorgebracht.“246 Die Ereignisse schienen sich nun zu überschlagen. Am 30. März 1841 berichtete der Wiener Anatomieprofessor Joseph Berres (1796–1844), der ebenfalls zur Fürstenhof-Runde gehörte und sich schon damals für fotografische Druckversuche interessierte,247 dem Berliner Publikum über die gemachten Fortschritte. Die dem Kreis ebenfalls angehörigen Brüder Joseph (1819–1862) und Johann Natterer (1821–1900) hatten das Verfahren von Kratochwila noch einmal wesentlich verbessert, sodass Lichtbilder, namentlich Porträts, nun bereits in Sekundenschnelle erstellt werden konnten: „Einer der wichtigsten Schritte zur Vervollkommnung der Lichtbilderzeugung ist durch den rastlosen Eifer der in den öffentlichen Blättern bereits rühmlichst erwähnten Gebrüder Natterer gemacht, und durch diesen die Kunst der Steigerung der Empfindlichkeit der Silberplatten für die Einwirkung des Lichts bis zu der höchsten Stufe erhoben worden. Es werden nun schon mit empfindlichen Natterschen Platten und mit der Voigtländerschen Camera obscura, bei trübem Wetter binnen 5–6 Secunden, bei reinem hellen Tage (im Schatten) binnen 2 Secunden, und im direkten Sonnenlicht in der unmessbaren Zeit des Abnehmens und schnellen Wiederschließens des vor den Linsen angebrachten Deckels Portraite und andere Bilder gemacht, welche alle Erwartungen weit übertreffen. Wir besitzen nun schon Familiengruppen daguerreotypirt, in welchen die einzelnen Personen, die sprechendste Ähnlichkeit besitzen und daher leicht erkannt werden, belebte Straßen, in welchen

245 Vgl. ebd., S. 19. 246 Vossische Zeitung, 26. Januar 1841; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 58. 247 Vgl. Faber 2000, S. 19; Kempe 1979, S. 70.

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Menschen und Wagen das bunte Gewirr des Tages darstellen, Bilder verschiedener naturhistorischer Gegenstrande u.s.w.“248 Es verwundert wohl kaum, dass Louis Sachse sich, sobald es ihm möglich war, auf den Weg nach Wien machte. Aus seinem Reisetagebuch geht hervor, dass der Berliner Händler am 11. September 1841 „mit der Eisenbahn über Luckenwalde nach Jüterborg, dann mit Schnellpost nach Dresden, Teplitz, Prag [...], Kollin, Iglau, Deutsch-Brod, Znaim“ in die österreichische Hauptstadt reiste, wo er am 15. September 1841 um 17 Uhr eintraf.249 Am Folgetag führte ihn sein erster Gang zu Voigtländer & Schnur: „Dort das Daguerreotypieren gesehen“, so Sachses Notiz für diesen Tag.250 Über einen Herrn Schnur aus Wien konnte im Zusammenhang mit der frühen Daguerreotypie nichts in Erfahrung gebracht werden. Einzig in dem Manuskript von 1865 ist der Vermerk zu lesen: „Im Jahre 1841 hatte Schnur in Wien durch sein Verfahren mit Brom erreicht, Portraits bei viel kürzerer Zeitdauer aufzunehmen. Sachse reiste daher am 16. September 1841 nach Wien, trat dort mit Voigtländer und Schnur in Verbindung und brachte am 6. October 1841 nach Berlin den ersten Voigtländer’schen Apparat.“251 Möglicherweise ist Sachses Enkel Alfred beim Transkribieren des handgeschriebenen Textes seines gleichnamigen Vaters ein Fehler unterlaufen.252 Es ist wahrscheinlich, dass mit „Schnur“ eigentlich der Maler und „Naturforscher“ Carl Schuh (1806–1863) gemeint ist.253 Schuh war gebürtiger Berliner. Wann genau er nach Wien übergesiedelt ist, ist nicht bekannt. Schuh hatte sein Atelier jedoch seit spätestens 1840 in ebenjenem Gebäude in Wien-Landstraße eingerichtet, das der Fürstenhof-Runde ihren Namen geben sollte. Es gilt als das älteste Atelier für Daguerreotypie in Österreich. H. Grimm, der den Eintrag zu Schuh für das „Österreichische Biographische Lexikon“ schrieb, berichtete, dass Schuh „insbesondere durch seine Experimentalvorstellungen mit über 1500 botan. und geolog. Proben, die er einem breiten Publikum mit Hilfe des Hydrooxygen-Gas-Mikroskops zur Anschauung brachte [...] weithin bekannt“ wurde.254 In diesem Vermerk könnte ein Hinweis auf die in Sachses Manuskript geäußerte Annahme liegen, dass Schuh (fälschlich „Schnur“) „ein Verfahren mit Brom erreicht“ hatte. Vielmehr war es Schuhs Atelier, in dem sich die daguerreotypiebegeisterten Wissenschaftler, Künstler, Gewerbetreibenden und Neugierigen regelmäßig trafen, um neue Erkenntnisse auszu248 Spenersche Zeitung, Nr. 75, 30 März 1841; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 58. 249 Vgl. Anhang 1. 250 Vgl. ebd. 251 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 252 Der handgeschriebene Text von 1865 ist verloren gegangen. Es existiert nur die Maschinenabschrift aus dem Jahre 1939; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 9. 253 H. Grimm: „Carl Schuh“, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 11, Lfg. 53, 1998, S. 309. 254 Vgl. ebd. und Faber 2000, S. 19, der schreibt: „Hier in Schuhs Atelier wurden von Ettingshausen im März 1840 mit Hilfe des Gasmikroskops des Malers auch die ersten Mikro-Daguerreotypien hergestellt, die dann von Joseph Berres schon im April geätzt wurden und als Matrize für die ersten fotografischen Druckversuche dienten.“

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tauschen und Versuche anzustellen: „Gesellschaftliche Schranken scheinen nicht mehr existiert zu haben. Damit wurde im kleinen Kreis eine Nähe von Forschung und wirtschaftlicher Verwertung erreicht, die das bis dahin in der Photographie geübte Privatgelehrtentum mit seiner Geheimniskrämerei ablöste und eine sofortige, wirtschaftliche Umsetzung und Ausbeutung der Entdeckungen ermöglichte [...].“255 Zu dem „kleinen Kreis“ begeisterter Daguerreotypieanhänger, die sich regelmäßig in Schuhs Atelier trafen, gehörten die genannten Ettingshausen, Petzval, Kratochwila, die Brüder Natterer, Berres und der Optiker Voigtländer. Wahrscheinlich schon gegen Ende 1839 hatte Ettingshausen seine aus Paris mitgebrachte Daguerre-Kamera dem Atelierbesitzer Carl Schuh überlassen, der „dann damit als erster kommerzieller Fotograf Wiens weiterarbeitete – allerdings wahrscheinlich doch bald umgebaut mit jener anderen [Petzval-Voigtländer’schen, d. V.] Optik, die dem ursprünglichen Fabrikat so viel überlegen war: Es bedurfte nur noch eines Bruchteils der ursprünglichen Belichtungszeit“.256 Folgt man Sachses Tagebuchaufzeichnungen seines Wienaufenthaltes vom 15. bis 28. September 1841, wird die Ungeduld des Berliners deutlich, das Verfahren vor Ort selbst zu erproben. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Sachse an seinem ersten Besuchstag in der österreichischen Hauptstadt nicht bei Voigtländer & Schnur, sondern im Atelier von Carl Schuh unter der Anwesenheit oder unter der Verwendung einer Kamera von Voigtländer „das Daguerreotypieren gesehen“ hatte.257 Am Folgetag, dem 17. September 1841, ging Sachse wieder zu „Schnur“ [Schuh!] und hat „4 Stunden daguerreotypiert“. Für den 21. September ist noch mal die Notiz „mit Schnur [Schuh!] daguerreotypiert“ eingetragen, am 23. September ging Sachse „zu Voigtländer“ und am 25. September 1841 ist „Voigtländers Abschied“ vermerkt.258 Dost und Stenger wollen wissen, dass sich Sachse (auch) mit den Gebrüdern Natterer und Katrochwila „in Verbindung setzte“, wofür jedoch keine Belege gefunden werden konnten.259 Die Möglichkeit, dass Sachse dieselben in Schuhs Atelier angetroffen hat, besteht, doch hätte dieser das in seinen Notizen sicherlich vermerkt. Nachdem Sachse am 6. Oktober 1841 wieder nach Berlin zurückgekehrt war, konnte er jedenfalls die erste Voigtländer-Kamera in der preußischen Hauptstadt präsentieren. In dem Manuskript von 1865 ist zu lesen, dass Sachse „von da ab Portraits von einer und mehreren Personen in kurzer Sitzung auf[nahm]“. Zu diesem Zweck soll Sachse sich sogar Porträtateliers „in der Jägerstrasse 30, nachher 49, dann No. 23 und wieder No. 30 auf flachem Dache“ eingerichtet haben, worüber jedoch nichts Näheres in Erfahrung zu bringen ist.260 Auf Sachses Gebrauch der Voigtländer-Kamera weisen mögli255 Vgl. Franz Hebestreit: „,Fleiß, Reinlichkeit und Geduld‘ – Anton Martin (1812–1882)“, in: Ausst.-Kat. Silber und Salz 1989, S. 146; auch bei Faber 2000, S. 19. 256 Vgl. Faber 2000, S. 19. 257 Vgl. Anhang 1. 258 Vgl. ebd. 259 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 57. Sachses Reisetagebuchaufzeichnungen haben Dost/Stenger hingegen offenbar nicht gekannt. 260 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5.

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cherweise die drei erhaltenen Daguerreotypien aus Dresden hin (Abb. 158–160).261 Das Format der Platten für diese Kamera war viel kleiner als für die französischen Apparate. Sie waren zudem in der Regel achteckig, also mit abgeschnittenen Kanten, um in die Vorrichtung für die Metallkamera zu passen. Die frühen Aufnahmen ergaben runde Bilder mit einem Durchmesser von etwa 9,5 cm, deren besonders feine Zeichnung von den Zeitgenossen gerühmt wurde.262 Bis frühestens Mitte 1842 blieb das Daguerreotypieren eine Art Freizeitbeschäftigung für Dilletanten, zu denen auch Sachse zu zählen ist. Der erste Berufsdaguerreotypist in Berlin soll Johann Carl Conrad Schall (1805–1885) gewesen sein, der im Mai oder August 1842 ein „Öffentliches Conterfei-Atelier“ eröffnete, wo er „Lichtbilder-Portraits mit dem Daguerreotyp in einer Minute gefertigt [...] in beliebiger Größe täglich von 9 bis 13 Uhr“ anbot.263 Als Schall sich aufgrund seines großen Zulaufs 1844 das erste Glasdach-Atelier in Berlin erbauen ließ, hatte Sachse das eigenhändige Daguerreotypieren bereits seit einem Jahr aufgegeben. Das „Drängen seiner Familie und ärztlicher Rath“ hatten ihn genötigt, „Mitte des Jahres 1843 [... von wegen der steten Anwendung von Brom und Quecksilberdämpfen seiner Gesundheit nachteiligen Beschäftigung abzustehen und sich nach der in jeder Richtung gewachsenen Ausdehnung seiner übrigen Geschäftszweige allein wieder zu widmen“.264 Interessanterweise löste auch Schall im Laufe des Jahres 1846 sein wohl äußerst erfolgreiches Atelier wieder auf und eröffnete eine lithographische Anstalt.265 Die zunehmend professioneller ausgestatteten Ateliers der Berufsfotografen sollten von nun an jedoch zum vertrauten Stadtbild gehören. Sachse konzentrierte sich auf den Kunsthandel, bot in seinem Geschäft aber weiterhin auch Fotografien zum Verkauf an.

261 Vgl. Kapitel III.3.a, „Mehr als 200 Lichtbilder in 6 Wochen“. 262 Vgl. Cornwall 1979, S. 38–41; Kempe 1979, S. 68f.; Faber 2000, S. 20. 263 Vgl. Cornwall 1979, S. 48 und Kempe 1979, S. 57. 264 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5f. Kempe informiert bereits in seiner Einleitung zu diesem Thema: „Die Gefährlichkeit der in der Daguerreotypie benutzten Chemikalien wie verdampfendes Jod und Quecksilber erkannte man erst spät. Schwere Nieren- und Lungenschäden führten zum frühen Tod oder zur Erblindung. Am 1. März 1846 muß die Polizei-Behörde in Hamburg den Wiederverkauf der Baumwolle, die zum Polieren der Metallplatten benutzt worden war, unter strenge Auflagen stellen. ‚Da auch bereits benutzte, aber misslungene Platten damit wieder gereinigt zu werden pflegen, so ist diese Baumwolle häufig mit chemischen und mineralischen Substanzen, namentlich mit Jod, Brom und Quecksilber, imprägniert [...] und daher [...] bei fernerem Gebrauch der Gesundheit im hohen Grade gefährlich‘“; vgl. Kempe 1979, S. 24. 265 Vgl. Cornwall 1979, S. 48. Sachse machte Juli/August 1843 eine Reise zur Kur nach Salzbrunn (vgl. Reisetagebücher, Anhang 1). Möglich, dass Sachse bereits Beschwerden aufgrund des Umgangs mit den gefährlichen Chemikalien beim Daguerreotypieren hatte und von seiner Familie aus gesundheitlichen Gründen zu dieser Kur geschickt worden ist.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 267

c

Über den Vorrat von Fotografien in Sachses Kunstsalon

„In Berlin waren Herr Dr. Berg und Inspektor Gropius die ersten, welche mit Sachse sich zum gründlichen Experimenten in der Erzeugung von Lichtbildern verbanden. Später besichtigten viele andere Sachse’s Verfahren und nahmen bei ihm ungehindert Kenntnis von den Operationen“, heißt es in dem bereits mehrfach zitierten Manuskript von 1865.266 Die Brüder Gropius gehörten zu den ersten Abnehmern französischer Apparate bei Sachse. Dass die Kunsthändler und Betreiber des Berliner Dioramas sich auch für Daguerres neueste Erfindung brennend interessierten, mag kaum verwundern. Speziell George Gropius, der bereits die von Kugler redigierte Kunstzeitschrift Museum (1833–1837) herausgegeben hatte, machte sich um die Verbreitung der neuen Technik Daguerres in Berlin verdient. Bei ihm waren von Anfang an sämtliche Neuerscheinungen zum Thema Daguerreotypie einzusehen und käuflich zu erwerben. Einige wichtige Schriften veröffentlichte er selbst in seinem Verlag.267 Er stellte zudem eine ganze Reihe eigener „Versuche für den Ausbau und die Verbesserung des Verfahrens“ an, deren Ergebnisse er ebenso wie die vieler anderer Daguerreotypisten bei sich im Geschäft auslegte.268 Über den „Herrn Dr. Berg“ ist hingegen kaum etwas in Erfahrung zu bringen. Die Pioniere der frühen Fotogeschichte Wilhelm Dost und Erich Stenger förderten einen Bericht aus der Vossischen Zeitung vom Oktober 1839 zutage, worin sich ein „Dr. Berg“ zu dem Aufsatz eines „Fr. von Schönholz“ über Lichtzeichnungen und Ölbilddruck äußert.269 Schönholz hatte wohl die Daguerreotypie im Ganzen kritisiert und ihr jeden praktischen Nutzen abgesprochen, wogegen sich Dr. Berg offenbar entschieden zur Wehr zu setzen aufgefordert sah: „Was das Verfahren zur Bereitung der Lichtbilder betrifft, welches der Hr. Verfasser etwas verwickelt nennt, und wozu nicht jeder die Geduld noch weniger die Geschicklichkeit habe, sodass ein Daguerrescher Apparat 266 Vgl. Sachse Photographie 1865, S. 5. 267 Vgl. u. a. Vossische Zeitung, Nr. 228, 30. September 1839 und Spenersche Zeitung, Nr. 232; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 38: „Im Verlage von Hrn. G. Gropius ist soeben folgende gewiß Interesse erregende Schrift erschienen: Practische Beschreibung des Daguerreotyps, von Daguerre: aus dem französischen übersetzt. Es darf diese kleine Schrift, deren Übersetzer der Verfertiger nicht nur der ersten Lichtbilder in Berlin vor Ankunft des Pariser Daguerreotyps, sondern auch des ersten, bei Hrn. Sachse ausgestellten, durch einen Pariser Apparat erhaltenen, ist, nicht mit einer unter ähnlichem Titel bei Basse in Quedlinburg erschienenen verwechselt werden, welche letztere nur eine nach der ersten unvollständigen Mittheilung im Journal de Débats combinirte und zum Theil den Sinn völlig mißverstehenden Arbeit ist, mit Tafeln versehen, die man nur anzusehen braucht, um ihre völlige Unrichtigkeit zu erkennen. Dagegen ist die vorliegende Schrift völlig treu nach der Daguerreschen Original-Schrift übersetzt, und die beiliegenden Tafeln sind eine genaue Copie der Daguerreschen, so daß mit ihrer Hilfe jeder Mechanikus einen den Pariser Original-Daguerreotypen völlig ähnlichen Apparat ausführen und ein jeder damit Operirenden genau nach Daguerres Vorschriften arbeiten kann.“ 268 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 40f. 269 Vgl. ebd., S. 43.

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für den reisenden Privatmann völlig unpraktisch sey, so müssen wir auch hierin dem Hrn. Verfasser widersprechen. Das erste aus Paris hier angekommene Lichtbild ist von einer Dame, der Madame Giroux angefertigt worden, und auch hier in Berlin sind von einem geachteten Kunsthändler, der keine Ansprüche auf besondere physikalische und chemische Studien macht, schon recht wohlgelungene Daguerresche Bilder hergestellt worden, so daß ein jeder, der sich durch die ersten mißrathenen Versuche nicht abschrecken lässt, ohne alle andere Vorkenntnisse und ohne besondere technische Schwierigkeit nach der von Hrn. Daguerre gegebenen Anweisung und mittels eines guten Apparates ebenso gute Lichtbilder bewirken kann, als Herr Daguerre selbst.“270 Der „geachtete Kunsthändler“, der das erste Lichtbild aus Paris in Berlin aus- und mit einem Pariser Apparat herstellte, war Louis Sachse, sodass der Artikel die Bekanntschaft der beiden Herren, Berg und Sachse, belegt und auch ein „gemeinsames Experimentieren in der Erzeugung von Lichtbildern“ wahrscheinlich macht. Die Zusatzinformation, dass die erste bei Sachse ausgestellte Pariser Daguerreotypie von „der Madame Giroux angefertigt“ worden sei, spricht ebenso wie die energische Ausdrucksweise des zitierten Artikels von einem vertrautem Umgang. Es scheint sogar möglich, dass Berg sich in Absprache mit Sachse öffentlich äußerte bzw. von demselben zu einem solchen Schritt ermuntert worden war, hatte doch der Händler der ersten französischen Apparate sicher das größte Interesse an einer positiven Berichterstattung. Ein „Herr von Berg“ taucht außerdem auf einer sehr frühen Berliner Daguerreotypie noch einmal auf (Abb. 164). Die gut erhaltene achteckige Platte, die im Kupferstichkabinett in Dresden aufbewahrt wird, zeigt das Brustbild eines bebrillten Mannes mit rundlichem Gesicht und hoher Stirn in – grob geschätzt – seinen vierziger Jahren. Er wendet seinen Kopf nur leicht nach links, wo seine Augen etwas entdeckt zu haben scheinen. Der Mund ist geschlossen, aber mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen. Sein Kopf ist ein wenig zur Seite geneigt, gerade so, als nehme er im Moment der Aufnahme mit einer dritten, außerhalb des Bildes stehenden Person, die nicht der Fotograf ist, Blickkontakt auf. Diese auffallend lebendige Fotografie, die im Gegensatz zu den meisten Porträtaufnahmen jener Jahre so gar nichts Gestelltes hat, nannte Kempe das „psychologisch vertiefte Portrait“ von „Herrn von Berg“.271 Aufgenommen hat es der bedeutende Daguerreotypist Philipp Graff (1814–1851) wohl bereits im Jahr 1844. Graff war wie sein Vater Mechaniker und Optiker in Berlin und führte mit demselben „ein sehr bekanntes Geschäft in optischen und mechanischen Waren“ im Hause von Juwelier Beer in der Jerusalemer Straße 18.272 „Nach dem Vorbild von Sachse und Dörffel“ beschäftigte sich Graff seit Herbst 1840 mit dem Bau fotografischer Apparate und „fertigte als Liebhaber selbst Lichtbilder“.273 Gegen Ende 1843 machte Graff das Daguerreotypieren zu seinem Beruf und porträtierte „gegen Entgelt im Garten hinter der 270 Vgl. Vossische Zeitung, Nr. 242, 16. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 43. 271 Vgl. Kempe 1979, S. 53. 272 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 81. 273 Vgl. Kempe 1979, S. 57f. und Dost/Stenger 1922, S. 81 und 101f.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 269

Werkstatt“.274 In der Fachwelt wurde sein Name nicht nur durch einen von ihm konstruierten Apparat und die Qualität seiner Lichtbilder, sondern auch durch sein spezielles Bromierungsverfahren bekannt. Die „Graff’sche Mischung“ steigerte die Empfindlichkeit der Platten und wurde zum begehrten Handelsartikel.275 Im Zusammenhang mit Sachse sind die Graff’schen Fotografien nicht nur über die Verbindung des offenbar gemeinsamen Bekannten „Berg“ von Interesse. In der Graphiksammlung des Stadtmuseums Berlin haben sich fünf Lithographien nach „Lichtbildern“ erhalten, die den Stempel von Sachses Institut tragen.276 Vier der fünf Aufnahmen hatte Philipp Graff angefertigt. Es handelt sich durchgehend um Porträts: Adolph Lothar Bucher (1817–1892), preußischer Beamter, Journalist und Politiker, der sich während der Revolution von 1848 für die Linken engagierte und später zum engen Vertrautenkreis um Otto von Bismarck gehörte; Edgar Bauer (1820–1886), jüngerer Bruder des „Junghegelianers“ Bruno Bauer, politisch-philosophischer Schriftsteller und Aktivist, der wegen seiner Buches „Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat“ (Charlottenburg 1843) zu vier Jahren Festungshaft in Magdeburg verurteilt wurde und sich an den Kämpfen der Märzrevolution in Berlin beteiligte; Julius Berends (1817–1891), Teilhaber einer Berliner Buchdruckerei, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, Teilnehmer der Barrikadenkämpfe 1848 und demokratisch gesinnter Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung. Über den vierten Porträtierten Hermann Born konnten keine näheren Angaben in Erfahrung gebracht werden. Vier der fünf Lichtbilder kommen demnach aus demselben fotografischen Atelier, alle danach entstandenen Lithographien tragen den Druckereistempel von Sachses Institut, wobei unterschiedliche Lithographen auftreten: Hermann Eichens (Bildnisse von Bucher und von Bauer), Hosemann (Bildnis von Berends) und Gunther (Bildnis von Born). Verlegt hingegen wurden sie alle von Del Vecchio in Leipzig. Es könnte eine Art Kooperation zwischen Graff und Sachse in Bezug auf die Vervielfältigung der Porträtaufnahmen bestanden haben, für die es jedoch bisher keinerlei Belege gibt. Da Philipp Graff schon 1851 im jungen Alter von 37 Jahren an Luftröhrenschwindsucht verstarb,277 sind die Lichtbilder auf die Jahre zwischen 1843 und 1851 zu datieren. Drei der vier Darstellungen sind handschriftlich mit einem kurzen Text versehen, eine Art Leitgedanke, der Bezug nimmt auf die Geschehnisse rund um die erste Nationalversammlung im Jahr 1848.278 Die fünfte Aufnahme, die nach einer Fotografie von Hob274 Vgl. Dost/Stenger 1922, S. 81. 275 Vgl. ebd., S. 101. 276 Vgl. Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 277 Vgl. ebd. 278 So steht unter dem Bildnis von Hermann Born: „Das Volk kennt sein historisches Recht nicht. Man hat es ihm wohlweißlich verschwiegen, das die Freiheit alt, uralt historisch ist, und die Knechtschaft neu ist. Hermann Born (Brief der Nat. Versllg am 22sten Oktober 1848).“ Unter der Darstellung von Julius Berends ist zu lesen: „Unter der Revolution hat das Volk sein unveräußerliches Recht auf Selbstregierung wieder an sich genommen. (Nat. Versmmlg, Sitzung am 8ten Juni 1848) Julius Berends.“ Auf dem Blatt mit dem Bildnis von Bucher steht geschrieben:

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ach entstanden ist, zeigt die Sängerin Luise Köster.279 Die Porträtfotografie war nach den rasanten Entwicklungen in den Anfangsjahren schnell zum wichtigsten Einnahmezweig der Daguerreotypisten geworden.280 Die Vervielfältigung der auf Silberplatten fixierten Unikate erfolgte entsprechend durch Lithographien und Kupferstiche. Ähnlich wie die druckgraphischen Produkte in seinem lithographischen Institut stellte Sachse französische und deutsche Daguerreotypien zusammen bei sich aus und gab so den „Kunstfreunde[n itzt die günstige Gelegenheit, die Leistungen der Pariser Künstler in Anfertigung von Daguerreschen Lichtbildern mit den hiesigen zu vergleichen“.281 Die frühen „von Giroux in Paris angefertigten Bilder“ stellten „größtentheils das Louvre und seine Umgebung“ dar, die ersten Berliner Lichtbilder bildeten entsprechende Bauwerke der preußischen Hauptstadt ab (Abb. 165).282 Verglichen wurden die Aufnahmen vor allem über die Erkennbarkeit der Details, aber auch über die „Harmonie“ und „Zartheit“ der „Töne“, die neben Aquatinta- und Sepiablätter gestellt und so „auf ihren künstlerischen Effect“ hin untersucht wurden.283 Insgesamt jedoch scheinen die technischen Leistungen beim Betrachten der frühen Daguerreotypien von vorrangigem Interesse gewesen zu sein. Es handelte sich weniger um vom Fotografen hervorgebrachte als vielmehr „vom Daguerreotyp wiedergegebene“ Bilder.284 Der hohe Gebrauchswert der Daguerreotypien, die die abzubildenden Gegenstände „bis in die kleinsten Details“285 und dazu in Minutenschnelle fixieren konnten, wurde dabei früh erkannt: „Außerdem sehen wir auf anderen Platten bei Hrn. Sachse [...] alles bis in das kleinste Detail vollendet ausgedrückt, wobei das Perspektivische natürlich vollkommen richtig ausfällt und als Muster dienen kann.“286 Die Detailgenauigkeit der Daguerreotypie wurde von den Künstlern nicht nur als Arbeitsvorlage, sondern auch zu Dokumentationszwecken genutzt. Am 21. Januar 1842 schrieb Adolph Menzel in einem Brief an „Wir sollten keinen Tag hinziehen lassen, ohne ein Bruchstück der überwundenen Vergangenheit zu zerstören. (Sitzung vom 18ten Juli 1848) Bucher.“ Nur unter dem Konterfei von Edgar Bauer ist handschriftlich nichts in dieser Art vermerkt. Fotografie und Lithographie als moderne und kostengünstige Medien wurden in jenen Jahren politischer Unuhen von einer jungen aufgeschlossenen Generation als Mittel zur Verbreitung ihrer (revolutionären) Ideen eingesetzt, ganz nach der Art eines Flugblattes. Um diesen Ideen ein Gesicht zu geben, spielte die Fotografie und die Möglichkeit hoher Auflagen durch die Lithographie eine nicht ganz unbedeutende Rolle. 279 Vgl. Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung. 280 Vgl. hierzu Dewitz/Kempe 1983, S. 22–26. 281 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 282 Vgl. ebd. 283 Vgl. H. Kletke, in: Vossische Zeitung, Nr. 221, 21. September 1839 sowie Kunstblatt, Nr. 95, 26. November 1839, S. 380: „Berlin, 18. Oktober. Die neuesten Lichtbilder, welche Herr L. Sachse durch sein Daguerreotyp hier gewonnen hat, stehen denen von Herren Giroux in Paris kaum nach, und es ist in ihnen nur der bräunliche Ton, der die Pariser Exemplare auszeichnet und einer Sepiazeichnung ähnlich macht, noch nicht völlig erreicht.“ 284 Vgl. Spenersche Zeitung, 10. Oktober 1839; zit. nach Dost/Stenger 1922, S. 42. 285 Vgl. ebd. 286 Vgl. ebd., Vossische Zeitung, 10. Oktober 1839.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 271

seinen Kasseler Freund Carl Heinrich Arnold über eine seiner Zeichnungen, die Eduard Magnus bei Sachse daguerreotypieren ließ: „Beiliegendes Blatt war fertig, daß Sie es mit einem allseitigen Glückwunsch zu Neujahrstag hätten bekommen sollen, aber Magnus [...]287 der wunderliche Kerl nahm’s weg, um’s für sich daguerreotypieren zu lassen, (hätt sich selber vor die camera obsc. stellen) und so wurden statt ein paar Tage, wie er versprach, 3 Wochen draus. Sachse wurde ewig durch trübes Wetter, Schneereflex und Gott weiß was verhindert, und ich hatte von Tag zu Tag das Nachsehn.“288 Menzels Notiz ist der früheste, der Verfasserin bekannte Beleg dafür, dass Sachse selbst nicht nur Gegenstände, Ansichten und Personen, sondern auch Gemälde und Zeichnungen daguerreotypierte. Claude Keisch und Ursula Riemann-Reyher, die durch die Veröffentlichung der gesamten überlieferten Briefe Menzels eine solche „Entdeckung“ erst möglich machten, konnten sogar das Blatt bestimmen, das Magnus sich auslieh, um es bei Sachse fotografieren zu lassen. Es handelte sich hierbei um Menzels Porträtzeichnung von Eduard Magnus in ganzer Figur, die eine auf den 28. Dezember 1841 datierte Widmung an C. H. Arnold trägt (Abb. 166).289 Menzel wollte das gezeichnete Porträt des gemeinsamen Freundes Eduard Magnus „mit einem herzlichen allseitigen Glückwunsch“ Carl Heinrich Arnold eigentlich schon „zu Neujahr“ schenken. Bezeichnend ist Menzels Anmerkung, dass sich Magnus für das Daguerreotypieren seiner Zeichnung doch „selber vor die camera obsc. [hätte] stellen“ können. Das Bild der eifrigen Hobbyfotografen, die die Straßen und Plätze der Stadt für sich einnahmen, war zu dieser Zeit bereits sprichwörtlich und wurde in Karikaturen und Kalauern verbreitet.290 Auf Menzels Art von Humor, seine Vorliebe etwa fürs Pfennig-Magazin, seine eigenen hintersinnigen Gelegenheitszeichnungen und humorvolle Gebrauchsgraphik kann an dieser Stelle leider ebenso wenig eingegangen werden wie auf seine Beziehung zur Fotografie, mit der er sich trotz aller Skepsis selbst intensiv auseinandersetzte.291 Es soll hier allein zurückgekommen werden auf Menzels Verärgerung über die Tatsache, dass Sachse ganze drei Wochen für das Anfertigen einer gelungenen Daguerreotypie seiner Porträtzeichnung benötigte. Die widrigen Witterungsbedingungen, die als Entschuldigung angeführt werden („trübes Wetter, Schneereflex und Gott weiß was“) deuten darauf hin, dass Sachse auch diese Aufnahmen draußen oder unter einem einem Glasdach anfertigte. Menzel selbst scheint sich regelmäßig bei Sachse über den Fortgang erkundigt zu haben und hatte „von Tag zu Tag das Nachsehen“.

287 Es folgt ein von Menzel selbst wieder durchgestrichener Nebensatz: „Dessen Engelgeduld übrigens eine Dankadresse verdient hat“. 288 Adolph Menzel an Carl Heinrich Arnold in Kassel, Berlin, den 21. Januar 1842, in: Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 1, S. 168, Nr. 130. 289 Berlin, Kupferstichkabinett, SZ Menzel Kat. 1115; vgl. Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 1, S. 386, Nr. 130. 290 Vgl. u. a. Dost/Stenger 1922, S. 49. 291 Es ist hierüber bereits eine Menge geschrieben worden. Vgl. zu Menzels u. a. Lammel 1986; zu Menzels „Kamera-Auge“ vgl. Probst 2005.

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Dabei hatte Menzel offensichtlich selbst Interesse an dem „Vorrath von Photographien“ aus Sachses Institut. Am 10. Februar 1856 fragte der Künstler bei seinem Händler an: „Guten Morgen!! Können und wollen Sie wohl den heutigen Abend mir Ihren Vorrath von Photographien nach Hause zu leihen?! Zugleich möchte ich mir nach Befinden etwas davon aussuchen. Daß die Blätter in guten Händen sind versteht sich von selbst. Mittwoch früh sende ich dieselben mit allem Dank zurück. Kann ich gegen Abend danach schicken? Mit besten Grüßen der Ihrige Menzel“.292 Leider lässt sich nicht mehr zurückverfolgen, um welche Aufnahmen es sich handelte, die Menzel bei Sachse auslieh. Die „Blätter“, von denen Menzel spricht, waren nun jedoch keine Daguerreotypien mehr, sondern Fotografien auf Papier. Seit etwa 1851 hatte sich auch in Berlin das Kollodium-Nassplattenverfahren durchgesetzt, wonach nicht mehr Metall-, sondern mit Kollodium beschichtete Glasplatten als Bildträger verwendet wurden. Von den auf Glas fixierten Negativen konnte der Fotograf anschließend auf präpariertem Papier beliebig Positivabzüge herstellen.293 Für diese fotografischen Papierabzüge interessierte sich nicht nur Menzel. Der Berliner Vedutenmaler Eduard Gaertner (1801–1877) fing um 1850 an, eine eigene Fotografiensammlung zusammenzutragen. Die Salz- und Albuminpapierabzüge zeigen vorwiegend Stadt- und Architekturansichten und zählen heute zu den bedeutenden Inkunabeln Berliner Fotografie, die in der fotografischen Sammlung im Stadtmuseum Berlin aufbewahrt werden.294 Ein anonymer Rohabzug aus der Gaertner’schen Fotosammlung ist im Zusammenhang mit Louis Sachses „Vorräthen von Photographien“ von besonderem Interesse. Die Aufnahme zeigt den Blick vom Portal IV oberhalb der Schlossterrasse auf die Schlossbrücke, die zentral vom Bildmittel- in den Bildhintergrund führt (Abb. 167).295 Den Vordergrund dominieren die beiden Rossbändiger, die den Eingang zur Schlossterrasse flankierten. Rechts am Lustgarten ist eine Droschkenhaltestelle zu erkennen. Die Fotografie lässt sich relativ gut datieren. Bei genauem Hinsehen ist rechts vor zwei Marmorgruppen der Schlossbrücke eine Absperrung aufgebaut. Die letzten beiden Postamente der jeweils vier übergroßen Kriegerstatuen, die die Brücke seitlich flankieren, sind noch leer. Der Auftrag für die Ausschmückung der Brücke mit Heldenfiguren war 1842 an verschiedene Künstler aus den Ateliers von Schadow und Rauch gegangen. Doch erst am 3. August 1853 kamen die ersten sechs Statuen feierlich zur Aufstellung. Die siebente Marmorgruppe von Gustav Bläser wurde im Oktober 1854 aufgestellt und die letzte Gruppe von August Wredow sollte erst 1857 ihren Platz auf dem Brückenpostament einnehmen.296 Im Frühjahr 2002 feierte der Berliner Kunsthandel eine kleine Sensation. Die Galerie Berinson konnte auf einer New Yorker Auktion einen auf Karton gezogenen Salz292 Adolph Menzel an Louis Sachse, Berlin, den 10. Februar 1856, in: Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 2, S. 1856, Nr. 382. 293 Vgl. zum Kollodium- und auch zum Albumin-Verfahren u. a. Cornwall 1979, S. 74–77 und S. 119–121. 294 Vgl. Ausst.-Kat. Fotografiensammlung Gaertner 2006. 295 Vgl. ebd., S. 66, Nr. 53. 296 Vgl. Springer 1981.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 273

papierabzug erwerben, der den Prägestempel des Verlages von Louis Sachse trägt (Abb. 168).297 Die Aufnahme zeigt das identische Motiv der Schlossbrückenansicht, das sich als Rohabzug (Salzpapier vom Glasnegativ) in der Gaertner’schen Fotosammlung erhalten hat. Bei der wiederentdeckten Fotografie handelt es sich nicht nur um die früheste erhaltene Probe einer Papierfotografie aus Sachses Verlag, sondern auch um eine der ältesten bekannten Papierfotografien Berlins. Dieser in den Feuilletons gefeierten Entdeckung darf hier abschließend nun ein weiterer, für die Beschäftigung mit der Person Sachse sehr schöner Fund erstmals vorgestellt werden. Wie in der Einführung zu dieser Arbeit bereits erwähnt, bewahrt das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz nicht nur das originale Reisetagebuch des Händlers auf, sondern auch eine Daguerreotypie, die Louis Sachse und seine Frau Nanni zeigt (Abb. 9 und 10). Genauer handelt es sich um eine Stereoskopie, also um zwei kurz nacheinander belichtete Aufnahmen des gleichen Motivs auf einer Platte. Der etwa sechzigjährige Louis Sachse und seine wenig jüngere Frau sitzen nebeneinander auf zwei schmucklosen Stühlen ohne Armlehne vor unbestimmtem dunklen Hintergrund. Sie sind als ganze Figuren gezeigt. Louis Sachse sitzt auf der linken Bildhälfte und schaut den Betrachter durch eine fein gerahmte Brille mit ovalen Gläsern direkt in die Augen. Sein Mund ist geschlossen, Lebenslinien zeichnen sein schmales Gesicht, er scheint sich mit strengem Blick auf die Arbeit des Fotografen vor ihm zu konzentrieren. Sachse trägt einen dunklen zweireihigen Anzug und darunter ein weißes Hemd, dessen Kragen mit einem dunklen Halstuch umwickelt ist. Sein rechtes Bein ist über das linke geschlagen, wodurch sein Knie in Richtung seiner Frau zeigt und sein Unterschenkel einen Teil ihres Kleides bedeckt. Mit dem Ellenbogen seines rechten Armes lehnt sich Sachse auf einen unbestimmten, kistenähnlichen Gegenstand. Seine Hände sind in den Schoß gelegt und halten lose ein roséfarbenes Tuch. Sachses Frau Nanni wendet ihren Kopf leicht in Richtung ihres Mannes und schaut über die linke Bildecke aus dem Darstellungsraum heraus. Auch ihr Mund ist geschlossen, sie scheint aber eher in sich gekehrt, ruhig und gedanklich abwesend. Ihre Haare sind mit einem strengen Mittelscheitel nach hinten gebunden, wo sie von einer großen Schleife aus Seide und Spitze gehalten werden. Auch das voluminöse, bodenlange Brokatseidenkleid ist mit einem aufliegenden Spitzenkragen geschmückt. Unter den dreiviertellangen Ärmeln blitzt eine weiße Bluse hervor. Ihre Hände sind im Schoß sanft übereinandergelegt. In ihrer Rechten scheint sie zwei kleine rote Blumen zu halten. Die beiden Aufnahmen sind gerahmt von einem goldfarbenen Passepartout mit zwei Bildausschnitten nach der Art von Rundbogenfenstern. In Prägeschrift ist mittig unterhalb der Fotografien der Name des Ateliers zu lesen: „Stereoscop von T. Schneider und Söhne“. Trutpert Schneider & Söhne war ein erfolgreiches Daguereotypie-Atelier, das von 1847 bis 1921 bestand (Abb. 169). Dank der Recherchen von Leif Geiges ist einiges über

297 Ich danke der Galerie Berinson, Berlin für die unkomplizierte und großzügige Bereitstellung der Reproduktion.

274  |  III Phänomen und Fortschritt – Sachse und die Fotografie

das Unternehmen bekannt.298 Die Familie Schneider kam aus Ehrenstätten im Breisgau, wo Trutpert Schneider zuerst eine Präzisionsschreinerei betrieb und Nähkästchen und Schmuckschatullen für die gehobene Gesellschaft anfertigte. Über den aus dem französischen Elsass stammenden Daguerreotypisten Joseph Broglie, den Schneider 1847 kennenlernte, kam der Schreiner erstmals mit dem neuen Verfahren in Kontakt. Broglie war auf dem Weg von Paris in Richtung Freiburg seine Kassetten abhandengekommen, die er sich daraufhin von Schneider erneut anfertigen ließ. Schneider erlernte von Broglie das Daguerreotypieren und machte sich kurz darauf mit einem eigenen Atelier selbstständig.299 Ab 1848 ging Trutpert Schneider zunächst mit seinem Sohn Heinrich, etwas später kam auch der zweite Sohn Wilhelm hinzu, auf ausgedehnte Geschäftsreisen. Sie fotografierten in Oberitalien, in der Schweiz sowie in Österreich und reisten durch die deutschen Länder.300 Im Juli 1858 kehrte Trutpert Schneider zurück nach Ehrenstätten, die Söhne Wilhelm und Heinrich fuhren alleine weiter. Der gelernte Schreiner beschickte seine reisenden Söhne von zuhause mit den in immer größerer Zahl benötigten Betrachtungsgeräten und Etuis für die Stereo-Daguerreotypien.301 Im März 1859 kamen Heinrich und Wilhelm Schneider nach Berlin. Sie blieben bis Weihnachten desselben Jahres, kamen aber schon Mitte Februar 1860 zurück, um noch einmal bis Ende April hier zu arbeiten. Die Schneider-Söhne richteten sich in der Schloßfreiheit 1 ein Atelier ein, „mit der allerschönsten Aussicht in ganz Berlin“.302 Die vornehme Adresse, die sich in entsprechend hohen Mietkosten niederschlug, wurde spätestens nach dem Empfang der Schneiders bei Hofe zu einer Anlaufstelle der gehobenen Berliner Gesellschaft. Innerhalb weniger Wochen fertigten T. Schneider & Söhne 1254 Daguerreotypien an. Im 298 Vgl. Geiges 1989. 299 Vgl. ebd., S. 9. 300 Von 1848 bis 1850 bereiste Trutpert Schneider mit seinem damals dreizehnjährigen Sohn Heinrich zunächst die nähere Umgebung. Die früheste genau datierte Stereo-Daguerreotypie entstand in Karlsruhe 1850 und zeigt das Palais des Fürsten von Fürstenberg; vgl. ebd., S. 11. Leif Geiges schreibt über diese erste datierbare Aufnahme: „Wie er [Trutpert Schneider] diese Stereoaufnahmen anfertigte und was für einen Kameratyp er dazu verwendete, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, da sich in den vorhandenen Schriften keinerlei Hinweise finden und außer der erwähnten ersten, von Trutpert Schneider selbst gebauten Kamera keinerlei nachweislich von ihm verwendete photographische Geräte mehr bekannt sind“. Ab 1852 unternahm Vater Schneider, nun mit beiden Söhnen Heinrich und Wilhelm, ausgedehntere Reisen, die sie durch die Schweiz, Oberitalien, Österreich und die deutschen Länder führten. Auch hier erhielten die Fotografen viele Aufträge; vgl. ebd., S. 11–16. 301 Vgl. ebd., S. 16. Es mag erstaunen, dass noch weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein die Daguerreotypie bei reisenden Fotografen das bevorzugte Verfahren war. Die Papierfotografie setzte sich seit Anfang der 1850er Jahre immer mehr durch. Für die Reise aber waren die Daguerreotyp-Kameras wesentlich einfacher zu handhaben als das Nassplattenverfahren, das zerbrechliche Glasplatten, ein Dunkelkammerzelt und eine ganze Laborausrüstung für die Entwicklung der Aufnahmen voraussetzte; vgl. ebd., S. 24. 302 Vgl. ebd. Wilhelm und Hermann Schneider reisten am 1. März 1859 von Hamburg nach Berlin. Schon am 8. März konnten sie ihre Geschäftstätigkeit in der Schloßfreiheit Nr. 1 aufnehmen. Ein finanzieller Erfolg stellte sich nach den ersten Aufträgen vom Hof ein; vgl. ebd., S. 17.

3 Fotografien aus Sachses Salon  | 275

Frankfurter Conversationsblatt wurde am 11. Juni 1859 über den Aufenthalt der Daguerreotypisten in Berlin berichtet: „Die stereoscopisch-photographische Portraitirung, die bisher nur auf sogenannte ‚Studien‘, bildliche Wiedergabe hübscher Frauengestalten angewandt wurde, ist jetzt in Berlin in ihre eigentliche Rechte getreten. Die Photographen Schneider und Söhne aus Ehrenstätten in Baden haben Schloßfreiheit 1 für die kurze Zeit ihres Aufenthalts ein Atelier für photographische Portraitirung eröffnet, diese in Verbindung mit dem Stereoskop gesetzt [...]. Im Verhältnis zu den Leistungen sind die Preise bescheiden. Ein einzelnes Portrait mit stereoskopischer Vorrichtung in elegantem Etui kostet 6 Thlr. – Se. Königl. Hoheit der Prinz-Regent beehrte bereits das Atelier mit Höchstseiner Gegenwart und geruhte mehrere Bestellungen zu machen.“303 Auch die Stereoskopie aus dem Geheimen Staatsarchiv ist in eine solche „Vorrichtung in elegantem Etui“ eingebunden (Abb. 10). Die mit Gold-Passepartout gerahmten Aufnahmen sind in die mit violettem Samt ausgelegte Innenseite des Etuideckels eingearbeitet und mit zwei schmalen Samtbordüren in Violetttönen schützend gerahmt. Darauf liegt ein dunkelgrüner Karton, der, nur an der Außenkante befestigt, hochgeklappt werden kann. Im oberen Drittel dieser Klappvorrichtung sind zwei runde geschliffene Gläser im durchschnittlichen Augenabstand eingebaut. Beim Betrachten der Aufnahmen durch die Gläser werden beide Bilder optisch miteinander verbunden, sodass ein räumlicher Eindruck des gezeigten Gegenstandes entsteht.304 Leif Geiges hat darauf hingewiesen, dass Trutpert Schneider & Söhne die beiden Aufnahmen nicht mit einer speziellen Kamera gemeinsam, sondern nacheinander und auf nur einer Platte von 11 x 8,5 cm belichtet haben.305 Pro Aufnahme wurde die eine Plattenhälfte abgedeckt, während die andere belichtet wurde. Die Kamera wurde für das zweite Bild auf einem Spezialstativ seitlich verschoben, um einen leicht veränderten Blickwinkel einzufangen. Oft entstanden geringe Unschärfen, die auch auf der Abbildung von Sachse und seiner Frau deutlich zu erkennen sind. Der Kopf von Louis Sachse, der selbst einige Jahre daguerreotypierte und sich mit dem Verfahren intensiv auseinandergesetzt hatte, ist wesentlich schärfer eingefangen als der von Nanni Sachse. Der Händler scheint sich sehr darauf zu konzentrieren, sich nicht zu bewegen, damit ein möglichst gutes Resultat erzielt werden konnte. Die Veränderung der Position seines Kopfes ist von der einen zur nächsten Aufnahme nur minimal wahrnehmbar. Seine Frau Nanni hingegen ist ruhig, eher in sich gekehrt, aber die erkennbare leichte Regung ihres Gesichts hinterließ ihre Spuren auf der Daguerreotypie (Abb. 9). Das Verfahren, räumlich wirkende, sogar leicht „bewegte“ Fotografien zu erstellen, begeisterte das damalige Publikum: „[D]urch dieses Ocularhülfsmittel [wird] den Bildern plastisches Leben und jene Wahrheit verliehen, die einer Flachmalerei immer mehr oder weniger abgeht. Es ist das, durch die stereoskopischen Gläser bewirkte erhabene 303 Zit. nach Geiges 1989, S. 15f. 304 Vgl. zur Geschichte der Stereoskopie Waack 1985. 305 Vgl. ebd., S. 11 und S. 24.

276  |  III Phänomen und Fortschritt – Sachse und die Fotografie

Hervortreten der Formen, durch welches die Copie einer Gestalt in täuschender Weise der Natur nahe gebracht wird. Die saubere Colorierung der auf Metallplatten hergestellten Portraits verleiht dem Gesichte frische Lebensfarbe, hebt das Relief des Ganzen so prägnant hervor, dass man die Person wirklich vor sich zu sehen glaubt. Die Künstler [Wilhelm und Hermann Schneider, d. V.] veranstalten die Aufnahme der Bilder nicht nur in ihrem Atelier, sondern auch in den Wohnungen der zu Portraitirenden, namentlich auch in Gärten, wobei die Vertiefung des Hintergrundes die Plastik der Bilder umso täuschender hervortreten lässt“, wie das Frankfurter Conversationsblatt 1859 schrieb.306 Die vorliegende Stereoskopie, die einen unbestimmten dunklen Hintergrund zeigt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit in dem Atelier in der Schloßfreiheit 1 entstanden. Die Begeisterung für das Verfahren ist noch heute gut nachzufühlen. Tatsächlich ist es verblüffend, wie lebensnah das Ehepaar Sachse beim Blick durch die Gläser vor den Betrachter tritt. Aber auch ohne das „Ocularhülfsmittel“ ist – bei aller Bewegungslosigkeit – die Lebendigkeit der kleinen Aufnahmen erstaunlich. Die feine Kolorierung durch Staub- und Aquarellfarben, die Trutpert Schneider wohl bereits bei seinem französischen Lehrmeister Broglie erlernt hatte, ist so subtil, dass sie kaum als eine solche wahrzunehmen ist.307 So ist die Haut in Gesicht und Händen leicht eingefärbt. Kräftigeres Rosé tritt bei dem Tuch auf, das Louis Sachse in seinen Händen hält, und die beiden Blumen in der rechten Hande von Nanni Sachse sind mit Grün und Rot gekennzeichnet. Zudem scheinen einzelne goldene Gegenstände über kleine Punkte geradezu zu erstrahlen, etwa an der Brillenfassung von Louis Sachse und ein vielleicht Siegel- oder Ehering an seinem kleinen Finger sowie goldene Ohrringe und eine Kette bei Nanni Sachse. Erst bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass genau an diesen Stellen die Metallplatte nachträglich eingeritzt wurde, sodass ihr goldener Grund zum Vorschein kommt. Es ist dies nicht nur an den genannten Stellen der Fall. Ziemlich genau mittig zwischen dem Ehepaar ist auf der zweiten Aufnahme ganz deutlich ein gezielt gesetzter, herausgearbeiteter Punkt zu erkennen, der auf der ersten Aufnahme noch nicht da ist. Aufgrund der belegten Aufenthalte der Gebrüder Schneider in Berlin kann die vorliegende Stereoskopie recht gut datiert werden. Wilhelm und Hermann Schneider nahmen am 8. März 1859 ihre Arbeit in der Schloßfreiheit 1 auf. Unterbrochen durch eine Heimreise zum Jahreswechsel (25. Dezember 1959 bis 15. Februar 1860) waren sie hier bis zum 27. April 1860 tätig. Auch 1863 und 1864 waren die Schneiders noch einmal für ein paar Wochen in Berlin, um ihre Stereoskopien in der Landeshauptstadt anzubieten.308 Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass der fotografiebegeisterte Sachse schon 1859, spätestens aber 1860 die Gelegenheit nutze, sich und seine Frau über dieses faszinierende Verfahren ablichten zu lassen.

306 Zit. nach Geiges 1989, S. 15f. 307 Zur Kolorierung vgl. ebd., S. 13f. 308 Vgl. ebd., S. 15 und S. 19.

IV Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei

1

Berlins kleines Luxembourg (1834–1853)

a

Gewagte Versuche

Spekulationen ums Aquarell

„Ich darf nicht wieder so lange von Paris fortbleiben“, hatte Sachse im Herbst 1834 fest entschlossen nach Hause geschrieben.1 Am 13. November war er „von Berlin per Schnellpost“ abgereist und am 20. November 1834 um „7 Uhr früh“ in der französischen Hauptstadt eingetroffen.2 Gründe für die Parisreise hatte es gleich mehrere gegeben. Das Königlich Lithographische Institut hatte Georg Berndt, seinen besten Drucker, abgeworben. Sachse suchte händeringend nach einem Ersatz, den er erneut in einem französischen Institut zu finden hoffte.3 Zudem wollte Sachse den Franzosen künstlerische Drucke aus seinem Verlag anbieten.4 Der Besuch verschiedener Graphikhändler und Verleger stand auf seinem Plan. Er wollte Knecht treffen, Blaisot, Aubert, Giroux, Engelmann, Rittner und Gihaut (die beiden letztgenannten traf er schließlich sogar mehrmals). Und er hatte eine Verabredung mit dem Berliner Maler Eduard Magnus (1799–1872), der zu jener Zeit in Paris lebte und in einem eigenen Atelier am Quai Voltaire arbeitete (Abb. 166).5 Das Anliegen, das er mit Magnus besprechen wollte, 1 2 3

4 5

LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. Vgl. Anhang 1. Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Louis F. Sachse an die Königliche Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. In LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 6 liegt die ausführliche Korrespondenz zu diesem „Fall“, die Sachse mit dem Königlichen Lithographischen Institut und dem Kultusministerium führte. Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. Eduard Magnus war der ältere Bruder des bekannten Physikers Gustav Magnus (1802–1870), Söhne einer wohlhabenden jüdisch-christlichen Berliner Bankiersfamilie. Auf Wunsch seines Vaters hatte Eduard Magnus zunächst Medizin studiert, schließlich aber die Akademie der Künste besucht und nach einer kurzen Lehrzeit bei Jacob Schlesinger die Malerei zum Beruf gewählt. Magnus, der übrigens wie sein 15 Jahre jüngerer Freund Adolph Menzel unverheiratet blieb, wurde zum beliebten Porträtmaler. Er war außerordentlich gut vernetzt, was durch die hervorragenden Beziehungen seiner Familie und seine finanzielle Unabhängigkeit noch befördert wurde. Auch wenn er in Berlin ansässig blieb, weilte er zu Studienzwecken zum Teil für mehrere Jahre im Ausland, in Rom, Belgien, Holland und insbesondere in Paris. Magnus hielt Paris „für den gegebenen Ort, an dem ein junger Künstler seine Ausbildung beginnen sollte, und bewies am eigenen

278  |  IV Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei

ging über die bisherigen Aktivitäten in seinem lithographischen Institut weit hinaus: Sachse hoffte, dass ihm sein Künstlerfreund den Zugang zu einigen renommierten Pariser Ateliers erleichtern würde. Er wollte hier nach Aquarellen und kleineren Ölbildern für Berlin Ausschau halten.6 In einem späteren Schreiben erklärte Sachse sein Vorhaben gegenüber der Berliner Akademie der Künste: „Zum Ersatz meiner mir von hiesigen Königlichen Institute debauchirten französischen Kunstdrucker befand ich mich im November v. J. in Paris zu einer Zeit, wo gerade die Sucht der vornehmen Welt und der Kunstliebhaber ganz besonders herrschte, sich sogenannte Albums mit Originalarbeiten der namhaftesten Künstler anzulegen. Unter den Aquarellen befanden sich zum Theil so originelle, treffliche und geniale Leistungen, dass mein Freund, der gerade in Paris anwesende Maler Herr E. Magnus mich in meinem Vorsatz bestärkte, eine mit ihm getroffene Auswahl dergleichen Aquarellen, den Berliner Künstlern und Kunstliebhabern zur Anschauung

6

Beispiel, was er der Metropole der Kunst verdankte“, so Ludwig Gläser. Der Künstler, dem nachgesagt wurde, dass er „parteiisch für die Franzosen“ sei, habe sich „dort in den entsprechenden gesellschaftlichen und intellektuellen Kreisen ebenso zu Hause [gefühlt] wie in Rom und Berlin“; vgl. Gläser 1963, S. 17. Gläser berichtet außerdem, dass Magnus schon während seines ersten Parisaufenthaltes 1826 von Alexander von Humboldt bei dem französischen Maler François Gérard und von dem Bildhauer Christian Rauch, der zu dieser Zeit gerade Paris besuchte, bei Ingres eingeführt wurde, den dieser aus Italien kannte; vgl. ebd., S. 14; außerdem Pariser Lehrjahre 2013, Bd. 1, S. 188–190, hier S. 189. Sachse war mit der Familie Magnus spätestens seit der Einrichtungszeit seines lithographischen Instituts bekannt. Bereits im Februar 1828, also noch vor der Institutseröffnung, hatte er seiner Verlobten Nanni berichtet: „Du kannst dir denken in welcher Lage ich jetzt bin, täglich Besuche zu machen und deren anzunehmen. Noch habe ich viel abzumachen [...]. Morgen Nachmittag kommen der Staatsminister und Leute wie Bendemanns und Magnus und und“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 4. Februar 1828. Offenbar war der Umgang bald so vertraut, dass sich Sachse in der Position sah, Magnus um einen Gefallen zu bitten. Im April 1829 erhielt er von diesem ein „langersehntes Schreiben“: Magnus, der gerade in Rom weilte, würde sich „sehr gern [...] in allen Stücken gefällig erweisen“ und Sachses „ausgesprochenen Wünschen zu genügen bereit seyn“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 23. April 1829: „Von Magnus haben wir erst heute Antwort auf unser Schreiben erhalten, nachdem ich schon 1000 Gedanken gefasst und mich fast verzehrt habe. Er schreibt: ‚Sie wollen mit meinem langen und unangenehmen Unwohlseyn, was mich zwang, mich der Beschäftigung zu enthalten, die verspätete Antwort ihres Schreibens entschuldigen und wenn ich Ihnen mit Gegenwärtige, in aller Kürze zu erkennen gebe, dass ich sehr gern mich Ihnen in allen Stücken gefällig erweisen will und Ihren ausgesprochenen Wünschen zu genügen bereit seyn werde, behalte ich das Detail einer mündlichen gelegentlichen Rücksprache vor, und bitte Sie mich zu dem [unleserlich, d. V.] mit Ihrem Besuch zu erfreuen, oder mir zu erlauben, dass ich bei Ihnen vorspreche, sobald ich wieder ganz mobil bin und in Ihre Gegend komme. Freundlich exp.’. Wäre es auch nicht so gekommen, dann wüsste ich wohl, dass ich es nicht überlebt hätte.“ Zu Magnus vgl. Pariser Lehrjahre 2013; Ehringhaus/Kanz 2012; Ehringhaus 2005; Gläser 1963. Zu Sachses Parisaufenthalten 1834 und 1835 und dem beginnenden Handel mit aktueller Malerei aus Paris vgl. auch Nerlich 2010, S. 108–112.

1 Berlins kleines Luxembourg  | 279

zu bringen [...].“7 Wie aus den Tagebuchaufzeichnungen hervorgeht, traf Sachse sich mit dem Berliner Künstler an fünf von insgesamt acht Tagen seines Parisaufenthaltes. Wahrscheinlich waren Sachse und Magnus an diesen fünf Tagen gemeinsam in den Pariser Künstlervierteln unterwegs. Sachses Notizen belegen Treffen namentlich mit Louis Etienne Watelet, Alexis François Girard, Hippolyte Prudhomme, Eugène Devéria, „le Comte“ [Hippolyte Lecomte], Paul Delaroche und (wohl Auguste) Delacroix. In die Heimat berichtete Sachse zur selben Zeit: „Durch Magnus große Gefälligkeit ist es mir gelungen in Besitz von sehr schönen Oelbildern der besten franz. Meister zu kommen, und alle Ateliers habe ich durchstöbert. Hoffentlich ist das Capital, welches ich eingesteckt habe, gut angelegt, und meine Handlung muß sich durch die besten neueren Erzeugnisse emporschwingen.“8 Seine „gemachten Einkäufe“ seien „nur zu großartig“, allein müsse er „wägen um die Reisekosten zu decken“.9 Der Berliner Händler legte große Erwartungen in seine Neuerwerbungen: „[D]ieser kurze Aufenthalt in Paris kann für mich und das Geschäft von unberechenbarem Nutzen für die Folge seyn, wenn meine Speculationen nur halbwegs einschlagen.“10 Sachses „Speculationen“ bestanden aus dem Ankauf „einer mäßigen Anzahl kleinerer Oelbilder und ein[em] bedeutende[m] Portefeuille farbiger Handzeichnungen der jetzt berühmten Künstler“, womit in erster Linie französische Aquarelle gemeint waren.11 Die Wasserfarbentechnik war seit Mitte der 1820er Jahre durch Künstler wie Eugène Delacroix, Théodore Géricault, Eugène Isabey und Paul Huet in Paris populär geworden – Künstler, die bekanntlich wiederum beeinflusst waren durch ihre engen Kontakte nach England.12 Der Gebrauch der Farbe und die Freiheit in der Handhabung machten das Aquarell zum graphischen Gegenstück der Ölstudie.13 Als Skizzen und Vorzeichnungen für Lithographien nahmen die „Wasserfarbengemälde“ sichtbaren Einfluss auf die Art des Zeichenstils der 1830er-Generation.14 Darüber hinaus erfreuten sich Aquarelle auch 7 8 9 10 11

12 13 14

Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Abschrift des Briefes von Louis F. Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 28. November 1834. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Anonym: „Französische Oel- und Aquarellbilder“, in: Museum, Nr. 6, 9. Februar 1835, S. 43f. Hinzu kam einige Tage später eine Sammlung kleinerer Ölgemälde französischer Meister; vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 23, 28. Januar 1835. Es wird auf die Ölgemälde an anderer Stelle näher eingegangen werden. Vgl. u. a. Clarke 1996, S. 345; Bauer 2001, S. 16–18. Vgl. Clarke 1996, S. 343. Albert Boime beschreibt den Einfluss der Lithographie auf die Romantiker in Abgrenzung zu den Lehren der Akademie: „[...] the impact of Romantism and the development of lithography led to a hightened appretiation of the spontanous qualities of creation more in common with rococo view point than with the Davidian. Independents thus abandoned the academic method of drawing under the influence of lithography and the qualities of the improvisised sketch“; vgl. Boime 1970/1986, S. 26; Delaborde 1863. Diese Entwicklung hatte während der Juli-Monarchie in den niederen industriellen Künsten begonnen; vgl. hierzu Dupuis 1836, S. 65–67. Zusammen mit

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als eigenständige Kunstblätter bereits großer Beliebtheit. Schon 1831 hatte Étienne Delécluze im Pariser Salon die Beobachtung angestellt: „Das zur Zeit wohl mit der größten Überlegenheit gehandhabte Genre ist das Aquarell. Unvergleichbar ist die Gewandtheit, mit der unsere Zeichner sich der Wasserfarben bedienen. Die Galerie d’Apollon ist voll von Werken dieser Machart, und dieser Teil der Ausstellung erregt auch das größte Interesse des kundigen Publikums.“15 Zunehmend wurden Aquarelle in Auftrag gegeben oder im freien Handel verkauft.16 Es hatte sich bereits ein kleines Netz von Händlern in Paris herausgebildet, bei denen insbesondere Landschaften betrachtet und erworben werden konnten.17 „Zu allen Kunsthändlern“ sei er gegangen, wie Sachse 1834 in sein Tagebuch notierte.18 Die wohl bekannteste Händlerin für Landschaftsaquarelle war damals Mme Hulin. Sie hatte ihr Lokal in der Rue de la Paix.19 Sachse suchte sie und andere auf und akquirierte hier wie in den Künstlerateliers selbst schließlich 65 Aquarelle und kleinere Ölgemälde. Die Präsentation der französischen Arbeiten in Berlin schlug, was Sachse wohl kaum zu hoffen gewagt hatte, weit mehr als „nur halbwegs“ ein. Die Berlinischen Nachrichten berichteten: „Der hiesige Kunsthändler Hr. L. Sachse hat eine, vor kurzem in Geschäften nach Paris unternommene Reise auch dazu benutzt, sich mit dem gegenwärtigen Zustande des Kunstlebens in jener Hauptstadt genauer bekannt zu machen, und sich namentlich mit mehreren der ausgezeichneten Künstler daselbst in Verbindung zu setzen. Als Beweis von der gegenwärthig regen Thätigkeit der jüngeren und älteren Kunstschule, hat er auch eine ausgezeichnete Sammlung von größeren und kleineren Aquarellen mitgebracht [...].“20 Wie der Rezensent zusammenfasste, bestand die Sammlung „theils aus großen, verhältnismäßig sehr ausgeführten, vielleicht als Skizzen zu vollende-

15 16 17

18 19 20

der Entwicklung verschiedener toniger und farbiger Techniken hatte dies zu einem zunehmenden Verständnis für spezifisch malerische Wirkungen geführt; vgl. hierzu ten-Doesschate Chu 1980, S. 21–36; außerdem Adhémar 1935–1937, S. 189–346. Delécluze, in: Journal des Débats, 4. Mai 1831; zit. nach Clarke 1996, S. 345. Vgl. ten-Doesschate Chu 1980, S. 35. Die Arbeiten von Alexandre Decamps, von denen Sachse Beispiele in sein erstes „Portefeuille“ aufnahm, wurden preislich sogar gleich seinen Ölgemälden angesetzt; vgl. Colombier 1928, S. 45. Vgl. Clarke 1996, S. 345. „Alle [in Paris lebenden Künstler, d. V.] haben dergleichen Bilder gemacht“, wie Athanasius Racynski die „allgemeine Eingenommenheit für diese Kunstart“ zwei Jahre später beschrieb. Die „Wasserfarbengemälde“ von Devéria, von Isabey, Roqueplan oder (Auguste) Delacroix seien gesuchte Werke. Er selbst hatte bei seinem letzten Parisaufenthalt im Frühjahr 1836 „manche Stunden darauf verwandt, die reichen Kunstmappen des Herrn Susse und der Kunsthandlungen in den Straßen des Petit Champs, De la Paix und anderen zu beschauen“; vgl. Raczynski 1836, Bd. 1, S. 349, S. 363, S. 366, S. 368. Raczynski widmete den französischen Wasserfarbenmalereien sogar ein ganzes Kapitel und erstellte eine Liste, in der er alle ihm bekannten Künstler nach Gattung auflistete, die Aquarelle malten; vgl. ebd., S. 381– 390. Den Anstoß für seine Begeisterung hatte Sachses Präsentation der französischen und englischen Aquarelle gegeben, die ab Januar 1835 in Berlin zu sehen waren. Vgl. Anhang 1. Vgl. Anhang 2. Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 12, 15. Januar 1835.

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ten Bildern entworfenen, Blättern sowohl im historischen als im landschaftlichen und Genre-Fache [...], theils aus kleinen, im Augenblicke der Laune und Musse hingeworfenen, genialen Darstellungen [...] von sorgfältigerer und flüchtigerer Ausführung, je nachdem es die Eigenthümlichkeit des Künstlers mit sich gebracht hat.“21 Es „dürfte sehr schwer seyn, unter dieser großen Anzahl von Blättern das Vorzüglichste zu bezeichnen“.22 Denn soviel sei gewiss: „[…] dass unter allen auch nicht ein einziges Blatt sich befindet, welches nicht auf irgend eine Weise den Stempel der Genialität an der Stirn trüge.“23 Ein kleines Luxembourg für Berlin

Selbstverständlich berichtete auch Kuglers Museum über diese (durchaus spektakuläre) erste Ausstellung französischer Aquarelle bei Sachse: „Schon seit längerer Zeit waren uns die liebenswürdigen Compositionen neuerer französischer Künstler durch das Mittel der Lithographie nicht unbekannt [...]. Aber Originale französischer Maler zu sehen war uns nur selten erlaubt“, hieß es hier im Februar 1835 mit Blick auf die aktuelle Kunstsituation in Berlin.24 Der Vergleich mit Paris folgte auf dem Fuße: „So wünschen wir Sachse viel Glück zur Einrichtung seines kleinen Luxembourg hieselbst und hoffen besonders, dass unsere älteren und jüngeren Künstler, in deren Besitz jene Bilder schon zum größten Teil übergegangen sind, einen nicht geringen Vorteil durch dieselben erlangen mögen, indem die leichte und doch sichere Behandlung, welche uns hierin erfreut, in mehr als einer Hinsicht zum Vorbilde dienen kann.“25 Der namentlich leider nicht bekannte Rezensent (vielleicht Kugler selbst?) sprach Sachse damit weit mehr als seine Glückwünsche aus. Er nutzte die Gelegenheit für den Hinweis auf wichtige (in Berlin fehlende) institutionelle Einrichtungen. Das Musée du Luxembourg, das heutige Musée national d’art moderne, war 1818 als erste staatliche Galerie für zeitgenössische Kunst in Paris gegründet worden. Es befand sich in dem einst für Maria Medici gebauten Palais du Luxembourg, das dem Museum seinen Namen gab (Abb. 38). Der Vergleich des

21 Vgl. ebd. Für das historische, landschaftliche und Genre-Fach werden Künstler genannt wie (wahrscheinlich Alexandre-Evariste) Fragonard, Alexandre Gabriel Decamps, François-Marius Granet, Théodore Gudin, (Claude Jules oder François) Grenier, Joseph Beaume, Hippolyte Garneray, Auguste Delacroix, Camille Roqueplan, Eugène Devéria, Louis Etienne Watelet, Eugène Isabey u.a.; „im Augenblick der Laune hingeworfene kleine geniale Darstellungen“ von den Brüdern Alfred und Tony Johannot, Nicolas-Toussaint Charlet, Jules-Louis Coignet, Charles Marie Bouton, François Etienne Villeret, Piotr Michalowsky, André Giroux, Charles Mozin u. a. 22 Vgl. ebd. 23 Vgl. ebd. 24 Vgl. Anonym: „Französische Öl- und Aquarellbilder“, in: Museum, 3. Jg., Nr. 6, 9. Februar 1835, S. 43. 25 Vgl. ebd., S. 44.

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Pariser Museums mit Sachses Institut wurde unmittelbar mit der Hoffnung verbunden, dass insbesondere Künstler diesen Ort für ihre Studien nutzen würden. Preußische Künstler und Kulturtreibende hatten sich immer wieder über fehlende Studienmöglichkeiten beklagt und die „erstaunliche Dürre“ an bildender Kunst dem lebendigen Pariser Kunstleben gegenübergestellt.26 Der Berliner Maler Wilhelm Wach hatte bereits 1816 deutliche Worte gefunden: „[W]enn bey uns beinah gar keine Schule vorhanden ist, sondern alles unter der kümmerlichen Protektion einer Akademie u[nd] bey ihrem dürftigen Schein, den die jungen Künstler schon gar nicht mehr gelten machen können u[nd] wollen, vegetiert, so ist hier [in Paris] alles befördert, interessiert und aufgemuntert durch Gouvernement.“27 Die starke Konzentration des französischen Kunstlebens auf die Hauptstadt wirkte äußerst anziehend, auch auf viele deutsche Maler. Adolf Rosenberg, der Geschichtsschreiber der Berliner Malerschule, sprach sogar von einer „Einwirkung der französischen Ateliers“.28 Eine ganze Reihe preußischer Künstler zog es in die französische Metropole, um „die Geheimnisse der Werkstätten, die glänzende Farbenmache, die Sicherheit in der Darstellung der äußeren Form“29 kennenzulernen – und sich darin selbst zu üben.30 In der Zeit von 1760 bis 1840 hielten sich, den Berechnungen von Wolfgang Becker zufolge, etwa 320 deutsche Künstler in Paris auf, der größte Teil kam aus Berlin.31 Einer von ihnen war Eduard Magnus, an welchen sich Sachse mit der Bitte gewandt hatte, Zugang zu den Pariser Ateliers zu finden. 26 Athanasius Raczynski nannte Berlin in Hinblick auf das erste Jahrhundertviertel „eine Wüste“; vgl. Franke 1934, S. 15; Gustav Friedrich Waagen stellte „eine erstaunliche Dürre, einen niederschlagenden Mißwachs“ in den Künsten fest, vgl. Waagen 1980, S. 316 und Theodor Fontane beschrieb das Berlin seiner Jugend, die Stadt Friedrich Wilhelms III., als „ein mit Büros und Kasernen reich ausgestattetes Dorf großen Stils“, vgl. Fontane 1970, S. 464. 27 Nationalgalerie Berlin, Autographen-Sammlung, Wach Nr. 301; Brief vom 14. August 1816; zit. nach Grossmann 1994, S. 70. 28 Zitiert nach Gurlitt 1899, S. 350. Nachdem noch im auslaufenden 18. Jahrhundert das Unterrichtsatelier Jacques Louis Davids den Hauptanziehungspunkt gebildet hatte, richteten nun immer mehr französische Meister private Malateliers ein, die regen Zulauf fanden, etwa Ingres, Hersent, Cogniet, Couture, Gleyre, Delaroche und viele andere; vgl. Bonnet/Nerlich 2013; Pariser Lehrjahre 2013; Becker 1971, S. 12–17. 29 Gurlitt in Anlehnung an Adolf Rosenberg. Letzterer nannte „die Einwirkung der französischen Ateliers [...] aber nur äußerlich“. Die „Nothwendigkeit einer solchen Wanderfahrt“ berge in sich einen schweren Vorwurf gegen die Berliner Akademie, die „an sich ein schwerfälliger Körper, seit Mitte der vierziger Jahre derart in Versumpfung und Verzopfung hineingeriet, daß von ihr nichts zu holen war“; vgl. Gurlitt 1899, S. 350. Becker stellte in seinen Untersuchungen fest, dass der französischen Schule trotz der Veränderungen der Bildfläche bezüglich Farbauswahl und Pinselschrift zwischen 1760 und 1840 „die disziplinierte Leichtigkeit und Spontaneität des Auftrags und die Reinheit der Farben“ eine spezifische Eigenschaft blieben, „die ihr die Auseinandersetzung mit neuartigen Themen und Aufgaben erleichterten“; vgl. Becker 1971, S. 17. 30 In Paris sei jedoch noch viel mehr zu finden, „nämlich jenes Unerklärbare, die künstlerische Lebenslust dort, gegenüber dem Stillstand hier“, so Gurlitt 1899, S. 352. 31 Vgl. Becker 1971, S. 16f. Becker führte eine erste statistische Auswertung durch. Demnach hielt sich ein Viertel der deutschen Künstler in Paris als Besucher auf, um offizielle Ehrungen entge-

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Sachses Initiative wurde allgemein als äußerst bereichernd für das kulturelle Leben Berlins empfunden und mit der Erwartung neuer Impulse für die regionale Künstlerschaft verbunden. Man stimmte Sachse zu, dass Aquarelle hierfür besonders geeignet seien, denn „deren Studium (nicht allein ihre Anschauung) [dürfte] für die Freunde der Kunst vielleicht ungleich lehrreicher werden [...], als das der vollendeten Bilder jener Meister, da man ihnen meistens den ersten, unverdorbenen, von eigener, kälterer Überlegung oder freundschaftlichen Rathschlägen noch unverändert gebliebenen Entwurf, und somit den reinen Erguss der künstlerischen Schöpfungskraft sieht“, wie etwa die Berlinischen Nachrichten betonten.32 Tatsächlich waren es vorwiegend Künstler, „in deren Besitz jene Bilder [...] zum größten Theil übergegangen“ sind.33 Doch erkannte man auch den Wert der Blätter für den Sammler: „Wer es weiß, wie erst seit kurzer Zeit durch die, von England nach Frankreich herübergekommene Sitte der reichen Kunstliebhaber, sich sogenannte Albums (Stammbücher) oder Geschenksammlungen von Handzeichnungen anzulegen, die Aufmerksamkeit der Pariser Künstler auf einen neuen, und (bei hohen Preisen solcher Zeichnungen), sehr einträglichen Erwerbszweig gelenkt worden ist, wird sich nicht wundern, dass die zahlreichen Kunstfreunde unserer Residenz die vortheilhafte Gelegenheit nicht unbenutzt vorüber gehen lassen werden, ihre Sammlungen mit dem Vorzüglichsten, was die neue franz. Schule in dieser Art aufzuweisen hat, zu bereichern.“34 Athanasius Raczynski bestätigte in seinem ersten Band der „Geschichte der neueren deutschen Kunst“ (1836) die Wirkung der französischen Aquarelle auf das künstlerische Schaffen und Sammlen in Berlin. Und auch er räumte Sachses Initiative eine wegweisende Bedeutung ein: „Deutschland beginnt auch seit einigen Jahren, sich mit französischen Wasserfarbenmalereien zu bereichern. Die Kunsthandlungen des Herrn Sachse in Berlin und Artaria in Wien und in Mannheim sind mit gutem Beispiel vorangegangen, und ihrem Einflusse verdankt man die glücklichen Versuche deutscher Künstler in

genzunehmen, Bildnisaufträge auszuführten, ihre Werke bekannt zu machen oder sich über alte und neue Kunst zu informieren. Der Rest ging in eines der großen Lehrateliers, um dort ihre wesentliche Ausbildung zu bekommen. Grundlage der französischen Ausbildung war das Modellstudium, deren bedingte Zeichen- und Maltechniken bereits von den Zeitgenossen als Elemente eines französischen Stils erkannt wurden. Der größte Teil aller deutschen Paris-Schüler kam, nach der Studie von Becker, aus Berlin: 22 bis 1800, 10 bis 1815 und 33 bis 1840. Zu den deutschen Künstlern in Pariser Lehrateliers vgl. ausführlich die jüngsten Studien von Bénédicte Savoy und France Nerlich, hier vor allem Pariser Lehrjahre 2013 und 2015 sowie Bonnet/Nerlich 2013. 32 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 12, 15. Januar 1835; mit großer Begeisterung für die getroffene Auswahl heißt es an selbigem Ort weiter: „Es dürfte sehr schwer seyn, unter dieser großen Anzahl von Blättern das Vorzüglichste zu bezeichnen: soviel indes ist gewiss, dass unter allen nicht ein Blatt sich befindet, welches nicht auf irgend eine Weise den Stempel der Genialität an der Stirn trüge.“ 33 Vgl. Anonym: „Französische Öl- und Aquarellbilder“, in: Museum, 3. Jg., Nr. 6, 9. Februar 1835, S. 44. 34 Berlinische Nachrichten, Nr. 12, 15. Januar 1835.

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diesem Fache.“35 Aquarelle gewannen in den folgenden Jahren bei Künstlern, Kunstkennern und -sammlern zunehmend an Beliebtheit, da sie, wie nun allgemein betont wurde, den Gedanken eines Meisters lebendiger charakterisieren würden als ein „fertiges Bild“.36 Aquarelle für Paris

„Der allgemeine und ungetheilte Beifall“ für Sachses Unternehmen, „den hiesigen Künstlern, Kunstkennern und Kunstfreunden einen möglichst genauen Überblick des gegenwärtigen Zustandes der Malerei in Frankreich, durch eigene Anschauung von Original-Werken zu verschaffen“, hatte den Berliner Händler dazu ermutigt, „der ersten Sendung von 75 [...] selbst ausgewählten Aquarellen, eine zweite Sendung von 80 Piecen nachfolgen zu lassen“, wie Sachse am 14. März 1835 in den Berlinischen Nachrichten anzeigte.37 Sachse vermittelte also bereits im Frühjahr 1835 ein Konvolut von über 150 Wasserfarben- und kleineren Ölgemälden aus Paris nach Berlin. Und nicht nur das: Er plante bereits seine nächste Parisreise – und eine weitere Initiative. Im November des gleichen Jahres schrieb Sachse rückblickend an die Akademie der Künste: „Da nun diese französischen Arbeiten hier mit Beifall aufgenommen wurden, so beschloß ich das neu eingesteckte und schnell wieder realisirte Kapital für diese Branche und die Vergrößerung meines Oelbildergeschäfts überhaupt, auch ferner hin anzuwenden, und einen Versuch zu wagen, mich auch den vaterländischen Künstlern nützlicher zu machen, und auch ihren werthvollen Leistungen im Auslande, namentlich in Paris, Anerkennung und Absatz zu verschaffen.“38 Deutlich stellte Sachse in dem offiziellen Schreiben sein bürgerliches Engagement gegenüber dem Kunststandort Berlin heraus. 35 Vgl. Raczynski, Bd. 1, 1836, S. 389. Es heißt im Folgenden weiter: „Auch sieht man schon in Deutschland eine große Menge Albums sich bilden. So hat ein neuer Markt sich den französischen Künstlern geöffnet, und ich bezweifle, daß die Mitbewerbung der Deutschen in diesem Fach ihnen jemals gefährlich werde. Indessen habe ich in der letzten Zeit glückliche Versuche derselben gesehen, und namentlich scheint mir Pistorius in Berlin sich guten Wasserfarbenmalern Frankreichs anzunähern.“ 36 Vgl. Anonym: „Der Kunstnachlass Louis Friedrich Sachses“, in: Vossische Zeitung, Nr. 60, 3. Beilage, 12. März 1878; in: LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1. Zur Rolle des Aquarells in Berlin siehe auch Max Schasler: „Ein Vorschlag zur Veranstaltung einer internationalen Aquarell-Ausstellung in Berlin“, in: Die Dioskuren, 11. Jg., Nr. 6, 11. Februar 1866, S. 41f. und ders.: „Der künstlerische Charakter des Aquarells“, in: Die Dioskuren. 11. Jg., Nr. 9, 4. März 1866, S. 61f. 37 Vgl. Louis F. Sachse, in: Berlinische Nachrichten, Nr. 62, 14. März 1835. Hier heißt es weiter: „Dieselbe enthält unter Andern ganz neue Compositionen vieler großer Meister, von denen wir während unserer Anwesenheit in Paris gerade nichts vorräthig fanden. Wir erlauben uns daher, die resp. hiesigen Künstler, Kenner und Liebhaber zur Anschauung dieser Meisterwerke ergebenst einzuladen.“ 38 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Louis F. Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835.

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Sein Kunsthandel mit dem Ausland würde nicht nur den wirtschaftlichen Interessen seines eigenen Geschäfts dienen. Er sei ausgerichtet auf die Belebung und Verbreitung zeitgenössischen Kunstschaffens in und aus Preußen. Die überaus positive Resonanz der Präsentation erster Aquarelle und Ölbilder aus Paris hatte ihn dazu ermutigt, den „Versuch [...] wagen“ zu können, sich „auch den vaterländischen Künstlern nützlicher zu machen, und auch ihren werthvollen Leistungen im Auslande, namentlich in Paris, Anerkennung und Absatz zu verschaffen“.39 Der „gewagte Versuch“ stellte für den Privatunternehmer Sachse durchaus ein Wagnis dar. Er hatte einen guten Teil des eben eingenommenen Geldes in das Kunstschaffen preußischer Künstler reinvestiert. Das (Geschäfts-)Modell weist nach England, wo das Aquarell seinerzeit einen bedeutenden Beitrag für die Bildung einer Art „nationaler Schule“ leistete oder zumindest zum allgemeinen Eindruck einer solchen verhalf.40 Schon 1804 war die erste Society of Painters in Watercolours in London gegründet worden, die ein Jahr später ihre erste (Verkaufs-)Ausstellung organisierte (Abb. 196).41 Die „Wasserfarbengemälde“ auf Papier stellten sich, im Gegensatz zu den schweren und meist teureren Leinwänden, als beliebte und gut verkäufliche Form des Kunstgenusses heraus, der bald weiteste Verbreitung fand. Sachse hatte „die Sucht der vornehmen Welt und der Kunstliebhaber [...], sich sogenannte Albums mit Originalarbeiten der namhaftesten Künstler anzulegen“, in Paris selbst kennengelernt – und fühlte sich ermutigt, auch preußische Künstler daran teilhaben zu lassen und international bekannt zu machen. Sachses „bestellte und mit 1800 [Talern] baar bezahlte Sammlung von 80 Aquarellen Preußischer Künstler“ war allerdings ein Wagnis für den jungen Unternehmer, hatte er doch dieses „bis dahin bei uns gänzlich ungepflegte Genre“ durch die Vermittlung der französischen Arbeiten erst wenige Monate zuvor „gewissermaßen ins Leben“ gerufen.42 In den Berlinischen Nachrichten am 14. März 1835 hatte Sachse nicht nur die Ankunft einer weiteren Sendung französischer Aquarelle in seinem Salon angezeigt, sondern auch folgenden Aufruf gestartet: „Da die Pariser Kunst- und Künstlerwelt, welcher bis jetzt fast gar nichts von den trefflichen Leistungen neuer Preußischer Meister zur Anschauung gekommen ist, gleiches Verlangen trägt, Originalarbeiten unserer vorzüglichsten Künstler zu sehen und zu besitzen, so wiederholen wir den Letzteren unsere bereits ausgesprochene Bitte, uns baldgefälligst in den Besitz von gediegenen Werken in Aquarellmanier zu sezzen [sic], um dadurch auch ihrerseits den wohlverdienten hohen Ruf vaterländischer Kunst im Auslande verbreiten und documentiren zu helfen.“43 Am 39 Vgl. ebd. 40 Vgl. Bauer 2001, S. 13. 41 Vgl. ebd., S. 15f. und das Kapitel IV.1.b „ Die Kunsthandlung L. Sachse & Co. / Europäische Malkunst in Berlin“. 42 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1838. 43 Louis F. Sachse, in: Berlinische Nachrichten, Nr. 62, 14. März 1835.

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4. Mai 1835 wiederholte Kuglers Museum noch einmal Sachses Aufforderung an die einheimischen Künstler, „Aquarellbilder für ihn [also für Sachse, d. V.] anzufertigen“.44 Adolph Schöll veröffentlichte im Kunstblatt später einen Artikel, der den genauesten Überblick über die von Sachse angekauften Aquarelle preußischer Künstler überliefert.45 Zu dem Konvolut gehörte demnach ein nicht näher beschriebenes Blatt von Franz Krüger, zwei „wohlgelungene Versuche“ von Carl Krüger (Schüler Blechens), ein „Seestück“ von Ludwig Elsholz, ein (unbezeichnetes) Blatt von Carl Schulz, eine „Bucht zwischen zwei schönen Felsen“ von Gustav Bönisch, ein „geistlicher Sängerchor“ des „Kupferstechers Eichens“, eine Berliner „Architektur-Parthie“ von Wilhelm Schirmer, „treffliche Architekturen“ von Ludwig Beckmann, eine „freundliche Ansicht des Klosters Chorin“ von August Wilhelm Ahlborn und der „romantische Klosterhof von St. Francesco in Assisi“ von Carl Eduard Biermann.46 Auch das „Talent des jungen Menzel“ habe Sachse mit seinem Aufruf angeregt, der „in arabeskenartiger Umfassung die Romance vom König von Thule“ für ihn aquarellierte (Abb. 170).47 Genannt werden außerdem Arbeiten von Steinbrück und Däge – sowie die Darstellung eines Mönches auf einer Terrasse von Carl Blechen (Abb. 219).48 Sachse nahm diese von ihm bestellten und angekauften Blätter der Berliner und Düsseldorfer Künstler „mit auf seine Reise nach Paris“, wo er sich vom 18. Juni bis 4. Juli 1835 aufhielt.49 Dieses Mal war er nicht allein unterwegs: Hermann Eichens, Litho­ graph, und Carl Blechen, Professor der Landschaftsklasse an der Berliner Akademie, begleiteten ihn.50 Die kleine Reisegesellschaft hatte sich für den Seeweg entschieden, der über die Normandie führte. Während eines kurzen Aufenthaltes in Rouen machten sie die Bekanntschaft mit Eugène Balan, von dem sich ein Schreiben an Sachse aus demselben Jahr erhalten hat.51 Darin bedankt sich Balan bei Sachse für einen vorangegan44 Vgl. Anonym: „Deutsche Aquarellbilder“, in: Museum, 3. Jg., 18. Heft, 4. Mai 1835, S. 139. 45 Vgl. Anonym: „Berlin, den 22. August 1835“, in: Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381f. 46 Vgl. ebd., S. 381. 47 Vgl. ebd., S. 382; Tschudi 1906, S. 144, Nr. 158; Ausst.-Kat. Berlin 1895, S. 57, Nr. 246. 48 Vgl. ebd. 49 Vgl. Anhang 1; die Blätter der preußischen Künstler waren, nach den Angaben von Adolph Schöll, „auf der Frühjahrsausstellung“ zu sehen gewesen; vgl. Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381. Demnach musste Sachse die Aquarelle bereits vor seinem Reiseantritt nach Paris geschickt haben.. 50 Beide Künstler standen in einer engen Beziehung zu Sachse. Hermann Eichens lebte und arbeitete ab diesem Jahr größtenteils als Lithograph in Paris und reproduzierte eine ganze Reihe „bedeutender Kunstwerke“ für den Berliner Händler; vgl. etwa die Lithographien im Berliner Kupferstichkabinett, Mappe Hermann Eichens SGal 10/13: „Die Kegelbahn“ nach Eduard Meyerheim (Bl. 177–114; Abb. 109); „Die Hussitenpredigt“ nach Carl Friedrich Lessing, Verlag Sachse & Co. zusammen mit Rittner & Goupil (Bl. 677–139; Abb. 262); „Zuflucht am Altar“ nach Eduard Daege, Sachse & Co. zusammen mit Rittner & Goupil (Bl. 679–139). 51 Vgl. Eugène Balan an Louis Sachse, Paris 1835, in: StABI Berlin, Handschriftensammlung, Sammlung Darmstädter, Balan 2 n 1848 (4). Über das enge Verhältnis Sachses zu Carl Blechen

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genen Brief und die Aufforderung, „etwas“ [„quelque chose“] zu schicken. Balan weilte zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in Paris, wollte aber nach Rouen zurückkehren, um „quelques aquarelles dans le genre pittoresque“ zu malen.52 Sowohl Jean Adémar als auch Wolfgang Becker haben die Normandie der 1820er bis 1840er Jahre als wichtigen Begegnungsort französischer und englischer Malerei beschrieben: „Die Küstengegend bot den Landschaftsmalern alle Motive, an denen sie die Wirkungen von Licht, Wind und Wetter darstellen konnten: das Meer, alte Fachwerkhäuser, verwinkelte Gassen, gotische Kirchen. Marinemaler fanden hier die Gegenstände, die ihnen die Steigerung des Ausdrucks ermöglichten“, so Becker.53 Viele der seinerzeit großen französischen Landschaftsmaler wie etwa Théodore Gudin, Eugène Lepoittevin oder Eugène Isabey habe es von Paris aus für einige Zeit in diese malerische Gegend gezogen.54 Ihre Kompositionen fanden über Aquarelle und Lithographien weite Verbreitung. Auch deutsche und englische Künstler fühlten sich zunehmend angezogen von der normannischen Motivwelt und dem sich hier zusammenfindenden Künstlerkreis.55 In Sachses Auswahl aus Paris mitgebrachter französischer Aquarelle fallen die zahlreichen Sujets aus der Normandie ins Auge. Während seines Besuchs in den Ateliers von Eugène Lepoittevin, André Giroux, Théodore Gudin und Camille Roqueplan mag Sachse sich mit den Künstlern über die nordische Küstengegend unterhalten haben.56 Auch sie nutzten in jenen Jahren die Normandie als Ort künstlerischer Inspiration.57

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und die gemeinsame Reise nach Paris wird in dem Kapitel IV.1.c, „Händler und Mentor / Carl Blechen“, noch ausführlicher die Rede sein. Vgl. ebd.; Balan machte Sachse in dem Schreiben auf eine jüngste Pariser Modeerscheinung aufmerksam: „En çe moment à Paris [...] on vend beaucoup de petites aquarelles faites sur des cartes un peu plus grandes que les cartes de visite. Elles ont une petite bordure aussi en carte tout autour. C’est très joli comme objet d’étrenne. Je vous en mettrai quelques-unes pour échantillon dans mon premier envoi.“ Der Künstler habe eine Innenansicht der Kathedrale von Rouen vorrätig, die er nur noch beenden müsse, und wolle die Außenansicht der gotischen Kirche noch hinzufügen. Vgl. Becker 1971, S. 103–105, hier S. 104. Vgl. hierzu etwa eine Notiz im Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1836, S. 388: „Paris. Unsere Künstler sind mehrerentheils ausgewandert, um Stoff zu neuen Werken zu sammeln. Nach Italien ist in diesem Jahr nur einer gezogen. [...] Decamps pilgert um Weichbilder der Stadt umher, deren Kirchthürme seinen Entwürfen einen vortrefflichen Hintergrund geben; die Marinemaler laufen an den Küsten der Normandie und Bretagne.“ Die berühmteste Lithographie-Folge ist sicher die „Voyages pittoresques“. Die der Normandie gewidmeten Bände erschienen bereits von 1820 bis 1825. Auf die Bedeutung der Normandie als Reise- und Arbeitsziel französischer und auch deutscher Künstler in jener Periode kann hier aber leider kaum näher eingegangen werden; vgl. allgemein Adhémar 1935/1937. Wie aus seinen Tagebuchaufzeichnungen zu entnehmen ist, suchte Sachse während seiner Parisreise 1835 folgende Ateliers auf: 22. Juni „in den Ateliers von Vernet, Lepoittevin, Duval le Camus“; 25. Juni „Charlet, Villeneuve, Monthelier, Engelmann, Lemercier“; 29. Juni „Besuche u. a. Susse, Rittner, Giroux, Coignet“; 30. Juni „Gudin, Roqueplan, Delaroche“; 1. Juli „Gudin, Roqueplan, Delaroche zusammen diniert, Einkäufe“; vgl. Anhang 1. Von Lepoittevin kaufte Sachse den „Untergang einer Fregatte“. Von Roqueplan war im Palais du Luxembourg damals eine „herrliche Ansicht der Küsten der Normandie“ ausgestellt, für Rac-

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Nach seiner Rückkehr aus Paris berichtete Sachse der Akademie der Künste über das Gelingen seines „gewagten“ Unternehmens. Die mitgeführten Aquarelle der preußischen Künstler hätten „mit Recht [... die Aufmerksamkeit der Pariser Künstlerwelt“ erregt. Sachse habe dadurch „die große Freude“ gehabt, „den Preußischen Künstlerrufe in Paris allgemein anerkannt zu sehen“, wie er nicht ohne Stolz erzählt.58 Denn schließlich sei es wohl dem „wirklichen Werthe des größten Theils dieser Arbeiten [...] beizumessen, dass davon trotz dem Egoismus und der Vorliebe der Franzosen für ihre eignen Producte über zwei Drittheile gekauft wurden“.59 Auch Adolph Schöll hob im Kunstblatt „die hiesigen Leistungen, die zum Theil sogar die ersten Versuche dieser Art waren“, hervor. Die Aquarell-Proben der preußischen Künstler hätten den „Beifall der dortigen Kenner“ nicht verfehlt.60 Der damals europaweit bekannte Maler Horace Vernet soll Krüger und Blechen seine Bewunderung ausgesprochen und sich positiv über das Blatt von Schoppe, „dessen Technik wirklich zu achten ist“, als auch über die Arbeiten von Steinbrück und Däge geäußert haben.61 Der Wert des von Sachse eingeleiteten deutsch-französischen Kunstaustauschs mit Aquarellen zeitgenössischer Künstler wurde nicht zuletzt vom Museum ausdrücklich gelobt: „[H]ierdurch wird nicht nur unseren Künstlern ein bequemer Weg zur weiteren Verbreitung ihrer Namen und ihrer künstlerischen Verdienste eröffnet, sondern es wird zugleich eine, bei uns bis jetzt noch häufig vernachlässigte Kunstübung mehr in Aufnahme gebracht, die sowohl um ihrer eigenthümlichen Vorzüge, als auch ihres weiteren Nutzens willen alle Beachtung verdient“.62 Der „weitere Nutzen“, von dem hier die Rede ist, zielte erneut auf die Verbreitung von Kunstwerken über den Steindruck ab: „Die französischen Lithographen arbeiten nämlich insgemein, soviel uns bekannt ist, unmittelbar nach Aquarellen und erreichen dadurch auf leichtestem und gediegenstem Wege jenen Charakter von Wärme und Farbe, der in unseren, nach farblosen Zeichnungen gearbeiteten Lithographien noch so häufig vermisst wird. Wir hoffen demnach, dass das neue Unternehmen des Hrn. Sachse, welches bereits die erfreulichsten Erfolge gehabt hat, auch im weiteren Kreise günstig auf die vaterländische Kunst einwirken wird“, wie das Museum erklärte.63

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zynski „vielleicht das schönste Werk“, das er kennen würde; vgl. Raczynski 1836, Bd. 1, S. 378. Auf das von Sachse später erworbene Bild von André Giroux mit einer Darstellung des Mont Saint-Michel wird noch zurückzukommen sein. Einem Gemälde gleichen Inhalts von Théodore Gudin attestierte Faber noch 1853, „eines der schönsten Bilder aus Gudins früherer Zeit“ zu sein; vgl. Faber 1853, Bd. 6, S. 174. Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Louis F. Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. Vgl. ebd. Vgl. Schöll, Adolph: „Berlin, den 22. August 1835“, in: Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381f. Vgl. ebd. Vgl. Museum, Nr. 18, 4. Mai 1835, S. 139. Vgl. ebd. Unweigerlich wird einem Sachses Bedauern aus dem Eröffnungsjahr seines lithographischen Instituts in Erinnerung gerufen: „[…] nur dass man hier nicht so zeichnet wie in Paris,

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Konkurrenz belebt

Sachses erste Präsentation einer für die damalige Zeit gewaltigen Anzahl französischer (und im Übrigen auch einiger englischer) Aquarelle, die in mehreren Sendungen von Jahresbeginn bis in den Spätsommer 1835 in seinem Salon zu sehen waren, begleitete – wie oben erwähnt – der noch junge Kunstschriftsteller Adolph Schöll mit einer ausführlichen Kritik im Kunstblatt (Abb. 171).64 Schölls Ausführungen aus Sachses Kunsthandlung erschienen damit in jenem Blatt, in dem alle zwei Jahre auch die umfangreichen Besprechungen der akademischen Ausstellungen veröffentlicht wurden. Noch heute vermitteln seine Beobachtungen einen lebendigen Eindruck von der enormen Vielseitigkeit der in Sachses Salon vorgeführten Werke – und ihrer Wirkung auf den Betrachter: „Diese farbigen Zeichnungen, die in England schon seit so langer Zeit im Schwanger sind, aber zu der Mannichfaltigkeit von Manieren, die sich jetzt in ihnen darlegt, erst, wenn ich nicht irre, in Frankreich gebracht wurden, scheinen jetzt, nachdem sie in Frankreich und England seit mehreren Jahren als blühender Zweig der Kunst und Mode wuchern, auch die Liebhaberei deutscher Kunstfreunde verhältnismäßig zu erregen“.65 Schöll hatte Mühe, „das weitgespannte Streben, das darin herrscht“, zusammenzufassen: „Da sind Gegenstände aller Art, historische, konventionelle, tragische, komische, erotische, lokale, Landschaften, Seestücke, Thierstücke, Architekturen, Stoffmalereien. Da sind Manieren aller Art, von der affektierten Leichtigkeit und der wahrhaft geistreichen Skizze bis zur starken Nachahmung, zum ausgesuchten Effekt, zum poetischen Helldunkel. Wie konnte ich also hoffen, wenn ich einige Namen nenne und einige Weisen bezeichne, mehr zu geben, als eben zufällige Blicke, die mir in dies reiche Feld vergönnt waren.“66 Schölls „zufällige Blicke“ in das „reiche Feld“ der französischen Kunstübungen fielen schließlich vorwiegend auf Werke jener Künstler, die sich in Paris, teils darüber hinaus, bereits einen Namen machen konnten. Schon in Kuglers Museum waren bevorzugt jene Arbeiten hervorgehoben worden, die von seinerzeit in Paris populären Meistern stammten.67 Zu ihnen zählten die Landschafts- und Marinemaler Eugène Isabey68 und Camille

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drum lässt sich so etwas herrliches nicht liefern“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 15. Juni 1828. Alfred Schöll: „Berlin, den 22. August 1835“, in: Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381f.; Nr. 93, 19. November 1835, S. 386–388; Nr. 94, 24. November 1835, S. 389f. und Nr. 95, 26. November 1835, S. 395f. Es werden in dem Artikel neben den bei Sachse präsentierten Arbeiten auch französische Aquarelle erwähnt, die bei Julius Kuhr zu sehen waren. Auf die Ölbilder, die Sachse bereits ebenfalls im Sommer 1835 zeigte, wird in dem Abschnitt „Französische Farbenplastik und der Erfolg von 1836“ noch näher eingegangen werden. Zu Schölls Kritik im Kunstblatt vgl. auch Nerlich 2010, S. 111f. Vgl. Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381. Vgl. Kunstblatt, Nr. 93, 19. November 1835, S. 386. Vgl. Museum, 3. Jg., 9. Februar 1835, S. 43; vgl. außerdem Nerlich 2010, S. 346–354. Beschrieben wird die Darstellung eines „lustigen Matrosenlebens“; vgl. ebd. Julius Meyer bemerkte über die Wirkung der Bilder Isabeys auf den zeitgenössischen Betrachter: „[...] die blen-

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Roqueplan69 ebenso wie der für seine Licht- und Farbenwirkung bekannte Alexandre Decamps,70 der wie Adrian Dauzat71 mit Darstellungen aus dem Orient vertreten war. Von Fragonard72 waren prunkvolle Farbenzeichnungen zu sehen, von Devéria,73 Beaume,74 Grenier,75 Duval le Camus76 und Massé77 wurden „vorzüglich anziehende in der Sphäre des gewöhnlichen Lebens gehaltene Stücke“ vorgeführt. Insgesamt waren es vor allem Landschaftsbilder, die Sachse in Paris erworben hatte, darunter Viard78, ­Watelet79

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dende Leichtigkeit des Auftrags, in seinen Figurenbildern das Flimmern und Glitzern kostbarer Stoffe, das leuchten und Funkeln mannichfacher das Licht auffangender und widerspiegelnder Geräte, so dass in dem reichen Farbenkonzert des Kostüms und des umgebenden Beiwerks die Personen selber verloren und aufgegangen sind [...] Es ist die Weise des Auftrags, welche die Franzosen als ‚chic‘ bezeichnen; sie zeigt dem Auge mit sich brüstender Gewandtheit, wie sich die im Licht blinkenden Spitzen der Dinge mit rascher und ,geistreicher‘ Hand abgepflückt hat und nun wie Edelsteine nach allen Seiten verschwenderisch umherstreut“; vgl. Meyer 1866, S. 271f. Zu sehen war „Kranke Dame im Lehnstuhl“ und eine Zeichnung in Wasserfarben zu Catarina di Medici und Karl X.; vgl. Museum, 3. Jg., 1835, S. 43. Julius Meyer bestimmte in seinem III. Kapitel Nr. 4 eine Gruppe von Malern, die sich besonders durch ihre „koloristischen Reize“ hervortun würden und nannte Isabey, Roqueplan und Descamps; vgl. Meyer 1866, S. 255–272. Alexandre-Gabriel Decamps (1803–1860). Er wird gleich mit drei Bildern genannt: „Alter Stelzfuss“; „Türke im Divan“ und „Orientalische Reiter im Galopp über eine Brücke“; vgl. Museum, 3. Jg., 1835, S. 43. Decamps war 1827/28 nach Konstantinopel gereist. Das morgenländische Treiben griff er immer wieder neu auf, es macht gut die Hälfte seines Œuvres aus; vgl. Meyer 1866, S. 255–265. Adrien Dauzats (1804–1868). Von ihm bei Sachse 1835 zu sehen: „Junger Türke in rotem Kostüm“; vgl. Museum, 3. Jg., 9. Februar 1835, S. 43. Alexandre-Évariste Fragonard (1780–1850) war der Sohn und Schüler Honoré Fragonards, frequentierte jedoch auch das Atelier Davids. Er debütierte im Pariser Salon 1793. Später belieferte er den Palais Bourbon mit Grisaille-Bildern, die den Ruhm des Herrschers glorifizieren. Die Juli-Revolution 1830 beendete diese Arbeiten, „a partir de la Restauration il est tributaire du courant ,troubadour‘, tout en s’en libérant par une technique plus large, une touche plus vivante, un sens de la mise en scène, un gout pour les éclairages dramatiques [...]“; vgl. Ausst.-Kat. Années Romantiques 1995, S. 383f. Vgl. Anhang 1. Joseph Beaume (1796–1885), laut Meyer hatte dieser Künstler seine Stärke im bürgerlichen Sittenbild, wie „in der eleganten Behandlung der Kostüme, namentlich aus den Zeiten Ludwigs XIII. und XIV.“, gleichzeitig aber auch schon eine Reihe kleinerer Schlachtengemälde für Versailles geliefert; vgl. Meyer 1866, S. 152. (Claude Jules oder François) Grenier (1793–1867), Genremaler, besonders von Sittenbildern. Meyer schrieb zu seinem Themenkatalog der 1827 bis 1833er Jahre: „[E]r schildert gern die kleinen Leiden und Freuden einer armen Familie: verlorene, wiedergefundene, von einem Wolf angefallene, als Holzdiebe ertappte Kinder“; vgl. Meyer 1866, S. 158. Vgl. Anhang 1. Auguste Antoine Massé (1795–?), Porträt- und Genremaler in Paris, 1824 und 1836 im Pariser Salon vertreten. Georges Viard (?–1869). Er stellte von 1831 bis 1869 im Pariser Salon aus; vgl. Ausst.-Kat. Années Romantiques 1995, S. 486. Vgl. ebd.

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und Giroux.80 Um zu einer Einordnung des Gezeigten zu gelangen, müsse man „überhaupt all die vielen Richtungen auch der modernen französischen Oelmalerei mit einschließen“, wie Schöll bald erkannte. Denn „wenn man unter den Aquarellen auch Auffassungen findet, die sich wohl nur in diesem Genre entwickeln konnten, so spiegeln andere aufs deutlichste denselben romantischen Geschmack, in welchem die Oelmalerei mit den modernen Romanen korrespondiert, wieder andere zeigen nicht minder als die letzten die Studien der Venezianer oder der Niederländer, und andere, landschaftliche und Architekturbilder, haben mit den Oelgemälden die Lieblingsgegenstände und die Effektuierung derselben gemein“.81 Der Kritiker suchte den Zugang zu den Aquarellen also zunächst über einen Vergleich mit den ihm bekannten Ölgemälden. So fand er „in A[ry] Scheffers Aquarellen neben den verwandten Vorwürfen auch ziemlich dieselbe Farbenwirkung wie in seinen Oelbildern“, ein „ähnliches Gleichbleiben in Beaumes ausdruckvoll gemalten Scenen“, und so würde auch „Watelet in beiden Arten der Malerei seine untereinander sehr ähnlichen Gegenstände von schattigen Bäumen, brillantem Licht, rauchenden Schornsteinen, lebhaftem Wasser“ miteinander vereinen.82 Hinzu kamen jene „Art französischer Aquarelle, welche Straßen, Kanäle, Stadtpartien mit interessanter Architektur“ zeigten, meist „farbig skizziert, dabei auch die Federzeichnung eigen angewendet“.83 Nicht selten sehe „man da mit großem Geschick gothische Formen, architektonische Ornamente durch scheinbar nachlässige Federzüge sehr geschickt ausgedrückt“.84 Allerdings würde dies „freilich nicht Jedem“ gelingen: „[B]isweilen sind die geistreich gemeinten Dächer, Jalousienstriche, Häuserlinien bloß krumm, schief und bauchig, und sehen solche Blätter aus, wie beregnete Bilder auf einer hängenden, gebogenen Leinwand“, wie Schöll beobachtet (und offenbar teillweise für irritierend befunden) hatte.85 Am meisten begeisterten Schöll „die Architektur- und die Seestücke, zumal solche Hafenansichten, die beides verbinden“. Solche Blätter hätten viel „Ansprechendes und Poetisches“.86 Konkret benennt er „ganz kleine, ganz leicht affectuierte Ansichten“ von Charles Mozin, François Joseph Dupressoir, François Etienne Villeret, Victor Hubert, Jules Coignet, Louis Etienne Watelet, Auguste Biard und Eugène Isabey, „freie und kräftig gestimmte Stadtpartien“ von Eugène Balan und Julien Michel Gué,87 aber auch orientalische Darstellungen mit „pittoresken Architekturen, glänzenden Geräthschaften, Ornamenten, glühenden Teppichen, reich geschmückten Figuren“ von Alexandre Gabriel Decamps und Adrien Dauzats. Schölls uneingeschränkte Bewunderung galt Camille 80 Vgl. Anhang 1. Die letzten beiden Künstler hat Sachse ebenso wie Déveria in Paris persönlich getroffen. 81 Vgl. Ausst.-Kat. Années Romantiques 1995, S. 486. 82 Vgl. ebd. 83 Vgl. ebd., S. 388. 84 Vgl. ebd. 85 Vgl. ebd. 86 Vgl. ebd. 87 Vgl. ebd.

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Roqueplan: „Er trägt gewähltere Genrestücke mit Freiheit und schönem Ausdruck vor, malt elegante Hofscenen von qualifiziertem Charakter, wie sie auch Alfred Johannot äußerst lebhaft und schmuck auszuführen liebt, mit den wirksamsten Farben und geschmackvoller Haltung, entwickelt belebte historische Scenen und ist in Landschaften durch Wahrheit und anmuthige Technik vorzüglich.“88 „Als Waare betrachtet“ bemerkte der junge Kritiker einen deutlichen Unterschied zwischen dem Geschmack der französischen und der deutschen Künstler als auch Kunstliebhaber. Ihre jeweiligen„Standpunkte“ seien „noch verschieden“.89 Das betraf seiner Meinung nach nicht nur die dargestellten „Gegenstände und Situationen“, die ihm selbst oft „fremd“ erschienen, sondern „noch mehr die Manieren“.90 Den Grund für den beobachteten nationalen Geschmacksunterschied sah Schöll grundsätzlich in dem Umstand, dass „man es hier mit Modeartikeln zu thun“ habe. Zum besseren Verständnis klärte er seine Leserschaft über seine Sicht auf das „Prinzip der Mode“ in der aktuellen Kunstproduktion auf. Er bediente sich hierfür eines feuilletonistischen Ansatzes, nämlich des Aufzeigens von Gegensätzen. In einem Atemzug beschreibt er so, was ihm am deutlichsten ins Auge fiel: Da sei das Blatt eines Künstlers, der „seine Lokalfarben herausputzt, als gälte es ein Kartenblatt“ anzufertigen, und gleich daneben das eines anderen, der „mit Abstraktion von jeder Kontur bloß die Lichtmassen und Schatten malt“. Einem Bild, „das uns erstaunen lässt über die Tiefen und Schärfen, in welchem hier die Wasserfarbe mit dem kräftigsten Oelgemälde rivalisirt“, folgt „eine hingewaschene, ihre Farben nur angedeutete Zeichnung“. Neben „ausgesucht reizenden, lieblichen, weichen Figuren und Gruppen“ würden dem Besucher „auffallend düstere, oder mit der Sorglosigkeit alltäglicher Erscheinung ausgestattete“ Charaktere begegnen. Trotz der Unterschiede begreife man schnell, „dass diese Gegenstände nicht beziehungslos sind, dass ein Theil des Reizes bei jeder dieser Arten nicht unmittelbar im Bilde und seiner Unbefangenheit, sondern eben darin liegt, das Andere anders, entgegengesetzt zu malen. Und dies ist das Charakteristische der Mode. Ihr Prinzip ist nicht das Angenehme oder Schöne allein, sondern die Lust des Mannichfaltigen, des Wechsels, der Originalität durch Neuheit und Kontrast.“91 Bei aller Umständlichkeit, die Schöll in seinem ausführlichen Artikel bemüht, um die Mannigfaltigkeit der Kunstblätter als Mode-Phänomen zu erklären – den Reiz, den die unterschiedlichen Werke bei Sachse auf den damaligen Betrachter ausübten, wusste er gut zu vermitteln. Sein abschließendes Urteil über die französische Bilderschau fiel entsprechend positiv aus: „[I]ndem etwas Entschiedenes, Eigenes, ja Einseitiges nicht nur erlaubt, sondern gefordert wird, ist der Kalkül des Wetteifernden bald gemacht. Er sieht die Wege und Stärken des Anderen und fragt sich, ob er darin sie überbieten

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Vgl. Kunstblatt, Nr. 94, 24. November 1835, S. 389. Vgl. Kunstblatt, Nr. 93, 19. November 1835, S. 382. Vgl. ebd. Vgl. ebd.

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könne. Kann er dies auffallend, so darf er in jeder andern Beziehung sorglos seyn.“92 Das „immer neue Lernen und Anfangen“ habe also „sein Gutes“. Zwar sah Schöll gleichsam eine Gefährdung des „wahren Talents“, das „im Kreise jenes Wetteifers“ seine eigene „bestimmte Virtuosität“ einbüßen könne. Doch überwog das Potential, das er in der französischen Aquarellsammlung bei Sachse für die preußischen Maler erkannte: Da „manche unserer Künstler an diesen französischen Leistungen und Fertigkeiten Interesse nehmen, [könnten] hiervon in der Folge vielleicht noch mehr Einflüsse sichtbar werden“, so seine vorsichtig formulierte Hoffnung.93 Das Bild eines Franzosen

Die frühe Motivation Sachses, sich im Bilderhandel zu engagieren, hat gleichsam eine zweite, quasi parallel laufende Vorgeschichte. Sie beginnt mit dem Auftauchen von zwei Landschaften des französischen Künstlers Louis Étienne Watelet auf der großen Kunstausstellung der Berliner Akademie im Spätsommer/Herbst 1834. Bereits im Januar 1833 hatte sich Watelet über Baron von Werther, den preußischen Gesandten in Paris, selbst an die Berliner Akademie gewandt. Er wollte „quelques productions“ auf die kommende Kunstausstellung schicken.94 Wie France Nerlich in ihrer detailreichen Untersuchung über französische Malerei in Deutschland herausstellte, war Watelet damit einer der ersten französischen Künstler, der offensiv mit einer Anfrage an eine deutsche Akademieausstellung herantrat.95 Zwar waren schon auf der Berliner Ausstellung 1828 erstmals zwei Landschaften von Watelet zu sehen gewesen. Diese waren aber vom Hof in Auftrag gegeben worden.96 Offenbar erhoffte sich der Franzose nun Folgeaufträge. Tatsächlich zeigte Watelet ein Jahr später zwei Landschaften (ein Ölbild und ein Aquarell) auf der akademischen Kunstausstellung in Berlin, die dem Franzosen große Aufmerksamkeit bescherten.97 Der Berliner Sammler und Kunstschriftsteller Athanas92 Vgl. ebd. 93 Vgl. Kunstblatt, Nr. 92, 17. November 1835, S. 381. 94 Vgl. Nerlich 2010, S. 100–104, hier S. 101, Anm. 341. Die Episode ist ebenfalls beschrieben in Nerlich 2013, S. 99f. Nerlich gibt hier an, dass Werther den Franzosen sogar ausdrücklich dazu eingeladen habe, sich an die Berliner Akademie zu wenden; vgl. ebd., S. 100. 95 Vgl. ebd. 96 Zu den 1828 gezeigten Werken von Watelet schreibt Nagler: „Das eine dieser Gemälde stellt in einer prächtigen Landschaft einen glänzend gehaltenen Wasserfall mit trefflich gruppierten Bäumen dar, welche im Farbenspiel des Herbstes prangen. Das andere gibt die Brücke über die Seine unweit St. Germain-en-Laye, mit magischer Sonnenbeleuchtung, durch welche die graue Brücke, und der Fluß mit seinen sanften Unfern wie im Vorübergehen erhellt werden, so daß der Mangel malerischer Formen durch optischen Reiz ersetzt wird. Über die Brücke zog 1815 Blücher mit seiner Heerabteilung“; vgl. Nagler Künstlerlexikon, Bd. 21, 1851, S. 142. 97 Vgl. Kataloge Kunstausstellungen Berlin 1971, hier Kat. 1834, Nr. 818: Louis Étienne Watelet, „Landschaft in Öl“; Nr. 819: ders., „Landschaft in Aquarellmanier“.

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ius Raczynski (Abb. 234) räumte Watelet anschließend sogar einen Platz in seiner „Geschichte der neueren deutschen Kunst“ ein.98 Die deutschen Künstler seien „weit entfernt das Verdienst der Franzosen zu mißkennen“, ist hier zu lesen.99 Vielmehr würden sie Bewunderung und Erstaunen äußern „beim Anblicke kleiner Steinbrüche, oder anderer bedeutender Werke, welche ächt französisch, mit Geist, Leichtigkeit und Grazie, aufgefasst und ausgeführt waren“.100 Die „deutschen Künstler“ wären „fast entmuthigt, so schwer kam es ihnen vor, diese Behandlung zu erreichen, so waren sie durch diese beiden Bilder [von Watelet, d. V.] verzaubert“.101 Raczynski maß Watelets in Berlin gezeigtem Ölbild eine so große Bedeutung bei, dass er einen Holzschnitt im ersten seiner beiden Prachtbände veröffentlichte (Abb. 172).102 Und auch Gustav Friedrich Waagen erinnerte sich in seinem Reisebericht „Künstler und Kunstwerke in Paris“ (1839): „Eine Ansicht von Rouen von 1831 zeigt Watelet [...] in seiner späteren, glänzenden, naturalistischen Richtung, wie du ihn aus dem großen Bilde auf der Berliner Kunstausstellung vom Jahre 1834 kennst.“103 Die Möglichkeit, ein Ölgemälde Watelets auf der Berliner Akademieausstellung erwerben zu können, hatte Ende September 1834 für Aufregung in den norddeutschen Sammlerkreisen gesorgt. In einem Brief an den Bankier und größten preußischen Privatsammler zeitgenössischer Kunst, Johann Heinrich Wilhelm Wagener (Abb. 233), kämpfte der nicht minder bedeutende Hamburger Senator und Kunstsammler Martin Johann Jenisch mit dem Für und Wider eines Ankaufs: „Watelet ist mir gar zu theuer und übersteigt den Preis, den ich mir für Bilder dieser Art vorsetzte – auch ziehe ich immer Landschaften vor, wovon ich die Gegend kenne oder die wenigstens nach der Natur gemacht sind.“104 Keine zwei Wochen später schrieb Jenisch erneut an den Ber-

98 Vgl. Raczynski, Bd. 1, 1836, S. 228f. und S. 259–261: „Es erschien auf dieser Ausstellung eine Landschaft von Watelet, welche, man möchte sagen, recht absichtlich dahin gehängt worden, um einen völligen Gegensatz zu den Düsseldorfer Landschaften zu bilden. Diese Landschaft, welche dem Dr. Spiker in Berlin gehört, scheint mir nicht frei von Fehlern [...] aber dieser Maler hat das Verdienst, keine Ansprüche zu verrathen; er trachtet nicht, Dichter zu seyn; er zeigt sich weder träumerisch, noch schwermüthig; er hat kein anderes Verlangen, als, der Natur zu gleichen. Das Wasser hier ist ein Studium, und eines der glücklichsten und bewunderungswürdigsten, die je gemacht sind; die Gebäude und die Felsen sind gleicherweise nach der Natur gemalt und machen keinen Anspruch, noch mehr zu bedeuten; die Art, wie die Spitzen der Berge sich in den Wolken verlieren, ist von großer Wahrheit und trefflicher Wirkung [...]. Überhaupt ist der Eindruck, welchen das Gemälde hervorbringt, ungemein befriedigend. Vor dieser Landschaft glaubt man sich der Wahrheit und Freimütigkeit gegenüber, es ist nicht gemacht, sondern entstanden.“ 99 Vgl. ebd., S. 228. 100 Vgl. ebd. 101 Vgl. ebd., S. 228f. 102 Vgl. ebd., S. 260. Vgl. zu Raczynski und Watelet auch Nerlich 2010, S. 100–104. 103 Waagen 1839, S. 749. 104 Martin Johann Jenisch an Johann Heinrich Wilhelm Wagener, Hamburg, den 30. September 1834; in: Zentralarchiv Berlin, Wagener Briefe, Bd. 1 (1824–1837), Bl. 23.

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liner Sammlerkollegen: „Die Landschaft von Watelet ist zu theuer.“105 Jenisch wollte dennoch wissen, wie denn Höhe und Breite im Aufmaß seien, die Franzosen hätten doch „erschreckliche“ Preisvorstellungen. Schließlich rang er sich doch zu einem Kaufangebot durch: „Ist die Landschaft wirklich so ausgezeichnet, so möchte ich 3000 sage drei Tausend Francs wohl geben, doch mehr nicht; und würde ich mich nicht wundern, wenn Sie es dazu bekommen, da dieser Preis jedenfalls sehr hoch ist.“106 Am 23. Oktober 1834 bemerkte der Herausgeber der Berlinischen Nachrichten Heinrich Samuel Spiker in einem Brief an Louis Sachse, dass er sich „wohl denken“ könne, wer „den Watelet zu kaufen wünschte“.107 Spiker, der mit Sachse in regem Kontakt stand, wolle „mit diesem Bieter [gemeint ist Jenisch, d. V.] in die Schranken treten [...], weil alsdann das Bild in Berlin bliebe“ – und legte 4000 Francs auf den Tisch.108 Das Bild Watelets blieb in Berlin, in der Sammlung von Spiker.109 Mitte November 1834 brach Sachse nach Paris auf. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt trat er auch als Vermittler in Erscheinung, für eben dieses Gemälde von Watelet. Mit Spiker hielt er schriftlichen Kontakt, um die Zahlungsmodalitäten zu regeln, die über die Herren „Oppenheim Gebrüder“ abgewickelt werden sollten. Außerdem berichtet Spiker Sachse in einem Brief vom 17. November 1834 nach Paris: „Die zweite Einlage ist von Ihrem Geschäftsführer Herrn Wege, mit welchem ich heute über das Bild ein gehörigen Bruderfreund gewonnen habe. Er will Ihnen berichtet haben, dass bei Ankunft s. Maj. des Kaisers von Russland, des Königs Majestät bestimmt hat, die Ausstellung auf unbestimmte Zeit zu verlängern.“110 Spiker, der sich über die Verlängerung der Akademieausstellung und den damit verbundenen Aufschub ärgerte, das Bild zu sich holen zu können, pochte darauf, dass der Berliner Salon schließlich „mit dem heutigen Tage“ offiziell beendet und das Bild sein „Eigenthum“ sei. Darüber hinaus gab er Sachse einen bemerkenswerten Zusatzauftrag. Es würde dessen „Diplomatik eine erhebliche Ehre bereiten“, wenn er es „bei Watelet dahin bringen könnte“, dass dieser ihm „einen Brief schriebe“, worin er in beauftrage, „ein Bild bei [ihm] aufzubewahren“.111 Es ist nicht bekannt, ob es Sachse gelang, die Bestätigung der Provenienz von dem Künstler zu bekommen, es ist aber durchaus anzunehmen. Während seines gut einwöchigen 105 Martin Johann Jenisch an Johann Heinrich Wilhelm Wagener, Hamburg, den 10. Oktober 1834; in: SMB-ZA, NL Wagener, Briefkonzepte, Bd. 1 (1834–1837), Bl. 29. 106 Vgl. ebd. Vgl. zu dem Ankauf des Watelet-Bildes und die Rolle Sachses auch Nerlich 2013, S. 99f. 107 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, EH 1384 VdfGB: Heinrich Samuel Spiker an Louis F. Sachse, 23. Oktober 1834. 108 Vgl. ebd.: „Allein ich habe meine besonderen Gründe, über mein Angebot der frs 4000 nicht hinauszugehen, und bitte Sie daher, bei dieser Erklärung zu bekennen.“ 109 Vgl. Nagler Künstlerlexikon, Bd. 21, 1851, S. 142. 110 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, EH 1387 VdfGB: Samuel Heinrich Spiker an Louis F. Sachse in Paris, den 17. November 1834. 111 Vgl. ebd.; Spiker sammelte wie etwa auch Wagener Autographen, zu denen er einen solchen Brief von Watelet wohl legen wollte.

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Parisaufenthalts Ende November 1834 suchte Sachse das Atelier von Watelet drei Mal auf.112 Der Herausgeber der Berlinischen Nachrichten war äußerst interessiert am aktuellen Pariser Kunstgeschehen: „Versäumen Sie ja nicht, detaillierte Berichte über das Kunst-Treiben in Paris mitzubringen. Ich sehe dergleichen für meine Zeitung betreffliche Berichte ...] sehr gern.“113 Es muß offenbleiben, in welcher Form Sachse berichtete. Nur wenige Monate später, im Frühjahr 1835, wies Spiker Sachse jedenfalls darauf hin: „In der übermorgigen Zeitung werden Sie einen interessanten Artikel meines Pariser Correspondenten über die dortige Kunst-Ausstellung finden. Er hat darin Watelets Bild, den Regenguß, mit ganzer Liebe beschrieben, als ob er wüsste, welchen Anteil ich an dem Künstler nehme.“114 Sicher wusste das der Korrespondent – und auch Sachse. Zumal Spiker über die Nachfrage nach dem Künstler in Berlin selbst anmerkte: „Jetzt möchte alles Watelets Bilder gekauft haben, groß und klein, nur nichts mehr zu haben ist. So sind aber unsere hiesigen Kunstfreunde: so lange die Sachen zu haben sind, glauben sie immer noch Zeit zu Kaufen zu haben und wenn sie weg sind reissen sie den Mund auf [...].“115 Französische Farbenplastik und das Augenfest von 1836

Die Aufregung um das Ölbild des Franzosen Louis Watelet in Berlin mag bereits darauf hindeuten, welche Aufmerksamkeit französischer Malerei entgegengebracht wurde – wenn sich denn die Möglichkeit zur Betrachtung eines Originals ergab. Auf seiner gemeinsam mit Carl Blechen unternommenen zweiten Parisreise, im Sommer 1835, hatte Sachse sich daher vorgenommen, „den Wunsch vieler hiesiger Künstler, auch Oelbilder neuerer französischer Schule zu sehen, durch den Ankauf einer kleinen aber werthvollen Sammlung zu befriedigen“.116 Die 17 eingekauften Gemälde und Ölstudien aus Paris trafen mit einiger Verzögerung Anfang August in Berlin ein.117 Adolph Schöll hat auch sie sämtlich im Kunstblatt beschrieben. 112 Sachse traf sich laut Tagebucheintrag mit Watelet am 22., 24. und 25. November 1834; vgl. Anhang 1. 113 Zentral- und Landesbibliothek Berlin, EH 1387 VdfGB: Samuel Heinrich Spiker an Louis F. Sachse in Paris, den 17. November 1834. 114 Zentral- und Landesbibliothek Berlin EH 1396 VdfGB: Samuel Heinrich Spiker an Louis F. Sachse, den 19. April 1835. Zu dem von Spiker genannten Bild von Watelet den Abschnitt in diesem Kapitel: “Französische Farbenplastik und das Augenfest von 1836”. 115 Vgl. ebd. 116 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Abschrift des Briefes von Louis F. Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. 117 Sachse machte diese zweite Parisreise in Begleitung von Carl Blechen, der einen wichtigen Anteil an der Auswahl der Bilder hatte; vgl. hierzu Kapitel IV 1 c, „Händler und Mentor / Carl Blechen“.

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Über die Hälfte der Ölbilder waren Landschaften. Der starke Eindruck, den gerade dieser Teil von Sachses Paris-Einkäufen auf den Kritiker machte, spiegelt die Tatsache, dass Schöll die Genredarstellungen aus Paris mehr oder weniger nur aufzählte. 118 Für die Beschreibung der Landschaften aber rang er geradezu um Worte: André Giroux gebe mit seiner Darstellung des Mont St. Michel „eine Probe von der französischen Farbenplastik“, so Schöll. „Dick aufgetragen, gerieben, überstrichen bildet das Pigment einen rauhen, körnigen Körper. Und zwischen den tiefsten Tönen eingestreut, schlagen bunte, helle Farben heraus. Ein paar Schritte zurück macht dies einen sehr naturähnlichen, lebhaftkörperlichen Eindruck.“119 Auch Eugène Isabeys beide Küstenstücke würden „durch bewegte, tiefe Töne und eine lebhafte Harmonie das Auge reizen“ und damit „ein Konzert prägnanter Farbenwirkung“ hervorbringen.120 Wesentlich ruhiger sei dagegen das Strandstück von Eugène Lepoittevin. „Vorzüglich gelungen“ fand Schöll die Luft in Gudins kleinem Seestück, die „in ihrer Feuchtigkeit [... mit dem Auge befühlt wird“.121 Gleiches empfand er bei Camille Roqueplan, der in einer „flachen Feldlandschaft“ die „wahre Natur, mit treuem Auge und ehrlicher Hand baar hingelegt“ zeige. Eugène Balans zwei Darstellungen, eine Windmühle in der Entfernung und ein Hof in Rouen, seien mit „sehr fet[ter]“ Palette gemalt. Und in dem von Schöll ausführlich beschriebenen „Regenschauer“ von Louis Etienne Watelet regne es „wirklich“: „[E]s ist alles materiell, und in seinem Naturton genässt, befeuchtet; und dabei entwickelt sich unter einer energischen Beleuchtung eine Fülle spielender und glühender Töne. Die Farben sind auch fett, körperlich aufgesetzt, zum Theil wie kleine, unregelmäßige Krystalle herausgearbeitet; durcheinandergeriebenes Pigment, überstrichene Lasur und Firniß, Alles hilft zusammen.“122 Es war die „Materialität“, die „französische Farbenplastik“ der vorzugsweise in Paris lebenden und arbeitenden Landschafter, die auch den jungen Adolph Menzel nachhaltig beeindruckte. Mit Sicherheit hat er die Präsentation der ersten 17 Ölbilder in Sachses Salon studiert. Als über Sachses Vermittlung auf der Akademieausstellung 1836 schließlich eine nie dagewesene Anzahl französischer Werke der Berliner Kunstöffentlichkeit vor Augen geführt wurde, ließ sich Menzel zu dem viel zitierten Ausruf einer Malerei-„Revolution“ für Berlin hinreißen. Menzel schrieb in einem Brief an seinen 118 Bei den Genredarstellungen in Sachses Salon 1835 handelte es sich um Henri Scheffer: „Mädchen im einfachen Morgenkleide liest einen Brief“; Jean-Louis Canon: „Ein alter Bauer und ein Knabe zum Fenster hinausschauend“; François Marius Granet: „Ein lesender Eremit“; Beaume: „Zwei kleine Mädchen einem Hunde seine zottigen Jungen nehmend“; Alfred de Dreux: „Ein heimreitender Postillon“; Alphonse Roehn (Elsässer): „Ein Mädchen auf einem Esel reitend nutzt eine Mistgabel als Fahne, ein kleiner Bub trommelt ihr voran“ und Alexandre Gabriel Decamps: „Ein Jagdaufseher im Amtsornat“; vgl. Kunstblatt, Nr. 95, 26. November 1835, S. 396. 119 Vgl. Kunstblatt, Nr. 94, 24. November 1835, S. 390; zu diesem Bild von Giroux vgl. auch Kapitel IV.1.c, „Händler und Mentor / Käufer und Sammler“. 120 Vgl. ebd. 121 Vgl. ebd. 122 Vgl. Kunstblatt, Nr. 95, 26. November 1835, S. 395f.

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Freund Arnold: „Der wirklich geistvolle und gediegene Materialismus der jetzigen Franzosen (derer die die Schule repräsentieren und zum Theil geschaffen haben) eines Gudin, Roqueplan, Coignet, zum Theil Watelet, Lepoittevin werden hier eine Revolution hervorbringen, in welcher diejenigen, die da glauben Buntmalen sei brillant, und geschmiert geistreich gemalt, untergehen werden, was nicht schaden kann, und die kräftig genug sind, sie zu überstehen, werden gewiß besser daraus hervorgehen. Sind auch die Franzosen in gewisser ästhetischer Hinsicht (im allgemeinen) einseitig zu nennen, so sind wirs (nur im andern Extrem) ebenfalls und ich und viele andere hoffen, der in uns übergehende Eindruck ihrer Werke wird uns aus unserer Einseitigkeit herausreißen. Wir sollen und wollen keine Franzosen werden, aber doch respektvoll das viele Gute in ihnen anerkennen, und es uns eine Lehre sein lassen.“123 Im gleichen Brief bezeichnete Menzel die Bilder von Coignet, Gudin oder Lepoittevin im Vergleich zu den „Entwicklungskrankheiten“ der Düsseldorfer Schule als „Meisterwerke“, die mit einer „so brillanten, und doch so soliden Meisterschaft gemalt, in der Wirkung so schön und kräftig, auch in Composition, wenigstens größtentheils, vortrefflich“ seien.124 Die „Virtuosität“ in der „Darstellung schlichter Natur“,125 sprich das rein Malerische, wurde seinerzeit als größtmöglicher Gegensatz zum „Poetischen“ einer vollendeten Zeichnung, etwa der in diesen Jahren äußerst erfolgreichen Düsseldorfer Malerschule oder den minutiösen, auf Perspektive und Optik bedachten Werken Berliner Künstler wie Eduard Gaertner, Franz Krüger oder Johann Erdmann Hummel wahrgenommen.126 Die Ausstellung der Akademie im Jahre 1836 war die in jeder Hinsicht erfolgreichste offizielle Berliner Kunstschau im ganzen Vormärz.127 Der Salonbericht im Museum, ver123 Adolph Menzel an Carl Heinrich Arnold in Kassel, Berlin, den 29. Dezember 1836, in: Keisch/ Riemann-Reyher 2009, Bd. 1, S. 89. 124 Vgl. ebd.; Menzel wertete die umjubelten Hauptwerke der Düsseldorfer Künstler gegenüber den Franzosen deutlich ab. Theodor Hildebrandts „Die Ermordung der Söhne Eduards IV.“ und Eduard Bendemanns „Jeremias auf den Trümmern von Jerusalem“ bezeichnete er als „Entwicklungskrankheiten“, auch „der ganze Hübner“ gehöre „hierher“. Hingegen hob auch Menzel vor allem die französischen Landschafter hervor. Die Bilder „von andern, also eines Boulanger, Debon, Dedreux, Baume u.s.w.“ seien „wenigsten größtentheils wenig mehr, als Renommagen der Pinselfertigkeit; man kann von ihnen lernen, wie mans nicht machen muß“; vgl. ebd. 125 Vgl. Kunstblatt, Nr. 94, 24. November 1835, S. 390. 126 Vgl. u. a. Raczynski, Bd. 1, 1836, S. 259–261. Raczynski meint sogar, dass Watelets Landschaft auf der Ausstellung 1834 „recht absichtlich dahin gehängt worden [sei], um einen völligen Gegensatz zu den Düsseldorfer Landschaften zu bilden“; vgl. Raczynski 1836, Bd. 1, S. 259. Bezeichnend ist auch eine Kritik „Über die neueste Malerei in Paris“ im Kunstblatt, Nr. 303, 27. Dezember 1836, S. 433: „Theodore Gudin scheint unter den Neueren am Meisten des großen Lorrains Farbensinn, sein Gefühl für die Harmonie der Töne, für die Klarheit der Lüfte, für die Kraft der Reflexe geerbt zu haben [...]. Überhaupt darf man in Gudins Bildern nicht den deutschen Fleiß des Details suchen [...], Farbe und Effect ist Alles; aber dies ist oft hinreißend schön erfasst.“ 127 Den Angaben von Joachim Grossmann folgend, drängelten sich in diesem Jahr an 71 Tagen 111964 Besucher durch die Akademiesäle vorbei an 1683 Werken von insgesamt 626 Künstlern; vgl. Grossmann 1994, S. 110.

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fasst von Franz Kugler, Adolph Schöll und Friedrich von Quast, erstreckt sich über ganze neunzig Seiten.128 Ausführlichst wird über die „Festzeit“ berichtet, den „Reichthum der geschaffenen Welt“, dieses „Augenfest in Umfang und Wirkung“, das sich dem Besucher in „fünfzehn ansehnlichen Räumen“ der „für die Ausstellung vergrößerten Akademie“ offenbarte.129 Auf dem „Gebiete der Malerei“ beliefen sich „die Landschaften bei weitem am höchsten“, das Genre „in seiner ganzen Ausdehnung genommen“, war auch hier „nicht so reich bedacht“ und zahlenmäßig „um ein Sechstheil“ weniger vertreten.130 Ganze 50 Werke von 34 Künstlern aus Paris listet der Ausstellungskatalog von 1836 (mit Nachträgen) auf.131 So schien es nur folgerichtig, auch den Salonbericht mit 128 Vgl. A. Schöll, F. Kugler und F. v. Quast: „Bericht über die Berliner Kunst-Ausstellung (Eröffnet am 18. September)“, in: Museum, 4. Jg., Nr. 39, 26. September 1836, S. 305 bis Nr. 51, 19. Dezember 1836, S. 407. Zu den Franzosen auf der Ausstellung der Akademie 1836 und diesen Bericht vgl. auch Nerlich 2010, S. 113–124. 129 Vgl. ebd., S. 305. 130 Vgl. ebd., S. 306. 131 Vgl. Kunstausstellung Akademie 1836. Folgende französische Künstler werden hier genannt: Jules André: Nr. 18, „Die beiden Pfützen“; Joseph Beaume: Nr. 46, „Die junge Reconvalescentin“; (Jean Victor oder François Edouard?) Bertin: Nr. 68, „Ansicht von Cortona in Toscana“; Auguste Biard: Nr. 73, „Odalisque zu Smyrna“; Clement Boulanger: Nr. 96, „Jugend des Nicholas Poussin“; Alexandre Calame: Nr. 117–119, „Savoyardenwohnung“, „Strömung des Flusses Doubs“, „Eingang in den Wald von Avanche“; Jules Coignet: Nr. 128, „Italienische Gegend“; Henri Debon: Nr. 149, „Die Schlacht von Monthery“; Henri Decaisne: Nr. 150, „Ninon de l’Enclos und Lachatre, erstere im Begriff den berüchtigten Treuebrief zu schreiben“; Dedreux (Alfred de Dreux): Nr. 151, „Der Jockey“; (François oder Etienne Jean Franklin?) Dubois: Nr. 168–169, „Seestück“, „Einfahrt in den Hafen von Calais“; Jules Dupré: Nr. 174, „Scene aus Walter Scotts Ivanhoe (Aquarell)“; (Louis?) Faure: Nr. 197, „Heidelberg (Gouache)“; Jean Augustin Franquelin: Nr. 207, „Ein Weib aus der Gegend von Rom sucht sich von einem eingetretenen Dorn zu befreien“; André Giroux: Nr. 237, „Blick auf das Fort St. Michel an der Küste der Bretagne (Privatbesitz)“; Théodore Gudin: Nr. 267–271, „An die Küste geschleuderte Fahrzeuge“, „Brandung bei untergehender Sonne“, „Ein Fahrzeug in Noth“, „Ansicht von Neapel“, „Sonnenuntergang“; Charlemagne Oscar Guet: Nr. 272, „Französische Landschaft“; Paul Huet: Nr. 397, „Landschaft“; Claudius Jacquand: Nr. 423–234, „Kinder, welche Seifenblasen machen“, „Kinder im Atelier eines Künstlers während dessen Abwesenheit“; Eugène Isabey: Nr. 434–436, „Schmuggler, ihre Waaren bergend“, „Marine“, „Das Dampfschiff ,London‘ in begriff seine Überfahrt zu machen nimmt verspätete Pasagiere auf“; Guillaume Lepaulle: Nr. 549, „Kinder spielen mit einer Dogge“; Eugène Lepoittevin: Nr. 550–551, „Untergang des französischen Linienschiffs ,Le Vengeur‘ den 29. Mai 1794 im Kampf gegen drei englische Linienschiffe“, „Strandszene (Eigentum von Mitscher)“; Adolphe Midy: Nr. 614, „Eine Mutter ihr schlafendes Kind bewachend“; Charles Mozin: Nr. 623, „Ein preußisches Schiff an der Küste von St. Malo strandend“; Ferdinand Perrot: Nr. 658, „Ausfluß der Loire bei St. Nazaire (Eigentum Sr. Maj. D. Königs)“; Hippolyte Adrien Préovost: Nr. 686, „Der Pontneuf zu Paris bei Abendbeleuchtung vom Pont des Arts aus gesehen“; Alphonse Roehn (in Paris): Nr. 753, „Der Triumphzug des Bauernmädchens (Eigentum von Mitscher)“; Camille Roqueplan: Nr. 763–766, „Die beiden Schwestern“, „Weg nach Dieppe“, „Der Hafen von Cherbourg (Privatbesitz)“, „Szene aus der Bartholomäusnacht (Diana von Turgis beschwört auf den Knieen ihren Geliebten Mergy, einen Hugenotten, seinem Glauben zu entsagen)“; Ary Scheffer: Nr. 791, „Martha und Magarethe“; Watelet: Nr. 1000–1001, „Ein

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den französischen Gästen und hier wiederum mit den Landschaftsmalern zu beginnen. Denn „das, was bis jetzt den diesjährigen Salon von dem vormaligen am sichtlichsten auszeichnet“ sei „die namhafte Anzahl interessanter französischer Gemälde“.132 „Wie Jedermann sieht“, bildeten die „französischen Muster die interessanteste Parthie“, schrieb das Museum merklich begeistert: „So verschieden die warmklare Naturscene eines Coignet, von der sanften Feuchte eines Isabey erscheint und die formenden Töne Poittevin’s von den melodischen eines Gudin, so verschieden sich zum Theil die einzelnen Malereien desselben Meisters voneinander zeigen: eine Eigenschaft haben alle, die sie auch mit der großen Tafel von Roqueplan und der kecken Romanze von Boulanger theilen – die des Zweckvollen und in irgend einer Art Überzeugenden.“133 Nach einer ausführlichen Darlegung über die „Rhetorik“ in der Malerei der französischen Schule folgt eine breit angelegte Besprechung der gezeigten Werke. Die größte Tafel und eines der Hauptwerke der Ausstellung war die heroische Marine „Untergang des französischen Linienschiffs Le Vengeur“ von Eugène Lepoittevin, das Franz Krüger ankaufte.134 Mehrere Seiten der Begeisterung nahmen die verschiedenen Seestücke des „Musikers der Meeresströme“ Théodore Gudin ein.135 Ein „Romantiker im engsten Sinne“ sei „der Chevalier“ Isabey, von dem „schon früherhin sehr interessante Proben seiner geistreichen Manier bei Hr. Sachse“ zu sehen waren. Eugène Isabey zeigte „Schmuggler ihre Ware bergend“ und „Das Dampfschiff ‚London‘ in Begriff seine Ueberfahrt zu machen“: „Man muß wohl glauben, dass die See ein Proleus sei, wenn man die verschiedensten Färbungen sieht, mit welchen die Marinemaler den Wellen nachlaufen: Blassgrün, orange, dunkelblau, rosafarb, dunkelgrün, violett – alles kommt vor, gewiss immer mit Grund [...].“ Die Wellen des in Berlin ausgestellten Bildes erschienen „stärkblau und sogar etwas fettig“.136 Auf „große Lebhaftigkeit“ sei auch Charles Mozin losgegangen in dem Bild „Ein preußisches Schiff an der Küste von St. Malo strandend“.137 „Dübois [sic] kleines Seestück“ strahle „kräftige Frische“ aus. Es sei insgesamt besser französisches Städtchen bei Gewitterregen (Herrn Baquier Hellborn gehörig)“, „Gegend in der Normandie (Eigentum von Herrn Mitscher)“. Im Nachtrag: Aurèle Robert (in Venedig): „Die Taufcapelle in der Markuskirche in Venedig (Eigenthum des Herrn Grafen Pourtalès in Berlin)“; Leopold Robert: „Heimkehrende Schnitter (des Künstlers letztes Werk, Eigenthum des Herrn Grafen von Raczynski)“; Auguste Mathieu (in Paris): „Zwei Aquarelle in einem Rahmen (Dom zu Köln und Partie aus dem Heidelberger Schlosse)“; Louis Etienne Watelet: „Ansicht von Lyon (Aquarell)“, „Bergdorf an einem Giessbach, zwischen Felsenhöhlen (Aquarell)“. 132 Vgl. ebd. 133 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 40, 3. Oktober 1836, S. 316. 134 Vgl. ebd., S. 318f. 135 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 41, 10. Oktober 1836, S. 323–326. Von Gudin wurde besprochen: „Ein Fahrzeug in Noth“; „Das Meer bei Neapel“; „Brandung bei untergehender Sonne“; „An die Küste geschleuderte Fahrzeuge“; „Sonnenuntergang“; „Strandszene“. 136 Vgl. ebd., S. 326. 137 Vgl. ebd. Dieses Bild von Mozin und den „Sonnenuntergang“ von Gudin (an einer „italienische Küste“) kaufte der preußische Hof über Sachse an; vgl. Nerlich 2010, S. 115, Abb. der angekauften Marine von Mozin ebd., S. 114.

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gelungen als das großformatigere Bild desselben Künstlers „Einfahrt zum Hafen von Calais“.138 Interessanterweise wird an dieser Stelle ein deutscher Künstler dazwischengeschoben, der „in der Nachbarschaft“ mit den letztgenannten stehe.139 Wilhelm Krauses satte Licht- und Farbenwirkung wurde später von Wilhelm Scholz in einem satirischen Holzschnitt karikiert (vgl. Abb. 174). Des Weiteren waren von (Jean Victor oder François Edouard?) Bertin eine „Ansicht von Cortona“, von Julien Gué eine „Französische Landschaft“ und von Jules Coignet eine „Italienische Gegend“ zu sehen.140 Jules André zeigte zwei Pfützen, was den Rezensenten zu einem Gedankenspiel anregte: „Warum nicht? dachte ich. Nichts malerischer in der Welt, als eine Pfütze mitunter! [...] Pfützen sind Prototypen der Farbenmischung, und wie das korinthische Mädchen an einem Wandschatten das Zeichnen, Kallimachus an einem Korb mit Arkanthus jenes Kapitell, Newton an einem fallenden Apfel die Gravitation: so hat gewiss der erste Farbenmischer sein Prinzip an einer Pfütze entdeckt.“141 In die gleiche Klasse gehöre Jules Dupré mit der „Scene aus Walter Scotts Ivanhoe“, eine Abendszene im Wald.142 Die „Landschaft in Oel“ von Paul Huet zeigte „eine niedere Hütte unter Bäumen eines anstossenden Strandgehölzes auf einem Hügel des Marschlandes“. Im Vordergrund sei der „Boden buschig, uneben und von trübem Wasser durchschnitten“. Ein „malerischer Charakter“ sei dem Bilde nicht abzusprechen.143 Ausführlichst beschrieben wurde zudem der „burschikose Blick“, der in dem Bild „Weg nach Dieppe“ von Camille Roqueplan „nicht einen Tropfen falscher Süsse in die gesunde Kraft der Erscheinung“ lasse.144 Auch Alexandre Calame gab drei Landschaften zum Besten.145 Immer wieder wird auch in dem Ausstellungsbericht von 1836 auf Watelet verwiesen. Auf seine „pastösen Ziegeldächer mit Rauchfängen, das Ramschwasser an Mühlenrädern schäumend, oder rieselnd und plätschernd von Wind und Wetter über Straßensteine gefegt, das alte Holz, Planken, Blöcke, Balken, am oder im Wasser, nebst den ähnlichen Bäumen, umnebelten Fichten oder diesen Buchen, deren zerpflückte welke Blätter Wind und Regen zerführt“.146 „Kanalstraßen oder Wassermühlen“, das seien „Watelets Bühnen“.147 Ein „Mühlbach“ und „eine Kanalstraße im Regen“ waren es auch diesmal, „was die Ausstellung ihm verdankt“.148 Wieder wurde an Spikers Bild aus der 138 Vgl. ebd. 139 Vgl. ebd. 140 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 42, 17. Oktober 1836, S. 329f. 141 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 43, 24. Oktober 1836, S. 340. 142 Vgl. ebd. 143 Vgl. ebd. 144 Vgl. ebd., S. 341f. 145 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 44, 31. Oktober 1836, S. 345f.: „Savoyardenwohnung“, „Die Strömung des Flüsses Doubs“, „Eingang in den Wald bei Avanche“. 146 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 42, 17. Oktober 1836, S. 330f. 147 Vgl. ebd., S. 331. 148 Auch bei Nagler sind die beiden Werke Watelets von der Ausstellung 1836 beschrieben: „[…] eine große compinirte Landschaft mit Wasser und Bäumen von 1835, worin alles von unübertrefflicher Klarheit und mit höchster Meisterschaft vollendet, und die Ansicht eines normänni-

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Ausstellung von 1834 erinnert. Und daran, dass diese Bilder „viel Familienähnlichkeit mit Aquarellen“ hätten. Es sei überhaupt dieser neuen „Liebhaberei für Aquarelle“ zu verdanken, den „Blick offener für Gesamtwirkung [zu] halten, und die Absicht mehr auf Anmuth des Ganzen und Witz im Einzelnen [zu] leiten“.149 Watelets „Mühle in der Normandie“ war bereits im Januar 1836 in Sachses Salon ausgestellt gewesen.150 Der Kaufmann und Buchantiquar A. Mitscher, der wie Sachse in der Jägerstraße wohnte, erwarb das Original für seine Sammlung, stellte es der Akademie für die Dauer der Kunstausstellung aber noch einmal zur Verfügung.151 Sachse ließ das Gemälde in seinem Institut von Julius Tempeltey lithographieren (Abb. 173). Nie zuvor waren ausländische Werke in vergleichbarem Umfang auf einer akademischen Ausstellung in Berlin gezeigt worden. Ein Vermerk im Ausstellungskatalog informierte nun, dass für die „als verkäuflich bezeichneten Arbeiten der Pariser Künstler [...] Herr Sachse, Jägerstraße 30, die nöthige Vollmacht“ habe.152 Auch der Bericht im Museum sprach ausdrücklich und gleich zu Anfang Sachse eine lobende Anerkennung aus: „Dies haben wir fast allein dem hiesigen Kunsthändler, Herrn Sachse, zu verdanken. Denn es war seine Vermittlung, durch welche zuerst französische Bilder in zunehmender Anzahl hierhergekommen, hinwieder auch deutsche nach Paris gegangen sind, und somit ein Verkehr eröffnet worden ist, in dessen Folge theils jene bewunderungswürdigen Leistungen unsere Ausstellung zieren, theils Anregungen an unsere Künstler kamen, deren Einflüsse die Ausstellung ebenfalls in mehr oder minder gelungenen Versuchen oder Annäherungen bereits erkennen lässt. Auf die Länge kann solche Kenntnis, Vergleichung, Wetteifer nur vortheilhaft wirken. Und so hat sich Sachse ein entschiedenes verdienst erworben.“153 Die Wirkung der französischen Bilder auf der Erfolgsausstellung von 1836 wurde noch von Hagen in „Die deutsche Kunst in unserem Jahrhundert“ 1857 beschrieben: „Die Napoleonbilder eines Horace Vernet waren jetzt an der Tagesordnung und haben sich bis zu unseren Tagen ihr Ansehen erhalten. Begeisterung rief bei den Beschauern schen Dorfes während des Platzregens, wo die materielle Erscheinung mit bewunderungswürdiger Kraft erfasst ist“; vgl. Nagler Künstlerlexikon, Bd. 21, 1851, S. 142. 149 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 43, 24. Oktober 1836, S. 342. 150 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 16, 20. Januar 1836. Dieser Hinweis nebst Abbildung bereits bei Schlagenhauff 2003, S. 272. 151 Vgl. Nagler Künstlerlexikon, Bd. 21, 1851, S. 143. 152 Vgl. Börsch-Supan 1971, Katalog von 1836. 153 Vgl. Museum, 4. Jg., Nr. 39, 26. September 1836, S. 306. Interessanterweise wird, ohne namentlich auf Sachse einzugehen, direkt im Anschluss an diese öffentliche Würdigung folgende allgemeine Beobachtung angeschlossen: „Rasche und weite Verbreitung gehört jetzt zur Bewegung der Kunst. Davon zeugen auch die Zeichnungen, Kupferstiche und Lithographien, von welchen sich eine schöne Auswahl den malerischen Genüssen des Salons gesellt.“ Viele der französischen Künstler waren über Reproduktionen ihrer Werke auch in Berlin bereits bekannt, ohne dass hier bisher ein Gemälde betrachtet werden konnte. Die Wechselwirkung zwischen einer gewissen Widererkennbarkeit eines Künstlers aufgrund der weitverbreiteten graphischen Blätter und dem Eindruck, den ein Ölgemälde hinterließ, muss frappant gewesen sein.

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hervor der Abschied von Fontainebleau [...] Von anderen französischen Malern war ein großartiges Genre in Aufnahme gebracht, von Forbin, Granet [...]. Gudin wurde in Berlin mit einer Art Ehrfurcht aufgenommen. Der Untergang einer Fregatte von Le Poitevin war ein Hauptgemälde auf der Berliner Ausstellung 1836.“154 Das Verdienst Sachses „um die Einleitung des lebhaften Kunstverkehrs zwischen Berlin und Paris“, denn auf dem Wege des Kunsthandels kämen nun „sehr bedeutende Werke französischer Maler“ in die Stadt, welche nicht nur auf der Akademieausstellung, sondern ausdrücklich auch ganzjährig bei Sachse im Salon zu sehen seien,155 wurde als allgemeines Aufblühen des Berliner Kunstlebens empfunden.156 Ganz dem Bestreben Sachses entsprechend wurde in der Tagespresse nun der Wunsch ausgesprochen, die Berliner Ausstellungen künftig als „allgemeinen Sammelplatz der Kunst“ betrachten zu können: „[D]ie freundliche Aufnahme, welche die Werke unserer Künstler in Paris gefunden, ließ die gewünschte Fortdauer dieses Austausches und Wetteifers noch bestimmter annehmen.“157 Die Rückversicherung

Und doch waren offenbar nicht alle mit den französischen Gastwerken in Berlin einverstanden. Von „hiesigen Künstlern“ waren Sachse selbst „mehrere missbilligende Äußerungen über den Tauschhandel zu Ohren gekommen“.158 Der „hie und da ausgesprochene Vorwurf des Heranziehens fremder Kunstwerke“ habe ihn schließlich „stutzig“ gemacht, wie er selbst schreibt. Er sei plötzlich unsicher gewesen, ob „vielleicht [seine]

154 Vgl. Hagen 1857, S. 419f. Waren die Berliner Kunstausstellungen in Frankreich bis dato kaum öffentlich diskutiert worden, erschien anlässlich des Berliner Salons 1836 sogar ein Artikel in L’Artiste 1836, Bd. 12, S. 309. Hierin wurde vor allem auf die positive Aufnahme von Lepoittevins „Naufrage du bateau de ligne Le vengeur, le 29 mai 1794 dans le combat contre trois bateaux de ligne anglais“ hingewiesen, welches auf dem Pariser Salon 1834 bereits zu sehen war; vgl. Nerlich 2010, S. 115. 155 Vgl. „Französische Gemälde in Berlin“, Zeitungsausschnitt wahrscheinlich aus dem Jahr 1836, jedoch nicht genau zuweisbar, LAB E. Rep. 200-03, Nr. 6. 156 Die Präsentation der französischen Werke auf der Akademieausstellung 1836 war ein großer Erfolg, den man als allgemeines Aufblühen der bildenden Künste bewertete: „Es hat selten einen solchen Aufschwung der Kunst und Kunstinteressen, wie in der Gegenwart gegeben, so allgemein aber war dieser in Deutschland noch niemals und namentlich ist dieses in Preußen der Fall [...]. Die Zahl der ausländischen Gemälde, die fast alle ihre Käufer hier suchen, [zeugt] von Preußens Kunstliebe. Wir haben hier nicht nur aus Italien, sondern auch aus Frankreich und Holland Kunstwerke, und der Verein dieser Länder mit Deutschland dürfte den Kunstinteressen unabsehbaren Vorteil bereiten“; vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 223, 23. September 1836. 157 Vgl. Anonym: „Französische Gemälde in Berlin“, unter der Rubrik Wissenschaft, Kunst, Literatur, Zeitungsausschnitt wahrscheinlich aus dem Jahr 1836, LAB E. Rep. 200-03, Nr. 6. 158 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Abschrift des Briefes von Louis Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835.

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Ansicht, durch einen erweiterten Kunstverkehr den Künstlern der vaterländischen Kunst selbst, und dabei, soviel es möglich ist, auch [ihm] zu nutzen, irrig sein könnte“.159 Schon im November 1835, also ein gutes halbes Jahr vor der Erfolgsausstellung von 1836, hatte sich Sachse deshalb an die Akademie gewandt. Er wollte sich bei dem wichtigsten preußischen Kunstgremium über den Wert seines Bildergeschäfts rückversichern: „Um [...] den von mir betretenen Weg mit Sicherheit, ruhigen Gemüths, und froher Zuversicht fortwandeln oder als einen falschen verlassen zu können, habe ich mir erlaubt Euer Hochlöblichen Akademie der Künste, als höchstes Forum, die Art meines Verkehrs detaillirt auseinanderzusetzen und wage demnächst die gehorsame Bitte höchstgeneigtest der Prüfung und Entscheidung werth zu halten, ‚ob durch einen solchen Umtausch vaterländischer gegen ausländische Kunstproducte irgend ein Nachtheil für die Kunst selbst anwachsen könne‘.“160 Das Anrufen der Akademie als das „höchste Forum“ in Kunstfragen war ein geschickter Schachzug. Sachse appellierte ausdrücklich an ein unabhängiges Urteil. Die zentrale Frage, so Sachse, sei doch, ob ein „Kunstaustausch“, wie der von ihm betriebene, „irgend ein Nachtheil für die Kunst selbst“ nach sich ziehen würde. Seine „Ueberzeugung von dem Gegentheile“, ja selbst das, wie Sachse selbstbewusst betonte, ihm nach den preußischen Gesetzen zustehende „Recht des freien Verkehrs“ bat er dabei „ganz außer Acht zu lassen“ und „rein im Interesse der Kunst überhaupt zu entscheiden“.161 Die „Belehrung“ durch die Akademie – „wie solche auch ausfallen möge“ – wollte Sachse für sein ferneres Wirken als „Gesetz“ ansehen, dem er sein Interesse „gänzlich“ unterordnen würde. Sachse versprach sogar „heilig“, lieber „einen bis jetzt nicht ohne vielseitige Anerkennung und einigen Erfolg gebliebenen großartigen Kunstverkehr mit dem Auslande aufzugeben, als irgend Jemandem zu nahe zu treten, oder am Ende gar ganz gegen [seine] Absicht nachtheilig auf die vaterländische Kunst einzuwirken“.162 Sachse ließ die ihm zu Ohren gekommenen Vorwürfe also nicht im Raum stehen, sondern ging ganz offensiv mit diesen um. Tatsächlich war die Klärung von größter Wichtigkeit für seine zukünftige Wirksamkeit. Zu seiner Verteidigung brachte Sachse an, dass es sich bei dem zur Verhandlung stehenden „Kunstaustausch“ um einen echten „Umtausch“ handelte, der „den Verkehr mit auswärtigen Kunstprodukten nicht einseitig und ausschließlich begünstigte“.163 Außer den 80 Aquarellen hatte er bereits „notarisch 53 Original-Oelbilder von Preußischen Künstlern“ angekauft.164 Schon die Aquarelle waren für den Pariser Markt bestellt worden. Nun wollte er „auch Preußische Oelbilder“ 159 Vgl. ebd. Außerdem Nerlich 2010, S. 113 und Nerlich 2007 sowie Schlagenhauff 2001, S. 83– 92. 160 Vgl. ebd. 161 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Abschrift des Briefes von Louis Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. 162 Vgl. ebd. 163 Vgl. ebd. 164 Vgl. ebd.; es wird auf die ausgeführten Ölbilder im Kapitel IV 1 b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“ zurückzukommen sein.

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der Pariser Kunstwelt vorführen, weshalb er „bei zwölf namhaften hiesigen Künstlern [um] Oelbilder in verschiedenen Genres für Paris“ gebeten habe.165 Seine Hoffnung ginge dahin, dass auch die preußischen Gemälde „dort Beifall finden“ würden und er „diese großartige Quelle des Absatzes ferner ununterbrochen thätig benutzen“ dürfe.166 „Die Erweiterung des Preußischen Kunsthandels“, so Sachses Worte, habe bereits „manchen Nutzen“ für sein Geschäft gebracht. Dennoch würde er „gern augenblicklich auf denselben verzichten, wenn die geprüfte Entscheidung der Königlichen Hochlöblichen Akademie der Künste dahin ausfallen sollte, dass die Eigenthümlichkeit und der Charakter Preußischer Kunst oder auch nur einzelne Künstler durch das zur Schau Bringen ausländischer Kunstarbeiten im Geringsten leiden könnten“.167 Die Antwort der Akademie folgte prompt. Sie fiel äußerst positiv für den Kunsthändler aus. Die Anerkennung der Akademie gebühre „jedem die Kunst fördernden Unternehmen“.168 Das „gelegentliche Missreden Einzelner“ dürfe Sachse „nicht irre machen“, denn: „Es wäre um die deutsche Kunst schlecht bestellt, wenn sie im eigenen Lande nur dadurch sich Absatz sichern könnte, dass den ausländischen Arbeiten der Eingang versagt würde.“169 Die Unterzeichnenden, der Akademiedirektor Gottfried Schadow und der Sekretär Ernst Heinrich Toelken, führten begründend an, dass „man auch in Paris keine Schwierigkeiten der Art erhoben“ habe und erklären beschwichtigend: „Ueberdies sind allem Vermuthen nach jene vermeinten Angriffe [...] nicht so ernsthaft gemeint gewesen.“170 Die Akademie könne Sachse daher „nur ermuntern, jenen commerziellen Austausch einheimischer und französischer, sowie anderer ausländischer Gemälde und Kunstproduktionen aller Art auch ferner hin zu vermitteln und auszudehnen“.171 Die deutsche Kunst werde sich „hoffentlich auch jenseits des Rheins und des Mains immer mehr Achtung erwerben“.172 Um dieser Hoffnung ihrerseits Nachdruck zu verleihen, forderte die Akademie Sachse ausdrücklich dazu auf, „die Kunstausstellung des nächsten Jahres [...] mit möglichst werthvollen Kunstwerken des Auslandes bereichern zu wollen“.173 165 Vgl. ebd. und Kapitel IV 1 b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“. 166 Vgl. ebd. 167 Vgl. ebd. 168 PrAdK (Königliche Akademie der Künste, Acta betreffend die Kunstausstellung von 1836), Nr. 83, fol. 111: Akademie der Künste an den Kunsthändler L. Sachse, Berlin, den 10. Dezember 1835; Abschrift desselben Briefes in GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 202. 169 Vgl. ebd. 170 Vgl. ebd. 171 Vgl. ebd. 172 Vgl. ebd. 173 Vgl. ebd. Schadow erinnerte sich noch 1849 an die französischen Bilder der Ausstellung von 1836 und hob u. a. das Bild von Lepoittevin hervor: „Ferner gehört hierher die Vorstellung eines Seegefechts von Le Poittevin in Paris, vielleicht das Meisterstück dieses Künstlers, auf welchem das Charakteristische des französischen Seemannes und Soldaten vortrefflich ausgedrückt ist“; vgl. Schadow 1849, S. 279.

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Gesagt, getan. Sachse vermittelte, wie dargestellt, eine nie dagewesene Anzahl von Werken Pariser Künstler auf die Ausstellung 1836. Der Kunsthändler war nach der Rückversicherung bei der Akademie und der erfolgreichen Ausstellung von 1836 nun der „für den Verkauf französischer Bilder von der königlichen Academie und von den Künstlern selbst autorisierte Mann“, wie Julius Ludwig Sebbers im November 1836 konstatierte.174 Das Aushängeschild

Die Vielfalt der im damaligen Frankreich populären Künstler – und insbesondere der Landschaftsmaler – wurde in der preußischen Hauptstadt größtenteils mit Bewunderung wahrgenommen. Dennoch entging der Berliner Kunstöffentlichkeit nicht, dass im historischen und Genrefach die bekanntesten Vertreter wie etwa Paul Delaroche oder Horace Vernet immer noch fehlten. So schrieb Raczynski über seinen Ausflug nach Paris 1836: „Ich habe immer das lebhafteste Verlangen gehabt, einige Gemälde des Herrn Vernet zu sehen, mit welchem ganz Europa durch Steindrücke und Kupferstiche bekannt ist.“175 Durch die gezielte Vermarktung in Form von hochwertigen graphischen Reproduktionen waren die Werke Vernets – ebenso wie jene etwa von Paul Delaroche – in ganz Europa „unverkennbar geworden“.176 Die Originale aber hingen im Musée du Luxembourg oder in den großen europäischen Privatsammlungen. Auch in Berlin waren die Werke der französischen Meister durch Reproduktionen bekannt und gefeiert, ohne dass hier je ein Gemälde im Original zu sehen gewesen war. Schon auf seinen Reisen 1834 und 1835 hatte Sachse die Ateliers von Delaroche und Vernet aufgesucht (Abb. 175).177 Doch war es ihm nicht gelungen, ein Gemälde dieser Künstler in Berlin präsentieren zu können. Als der Händler im Frühjahr 1837 wieder in die Metropole an der Seine fuhr, unternahm er einen weiteren Versuch.178 Merklich ernüchtert schrieb Sachse an seinen Buchhalter Wege nach Berlin: „Ich habe allerliebste Oelbilder aber meistentheils Landschaften und Marinen zu kaufen Gelegenheit gehabt. Genresachen sind sehr selten oder unbezahlbar.“179 Sachse hatte sich auf dieser Fahrt 1837 verstärkt um ein Werk von Horace Vernet bemüht. Johann Heinrich Wilhelm Wagener, seinerzeit größter Privatsammler zeitgenössischer Malerei in Preußen, hatte ihn gebeten, sich um einen Auftrag bei Vernet zu 174 PrAdK 213 Kunstausstellung 1836, fol. 319; Sebbers an die Akademie der Künste, 9. November 1836, zit. nach Nerlich 2010, S. 116, Anm. 46. 175 Vgl. Raczynski 1836, Bd. 1, S. 373. 176 Vgl. Kunstblatt, Nr. 28, 5. April 1838, S. 109; siehe außerdem Kapitel II 3 b, „Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co.“. 177 Vgl. Anhang 1. 178 Vgl. ebd., 1837, Eintrag vom 7.–24. März. 179 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Buchhalter Wege, Paris, den 21. März 1837.

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bemühen. Nachdem Sachse nach Berlin zurückgekehrt war, unterrichtete seine Kunsthandlung den Sammler vom Fortgang diesbezüglicher Verhandlungen: „In Betreff des unseren Louis Sachse bei seiner Abreise gegebenen Auftrags, sich nach einem guten Bilde von H. Vernet umzusehen, haben wir die Ehre Euer Hochwohlgeboren zu benachrichtigen, daß dazu keine Hoffnung vorhanden ist von diesem Künstler ein Bild nach Bestellung, und unter dem Preise von 10.000 frs. zu erhalten.“180 Die Handlung erklärte dem Auftraggeber, dass Sachse daher sein „Hauptaugenmerk“ darauf gerichtet habe, „aus irgend einer Sammlung ein vor einigen Jahren gemaltes Gemälde zu wählen“.181 Tatsächlich hatte sich eine solche Möglichkeit ergeben, sodass Sachse Wagener „dringendst“ darum bat, „sich diese schöne Gelegenheit ein ausgezeichnetes Werk dieses großen Künstlers zu erhalten, nicht entgehen zu lassen“.182 Denn „spricht es sich erst aus, dass dies Bild zu verkaufen ist“, sei es sicher nicht mehr für Berlin zu bekommen.183 Es handelte sich bei dem von Sachse ins Auge gefassten Bild um „einen Sklavenmarkt“, den Vernet „vor drei Jahren gemalt“ und der sich seitdem „im Stich“ befunden hatte (Abb.176).184 Jazets Stich sollte in den Sommermonaten „in der ganzen Größe des Originals erscheinen“. Für das Gemälde forderte „der Besitzer“ 5000 Francs, dazu kamen die „Transportkosten aus 10% Coutage“.185 Offenbar konnte sich Wagener nicht dazu durchringen, das Bild ungesehen und für einen so hohen Kaufpreis zu übernehmen. Sachse jedoch maß der seltenen Gelegenheit, „unserer Stadt das schöne Bild“ zuzusichern, eine hohe Bedeutung bei.186 Ende Oktober desselben Jahres wandte er sich erneut an den Sammler, um ihm einen Deal anzubieten. Er senkte den Kaufpreis auf 4500 Francs und machte „für den Fall, dass [Wagener] das Bild ungesehen nicht zu kaufen wünsche“, folgenden Vorschlag.187 Wenn Wagener bereit wäre, die Summe für sechs Monate und zu den üblichen Zinsen nach Paris zu überweisen, wollte Sachse das Bild auf seine Gefahr nach Berlin kommen lassen. Gefiele es Wagener, so erhalte er es zu den genannten Konditionen. Gefiele es ihm nicht, so wollte Sachse das Bild auf eigene Rechung verkaufen und sich dazu verpflichten, den nach Abzug der Kosten entstehenden „neuen Gewinn“ mit Wagener „als ehrliche Männer zu theilen“.188 Für den Fall aber, „dass das Bild bis zum Ablauf der 6. Monats-Frist nicht verkauft seyn sollte“, würde Sachse den Wechsel „prompt einlösen“. Sollte das Bild hingegen „früher schon durch [Sachse] verkauft“ werden können, „so erfolgt auch die Einlösung unseres wenigen Ge180 Vgl. SMB-ZA, NL Wagener, Briefkonzepte, Bd. 1 (1834–1837), Bl. 154, Kunsthandlung L. Sachse & Co. an Johann Heinrich Wilhelm Wagener, 12. Mai 1837. 181 Vgl. ebd. 182 Vgl. ebd. 183 Vgl. ebd. 184 Vgl. ebd. 185 Vgl. ebd. 186 Vgl. SMB-ZA, NL Wagener, Briefkonzepte, Bd. 1 (1834–1837), Bl. 192: Kunsthandlung L. Sachse & Co. an Johann Heinrich Wilhelm Wagener, Berlin, den 30. Oktober 1837. 187 Vgl. ebd. 188 Vgl. ebd.

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winns schon früher“.189 Sachse war also bereit, für die Akquisition eines Gemäldes von Vernet ein hohes Risiko einzugehen, wenn er es auch mit Wageners Hilfe zu minimieren suchte. Die Möglichkeit, überhaupt an ein solches zu gelangen, hatte er seinen Kontakten zum Pariser Kunstmarkt zu verdanken.190 Das Bild befand sich nämlich nicht, wie von Sachse suggeriert, in einer Privatsammlung, sondern war bei dem Händler Susse in Paris ausgestellt.191 Tatsächlich konnte Sachse das Gemälde ab Februar 1838 in seinen Geschäftsräumen präsentieren.192 Die Berlinischen Nachrichten berichteten ausführlich über „das erste Vernetsche [Gemälde], was Berlin, was Deutschland besitzt, ja gesehen hat“.193 All diejenigen, die die „Werke der verschiedenen Kunstperioden Vernets [...] in Nachbildungen ehrten und liebten“, hätten nun endlich die Gelegenheit, „die volle Kraft und Frische seines Genies im Originale [zu] bewundern“.194 Die „innere Gediegenheit der technischen Behandlung auch auf Nebensachen“, die „Nuancen in der kunstvollen Zusammenstellung der Farben“, das könne man hier „besser sehn und fühlen, als beschreiben“, denn „die vollendete Meisterschaft [würde] zu bogenlanger Untersuchung und Beleuchtung auffordern“.195 Wagener kaufte den Vernet für seine Sammlung an – aber wohl erst 1842 und für eine sehr viel geringere Summe.196 Welch hohe Bedeutung Sachse der Akquisition dieses Gemäldes beimaß, wird jedoch aus einer weiteren Quelle deutlich. Noch im selben Jahr 1838 ließ sich Sachse von Adolph Karst (1815–1868) einen aufwendigen Briefkopf für seine französischen Korrespondenzen lithographieren (Abb. 177). Die Schmuckleiste zeigt mittig eine mit Festons umrankte Plakette, auf der „L. Sachse & Co.“ zu lesen ist. Beiderseits dieser Plakette befindet sich je ein hochformatiges gerahmtes Gemälde. Links ist eindeutig Vernets Sklavenmarkt zu erkennen. Rechts eine Gebirgslandschaft, 189 Vgl. ebd. 190 Vgl. hierzu Kapitel IV 1 b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“, und folgende. 191 Vgl. Kunstblatt, Nr. 46, 7. Juni 1838, S. 182: „[...] ein kleines, allerliebstes Staffeleigemälde, einen Sclavenhändler vorstellend, welches man unlängst bei dem Kunsthändler Susse am Börsenplatz sah, und welches sein gewöhnlicher Uebersetzer Jazet in Aquatinta-Manier gestochen hat, suchten wir vergebens auf der Ausstellung [der Akademie, d. V.]“. Auch France Nerlich 2010, S. 120–124, hat die Erwerbsgeschichte des Vernet-Gemäldes durch Sachse beschrieben und bereits auf Susse hingeweisen. Von Sachses geschäftlichen Kontakten zum Pariser Kunstmarkt wird im Kapitel IV 1 b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“, noch ausführlicher die Rede sein. Zur Kunsthandlung Susse vgl. Anhang 2. 192 Vgl. Kunstblatt, Nr. 30, 12. April 1838, „Nachrichten vom Februar. Malerei“, S. 119. 193 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 6, Zeitungsausschnitt (ohne nähere Angaben), Berlinische Nachrichten, 1838, „Horace Vernets Sklavenbazar“. 194 Vgl. ebd. 195 Vgl. ebd.; interessanterweise hing es dort zusammen mit einem Gemälde von Auguste Biard, der ebenfalls einen Sklavenmarkt zeigte (Abb. 182); vgl. Kunstblatt, Nr. 30, 12. April 1838, „Nachrichten vom Februar. Malerei“, S. 119; vgl. auch Nerlich 2010, S. 123f. und Schlagenhauff 2001, S. 82. 196 Vgl. Nerlich 2010, S. 124, Anm. 74. Über die genaueren Umstände, warum das Bild erst 1842 in die Sammlung Wagener gelangte, konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.

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die an die Kompositionen des Schweizers Alexandre Calame erinnert. Darüber stehen in vier einfachen rechteckigen Feldern die Medien, mit denen Sachse handelte: „Tableaux“, Dessins“, „Gravures“, „Lithographies“. Ein Spruchband bekrönt das Ensemble und informiert über die Tätigkeiten der Kunsthandlung „EXPOSITION, VENTE ET LOCATION DE TABLEAUX MODERNES“. Das beschriftete Zierband korrespondiert mit einem weiteren, unterhalb der Bilder verlaufenden Schriftzug, auf dem die Adresse „Jägerstraße, Berlin, No. 30 u. 31“ zu lesen ist. Die einzelnen Elemente sind in ein aufwendiges Zier- und Rankenwerk eingebunden, das den Eindruck eines prunkvollen Wappens hinterlässt. Das einstige lithographische Institut hatte sich zu einer repräsentativen Kunsthandlung emporgeschwungen, in denen nicht mehr das Graphik-, sondern das Bildergeschäft im Vordergrund stand. Die Verbindung zu den größten Künstlern der französischen Schule wurde zu Sachses Aushängeschild. Die Auswahl von einem französischen Genre-Gemälde und einer Landschaft repräsentieren die bei Sachse bevorzugt angebotenen Gattungen. Gegenwind

Nach der erfolgreichen Ausstellung von 1836, „auf welcher sich kein fremdes gutes Bild befand, das nicht durch [seine] Vermittlung hierher [nach Berlin] gekommen wäre“, reichte Sachse im August 1838 zwei Listen mit Kunstwerken für die diesjährige Akademieausstellung im Herbst beim Kultusministerium ein.197 Die beiden Verzeichnisse zählen alphabetisch insgesamt 60 Künstler auf, von denen gut die Hälfte entweder aus Paris kam oder dort arbeitete (Abb. 178).198 Sachse glaubte „mit Übereinstimmung der größten Kunstbehörde zu handeln“, zumal er durch „die Protectoren der Kunst, die namhaftesten Künstler und Senatsmitglieder, ja selbst Königliche Prinzen zur Herbei-

197 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938 und PrAdK, Nr. 214, Bl. 1-3, Louis Sachse: „Erstes und zweites Verzeichnis der durch Sachse & Co. zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“. 198 Vgl. ebd. (PrAdK, Nr. 214, Bl. 1-3). Die Listen sind vom 15. und 30. August 1838, wie aus Sachses Bericht hervorgeht; vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17 Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194– 199, Bei den französischen Künstlern handelt es sich um: Eugène Balan, Joseph Beaume, Auguste Biard, Nicolas Didier Boguet, Jules Coignet, Alexandre Collin, Jean-Louis Canon, Edouard Cibot, Alexandre Gabriel Decamps, Jean Augustin Franquelin, Théodore Gudin, Hippolyte Garneray, Eugène Isabey, Eugène Lepoittevin, Charles Mozin, Quand [?, unleserlich, d.V.], Camille Roqueplan, Jacques François Swebach, Ary Scheffer, François Etienne Villeret, Louis Etienne Watelet, Franz Xaver Winterhalter, Heinrich Wilhelm Zimmermann, Adolphe Rinck, Guillaume Lepaulle, André Giroux, Ferdiand Perrot. Es wird auf einige dieser Künstler ebenso wie auf die deutschsprachigen und die flämischen und englischen Vertreter noch zurückzukommen sein.

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bringung guter fremder Werke wiederholt“ aufgemuntert worden war.199 Doch er hatte sich diesmal offenbar getäuscht. Selbstbewusst wandte sich Sachse im November 1838 an das zuständige Ministerium, mit der Bitte um Klärung des Sachverhalts.200 In einem ausführlichen Schreiben trug Sachse seine Sicht der Dinge vor: „Es möchte Einem hohen Ministerium nicht unbekannt geblieben seyn, dass ich zuerst den Plan fasste und bis jetzt mit einigem Erfolge zur Ausführung brachte, durch Austausch der besseren Kunstwerke lebender Meister aller Länder, wo die Kunst gepflegt wird, einen vergrößerten Kunstverkehr hervorzubringen. Ich hoffte dadurch nach meinen Kräften auch meinerseits auf die Kunst selbst günstig einzuwirken, das Feld des Absatzes für vaterländische Werke auszudehnen, den Kreis der Ideen zu erweitern, ja durch Vorführung fremder großartiger Werke nur belebend und anregend auf die Künstler des Vaterlandes einwirken zu können.“201 Wie schon in dem Schreiben von 1835 an die Akademie machte der Händler die Motivation seines Engagements deutlich, durch den Austausch den „Kreis der Ideen“ im eigenen Land zu erweitern und so anregend auch auf die hiesige Kunstproduktion einzuwirken. Nun wandte er sich an das „Hohe Ministerium“, dessen „loyale Grundsätze, wo es sich um großartige Annäherung der verschiedenen Völker durch das Band der Kunst und Wissenschaft, wohlbekannt sind“.202 Auf den von der Ausstellungskommission 1836 geäußerten Wunsch als auch in Folge der Ermunterung der „Protektoren der Kunst, der namhaftesten Künstler und Staatsmitglieder, ja selbst königliche Prinzen“ hatte Sachse die ihm „anvertrauten Werke“ schriftlich angemeldet und die „schon hier anwesenden Werke“ sogleich „hinauf“geschickt.203 Diejenigen Arbeiten aber, die erst später bei ihm angekommen waren, „namentlich die von Herrn Lepoittevin vorläufig hierher [nach Berlin] gebrachten“, waren mit der Bemerkung abgewiesen worden, „dass es mit [dem] ersten Transport sein Bewenden haben sollte und [...] die übrigen obgleich angemeldeten Bilder (worunter sich sogar einige von hiesigen Künstlern [...] befanden) nicht angenommen werden“ würden.204 Eine „allgemeine Verwunderung“ über die „ganz unerwartete Zurückwei199 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938. 200 Zu der Auseinandersetzung Sachses mit der Akademie 1838 vgl. auch France Nerlich 2010, S. 132–137 und Nerlich 2007, S. 238–242. 201 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938. Auf dieses hier geäußerte Programm Sachses wird ebenfalls zurückzukommen sein. Sachse hatte im November nicht nur mehrere Reisen nach Frankreich, sondern auch nach Belgien, Holland und England gemacht, woraufhin er sich in seiner Ansicht vom Nutzen des kulturellen Austauschs und vom Handel noch einmal deutlich bestärkt sah. 202 Vgl. ebd. 203 Vgl. ebd. 204 Vgl. ebd.; Eugène Lepoittevin, dessen Seestücke auf der Ausstellung 1836 so gelobt worden waren, war im August 1838 selbst nach Deutschland gekommen, um ein neues Werk zur Ausstellung zu bringen; vgl. Nerlich 2010, S. 125f. und Kapitel IV.1.b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“.

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sung bei allen hiesigen Kunstautoritäten und Künstlern“ habe daraufhin die Runde gemacht.205 Erst nach „mehreren Demarchen“ waren dann doch sämtliche schon angemeldete Bilder zugelassen worden. Letztere konnten aber nachträglich nicht mehr in den Katalog aufgenommen werden, „und so kamen fast alle Hauptbilder in den Nachtrag, wodurch [Sachse] bei [seinen] Committenten in den Verdacht der Vernachlässigung ihrer Interessen gerathen“ sei.206 Der „ordnungsliebende“ Sachse hätte sich „über ein Gesetz gefreut“, welches „dem Einsenden unangemeldeter Bilder durch gänzliches Zurückweisen vorbeugt“, wie er betonte.207 Denn bisher wurden „unangemeldete Bilder mit einem Zettel worauf Verfertiger und Gegenstand bezeichnet sind versehen und so ausgestellt“. So sei es auch bei „sehr viele[n] dergleichen Bilder auf der diesjährigen Ausstellung“ gewesen.208 Von Sachse aber war „kein einziges der vielen, so weit hergekommenen vorher nicht angemeldeten Kunstwerke“ angenommen worden. Mehrere französische, aber auch englische und flämische Bilder waren so „dem Publikum entzogen“ worden und hatten „die Reise unnütz hierher“ gemacht.209 Sachse fühlte sich zurückgesetzt und ungerecht behandelt. Mit einem gewissen Trotz hielt er dem Ministerium vor Augen: „[E]s wäre mir ein Leichtes gewesen, gleich Anfangs nach Zurückweisung meiner angemeldeten Bilder, sowohl aus diesen, als aus den später unangemeldet eingegangenen Gemälden, nach dem Rathe vieler hoher Gönner und Beförderer meines Unternehmens, zur Wiedererlangung der unnütz weggeworfenen Kosten, eine Privatausstellung von Bedeutung zu veranstalten.“ Sachse habe auf einen solchen Schritt verzichtet, weil er keine Konkurrenz beabsichtige und „in Übereinstimmung und im Geiste der höchsten Kunstbehörden wirken wollte“.210 Sachse argumentierte aus einer merklich stärkeren Position als noch drei Jahre zuvor. Selbstbewusst sprach er nun von sich selbst als Veranstalter, dem es „ein Leichtes“ gewesen wäre, neben die Akademie zu treten und eine eigene „Privatausstellung von Bedeutung zu veranstalten“. Der Kunsthändler, der „in Übereinstimmung und im Geiste der höchsten Kunstbehörden“ und damit auch im Sinne der Kunst selbst zu handeln bestrebt war, ärgerte sich über den herablassenden Umgang, der durchaus Folgen für sein Geschäft hatte. Denn die Künstler, deren Bilder Sachse auf die Ausstellung zu vermitteln versprochen hatte, warfen ihm „Vernachlässigung ihrer Interessen“ vor. Er selbst blieb auf den nicht unerheblichen Transportkosten „der von fremden Künstlern ausdrücklich zur Ausstellung an [seine] Adresse gesandten und aufgenommenen Bilder“ sitzen.211 Von den 77 beigesteuerten Gemälden hatte er für jene 17 Werke um Rücker205 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938. 206 Vgl. ebd. 207 Vgl. ebd. 208 Vgl. ebd. 209 Vgl. ebd. 210 Vgl. ebd. 211 Vgl. ebd.

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stattung gebeten, die nicht sein Eigentum oder schon vor der Ausstellung in Privatbesitz übergegangen waren. Nur bei einem einzigen Künstler sei diesen Kosten stattgegeben worden, weil dessen vier Bilder direkt bei der Akademie und nicht durch Sachse angemeldet worden waren. Sachse fühlte sich „im tiefsten Innern“ gekränkt, wie er schreibt, hatte doch die Akademie selbst die fremden Künstler an Sachse verwiesen.212 Sachse wandte sich nun also mit einem dreifachen Anliegen an das Kultusministerium: erstens mit der Bitte um „Liquidation“ für Transportkosten fremder, nicht ihm gehöriger, aber ausgestellter Bilder. Zweitens erbat er eine genaue Anweisung, inwieweit er sich auf die „ferner stattfindenden akademischen Ausstellungen einzulassen habe“. Und drittens wollte er eine Antwort auf die Frage, „ob künftig noch auswärtige Gemälde auf den akademischen Ausstellungen zugelassen seyen sollen; und was in diesem Fall fremde Künstler zur Einreichung ihres Zweckes zu beachten haben“.213 Sachse sah sich aufgefordert, das „hohe Ministerium“ diese Angelegenheit entscheiden zu lassen, weil es sich um eine wichtige „allgemeine Kunstangelegenheit“ und für Sachses „ferneres Wirken“ um eine echte „Lebensfrage“ handelte.214 Diese schien dann auch nicht leichtfertig beantwortet werden zu können. Das Kultusministerium wandte sich mit Sachses Anliegen ihrerseits an die Akademiedirektion und diese wiederum an die Ausstellungskommission. Etwa zweieinhalb Monate nach Sachses Antrag verfasste das akademische Ausstellungsgremium eine erste ausführliche Stellungnahme über „den Betrieb des Kunsthandels des Herrn Sachse und der von demselben zur Ausstellung herbeigeführten Bilder“.215 Die lange Erklärung beginnt höflich und respektvoll: „Man würde sehr Unrecht haben, und vielleicht gar einer an sich guten Sache hemmend entgegen treten, wollte man den Betrieb des Kunsthandels des Herrn Sachse, in Bezug auf die Einführung fremder, und der Ausführung einheimischer Kunstproducte nicht seinen ganzen Beifall gönnen.“216 Sachse habe sich „mannichfaches Verdienst“ um die einzelnen Künstler erworben, seine „kaufmännische Umsicht“ und „muthige Energie“ verdienten Lob und Anerkennung. Allerdings habe Sachse übersehen, dass „der Kunsthandel und das Verhältnis in welches Herr Sachse zu der akademischen Ausstellung treten möchte, deutlich getrennt“ voneinander anzusehen seien. Die Kommission mahnte zu unterscheiden zwischen Sachses Verdienst um „das Erkennen des Publicums mit welchem er verkehrt und die richtige Ansicht der Wünsche derselben in Beziehung auf Producte der Kunst“ und dem „Verhältnis des Herrn Sachse unmittelbar zur Kunst und zur Ausstellung“, sprich seine beruflichen Ziele als Händler.217 212 Vgl. ebd. 213 Vgl. ebd. 214 Vgl. ebd. 215 GStA PK, HA I, Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 203–205, Die Ausstellungskommission der Königlichen Akademie der Künste an das Kultusministerium, Berlin, den 2. Februar 1839; unterzeichnet ist das Schreiben von den Kommissionsmitgliedern Dähling, Kretschmar, Schadow, Hampe, Wichmann und Strahlborn. 216 Vgl. ebd. 217 Vgl. ebd.

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Aus dem Selbstverständnis eines obersten Gremiums in Kunst- und Geschmacksdingen widmete sich die Ausstellungskommission zunächst der Frage, „ob die Einführung ausländischer, besonders französischer Kunstwerke, auf die inländischen Künstler nachtheilig einwirken könne“.218 Hier sei erst „nachdem Erfahrungen darüber gemacht werden konnten“, nachzuweisen gewesen, dass „die fremden Werke, welche durch Keckheit, Leichtigkeit und Sicherheit der Behandlung sich vor den inländischen auszeichnen, auf das pecunäre Verhältnis der inländischen Künstler nachtheilig einwirken müsste“.219 Was „die Kunst an sich“ betreffe, so habe sich ergeben, dass über die „technische Geschicklichkeit [...] allerdings sehr viel aus den benannten Werken zu lernen ist“.220 Schon aus diesem Grund schicke schließlich auch die Akademie ihre „Pensionaire“ nach Paris. Auf der anderen Seite sei aber nicht zu leugnen, dass „in Hinsicht auf nationalen Geist sehr viel eingebüßt werden kann, da für die deutschen Künstler mehr eine sorgfältige ernste Behandlung gehört“.221 Und so konstatierte die Akademie als Hüterin eines vorzugsweise klassisch ausgerichteten Geschmacks: „Soll die Kunst bei einem Volke gedeihen, so muß der nationale Geist beachtet werden. Zum Beweis darf man aus dem Zustand der Kunst die Ursach der Blüthe derselben bei Ägyptern, Griechen, Italienern u.s.w. für sich ins Gedächtnis rufen, welche, wie auch die hiesigen Franzosen, ihren eigenthümlichen Weg einschlugen und sich wohl hüteten, einem anderen Volke nachzuahmen.“222 Verschiedene junge Künstler seien „irre geworden durch die französischen Arbeiten“, die auf der letzten Ausstellung so zahlreich zu finden waren. Die Sorge vor der finanziellen Benachteiligung der einheimischen Künstler angesichts der französischen Kunstwerke brachte den „nationalen Geist“ auf den Plan, den die Akademie bemühte, um wiederum die jungen Künstler des eigenen Landes vor „Irrungen“ zu bewahren. Und dieser „nationale Geist“ war es auch, dem die Akademie nun dem „kaufmännischen Geist“ des Kunsthändlers gegenüberstellte. Denn eine „Trennung der Handels- und Ausstellungs-Angelegenheiten“ sah die Akademie als unbedingt notwendig an. Schon für die Ausstellung 1836 habe man Sachse um „ausdrücklich werthvolle Bilder“ gebeten.223 Für das Jahr 1838 sei gar keine Aufforderung mehr an Sachse ergangen. Sachse habe da wohl etwas missverstanden, wenn er die erste „Aufforderung für immer geltend angesehen habe“. Zudem sei unter den von Sachse eingereichten Bildern „vieles mittelmäßiges, ja unbedeutendes“ gewesen und auch unter den guten und besten Werken hätte sich „nicht Eines“ befunden, „welches den Namen klassisch verdient hätte“.224 Die Kommission bestand grundsätzlich darauf, das letzte Wort bei der Auswahl der Bilder zu behalten. Dabei räumte sie ganz nebenbei ein, dass ihr eine ganze 218 Vgl. ebd. 219 Vgl. ebd. 220 Vgl. ebd. 221 Vgl. ebd. 222 Vgl. ebd. 223 Vgl. ebd. 224 Vgl. ebd.

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Reihe von Bildern „gar nicht zu Gesicht gekommen und abgelehnt [wurden], weil die Säle überfüllt waren“.225 Insgesamt schwingt in dem sehr langen Schreiben unweigerlich der Eindruck einer Rechtfertigung mit. Es werden einzelne Künstler aufgeführt, die aus den verschiedensten Gründen zugelassen oder abgelehnt worden waren.226 Der „Hauptumstand“ für das „unangenehme Verhältnis zwischen Herrn Sachse und der Commission“ sei darin zu suchen, „daß derselbe [also Sachse] eine unrichtige Ansicht von der Ausstellung und ihrem Zwecke überhaupt aufgefasst haben mag“.227 Die Kommission sah den Hauptzweck der Ausstellung weder darin, „durch eine Anzahl Gemälde, seyen sie woher sie wollen, die Säle zu füllen“ und das Publikum zu einem „amüsierenden Genusse einzuladen“, noch, „die Arbeiten dem Künstler dem Publiko vorzuführen und zum Ankauf aufzufordern, und so einen förmlichen Bildermarkt zu etablieren“.228 Denn „leider“ sei „die letztere Ansicht [sprich die Kunstausstellung als Bildermarkt, d. V.], als Hauptzweck, viel zu allgemein geworden, und wenn der Verkauf auch nebenher verfolgt werden mag“, so dürfe „doch die Absicht der Ausstellung nie dahin gerichtet werden“.229 Es würde „in der Natur der Sache“ liegen, dass „die Kunsthändler“ – womit in Berlin außer Sachse eigentlich nur noch Kuhr, Lüderitz und Gropius gemeint gewesen sein können – „nichts unernstes oder anstößiges“ darin fänden, „wenn sie zu ihrem Waarenlager gehörende Bilder, zum beliebigen Verkauf zur Ausstellung liefern“. Der „eigentliche Zweck der Ausstellung“ sei aber doch in einer „ganz anderen Ansicht“ zu suchen.230 Die Akademie der Künste sah sich, wie sie betonte, als „die Bewahrerin und Pflegerin eines Theils der höhern Bedürfnisse des Menschen und seines innern bessern Lebens“. Sie sei nicht dazu da, „dem verfeinerten Luxus und der Prachtliebe“ zu dienen.231 Diejenigen Künstler, „welche die höhere Kunst ausüben“, hätten die „Verpflichtung von ihren Arbeiten zur Ausstellung zu liefern, damit nach und nach der Geschmack geläutert und ernster werde und [...] dem Sinn für leichtes Spiel mit der Kunst für Frivolitäten, Spässe und pikante Aeußerlichkeit möglichst gesteuert werde“.232 Aus einer solchen Sichtweise heraus verstehe es sich von selbst, dass auch an ausländischen Kunstwerken 225 Vgl. ebd. 226 Vgl. ebd.; so habe die Akademie die Bilder von Redouté zwar für gut befunden, aber, da bereits schon vor 30 Jahren angefertigt, von der Aufnahme ausgeschlossen. Ein auf die Ausstellung geliefertes Bild von Giroux sei bereits vorher für längere Zeit bei Julius Kuhr zu sehen gewesen. Ein Bild von Mme Hay aus Antwerpen sei auf Anfrage des Herrn Sachse trotz erheblicher Verspätung zugelassen worden, „obgleich es nichts ausgezeichnetes war, weshalb auch die Transportkosten [...] nicht wieder zu erstatten seyen möchten, so wie desgleichen von den Bildern von Schotel und Verboeckhoven [...], da sie für Meister ihres Ranges zu unbedeutend sind“. 227 Vgl. ebd. 228 Vgl. ebd. 229 Vgl. ebd. 230 Vgl. ebd. 231 Vgl. ebd. 232 Vgl. ebd.

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„nur größere werthvolle Sachen, denen der Name klassischer Werke beizulegen ist, gern aufgenommen werden“.233 Die Kommission schloss ihren Bericht an das Kultusministerium „in Bezug auf den Betrieb des Kunsthandels des Herrn Sachse und der von demselben zur Ausstellung herbeigeführten Bilder“ mit folgender Empfehlung: „Die Anordner der letzten Ausstellung waren zwar von der Richtigkeit ihrer Ansichten überzeugt, allein sie waren noch nicht zum Gesetz erhoben, und es konnte daher leicht etwas schwankendes in ihr Verfahren sich einschleichen, worunter nun freilich, wie wir beklagen, Herr Sachse etwas gelitten hat. Es kann aber künftig ganz vermieden werden, wenn demselben noch einmal dringend bemerklich gemacht wird, dass es der Akademie nur um Ausgezeichnetes von Künstlern von Ruf aus dem Auslande zu thun sey, um dadurch die Ausstellung zu bereichern und den Stand der höhern Kunst im Auslande kennenzulernen. An kleineren und Genrebildern ist ohnedas kein Mangel. Durch Herrn Sachses Vermittlung war aber das letzte Mal auch nicht Ein größeres historisches Bild auf der Ausstellung.“234 Sachses notierte Frachtkosten war die Kommission dennoch „bereit demselben zu erstatten“.235 Etwa zwei Wochen später, am 14. Februar 1839, sandte die Akademiedirektion den Bericht der Ausstellungskommission an das Ministerium, jedoch nicht ohne noch einmal mit Nachdruck auf die aus ihrer Sicht wichtigsten Aspekte hinzuweisen. Sachse hätte „in zwei wesentlichen Punkten“ die Vorschriften außer Acht gelassen: „Statt möglichst werthvoller Kunstwerke, welche die Akademie ihn aufgefordert hatte, hierher zu besorgen und was bei der Ausstellung von 1836 auch von ihm beobachtet worden war, hatte H. Sachse im vorigen Jahre [1838] nicht ein einziges historisches, nicht ein einziges unverkäufliches Bild zur Ausstellung gesandt.“236 Für die Akademie stand die geschmacksbildende Aufgabe der Kunst im Vordergrund, weshalb das „Mittelmäßige“ im Unterschied zum „Meisterhaften“ über die Hierarchie der Gattungen gerechtfertigt wurde. Und noch einmal wurde der „nationale Geist“ bemüht, denn „nur Meisterhaftes verdient die gewissermaßen nationelle Anerkennung“.237 Hierin lag auch für sie der Unterschied in den Bewertungskriterien: „Wenn die Akademie bei inländischen Künstlern mit Nachsicht verfährt und selbst minder vortreffliche zulässt, damit auch das sich bildende Talent Ermunterung, der geringere Künstler Absatz finde: so mussten bei Ausländern beide Rücksichten wegfallen.“238 So wie Sachse in dem „Austausch“ eine Erweiterung der „Ideen“ erkannte, wollte das hohe Kunstgremium die eigenen Künstler vor der zunehmend sichtbar werdenden internationalen Konkurrenz beschützen. Da das „Mittelmäßige“ bei Sachses Einsendungen die „Mehrzahl“ ausgemacht hätte, wäre „eine 233 Vgl. ebd. 234 Vgl. ebd. 235 Vgl. ebd. 236 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17., Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 192f., Die königliche Akademie der Künste an das Kultusministerium, Berlin, den 14. Februar 1839. Das Schreiben ist unterzeichnet von Gottfried Schadow und seinem Sekretär Toelken. 237 Vgl. ebd. 238 Vgl. ebd.

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noch viel strengere Auswahl, als die von der Ausstellungscommission getroffen, vollkommen gerechtfertigt gewesen“.239 Zudem bezog sich die Direktion auf den „8. September als spätesten Einsendungstermin“.240 Spätere Zulassungen seien möglich, aber kein „zu forderndes Recht“. Die hiesigen „Kunsthändler“ aber hätten „ihre Anträge zur Aufnahme ausländischer verkäuflicher Arbeiten bis fast zur letzten Woche der Ausstellung wiederholt, als sei dieselbe ein öffentlicher Markt und der Kunsthandel ihr einziger Zweck“.241 Nach diesen internen Auseinandersetzungen der drei hohen Gremien mit der Frage nach dem Umgang mit dem Kunsthandel und der Zulassung ausländischer Arbeiten auf der Kunstausstellung wandte sich das Kultusministerium erst am 29. Juni 1839, also etwa ein halbes Jahr nach der Einreichung der Klageschrift, an Louis Sachse in der Jägerstraße. Das Ministerium berief sich auf die Akademie, die Sachses „erfolgreichen Bemühungen [...] lobend anerkannt“ und „folgendes bemerkt“ hätte: Sachses „erste Lieferung“ für die akademische Ausstellung des vergangenen Jahres hätte „manches Mittelmäßige, ja Unbedeutende“ enthalten.242 Selbst „unter den guten und besten Gemälden“ sei keines gewesen, „was die Bemerkung eines klassischen Kunstwerkes verdient hätte“.243 Zudem sei „kein einziges bedeutende historisches Gemälde“ von Sachse eingeliefert worden. Außer den Gemälden von Redouté waren „die übrigen von [Sachse] genannten Gemälde auswärtiger Künstler [...] der Ausstellungskommission nicht zu Gesicht gekommen“.244 Man habe sie abgelehnt, „weil die Säle schon mit Gemälden überfüllt waren“.245 Die königliche Akademie der Künste hielte es aber auch „dem Verhältnisse der hiesigen Künstler zu ihr für angemessen, dass solche ihre Gemälde selbst anmelden und zur Ausstellung einliefern“.246 Erneut wurde auf den offiziellen Einsendeschluss als ausschlaggebendes Argument verwiesen. Der „späteste Einsendetermin“ sei auf den 8. September festgesetzt gewesen „und die Akademie ist von dieser Bestimmung nur in einigen Fällen aus besonderen Rücksichten abgewichen“.247 Hinsichtlich der Transportkosten habe sich die Akademiekommission im Einverständnis mit dem akademischen Senat für den Ersatz derselben erklärt.248 In Bezug auf die von Sachse gewünschte „Bestimmung über die künftige Zulassung ausländischer Kunstarbeiten zur Ausstellung“ sei das Kultusministerium „mit der Erklärung der königlichen Akade239 Vgl. ebd. 240 Vgl. ebd. 241 Vgl. ebd. 242 Vgl. GStA PK, HA Rep. 76 Ve., Sek. 17, Abt. X, Nr.1, Bd. 4, Bl. 208–211, Das Kultusministerium an Louis F. Sachse, Berlin, den 29. Juni 1839. 243 Vgl. ebd. 244 Vgl. ebd. 245 Vgl. ebd. 246 Vgl. ebd. 247 Vgl. ebd. 248 Vgl. hierzu auch die Anweisung des Kultusministeriums an die Kasse, Sachse 221 Taler und 27 Silbergroschen auszuzahlen; ebd.

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mie vollkommen einverstanden, dass die Herbeiführung und Ausstellung größerer und wirklich werthvoller Werke von ausländischen Meistern zum Zwecke der Ausstellung ganz entspreche und daher sehr wünschenswerth bleibe“.249 Ausländische Kunstarbeiten „von minderem Werthe“ würden sich „jedoch nicht eignen, indem man hierin bei inländischen Künstlern nur deshalb mit Nachsicht verfahre, damit das bildende Talent hierin eine Ermunterung zum Fortschreiten finden möge“.250 Sachse scheint die Antwort des Ministeriums auf seine „Lebensfrage“ gut aufgenommen, ja zufriedengestellt zu haben. Am 17. Juli 1839 schrieb er hierüber an seine Frau Nanni: „Ich habe dir noch mitzutheilen vergessen, dass an meinem Geburtstage, um alles voll zu machen, endlich die Antwort und Resolution des Ministeriums angelangt ist, ein höchst ehrenvolles Document für meine Handlung und für das Geschäft des preußischen Kunsthandels überhaupt. Es fängt mit einem großen Lobe für mich an, theilt dann die Verantwortung der Ausstellungskommission (welche beiläufig höchst seicht ist) mit, beschließt dann damit mir alle meine drei Anträge unbedingt zu gewähren, nämlich 1.) mir sämtliche Auslagen mit 229 Rth zu erstatten, 2.) in Übereinstimmung mit dem Senat der Academie zu wünschen, dass auswärtige Kunstwerke, zum Segen der Kunst, ferner eingesandt werden möchten epp. – genug, alles wie ich es mir wünschen konnte.“251 Sachse richtete seine Anstrengungen in den Folgejahren jedenfalls weniger darauf, die Ausstellungen der Akademie zu beschicken, als vielmehr seinen eigenen Salon als ständiges Ausstellungsinstitut für aktuelle europäische Malerei zu etablieren. Er präsentierte in seinen Räumen in der Jägerstraße 1839 eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Werken ausländischer, vorrangig französischer Künstler, die in vier Sendungen in Berlin eintrafen.252 Die unterschiedlichen Bewegungsrichtungen des staatlich geförderten und des privaten Kunstmarktes, der zunehmend selbstbewusst auftrat und sich unabhängig organisierte, waren nun kaum mehr zu übersehen. 249 Vgl. ebd. 250 Vgl. ebd. 251 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 17. Juli 1839. Schon am 29. Juni 1839 hatte Sachse die Ehre gehabt, „als Sachverständiger im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten beizuwohnen, aber im vollen Ernste“, wie er seiner Frau fast ungläubig schreibt. Es ging um „Vorschläge zur Gegenseitigkeit zum Schutz des künstlerischen Eigenthums“, sprich um die Durchsetzung von Vervielfältigungsrechten auf Bilder. Man hatte Sachse „zu diesen Debatten zu Rathe“ gezogen; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 29. Juni 1839. Wie einleitend bereits angemerkt wurde, hatte Sachse zusammen mit weiteren Kunsthändlern durch einen entsprechenden Antrag wesentlich dazu beigetragen, dass im Juni 1837 ein erstes Gesetz in Preußen zum Schutz von Urheberrechten auf Bilder erlassen worden war. Es kann im Rahmen dieses Buches auf jene sich über viele Jahre erstreckende und überaus bedeutende Episode, in der Sachse erneut eine wichtige Rolle besetzte, leider nicht näher eingegangen werden. Eine gute Zusammenfassung mit Verweisen auf die entsprechenden Akten im GStAPK gibt Schlagenhauff 2003, S. 276f. 252 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 6, verschiedene Zeitungsausschnitte aus den Berlinischen Nachrichten von 1839, wo ausführlich über die vier Sendungen französischer Gemälde berichtet wird, die bei Sachse zu sehen waren. Es wird darauf im Kapitel IV.1.b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.“, zurückzukommen sein.

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b

Die Kunsthandlung L. Sachse & Co.

Das Wesentliche

Bereits im Juni 1836, also noch vor der Erfolgsausstellung der Berliner Akademie, hatte Sachse seiner Frau Nanni anvertraut: „Du weißt, dass nicht meine Lithographie, sondern mein Bildergeschäft jetzt das Wesentliche bei mir ausmacht.“253 Diese Aussage ist zwar insofern einzuschränken, als die Lithographie und verwandte Drucktechniken weiterhin eine bedeutende Rolle für das Unternehmen spielten. Das „Wesentliche“ aber war die Hinzunahme eines gänzlich neuen Geschäftszweiges, der sich spätestens nach Sachses (höchst offiziell) ausgetragenem Meinungsstreit mit der Akademie zunehmend unabhängig vom Staat organisierte. Wie erstaunlich aktuell Sachse mit seinem Engagement für einen überregionalen Kunsthandel – auch im internationalen Vergleich – war, wird ein Blick nach Paris (und darüber hinaus) in den nachfolgenden Kapiteln aufzeigen. Zunächst soll sich die Aufmerksamkeit noch einmal auf Berlin in den Jahren 1838 bis 1840 konzentrieren. Denn tatsächlich scheinen Sachses Auseindersetzungen mit dem „Hohen Ministerium“ wie ein Katalysator für die frühe Formierung eines freien Marktes für Gegenwartskunst in Berlin gewirkt zu haben. Die Resolution der Akademie vom 29. Juni 1839 hatte Sachse recht gelassen entgegengenommen. Die Akademieausstellung, um deren auswärtige Einsendungen gestritten worden war, war zu diesem Zeitpunkt schließlich bereits fast ein Dreivierteljahr vorüber. Ein Blick in das „Verzeichnis der Werke lebender Künstler, welche in den Sälen des Akademie-Gebäudes vom 16. September [1838] an öffentlich ausgestellt sind“, sprich den offiziellen Ausstellungskatalog, bestätigt Sachses selbstbewusste Haltung. 43 Werke von 28 Pariser Künstlern sind hier aufgezählt. Knapp die Hälfte erscheint im „Nachtrag“, worüber sich Sachse bei der Akademie beschwert hatte.254 Doch der Ver253 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 20. Juni 1836. 254 Vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1838 und PrAdK, Nr. 214, Bl. 1-3, Louis Sachse: „Erstes und zweites Verzeichnis der durch Sachse & Co. zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“. Folgende Künstler und Werke sind hier verzeichnet: Eugène Balan, in Rouen: Nr. 12, „Die Kathedrale von Rouen (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Alexandre Calame: Nr. 101–103, „Gegend bei Thun im Kanton Bern, Baumstudie“, „Ein Sturm“; Alexandre Collin, in Paris: Nr. 113 „Der Ritter und seine Braut (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Alexandre Decamps: Nr. 132–133, „Bernische Bäuerinnen (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“, „Jagdaufseher (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Jean-François Garneray: Nr. 198, „Der alte Hafen (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Théodore Gudin: Nr. 253–255, „Ein alter Turm an der südfranzösischen Küste (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“, „Strandendes Fahrzeug (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“, „Felsenküste in der Normandie (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Antoine Alexandre Morel-Fatio, in Paris: Nr. 517, „Ansicht eines Teils von Algier (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Moya, in Mailand: Nr. 527–128, „Inneres der Kirche von St. Germain de près, Trauungsszene (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“, „Kirchliche Darstellung (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Charles Mozin: Nr. 528, „Taufe einer normannischen Fischerbarke (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Pierre Justin Ouvrier, in Paris: Nr. 564, „Kanal St. Giogio in Venedig (Eigenthum des Herrn L.

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gleich mit Sachses beiden Verzeichnissen seiner gewünschten Einsendungen vom 15. und 31. August 1838 belegt, dass bis auf die drei Arbeiten von Alexandre Calame alle französischen Werke, wie schon auf der Ausstellung 1836, ausschließlich über Sachse in die Ausstellung kamen und damit alle seine angemeldeten Pariser Einsendungen auch ausgestellt worden waren. Weitere sieben Werke von sechs ausländischen und nicht französischen Künstlern, die Sachse in seinem Verzeichnis anführte, erscheinen ebenfalls im Ausstellungskatalog.255 Wie viele unangemeldete Werke aus dem Ausland noch hinzugekommen wären, wenn die Akademie ihnen die Aufnahme nicht verwehrt hätte, bleibt nur zu mutmaßen. Sachse spricht von „Namen wie Redouté, Isabey, Johannot, de Keyser, Leys, van Ham, J. Jacobs, Dehaussy, van Hove“ und „mehrere[n] englische[n] und flämische[n] gediegene[n] Werke“, die „dem Publikum entzogen wurden“.256 Sachse tritt im Jahr 1838 also bereits nicht mehr nur als Vermittler zwischen zwei Kunstzentren auf, sondern er verfolgt, trotz seines Pariser Schwerpunktes, einen internationalen Ansatz. Sein Plan war es, „durch den Austausch der besseren Kunstwerke lebender Meister aller Länder, wo die Kunst gepflegt wird, einen vergrößerten Kunstverkehr hervorzubringen“, um so „auf die Kunst selbst günstig einzuwirken“ und auch „das Sachse)“; Ferdinand Perrot: Nr. 577–580, „Neapel vom Cape di Monte genommen“, „Neapolitanische Schiffer im Golf von Neapel“, „Der Schiffsbruch des amerikanischen Schiffes Herkules“, „Ansicht von Genua mit einem Teil des Hafens“; Camille Roqueplan: Nr. 656, „Landschaft aus der Gegend von Paris (Eigenthum des Herrn A. Mitscher)“; Ary Scheffer: Nr. 682, „Ein Schäfer seinen getöteten Hund betreuend“; Jacques-François Swebach, in Paris: Nr. 823, „Abritt zur Jagd“; François Etienne Villeret, in Paris: Nr. 849–850, „Der Quai des Tanneurs in Amiens“, „Ansicht einer Kirche in Tours (Eigenthum des Herrn A. Mitscher)“; Louis Etienne Watelet: Nr. 873, „Blick auf Paris von der Collonade des Louvre“; Franz Xaver Winterhalter: Nr. 889, „Dolce far niente (Eigenthum I. Maj. der Kaiserin von Russland)“. Nachtrag: Joseph Beaume: Nr. 1190, „Ein Wilddieb“; Auguste Biard: Nr. 1204, „Eine herumziehende Springerbande, welche zugleich Wachsfiguren zeigt, wartet wegen des anhaltenden Regens vergeblich auf Zuschauer“; Bouquet: Nr. 1212, „Normannische Küste“; Edouard Cibot: Nr. 1228–1229, „Ein Maler durch einen unerwarteten Zufall erschreckt“, „Auswandernde Bauernfamilie“; Léon Coigniet: Nr. 1234, „Jäger auf der Entenjagd“; Jules Coignet: Nr. 1235, „Große Landschaft“; Jean Augustin Franquelin: Nr. 1250, „Häusliche Szene“; Eugène Isabey: Nr. 1317, „Großes Seestück“; Guillaume Lepaulle: Nr. 1348, „Morgenandacht einer jungen Spanierin“; Eugène Lepoittevin: Nr. 1349–1350, „Eine Landschaft“, „Contrebandirende Fischer suchen an einer Küste zu landen und ihre Ladung zu bergen“; Charles Mozin: Nr.1377–1379, „Das Dampfschiff Le François“, „Ansicht von Cöln“, „Zwei kleine Marinen“ (unter einer Nummer); Adolphe Rinck, in Paris: Nr. 1406, „Ein Reiher“; Camille Roqueplan: Nr. 1409–1410, „Marine“, „Eine Ballszene“. 255 Vgl. ebd.: (Guiseppe oder Carlo ?) Canella, in Mailand: Nr. 104, „Ein französischer Hafen (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; George Cattermole, in London: Nr. 112, „Räuber in ihrem unterirdischen Versteck (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Eugène Verboeckhoven, in Brüssel: Nr. 847, „Ein Schimmel auf die Weide geführt (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Nachtrag: Abels, in Haag: Nr. 1184, „Mondscheinlandschaft“; Hering, in London: Nr. 1281–1282, „zwei Landschaften, Schweizergegenden in Öl“; Meier, in Haag: Nr. 1357, „Winterlandschaft“. 256 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938.

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Feld des Absatzes für vaterländische Werke“ auszudehnen.257 Die Listen bestätigen auch Sachses Engagement für die „einheimischen“ Künstler: 29 Werke von 19 Künstlern aus Preußen und den deutschen Ländern gelangten über Sachses Vermittlung in die Akademieausstellung des Jahres 1838.258 Offenbar wurde auch von den deutschen Künstlern eine Vermittlung ihrer Werke in die offizielle Ausstellung dankbar angenommen worden. Sachse weist in seinem Anschreiben an die Akademie explizit auf einige Bilder von deutschen Künstlern hin, die zunächst abgelehnt und erst „nach mehreren Demachen“ von seiner Seite ausgestellt worden waren.259 Dabei hatte die Akademie-Direktion erklärt, „bei inländischen Künstlern mit Nachsicht“ zu verfahren und „selbst minder vortreffliche“ Kunstwerke zuzulassen, „damit auch das sich bildende Talent Ermunterung, der geringere Künstler Absatz finde“, doch gab es offenbar bereits Tendenzen, das An257 Vgl. ebd. 258 Erwähnt sind folgende Künstler und Werke: Carl Blechen: Nr. 67–69, „Assisi“, „Ruinen des Palastes der Königin von Aragonien, aus einer Grotte gesehen“, „Blick auf den Monte Soracte von Narni aus“; Heinrich Bürkel, in München: Nr. 100, „Die Heimkehr aus dem Gebirge (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Adolph Eybel, aus Berlin gegenwärtig in Paris: Nr. 169–173, „Eine Fischerfrau mit ihren Kindern“, „Ein Winzer, seine Gärten und Felder betrachtend“, „Ein Winzermädchen“, „Zwei Bäuerinnen aus Remonville auf einem Esel reitend“, „Ein Mädchen vor der Hütte mit einem Kinde schäkernd“; Heinrich Funk, in Düsseldorf: Nr. 193, „Eifelgegend (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Herbert Gätcke, in Berlin: Nr. 196, „Blick auf Helgoland (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Grammel, in München: Nr. 221, „Fuhrmann an einem Bach haltend (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Ludwig Hermann, aus Anklam, jetzt in Paris: Nr. 299, „Bollwerk am Strand (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; George Höhn, aus Neu-Strelitz: Nr. 314, „Eine Mühle am Wasserfall (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Carl Schorn, in Berlin: Nr. 724, Mönche und Soldaten spielen in einer Schänke Karten; Carl Friedrich Schulz: Nr. 751, „Jäger seinen Hund fütternd (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Gustav Schwarz: Nr. 779, „Kaiser Alexander Grenadier-Regiment beim Manoeuvre (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Heinrich Wilhelm Zimmermann aus Berlin, gegenwärtig in Paris: Nr. 905, „Tyroler Brautpaar, einem ihm gebrachten Ständchen zuhörend (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“. Nachtrag: Andreas Achenbach, in Düsseldorf: Nr. 1186, „Norwegische Felsenlandschaft mit Seeküste, Winterstück (Eigenthum des Herrn Banquier Hellborn)“; Theodor Hosemann: Nr. 1302, „Don Quichote in seinem Knabenalter“ [die Lithographie aus Sachses Institut befindet sich in der Stiftung Stadtmuseum Berlin, d. V.]; Friedrich Wilhelm Klose: Nr. 1325, „Altar der Kirche St. Germain l’Auxerrois in Paris“; Wilhelm Krause: Nr. 1331, „Blick auf Cherbourg (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Adolph Menzel: Nr. 1358–1360, „Familienrath (Ölbild)“, „Die Toilette (Ölbild)“, „Vater Unser (Lithographie)“; Eduard Meyerheim: Nr. 1364, „Der lustige Wanderer (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Wilhelm Meyerheim: Nr. 1365–1367, „Das dritte Ulanen-Regiment beim Manöver“, „Das dritte Husaren-Regiment, Kürassier vor dem Wirtshause“; Carl Wilhelm Pose, in Düsseldorf: Nr. 1391, „Aussicht auf einen See, der von den Tyroler Alpen in der ferne begrenzt wird (Eigenthum des Herrn Banquier Hellborn)“; Heinrich Rustige, in Frankfurt am Main: Nr. 1411, „Scene aus dem Tyroler Kriege (Eigenthum des Herrn Banquier Hellborn)“; vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1838 und PrAdK, Nr. 214, Bl. 1-3, Louis Sachse: „Erstes und zweites Verzeichnis der durch Sachse & Co. zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“. 259 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938.

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gebot zu limitieren.260 1844 erwähnt Kugler erstmals die Existenz einer Jury in Berlin, die Bilder entweder ablehnen oder in entlegene Ecken, die sogenannten Totenkammern, abschieben konnte (Abb. 179 und Abb. 180).261 Einen hartnäckigen Fürsprecher wie Sachse zwischenzuschalten, schien schon 1838 von Vorteil. Augenfällig bei Sachses Einsendungen aus dem deutschsprachigen Raum sind sicher die drei Meisterwerke von Carl Blechen, im Ausstellungskatalog betitelt als „Assisi“ (Abb. 227), „Ruinen des Palastes der Königin von Aragonien, aus einer Grotte gesehen“ (Abb. 229) und „Blick auf den Monte Soracte von Narni aus“, als auch die drei Frühwerke von Adolph Menzel, benannt als „Familienrath (Ölbild)“ (Abb. 211), „Die Toilette (Ölbild)“ (Abb. 212), „Vater Unser (Lithographie)“ (Abb. 142), worauf noch zurückzukommen sein wird.262 Exemplarisch spiegeln diese Arbeiten das Gattungs-Verhältnis der von Sachse eingereichten Werke insgesamt wider: Von französischen Künstlern zeigte Sachse 22 Landschaften und zwölf Genrebilder, wobei der Übergang von der einen zur anderen Gattung zum Teil fließend ist. Die Gruppe der deutschen Werke bestand aus je 13 Landschaften und Genrestücken, hinzu kamen vier Militaria, was dem Geschmack des Hofes entsprochen und nicht ohne Kalkül geschehen sein dürfte. Die sechs Künstler aus London, Mailand, Brüssel und Den Haag stellten sich ebenfalls mit insgesamt fünf Landschaften und zwei Genrebildern vor. Drei der deutschen Künstler hielten sich gegenwärtig in Paris auf, zwei weitere zeigten explizit französische Ansichten (Paris und Normandie).263 Der Wert eines Bildermarktes, der nicht nur potentielle Käufer des eigenen Landes ansprach, sondern auch darüber hinaus wahrgenommen wurde, gewann bei den Künstlern zunehmend an Attraktivität. Als durchsetzungsstarker Vermittler nahm Sachse hier eine Schlüssselrolle ein. Seit seiner Geschäftsgründung verfolgte er konsequent die Idee 260 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 192f., Die königliche Akademie der Künste an das Kultusministerium, Berlin, den 14. Februar 1839. Das Schreiben ist unterzeichnet von Gottfried Schadow und seinem Sekretär Toelken. 261 Vgl. GStA PK Berlin, Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. 1, Nr. 11, Bd. 1, Bl. 34R, hier zitiert nach Grossmann 1994, S. 115. 262 Vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1838 und PrAdK, Nr. 214, Bl. 1-3, Louis Sachse: „Erstes und zweites Verzeichnis der durch Sachse & Co. zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“. Der Verbleib der beiden Ölbilder von Menzel ist nicht bekannt. Es wird auf die Verbindungen Sachses zu Blechen und zu Menzel noch genauer eingegangen werden; vgl. Kapitel IV.1.c, „Händler und Mentor / Adolph Menzel“ und „Händler und Mentor / Carl Blechen“. 263 Erwähnt sind: Adolph Eybel, aus Berlin gegenwärtig in Paris: Nr. 169–173, „Eine Fischerfrau mit ihren Kindern“, „Ein Winzer, seine Gärten und Felder betrachtend“, „Ein Winzermädchen“, „Zwei Bäuerinnen aus Remonville auf einem Esel reitend“, „Ein Mädchen vor der Hütte mit einem Kinde schäkernd“; Ludwig Hermann, aus Anklam, jetzt in Paris: Nr. 299, „Bollwerk am Strand (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Clemens von Zimmermann aus Berlin, gegenwärtig in Paris: Nr. 905, „Tyroler Brautpaar, einem ihm gebrachten Ständchen zuhörend (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; Friedrich Wilhem Klose: Nr. 1325, „Altar der Kirche St. Germain l’Auxerrois in Paris“; Wilhelm Krause: Nr. 1331, „Blick auf Cherbourg (Eigenthum des Herrn L. Sachse)“; vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1838 und PrAdK, Nr. 214, Bl. 1–3, Louis Sachse: „Erstes und zweites Verzeichnis der durch Sachse & Co. zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“.

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eines „Kunstaustauschs“. Schon 1835 hatte Sachse außer den 80 Aquarellen „notarisch 53 Original-Oelbilder von Preußischen Künstlern“ angekauft. Ebenso wie die Aquarelle, die Sachse ausdrücklich für den Pariser Markt bestellt hatte, wollte er der Pariser Kunstwelt „auch Preußische Oelbilder“ vorführen, weshalb er „bei zwölf namhaften hiesigen Künstlern [um] Oelbilder in verschiedenen Genres für Paris“ gebeten hatte.264 Im Jahr 1837 – in Berlin fand in diesem Jahr keine große Ausstellung statt – konnte er tatsächlich vier „großartige deutsche Bilder“ in den Pariser Salon vermitteln: „Da aber die dortigen Ausstellungen unendgeltlich sind und die Kosten derselben aus der Zivilliste des Königs bestritten werden“, schickte Sachse die „Hauptbilder“ auf seine Kosten. Carl Begas’ „Kaiser Barbarossa“, Eduard Magnus’ „Rückkehr der Piraten“, Eduard Bendemanns „Jeremias“ und Carl Friedrich Lessings „Hussitenpredigt“ (Abb. 262) hätten, so Sachse, „die unbeschreibliche Genugtuung der beifälligsten Aufnahme und des Triumphes Preußischer Kunst im Auslande“ gefunden: „Sämtliche Meister, deren Werke ich zur Ausstellung brachte, erhielten goldene Medaillen, und die Pariser Künstler ernannten mich zur Anerkennung und Aufmunterung zum Ehrenmitglied ihres cercle des arts.“265 264 Schon 1835 hatte Sachse gegenüber der Akademie erklärt, dass es sich bei dem zur Verhandlung stehenden „Kunstaustausch“ um einen echten „Umtausch“ handelte, der „den Verkehr mit auswärtigen Kunstprodukten nicht einseitig und ausschließlich begünstigte“; vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Abschrift des Briefes von Louis Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835. 265 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938. Auch im Morgenblatt wurde darüber berichtet. Allerdings fiel die Einschätzung über die Aufnahme der preußischen Bilder bei den Franzosen hier wesentlich verhaltener aus: „Ich habe vergessen, Ihnen zu erzählen, dass sich mehrere Werke bekannter deutscher Künstler im Salon befinden, namentlich dieser Jeremias, Lessings Hussitenpredigt und Kaiser Heinrich in Canossa von Begas. Man war auf den Effekt, den diese Bilder machen würden, gespannt; er war nicht bedeutend, wenigstens nicht laut. Ob sie wirklich Effekt gemacht haben oder nicht, wird der Salon von 1838 zeigen. Die Journale sprechen sehr verschieden darüber, doch kann man sich auf diese nicht ganz verlassen. Im Durchschnitt ward Bendemann über Lessing gestellt, was zum Theil und hauptsächlich darin seinen Grund hat, daß ein Bild wie das Bendemannsche mit einem solchen und so behandelten Gegenstande hier etwas Neues war und daher imponirte, während man in eigentlich geschichtlichen Darstellungen, wie die Hussitenpredigt, bereits durch Delaroche u. a. an Gutes und Vortreffliches gewöhnt ist, Lessing also nicht schon durch Neuheit des Stoffes imponiren konnte. Überdies hat er alle Mittel zum Effekt – die sonst bei solchen Darstellungen hier so stark angewendet werden – verschmäht, auch erscheint sein Bild neben den französischen ziemlich farblos. Deshalb ward er nicht so beachtet. Daneben trug, wie ich überzeugt bin, noch ein anderer Umstand bei. Das Bild, das heißt die vortreffliche Handlung, ward nicht ganz verstanden: statt ,Sermun d’un Hussite‘ hieß es im Catalog: ,Serment d’un Hussite‘. Nun weiß erstlich das große Publikum hier (ich rede nicht von Bürgern und Handwerkern und dergleichen), was ein Hussite ist. Die französischen Künstler, die ihr Publikum kennen, geben in solchen Fällen stets ausführliche Explikationen, die oft mehrere Seiten des Catalogs füllen. Dann hieß es obendrein: ,Serment‘ statt ,Sermon‘ und man sah von einem ,Serment‘ nichts, eine Handlung, die doch auf mehreren altbekannten Bildern, wie Davids ,Serment des Horaces‘ und dessen ,Serment du jeu de paume‘ so augenfälligst zu sehen war.

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Die privaten Briefe aus diesen Jahren zeugen von Sachses Enthusiasmus. Von jener Parisreise 1837 schrieb er an seine Frau: „Ich sage dir, liebe Nanni, dass mich die Künstler hier mit Lob und Anerkennung überschütten.“266 Von „sonstigen Aufnahmen“ und „Festivitäten bei Künstlern“ wollte er mündlich mehr berichten: „Aber wie denkt man hier anders, als bei uns, und was habe ich in Berlin jemals für Dank gehabt?“267 Am gleichen Tag informierte er seinen Mentor in Finanzfragen Henri L’Hermet, den Onkel und Ziehvater seiner Frau: „Von der Ehre die mir hier von allen Seiten widerfährt, und die ich leider, leider nicht verdiene, mündlich mehr. Soviel sey gesagt, meine Relationen mit den hiesigen Künstlern stehen fest [...]. Und ist der Salon erst beendet, dann brauche ich nur zu pfeifen.“268 Seinem Buchhalter Wege berichtete Sachse ebenfalls 1837, allerdings ist der Tonfall hier wesentlich nüchterner. Sachse habe Landschaften „zu kaufen Gelegenheit gehabt“, wohingegen „Genresachen [...] schon selten, oder unbezahlbar“ seien: „Von Künstlern dort kann man gar nichts mehr kaufen, ist unglaublich, wie die Preise hier sind.“269 Die Aussage bekräftigt, dass es insbesondere Landschaften und Genredarstellungen waren, nach denen Sachse Ausschau hielt. Er kaufte sie bei den Künstlern selbst oder aber bei den frühen Pariser Händlern, worauf im nachfolgenden Kapitel näher eingegangen wird. Darüber hinaus deutet Sachse an, dass die Nachfrage das Angebot übersteigen konnte. Dies war insbesondere der Fall bei europaweit gefeierten Künstlern, beispielsweise bei Vernet oder Delaroche, deren Ateliers rege frequentiert und die mit Aufträgen mehr als ausgelastet waren. Wie die Episode um die Vermittlung von Vernets „Sklavenmarkt“ nach Berlin bereits angedeutet hat, musste hier auf Werke zurückgegriffen werden, die bereits im freien Handel zirkulierten.270 Solche Prestigebilder kaufte auch Sachse, allerdings ging er das damit verbundene hohe finanzielle Risiko wohl nur dann ein, wenn er wie bei dem „Sklavenmarkt“ von Vernet einen konkreten Auftrag oder, wie eine weitere Episode zeigt, bereits einen bestimmten Kunden vor Augen hatte. Im Frühjahr 1838 schrieb Sachse aus Paris nach Hause, dass er „mit [s]einem Aufenthalte und [s]einer Aufnahme hier ganz gut zufrieden“ sei: „Es ist mir als hätte ich bessere Sachen als je gekauft.“271 Sachse hatte „es auch gewagt ein großes Hauptbild für Und da das Interesse der Leute an einem Kunstwerke hier stets sehr großartig ist, so hat, wie ich glaube, diese Unverständlichkeit der dargestellten Handlung dem Bilde einigermaßen geschadet“; vgl. Anonym: „Briefe über den Pariser Salon von 1837“, in: Morgenblatt für gebildete Stände, Nr. 162, 8. Juli 1837, S. 645f. Zum „Cercle des arts“ vgl. Anhang 2. 266 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 16. März 1837. 267 Vgl. ebd. 268 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Onkel L’Hermet, Paris, den 21. März (wohl 1837). 269 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Wege, Paris, den 21. März 1837. 270 Vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Das Aushängeschild“. Schon den „Sklavenmarkt“ von Vernet hatte Sachse bei Susse erworben, weil aufgrund der großen Nachfrage nach Gemälden dieses Künstlers an einen Auftrag oder direkten Erwerb aus dessen Atelier nicht zu denken gewesen sei. 271 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 1. April 1838.

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eine enorme Summe zu kaufen“. Seine besorgte Frau Nanni brauche sich aber nicht ängstigen: „[E]s muß, es wird gefallen, und mir nicht bleiben.“272 Die Sorge schien nicht ganz unbegründet gewesen zu sein. Sachse soll die ungewöhnlich hohe Summe von 10000 Francs (2649 Taler) für dieses „Hauptbild“ bezahlt haben, was die größte Investition gewesen sein dürfte, die der Händler bis dahin für den Erwerb eines einzigen Gemäldes getätigt hatte. Es handelte sich bei dem spektakulären Ankauf um das Bild „Il Dolce Farniente“ von Franz Xaver Winterhalter (Abb. 181). Nach seiner Rückkehr aus Italien hatte Winterhalter mit ebendiesem Werk auf dem Pariser Salon 1836 für Aufmerksamkeit gesorgt.273 Sachse erwarb das großformatige Gemälde nun zwei Jahre später bei dem Pariser Kunsthändler Louis Auguste Asse.274 Sein Kalkül ging auf. Zwar kaufte nicht der König von Preußen das monumentale Gemälde an, wie von Sachse zunächst angedacht, dafür aber der russische Zarenhof.275 272 Vgl. ebd. 273 Franz Xaver Winterhalter wurde vor allem durch seine Gesellschaftsporträts bekannt. Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang eine Anmerkung Sachses in einem Brief von seiner Parisreise 1838 an seine Frau Nanni. Wie in den Tagebüchern vermerkt ist, hatte Sachse Winterhalter persönlich in Paris getroffen. Er beauftragte Nanni, seinem in Berlin weilenden Freund, den erfolgreichen Porträtisten Eduard Magnus, folgende Nachricht zu überbringen: „Da ich nicht viel Zeit zum Schreiben habe, sey so gut Ed. Magnus zu sagen, dass Winterhalter (von dem ich ein sehr bedeutendes Bild, das obrige Hauptbild gekauft habe) gar nicht denken könne wegen der Masse von Portraits, die er übernommen habe. Ich habe dem guten Magnus versprochen dies mitzutheilen, sey also so gut und vergiß meine Bitte nicht“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse (wahrscheinlich) an seine Frau Nanni Sachse, Paris, den 1. April 1838. 274 Vgl. Nerlich 2010, S. 126f. Über den Kunsthändler Asse, der in Sachses Tagebüchern sonst nicht auftaucht, konnte bislang leider nichts Näheres in Erfahrung gebracht werden. 275 Wie aus einem Brief an Friedrich Wilhelm III. hervorgeht, bot Sachse das Gemälde zunächst dem König exklusiv an: „Eure Königliche Majestät wollen huldigst gestatten, dass ich von einem Gemälde Meldung mache, welches ich auf meiner so eben beendigten Kunstreise nach Paris und London acquirirt [sic], und welches zu den vorzüglichsten Kunstwerken gehören möchte, die die neueste Zeit hervorgebracht hat. Es ist ein großes Bild von Winterhalter in Paris, ein Dolce far niente, neapolitanische Landleute, die von der Arbeit ausruhen und einem Mandolinenspieler zuhören. Eurer Königliche Majestät dieses grandiose und so liebliche Werk vorstellen zu dürfen, bevor es hier gesehen und vielleicht verkauft wird, würde mich sehr glücklich machen. Mit allertiefster Unterthänigkeit, Eurer Königlichen Majestät, Louis Sachse“; vgl. GStA PK, Rep. 89, Nr. 19735, Bl. 16, Louis F. Sachse an den König von Preußen, Berlin, den 17. Mai 1838. Angezeigt wird der Kauf auch im Kunstblatt, Nr. 62, 2. August 1838, S. 248. Vgl. außerdem Nerlich 2010, S. 126f. Die Angabe über die Höhe der Kufsumme wurde von ihr übernommen. Zum Vergleich kann erneut der Erwerb von Vernets „Sklavenmarkt“ dienen, das 1837 von Sachse erworben erst 5000, dann 4500 Francs gekostet hat; vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewachte Versuche / Das Aushängeschild“. Der russische Hof kaufte neben dem Winterhalter auch die „Contrebandiers“ von Lepoittevin an. Der preußische Hof hingegen entschied sich für Watelets „Vue sur Paris depuis la colonnade du Louvre“, Perrots „Marins napolitains dans le golfe de Naples“ und Roqueplans „Szène du bal“, allesamt ebenfalls Ankäufe über Sachse; vgl. Nerlich 2010, S. 127, sowie das Verzeichnis der Ankäufe auf der Kunstausstellung 1838, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 1, 1. Januar 1839, S. 3–5 Die Bilder von Watelet und Lepoittevin sind mit je 200 Friedrichsdor gelistet.

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Der Ankauf eines so teuren französischen Gemäldes war für Sachses Geschäft schon deshalb ein erhöhtes Risiko, weil die „unglaublichen“ Preise, zumindest die der Pariser Salonmaler, in der Regel bei Weitem das Maß überstiegen, an das man in Preußen gewöhnt war.276 Leider lässt sich eine übergreifende Kunstpreisstatistik für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht ohne Weiteres aufstellen.277 Um ein paar Anhaltspunkte zu geben, seien an dieser Stelle einige wichtige Angaben von Sfeir-Semmler, Grossmann und Rosenthal referiert.278 Demnach hatte ein durchschnittlich erfolgreicher Künstler 276 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Wege, Paris, den 21. März 1837 sowie Grossmann 1994, S. 158. Horace Vernet soll ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 50000 Francs (13200 Taler) erwirtschaftet haben; vgl. ebd. Das war nicht nur aus preußischer Sicht eine geradezu astronomische Summe. Sfeir-Semmler wies in ihrer Studie über die Pariser Salonkünstler darauf hin, dass schon der „typische“ Salonkünstler „in der Regel kein Hungerleider, sondern ein wohlhabender Bürger [war], der über gute Einkünfte und damit ein überdurchschnittliches Maß an materieller Sicherheit verfügte“; vgl. Sfeir-Semmler 1992, S. 359. Auch zitiert von Grossmann 1996, S. 158. Sfeir-Semmler stellte Vergleichsstatistiken auf, die sich aus der Berechnung der Jahreseinkünfte der Pariser Salonmaler ergeben; vgl. ebd., S. 422–440. Diese Einkünfte setzten sich jedoch nicht nur aus dem Bilderverkauf allein zusammen, sondern im Fall eines akademischen Amtes auch über ein monatliches Gehalt sowie über Preisgelder, Kopier-, Illustrations-, Graphikaufträge und vieles mehr. Was die Preise für die Gemälde selbst angeht, ist hier und da von deutschen Sammlern zu lesen, die von der Höhe der französischen Preise abgeschreckt wurden; vgl. etwa die Aussagen der Sammler Jenisch und Wagener, Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Das Bild eines Franzosen“. 277 Sfeir-Semmler und Grossmann, die sich intensiv mit den Kunstpreisen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auseinandergesetzt haben, kamen zu dem Schluss, dass detaillierte statistische Analysen für den deutschen Raum kaum möglich sind; vgl. Grossmann 1992, S. 158. Sfeir-Semmler konnte zwar für Frankreich wertvolle Einzelstatistiken aufstellen, doch schließt auch hier der Wechsel der statistischen Kriterien einen Vergleich aus. Das Jahreseinkommen der Künstler setzte sich aus so unterschiedlichen Komponenten zusammen wie Grundgehalt durch ein akademisches Amt, Ehrungen, Preise, soziale Zuwendungen durch den Staat oder durch einen Verein etc. sowie dem tatsächlichen Verkauf der Bilder. Für diese müssen wiederum eine Reihe an Faktoren berücksichtigt werden: die Vorstudien, das Format des Bildes, das Renommee des Künstlers und des Käufers, die für die Erstellung des Werks aufgebrachte Zeit, die Anzahl der auf dem Gemälde abgebildeten Figuren, zeitbedingte politische und gesellschaftliche Einflüsse etc. Dabei schwankten nicht nur die Verkaufspreise der Bilder, sondern auch die Grundgehälter etwa für akademische Ämter in einem Maß, dass allgemeingültige Aussagen schon hier kaum möglich sind. Für einen Vergleich zwischen Frankreich und den deutschen Ländern kommen die unterschiedlichen staatlichen Systeme, Lebenshaltungskosten etc., aber auch die Berechnungen und die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Währungen hinzu (Francs, Taler, Friedrichs d’Or, Louis d’Or, und entsprechend weitere außerhalb Preußens). Die Tatsache, dass bei der Preisbildung der Kunstwerke verbindliche Anhaltspunkte fehlten, wurde schon von den Zeitgenossen beklagt. Eine Aussage von Eduard Steinbrück, der bei Preisverhandlungen speziell der Düsseldorfer Maler eine wichtige Vermittlerrolle einnahm, bekräftigt: „Hier gilt kein Beispiel, keine Regel – der Zufall welcher den Liebhaber herbeiführt entscheidet“; Eduard Steinbrück an Konsul Wagener, Düsseldorf, den 28. Oktober 1836; hier zit. nach Grossmann 1994, S. 137. 278 Vgl. ebd., S. 135–138 und S. 148–158; Sfeir-Semmler 1992, S. 400–440; Rosenthal 1987, S. 61–64.

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in Paris ein Jahreseinkommen von etwa 4000 bis 10.000 Francs (1056–2649 Taler), Prestigeaufträge konnten den Verdienst auf 10.000 bis 15.000 Francs steigern (2650– 6600 Taler).279 Rosenthal spricht von Gemälden kleinerer Dimension etwa von Diaz oder Decamps, die in Ausnahmefällen auf 5000 Francs (1320 Taler) steigen konnten.280 Kleinere Werke von Delacroix kosteten rund 1000 (264 Taler), Meissonier, Roqueplan, Isabey zwischen 1000 und 3000 Francs (264–792 Taler). Die jungen Landschaftsmaler bekamen selten mehr als 2000 Francs (528 Taler) für ein Werk.281 Der durchschnittliche Preis für ein Bild auf der Berliner Ausstellung während der 1830er Jahre lag nach Grossmann bei 240 Talern.282 Auch das waren in bürgerlichen Kreisen immerhin schon ein bis zwei Monatsgehälter, wobei der Künstler nicht selten mehrere Monate an einem Werk saß.283 Grossmann gibt an, dass der Hof während dieser Zeit für anspruchsvolle Werke höchstens 800 Taler zu zahlen bereit war, der Berliner Kunstverein maximal 600 Taler pro Bild ausgab und von Privatpersonen nur einmal mehr als 400 Taler investiert wurde.284 Zu den erfolgreichsten preußischen Künstlern gehörten die Düsseldorfer Maler, die, wie Hildebrandt oder Bendemann, für monumentale Prestigebilder bis zu 1400 Taler fordern konnten.285 Dies blieb jedoch auch hier die Ausnahme. Zudem war die Produktion aufwendiger Großformate mit Risiken verbunden. Denn, wie Wilhelm Schadow dem größten preußischen Privatsammler Wagener erklärte, wurden „große Bilder im Verhältnis geringer als kleine bezahlt [...], weil das Publikum, welches dergleichen verlangt, noch viel kleiner ist“.286 Trotz der verloren gegangenen Geschäftsbücher aus Sachses Institut mögen zudem ein paar wenige Angaben über gemachte Ausgaben einen – wenn auch vagen – Eindruck vermitteln. So hatte Sachse 1835 für die 80 Aquarelle von preußischen Künstlern, die er bestellt und nach Paris mitgeführt hatte, 1800 Taler bezahlt.287 1837 informierte Sachse seinen Financier L’Hermet von Paris aus: „Ich habe von Ihren 6000 1584 Taler, alle Anm. d. V.] erhobenen und 2500 [660 Taler] mitgenommenen Franken 5000 frs. [1320 Taler] Schulden bezahlt (alles, was ich noch zu zahlen hatte, habe ungefähr 3000 279 Für die Umrechungen von Francs in Taler wurde der von Grossmann vorgeschlagene Umrechungsfaktor Francs x 0,264 = Silbertaler zugrunde gelegt; vgl. Grossmann 1994, S. 158. Grossmann zitiert hier die Angaben von Sfeir-Semmler 1992, S. 422–440. 280 Rosenthal 1987, S. 63. 281 Vgl. ebd. 282 Vgl. Grossmann 1994, S. 135. 283 Vgl. ebd.; Grossmann stellt weitere Vergleiche auf. 284 Vgl. ebd., S. 137. 285 Vgl. ebd. Für „Die trauernden Juden“, ein Monumentalgemälde von 183 cm x 280 cm, hatte Bendemann 700 Taler bekommen. Aufgrund des großen Erfolges dieses Bildes forderte er für eine Kopie die gleiche Summe. Ein neues Bild mit lebensgroßen Figuren sollte danach 1400 Taler kosten, bei nur anderthalb Fuß großen Figuren würde er den Preis auf 500 Taler senken. 286 Hier zit. nach Grossmann 1994, S. 138. 287 Vgl. GStA PK HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. x, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1838; vgl. auch Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Die Rückversicherung“.

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frs. [792 Taler] für Bilder ausgegeben, und bringe abgezählt so viel mit, als 1835, wo ich für 12.000 [Francs; 3168 Taler] feste Rechn. kaufte).“288 Ende des Jahres 1838 ließ Sachse beim Kultusministerium noch einmal konkrete Zahlen sprechen, die den Erfolg seiner geschäftlichen Bemühungen unterstreichen. Sachse berichtete, dass er in den vergangenen vier Jahren „grösstentheils preußische Kunstwerke“ für 18.732 Taler nach Russland und für 12.500 Taler „nach den übrigen deutschen Ländern“ ausführte.289 In Frankreich, Belgien und Holland brachte er – nun eindeutig als preußisch bezeichnete – Kunstwerke unter. Während seiner ersten Londonreise, die er in demselben Jahr angetreten hatte, verkaufte er „preußische Arbeiten“ für 2600 Taler.290 Ebenfalls 1838 hatte Sachse den Winterhalter für 10.000 Francs erworben, sprach aber auch davon, dass er „jede 1000 frs mit Zittern ausgebe“.291 Er erhalte „außerdem von Vielen viele Bilder in Commission“.292 In der Handschriftenabteilung der Berliner Staatsbibliothek haben sich aus den Jahren 1834 bis 1862 zudem einige Briefe französischer Künstler an Louis Sachse erhalten.293 Hierin wird erneut Sachses Vermittlerposition zwischen Paris und Berlin deutlich. Die Briefe belegen, dass Sachse von denselben Künstlern sowohl Gemälde als auch Lithographien und Aquarelle erwarb. Nicht selten brauchte Sachse lediglich auf Angebote zu reagieren, die ihm die Künstler nun selbst machten. So versprach Watelet Sachse 1834 „de vous compléter vos cahiers et de remplacer les n° dans l’ordre où ils doivent être“, womit wohl lithographische Alben oder Mappen mit Aquarellen gemeint waren.294 1835 schickte er zwei Leinwände, wie von Sachse gewünscht, an die Berliner Akademie.295 Eugène Balan kündigte 1835 an, „quelques aquarelles dans le genre pittoresque“ zu moderaten Preisen zu schicken.296 Im gleichen Zuge versäumte er nicht, Sachse auf eine zeitgenössische Pariser Modererscheinung aufmerksam zu machen: „En 288 Lab, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis Sachse an Onkel L’Hermet, Paris, den 21. März (wohl 1837). 289 Vgl. GStA PK HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. x, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1838. 290 Vgl. ebd. Das von Sachse bewegte Kapital war bereits beachtlich, zumal es sich „nur“ um „grösstentheils preußische Kunstwerke“ gehandelt haben soll. Dabei ist allerdings weder die Anzahl der ausgeführten Arbeiten bekannt noch wird ganz klar, ob es sich ausschließlich um Gemälde oder vielmehr auch um Aquarelle, Lithographien und Stiche gehandelt hat (was anzunehmen ist). Im Gegenzug ist über den Wert der von Sachse während dieser Jahre eingeführten französischen Arbeiten, bis auf wenige Ausnahmen, kaum etwas Konkretes in Erfahrung zu bringen. 291 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, den 1. April 1838. 292 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse, Paris, den 5. April 1838. Es ist das erste Mal, dass Sachse nicht vom Ankauf der Bilder spricht, sondern die Möglichkeit erwähnt, dieselben in Kommission zu nehmen. 293 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter. 294 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter, Watelet 2 n 1819 (1), Paris, den 28. November 1834. 295 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter, Watelet 2 n 1819 (1), Paris, den 30. Juli 1835. 296 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter, Balan 2 n 1848 (4), Paris 1835.

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ce moment à Paris [...] on vend beaucoup de petites aquarelles faites sur des cartes un peu plus grandes que les cartes de visite. Elles ont une petite bordure aussi en carte toute autour.“297 Diese kleinen aquarellierten Karten seien eine schöne Neujahrsgabe, weshalb er gleich einige seiner Beispiele mitschickte. In einem Brief, den Sachse zwei Jahre später von demselben Künstler erhielt, ging es um einen Gemäldeauftrag, den Balan aus Zeitgründen nicht beenden konnte. Er bot Sachse stattdessen ein bereits fertig gestelltes Bild zum Verkauf an und sandte mehrere Aquarelle „représantant des vues pittoresques d’architecture, paysages, et intérieurs et au moins d’un tableau à l’huile portant 24 pouces sur 24“.298 Letzteres beschrieb er eingehend. Außerdem wollte er wieder einige Lithographien in das Paket legen. Auch Gudin ließ Sachse in demselben Jahr 1837 wissen, dass dieser nur Bescheid zu sagen brauche, wenn er an Lithographien interessiert sei.299 Coignet kündigte 1840 zwei Bilder an, die er in Sachses Auftrag ebenfalls an die Berliner Akademie schicken wollte und hoffte inständig, dass der rege Kontakt mit Sachse aufrechterhalten bliebe.300 Horace Vernet, Eugène Lepoittevin und François Auguste Biard kamen Ende der 1830er Jahre sogar persönlich nach Berlin, um neueste Kunstwerke vorzustellen. Vernet weilte auf seinem Weg nach Russland im Mai 1838 für eine Woche in Berlin. Wie France Nerlich berichtet, führte Humboldt den berühmten französischen Maler durch verschiedene Ateliers der preußischen Landeshauptstadt, es gab mindestens ein Treffen mit Vernets Freund Franz Krüger, der den Franzosen bei dieser Gelegenheit porträtierte. Sachse, der im Februar desselben Jahres Vernets „Sklavenmarkt“ bei sich ausgestellt hatte, profitierte nicht zuletzt von Krügers Bildnis des berühmten Franzosen, das er von Jentzen lithographieren ließ (Abb. 73 und 176).301 Lepoittevin besuchte Berlin im August 1838. Ein mitgeführtes Gemälde sollte auf der Kunstausstellung gezeigt werden, was jedoch aufgrund der verspäteten Ankunft abgelehnt wurde.302 Er traf sich mit Sachse und ließ sich ebenfalls von Franz Krüger porträtieren.303 Zwei erhaltene Briefe bezeugen das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Künstler und dem Händler.304 Der eine der Briefe ist adressiert an seinen „Berliner Schüler“ Hermann Kramer. Lepoittevin hatte drei Gemälde zu Sachse gebracht, von denen er hoffte, dass diese sich gut verkaufen würden. Sein Dank und seine Hoffnungen

297 Vgl. ebd. 298 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter, 2 n 1848 (4), Rouen, den 28. November 1837. Siehe auch Nerlich 2010, S. 119, Anm. 57. 299 Vgl. Stargart-Autographen-Auktion, 13/14 November 2001, n° 503: Gudin. Br. M. U.O.O.u.J. (März 1837). 300 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung, Paris, den 6. November 1840. 301 Vgl. Nerlich 2010, S. 122–124. 302 Vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Gegenwind“. 303 Das Blatt ist bewahrt in der Stiftung Stadtmuseum Berlin, Grafische Sammlung, . 304 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Darmstaedter, 2 n 1836, Köln, den 24. August 1838; Kunstblatt, Nr. 4, 10. Januar 1839, S. 16; außerdem Nerlich 2010, S. 125f.

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gingen ausdrücklich an Sachse: „Je compte sur votre amitié pour l’aider à répandre mon nom dans votre pays.“305 An den Besuch Biards erinnerte sich auch Akademiedirektor Schadow: „Im November [1839] traf hier ein der französische Maler Biard [...]. Der Kunsthändler, Kommerzienrat Herr Sachse, vermogte ihn, uns Künstlern die Studien dieser seiner Reise vorzulegen: sie bestanden in Ansichten jener Küstenstriche und in Portraits besonders von Frauen der Einwohner.306 [Als] ein Mann von unerschütterlicher Leibeskonstitution, war er vielleicht der einzige, fähig dergleichen zu leisten, welches umso bemerkenswerter ist, als er früher bei einem längeren Aufenthalt auf der Küste von Afrika die Negerrasse und das Treiben des Sklavenhandels näher beobachtet hatte, wie die Kunstfreunde sich wohl aus einem Bilde erinnern werden, worin dies meisterhaft und erschütternd dargestellt ist. Sein jüngstes Gemälde, dem jungen Linné bei seinem ersten Meister darstellend, zeigt, wie derselbe auch häusliche und friedliche Szenen mit Innigkeit darzustellen fähig ist.“307 Das erwähnte Bild von Biard, „Das Treiben des Sklavenhandels“ (Abb. 182), hatte Sachse im Februar desselben Jahres zusammen mit dem „Sklavenmarkt“ von Horace Vernet bei sich ausgestellt.308 Sachses wohl etwa gleichzeitiger Auftrag an Karst, ihm einen repräsentativen französischen Briefkopf, einschließlich Vernets berühmten Bild, für seine Pariser Korrespondenzen anzufertigen, setzte seine Position auf dem frühen europäischen Kunstmarkt selbstbewusst ins Bild (Abb. 176 und 177). Nach Sachses Auseinandersetzungen mit der Akademie lässt sich beobachten, dass er seine Anstrengungen weniger auf die Beschickung der offiziellen Ausstellung als auf die Entwicklung eigener, parallel laufender Strategien für die Verbreitung, Vermarktung und den Verkauf von Kunstwerken legte. Der Katalog der Akademieausstellung von 1839 zählt nurmehr 13 französische Künstler mit 22 Werken auf. Wieder dürften alle bis auf Calame, der allein fünf Arbeiten zeigte, von Sachse vermittelt worden sein. Bis auf drei neue Namen – Isidor Maguès, ein Pastellmaler, der in dieser Zeit in Berlin in der Französischen Straße lebte, Jean-Gabriel Prètre, ein Aquarellmaler, der für das Zoologische Museum in Paris naturhistorische Darstellungen anfertigte, und den Genremaler Karl Girardet aus Neufchatel – sind ausschließlich alte Bekannte wiederzutreffen: Giroux, Isabey, Lepoittevin, Mozin, Perrot, Roqueplan, Watelet und Gudin.309 305 Vgl. StABI Berlin, Handschriften-Sammlung Adam, Paris, den 29. Juni 1839. Außerdem Nerlich 2010, S. 125f. 306 Biard reiste 1839 nach Norwegen. Auf der Rückreise besuchte er Berlin und Leipzig. 307 Vgl. Schadow 1849, S. 316f. 308 Die Ausstellung der beiden Bilder wurde angezeigt in Kunstblatt, Nr. 30, 12. April 1838, S. 119. Über den Besuch Biards in Berlin und Leipzig 1839 vgl. Nerlich 2010, S. 167f. 309 Vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1839: Alexander Calame: Nr. 128–132, „Abendlandschaft (Eigenthum des Herrn Godeffroy in Hamburg)“, „Waldesrand (Eigenthum des Herrn Godeffroy in Hamburg)“, „Aussicht von der Handeck im Kanton Bern (Eigenthum des Herrn Godeffroy in Hamburg)“, „Studie“, „Freiburg in der Schweiz“, „Wald in der Umgebung von Genf“; Karl Girardet, aus Neuchatel, in Paris: Nr. 230, „Mittagessen Berner Bauern unter einem Baum“; André Giroux: Nr. 231, „Die Küste der Bretagne mit dem Mont St. Michel in der Ferne“; Théodore Gudin: Nr. 254–255, „Ansicht von Honfleur in der Bretagne“, „Dünen der Bretagne“; Eugène

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Dennoch waren französische und überhaupt ausländische Künstler in Berlin überaus präsent. Schon im Januar 1839 berichtet das Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine von der „reichen Sammlung“, die gegenwärtig bei Sachse zu sehen sei. Neben den Landschaften und Genrebildern „einheimischer Künstler“, darunter Arbeiten von Menzel und Blechen, waren die Franzosen gleichberechtigt vertreten: Außer den „großen, schon bekannten Bildern der Ausstellung von Roqueplan, Mozin, Coignet, Garneray, Perrot“ konnte man bei Sachse „eine reiche Auswahl schöner Werke“ etwa von Alexandre Gabriel Decamps, François Marius Granet, Eugène Balan, Théodore Gudin, Théodore Géricault, François Etienne Villeret, Paul Huet, (François oder Etienne Jean Franklin?) Dubois, Hippolyte Bellangé, Nicolas-Toussaint Charlet, Eugène Isabey, Eugène Lepoittevin, André Giroux, Bertin, Alfred de Dreux studieren.310 Ein „wahres Kleinod“ sei Ary Scheffers „Mutterliebe“, welche „der Künstler für den nächsten Pariser Salon beendigt, vorher aber zur Würdigung hierher geschickt hat“. Von dem „großen Aquarellen-Schatz, den diese Handlung von allen neuen Schulen stets vorräthig hat“, hob das Central-Blatt eine „historische Composition von Paul Delaroche“ hervor, „den Tod des Herzogs von Guise darstellend“.311 Darüber hinaus zeigte Sachse verschiedene Werke flämischer und englischer Künstler, darunter Arbeiten von Georges Cattermole und Richard Parkes Bonington, wie das Kunstblatt anmerkte.312 Isabey: Nr. 386, „Prozession in einer kleinen Stadt“; Eugène Lepoittevin: Nr. 492, „Daroy gerettet und entführt von Redgauntlet (nach Walter Scotts Roman)“; Isidor Maguès, aus Paris, jetzt in Berlin, Französische Straße 23: Nr. 521–522, „Vier Bildnisse in Pastell nach einer neuen Verfahrensart. In einem Rahmen“, „Des Künstlers eigenes Portrait in Pastell, nach der älteren Manier“; Charles Mozin: Nr. 574–576, „Die Kathedrale von Chartres“, „Eine Ufergegend“, „Eine Ansicht von Paris“; Ferdinand Perrot: Nr. 625, „Die Mündung der Seine, im Hintergrund sieht man Le Havre“; Jean-Gabriel Prètre, Paris, Maler beim zoologischen Museum daselbst: Nr. 641–642, „Naturhistorische Darstellungen in Aquarell in einem Rahmen (Privatbesitz)“; Camille Roqueplan: Nr. 714, „Ein Sommerabend (in Besitz des Herrn Magnus)“; Louis Etienne Watelet: Nr. 926, „Herbst“; Nachtrag: Théodore Gudin: Nr. 1263, „Bewegte See“. 310 Vgl. „Ateliers und Kunsthandlungen“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 1, 1. Januar 1839, S. 8. Neben den bereits im Text genannten werden folgende „einheimische“ Künstler bei Sachse erwähnt: „Landschaften“ von Carl Schulz, Wilhelm Krause, Eduard (?) Hildebrandt, Eduard (?) Meyerheim, Heinrich Kaufmann (in Hamburg), zudem von einer ganzen Reihe Düsseldorfer Künstler, u. a. Heinrich Funk, Peter Heinrich Happel, Caspar Scheuren, Becker, Ferdinand Kiessling, sowie viele größere und kleinere Bilder von Carl Blechen „aus seiner besten Zeit“; Genrebilder von Carl Schulz, Theodor Hosemann, Hannstein, Adolph oder Franz Eybel, Adolph Perdisch, Adolph Menzel, Carl (?) Wagner, Behrend (gemeint ist wohl Berendt aus Düsseldorf ), Hermann Kramer, Gustav Schwarz, Wilhelm Nerenz, Friedrich Martersteig, Jakob Fürchtegott (oder Anton) Dielmann, Johann (?) Niemann (in München); Frucht- und Blumenstücke von Otto Völcker, Emil Schartmann, Hoppe, Carl Johann Friedrich Töche, Anton Laurent (?) Castellan (in Rom). 311 Vgl. ebd. 312 Vgl. ebd. Die hier genannten flämische Künstler: Eugène Verboeckhoven, J.B. (?) van Hove, Hendrik Leys, Guernart, Jacobs, Van Ham, Wilhelm Backhuisen, Van den Blyk u. a.; genannte englische Künstler: Prichard, Elisa Sharpe, L. Seyffart, Parker, Walters, Franklin u. a.; vgl. außerdem Anonym: „Berlin, den 5. Mai“, in: Kunstblatt, Nr. 54, 4. Juli 1839, S. 216: „Die Sachsesche

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Deutlich lässt sich die Bewegungsrichtung von Sachses Engagement für den privaten Kunsthandel ablesen. Im Gegensatz zu den „großen“ Bildern bekannter und bereits gewürdigter Meister, die Sachse sowohl auf die Akademieausstellung schickte als auch bei sich ausstellte, gab er Künstlern und Publikum in seinem eigenen Salon gleichsam die Gelegenheit, kleinere Bilder, Studien und Aquarelle bekannter wie progressiver Maler und Zeichner zu studieren und zu erwerben. Augenfällig sind hier sicher die Namen Théodore Géricault und Richard Parkes Bonington, aber auch Paul Huet, Alexandre Decamps, Nicolas-Toussaint Charlet, François Marius Granet, Eugène Isabey und andere schufen gerade in ihren Studien und Aquarellen überaus bemerkenswerte, akademische Konventionen weit hinter sich lassende Kompositionen. Von Mitte Juni bis Mitte Juli erreichten Sachse noch einmal vier Sendungen mit französischen Werken. Die Berlinischen Nachrichten berichteten am ausführlichsten. Sie benannten 21 französische Genrebilder und 18 französische Landschaften, die diesen Sommer in Sachses Salon zu sehen waren, zwei Studienköpfe wurden zudem besprochen und zwei Aquarelle.313 Außerdem fanden vier niederländische oder belgische Kunsthandlung erhält dieser Tage abermals eine kleine, aber ausgesuchte Sammlung von Aquarellen aus Paris, in der sich besonders Charlet´s Stücke auszeichnen. Auch von Decamps, Cattermole und Bonnington sind ausgezeichnete Bilder darunter“. 313 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 6, Zeitungsausschnitte aus den Berlinischen Nachrichten vom Juni und Juli 1839. Folgende Künstler und Werke werden hier bei Sachse erwähnt: Genredarstellungen von Hippolyte Bellangé: „L’œil du maitre“ („Napoleon, der von einem Führer, ein spanischer Bauer, geleitet, von einer Höhe herab, mit dem Fernglase in das Thal schaut“); Auguste Biard: „Ein junger Grieche, seinen verwundeten Vater verteidigend (Skizze)“; „Der spaziergehende Bürger, vor dessen Decoration der Ehrenlegion, der Soldat das Gewehr anzieht, ein höchst launiges Bild“; Alexandre Debacq: „Die Kindheit Montaignes“; Paul Delaroche: „Bernhard Palissy“; Eugène Devéria: „Le présage“ („eine Schiffer-Familie, die am Strande versammelt, aus dem Treiben eines, mit einer Kerze besteckten, Schiffchens das Schicksal eines Anwesenden zu deuten sucht“); „Les fouberies de Scapin“ („eine Familie, die am Meeresufer auf das bewegte Element erwartungsvoll hinausschaut“); Robert Fleury: „Die Schülerin“ („ein junges Mädchen, mit einem Buch in der Hand, das einfach kindlich aus dem Bild hinausschaut“); Pierre Duval Lecamus: „Der Abschied eines Fischerknaben von seiner Mutter“; François Grenier: „Leierkastenmann“; Charlemagne Oscar Guet: „Die Traube“ („ein Bernisches Bauernmädchen, das eine Traube zwei vor ihr stehenden Kindern hinhält“); „Das Tor von Ulm“ (Architekturbild); Claudius Jaquand: „Les onchets“ („drei Knaben, die an einem Tische sitzend das bekannte Pariser Kinderspiel spielen“); „Ein alter Landstreicher besucht einen Domherrn“; Madou: „Zwei Genre-Stücke“; Massé: „Betende Italienerinnen“; Ramelet: „Der Dorfgalan“; Jean Victor Schnetz: „Le sommeil“ („eine Bäuerin aus der römischen Campagne, die vor einer Votivtafel mit einem Muttergottesschildchen eingeschlafen ist“); Julien Vallou de Villeneuve: „Ein Schweizermädchen“; „Genrebild“; Franz Xaver Winterhalter: „Zwei italienische Mädchen in einer italienischen Landschaft“. Landschaftsdarstellungen von Alexandre Calame: „Das Thor von Bern“; Jules Coignet: „Ein Sonnenuntergang“; Auguste Delacroix: „Das Innere eines Fischerhauses in Boulogne“; Hippolyte Garneray: „Das Innere eines, reich mit Antiken, Rüstungen und anderen Kunstarbeiten geschmückten, altfranzösischen oder flamändischen Zimmers“; Giglio: „Das Innere des Domes von Mailand“; André Giroux: „Der Bach“ (Landschaft); Julien Michel Gué: „Landschaftliches Architekturbild“; (Jean-Baptist oder Victor?) Hubert: „Meisterhafte Landschaft“; Eugène Isabey: „Fischerhaus“;

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Künstler mit Landschaften Erwähnung sowie eine englische Landschaft.314 Die mahnenden Worte der Akademie über den (an der klassischen Gattungshierarchie orientierten) mangelnden „Kunstwert“ der von Sachse vermittelten Kunstwerke – seine Einlieferungsliste von 1838 habe „manches Mittelmäßige, ja Unbedeutende“ enthalten, selbst „unter den guten und besten Gemälden“ würde sich kein einziges befinden, „was die Bemerkung eines klassischen Kunstwerkes verdient hätte“315 – scheinen Sachse zwar in seinem Verhalten der obersten Kunstbehörde gegenüber, nicht aber darüber hinaus beeindruckt zu haben. Ganz im Gegenteil setzte Sachse seine eigenen Aktivitäten von nun an in unabhängigen Unternehmungen umso konsequenter um. So erkannte Sachse in den weit verstreuten Kunstvereinen die überaus wertvolle Möglichkeit für eine vom Salon weitgehend unabhängige Verbreitung der Werke bis in die Provinzen und die Erschließung eines weiteren Marktes. Schon 1834 hatten sich die ersten preußischen Vereine zu zwei Ausstellungszyklen zusammengetan, denen sich nach und nach folgende Städte anschlossen: In den ungeraden Jahren reisten die Bilder in einem östlichen Zyklus nach Königsberg, Stettin, Breslau, Posen und Danzig, wo sie jeweils eine zeitlang präsentiert wurden. In den geraden Jahren gingen sie in einem westlichen Zyklus nach Magdeburg, Halberstadt, Halle, Braunschweig, Kassel, Münster und Hannover.316Aus dem von seinem Freund und Geschäftskollegen George Gropius ab 1839 (!) herausgegebenen Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine ist Sachses Engagement in den preußischen Kunstvereinen deutlich zu vernehmen. In der Ausgabe vom 1. April 1839 wurde „als das zweckdienlichste Mittel, zu schlechte Gemälde von den Ausstellungen abzuweisen“, für den Zyklus der östlichen Vereine eine Sachverständigenkommission bestehend aus den Herren G. Gropius, Professor Mauch und L. Sachse in Berlin angekündigt, die die zur Verschickung bestimmten Werke vorab einer „Revision“ unterziehen sollen.317 Im Juni nutzte der Verein in Posen das Central-Blatt für die Mitteilung, dass in Berlin L. Sachse die Anmeldungen und Beförderung der Werke über-

Kellin: „Das Innere eines Hofes eines Hotels in Sens“; Mansson: „Das Innere der Kirche von St. Vincent in Rouen“; Camille Roqueplan: „Le pont de l’écluse“ (Landschaft); „Abendlandschaft“; „Fischerkinder“ („mit sehr hübschem Hintergrunde“); Ary Scheffer: „Die Kathedrale von Soissons“; François Etienne Villeret: „Ansicht der Madeleine-Kirche in Paris“, „Ansicht der Umgebung von Bougival (Seine und Oise)“. Sonstige: Charpentier: „Studienkopf“; Paul Gavarni, „Aquarell: hübsche Skizze“; Ledoux: „Aquarell, Titelblatt für ein Album“; Guillaume Lepaulle: „Frauenkopf“. 314 Vgl. ebd.; genannt werden Lauters: „Schneelandschaften“; de Keyser: „Skizze zu einem großen historischen Bild“; Ruyen: „Geistreiche Zeichnung“; van Hove: „Das Innere eines Hauses mit einer großen Prachttreppe“; Bernard: „Eine Ansicht von Folkstone“ (England). 315 Vgl. GStA PK, HA Rep. 76 Ve. Sek. 17. Abt. X, Nr.1, Bd. 4, Bl. 208–211, Kultusministerium an Louis F. Sachse, Berlin, den 29. Juni 1839. 316 Über das „Netz der Vereine in Preußen“ vgl. Grossmann 1994, S. 107–110, hier S. 108. 317 Vgl. „Zweiter Bericht über die Wirksamkeit des Magdeburgischen Kunstvereins“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 4, 1. April 1839.

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nehme.318 Im Juli bedankte sich der Verein zu Halberstadt bei Sachse, Bendemann und Rauch sowie bei Löbbecke in Braunschweig und bei Speck zu Sternburg in Leipzig für die Güte, ihre Ausstellung mit Schätzen aus ihren Sammlungen bereichert zu haben.319 Im November zeigte Puhlmann für den Kunstverein in Potsdam an, dass Sachse als Nachfolger von Julius Kuhr die Berliner Geschäftsführung übernommen habe.320 Am 1. März 1840 gab der Schlesische Kunstverein die Annahme von Sachses Antrag bekannt, „demselben seine vorzüglichen Kunstsachen aus den neuern französischen, niederländischen und holländischen Schulen, unter der Bedingung für die Ausstellungen anzuvertrauen“.321 Am 1. Mai 1840 informierte der Kunstverein zu Triest darüber, Sachse zum „Agenten und Correspondenten für Norddeutschland“ gewählt zu haben.322 Am 1. Juni erfolgte erneut ein Dank an Sachse für „mehrere vorzügliche Gemälde Französischer, Holländischer und Belgischer Meister“, diesmal vom Kunstverein für Pommern zu Stettin.323 Am 1. Juni 1841, und damit soll diese kleine Aufzählung enden, stellte der 318 Vgl. „Kunst-Verein in Posen“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 6, 1. Juni 1839, S. 19: „Die Einsendung muß bis zum 15. Juni c. und – wenn sie an unsere auswärtigen Agenten geschieht – verhältnismäßig früher geschehen. In Berlin werden die Herren Kunsthändler L. Sachse und Kastellan Rietz, in München Herr Farbenbereiter Frisch, in Dresden Herr Ober-Steuer-Kanzelist Weinberger, und in Düsseldorf Herr Professor und Inspektor Wintergerst Anmeldungen und Beförderungen an uns übernehmen.“ 319 Vgl. „Bericht über die Wirksamkeit des Kunst-Vereins zu Halberstadt in den Jahren 1837 und 1838 und die Beschlüsse bis einschließlich der am 17. März 1839 gehaltenen General-Versammlung“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 7, 1. Juli 1839, S. 57: „Auch den Privatbesitzern, welche aus reinem Kunstsinne und Liberalität unsere Ausstellungen mit Schätzen aus ihren Sammlungen geziert haben, namentlich dem Herrn Rentier Bendemann, Professor Rauch und L. Sachse in Berlin, wie dem Herrn Banquier Löbbecke zu Braunschweig und dem Herrn Baron M. v. Speck-Sternburg zu Leipzig, danken wir öffentlich für ihre Güte.“ 320 Vgl. „Kunst-Verein zu Potsdam (Auszug aus den so eben erschienenen Verhandlungen)“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 11, 1. November 1839, S. 99: „Die Geschäftsführung des Vereins in Berlin hat Herr Kunsthändler Sachse gefälligst übernommen; dem bisherigen Geschäftsführer, Herrn Kunsthändler Kuhr, sagen wir unseren Dank für die vielfachen Bemühungen. Gez., Dr. Puhlmann, den 21. Juli 1839.“ 321 Vgl. „Verhandlung des schlesischen Kunst-Vereins bei seiner vierten Versammlung am 14. December 1839. Bericht-Erstattung des Sekretärs des Vereins Medizinal-Raths Dr. Ebers“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 3, 1. März 1840, S. 24: „Als nun der Kunsthändler Herr Sachse in Berlin unserem Vereine den Antrag machte, demselben seine vorzüglichen Kunstsachen aus den neuern französischen, niederländischen und holländischen Schulen, unter der Bedingung für die Ausstellungen anzuvertrauen, dass wenigstens eines dieser Gemälde von jedem der Vereine angekauft würde, so entschloss sich der Verwaltungs-Ausschuss unbedenklich dazu, diese Bedingung zu erfüllen, um so unseren Landsleuten den seltenen und sonst schwer zu erreichenden Genuss zu verschaffen, dasjenige zu sehen und kennen zu lernen, was das Ausland [bricht ab, d. V.]“. 322 Vgl. „Kunstverein in Triest“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 5, 1. Mai 1840, S. 41. Für Wien wurde der Kunsthändler H. F. Müller gewählt. 323 Vgl. „Auszug aus dem dritten General-Bericht über die Wirksamkeit des Kunstvereins für Pommern zu Stettin während der Zeit vom 4. Oktober 1837 bis 1839“, in: Central-Blatt der deut-

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Kunstverein in Magdeburg zufrieden fest, dass es „bei der großen Bereitwilligkeit, mit der uns Herr Sachse in Berlin mehrere vorzügliche Bilder aus seinem Lager übersandte“, nunmehr „keineswegs an Stoff zu mehrmaligem Wechsel bei einer sechswöchigen Ausstellung“ fehlte, ja, es seien „fast alle Schulen und Richtungen in der Kunst repräsentirt, wogegen die Zahl der unter der Mittelmäßigkeit gebliebenen Leistungen und der Versuche von Anfängern [...] durch die in Berlin und an anderen Sammelörtern zur Ausschließung unwürdiger Bilder gebildeten Commissionen kleiner war als sonst“.324 Pariser Kunsthändler

„Le commerce remplace pour les artistes le patronage des princes et des grands seigneurs“, schrieb das noch junge Pariser Kunstmagazin L’Artiste 1835 – und verband diese Festellung mit einem Appell. Die Künstler sollten den modernen Kunsthandel als ein Zeichen der Zeit erkennen und endlich für sich nutzen: „Il y aurait mauvaise grâce à résister à l’esprit de son temps. Tout est aujourd’hui matière à commerce.“325 Offenbar war die zunehmende Kommerzialisierung von Kunst Thema in den Pariser Künstlerkreisen. Wie in dem Artikel angesprochen wird, hatte es negative Stimmen gegeben, die den „commerce d’objets d’art“ ablehnten. Die Künstler warfen den Händlern vor, nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein. Der unbekannte Autor nahm diese Vorwürfe auf und argumentierte entschieden dagegen. Schließlich arbeiteten die Händler auch für die Künstler, so die hier vertretene Überzeugung.326 Die Auslagen in den Geschäften etwa von Giroux, Susse und Durand-Ruel boten wertvolle Ausstellungsmöglichkeiten und es sei weder eine schlechte Platzierung noch eine ungerechte Kritik wie im Salon zu befürchten.327 Jede Neueröffnung einer Kunsthandlung sollte willkommen geheißen werden, denn eine verstärkte Rivalität zwischen den Häusern käme dem Profit des Künstlers nur zugute. Das Maison Giroux habe lange nahezu allein dagestanden. Jetzt, 1835, spreche man auch von Susse, von Durand-Ruel und anderen.328 schen Kunst-Vereine, Nr. 6, 1. Juni 1840, S. 46. 324 Vgl. „Dritter Bericht über die Wirksamkeit des Magdeburgischen Kunstvereins1839 und 1840“, in: Central-Blatt der deutschen Kunst-Vereine, Nr. 6, 1. Juni 1841, S. 37. 325 Vgl. Anonym, „Du commerce d’objets d’art“, in: L’Artiste 1835, Bd. 10, S. 236–238, hier S. 237. 326 Vgl. ebd., S. 237f.: „Pourquoi dédaignereient-ils ces marchands qui, voulant faire leur propre fortune, par occasion travaillent aussi à la leur. D’artistes à marchands, les manières dédaigneuses seraient ridicules. Au lieu de s’observer en ennemis, ils doivent s’entendre en amis, faire cause commune, non pas contre le public, mais pour lui donner si bien le goût de la peinture que ce goût devienne un de ses besoins. Plus d’un artiste, se reportant au temps de ses débuts, peut se rappeler que le premier marchand qui vint lui commander un tableau fit faire ce jour-là un grand pas à sa réputation.“ 327 Vgl. ebd. 328 Vgl. ebd., S. 238: „Quand la maison Giroux était presque la seule à citer pour ses collections, les chances de fortune et de réputation nétaient pas communes pour les peintres; elles le sont plus aujourd’hui qu’on entend parler de la maison de M. Susse, de la maison de M. Durand-Ruel, et

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Händler aktueller Kunst wurden in Paris etwa ab Mitte der 1820er Jahre als neue Berufsgruppe wahrgenommen.329 Die Kunsthandlung von Alphonse Giroux („Giroux père“, wie Sachse ihn nennt) war eines der frühesten Geschäfte im 19. Jahrhundert, das sich als veritable Galerie präsentierte.330 Giroux, selbst ein Schüler von David, hatte schon 1801 ein erstes Lokal eröffnet.331 Er war zunächst Händler von Künstlerbedarf und betätigte sich erfolgreich als Restaurator. Mit der Zeit kaufte er nicht nur Zeichnungen, Aquarelle und Drucke an, sondern auch Gemälde, die er ebenso bei sich ausstellte wie Spielzeug, Neujahrsgeschenke, Lederwaren und vieles mehr.332 Alphonse Giroux, um 1775 geboren, stand noch in der Tradition eines „peintre-marchand“, wie er bereits

d’autres encore. Parmi ces spéculateurs, les derniers arrivés ne sont pas ceux qui rendent les moindres services aux arts; ils sont surtout vu empressé de seconder les talents qui avaient peine à se faire connaître, et à tâter pour eux le goût des amateurs. Ils ont, grâce à lui, à cette heure, un beau magasin de plus dans Paris ouvert à leurs débuts. Aussi croyons-nous, quand nous souhaitons, en terminant, toute sorte de développement et de prospérité au commerce des tableaux et des dessins, que l’art et les artistes peuvent prendre une bonne partie de notre souhait pour eux-mêmes.“ 329 Philippe Burty war einer der ersten, der in dem von ihm herausgegebenen „Paris Guide“ von 1867 eine kurze Abhandlung über die Geschichte des „Commerce des tableaux“ verfasste. Dabei machte schon Burty einleitend darauf aufmerksam, dass der Handel mit alten und der mit neuen Gemälden zwei gänzlich voneinander zu unterscheidende Kategorien ausmachten. Im Gegensatz zu Ersterem sei der Handel mit modernen Bildern noch recht jungen Ursprungs, was mit dem erfolgreichen Auftreten der „école romantique“ gegen 1825 zusammenzubringen sei. Künstler wie Géricault, Bonington, Delacroix, Scheffer oder Decamps „eurent ouvert une voie nouvelle et repris la tradition du bien peindre“; vgl. Burty 1867, S. 959–961. Vgl. auch Lethève 1968, S. 156; Green 1990, S. 25–28 und Miquel 1987, S. 332. Es kann hier nicht auf die Geschichte des Kunsthandels von seinen Anfängen bis ins 19. Jahrhundert eingegangen werden. Es existierten auch in früheren Zeiten ein Kunstmarkt und eine ganze Reihe von Kunsthändlern, die aber in der Regel kein eigenes Geschäft besaßen, sondern mehr als Vermittler und Agenten auftraten. Standen Ladenräume zur Verfügung, waren Gemälde und Graphik meist nur ein Teil eines größeren Sortiments, das von Kandelabern, Kristallleuchtern, Uhren bis hin zu dekorativen Einrichtungs- und Luxusgegenständen reichen konnte. Vor allem aber wurde vorwiegend mit alter Kunst gehandelt. Die Künstler selbst arbeiteten im Auftrag und/oder verkauften direkt aus ihren Ateliers. Selbstverständlich gab es Ausnahmen, auf die aber hier nicht näher eingegangen werden kann. Zum Kunsthandel vor 1800 sei daher verwiesen auf Warnke 1996; Preti-Hamard/Sénéchal 2005; Waldcak 2011 und 2006; Miquel 1967, S. 325–332. 330 Zur Kunsthandlung Alphonse Giroux vgl. Anhang 2. Giroux war jedoch nicht die einzige privat geführte Verkaufsgalerie. Die Galerie Lebrun in der Rue de Cros Chenet hatte bereits zwischen 1827 und 1829 Ausstellungen mit nahezu 100 Gemälden organisiert. Das Musée Colbert in der Rue Vivienne löste zwischen 1828 und 1834 teilweise den Louvre ab. Sachse erwähnt diese beiden wichtigen Einrichtungen jedoch nicht und es kann hier deshalb auch nicht näher darauf eingegangen werden; vgl. hierzu Miquel 1987, S. 339 u. a. 331 Vgl. Anhang 2. 332 Vgl. ebd. So war es auch Giroux, der – wie berichtet werden konnte – nicht nur Daguerres Lichtbilder, sondern auch die ersten Kameras für denselben herstellte und den europaweiten Vertrieb übernahm; vgl. Kapitel III.2.b, „Die ersten Pariser Kameras“. Über die Künstler, die sowohl für Daguerres Diorama arbeiteten als auch bei Giroux ausstellten, siehe Witeley 1983, S. 67f.

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im 18. Jahrhundert bekannt war.333 Neben alten Meistern erwarb Giroux zunehmend moderne Kunstwerke, wobei er aber zunächst weniger an den Verkauf als vielmehr an das Verleihen der Arbeiten dachte.334 Wohl Mitte der 1820er Jahre stieg der Sohn André Giroux mit in das Geschäft ein. Erst von diesem Zeitpunkt an ist vermehrt auch von Bilderverkäufen die Rede.335 Paul Durand-Ruel (Abb. 186), der als Kunsthändler der Impressionisten bekannt wurde, erinnerte sich in ähnlicher Weise an die Anfänge des väterlichen Geschäfts. Auch in dem Farbengeschäft seines Vaters, Jean-Marie Fortuné Durand-Ruel, wurden Gemälde noch in den 1830er Jahren lieber geliehen als gekauft: „Si on vendait peu de tableaux, on en louait pas mal. On les louait cinq francs par mois, dix francs, davantage quand il s’agissait d’un artiste en vogue.“336 Philippe Burty, der im „Paris Guide“ von 1867 eine kurze Abhandlung über die Geschichte des „commerce des tableaux“ verfasste, ging ebenfalls auf dieses Phänomen ein. Es seien Besitzer von Papeterien und Händler für Malzubehör wie Giroux, Susse, Binant, Berville u. a. gewesen, die Aquarelle, Zeichnungen, Skizzen, aber auch Gemälde von den Künstlern annahmen und zu moderaten Preisen entweder weiterverkauften – oder eben verliehen.337 Jean-Marie-Fortuné Durand-Ruel war Besitzer einer Papeterie und Händler von Malzubehör (Abb. 183 und 184), ebenso wie Adolphe Binant, Jules Berville, Armand-Auguste Deforge oder E. Picart.338 Smirnoff Simon Souty war eigentlich Rahmenhändler und Vergolder, die Brüder Susse Kunstschmiede und später Besitzer einer eigenen Gießerei.339 Sie alle nahmen aktuelle Kunstwerke, meist kleinformatige Land333 Vgl. Whiteley 1983, S. 66. 334 Vgl. Roth-Meyer 2006. Über das Verleihen von Kunstwerken siehe auch Miquel 1987, S. 337– 339. 335 Vgl. Roth-Meyer 2006, S. 60 und Anhang 2. 336 Paul Durand-Ruel machte dazu eine interessante Bemerkung: „On mettait des tableaux en pension dans les familles... Les jeunes femmes de la bonne bourgeoisie n’avaient pas de vie mondaine: elles jouaient de la harpe, faisaient de la tapisserie; elles peignaient aussi. Comme elles n’étaient pas ambitieuses d’inventer, elles copiaient. Pour copier, il leur fallait bien un modèle: nous le leur louions. Et aujourd’hui encore on a la surprise de trouver, dans les milieux vieux-bourgeois, tel tableau romantique connu, sans signature: ce n’est pas l’original et ce n’est pas une réplique, – c’est une copie que peignit avec scrupule une jeune fille d’alors“; Paul Durand-Ruel, zit. nach Fénéon 1970, S. 348. Das zeitlich begrenzte Ausleihen von Gemälden war noch lange ein wichtiger Teil der Tätigkeit eines Kunsthändlers. Während ein Gemälde auf einen Käufer wartete, konnte es aus verschiedenen Gründen ausgeliehen werden. Die unterschiedlichsten Menschen, vor allem Frauen, aus ganz Frankreich „clamored for these originals, and ordered at the same time new canvas streched to the same dimensions as the renting painting“. Die häufigsten Gründe, ein Gemälde auszuleihen, waren, es zu kopieren, sich mit einem Meisterwerk zu schmücken oder aber auch es für Bildungszwecke zu nutzen. Außerdem liehen Händler Gemälde an andere, meist provinzielle oder ausländische Ausstellungen; vgl. d’Argencourt 1985, S. 102 und Lethève 1968, S. 156f. 337 Vgl. ebd. Zu den genannten Händlern siehe Anhang 2. 338 Zu Durand-Ruel, Picart und Deforge siehe Anhang 2. 339 Zu Souty und Susse siehe Anhang 2.

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schaften und Genrebilder, bei sich auf und stellten sie zusammen mit dem eigentlichen Sortiment rund um Künstlerbedarf und dekorative Wohnartikel in ihren Geschäftsräumen aus.340 Bald tauchten sie als die Eigentümer einzelner Gemälde in den Salonkatalogen auf.341 Diese „neuen“ Händler spielten im Kunstsystem der Juli-Monarchie eine zunehmend sichtbare Rolle, auch wenn ihre Zahl zunächst noch begrenzt blieb. Paul Durand-Ruel schrieb hierzu: „Du reste, les amateurs étaient en petit nombre, et rares les marchands. Pour un trafic si peu lucratif, il n’y avait à Paris, outre la nôtre, que trois maisons: Alphonse Giroux, boulevard de la Madelaine; Susse, place de la Bourse, Binant, rue de Cléry. Encore la peinture n’avait-elle chez eux qu’une place sacrifiée: le premier exhibait surtout bibelots de luxe, objets pour étrennes; le second était fondeur; le troisième fabricant de châssis et de chevalets.“342 Dass ein Händler in jenen Jahren mit dem Bilderverkauf allein noch kaum ein Geschäft machen konnte, bestätigte auch Tabarant.343 Eine Ausnahme seien ebendiese „wenigen Geschäfte mit buntgemischtem Angebot, wo die Papierhandlung in den Verkauf von Lithographien übergeht, darunter vielleicht auch das ein oder andere religiöse Objekt, Hinstellsachen des Bazars und sicherlich ein gewisses Sortiment an Gemälden“.344 Doch, wie auch Tabarant noch einmal ausdrücklich anmerkte, waren es zunächst „keinesfalls Gemälde zum Verkaufen. Nein, einzig zum Verleihen“.345 Tatsächlich wurden Gemälde und Aquarelle schon in den 1830er Jahren von Händlern nicht mehr nur verliehen, sondern auch verkauft, wie in dem vorangegangenen Kapitel bereits angeklungen ist. Aber Tabarant machte noch eine andere wichtige Beobachtung. Neben den Händlern für Künstlerbedarf waren es bald auch Graphikhändler, Verleger und Besitzer lithographischer Institute, die über den Vertrieb von Kunstblättern hinaus nach und nach Gemälde in ihr Programm mit aufnahmen. Ein frühes und gleichzeitig herausragendes Beispiel ist das Maison Goupil (Abb. 188 bis 190).346 Der Kunstverlag am Boulevard Montmartre, bis 1840 unter der gemeinsamen Leitung von Adolphe Goupil und Henri Rittner, war durch die Herausgabe hochwertiger Lithographien und Kupferstiche schnell außerordentlich erfolgreich geworden.347 Spätestens 340 Vgl. ebd. 341 Vgl. Whiteley 1983, S. 73. 342 Paul Durand-Ruel, zit. nach Fénéon 1970, S. 348. Weiter heißt es: „En ce temps lointains, les gens de ma profession n’avaient pas de vendeurs, des archivistes, des caissiers, des scribes. Ils tenaient leur boutique ouvert de sept heures du matin à dix heures et demie ou onze heures du soir, et leur seul collaborateur, le garcon de magasin, se jujait convenablement rétribué quand, à la fin de chaque journée de travail, on lui mettait trois francs dans la main“; vgl. ebd., S. 349. 343 Vgl. Tabarant 1863/1942, S. 12–14. 344 Vgl. ebd.; hier zit. nach Sfeir-Semmler 1992, S. 188. 345 Vgl. ebd. 346 Vgl. Anhang 2. Bis 1840, dem Todesjahr Rittners, lief die Firma unter dem offiziellen Namen Rittner und Goupil, seit Mitte der 1840er Jahre durch entsprechend neue Partnerschaften unter Goupil, Vibert & Co., seit 1856 nur noch unter Goupil & Cie. 347 Insbesondere die qualitätvollen Reproduktionen nach Gemälden alter Meister sowie angesehener zeitgenössischer Künstler wie Horace Vernet, Paul Delaroche, Léopold Robert, Franz Xaver Win-

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Mitte der 1840er Jahre fing das Maison Goupil damit an, nicht mehr nur Reproduktionen zeitgenössischer Kunstwerke, sondern auch die Originale selbst anzubieten. Lafont-Couturier und Whiteley wiesen darauf hin, dass die Graphikverleger zunächst vor allem an den Reproduktionsrechten für die Kunstwerke interessiert waren.348 Für die Übersetzung in Druckgraphik wurden Künstler beauftragt, Zeichnungen nach den zu reproduzierenden Gemälden anzufertigen. Bald wurden nicht nur die graphischen Blätter, sondern auch die vorbereitenden Zeichnungen verkauft.349 Der bereits erwähnte Philippe Burty will zu berichten wissen, dass der Kupferstecher Jazet durch den Erfolg seiner „spirituelles aquatintes“ nach Gemälden von Horace Vernet den Verleger Goupil dazu angeregt hatte, auch die Originale selbst anzukaufen: „Telle est l’origine de cette galerie [...]. C’est là qu’ont été vues presque toute l’œuvre de Paul Delaroche et les meilleures toiles que M. Gérôme, particulièrement ait peintes dans ces dernières années.“350 Burty sprach 1867 bereits von einem „musée Goupil“, das immer geöffnet habe, „plein d’intérêt et souvent renouvelé“.351 Und er sprach davon, dass Goupil in Paris der erste Händler gewesen sei, der bereits vor 1848 ein Magazin präsentierte, dass allein auf moderne Gemälde spezialisiert war – was aber, etwa in Hinblick auf den Gemäldesalon von Durand-Ruel, so nicht aufrechtzuerhalten ist (Abb. 190 und 191).352 terhalter oder Ary Scheffer wurden über die Grenzen Frankreichs hinaus berühmt und zum Teil hoch gehandelt, vgl. auch Kapitel II.3.b, „Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Pariser Poesie und Leipziger Prosa“. 348 Vgl. ebd. Whiteley verwies auf ein entsprechendes Gesetz vom 19. Juli 1793 und auf einen Artikel über die Diskussion von Reproduktionsrechten im Bulletin de l’Alliance des Arts, Juni 1842, S. 7; vgl. Whiteley 2000, Anm. 25. Lafont-Couturier beschrieb die Schwierigkeiten von Eigentums- und Reproduktionsrechten, die während dieser Zeit noch nicht allgemeingültig festgelegt waren. So ist bei Goupil zu beobachten, dass er ganz unterschiedliche Verträge mit den Künstlern abschloss. Ary Scheffer und Horace Vernet hatten mit dem Maison Goupil vereinbart: „[L] e droit de réproduction fait partie des avantages et accessoires d’un tableau, si donc l’artiste en vendant son œuvre ne se l’est pas réservé, il a transmis à l’acquéreur en même temps que l’œuvre dont il s’est dessaisi“; vgl. Lafont-Courturier 1996, S. 62. Ary Scheffer, Horace Vernet und Paul Delaroche hatten offenbar Spezialverträge ausgehandelt, wie die Zusatzbemerkung „dossier spécial“ nahelegt. Es scheint, dass die Exklusivrechte für Reproduktionen hier an bestimmte Stecher gebunden waren: Jazet für Horace Vernet, Jules François oder Henriquel Dupont für Paul Delaroche; vgl. ebd. Im Normalfall reservierte Goupil sich die entsprechenden Rechte, bevor er ein Werk reproduzieren ließ. Diese Rechte gehörten dem jeweiligen Besitzer des Werkes. Bei Goupil ist jedoch zu beobachten, dass er auch Exklusivverträge mit Künstlern schloss, die für ihn arbeiteten. Hier traten vorwiegend zwei Varianten auf. Entweder der Künstler erklärte sich damit einverstanden, die Reproduktionsrechte für seine Kompositionen, Gemälde und Zeichnungen immer erst Goupil anzubieten. Mit der zweiten Variante sicherte sich Goupil den Zugriff auf die gesamte künstlerische Produktion eines Künstlers; vgl. ebd., S. 62f. 349 Vgl. ebd., S. 60. 350 Vgl. Burty 1867, S. 961; zit. auch bei Lafont-Courturier 1996, S. 62. 351 Vgl. ebd. 352 Vgl. ebd. Burtys Aussage ist einzuschränken. Auch Durand-Ruel präsentierte spätestens seit 1843 einen separaten Gemäldesalon aktueller Künstler. Mag sein, dass Goupils mächtiger Kunstapparat den Zeitgenossen am eindrucksvollsten vor Augen stand und die zweifelsohne sehr frühe Ein-

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Wann genau Goupil sich dazu entschieden hatte, ein eigenes Magazin mit Gemälden aufzubauen, lässt sich heute nicht mehr eindeutig nachvollziehen.353 Goupils Geschäftsbücher dokumentierten seit 1846 den Ankauf von Gemälden und Zeichnungen. Dabei tauchen fast alle Künstler, die mit Gemälden in dem ältesten erhaltenen Geschäftsbuch für die Jahre 1846 bis 1861 gelistet sind, auch in den Katalogen der von Goupil herausgegebenen Kupferstiche und Lithographien auf.354 Denn weniger der Verkauf der originalen Leinwände als vielmehr der Verkauf der Reproduktionen blieb für den Verleger noch lange die vorrangige, weil monetär lukrativere Seite des Bildergeschäfts.355 Dass Anfang der 1840er Jahre die Kupferstiche und Lithographien, wohl aber noch keine ausgestellten Gemälde die Passanten in Goupils Geschäftslokal lockten, legt nicht zuletzt eine Beschreibung Heinrich Heines nahe: „[...] als echte Flaneurs wollen wir auf dem Boulevard Montmartre vor einem Bilde stehen bleiben, das dort die Herren Goupil und Rittner ausgestellt haben, und das gleichsam als der Kupferstich-Löwe der Saison alle Blicke auf sich zieht. Es verdient in der Tat diese allgemeine Aufmerksamkeit: es sind die Fischer von Léopold Robert, die dieser Kupferstich darstellt. Seit Jahr und Tag erwartete man denselben, und er ist gewiß eine köstliche Weihnachtsgabe für das große Publikum, dem das Ölbild unbekannt geblieben“ (Abb. 189).356 Sachses Reisetagebuch, die erhaltenen Korrespondenzen und gemeinsam verlegten Kunstblätter belegen, dass der Berliner spätestens seit 1831 mit Adolphe Goupil in geschäftlichen Kontakt stand.357 Der Pariser Händler wurde zu einem wichtigen Geschäftspartner, mit dem er einen lebenslangen und äußerst regen Austausch pflegte.358 Eine ganze Reihe derjenigen Künstler, die von Goupil vertreten wurden, tauchen auch im Verlag oder im Salon von Sachse auf. Auch Sachse bot hochwertige Reproduktionen moderner französischer und deutscher Gemälde an. Dabei ist es jedoch nicht so gewesen, dass Sachse erst nachdem er den gemeinsamen Verkauf von Reproduktionen und originalen Leinwänden bei Goupil beobachten konnte, auch selbst Gemälde in sein richtung einer Gemäldegalerie mit Werken der gefeierten Salonmaler ihre Wirkung nicht verfehlt hatte; vgl. Goupil und Durand-Ruel in Anhang 2. 353 Vgl. Linda Whiteley 2000, S. 75–81, hier S. 79 und Lafont-Couturier 1996, S. 60–63. 354 Es handelt sich überwiegend um gefeierte Salon-Maler wie Constant Joseph Brochart, Paul Delaroche, Alfred de Dreux, François Gérard, Hippolyte Dominique Holfeld, Charles-Louis Müller, Ary Scheffer, Henri Frédéric Schopin, Horace Vernet oder Franz Xaver Winterhalter; vgl. Lafont-Courturier 1996, S. 60f. Speziell zu Paul Delaroche siehe Renié 1999, S. 173–199 und S. 200–220. 355 Vgl. Lafont-Couturier 1996, S. 60–63 356 Das Bild Léopold Roberts war 1834 entstanden und wurde – Heine berichtet dieses kurz –, da es zu spät im Salon eintraf, in der Mairie des 2. Arrondissements ausgestellt; der Bericht stammt vom 11. Dezember 1841; vgl. Rasch 1977, S. 243f. Der Bankier Paturle kaufte das Bild für 15000 Francs. Das Journal des Débats brachte einen lobenden Aufsatz darüber und alle Welt sprach davon; vgl. Berthoud 1944, S. 271f. 357 Vgl. Kapitel II.3.b, „Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Pariser Poesie und Leipziger Prosa“. 358 Vgl. Anhang 2.

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kunsthändlerisches Programm mit aufnahm. Vielmehr hatte Sachse schon Mitte der 1830er Jahre, sprich gut zehn Jahre früher als Goupil, beschlossen, den Gemäldeverkauf neben seinem lithographischen Institut zu betreiben - ja er sah diese neue Branche sogar als „das Wesentliche“ seiner kunsthändlerischen Aktivitäten an.359 Auf seinen Parisreisen in den 1830er Jahren traf Sachse mit Graphikhändlern und -verlegern wie Rittner und Goupil, Gihaut (Abb. 19 bis 21), Engelmann und Lemercier (Abb. 149) zusammen.360 Neben dem persönlichen Kontakt zu den im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Künstlern zeigte er darüber hinaus ein großes Interesse für die Geschäfte etwa von Mme Hulin, Giroux und Susse.361 In den 1840er Jahre tauchen in seinen Tagebüchern außer den bereits Genannten vermehrt die Händler Durand-Ruel, Binant, Souty und Delessert auf.362 Zu Beginn der 1850er Jahre kamen wiederum Bernardi, Mallet, Picart, Petit und Berville, aber auch die Kupferstichhändler Favart und Fatout hinzu.363 Ab der Jahrhundertmitte veränderte sich die Situation auf dem Kunstmarkt merklich. Es wird hiervon im Kapitel IV.2.b noch die Rede sein. In den 1830er Jahren bestimmten noch weitgehend Kupferstiche und Lithographien den breiten Bildermarkt außerhalb von Salon und Atelier.364 Hinzu kamen die ersten Geschäfte, die auch zeitgenössische Gemälde entweder in der räumlichen Nähe zu Künstlerbedarf oder zusammen mit Dekorations- und Luxusartikeln anboten. Die Händler spezialisierten sich nun jedoch zunehmend und bauten parallel zum Salon der Akademie nach und nach eine eigene, unabhängige Vertriebsstruktur für Kunstwerke auf.365 Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts blieb dieser Markt verglichen mit dem der offiziellen Akademieausstellungen noch sehr begrenzt. Doch sind bereits markante Entwicklungen zu beobachten. Listete der Almanach Bottin du Commerce für das Jahr 1821 noch überschaubare 37 Kunsthändler in Paris auf, waren es 1850 bereits 67 Personen, die diesen Beruf angaben.366 In der Presse namentlich genannt werden fast immer die gleichen, darunter die auch von Sachse regelmäßig aufgesuchten Giroux, Durand-Ruel, 359 Die von Pieske und Schlagenhauff veröffentlichte Lithographie von 1836, „Mühle in der Normandie“ nach einem von Sachse angekauften und in seinem Geschäft präsentierten Gemälde von Watelet (Abb. 173), bezeugt also kein „Nacheifern“, sondern vielmehr eine „Vorwegnahme“ Goupil’scher Geschäftstaktik; vgl. Pieske 1988, S. 72 und Schlagenhauff 2003, S. 272 sowie Kapitel IV.I.a, „Gewagte Versuche / Das Bild eines Franzosen“. 360 Vgl. Kapitel II.1 „Industrie und Avantgarde: Lithographie in Paris“. 361 Vgl. Anhang 2. 362 Ebd. 363 Ebd. 364 Vgl. Kapitel II.1: „Lithographie in Paris: ein Avantgardeprojekt“. 365 Vgl. Moulin 1967, S. 25, der beschreibt, wie sich der private Kunstmarkt als Gegengewicht zur Akademie herausbildete. Die Mitglieder der Akademie durften selbst keine Boutique für den Handel mit Kunstwerken führen, wie in den Statuten der Akademie festgeschrieben worden war. Die allgemeine Situation der Künstler in Paris und die Rolle der Akademie beim Herausbilden eines freien Kunstmarktes kann an dieser Stelle jedoch leider nicht näher behandelt werden. 366 Angaben übernommen von Green 1989, S. 30. Thoré schätze die Gesamtzahl der Kunst- und Kuriositätenhändler hingegen schon 1844 auf etwa 100; vgl. Le Bulletin de l’Alliance des Arts,

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Susse, Berville, Binant und natürlich Goupil. Diese Händler besaßen eigene Geschäfte, die in der Nähe oder unmittelbar in den belebten Einkaufsstraßen der Stadt lagen.367 Die kommerziellen Zentren mit ihren luxuriös gestalteten Passagen, vornehmen Cafés und einladenden Schaufenstern boten willkommene neue Vermarktungsmöglichkeiten – auch für die Kunsthändler. Wie Green herausstellte, ging die Entwicklung einerseits von bazarähnlichen Geschäften hin zu offenen Regalen und Festpreisprodukten in Kaufhäusern. Andererseits bildeten sich elegante Boutiquen mit übersichtlichen Auslagen. Im Luxusgüterbereich setzten sich Schaufenster durch („vitrines“), die die Passanten in die Läden lockten.368 Im Jahr 1836 veröffentlichte Vicomte Charles de Launay einen Artikel in La Presse, worin er beschreibt, wie trotz eisiger Winterkälte ganz Paris auf den Beinen ist. Die Geschäfte seien voll bis überfüllt, bei Susse komme man weder hinein noch wieder hinaus.369 In seinen Briefen spricht Sachse von seiner Empfänglichkeit für „Volksleben und Volksgefühl“ und seinem „Sinn, Gefühl und Geist für all das Große was sich hier darbietet“.370 Geschäft und Vergnügen, Spekulation und Konsum gingen zunehmend Hand in Hand. Auch bei Sachse ist zu beobachten, dass er nicht nur in den Ateliers, bei und mit Kunsthändlern und Künstlern unterwegs war, sondern regelmäßig die angesagten Cafés wie das Tortoni oder das Frascati (Abb. 37) besuchte und fast allabendlich in die Oper, ins Theater oder ins Varieté ging. Neben gemeinsamen Erlebnissen wurden offenbar überall Netzwerke in eigener Sache gesponnen. Sachse notierte sich regelmäßig, wen er wann und wo getroffen hatte. Das sorgfältig geführte Reisetagebuch, worin er stichwortartig das Erlebte notierte, beschreibt das enorme Pensum an Aktivitäten für jeden Tag. Leider deutet Sachse vieles nur an, will nach seiner Rückkehr mündlich ausfühlich berichten. In seinen Briefen bemerkt er wiederholt, dass ihm der Trubel und die gesellschaftlichen Verpflichtungen manchmal auch ein wenig zu viel wurden: „Man überschüttet mich, im eigentlichen Sinne des Wortes, mit Artigkeiten, die mich aber beinah umbringen. Diesmal komme ich gewiß sehr angegriffen zurück.“371 Und im April 1838 berichtet er aus Paris: „Bei Watelet, Cypierre und Rittner wusste ich zu refüsieren, dagegen ließ sich Knecht, Giroux, Lepoittevin, Mozin nicht abweisen, heut Abend bin ich in der Soiree bei Duval Lecamus, und Sonnabend von Lemercier auf dem Paris 10. Juli 1844. Thoré hatte diese Zeitschrift für den Kunsthandel zusammen mit Paul Lacroix gegründet; vgl. Rosenthal 1914, S. 61. 367 Die Geschäfte für Künstlerbedarf, die Kunst- und Graphikhändler konzentrierten sich in zwei Gegenden. Einerseits fand man sie gehäuft im Umkreis von Saint-André-des-Arts und der École des Beaux-Arts auf der linken Seine-Seite. Andererseits traten sie vermehrt nördlich des Flusses in den alten Geschäftszentren zwischen Marais und Louvre auf; vgl. u. a. Green 1990, S. 25. 368 Vgl. ebd., S. 24f.; Green verweist für die Geschichte der großen Magazine und speziell das Auftreten von Schaufenstern auf den Artikel von Hautecoeur 1933. 369 Launay1860/1861, S. 35f.; zit. nach Green 1990, S. 23. 370 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 5. April 1838. 371 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Buchhalter Wege, Paris, den 21. März 1837.

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großen Lithographen und Editeursdiner bei Vefoux [?] eingeladen. Letzteres hoffe ich noch wegen der sonntäglichen Abreise zu umgehen. Auch Maquet hat uns einen Sect gegeben, der nicht schlecht war.“372 Die vielen Namen und notizenartigen Einträge wie „zu allen Kunsthändlern“, „Künstlerbesuche“, „Einkäufe“, „Geschäfte“, „Geschäfte bei Kunsthändlern“, „Kunsteinkäufe“, „Besuche bei Kunsthändlern, den Tag mit Geschäften verbracht“ oder andere reihen sich in Sachses Tagebuch so stakkatoartig aneinander, dass sie wohl allein ihrem Autor eine echte Erinnerungsstütze an das Erlebte geboten haben mögen. Oft werden bestimmte Händlernamen jedoch gemeinsam genannt, was darauf hindeutet, dass man sich untereinander kannte. Tatsächlich macht es sogar den Eindruck, dass die Händler insgesamt weit mehr zusammengearbeitet haben, als sich ausschließlich im Wettbewerb zu sehen.373 Miquel beobachtete, dass sich um die Händler herum auffallend oft Künstler der gleichen malerischen Ausrichtung gruppierten. Man nannte das, nach Miquel, „écurie“ (Pferdestall).374 So versammelten sich etwa um Durand-Ruel nicht ausschließlich, aber doch auffallend geschlossen die Maler der „école de la nature“. Einige von ihnen waren auch bei Deforge zu finden, dessen „Rennstall“ jedoch mehr der Vorliebe des Händlers für „Neo-Rokoko-Malerei“ entgegenkam, womit etwa die kleinformatigen und farbintensiven Orientgenre- und Blumenbilder eines Diaz und die frühen galanten Sujets von Millet gemeint sind.375 Die sichtbare Ausrichtung einiger Händler muss so frappant gewesen sein, dass Champfleury schon 1846 etwa die von Deforge vertretene „peinture de fantaisie“ als „école Deforge“ bezeichnete.376 Kaum anders war es bei Goupil, der in erster Linie mit den von ihm im großen Stil präsentierten gefeierten Salonmalern wie etwa Horace Vernet oder Paul Delaroche in Verbindung gebracht wurde. Eher allgemeiner Natur ist die Beobachtung, dass es sich vorwiegend um kleinformatige Landschaften und Genrebilder gehandelt hat, die von den Händlern in zunehmendem Maße protegiert wurden und die auch den Bedürfnissen eines breiteren Kunstpublikums entsprachen. Miquel meint sogar, dass die große Leidenschaft, die der „petit bourgeois“ speziell für Landschaftsbilder hegte, wesentlich zum Erfolg der modernen Malerei beigetragen habe.377 Die Kunstliebhaber, die in den Vitrinen der Händler bald regelmäßig neueste Werke betrachten konnten, wurden mehr und mehr in die Läden gelockt, wodurch neue Orte entstanden, an denen Sammler und Künstler aufeinander-

372 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Mutter, Paris, den 5. April 1838. 373 So kaufen etwa Durand-Ruel und Souty 1846 das sich heute im Louvre befindliche Meisterwerk Rousseaus „L’allée de châtaigners“ gemeinsam an; vgl. Anhang 2 sowie d’Argencourt 1984, S. 95. Es wird auf diesen Aspekt in Kapitel IV.2.b, „Exposition en permanente / Le musée des rues“, zurückzukommen sein. 374 Vgl. Miquel 1987, S. 342. 375 Vgl. ebd. 376 Vgl. Anhang 2. 377 Vgl. Miquel 1987, S. 342.

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trafen, Ideen und Informationen ausgetauscht und der Handel angeregt wurde.378 Die Händler reagierten ihrerseits, indem sie ihre Ladenräume entsprechend umgestalteten. Angelehnt an den eleganten Flair einer Privatgalerie wurden großzügig wirkende Räume mit Sitzgelegenheiten zum angenehmen Betrachten der Werke eingerichtet, oft verbunden mit einer angrenzenden Bibliothek. Einer der ersten Händler, der seinen Kunden eine solche moderne Galerie präsentierte, war Jean-Marie Durand-Ruel. Er war 1843/44 von dem alten Geschäft in der Rue Neuves des Petits-Champs 103 in ein neues, günstigeres Lokal in derselben Straße Nr. 82 gezogen. Hier richtete er zwei großzügige Salons ein, die er elegant möblierte und in denen im Winter ein Kaminfeuer eine angenehme Atmosphäre zum ungestörten Kunstgenuss verbreitete.379 Charles Daubigny fertigte eine Lithographie dieser neuen Galerie für Durand-Ruel an. Sie zeigt einen geräumigen rechteckigen Saal, von dessen stuckverzierter Decke mittig ein Kronleuchter hängt (Abb. 185). Die Bilder sind über einer wahrscheinlich vertäfelten Sockelzone in drei Reihen so übereinandergehängt, dass die Goldrahmen sich unmittelbar berühren und teilweise – durch das leichte Kippen der Bilder – sogar übereinanderlappen. Dennoch wirkt der Raum angenehm ruhig und hell. Linkerhand ist der Kamin mit ausladendem Sims und zwei Sesseln davor zu erkennen, auf der gegenüberliegenden Seite laden weitere an der Wand aufgereihte Sitzmöbel zum bequemen Niederlassen ein. Frei im Raum steht, etwa auf der Höhe des Kamins, ein überdimensionaler rechteckiger Tisch, den eine bodenlange Tischdecke schmückt. Auf diesem Tisch liegt eine weitere, etwas schmalere Platte, die als Podest für die Präsentation kleinerer Statuetten und Figuren dient. Es handelte sich hierbei wohl um Bronzen von Barye.380 Rechterhand lässt ein großzügiger Durchgang einen weiteren Saal erahnen, dessen Wände ebenfalls bis unter die Decke mit Gemälden tapeziert sind. Ein auf einer Staffelei im linken Vordergrund gesondert aufgestelltes Landschaftsgemälde gibt einen Hinweis auf die inhaltliche Ausrichtung der Galerie, die überwiegend die „école de la nature“ vorstellte.381 Trotz der repräsentativen Räumlichkeiten hatte Durand-Ruel schon bald feststellen müssen, dass die neue Lage im ersten Stockwerk von Passanten zu wenig wahrgenommen wurde. Wohl als eine Art Werbemaßnahme gab er 1845 zwei illustrierte Kataloge seiner Sammlung heraus, deren Frontispiz die beschriebene Zeichnung des damals noch weitgehend unbekannten Daubigny zierte. Doch die gewünschte Belebung des Geschäfts blieb aus. Nur ein Jahr später beschloss Durand-Ruel zum Boulevard des Italiens

378 Vgl. ebd. 379 Vgl. Anhang 2. 380 Vgl. ebd. 381 Eine große Zahl junger Landschaftsmaler wie Decamps, Charlet, Roqueplan, Diaz, Dupré, Marilhat und Calame waren hier neben Delacroix und anderen Romantikern zu sehen. Im Laufe der folgenden Jahre sollte sich das Interesse des französischen Händlers für die Maler der „Schule von Barbizon“ dann besonders auf Rousseau, Corot, Troyon, Daubigny und Courbet richten; vgl. Dictionary of Art 1996, Bd. 9, S. 423; außerdem Ausst.-Kat. Bouguereau 1984, S. 96f.

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umzuziehen, eines der kommerziellen Zentren von Paris. Tatsächlich konnte die Galerie durch die bessere Lage eine ganze Reihe neuer Besucher und auch Käufer verzeichnen.382 Sachse, der mit Durand-Ruel spätestens seit Sommer 1840 persönlich bekannt war,383 besuchte den Pariser Händler sowohl 1844 noch in dem einen als auch 1846 in dem anderen Lokal.384 Es ist davon auszugehen, dass er mit bleibenden Eindrücken nach Berlin zurückkehrte. Im Mai 1845, also zwischen diesen beiden Parisaufenthalten, kaufte Sachse das Haus Jägerstraße 29 an, das später durch Vorblenden einer gemeinsamen Fassade mit den Häusern Nr. 30 und Nr. 31 verbunden werden sollte (Abb. 7).385 Bereits 1836 hatte Sachse mit der Nr. 31 das Nachbargrundstück auf der anderen Seite erworben. Schon damals begründete er den Hauskauf mit seiner „neuen Geschäftsbranche“, die „über alle Erwartungen“ eingeschlagen sei.386 Seine Frau Nanni hatte er von der Notwendigkeit der Erweiterung seines Ladenlokals, um die Kunstblätter und Gemälde angemessen präsentieren zu können, erst überzeugen müssen. Gerade sie, so hatte Sachse appellierend geschrieben, müsse doch am besten wissen, „wie nöthig für ein Geschäft, was lediglich nur mit Großen und Vornehmen getrieben wird, [... ein 382 Vgl. Anhang 2. 383 Wie aus zwei Briefen des französischen Künstlers Duval le Camus an Sachse zu erfahren ist, reiste Durand-Ruel wohl bereits im Sommer 1840 geschäftlich nach Berlin, wo er auch Sachse traf: „Je profite du voyage que mon ami Monsieur Durand Ruel fait dans votre [...] pays pour vous accuser réception de la lettre de change de cinq cents francs que vous m’avez envoyer à valoir sur les mille francs que vous me devez et vous prier de ne pas oublier la promesse que vous m’avez faite pour les autres cinq cent francs. Quant à mon tableau de chasse j’ai dit à mon ami Durand de s’entendre avec vous à son égard et dans le cas où vous n’auriez plus espoir de le placer de vouloir bien vous consulter avec lui pour son retour à Paris lui ayant donné carte blanche à cet égard. [...] Je vous recommande d’une manière toute particulière mon ami Durand que vous connaissez déjà. Il va dans votre ville pour affaire. Il doit revenir bientôt. J’espère qu’il m’apprendra que vous et toute votre famille sont en parfaite santé [...]“; vgl. StABI Berlin, Handschriftensammlung, Sammlung Darmstädter, 2 n 1830 (2), Nr. 6, Pierre Duval le Camus an Monsieur Sachse et Compagnie, Liège, den 10. September 1840. Außerdem: „Lorsque Monsieur Durand-Ruel fut à Berlin, je l’avais prié de reprendre chez vous mon tableau représentant une chasse au loup. A son retour à Paris à la fin de septembre dernier, il me dit qu’il vous avait vue et que vous l’aviez engagé à vous laisser encore pendant trois mois mon tableau parce que pendant les fêtes de couronnement du Roi vous aviez l’espoir de le vendre [...]“; vgl. ebd., Nr. 7, Pierre Duval le Camus an Monsieur Sachse et Compagnie, Paris, den 30. Januar 1841. 384 Vgl. ebd. 385 Der Hauskauf Jägerstraße 29 ist datiert auf den 5. Mai 1845; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 276, Anm. 119, hier Verweis auf zentrales Grundbuchamt Berlin, Friedrichstadt Nr. 1738, o. Bl., eingebundenes Facs.: Amtgericht Berlin Mitte, Grundbuch Bd. 5, Nr. 215. In mehreren Briefen sprach Sachse schon in den Jahren zuvor von der Vergrößerung seines Lokals, von Umbaumaßnahmen, dem Antrag für einen Erweiterungsbau und sogar der Überlegung, später auch das Grundstück Nr. 29 auf der anderen Seite erwerben zu wollen. Leider vermitteln diese Briefe keine konkretere Vorstellung von der Einrichtung seiner Kunst- und Gemäldehandlung; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Briefe Sachses vom 18. und 19. Juni sowie vom 19. Juli 1839. Außerdem Schlagenhauff 2003, S. 272. 386 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 20. Juni 1836.

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einigermaßen anständiger Raum ist“.387 Pläne oder anschauliche Beschreibungen der Räumlichkeiten aus dieser frühen Zeit sind leider nicht überliefert. Es kann nur gemutmaßt werden, ob und inwieweit Sachse bereits auf moderne Einrichtungen, wie er sie etwa aus Paris kannte, Bezug genommen und diese nachvollzogen hat. Von seinem lithographischen Institut konnte berichtet werden, dass Sachse dieses „ganz nach französischem Fuß“ eingerichtet hatte. Es scheint sehr wahrscheinlich, dass er sich auch bei der Einrichtung seines Kunstsalons an französischen Vorbildern orientierte.388 Sachse war davon überzeugt, dass ein eleganterer Laden die Geschäfte nur befördern würde. Er hatte dies auch bei seinem Berliner Kollegen Gropius beobachten können. George Gropius war 1835 in die elegante Geschäftszeile der Schinkel’schen Bauakademie gezogen (Abb. 53). woraufhin Sachse an seine Frau schrieb: „Durch den bloßen eleganten Laden macht Gropius schon jetzt bessere Geschäfte als früher. Die fremden Müßiggänger wollen sehen, die Führer der Fremden wollen mit ihren Empfehlungen auch äußerlich schon verlegen machen.“389 Europäische Malkunst für Berlin

Die aufstrebende bürgerliche Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts maß der Kunst als „Quelle individueller Bildung und verfeinerter Geselligkeit“390 eine zentrale Bedeutung bei.391 Es sei kaum zu bezweifeln, „daß die Kunst anfängt, den Volksgeist an sich heran zu ziehen und zu befriedigen, also nationell zu seyn“, so ein Kommentar des akademischen Senates über die Ausstellung der Berliner Akademie 1832. Andererseits gebe es einen „entmutigenden Widerspruch [...], indem ungeachtet des in allen Stän387 Vgl. ebd.; Wittgenstein und Spiker hatten Sachse offenbar zu dem Hauskauf geraten. Die Skepsis seiner Frau ansprechend schrieb Sachse: „Und nur du, die am besten wissen muß wie nöthig für ein Geschäft, was lediglich nur mit Großem und Vornehmen getrieben wird, und was mir so unglaublich viel in 2 Jahren eingebracht hat, wie nötig ihm ein einigermaßen anständiger Raum ist, nur du bist darüber unzufrieden.“ Sachse führt im gleichen Zuge den neuen „eleganten Laden“ von Gropius als Beispiel an, der diesem „bessere Geschäfte als früher“ zusichere. 388 Sachses Kunsthandlung befand sich immer wieder im Umbau. Folgende Briefe Sachses berichten davon: LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, vom 4., 20. und 29. Mai 1829; vom 23., und 30. April sowie vom 2., 17., 24. und 29. Mai und 2. und 9. Juni 1830; vom 18. und 20. Juni sowie vom 18. und 19. Juli 1836; vom 4. August 1839. 389 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 20. Juni 1836. 390 Vgl. Sheehan 2002, S. 154. 391 Zur Rolle der Kunst innerhalb des wachsenden bürgerlichen Zeitgeistes, vgl. Kocka 1987 und Nipperdey 1988; Peter H. Feist fasst seine diesbezüglichen Untersuchungen prägnant zusammen: „Zu keiner anderen Zeit [gemeint ist der Vormärz, d. V.] erfuhr die Kunst eine so hohe Wertschätzung im Vergleich zu anderen Tätigkeiten und geistigen Leistungen des Menschen. [...] Niemals sonst wurde ihr eine so zentrale und ausgezeichnete Bedeutung für die Bestimmung des menschlichen Wesens und für die Beförderung der Humanität im einzelnen Individuum wie in der Gesellschaft insgesamt zugemessen“; vgl. Feist 1986, S. 113.

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den wachsenden Kunstsinns, die eben dadurch angefeuerte Production immer noch bei weitem schneller sich vermehrt, als die Theilnahme der Beschauer und Käufer“.392 In der Folge entwickelten sich „Formen der kollektiven Kunstförderung im Bürgertum, die an die Ideen der Spätaufklärung anknüpften“, wie Manuel Frey konstatierte.393 Wilhelm von Humboldt sprach in seiner Rede vor dem Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate 1828 von dem „Streben, d[er] Erhabenheit und Anmuth, welche erst dann aufstrahlt, wann [sic] die Phantasie sich der Wirklichkeit ermeistert, in die, ohne jeden begeisternden Einfluß, engen und dunklen Verhältnisse des Lebens zu bringen“.394 Die Kunst sollte „dem Gemüth in jedem Augenblick eine sichere Freistätte“ darbieten, „Erhebung, Heiterkeit und Kraft“ für das äußere tätige Leben gewähren.395 Es ging den Vereinsmitgliedern um eine gemeinsame Unterstützung vorwiegend lokaler Künstler, deren Werke angekauft, auf Ausstellungen gezeigt und anschließend unter den Mitgliedern verlost oder auch an Besucher verkauft wurden. Auf diese Weise sollte ein Markt für zeitgenössische Kunst entstehen, der Künstlern den Absatz ihrer Werke und Kunstfreunden die Begegnung und den Ankauf von aktueller Kunst erleichtern sollte.396 Auch Sachse war u. a. in dem Verein, der in Berlin meist nur als „der Kunstverein“ bezeichnet wurde, aktiv.397 Wie bereits angemerkt, erkannte Sachse früh den Wert der Kunstvereine als Distributions-Vehikel, um aktuelle Kunst auch in entlegenere Gegenden zu bringen und so den Grad der Verbreitung und damit den Markt für den Absatz der Kunstwerke auszuweiten.398 Die Annahme, dass Kunst und Handel miteinander vereinbar seien, dass mit der Handelsfunktion auch eine Bildungsfunktion verbunden sei, sowie die Hebung des Be392 Vgl. Börsch-Supan 1971, 1830, S. VIII; siehe auch Grossmann 1994, S. 114. 393 Vgl. Frey 1999, S. 51. 394 Wilhelm von Humboldt: Rede vor dem Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate (1828), vgl. Humboldts Schriften 1907, S. 85. Gert Reising wies auf den Bezug zu den Ideen der Aufklärung hin: „Der Kantsche kategorische Imperativ wurde von Humboldts erzieherischem Impetus in die Praxis umgesetzt. Erziehung und Kunst hatten der Aufklärung gegen feudale Determiniertheit zu dienen; freie Kunst und freie Pädagogik sollten den wirklich freien Menschen schaffen, ob sie es so wollten oder nicht“; vgl. Reising 1994, S. 114. 395 Vgl. Humboldts Rede vor dem Berliner Kunstverein 1831, in: Humboldts Schriften 1907, S. 555f. 396 Wie Grossmann dargelegt hat, verstand man sich in der preußischen Hauptstadt ausdrücklich als Ergänzung zur höfischen Kunstförderung und nicht als deren Opposition. Dafür spricht nicht nur die Übernahme des Protektorats durch Friedrich Wilhelm III., sondern auch die Mitgliedschaft von 25 königlichen Hoheiten, Herzögen und Fürsten im Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate, der in Berlin kurz „der Kunstverein“ genannt wurde; vgl. Grossmann 1994, S. 96. Siehe auch Frey 1999, S. 66. 397 Vgl. Kapitel IV.1.b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co. / Das Wesentliche“. Außerdem war Sachse Mitglied im 1828 gegründeten Wissenschaftlichen Kunstverein, Sekretär des 1844 ins Leben gerufenen Vereins zum Ankauf und zur Verlosung von Kunstwerken der Berliner Ausstellung und Ehrenmitglied des Vereins Berliner Künstler zur Unterstützung seiner Hilfbedürftigen Mitglieder. 398 Vgl. ebd. sowie Nerlich 2010, S. 120 und Grossmann 1994, S. 107–110.

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wusstseins für den Bedarf,399 findet Entsprechungen in Sachses Händler- und Ausstellertätigkeit. In einem handgeschriebenen Aufsatz, den der Vierundzwanzigjährige im August 1822, also noch während seiner Haft, verfasst hatte, beschäftigte sich Sachse mit dem „Einfluß des Handels auf die Wissenschaften und Künste im Mittelalter und Begründen einer allgemeinen europäischen Kultur“.400 Hierin gab der vormalige Sekretär Wilhelm von Humboldts seiner liberalen Haltung Ausdruck, dass Handel zu einer freieren Regierungsform führen muss.401 Der Handelsgeist im Mittelalter habe eine wesentliche Rolle im Aufblühen einer europäischen Kultur gespielt.402 Dies sei bisher nicht hinreichend anerkannt worden. Dabei hätten die handeltreibenden Völker Entdeckungen und Erfindungen erst möglich gemacht und dadurch Kultur und Wissenschaft bedeutend gefördert.403 Aus der frühen Schrift sprechen sowohl Sachses von den Brüdern Humboldt geprägte liberale Geisteshaltung als auch der Hinweis auf aktuelle nationalökonomische Theorien, wie sie etwa der Schotte Adam Smith schon im auslaufenden 18. Jahrhundert formuliert hatte. Smith Standardwerk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations “ (kurz: „The Wealth of Nations“) war 1776 in englischer und unmittelbar darauf auch in deutscher Sprache erschienen („Wohlstand der Nationen“). Bis heute zählt Smiths Abhandlung zu den Grundlagenwerken der Wirtschaftswissenschaften. Die Strahlkraft seiner marktwirtschaftlichen Theorien, die kontrovers diskutiert wurden, u. a. an den deutschen Universitäten, war seinerzeit enorm groß.404 Nicht zuletzt die Reformpolitik des Staatskanzlers Hardenberg war bekanntlich von dem schottischen Ökonomen und dessen Ideen eines auf Privateigentum, Wettbewerb und Freihandel beruhenden Wirtschaftssystems beeinflusst.405 399 Die im preußischen Landrecht 1794 formulierten bürgerlichen Freiheiten boten die Basis für die Entwicklung ideologischer Liberalität im Sinne des freien Wettbewerbs. Die Erziehung und Aufklärung des gehobenen Bürgertums über eine neue Rolle der Kunst, die Einbeziehung in ein Wertesystem, das sich auf dem freien bürgerlichen Markt entwickelt, entstand gleichzeitig mit dem Aufschwung des deutschen Frühindustrialismus; nach Reising 1994, S. 114. 400 Vgl. Sachse 1822. Auch Schlagenhauff 2003, S. 262 weist bereits auf die Bedeutung dieses Aufsatzes von Sachse hin. 401 „Man pflegt anzunehmen die freiere Regierungsform eines Staates wirke wohltätig auf den Handel und befördere diesen, und deshalb habe er von jeher vorzüglich in Freistaaten mehr geblüht, als anderswo. So entschieden wahr dies ist, so glaube ich dennoch dieser Satz müsse ursprünglich so umgekehrt werden: überall wo zeitig Handel getrieben wurde, begünstigte dieser eine freiere Regierungsform. Denn bevor ein Volk zu einer bestimmteren Verfassung gelangte, sehen wir es schon mehr oder weniger Handel treiben. Dieser erfordert aber durchaus, je weiter er sich ausdehnt je größere Freiheit, und so entstanden denn die Republiken mehr durch ihn, als der Handel durch sie befördert wurde. [...] Die Handelsstaaten der alten, mittleren und neuen Zeit können als Vorbilder einer freieren, dem menschlichen Geschlecht angemesseneren Verfassung angesehen werden“; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 262 und Sachse 1922, Bl. 29f. 402 Vgl. Sachse 1822, Bl. 6. 403 Vgl. ebd., Bl. 21. 404 Vgl. u. a. Walszak 1993. 405 Vgl. Vogel 2011.

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In welch hohem Grad selbst die romantische Literatur von den nationalökonomischen Theorien ihrer Zeit durchwoben ist, wurde erst jüngst von Jochen Hörisch und Maximilian Bergengruen beleuchtet.406 Die Vorstellung von einer „belebenden Wirkung des Geldes“ als „Leit- und Steuermedium“ sei demnach ein wiederholt behandeltes Thema gewesen. Schon die Jenenser Romantiker sahen, analog zu Fichtes Wissenschaftslehre, Geld als ein „Relationsschema“ an, das mithin eine „universale belebende Wirkung“ besaß.407 Für Novalis etwa war Geld „das artifizielle Stimulans, das die Welt poetisiert, also mit Alternativen versieht“, so Hörisch.408 Man möchte annehmen, dass auch der belesene Sachse den „Heinrich von Ofterdingen“ kannte. In dem Stück gerät der Kaufmann beim Thema Geld geradezu ins Schwärmen: „Geld, Thätigkeit und Waaren erzeugen sich gegenseitig und treiben sich in raschen Kreisen, und das Land und die Städte blühen auf.“409 Novalis begriff den Geldverkehr „als das Relationsschema überhaupt, also als Bedingung der Möglichkeit von Rationalität und Wissenschaft“, denn Geld lasse „nicht nur Dinge, bzw. Waren und Menschen, sondern auch Begriffe, Worte, Konzepte und Zeichen zirkulieren“.410 Die Verquickung von Handel und kulturellem Austausch zeigte sich nicht zuletzt in dem zunehmend rasanten Wetteifer der europäischen Länder um kulturelle Selbstdarstellung,411 wie er spätestens mit der Eröffnung der ersten Weltausstellung in London 1851 für jedermann offenkundig wurde.412 Auch Sachses Handeln liegt eine „liberale“ Denkweise zugrunde. Ausdruck dieses Strebens ist nicht zuletzt seine unermüdliche Reisetätigkeit. Sie führte ihn vorrangig nach Paris, doch besuchte Sachse auch die deutschsprachigen Länder, Belgien, Holland, London, Prag und Warschau. Auch hier knüpfte Sachse Kontakte und geschäftliche Beziehungen zu Künstlern und Händlern an. Im Frühjahr 1837 fuhr Sachse zum ersten Mal nicht nur nach Paris, sondern auch nach Belgien und Holland. Einen Tag verweilte er in Brüssel, dann ging es weiter nach Antwerpen. Die Durchreise durch Belgien, das sich nach der Revolution von 1830 unabhängig erklärt hatte, verlief nicht ohne Komplikationen. Ganze drei Tage musste Sachse in Antwerpen verweilen, bevor er die Erlaubnis bekam, mit dem Dampfschiff 406 Speziell zur romantischen Geldtheorie vgl. Hörisch 2015; Bergengruen 2015; Neumeyer 2015. 407 Vgl. Hörisch 2015, hier S. 27f. 408 Vgl. ebd. 409 Vgl. ebd. 410 Vgl. ebd., S. 28. 411 In einem Bericht über die Stuttgarter Kunstausstellung in Cottas Morgenblatt für gebildete Stände im Jahr 1812 wird als deren Zweck festgehalten: Es möge sich „der Württembergische Kunstgeist und der diesem so nahe verwandte Kunstfleiß“ nunmehr „der öffentlichen Schätzung unterwerfen“ und „sein Urtheil empfangen“. Ausdrücklich wird der „National-Karakter“ beschworen, das „wahre Wohl der einheimischen Kultur“, die sich im Vergleich und Wettbewerb mit dem Fremden und Ausländischen ihres wahren Wertes erst bewusst werden könne. Dieses Motiv der vaterländischen, der nationalen Kunst prägte sich in den Inszenierungen und Präsentationen des späten 19. Jahrhunderts immer stärker und deutlicher aus; vgl. Kaschuba 1994, S. 11 und S. 15. 412 Vgl. Haskell 1993, S. 217.

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über Rotterdam nach Den Haag und Amsterdam weiterzureisen.413 Trotz großer innerer Unruhe wusste Sachse den verlängerten Aufenthalt in Antwerpen gut zu nutzen: „Zum Glück ist Antwerpen von ganz Holland und Belgien die Haupt-Maler- und Kunststadt. Wappers, Backhuysen, Brakeleer414 und 150 andere hausen hier, und die armen Schelme werden so schlecht bezahlt, dass sie gern die Gelegenheit ergreifen, ihre Verbindung mit dem Auslande zu vergrößern, und mir in Commission Alles schicken wollen. Ach wäre nur diesen Sonntag Messe nicht, wie nützlich, wie ruhig könnte ich hier wirken, aber so martern mich die schnell enteilenden Stunden, und ich verlebe, von der furchtbaren Mühe gepeinigt (dass ich kaum schreiben kann) eine angstvolle sorgenschwere Zeit und denke mit der unbeschreiblichsten Sehnsucht an dich und die Kinder zurück. Der Direktor des Museums in Brüssel Herr Verboeckhoven,415 einer der größten Maler seiner Zeit, hat mich ordentlich aufgenommen, mir sogar ein kostbares Cadeau gemacht, und wir werden die Folgen dieser Bekanntschaft sehen.“416 Es mag ein wenig erstaunen, dass Sachse von Antwerpen einerseits als der „Haupt-Maler- und Kunststadt“ von „ganz Belgien und Holland“ spricht und andererseits Künstler wie Wappers und Brakeleer schlecht bezahlte „arme Schelme“ nennt. Gustave Wappers hatte 1830 mit dem Bild „Die Selbstaufopferung des Bürgermeisters 413 Voll Ungeduld schrieb Sachse aus Antwerpen am 30. März 1837: „Ich stehe hier wie ein armer Sünder, voll Furcht und Hoffnung, vor den Pforten des Paradieses, und weiß nicht, ob ich eingelassen werde. Mit zerrissenem Herzen über den Zeitverlust von mehreren Tagen denke ich an mein Geschäft, an mein Haus zurück, und darf doch in meinen Plänen, meinen Vorsätzen nicht wanken. Aber meine Unruhe, meine Angst kennt keine Grenzen mehr, und wenn auch nun mein Aufenthalt hier für mich von großem Nutzen ist, und ich primatissima [?] manchen günstigen Genuß feiere und viel lerne, so kann mir das alles nichts helfen, lässt es sich nicht mit meinem Geschäft und mit dem für dasselbe betrieblichen Nutzen in Einklang bringen, und das ist leider zweifelhaft. Auf der Gesandtschaft in Paris erfuhr ich zuerst, dass von Belgien aus Niemand, sey es was es wolle, ohne besondere spezielle Erlaubnis der General [unleserlich, d. V.] in Holland eintreffen werde. Die holländische Gesandtschaft in Paris bestätigte dies, und bemerkte ausdrücklich auf meinem Paß, dass ich nur über Dürkirchen zur See nach Rotterdam, oder über Metz und Trier ganz Rheinmeißen, Kleve und [unleserlich, d. V.] in Holland eindringen, Belgien also nicht berühren dürfte, räth mir aber an den Prinzen von Oranien in Silburg zu schreiben, und ihn zu bitten, mir nach Antwerpen eine Erlaubnis zur Überschreitung der holländischen Vorposten zukommen zu lassen. Jetzt bin ich nunmehr 3 Tage in Antwerpen und noch ist die Erlaubnis nicht da. Ich habe nun gestern von Neuem an den Prinzen geschrieben und zugleich Otterloo in Haag gebeten (indem ich das Schreiben der Prinzeß Albrecht beifügte) für mich einzuschreiten, worauf ich morgen Antwort erhalten muß [...“; vgl. LAB E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Antwerpen, den 30. März 1837. 414 Gustave Wappers (1803–1874), belgischer Maler; Ludolph Backhuysen (1630–1708), flämischer Marinemaler (nicht sicher, ob der gemeint ist); Ferdinand de Brakeleer (1792–1883), flämischer Historien- und Genremaler. 415 Eugène Joseph Verboeckhoven (1799–1881), belgischer Maler. 416 Vgl. LAB E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Antwerpen, den 30. März 1837. In seinen Tagebuchaufzeichnungen erwähnt Sachse außer den genannten noch den Namen Tessaro, einen Graphikhändler aus Namour und Anvers; vgl. Anhang 1.

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von Leiden“ auf dem Brüsseler Salon für enormes Aufsehen gesorgt (Abb. 193).417 Er wurde zum Initiator einer romantisch patriotischen Ereignismalerei, die vom Bürgertum gefeiert und durch zahlreiche offizielle Aufträge vom Staat unterstützt wurde. Wappers wurde 1832 Professor und später Direktor der Antwerpener Akademie, die zu einem Zentrum dieser neuen malerischen Ausrichtung wurde.418 Aufhorchen lässt aber auch Sachses Bemerkung, dass die „schlecht bezahlten“ Künstler „gern die Gelegenheit [ergriffen], ihre Verbindungen mit dem Ausland zu vergrößern“. Tatsächlich sollte sich der künstlerische Austausch insbesondere mit den deutschsprachigen Nachbarn zunehmend intensivieren. Für eine deutschlandweite Rezeption der neuen „belgischen Schule“ sorgten spätestens die beiden monumentalen Historienbilder von Louis Gallait und Édouard de Bièfve, die durch neun deutsche Großstädte tourten.419 Vom Sommer 1842 bis zum Frühjahr 1844 waren sie in den Akademien und Kunstvereinen von Köln, Berlin, Dresden, Wien, München, Stuttgart, Karlsruhe, Darmstadt und Frankfurt am Main zu sehen. Gleichzeitig gelangte belgische Malerei in eine ganze Reihe deutscher Sammlungen.420 Über den Austausch und die Kontakte zwischen den Akademien, im Vereinsleben und wechselseitige Ausstellungsbeteiligungen liegen punktuelle Untersuchungen etwa bezogen auf die Düsseldorfer Malerschule vor.421 Über die Rolle des Kunsthandels stehen Untersuchungen hingegen noch aus.422 Während seines ersten Besuchs in Brüssel und Antwerpen nennt Sachse außer einigen Künstlern nur einmal den Namen Tessaro, womit möglicherweise ein Graphikhändler aus Anvers gemeint ist.423 Im Gegensatz zu den Aufzeichnungen aus Paris macht Sachse auch keine allgemein gehaltenen Notizen wie „zu allen Kunsthändlern“ oder Ähnliches. Andererseits quälte es ihn, „aus Mangel am Gelde“ nichts mehr kaufen zu können. Dabei seien Akquisitionen „billig“ und „von welch ausgezeichnetem Kunstwerth“, allein er dürfe sich nicht auf zu viel einlassen, wie

417 „Die sehr lebhafte Menge drängte sich im Salon; man scharte sich vor dem Bild, man sprach nur von ihm. Alles andere war überholt und man bemerkte plötzlich, dass es zudem lächerlich und altmodisch war [...] Antwerpen jubelte. Dieser strahlende Sieg eines jungen Antwerpeners über die Brüsseler Schule [bis dato geprägt von dem französischen Klassizismus Jacques Louis Davids, der nach Brüssel ins Exil gegangen war; d. V.], dieser Triumph der neuen Generation über den akademischen Unterricht, entflammte die Begeisterung aller“; Desnoy 1948, S. 82, hier zit. nach Kampmeyer 1979, S. 179 und Anm. 6. 418 Zur neuen romantisch-patriotischen Malerei in Belgien vgl. den Ausst.-Kat. Romantisme Belgique 2005. 419 Louis Gallait (1810–1887), „Abdankung Kaiser Karls V. zugunsten seines Sohnes Philipps II.“, 1841, Öl auf Leinwand, Musée des Beaux-Arts, Tournai; Edouard de Bièfve (1808–1982), „Kompromiss der flandrischen Edeln am 16. Februar 1566“, 1841, Öl auf Leinwand, Nationalmuseum, Brüssel. 420 Vgl. Cortjaens 2011 sowie Schoch 1979. 421 Vgl. ebd. 422 Der einzig auffindbare, aber wenig ergiebige Artikel zu dem Thema ist von Thuret 1979. 423 Vgl. Anhang 2.

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Sachse nach Berlin schrieb.424 Beim Gedanken an das bisher Erlebte in Paris, Brüssel und Antwerpen scheint sein Blut geradezu in Wallungen zu geraten: „Aber was kann ich euch diesmal alles erzählen, noch habe ich keine ertragreichere, wenn auch zugleich beschwerlichere Reise gemacht, welche Matadore habe ich kennengelernt, welche Bilder habe ich gesehen! Hunger und Durst, Kälte und Nässe vergisst man und gesellt sich dazu die Aussicht auf eine ehrenvolle und nützliche Geschäftsvergrößerung, die freilich Opfer kostet, so kennt die innere Herzensfreude keine Grenzen mehr.“425 1839 war Sachse erneut in Belgien. Er besuchte Gent und Brügge, bevor er über Löwen und Lüttich die Heimreise antrat. Von diesem Aufenthalt ist so gut wie nichts bekannt. 1846 war er wieder in Antwerpen, traf de Keyser und Wappers und in Brüssel, wo er Gallait, Verboeckhoven und Winterhalter gleich mehrmals sah. Noch immer erwähnt Sachse keine Händler. Das sollte sich anlässlich seiner Besuche nach der Jahrhundertmitte deutlich ändern. Am 16. Juni 1853 traf Sachse auf seiner Rückreise von Paris um 6 Uhr morgens in Brüssel ein. Schon um 8 Uhr begann er seine Geschäfte: „[…] zuerst zu Geruzet, zu van der Kolk, Tessaro, Couteaux, der eine Galerie der ausgezeichnetesten Sachen aller Schulen besitzt. Der große Isabey zu 4000 Reichsthaler ist das schönste Werk, das ich in dieser Art gesehen. Brakeleer, Gudin und 100 andere von erstem Wasser! Will schicken. Dann zu Marquardt und verschiedenen Gemäldehändlern, endlich mit van der Kolk zu Hollender. Gemälde erhalten, sehr wichtige Bekanntschaft [...]. Zum Café aux Milles Colonnes. Wundervolle Galerie mehrere 100 Meisterwerke. Zu van der Donk, nicht getroffen, zu Petit, Hollender, Bièfve.“426 Ist in den Jahren zuvor ausschließlich von Besuchen in belgischen Museen, Kirchen und Künstlerateliers zu lesen, schlug Sachse nun mit Namen von Händlern geradezu um sich. Nicht nur, dass er ein enormes Tagespensum an den Tag legte, es ist von „verschiedenen Gemäldehändlern“ die Rede, von Couteauxs „Galerie der ausgezeichnetesten Sachen aller Schulen“, dem „Café aux Milles Colonnes“ als einer wundervollen Galerie mehrerer hundert Meisterwerke, von Géruzet, Graphikhändler und Fotograf, van der Kolk, Graphik- und möglicherweise auch Gemäldehändler, van der Donck, Verleger, und Hollender, wohinter sich mutmaßlich ebenfalls ein Händler moderner Gemälde verbirgt.427 Interessanterweise war offenbar auch Petit anwesend.428 Sachse erwähnt Bilder von Isabey und Gudin.429 424 Vgl. ebd. 425 Vgl. ebd. 426 Vgl. Eintrag vom 16. Juni 1853, Anhang 1. 427 Vgl. Anhang 2. 428 Vgl. ebd. 429 Die Beziehungen der belgischen Künstler nach Frankreich sind zahlreich. Sachse traf Gallait 1839 in Paris. De Bièfve malte das Erfolgsbild „Der Kompromiss der flandrischen Edeln am 16. Februar 1566“ 1841 ebenfalls in der Seinemetropole. David malte nach dem Untergang Napoleons im Brüsseler Exil und übte dort bedeutenden Einfluss aus. Der Kunsthandel internationalisierte sich ab der Jahrhundertmitte zusehends. Die Rolle der französischen Händler auf dem belgischen Markt zu untersuchen wäre sicher ein interessantes Unterfangen.

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Neben Belgien besuchte Sachse auch Holland. Die Niederlande waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts „les pays des collections“, wie Annemieke Hoogenboom in Anlehnung an den Ausspruch eines Pariser Hollandreisenden konstatiert.430 Während der 1830er und 1840er Jahre gab es regelmäßige Präsentationen aktueller vorwiegend niederländischer Kunst in Amsterdam, Den Haag, Rotterdam, Groningen, Den Bosch, Nijmengen, Zwolle und Utrecht. Dabei nahm die Anzahl der Ausstellungen als auch die der ausgestellten Werke bis zur Jahrhundertmitte stetig zu.431 Das öffentliche Interesse scheint mit bis zu 50000 Besuchern für eine vierwöchige Ausstellung bald enorm gewesen zu sein.432 Im Gegensatz zu Belgien weiß man hier von einigen Kunsthändlern, die als Vermittler zwischen Künstlern und Sammlern auftraten, auch wenn sie, wie Hoogenboom schreibt, zunächst nur selten für ein eigenes Magazin einkauften. Ähnlich wie in Frankreich handelten sie zudem meist gleichzeitig mit Graphik und/oder mit Kunst und Kuriositäten im weiteren Sinne. Für die 1830er Jahre konnte Hoogenboom 25 und für die 1840er Jahre 32 Händler auflisten. Einige von ihnen organisierten private Kunstausstellungen, die eng an die zahlreichen Kunst-Gesellschaften angebunden waren und „in prächtigen Räumlichkeiten“ oder „bei sich zuhause“ vor allem Zeichnungen und Drucke präsentierten.433 Die Händler wirkten zunehmend als Vermittler auf den offiziellen Kunstausstellungen und veranstalteten später auch eigene Verkaufsausstellungen.434 Um 1840 machte H. Kerkhoff auf sich aufmerksam, der wohl als erster nicht nur niederländische, sondern auch ausländische (vor allem deutsche) Kunstwerke zeigte.435 430 Vgl. Hoogenboom 1993/1994, S. 130. Hoogenboom zitiert und begründet die Aussage von X. Marmier: Lettres sur Hollande, Paris 1841, S. 43 und T. Juste: Un tour en Hollande 1839, Brüssel 1839, S. 37: „La Hollande possède ... une foule des collections particulières, la plupart très remarquable.“ 431 In Amsterdam und Den Haag hatte Louis Napoleon während seiner Regierungszeit zwischen 1806 und 1810 jährliche Ausstellungen für zeitgenössische Kunst angeregt – eine Initiative in Anlehnung an den Pariser Salon, die auch späterhin fortgeführt wurde. Hoogenboom 1993/1994, S. 131 gibt an, dass noch 1811 nur in Den Haag eine Ausstellung stattgefunden hatte. 46 Werke wurden zum Verkauf angeboten. 1848 fanden zwei Ausstellungen in Amsterdam, eine in Utrecht und eine in Rotterdam statt, wobei insgesamt fast 1400 Arbeiten ausgestellt wurden. 432 Vgl. ebd. Standen bis 1840 etwa 50 % der ausgestellten Werke auch zum Verkauf, waren es wenig später bereits 80 %. Die Studie von Hoogenboom enthält eine ganze Reihe weiterer wertvoller Angaben, u. a. zur Preisentwicklung. 433 Schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatten sich in den Niederlanden eine ganze Reihe Kunst-Gesellschaften gegründet, deren Mitglieder Künstler, Kunstliebhaber und generell -interessierte werden konnten, und die fruchtbare Begegnungsorte für Künstler und Sammler darstellten. Zuweilen wurden Graphikhändler eingeladen, um ihre Portfolios vorzustellen; vgl. ebd., S. 134. 434 Bis 1850 sind 20 solcher Verkaufsveranstaltungen bekannt. Die meisten fanden in Amsterdam, einige aber auch in Rotterdam, Utrecht, Arnhem, Groningen und Leeuwarden statt. Wijnand Esser von der Firma Brak en De Haen organisierte zwischen 1833 und 1837 acht solcher Ausstellungen in Amsterdam, Groningen, Leeuwarden, Arnhem und Utrecht. H. Kerkhoff lud zu acht Veranstaltungen in Amsterdam zwischen 1839 und 1841; vgl. ebd., S. 134f. 435 Vgl. ebd.

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Sachse fuhr 1837 von Antwerpen über Rotterdam nach Den Haag. Hier traf er van Otterloo, den Grafen Lottum, Backhuysen, van Os, Koekkoek, Schelfhout, Eeckhout und den Oberst von Ceva, wie er in seinem Tagebuch notiert.436 De Ceva handelte mit zeitgenössischen Gemälden und besaß wohl eine eigene Galerie. Er ist der einzige Kunsthändler, den Sachse namentlich in Den Haag erwähnt.437 Tatsächlich scheint es sich, Sachses überlieferten Aufzeichnungen zufolge, auch um seinen einzigen Geschäftsbesuch in den Niederlanden gehandelt zu haben. 1838 fuhr Sachse das erste Mal nach London, „diese wirklich ungeheure Weltstadt“, wie er im April nach Hause schrieb: „[S]o etwas lässt sich nicht beschreiben und ich bedaure, dass ihr von solchem Wunder menschlicher Größe, auch mit der ausschweifendsten Phantasie, euch keinen entfernten Begriff machen könnt.“438 Es begegnete ihm – ähnlich wie damals in Paris – „Vieles und Unbegreifliches“.439 Der starken Eindruck, den der erste Besuch auf der britischen Insel bei Sachse hinterließ, klingt noch in einem späteren Brief nach: „[I]ch komme aus England, habe dort Milliarden von Geschäften abwickeln sehen, und mit welcher Einfachheit, mit wie wenig Umstand, und so geringen Spesen.“440 „Kunst“ wurde in England, wie Beat Wyss konstatierte, weit früher als auf dem europäischen Festland auch „als Geschäft verstanden“.441 Schon 1754 war die Society for the Encouragement of the Arts, Manufactures and Commerce gegründet worden, die ihrem unternehmerischen Charakter nach vorbildhaft für die Gründungen unzähliger Kunstvereine und -gesellschaften in ganz Europa werden sollte. Schon vor 1800 gab es hier zudem Künstler, die einzelne Gemälde (sogenannte „exhibition pieces“) gegen eine Eintrittsgebühr dem kunst- und unterhaltungsliebenden Publikum vorstellten. Reproduktionen dieser „Ausstellungsbilder“ konnten noch vor Ort erworben werden.442 Der 436 Carl Friedrich Heinrich Graf von Wylich und Lottum (1767–1841), preußischer Minister in mehreren Funktionen; George Jacobus Johannes van Os (1782–1861), niederländischer Blumenmaler; Barend Cornelis Koekkoek (1803–1862), flämischer Landschaftsmaler; Andreas Schelfhout (1787–1870), niederländischer Landschaftsmaler; Jacob Josef Eeckhout (1793–1861), belgischer Genremaler, 1839–44 Direktor der Akademie in Den Haag; Alexander Pierre Philips Cornelis Robert de Ceva (1791–1876), Kunsthändler in Den Haag. 437 Vgl. Anhang 2. Auch Raczynski sah sich die Sammlung moderner Gemälde bei Ceva auf seiner Hollandreise 1838 an; vgl. Racynski, 3. Bd., 1841, S. 453. 438 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seine Familie, London, den 11. April 1838. 439 Vgl. ebd. 440 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 8. Mai 1838. 441 Vgl. Wyss 2006, Bd. 1, S. 246. 442 Vgl. Bätschmann 1997. Ein früher findiger Ausstellungsunternehmer, den Bätschmann vorstellt, war „Londons bekanntester Händler von Reproduktionsgraphik“ John Boydell. Durch einen Kredit finanzierte er die Erstellung eines publikumswirksamen Ausstellungsbildes, das er zu einem relativ niedrigen Preis als Eigentum erhielt. Als Gegenzug gab es eine temporäre Ausstellung zugunsten des Künstlers und die Beteiligung am Reproduktionsgewinn; vgl. ebd., S. 33–41; vgl. außerdem Wyss 2006, S. 246–250, sowie Drechsler 1996 und Fletcher 2007 und Fletcher/Helmreich 2011.

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Handel mit druckgraphischen Blättern und Aquarellen erlebte eine Blütezeit während jener Jahre und trug wesentlich zu einem künstlerischen Austausch zwischen den europäischen Ländern bei.443 Deutsche Journale, wie die seit 1798 erscheinende Zeitschrift London und Paris444 kamen dem großen Interesse am Kunstgeschehen der beiden Metropolen entgegen und informierten über das Erscheinen neuester Kunstwerke und kulturelle Ereignisse.445 Kavaliers- und Kunstreisen gingen nicht nur nach Rom und Paris, sondern auch nach London. Hier belebten Geschäfte für Künstlerbedarf, Grafik, Aquarelle und vereinzelt auch Gemälde das Bild wichtiger Geschäftsstraßen und Viertel.446 Die Brüder Samuel (1777–1857) und Joseph Fuller (1783–1863) etwa waren Hersteller, Verleger und Händler für Drucke und Aquarelle, Malfarben und Künstlerbedarf (gegr. 1809). In ihrem „Temple of Fancy“ kaufte u.a. John Constable sein Skizzenbuch von 1835, das im Victoria & Albert Museum in London bewahrt wird (Abb. 194).447 443 Aus den englischen Druckereiadressen ergeben sich Informationen über geschäftliche Verbindungen und Geschäftsbewegungen. Die Liste von Graphikverlagen und -handlungen macht den überaus regen Handel mit Stichen in London zwischen 1770 und 1790 sowie von 1820 bis 1840 deutlich; vgl. Risch 1986, S. 135f. und Weber 1988, S. 14–16. Außerdem allg. Atherton 1974 und Brown 1972. 444 Die Zeitschrift London und Paris erschien zunächst in Weimar, seit 1820 in Halle und später in Rudolfstadt. Zwei deutsche Berichterstatter hielten sich zu diesem Zweck in den Städten auf und schrieben ihre Aufsätze vor Ort. Als Beilagen waren den einzelnen Bänden meist englische Karikaturen, vor allem Kupferstiche von James Gillray, Ansichten von London und Umgebung oder Porträts berühmter Zeitgenossen beigegeben; vgl. Kunstbibliothek Berlin, Lipp Zb 16. 445 Auch das seit 1832 in Berlin erscheinende Journal Berliner Modenspiegel informierte über Kunstund Kulturereignisse des Auslands. Seit 1835 erschien in London The Comic Almanack, der über den Verlagshandel auch in Berlin verkauft wurde. In über 19 Folgen im Jahr enthielten die Bände satirische Kommentare zu tatsächlichen und mutmaßlichen Ereignissen der Gegenwart, die Georg Cruickshank mit zahlreichen Karikaturen illustrierte; vgl. Kunstbibliothek Berlin, Lipp Xd 20 kl. Durch Otmar Beta ist man darüber informiert, dass Menzel die seit 1841 in London veröffentlichte Zeitschrift Punch, or the London Charivari besonders liebte: „Menzel ist selbst ein wenig Anglomane, der ,Punch‘, den er in ganzen Stapeln besitzt, sein Leib- und Magenblatt. Cruickshank, Leech, selbst du Maurier, der seinen Figuren nicht acht, sondern achtzehn Kopflängen gibt, sind ihm vertraute Zeitgenossen“; vgl. Lammel 1993, S. 71. Die Zeitschrift Punch ist einzusehen in Kunstbibliothek Berlin, Lipp Zb 70. 446 „Stellen Sie sich eine Straße vor, etwa so breit als die Weeder, aber, wenn ich alles zusammennehme, wohl an sechsmal so lang. An beiden Seiten hohe Häuser mit Fenstern von Spiegelglas. Die unteren Etagen bestehen aus Boutiquen und scheinen ganz voll von Glas zu sein. Viele Tausende von Lichtern erleuchten da Silberläden, Kupferstichläden, Bücherläden, Uhren, Glas, Zinn, Gemälde, Frauenzimmerputz und -unputz, Gold, Edelsteine, Stahlarbeit, Kaffeezimmer und Lottery-Offices ohne Ende. Die Straße ist wie zu einem Jubelfest illuminiert [...] dem ungewohnten Auge scheint dies alles wie ein Zauber“; Georg Fr. Lichtenberg vermittelt in seiner Beschreibung aus dem Jahre 1775 einen lebhaften Eindruck der Fleet Street und Cheapside in London; zit. nach Risch 1986, S. 127. 447 Zu Constables Skizzenbuch vgl. Reynolds 1973, S. 221 und S. 226–230. Zu S & I Fuller vgl. Brown 1972, S. 70; Ausst.-Kat. Gilpin Ruskin 1987, S. 36 und 101 sowie British artists’ suppliers, 1650–1950 (3rd edition, October 2011; http://www.npg.org.uk/research/programmes/ directory-of-suppliers/f.php).

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Die Karikatur James Gillrays „Very slippy Weather“ aus dem Jahre 1808 bildet den Laden von Hannah Humphrey in der St. James Street ab, deren Hauptlieferant Gillray war (Abb. 195).448 Vor dem Schaufenster mit zahlreichen Karikaturen steht ein gemischtes Publikum und betrachtet die Bilder, während einer der Passanten versehentlich ausrutscht. Ein breit gefächertes Angebot und Service von Seiten der Händler lockte die Interessenten in die Läden, wo sie das Sortiment in Ruhe studieren konnten.449 Zu den wichtigsten Londoner Kunsthandlungen während der 1830er und 1840er Jahre, die auch Sachse namentlich erwähnt und persönlich aufsuchte, gehörten die Geschäfte von Rudolph Ackermann und P. & D. Colnaghi. Die Inhaber beider Firmen verlegten und verkauften überwiegend Graphik. Beide hatten sich einen Namen gemacht durch die Zusammenarbeit mit bedeutenden zeitgenössischen Künstlern und beide agierten äußerst erfolgreich auf dem internationalen Markt.450 Sachse suchte zuerst Rudolph Ackermann auf, den Sohn des gleichnamigen Firmengründers. Dieser führte seit 1834 das Geschäft seines Vaters. Sachse sah „schöne Sachen“ bei Ackermann. Gemeinsam trafen sie wiederholt Dominic Colnaghi, der nach dem Tod seines Vaters, des Graphikspezialisten und Kunsthändlers Paul Colnaghi, seit 1833 die Geschäfte allein weiterführte. Die Colnaghis hatten sich schon in den 1820er Jahren für John Constable engagiert und wesentlichen Anteil daran, dass einige Werke des bedeutenden englischen Künstlers in Paris gezeigt werden konnten. In London selbst beteiligten sie sich zudem an Ausstellungen der British Institution. Vorrangig aber waren auch sie Graphikhändler, die mit bedeutenden Künstlern wie Richard Parks Bonington zusammenarbeiteten und die künstlerische Druckgraphik förderten. Am 17. April 1838 besuchte Sachse nicht nur Ackermann und die National Gallery, sondern auch eine „Ausstellung moderner Bilder (Wasserfarben)“. Das Aquarell war in England schon um 1800 als eigenständiges Kunstwerk anerkannt und beim Kunstpu448 Vgl. Ausst.-Kat. Gillray 1986, Nr. 167a; zu den englischen Händlern von Karikaturen vgl. auch Patten 1983, S. 332f. 449 So ließ beispielsweise der Londoner Verlag Moon, Boys and Graves sein Publikum 1829 wissen, dass das Unternehmen „[...] will feel honored by Noblemen, and Gentlemen, and their various Friends, visiting, whenever convenient, their Establishment in Pall Mall, to pass such time as may be agreeable to them, in looking over their new prints that are dayly publishing, or any other class to which their particular taste may lead them; and they beg to assure Merchants, Captains, and Traders, who may require supplies of Engraving for exportation or other purpose, that they will always feel happy in the execution of their commands, upon the most advantageous terms the nature of their orders will admit; Moon, Boys, and Graves im Vorwort eines Kataloges aus dem Jahre 1829, S. VII; zit. nach Risch, 1986, S. 127f. Zudem belieferten die Verleger weitere Händler mit Exemplaren, um damit ein größeres Verteilungsgebiet zu erschließen: „[...] the exchange and sale of printed matter among the various shops was an important part of the business“; vgl. Atherton 1974, S. 39. Die Händler erstanden in diesen Fällen die angebotenen Blätter entweder zu einem Vorzugspreis oder durch Tausch mit eigenen Stichen, die sie im Lager liegen hatten; vgl. Risch, 1986, S. 120. 450 Vgl. Anhang 2.

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blikum beliebt. Die gegenüber den Ölgemälden als nachteilig empfundene Hängung auf den jährlichen Ausstellungen der Royal Society hatte bereits 1804 zur Gründung der ersten unabhängigen Gesellschaft von Aquarellisten geführt, die fortan eigene Ausstellungen organisierten. Jährliche Präsentationen sollten in erster Linie dem Verkauf und der Vermarktung der „Wasserfarben-Gemälde“ dienen. Die Society of Painters in Watercolours war mit diesem Konzept äußerst erfolgreich. Eine kolorierte Aquartinta von Thomas Rowlandson und Auguste Charles Pugin, die 1808 in Rudolph Ackermanns „Microcosm of London“ erschien, bildet die modernen Räumlichkeiten der Society of Painters in Watercolours in der Old Bond Street 16 ab (Abb. 196). Der Betrachter befindet sich in einem annähernd quadratischen Saal, in den das Tageslicht durch eine großflächig verglaste Decke hineinströmt. Allzu grelle Sonnenstrahlen werden durch ein gespanntes weißes Tuch gefiltert. Die zum Teil erstaunlich großformatigen Aquarelle sind in üppige Goldrahmen gefasst und dadurch kaum von Ölgemälden zu unterscheiden. Sie hängen je nach Größe in drei bis fünf Reihen dicht neben- und übereinander. In der Mitte des Raumes steht ein schmuckloser quadratischer Tisch mit zwei darauf abgestellten Teetassen auf einem kleinen ovalen Tablett sowie ein aufgeschlagenes Buch – wohl der Katalog der gezeigten Werke. An zwei einfache Holzbänke, die den Tisch flankieren, sind rücklings vier Stühle gestellt, auf denen Besucher unterschiedlichen Alters sitzen, um die Bilder in Ruhe zu betrachten oder sich ein wenig auszuruhen. Im Gegensatz zu Daubignys Darstellung von DurandRuels Galerie (Abb. 185), wo lediglich vereinzelte Personen auftreten, die die eher ruhige, exklusive Atmosphäre ähnlich wie in einer Privatsammlung unterstreichen, geht es in den Ausstellungsräumen der Society of Painters in Watercolours geradezu turbulent zu. Die Londoner Gesellschaft und sicher auch der ein oder andere Bildungsreisende von außerhalb finden hier ein Stelldichein. Männer und Frauen jeden Alters betrachten, inspizieren, erklären, überlegen, staunen und plaudern – über die Bilder und sicher auch über sich selbst. Die Damen tragen bodenlange Empirekleider mit Hut, Feder oder Haarschleife, die Herren überwiegend Frack und Zylinder. Doch auch ein raubeiniger Offizier in auffälliger roter Uniform, langem Säbel an der Seite und dicken Stiefeln findet sich unter den Besuchern, ebenso wie eine fratzengesichtige Alte in weißem Kleid mit Schleier, ein Greis mit junger Begleitung, beleibte und schlanke Herrschaften, die sich mal in vornehmer Zurückhaltung, mal übertriebenen Gesten des gesellschaftlichen Umgangs üben. Einige von ihnen haben Verzeichnisse in den Händen, die sie mit den ausgestellten Bildern zu vergleichen suchen. Ausschließlich von Herren werden Monokel für die entfernter hängenden Bilder benutzt. Man flaniert durch die mit „Aquarell-Gemälden“ vertäfelten Säle. Dieselben zeigen vorwiegend Landschaften, wie gut zu erkennen ist. Als Sachse im April 1838 London besuchte, wartete die Stadt bereits mit zwei Gesellschaften von Painters in Watercolours auf, weshalb offen bleiben muss, welche Aus-

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stellung sich der Berliner Händler denn nun angesehen hat.451 Vielleicht spielt das aber auch nicht die wesentliche Rolle. Festgestellt werden kann, dass beide Künstlervereinigungen als Ausstellungsalternative neben die Royal Academy getreten und schnell sehr erfolgreich waren.452 Während seines Londonaufenthaltes im Frühjahr 1838 wusste Sachse noch nicht, dass im Herbst der beschriebene, heftige Meinungsstreit mit der Berliner Akademie auf ihn zukommen sollte.453 Auch Sachse sollte sich dazu entscheiden, sein Institut mehr und mehr als Ausstellungsalternative neben dem offiziellen Salon auszubauen. Nur allzu gern wüsste man konkreter über die Vorhaben und Geschäfte Bescheid, die er bereits in London beschloss. Im Zuge seiner Abreise notierte Sachse „Unannehmlichkeiten wegen einer Kiste mit Kunstsachen“, die ihm „abgenommen wird“.454 Der Berliner schickte einen Boten zu Ackermann, der sich wohl um die Überführung der kostbaren Fracht kümmern sollte. Einträge wie diese machen neugierig, denn es scheint fast so, als habe Sachse es vermieden, ihm wichtig erscheinende Abmachungen aus Angst vor Mitwissern in seinem Reisetagebuch allzu konkret festzuhalten. 1841 besuchte Sachse Wien. Der wichtigste Import in diesem Jahr war die Voigtländer-Kamera, von der in Sachses Tagebuch ebenso wenig zu lesen ist wie zwei Jahre zuvor vom Daguerreotyp. Von der Bedeutung des Wienbesuchs für Sachses Interesse an der Weiterentwicklung der Fotografie konnte bereits berichtet werden. Darüber hinaus nutze er den Aufenthalt, um den Kunst- und Graphikhandlungen der Stadt Besuche abzustatten und Geschäfte abzuschließen. Artaria & Co. war das älteste und renommierteste ortsansässige Unternehmen (Abb. 197). Es bestand in Wien seit 1766 durch ein persönliches Privileg der Kaiserin Maria Theresia.455 Zum Ende des 18. Jahrhunderts war die Firma, die mit Zeichnungen und Stichen handelte, einen Kunstverlag unterhielt und auch Auktionen veranstaltete, „bereits rühmlichst bekannt“.456 Sachse traf sich mehrmals mit dem Firmeninhaber August Artaria, sah „die reichen Sammlungen an Radierungen und Kupferstichen“ durch und schloss Geschäfte ab.457 Vermehrt fanden in Wien auch Geschäftstreffen mit Müller jun. und sen. statt, die sich durch ihre qualitätvollen Bilderbücher einen Namen gemacht hatten, mit Neumann, der eine lithographische Anstalt mit angeschlossener Kunsthandlung führte, mit Bärmann, über den kaum etwas bekannt ist, sowie mit den Kunst- und

451 Society of Painters in Watercolours, auch Watercolour Society, gegr. 1804, mit Ausstellungsräumen in Pall Mall East (1822–1838), spätere Royal Watercolours Society. Ausstellen durften nur die Mitglieder dieser Gesellschaft. Außerdem Associated Artists in Watercolours, gegr. 1808, ab 1831 New Society of Painters in Watercolours, ab 1863 Royal Institute of Painters in Watercolours. Diese jüngere Gesellschaft stellte von Anfang an auch Arbeiten von Nichtmitgliedern aus. 452 Vgl. Wilcox 2005. 453 Siehe Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Gegenwind“. 454 Vgl. Reisetagebuch, Anhang 1. 455 Vgl. Tenner 1966, S. 127. Außerdem Anhang 2. 456 Vgl. ebd., S. 129. 457 Vgl. Anhang 1 und 2.

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Musikalienhändlern Mechetti und Paterno.458 Bei Bärmann und Müller konnte Sachse für je 400 und bei Neumann für 85 Reichstaler Aquarelle verkaufen.459 Es ist regelmäßig von Geschäften zu lesen, die leider nicht näher beschrieben werden. Es darf angenommen werden, dass es sich immer wieder auch um Photographien drehte. Darüber hinaus notierte Sachse, dass er „Bilder von Dannhauser, Gauermann, Fendi und sämtlichen neuern Meistern auf Dosen gesehn“ habe. Er begeisterte sich für die Werke Antonio Canovas, für die Liechtenstein’sche, die Esterhazy’sche und die Galerie Rudolph von Arthaber sowie für die Ambras-Sammlung und traf mit einigen Künstlern zusammen. Er scheint einiges eingekauft zu haben. Am 26. September wurden „die Kunstsachen gut verpackt“ und Sachse reiste mit der Eisenbahn über Baden nach Prag.460 Auch hier hatte er Geschäftliches im Sinn. Prag expandierte. Die ehrwürdige Universitätsstadt hatte bereits seit 1818 ein Nationalmuseum, seit 1830 eine Pferde-Eisenbahn und seit 1834 die erste technische Hochschule in Europa vorzuweisen. Sachse besuchte die bedeutenden Verlage Haase und Söhne und Marco Berra.461 Mit Pollak, der eine Leder- und Papierfabrik führte, nahm er Geschäftsverbindungen auf und ließ sich von ihm durch die Stadt führen.462 Wiederholt besuchte er August Piepenhagen (1791–1868), dessen „höchst treue und feine Naturauffassung“ er bewunderte.463 Er kaufte 26 Skizzen. Es handelt sich dabei um denselben Piepenhagen, den Adalbert Stifter als „der dichtungsvollste Landschaftsmaler, den ich kenne“ bezeichnete. Sachse lobte zudem eine der malenden Töchter, die „ein ungewöhnliches Talent besitzt“.464 Auch in den deutschen Ländern entwickelte sich im Laufe der ersten Jahrhunderthälfte das institutionalisierte private Bildergeschäft. In München, wo sich bereits 1810 fünf „Kunst- und Bilderhandlungen“ nachweisen lassen, beschäftigten sich 1833 mindestens drei Geschäfte mit dem Verkauf von Ölgemälden, Lithographien und Handzeichnungen,465 unter ihnen die Wimmer’sche Kunsthandlung.466 1838 kam Albert Montmorillons Kunsthandelsgeschäft hinzu, dass hauptsächlich auf Nachlassauktionen ausgerichtet war. Außerdem handelte Bolgiano mit Gemälden vorwiegend der örtlichen Malerschule und auch Zeller stellte neben Pfeifen, optischen Instrumenten und Spielzeug gleichsam Gemälde bei sich aus.467 458 Vgl. ebd. 459 Vgl. ebd., Eintrag vom 23. September 1841. 460 Vgl. Anhang 1. 461 Vgl. Anhang 2. 462 Vgl. Anhang 1. 463 Vgl. ebd. 464 Vgl. ebd. 465 Vgl. Meissner 1989, S. 16. 466 Die Wimmer’sche Kunsthandlung wurde 1824 von J. M. Hermann in München eröffnet. Bei Sachses Aufenthalt in München 1847 ist in den Tagebuchnotizen von „Geschäften mit der Hermannschen“ zu lesen. Ob dieser J. M. Hermann damit gemeint sein könnte, bleibt jedoch offen; vgl. Anhang 2. 467 Vgl. zu den Händlern Anhang 2.

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Als Sachse München im November 1847 für zwei Wochen bereiste, scheint er an die vertrauten Strukturen angeknüpft zu haben. Er besuchte sämtliche Sehenswürdigkeiten, war in den Kunst- und Künstlervereinigungen unterwegs, traf sich regelmäßig mit den genannten Händlern und einer ganzen Reihe von Künstlern, darunter den Quaglios, mit denen er seit seiner Ausbildungszeit 1827 verbunden war. Die Tage waren mit Geschäften, die Abende mit gemeinsamen Essen, „Tanz und Gesang“ ausgefüllt.468 Das rege Kunst- und Künstlerleben in München schlug sich in Sachses langen Eintragungen für die Tage zwischen dem 14. und dem 22. November 1847 nieder.469 Ein Ereignis mag dabei von besonderer Wichtigkeit gewesen zu sein: der Ankauf der bedeutenden Gemäldesammlung des Domherrn Speth.470 Der vielseitige Unternehmer Grosjean, mit dem Sachse in diesen Tagen viel unterwegs war, scheint dabei eine vermittelnde Rolle gespielt zu haben: „Im Hotel Karte von Grosjean wegen der Speth’schen Sammlung. Sogleich zur Besitzerin und Kontrakt abgeschlossen. Triumph. Um 8 Uhr alles fertig. Gott von Herzen für das Gelingen gedankt“, schrieb Sachse am 16. November 1847 in sein Tagebuch.471 Am Folgetag ging es um die Ankaufsmodalitäten: „9 Uhr mit Hüttner in die Kammer, Schluß der Debatte über die Art der Aufnahme der 12 Millionen; Referent von Lerchenfeld für die Minorität, v. Baer, v. Vogel, v. Closen Präsident. Nach Tisch Siegelung der gekauften von Speth’schen Sammlung, ein wahrer Kunstschatz! Dann mit Grosjean zu von Eichthal.“ Die genannte Summe von „12 Millionen“ ist enorm und wird keinesfalls von einer Person alleine aufgebracht worden sein. Es scheint auch so, als habe sich für den Ankauf der sich aus 101 Ölgemälden nebst zahlreichen kostbaren Kunstblättern zusammensetzenden Sammlung eine Art Konsortium zusammengefunden, möglicherweise um den Verbleib in München zu sichern. Von Grosjean, der sich in den Folgejahren intensiv mit der Galvanographie auseinandersetzte, ist bekannt, dass er einige Bilder der Sammlung in dieses Medium übertrug.472 Leider konnte es im Rahmen dieser Arbeit nicht unternommen werden, dem Schicksal der Sammlung im Einzelnen auf die Spur zu gehen. Sicher ist, dass sie bis zum 16. September 1856 in München als Ganzes zu sehen blieb, dann aber von Rudolph Weigel ebenda versteigert wurde.473 Die wichtigste Gemäldehandlung in Dresden war die Galerie Ernst Arnold (Abb. 198 und 199).474 In Düsseldorf florierte die Kunsthandlung der Firma Arnz & Co., mit 468 Vgl. Anhang 1. 469 Vgl. ebd. 470 Der Domherr Balthasar von Speth, Kunstsammler und Schriftsteller, hatte eine bedeutende Sammlung alter Meister, Gemälde, Stiche und Zeichnungen zusammengetragen. Er war 1846 verstorben. Nach eigenem Wunsch sollte die Sammlung als Ganzes veräußert werden; vgl. Sammlung Speth, in: Der bayerische Volksfreund, Nr. 133, 23. August 1846, S. 549. 471 Vgl. Anhang 1. 472 Vgl. Anhang 2. 473 Vgl. Rudolph Weigel’s Kunstlager-Catalog, 28. Abtl., Leipzig 1857, S. 11 und die Anzeige zur Versteigerung in: Schwäbische Chronik, Nr. 202, 24. August 1856, S. 1899. 474 Vgl. Anhang 2.

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der Sachse in geschäftlichem Kontakt stand (Abb. 55).475 Die Düsseldorfer Malerschule spielte eine bedeutende Rolle während der 1830er und 1840er Jahre, und dies über die preußischen Landesgrenzen hinaus.476 Der hier ansässige größte preußische Kunstverein war nicht nur einer der wichtigsten Käufer, sondern sorgte über Wanderausstellungen und hochwertige Reproduktionen für eine internationale Verbreitung zahlreicher Düsseldorfer Werke.477 Auch Sachse zeigte und vermittelte die Künstler aus der Rheinprovinz. Die Düsseldorfer Händler spielten jedoch erst um die Jahrhundertmitte eine zunehmend sichtbare Rolle.478 Auch in der eigenen Stadt bekam Sachse & Co. bald Konkurrenz, zumal was den Handel mit französischer Malerei anging. Die Begeisterung für die Pariser Kunstwerke hatte in Berlin unmittelbare Folgen für den örtlichen Markt. Bereits 1838 war Sachse gleich nach seiner Ankunft in Paris bekannt geworden, dass „hier ein Berliner schon bedeutend eingekauft haben soll“.479 Die Lüderitz’sche Kunsthandlung480 hatte „wieder eine Sammlung Pariser Aquarellen erhalten“,481 die sie zusammen mit „zwei trefflichen neuen Bildern von Gudin“ in der Kunsthandlung Unter den Linden ausstellte (Abb. 200).482 Julius Kuhr hatte sich im Sommer 1839 einen Saal im dem legendären Gasthaus Hôtel de Russie, am Schinkelplatz 1, gemietet (Abb. 201). Hier stellte er nicht nur Aquarelle „der vorzüglichsten französischen Künstler“ aus.483 Wie France Nerlich darlegte, trat Kuhr, inspiriert von Sachses Kunsthandel, mit einer erstaunlich offensiven Strategie auf: Nach finanziellen Schwierigkeiten in seinem eigenen lithographischen Institut hatte er sich neu orientiert und war 1839 ebenfalls (erneut) nach Paris gereist.484 Zurück in Berlin wandte er sich direkt an den preußischen Hof mit der Bitte, seine angekauften Pariser Meisterwerke im Palais Royal ausstellen zu dürfen.485 Kuhrs Ansinnen war abgelehnt worden. Daraufhin organisierte er die Ausstellung im Hôtel de Russie, wo Anfang desselben Jahres bereits eine Ausstellung mit Düsseldorfer Künstlern, 475 Vgl. Anhang 1. 476 Vgl. Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011. 477 vgl. Baumgärtel 2011, S. 39; Mai 2011, S. 55f.; Mauer/Scheeben 2011, S. 305–307. 478 Vgl. Kapitel IV.2, „Berlins erste private Kunsthalle (1853–1875)“. 479 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Paris, 23. März 1838. 480 Die Berliner Firma wurde gegen Ende der zwanziger Jahre von C. G. Lüderitz gegründet. In dem zunächst Königsstraße 6 angesiedelten Unternehmen war ein Verlag (E. H. Schroeder) und wohl auch eine Steindruckerei vereint. Die von Schroeder Anfang der dreißiger Jahre übernommene Lüderitz’sche Buch- und Kunsthandlung zog um 1840 in die Straße Unter den Linden. Hier wie in der Oranienburger Straße wurden zwei weitere Geschäftslokale eingerichtet, das Hauptgeschäft Unter den Linden 58, später 27, führte F. Joseephy. Die Firma handelte mit Graphik, Büchern und Gemälden; vgl. Achenbach 1984, S. 393. 481 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 142, 21. Juni 1839. 482 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 138, 17. Juni 1839. Zu den Händlern vgl. Anhang 2. 483 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 135, 13. Juni 1839. 484 Vgl. Nerlich 2010, S. 140f. 485 Vgl. ebd., S. 140, Anm. 135. Nerlich verweist hier auf das Schreiben in GStAPK I HA Rep. 89, Nr. 19668, fol. 53, Julius Kuhr an den König von Preußen, Berlin, den 22. Mai 1839.

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allerdings im ausdrücklichen Einverständnis mit der Akademie, stattgefunden hatte.486 Kuhr präsentierte damit gut drei Monate vor der Eröffnung der offiziellen akademischen Ausstellung seine eigene Konkurrenzveranstaltung. Und nicht nur das: Er nutzte den willkommenen Umstand, dass es sein lithographisches Institut war, wo der offizielle Ausstellungskatalog seinerzeit gedruckt wurde. In einem „Anhang“ erweiterte er eben diesen Katalog um jene französischen und englischen Meisterwerke, die von ihm bereits ausgestellt, von der Akademie aber eben deswegen abgelehnt worden waren. Die ingesamt zwölf Gemälde von Horace Vernet („Contrebandiers in den Pyrenäen“), Auguste Biard („Besuch bei der Amme“), Ary Scheffer („Großvaters Schlaf“), Louis Vincent Fouquet („Ein Affenführer“), Nicolas-Toussaint Charlet („Kartenspieler“), Jean Augustin Franquelin („L´horoscope“), Charlemagne Oscar Guet („Erdbeerenverkäuferin“), Alexandre Gabriel Descamps („Ein lasstragender Fellah“), Eugène Lepoittevin („Küstenbild“), Théodore Gudin („Küstengegend, bei untergehender Sonne“) und John Constable („Zwei Landschaften – 1. Hampstead-Heath bei London, von der Westseite, mit dem Schloss Harrow und 2. Heampstead-Heath von der Südwestseite, mit Schloß Windsor“; Abb. 202 und 203) wurden in dem von Julius Leopold Klein redigierten offiziellen Katalog so, im Nachhinein, noch einmal ausführlichst beschrieben und – quasi durch die Hintertür – offiziell gewürdigt.487

486 Vgl. ebd., S. 141. 487 Vgl. ebd. In dem Bericht über die Berliner Kunstausstellung im Jahr 1839, red. von Julius Leopold Klein, erschienen bei Julius Kuhr, Berlin 1839, heißt es im Anhang einleitend (S. 96): „Die Statuten der Akademie, die nachfolgenden Gemälden aus dem Grunde keinen Theil an der öffentlichen Ausstellung geben durften, weil selbe bereits anderweitig zur Anschau gekommen waren, können mit ihrem Veto einer ausführlichen Besprechung der Zurückgewiesenen nicht in den Weg treten, und auch der Leser wird sie, dieses formellen Umstandes wegen, nicht als Eindringlinge oder Nachzügler betrachten wollen. Diejenigen aber, die an Ort und Stelle sich dieser Meisterstücke zu erfreuen nicht die Gelegenheit fanden, und dafür so so viel mittelmäßige Klipp- und Klitterwaare sich mussten gefallen lassen, werden uns höflich Dank wissen, dass wir den Ausgestossenen zu ihrem Rechte verhalfen, und eine zuständige Theilnahme an der allgmeinen Berichterstattung gönnten. Vorweg müssen wir Einspruch gegen die Verdächtigung erheben, als veranlasse uns dieser, durch eine heimliche Hinterthür gleichsam eingeschobene Nachtrag, mit Vernet’s Schleichhändlern zu beginnen.“ Bei den zwölf Werken im Nachtrag handelt es sich um Horace Vernet: „Contrebandiers in den Pyrenäen“ (S. 96–99); Biard: „Besuch bei der Amme“ (S. 99–101); Ary Scheffer: „Großvaters Schlaf“ (S. 101–102); Fouquet: „Ein Affenführer“ (S. 102–104); Charlet: „Kartenspieler“ (S. 104–105); Franquelin: „L’horoscope“ (S. 105); Guet: „Erdbeerenverkäuferin“ (S. 105–106); Decamps: „Ein lastentragender Fellaah“ (S. 106); Lepoittevin: „Küstenbild“ (S. 106–107); Gudin: „Küstengegend, bei untergehender Sonne“ (S. 107–108); Constable: zwei Landschaften, 1. „Heampstead-Heath bei London, von der Westseite, mit dem Schloss Harrow“, 2. „Heampstead-Heath von der Südwestseite, mit Schloss Windsor“ (S. 108–110). Kuhrs Ausstellung war nicht zuletzt insofern ein bedeutendes Ereignis, als dass hier erstmals zwei Werke von John Constable zu sehen waren. Diese hinterließen bei den Berliner Künstlern wie etwa Adolph Menzel einen nachhaltigen Eindruck; vgl. zu Menzel und Constable jüngst Busch 2015, S. 111–117.

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Auch Sachse zeigte in seinen Räumen 1839 erneut eine wahre Flut französischer und europäischer Kunst, die ihn in vier Sendungen erreichte.488 Der von Sachse in Berlin eingeleitete Gemäldeverkehr hatte eine eigene Dynamik entwickelt, wie auch die Berlinischen Nachrichten feststellten: „Unsere Hauptstadt scheint bestimmt zu seyn, ein Versammlungsort für die ausgezeichnetsten Erzeugnisse der neuern französischen Malerschule zu werden“,489 denn „die Kunstsendungen von außerhalb folgen in diesem Jahre so schnell aufeinander, dass man mit ihnen kaum Schritt zu halten im Stande ist“.490 Sachses Kunstsalon bildete während jener Jahre ohne Zweifel das Zentrum des internationalen Bilderhandels in Berlin. Sein Programm bestand darin, „den Berlinern Gelegenheit [zu] geben, ihre Berliner Künstler besser kennenzulernen. Darüber hinaus sollte sie ihnen die Möglichkeit bieten, Werke aller lebenden europäischen Künstler von Rang zu sehen und, wenn ein Bedürfnis vorlag, zu kaufen“, wie Kern treffend zusammenfasste.491 Eine Vorstellung der Fülle und Vielfalt der aktuellen deutschen und europäischen Kunstströmungen, die hier zu sehen waren, überliefert ein zeitgenössischer Ausstellungsbericht: „Die Liebhaber der edlen Malerkunst finden Gelegenheit, ihre Wiß= und Neubegier eben jetzt auf eine lohnende Weise zu befriedigen, wenn sie sich in die Kunsthandlung von Herrn Sachse begeben. Außer einer schönen Collection aus der neuen Holländischen und Belgischen Schule findet man dort eine reiche Sammlung von Holländischen, Belgischen, Französischen und deutschen Aquarellen, welche letztere aus der Münchner, Düsseldorfer und Berliner Schule stammen. [...] Man begegnet auf diesen reich ausgestatteten Blättern allen Künstler-Nobilitäten unserer Zeit, denn es lebt gegenwärtig wohl kein Maler, der sich nur irgend einen Ruf erworben hat, von dem sich hier nicht eine Zeichnung vorfände. Es ist wahrhaft ein Denkmal der neueren Malkunst [...].“492 Der regelmäßige Zufluss ausländischer und insbesondere französischer Kunstwerke seit 1835 machte sich nicht zuletzt in der äußerst lebendigen Kunstkritik jener Zeit bemerkbar, die zunehmend routiniert mit den Werken der Gastkünstler umging und die sich auch inhaltlich veränderte. In Anlehnung an die Beobachtungen von France Nerlich soll hier abschließend auf Julius Leopold Kleins „Berichte über die Berliner Kunstausstellung“ der Jahre 1838 bis 1842 aufmerksam gemacht werden, die bei Kuhr gedruckt, aber von Gropius herausgegeben wurden.493 Klein gehörte, ebenso wie der be488 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 125, 1. Juni 1839; Nr. 138, 17. Juni 1839; Nr. 141, 20. Juni 1839 und Nr. 160, 12. Juli 1839. 489 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 138, 17. Juni 1839. 490 Vgl. Berlinische Nachrichten, Nr. 142, 21. Juni 1839. 491 Vgl. Kern 1934, S. 4. 492 Vgl. „Berliner Conversation“, in: Berliner Modenspiegel, 6. Jg., 1837, S. 216; LAB, E. Rep. 20003, Nr. 6. Wie schon 1835 vergleichsweise das Musée du Luxembourg herangezogen wurde, wird auch hier wieder auf einen musealen Kontext verwiesen. Es wird darauf kurz zurückzukommen sein in Kapitel IV.3.a, „Museums-Kulturen“. 493 Vgl. Nerlich 2010, S. 128–132. Die akademischen Ausstellungen fanden in der Interimszeit von 1838 bis 1840 jährlich statt, danach kehrte man zu dem ursprünglichen Zweijahresrhythmus zurück.

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reits mehrfach erwähnte Adolph Schöll, einer jungen Schriftsteller- und Kritiker-Generation an, deren Kunstbetrachtungen weniger tradierten akademischen oder auch ideologischen Prinzipien folgten als vielmehr auf ästhetischen Beobachtungen basierten.494 Die französischen Kunstwerke spielten hierbei eine wesentliche Rolle. Klein ebenso wie Schöll versuchten die Werke in ihrer ihnen eigenen Originalität zu begreifen, die Funktion ihrer Komposition zu verstehen, die Emotionen des Betrachters zu beschreiben und die Besonderheit eines künstlerischen Talents zu benennen: „Julius Leopold Klein, auteur de comptes rendus en 1839, 1840 et 1842, nous fait entrevoir un pan de la critique d’art allemande du Vormärz, influencée par les leçons esthétiques de Hegel, à la fois pour ce qui est des analyses formelles qu’il entreprend avec un grande liberté par rapport aux conventions académiques, et pour ce qui est de l’analyse du sens même des œuvres“, so Nerlich.495 Exemplarisch soll der Blick auf zwei französische Kunstwerke gelenkt werden, die Sachse 1838 auf die akademische Ausstellung vermittelt hatte. Das erste Bild ist eine „Landschaft“ von Jules Coignet, die Klein zum Nachdenken über das „Wahre“ in der künstlerischen Übersetzung der Natur anregte. Wahrheit und Authentizität waren für Klein die wesentlichen Kriterien für die Beurteilung von Landschaftsmalerei. Es ging ihm jedoch weniger um topographische, botanische oder geographische Abschriften als vielmehr um das Gefühl, das die Landschaft produziert bzw. die Erfahrung, die der Betrachter selbst schon einmal in einer solchen Landschaft gemacht hat.496 In Coignets kleinformatigem Bild erkannte er entsprechend „eine der großartigsten Landschaften, die an Pinselkraft vielleicht alle anderen übertrifft. Der Beschauer muss sich in den Charakter der dargestellten Natur hineinzufühlen suchen“. Voraussetzung, um ein solches Bild malen zu können, sei „die größte Freiheit in der Beherrschung der Kunstmittel, eine alles Spröde bewältigende Farbenmacht, die weichste und saftigste Pinselfülle“. Über Coignets „Sicherheit und Größe der Pinselführung“ könne man nur staunen: „Pastos, frei und plastisch, als wären die Farben auf eine Fingerprüfung berechnet und dabei von einer Klarheit, einem naturinnigen Schmelze und einer seelentiefen Transparenz, die auf die geistigste Wirkung zielen“.497 Der einzige deutsche Landschaftsmaler, den Klein den besten Franzosen zur Seite stellen wollte, war – bezeichnenderweise – Carl Blechen.498 Blechens ebenfalls 1838 über Sachses Vermittlung auf der Akademieausstellung gezeigtes, kleinformatiges Bild „Ruinen des Palastes der Königin von Aragonien aus einer Grotte gesehen“ war für Klein „die Poesie des Landschaftlichen selber“ (Abb. 229): „Das Bild, so klein es ist, so unscheinbar und mit so geringen Mitteln ausgeführt, dass es gleichsam nur poetisch hingefühlt zu sein scheint, ohne alle materielle Zutat, ist das einzige in diesen Sälen, das man den besten französischen an die Seite setzen kann. In Absicht dichterischer tiefe, Unmittelbarkeit der höchsten landschaftlichen Empfindung, 494 Vgl. ebd., S. 128. 495 Vgl. ebd., S. 131. 496 Vgl. ebd., S. 130. 497 Vgl. ebd. und Klein 1838, S. 49–52. 498 Vgl. Nerlich 2010.

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von der Meisterschaft eines vollendeten Pinsels, nur leise und fast geisterhaft überschleiert, ist es unvergleichlich zu nennen.“499 Das zweite Beispiel, dem hier kurz besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, ist Camille Roqueplans großformatige „Ballszene“ (Abb. 204). Sie war vom preußischen Hof angekauft worden. Das an „Farbenglanz, Grazie und Personenreichthum unübertreffliche“ Werk wurde auch in den Berlinischen Nachrichten überschwänglich gefeiert: „Man sieht hier die Pariser Oper zum Ballsaal eingerichtet [...]. Über hundert deutliche, charaktervolle Physiognomien haben wir selbst in dem Bilde gezählt [...] Man könnte das Bild in einzelne Stücke zerschneiden und jedes wäre ein meisterhaftes Genre-Bild, die Physiognomien wechseln höchst merkwürdig ab, und endlich sind die Farben so einzig dass man schon daran Meister, auch den Franzosen, erkennt, die bekanntlich in diesem Theil der Kunst einen grandiosen Vorsprung vor den deutschen Künstlern haben.“500 Klein knüpfte an diesen Enthusiamus an, suchte aber der Faszination für das Bild noch konkreter auf den Grund zu gehen. Er beschrieb eingehend die Farben, den Farbauftrag, die Mimiken und Gesten der einzelnen Personen und Situationen als auch das atmosphärische Ganze, das mit „einer Kraft und Verwegenheit“ ausgeführt sei, „über die seine Kunstgenossen, die deutschen mindestens, erschrecken müssen“.501 Roqueplans Ballszene, zumal begleitet von den unvoreingenommenen, scharfen Beobachtungen Julius Kleins, bringt unweigerlich den damals zweiundzwanzigjährigen Adolph Menzel auf den Plan, der den Pariser Maler damals als einen der Begründer der modernen französischen Schule bewunderte.502 Es ist davon auszugehen, dass er das großformatige Bild kannte, das über seinen Verleger und Förderer Sachse nach Berlin kam – und in Berlin blieb. Auch Menzels Freund Eduard Magnus, der Roqueplan aus Paris persönlich kannte, besaß ein Gemälde dieses Künstlers.503 c

Händler und Mentor

Adolph Menzel

Die Tätigkeiten in Sachses Kunsthandlung hatten sich seit der Gründung des lithographischen Instituts in kürzester Zeit erheblich ausgeweitet. Als Sachse Menzel ebenfalls noch Ende des Jahres 1838 beauftragte, ihm einen Briefkopf für die geschäftlichen Korrespondenzen der Firma zu gestalten, nahm dieser die vielfältigen Aktivitäten in Sachses Lokal auf und ließ sie in die Schmuckleiste mit einfließen. Dabei zeichnete Menzel zwei 499 Vgl. Nerlich 2010 und Klein 1838, S. 34–38. 500 Vgl. Nerlich 2010, S. 127f. und Berlinische Nachrichten, Nr. 240, 13. Oktober 1838. 501 Vgl. Klein 1838, S. 82–87 und Nerlich 2010, S. 130. 502 Vgl. Kapitel IV.1.a „Gewagte Versuche / Französische Farbenplastik und das Augenfest von 1836“. 503 Vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1839, Nr. 714, Roqueplan, „Ein Sommerabend“ (in Besitz des Herrn Magnus).

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Varianten eines Briefkopfes (Abb. 205 und 206), doch wurde wohl nur der eine auch in Gebrauch genommen (Abb. 207).504 Sachse habe den zweiten aufgrund der „verletzenden Anspielungen auf Personen und Verhältnisse“ nicht an die Öffentlichkeit gebracht, so Dorgerloh.505 Beide Federlithographien sind nach dem gleichen Grundprinzip aufgebaut. Das Zentrum bildet jeweils eine Figur, von der aus sich in großen, annähernd parallelen Schwüngen ein lianenartiges Rankenwerk nach beiden Seiten hin ausbreitet. In den Ranken spielen sich verschiedene kleine, figürlich dargestellte Szenen ab, die sich an die Geschäftstätigkeit der renommierten Kunsthandlung und den allgemeinen Kunstbetrieb anlehnen. Menzel ordnete beide Federzeichnungen so auf der Druckplatte an, dass sie sich wie Spiegelbilder zueinander verhalten. Der inoffizielle Briefkopf erscheint dabei wie ein ironisch-kritischer Kommentar zum offiziellen Geschäftsschmuck. Bei der in Gebrauch genommenen Darstellung sitzt Merkur, der Patron des Handels, im Zentrum des Geschehens (Abb. 205). Seinen Kopf nach links oben gewandt schaut er auf zu einem Putto, den er auf seinen Schultern trägt. Der Knabe schüttet ein Füllhorn aus, der Interpretation Kerns zufolge „als Symbol der jungen, Gaben spendenden Kunst“.506 Im Rankenwerk der linken Bildhälfte – rechterhand des Merkur – sind ein Maler (linke Ecke), ein Lithograph und ein Drucker (mittig) sowie Werkstattgehilfen bei der Arbeit dargestellt (unten). Ein Mann (vielleicht der Institutsleiter) betrachtet indessen ein fertiges Blatt. Er lehnt rückwärts an einer ausschwingenden, lilienähnlichen Blüte, in unmittelbarer Nähe und auf Kopfhöhe mit Merkur und dem Putto. Zu seinen Füßen steht ein Werkstattgehilfe mit Schürze, vielleicht auch ein Lithograph, der fragend zu ihm aufblickt. Mit dem sitzenden bebrillten Herrn im Gehrock, der das Blatt begutachtet, könnte Sachse selbst gemeint sein. Die gegenüberliegende Szenerie auf der rechten Bildhälfte – zu Merkurs Linken – zeigt die Verpackung von Gemälden in Kisten (mittig) und deren Abtransport per Pferdekarren (unten). Derweil beurteilt ein Paar ein Gemälde, das ihnen von einem Mantel präsentiert wird (mittig). Ohne, dass ihn eine Person trägt, scheint dieser zum Leben erweckt. Parallel zum begutachtenden Institutsleiter der linken Blatthälfte (Sachse?) sind in der kleinen Schlaufe rechts zwei Kritiker eifrig ins Schreiben vertieft. Die zweite, auf der unteren Blatthälfte abgebildete Federzeichnung Menzels ist wesentlich brisanter und trägt alle Züge einer Satire (Abb. 206). Nicht Merkur selbst steht im Zentrum, sondern sein berühmtes Attribut, der Merkurstab, um den sich zwei Schlangen winden. Statt des Flügelpaares wird dieser Stab allerdings von einem Eselskopf bekrönt. Die Schlangen winden sich zudem nicht in der bekannten, elegant achsensymmetrischen Art um sich selbst, um ihre Blicke schließlich aufeinanderzurichten, sondern sie verknoten sich regelrecht in- und miteinander. Köpfe, Hälse und Schwan504 Vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, Nr. 281. 505 Vgl. Bock 1923, S. 133. Elfriede Bock schreibt, dass die Angabe von Dorgerloh sich auf Aussagen des Kommerzienrates Sachse stützt. 506 Vgl. Kern 1834, S. 9.

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zenden strecken sich wie die Arme und Beine eines Phantasietieres zu beiden Seiten hin aus. Die geöffneten Mäuler der Schlangen verschlingen ihnen entgegenrollende Goldstücke und/oder speien dieselben wieder aus. Auf der linken Bildseite befinden sich – wie in der offiziellen Schmuckleiste – ein Maler, diesmal mit phrygischer Mütze, beim Betrachten seines Bildes, sowie ein Lithograph und ein Drucker vor einer Steindruckpresse (alle mittig). Ein bebrillter Mann begutachtet ein fertiges Blatt (vielleicht Sachse?; nun in der unteren linken Ecke), zwei Werkstattgehilfen mühen sich beim Tragen schwerer Pakete (unten) ab, eine Figur mit Hundekopf schreibt in ein Buch (mittig, zentrumsnah). Mit Letzterem könnte ein Kritiker gemeint sein oder ein Buchhalter, der die Ein- und Ausgänge in einem Geschäftsbuch festhält. Der rechte Bildteil zeigt wiederum das Verpacken diesmal eines ganzen Stapels von Blättern in eine riesige Kiste, die zum Abtransport beschriftet wird (unten). Auch die ein Gemälde begutachtenden Kritiker und Kunstkenner finden sich wieder (mittig). Sie nehmen nun den Hauptteil dieser Bildhälfte ein und sind in ihrer beäugenden Pose karikaturhaft übersteigert dargestellt. Das Gemälde, wohl ein Damenporträt, wird ihnen nun von einem manteltragenden Hund präsentiert. In der unteren rechten Ecke schreibt ein Mann (Menzel selbst?) das Monogramm „AM“ auf einen überdimensionalen Stein, dem sich eine weitere Figur rückseitig so entgegenstemmt, dass der schwere Block für den Vorgang des Beschriftens annähernd aufrecht steht. Wieder ist es die (Reflexions-)Form der Arabeske, die Menzel den Briefköpfen zugrunde legt.507 Sachses Kunstsalon war für Menzel eine äußerst vertraute Institution, die wesentliche Erscheinungen aktuellen Kunstlebens nicht nur in sich vereinte, sondern – zumindest in Berlin – durchaus mitbestimmend wirkte. Das gleichzeitige Erstellen von künstlerischen Originallithographien als auch von Reproduktionen und Gebrauchsgraphik, der Handel und das Ausstellen von graphischen Arbeiten wie von Gemälden aus dem In- und Ausland machten den Salon zu einem zentralen Begegnungsort für Künstler, Kunst und Publikum. Die Künstler (auch Menzel selbst) bekamen hier die Möglichkeit, ihre Forderungen mit und in ihren Werken der Öffentlichkeit gegenüber geltend zu machen, die Kunstliebhaber, sich zu informieren, zu erfreuen und im besten Fall zu kaufen. Doch traten zugleich „neue“ Abhängigkeiten auf: die Wünsche des Institutsleiters, der Auftraggeber, der Kunstkenner und Kritiker, die durch ihre Ansichten und Ratschläge sowohl den Künstler in seinem Schaffen als auch den Sammler in seiner Kaufentscheidung beeinflussen konnten. All das wirkte sich oft entscheidend auf die Kunstproduktion selbst und den Grad ihrer Verbreitung aus. Schon bei Menzels Erstlingsarbeit, den „Erdenwallen“ (Abb. 137–139), hatte Sachse nicht nur den Auftrag, sondern auch „Ideen und Plan zu den einzelnen Darstellungen“ gegeben – was einerseits Menzels eigene Abhängigkeit von den modernen Arbeitsbedingungen beschreibt, andererseits ein gewisses gegenseitiges Vertrauen voraussetzen mag, betrachtet man die individuelle Umsetzung dieses frühen gemeinsamen Unterneh-

507 Vgl. Kapitel II.3.c „Die Kunst will leben / Künstlers Erdenwallen“.

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mens.508 In den Briefköpfen für Sachse tauchen nun Motive auf, die erneut auf Menzels „Erdenwallen“ und den Kunstbetrieb der eigenen Zeit verweisen. Besonders deutlich wird dies sicher in der zweiten, hier als eine Art satirischer Künstlerkommentar verstandenen Version der Schmuckleiste. Merkur bzw. Merkurstab und Eselskopf sind jeweils auf der senkrechten Mittelachse auffallend prominent platziert.509 Auf dem Titelblatt zu den „Erdenwallen“ ist es Apoll, der Gott der Künste, der den törichten König für sein Fehlurteil mit den Eselsohren bestraft (Abb. 137). Auf dem offiziellen Briefkopf sitzt Merkur im Zentrum des Geschehens (Abb. 205). Der Handelspatron hatte seinen goldenen Zauberstab einst von Apoll, seinem Bruder, geschenkt bekommen. In Menzels „Kommentarversion“ steht der „geschenkte“ Stab im Zentrum, dem, statt des Flügelpaares, der Kopf des sagenhaft sturen Tieres aufgesetzt wurde (Abb. 206). Betrachtet man die beiden auf einem Blatt gezeichneten Briefköpfe für Sachse nach der Art eines Januskopfes, oder aber auch: wie zwei Seiten einer Medaille, ergeben sich Gedankenspiele über Kunst und Handel - oder über Kunst und Geld. Die bekannte Vorliebe Menzels für satirische Bilderrätsel mag einen kleinen „Gedankenausflug“ erlauben. Was der Merkurstab berührt, verwandelt sich zu Gold, heißt es. Zugleich ist der Stab ein Friedenssymbol. Die beiden Schlangen winden sich in dem satirischen zweiten Briefkopf aber keinesfalls in Harmonie und Liebe um- und zueinander. Die chaotisch in sich verknoteten Tiere spucken und/oder schlucken goldene Taler, ohne das ein bestimmtes System dahinter zu erkennen ist. Zusammen mit dem Eselskopf wandelt sich der Merkurstab dadurch in ein riesenhaftes Phantasiewesen. Die Schlangen bilden nicht nur dessen Arme und Beine aus, sondern sie formen sich zu einem scheinbar lebendigen, organischen Rumpf. Die ganze Gestalt erinnert an eine humoristische Version eines berühmten mythologischen Ungeheuers, den Leviathan. Schon 1651 formte Thomas Hobbes um das allmächtige Mischwesen eine vielzitierte staatsphilosophische Schrift („Der Leviathan“). Diese basiert u. a. auf der wirkungsmächtigen Metapher vom Geld als Blutkreislaufsystem der Wirtschaft.510 Die schluckenden und speienden Schlangen rufen entsprechende Assoziationen hervor. Sie erscheinen wie die Organe des unbezwingbaren Fabelwesens, durch dessen Adern das belebende Edelmetall fließt. Das Urbild des Leviathans enthielt Züge eines Drachens, eines Krokodils oder einer Schlange. Das Frontispitz von Hobbes gleichnamigem Buch 508 Vgl. ebd. 509 1835 hatte Menzel das Titelblatt für den 3. Band von Raczynskis „Geschichte der neueren deutschen Kunst“ (erschienen 1841) gezeichnet, als, wie Werner Busch konstatiert, „man kann es nicht anders sagen – eine höchst kritische Abrechnung mit der Kunstentwicklung der letzten Jahrzehnte“. Busch erklärt in diesem Zusammenhang: „Er befindet sich an der Stelle, von der alle dialektisch argumentierenden Arabesken in der Nachfolge Philipp Otto Runges ihren Ausgangspunkt nehmen: Er verkörpert den Ursprung – hier allen Elends. Der Eselskopf mit dem aufgerissenen Maul ist eine direkte Paraphrase auf Runges ,Tag‘ aus der ,Zeiten-Folge‘; dort ist es ein großes Fischmaul, aus dem das alles nährende Wasser entspringt und zum Göttlichen hinstrebt – hier wird daraus ein Strom übler Nachrede“; vgl. Busch 2015, S. 39. 510 Vgl. Hörisch 2015, S. 28. Zum Leviathan vgl. Bredekamp 2003.

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zeigt einen Riesen, den Staat als Souverän, dessen Oberkörper sich kompositartig aus unzähligen winzigen Menschen zusammensetzt (Abb. 208).511 Ihr individuelles Tun bildet als Gesellschaft den monströsen (politischen) Körper. Bei Menzel ist dem Ungeheuer der Eselskopf aufgesetzt.512 Darüber hinaus klingen erneut die Abhängigkeiten der Kunst vom Geschmack derer an, die diese kauft. In der offiziellen Briefkopfversion ist es ein „namenloser“ Künstler, der hinter einem goldgerahmten großformatigen Bild steht, das ein Ehepaar betrachtet (Abb. 205). Auf der inoffiziellen Version ist es ein Hund, der an gleicher Stelle ein Gemälde präsentiert. Drei „albern aussehende Kunstliebhaber“513 recken dem Bild ihre Hälse entgegen (Abb. 206). In ihrer karikaturhaften Überzeichnung mag man keinem von ihnen ein ernstzunehmendes Urteilsvermögen zutrauen. Werner Busch merkte an, dass Menzel die Kunstkritik „für all die Fehlentwicklungen in der neueren Kunst“ verantwortlich machte.514 Tatsächlich sind Anspielungen auf die prominente Rolle der Kunstschriftsteller, die am Rand des Geschehens sitzen und sämtliche Aktivitäten und Schöpfungen beurteilen, auch auf beiden Briefköpfen für Sachse zu finden. Die Rolle der gedruckten Medien wurde zu Menzels Zeit zunehmend evident. Positive Kritiken konnten für schlagartige Popularität sorgen, negative Berichte oder Nichtbeachtung hingegen existenzbedrohend wirken.515 „Hölzerne Rezensenten, die nicht sehen und nicht fühlen, die aber sagen: ‚Hunger tut weh – geschrieben muss sein‘, sind bemüht, das Publikum durch ihr Urteil irrezuleiten, und in Berlin findet sich ein großer Teil Leser, die das Heruntermachen unterhaltend und pikant finden, unter denen sich reiche Leute befinden, die sich dadurch gerechtfertigt fühlen, wenn sie Kunstarbeiten nicht kaufen. Aber auch die Maler, die nicht malen können, haben ihre Freude daran“, 511 Vgl. Bredekamp 2003. 512 Vgl. ebd., S. 28. Maximilian Bergengruen ergänzt, die „natürlich-souveräne Bestimmung“ des Geldes sei es, wie Novalis in Heinrich von Ofterdingen schreibt, „aus Hand in Hand“ zu gehen, „also permanent zu zirkulieren, um in dieser Zirkulation den Erwerb von Waren zu gewährleisten“; vgl. Bergengruen 2015, S. 42f. Die Einsicht von der Systemrelevanz des Geldes hätten „wenn nicht alle, so doch bemerkenswert viele Romantiker“ geteilt; vgl. Hörisch 2015, S. 32. Neben Goethe, Hoffmann, Tieck und Eichendorff verfasste Adalbert von Chamisso mit „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ die „bis heute populärste romantische Gelderzählung“; vgl. ebd., S. 25f. Die Geschichte, wie Schlemihl seinen Schatten für eine nicht mehr zählbare Summe Geld verkauft, beschäftigte just in jenen Monaten, in denen die Briefköpfe entstanden, widerum auch Menzel; vgl. Bock 1923, Nr. 408–423. Menzel beschäftigten die Illustrationen zum Schlemihl von Januar bis Ende 1838; vgl. ebd., S. 278). 513 Vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, S. 133. 514 Vgl. Busch 2015, S. 39. 515 Wilhelm Schadow äußerte sich 1845: „Ich sah wohl schon Künstler, Familienväter, nach Durchlesen einer witzigen, boshaften und trefflich stylisierten Kritik ihrer Werke [...] von tiefem Schmerz ergriffen. Es war nicht der Schmerz beleidigter Eitelkeit, nicht einmal der Schmerz verletzten gerechten Künstlerstolzes, es war die tiefe Besorgnis um die zukünftige Existenz. Welcher Künstler weiß nicht, dass auf seinem Ruf sein Erwerb beruht!“; vgl. Wilhelm Schadow: „Einige Worte über Kunstkritik“, in: Correspondenz-Blatt des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, 1, 1845, S. 19; hier zit. nach Grossmann 1994, S. 128.

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so das bissige Kommentar Gottfried Schadows zu diesem Thema.516 Die potentiellen Käufer stellten einen ausgesprochen wichtigen Teil der Kunstöffentlichkeit dar, da sie die Kunstproduktion letztlich finanzierten und mit ihren Kaufentscheidungen wiederum wesentlichen Einfluss ausübten.517 Das Spannungsfeld, das sich auftut, beschreibt auch die diffizile Position der Mittlerrolle Sachses. Durch die Produktion und Vermittlung hochwertiger Graphik als auch europäischer Gegenwartskunst „den Kreis der Ideen zu erweitern“ und so „auf die Kunst selbst günstig einzuwirken“ waren die ernsthaften Ideale seines Strebens.518 Doch blieb gleichzeitig die Tatsache bestehen, dass die Kunst finanziert und das Institut Umsatz generieren musste (und wollte), um zu existieren. Sachse hatte die Begabung des jungen Menzel früh erkannt und ihn durch eine Vielzahl von Aufträgen als Lithographen unterstützt und angeregt.519 Bis in die fünfziger Jahre blieben die graphischen Arbeiten Menzels der Hauptgegenstand seines Schaffens.520 Großes Interesse zeigte Menzel auch an der Entwicklung der Fotografie, zu deren Einführung in Berlin Sachse wesentlich beigetragen hatte. Menzel lieh sich zudem Lichtbilder bei Sachse aus und maß der Möglichkeit des Reproduktionsverfahrens von Kunstwerken zu Dokumentationszwecken durchaus einige Bedeutung bei.521 Von der Tatsache, dass Menzel 1835 erste Aquarelle geschaffen hatte, um sie dem Kunsthändler für den Pariser Salon mitzugeben, konnte ebenfalls bereits berichtet werden (Abb. 170).522 Auch Sachses Begeisterung für aktuelle französische Malerei, wie sie 1836 auf 516 Vgl. Schadow 1849, S. 90. 517 „Die Mehrzahl will leider nur angenehm unterhalten sein. [...] Nur wenigen ist ein Werk recht, das zu ernsten Betrachtungen hinzieht, das von der Empfindung des Beschauers erwartet, sie werde sich von der Alltäglichkeit losreißen und sich einer höhern, einer geweihten Stimmung hingeben. Es schweben mir hierbei nicht nur historische oder gar biblische Bilder vor. – Gott nein! Der Genremalerei, der Landschaft, [...] geht es genauso!“, klagte der Maler Lorenz Clasen 1845; zit. nach Grossmann 1994, S. 21f. 518 Vgl. GStA PK, HA Rep.76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199: Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1838. Vgl. Auch Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Gegenwind“. 519 Menzel zeichnete 1838 nicht nur Sachses Briefköpfe, sondern auch das aufwendige Blatt „Vater Unser“. Indem Menzel bei Letzterem von seiner „Hauptabsicht“ sprach, „den bis jetzt nur von der positiven Seite aufgefassten Gegenstand zugleich von der negativen zu behandeln“, mag dem Künstler ein solches Vorhaben auch für die Briefköpfe im Sinn gestanden haben; vgl. Adolph Menzel an Wilhelm Dorow, 24. März 1838, in: Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 1, S. 97. Außerdem Kapitel II.3.c, „Die Kunst will leben / Menzels Graphik“. 520 Menzel begann, wie bereits gezeigt werden konnte, seine Laufbahn als Graphiker. Erst seit Mitte der 1830er Jahre ist bei Menzel auch von Malerei die Rede; vgl. zu Menzels Graphik Achenbach 1984, S. 35–40 und Kapitel II.3.c, „Die Kunst will leben“. 521 Vgl. Kapitel III.3.c, „Über den Vorrat von Fotografien in Sachses Kunstsalon“; 1866 bekannte Menzel dem Fotografen Remelé gegenüber, dass er „die Photographie als Reproductionsmittel allen anderen vervielfältigenden Künsten“ vorzog; vgl. Photographische Mitteilungen, Nr. 3, 1866/1867, S. 165 und Nr. 32, 1895/1896, S. 285–287.; hier zitiert nach den Anmerkungen in Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 3, S. 1298. 522 Vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche/Aquarelle für Paris“.

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der Akademieausstellung und ständig in seinem Salon zu sehen war, hatte sich auf Menzel übertragen.523 Als renommierter Maler erinnerte sich Menzel später in einem Brief an Ludwig Pietsch: „Noch war überhaupt hier die Epiphanie französischer Bilder seit 1834 bis nach 40 (wesentlich durch Sachse) ein einflussreiches Ereigniß, unter dem ich im gleichen Grad in meinen eigenen anfängl. Malquälerein viel litt und gewann.“524 1837 war es ebenfalls Sachse, der die ersten Ölgemälde Menzels ausstellte.525 „Die Schachpartie“ aus dem Jahr 1836 ist sein frühestes Werk (Abb. 209).526 Der damals beliebten Gattung des „historischen Genre[s]“ angehörig,527 wird der Betrachter in eine Alltagsszene aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges versetzt: Zwei Edelleute sitzen beim Brettspiel in einer Diele.528 Zu der Entstehung seines ersten Ölbildes schrieb Menzel an den Kasseler Freund Carl Heinrich Arnold, dass es „halb geknetet, und halb geknutzt worden“ sei, aber wohl dennoch „nicht zum Allerschlechtesten“ gehöre.529 Die Zeitschrift Museum attestierte dem Werk „noch das entschiedene Gepräge eines Versuchs“, wohingegen Menzels zweites Gemälde „doch schon sehr anziehende Vorzüge“ aufwiese.530 Dieses zeigte einen mittelalterlichen Hausflur, auf dem die Bewohner „in lebhafter Unruhe, theils beschäftigt sind, sich zum Kampfe zu rüsten, theils Kostbarkeiten zu verbergen“.531 Als höchst überraschend empfand der Rezensent aus dem Museum Menzels Leistungen bei seinem dritten Bild.532 Die „Konsultation beim Rechtsanwalt“ stellt wieder eine Szenerie aus dem 17. Jahrhundert dar. Der Betrachter wird in das Zimmer eines Advokaten geführt, der über das ihm von einem vornehm gekleideten Klienten eben Vor-

523 Vgl. ebd. 524 Adolph Menzel an Ludwig Pietsch, 24. Dezember 1879, in: Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 2 (1856–1880), S. 776–779, hier S. 779. 525 In der von Kugler redigierten Kunstzeitschrift Museum wurde zuerst von den drei ersten Bildern Menzels in Öl Notiz genommen: „Wir kommen nicht umhin bei dieser Gelegenheit der Bilder eines Berliner Künstlers zu gedenken, welche sich ebenfalls in der Kunsthandlung des Herrn Sachse befinden. Es sind die drei ersten Versuche im Fache der Ölmalerei von Herrn A. Menzel, einem Künstler, der bisher nur durch seine eigenthümlich geistreichen Zeichnungen (meist Lithographien in Feder oder Kreide) das Interesse der Kunstfreunde gewonnen hat“, vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 36, 4. September 1837, S. 282f. 526 Die Schachpartie war bereits im Vorjahr auf der Akademieausstellung zu sehen gewesen; vgl. Börsch-Supan 1996, S. 382. Ob bezeichnend oder Zufall, dass Menzel gerade im Jahr der Erfolgsausstellung 1836 sein erstes Ölgemälde präsentierte, mag andernorts entschieden werden. 527 Mit den dreißiger Jahren erwachte ein verstärktes Interesse an der Genremalerei des 17. Jahrhunderts. In Berlin wurde dies besonders im Atelier Carl Wilhelm Wachs gefördert; vgl. Börsch-Supan 1996, S. 382. 528 vgl. Ausst.-Kat. Menzel 1996, S. 66f. 529 Vgl. Adolph Menzel an Carl Heinrich Arnold, Brief vom 23. Februar 1836, in: Wolff 1914, S. 4. 530 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 36, 4. September 1837, S. 282f. 531 Vgl. ebd. Das Bild ist verschollen. 532 Vgl. ebd.

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getragene nachzudenken scheint (Abb. 210).533 Ein zweiter Prozessierender verfolgt im Hintergrund aufmerksam das Geschehen. Das Gemälde markiert einen Wendepunkt in der Entwicklung Menzels zum Maler, der sich nach dessen Verkauf der ersten „Bestellungen“ erfreute und sich von nun an als Autodidakt auch der Ölmalerei widmete: „[I]ch bin dies ganze Jahr fast ununterbrochen beim Malen gewesen: soeben beende ich mein 4tes Bild, mein 3tes, zwar nur ein kleines Ding, hatte aber einen ausgezeichneten Erfolg, den ich nicht erwartet hätte“, schrieb Menzel am 1. Dezember 1837 an Arnold.534 Interessanterweise wurde ebendieses Bild auch in der französischen Zeitschrift L’Artiste erwähnt, wo es als „Juge espagnol“ bezeichnet wird.535 Auf die Akademieausstellung von 1838 vermittelte Sachse, wie bereits angeführt, zwei weitere Ölgemälde von Menzel, den „Familienrath“ (Abb. 211) und „Die Toilette“ (Abb. 212), sowie die großformatige Lithographie „Vater Unser“ (Abb. 142).536 Im Frühjahr 1852 berichtete das Deutsche Kunstblatt: „Adolph Menzel hat von dem bekannten französischen Kunsthändler Goupil zwei Genrebilder bestellt erhalten, welche Darstellungen aus der dem Künstler so geläufigen Rococozeit zum Gegenstande haben sollen. Derartige Aufträge aus Frankreich an hiesige Künstler gehörten bisher zu den seltensten Vorkommenheiten, während der umgekehrte Fall häufiger stattzufinden pflegte.“537 Es ist sehr wahrscheinlich, dass erneut Sachse den Auftrag für die Menzel-

533 Das Bild war lange in Privatbesitz, zunächst in der Familie des Malerfreundes Eduard Magnus. Erst 2003 ist es aus einer norddeutschen Privatsammlung bei einer Auktion der Villa Grisebach in Berlin wieder an die Öffentlichkeit gelangt; vgl. Auktionskat. Grisebach 2003, S. 2. 534 Vgl. Adolph Menzel an Carl Heinrich Arnold in Kassel, Berlin, den 1. Dezember 1837, in: Keisch/Riemann-Reyher 2009, Bd. 1, S. 93f., hier S. 93. In dem Brief heißt es weiter: „[M]eine Lage ist hiernach ebenso schwierig, als wenn ich damit ganz durchgefallen wäre, im letzteren Fall hätte ich eine Scharte auszuwetzen, im Gegenwärtigen Fall habe ich alle Kraft zusammenzunehmen, nicht von der Stange zu fallen, was mich noch tröstet ist: dass das Ding nicht bloß ein Glückswurf war, ich hatte lang genug daran gedoktert, ich habe auch seitdem Bestellungen.“ Annette Schlagenhauff hat bereits auf eine interessante Anmerkung in einer Besprechung der bei Sachse ausgestellten Bilder im Sommer 1837 in Kuglers Museum hingewiesen (Museum, 5. Jg., Nr. 36, 4. September 1837, S. 282f.). Hierin erwähnt der Rezensent (vielleicht Kugler selbst), dass Menzels „Konsultation beim Rechtsanwalt“ direkt neben dem „Sklavenmarkt“ des Franzosen Biard hing (Abb. 182). Möglicherweise auch aufgrund dieser räumlichen Nähe wurde Menzels Pinseltechnik mit der des Franzosen verglichen und lobend herausgestellt; vgl. Schlagenhauff 2001, S. 82. 535 Vgl. „Variétés“, in: L’Artiste, Nr. 14, 1837, S. 47: „Berlin. La Gazette de Haud et Spener, journal politique qui parait à Berlin, nous donne les détails de trois tableaux de MM. C. Zieck et de Menzel, tous deux artistes allemands distingués dont nous faisons connaitre les noms avec plaisir [...]. Menzel représente un Juge espagnol à qui deux clients expliquent leur affaire.“ 536 Der Verbleib der beiden Ölgemälde ist leider nicht bekannt. Vgl. Katalog Kunstausstellung Berlin 1838, Nr. 1358 und Nr. 1359. Außerdem Tschudi 1905, Nr. 2 und Nr. 3. Tschudi erwähnt für den „Familienrath“, dass Menzel das Bild 1838 noch einmal überarbeitet habe, um die Lichtwirkung zu verstärken. 537 Vgl. Deutsches Kunstblatt, 3. Jg., Nr. 10, 6. März 1852, S. 84f.

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bilder an Goupil vermittelt hatte.538 Offenbar waren die bestellten Gemälde für eine längere Zeit in Paris geblieben, dann aber – wohl weil sie nicht verkauft werden konnten – wieder zurückgeschickt worden. 1855 präsentierte Sachse die beiden Arbeiten in seinen Ausstellungsräumen. Es handelte sich um das Bilderpaar „Friedrich der Große und General Fouqué im Park von Sanssouci“ (Abb. 213) und „Friedrich der Große und die Tänzerin Barbarina“ (Abb. 214).539 Die beiden Bilder stellen thematisch den jungen und den alten König gegenüber. Menzels Interpretation eines Tanzes der Barberina Campanini540 vor Friedrich II. konnte Sachse an den Besitzer der Rothen Apotheke in der Rosenthaler Straße, Carl Ludwig Kuhtz, verkaufen.541 Das Pendant, das den fürsorglichen Kontakt des Barons de la Motte-Fouqué542 zu dem friderizianischen Veteranen zum Ausdruck bringt, erwarb Graf Raczynski noch im selben Jahr über Sachse für seine private Galerie.543 Sachse stellte zwischen 1853 und 1865 noch mindestens sieben Gemälde von Menzel in seinem eigenen Kunstsalon aus.544 Der Berliner Meister zählte damit auch nach der Jahrhundertmitte zu den von Sachse am stärksten protegierten Künstlern.545 Dabei konnte Menzel als Maler seinerzeit noch keine übermäßig großen Erfolge bei den bürgerlichen Sammlern Berlins verzeichnen.546 Als Sachse Anfang des Jahres 1871 dem 538 Menzel selbst reiste erst 1855 das erste Mal nach Paris. 539 Vgl. Deutsches Kunstblatt, 6. Jg., Nr. 44, 1. November 1855, S. 392. 540 Eigentlich Barbara Campanini (1721–1799) aus Parma. Sie feierte als Tänzerin in Paris, London und Venedig Erfolge, bevor Friedrich II. sie zu sich an den Hof holte. Hier tanzte sie für den König von 1744 bis 1748 und übte eine starke Anziehung auf ihn aus; vgl. Ausst.-Kat. Menzel 1996, S. 158f. 541 Vgl. ebd. 542 Baron Heinrich de la Motte-Fouqué (1689–1774), Infanteriegeneral seit 1759, gehörte zum engeren Kreis Friedrichs II. Auch diese Szene ist angelehnt an eine Episode aus Kuglers Friedrichsgeschichte, in welcher Fouqué den Greis durch den Park von Sanssouci begleitet; vgl. Ausst.-Kat. Raczynski 1992, Nr. 36. 543 Vgl. ebd. 544 Es wird auf diese sieben Bilder im Kapitel IV.2.c, „Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon“, noch einmal zurückzukommen sein. 545 Von 1207 Künstlern aus 14 Ländern, die Sachse zwischen 1853 und 1865 in seiner permanenten Gemäldegalerie zeigte, waren lediglich 152 Maler (also etwa ein Achtel), von denen Sachse sieben oder mehr Bilder in seiner Galerie ausstellte; vgl. Künstlerliste im Anhang 3a. Ausführlich dazu Kapitel IV.2.c, „Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon / Zwölf Jahre und 1207 Künstler“. 546 Vgl. Schasler 1856. In der Sammlung Ravené befand sich demnach von Menzel „Friedrich der Große auf Reisen“; vgl. ebd., S. 312; Major von Bergh besaß 17 Aquarelle und Zeichnungen von Menzel; vgl. ebd., S. 335; in der Sammlung Fallou war von Menzel zu finden „Mönche im Weinkeller mit Weinprobe beschäftigt“; vgl. Schasler 1856, S. 356; der Apotheker Kuhtz hatte „J. J. Rousseau in Versailles, dem Treiben des Hofes zuschauend (Aquarell)“ gekauft; vgl. ebd., S. 389; Wilhelm Schorn besaß „zwei Zeichnungen und die Gouasche mit der Münchener Michaeliskirche“; vgl. ebd., S. 426; in der Sammlung von Robert Tornow befanden sich die beiden Pastelle „Prinzessin Amalie und Friedrich der Große“; vgl. ebd., S. 457. Dazu das Bild in Raczynskis Sammlung, das Schasler nicht verzeichnet. Bis Mitte der 1850er Jahre ist die Anzahl der

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Berliner Kupferstichkabinett seine Graphik- und Zeichnungssammlung von Menzel anbot, blieb die Bemühung vergebens. Man bemerkte in der Kunst-Chronik über dieses Vorhaben lediglich, dass Menzel ja noch gar nicht in der Nationalgalerie vertreten sei.547 Carl Blechen

Carl Blechen (Abb. 215) und Louis Sachse sind nicht nur im selben Jahr geboren, sondern sogar im selben Monat, im Juli 1798. Als Sohn eines Steuerbeamten wuchs Blechen in bescheidenen Verhältnissen in Cottbus auf. Nach dem Abschluss am örtlichen Lyceum ging er nach Berlin, wo er zunächst eine Banklehre absolvierte, ein Jahr freiwillig bei der preußischen Armee diente und dann als Bankangestellter arbeitete. Sachse war zu dieser Zeit Privatsekretär Wilhelm von Humboldts. 1822 wurde er, wie dargestellt, der demagogischen Umtriebe angeklagt und zur Festungshaft in Berlin und Magdeburg verurteilt. Carl Blechen entschied sich in ebenjenem Jahr gegen die gesicherte Existenz als Bankangestellter und für den Künstlerberuf. Er besuchte bekanntlich die Akademie, reiste zu Dahl nach Dresden. Mit Unterstützung Schinkels fand er in den Jahren 1824 bis 1827 als Bühnenmaler am Königstädtischen Theater nicht nur ein Einkommen, sondern wertvolle Anregungen für seine künstlerische Entwicklung.548 1828, dem Jahr der Eöffnung von Sachses lithographischem Institut, brachte Blechen der Verkauf seines „Semnonenlagers“ die ersehnten finanziellen Mittel ein, um zu einer vierzehnmonatigen Italienreise aufzubrechen. Italien lockte damals nicht nur mit seinen kulturellen Sehenswürdigkeiten. Künstler aus ganz Europa erprobten in den charakteristischen Landschaften vom Apennin-Gebirge bis nach Kalabrien das Skizzieren und Malen in der Natur, um zu einer wirklichkeitsnahen Auffassung zu gelangen. Das „malerische Italien“ entwickelte sich in jenen Jahren geradezu zu einer europäischen

Menzelwerke in Berliner Privatbesitz also noch durchaus übersichtlich. Dass Menzel um 1850 als Künstler noch bei Weitem nicht in dem Maße wahrgenommen wurde, wie es später der Fall sein sollte, belegt das zweibändige Werk von August Hagen „Die Deutsche Kunst in unserem Jahrhundert“ von 1857. Hagen erwähnt nur „Künstlers Erdenwallen“ und die Illustrationen zu Kuglers Volksbuch „Die Geschichte Friedrichs des Großen“. Helmut Börsch-Supan machte darauf aufmerksam, dass sich Menzel erst 1856 mit dem Gemälde „Friedrich der Große und die Seinen bei Hofkirch“ (ehem. Nationalgalerie Berlin, Kriegsverlust) als Maler wirklich durchsetzte; vgl. Börsch-Supan 1996, S. 388. Auch Max Liebermann ging auf Menzels Popularität ein und schrieb hierzu: „Bis vor dem französischen Kriege waren neben Steffeck der alte Eduard Meyerheim, Gustav Richter, Eduard Hildebrandt und Carl Becker viel berühmter als Menzel ...]“; vgl. Max Liebermann: „Erinnerungen an Carl Steffeck“, in: ders.: Die Phantasie in der Malerei, Schriften und Reden, Berlin 1983, S. 102, zit. nach Gisold Lammel: Preußens Künstlerrepublik von Blechen bis Liebermann. Berliner Realisten des 19. Jahrhunderts, Berlin 1995, S. 75. 547 Vgl. Kunstchronik, 6. Jg., Nr. 13, Februar 1871, S. 109. 548 Vgl. Verwiebe 2009; Schneider und Wegner 2009.

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„Freistätte realistischer Kunstströmungen“.549 Auch Blechen fand in Italien zu einer eigenen künstlerischen Haltung. Er brachte ein enormes Konvolut an Ölskizzen, Aquarellen und Zeichnungen mit nach Berlin. Zur Akademieausstellung 1830 präsentierte er die neue Ausrichtung seiner Kunst in drei Ölgemälden nach italienischen Motiven.550 Die beiden leider verlorenen gegangenen „Beiträge zur Charakteristik der Campagna von Rom“551, die Gegenstücke „Der Mittag“ (Abb. 216) und „Der einbrechende Abend“ (Abb. 217), wurden in der zeitgenössischen Kunstpresse äußerst kontrovers diskutiert.552 Man erkannte zwar die „Wahrheit“ und „Naturtreue“ der in ihrer Ödnis und Kargheit für das damalige Berliner Kunstpublikum eher ungewohnt wiedergegebenen Italienlandschaften, in denen Blechen „mit einer fast bizarren Konsequenz das Charakteristische“ jener südlichen Gegenden festgehalten habe.553 Die vertrauten Vorstellungen vom Sehnsuchtsort der Poesie und antiken Altertümer konnten diese Landschaften hingegen kaum befriedigen.554 Merklich Schwierigkeiten machte den Kritikern außer549 Eine seit dem auslaufenden 18. Jahrhundert zunehmend empfundene Begeisterung für das sogenannte malerische Italien hatte die Aufmerksamkeit vieler Künstler auf das italienische Alltagsleben und die Landschaft gelenkt, in der immer neue Gegenden, wie etwa die Amalfiküste, als sehenswert entdeckt wurden. Als adäquates Mittel der Wirklichkeitserfassung sowie als unmittelbarster Ausdruck des künstlerischen Genies sollte in diesem Zuge die Ölskizze – insbesondere bei den französischen Künstlern – eine enorme Aufwertung erfahren, was zu einer veritablen Schulbildung skizzenhafter Landschaftsmalerei in Italien führte. Einer der Motoren dieser Entwicklung war der von der Pariser Akademie vergebene Rompreis, der von den Stipendiaten ausdrücklich die Ölstudie vor der Natur forderte, damit die Frische des Natureindrucks genauso wie die künstlerische Handschrift geübt werde und dem ausgeführten Gemälde dann zugutekomme; vgl. Schuster 1990, S. 15f. 550 Vgl. Akademie-Ausstellung 1830, Verzeichnis der ausgestellten Gemälde, Nr. 46, Carl Blechen: „Der Mittag. Ein Blick von Civita Castellana in die Ebene und auf den Monte Soratte“; Nr. 47, Carl Blechen: „Der einbrechende Abend. Ein Blick aus der Umgebung Narnis“ (Beides „Beiträge zur Charakteristik der Campagna von Rom“), Nr. 48, Carl Blechen: „Parthie aus dem Park des Grafen Graziani bei Terni“; hier nach Rave 1940, S. 18f. 551 Abb. bei Rave 1940, Nr. 1284 und 1291. 552 Vgl. die Ausstellungskritiken zu diesen Bildern, die bei Rave 1940, S. 19–24 abgedruckt sind. 553 Vgl. Lange: „Antikritik der Berliner Kunstausstellung 1830“; zit. nach Rave 1940, S. 19 und Berliner Conversationsblatt 1830; zit. nach Rave 1940, S. 20. 554 „Wir fordern vom Landschaftsmaler vor allem Wahrheit [...]. Blechens Bild genügt in hohem Grade diesen Anforderungen“; vgl. W. K. Lange: Antikritik der Berliner Kunstausstellung des Herbstes 1830. Im Verein mehrerer Gelehrten und Künstler herausgegeben von Dr. W. K. Lange, Berlin, Heft 6, 1. Oktober 1830; hier nach Rave 1940, S. 19. „Es hat noch kein Mensch die Campagna die Roma so treffend geschildert, als in seinen zwei Landschaften. [...] Mit welcher Wahrheit ist die Staffage entworfen [...]“; vgl. Die Kunstausstellung 1830, 3. Carl Blechen. In: Der Freimütige oder Berliner Conversationsblatt Nr. 204, 14. Oktober 1830; hier nach Rave 1940, S. 20. „Für die Chrarakteristik der Campagna mögen diese Bilder durch Naturtreue von unschätzbarem Wert sein; ob sie indes bei ihrer öden Gestalt, ihren vulkanisch weißen, fast vegetationslosen Boden Aufgaben für die Malerei sind, ist hier zu bezweifeln, zumal wenn, wie hier geschehen, kein ästhetischer Wert unterlegt werden konnte oder wenigstens nicht unterlegt ist“; vgl. die Besprechung der Akademieausstellung in den Berlinischen Nachrichten (Spenersche Zei-

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dem die „müßige“ Pinselführung, dieses „Umherstreichen mit dem Borstenpinsel durch die Luft kreuz und quer“, die „fühlbar dick“ auf die Leinwand geworfenen Farben und nicht zuletzt die „rotbraunen Schatten“, an deren Färbung man sich in der Natur nicht erinnerte und deshalb letztlich auch keinen Grund fand, der ein solches Vorgehen bedingen würde.555 Auf der akademischen Ausstellung des Jahres 1832 zeigte Blechen weitere sechs Italienansichten. Viel diskutiert wurde der „frappante Charakter“ einer Darstellung der „Villa Estense bei Tivoli“, dessen Größenverhältnisse der hoch aufragenden Zypressen gegen die winzige Staffage ebenso angemahnt wurde wie die „pikanten Lichteffekte“ (Abb. 218).556 In der von Franz Kugler herausgegebenen Kunstzeitschrift Museum fiel das Urteil sogar besonders drastisch aus. Durch das „Kapriziöse seiner Naturauffassung“ würde „das Auge beohrfeigt“, die Beleuchtung sei „abenteuerlich“ und die Ritter würden „wie Narren“ aussehen.557 Der Rezensent konnte sich eine solche Darstellungsweise nur dadurch erklären, dass es sich hier wohl um einen „echt landschaftlichen Humor“ handeln würde.558 Blechen war zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr Professor der Landschaftsklasse an der Berliner Akademie. Schinkel hatte sich, ähnlich wie schon zuvor beim Königstädtischen Theater, für Blechen als neuen Leiter der Landschaftsklasse in der Nachfolge Lütkes eingesetzt: Blechens „sehr genialer Naturauffassung wegen, die er in vielen Bildern beurkundete und junge Gemüter dadurch aufs lebhafteste für eine der Trivialauffassung entgegen gesetzte Naturanschauung begeisterte“, wie es in Schinkels tung), Nr. 247, 23. Oktober 1830; hier zit. nach Rave 1940, S. 22. „Das echt poetische Talent dieses Künstlers hat sich früher am klarsten in einer Reihe höchst romantischer Kompositionen ausgesprochen; seit einigen Jahren richtet sich dasselbe jedoch einzig auf die Vedutenmalerei, wodurch indessen der Künstler in keiner Hinsicht gewinnt. Die geistvolle Komposition steht, in Absicht auf den reinen Kunstwert, allezeit höher als die geistreich behandelte Portraitlandschaft [...]“; vgl. Carl Seidel: Aus einer Besprechung der Akademieausstellung, Königl. Privil. Zeitung (Vossische), Nr. 258, 5. November 1830; hier zit. nach Rave 1940, S. 22. 555 Vgl. Lange: „Antikritik der Berliner Kunstausstellung 1830“; zit. nach Rave 1940, S. 19 und Berliner Conversationsblatt 1830; zit. nach Rave 1940, S. 20. 556 Vgl. „Über die diesjährige Ausstellung“, in: Berlinische Nachrichten, Nr. 251, 25. Oktober 1832; zit. nach Rave 1940, S. 28. Siehe außerdem „Kunstausstellung des Jahres 1832“, in: Der Freimütige oder Berliner Conversationsblatt Nr. 211, 23. Oktober 1832; zit. nach Rave 1940, S. 28. 557 Vgl. „Über das Leben der Kunst in der Zeit, aus Veranlassung der Berliner Kunstausstellung im Herbst 1832. Landschaft“, in: Museum, 1. Jg., Heft 6, 11. Februar 1833 (vermutlich von Adolph Schöll); zit. nach Rave 1940, S. 30f. 558 Vgl. ebd. 1971 machte Wolfgang Becker auf eine Zeichnung von Honoré Fragonard aufmerksam, deren Komposition Blechen inspiriert haben könnte. Der in der Verkürzung, den übersteigerten Größenverhältnissen und den Staffagefiguren in der Tracht des 18. Jahrhunderts sich widerspiegelnde Geist des späten Manierismus finde in Blechens Gemälde sowohl eine Wiederaufnahme als auch eine Weiterführung, erklärt Becker; vgl. Becker 1971, S. 100. In diesem Zusammenhang mag erwähnt sein, dass ein Blatt von Fragonard zu den ersten französischen Aquarellen gehörte, die Sachse 1834 mit nach Berlin brachte; vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Konkurrenz belebt“.

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Empfehlungsschreiben heißt.559 Auch Akademiedirektor Schadow, der Blechen von gemeinsamen Abenden im Berliner Künstler-Verein kannte, schien mit der Wahl zufrieden gewesen zu sein.560 Blechen war also finanziell und gesellschaftlich eingerichtet und er hatte einige bedeutende Fürsprecher. „Sein Wesen und seine Kunst“ bescherten der noch jungen akademischen Landschaftsklasse zudem einen bemerkenswerten Zuwachs.561 Wann genau sich Carl Blechen und Louis Sachse persönlich kennenlernten, ist heute leider nicht mehr festzustellen. Wahrscheinlich ist, dass Sachse Blechen schon aus dessen Zeit als Bühnenmaler kannte, denn Sachse war – auch dies wurde bereits erwähnt – begeisterter Theatergänger und schrieb Mitte der 1820er Jahre sogar einige Kritiken. Kaum weniger wahrscheinlich ist, dass der „unvergleichliche Skizzierer“562 Blechen – um Schadows berühmte Charakterisierung zu bemühen – auch in Sachses Institut verkehrte, etwa um die dort ausgestellten Kunstblätter zu studieren.563 Der erste konkrete Hinweis auf eine nähere Verbindung zwischen Blechen und Sachse führt ins Frühjahr 1835. Am 4. Mai berichtete Kuglers Museum von Sachses Aufruf an die einheimischen Künstler, „Aquarellbilder für ihn [also für Sachse, d. V.] anzufertigen“.564 Auch Carl Blechen hatte, wie berichtet, ein Aquarell bei Sachse eingereicht. Das Blatt zeigt einen Mönch, „der von der Terrasse eines Klosters auf eine weite italienische Landschaft niederblickt“ (Abb. 219).565 Blechens Aquarell wurde von der Kunstkritik als „höchst meisterhaft“ gewürdigt. Die „eigentümliche, großartig phantastische Weise des Künstlers“ würde hier „sehr glücklich zu der leicht andeutenden Technik“ passen, hieß es als Begründung für die lobende Erwähnung.566 Das war eine auffällig positive Bemerkung zu Blechens Manier, zumal in jener Zeitschrift, die noch zwei Jahre zuvor von der Malerei eines „Hirnver-

559 Karl Friedrich Schinkel an Minister von Altenstein, 11. Mai 1831, in: GpStA, Rep. 76 VIII, Sekt. 38, VI, Abt. 1 Vol. 1; hier zit. nach Simmons 2009, S. 27. 560 Vgl. Simmons 2009, S. 25 und S. 27f. 561 Zu Blechens Lehrtätigkeit vgl. ebd., S. 28–30. 562 Vgl. Schadow 1849, S. 268; siehe auch Rave 1940, S. 34. 563 Zwischen 1830 und 1832 lithographierte Blechen drei Landschaften, die nach Sigrid Achenbach „als die interessantesten Beiträge des Künstlers zur Lithographie der Zeit gelten“ und der „deutschen Entwicklung weit vorgreifen“. Die von Achenbach angesprochenen „deutlichen Bezüge zur französischen und englischen Graphik“ sind bisher nicht näher untersucht worden und es kann leider auch an dieser Stelle bei dem bloßen Hinweis bleiben; vgl. Achenbach 1990, S. 50f. 564 Vgl. „Deutsche Aquarellbilder“, in: Museum, 3. Jg., 18. Heft, 4. Mai 1835, S. 139; Sachses Aufruf selbst in: Berlinische Nachrichten, Nr. 62, 14. März 1835. 565 Vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Aquarelle für Paris“. Wahrscheinlich handelt es sich um jenes Blatt, das als Dauerleihgabe aus Privatbesitz im Museum Wiesbaden zu sehen ist; vgl. Ausst.-Kat. Aus dem Neunzehnten, Wiesbaden 2015, S. 38f., Kat. 3 (Abb.). Es sind mehrere Fassungen bekannt; vgl. hierzu ebd., Anm. 12. 566 Vgl. ebd.

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brannten“ gesprochen hatte. Damals war dem Rezensenten Blechens Farbauftrag noch „eher wie [...] ausgelaufene Lauge als wie ein Bild“ vorgekommen.567 Es ist gut vorstellbar, dass die enorme Anzahl französischer Aquarelle, die Sachse nur wenige Monate zuvor in das Programm seines Kunstsalons aufgenommen und bei sich ausgestellt hatte, die Seh-Erfahrung von Publikum und Kritikern dahingehend beeinflußt hatte, dass man auch Blechens Kunst jetzt aus einem „neuen“ Blickwinkel sah. Nach der erfolgreichen ersten Präsentation aktueller französischer Malerei hatte Sachse mit seinem nächsten Einkaufsbesuch in Paris nicht lange gewartet. Wie berichtet fuhr er schon wenige Monate später, im Juni 1835, erneut in die Seinmetropole. Er hatte die von ihm in Auftrag gegebenen Aquarelle preußischer Künstler im Gepäck, um sie den Franzosen vorzustellen. Und er war in Begleitung von Carl Blechen. Börsch-Supan vermutet, dass es die ersten Anzeichen von Blechens psychischer Erkrankung waren, die Sachse dazu bewogen hatten, den Künstlerfreund mit auf diese Reise zu nehmen - und ihm so ein positives Erlebnis zu verschaffen.568 Darüber hinaus deuten Sachses Aufzeichnungen auf ein weiteres, bisher völlig außer Acht gelassenes Motiv: Sachse hatte den Leiter der akademischen Landschaftsklasse darum gebeten, ihm bei einer erneuten Werkauswahl in Paris beratend zur Seite zu stehen. Denn Sachse wollte erstmals nicht nur Aquarelle, sondern auch französische Ölbilder für Berlin einkaufen. Am 10. Juni fuhren Sachse, Blechen und Hermann Eichens gemeinsam mit der Schnellpost von Berlin in Richtung Paris ab. Sachse schreibt in seinem Tagebuch von einer „sehr heiteren Fahrt“.569 Weitaus bemerkenswerter ist jedoch, dass die Reise nicht auf dem Land-, sondern auf dem Seeweg angetreten wurde.570 Von den 16 bekannten Geschäftsreisen Sachses ist dies die einzige Schiffsreise, was an eine bewusste Entscheidung denken lässt. Am 12. Juni 1835 gingen die Freunde „um 8½ Uhr abends“ in Hamburg an Bord eines gleichnamigen Dampfbootes. Wegen „undurchdringlichen Nebels“ musste in der gleichen Nacht noch der Anker gelichtet werden, was ihnen drei Stunden Aufenthalt in Wedel bescherte. Um 14 Uhr war die offene Nordsee erreicht. Sachse notierte: „Abends im Angesicht von Helgoland. Sehr aufgeregtes Meer, bedeutender 567 Vgl. „Über das Leben der Kunst in der Zeit, aus Veranlassung der Berliner Kunstausstellung im Herbst 1832, Landschaft“, in: Museum, 1. Jg., Nr. 6, 11. Februar 1833, S. 41–43; zit. nach Rave 1940, S. 31. 568 Blechens positive Erwartungshaltung fand, wie Helmut Börsch-Supan attestierte, ihren persönlichen Ausdruck in einer kleinen skizzenhaften Waldlandschaft, die der Künstler nur vier Tage vor der Abfahrt nach Paris gemalt hatte, vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 74, S. 127. Börsch-Supan machte darauf aufmerksam, dass das Bild auf den Tag genau datiert ist. Es scheint früher Morgen zu sein. Der Eichenwald gibt im Zentrum des Bildes den Blick auf das offene Land frei, das durch das rahmengebende dichte Baumgeäst und den Weg wie ein kleines Bild im Bild erscheint. Der lichte Ausblick lässt in der Ferne die Türme eine Stadt erkennen. Im rechten Vordergrund erscheint ein gotischer Bildstock. Er zeigt die religiöse Dimension des „als Lebensperspektive verstandenen Wegmotivs“ an und steht gewöhnlich, so Helmut Börsch-Supan, am Anfang eines Geschehens, das sich der Betrachter vorstellen soll; vgl. ebd.. 569 Vgl. Anhang 1. 570 Hinweis bereits bei Kern 1931; zu Teilen abgedruckt in Rave 1940, S. 116.

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Sturm. Alles sehr seekrank, außer mir. Die Nacht gefahrvoll.“571 Der Anblick „unzähliger Tümmler“ mag am nächsten Morgen für eine gewisse Entschädigung gesorgt haben, auch wenn Blechen „schrecklich seekrank“ blieb. Um 23 Uhr war „angesichts der englischen Küste prachtvolles Meerleuchten“ zu bestaunen. Bei „stiller See“ ging es am nächsten Morgen über Dover und Calais weiter nach Boulogne. Sachse schrieb: „Um 12 Uhr der malerischen Küste von Frankreich ganz nahe. Pittoreske Felsengruppen [...]. Um 4½ Uhr Le Havre. Prachtanblick der Stadt. Um 5 Uhr Land. Malerische Veduten. Kanal. Hotel de Brésil. Abendspaziergang.“ Am Folgetag gönnte man sich „250 Austern und 2 Bouteillen Chablis“, dann begann die „Einschiffung mit dem ,Louis Philippe‘ nach Rouen“.572 Sachse berichtet von einer „prachtvollen genussreichen Fahrt auf der Seine“ und den „herrlichen Ufern mit allem, was nur zu einem malerischen, majestätischen Naturgenuß beitragen kann“.573 Um 8 Uhr war Rouen und damit das erste Zwischenziel der Reise erreicht. Da es erst am nächsten Abend „per Diligence“ weiter nach Paris gehen sollte, verbrachten die Freunde einen Abend und einen ganzen Tag in der „Stadt der hundert Kirchtürme“ in der Haute-Normandie.574 Sie nutzen den Aufenthalt für „einen Abendspaziergang durch die alte Stadt mit architektonischen Wundern“, besichtigten tags „unzählige gotische Überreste und Monumente“ und besuchten den französischen Künstler Eugène Balan zum Diner.575 In Paris eingetroffen zeigte Sachse seinen Reisegefährten „alle ihm längst bekannten Merkwürdigkeiten“ der Seinemetropole, natürlich einschließlich des Louvre und der Galerie du Luxembourg.576 Die meiste Zeit aber verbrachten sie in den Künstlerateliers.577 In einem undatierten Brief schrieb Sachse an seine Frau Nanni: „Blechen und ich vertragen uns prächtig, und wie ich ihm, so nützt er mir wieder. Ich wünschte nur hier noch vier Wochen bleiben zu dürfen. Denn erst jetzt eröffnet sich mir hier ein schöner Wirkungskreis für mein Berliner Geschäft. Die Relationen mit den Pariser Künstlern vergrößern sich und hoffentlich wird uns das zeitlebens möglich seyn.“578 571 Vgl. Anhang 1. 572 Vgl. ebd. 573 Vgl. ebd. 574 „Amis, c’est donc Rouen, la ville aux vieilles rues, aux vieilles tours, débris des races disparues, la ville aux cent clochers carillonnant dans l’air [...]“; vgl. Victor Hugo: A mes amis L. B. et S.B. (Mai 1830) in: Les feuilles d’automne. Les chants du crépuscule, Nr. XXXVII, Paris 1846, S. 89–92, hier S. 89. 575 Vgl. Anhang 1. 576 Vgl. ebd. 577 Den Tagebuchaufzeichnungen Sachses zufolge trafen sie namentlich Légol und Balan schon in Rouen und in Paris Vernet, Lepoittevin, Isabey, Duval le Camus, Charlet, Villeneuve, Monthelier, Giroux, Coignet, Gudin, Roqueplan und Delaroche. Eindrücke aus dem Atelier von Letzterem bei Raczynski 1836, S. 353–355. 578 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, o. D., wohl Juni 1835. Vgl. auch Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche“.

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Unter den von dem Berliner Duo aufgesuchten Künstlern befanden sich Louis Étienne Watelet, Jules-Louis-Frédéric und Alexandre-Jules Monthelier. Von ebendiesen Künstlern hatte Blechen bereits mit seinem Amtsantritt als Professor an der Akademie druckgraphische Blätter als Unterrichtsmaterial für das Klassenzimmer angefordert.579 Watelet war einer der wenigen Franzosen, dessen Malerei man in Berlin bereits aus eigener Anschauung kannte: 1828 war, wie berichtet, eine Landschaft von ihm auf der Akademieausstellung zu sehen gewesen, die der Hof angekauft hatte. Es soll Blechen gewesen sein, der damals dem jungen Maler Otto Voelcker vorgeschlagen habe, diese Landschaft Watelets zu kopieren. Das Ergebnis hatte Völcker auf der zwei Jahre später stattfindenden Ausstellung präsentiert.580 Über die Reproduktionen seiner berühmten Gemälde war auch Horace Vernet in Berlin bereits bekannt, den Blechen und Sachse ebenfalls besuchten. Der Historienmaler und Napoleonchronist soll sich während dieser Begegnung anerkennend über Blechens Kunst geäußert haben. Wie eine aquarellierte Zeichnung in der Hamburger Kunsthalle belegen mag, beschäftigte sich auch Blechen schon früh mit Vernets Malerei (Abb. 220). 581 Die weitaus größte Anzahl der Künstler, die Sachse und Blechen in Paris trafen und von denen sie Arbeiten für Berlin erwarben, waren jedoch keine Historienmaler wie Horace Vernet oder Paul Delaroche, dessen Atelier die beiden ebenfalls aufsuchten, sondern es waren Landschafts- und Genremaler. Unter ihnen war Théodore Gudin, vier Jahre jünger als Sachse und Blechen und bereits seit 1822 auf dem Pariser Salon mit seinen Seestücken vertreten. Der ehemalige Schüler von Louis-Anne Girodet war selbst ständig auf Reisen, von Italien bis nach St. Petersburg, sogar auf zwei Marineexpeditionen nach Algerien, von wo er unzählige Studien mitbrachte.582 Eugène Sue, der bedeutende französische Romancier, würdigte den Künstlerfreund im selben Jahr 1835 mit einem ausführlichen Aufsatz in der Revue de Paris. Dabei stellte er vor allem die Bedeutung heraus, die Gudin dem Naturstudium beimaß. Seine Pinselführung und seine Farben seien naiv, aber zugleich von bewunderungswürdiger Wahrheit, das Geheimnis seiner Palette sei das Geheimnis der Natur selbst.583 Gudins Malerei, insbesondere die „Na-

579 Vgl. Simmons 2009, S. 28f. Watelet ließ Blechen in einem Brief an Sachse ausdrücklich grüßen; vgl. StABI Berlin, Handschriftensammlung, Sammlung Darmstädter, Watelet 2 n 1819 (1), Louis Étienne Watelet an Louis F. Sachse, Paris, den 30. Juli 1835. 580 Vgl. Nerlich 2010, S. 338 sowie Börsch-Supan 1971. 581 Blechens Aquarell „Napoleon auf dem Schlachtfeld“ ist als Variation eines Gemäldes von Vernet erkannt worden, wenn auch die genaue Vorlage bisher nicht ausgemacht werden konnte; vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 135, Nr. 97. In der Anlage ähnelt es der „Schlacht von Friedland“, das Vernet bereits 1807 malte und das sich seither in Versailles befindet. Vernets Gemälde waren durch Druckgraphiken in ganz Europa bekannt. 582 Vgl. Marchand 1997. 583 Eugène Sue: „Peintres contemporaines. Louis et Théodore Gudin“, in: Revue de Paris, 1835, S. 196–201.

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tur-Wahrheit“ seiner Farben, bewunderten viele Künstlerkollegen. Auch Carl Blechen blieb davon (wahrscheinlich) nicht ganz unbeeindruckt.584 Neben einer großen Anzahl an Aquarellen unterschiedlichster Auffassung und Form entschieden sich Sachse und Blechen in den Pariser Ateliers (und sicher auch bei dem ein oder anderen Händler) für 17 kleinformatige Ölgemälde. Es handelte es sich vorrangig um Landschaften und nur einige wenige Genrestücke von Giroux, Isabey, Lepoittevion, Decamps, Roqueplan, Balan, Legrip, Garneray, Watelet, Henry Scheffer, Granet, Beaume, de Dreux, Roehn und Gudin.585 Nachdem Sachse und Blechen am 11. Juli 1835 früh um 6 Uhr – nun auf dem Landweg – „glücklich“ wieder in Berlin eingetroffen waren, präsentierte Sachse die gemeinsam in Paris errungenen Kunstschätze in seinem Salon in der Jägerstraße. Die lebhaften und andauernden Presseberichte kamen in Kapitel VI 1 a bereits ausführlich zur Sprache. Sachses „löblicher Einfall“, wie es im Kunstblatt hieß, Aquarelle preußischer Künstler in Paris und solche von Pariser Künstlern erneut in Berlin zu zeigen, wurde ausdrücklich begrüßt.586 Sicher war es auch Sachse, der die bewundernden Äußerungen Horace Vernets für Blechens Kunst in Berlin kundgetan hatte.587 Das Kunstblatt befand nun jedenfalls, dass Blechens positive Aufnahme in Frankreich leicht hätte „prophezeit“ werden können. Denn „in der Sicherheit der Technik und in dem, was man vorzugsweise das Geistreiche des Vortrags“ nenne, sei Blechen „in seiner so eigenen Art“ wohl von allen hiesigen Künstlern am meisten mit den Franzosen verwandt.588 Blechens Aquarell „Mönch auf der Terrasse“ (Abb. 219) wurde gar eine „wirklich geniale Leichtigkeit“ attestiert. Der „kaltklare Lichtton“ sei „eine Delikatesse“ für jeden Kunstkenner.589 Auch der Akademie gegenüber machte Sachse ausdrücklich deutlich, wie sehr „der Rath [s]eines in Paris mit anwesenden Freundes, des Herrn Professor Blechen“ ihm „bei der Auswahl dieser Bilder zu statten“ gekommen war. Nicht nur der allgemeine Beifall, sondern auch der schnelle Absatz der Pariser Bilder würden dies eindrücklich bezeugen.590 Die Präsentation französischer Ölbilder ging damit, so Sachses kluge Argumentation, auf die künstlerische Auswahl eines angesehenen Akademieprofessors zurück. 584 Vgl. Ausst.-Kat. Wolkenbilder 2004, Nr. 111, S. 98 sowie Börsch-Supan 1979, S. 256. Die Verfasserin arbeitet an einer separaten Veröffentlichung zu Sachse und Blechen, weshalb sich hier kurz gefasst werden kann. 585 Zur Rezeption der von Sachse und Blechen ausgewählten Ölbilder, die 1835 in Sachses Salon zu sehen waren, vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Französische Farbenplastik und das Augenfest von 1836“. 586 Vgl. „Aus einem Kunstbericht vom 22. August“, in: Kunstblatt, 16. Jg., Nr. 92, 17. November 1835, S. 381. 587 Vgl. ebd. 588 Vgl. ebd. 589 Vgl. ebd. 590 Vgl. GStA PK HA I Rep. 76 Ve., Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 200f., Louis F. Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 12. November 1835, in. Siehe auch Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Aquarelle für Paris“.

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Durch Raczynski ist überliefert, dass Blechen noch im selben Jahr seine „Ansicht von Terni mit badenden Mädchen“ malte (Abb. 221).591 Blechen führte das Bild in mehreren Varianten aus.592 Noch heute existieren vier große und fünf kleine Fassungen.593 Bettina von Arnim war hingerissen von „der schönsten Farbvollendung“, „dem kristallblauen Reflex des Himmels“ und der dem Waldgrund entströmenden Kühle der Darstellung.594 Sie kaufte die heutige Stuttgarter Fassung, um sie zugunsten des Künstlers zu verlosen.595 Denn die Parisreise hatte trotz diesbezüglicher Hoffnungen das allmähliche Fortschreiten von Blechens psychischer Erkrankung nicht aufhalten können. Bettina von Arnim wandte sich in ihrem Engagement für den kranken Blechen mehrmals und in langen Briefen auch an Sachse, der auf dem letzten Leidensweg des Künstlers dem Freund weiterhin treu zur Seite stand.596 Sachse spielte eine zentrale Rolle während Blechens letzter Jahre in Krankheit. Er vermittelte Hauptwerke des Künstlers auf die akademischen Ausstellungen und stellte auch seine umfangreiche private Sammlung von Blechens Ölskizzen und Zeichnungen zu Studienzwecken in seinem Salon aus. Im Herbst 1837 veranstaltete er eine Ausstellung mit einer bedeutenden Anzahl von Blechens Werken in seinem Kunstsalon. Die Mehrzahl der Bilder zeigten italienische Motive, „zum Teil nur in leichter, skizzenhafter Weise hingeworfen“.597 Viele der heute als Hauptwerke Blechens bekannten Arbeiten waren darunter. Die in Kuglers Museum namentlich erwähnten Gemälde sollen kurz aufgeführt werden. Eine der „bevorzugten Darstellungen“ zeigte einen „Klosterhof von Viterbo, über dem die Mittagshitze brütet; vorn rastende Mönche und Esel; im Hintergrund eine Stiege, den Berg empor, auf welchem Maultiere hinaufklimmen“.598 Theodor Fontane erkannte in der Beschreibung schon1861 den „Marktplatz von Ravello bei Amalfi“ (Abb. 222).599 Sachse konnte das Bild 1840 dem Architekten Ferdinand von Quast verkaufen, in dessen Besitz es Fontane erwähnt.600 „Eine Partie aus dem Mühlental bei Amalfi“ 591 Vgl. Raczynski, Geschichte der neueren deutschen Kunst 1841; zit. nach Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 84, S. 131. 592 Vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 131, Nr. 84. Es ist bekannt, dass Blechen immer wieder Varianten und Wiederholungen seiner Arbeiten anfertigte. 593 1836 konnte Blechen das Berliner Bild für 300 Taler an den Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate verkaufen. Eine Wiederholung wurde auf den Braunschweiger, Düsseldorfer und Breslauer Ausstellungen gezeigt; vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 84, S. 131. 594 Vgl. Bettina von Arnim an Moritz August von Bethmann-Hollweg in Bonn, 11. Juli 1838; zit. nach Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 131, Nr. 85. 595 Vgl. Carl Blechen: Ansicht von Terni mit badenden Mädchen, um 1836, Öl auf Leinwand, Staatsgalerie, Stuttgart. 596 Vgl. Bettina von Arnim an Louis F. Sachse, Juli 1838, in: Rave 1940, S. 51–54 und dies. an dens., 23. Juli 1838, in: ebd., S. 54f. 597 Vgl. „Berliner Nachrichten“, in: Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. 598 Vgl. ebd. 599 Übernommen aus Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 115. 600 Vgl. ebd. und Rave 1940, Nr. 1172.

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(Abb. 223) geht auf eine Naturstudie im Amalfi-Skizzenbuch zurück.601 Es gelangte nach dem Tod des Künstlers in die Sammlung des Apothekers Kuhtz.602 Im Gegensatz zu den Amalfi-Bildern zeigt der „Golf von Neapel“ (Abb. 224) eine eher konventionelle Ansicht eines Italienmotivs. Am Golf bestand eine lange Tradition, unmittelbar vor dem Motiv gemalte Ansichten für Touristen anzufertigen. Hierbei waren besonders wiedererkennbare, „malerische“ Ansichten gefragt.603 Ein kaum weniger beliebtes Thema war das Leben der Fischer an den italienischen Küsten. Der Ausstellungsbericht nennt „zwei neapolitanische Fischer am Meeresgestade sitzend; das Meer tiefdunkelblau, die Köpfe der Männer und Profile der fernen Inseln von der eben aufgehenden Sonne beleuchtet“.604 Trotz der divergierenden Anzahl der Fischer deutet die Beschreibung auf das Bild „Drei Fischer am Golf von Neapel“ hin (Abb. 225). Die mit den Worten umschriebene Darstellung „Maultiertreiber, durch eine hohe Felsenhalle hinziehend“605 verweist auf das Bild „Kloster Santa Scolastica bei Subiaco“ (Abb. 226). Blechen hatte es bereits auf der Akademie-Ausstellung 1832 gezeigt.606 Die Umschreibung „ein Berghang, auf dessen Höhe ein Kloster liegt; neben trockenen Cypressenstämmen führt ein steiler Weg empor; ein paar Mönche bewegen sich nur langsam auf dem Weg“ führt dem Leser das Bild „Blick auf Assisi“607 vor Augen (Abb. 227). Von den im Museum besprochenen Arbeiten zeigten zwei Exponate kein Italienthema, sondern „heimatliche Natur“. Das eine, „ein öder Sandhügel mit einem Fuchsbau, davor der Fuchs, der sich in ungestörter Einsamkeit behaglich in der warmen Sonne streckt, höchst meisterhaft dargestellt“608 (Abb. 228) konnte Sachse an Martin Freiherr von Magnus,609 einen Bruder von Eduard Magnus, verkaufen.610 Das andere zeigte ein Stillleben: „Ein an den Nagel gehängtes Rebhuhn“.611 601 Vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 117. 602 Vgl. Fontane 1970, S. 538. 603 Vgl. Maurer 2015, S. 314, zu Blechen in Italien speziell S. 279–314; außerdem u.a. SchenkSorge 1989, S. 149–153, und Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 42f. und S. 118. 604 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. 605 Vgl. ebd. 606 Vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 55 und Tafel 15. 607 Vgl. ebd., Nr. 61 und Tafel 16. 608 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. 609 Martin Freiherr von Magnus (1796–1868). 610 Vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 121. 611 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. Beide Bilder waren in der Sammlung Brose verzeichnet, wobei Fontane darauf hinwies, dass Letzteres mit 100 Talern im Gegensatz zu anderen Blechen-Bildern verhältnismäßig teuer im Ankaufspreis gewesen sei: „Die Brose’sche Blechen-Galerie – sieben großer Mappen mit hunderten von Skizzen zu geschweigen – besteht aus ungefähr siebzig Ölbildern, die für den Gesamtwert von etwa 4000 Talern erstanden wurde. Eine brillante Kapitalanlage, da die Sammlung Einzelbilder enthält, die jetzt mindestens diese Summe bringen würden. So z. B. ,Die Müggelberge‘, ,Narni‘, ,Castel Gandolfo‘ u. a. ,Am lehrreichsten ist der Blick auf Einzelheiten. So z. B. auf ,Der Fuchs‘, ,Der einschlagende Blitz‘, ,Liebenthaler Grund‘, ,Landschaft‘ (aus dem Jahre 1823), ,Zwei Mädchen‘ (3 Taler), ,Felsgegend‘ (20 Taler),

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Einem verfrühten Nachruf gleich kommend wurde im Museum auf die besondere Bedeutung dieser Blechen-Ausstellung bei Sachse hingewiesen, da die Bilder „den Rest dessen ausmachen, was seit langem von diesem, in seiner Art so einzigen Meister gearbeitet ist, und die vielleicht letzten Werke seiner Hand sein werden“.612 Ein ähnlicher Ton wurde am 15. November 1839, also ebenfalls noch vor Blechens Tod, in der Spenerschen Zeitung angeschlagen: „Dass ein so hervorragendes Genie vom allerersten Rang, ein Künstler jenes Schlages, an deren Hervorbringung die Schöpferkraft der Natur sich für Jahrhunderte ermüdet, wie bei Raphael [...] – dass ein solcher bei seinen Lebzeiten halb oder falsch verstanden wird, versteht sich von selbst. Jetzt erst, nachdem Blechen, der Kunst wenigstens, abgestorben, finden seine Werke Anerkennung und Bewunderung, [...] obwohl es immer noch hier und da kritische Hämlinge gibt, die ihn nur für einen talentvollen Dekorationsmaler gelten lassen möchten.“613 Unweigerlich wird man bei diesem Rückbezug an Menzels „Künstlers Erdenwallen“ erinnert, wo der Künstler erst im „Nachruhm“ zu Ehre und Anerkennung gelangt. Und tatsächlich waren ähnliche Assoziationen schon 1838 in Bezug auf ein Bild gezogen worden, das ebenfalls zu den in diesem Jahr bei Sachse ausgestellten Italienlandschaften Blechens zählte. Das heute verschollene Gemälde zeigte einen „Mönch in einer Felsengrotte“ sitzend (Abb. 229). Allein mit seinen Gedanken schaut er auf die Ruine des Palastes der Königin Johanna bei Neapel, das Meer ist „aufgeregt bewegt, der Himmel grau, wie nebelhafter Regen“.614 In einem Brief vom 11. Juli 1838 an Moritz August von Bethmann-Hollweg hatte Bettina von Arnim ihrem Freund durch Beschreibung eben dieser Arbeit die Situation des Malers zu verdeutlichen versucht: „Wie wehmütig, wie schauerlich, wenn man dieses Bild anschaut mit dem Gefühl, dass es ebenso düster, verlassen, hilflos im Innersten des armen Malers aussieht! Ja, so sieht es wirklich in ihm aus [...].“615 Mit der „bekräftigenden Schlusswendung deklarierte Bettina von Arnim den Mönch vor dem Palast der wahnsinnigen Johanna von Aragonien zum Rollenselbstbildnis Blechens“, wie Klaus Peter Schuster anmerkte. Dabei sei Blechens „Mönch in einer Felsgrotte“ weniger biographisch als vielmehr mit Blick auf die damalige romantische Erfolgsliteratur zu deuten, die voll Dramaturgie und Regie höchst absichtsvoll Gefühle und Stimmungen beim Betrachter evozierte, so Schuster weiter.616 Die Motivation Bettina von Arnims, über das Bildmotiv die Schwierigkeiten des Künstlers auf einem nun „freien Kunstmarkt“ erkennen zu wollen, ist dennoch durchaus bezeichnend. Die engagierte Schriftstellerin ,Kirchenruine im Mondschein‘ (28 Taler). Dagegen ist der ,Bauernjunge‘ für 34 Taler und das ,Rebhuhn‘ für 100 Taler verhältnismäßig teuer“; vgl. Fontane 1973, S. 541. 612 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. 613 Vgl. Spenersche Zeitung, Nr. 267, 15. November 1839; zit. nach Rave 1940, S. 61. 614 Vgl. Museum, 5. Jg., Nr. 44, 30. Oktober 1837, S. 351. 615 Bettina von Arnim an den mit ihr befreundeten Professor an der Universität Bonn, Moritz August von Bethmann-Hollweg, vom 11. Juli 1838. Der Brief ist mit der Bitte verbunden, eine von ihr eingerichtete Lotterie zugunsten des erkrankten Blechen zu unterstützen; der vollständige Brief ist abgedruckt in Ausst.-Kat. Blechen 1990, Dokumente VII, S. 298f., hier S. 299. 616 Vgl. Schuster 1990, S. 23.

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glaubte Blechens Lebensnot, die sie der mangelhaften Teilnahme des kaufkräftigen Publikums zuschrieb, in seinen Bildern widergespiegelt: „Ich irre nicht, wenn ich Blechens gestörte Organisation dem Mangel an Teilnahme und Begriff seiner Umwelt zuschreibe [...]. Entzweiung mit sich selber, Verwirrung seines Instinktes waren die Folge! [...], denn er war ganz durchdrungen vom Geist seiner Kunst, es hatte kein anderer Nebenzweck Platz in seiner Seele.“617 Die Vorstellung von Blechens persönlichem Lebensdrama als ein von weiten Teilen der Gesellschaft verkanntes Genie, das vereinsamt und in geistiger Umnachtung stirbt, hat sich bis in unsere Tage erhalten. Dabei stellte schon Alfred Lichtwark 1881 fest, dass es Blechen nicht „überhaupt an Anerkennung gefehlt hatte – im Gegenteil, die Hervorragendsten seiner Zeitgenossen schätzten ihn hoch“.618 Zu ihnen gehörte Louis Sachse. Die von Paul Ortwin Rave 1940 zusammengetragenen Quellen zeugen in eindrucksvoller Weise davon. Sachse besuchte Blechen in den letzten Jahren regelmäßig in dessen Wohnung. Er unterhielt zudem eine rege Korrespondenz mit der Frau, Henriette Blechen, die Sachse immer wieder ihr Herz ausschüttete oder um Rat beim Verkauf einzelner Kunstblätter ihres Mannes bat.619 Blechen selbst fügte kurze Zusätze zu diesen Briefen an oder schrieb kleine Nachrichten, die eine vertrautes Verhältnis annehmen lassen: „Komme recht bald, lieber Sachse, und bleibe den Abend bei uns“620 oder „Mein lieber guter Sachse. Gestern abend sind wir glücklich angekommen und werden uns sehr freuen, wenn wir dich recht bald bei uns sehen. Dein treuer Freund Blechen“.621 Auch Henriette Blechen bezeichnete Sachse als „unser lieber Freund“, ja sogar als „Lebensstütze“.622 Als im Sommer 1838 darüber diskutiert wurde, Blechen auf eine „Gesundheitsreise“ zu schicken, geriet Sachse erneut zur zentralen Mittlerfigur. Gleich in zwei langen Briefen wandte sich die engagierte Bettina von Arnim an Sachse, „der sich so sehr als solider Freund beider [sprich von Henriette und Carl Blechen, d. V.] bewiesen hat“.623 Zwischen den beiden Frauen war es zu heftigen Spannungen darüber gekommen, auf welche Weise mit Blechens Zustand am besten umzugehen sei und welchem ärztlichen 617 Bettina von Arnim an Moritz August von Bethmann-Hollweg vom 11. Juli 1838, abgedruckt in Ausst.-Kat. Blechen 1990, Dokumente VII, S. 298f. 618 Zit. nach Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 123f. 619 Vgl. die Briefe zwischen Henriette Blechen und Louis F. Sachse, die abgedruckt sind bei Rave 1940, S. 43–58. 620 Henriette Blechen an Louis F. Sachse, 4. November 1837, in: Rave 1940, S. 45f. 621 Carl Blechen an Louis F. Sachse, 10. Juni 1838, in: Rave 1940, S. 46. 622 Vgl. Henriette Blechen an Louis F. Sachse, 4. November 1837, in: Rave 1940, S. 45 und Henriette Blechen an Louis F. Sachse, Berlin, den 24. März 1840, zit. nach Kern 1911, S. 463. An anderer Stelle schrieb Kern 1911, S. 42: „Einen Freund fand Blechen in dem Kunsthändler Sachse. Kein Name leuchtet heller in Blechens Leben als der seine, er hat Blechen auch in Zeiten größter Not nicht verlassen. Frau Blechen nennt Sachse und seine Frau später in einem Briefe (vom 24. August 1840, jetzt in der Sammlung der Nationalgalerie) ‚meine beiden Lebenstützen‘. Die übrigen Freunde kommen gegen Sachse weniger in Betracht.“ 623 Bettina von Arnim an Louis F. Sachse, 21. Juli 1838, in: Rave 1940, S. 51–54, hier S. 53.

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Rat gefolgt werden sollte. Getrieben von Bettina von Arnim versuchte Sachse Henriette Blechen zum Einwilligen in eine Kur nach Jüterborg zu bewegen. Alle möglichen Szenerien wurden durchgespielt, Sachse wollte Blechen sogar persönlich begleiten, doch kam der geplante Aufenthalt aufgrund der Streitereien unter den Frauen letztlich nicht zustande.624 Im Mai 1839 fand „auf Antrag des Herrn Kunsthändlers Sachse“ und „unter der Obhut des Berlinischen Künstlervereins“ schließlich eine „für den Professor Blechen veranstaltete Lotterie“ in der Kunsthandlung statt, zu der Sachse selbst 50 Lose beisteuerte.625 Ein gutes Jahr später verstarb der „Märtyrer der Berliner Umstände“, wie Adolph Menzel Blechen später bezeichnen sollte. General von Minutoli und der Direktor des Kupferstichkabinetts Heinrich Gustav Hotho wandten sich umgehend an den Blechen-Vertrauten Sachse.626 Während es Minutoli darum ging, in Sachses Gesellschaft einem „von uns beiden gleich geschätzten Mann die letzte Ehre zu erweisen“, wollte Hotho, dass Sachse einen Brief an Henriette Blechen „durchsehen“ und überbringen möge. Darin ersuchte Hotho die Witwe gegen ein „Jährliches Gnadengehalt“, der Akademie Blechens künstlerischen Nachlass zu übergeben.627 Sachse selbst verabschiedete den Freund auf seine Weise. Der Händler und Vertraute bewahrte in seiner eigenen Privatsammlung nicht nur eine Vielzahl an Ölskizzen und Studien, sondern auch ein ganz besonderes Gemälde von Carl Blechen auf: Die „Zwei Mönche im Park von Terni“ hatte Blechen 1830 – also unmittelbar nach der Rückkehr von seiner Italienreise – zusammen mit zwei weiteren Gemälden auf der Akademieaus624 Bettina von Arnim hatte das Verhalten der Frau Henriette Blechen aufs Schärfste angegriffen, weil diese von einer solchen Gesundheitsreise in Begleitung von einer ihrem Mann unbekannten Person, wie es zunächst geplant war, wenig überzeugt war. Henriette Blechen sei „argwöhnisch und ungeziehmt“, so von Arnim. Sachse und der ebenfalls vertraute Maler Xeller beschlossen daraufhin, „eine gemeinschaftliche Fahrt“ zu jenem Kurort zu unternehmen, wo Bettina von Arnim „Hilfe für den unglücklichen Kranken“ erwartete. Mit „Kraft und Überzeugung“, wollte er dafür sorgen, dass „Frau Blechen sich der Kur nicht widersetzt und mit mir gleich zurückreisen kann, im Fall, dass Herr Xeller mit Blechen gleich dazubleiben beschliessen würde“; vgl. Louis F. Sachse an Bettina von Arnim, 24. Juli 1838, in: Rave 1840, S. 54. Die Reise sollte auf eigene Rechnung geschehen, und erst in dem Fall, „wenn die Kur wirklich beginnen würde“ und Henriette Blechen „als derjenige, welche dabei die erste Stimme hat,“ zusagte, sollte die „großmüthige Unterstützung“ von Bettina von Arnim in Anspruch genommen werden; vgl. ebd. Über den weiteren Fortgang vgl. die bei Rave abgedruckten Briefe und Walter Unus: „Karl Blechen“, in: Velhagens u. Klasings Monatshefte, 35. Jg., 1920/21, S. 31–44, ebenfalls abgedr. in Rave 1940, S. 103–105, hier S. 105. 625 Vgl. Sitzungsbericht des Berlinischen Künstlervereins 30. Januar 1839 und 27. März 1839 sowie Berlinischer Künstlerverein an Louis F. Sachse, 27. März 1839 und Kunstblatt, 20. Jg., Nr. 44, 30. Mai 1839, S. 175; alle abgedruckt in Rave 1940, S. 59f. 626 Vgl. General von Minutoli an Louis F. Sachse, 25. Juli 1840 und Gustav Heinrich Hotho an Louis F. Sachse, Ende Juli 1840; in: Rave 1940, S. 62. 627 Vgl. ebd. sowie die akademischen und ministerialen Gutachten und Berichte und den entsprechenden Erlass des Königs an den Kultus- und Finanzminister vom 10. Dezember 1840. Die Dokumente sind abgedruckt bei Rave 1940, S. 64–73.

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stellung gezeigt, um die neue Ausrichtung seiner Kunst vorzustellen (Abb. 230).628 Im Gegensatz zu den beiden oben vorgestellten Bildern – zwei „Beiträge zur Charakteristik der Campagna in Rom“ (Abb. 216 und Abb. 217) – war dieses Gemälde damals von der Kritik übergangen worden. Börsch-Supan merkte bereits die Besonderheit dieses hochformatigen Parkstücks an, das zwei Mönche zeigt, die in einer von dichtem hohem Baumbestand gerahmten Waldlichtung in ein Gespräch vertieft sind. Das von oben hereinfallende warme Licht verleihe dem Ort eine sakrale Wirkung.629 Zugleich ist es dieses warme Sonnenlicht, das sich von oben durch das Blätterdach kämpft, um auf einem schmalen Stückchen sandigen Waldbodens ein malerisches Spiel aus Licht- und Schattenreflexen zu entfalten. Das Bild sollte von den späteren Generationen geradezu als Bekenntnisbild für Blechens reifes Kunstschaffen bewertet werden. Louis Sachse darf ein früher Anteil daran zugesprochen werden. Er besaß eine zweite, leider verschollene Fassung jenes Bildes, das heute in der Nationalgalerie zu bewundern ist.630 In Erinnerung an den im Juli 1840 viel zu früh verstorbenen Freund wählte Sachse eben dieses Gemälde aus, um es von Julius Tempeltey lithographieren zu lassen.631 Sachse hatte den malerischen Wert als auch die zentrale künstlerische Aussage dieses Bildes erkannt und der Lithographie den Titel „Friede in der Natur“ gegeben (Abb. 231).632 Käufer und Sammler

„[...] ohnehin scheint es mir immer mehr und mehr Mode bei unseren Kunstliebhabern zu werden, fremde Bilder, oder sollten vielmehr sagen, fremde Namen auf ihren Bildern zu kaufen. Wenn wir die wenigen Kunstsammler Berlins, denen ihre Sammlung und deren Vermehrung wirkliche Herzenssache und nicht Gegenstand der Eitelkeit, wenn nicht gar der Spekulationen ist, ausnehmen, so richtet sich der Ehrgeiz der übrigen fast immer darauf, sagen zu können: Ich habe das Bild von Gallait bestellt oder, ich bin’s, der den Robert Fleury gekauft hat u.s.f.“633 Max Schasler, ab 1856 Herausgeber der Kunstzeitschrift Die Dioskuren,634 nahm eine von ihm eigens für die Gemäldeausstellungen Sachses eingerichtete Rubrik nicht 628 Vgl. Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 37, S. 112. 629 Vgl. ebd. 630 Vgl. Rave 1940, Nr. 1304. 631 Vgl. ebd. 1859 wählte Wilhelm Lübke ebenjenes Bild aus, um Blechens „kapriziöse Weise“ und „sublimen Zauber“ in einem kleinen Absatz seiner Abhandlung über „Die Kunst der Gegenwart“ exemplarisch vorzustellen. Schon Lübke wählte nicht mehr den von dem Künstler genannten Titel der „Parthie aus dem Park von Terni“, sondern bezeichnete das Gemälde wohl bewusst mit Sachses treffender Umschreibung; vgl. Lübke (1859), S. 39; hier zitiert nach Rave 1940, S. 77f. 632 In späteren Erwähnungen wird das Bild wiederholt unter diesem Titel geführt; vgl. ebd. 633 Schasler Max: „Die permanente Gemäldeausstellung bei Sachse“, in: Die Dioskuren, 1. Jg., Nr. 8, 15. Juli 1856, S. 79. 634 Die Dioskuren unter der Herausgabe von Max Schasler betrachteten sich als „Deutsche Kunst-Zeitung“ und „Hauptorgan der deutschen Kunstvereine“. Sie erschienen in den Jahren

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selten zum Anlass, um seinem Unmut über zeitgenössische Kunstzustände Ausdruck zu verleihen.635 Sachses Initiative, aktuelle französische und überhaupt ausländische Malerei nach Berlin zu holen, fand bei ihm nur eingeschränkte Zustimmung,636 zumal der eingeleitete Austausch Früchte trug und erstaunlich viele Bilder fremder Meister in die zeitgenössischen Sammlungen der Berliner Privatleute gelangten. Besonders die gefeierten Künstler der Berliner Ausstellung von 1836 wie Théodore Gudin, Camille Roqueplan, Jules Coignet, Louis Étienne Watelet und Eugène Lepoittevin, die gleichsam in Sachses Salon zu sehen waren, waren vertreten.637 Im Jahre 1856 veröffentlichte Schasler ein Handbuch über die Kunstschätze Berlins, worin er – wenn auch sicher nicht lückenlos – die königlichen und privaten Kunstsammlungen der Stadt dokumentierte.638 Deutlich zeichnen sich auch hier die allgemeinen Bewegungsrichtungen im Kunstbetrieb ab.639 In der zweiten Abteilung der „öffentlichen Galerien und Sammlungen“ konnten nicht nur die privaten und öffentlich zugänglichen Gemäldegalerien640 des gelehrten Diplomaten Graf Athanasius von Raczynski, des Bankiers Johann Heinrich Wilhelm Wagener und des Kaufmanns Louis Ravené in Bedeutung und Ausmaß neben den königlichen Sammlungen641 bestehen, 1856 bis 1875. 635 Vgl. zu Schasler selbst auch Schasler 1895. 636 Die auch im Rahmen von Sachses Internationalem Kunstsalon gefochtene Berliner Debatte um nationale vs. internationale Kunstausstellungen wird in Kapitel IV.3.b, „Museale Gegenwart und Gegenwartskunst“ noch kurz angesprochen werden. 637 Vgl. zu aktueller französischer Kunst in preußischen Sammlungen auch Nerlich 2010, S. 271– 285. 638 Vgl. Schasler 1856. Das Handbuch bietet einen wertvollen Überblick über den Gemäldebesitz in Berlin. Zum Teil sind die Bestände einzelner Sammlungen vollständig aufgeführt, zum Teil hebt Schasler nur die bemerkenswertesten Stücke hervor oder macht zusammenfassende Äußerungen wie „zahlreiche Sammlung neuerer Gemälde verschiedener Schulen“. Siehe außerdem Max Schasler: „Die Geschichte der Berliner Privatgalerien“, in: Die Dioskuren, Jg. 15, Nr. 14–17, 1870, S. 105–107, S. 113–115, S. 121f. und S. 129–131. 639 Schon im 18. Jahrhundert gab es in Berlin Privatsammlungen. Friedrich Nicolai führte in seiner Stadtbeschreibung 1786 40 „Privatpersonen“ mit Kunstbesitz an, von denen sich zehn auf Kupferstiche beschränkten; vgl. Nicolai 1786/1980, S. 833–849. Der Besitz von Gemälden zeitgenössischer Maler blieb aber die Ausnahme, die meisten Sammler konzentrierten sich auf ältere Kunstwerke; vgl. Rave 1959, S. 7–32. 640 Wagener, Raczynski und Ravené traten durch das Öffnen ihrer privaten Galerien für ein breites Publikum in eine gewisse Konkurrenz zu den königlichen Sammlungen. Über ihre „Privatmuseen“ repräsentierten sie ihren gesellschaftlichen Rang im kulturellen Leben Berlins. Ihre Aktivitäten übten als fördernde und mäzenatische Maßnahmen einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Wahrnehmung aktueller Kunstproduktion aus. 641 Zu den königlichen Sammlungen in Berlin zählten seinerzeit das Schinkelmuseum, die königliche Gemäldesammlung im Schloss, die Bildergalerie im Schloss Bellevue und die Sammlung der Fürstin Liegnitz, deren Palais sich baulich an das königliche Palais anschloss und aus dem Neubau und dem Prinzessinnenpalais bestand. Sie werden gemeinsam mit den Sammlungen Racynski, Wagener und Ravené genannt. Diese inhaltliche Gliederung verdeutlicht, welche Personen oder Gesellschaftsschichten einen öffentlichen Anspruch auf ihren Kunstbesitz erheben konnten.

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sondern von den knapp 100 weiteren Privatsammlungen werden bereits 76 genannt, in denen die zeitgenössische Kunst das Hauptgewicht eingenommen hatte.642 Schasler kam zu dem Schluss, „dass es weniger der hohe Adel, als vielmehr der gebildete Mittelstand [sei], welchem die Pflege der Kunst zu übertragen scheint“.643 Im „Sammeln gleichzeitiger Arbeiten der Kunst“644 sah er eine besonders wichtige Form der Kunstförderung, der „gleichwohl welche Motive zugrunde liegen, kein geringerer Wert eingeräumt werden [dürfe] als den historischen“.645 Die meisten der aufgeführten Sammlungen bestanden sowohl aus zeitgenössischen als auch aus älteren Werken, wobei die jüngere und jüngste Malerei immer getrennt von der alten und erst in Anschluss an diese genannt wird. Dies könnte darauf hindeuten, dass Letztere erst seit jüngerer Zeit eingekauft wurde, was die Tendenz wachsenden Interesses an zeitgenössischen Gemälden im Laufe des Jahrhunderts belegen würde. Auch inhaltlich sind, in einem groben Überblick, Schwerpunktverschiebungen auszumachen. So lag bei den königlichen Sammlungen das Augenmerk auf Historienbildern mit religiösen Themen und architektonischen Ansichten. Hier scheint die akademische Werteskala anwendbar.646 Das Gewicht der bürgerlichen Sammlungen neigte hingegen zu Genre- und Landschaftsdarstellungen.647 Die Rolle der Sammler und damit Käufer war für Sachse als Händler wesentlich. Das Sammeln aktueller Kunst befand sich zu seiner Zeit erst im Aufschwung. Zur Mitte des Jahrhunderts existierten jedoch bereits drei repräsentative, öffentlich zugängliche Privatsammlungen für Gegenwartskunst in Berlin. Die Vorliebe der bürgerlichen Sammler 642 Oft bestanden die Sammlungen sowohl aus Werken älterer als auch neuerer Künstler. Dabei konnte der Umfang der Sammlungen von nur einigen wenigen Gemälden bis hin zu 250 Kunstwerken reichen. Diejenigen Berliner Privatpersonen, welche über 100 Werke besaßen, waren demnach: Graf Raczynski (122), Konsul Wagener (248), Kaufmann Ravené (124), Rentier Bendemann (102), Stadtgerichtsrat Naumann (114), Ehepaar Parthey (153), Graf Redern (126) und Rentier Wittich (112). 643 Schasler, Berliner Privatgalerien 1870, S. 138. Auch Rave 1959, S. 26 betont, dass sich „der Adel vielfach als Hüter überkommenen Besitzes“ fühlte und damit zeitgenössische Gemälde weniger die adelige Sammelleidenschaft trafen. Ausnahmen gab es natürlich auch hier, von denen die wichtigste die Sammlung des Grafen Raczynski bildete. Es ist jedoch auffällig, dass auch diese eine gemischte Galerie aus Werken neuerer und älterer Meister war. Reine Sammlungen zeitgenössischer Malerei sind in adeligen Kreisen nicht nachzuweisen. 644 Schasler argumentierte, dass die alten Meister ja auch einmal „modern“ gewesen seien und spekulierte den Fall, dass auch die damaligen Sammler „mit derselben Nichtachtung ihr Interesse nur auf die Kunst des Vergangenen gerichtet“, es schlecht stehe um die Kenntnis derselben; vgl. Schasler, Berliner Privatgalerien 1870, S. 129. 645 Noch immer würden die zeitgenössischen Sammlungen gegenüber den historischen geringschätzig bewertet, stellte Schasler im gleichen Zusammenhang fest; vgl. ebd. 646 Im Schloss Bellevue wurde 1844 eine „vaterländische Galerie“ eingerichtet. 128 Werke zeitgenössischer, meist preußischer Maler waren für die Öffentlichkeit zugänglich ausgestellt. Die Schwerpunkte der gezeigten Gattungen lagen bei Stadt- und Gebäudeansichten und Historienbildern religiösen Inhaltes; vgl. Schasler 1856, S. 280–282 und Jäger 2001. 647 Vgl. Schasler 1856.

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für Landschafts- und Genredarstellungen fiel mit den vorrangig gezeigten Gattungen in Sachses Salon zusammen. Da Geschäftsakten fehlen, kann nur vereinzelt der Erwerb eines bestimmten Stückes zugewiesen werden. France Nerlich hat den Weg zeitgenössischer französischer Gemälde in deutsche Sammlungen bereits eingehend beleuchtet.648 Es soll hier deshalb lediglich um einen zusammenfassenden kurzen Überblick gehen. Der Sammlung des Konsuls Joachim Heinrich Wilhelm Wagener (Abb. 232) kam unter den Berliner Privatgalerien eine vorrangige Bedeutung zu.649 Sie befand sich im Bankhaus H. W. Wagener in der Brüderstraße 5 und war „jeden Donnerstag von 10–2 Uhr nach vorheriger Anmeldung im Comptoir“ allgemein zugänglich.650 Wageners Privatsammlung war nicht nur die erste in Preußen, die sich ausschließlich aus Gemälden in- und ausländischer Künstler der eigenen Zeit zusammensetzte, sondern sie war bis über die Jahrhundertmitte hinaus auch die umfangreichste.651 In den Jahren 1815 bis 1859 erwarb Wagener 262 Werke zeitgenössischer Künstler, hauptsächlich der Berliner, Düsseldorfer und Münchener Schule. Sie gingen 1861 testamentarisch an den Staat und bilden seither den Grundstock der Nationalgalerie.652 Wageners Interesse galt nicht nur der deutschen Malerei, sondern es setzte sich, wenn auch in begrenztem Umfang, in einer Folge von Gemälden belgischer und französischer Künstler fort.653 Aus den umfangreichen Korrespondenzen, die in seinem Nachlass verwahrt sind, geht hervor, dass er seine Bestellungen und Ankäufe direkt 648 Vgl. Nerlich 2010, S. 271–287. 649 Joachim Heinrich Wilhelm Wagener (1782–1861); vgl. Keisch 1976; Rave 1959, S. 202–212; Ausst.-Kat. Sammlung Wagener 2011; Verwiebe und Wesenberg 2013. 650 Vgl. Weyl 1842, S. 43. 651 Auch Max Schasler räumt in seiner „Geschichte der Berliner Privatgalerien“ der Sammlung Wagener „schon wegen der Anciennität“ den Vorrang ein: „Hier finden wir die Originale zu den in den Hunderttausenden mehr oder weniger schlechter Stiche und Lithographien bis in die Bauernhütten hineingedrungenen populären Darstellungen“; vgl. Schasler, Berliner Privatgalerien 1870, S. 129f. 652 Zum Bestand der Sammlung Wagener vgl. den Ausst.-Kat. Sammlung Wagener 2011 sowie Verwiebe und Wesenberg 2013. 653 Es sind bei Schasler 1856, S. 293–309 folgende französische (und belgische) Künstler der Sammlung Wagener mit dem Datum ihres Erwerbs genannt: 1. Abteilung: Théodor Gudin: „Leuchtturm an der bretagnischen Küste“, 1845; ders.: „Schleichhändler-Felucke, auf der Rhede der Küste von Biskaja auf Landung wartend“, 1845; Léopold Robert: „Der schlafende Räuber“, 1822; Horace Vernet: „Hof eines Sklavenhändlers“, 1836. 2. Abteilung: Fr. Aug. Biard: „Vorgang aus der Jugend Linnés“ (mit Beschreibung), 1847; Edouard de Bièfve: „Der Compromiß“ (mit Beschreibung), 1849; François Bossuet: „Ein Sonnenuntergang in Andalusien“ (mit Beschreibung), 1846; Louis Gallait: „Egmonts letzte Augenblicke“ (mit Beschreibung), 1848; Nicolas de Keyser: „Tod der Königin Maria von Medici [...] am 3. Juli 1642“, 1848; Eugène Verboeckhoven: „Eine Herde von Schafen, Lämmern, Widdern und Ziegen, ihrem Schäfer folgend“, 1846; ders.: „Viehstück“, 1847; Nicolas de Keyser: „Der Giaour“ (nach Byrons Gedicht); L. Gallait: „Ein Kapuziner“; Ferdinand de Braekeleer: „La querelle après le repas“; ders.: „La toilette du Mari ou les cheveux gris“, 1852; Eugène Verboeckhoven: „Ein Wachtelhund und ein mit einem Kakadu sich streitender Pinscherhund“, 1853; François Bossuet: „Eine Straße in Sevilla“, 1853.

390  |  IV Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei

in den Ateliers der Künstler tätigte und sich nur sehr vereinzelt für das Angebot eines Kunsthändlers entschied.654 An Sachse hatte er sich mit der Bitte um die Vermittlung eines Gemäldes von Horace Vernet gewand.655 Wie die Berlinische Zeitung berichtete, war es im Februar 1838 in Sachses Salon zu sehen. Hier war man voll des Lobes für den Kunsthändler, dem es „endlich, nachdem er manches vortreffliche Bild, manche schöne Aquarelle [dem Berliner Publikum, d. V.] zugeführt, gelungen [war] ein Meisterwerk des Meisterfürsten Vernet zu erwerben“.656 Denn es handelte sich um das erste Gemälde Vernets, das über den Kunsthandel nach Deutschland gekommen war.657 Nächst der Sammlung Wagener stand in Berlin die des Grafen Athanasius von Raczynski (Abb. 233).658 1834 war der polnische Staatsmann nach Berlin gezogen. Er hatte Unter den Linden 21 ein repräsentatives Wohnhaus erworben, in welchem er auch einen öffentlich zugänglichen Galeriesaal einrichtete.659 Der Umzug in die preußische Hauptstadt markierte zugleich einen „Wendepunkt des Sammlungskonzepts“, wie Kalinowski anmerkt: „Dieses versteht sich nun als ein geschichtsphilosophisches Modell der europäischen Kunstentwicklung im Sinne des Gründers. Die Einzelnen Exponate, vor allem Bilder zeitgenössischer Künstler, sind ganz bewusst auf das Programm der Galerie als ,Tempel des guten Geschmacks‘ abgestimmt“.660 Aufgeteilt in fünf Abschnitte enthielt die erste Abteilung die „Cornelius-Overbeck’sche Kunstrichtung der neuern deutschen Historienmalerei“661 (insgesamt zwölf Werke), die zweite Abteilung war „Schadow’s Düsseldorfer Schule – Romantische Richtung in Deutschland und Naturstudien – Berlin – Porträts, Blumen, Genre und Landschaft“662 (insgesamt 33) gewidmet, und die dritte und vierte Abteilung 654 Vgl. SMB-ZA, NL Wagener, Briefkonzepte, Bd. 1 (1834–1837); Bd. 2 (1838–1841), Bd. 3 (1842–1946), Bd. 4 (1846–1856); außerdem Verwiebe und Wesenberg 2013. 655 Vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Das Aushängeschild“. 656 Vgl. Berlinische Zeitung, Nr. 43, 20. Februar 1838. 657 Vgl. ebd. 658 Athanasius Graf von Raczynski wurde 1788 in Posen geboren, studierte am den Universitäten von Frankfurt an der Oder, Berlin und Dresden. Seit 1813 lebte er als königlich Sächsischer Legationsrat in Paris und trat nach dem Sturz Napoleons und der Errichtung der russischen Herrschaft in Polen 1830 in den preußischen Staatsdienst ein. Er war Gesandter in Kopenhagen (1830–1834), Lissabon (1842) und Madrid (1848). Seit 1834 in Berlin. 1852 zog er sich aus dem Staatsleben zurück. Seine Sammlung alter und neuerer Gemälde zählte zu den größten und bedeutendsten Berlins. 659 Vgl. hierzu Wesenberg 1992, S. 73–77. 660 Vgl. Kalinowski 1992, S. 25. 661 Vgl. Schasler 1856, S. 284–286.; zu Raczynski und den Nazarenern, vgl. Heilmann 1992, S. 35f. 662 In Bezug auf die Düsseldorfer Schule zeigen sich Parallelen zu der Sammlung Wagener. Beide Sammler kauften verstärkt in den dreißiger und vierziger Jahren hier ein. Künstler wie Carl Friedrich Lessing, Julius Huebner, Theodor Hildebrandt und Eduard Bendemann sind in beiden Sammlungen vertreten, wobei Raczynski Historienbilder favorisiert und bei Wagener Genre, Stillleben und Landschaft dominieren. Beide Sammler scheint eine besondere Verehrung für Lessing verbunden zu haben. Im Gegensatz zur Sammlung Wagener bildeten die Berliner Maler bei

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konzentrierten sich auf Alte Meister.663 Die fünfte Abteilung hatte Raczynski für die „neuere französische und niederländische Malerei – Kunstwerke polnischen Ursprungs – Varia“664 (insgesamt 26 Werke) eingerichtet. Über den Katalog zur Sammlung können einzelne Arbeiten ausgemacht werden, die Raczynski bei Sachse einkaufte: Jules Coignet „Flusslandschaft“, erworben 1835 (Abb. 235); Hippolyte Bellangé „Coutancer Straße“, erworben 1835 (Abb. 236); Franz Ludwig Catel „Italienische Landschaft mit Wasserleitung“, 1838 erworben (Abb. 237); Carl Schorn „Die Weihe eines jungen Mönches“, erworben 1854 (Abb. 238); Carl Begas d. Ä. „Bildnis Bertel Thorvaldsen“, 1855 erworben (Abb. 239); Friedrich Eduard Meyerheim „auf der Bleiche“, erworben 1857 (Abb. 240). Das letzte Werk, das Raczynski für seine Sammlung noch 1871 einkaufte, war Arnold Böcklins „Maria Magdalena“ (Abb. 241) aus Sachses Salon. 1844 bis 1847 hatte Racynski, der in diesen Jahren als Gesandter meistenteils in Lissabon weilte, ein neues Palais in unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor errichten lassen: König Friedrich Wilhelm IV. selbst hatte ihn dazu eingeladen, hier eine repräsentative Galerie neben Ateliergebäuden für verschiende Künstler zu errichten (Abb. 234). Der Bau des Schinkelschülers Heinrich Strack sollte sich, wie Angelika Wesenberg beobachtete, als eine Art Vorwegnahme der Nationalgalerie erweisen, die ebenfalls von Strack nach Entwürfen Stülers ab 1862 errichtet wurde.665 Vergleicht man die zeitgenössischen ausländischen Ausstellungsstücke der beiden Sammlungen Wagener und Raczynski, so finden sich Übereinstimmungen in Leopold Robert und Louis Gallait, wobei Letzterer bei Wagener mit „Egmonts letzter Stunde“ Raczynski nicht die dominierende Gruppe. Dennoch erwarb der polnische Graf eine Landschaft Blechens und „Friedrich der Grosse im Park von Sanssouci“ von Menzel. Diese beiden Künstler wurden von Wagener nicht berücksichtigt; vgl. Heilmann 1992, S. 33–43 und Schasler 1856, S. 286–288. 663 Die dritte Abteilung der Raczynski’schen Sammlung beinhaltete „Altitalienische Schulen – einige altdeutsche Werke“ (insgesamt 30 Stücke) und die vierte Abteilung war für „Alte Spanier – Niederländer – Varia“ (insgesamt 26 Stücke) eingerichtet; vgl. Schasler 1856, S. 288–291. 664 Französische und belgische Kunstwerke, die bei Schasler genannt sind: Jean-Victor Schnetz: „Sixtus V. als Hirtenknabe, welchem eine Zigeunerin sein späteres Schicksal wahrsagt“ (Wiederholung eines im Jahr 1824 im Pariser Salon ausgestellte Bildes); Paul Delaroche: „Die Pilger in Rom“, 1842; Camille Roqueplan: „Castel Gandolfo“; Alexandre-Gabriel Decamps: „Eine Katze, ein Kaninchen und ein Wiesel“; Heinrich oder Hippolyte d’Orchevillers: „Ein Affe mit einem Kätzchen spielend“; Leopold Robert: „Die Schnitter“ (mit Beschreibung); Eugène Lepoittevin: „Ein Strandschmuggler, beobachtend“; Eugène Verboeckhoven: „Ein Stier in einer Landschaft“; Andreas Schelfhout: „Winterlandschaft“; A. Schoumann: „Seestück“, Ary Scheffer: „Das Almosen“, mehrere Kopien nach Velázquez, u. a. „Las meninas“ und weitere. Zeichnungen/Aquarelle werden von Raczynski extra aufgeführt: Louis Gallait: „Ein alter Krieger und ein Kind“, Louis-Étienne Watelet: „Landschaft“; 1824, Nicholas-Toussaint Charlet: „Eine Bauernfamilie“; Hippolyte Bellangé: „Route de Coutance“; 1834, Jules Coignet: „Landschaft“, 1838; vgl. Schasler 1856, S. 291f. 665 Vgl. Wesenberg 1992, S. 78. 1883 musste das Palais Raczynski dem Reichstagsgebäude weichen; vgl. zur Geschichte des Gebäudes auch Cullen 1992.

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mit einem Hauptwerk vertreten war und bei Raczynski lediglich ein Aquarell Aufnahme in die Sammlung gefunden hat.666 Stattdessen galt die Aufmerksamkeit des Aristokraten mehr den Franzosen Paul Delaroche, Eugène Lepoittevin, Camille Roqueplan und Alexandre Descamps, die mit Genreszenen oder Tierstücken vertreten waren, ebenso wie Louis Etienne Watelet, François-Marius Granet und Jules Coignet. Wichtige Namen wie Horace Vernet und Théodore Gudin sind im Gegensatz zur Wagener’schen Sammlung nicht verzeichnet. Raczynski sah in ihnen, ganz im Gegensatz zu Künstlern wie Ary Scheffer, Jean-Auguste-Dominique Ingres oder Paul Delaroche, „Erzeugnisse der Mode“, befürwortete aber „im Interesse des Gedeihens der Kunst“ ihre Aufnahme in die Akademieausstellungen.667 Um eine „Bereicherung“ durch Werke ausländischer, namentlich französischer und belgischer Kunst zu bewirken, hatte er vorgeschlagen, die Sachse’sche und die Lüderitz’sche Kunsthandlung heranzuziehen.668 Raczynski war davon überzeugt, „dass eine aufrichtig wohlwollende Berücksichtigung der auswärtigen Künstler dem Berliner Bildermarkte und den Ausstellungen neues Leben erteilen würde“.669 Die dritte der großen und öffentlich zugänglichen Berliner Privatgalerien war die des Eisenwarenhändlers Louis Ravené (Abb. 242),670 Schaslers Urteil zufolge „eine Galerie im wahrsten Sinne des Wortes, auch in Hinsicht der ebenso großartigen wie zweckmäßigen lokalen Anordnung“.671 Die zuletzt etwa 200 Stück zählende Sammlung war bis 666 Es handelt sich bei dem Aquarell Gallaits um das Blatt „Alter Krieger und sein Kind“; vgl. Ausst.-Kat. Raczynski 1992, Nr. 68. 667 Raczynski sprach sich 1841 in einer Sitzung des wissenschaftlichen Kunstvereins „über die Kunst-Ausstellungen in Berlin und die Mittel das Interesse des Publikums wieder dafür zu gewinnen“ dafür aus, die Akademieausstellungen „durch die Aufnahme fremder Erzeugnisse zu heben“. Von besonderem Wert wäre es nach seiner Meinung, das Publikum mit Erzeugnissen von z. B. Nicolas de Keyser, Gustave Wappers, Edwin Landseer, Friedrich Wilken, Ary Scheffer, Jean-Auguste-Dominique Ingres, Paul Delaroche, Joseph Führich, Francesco Hayez, Philipp Veit, Edward Steinle oder Carl Rottmann bekannt zu machen; „nichtsdestoweniger müßten die Erzeugnisse der Mode willig Aufnahme finden, wie die Gudins, Roqueplans u. dergl.“; vgl. Allgemeines Organ für die Interessen des Kunsthandels, 1. Jg., Nr. 10, 6. März 1841, S. 41. 668 Vgl. ebd. 669 Vgl. ebd.: „Die Liebe zur Kunst ist mehr oder weniger ein Rausch. Wer diese nicht empfindet, wird sie auch nicht erwecken. Verrostet ist die Liebe bei demjenigen, welcher durch Rücksichten, welche der Kunst fremd sind, das Gedeihen derselben aufs Spiel setzt.“ Raczynski spielt auf Forderungen von Zeitgenossen an, ausschließlich nationale Kunst zu fördern und auszustellen. Es wird in Kapitel IV.3.b, „Museale Gegenwart und Gegenwartskunst“, kurz darauf zurückzukommen sein. 670 Peter Louis Ravené (1793–1861), geschäftsführender Unternehmer der mit Eisenwaren handelnden Firma Jacob Ravené Söhne. 1833 Kauf und Bezug des dem königl. Oberbergamtes unterstellten Haupt-Eisenmagazins in der Wallstrasse 92, wo er zweckmäßige Räume für seine Gemäldesammlung einrichtete; vgl. Weinitz 1917, S. 288f. 671 Die Gemäldesammlung in dem alten Geschäftshaus, Wallstrasse 92, war nicht nach Schulen geordnet wie bei Raczynski, sondern fremde wie einheimische Bilder waren gemischt in fünf Räumen des Hauses gehängt, einem Hauptsaal sowie einem grünen Salon und einem roten, lila, blauen und grünen Zimmer; vgl. Schasler 1856, S. 310–314. Nach Schasler handelte es sich um

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nach dem Ersten Weltkrieg in dem Geschäftshaus in der Wallstrasse ausgestellt.672 Erste Anfänge des Erwerbs von Bildern datieren auf die Mitte der vierziger Jahre.673 Bis 1870 dominierten auch hier die Berliner und die Düsseldorfer Schule.674 Es waren aber auch fremde Künstler in einer ansehnlichen Zahl vertreten. Schasler hob in der „Geschichte der Berliner Privatgalerien“ aus dem Jahre 1870 Bilder von Thomas Couture, Louis Gallait und Ernest Meissonier hervor,675 denen sich Gemälde von Horace Vernet, Joseph-Nicolas Robert-Fleury, François-Auguste Biard, Paul Delaroche, Narcisse Diaz, Jules Dupré, Théodore Gudin, Eugène Isabey, Eugène Lepoittevin u. a. „würdig anschließen“.676 Die Tatsache, dass sich auch in vielen kleineren, bei Schasler erwähnten Sammlungen die Namen französischer (und belgischer) Künstler wiederfinden, ist bemerkenswert. Waren ausländische Werke noch zu Beginn der 1830er Jahre nur äußerst selten in Berlin zu sehen, sind zur Jahrhundertmitte einige französische Künstler durchaus breit gestreut in den Berliner Sammlungen vertreten. Exemplarisch sollen die Galerien des Hofagenten An-

eine „prächtige Galerie“ mit „geschmackvoller und würdiger Ausstattung in ornamentaler Beziehung“. Zur Sammlung Ravené siehe außerdem Nerlich 2010, S. 281–285. 672 1896 bezog die Firma das neu erbaute Geschäftshaus Wallstrasse 5–8, wo im obersten Stockwerk fünf größere Räume, drei Kabinette und das Treppenhaus für die Aufnahme der Bilder bestimmt worden waren. Auch hier war die Sammlung dem Publikum unentgeltlich zur Besichtigung geöffnet; vgl. Weinitz 1917, S. 289. 673 Schasler erwähnt in seiner Besprechung der Berliner Privatgalerien, dass Ravenés Interesse für zeitgenössische Kunst durch den Gewinn eines Gemäldes beim Kunstverein erwacht sei. Das Sammeln als Leidenschaft, „die den Begründer anfangs nicht selten über den wahren Wert der zum Ankauf dargebotenen Werke täuschte, so daß er später – bei sich steigernder Feinheit des Kunstgefühls und Sicherheit des kritischen Takts – sich genötigt sah, aus Rücksicht der wahrhaften Meisterwerke, welche er nach und nach erwarb, ganze Reihen verhältnismäßig unbedeutender Werke durch Umtausch oder auf andere Weise wieder fortzugeben“, führte zu einer Sammlung „von außerordentlich hohem Wert, geradezu enorme Summen zuzüglich dieses teuren Lehrgeldes“ seien aufgebracht worden; vgl. Schasler, Berlins Privatgalerien 1870, S. 130. 674 Vgl. Schasler 1856, S. 310–314. 675 Vgl. Schasler, Berlins Privatgalerien 1870, S. 131. 676 Vgl. ebd. Schasler zählt zudem Bilder von Constant Troyon, Rosa Bonheur, Victor Joseph Chavet, Jules Victor Génisson, Remigius Adrianus van Haanen, Ferdinand Heilbuth, Herman Frederik Carel ten Kate, Charles-Philogène Tschaggeny, Charles le Roux, Alfred Stevens und Félix Ziem auf, womit aber noch nicht das ganze Ausmaß ausländischer Werke erschöpft sei (es ist hier jedoch zu beachten, dass die Ravené’sche Sammlung erst sehr viel später entstand als die beiden vorher genannten). Zur Zeit der Herausgabe des Handbuches von 1856 befanden sich Bilder von Louis Gallait, Horace Vernet, Joseph-Nicolas Robert-Fleury, Paul Delaroche, Alexandre Descamps, Eugène Lepoittevin, François-Auguste Biard, André Giroux, Théodore Gudin, Jules Coignet in der Sammlung; vgl. Schasler 1856, S. 310–314.

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ker,677 des Medizinalrates Dr. Barez,678 des Rentiers Fallou,679 des Malers Franz Krüger,680 des Apothekers Kuhtz,681 des Herrn Dr. Spiker,682 des Königl. Ballettmeisters Taglioni683 oder des Rentiers Wittich684 genannt werden. Auch bei Sammlern, die bestimmte Richtungen in der Malerei oder einzelne Künstler bevorzugten, sind oft ein oder mehrere Werke

677 Bei Schasler sind folgende Werke aufgeführt: (Claude Jules oder François ?) Grenier: „Eine Frau mit ihrem Kinde auf einem Esel, auf der Rückkehr vom Markte Halt machend“; Eugène Lepoittevin: „Meeresstrand“; Friedrich August Bouterweck: „Speisung der drei Engel“; vgl. Schasler 1856, S. 321f. 678 François Bossuet: „Spanische Architektur“; François-Antoine de Bruycker: „L’attente“; Jules (?) Breton: „Ährenleserin“; Barend Cornelis Koekkoek: „Sommerlandschaft“; Ferdinand de Braeckelaer: „Szene aus dem Wirtshaus“; Quinaud (?): „Sumpflandschaft mit Baumpartie und Wasser“; Jean-Auguste Franquelin: „Trauernde Fischerfrau mit einem Hunde“; François-Gabriel Lepaulle: „Eine Türkin“; Jules Victor Génission: „Inneres der Kirche von Löwen“; Louis Ferdinand Victor Teinturier: „Waldlandschaft“; Philippe Tanneur: „Architektur, Straße von Algier“; Louis Etienne Watelet: „Gegend bei einer französischen Stadt“; François-Etienne Villeret: „Dorf in der Normandie“; ders.: Inneres der Klosterkirche in Berlin“; Garneret (wahrscheinlich Amboise-Louis Ganeray): „Französischer Hof“; François-Auguste Biard: „Orientalische Pilger auf der Wallfahrt nach Mekka“; (Claude Jules oder François ?) Grenier: „Jäger auf dem Anstande“; vgl. Schasler 1856, S. 322f. 679 Claude Jaquand: „Henriette von Frankreich, Gemahlin Karl I. von England, mit ihren Kindern [...]“; Joseph-Nicolas Robert-Fleury: „Tasso im Irrenhause glaubt die von ihm geliebte Leonore zu sehen“; Eugène Lepoittevin: „Marine. Strand mit der Aussicht auf Dünkerk“; Hippolyte Bellangé: „Einquartierung in einem Dorfe“; Lecomte (?): „Verwundete Soldaten erhalten die erste ärztliche Hülfe“; August Adolf Chauvin: „Die Flucht über den Jordan“; Eugène Verboeckhoven: „Ein Stier an einer Tränke in einer Landschaft“; Barend Cornelis Koekkoek: „Sommerlandschaft“; außerdem Sammlung von Skizzen und Handzeichnungen, Unterteilung in a) deutsche Schule und b) französische Schule; vgl. Schasler 1856, S. 355–359. 680 Schasler verzeichnet in Krügers nur 15 Werke umfassenden Sammlung die Arbeit von Eugène Lepoittevin: „Untergang des Schiffes Le Vengeur“; vgl. Schasler 1856, S. 383. 681 Schasler erwähnt, dass sich diese Sammlung, wenn auch nicht sehr umfangreich, durch ihre „sorgfältige Auswahl trefflicher Werke der besseren neueren Meister französischer und deutscher Schule“ auszeichnet. Neben einer großen Auswahl an Blechen-Bildern sind die französischen Künstler Jean-Siméon (?) Chardin: „Der mütterliche Unterricht“; Franz Detroy (de Troy?): „Die Erklärung“ und „Der Toilettendienst“, Théodore Gudin: ‚Afrikanische Küste“ (Aquarell); Camille Roqueplan: „Marine“ zu verzeichnet; vgl. Schasler 1856, S. 387f. 682 Die Werke der Sammlung werden von Schasler nicht im Einzelnen aufgezählt, doch gehörten zu den Hauptbildern neben der älteren Schule und aktueller Münchener Malerei Arbeiten von Louis Etienne Watelet, André Giroux, François-Etienne Villeret, (François oder Etienne Jean Franklin?) Dubois u. a.; vgl. Schasler 1856, S. 427f. 683 Louis Etienne Watelet: „Holländische Landschaft“; (wahrscheinlich Pierre) Duval Lecamus: „La sœur de charite“; Eugène Lepoittevin: „Eine alte Mühle“, Garneret (wahrscheinlich Hippolyte Ganeray): „Konversationsstück“; vgl. Schasler 1856, S. 430f. 684 Jules-Claude Grenier: „Heimkehrende Landleute finden ein ausgesetztes Kind“; Eugène Verboeckhoven: „Schafe und Ziegen von einem Hirten zu Esel getrieben“; Jules Victor Génisson: „Inneres der Kathedrale von Amiens“; vgl. Schasler 1856, S. 437–441.

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aus der französischen Schule finden, wie bei dem Ober-Hofbuchdrucker Decker,685 Otto Brendel,686 Geh. Kommerzienrat Brüstlein,687 Geh. Kommerzienrat Alexander Mendels­ sohn,688 Mathilde von Waldenburg689 u. a. Der Nachweis einzelner Ankäufe über Sachses Salon ist aufgrund der verloren gegangenen Geschäftsakten als auch der Vielzahl der Gemälde mit oft sehr ähnlichen Titeln für dasselbe und unterschiedliche Werke oder Varianten etc. im Zuge dieser Arbeit nicht zu leisten gewesen. Mit den großen Ausstellungen der Akademie, der Wirksamkeit der Kunstvereine690 und früher Händler wie Sachse war die Kunst in den frühen 1830er Jahren einem breiten Publikum geöffnet worden. Es entstand eine ganze Reihe privater Sammlungen, die sich vorrangig auf die Kunst der deutschen Länder konzentrierten, in vielen Fällen aber auch zumindest einzelne Werke aktueller ausländischer Kunst aufführen. Dabei sei mit Grossmann daran erinnert, dass beim Ankauf von Gemälden ein relativ kleiner, begüterter Kreis unter sich blieb. Der gelegentliche Kunstkauf erforderte schon einen gewissen Wohlstand, der Aufbau einer Sammlung ein erhebliches Vermögen, wie auch der Vorsitzende des Kunstvereins in Schlesien 1832 feststellte: „Es sind nur wenige Personen im Stande, sich die mit größerer Kunstfertigkeit gearbeiteten und die theuren Gegenstände des Luxus anzuschaffen, noch weniger aber Gemälde, Bildhauerarbeiten, 685 Théodore Gudin: „Strandgegend an der Küste von Algier“ und ders.: „Depart de Jean Barth“; Schasler 1856, S. 353. 686 Jules Coignet: „Landschaft mit Staffage“, 1842; François-Etienne Villeret: „Kathedrale du Bauvais“, 1844; vgl. Schasler 1856, S. 343f. 687 François-Auguste Biard: „Genrebild“; Coignet: „Landschaft mit Motiv aus südlichem Frankreich“; vgl. Schasler 1856, S. 348. 688 Carneret (wahrscheinlich Hippolyte Garneray): „Interieur“; François-Etienne Villeret: „Inneres einer französischen Kirche“; Léopold Robert: „Italienisches Mädchen“; Horace Vernet: „Marine“; vgl. Schasler 1856, S. 400f. 689 August Theodor Kaselowsky: „Ein Hirt mit seinem Knaben in der Campagna“; Horace Vernet: „Judith mit dem Haupte des Holofernes“; Villeret: „ Sechs Ansichten von Paris“; franz. Schule: „ Ein schreibender Mönch in seiner Zelle“; François-Etienne Villeret: „Ansicht einer Kirche“; vgl. Schasler 1856, S. 431–433. Zu von Waldenburg und die französische Malerei vgl. außerdem Nerlich 2010, S. 308–315. 690 Auch Wilhelm von Humboldt, erster Präsident des Vereins der Kunstfreunde im Preußischen Staate, wollte das Sammeln von Kunstwerken populär machen. Er schrieb hierzu u. a.: „[...] auf dem Privatbesitze in seiner Gesamtheit genommen, auf der täglichen, ruhigen Betrachtung der Kunstwerke, auf der Gewöhnung, sie als etwas notwendiges zum geistigen Leben anzusehen, beruht größtenteils die Förderung des Geschmacks und die Verbreitung der Liebe zur Kunst“; vgl. Kunstvereinsbericht vom 7. April 1830, in: Humboldts Schriften 1907, S. 487–491, hier S. 487f. Franz Kugler hingegen sah die Aufgabe der Kunstvereine etwas anders. Nicht die Kunst in Privatbesitz zu bringen, sondern sie einer allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen, das sei das höchste Ziel. Trotz des Vorwurfs der „Ermunterung der Halbtüchtigen“ und dem „Verkommen der Kunst zur Massenware“ wurde tatsächlich erreicht, dass nicht nur einzelne Kunstwerke in die bürgerlichen Haushalte gelangten, sondern, wie oben beschrieben, Sammlungen zeitgenössischer Kunst entstanden, die sich in einer im 18. Jahrhundert noch nicht gekannten Selbstverständlichkeit nach und nach neben den Sammlungen alter Meister etablierten; vgl. Börsch-Supan 1988, S. 265.

396  |  IV Ideal und Aufbruch – Sachse und die zeitgenössische Malerei

Kupferstiche und dergleichen und dann: wählen sie immer solche, welche ohne große Kosten zu erlangen sind.“691 Die Strukturen des Kunstmarktes waren in der ersten Jahrhunderthälfte durch die aufkommenden Kunstvereine, bürgerlichen Sammler und Gelegenheitskäufer in Bewegung gebracht worden. Dennoch blieben die Höfe, wie ebenfalls Grossmann konstatierte, von erheblichem Gewicht.692 Ähnlich wie die Lieferanten anderer Güter waren auch die Kunsthändler bestrebt, die königliche Familie für ihre Waren und Dienstleistungen als Abnehmer zu gewinnen. Sachse bildete diesbezüglich keine Ausnahme.693 Der erste Verkauf eines Gemäldes an den Hof ist für 1834 mit einer Ansicht des Berliner Schlosses von dem Münchener Architekturmaler Domenico Quaglio belegt. Im Geheimen Staatsarchiv hat sich hierzu eine Korrespondenz erhalten. Demnach hatte „der königl. Beierische Hofmaler Domenico Quaglio“ Sachse sein „neuestes prächtiges Bild, die Ansicht des königl. Schlosses zu Berlin [...] mit dem Wunsch zugesandt“, es dem preußischen Monarchen „zur Ansicht zu schicken und zum Kauf anbieten zu dürfen“.694 Sachse brachte das Bild persönlich nach Charlottenburg.695 Die bewahrte Rechnung mit dem Briefkopf der Firma L. Sachse & Co. bestätigt den Ankauf des Gemäldes „für 76 Friedrichs d’Or oder 335 Gulden“.696 Die Dokumente zeigen damit erneut, dass Sachse zur selben Zeit, in der er den Handel mit französischen Gemälden einleitete, auch den Handel mit der Malerei aus den deutschen Ländern aufnahm und diese gezielt in den bestehenden preußischen Sammlungen unterzubringen suchte. War es 1834 ein Gemälde des Münchener Malers Quaglio, erinnerte sich Gottfried Schadow für das Jahr 1835, wie „bei dem Kronprinzen [...] Pariser Aquarelle, die dem Kunsthändler Sachse zugekommen waren, vorgezeigt“ wurden.697 Von den durch Sachses Vermittlung ausgestellten französischen Exponaten der Akademieausstellung 1836 konnte er bereits je ein Bild von Gudin, Watelet und Perrot 691 Vgl. J. J. W. Ebers: Über die Bildung eines freien Kunstvereins in Schlesien, Breslau 1832, zit. nach Grossmann 1994, S. 135. Grossmann machte in dem Kapitel über Preisbildung bei Kunstwerken deutlich, dass bei aller „Demokratisierungsrhetorik“ die Kunst durch ihren Preis an die begüterten Schichten gebunden blieb; vgl. Grossmann 1994, S. 135–138. Zum Verhältnis Künstler und Publikum vgl. Koch 1967; Feist 1986 mit zahlreichen Bemerkungen zur Sozialfigur des Künstlers und zum Ausstellungswesen sowie Börch-Supan 1988, S. 248–267. 692 Vgl. Grossmann 1994, S. 10. Außerdem Frey 1999, S. 41–50. 693 Sachse reichte schon 1835 ein Gesuch beim König ein, um das Prädikat einer Hof-Kunst-Handlung zu erhalten. Er bekam dieses jedoch erst 1860 zugesprochen. Seit 1846 war ihm der Titel eines Kommerzienrates zuerkannt worden; vgl. Schlagenhauff 2003, S. 277. 694 Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königl. Geheimen Cabinets betr. Den Kommerzienrath Kunsthändler L. Sachse zu Berlin), Bl. 5, Louis Friedrich Sachse an den preußischen Hof, Berlin, den 12. August 1834. 695 Vgl. ebd., Louis F. Sachse an den preußischen Hof, Berlin, den 16. August 1834. 696 Vgl. ebd., Bl. 6, Rechnung der Firma L. Sachse & Co. „für seine Maj. den König“. Auch die Quittung an Quaglio hat sich hier erhalten, der von Sachse 350 Gulden ausgezahlt bekam; vgl. ebd., Bl. 9. 697 Vgl. Schadow 1849, S. 272.

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an das Königshaus verkaufen.698 1838 gelangte über Sachse u. a. Roqueplans „Ballszene“ in die königlichen Sammlungen (Abb. 204).699 Viele Jahre später veröffentlichte Sachse seine Erinnerungen an den kunstbegeisterten König Friedrich Wilhelm IV. in der Kunst-Correspondenz für die Mitglieder von Sachses Internationalem Kunstsalon (Abb. 244). Der Regent habe sich demnach zwar weniger für ausländische als für einheimische Künstler interessiert,700 war aber in der von Sachse 1853 eröffneten permanenten Gemäldeausstellung in der Jägerstraße 27 wiederholt zu Gast.701 Daraus resultierende Aufträge wie etwa „alle neuen bedeutenden Kunstwerke in Aquarell, Tusch ec. zur allerhöchsten Ansicht und Auswahl nach dem Schloss zu schicken“, waren für Sachse ein lohnendes Unterfangen.702 Die Rolle Sachses als Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland mag zudem die wiederholte Anfrage Friedrich Wilhelms IV. verdeutlichen, „ein damals das größte Aufsehen erregende Bild, welches sich im Besitz eines auswärtigen (fr.) Hofes befand“, nach Berlin zu holen.703 Allerdings gelang Sachse die Vermittlung des Gemäldes nicht, obwohl er in dieser Angelegenheit zusätzlichen Beistand von Alexander von Humboldt bekam, der eben als Gesandter an jenem französischen Hof weilte.704

698 Vgl. Schlagenhauff 2003, S. 277. 699 Vgl. Nerlich 2010, S. 127. 700 Sachse berichtet, dass sich Friedrich Wilhelm IV. bei den Besuchen in seinem Kunstsalon besonders für Bilder von Eduard Hildebrandt und Stanislaus Graf Kalkreuth interessierte; vgl. Sachse Erinnerungen 1872, S. 5–7. Zu Sachses permanenter Gemäldegalerie und dem hauseigenen Magazin Kunst-Correspondenz vgl. Kapitel IV 2, „Berlins erste private Kunsthalle (1853–1875)“. 701 Vgl. ebd. 702 Vgl. ebd. Sachse beschreibt, wie auf diese Weise eine gesamte von ihm eingereichte Mappe mit Vorschlägen verschiedener Kunstblätter vom König angekauft wurde. 703 Vgl. ebd. 704 Alexander von Humboldt schrieb in dieser Angelegenheit an den Besitzer des nicht näher genannten Bildes: „Herr Commerzien-Rath Sachse, dessen schöne und nützliche Ausstellungen Se. Majestät der König sehr regelmäßig und immer sehr befriedigt besucht, hat große Verdienste um die Belebung der hiesigen Kunstwelt. Ich stehe mit ihm seit langer Zeit in freundschaftlichsten Verhältnissen und verbinde meine Bitte mit der seinigen, uns durch den mächtigen Schutz Ew. Excellenz den Genuss des herrlichen Bildes zu verschaffen“; der Text ist abgedruckt in Sachse Erinnerungen 1972, S. 6. Alexander von Humboldt war nach seiner Rückkehr von der russischen Reise 1829 bis 1848 zunächst für Friedrich Wilhelm III. und dann für Friedrich Wilhelm IV. insgesamt acht Mal in diplomatischer Mission in Paris. Hanno Beck, welcher die diplomatischen Berichte an den König veröffentlichte, urteilt: „Die Rapporte beweisen Alexanders Fähigkeit, die Stimmung des französischen Volkes richtig zu beurteilen, und eine besondere Begabung, Verbindungen zu Menschen aller Kreise herzustellen. Humboldt [...] beschränkte sich aber keineswegs nur auf Politik. Er bat zum Beispiel um Hilfe für Gelehrte und Künstler [...] und sprach sich für Ordensverleihungen u. a. aus“; vgl. Beck 1959/1961, S. 294.

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Pretia affectionis

Louis Sachse war nicht nur ein exponierter Kunsthändler, sondern auch Kenner und Liebhaber der Kunst. Er besaß selbst eine umfangreiche Sammlung. Ihre Besonderheit bestand darin, dass es sich um eine reine Studien-Sammlung handelte: „nahe an 200 größere und kleinere Originalskizzen und Entwürfe namhafter Meister der bedeutendsten modernen Malerschulen“, wie Schasler in seinem „Handbuch der Berliner Kunstschätze“ anführt.705 Sachses private Studiensammlung stellte eine Art Resümee der in seinem Salon verfolgten Kunstinteressen während der ersten 20 Jahre seiner Wirksamkeit dar. Von den „zum Teil unmittelbar vor der Natur gemalten Landschaftsstudien“ nennt Schasler eine Auswahl folgender Künstler: „viele Skizzen von Karl Blechen, aus seiner besten Zeit“, „Prospekte und Marinen“ von Albert Eichhorn, sowie unbezeichnete Landschaftsstudien von Eduard Hildebrandt, Hermann Ludwig Seefisch, Eduard Gaertner, Wilhelm Schirmer, Albert Ludwig Trippel, Carl Krüger, Charles Hoguet, Carl Hilgers, Stanislaus Kalckreuth, Karl Ferdinand Kiesling, Andreas und Oswald Achenbach, Johan Christian (?) Dahl, Remigius Adrianus van Haanen, Jacob oder Rudolf (?) Alt, Heeger (Heinrich Heger?), Franz Ludwig Catel, Heinrich Reinhold, Eugène Lepoittevin, André Giroux, Augustin Enfantin, Perrot (Ferdinand, Victor oder Anton?), Jules Coignet, Camille Roqueplan, Charles Mozin sowie viele weitere Zeichnungen und Skizzen französischer und italienischer Künstler, die namentlich jedoch nicht aufgeführt werden.706 Reich sei die Sammlung auch an historischen und figürlichen Kompositionen, auch hier die Auswahl der Künstler nach Schasler: Karl Begas, Karl Friedrich August von Klöber, Julius Schrader; Franz Krüger, (wahrscheinlich Gustav) Schwarz, Ludwig Elsholz, Carl Rechlin; Carl und (wahrscheinlich) Julius Carl Schulz, Wilhelm und Eduard Meyerheim, Theodor Hellwig, Adolph Henning, A. (?) Schmidt, August von Rentzell, Carl Wilhelm (d.Ä. oder d.J.?) Kolbe, Constantin Cretius, (wahrscheinlich Johann Georg) Meyer von Bremen, Theodor Hosemann, Carl Mittag, Hermann Freihold Plüddemann, Friedrich Gonne, Franz Xaver Winterhalter, Auguste Biard, Lépold Robert und anderen.707 Außer dieser Ölskizzen-Sammlung besaß Sachse, wie ebenfalls Schasler informiert, „noch ein sehr interessantes und reichhaltiges Album, angefüllt mit einer großen Zahl von zum Theil für das Album selbst gezeichneten Aquarellen, Feder- und Tuschzeichnungen, die einen Schatz von geistreichen Blättern der verschiedensten Art bilden. Es finden sich darin Koryphäen aller Malerschulen Deutschlands, sowie viele Franzosen, Belgier, Holländer, Engländer und Italiener repräsentiert“.708 Unter den Zeichnungen war ein Blatt von Adolph Menzel, das „ein Kunstalbum beschauende Kunstfreunde“

705 Vgl. Schasler 1856, Nr. 44, S. 424. 706 Vgl. ebd., S. 424f. 707 Vgl. ebd., S. 425. 708 Vgl. ebd.

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zeigt. Zudem erwähnt Schasler von Menzel „einige Jugendarbeiten auf Stein“.709 Von Gottfried Schadow hob Schasler das Studienblatt eines nackten Mädchens als „das weitaus seltenste Stück“ hervor.710 Wie Theodor Fontane berichtet, haben Schadow und Blechen oft sonntags in der Akademie nach dem lebenden Modell gezeichnet. Diese Aktzeichnungen Blechens, so Fontane, habe dessen Frau später dem Kunsthändler Sachse geschenkt – „aber erst nachdem die untern unanständigen Hälften mit der Schere weggeschnitten waren“.711 Auch der kunstsinnige König Friedrich Wilhelm IV. hatte, wie bereits berichtet wurde, an Sachse „eine sehr geistreiche Bleistiftskizze“ adressiert.712 Unter den Kupferstichen fanden sich außerdem „Die Taufe“ und „Der Taschenspieler“ von Ludwig Knaus, worauf in Kapitel IV 2 c noch zurückzukommen sein wird, denn die Leinwände stellte der Kunsthändler später in seiner permanenten Gemäldeausstellung aus. Das damals berühmte Gemälde zu dem Stich von Paul Delaroche „Die Pilger in Rom“, den sich Sachse ebenfalls bewahrt hatte, befand sich in der Galerie Raczynski (Abb. 245). Ferner hatte sich der Händler von vielen Ätz- und Probedrucken eigener Verlagsblätter von jedem Plattenzustand ein Exemplar für seine Sammlung zurückgelegt.713 Die Blätter aus Sachses privater Galerie stammen sämtlich aus den Jahren 1800 bis 1850 – die noch nicht erwähnten von Chodowiecki sind wohl die ältesten. Danach setzte der Kunsthändler seine private Sammeltätigkeit nicht mehr fort.714 Die Herkunft der Arbeiten erschließt sich aus dem persönlichen Umgang mit den Künstlern und deutet gleichzeitig sicherlich darauf hin, welche Malergeneration und Ausrichtung der Kunsthändler favorisierte. Eine Besonderheit dieser Sammlung zeigt sich darin, dass sie sich hauptsächlich aus „Geschenken von Künstler- und Freundeshand, pretia affectionis“715 zusammensetzte. Teils zu ihrer Empfehlung, teils aus Dankbarkeit hatten die Künstler dem Händler Ölskizzen, Handzeichnungen und Aquarelle, aber auch erste Abdrucke von Radierungen oder Kupferstichen übergeben.716 Die Tatsache, dass es sich vorrangig um eine Skizzensammlung handelte, ist ebenso bezeichnend wie bemerkenswert. Ölskizzen gewannen im Laufe des Vormärz bei Künstlern, Kunstkennern und -sammlern zunehmend an Interesse.717 Ein Nekrolog auf Sachse 709 Vgl. „Der Nachlaß Louis Sachse. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Alt-Berlins“, in: Vossische Zeitung 1878, 3. Beilage; LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1. 710 Vgl. ebd. 711 Vgl. Fontane 1973, S. 539. 712 Vgl. „Der Nachlaß Louis Sachse. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Alt-Berlins“, in: Vossische Zeitung 1878, 3. Beilage; LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1. 713 Vgl. ebd. 714 Vgl. ebd. 715 Vgl. ebd. 716 Vgl. ebd. 717 Vgl. Lammel 1995, S. 88f. Hier wird auch auf die Sammlung Sachses verwiesen. Auch Menzel stellte Ölskizzen und Studien aus. In die Akademieausstellung des Jahres 1848 gab er die beiden Bilder „Gustav Adolf empfängt seine Gemahlin vor dem Schloss zu Hanau im Januar 1632“ (1847, Leipzig, Museum der bildenden Künste) und „Die Predigt in der alten Klosterkirche zu

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aus dem Jahre 1878 hob diese Eigentümlichkeit bereits deutlich hervor. Der besondere Charakter der Sammlung bestehe demnach darin, dass hier „nicht große, durchmodelte oder gar geleckte Salonbilder“ zu finden seien, denn „solche pflegten Künstler nicht an ihresgleichen und an Kenner zu schenken“. Sie würden sogar ganz im Gegenteil nur den „Markt für die Laienwelt“ füllen.718 Der besondere und interessante Schwerpunkt des Nachlasses liege vielmehr in der „ersten Skizze, dem geistreich, frisch und frei hingeworfenen Entwurf, dem Motiv, dem Künstlergedanken [...]“.719 Der Redakteur dieses Nachrufes, der nach eigenen Angaben sowohl Sachse als auch dessen Sammlung „seit Jahren“ kannte, wies den Verstorbenen als ausgesprochenen Kenner aus: „Es gilt unter Kennern und Künstlern die Praxis, der Skizze den Vorzug der höchsten Originalität einzuräumen, jedenfalls charakterisiert sie den Meister lebendiger in seinen Gedanken, wie das fertige Bild, das erst den technischen Prozeß durchzumachen hatte. In diesem Sinne hat die kleine Privatsammlung des Verblichenen schon frühzeitig in besonderem Ansehen bei denjenigen gestanden, die sie sehen durften [...].“720

2

Berlins erste private Kunsthalle (1853–1875)

a

Ein kühner Plan

Die Ausstellungssituation

Die Gründung zahlreicher Kunstvereine und der Erfolg der Akademieausstellung von 1836 hatten die Prognosen für die Entwicklungmöglichkeiten der bildenden Künste in den 1830er Jahren beflügelt. Um die Jahrhundertmitte fielen diesbezügliche Stimmen – nicht zuletzt angesichts der gescheiterten Hoffnungen auf ein gewisses Maß an bürgerlicher Mitbestimmung nach den Unruhen von 1848 – wesentlich bescheidener aus:721 Berlin“ (1847, Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister), woraufhin Franz Kugler im Kunstblatt schrieb: „Die diesjährige Ausstellung bringt ein paar Ölskizzen, wovon besonders die eine, die das Innere einer alten Kirche mit zur Predigt versammelter Gemeinde darstellt, zwar wieder seine unleugbare Genialität auch für eigentlich malerische Haltung und Stimmung bestätigt, aber doch zu flüchtig hingeworfen ist, um näheres über die Art und Weise der Durchbildung durchaus entnehmen zu können [...]“; vgl. Kugler 1854, S. 664. 718 Vgl. Vossische Zeitung 1878, 3. Beilage; LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 391, Facs. 1. 719 Vgl. ebd. 720 Vgl. ebd. 721 Vgl. Grossmann 1994, S. 110. Trotz der beachtlichen Zahl von Schaulustigen blieb der Kreis der zahlungskräftigen Ausstellungsbesucher relativ klein. Das Kunstereignis von 1836 stellte einen Höhepunkt in der akademischen Ausstellungsgeschichte Berlins dar. Ermutigt von der Kunsteuphorie jener Tage fanden die Akademie-Ausstellungen in den Jahren 1838 bis 1840 im Jahresrhythmus statt, was jedoch einen Einbruch der Besucherzahlen auf ein Drittel des Niveaus von 1836 zur Folge hatte; vgl. ebd., S. 114f. Zu den Akademieausstellungen vgl. Grossmann 1994, S. 110–124.

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„So wie die gesamte Lebensführung eine einfache, selbst in wohlhabenden Kreisen, war, so galt der Besitz von Kunstwerken als Ausdruck materiellen Überflusses, den zur Schau zu stellen sich mancher scheute. Sehr angeregt konnte der Kunstmarkt somit nicht sein, die meisten Händler führten ein recht bescheidenes Dasein, wer Geschäfte machen wollte, musste mit mäßigem Nutzen sich begnügen [...]“, beschrieb der Kunstfreund Julius Aufseesser die Stimmung jener Tage.722 Eine Vielzahl ökonomischer und gesellschaftlicher Faktoren hatten den Kunstbetrieb in Preußen schon während der 1840er Jahre gezeichnet – und immer wieder zum Stagnieren gebracht.723 Die vorausgegangene Kunsteuphorie war, wie Joachim Grossmann überzeugend dargestellt hat, mit einem enormen zahlenmäßigen Zuwachs an Künstlern einhergegangen. Diese mussten nun die Erfahrung machen, dass der Markt krisenanfällig und dem Wachstum Grenzen gesetzt waren: „Die wenigen Sammler konnten mit niedrigen Preisen rechnen, da das Angebot die Nachfrage überstieg. Die wenigen Händler wiederum mussten sich dem Geschmack der schmalen Käuferschicht anpassen, wenn sie ihr Auskommen finden wollten.“724 Ein Schreiben, das Louis Sachse im Januar 1840 an den preußischen Hof sandte, deutet die Sorgen des Händlers an: „Eurer Kön. Maj. sehe ich mich leider, durch den höchst ungünstigen Ölbilderverkauf der letzten Kunstausstellung und der Weihnachtszeit, veranlasst, allerunterthänigst zu bitten, mir aus besonderer Gnade eines der schönen Bilder der neuesten Zeit, die Küste der Bretagne mit dem Mont S. Michel, vom Chevalier Giroux in Paris, welches ich dem Künstler für 4000 frs bezahlt habe, für 2000 Stück Frdor huldigst abzukaufen. Den Erlös dieses für meine Kräfte zu übereilt gekauften Meisterwerks wollte ich zur Hälfte zum Ankauf der fünf großen Tableaux, Trup722 Vgl. Aufseesser 1926, S. 7. 723 Grossmann hat aufgezeigt, wie soziale Spannungen und Massenarmut in den vierziger Jahren immer deutlicher als reales gesellschaftliches Problem auftraten und Ursache für zahlreiche sozialpsychologische Ängste im Bürgertum waren. Konjunkturelle Schwächeerscheinungen der frühindustriellen Gesellschaft überlagerten sich mit einer mehrjährigen Erntekrise, die die Preise in die Höhe trieb. Zusätzlich band der anlaufende Eisenbahnbau das Kapital wohlhabender Bürger und die Revolution von 1848/49 verringerte ein weiteres Mal die Bereitschaft und die finanziellen Möglichkeiten, in Kunst zu investieren. Auch Franz Kugler vermerkte für die Akademie-Ausstellung des Jahres 1846, „die Neigung von Privatpersonen zum Ankauf sei äußerst gering gewesen und die wesentliche Hoffnung der Künstler beruhe einstweilen auf den Kunstvereinen“; vgl. Grossmann 1994, S. 121–125 und S. 146–178. 724 Ein zunehmend um sich greifender „Künstlerpauperismus“ stellte ein spezielles Problem dar. Schon 1845 hatte Franz Kugler ein alarmierendes Schreiben über die beunruhigende Lage der Künstler in Preußen an das Kultusministerium geschickt: „Nachdem in den letzten Jahren von Seiten des Publikums eine so lebhafte und mannigfaltige Theilnahme für die Leistungen einheimischer Kunst erwacht war, sind dennoch in jüngster Zeit die Fälle nicht ganz selten gewesen, in welchen mehr oder weniger ausgezeichnete Künstler sich klagend über die durchaus unzureichende Einnahme und mit der Bitte um Gewährung irgend eines fixierten Gehaltes an mich gewandt haben. [...] auf eine wirklich beunruhigende Weise [ist] ein allgemeiner Nothstand unter den Künstlern, von dem die glücklichen Verhältnisse Einzelner nur mehr eine Ausnahme bilden, ans Licht getreten“; zit. nach Grossmann 1994, S. 161. Zu dem Problem des Künstlerpauperismus in Preußen siehe ebd., S. 161–166.

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pen und Uniformen Friedrich des Großen darstellend, welche Euer Maj. gereicht haben durch allerhöchste Flügeladjutanten, Obrist Lieutenant von Thürnen bei mir auf Stein ausführen zu lassen, benutzen. Diese schönen Blätter sollen, wie ich höre, zum Besten eines allerhöchst zu bestimmenden Unterstützungsfonds und in den Kunsthandel gegeben werden. Gar zu gern möchte ich, [...] dadurch meinen Verlag bereichern und verschönern. Es fehlen mir aber in diesem Augenblick, wo ich wohl viel schöne Bilder, aber wenig baares Geld besitze, die Mittel zu diesem bedeutenden Unternehmen und ich flehe daher eurer Maj. um die gnädige Erlaubnis, das Bild von Giroux allerhöchstdemselben, vorstellen zu dürfen.“725 Leider konnte nicht herausgefunden werden, um welchen Unterstützungsfonds es sich genau handelte, dessen Gelder auch „in den Kunsthandel gegeben“ werden sollten. Sachse spricht von schlechten Geschäften und davon, dass ihm „baares Geld“ fehlte. Die Dringlichkeit mag der Umstand unterstreichen, dass er ein von ihm für 4000 Francs angekauftes französisches Gemälde für die Hälfte seines Einsatzes an den König weiterzugeben gedachte. Sachse, der in seinen Briefen durchaus selbstbewusst aufzutreten wusste, appellierte in diesem Fall an die „Gnade“ des Königs – wohl weil er im Bürgertum keinen Käufer finden konnte. Der König wollte das Gemälde auch nicht ankaufen, wie auf demselben Schreiben vermerkt ist.726 Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt. 13 Jahre später, im April 1853, stand dasselbe Bild jedoch erneut zur Disposition. Ein der Verfasserin unbekannter Autor schrieb an den Geh. Kabinettsrat Illaire: „Der Kommerzienrath L. Sachse ist noch immer im Besitze des schönen Gemäldes von Giroux‚ die Küste der Bretagne mit dem Mont S. Michel, welches er in der hier wieder beigefügten Immediat-Eingabe für den um fast ¼ ermäßigten Preis von 800 rt zu kauf anbietet. Das Bild ist sehr schön, und gehört zu den besten Arbeiten des bereits verstorbenen Malers. Der L. Sachse verdient wegen seines guten Benehmens in schlechter Zeit Berücksichtigung, und das Bild selbst würde eine Zierde jeder Pallast – [unleserlich, d. V.] sein.“727 Das französische Gemälde wurde nun also noch einmal für einen um in Viertel ermäßigten Preis am Hof angeboten und der Ankauf deshalb empfohlen, weil sein Besitzer, der Kunsthändler Sachse, „wegen seines guten Benehmens in schlechter Zeit Berücksichtigung“ verdiene. Friedrich Wilhelm IV. ließ sich nun offenbar überzeugen und kaufte das Bild noch im selben Monat an.728 In Sachses Nachlass hat sich ein gedruckter Geschäftsbericht aus dem Jahr 1865 erhalten, der sich an die (Geschäfts-)Freunde und Kunden des Unternehmens richtete (i.F. „Rückblick“; d. V.).729 Dieser Geschäftsbericht, der an späterer Stelle noch genauer 725 I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 19753 (Acta des königl. Geheimen Cabinets betr. den Kommerzienrath Kunsthändler L. Sachse zu Berlin), Bl. 22a; Louis F. Sachse an den preußischen Hof, Berlin, den 22. Januar 1840. 726 Vgl. ebd. 727 Vgl. ebd., Bl. 51, Unbekannt an den königl. Geh. Kabinettsrat Illaire, Berlin, den 14. April 1853. 728 Vgl. ebd., handschriftlicher Vermerk, dass der König das Bild ankaufen wolle und am 27. April 1853 bezahlte. 729 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 6.

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interessieren soll, befasst sich rückblickend mit den Aktivitäten des Instituts während der ersten zwölf Jahre von Sachses permanenter Gemäldeausstellung, sprich von 1853 bis 1865. Sachses Sohn, der seit 1857 mit im Betrieb arbeitete, veröffentlichte ihn zusammen mit seinem Vater.730 Quasi vorab soll hier das Vorwort interessieren, worin Sachse und Sohn einen Blick auf Berlin als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst zur Zeit der Jahrhundertmitte richteten – und äußerst kritisch kommentierten. Das Kunstleben der Hauptstadt regte die Autoren des „Rückblicks“ – Sachse und sein Sohn lassen offen, wer hier wirklich federführend war – zu „tristen Betrachtungen“ an: „Wie Berlin in allen Fächern des Wissens und der schönen Künste eine Elite ausgezeichneter Capazitäten aufweist, so ist auch ein reiches Feld für die Saat der Kunstfreuden in vielen Gemüthern ausgebreitet, allein gegen die großen gleichgültigen Massen bleibt dieser Theil nur – klein und auserlesen“, heißt es einleitend. Angesichts der „immer zunehmenden Bevölkerung einer Weltstadt“ wie Berlin sei das hiesige „Häuflein wirklicher Freunde der Kunst“ noch immer verhältnismäßig klein. Zwar könne man „allenthalben in großen Städten“ beobachten, dass „Vergnügungslust, Aufmerksamkeit und ein gewisser erkünstelter Geschmack durch die gezwungensten sich bis an’s Wunderbare überbietenden Mittel aufgeregt zu werden pflegen“, doch, so ihr Eindruck, „scheint vorzugsweise Berlin ein gut Theil Oberflächlichkeit, Bequemlichkeit und Mode die tieferen Regungen nach Kunstbeschäftigung zu beherrschen“.731 Der konkrete Blick auf die bestehenden Orte und Institutionen in Preußen, wo zeitgenössisches Kunstleben sichtbar wurde, fiel entsprechend nüchtern aus. Die „bedeutendste preußische Gesamtschau“ war nach wie vor die Ausstellung der Berliner Akademie. Sie hatte, wie Grossmann konstatierte, für Künstler und Käufer „die Funktion eines Gradmessers für den Entwicklungsstand der bildenden Kunst und das Publikumsinteresse erlangt“.732 Letztlich fand sie jedoch nur alle zwei Jahre für eine 730 Vgl. Kapitel IV.2.c, „Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon / Zwölf Jahre und 1207 Künstler“. 731 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4–6. 732 Vgl. Grossmann 1994, S. 111. Bis 1874 fanden die Ausstellungen im Marstallgebäude Unter den Linden statt. Hier füllten sie im 19. Jahrhundert die ganze Raumflucht im Obergeschoss zu den Linden hin und seit 1838 stand noch das zwei Jahre zuvor ausgebaute Obergeschoss des Flügels an der Universitätsstraße zur Verfügung; vgl. die grundlegende Einführung von Börsch-Supan 1971, Bd. 1, S. 8–24; außerdem Grossmann 1996, S. 110–125. Die Ausstellung war der „Schauplatz einer Wertschätzung“, Kunst hing vom Urteilskonsens der Menge ab. Die Bilder mussten dem Forum der Kritik standhalten, sollte der Ruf des Künstlers nicht Schaden leiden; vgl. Mai 1986, S. 15f. Auf den Ausstellungen der Akademie wurde der typische Regelkreis der Kunstproduktion in besonderem Maße sichtbar, indem die Künstler sich hier dem Publikum und der Kritik stellten. Hofften sie auf Verkaufserfolg, mussten sie bei der Schaffung des Werkes den allgemeinen Geschmack berücksichtigen. (Erinnert sei an dieser Stelle auch an die beiden Briefköpfe für Sachse von Menzel sowie an dessen Folge „Künstlers Erdenwallen“, worin der Künstler die Anhängigkeiten des Kunstbetriebes thematisiert). Zu dem Verhältnis von Künstler und Publikum vgl. Koch 1967 und Börsch-Supan 1988 (bes. das Kapitel „Kunst und Publikum“) und Börsch-Supan 1975.

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Dauer von etwa zwei Monaten statt und beschränkte sich fast ausschließlich auf die neuesten Kunsterzeugnisse inländischer Künstler: „[…] große und kleine, ausgezeichnete und dürftige, wie es der Massengeschmack nothwendig mit sich zu führen pflegt“, so das entsprechende Kommentar in Sachses „Rückblick“.733 Die „tristen Betrachtungen“ der Kunsthändler, „wie ganze Schaaren von bemittelten Familien der Kunst Rechnung getragen zu haben wähnen, wenn sie alle zwei Jahre einen Sonntagmorgen auf die Wanderung durch die Akademiesäle verwenden“,734 erinnern an einen satirischen Stahlstich Gottfried Schadows aus dem Jahre 1831 (Abb. 246). Schon hier sind es weniger die Bilder als vielmehr die Besucher der Kunstausstellung, die im Mittelpunkt stehen. Die Herren im bürgerlichen Frack oder eng geschnürten Gehrock, die Damen behütet und in feiner Ausgeh-Toilette nutzen das Parkett der Akademiesäle vor allem zur Selbstdarstellung. Ausgerüstet mit den gedruckten Verzeichnissen und Vergrößerungsgläsern in den Händen inspizieren sie weit weniger die Gemälde – als vielmehr sich selbst.735 Ähnlich verhielt es sich mit dem Ausstellungslokal des Berliner Kunstvereins.736 Louis Sachse war selbst Mitglied und hatte die Entwicklungen des Vereins stetig verfolgt. Doch mussten er und sein Sohn feststellen, dass sich sämtliche Bemühungen „ganz entgegen seines Gründungszweckes für den Preußischen Staat!“737 vorrangig auf die Berliner Kunst richteten und nur wenig die Kunst der deutschen Länder, gar nicht die Leistungen „des kunstreichen Auslandes bedacht“ wurden.738 Die Mitglieder aber würden sich Kunstfreunde nennen, weil sie doch „jährlich ein neues Bild zu den übrigen in den 733 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4. 734 Vgl. ebd., S. 6. Die Klagen erinnern an ähnliche Aussprüche aus der französischen Metropole zum Pariser Salon. Die Brüder Concourt fühlten sich von den sonntäglichen Besuchermassen in den Museen abgestoßen, wo „alberne Blicke der gleichgültig Vorbeigehenden“ die Kunstwerke streiften; der kranke Dichter Musset ließ sich allein im Rollstuhl nachts durch die Grande Galerie des Louvres fahren und Baudelaire verspottete die Bürger, weil sie nur einfach komponierte, realistische Gemälde verständen; vgl. Holst 1960, S. 232. 735 Eine aquarellierte Zeichnung von Thomas-Charles Naudet (1773–1810), die um die Jahrhundertwende entstanden sein dürfte, zeigt erstaunliche Parallelitäten in der Komposition. Auch Naudet rückt hier die ausgestellten Museumsbilder in den Hintergrund, um dem Publikum die Bühne zu überlassen; vgl. Thomas-Charles Naudet (1773–1810), Musée exposition, o. D., aquarellierte Zeichnung, Bibliothèque nationale de France, Paris. 736 Eigentlich „Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate“, im Berliner Volksmund aber nur „der Berliner Kunstverein“ genannt. 737 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4. 738 Vgl. ebd. Wie bereits erwähnt hieß der Mitbegründer und erste Präsident des Vereins der Kunstfreunde im Preußischen Staate Wilhelm von Humboldt. Als ersten Paragraphen des Vereinsstatuts hatte man als allgemeines Ziel die „Beförderung der Kunst und die Verbreitung des Antheils an derselben“ formuliert. Besondere Wichtigkeit sollte der Ermöglichung eines von Nahrungssorgen unbelasteten Studiums in Rom für die Künstler beigemessen worden: „Die Wichtigkeit, den Künstler gerade in der Periode seiner höheren Bildung und in dem Lande, welches alle Mittel dazu darbietet, mit Arbeit zu beschäftigen, deren Zweck allein die Kunst ist [...]“; zit. nach Grossmann 1994, S. 95. Zu der Stellung und den Problemen der Kunstvereine im 19. Jahrhundert siehe Gerlach 1994.

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Corridor hängen!“739 Sachse und sein Sohn schlossen sich damit einer zunehmenden Kritik am Kunstvereinswesen an, wie sie u. a. schon im Kunstblatt 1832 ausgesprochen worden war: „Die Überschwemmung des gegenwärtigen Kunstmarktes und namentlich der Ausstellungen der deutschen Kunstvereine mit ideenlosen Compositionen, Genrebildchen, von phantastisch-illusorischem Colorit und nachlässiger Zeichnung oder mit kleinlich-haushälterischem Sinne ausgeführt, geht ohne Zweifel von dem allgemeinen Kunstgeschmack der jetzt lebenden Generation aus und spricht ihm zugleich das Urtheil.“740 Eine satirische Darstellung einer solchen Kunstvereins-Verlosung ist von Wilhelm Scholz überliefert (Abb. 247).741 Der Holzschnitt aus dem Jahre 1847 zeigt eine Szene vor einer Losbude, aus der heraus gerade die „vaterländischen Produkte“ verteilt werden, die vom Kunstverein angekauft worden waren und nun verlost werden. „Frisch gestrichen“ seien die Bilder, hier würde „jedes Mal gewonnen“ versprechen die Schilder an dem provisorisch eingerichteten Stand. Das aktuelle Los gewinnt das kleinformatige Gemälde „Das Hundefuhrwerk“ von Theodor Hosemann. Der Künstler war für seine anrührenden Darstellungen aus dem Berliner Volksleben bekannt und überaus beliebt. Der vom Betrachter abgewandte Herr mit Zylinder ganz links scheint sich entsprechend über seinen „Hauptgewinn“ zu freuen. Hatten sich die Gewinner früherer Verlosungen noch über zu große Bildformate „im Verhältniß zu den kleinen Räumen des Privatmanns“, aber auch über einen „zu großen Ernst des Dargestellten“ beklagt,742 entsprach dieses Bild ganz dem Geschmack und den Bedürfnissen eines breiten Publikums. Im Interesse der Mitglieder erwarben die Vereine zunehmend die preisgünstigeren kleinen Formate, um von dem eingezahlten Jahresetat überhaupt eine größere Anzahl an Gemälden verlosen zu können, wobei gleichzeitig „auf die heitere Seite der Kunst und den Bedarf des Hauses Rücksicht“ genommen wurde.743 Die anfängliche idealistische Zielsetzung, nur anspruchsvolle Werke zu verbreiten, um „die Kunst zu fördern, das Kunststreben zu wecken [und] den Kunstsinn zu läutern und zu bilden“, war mehr und mehr ins Hintertreffen geraten.744 739 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 6. 740 Vgl. „Ueber die deutschen Kunstvereine nach Princip, Zweck und Nutzen aufgefasst. Zweiter Brief. Ludwig an Woldemar“, in: Kunstblatt, Nr. 15, 21. Februar 1832, S. 57–60, hier S. 58. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch noch einmal auf Sachses Engagement, sich an der Organisation von Ausstellungstourneen in den Kunstvereinen zu beteiligen; vgl. Kapitel IV 1 b „Die Kunsthandlung von L. Sachse & Co / Das Wesentliche“. 741 Vgl. Kossak 1846/1847, S. 120. Scholz’ Illustration ist bereits publiziert bei Grossmann 1994, S. 93. 742 Vgl. Ein Preuße: „Zur Geschichte des Vereins der Kunstfreunde im preußischen Staate“, in: Allgemeines Organ für die Interessen des Kunst- und Landkartenhandels, Nr. 6, 1846, S. 193–196, hier S. 194; zit. nach Grossmann 1994, S. 97. 743 Vgl. Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate: Verhandlungen, Berlin 1842, S. 1; zit. nach Grossmann 1994, S. 97. 744 Vgl. „Über die deutschen Kunstvereine“, in: Kunstblatt Nr. 14, 16. Februar 1832, S. 54. Im Jahresbericht von 1842 verteidigte der Vorstand sein „hohes und geistiges Ziel“; bei der Anschaffung von Kunstwerken in Privatbesitz könne aber „mehr auf die heitere Seite der Kunst und den

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Eine weitere Möglichkeit der Begegnung mit aktueller Kunst um die 19. Jahrhundertmitte stellten die privaten und öffentlichen Sammlungen der Stadt dar.745 Hier handelte es sich jedoch, nach dem Verständnis der Autoren des „Rückblicks“, um „vorhandene, einen festen, nicht wechselnden Bestand bildende Kunstgegenstände“, sodass ein ständiger Überblick über das jeweils aktuellste Kunstschaffen nicht gegeben sein konnte.746 Zuletzt hatten sich neben Sachses Kunstsalon weitere „Kaufhandlungen“ moderner Gemälde etabliert. Über die mehrfach erwähnten Berliner Geschäfte von Lüderitz, Kuhr und Lepke hinaus sind hier vor allem die Vorstöße von Düsseldorfer Händlern anzuführen. Der Hofvergolder Anton Kraus hatte wohl als Erster und unterstützt von der ortsansässigen Künstlerschaft im Jahr 1846 eine „permanente Ausstellung“ in der Akademiestadt ins Leben gerufen (Abb. 249).747 Zwei Jahre später kam mit der Buddeus’schen Bedarf des Hauses Rücksicht genommen werden; daß hierunter niemals das Matte, Gemeine, Unkünstlerische fallen könne, bedarf kaum der Erklärung“; vgl. Verhandlungen 1842, S. 1, zit. nach Grossmann 1994, S. 97. Die Äußerungen über die negative Kunstsituation aufgrund einer massenhaften und zu raschen Produktion sind äußerst zahlreich. Der „Kunstvereinsmarkt“, wie der Maler Ludwig Richter (1803–1884) ihn nannte, war für die Künstler dennoch von hoher Bedeutung, denn „das in idealer Begeisterung begonnene und ausgebildete Werk musste die via dolorosa passieren, um in die raue Wirklichkeit zu gelangen“, wie Ludwig Richter konstatierte. Der Künstler räumte zwar ein, „dass diejenigen, welche die Kunstzustände kennen, wie sie in Deutschland bis in die zwanziger Jahre fast durchgängig waren, genötigt sein werden, ein Loblied auf diese Vereine anzustimmen [...]“, doch waren ihm auch die negativen Auswirkungen des bürgerlichen Umgangs mit der Kunst bewusst: „Daß [der Ankauf ] von der wechselnden, zufälligen Majorität abhing, und die Bilder ebenso zufällig durch das Los Besitzern zugeführt wurden, denen sie vielleicht gar nicht erwünscht waren, und die nur den relativen Geldwert ästimieren, das alles wirkte nicht anregend und erhebend.“ An einer anderen Stelle macht Richter die Bemerkung, dass ihm die Zusammenarbeit mit einem Verleger als Ausweg aus der Abhängigkeit vom „Kunstvereinsmarkt“ erschien; vgl. Ludwig Richter, zit. nach Feist 1986, S. 255. Die ästhetischen Folgen wurden im Kunstblatt, Nr. 18, 23. Februar 1837, S. 62 analysiert: „Das industrielle Mittel unserer Zeit: die Privatvereine – vermehren die Künstler, verbreiten und vervielfachen die Anschauungen. Aber der Verein ist eine abstracte Person und fordert nur, ganz abstract, Kunstwerke überhaupt. [...] Je größer die Zahl der abstrakten Käufer wird, um so unbestimmter wird der Inhalt dessen, was der Künstler liefern soll; je größer die Zahl der Künstler wird, umso leichter führt Konkurrenz zur Koketterie, Eifersucht, Spielerei; je zahlreicher und bunter das ist, was man zu sehen bekommt, um so weniger bildet sich Sinn und Liebe für das Tüchtige und Tiefe im Besonderen und Einzelnen. Zersplitterung ist die Folge [...].“ 745 Vgl. Schasler 1856 sowie den vorangegangene Kapitelabschnitt „Käufer und Sammler“. 746 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4. 747 Anton Kraus’ Ausstellungsfläche für die Düsseldorfer Künstler befand sich in der Ratingerstraße 85. Wie Nadine Müller vermutet, handelte Kraus bereits vorher mit Werken einheimischer Künstler. 1865 schloss Kraus sich mit dem vormaligen Zigarrenhändler Gustav Bismeyer zusammen und gründete eine „Hofkunsthandlung“ in der Elberfelderstraße 5; vgl. Müller 2011, S. 315. Vgl. auch Grossmann 1994, S. 133, der zu der permanenten Ausstellung von Kraus das Correspondenzblatt des Kunstvereins der Rheinlande und Westphalen, Nr. 2, 1846, S. 15 zitiert: „Ein solches Institut ist bei der beträchtlichen Zahl hier ansässiger Kunstfreunde und der großen Frequenz der von den Eisenbahnen und Dampfschiffen herbeigeführten Fremden ein umso fühl-

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Kunst- und Buchhandlung eine weitere ständige Ausstellungsmöglichkeit für die Düsseldorfer Künstler hinzu (Abb. 248). Der Kunsthändler Eduard Schulte übernahm das Geschäft von Julius Buddeus, um es „höchst professionell“ auszubauen und weiter zu betreiben (Abb. 250).748 Schultes Verdienst um die Vermittlung von Kunstwerken „gegen eine sehr mäßige Provision“ wurde 1848 im Correspondenzblatt des Düsseldorfer Kunstvereins gewürdigt – mit einer interessanten Begründung: „Es ist dies ungleich höher anzuschlagen, als man gemeinhin glaubt, denn unter zehn Kauflustigen werden dem Künstler gegenüber neun die Frage nach dem Preise des Bildes, das ihnen ansteht, scheuen, weil möglicherweise die Forderung über die Erwartung oder ihre Kräfte gehen könnte und sie in diesem Falle sich geirrt fühlen. Dem Kaufmanne gegenüber ist die Sache weniger delikat.“749 Der Händler hatte mit dem Verein Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hülfe eine „für die gesamte freie Künstlerschaft verbindliche Vereinbarung“ getroffen.750 Um regelmäßig neue Gemälde in seiner „permanenten Ausstellung“ präsentieren zu können, hatten selbige zugestimmt, ihre vollendeten Gemälde nicht mehr wie allgemein üblich zuerst in ihrem Atelier, sondern gleich bei Schulte in der Ausstellung zu präsentieren. Der Verein erhielt für diese Abmachung eine „contractmäßige Abgabe“ und die Künstler eine ständige Ausstellungsfläche.751 In diesen jüngst begründeten Kunsthandlungen würde „entweder die Rücksicht auf Künstlernamen (als Modesache für den Bedarf der Gegenwart) oder auf bestimmte Salonformate, überhaupt namentlich auf die Bestimmung für’s häusliche Leben“ vorwalten, so die Herausgeber des Geschäftsberichts.752 Die Berliner Händler, Sachse sen. und Sachse jun., sahen den Grund, warum nur so wenige Kunstfreunde in Preußen „auch mit Herz und Sinn in deren innerstem Wesen dauernd zu genießen verstehen!“ in der fehlenden Möglichkeit, an einem festen Ort aktuelle regionale wie internationale Kunstströmungen verfolgen zu können, um sich daran zu bilden. „Im vollsten Gegensatz zu dem Wirkungskreis oben genannter Anstalten“ habe der Institutsgründer Louis Sachse der Hauptstadt deshalb ein Lokal zu Verfügung gestellt, das „weder durch gleichzeitige Massenvorführung vieler Gemälde durcheinander“ den Beschauer ermüden, oder etwa „eine Übersicht geben“ wolle, was in bestimmten Zeiträumen von bestimmten Meistern geleistet und welche Fortschritte gemacht worden seien, noch durch einzelne deutsche, bareres Bedürfnis gewesen, als die Leistungen der doch oft und weithin genannten Düsseldorfer Malerschule, außer der kurzen Zeit der Ausstellung, nirgends unvollkommener gewürdigt werden konnten, als in Düsseldorf selbst.“ 748 Vgl. Müller 2011, S. 316. 749 Vgl. Correspondenzblatt des Kunstvereins für die Rheinlande und Westphalen, Nr. 4, 1848, S. 161f., hier zit. nach Grossmann 1994, S. 133. 750 Vgl. Müller 2011, S. 316. 751 Vgl. ebd. Die Geschäftsordnung aus dem Jahre 1858 gibt über das beschriebene Prozedere genau Auskunft; abgedruckt in Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011, Bd. 1, S. 416f. Schulte eröffnete später Dependancen in Köln und übernahm die Kunsthandlung von Lepke 1885/86 mitsamt dessen Gemäldelager in Berlin. Er wurde zu einem der führenden Kunsthändler Deutschlands mit dem Schwerpunkt Düsseldorfer Malerschule; vgl. Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011, S. 84. 752 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4.

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französische oder irgend andere Künstlernamen par excellence“ protegiere“. Sachses Ausstellungsprogram ging vielmehr dahin, „unpartheiisch allen wohlberechtigten Richtungen der Kunst Eingang“ zu verschaffen, „gute Werke aller Schulen, aller Nationen und allen Genres“ zur Schau zu bringen und – „wo es möglich ist“ – so auszustellen, „dass eines dem anderen in häufig wechselnder Reihe folgt und eine genuß- und lehrreiche Betrachtung des Einzelnen gewährt sei!“753 Neue Maßstäbe

Im August 1853 war es soweit. Der „kühne Plan“ war umgesetzt.754 Louis Sachse, zu diesem Zeitpunkt war der Firmengründer noch allein im Geschäft, eröffnete eine „permanente Gemälde-Ausstellung“ in einem „eigens zu diesem Zweck erbauten Salon“ auf dem Hof des Hauses Jägerstraße Nr. 27, also „dicht neben seinem bekannten Geschäftslokal“.755 Erstmals wurde dem Berliner Publikum damit die Gelegenheit geboten, internationale zeitgenössische Kunst in einer ständigen Ausstellung mit wechselnden Exponaten studieren und kaufen zu können. „Ganz Berlin“ sprach „wochenlang von diesem Ereignis.“756 Sogar der scharfzüngige Publizist Max Schasler fand anerkennende Worte: „Man könnte sich darüber wundern, dass Berlin [...] bei seiner wichtigen Stellung als Concentrationspunkt für die Kunstbestrebungen Norddeutschlands [...] erst jetzt ein solches Institut hat entstehen sehen [...]. Umso mehr ist also das lebhafte Interesse anzuerkennen, welches die Sachse’sche Kunsthandlung dafür bethätigt hat, diese fühlbare Lücke im Kunstleben Berlins auszufüllen und haben nicht nur die Künstler und Kunstliebhaber sondern auch die Kunstkritik ihr für die Ausführung dieses allseits lang gehegten Wunsches aufrichtig Dank zu sagen [...].“757 Die junge Zeitschrift Phönix wünschte Sachses Ausstellungsinstitut ein Publikum „in Permanenz“, da es hier endlich einen „Übungsplatz“ für das Betrachten zeitgenössischer Kunstströmungen finden könne: „Hier kann es eine Art Kunst-Palästra (Übungsplatz) finden, wo es täglich sein Auge stärke und übend vorbereite, um es dann bei den großen periodischen Kunstausstellungen desto kräftiger, wo es Noth thut, – zuzudrücken.“758 753 Vgl. ebd., S. 5. 754 Vgl. Kastan 1919, S. 72. 755 Vgl. die Kunst-Anzeige Sachses in der Vossischen Zeitung, Nr. 178, 3. August 1853: „Hiermit beehren wir uns zur Kenntnis des kunstliebenden Publikums zu bringen, dass wir am Montag den ersten August d J, um 10 Uhr, eine permanente Gemälde-Ausstellung [...] eröffnen. Die Kunsthandlung von L. Sachse et Co. Jägerstraße No. 30.“ 756 Vgl. Kastan 1919, S. 72. 757 M. Sr. (Max Schasler): „Eröffnung der Permanenten Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Vossische Zeitung, Nr. 178, 3. August 1853. 758 „Arabesken“, in: Der Phönix, 1. Jg., Nr. 1, 14. August 1853, S. 15; zit. nach Schlagenhauff 2000, S. 178.

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Ein eigens formuliertes „Einsendungsreglement“ informierte Künstler und Publikum in 18 Punkten über die Modi für Ausstellung und Verkauf nationaler und internationaler Kunstwerke. Da das Institut bisher „nur über kleine Lokalitäten“ verfügte, wollte Sachse „den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf eine rasch abwechselnde Vorführung interessanter Kunstwerke“ legen, heißt es hier einführend.759 Zudem strebte das Institut von Sachse & Co. an, im hauseigenen Salon vorzugsweise solche Kunstwerke zu zeigen, die „hervorragend schön und bedeutend sind“. Keinesfalls aber sollte der „Cultus einzelner Richtungen oder begünstigter Künstlernamen in spekulativen Sinne“ verfolgt werden.760 Aus dem Ausstellungsprogramm kategorisch ausgeschlossen wurden Kopien und solche Ölbilder, „welche in handwerksmäßiger Herstellung oder auch mit Benutzung von Originalen anderer Künstler“ gemalt seien; „insbesondere streng verboten“ waren zudem „werthlose Malereien, wie solche von bekannten Unternehmen fabrikartig durch Lohnarbeit massenhaft in den Markt geworfen und unter fingiertem Namen verkauft werden“.761 759 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 1, Einsendungsreglement für Sachses Internationalen Kunstsalon, Jägerstraße 30. 760 Vgl. ebd. 761 Vgl. ebd. Erneut folgt an dieser Stelle der bereits einleitend genannte Hinweis auf Sachses Engagement für das frühe Urheberrecht auf Bilder in Preußen, das in diesem Buch leider nicht den Rahmen für eine ausreichende Darstellung findet. Das billige Kopieren und „fabrikmäßige“ Herstellen von „Kunstwerken“ stellte sich seit den 1830er Jahren als zunehmendes Problem dar. Künstler und Verleger waren vor Nachahmungen und „geistigem Diebstahl“ ihrer Bilder kaum geschützt. Sachse selbst hatte sich zusammen mit Kuhr, Lüderitz und Gropius schon 1834 an das Kultusministerium gewandt, um ein entsprechendes Gesetz zur Wahrung der Urheberrechte zu initiieren, denn „die große Ausbreitung und Vervollkommnung der Lithographie und das dadurch erzeugte Mittel Kunstsachen auf diese Weise schneller als auf irgend eine andere Art und ohne große künstlerische Ausbildung zu vervielfältigen hat dem unendlichen Streben leider auch die Gelegenheit geboten, die von rechtmäßigen Verlegern erworbenen Gegenstände, welche durch künstlerische Auffassung Beifall fanden zu copieren [...]. Wir würden [...] gänzlich entmutigt werden, wenn nicht unmittelbar die Überzeugung in uns lebte [...] daß uns jener erhabener Schutz zu Theil werden dürfte, dessen sich bereits der gesamte Buchhandel in den deutschen Bundesstaaten gegen den Nachdruck erfreut und der auch der Kunsthandel in Österreich und Frankreich [...] zu Theil geworden ist“; vgl. GStA PK, Rep. 76 Ve. Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3, o. Bl., Sachse & Co., Julius Kuhr, George Gropius und G. G. Lüderitz an das Kultusministerium, 7. Oktober 1834. Annette Schlagenhauff 2003, S. 276 hat bereits auf dieses wichtige Engagement hingewiesen, das tatsächlich zu einem ersten Gesetz zur Wahrung von Vervielfältigungsrechten in Preußen führte. Es wurde am 11. Juni 1837 verabschiedet. Sachse verlegte die Schrift: „Schutz zur Nachbildung der Kunstwerke. Nach dem Königlich Preußischen Gesetz vom 11ten Juni 1837, für Künstler und Kunstverleger erläutert von Dr. Robert Froriep“, welche in: Die Redaktion, Gesetzlicher Schutz vor Nachbildung der Kunstwerke, in: Allgemeines Organ, Jg. 1, Nr. 8, 20. Februar 1841, S. 34 veröffentlicht wurde. Letztlich war die Wirksamkeit des neuen Gesetzes jedoch nur gering, da Verleger in Preußen auch betroffen waren, wenn ihre Lithographien im Ausland kopiert wurden. Das Auswärtige Amt befasste sich mit dieser Problematik, die von Sachse aufmerksam verfolgt wurde: „[V]on höchsten Interesse für mich und von großer Wichtigkeit für die Wissenschaft und Kunst sind diese Unterhandlungen. Wie wenig Menschen

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Sachse grenzte seine Einrichtung mit diesen klaren inhaltlichen Formulierungen in aller Deutlichkeit von jener Form der „ständigen“ oder auch „permanenten“ Ausstellung ab, wie sie vor allem in den bereits so oft erwähnten Kunstvereinen zu finden war. Hier wurden vorwiegend regionale, meist einzelne Künstler präsentiert, die vorher von einer Jury ausgewählt wurden. Diese durften ihre Werke dann oft ganzjährig zeigen und zum Verkauf anbieten, ja nach einer gewissen Zeitspanne gar gegen andere Werke austauschen.762 Neben Originalwerken der Malerei, Zeichnungen und Stichen enthielten diese Ausstellungen nicht selten Nachbildungen von Werken alter Meister, die zudem oft als Vereinsgaben in Form von Reproduktionen den Mitgliedern angeboten wurden.763 Wie aufgezeigt werden konnte, hatte sich die Idee von einer ständigen Ausstellung auch im privatem Handel gezeigt. Doch die großen Kunsthandlungen wie jene von Eduard Schulte konzentrierten sich ebenfalls auf die Vermittlung der ortansässigen Künstler, bei Schulte und Kraus der Düsseldorfer Malerschule. Für eine ständige Ausstellung als kulturgestaltendes Informationsmedium und Begegnungsort regionaler wie überregionaler und internationaler zeitgenössischer Kunstströmungen setzte Sachse mit dem klar formulierten Reglement seines Salons nun neue Maßstäbe für die preußische Hauptstadt.

aber wissen sich zu einer großartigen Kunstansicht aufzuzwingen, man hört immer nur vom Interesse des Kunsthandels, des Buchhandels, nicht aber vom Interesse der Kunst, der Künstler und Schriftsteller“, schrieb er im Juli 1839 an seine Frau Nanni; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 5. Juli 1839. Im Nachlass Sachses befindet sich ein Zeitungsartikel aus den Berlinischen Nachrichten, worin ein unbekannter Autor über die Kunstzustände in Paris berichtet und auf dieses Problem ebenfalls aufmerksam macht: „Merkwürdig ist es, wie viele große Bestellungen gegenwärtig, zum Beispiel zu Kirchenbildern, namentlich von jungen Künstlern, angeführt werden. In der Regel wird ein Heiliger oder eine Heilige, ein Bild von 6 F. Höhe, mit 200 bis 250 France bezahlt, und ganze Gruppen verhältnismäßig höher. Vom Modellnehmen kann bei einem solchen Preise natürlich nicht die Rede sein, es wird also irgendein Steindruck oder Kupferstich quarirt, so übertragen, aus dem Kopf coloriert, und in ein paar Tagen, oder doch wenigstens einer Woche, steht das Bild fix und fertig da. [...] Ist der Preis etwas besser, oder sind vielleicht ganze Gruppen auszuführen, so wird auch wohl die Leinwand nach dem Louvre mitgenommen, dort irgendein altes Bild vergrößert oder verkleinert, aus diesem Bilde ein Kopf, aus jenem ein Bein copiert“; vgl. Berlinische Nachrichten, 20. Juni 1839. 762 Vgl. Vowinckel 1994, S. 48f. 763 Diesen Blättern wurde bisher erstaunlich wenig Aufmerksamkeit zuteil. Über Begriffsbestimmung und Funktion vgl. Biedermann 1994.

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b

Exposition en permanente

Le musée des rues

Sachse präsentierte auf der Eröffnungsausstellung seiner permanenten Gemäldegalerie etwa 100 Werke.763 Als „dominierendes Bild“ an der „Hauptwand“ seines neuen Lokals hing ein Gemälde von Paul Delaroche.764 Die „Apotheose der Kunst“ – besser bekannt als der „Hémicycle“ – zeigt vor antikisierender Kulisse eine fiktive Versammlung von 67 Künstlern unterschiedlicher Nationen, die die Hauptrichtungen der Kunst seit der Renaissance vorstellen (Abb. 251).765 Das Nebeneinander der großen Vertreter verschiedener Kunstrichtungen und Nationalitäten kam Sachses internationalem Anspruch sicher auch der Idee nach entgegen. Den Berlinern dieses französische Meisterwerk präsentieren zu können, war ein Coup, der für Begeisterung sorgte.766 Der „eigentliche“ Hémicycle, der 3,90 m in der Höhe und 24,70 m in der Länge maß, schmückte seit seiner Fertigstellung im Jahre 1841 die Halbkreisrotunde des Ehrensaales der École des Beaux-Arts zu Paris. Es war das größte und ehrgeizigste Projekt des Künstlers und hatte bei Betrachtern und Kritikern ungeteilte Bewunderung hervorgerufen.767 Delaroche selbst hatte im Auftrag von Goupil eine kleinere Version von 0,41 m x 2,57 m angefertigt.768 Sie diente als Vorlage für einen aufwendigen Kupferstich, den Louis-Pierre Henriquel-Dupont 1853 fertig gestellt hatte. Dieser Kupferstich, für den Henriquel-Dupont noch im selben Jahr die für einen Stecher ungewöhnliche Auszeichnung einer „médaille d’honneur“ von der Pariser Akademie verliehen bekam, zählt zu den berühmtesten Schöpfungen dieser Art um die Jahrhundertmitte (Abb. 252).769 Der Stich besteht wie das Originalwerk aus drei Teilen und misst bei einer Höhe von 56 cm zusammengesetzt 2,6 m in der Länge. Er hatte damit in etwa dieselbe Dimension wie die gemalte Replik. Für die große Bekanntheit, die das Œuvre jenes Künstlers erlangte, 763 In einem Katalog dieser Ausstellung sollen 112 Werke aufgeführt gewesen sein. Ein Exemplar des ersten Ausstellungskataloges oder auch eine Kopie ist jedoch bisher nicht auffindbar; vgl. Vossische Zeitung, Nr. 205, 3. September 1853, S. 4. 764 Guido Kern ordnete das Gemälde in seinem Aufsatz über Sachse irrtümlicherweise Eugène Delacroix zu; vgl. Kern 1934, S. 5. 765 Vgl. allgemein zu dem „Hémicycle“ von Paul Delaroche: Bann 1997, S. 200–213 sowie Allemand-Cosneau 1999. 766 Schlagenhauff und Nerlich haben das Bild und die Aufnahme in Berlin bereits überzeugend beschrieben; vgl. Schlagenhauff 2000, S. 168–181; Nerlich 2010, S. 487–496. Es ist jedoch sicher verständlich, dass auch hier noch einmal kurz auf das Bild eingegangen werden soll. 767 Vgl. Bann 1997, S. 200–203. 768 Die Reduktion befindet sich heute in der Sammlung der Walters Art Gallery, Baltimore, Maryland; vgl. Johnston 1982, Nr. 23, S. 53f. 769 1860 war in der Gazette des Beaux-Arts zu lesen: „Among so many compositions which have had, over thirty years, the privilege of fascinating the fashionable world throughout the whole of Europe, there is no vaster and more famous then the Hémicycle“; zit. nach Bann 1997, S. 201. Außerdem Renié 1999, S. 178 und S. 190.

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der seit 1837 nicht mehr im Salon ausstellte, waren diese kostspieligen, von Goupil herausgegebenen Reproduktionen von großem Wert: „Paul Delaroche ait joui d’une réputation pour laquelle le mot d’européenne serait trop faible [... on pourrait dire, sans exagération, universelle [...] les belles gravures éditées par Goupil, qui lui avait consacré une espèce de culte, ont rendu si populaire“, wie es 1860 in der Gazette des Beaux-Arts hieß.770 Für Sachse war es geradezu ein Glücksfall, dass in dem Jahr der Eröffnung seiner permanenten Gemäldeausstellung nicht nur Henriquel-Duponts Kupferstich zum „Hémicycle“ erschien, sondern damit gleichzeitig die Möglichkeit gegeben war, die eigenhändige Wiederholung jenes Hauptwerkes von Delaroche in Berlin zeigen zu können, das als unbewegliches überdimensionales Wandgemälde einen der wichtigsten Kunsträume der Seinemetropole schmückte. Diesen „Glücksfall“ hatte Sachse seinen langjährigen Beziehungen zu Adolphe Goupil zu verdanken, der die verkleinerte Version zu Verkaufs- und Werbezwecken auf Ausstellungstournee schickte. Der private Kunsthandel hatte um die Jahrhundertmitte international an Dynamik gewonnen. Wieder spielte Sachse eine für den Berliner Markt entscheidende Rolle. Er war 1851 und 1853 erneut nach Paris gereist. Beide Reisen sind in einem direkten Zusammenhang mit der Eröffnung seiner permanenten Gemäldeausstellung in Berlin zu betrachten. Das letzte Mal war er 1846 in Begleitung von Franz Krüger hier gewesen. Das Bild, das sich ihm nun, nur wenige Jahre später, in den Straßen von Paris darbot, hatte sich sehr verändert. „Le musée des rues“ titelte Frédéric Henriet einen Artikel über die Pariser „marchands des tableaux“ in der Zeitschrift L’Artiste 1854.771 Eine erneut klangvolle Überschrift in ebenjener Zeitschrift, die sich schon 1835 so positiv und äußerst hoffnungsfroh über die Wirksamkeit der „neuen“ Kunsthändler geäußert hatte. Ihre Zahl und damit auch die der aktuellen Kunstwerke, die in den Straßen rund um die Rue Laffitte und dem späteren Opernviertel sowie rund um die Rue du Bac, „cette rue Laffitte du faubourg St. Germain“, präsentiert wurden, hatte sich stark vermehrt.772 Henriet sprach zu Beginn seiner „réflexions, qui saisit l’observateur à l’aspect des étalages de la rue Laffitte“ dennoch sein Bedauern aus: „[C]’est que le public, en se passionnant pour les petits tableaux, s’est également épris de la petite peinture; de cette peinture brillante, adroite, agréable à l’œil, mais sans effort, sans imagination et sans portée, qui égare le gout du public et le déshabitue des grands choses.“773 Man würde an langweiligen Nachahmungen von Ernest Meissonier und Jean-Baptiste Fauvelet hängenbleiben und nicht eine Vitrine finden, in die sich nicht das missmutige Modell einer Frau hineingeschlichen hätte oder diese ewigen Raucher, Leser und Trinker den Spaziergänger zur Verzweiflung brächten.774 Henriet vermisste jene Händler, „qui eût l’audace de jeter sur 770 771 772 773 774

Gazette des Beaux-Arts, 8. Jg., 15. November 1860, S. 194; zit. nach Renié 1999, S. 190. Frédéric Henriet: „Le musée des rues“, in: L’Artiste, 1. Dezember 1854, S. 133–135. Vgl. ebd., S. 134. Vgl. ebd., S. 133. Vgl. ebd.: „Aussi voyons-nous les fastidieux pastiches de MM. Meissonier et Fauvelet s’accrocher partout et pulluler avec une désolante proxilité. Il n’est pas de vitrine où ne se glisse ce maussade

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une toile quinze ou vingt mille francs, comme jadis Durand-Ruel, quand il achetait les Quatre saisons et le Van Dyck à Londres de Roqueplan, Souty, quand il couvrait d’or la Virginie d’Isabey, au temps où l’on voyait chez Susse les Cerises de Roqueplan, où Edan réunissait, dans sa galerie de la rue de l’Université, les plus magnifiques paysages de Marilhat“.775 Das „Maison de Paris“ und die Galerie von Deforge seien die einzigen Orte, an denen man „le plus de vrais tableaux“ noch finden könne und die ein wenig an den erloschenen Glanz eines Durand-Ruel, Giroux und Souty erinnerten.776 In der Rue du Bac lebten die Händler Thomas und Picart als „Nachbarn und loyale Konkurrenten“, wie Henriet berichtet.777 Picart, den Sachse sowohl 1851 als auch 1853 besuchte und mit dem er wohl auch Geschäfte abschloss, war Inhaber einer Papeterie und hatte in den 1840er Jahren eine Galerie für Aquarelle und Gemälde eingerichtet. Picart setze auf seinen „grand crédit auprès des familles bourgeoises“, indem er für die jungen Töchter des noblen Faubourg eine Auswahl an Aquarellen insbesondere von Auguste Delacroix bereithielt, so Henriet.778 Unter seinen „meilleurs tableaux“ würden sich Werke von Constant Troyon, Alexandre-Marie Longuet, Adrien Guignet, Philibert-Léon Couturier befinden, für die Henriet lobende Worte fand. Sein Nachbar Thomas, den Sachse nicht namentlich erwähnt, bot 1854 Bilder von Constant Troyon, Camille Roqueplan, Emile Béranger, Jean Baptiste Fauvelet, Louis Duveau, Eugène Cicéri, (wahrscheinlich Eugène) Deshayes, Jules Noel, Clément-Auguste Andrieux, Evariste-Vital Luminais, Charles Jacques und François-Louis Lanfant (de Metz) an.779 Von der Rue du Bac führte Henriet seine Leser in die Rues Castiglione und de la Chausée-d’Antin. Die Händler dieses Quartiers würden mehr der „catégorie d’industriels“ angehören, „pour qui le commerce des tableaux est un annexe et qui mènent de front la rame de papier écolier et les beaux-arts“.780 Dank einer alten Vorliebe würden diese Magazine, „qui datent de la vogue des fleurs de Van-Spaendonck“, noch die Genre-Szenen von Joseph Beaume und die Landschaften von Louis Etienne Watelet anpreisen.781 Sie seien in ihrer Kühnheit neuer Erwerbungen kaum weitergegangen als bis zu

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modèle de femme, ou cet éternel fumeur, lecteur, buveur, dont le chapeau lampion, les souliers à boucles d’argent, la culotte de velours rouge et l’habit de satin vert, à ailes de pigeaon, désespèrent depuis si longtemps le promeneur le moins atrabilaire.“ Vgl. ebd. Vgl. ebd. Zu Deforgue, den Sachse nicht namentlich in seinen Tagebüchern erwähnt, siehe Anhang 2. Durand-Ruel scheint um 1850 eine finanziell schwierige Phase durchgemacht zu haben. Erst Ende 1856 eröffnete er ein neues Lokal in der Rue de la Paix 1. Das noch näher ins Zentrum gerückte Geschäft begann sich von hier aus erneut zu etablieren, worauf zurückzukommen sein wird. Sachse traf den Händler jedoch auch in den Jahren 1851 und 1853 mehrmals und schloss Geschäfte ab. Im Eröffnungsjahr seiner eigenen neuen Galerie ist in Sachses Tagebüchern davon zu lesen, dass er für 12000 Francs bei Durand „ausgewählt“ habe; vgl. die Anhänge 1 und 2. Vgl. ebd., S. 134. Zu Picard siehe Anhang 2. Vgl. Henriet 1854, S. 134. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd.

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den „chevaux de moire blanche et aux amazones de satin roses d’Alfred de Dreux“.782 Es wäre sicher eine Überraschung, so Henriet, wenn Camille Roqueplan hier eine seiner „transparentes marines à reflets de lapis er d’émeraude“ zeigen würde. „Le jour où Diaz a fait fulgerer chez eux son tetillant rayon de soleil, ils se sont crus perdues, et ont crié au feu!“, urteilte Henriet nicht ohne Sarkasmus.783 Nur M. Berville aus der Chaussée d’Antin habe sich weniger gegen den Überfall „de la nouvelle peinture“ gewehrt und es sei nicht selten, hier „quelques œuvres du bons temps“ zu finden, wie etwa von Louis-Nicolas Cabat, Camille Flers oder (interessanterweise) Charles Hoguet.784 Sachse traf sich mit Berville spätestens 1855.785 Die Brüder Susse, mit denen er schon lange in Kontakt stand und die, so Henriet, das Monopol auf Werke von Alfred de Dreux innehätten, würden hingegen nur noch von ihrer alten Reputation leben. Bei ihnen triumphiere die Bronze, die Statuetten hätten die Bilder ins Exil geschickt. Man würde über die Brüder Susse eigentlich kaum noch reden.786 Ähnlich verhielte es sich mit Giroux. Seit zehn Jahren seien neue Akquisitionen selten. Dennoch fehle es seinen Auslagen in der Rue du Coq-Saint-Honoré weder an Feierlichkeit („solennité“) noch an Reichtum („richesse“): „Il faut du moins lui rendre cette justice, que les ouvrages qui faisaient le fond de ses exhibitions étaient toujours, mérité à part, dignes de ce nom de tableaux qu’usurpent si impudemment aujourd’hui d’informes ébauches er de microscopiques joujoux.“787 Wer erinnere sich bei Giroux nicht an die Bilder von Philippoteaux, Lansac oder Franquelin. Er besitze außerdem noch immer drei Hauptwerke von Roqueplan, Hoguet und Cabat. Zurzeit sei Giroux „obdachlos“ – durch den Bau der Rue de Rivoli.788 Aber eines Tages würde dort sein brillantes Geschäft wieder erstrahlen, erneuert und umgebaut am Boulevard des Capucines, im Gebäude des alten „hôtel du ministre des affaires étrangères“, wo die Erinnerung an Durand-Ruel und der Wunsch, sich mit Deforgue zu „schlagen“, seinen Wetteifer anpieksen würden „et le porteront sans doute à faire des raisonnables concessions au goût actuel“, so die Wunschvorstellung Henriets.789 Die Rue de Clery, einst berühmt für die Prachtentfaltung der Kunst, sei nichts mehr weiter als ein Schatten ihrer selbst. Hier korrespondiere man nur noch mit der Provinz, wo man einige Klienten konservieren konnte, die noch an den Glanz dieser Straße wie in alten Tagen glaubten. Das war die Zeit, in der die „scénes populaires“ von Hippolyte Bellangé, die bei Binant erschienen, „forçaient le passant de s’arrêter, quelque affaires qui lui pressât“.790 Heute aber lebe die Straße nur noch in der Erinnerung einiger alter 782 783 784 785 786 787 788 789 790

Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Zu Susse und Henriets Urteil siehe Anhang 2. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Zu Giroux außerdem im Anhang 2. Vgl. ebd., S. 135. Vgl. ebd.

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Zeichenlehrer, die von hier noch immer ihre Modelle beziehen würden. Hingegen habe Henriet für seinen Teil nie bedauert, einen Blick zu Picot hineinzuwerfen, wo die Skizzen von Clément-Auguste Andrieux immer eine glückliche Begegnung seien, die Aquarelle von Louis Tesson ihren Preis hätten und die „fantaisies caricaturales“ von Auguste Péquégnot zu Recht ebenso gerühmt würden wie seine Arbeiten als „aqua-fortiste le plus distingué“.791 Henriet beschloss seinen Beitrag mit „un mot de conseil aux jeunes peintres“: Ein Künstler verspüre in dem Moment, wo er zum ersten Mal sein Werk im Schaufenster eines Händlers betrachten könne, ein Glücksgefühl, das ganz ähnlich dem eines Schriftstellers beim Lesen seines ersten Artikels sei. Vor den Folgen könne Henriet jedoch nur warnen.792 Das Schaufenster eines Händlers sei eine erste Etappe, doch sei es gefährlich hier zu verweilen, auch wenn es vielen Künstlern als der direkteste Weg zum Aufstieg erscheine.793 Die Gefahr liege darin, dass sich der Debutant mit einer unglaublichen Sorglosigkeit verausgabe. Die verräterischen Schmeicheleien des Händlers, seine törichten Ratschläge, die schmerzhaften Bedingungen, die er an den Künstler stelle, die Abhängigkeit, mit der er versuche, den Künstler zu fesseln, all das sei eine schmachvolle Bürde des Merkantilismus.794 Er könne seine Warnung deshalb nur immer wiederholen: „L’étalage a perdu plus de peintres qu’il n’en a servis. Si la vitrine a ses héros, elle compte aussi ses mertyrs.“795 Keine vier Jahre später, im Januar 1858, erschien in derselben Zeitschrift erneut ein ausführlicher Artikel über das nun immer sichtbarer werdende Phänomen privater Kunsthandlungen. „La Rue Laffitte est une sorte de salon permanent, une exhibition 791 Vgl. ebd. 792 Vgl. ebd.: „Le peintre éprouve, le jour où il voit pour la première fois briller son œuvre derrière la vitre du marchand de tableaux, un frisson de joie analogue à celui que ressent le conscrit littéraire à la lecture de son premier article; et c’est précisément contre les entraînements de ce premier succès que je viens essayer de le mettre en garde.“ 793 Vgl. ebd.: „L’étalage du marchand est une première étape qu’il importe au débutant de franchir, nais à laquelle il est dangereux de s’arrêter. Il n’y a que les luttes fiévreuses et retentissantes des expositions publiques qui trempent véritablement de jeunes talents à la source d’une généreuse émulation et leur promettent avec le temps gloire et fortune; mais le défaut de l’époque c’est le dédain des fortes études; c’est l’impatience de produire et la hâte d’arriver. L’étalage semble à beaucoup d’artistes la route la plus directe à la fois et la moins escarpée; or la boutique du marchand n’est qu’une impasse et pas autre chose. C’est ce dont il est nécessaire qu’un artiste reste bien pénétré“. 794 Vgl. ebd.: „Assurément l’étalage du marchand peut servir la réputation d’un artiste qui use avec discrétion de ce moyen de publicité. Mais le malheur est que tout porte le débutant à se prodiguer avec une imprévoyance. Les flatteries traîtresses du marchand, ses sots conseils, les dures conditions qu’il impose à l’artiste, la dépandance dans laquelle il cherche à le garrotter, sont autant d’écueils contre lequels viennent se briser les ressorts des organisations les mieux douées. C’est alors que l’artiste, parti radieux, la foi au cœur et la chaleur aux tempes, se voit, après un enchaînement de capitulations de conscience et de déceptions résignées, condamné à traîner, tout le reste de sa carrière, le honteux boulet du mercantilisme.“ 795 Vgl. ebd.

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de peinture qui dure toute l’année“, leitete Théophile Gautier seinen Artikel über die Pariser Kunsthändler ein.796 Die Kunstkritik habe nicht das Recht, diese Ausstellungen weiter zu ignorieren, rechtfertigte sich Gautier. Allein in der Rue Laffitte würden fünf oder sechs Boutiquen hinter verglasten Schaufenstern die Gemälde ebenjener Künstler präsentieren, die von der Öffentlichkeit geschätzt würden. Gautier beschreibt, wie an der Straßenkreuzung zum Boulevard Montmartre Werke von Delacroix, Ingres, Marilhat, Salvatore Rosa, Chasseriau, Roqueplan und Gudin die Blicke genauso auf sich zogen wie die Blätter englischer und französischer Aquarellisten.797 Tatsächlich ist Gautiers Auflistung der großen Zahl an Werken, die bei einem einzigen Gang durch dieses Viertel besichtigt werden konnten, überaus beeindruckend.798 Und dies sei nur das, was die Rue Laffitte an einem Tag den Passanten offerierte, so der Autor. Schon am nächsten Tag würden andere Werke die beschriebenen ersetzen.799 Ob dies der Kunst mehr diene oder mehr schade, sei eine Frage, die wie alle wichtigen Menschheitsfragen zwei Seiten habe, so Gautier.800 Seiner Meinung nach wirke die „exposition en permanente“ in den Pariser Straßen zwar insofern nachteilig, als dass sie einer bestimmten Richtung, nämlich einer Malerei, die sich gut verkaufen ließ, den Vorrang gebe. Gautier spach in diesem Zusammenhang sogar von einer „école de la rue Laffitte“.801 Andererseits seien in den Schaufenstern aber auch immer wieder „des tableaux vraiement sérieux“ zu finden.802 Und so kam Gautier zu dem positiven Schluss, dass die Künstler hier wohl dasselbe Auskommen finden könnten wie die Poeten in den Feuilletons der Zeitungen.803 Ohne Zweifel würden sich einige verlieren, „mais sans cela eussent-ils été plus capable de faire l’art grand, sérieux et sublime? Quand aux réputations acceptées, aux maîtres souverains, la rue Laffitte sait toujours, à force d’art, leur arracher quelque toile; il n’est pas de nom illustre qui n’ait figuré dans le catalogue de son exposition“.804 Beide Berichte zeigen auf, dass sich das Bild, das sich Sachse in den Straßen von Paris Anfang der 1850er Jahre darbot, bereits deutlich von jenem seines letzten Besuchs Mitte der 1840er Jahre unterschieden haben muss. Noch einmal sei an Heinrich Heines Straßenbummel durch Paris im Dezember 1841 erinnert, dessen Aufmerksamkeit kein Gemälde, sondern ein Kupferstich auf sich gezogen hatte. Dort, wo Gautier die 796 Vgl. Théophile Gautier: „La Rue Laffitte“, in: L’Artiste, Bd. 3, 3. Januar 1858, S. 10–13, hier S. 10. 797 Vgl. ebd. 798 Vgl. ebd., S. 10–12. 799 Vgl. ebd. 800 Vgl. ebd., S. 12: „En somme, la rue Laffitte nuit-elle à l’art ou lui sert-elle? La question a deux faces comme toute question humaine.“ 801 Vgl. ebd. 802 Vgl. ebd. 803 Vgl. ebd., S. 12f.: „L’artiste trouve là les mêmes ressources que les poètes dans le feuilleton du petit journal, le louis quotidien, bien péniblement gagné du reste, qui fait attentre le grand travail, l’importante commande qui quelquefois ne vien jamais.“ 804 Vgl. ebd., S. 13.

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Augen vor der Vielzahl der in den Schaufenstern dargebotenen Leinwände nicht mehr verschließen wollte, hatte Heine noch die willkommene Präsentation einer druckgraphischen Reproduktion „für das große Publikum“ gefeiert, „dem das Ölbild unbekannt geblieben“ war.805 Auch die Aufzeichnungen in Sachses Tagebüchern aus den Jahren 1851 und 1853 – jene Reisen, die unmittelbar die Eröffnung eines neuen Ausstellungsinstituts in Berlin zur Folge hatten – vermitteln den Eindruck von einer zunehmenden Dichte der Händler und ihrer Aktivitäten. 1851 traf sich Sachse nicht mehr nur mit alten Bekannten wie Goupil, Gihaut, Giroux, Susse, Binant und Durand-Ruel, sondern außerdem (namentlich) mit Bernardy, Mallet, Beauboeuf, Souty, Hauser, Dazario und Picart.806 Auch Artaria aus Wien und Sachses Berliner Mitstreiter Lepke waren in der Stadt. Immer wieder ist von „Geschäften“ und „Geschäftsabschlüssen“ zu lesen. Auffallend oft traf sich Sachse mit Goupil. Es ist nun explizit vom Besuch in dessen „Galerie und Druckerei“ zu lesen. Er machte die Bekanntschaft mit dem Kupferstecher Jazet, der nach Aussage von Burty den Pariser Händler dazu „inspiriert“ haben soll, nicht nur die hochwertigen Reproduktionen seiner favorisierten Salonmaler, sondern auch deren Originale in seinem Geschäft anzubieten.807 Es darf angenommen werden, dass sich Goupil, Jazet und Sachse auch über Delaroches jüngstes Werk „Marie-Antoinette vor dem Tribunal“ unterhalten haben, das Goupil zu diesem Zeitpunkt in seiner Galerie ausstellte und das Sachse in seinen Tagebüchern erwähnt (Abb. 253).808 Es sollte wenig später auf Ausstellungstournee gehen. Im Sommer 1852 war es in Dresden und im Berliner Kunstverein zu sehen.809 Noch im Dezember 1851 konnte Sachse selbst die Werke „Napoleon auf dem großen Bernhard“ von Delaroche (Abb. 254) und eine „Sterbeszene“ von Vernet in seinen eigenen Ausstellungsräumen den Berlinern präsentieren, wie Varnhagen van Ense in seinen Tagebüchern vermerkt.810 Nach dem erneuten Parisbesuch 1853 war Sachse mit Goupil nun darüber übereingekommen, den „Hémicycle“ von Delaroche auf der Eröffnungsausstellung seines neuen Lokals vorstellen. Annette Schlagenhauff vermutete, dass Sachses endgültiger Entschluss zum Bau der permanenten Gemäldeausstellung in einem konkreten Zusammenhang mit den Expansionsplänen seines engen Pariser Geschäftsfreundes gestanden habe.811 Seit Januar 805 806 807 808

Vgl. Rasch 1977, S. 243f. und Kapitel IV.2.b, „Exposition en permanente / le musée des rues“. Vgl. zu den genannten Händlern Anhang 2. Vgl. Burty 1867, S. 961 und Kapitel IV.2.b, „Exposition en permanente / le musée des rues“. Vgl. Anhang 1, Reisetagebuch Sachse, Eintrag vom 23. August 1851. Das Deutsche Kunstblatt hatte schon in der Ausgabe vom 5. Juli 1851, Nr. 27, S. 209f. einen ausführlichen Bericht über das jüngste Werk von Delaroche gebracht, das nun bei Goupil zu sehen sei. Über die Marie-Antoinette siehe auch Nerlich 2010, S. 218–224. 809 Vgl. Deutsches Kunstblatt, Nr. 27, 3. Juli 1852, S. 234 und Nr. 48, 27. November 1852, S. 412. 810 Vgl. Varnhagen, Tagebücher 1865, S. 450, Eintrag vom 2. Dezember 1851: „Ausgegangen mit Ludmilla. Bei Sachse Gemälde gesehen; Napoleon auf dem großen Bernhard von Delaroche, Sterbeszene von Horace Vernet; das letztere missfällt mir durchaus, in Auffassung und Ausführung, ein schlechter Einfall [...].“ 811 Vgl. Schlagenhauff 2000, S. 173.

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1852 befand sich ein Berliner Zweig des erfolgreichen Instituts für Reproduktionsgraphik Goupil & Cie. in der Jägerstraße 65 und damit in unmittelbarer Nähe zu Sachses Lokal.812 „Die Leitung hatte Rudolph Heppner inne, ein Neffe Sachses, was darauf schließen lässt, dass zwischen den langjährig befreundeten Geschäftskollegen Goupil und Sachse ein Einverständnis über die Aufteilung der Interessen bestand“, wie Schlagenhauff schreibt.813 Möglich, dass das Konkurrenzgeschäft des Pariser Kollegen zu dem Entschluss des Händlers beigetragen hatte, nicht länger sein lithographisches, sondern ein separates Ausstellungsinstitut zum zentralen Wirkungsort seiner kunsthändlerischen Bestrebungen zu machen. Es scheint dennoch wahrscheinlich, dass dies nicht der einzige Grund für Sachses Initiative gewesen ist. Der Entschluss, ein privates Ausstellungsinstitut für internationale Gegenwartskunst in Berlin zu schaffen, war mit nicht unwesentlichen finanziellen Risiken verbunden. Den überzeugenden Darstellungen Grossmanns folgend, bot Berlin um die Jahrhundertmitte keinen besonders fruchtbaren Boden für bedeutende Kunstumsätze. Andererseits wurde Sachse nicht nur in Paris, sondern auch in London deutlich die Bewegungsrichtung vor Augen geführt, in die sich der freie Handel formierte. Die Eröffnung einer permanenten Gemäldeausstellung, die in die Anfangsjahre professionellen Galeriewesens fällt, war kein Rückzug, sondern entsprach durchaus Sachses bereits seit den 1830er Jahren selbstbewusst verfolgtem Plan, Berlin als „Kunsthauptstadt“ und „Mittelstation im Gemäldeverkehr“ im europäischen Vergleich eine Rolle zuzuweisen. Die Welt an zwei Orten

Die Jahre zwischen 1851 und 1855, in denen Sachse drei Mal auf Reisen ging und in denen er in Berlin eine ständige Galerie für internationale Gegenwartskunst eröffnete, sind zugleich die Jahre zwischen der ersten Weltausstellung in London und der zweiten Weltausstellung in Paris. Im August 1851 war London Sachses erstes Ziel. Die Pracht der Inszenierung der „Great Exhibition“ übertraf „jede entfernte Idee bei weitem“ und versetzte Sachse ins „Staunen über Staunen“.814 Auch wenn die schönen Künste auf dieser ersten Weltausstellung noch keine eigene Sektion zugewiesen bekommen hatten, führte das Großereignis doch auf imposanteste Art vor Augen, in welche Richtung sich die Ausstellungswelt bewegte. Die enzyklopädische Universalität des Ausstellungsprogramms mag Sachses Vorstellung von der positiven Wirkung des Handels auf Fortschritt und Kultur beflügelt haben. Das internationale Forum, das sich hier vor seinen Augen ausbreitete, entsprach seiner Vorstellung einer Versammlung „der besten 812 Vgl. Adressbuch für den deutschen Buchhandel 1856, S. 65. 813 Vgl. Schlagenhauff 2000, S. 173. Sachse erwähnt Heppner erstmals in einem Brief an Nanni vom 29. Mai 1830. Er scheint mit im Haus von Sachse gewohnt und vermutlich mit in seinem lithographischen Geschäft gearbeitet zu haben; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Berlin, den 29. Mai 1830. 814 Vgl. Anhang 1.

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Werke aller Schulen, aller Nationen und allen Genres“, die er schließlich in seinem eigenen Institut zu verwirklichen suchte. Denn, so Sachses liberal geprägtes Credo, „in dem Kunstschaffen, dem Können einzelner Personen sowie ganzer Nationen giebt es kein Monopol, keine Sperrschranke, es lernt ein Künstler vom anderen, eine Nation von der anderen, und je mehr im Tausch fremde und einheimische Werke in den Ländern hinund herwandern, je mehr Ausland und Inland rivalisieren, desto mehr können Künstler und Kunstfreunde gewinnen, desto mehr wird der Kunstsinn in den Geist der Nation, das Können in die Anlagen der einzelnen Personen dringen!“.815 1855 reiste Sachse wieder zur Weltausstellung, die nun in Paris stattfand. Erstmals war hier den schönen Künsten ein breiter Raum zugewiesen worden. Der Architekt Hector Lefuel hatte in der Avenue Montaigne ein eigenes Palais des Beaux-Arts errichtet, in dem 28 Nationen annähernd 5000 Werke von 2176 Künstlern präsentierten (Abb. 255). Von den 700 französischen Malern waren Ingres und Delacroix mit eigenen Werkschauen vertreten. Von der Präsentation der Werke Delacroix’ hat sich ein zeitgenössisches Foto erhalten (Abb. 256). Der Blick der Fotografen richtet sich diagonal durch den Raum, der durch die abgeflachten Ecken zugunsten schmaler zusätzlicher Hängeflächen ein Oktogonal bildet. Deutlich ist die provisorische Konstruktion des Baus zu erkennen mit den schmucklosen Wänden und einer Art Zeltdach. Ähnlich wie im Salon der Akademie berühren sich die Rahmen der Gemälde unmittelbar, wobei die kleineren Werke niedriger als die größeren hängen. Etwa zwei Drittel der Wandfläche sind auf diese Weise komplett mit Bildern getäfelt, das oberste Drittel liegt weitgehend frei und wird nur von einigen überdimensionalen Gemälden in Anspruch genommen. In der Mitte des Raumes steht ein kreisrundes Sitzmöbel, dessen Mittelfläche einen Podest für Statuetten und Pflanzen bietet. Links zeigt sich der durch einen Vorhang gerahmte Durchgang zum nächsten Gemäldesaal. Zu den von der Menge favorisierten Künstlern der Weltausstellung gehörten Horace Vernet, Ernest Meissonier, Franz Xaver Winterhalter und Alfred Stevens. Aber auch die populären, eine romantische Auffassung in ihren Werken verfolgenden Maler wie Eugène Devéria, Léopold Robert, Théodore Gudin, Eugène Lepoittevin, Pierre Duval le Camus, Ary Scheffer und Joseph-Nicolas Robert-Fleury waren zahlreich vertreten.816 Besonders die Genre- und Tiermalerei hatte in diesen Jahren weiter an Popularität gewonnen, wozu auch die beliebten Werke Rosa Bonheurs zu zählen sind.817 Sie alle sollten mit Werkbeispielen auch in Sachses permanenter Gemäldeausstellung in Berlin ver815 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 5. Sachse mag sich mit seinen Kollegen Ackermann und Colnaghi darüber ausgetauscht haben, die er während jener Tage ebenfalls mehrfach traf. Daneben besuchte er das Collosseum, sah im Diorama „Paris bei Nacht“ und ließ sich von den „unübertrefflichen Kunstwerken“ in der Bridgewater-Gallery beeindrucken. 816 Vgl. zu der Entwicklung und Anerkennung dieser Künstler insbesondere den Ausst.-Kat. Années Romantiques 1996. Da diese Künstler bereits Erwähnung fanden und schon in den 1830er Jahren bei Sachse oder in der Berliner Akademie zu sehen waren, soll hier nicht näher auf sie eingegangen werden. 817 Vgl. Ausst.-Kat. Barbizon Revisited 1962, S. 40.

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treten sein. Winterhalter, Vernet, Hoguet, Robert-Fleury, aber auch die Älteren Bellangé und Coignet suchte Sachse 1855 persönlich auf.818 Eine Auffälligkeit der Pariser Exposition war das fast geschlossene Auftreten der als „Maler von Barbizon“ bezeichneten, eine romantisch-realistische Idee in der Landschaftsmalerei vertretenen Künstlergruppe. Theodore Rousseau, der nach Jahren der Isolation seit Ende der 1840er Jahre Bekanntheit erlangte, war ein eigener Raum zugewiesen worden, genau wie Alexandre Decamps. Corot, Rousseau und Troyon gewannen sogar goldene Medaillen. Die „Generation von 1830“, wie die Maler der „Schule von Barbizon“ zunächst genannt wurden, hatten im Wald von Fontainebleau aufgenommene Studien – als Studien – erstmalig im Pariser Salon von 1831 ausgestellt. Noch im Laufe desselben Jahrzehnts hatte die Idee, nicht nur Studien, sondern vollgültige Bilder in der freien Natur zu malen, zunehmend an Attraktivität gewonnen.819 Doch erst zur Zeit der Julirevolution von 1848, an welcher viele der Künstler partizipierten, fand ihre Malerei breite Akzeptanz und bedeutende Mäzene. Rousseau, Corot, Diaz, Daubigny, Troyon und andere stellten ihre „Plain-Air“-Gemälde selbstbewußt zur Schau und erreichten nicht nur weitgehende Anerkennung sondern schon bald eine gewisse Berühmtheit, mit namhaften Bewunderern wie Napoleon III. oder der Duc d’Orleans.820 Sachse stellte auch in seiner permanenten Gemäldeausstellung eine große Zahl der Barbizon-Künstler dem Berliner Publikum vor, so Théodore Rousseau, Narcisse Diaz, Jules Dupré, Camille Corot, Constant Troyon und Charles Jacque.821 Auch unmittelbare Vorläufer und weitere Anhänger einer romantisch-realistischen Landschaftsauffassung waren bei Sachse – zum Teil schon seit Mitte der 1830er Jahre – zu sehen, wie Paul Huet, Jules Coignet, Jean-Charles-Joseph Rémond, Nicolas-Toussaint Charlet, Alexandre Gabriel Decamps, Eugène Isabey oder Camille Roqueplan. In Paris hatte sich vor allem Durand-Ruel schon früh für die Landschaftsmaler der neuen Generation eingesetzt, deren Werke von der Jury der Pariser Salonausstellung lange mit Nichtbeachtung bestraft worden waren.822 Mit dem Erfolg dieser Künstler auf der Weltausstellung 818 Vgl. Anhang 1. 819 Vgl. Ausst.-Kat. Barbizon 1996, S. 29. Außerdem Ausst.-Kat. Künstlerkolonie Barbizon 1977 und Ausst.-Kat. Barbizon Revisited 1962. 820 Zu Markt der Barbizonisten vgl. v.a. Müllerschön/Meier 2010 und dies. 2012; außerdem Ausst.-Kat. Barbizon Revisited 1962, S. 20–54. Zu der Regierung Louis Philippes und den offiziellen Künsten siehe Boime 1986, S. 12–14 und S. 15–22. 821 Es könnte auf einen Schreibfehler zurückzuführen sein und mit dem in der Künstlerliste als „C. Jacques“ bezeichneten Künstler tatsächlich der ebenfalls zu der Gruppe der Barbizon-Maler gehörige Charles-Emile Jacque (1813–1894) gemeint sein. Für einen „C. Jacques“ konnten keine Informationen eingeholt werden. 822 Vgl. zu der offiziellen Akzeptanz der einzelnen Künstler Ausst.-Kat. Barbizon Revisited 1962, S. 20–54, hier bes. S. 39f. Rousseau war in den vierziger Jahren vom Salon ganz ausgeschlossen worden, begann jedoch eine zentrale Persönlichkeit im Zuge der außerakademischen Entwicklungen der Landschaftsmalerei zu werden. Schon in den Salonbesprechung Baudelaires von 1845 wurde Rousseau als das Oberhaupt der neuen Landschaftsmalerei betitelt, obwohl der Künstler auf dieser Ausstellung, im Gegensatz zu Corot, gar nicht mit Werken vertreten war; vgl. Baude-

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hatte Durand-Ruel den erneuten Impuls erhalten, gezielt Théodore Rousseau, Camille Corot, Constant Troyon, Jean-François Millet und Gustave Courbet zu protegieren.823 Sachse, der das Großereignis mehrere Tage hintereinander besuchte, notierte im stets mitgeführten Tagebuch seine Begeisterung über das Dargebotene: „Grandios, über alle Beschreibung!“ lauteten seine Worte.824 Leider fehlen Zeugnisse über Einzeleindrücke des Gesehenen. So kann nur gemutmaßt werden, ob Sachse etwa auch Courbets Pavillon besuchte.825 Grundsätzlich vorstellbar ist, dass seine Eindrücke aus dem „Palais des Beaux Arts“ der ersten Pariser Weltausstellung bei ihm ähnlich nachhallten wie bei seinem Pariser Geschäftsfreund Jean-Marie Durand-Ruel. Der Vergleich mit dem Ausstellungsprogramm der väterlichen Galerie des späteren Impressionisten-Händlers deckt eine Reihe Gemeinsamkeiten mit Sachse auf. Neben sämtlichen genannten Barbizon-Künstlern finden sich Übereinstimmungen in der Förderung von Charlemagne Oscar Guét, der Brüder Alfred und Tony Johannot, Alexandre Calame und Eugène Cicéri, deren Namen zudem in Sachses Tagebuchaufzeichnungen auftauchen, sowie die ebenfalls aufgenommene Gruppe um Ernest Meissonier, Charles Jalabert, Emile Béranger und Paul Seignac.826 Auch Goupil bot neben den von einer Großbourgeoisie und internationalen Finanzwelt gefragten Künstlern wie Paul Delaroche, Charles Jalabert oder Ernest Meissonier, zunehmend die Maler der „école de la nature“, sogar Gustave Courbet und später Edouard Manet zum Verkauf an.827 Petit, der in einer engen Verbindung zu Delacroix stand, nahm sich ebenso jungen Landschaftsmalern an.828 Susse und Beugnet nutzten 1856 die Gelegenheit, dass in diesem Jahr kein Salon stattfand und veranstalteten eine eigene Ausstellung, u. a. mit Werken von Gavarni, Isabey und Jacque, ebenfalls Künstler, die auch Sachse ausstellte.829 Auch Louis Martinet, Durand-Ruel, Petit und andere organisierten in den Boulevards um das Viertel der Pariser Oper im Laufe der Jahre öffentliche Bilderschauen.830 Die Entwicklung eines modern-liberalen Kunstmarktes in Frankreich mit einer neuen Vertriebsstruktur, die unabhängig vom staatlich kontrollierten Salon agierte, war gerade für eine nach Unabhängigkeit strebende Künstlergeneration von wesentlicher Bedeutung, wie schon Sfeir-Semmler konstatierte.831 Die Expan-

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laire 1845/1997, S. 294 und S. 296. Eine große Zahl seiner Bilder war aber bei Durand-Ruel zu sehen. Vgl. d’Argencout 1985, S. 95. Vgl. Anhang 1. Die Tagebuchaufzeichnungen dieses Aufenthaltes brechen bedauerlicherweise abrubt ab, der Schluss ist nicht mehr auffindbar. Ein Werk Courbets ist in der Künstlerliste der ersten zwölf Jahre des Ausstellungsinstituts nicht verzeichnet. Vgl. speziell zu dieser Künstlergruppe Ausst.-Kat. Bouguereau 1985, S. 97–99. Vgl. Anhang 1. Vgl. ebd. Vgl. Tabarant 1963, S. 231f. Vgl. Ausst.-Kat. Barbizon revisited 1962, S. 40. Vgl. Sfeir-Semmler 1992, S. 184.

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sion des privaten Handels bildete sich mehr und mehr als Konkurrenz zum staatlichen Salon heraus. Ausstellungen in Pariser Kunstgalerien waren nun nichts Ungewöhnliches mehr. 1855, das Jahr der ersten Pariser Weltausstellung, ist Sachses Reisetagebüchern zufolge das letzte Jahr, in dem der Berliner Händler persönlich in die Seinemetropole fuhr. Neben mehreren Besuchen der „Exposition“ traf sich Sachse fünf Mal mit Goupil, drei Mal mit Berville, Bernardy und Binant, zwei Mal mit Durand-Ruel und Petit sowie mindestens einmal mit Hauser, Dazario, Beauboef, Picard, Fatout und Giroux.832 Dazu durchstöberte er mehrmals die Boulevards, den Quai Voltaire und die Passagen. Berville, Binant und Giroux sind Händler, die zu den wichtigsten Akteuren des frühen Kunstmarktgeschehens in den 1830er Jahren in Paris gehörten, ihre Rolle aber über die Jahrhundertmitte hinaus nicht aufrechterhalten konnten. Francis Petit, der 1846 ein eigenes Geschäft gegründet hatte, lernte Sachse 1851 kennen: „Eine gute neue Bekanntschaft“ wie er in seinem Tagebuch vermerkte.833 Petit widmete sich vor allem den jungen Landschaftsmalern und wurde als Nachlassverwalter von Eugène Delacroix, Jean-Auguste-Dominique Ingres und Constant Troyon in den 1860er Jahren bekannt.834 Er hinterließ seinem Sohn Georges bereits ein gewaltiges Vermögen, mit dem dieser wiederum Anfang der 1880er Jahre einen opulenten Kunstsalon erbauen konnte, in dem sich nicht nur die Pariser Gesellschaft treffen, sondern u. a. auch die Impressionisten einen Ausstellungsraum finden sollten (Abb. 257). Die beiden wichtigsten Händler, die sich seit den 1830er Jahren behaupten konnten und mit denen Sachse in regelmäßigem Kontakt stand, sind Goupil und Durand-Ruel. Letzterer verlegte sein Lokal Ende des Jahres 1856 noch weiter ins Zentrum, in die Rue de la Paix 1.835 Hier begann sich die Galerie erneut zu etablieren und den Kundenstamm auf Deutschland, Russland und bald sogar die USA auszuweiten. Schon 1846 hatte Jean-Marie Durand-Ruel seinen damals erst fünfzehnjährigen Sohn Paul (Abb. 186) mit ins Geschäft genommen, der sich nun immer mehr einbrachte und sicher auch zu einem Gutteil für den neuen Wind in der Galerie sorgte. Als Fünfundzwanzigjähriger fing er an, Bilder nach Lyon, Bordeaux, Belgien, Holland, England, Berlin und Hamburg zu verschicken. Neben den vom Vater favorisierten Landschaftsmalern der Barbizonschule wurden andere Richtungen der Malerei mit in das Programm aufgenommen, etwa Künstler wie Ernest Meissonier, Thomas Couture und Louis-Gustave Ricard, sowie eine große Anzahl der Schüler von Paul Delaroche, Jules Coignet, William Bourguereau und Joseph-Nicolas Robert-Fleury. Die Beziehungen mit England wurden gefestigt und immer wieder innovative Ideen verwirklicht. 1859 veröffentlichten Durand-Ruel, Francis Petit und Martinet gemeinsam ein Fotografie-Album, das die Entwicklung der

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Vgl. Anhang 1. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd.

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modernen Malerei illustrierte und Einleitungen von Gautier, Henriet und Saint-Vitor enthielt.836 Im Jahr zuvor hatte Goupil das erste Mal überhaupt einen mit Fotografien versehenen Œuvre-Katalog herausgegeben: „Œuvre de Paul Delaroche reproduit en photographie par Bingham, accompagné d’une notice sur la vie et les ouvrages de Paul Delaroche par Henri Delaborde et du catalogue raisonné de l’œuvre par Jules Goddé, Paris publié par Goupil et Cie., 1858“. 1860 veranstaltete Goupil „auf die Bitte einer großen Anzahl von Künstlern, die bedauerten, dass sie ihre neuen Werke der Öffentlichkeit nicht vorstellen konnten“, eine Gruppenausstellung.837 Der Pariser Großunternehmer zog in diesem Jahr mit seinem ganzen Kunst- und Reproduktionsimperium in ein mehrstöckiges Haus in die Rue Chaptal 9 um, wo er eine elegante Galerie für zeitgenössische Malerei einrichtete (Abb. 191): „Ce local [...] élégant, disposé et meublé avec goût [... peut tenir quatre-vingts tableaux environ, placés sous un jour très favorable.“838 Wie einem zeitgenössischen Ausstellungsbericht in Le Monde illustré zu entnehmen ist, gehörten zu den ausgestellten Künstlern Jaroslaw Czermak, Pierre-Charles Comte, Alfred de Curzon, Alfred De Dreux, Edouard Louis Dubufe und Auguste Toulmouche.839 Auch diese Maler sollten gleichsam in Sachses Ausstellung auftauchen, was auf die so oft angesprochene enge Geschäftsbeziehung zwischen Goupil und Sachse zurückzuführen sein wird. Über das neue Geschäft des Pariser Händlers war nun zu lesen: „Comme on le voit, MM. Goupil ont formé une maison qui a su combiner les exigences de l’art moderne avec les nécessités commerciales.“840 Wie Durand-Ruel hatte auch Goupil seinen Sohn schon 1846 mit ins Geschäft genommen. Léon Goupil hatte im selben Jahr zusammen mit Michael Knoedler und William Schaus die Depandance Goupil, Vibert et Cie. am 836 Vgl. ebd. 837 Dem „Salon de Monsigneur Goupil“ wurde große öffentliche Aufmerksamkeit zuteil. Mit Einrichtung der neuen Galerie 1860 schrieb die Zeitschrift Le Monde illustré: „[...] sur la démande d’un grand nombre de peintres qui regrettaient de ne pas pouvoir faire connaitre leurs oeuvres au public, l’expositiondes Beaux-Arts n’ayant pas lieu cette année, les célèbres éditeurs préparent dans leur hôtel de la Rue Chaptal, une nouvelle exposition toute gratuite [...] et qui comprendra une certaine toile au moins, parmi lequelles on remarque déjà les nouvelles productions d’Achenbach, Boulanger, Bracassat, Cabanel, Cermak, Comte, Curzon, de Dreux, Dubufe, Gérôme, Gleyre, Muller, Rousseau, Toulmouche, Jardin, etc.“ ; vgl. Maxime Vauvert: „Salon d’exposition de tableaux de MM Goupil“, in: Le Monde illustré, 4. Jg., Nr. 161, 12. Mai 1860, S. 320. Siehe außerdem den Artikel von E. Seglio: „Exposition de tableau moderne dans la galerie Goupil“, in: Gazette des Beaux-Arts, Nr. 7, 1. Juli 1860, S. 46–52, hier S. 46f.: „Mais il ne faut pas perdre de vue que c’est aux jeunes artistes principalement que l’on aurait cette fois et qu’à dépuis du salon, qui leur manque particulièrement cette année, ils sont heureux de recevoir quelque par tune hospitalité gracieuse.“ 838 Vgl. Seglio 1860, S. 46. 839 Vgl. Vauvert 1860, S. 320. Jaroslav Czermak (1830–1978); Pierre Charles Comte (1823–1895); Alfred de Curzon (1820–1895); Alfred de Dreux (1810–1860); Claude-Marie Dubufe (1790– 1864); Auguste Toulemouche (1829–1890). 840 Vgl. ebd.

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Broadway in New York eröffnet (Abb. 192). Sachse hatte seinen Sohn Louis Alfred 1855 erstmals mit auf Geschäftsreise genommen. Wie der Vater, so der Sohn?

Leider haben sich vom Anfang der 1850er Jahre keine Briefe von Sachse aus Paris erhalten. Dafür existiert aus den Jahren 1856 und 1857 eine recht aufschlussreiche Korrespondenz, die dieser mit seinem gleichnamigen Sohn führte. Der Vater hatte Louis Alfred Sachse 1855 erstmals mit auf Geschäftsreise genommen. Im Sommer 1856 stellte er ihn vor die Wahl, ins Kunsthandelsgeschäft mit einzusteigen.841 Der einzige Sohn absolvierte zu jener Zeit eine Banklehre in Weimar. Die Antwort fiel ganz nach den väterlichen Wünschen aus.842 Sachse freute sich über die Entscheidung des Sohnes, obwohl ihn „manchmal doch der Gedanke und die augenfällige Überzeugung [quälte], dass man in anderen Geschäftsbranchen es schneller und mit weniger Mühe zu etwas bringen kann“.843 Seine Dankbarkeit seinem „Schwager Polte“ gegenüber, der den Sohn für die Lehrzeit bei sich aufgenommen hatte, äußerte Sachse mit einem überaus kostbaren Geschenk. Der „Hémicycle“ von Delaroche, „das ganze wahre Prachtstück“ (gemeint ist

841 Am 1. September 1856 schrieb Louis Sachse an seinen gleichnamigen Sohn nach Weimar, der dort eben eine Banklehre beendete: „Bleibt es bei deinem Entschluß, die Firma deines Vaters ehrenvoll weiterzuführen und dadurch dir und den deinigen, nach meinem Tode, eine sichere Existenz zu gründen, so muß allerdings nunmehr mit Ernst weitergegangen werden. Allein wie ich nie ausdrücklich darauf bestanden bin, dass du gerade mein Geschäft und kein anderes zur Gründung deiner Zukunft wählest, so ist es auch noch Zeit, dass du nochmals nachdenkst und [...] mir dann deinen Entschluß baldigst mittheilen mögest. So wünschenswerth für das Ganze es auch wäre, wenn dies Geschäft später in deine Hände überginge, und ich meine Stütze erhielte, so quält mich manchmal doch der Gedanke und die augenfällige Überzeugung, dass man in anderen Geschäftsbranchen es schneller und mit weniger Mühe zu etwas bringen kann. Also ich stelle es nochmals deiner [...] vollgültigen Prüfung anheim, ob dir der Kunsthandel auch für deinen Zweck zusagt, und soll es mich sehr glücklich machen, wenn dieselbe so ausfällt, dass du gern und mit frischem Muth und festem Willen den neuen Lebens= und Berufsabschnitt betrittst. Dann, nur dann wird es etwas Ordentliches und Erfolgreiches werden und dir dann zugewandt werden“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an seinen Sohn Louis A. Sachse, Berlin, den 1. September 1856. 842 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Greiz, den 9. September 1856: „Daß ich nach vorhergegangener Prüfung entschlossen bin, auf der mir bezeichneten Bahn und auf dem einmal gewählten Lebenswege muthig und mit ernstem Willen fortzugehen, ist mein Entschluß, den du zu hören wünschtest, und dessen Durchführung meine Pflicht und Streben sein wird, da ich die Vortheile, die du mir beitust nicht als Unwürdiger genieße, sondern den Namen des Vaters und der Firma in Ehren tragen komme!“ 843 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 1. September 1856.

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wohl der Kupferstich), wurde in eine „10 Fuß lange“ Kiste gepackt und nach Weimar geschickt, wo es der Sohn am Geburtstag des Schwagers überreichen sollte.844 Mit Louis jun. hatte Sachse abgemacht, dass dieser, bevor er in sein Geschäft mit einsteigen würde, ein Jahr in Paris verbringen solle, um dort zu lernen. Es war Goupil, zu dem Sachse seinen Sohn in die Ausbildung schickte. Spätestens am 10. November sollte er in Paris eintreffen.845 Louis Sachse jun. ging „mit Besorgnis [...] wegen Schwierigkeiten des Sprechens und Unkenntnis des Geschäfts bei Goupil nicht viel leisten zu können“,846 doch der Vater beharrte und beruhigte: „Wegen Paris ängstige dich nicht. Du wirst dich [...] als echter Berliner und Sachse, schon finden und dir auch dort die Liebe und das Vertrauen deiner Vorgesetzten zu erwerben wissen. Ich wenigstens lasse mein Vertrauen zu dir nicht wanken und weiß, dass von den guten Absichten deines Vaters und der Redlichkeit und braven Solidität deiner Mutter so viel in dir ist, dass du deine ganze Zukunft nicht einen Augenblick vergessen und als der alte, gute, etwas leichtfertige Junge, frisch an Leib und Seele zurückkehren wirst, ausgerüstet mit einem Schatz von Kenntnissen und Erfahrungen [...].“847 Obwohl Goupil den Sohn des Geschäftsfreundes „mit der größten Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit empfangen“ hatte, quälte sich dieser in den ersten Wochen noch sehr mit der „fatalen französischen Lebensart“ und vor allem mit der Sprache herum.848 Er arbeitete zunächst in Goupils Verlag, „der aber doch im Vergleich mit unserem collossal ist“, wie der Junior schrieb.849 844 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Hasenheide, den 13. September 1856 und Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Weimar, den 1. Oktober 1856. Sachse, der sehr besorgt um den Transport war, ließ den Sohn in einem Brief vom 4. Oktober 1856, ebd., wissen: „Ein prächtigeres Kunstgeschenk habe ich noch nie jemandem gemacht.“ Es darf davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem „Prachtstück“ um den bereits beschriebenen Kupferstich von Henriquel Dupont gehandelt hat, der die gleichen Ausmaße wie die gemalte Replik von Delaroche besaß. Wie Louis F. Sachse erwähnt, wurde die Malerei noch im selben Jahr bei Goupil für 40000 Francs angeboten: „Mein lieber Sohn, mit dem Hemicycle würde ich sehr gern etwas riskieren, aber bedenke, das 40000 frs über 11000 rt sind, und dass ich jetzt keine [unleserlich, d. V.] mehr habe. Leute von meinen Mitteln und Gesinnungen dürfen und können nicht ein zu großes Kapital in einen Gegenstand stecken. Soll ich das Bild auf Zeit kaufen, in der Hoffnung es bis zum Zahlungstermin wieder angebracht zu haben? Wie leicht schlägt so etwas fehl! Auch steht der Gewinn (bei einem so hohen Kostenpreise) in gar keinem Verhältnis zu dem Risico. Laß Herrn G[oupil] und bekümmere dich deshalb nicht, dass ich mit ihm nicht großartigere Geschäfte mache“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 18. Juli 1857. 845 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 18. Oktober 1856. 846 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Weimar, den 8. Oktober 1856. 847 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 10. Oktober 1856. 848 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, im November 1856. 849 Vgl. ebd.

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Sachse sprach seinem Sohn weiterhin Mut zu und bat ihn zugleich, die Augen offenzuhalten: „Siehst du was bedeutend Neues und Großartiges bei Goupil schreibe gleich. Ich bin geneigt zu kaufen.“850 Die Verhaltensregeln, die Sachse seinem Sohn auf schriftlichem Weg in den folgenden Monaten regelmäßig mitgab, sind ausgesprochen aufschlussreich – auch im Rückschluss auf sein eigenes Handeln und Denken als nunmehr erfahrener Kunsthändler. Sachse versuchte seinen Sohn zu lenken, ihn mit den Geflogenheiten der Branche vertraut, aber den Sohn auch seine eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Immer spielte die Sorge um das Wohlergehen, aber auch das Benehmen und der Fleiß des Jungen eine Rolle. In einem der ersten Briefe aus Paris hatte Louis A. Sachse (jun.) nach Berlin berichtet, dass er den jungen Pinkert in der Stadt getroffen hatte. Der „Rentier“ und „Particulier“ Pinkert wohnte in der Jägerstraße 32 und war somit Sachses Nachbar.851 Der sah es „als Gottes Finger“ an, dass sich die Bekanntschaft mit Pinkert „im Auslande, wo man sich gegenseitig etwas gilt“, erneuert habe: „Allein lieber Sohn, er ist dein nächster Nachbar, in deiner ganzen Zukunft spielt er eine der wichtigsten Rollen. Ich werde schwerlich den Ablauf des zehnjährigen Kunstmarkts mehr erleben. Gelingt es mir nicht noch bei Lebzeiten das Hinterhaus von ihm zu acquirieren, so hat er dich in den Händen. Darum mein Sohn pflege diese, auf Gottes Fügung erneuerte Bekanntschaft. Deine Äußerung ‚Schade, dass unsere Verhältnisse soweit auseinander liegen pp‘ will mir nicht gefallen. Unter jungen Leuten gibt es solche Verhältnisse nicht, wenigstens sollen die nicht an so etwas denken. Ich bitte, ich beschwöre dich, ja ich verlange von dir, dass du dem jungen Mann, neben und mit dem du dein Leben durchmachen wirst, der dir freundlich entgegen kam, wiederum mit Offenheit und Vertrauen dich näherst.“852 Der Junior sollte gleich morgen zu Goupil gehen und ihn bitten, „ein Billet für Paturle“ zu besorgen, „etwas was nicht jeder zu sehen bekommt, und was mir Goupil 100 mal aufgedrängt für Berliner Freunde“.853 Er solle Pinkert hinführen und ihm „die Pecheurs von Robert, das Decaméron von Winterhalter pp.“ zeigen: „Thue mit Goupils Hülfe alles, was du kannst. Laß dir Karten geben für Graf Pourtales und Delessert. Gerade diese Privatgalerien sind schwer zugänglich und Goupil kostet das einen Federzug. Sey mit ihm nicht blöde. Du machst mich glücklich durch Aufmerksamkeiten, die du dem P[inkert] erweist, und er ist in der That ein nobler Junge.“854 Sachse forderte seinen Sohn also ausdrücklich dazu auf, sich dem jungen Mann erkenntlich zu zeigen, in der Hoffung, dass ihm dies in der Zukunft noch einmal nützlich sein würde. Er sollte seine 850 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 15. Dezember 1856. 851 Vgl. Allgemeiner Wohnungsanzeiger nebst Adress- und Geschäftshandbuch für Berlin, dessen Umgebungen und Charlottenburg aus den amtlichen Quellen zusammengestellt für das Jahr 1856, S. 46 und S. 317. 852 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), o. D. (wohl Ende 1856 oder Anfang 1857). 853 Vgl. ebd. 854 Vgl. ebd.

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Berührungsängste ablegen, sowohl dem Nachbarssohn als auch Goupil gegenüber, für den es ein Leichtes sei, den jungen Leuten Zugang zu den wichtigsten Pariser Privatgalerien zu verschaffen. Sachse formulierte seinem Anliegen mit äußerstem Nachdruck („ich bitte, ich beschwöre dich, ja ich verlange von dir“). Es war sicher kein Zufall, dass Sachse den Sohn zu Goupil geschickt hatte, der nicht nur unternehmerisch erfolgreich war, sondern auch über beste Beziehungen verfügte. Der Junge sollte sein Hemmungen ablegen und lernen, Kontakte zu nutzen und auszubauen. Die drei genannten Sammler Pourtales, Delessert und Paturle tauchen auch in Sachses Tagebuch auf. James Alexandre de Pourtales-Gorgier (1776–1855, Abb. 243) war ein preußischer Diplomat und Kammerherr Friedrich Wilhelms III. Er sammelte „Kunstgegenstände aller Art“ und besaß in seinem eleganten Pariser Palais in der Rue Tronchet 7 eine bedeutende Sammlung von Antiken und Gemälden alter Meister.855 Baron Jules Paul Benjamin Delessert (1773–1858) stammte aus einer angesehenen Bankiersfamilie und war selbst Bankier, Fabrikant und Naturwissenschaftler. Er hatte von seinem Vater eine Gemälde- und Kupferstichsammlung geerbt, die er weiter ausbaute. Zudem besaß er eine der reichsten naturwissenschaftlichen Sammlungen seiner Zeit. Paturle war Wollfabrikant und einer der wichtigsten Privatsammler zeitgenössischer Kunst in Paris.856 Die „Fischer“ von Leopold Robert war eines der berühmtesten Bilder seiner Galerie, die sich aus den Hauptwerken vor allem der französischen Schule zusammensetzte. Es mag bezeichnend sein, dass Sachse gerade die „Pecheurs“ von Robert erwähnt. Der auch in Berlin angesehene Künstler hatte das Bild schon 1834 gemalt. Paturle hatte es damals für die enorme Summe von 15000 Francs erworben.857 1841 war der dazugehörige, von Goupil herausgegebene Kupferstich erschienen, der auch Heinrich Heine verzückt hatte. Und noch 1856 bildete ebendieses Bild den Auftakt einer ehrenvollen Beschreibung von Paturles Privatsammlung in der Zeitschrift L’Artiste. 858 Sachse jun. wusste die Verhaltensregeln seines Vaters gut umzusetzen, was ihm offenbar selbst Erleichterung und einiges Selbstbewusstsein verschaffte. Am 19. Januar 1851 schrieb er nach Hause: „Was nun die gewünschte Annäherung und der Umgang mit dem jungen Pinkert betrifft, so kann ich sagen, dass dieselbe inzwischen auf eine ebenso wage als erfreuliche Weise geschehen ist. Nach dem gegenseitigen Begrüßen da wir uns mochten, sind wir namentlich in der vergangenen Woche fast täglich zusammen gewesen, indem wir die Galerie Paturle und Delessert, Gemäldeversteigerungen, Konzert und Kirche besuchten. Pinkert sowohl wie der junge Schauß, den ihr ja als französische Colonisten noch kennen müsst, sind ganz zuvorkommende Leute, wenn man sie näher kennt, ganz entgegengesetzt zu dem, was sie scheinen, und ich freue mich in der That, 855 Die Sammlung Pourtales wurde 1865 in Paris versteigert. Zur Galerie Pourtales siehe Ernst Parthe: „Ein Abschiedsbesuch in der Galerie Pourtales“, in: Recensionen und Mitteilungen über bildende Kunst, 4. Jg., Nr. 11, 18. März 1865, S. 81–84. 856 Vgl. u. a. „Erinnerungen an Benjamin Delessert“, in: Die Grenzboten, Zeitschrift für Politik und Literatur, 6. Jg., 1. Bd., Leipzig 1847, S. 491–498. 857 Vgl. Berthoud 1944, S. 271f. 858 Zu Paturle vgl. L’Artiste, Serie 6, Bd. 2, 1856, S. 76f.

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dass jetzt daraufhin großer Einfluß auf eine frohe Laune und Wiederkehr meiner guten Stimmung ausgeübt ist! Beide sind mir bereits sehr verpflichtet, da ich ihnen viele Sehenswürdigkeiten von Paris, die sie noch nicht kannten, außer den schönen Galerien gezeigt habe.“859 Am „nächsten Mittwoch“ würden die Freunde zusammen in die Pourtales’sche Galerie gehen. Sachse jun. bat nun seinen Vater, „wenn er noch sehenswürdige Sachen kennt, für jene beiden jungen Leute, die beide Künstler sind, sie ihm] namhaft zu machen“. Auch zu „dem noch in der Zeit bei Goupils stattfindenden Balle“ wurden beide genannten Freunde gebeten: „Ihr könnt also sehen, dass diese neue Bekanntschaft immer ein gewisser Bund für die Zukunft bilden wird!“, wie der Sohn nicht ohne Stolz nach Hause berichtete. Sachse äußerte sich ebenfalls sehr zufrieden. Der Vater des jungen Schauß sei ein „sehr einflussreicher, angesehener Bürger und guter Freund“, der Sachse „einen Achenbach“ abgekauft habe.860 Mehr und mehr nahm sich Sachse jun. dem väterlichen Geschäft an. Schon im Januar 1857 schrieb er nach Berlin: „Vater muß später jedenfalls hierher kommen, schöne Bilder findet er schon, darum keine Ausr.! Indessen weiß ich nicht ob die Zeit vor der Ausstellung (Juli) oder nachher günstiger ist. Während derselben haben wir doch im Jahre 1855 nicht viel loseisen können!?“861 Die Aussage bestätigt die gemeinsame Reise, die nun anderthalb Jahre zurücklag. Sachse versuchte einen erneuten Parisbesuch einzurichten, seine Geschäfte in Berlin ließen ihm jedoch keinen Freiraum. Sein Lokal befand sich zudem erneut im Umbau. Er beauftragte den Jüngeren deshalb, in seinem Sinne zu wirken: „Sage bitte Herrn Goupil ich warte auf Nachricht ob ich den Winterhalter (bei Eichens) zur Eröffnung bekäme, oder was sonst. Ich bitte dich sorge für Bilder, der 15. März rückt heran und ich brauche viel.“862 Am besten möge Sachse jun. persönlich zu Winterhalter gehen: „[D]u kennst ihn ja und warst mit mir bei ihm. Bitte, beschwöre ihn mir zur Eröffnung etwas anzuvertraun, sey es auch ein Portrait. Ach wie nöthig wäre es mir, jetzt dort zu seyn, aber ich kann nicht fort. Könntest du nicht einen Gang zu Robert Fleury machen, bei dem Du auch mit mir warst, und ihn grüßen und bitten sein Versprechen zu halten, und mir eines seiner Werke anzuvertraun zum Verkauf. Du musst dich an dergleichen Demarchen immer gewöhnen, denn du wirst sie in der Zukunft öfter zu machen haben. Auch ist es von Wichtigkeit mit den ersten Größen in der Kunst in directer Verbindung zu bleiben.“863 Sachse freute sich in diesem Zusammenhang sehr, dass es, wie ihm Goupil geschrieben hätte, mit dem Französischen so

859 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an seine Familie in Berlin, Paris, den 19. Januar 1857. 860 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 23. Februar 1857. 861 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an seine Familie in Berlin, Paris, o. D. (Januar 1857). 862 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 23. Februar 1857. 863 Vgl. ebd.

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gut ginge. Louis jun. solle „nur frisch von der Leber“ sprechen, denn es sei „das einzige Mittel etwas zu bekommen“.864 Der Sohn tat wie verlangt, bekam das Gewünschte aber offensichtlich nicht. Am 6. März schrieb Sachse zurück: „Deine Mittheilung, dass ich die Florinde [von Winterhalter] nicht herbekomme, war mir ein Dolchstoß! Goupil hat mir seitdem ich die Bitte ausgesprochen nicht ein Wort darüber geschrieben. Ich hatte mich verpflichtet 26/24 Expl. des danach erscheinenden Kupferstichs für feste Rechn. zu nehmen. Also hat auch das nicht gezogen. Nun es wird und muß auch so gehen.“865 Sachse war unter Zeitdruck. Schon am 15. März wollte er seine umgebauten Räumlichkeiten eröffnen. Er würde „Schraders Meisterbild Hl. Antonius und mehrere schöne Sachen“ präsentieren können.866 Aber „wie herrlich wäre es“, schrieb Sachse, wenn „gleich nachher der Vernet“ käme – von dem hatte ihm sein Sohn geschrieben –, denn „Hauptbilder“ seien doch „immer die Wünschenswerthesten“.867„Sehr dankbar würde ich dir seyn, fragtest du im Vorbeigehen bei Petit, Giroux, Berville, Susse, Durand Ruel an, ob sie bereit wären mir ein Verzeichnis zur Auswahl unter dieser Bedingung [den 3ten oder 4ten Theil für fest zu behalten] zu schicken“, hielt er den Sohn noch im selben Brief an.868 Vielleicht habe ja auch Robert-Fleury noch „ein Werk disponibel“, um es ihm „wie er [ihm] mit seinem Worte versprochen“ anzuvertrauen.869 Zudem wollte sich Sachse von dem Winterhalter gedanklich noch nicht verabschieden: „Könnte dann der Winterhalter nicht 4 Wochen später nach New York gehen? Sprich doch dreist und offen darüber mit Goupil“, so der väterliche Wunsch.870 „Dreist und offen“ mit Goupil über die Geschäftsinteressen des Vaters zu sprechen, bereitete dem Sohn jedoch Unbehagen. Er hatte zudem die Sorge, dass Goupil es ihm „übel nehmen könnte“ im „Auftrag und Interesse“ des Vaters „andere Oelgemäldehändler“ zu besuchen.871 Doch Sachse konnte den Sohn beruhigen: „Seit 25 Jahren kennt G[oupil] meine Verbindungen damit, und ich habe ihm nie ein Hehl daraus gemacht und zu machen brauchen. Früher, in noch jüngeren Jahren des Muthes habe ich allerdings mehr Gemälde dort gekauft. Das gefährliche dieses Handels erkennend habe ich mich indeß seit einer Reihe vor Jahren bestrebt, diese Branche mehr commissionsweise, freilich mit weniger Gewinn, aber mehr sicher, fort zu betreiben. Deshalb die Gründung der Permanenten und die jetzige Einweihung der Lokalitäten, wo jeder Künstler gern seine Werke ausstellen wird.“872 Erneut wird aus diesen Zeilen das kollegiale Verhältnis der beiden alteingesessenen Händler deutlich, die seit nunmehr 25 Jahren zusammenar864 865 866 867 868 869 870 871 872

Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 6. März 1857. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd.

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beiteten. Dem jugendlichen Enthusiasmus seines Sohnes begegnete der erfahrene Sachse gelassen. Hatte er „in jüngeren Jahren des Muthes“ die meisten Bilder noch angekauft, war er nun weniger risikobereit und betrieb die Branche trotz weniger Gewinn „mehr commissionsweise“. Ein solches Vorgehen kam angeblich auch den Künstlern entgegen, die ihre Werke „gern“ bei Sachse ausstellten. Der junge Sachse, sicher beeindruckt von Goupils Kunsthandelsimperium, in das er immer tiefere Einblicke gewann, wollte die väterliche Zurückhaltung dennoch nicht recht verstehen: „Mais il faut vous dire qu’il n’est pas bien tarder encore longetemps, parce que tous les clients de Mr. Goupil, de Londres: Garmbart, Hering und Remington, Lloyd frères, de Bruxelles: van der Kolk, de la Haye, van Gogh, de Dresde: Ernst Arnold, de Vienne etc. etaient déjà ici et viennent presque tous les jours. Les ventes publiques les plus grandes, qui se sont maintenant, n’ont plus tard qu’une moindre importance et tu sais que chacun de ceux qui font à Paris leurs achats annuels, ne laissera pas intactes le plus belles choses.“873 Sachse wiederum wollte sich nicht beeindrucken lassen. Er kannte seine Position und die Situation auf dem Berliner Markt: „Die dortigen Auktionen können mich nicht tactiren [sic], wenn sie mich auch interessieren. Die Bilder werden durch die neuere Concurrenz der Fremden hier in die Höhe getrieben, dass für den Händler keine Zinsen bleiben.“874 Was Goupil und seinen internationalen Kundenstamm anging, ließ er seinen Sohn wissen: „Laß Herrn G[oupil] und bekümmere dich deshalb nicht, dass ich mit ihm nicht großartigere Geschäfte mache. Das ist lediglich seine Schuld. Er will nicht in Commission auf 4–6 Wochen, unter Bedingung von 1/3 spielen, und ich werde mich keineswegs der Herren Franzosen wegen in Sorge stürzen und über meine Kräfte gehen. Meine Art zu operieren ist die einzige, für Berliner und meine pecuniairen Verhältnisse, Angemessene, und ich wäre, glaube mir, längst verschwunden, hätte ich nicht streng meinen Grundsatz festgehalten, nicht über meine Kräfte zu gehen.“875 Dass Goupil nicht seine Rechnung dabei finde, dagegen könne Sachse noch nicht einmal etwas sagen. Sachse wollte sich aber offenbar auch nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Es fehle ihm durchaus nicht „an ausgezeichneten Werken aller Schulen“, wie der Junior dem alten Geschäftsfreund ruhig mitteilen sollte.876 Noch dazu sei es „nur der Wunsch[, sich] G[oupil] nützlich und angenehm zu machen, wenn [er] ihn um Bilder bitte“, schrieb Sachse sich seinem Sohn, aber auch Goupil gegenüber verteidigend nach Paris.877 Sachse jun. machte sich jedoch durchaus zunehmend Gedanken um die erstarkende Konkurrenz, auch auf dem Berliner Markt. Sachse reagierte entspannt: „Die Concurrenz mit L[epke] ist freilich sehr bedauerlich und für mich nachtheilig. Indeß, mein Junge, habe ich sie verschuldet, kann ich sie wehren? Soll ich deshalb in meinen alten 873 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 16. April 1857. 874 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. April 1857. 875 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 18. Juli 1857. 876 Vgl. ebd. 877 Vgl. ebd.

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Tagen noch in große Sorgenstände und gleich ihm überall das Beste fortkaufen, um es nur zu haben, gleichwie ob es schnell, in Jahren oder gar nicht wieder zu Geld gemacht wird? Ich kann mich täuschen, aber ich dachte durch die Annahme meines jetzigen Prinzips meinem Geschäft eine solidere Rüstung zu geben.“878 Das Thema war für den jungen Sachse damit längst nicht vom Tisch. Je mehr er sich in dem Pariser Kunstleben zurechtfand, desto unruhiger wurde er. Tatsächlich schien Lepke Sachse seine Position auf dem Pariser Markt streitig machen zu wollen: „Wenn ich so in Berührung mit Künstlern komme, da sehe ich immer mehr die Größe der Concurrenz von Lepke ein, und überall, überall überzeuge ich mich, was derselbe im Oelgemäldehandel für ein Terrain einnimmt!“, schrieb der jüngere im Mai 1857 nach Berlin.879 Es würde ihm „seltsam“ erscheinen, „wie unter den Künstlern, Berlinern und allen, die einmal mit ihm in Berührung kommen“, von Lepkes „Generosität“ gesprochen werde: „Ob dem allen nun so ist, oder ob dies eine äußerst freie Berechnung ist, genug, wir haben viel zu thun, dieser Concurrenz die Spitze zu bieten.“880 Auch der gleichsam in Paris weilende Berliner Sammler Louis Ravené (Abb. 242) hatte mit dem jungen Sachse „manches gesprochen über diesen L[epke]“.881 Er konnte ihm „nicht genug sagen, wie brillante Geschäfte er mache“. Ravené habe auf Sachse jun. „einwirken“ wollen, seine Pariser Zeit zu nutzen und dem Vater zu helfen, sich „nicht überflügeln zu lassen“.882 Enthusiastisch schrieb der junge Sachse daraufhin an seinen Vater: „Laß dir doch womöglich von Feckert sagen, dass man oft in den Auctionen schrecklich billig kauft, nicht wie du meinst immer theurer; Feckert und der andere haben in meiner Begleitung und Hülfe 5 Bilder zu Schrottpreisen gekauft, nur weil sie so billig waren. Rechnet man vielleicht Transportkosten dazu, so sind sie immer noch außerordentlich billig!“883 Gustav Feckert hatte seine lithographische Ausbildung in Paris genossen. Der junge Sachse hatte ihn hier getroffen. In Berlin sollte Feckert, wie dargestellt, eine wichtige Rolle im Institut des Vaters einnehmen.884 Was die Pariser Auktionen anging, auf denen man nach den Aussagen seines Sohnes „schrecklich billig“ einkaufen könne, wollte Sachse sich jedoch weiterhin nicht drängen lassen: „Der Verkauf von Ölgemälden hier am Platze geht schlecht. Unsere wenigen Käufer reisen alle selbst nach Paris und kaufen ein. Die allerschönsten Sachen hier bleiben ungekauft und ich werde mich jetzt, wo es mir an Konsum fehlt nicht hinreißen lassen, für mich bedenkenlos zu kaufen. Außerdem fehlt es mir gar nicht an Bildern aus allen Schulen zu billigen Preisen. Das Geschäft also bedingt und entschuldigt die Reise nicht.“885 Freilich 878 879 880 881 882 883 884

Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. Vgl. Kapitel II 3 b, „Die Kunst- und Verlagshandlung L. Sachse & Co. / Sachses Kunstblätter, Porträts“. 885 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. Mai 1857.

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käme die „Kauferei“ und ein „ungeheurer Streß“ im Juni: „Ich denke aber, dass mir Goupil bis dahin eine Sendung machen wird, was ich dich immer bitte zu beantragen. Sage ihm nur, es wäre mir schlechterdings unmöglich jetzt dies Geschäft zu veranlassen auf 14 Tage. Die Sache ist, so wie sie jetzt liegt, noch zu neu und zu frequentiert, da darf ich nicht gleich von Hoch und Niedrig vermisst werden.“886 Offenbar wurde Berlin im Sommer 1857 tatsächlich von internationalen Händlern und Künstlern aufgesucht. Schon im Mai hatte der Sohn seinem Vater nach Hause berichtet: „Winterhalter, dem wir vereint sagten, er möge doch auch noch etwas nach Berlin geben, theilte uns mit, dass er wohl bald noch nach Berlin zu reisen gedenkt. Meissonier ebenfalls wird wenn er nach Berlin reist sich von Ravené unsere Adresse geben lassen, um seinen Besuch zu machen, und Mouilleron, der viel mit Ebner887 und durch Ebner machte, machte mir eine Anspielung, dass er später in engere Verbindung mit uns zu kommen hoffte, wahrscheinlich für der Vertrieb seiner Sachen. Sein Drucker, der früher in Berlin war, guter Freund von Feckert, ist hier Factotum in der Handlung (ich weiß nicht welche es ist) welche Mouillerons Sachen verlegt!“888 Im August schrieb Sachse seinem Sohn nach Paris: „Van Gogh ist hier mit 50 Oelgemälden und hat mir von dir erzählt. Er hat sich von mir alle Liebhaber nennen lassen und sie eingeladen, seine Bilder zu sehen, aber die Meisten sind auf Reisen. Er wird nicht viel verkaufen. Dann ist noch ein Herr Hillefeld aus Amsterdam mit Bildern hier. Ich erwarte bedeutende Sendungen von München und Holland, und bin glücklich durch dieselben nicht genöthigt zu sein zu kaufen.“889 Vincent Willem van Gogh (1818/20–1885/88) war ein Onkel des gleichnamigen Künstlers. Er besaß seit 1842 eine Kunsthandlung in Den Haag. 1858, also ein Jahr nach dem erwähnten Besuch in Berlin, tat er sich mit Goupil zusammen. Das Haager Geschäft wurde so zu einer Filiale von Goupil et Cie.890 Über einen Herrn Hillefeld aus Amsterdam konnte hingegen nichts in Erfahrung gebracht werden. Dennoch wird deutlich, dass Berlin Mitte der 1850er Jahre bereits als Handels- und Absatzsort internationaler Gegenwartskunst bereist wurde. Sachse, dessen permanente Gemäldeausstellung ein Zentrum für diese Begegnungen bildete, fand jedoch, dass seine „Kasse weit besser“ stehe, seitdem er „das Herz“ habe, „nicht mehr den Herren Collegen zu gefallen auf Risico zu kaufen“. Wenn

886 Vgl. ebd. 887 Ferdinand Ebner hatte 1848 ein Kunstverlagshaus und Kommissionsgeschäft in Berlin als Depot des Verlages Bulla Frères & Jouy aus Paris sowie ein „Assortiment der neueren und älteren Kunstblätter aller Verleger in Paris“ eröffnet; vgl. Schulz 1856, S. 39. Siehe auch Anhang 2, Eintrag „Bulla“. 888 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. 889 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 12. August 1857. 890 Vgl. Anhang 2.

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„die Händler und Künstler“ sähen, dass bei ihm „einiger Absatz ist“, so würden sie schicken, ohne dass er sich „hineinhänge“, wie er seinem Sohn nach Paris erklärte.891 In der Korrespondenz, die Sachse 1857 mit seinem Sohn zwischen Berlin und Paris führte, ist immer wieder von dem Vergleich der risikofreudigen Anfangsjahre und der vernunftgeleiteten Geschäftsführung des nunmehr erfahrenen Kunsthändlers zu lesen. Sicher spielten hier auch pädagogische Überlegungen eine Rolle, womit der Vater dem jugendlichen Enthusiasmus des Sohnes begegnete. Sachse wirkte zunehmend in dem Bewusstsein, seinem Nachfolger eine solide Basis hinterlassen zu wollen: „Zu deiner besseren Zukunft muß das Prinzip aufrecht erhalten werden, keine zu riskanten, theuren Ankäufe. Der Gewinn steht mit dem Risico in gar keinem Verhältnis. Unser Hauptaugenwerk für die Folge müssen wir hauptsächlich auf einen soliden, in den letzten Jahren bei mir etwas vernachlässigten Verlag richten. Das muß die Basis und Hauptsache werden, und dann Reisen, Exploitiren [sic].“892 Sachse erinnerte sich an die Basis seines Geschäftsmodells. Der „in den letzten Jahren etwas vernachlässigte Verlag“ sollte wieder zur soliden finanziellen Grundlage gemacht werden, „und dann Reisen, Exploitieren“, sprich nutzbar machen, womit möglicherweise der Ankauf von Gemälden gemeint ist. So gab Sachse seinem Sohn explizit den Auftrag, nicht nur nach Gemälden, sondern auch nach Aquarellen und graphischen Kunstblättern Ausschau zu halten. Ob für ihn bei Goupil „vielleicht irgendwo eine Subscription auf die Marie Antoinette angemerkt“ sei, wollte er wissen (Abb. 253). „Wo nicht“, würde er sie bei Heppner aufgeben, „wegen des Rabatts“.893 Sollte Goupil zudem „hübsche, bereits gestochene Genrebildchen oder seriöse Köpfe“ bereit haben, solle er sie nur schicken: „Ich will gern mindestens 1/3 fest nehmen. Du kennst ja unseren Geschmack, wähle aus. Übe dich im Sehen. [...] Gewiß hat G[oupil] manches für mich. Betende Kinder, hübsche Köpfe von Frauen gehen immer.“894 Bei Binant, Berville und Goupil sollte Sachse jun. zudem nach „kleinen Kinderformen von Lenfant“ sowie überhaupt nach Lithographien und Aquarellen nachfragen.895 Binant war sehr erfreut über den Besuch des jungen Geschäftsnachfolgers aus Berlin, wie dieser daraufhin nach Hause berichten konnte.896 Er habe angeboten, „das Wenige aber Schöne was er hatte, an Aquarellen am Dienstag avec grande vitesse abzuschicken, jedoch mit der Bedingung, dass er sie in den ersten Tagen des April zurückhaben müsse!“897 Sachse jun., davon ausgehend, dass sein Vater „die Aquarelle haben wollte, um 891 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 12. August 1857. 892 Vgl. ebd. 893 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 24. Juli 1857. 894 Vgl. ebd. 895 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 20. März 1857. 896 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 26. März 1857. 897 Vgl. ebd.

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sie aufs Schloß zu schicken“, war ohne väterliche Rücksprache auf Binants Vorschlag eingegangen: „Er wird dir dies selbst geschrieben haben und sicherlich wirst du lange schon im Besitz der Aquarellen sowie zweier Lanfants, wie ich ihn bewog, mitzuschicken, unter der Zusicherung, du würdest ohne Zweifel eines davon behalten. In Zeit von einem Monat ist Binant sehr gern bereit, unter den früheren Bedingungen eine Sendung Tableaux zu machen, für den Augenblick ist es nicht möglich – und leider hatte Herr G[oupil] von ihm sehr viele Aquarelle nach Nizza geschickt, die erst in Wochentritt oder länger eintreffen. Sonst hätte er gern mehr zur Auswahl geschickt.“898 Binants „Sendung von ausschließlich theuren Sachen“ war jedoch „für den Zweck zu spät“ angekommen. Lediglich „eins von den Bildern, obgleich sie weniger ausgeführt sind“, wollte Sachse behalten.899 Mit Goupil hatte sich Sachse jun. auf „3 Lanfant, ein größeres les petites faneuses, welches [Sachse] aus der Lithographie kennen [würde], und zwei kleine, 1) Italienierin mit zwei schlafenden Säuglingen und 2) 3 kleine Kinder an einem Tische stehend und etwas besprechend!“ geeinigt. 900 Neben der Suche nach gefälligen Blättern, die sich gut verkaufen lassen würden, hielt Sachse nach größeren, offiziellen Aufträgen Ausschau. Mitte März 1857 bat er seinen Sohn darum, „intissime die reichlichsten Mengen von Volpato, complett“ ausfindig zu machen.901 Sachse jun. solle, „nach dem Quai Voltaire zu den Kunstantiquaren gehen und forschen, ob irgendwo ein solches Exemplar und zu welchem Preise vorhanden ist. Gewöhnlich findet man sie gefasst daselbst“.902 Sachse wollte wissen, „ob das Ganze oder ob einzelne und welche Blätter und mit wie viel Marge und zu welchem Preise sie zu haben sind“.903 Möglich sei, dass „Fatout (Boulev. Poissonniere)“ die Blätter „ganz oder theilweise besitzt“.904 Goupil habe „damals die schönen Copien in seiner Gallerie“ gehabt, vielleicht habe er diese noch und könne sie schicken.905 Sachse pressierte, denn

898 Vgl. ebd. 899 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 14. April 1857. 900 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 26. März 1857. 901 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 16. März 1857. Johann Volpato (1738–1803), Kupferstecher und Zeichner aus Bassano, der in Rom die Werke Raphaels gestochen hatte. Bekannt waren acht Blätter nach den vatikanischen Stanzen: „Die Schule von Athen“, „Die Unterredung der Kirchenväter über das Abendmahl“, „Der Kirchenräuber Heliodor wird aus dem Tempel von Jerusalem vertrieben“, „Die Apostel Petrus und Paulus erscheinen dem Attila“, „Der Hl. Petrus wird von einem Engel aus dem Gefängnis befreit“, „Apollo und die Musen nebst den vorzüglichen Dichtern des Altertums“, „Der Burgbrand von Rom“ und „Das Wunder der Messe von Bolsena“; vgl. Heller 1850, S. 798. 902 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 16. März 1857. 903 Vgl. ebd. 904 Vgl. ebd. 905 Vgl. ebd.

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„es ist Aussicht zum Verkauf für die Kupfersaalsammlung des Museums, und die Hauptfracht will ich zahlen“.906 Offensichtlich hatte Goupil tatsächlich noch von den angefragten Kopien. Sachse jun. sollte dafür sorgen, dass „das eine Prachtbild auf billigstem Wege“ nach Berlin komme.907 Sachse wollte es Herrn von Olfers vorstellen.908 Wenn er es in Ausführung und Preis für annehmbar befunden, zweifelte er nicht an dem Verkauf. Sachse bekomme es „dann zu Ausstellung, ohne Transportkosten zu zahlen“, die er „auch nun und immermehr für her und zurück nehmen“ würde.909 Da „die Kupfersammlung aber jetzt mit Eifer vervollständigt“ werde, so solle es gelingen und das eine Bild zur Probe sei dafür doch ausreichend.910 Goupil schrieb daraufhin nach London, um von dort „ein Probebild der Raphaelschen Logina“ baldigst nach Berlin zu schicken.911 Sachse „schöne Hoffnung auf den Absatz der Copien nach Raphael“ fiel jedoch ins Wasser, wie er kurze Zeit später nach Paris berichtete: „So sind seit kurzem 4 in Rom neue bestellte (etwas größere) Copien bereits angekommen und Herr v. Olfers hat, wie er mir sagt, dem König selbst vorgeschlagen, die noch fehlenden nach und nach bei den jungen Pensionairen [sic] der Röm. Academia zu bestellen, welche fortwährend um Aufträge für ihre Publizierung baten.“912 Sachse war enttäuscht über den verlorenen Auftrag: „Du siehst mein Sohn, dass trotz aller Mühe und mit dem besten Willen nicht immer alles so einschlägt, wie man möchte.“913 Louis Sachse jun. nahm sich der väterlichen Aufträge an und zunehmend am Pariser Kunstleben teil: „Nous nous réunissons en général les soirs au café et bien des fois nous y sommes du nombres des à 20, artistes, amateutrs et lais! L’autre jour j’ai aggrandimes connaissances par les personnes de Mrs. Gudin, Meissonier, Fleury, Winterhalter, Knaus, Henneberg, Roux et tant d’autres on je pouvais me parvener!“, schrieb er Mitte Mai 1857 nach Hause.914 Bevor er ganz ins Berliner Geschäft mit einstieg, sollte er Mitte September 1857 noch für knapp zwei Wochen nach England reisen.915 Sachse wünschte 906 Vgl. ebd. 907 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 20. März 1857. 908 Ignatz von Olfers (1793–1871), erster Generaldirektor der königlichen Museen zu Berlin (1839–1871). 909 Vgl. ebd. 910 Vgl. ebd. 911 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 26. März 1857. 912 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. April 1857. 913 Vgl. ebd. 914 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an die Familie, Paris, den 16. Mai 1857. 915 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 17. August 1857: „Je suis déjà completement rempli de joie et d’idées sur les promesses du voyage en Angleterre que tu mà faites dans ta dernière lettre. Beaucoup de monde, artistes Allemandes et cétera.“ LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis Sachse an Louis Sachse jun., Berlin, den 24. August 1857: „[...] wünsche ich dass du so um den 15. September herum direct über Trouville nach London

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seinem Sohn „gute Gesundheit helle Augen und offene Sinne, denn das kann ich dir sagen, du wirst in diesem großartigsten der Länder staunen“.916 Er möge Colnaghi sagen, dass er nunmehr im väterlichen Geschäft stehe und „auf bedeutende Ausdehnung unserer Verbindungen“ hoffe.917 Spätestens am 29. September sollte er in Berlin zurück sein. Sachse führte fortan die Firma L. Sachse & Co. zusammen mit seinem Sohn. Welche Aktivitäten in den Folgejahren auf wessen Initiative zurückgingen, kann im Einzelnen schwer beurteilt werden. Zumindest bis zur Mitte der 1860er Jahre kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Louis Friedrich Sachse grundsätzlich den Ton vorgab. Noch 1865 riet er seinem Sohn: „Übrigens – abwarten, nichts übereilen aber gewissenhaft seine Schuldigkeit thun. Ich habe die Meinige gethan und werde sie auch ferner thun. Thue Jeder ein Gleiches!“918 c

Permanente Gemäldeausstellung und Internationaler Kunstsalon

Auf in die Jägerstraße

„Machen wir uns denn auf nach der Jägerstraße; es ist nicht schwer, das Lokal zu finden. Nichts übt in jener Straße eine größere Anziehung, als das Sachse’sche Schaufenster und ist man erst davor, so dirigieren uns zahlreiche blau-goldene Schilder auf den reinlichen Hof des Kaffeehauses de l’Espérence. Wir treten durch einen Vorbau ein und befinden uns sofort in einem nicht eben sehr großen, aber ziemlich hohen Saal.“919 Die Wegbeschreibung aus den Berlinischen Nachrichten führte den Leser im August 1853 in die soeben eröffnete permanente Gemäldeausstellung. Der von „blau-goldenen Schildern“ gewiesene Weg von Sachses Geschäftshaus in der Jägerstraße 29–31 bis in den „reinlichen Hof des Kaffeehauses de l’Espérance“ ist leider nur durch diese schriftliche Beschreibung dokumentiert. Das erwähnte Café befand sich in der Jägerstraße 27, in dessen Hinterhof Sachses neue Galerie zu finden war (Abb. 258 zeigt den möglicherweise vergeichbaren Hof des Nachbarhauses auf der anderen Seite, Jägerstraße 32). Eine Fotografie von Friedrich Albert Schwarz aus dem Jahre 1884 bildet die Häuser 23 bis 28 ab (Abb. 259). Die Nummer 27, das zweite Haus von links, ist hier noch in seinem Zustand vor dem Umbau von Albert Bohm 1892 für die Deutsche Baugesellschaft zu sehen. Leider endet die auf der Aufnahme gezeigte Häuserzeile unmittelbar vor Sachses ehemaligem Schaufenster seines Eltern- und Geschäftshauses in der Nr. 30. Gut

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abreisest und deinen Aufenthalt in England, London und Manchester, so einrichtest, dass du am Schluß September, etwa 29. bestimmt hier eintriffst.“ LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 24. August 1857. Vgl. ebd. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Potsdam, den 15. Juli 1865. Berlinische Nachrichten, Nr. 190, 17. August 1853.

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zu erkennen ist jedoch, dass es sich um keine reine Wohngegend, sondern eine belebte Geschäftsstraße handelte, in der sich die Glasvitrinen verschiedenster Händler aneinanderreihten. Die Jägerstraße (Abb. 260) war die „Keimzelle des Berliner Bankenviertels“.920 Hier befand sich seit 1765 die Königliche Giro- und Lehnbank (ab 1865 Reichsbank), seit 1772 die Preußische Seehandlung (ab 1904 Preußische Staatsbank) und seit 1815 das Bankhaus Mendelssohn. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen das Bankhaus Eberling, die Berliner Bank und das Bankhaus Adolph Jarislowsky hinzu.921 Seit den 1820er Jahren entwickelte sich die Jägerstraße zur veritablen Geschäftsstraße. Der Musikverlag Bote & Bock war zwischen 1838 und 1859 in dem Haus Nummer 42 ansässig. Das Auktionshaus Stargardt hatte sich 1831 in der Jäger-, Ecke Charlottenstraße eingerichtet. Das Verkaufslokal der Porzellanmanufaktur F. A. Schumann, das auf der Fotografie deutlich zu erkennen ist, befand sich direkt gegenüber der Mendelssohnbank. Die Gipsgießerei der Gebrüder Micheli bot im Haus Nr. 52 „Büsten berühmter Männer“ sowie „Abgüsse antiker und zeitgenössischer Plastik“ und „Verkleinerungen für die Salonausstellungen“ an.922 Feinkost- und Spirituosengeschäfte wie der „Italienerwaaren und Weinhändler“ Adam Gottlieb Thiermann im Haus Nr. 56, der nicht nur königlicher Hoflieferant war, sondern auch „Inhaber einer Weinstube, wo Austern und andere Delikatessen genossen werden“ konnten, gab es gleich mehrere. Hinter der Firma „Rex & Co. Japan & China-Waaren-Lager“ verbarg sich Mitte des 19. Jahrhunderts eine Teehandlung.923 Doch die Jägerstraße war nicht nur Banken- und Geschäftsgegend, sondern galt auch als „die Straße der Salons“.924 Um 1800 hatte Rahel Levin-Varnhagen im Haus 54 ihre anregenden „Gesprächszirkel“ veranstaltet,925 Amalie von Beguelin in das Gebäude der Preußischen Seehandlung eingeladen, Elisabeth Staegemann und Henriette Solmar ihre Gäste im Haus der Königlichen Bank empfangen.926 Die Malerin Caroline Bar920 921 922 923 924 925

Vgl. Siebel 2007. Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. 40f. Vgl. ebd., S. 41f. Vgl. ebd., S. 44. Vgl. ebd. Rahel Levin-Varnhagen (1771–1833) wohnte in den 1790er Jahren bis 1808 in der Jägerstraße 54. Hier war „der erste Höhepunkt der Berliner Salons“; vgl. Wilhelmy-Dollinger 1999, S. 138–145 und S. 396. 926 Amalie von Beguelin (1778–1849), Frau eines preußischen Finanzbeamten, der eng mit Freiherrn von Stein zusammenarbeitete und später Präsident der Seehandlung wurde. Ihr „politischer Teetisch“ fand ab 1812 für einige Zeit in der Seehandlung, Jägerstraße 21/22 statt; vgl. Wilhelmy 1989, S. 611f.; Elisabeth (von) Staegemann (1761–1835) wohnte 1806 bzw. 1809/1818 in der Dienstwohnung ihres Mannes, dem Staatsrat Friedrich August von Staegemann, im Bankgebäude. Zu ihrem Salon vgl. Wilhelmy-Dollinger 1999, S. 128–132, S. 147–149, S. 396f. sowie Siebel 2007, S. 44; Henriette Solmar (1794–1888), mit Rahel Levin-Varnhagen verwandt, trat nach deren Tod 1833 ihr Erbe als Salonnière an. Sie wohnte seit den 1830er Jahren bis 1864 ebenfalls im Gebäude der Königlichen Giro- und Lehnbank; vgl. Wilhelmy 1989, S. 152f., S. 191f., S. 207f. und Siebel 2007, S. 44.

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dua hatte zusammen mit ihrer Schwester Wilhelmine ihre Gäste zum „Theetisch“ zuerst in die Jägerstraße 23, dann in die nahe gelegene Französische Straße eingeladen.927 Der wahrscheinlich bedeutendste Treffpunkt für die damalige Berliner Geschäfts- und Geisteswelt waren die Gesellschaften und Diners der Mendelssohns, die diese in ihrem Stammhaus Jägerstraße 51 veranstalteten.928 Hier verkehrte damals der Bildhauer Christian Daniel Rauch ebenso wie der Historiker Leopold von Ranke, der zeitweise in der Jägerstraße 10 wohnte, oder der Naturforscher Alexander von Humboldt, dessen Geburtshaus Jägerstraße 22 von Joseph Mendelssohn 1824 erworben worden war. Sachses „Kunstsalon“ wie auch die im stillen Hinterhof gelegene neue Galerie übten inmitten des geselligen Lebens und Konsums eine große Anziehung aus, wie die Zeitgenossen beschrieben: „Die permanente Kunstausstellung von Sachse findet immer regeren Anklang. Es ist behaglich, inmitten eines belebten Stadttheiles sich mit wenig Schritten aus dem lauten Gewühl der Straße in ein stilles Heiligthum der Kunst retten zu können. Ist es kein weiträumiger, säulengetragener Tempel, der eine Welt von künstlerischen Schöpfungen umschließt, so ist es doch eine kleine, anziehende Kapelle, die nur Raum für Werke nicht übermäßiger Ausdehnung bietet, diese aber in bester Beleuchtung, in wohltuend enger Umgränzung und in gleichgearteter Nachbarschaft den Blicken zeigt. Dadurch ist schon eine gewisse Beschränkung in der Wahl des Auszustellenden gegeben, und der Unternehmer weiß damit Sorgfalt und Eifer in Beischaffung tüchtiger und entsprechender Kunstleistungen zu verbinden. So manchen Genuß danken wir ihm schon, wie manches treffliche Werk hat er in diesem freundlichen Raume uns bereits vorgeführt!“, hieß es 1855 lobend im Deutschen Kunstblatt.929 Der Referent Wilhelm Lübke, der regelmäßig über die permanente Gemäldeausstellung berichtete, adelte Sachses neue Räumlichkeiten sogar als „ein stilles Heiligthum der Kunst“, in das sich der Flaneur „aus dem lauten Gewühl der Straße“ retten könne. Mit dem Vergleich einer „kleinen, anziehenden Kapelle“, die manchen Kunstgenuss bereithielte, verwies Lübke auf jene frühromantische Idee, wie sie einst Wackenroder und Tieck formuliert hatten: „Bildersäle werden betrachtet als Jahrmärkte, wo man neue Waren im Vorübergehen beurtheilt, lobt und verachtet; es sollten Tempel sein, wo man in stiller und schweigender Demuth [...] die großen Künstler [...] bewundern und mit der langen, unverwandten Betrachtung ihrer Werke [...] sich erwärmen möchte.“930 Die sich seit vie927 Die Malerin Caroline Bardua (1781–1864) wohnte mit ihrer Schwester Wilhelmine um 1820/29 im Haus Jägerstraße 23, wo beide gemeinsam einen Salon enrichteten. Von 1833 bis 1850 führten sie diesen in der Französischen Straße weiter; vgl. Wilhelmy 1999, S. 397, Wilhelmy 1989, S. 182–184 und Siebel 2007, S. 44. 928 Wie Siebel betont, führten die Ehefrauen der Mendelssohn-Bankiers keinen Salon im engeren Sinne, aber sie luden Wissenschaftler, Musiker und Wirtschaftsvertreter in das Stammhaus in der Jägerstraße 51 zu Diners und Gesellschaften das gesamte Jahrhundert hindurch ein; vgl. Siebel 2007, S. 44–47. 929 Deutsches Kunstblatt, Nr. 19, 10 Mai 1855, S. 161. 930 Wackenroder/Tieck 1797, S. 71f. Vgl. außerdem „Über Kunstausstellungen im Allgemeinen“, in: Museum, 5. Jg., Nr. 45, 6. November 1837.

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len Jahren wiederholende Kritik an den mit Menschen und Bildern überfüllten Akademiesälen während der alle zwei Jahre stattfindenden großen Kunstausstellungen klingt ebenso an wie der Hinweis auf museale Einrichtungen. Das genaueste Bild von Sachses Räumlichkeiten überliefern die Berlinischen Nachrichten. In dem „nicht eben sehr großen, aber hohen Saal“ strömte „das Licht von oben durch mattgeschliffenes Glas in ganzer Fülle herein“, heißt es hier.931 Durch einen „unter der Glasdecke liegenden, beweglichen und durchsichtigen Vorhang“ konnte „das allzu grelle Sonnenlicht gedämpft werden“.932 Die Wände hatten „einen braunrothen Ton“. „Bequeme Sessel zum Niederlassen“ standen umher. Das „Nebenkabinett“ hatte „Seitenlicht“ und war den „sogenannten Cabinettstücke[n“ vorbehalten, während „der Saal zu größeren Gemälden Raum hat[te] und der Hauptwand gegenüber eine ziemlich große Entfernung zur Betrachtung des daran aufgehängten dominierenden Bildes gestattet[e“.933 Sachses neues Lokal bot durch eine optimierte Beleuchtungssituation mit gedämpftem Oberlicht, einer bequemen Ausstattung und übersichtlicher Hängung der Bilder sowohl den Künstlern und ihren Werken als auch dem interessierten Publikum eine angenehme Atmosphäre für den Kunst- und Kaufgenuss. Leider haben sich keine illustrativen Darstellungen erhalten. Der Beschreibung nach präsentierte sich Sachses Einrichtung zwar bescheidener, aber nicht weniger modern als die der Pariser und Düsseldorfer Konkurrenz. Die Galerie von Durand-Ruel, die bereits vorgestellt und schon von Annette Schlagenhauff als Modell eines modernen Kunstsalons in Betracht gezogen wurde, sei an dieser Stelle in Erinnerung gerufen (Abb. 185). Es ist durchaus vorstellbar, dass Sachse hier, wie auch in anderen Pariser Lokalen, wichtige Anregungen für sein Vorhaben bekam, eine vergleichbare Gemäldegalerie in Berlin zu eröffnen. Aber auch die beschriebenen Ausstellungsräume der englischen Aquarellisten werden nicht ohne Wirkung auf Sachse geblieben sein (Abb. 196).934 Im Sommer 1853, also kurz vor der Eröffnung seiner neuen Galerie, war Sachse zudem nicht nur in Paris und Belgien, sondern auch in Düsseldorf gewesen. Hier ging er zu Arnz (Abb. 55), zu Kraus und zu Schulte. Nach dem Besuch von Schultes „permanenter Ausstellung“ vermerkte er in seinem Tagebuch: „[…] noch engere Besprechung, große Aussichten“.935 Von den beiden „permanenten Ausstellungen“ für die ansässigen „fremden und hiesigen Künstler“, die sich in Düsseldorf etablierten, haben sich lavierte Federzeichnungen 931 932 933 934

Berlinische Nachrichten, Nr. 190, 17. August 1853. Vgl. ebd. Vgl. ebd. 1847 war Sachse außerdem nach München gereist, u. a. um sich die Pinakothek von Leo von Klenze anzusehen. Seine Tagebuchaufzeichnungen, die in größten Teilen von persönlichen Wertungen frei sind und sich auf eine notizenhafte Aufzählung von Namen und Orten beschränken, überraschen mit begeisterten Äußerungen über das hier Gesehene: „Pinakothek in jeder Beziehung, äußerer und innerer Gestaltung, zu dem Vollendetsten gehörend, was ich gesehen. Licht in 11 Hauptsälen von oben. Besonders vollkommen die Säle von Rubens“; vgl. Anhang 1. 935 Vgl. ebd., Eintrag vom 18. und 19. Juni 1853.

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erhalten.936 Caspar Scheuren zeichnete die Kunstausstellung von Eduard Schulte 1855 (Abb. 250). Der Betrachter blickt in einen großen, mit Oberlicht ausgestatteten Ausstellungssaal, in dessen Mitte ein zylinderförmiges gepolstertes Sitzmöbel aufgestellt ist. Große und kleine Bilder sind neben und übereinander, Rahmen an Rahmen aber nicht bis unmittelbar unter die Decke gehängt. Der Raum wirkt luftig und hell, exotische Pflanzen sorgen für eine angenehme Atmosphäre. Entlang der Wände ist auf Hüfthöhe ein einfaches gusseisernes Geländer angebracht, um den ausreichenden Abstand zu den Gemälden zu gewähren. Im Hintergrund öffnen sich noch mindestens zwei weitere Räume, wobei der angrenzende ebenfalls mit Oberlicht, der letzte mit einer hohen Fensterfront versehen ist. Insgesamt erinnert das Ausstellungslokal eher an ein Museum als an eine Kunsthandlung. Einen ähnlichen Eindruck vermittelt die Zeichnung August von Willes, die dieser von der Bismeyer und Kraus’schen Kunsthandlung in den Jahren um 1860/65 angefertigt hat (Abb. 249). Auch hier blickt der Betrachter in einen rechteckigen Ausstellungssaal mit Oberlicht, dem sich noch mindestens zwei weitere Räume anschließen. Die Bilder sind auch hier noch Rahmen an Rahmen und bis fast unter die Decke gehängt. Sie scheinen nun aber in Gruppen geordnet zu sein, zwischen denen schmale Wandabschnitte sichtbar werden. Mittig ist ein kombiniertes Möbel gestellt, das zum Sitzen einlädt, aber auch Podeste für Skulpturen und Vasen bereithält, was bei Schulte nicht zu beobachten ist. Auch auf das trennende Geländer wurde hier verzichtet. Im Herbst 1856 schrieb Sachse an seinen Sohn von einer „nöthigen“ General-Renovierung seines Hauses. Der Junge werde bei seinem nächsten Besuch „staunen, wie die ganze Jägerstraße vorgeschritten“: „Da dürfen wir nicht zurückbleiben, trotz der Mühe und Last, trotz der Kosten und großen Verluste im Geschäft.“937 Am 15. März 1857 feierte Sachse Wiedereröffnung. Max Schasler berichtete in den Dioskuren: „Das neue Ausstellungslokal besteht aus zwei Gemächern verschiedener Größe, welche in zweckmäßiger und eleganter Weise dekoriert und durch Oberlicht erhellt sind. Die in dem früheren Ausstellungslokal gesammelten Erfahrungen benutzend, hat der Besitzer das Licht durch Abgrenzung nach der Mitte der Decke gemildert, sodass die früher oft beschwerliche Blendung nunmehr beseitigt ist. In der That verdient Herr Sachse den Dank aller Kunstfreunde und Künstler Berlins, dass er so unablässig bemüht gewesen ist, ein würdiges Ausstellungslokal zu schaffen, in dem man sich behaglich dem Genuß der Kunstwerke hingeben kann.“938 Sachse hatte offenbar auch seinen Nebenraum mit einem Glasdach ausstatten lassen, wobei allzu grelles Licht „durch Abgrenzung nach der Mitte hin“ gemildert werden konnte. Die optimale Beleuchtung der Kunstgegenstände stellte im Zuge der ersten Museumseinrichtungen ein vieldiskutiertes Problem dar. Zumeist fiel das Tageslicht über 936 Vgl. Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011, Bd. 2, S. 84–86, Kat.-Nr. 60 und 61. 937 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 10. Oktober 1856. 938 Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 7, 1. April 1857, S. 63.

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die üblichen seitlichen Fensterfronten. Auf diese Weise wurden einige Wandabschnitte stark angestrahlt, andere lagen im Dunkeln, was sich unmittelbar auf die Erscheinung der Bilder auswirkte. Insbesondere während der akademischen Kunstausstellungen, dem wichtigsten Kunstereignis in Preußen wie auch in den anderen Städten mit Sitz einer Kunstakademie, häuften sich die Klagen (Abb. 179 und 180).939 Der mit Sachse befreundete Eduard Magnus hatte sich diesem Thema mit Interesse zugewandt. Das „Conversations-Lexikon für bildende Kunst“ aus dem Jahr 1848 berichtete: „Unter den Projekten zur zweckmäßigen Erbauung und Einrichtung von Gebäuden für Bildergallerien ist dasjenige sehr beherzigenswerth, welches der Maler Magnus zu Berlin durch die Wiener Bauzeitung veröffentlicht hat. So viel Verdienstliches und Schönes auch die neuen Gebäude haben, welche für Galleriezwecke zu München, Berlin etc. entstanden sind, so hat man dennoch empfunden, daß sie nicht allen Anforderungen entsprechen. Es beharrt also die Frage nach erschöpfender Lösung des Problems des zweckmäßigen Gemäldelokalbaues ihrer Beantwortung.“940 Bei der „Aufstellung von Kunstgegenständen überhaupt und insbesondere bei Ölgemälden“ seien Magnus Überlegungen zufolge zwei Voraussetzungen wesentlich, nämlich „dass dieselben hell und möglichst gleichmäßig beleuchtet werden“ und „dass der Betrachter möglichst wenig, weder durch Spiegelung auf der Spiegelfläche selbst, noch durch eine blendende Lufteinwirkung von irgend einer andern Seite gestört werde“.941 In einem „von oben beleuchteten Lokale“ seien diese „beiden Bedingnisse ohne Schwierigkeit zu erreichen“. Bei Räumen aber, die von der Seite beleuchtet werden, sei eine „Schrägstellung der Stellwände gegen die Fensterwand“ erforderlich, „zumal da die dem Fenster gegenüberstehende Wand als unbrauchbar aufzugeben ist“.942 939 Von einer günstigen Platzierung eines Bildes in der Masse der Ausstellungsstücke hing oft der Erfolg oder Misserfolg eines Künstlers ab. „Was die schlechte Akustik für die Musik, das ist die schlechte – oder falsche Beleuchtung bei einem Werke“, wie der Kritiker Max Schasler feststellte. Zu helles Licht könne die Schwäche eines Meisters recht deutlich zeigen, werde es jedoch in die dunklen, sogenannten Totenkammern gebracht, sei es von vornherein zum Scheitern verurteilt; vgl. Max Schasler: „Über die Einrichtung großer Ausstellungen mit besonderer Beziehung auf die gegenwärtige Berliner Kunstausstellung“, in: Die Dioskuren, 15. Jg., Nr. 36/37, 16. Oktober 1870, S. 281–283. 940 Magnus habe nun „ganz einfach“ überlegt, „wie ein Bild auf der Staffelei stehen müsse, um gut aufgestellt zu heißen, und ob sich nicht irgend ein Grundriß auffinden lasse, der die Bedingung solcher Aufstellung mit denen eines stattlichen Gebäudes verbindet“; vgl. „Gemäldeaufstellung“, in: Conversationslexikon 1848, Bd. 4, S. 311f. 941 Vgl. ebd. 942 Vgl. ebd. Magnus schlug den Bau von „unregelmäßigen Räumen“ vor. „Man baue“, so schrieb er „einen Saal, dessen Höhe mindestens fünf Achtel der Breite beträgt, die Länge wird sich nach der Anzahl der aufzustellenden Gemälde richten; in den beiden einander gegenüberstehenden Stellwänden lege man Fenster an, die womöglich bis an die Decke reichen, abwechselnd mit den gegenüberliegenden Fensterpfeilern, so daß jedem Fenster ein Pfeiler gegenübersteht; die Breite der Fenster sei ein Viertel der Breite des Saales und die Breite der Pfeiler die vierfache der Fenster. Nun erreiche man Querwände, unter einem Winkel von 62 Grad gegen die Fensterwand gestellt, und zwar so, daß jedes Fenster zwei Wände erleuchtet. Behängt man diese Querwände mit

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Eduard Magnus versuchte in geradezu wissenschaftlicher Weise, alle raum- und lichttechnischen Voraussetzungen für die ideale Aufstellung von Kunstwerken zu klären. Noch 1863 hielt er einen Vortrag über seine diesbezüglichen Erkenntnisse in der Akademie der Künste.943 Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er sich auch mit Sachse über dieses Thema ausgetauscht haben, den er nicht nur als „alten Freund“ bezeichnet, sondern „vortrefflichsten Beförderer“ und „beste Autorität“ in Kunstfragen nennt.944 Dabei ist anzunehmen, dass – auch wenn Magnus entsprechende Hinweise auf Pariser Galerien aussparte – ihm ebenso wie Sachse und vermutlich auch den Düsseldorfer Galeristen die modernen privaten Einrichtungen der Seinemetropole nicht unbekannt geblieben waren. Sachses neu eingerichtete Gemäldegalerie war zwar klein in ihrem Umfang, doch die Räume waren hoch und entsprachen durch das flache mattgeschliffene Glasdach weitgehend den von Magnus erörterten Anforderungen.945

Oelgemälden, so werden dieselben ebenso und besser beleuchtet sein, als sie es auf des Künstlers Staffelei waren. Die Bilder werden fünf bis sechs Fuß von der Fensterwand entfernt bleiben müssen, welcher Raum zugleich zur Communikation dienen kann.“ Ein anderer Vorschlag des Professors Magnus lautete wie folgt: „[M]an erbaue eine Rotunde und errichte in derselben etwa 10 Radialwände, so erhält man in jeder Etage zehn Räume. Jedem dieser Räume gebe man ein Fenster mit der vollen Höhe der Etage, zur Breite gebe man dem Fenster ein Drittheil oder Vierttheil der runden Fensterwand. Die Radialwände dürfen hier 4–5 Fuß von der runden Fensterwand und 16–20 Fuß aus dem Mittelpunkt entfernt bleiben. In der Mitte des Baus würde ich einen cylinderartigen Raum aufführen, von dem Durchmesser, daß derselbe jeden resp. Saal gegen das correspondierende, gegenüberstehende Fensterlicht abschlösse. In und um diesen dürften sich Treppen erheben. Eins der Appartments dürfte als Vestibül benutzt werden. – In diesem Plane wird de Totalität des Baus, die in jedem einzelnen Raume dem Beschauer fühlbar und unübersichtlich sein muß, eine angenehme sein. Es wird ferner möglich, aus dem Mittelpunkte des Rundbaus durch einen Dienen die Etage inspiciren zu lassen, und man wird endlich den großen Vortheil haben, daß, da das Fenster (eine Zirkellinie) von den Bilderwänden entfernter ist, auch für den Beschauer eine größere Entfernung möglich wird.“ 943 Vgl. Eduard Magnus: „Über Einrichtung und Beleuchtung von Räumen zur Aufstellung von Gemälden und Skulpturen“, ein Vortrag gehalten an der Kgl. Akademie der Künste am 27. November 1863, Berlin 1864; in Teilen abgedruckt bei Gläser 1963, S. 19f. Magnus strebte bei seiner Betrachtung danach, zunächst grundsätzlich die für den Kunstgegenstand beste Beleuchtung theoretisch zu bestimmen und erörterte dann den funktionellen Zusammenhang von Einfallsöffnung und -winkel zu Wandgröße und -abstand; vgl. Gläser 1963, Anm. 101. 944 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 3, Eduard Magnus an Louis F. Sachse, Rom, den 17. Dezember 1839. 945 1861 kam es zu einem Zwischenfall. Ein Referent der Dioskuren, vielleicht Max Schasler selbst, beschwerte sich über die „große Kälte“ in Sachses permanenter Ausstellung, da „im Lokal nur wenige Grade weniger war, als draußen“; vgl. Die Dioskuren, Nr. 5, 3. Februar 1861, S. 45. Es stellte sich heraus, dass an dem Morgen, an dem der „Referent im Januar d. J. das Ausstellungslokal besuchte, beim Abfegen des Schnees vom flachen Glasdache zwei große Scheiben zerbrochen waren, da sie aus mattgeschliffenem Glase bestehen“ und „erst andern Tages vollständig ersetzt werden konnten“; vgl. Die Dioskuren, Nr. 6, 10. Februar 1861, S. 553.

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Zwölf Jahre und 1207 Künstler

Sachses neu errichtete Gemäldegalerie sorgte vom ersten Tag an für eine lebendige Publizität und Aufmerksamkeit der Kunstöffentlichkeit. Die Presse verfolgte mit großem Interesse die wechselnden Exponate der Ausstellung, die Kunstkritik erhielt „neue und wertvolle Impulse“.946 Max Schasler schrieb für eine eigens für Sachses Gemäldesalon entstandene Rubrik in den Berlinischen Nachrichten: „Der Anlauf, den das junge Unternehmen in dem ersten Monat seines Bestehens genommen hat, ist so kräftig, daß wir fürchten, die Kritik werde mit ihrer bedächtigen Weise weit zurückbleiben, wenn sie nicht Siebenmeilenstiefel anlegt, mit denen sie die Zwischenstationen überspringen kann. Da sind nun wieder seit den letzten vierzehn Tagen eine Reihe von Bildern einpassirt, wie sie auf anderen permanenten Ausstellungen nur alle halbe Jahre einmal vorkommen. Wenn das so fortgeht, so wird sich Referent, der schon jetzt die Hände, statt damit zu schreiben, über dem Kopf zusammenschlagen möchte, gezwungen sehen, sie zuletzt in den Schoß zu legen. Es ist eine wahre Fluth von berühmten Namen und Werken, die diesen Künstlern Ehre machen, so daß man nicht weiß, wohin man zuerst sehen soll.“947 Nicht nur die Berliner Tageszeitungen, sondern auch Die Dioskuren und das Deutsche Kunstblatt berichteten regelmäßig über die Neuzugänge in Sachses Galerie. Die neue Galerie war schnell fester Bestandteil des zeitgenössischen Berliner Kunstlebens. Ähnlich wie während der alle zwei Jahre stattfindenden großen akademischen Kunstausstellung wurden die Bilder in den Gazetten vorgestellt, aber auch aktuelle ästhetische, praktische und institutionelle Fragen hinsichtlich des allgemeinen Entwicklungsstandes der Kunst erörtert. Die Vorteile der „kleinen, aber permanenten Ausstellungen“ gegenüber den akademischen, zeitlich begrenzten Großereignissen lagen für Max Schasler auf der Hand: „Wenn die großen Ausstellungen den Vortheil haben, dass sie eine allgemeine Übersicht über die Kunstproduktion, wenigstens annäherungsweise, gewähren, so stehen sie doch in Rücksicht ihres Einflusses auf den allgemeinen Geschmack hinter kleineren, aber permanenten Ausstellungen insofern zurück, als hier der Beschauer meist nur ein oder zwei ausgezeichnete Werke findet, in die er sich aber mit umso größerer Sammlung und weniger zerstreut durch den von großen Ausstellungen unzertrennlichen Wirrwarr vertiefen kann. Durch das gründliche Studium eines einzelnen Bildes [...] gewinnt der Beschauer mehr an wirklichem Kunstgenuß und Kunsturtheil als durch das täglich wiederholte Umherschlendern in den Sälen der großen Ausstellung. Es ist also natürlich, dass wir einen verhältnißmäßig großen Werth auf diese kleineren permanenten Ausstellungen legen und ihre neuesten Erscheinungen mit regem Interesse ins Auge fassen.“948 946 Vgl. Kern 1934, S. 7. 947 M. Sr. (Max Schasler), fälschlich unter dem Titel „Permanente Ausstellung des Kunstvereins 4“, es war die vierte in der Reihe von Berichten „Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“ gemeint; in: Vossische Zeitung, Nr. 205, 3. September 1853, S. 4. 948 Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 4, 23. Januar 1863, S. 25.

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Schasler räumte den kleinen, permanenten Ausstellungen also nicht nur Vorteile, sondern „in Rücksicht ihres Einflusses auf den allgemeinen Geschmack“ sogar eine gewisse Überlegenheit ein. 949 Tatsächlich war die Vielzahl der Ausstellungen bei Sachse und der daran beteiligten Künstler enorm. In den ersten zwölf Jahren wurden über 4000 Arbeiten von 1207 Künstlern gezeigt, wie dem schon erwähnten Geschäftsbericht zu entnehmen ist, den Sachses Sohn zusammen mit seinem Vater 1865 veröffentlichte.950 In dem „Rückblick auf die zwölfjährige Wirksamkeit der Permanenten Gemälde-Ausstellung von L. Sachse & Comp.“ konnten die Ausstellungsunternehmer Louis Sachse und sein Sohn Louis Alfred feststellen, dass bei etwa 400 Bildern pro Jahr im Durchschnitt ein neues Bild pro Tag dem Publikum präsentiert worden war: „Wo immer die Fama von einer größeren Schöpfung nicht allein in engerem, sondern im fernen Bereiche zu rühmen wusste, da versuchte das Institut dem Publikum solche Werke zur Schau zu bringen und wenn es nicht gerade in der Unmöglichkeit lag, so gelang ihm dieses vermöge eines großen Kostenaufwandes an Frachten und Geldopfern! Außer den Zusendungen aus dem ganzen deutschen Umfange sind da vertreten Französische, Holländische, Belgische, Englische, Schwedische, Norwegische, Dänische, Russische, Polnische, Italienische, Spanische, Ungarische, Neugriechische, Amerikanische Künstler, je nachdem solche in Verkehr zu deutschen Lande traten.“951 Das im Katalogteil dieser Arbeit veröffentlichte Künstlerverzeichnis aus diesem „Rückblick“ präsentiert eine Auflistung der ausgestellten Maler in alphabetischer Reihenfolge (Anhang 3).952 Jeder Künstler ist hierin mit der Anzahl seiner Werke sowie dem jeweiligen Verkaufspreis in Friedrichs d’Or angegeben. Die große Anzahl der durch einen Querstrich als „unverkäuflich“ bezeichneten Werke unterstreicht Sachses über den Handel hinausgehendes Interesse. Es wird darauf zurückzukommen sein. Dieses Verzeichnis, die aufgrund der fehlenden Geschäftsbücher das einzige Dokument ist, das

949 Aus der vorteilhaften „Konzentration des künstlerischen Interesses“, die Schasler hier vorfand, leitete er schließlich die Notwendigkeit ab, „dass Berlin endlich ein aus mehreren umfangreichen Sälen und kleineren Kabinetten bestehendes Ausstellungslokal erhält, in welchem alle von einheimischen und ausländischen Künstlern zur öffentlichen Ausstellung bestimmten Werke ausgestellt“ werden können. Während der „mageren Saison“ im Sommer sollten „die nicht gefüllten Gemächer geschlossen werden können“, für die „gesteigerte Productivität“ während der Wintermonate würde „eine solche Centralisation [...] das künstlerische Interesse ungemein fördern und auch dem Besucher, welcher dann nicht mehr gezwungen ist, nach fünf verschiedenen Weltgegenden hinzueilen, um seinem Bedürfniß nach Kunstgenuß Genüge zu thun, eine lebhafte Theilnahme für die Ausstellung einflößen“, so sein Vorschlag. Die Beschäftigung mit der Wirksamkeit von Sachses und von Lepkes Einrichtungen stützte Schaslers Forderung nach einer Nationalgalerie für Gegenwartskunst in Berlin, vgl. Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 21, 1. November 1857, S. 201. 950 Sachse Rückblick 1865, S. 3 und Künstlerverzeichnis, Anhang 3. 951 Vgl. ebd., S. 3 und S. 5. 952 Vgl. Anhang 3.

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für einen klar abgegrenzten Zeitraum vollständig die von Sachse präsentierten Künstler aufzeigt, ist trotz einiger damit verbundener Schwierigkeiten äußerst aufschlussreich. Für eine Auswertung des Verzeichnisses schien grundsätzlich eine Annäherung etwa im Sinne der seinerzeit verstandenen Gattungshierarchie Historie, Landschaft, Genre wenig sinnvoll, da wichtige Angaben wie Werktitel, Maltechnik und Objektgröße fehlen. Eine rein quantitative Auswertungsmethode auf Basis der Listenangaben würde dem Gezeigten ebenso wenig gerecht werden, da viele Künstler dem heutigen Betrachter nicht mehr geläufig sind und Besonderheiten untergehen. Dennoch bieten sich einige Anhaltspunkte an. Den ausschlaggebenden Hinweis geben die Autoren des „Rückblicks“ selbst. 129 der 1207 Namen des Künstlerverzeichnisses sind durch Fettdruck deutlich hervorgehoben. Sie scheinen den Ausstellungsmachern also von besonderer Wichtigkeit gewesen zu sein. Diese 129 markierten Künstlernamen, die damit knapp ein Zehntel sämtlicher in der permanenten Gemäldegalerie ausgestellter Künstler ausmachen, finden sich in einer gesonderten Liste im Anhang 3a wieder. Auf diese Künstler soll sich im Folgenden konzentriert werden. Der überwiegende Anteil der von Sachse hervorgehobenen Maler gehört der Düsseldorfer (47 Namen) und der französischen „Schule“ (24 Namen) an. Die belgischen und niederländischen Künstler, die hier großzügig zusammengerechnet werden, sind mit 22 durch Fettdruck markierte Namen die drittstärkste Gruppe dieser Auswahl. Mit 18 Künstlern ebenfalls stark war – kaum verwunderlich – die Gruppe der Berliner Künstler. Aus München unterstrich Sachse acht Künstler, gefolgt von sechs Schweizern, vier Wienern, drei Künstlern aus Weimar, je zweien aus Frankfurt und England und je einem Namen aus Karlsruhe, Hamburg und Russland. Vier Künstler konnten nicht zugeordnet werden. Der älteste der gelisteten Künstler ist 1787 geboren (Andreas Schelfhout), der jüngste 1838 (Jacob Hoff). Dabei ist zu beobachten, dass die von Sachse in den 1830er bis 1850er Jahren, also vor der Eröffnung der permanenten Ausstellung protegierten Künstler, nurmehr den kleineren Teil ausmachen. Von den Künstlern der älteren Generation, an denen Sachse offenbar festhielt, sollen hier genannt werden: Hübner, Lessing, Schirmer und Sohn aus Düsseldorf – Bellangé, Biard, Decamps, Delacroix (wahrscheinlich Auguste), Delaroche, Devéria, Robert-Fleury, Gudin, Isabey, Lepoittevin, Roqueplan, Ary Scheffer und Winterhalter aus Paris – Bièfve, Brakeleer, Gallait und Verboekhoven aus Belgien – Koekkoek und Schelfhout aus den Niederlanden – Begas, Blechen, Krüger, Magnus, Meyerheim und Menzel aus Berlin – Gauermann aus Wien – Calame aus der Schweiz und Landseer aus London. In der separaten Künstlerliste sind sowohl die Anzahl der ausgestellten Werke als auch der jeweils höchste für ein Werk erzielte Preis eingetragen.953 Einige, in erster Linie den Ausstellungsbesprechungen im Deutschen Kunstblatt und in Die Dioskuren entnommene Werktitel oder Werkbeschreibungen konnten zusätzlich angeführt werden. Für die Auswahl der „älteren“ Künstler sei auf folgende Auffälligkeiten hingewiesen.

953 Vgl. Anhang 3a.

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Paul Delaroches verkleinerte Version des „Hémicycle“ war mit 3750 Friedrichsdor das mit Abstand teuerste Kunstwerk, das über Sachses permanente Gemäldeausstellung während der ersten zwölf Jahre angeboten wurde. Die 3000er-Marke wurde nur noch einmal für Carl Friedrich Lessings „Huss vor dem Scheiterhaufen“ 1863 erreicht (Abb. 261).954 Von Ary Scheffer wurde eines der vier ausgestellten Bilder für 1250 Fr. d’Or angeboten und von Alexandre Calame ebenfalls eines von vieren für 1200 Fr. d’Or. Ausgesprochen teuer war auch Louis Gallait, dessen fünf ausgestellte Werke alle zwischen 500 und 1000 Fr. d’Or kosteten. Wieder kommentierte Schasler in den Dioskuren 1855: „Ein neues Bild von Gallait ist immer geeignet, Sensationen zu erregen. So auch diesmal [...]. Kürzlich war noch ein kleines Bildchen von Gallait hier, das vielleicht mehr durch seinen exorbitanten Preis von 500 Frd’Or, als durch seinen Gegenstand Aufsehen erregte. Es stellte eine spanische Bettlerfamilie dar, auf der Schwelle irgend eines Palastes kauernd, mit allem Sonnenschein und Farbenglanz, aber auch mit allem Schmutz der Heimath in die Sphäre der Kunst erhoben. [...] Das nannte sich nun ‚Murillo findet das Motiv zu seiner Madonna‘.“955 Noch acht Jahre später wird nicht allein der malerische Gegenstand, sondern gleichsam der Preis des Belgiers als sensationell empfunden. Schasler kommentierte Gallaits bei Sachse ausgestellte „Italienische Mutter mit ihrem

954 Max Schasler schrieb damals in den Dioskuren: „Die Ausstellung von Lessings Huß vor dem Scheiterhaufen darf als ein Ereignis von kunstgeschichtlicher Bedeutung betrachtet werden. Denn wie Viele haben bisher von dem hohen Werth, ja von der Existenz dieses Meisterwerks deutscher Historienmalerei etwas gewusst! Kaum vollendet – und zwar in jener der Kunst so entfremdeten, unruhigen Zeit von 1849 und 1850 – wurde es nach kurzer Ausstellung in einigen rheinischen Städten, wovon kaum ein schwacher Ruf bis zu uns drang, sofort von dem Besitzer nach Amerika hinübergenommen, wo es allerdings großes Aufsehen erregte, bis es, in andere Hände übergegangen, für die Londoner Weltausstellung wieder nach Europa wanderte. Ein Glück vielleicht für uns, dass es für die Ausstellung zu spät eintraf. Denn wahrscheinlich hätte es dann die Grenzen Englands nicht mehr verlassen [...] Soviel aber steht fest [...], dass dies Werk Lessings, wie es das bedeutendste von allen ist, die wir von ihm kennen [...] seinen Platz in einer deutschen und zwar öffentlichen Galerie haben müsste. Unsere Nationalgalerie würde damit an Bedeutung gewinnen, die sie bis jetzt noch nicht hat. Denn gerade ein solches deutsches Historiengemälde [...] würde den Glanzpunkt dieses von Preußens Herrscher gegründeten deutschen Kunstinstituts bilden“; vgl. Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Galerie von Sachse“, in: Die Dioskuren, 1. März 1863, S. 48f. Tatsächlich wurde das heute verschollene monumentale Werk (360 cm x 553 cm) 1864 auf Anraten des Königs für die Nationalgalerie erworben; vgl. Kern 1934, S. 9. Es war ebenfalls Sachse, der schon das andere Erfolgsbild Lessings aus dieser Reihe, „Die Hussitenpredigt“, von Hermann Eichens hatte lithographieren lassen und noch zusammen mit Rittner & Goupil herausgegeben hatte (Abb. 262). 955 Der Gegenstand des erwähnten Gemäldes von Gallait wird beschrieben als eine Mutter, die mit ihren Kindern vor einem tosendem Meer sitzt; vgl. Max Schasler: „Sachses Permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 19, 10. Mai 1855, S. 161f. Zu den Erfolgen, die belgische Künstler seinerzeit auf ihren Ausstellungstourneen durch die deutschen Länder feierten, vgl. außerdem Keisch 2013.

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Kinde“ 1863: „[D]as ganze Bild eine Perle, aber eine theure Perle allerdings, denn sie soll 4000 Thaler kosten.“956 Belgier und Niederländer waren in Sachses permanenter Ausstellung äußerst zahlreich vertreten. Für die angegebenen Preise dieser Werke konnte Schasler insgesamt nur wenig Verständnis aufbringen. Im einem Bericht aus dem Jahre 1855 hieß es zu dem Bild „Der Besuch“ von Florent Willems (1823–1905):957 „Das Bild war mit einem Preise von 145 Frd’Or bezeichnet, und in ähnlicher Art waren die übrigen belgischen Bilder notiert. Es kann uns natürlicher Weise nicht einfallen, für die Leistungen der Kunst eine bestimmte Taxe aufstellen zu wollen: allein wo das Dargebotene zu dem Geforderten in so schreiendem Missverhältnisse steht, kann man sich eines Lächelns nicht enthalten. Wenigstens darf man verlangen, dass die Künstler, da sie doch gutes, ächtes Gold für ihre Bilder fordern, auch ächtes Gold der Kunst und nicht eitel Flittergold dafür bieten. Zuerst erregten die überschwänglichen Niederländischen Preise bei uns unter Künstlern und Kunstfreunden Staunen, nachher aber nur harmlose Heiterkeit, zumal da es scheinen wollte, als solle durch solche Preise dem guten Deutschen imponirt, und manch Einer, der von der Pracht des Rahmens und der Höhe des Preises seine Schätzung des Kunstwerkes ableitet, freundlicherweise über den wahren Werth der Bilder getäuscht werden. Unseres Wissens hat kein einziges dieser Bilder hier einen Käufer gefunden.“958 Die teuersten Künstler kamen, neben einigen Düsseldorfern, aus Frankreich oder aus Belgien. Aus der „älteren“ Generation zählte hierzu Verheyden, der stolze 800 Fr. d’Or für ein Gemälde fordern konnte, Gudin erzielte von den sieben ausgestellten Werken höchstens 650 Fr. d’Or, Hasenclever, Bendemann und Geselschap 600 bzw. 550 Fr. d’Or, Robert-Fleury, Bellangé, Sohn, von Rustige, Mücke und Begas ganze 400 Fr. d’Or, Czermak, Verboekhoven und Koekkoek erreichten 300 bis 350 Fr. d’Or, de Bièfve, Hildebrandt, Isabey und die beiden Kaulbachs (München) waren mit höchsten 200 Fr. d’Or ausgepreist. Ziemlich genau die Hälfte der von Sachse markierten Künstler konnten für unter 200 Fr. d’Or erworben werden. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass es sich 956 Max Schasler: „Sachses Permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 39, 27. September 1863, S. 298. 957 Das Bild war eines der erfolgreichsten Werke des Malers. Im Biographischen Künstler-Lexikon 1882, S. 559 heißt es: „Willems studierte auf der Akademie in Mecheln die alten niederländischen Meister und erregte schon 1840 große Aufmerksamkeit. Der Erfolg seines Bildes: Besuch bei der Wöchnerin, das er 1844 in Paris ausstellte, bewog ihn, dort seinen Wohnsitz zu nehmen. Seine Genrebilder aus der höhern Gesellschaft, im Geschmack Terburgs und Metsus, zeigen eine hohe Meisterschaft der Technik, namentlich in der Malerei der Kleiderstoffe (weißer Atlas); aber es fehlt ihnen an höherm Gehalt und an Wärme der Empfindung. Zu seinen bekanntesten Bildern gehören: der Besuch, ein Verkaufslokal, die Witwe, Besuch Marias von Medici bei Rubens, der Waffenschmied, die Brautschmückung (Museum in Brüssel), der Handkuß, der Verlobungsring u. a. Er erhielt zahlreiche Medaillen, wurde 1851 Offizier des Leopoldsordens, 1853 Ritter, 1864 Offizier, 1878 Kommandeur der Ehrenlegion.“ 958 Max Schasler: „Sachses Permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 19, 10. Mai 1855, S. 163.

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hierbei nicht nur um Gemälde, sondern auch um Ölskizzen, Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen gehandelt hat. Biard etwa ist nur mit höchsten 30 Fr. d’Or gelistet, ebenso wie Cornelius, Roqueplan oder Schischkin, dessen „Waldinneres“ von Schasler als Federzeichnung benannt wurde.959 Auch Winterhalter, Béranger oder Devéria sind nur mit Arbeiten für 30 bis 50 Fr. d’Or angeführt. Von Lepoittevin zeigte Sachse ein Werk für 150, wahrscheinlich ein Gemälde, und eine Arbeit für 26 Friedrichsdor, wohinter eine Ölskizze, große Zeichnung oder ein Aquarell zu vermuten ist. Von Menzel präsentierte Sachse in den 1850er Jahren insgesamt sieben Arbeiten, worunter sich zwei Hauptwerke als auch kleinformatige Bilder befanden. Die verkäuflichen Gemälde kosteten 160 und 100 Fr. d’Or. Möglicherweise waren es Aquarelle oder Zeichnungen, die für 35 bzw. 8 Fr. d’Or angeboten wurden, womit seine Arbeiten wohl etwa im Durchschnitt lagen. Zwei Werke stellte Sachse von Menzel aus, die unverkäuflich waren. Eines der beiden war das 1858 entstandene und von Max Schasler in seiner bekannten Randglosse „Was thut der deutschen Historienmalerei Noth“ 1862 scharf angefeindete Bild „Die Begegnung Friedrichs II. mit Kaiser Joseph II. in Neisse im Jahre 1769“ (Abb. 263).960 Bei dem anderen Gemälde handelte es sich um das „Flötenkonzert“, das Sachse 1857 in seinem Salon präsentierte. Schasler nannte es „das schönste und genialste Bild des Künstlers“ und widmete ihm eine ausführliche Besprechung (Abb. 264).961 Im Zuge der Ausstellung von Menzels „Messe, Erinnerung an Salzburg“ (Abb. 265) bei Sachse im Jahre 1857 erkannte er „das bekannt eigenthümliche Gepräge des Meisters, jene merkwürdige Schärfe und Prägnanz der physiognomischen Charakteristik in Haltung und Ausdruck der Figuren, welche eine Menzel’sche Zeichnung sofort aus Tausenden herauserkennen lassen. Wir brauchten absichtlich das Wort Zeichnung; 959 Max Schasler: „Sachses permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 29/30, 16. und 23. Juni 1865, S. 251. 960 Das Bild entstand im Auftrag der 1854 gegründeten Verbindung für historische Kunst, einem Zusammenschluss der deutschen Kunstvereine zur Förderung des Historienbildes in Form des nationalen Geschichtsbildes. Mit dem gleichzeitig von der Verbindung in Auftrag gegebenen Gemälde von Moritz von Schwindt „Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe“ (1857, Kunsthalle Kiel) durchliefen beide Bilder eine übliche Ausstellungstournee durch die Kunstvereine und zumindest Menzels Schöpfung war auch bei Sachse zu sehen. Der Kontrast zwischen Schwindts idealistischer und Menzels realistischer Auffassung von Historienmalerei hatte schließlich den Anlass zu einer grundsätzlichen Polemik gegeben, namentlich in der Zeitschrift Die Dioskuren, in der Max Schasler an Menzels Werk eine höhere historische Bedeutsamkeit, die Würde und Hoheit überhaupt vermisste. Beide Werke würden einen „Abweg“ von den wahren Inhalten der Kunst darstellen. Schasler gibt sich in seinen Ausführungen als Vertreter eines „realistischen Idealismus“ zu erkennen. Seiner Meinung nach war die „Verbindung für historische Kunst“ gescheitert, wie er an dem Vergleich der beiden genannten Bilder darzulegen sucht, und fordert daher großartige Projekte, wie z. B. die Ausstattung der Nationalgalerie mit historischen Werken. Er sieht in dem Musée Historique in Paris ein Vorbild für derartige Anstrengungen, fordert jedoch eher Darstellungen von Fürsten- statt Volksgeschichten; vgl. Schasler, Dioskuren 1862 und das Kommentar in Historienmalerei 1996, S. 346–349 sowie Busch 1991. 961 Max Schasler: „Sachses permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 9, Beilage, 1. Mai 1857, S. 85 und Nr. 10, 15. Mai 1857, S. 93.

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denn die Farbe ist immer die schwächste Seite Menzels gewesen und es scheint leider, dass diese Schwäche eher zu als abnimmt“.962 Bei der 1859 ausgestellten Kreidezeichnung „Ein Schulbesuch Friedrich Wilhelm I.“ (Abb. 266) rieb Schasler sich hingegen gerade an der „diesem Künstler eigenthümlichen Drastik in dem kompositionellen Arrangement zugleich das immer wiederkehrende Betstreben nach einer naturwüchsigen Derbheit in der physiognomischen Charakteristik der Figuren“.963 Die beiden mehrfach erwähnten Bilder „aus dem Privatleben Friedrichs des Großen“ bezeichnete Wilhelm Lübke im Deutschen Kunstblatt hingegen nur als „ziemlich ausgeführte Skizzen“ (Abb. 213 und 214).964 Der Hinweis auf Menzel, der erst Anfang der 1850er Jahre auch als Maler einem größeren Publikum bekannt wurde, soll zu den jüngeren Künstlern überleiten, die als bemerkenswert in der Liste hervorgehoben sind. Ihre Anzahl macht den größeren Teil der in der Liste hervorgehobenen Werke aus, die Sachse & Co. dem Berliner Publikum während jener Jahre präsentierten. Diese Tatsache mag das weiterhin verfolgte Vorhaben unterstreichen, das jeweils aktuelle Kunstschaffen vorzustellen. Gleichzeitig muss angenommen werden, dass der Einfluss des seit Ende 1857 im Geschäft mitwirkenden Sohns Louis Alfred Sachse eine Rolle spielte. Von diesen „neu“ in Sachses Kunstsalon aufgenommenen und von den Ausstellungsmachern als bedeutend markierten Künstlern sollen einige vorgestellt werden. Wieder soll mit den Düsseldorfern begonnen werden. „Seit Donnerstag vor[ige] Woche sind meine Säle eröffnet und so ausgestattet, wie du dir kaum denken kannst. Neun Kisten vom Kunstverein zu Düsseldorf, der mich als seinen hiesigen Geschäftsführer, mit dieser Prachtsendung unterstützt. Außerdem 4 große [unleserlich, d. V.]werke aus Potsdam mit dem heil. Antonius von Schrader, welches den Mittelpunkt bildet. Allgemeine Zufriedenheit und Anerkennung, möge auch die pecuniäre Belohnung nicht ausbleiben!“, berichtete Sachse im März 1857 an seinen Sohn nach Paris.965 Eine ganze Reihe der Düsseldorfer Künstler gehörten auch in den 1850er und 1860er Jahren zu den bestbezahlten deutschen Künstlern. Für Sachse war die Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Kunstverein also schon diesbezüglich attraktiv. Die regelmäßigen Erwähnungen und Besprechungen der Werke aus Düsseldorf, die in Sachses Lokal zu sehen waren, belegen die Beliebtheit vieler dieser Künstler.966 962 Max Schasler: „Sachses permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 7, 1. April 1857, S. 64. 963 Max Schasler: „Sachses permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 49/50, 1. und 15. Jan. 1859, S. 8f. 964 Deutsches Kunstblatt, Nr. 44, 1. November 1855, S. 391. 965 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 16. März 1857. 966 Zum Jahresbeginn 1861 war die „Elite“ der Düsseldorfer Künstler für eine „Verloosung zu Gunsten des Düsseldorfer ‚Malkasten‘“ bei Sachse ausgestellt. Vgl. den ausführlichen Bericht darüber von Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 5, 3. Februar 1861, S. 45 und Nr. 6, 10. Februar 1861, S. 52f.

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„Von hohem künstlerischen Werth“ seien etwa die Werke der Brüder Achenbach, die als Landschaftsmaler äußerst erfolgreich waren.967 Oswald Achenbach pflegte enge Kontakte nach Paris, wurde auch von Goupils Galerie vertreten und international bekannt. In der Hinwendung zum Pariser Kunstmarkt finden sich Parallelen zu Ludwig Knaus, wohl der Shooting-Star der jüngeren Generation, den Düsseldorf hervorgebracht hat. Als im Herbst 1862 Knaus Bild „Nach der Taufe“ (Abb. 267) bei Sachse ausgestellt war, schrieb Schasler in den Dioskuren: „Obgleich die große akademische Kunstausstellung die Theilnahme des Publikums gegenwärtig fast ausschließlich in Anspruch nimmt, fühlen wir uns doch verpflichtet, dasselbe auf ein Werk aufmerksam zu machen, das diese Theilnahme in höherem Grade verdient, als indeß eines ähnlicher Richtung auf der Ausstellung. Wir meinen damit das Meisterwerk von L. Knaus: Nach der Taufe, welches auf kurze Zeit bei Sachse ausgestellt ist.“968 Knaus Bild sei „ein Werk, das man lieben muß“, schrieb Schasler weiter und bedankte sich bei „Herrn Sachse, dessen Bemühungen es gelungen ist, dies köstliche Werk von dem Besitzer [Goupil] auf einige Zeit für seine Ausstellung zu erhalten“.969 Goupil hatte schon 1858 Knaus „Die goldene Hochzeit“ noch im halbfertigen Zustand abgekauft. Er wollte es nicht nur ausstellen, sondern auch reproduzieren lassen. In der positiven Aussicht auf einen erhöhten Bekanntheitsgrad seiner Werke bei einem Verkauf an den Händler hatte der Künstler sogar einen niedrigeren Preis in Kauf genommen: „[I]ch hätte auf der Ausstellung ohne Zweifel mehr bekommen können, aber im Grunde ist dieser Handel sehr vorteilhaft für mich, da das Bild nicht allein an verschiedenen Orten ausgestellt, sondern auch im Kupferstich erscheinen wird: denn zu diesem Zweck hat es der Kunsthändler gekauft“, wie er in einem Brief schrieb.970 Die Aussage des Düsseldorfer Malers zeigt deutlich das zunehmend bewusste Abwägen eines Künstlers hinsichtlich der vorteilhaften Positionierung seiner Werke im zeitgenössischen Kunstbetrieb. „Knaus weiß, was dem Publikum gefällt“, „er gilt als großer Künstler“ hatte der damals weniger erfolgreiche Anselm Feuerbach 1852 an seine Mutter geschrieben.971 Feuerbach hatte mit Knaus zusammen in Düsseldorf studiert, beide waren später in Paris – Knaus von 1852 bis 1860.972 Dem Genremaler Knaus gelang es offenbar ausgesprochen gut, dem Kunstverständnis eines breiten Publikums entgegenzukommen. Anstatt die Gesellschaft mit seinen Bildern herauszufordern, vertrat er den gleichen Geschmack wie seine Käufer.973 Ein das Gemüt bewegender, erzählfreudiger Inhalt kam 967 Vgl. ebd. 968 Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung bei Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 43, 26. Oktober 1862, S. 338f. 969 Vgl. ebd. Das Bild „Nach der Taufe“ von Ludwig Knaus ist 1860 entstanden und leider verschollen. 970 Ludwig Knaus, Brief vom 6. Dezember 1858; zit. nach Russ 1979, S. 27. 971 Zit. nach Allgeyer 1904, Bd. 1, S. 200; vgl. auch Russ 1979, S. 27. 972 Vgl. Pariser Lehrjahre 2015, Bd. II, S. 122–128. 973 Tilmann Osterwold beschrieb das Zusammenspiel einer letztlich von materiellen Erwägungen getragenen Künstlerexistenz und ein auf Erwerb und Besitz gerichtetes bürgerliches Streben fol-

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dem entgegen, was der bürgerliche Kunstliebhaber wünschte und schätzte. Der durchschnittliche französische Ausstellungsbesucher unterschied sich hierin offenbar wenig von dem deutschen.974 1865 präsentierte Sachse dem Berliner Publikum Knaus’ Gemälde „Der Taschenspieler“ (Abb. 268). Theodor Fontane, der für die Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung ebenfalls aus Sachses Salon berichtete, hatte das Bild hier gesehen und es als „ersten Ranges – auch unter den Werken dieses Meisters eins der vorzüglichsten, wenn nicht überhaupt das vorzüglichste“ bezeichnet.975 Es sei wunderbar in der technischen Behandlungsweise, subtil und genialisch zugleich: „Das Bild ist so bedeutend, es nicht gesehen zu haben ein Verlust.“976 Wenn Fontane zur Charakterisierung des „Taschenspielers“ weiter bemerkt: „Poetisch von Grund auf, Romantik und Humor in glücklicher Einigung“,977 so sieht er damit die Erfordernisse des Genres erfüllt. „Das Genre appelliert an das Gemüt“978 hatte er anlässlich der Berliner Kunstausstellung von 1864 gegenüber einem weiteren Bild von Knaus festgehalten.979 Das Herz fordere diesen Dingen gegenüber sein Recht und verlange irgendetwas, einen „sentimentalen oder einen humoristischen oder am besten vielleicht einen poetischen Zug“.980 In der heiteren, leuchtend warmen Farbwirkung des Bildes sprach sich gleichsam der Einfluss jenes in Paris verbreiteten Kolorismus aus, der auch von der deutschen Kritik beschworen wurde.981 In der Technik der Farbenbehandlung wurde den Franzosen nach wie vor die Meisterschaft zugebilligt. Als Sachse eine Reihe von Hauptwerken u. a. von Robert-Fleury, Biard und Gallait ausstellte, kommentierte Schasler: „[...] was zunächst

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gendermaßen: „Das Verhältnis von Kunstproduzent und Kunstkonsument funktioniert. Das daraus resultierende glückliche Verhältnis von Angebot und Nachfrage forciert die Preise. Der Käufer erwirbt Gefühlswerte in Wertobjekten“; vgl. Osterwold 1980, S. 109. Im Frühjahr 1853 hatte Knaus das Gemälde „Der Morgen nach dem Fest“ im Pariser Salon präsentiert und wurde dafür von Besuchern und Kritikern mit Lobeshymnen besungen. Ludwig Pietsch, der auch eine Knaus-Monographie verfasste, bemerkte rückblickend zu diesem Bild: „Wenn es damals den geschilderten großen und allgemeinen Erfolg hatte, so dankt es ihm dennoch nicht unwesentlich auch dem Eindruck des dargestellten Vorganges auf die Phantasie und Gemüt des Beschauers und nicht allein seinen eminenten rein malerischen Vorzügen“; vgl. Pietsch 1896, S. 10. Vgl. Theodor Fontane: „Sachses permanente Gemäldeausstellung“, in: Neue Preußische (Kreuz-) Zeitung, Nr. 18, Januar 1865, in: Fontane 1970, S. 323. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Theodor Fontane: „Berliner Kunstausstellung 1864“, in: ebd., S. 270. Es handelte sich bei der Besprechung um das Bild „Die Passeyrer Raufer“, das 1864 auf der Berliner Akademieausstellung zu sehen war (heute in der Galerie G. Paffrath, Düsseldorf ). Fontane berichtet von der relativ kühlen Aufnahme, die das Bild hier erfuhr, seines Erachtens, weil es den Appell an das Gemüt schuldig bliebe; vgl. Ausst.-Kat. Knaus 1979, S. 159, Nr. 73. Vgl. Theodor Fontane: „Berliner Kunstausstellung 1864“, in: Fontane 1970, S. 270. Wie der Ausstellungskatalog zu diesem Bild berichtet, wurde die Anlehnung an französische Malerei von der zeitgenössischen Kritik durchaus erkannt; vgl. Ausst.-Kat. Knaus 1979, S. 157, Nr. 67.

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im Allgemeinen den Eindruck betrifft, den diese fremden Werke im Gegensatz zu denen unserer einheimischen Künstler hervorbringen, so dürfen wir uns nicht verhehlen, dass selbst unsere besten Koloristen an diese Feinheit des Kolorits, an diese Noblesse der Farbe überhaupt, namentlich aber an die Meisterschaft in der Verarbeitung und Unterordnung der Lokalfärbung unter die harmonische Grundbetonung nicht heranreichen.“982 Tatsächlich war es gleichsam die leuchtende Farbenglut jenes anfangs erwähnten Knaus-Gemäldes „Nach der Taufe“, die den Schriftsteller Ludwig Pietsch noch Jahre später in Schwärmerei versetzte (Abb. 267). Pietsch erinnerte sich sogar noch genau an die Platzierung des Gemäldes in Sachses Salon: „Ich sehe in der Erinnerung noch immer das Bild auf seinem Platz an der Wand des Sachse’schen Salons, der breiten Treppe gegenüber, auf der man aus dem vorderen Raum der Kunsthandlung zu jenem hinaufstieg. In der tiefen und milden Glut seiner Farbe leuchtete es weithin und erzeugte ein eigenthümlich sinnlich poetisches Wohlgefühl, schon ehe man die einzelnen Gestalten und Köpfe unterscheiden und an der unvergleichlichen Kunst der Malerei des Bildes sich erbauen konnte.“983 Max Jordan, der erste Direktor der Berliner Nationalgalerie, schrieb im Jahre 1880, „dass Knaus als der erste deutsche Maler seines Fachs dasteht, der Weltruf erworben hat“.984 Er konnte dem Maler von „Weltruf“ Ludwig Knaus nun Adolf Menzel zur Seite stellen: „Im Ansehen, in der Bewunderung der Nation, für die sie tätig sind, stehen sie auf so hoher Stufe, dass ihnen nur das Bewusstsein, trotz aller Verschiedenheit nebeneinander zu gehen, das Gefühl einer gewissen Vereinsamung fernhält.“985 Sachse hatte bereits in den 1850er und 1860er Jahren beide Künstler mit jeweils sieben Arbeiten dem Publikum in seinem Salon vorgestellt. Dabei sind Knaus und Menzel nur ein beispielhaftes Paar von vielen, die hier „trotz aller Verschiedenheit nebeneinander“ präsentiert wurden. Die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Kunstströmungen in Sachses Salon war Programm, und noch dazu eines, das auch der Kunstkritik durchaus entgegenkam. Es macht sogar den Eindruck, als seien die Kritiker (ganz in Sachses Sinn) auch deshalb so interessiert daran gewesen, aus Sachses Galerie zu berichten, weil sie hier immer einige aktuelle Werke fanden, die ihren jeweiligen Vorstellungen mehr als andere entsprachen, wobei gleichzeitig die Möglichkeit des Vergleichens und Abgrenzens von anderen malerischen Tendenzen gegeben war. Zuweilen trat eine solche Gleichzeitigkeit des Ungleichen den Besuchern der Ausstellung besonders drastisch vor Augen. So besprach etwa Max Schasler im März 1862 zuerst ausführlich Karl Müllers Gemälde „Die heilige Familie“, das er als ein „Meisterwerk“ von „erstem Rang“ bezeichnete, um anschließend auf den bei Sachse zur selben 982 Vgl. Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 39, 27. September 1863, S. 298f. 983 Ludwig Pietsch, zit. nach Kern 1934, S. 8. 984 Max Jordan: „Ludwig Knaus“, in: Nord und Süd, 14. Bd., 1880, S. 119; hier zit. nach Bringmann 1979, S. 68. 985 Vgl. ebd.

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Zeit ausgestellten Franz Lenbach zu sprechen zu kommen (Abb. 269): „Wir müssen dem Leser einen weiten Sprung zumuthen, nämlich zu Lenbachs ‚Italienischem Hirtenjungen‘. Dort der reinste, fast hätten wir gesagt reinlichste Idealismus, hier der konkrete schmutzige Realismus.“986 Das ginge sogar noch „über die schmutzigen Stiefel von Menzels ‚Friedrich II.‘“ hinaus, so Schasler. „Nichtsdestotrotz“ sei es „ein merkwürdiges, ja in koloristischer Beziehung bewunderungswürdiges Bild“.987 Wilhelm Lübke wiederum entzückten Kompositionen wie die „Große Waldlandschaft“ von Valentin Ruths, da hier „die Landschaft mal wieder in idealer Glorie“ zu sehen sei, „wie sie sich in heutiger realistischer Zeit selten“ zeigen würde.988 Eben dieses Werk zusammen mit den beiden „ziemlich großen Bildern“ von Georg Jabin, ebenfalls aus Düsseldorf und ebenfalls Landschaften, würden den „Künstler verrathen, dem es nicht wie der Mehrzahl der heutigen Künstler genügt, die Oberfläche der Natur abzuschreiben, sondern der in die Tiefe ihres Wesens zu dringen verstrebt“.989 Das „landschaftliche Element“ sei bei Sachse „überhaupt bei Weitem am zahlreichsten vertreten, wenngleich die übrigen Bilder sich nicht zur Tiefe der drei genannten versteigen“.990 Wieder wurden idealistische und realistische Tendenzen gegenübergestellt. Gleichsam wird auch aus Schaslers Berichten deutlich, dass es vor allem Landschaften waren, die nicht nur in großer Anzahl präsentiert wurden, sondern auch in unterschiedlichen Ausdrucksformen bei Sachse zu sehen waren. So informierte Sachsler im Juni 1857 in den Dioskuren: „Die große Menge der in der letzten Woche zur Ausstellung gekommenen und fast täglich wechselnden Werke muß es entschuldigen, dass wir diesmal in Rücksicht auf eine Anzahl bedeutender Sachen post festum kommen. Hierzu gehören namentlich die Preller’schen Landschaften zur Odyssee [...] Außer diesen Cartons sind von Preller noch einige andere landschaftliche Zeichnungen, meist von nordischen Küstenregionen, sowie eine ziemlich große Zahl von Aquarellen und Ölskizzen ausgestellt, welche dasselbe ernste und gehaltvolle Streben nach Stilisierung bekunden.“991 Sachse stellte also nicht nur „idealisierte“ und „realistische“ Landschaften gleichzeitig zur Schau, sondern immer auch Gemälde, Ölskizzen, Kartons, Zeichnungen und Aquarelle. Dabei war der Übergang von der Ölskizze, wie sie auch in Sachses „privater“ Sammlung überwiegend anzutreffen war, zum Gemälde zunehmend fließend bzw. lag

986 Vgl. Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 10, 9. März 1862, S. 77f. 987 Vgl. ebd. Es ist auffällig, dass immer wieder Menzel für bestimmte Vergleiche herangezogen wird. Er wurde schon damals offenbar als eine Art „Prototyp“ für einen Berliner „Sonderweg“ gehandelt. 988 Wilhelm Lübke, in: Deutsches Kunstblatt, Nr. 44, 1. November 1855, S. 391. 989 Vgl. ebd. 990 Vgl. ebd. 991 Vgl. Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 12, 12. Juni 1957, S. 111f.

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mehr oder weniger im Auge des Betrachters.992 Bei Künstlern wie Menzel oder in früheren Zeiten bei Blechen waren sich die Kritiker, wie angedeutet, hier zuweilen uneinig. Es ist daher von größtem Interesse darauf hinzuweisen, dass Sachse offenbar auch seine private Skizzensammlung den Besuchern seines Salons und dann der permanenten Gemäldeausstellung zugänglich machte. Noch im Jahr 1851, also vor der Eröffnung der permanenten Galerie, empfahl Alexander Cosmar in seinem „Neuesten und vollständigen Wegweiser durch Berlin und Potsdam“ allen Berlinreisenden: „Sehr sehenswerth sind die Kunst-Magazine der Herren L. Sachse und Co., Jägerstraße 30, in welchen stets alle neueren Malerschulen reich vertreten sind. Von besonderem Interesse ist deren Privat-Oelskizzen-Sammlung.“993 Leider wird aus den Berichten in den Gazetten und auch aus dem hauseigenen „Rückblick“ nicht immer klar, was in der permanenten Ausstellung von einzelnen Künstler denn nun genau zu sehen war, also ob etwa eine Skizze, ein Gemälde oder ein Aquarell gezeigt wurde. Doch schon die Tatsache, dass Sachse die anerkannten Salonmaler wie Delaroche, Winterhalter oder Lepoittevin neben den Freilichtmalern der jüngeren Generation wie Corot, Troyon, Rousseau oder Diaz ausstellte, wird deutlich wahrgenommen worden sein. Die Bewertungen fielen auffallend unterschiedlich aus. Sachse hob eine große Anzahl französischer Künstler in seinem „Rückblick“ hervor, darunter Troyon und Diaz. Die Publizistik aber, die über seinen Salon berichtete, schrieb lieber über die preußischen oder zumindest die deutschsprachigen und die „niederländischen“ Künstler und erwähnte im Gegensatz zu den 1830er und 1840er Jahren nur wenige französische Werke. Ein Grund neben vielen könnte hierfür gewesen sein, dass Sachse oft kleinere Gemälde und Skizzen ausstellte. So deutet es zumindest Max Schasler 1863 an: „Wir erinnern uns nicht, jemals soviel berühmte Namen fremder Meister ersten Ranges in der Permanenten vereinigt gesehen zu haben, als in gegenwärtigem Augenblick, da Werke von Robert-Fleury, de Curzon, Biard, Gallait, Leys, Zona, und etwa nicht kleinere Arbeiten oder halbausgeführte Skizzen, sondern meist umfangs- und figurenreiche Gemälde von Bedeutung ausgestellt sind.“994 Die „umfangs- und figurenreichen Gemälde“ waren es, denen man „Bedeutung“ beimaß und Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ. Als bezeichnend mag in dieser Hinsicht Schaslers Besprechung des Gemäldes von Troyon, einem der wenigen von der Kritik namentlich erwähnten Barbizon-Künstler, angesehen werden, das Sachse 1861 in seinem Salon ausstellte: „Das Hauptbild in diesem Gebiete, Troyons ,La vallée des Toupes‘, welches eine Wiesenlandschaft mit Rindvieh darstellt, hat in der Gesamtwirkung, namentlich in einer Entfernung von zehn Schritten, viel Schönes und besitzt eine ungemeine Kraft der Naturwirkung in der Luftperspektive und in der Beleuchtung; aber die affektirte Rohheit der 992 Vgl. zu Sachses privater Sammlung und zur Ölskizze das Kapitel IV.1.c, „Händler und Mentor / Pretia affectionis“. 993 Vgl. Cosmar 1851, S. 60. 994 Vgl. Max Schasler: „Die Permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 39, 27. September 1863, S. 298f.

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Behandlung, im Verein mit der prätensiösen [sic] Größe des Rahmens, welcher nur für Historiengemälde passend wäre, nimmt dem Werke viel von seinen Vorzügen.“995 Nicht weniger erstaunlich scheint es zu sein, dass ein Künstler wie Arnold Böcklin vor 1870 in den publizierten Besprechungen des Sachse’schen Gemäldesalons keinerlei Erwähnung findet. Dabei hatte Sachse selbst die Namen von Böcklin ebenso wie etwa jenen von Lenbach in seinem 1865 veröffentlichten „Rückblick“ bereits durch Fettdruck hervorgehoben und ihnen damit eine gewisse Bedeutung beigemessen. Von Lenbach hatte er neben dem bereits erwähnten „Hirtenjungen“ (Abb. 269) noch eine weitere Arbeit gezeigt. Von Böcklin präsentierte er zwischen 1861 und 1865 sogar drei Werke, die mit 100, 120 und 200 Fr. d’Or ausgezeichnet sind. Den Preisen zufolge darf angenommen werden, dass es sich hierbei mitnichten um Zeichnungen oder um Aquarelle, sondern wahrscheinlich um (kleinere) Ölbilder gehandelt hat. Böcklins Kontakt nach Berlin lief vorrangig über dessen freundschaftliche Verbindung zu dem hiesigen Künstler Rudolf Schick, den er 1865 in Rom kennengelernt hatte.996 Schick habe die Stadt in Böcklins Bewusstsein gebracht, sodass er nach ihrer Rückkehr im Herbst/Winter 1870 dem Verein Berliner Künstler zwei Bilder zur Ausstellung sandte. Der Berliner Kollege konnte jedoch von keinem Kaufinteresse berichten, sodass die Werke in die Galerie Schack nach München gingen.997 Schon 1861 war Sachse nach Weimar gefahren, um die dortige, erst im Jahr zuvor gegründete Kunstakademie aufzusuchen. Hier lehrten, allerdings nur für kurze Zeit, der einer wirklichkeitsnahen Landschaftsmalerei verpflichtete Stanislaus Graf Kalckreuth, die Münchener Piloty-Schüler Franz Lenbach und Georg Conräder – sowie der Schweizer Arnold Böcklin. Die Hoffnung der jungen Maler, „an dem Hof des Großherzogs Alexander von Sachsen-Weimar die Chance zu bekommen, einer neuen, weniger regelhaft-konventionellen Malschule zum Durchbruch zu verhelfen“, sollte jedoch an der „ausschweifenden Lebensführung des Provinzfürsten, der die Malkolonie lediglich als 995 Max Schasler: „Sachses Permanente Gemälde-Ausstellung“, in: Die Dioskuren, Nr. 46, 17. November 1861, S. 393. 996 Vgl. Wesenberg 2001, S. 75f. Angelika Wesenberg beschreibt die Anfänge einer Beziehung Böcklins zu der für ihn nördlich-fernen Stadt Anfang der 1870er Jahre. Diese hatte mit der Verbindung zu dem Berliner Maler Rudolf Schick begonnen, den er in Rom am 1. Dezember 1865 im Café Greco in Rom kennengelernt hatte. Schick folgte Böcklin aus Verehrung nach Basel und half ihm bei der Ausführung der Wandgemälde im Treppenhaus des dortigen Museums. Als der Berliner 1869 in die preußische Hauptstadt zurückkehrte, erwog Böcklin um 1870 und nochmals um 1883, sogar hier zu leben. Er hatte Freunde in Berlin, die expandierende Stadt versprach ein besseres Einkommen, doch entschied er sich dagegen. In einem Brief an einen Freund schrieb der Künstler 1883 aus Florenz: „Muß ich oder kann ich den Ekel überwinden und mitgehen nach dem jebildeten Berlin, wo allein es mir möglich wäre zu existieren“; vgl. Böcklin-Memoiren 1910, S. 255, hier zit. nach Wesenberg 2001, S. 75. 997 Es handelte sich bei den hier ausgestellten Bildern um „Ein Mörder von Furien verfolgt“ und „Ideale Frühlingslandschaft“; vgl. Ausst.-Kat. Böcklin 2001, Nr. 35 und 37. Zu dem fehlenden Kaufinteresse in Berlin, vgl. Böcklin-Memoiren 1910, S. 182f. (Brief vom 2. April 1871), hier zit. nach Wesenberg 2001, S. 76.

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kapriziöses Schmuckstück seines Hofstaates ansah“, scheitern.998 Lenbach und Böcklin verließen Weimar bereits nach anderthalb Jahren wieder. Später schrieb Kalckreuth über die Stimmung in Weimar: „Wenn der Großherzog nur adelige Maler bei sich sehen will, so soll er gar keine sehn; ich verzichte gern auf das Vergnügen zu antichambrieren. Das Traurigste ist, dass der Geist, der solche Wege geht, eine freie Kunstschule schaffen will, und der Zopf hängt ihm hinten. Weil Lenbach, Böcklin und Conräder keine gentilen Persönlichkeiten waren, waren sie unbeliebt.“999 Auch Sachse spürte offenbar die angespannte Atmosphäre und notierte in seinen Tagebüchern über den Aufenthalt: „Weimar ist ein deutsches Gaunerloch, beutet den Ruhm einiger großer deutscher Namen aus, und kann doch herzlich wenig bieten.“1000 Die oben genannten Künstler jedoch suchte er persönlich auf, von Conräder ließ er sich direkt Bilder nach Berlin schicken.1001 Alle Genannten waren schließlich mit Werkbeispielen in der permanenten Ausstellung vertreten. Sicher ist, dass Sachse auch in den nächsten Jahren Böcklin in seiner Galerie zeigte. Als das früheste bekannte Gemälde, das in eine Berliner Sammlung gelangte, gilt die Darstellung der „Maria Magdalena“ aus dem Jahre 1870 (Abb. 241).1002 Werke von Böcklin waren in diesen Jahren immer wieder Anlass für erhitzte Debatten: „Wo immer ein Bild von ihm erscheint, ist die Arena für ästhetische Schlachten eröffnet, denn die ganze Art dieses eigensinnigen Genies ist wie geschaffen, um Widerspruch zu erregen“, schrieb Otto von Leixner 1878.1003 Als das Gemälde: „Landschaft mit Furien“ 1871 in Berlin gezeigt wurde, empörte man sich in den Dioskuren: „[D]as Bild ist nichts weiter als korrupt und in höchstem Maße trivial und prosaisch.“1004 Auch die Beurteilungen der bei Sachse gezeigten Arbeiten gingen wohl in etwa so weit auseinander wie die für die Werke angesetzten Preise. Von den zwischen 1853 und 998 Im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach regierte seit 1853 Karl Alexander, der Enkel jenes August, unter dessen Regierung Goethe, Wieland, Herder und Schiller in Weimar wirkten und die großherzögliche Residenz zeitweilig zur Literaturhauptstadt Deutschlands erhoben hatten: „Das einst als Zentrum der Auseinandersetzungen um Nation und Menschenbildung angesehene ,Ilm-Athen‘ war inzwischen wieder ins provinzielle Abseits geraten. Nun wollte der junge Großherzog mit Hilfe der Ton- und Bildkünste erneut Glanz und Bedeutung schaffen. Franz Liszt war schon als Hof-Kapellmeister dort und warb für Richard Wagners neue Musik. Dazu wurden nun malende Aristokraten an den Hof gezogen und die Restaurierung und Ausmalung der Wartburg geplant. Den hohen Vorsätzen standen jedoch zwei Hindernisse entgegen: das höfisch-aristokratische Denken Karl Alexanders und die beschränkten Mittel, die ihm die Zivilliste des Staatshaushaltes zur Verfügung stellte. So konzentrierte er sich mehr darauf, den anachronistisch gewordenen ,Musenhof‘ zu restaurieren, als die Stadt zu einem freien Ort der Künste zu machen. Zu der jungen Kunstakademie in Weimar und der Beeinflussung durch die Lebensführung des Fürsten“; vgl. Ranke 1986, S. 79–94. 999 Stanislaus Graf von Kalckreuth, ohne nähere Angaben, zit. nach Ranke 1986, S. 88. 1000 Vgl. Anhang 1. 1001 Vgl. ebd.: „Atelier von Conräder, welcher neue Bilder zu schicken verspricht“. 1002 Vgl. Ausst.-Kat. Raczynski 1992, Nr. 13. 1003 Vgl. Leixner 1878, Bd. 2, S. 9. 1004 Vgl. Die Dioskuren, 16. Jg., 1871, S. 53.

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1865 in Sachses permanenter Ausstellung präsentierten Künstlern markierten die Inhaber selbst alle Preisangaben, die 100 Friedrichsdor oder mehr erreichten. Unter den insgesamt 1207 aufgelisteten Künstlern waren demnach nur 207 Maler, für die das zutraf. Zusammengefaßt ergibt sich folgende Statistik: 100 bis 200 Fr. d’Or = 122 Künstler (vgl. Künstlerliste in Anhang 3a) 200 bis 299 Fr. d’Or = 35 Künstler (Ainmiller; August Becker; de Bièfve; Böcklin; Decamps; Clara Denicke; Dubufe; Ernst Erwald; Fohr; Fourmois; Freese; Grund; Gude; Hamman; P. H. Happel; Henning; H. Herzog; Ed. Hildebrandt; Jacob Hoff; H. Hofmann; G. Jabin; Baron Jolly; Isabey; Wilhelm von Kaulbach; Friedrich Kaulbach; Meyer von Bremen; Nocken; Nuyen; Radtke; Ch. Schlesinger; H. Schlesinger; Slingeneyer; Tidemand; Vautier; A. Wagner) 300 bis 399 Fr. d’Or = 8 Künstler (Jakob Becker; Czermak; E. Jacobs; Jacob Jacobs; Koekkoek; Madou; Rosenfelder; Verboekhoven) 400 bis 499 Fr. d’Or = 13 Künstler (Carl Begas; Bellangé; Dieffenbach; Eduard Ender; Robert-Fleury; Flüggen; Hammel; Julius Müller; Neher; van Schendel; Schrader; Schreyer; Carl Werner) 500 bis 599 Fr. d’Or = 8 Künstler (Bossuet; Geselschap; Kretschmer; Mücke; von Rustige; Schmitson; Sohn; Zona) 600 bis 699 Fr. d’Or = 6 Künstler (Bendemann; Gudin; Hasenclever; Nicutowsky; Schwerdtgeburth; d’Unker) 700 bis 799 Fr. d’Or = 1 Künstler (Carl Müller) 800 bis 899 Fr. d’Or = 4 Künstler (Rosa Bonheur; Rudolph Koller; Troyon; Verheyden) 1000 bis 1100 Fr. d’Or = 2 Künstler (Gallait; Leutze) 1200 bis 1300 Fr. d’Or = 4 Künstler (Calame; Knaus; Ary Scheffer; Tschaggeny) 2000 Fr. d’Or und mehr = 2 Künstler (von Bayer; Leys) 3000 Fr. d’Or und mehr = 2 Künstler (Delaroche; Lessing) Leider wird nicht ganz klar, ob die Werke für die angegebenen Preise tatsächlich auch immer verkauft wurden, oder ob es sich hier nur um diejenigen Werte handelt, für die die Bilder bei Sachse angeboten worden sind. Auffällig ist jedoch, dass unter den hochpreisig angesetzten Werken, etwa ab einer Preisgrenze von 300 Fr. d’Or und darüber, sich fast nur noch Maler aus Düsseldorf und ausländische Künstler befinden. Sachse stellte andererseits enorm viele als „unverkäuflich“ bezeichnete Werke aus. Von den rund 4000 Arbeiten sind 1013 Exponate, also etwa ein Viertel, mit einem Querstrich als nicht verkäuflich bezeichnet. Diesen reinen Ausstellungsexponaten maß Sachse eine

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hohe Bedeutung bei, wie aus der veröffentlichten Liste ebenso wie aus einigen seiner Briefe herauszulesen ist. Unter Galeristen

Selbstverstänlich ging es in Sachses Kunsthandlung vor allem darum, Kunstwerke zu verkaufen. Gleichzeitig aber verfolgte Sachse mit seiner Galerie neben dem kaufmännischen ein künstlerisches Programm, wofür er Eintritt nahm und womit er seinen Abonnenten einen entsprechenden Kunstgenuss bieten wollte. Sachse präsentierte seinem Publikum eine „permanente Ausstellung“ – und kein reines „Verkaufslokal“ wie etwa Lepke.1005 Bis 1865 stellten Sachse und Sohn von 433 der insgesamt 1207 Künstler unverkäufliche Arbeiten aus. Es waren auffallend viele Düsseldorfer darunter, aber auch Berliner Künstler wie Franz Krüger, Eduard Magnus und Carl Blechen, von denen in der permanenten Galerie ausschließlich unverkäufliche Werke zu sehen waren. Von dem Blechen-Schüler Carl Graeb wurden sieben Exponate gezeigt, die nicht zu erwerben waren. Nicht unerwähnt bleiben sollen aus dieser beispielhaften Auswahl außerdem die Rumohr-Schüler Friedrich Nerly und Christian Morgenstern oder auch Ferdinand Waldmüller. Eine ganze Reihe Franzosen sind ebenfalls in diesem Zusammenhang zu nennen. Etwa von Corot, Diaz, Duval Lacamus und Meissonier wurden ausschließlich unverkäufliche Bilder präsentiert. „Neue Besen kehren gut“, hatte Sachse im März 1857 an seinen Sohn nach Paris geschrieben.1006 Das Beschaffen insbesondere größerer ausländischer Arbeiten war jedoch mit hohen Transportkosten verbunden: „Das frist immer den ganzen Profit fort. Ich werde in Paris auch nur das nehmen, was ich mit der Zeit hierher abzusetzen glaube, um die verdammte Rückfracht zu sparen. Überdies ist der Zug nach franz. Sachen nicht mehr, welcher früher war. Düsseldorf dominiert hier stark“, erklärte Sachse das Taktieren zwischen seinen kaufmännischen Interessen und dem Anspruch an das künstlerische Programm seiner Galerie.1007 Aus den Briefen, die Sachse seinem Sohn 1857 nach Paris schrieb, wird deutlich, welche Rolle die Sammler zeitgenössischer Kunst, die ihre Galerie nicht selten der Öffentlichkeit zugänglich machten, für den Händler und Galeristen einnahmen. Natürlich waren sie vor allem als potentielle Käufer von Interesse. Sachse sandte ihnen in der 1005 Schasler schrieb über Lepkes Einrichtung, dass diese „weniger als permanente Ausstellung wie als Verkaufslokal zu betrachten“ sei; vgl. Max Schasler: „Die Berliner Central-Ausstellung von Meisterwerken der bildenden Kunst“, in: Die Dioskuren, Nr. 38/39, 17. und 24. September 1865, S. 316. Auch im „Rückblick“ aus dem Jahre 1865 wird sich eindeutig von „anderen Kaufhandlungen“ abzugrenzen versucht; vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4. 1006 Vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 20. März 1857. 1007 Vgl. ebd.

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Hoffnung neuer Aufträge die Kataloge der französischen Kunstauktionen zu: „Ich habe von Paris, außer von Dir, 29 Cataloge der Auctionen bekommen und sogleich herausgeschickt. Aufträge sind noch nicht eingegangen“, wie er etwa im Mai 1857 schrieb.1008 Sachse war um ein respektvolles, auf Vertrauen basierendes Verhältnis mit den Sammlern bemüht. Denn für das Ausstellungsprogramm seiner permanenten Gemäldegalerie war ihm nicht nur der Verkauf wichtig, sondern auch, dass ihm die Besitzer bedeutender Privatgalerien ausgesuchte Werke zu Ausstellungszwecken ausliehen. Vor diesem Hintergrund schrieb er im April 1857 an seinen Sohn nach Paris: „Herr Jacobs und Familie werden Anfang Mai eintreffen und sich gleich bei G. [Goupil] melden. Unterdeß wird der Antonius, den ich an Euch zur Beförderung zur Ausstellung beförderte, wohl längst angekommen seyn. Biete ja Herrn J. [Jacobs] deine Dienste an, auch mit ihm wirst du in Zukunft viel zu verkehren haben. Seine 4 Bilder Schrader, Verboeckhoven, Hildebrandt und Gudin waren 4 Wochen meine besten Zugnägel. Jetzt hat er mir wieder seinen großen Flüggen und Menzel hergeliehen. Das hilft und kostet wenig Zynsen.“1009 Ludwig Jacobs (1794–1879) war erfolgreicher Zuckerfabrikant und Stadtrat in Potsdam.1010 Er besaß eine bedeutende Kunstsammlung. Von allen sechs genannten Künstlern hatte er Sachse großformatige Bilder ausgeliehen, darunter Schraders „Der hl. Antonius“, eine „Große Seeschlacht“ von Gudin und Menzels „Flötenkonzert“. Die Episode zeigt gleichsam, dass Sachse seine Ausstellungsexponate für seine permanente Galerie, zumal die ausländischen, nicht ausschließlich von den Künstlern selbst oder über andere Händler bezog, sondern auch die privaten Sammler ihre eingekauften Werke zu Ausstellungszwecken auf Reisen schickten. So war Schraders „Antonius“ offensichtlich nicht nur bei Sachse zu sehen, sondern wurde von diesem anschließend nach Paris zu Goupil „zur Ausstellung befördert“.1011 Auch an Delaroches „Pilgern“, im Besitz von Athanasius Raczynski, war Goupil interessiert (Abb. 245). Er hatte Sachse darum gebeten, sich für ihn einzusetzen. „Aber auf die Pilger von Raczynski möchte G. [Goupil] nicht mehr rechnen, ich habe bei dem ungefälligen Grafen mein Möglichstes gethan“, wie Sachse über seinen Sohn mitteilen ließ.1012 Immer mehr Sammler reisten zudem selbst nach Paris. Im Frühjahr 1857 war Jacobs mit seiner Familie in der Stadt an der Seine, aber auch Sachses „Freunde Prof. Krause und C. Rath [Kommerzienrat] L. Ravené“, die sich bei Sachse jun. melden würden. Wiederholt mahnte der Vater den Sohn, diesen Sammlern „seine Dienste“ anzubieten: „Zeige dich liebenswürdig und gefällig, du wirst die beiden in der Folge nöthig haben 1008 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. Mai 1857. 1009 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. April 1857. 1010 Vgl. Falk 2006. 1011 Anfang Mai 1857 bestätigt Sachse jun. die Ankunft von Schraders „Der hl. Antonius“ bei Goupil; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. 1012 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 6. März 1857.

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und sie können dir sehr nützlich werden.“1013 Insbesondere Letzteren sollte er „nicht aus den Augen“ lassen und jede Gelegenheit benutzen, dessen Vertrauen zu gewinnen: „Das ist für dich von enormer Wichtigkeit.“1014 Sammler wie Ludwig Jacobs oder auch Louis Ravené, „der in bunter Kunst macht“, wie der junge Sachse schreibt,1015 arbeiteten zunehmend regelmäßig mit den Kunsthandlungen und Kunstvereinen zusammen, die sich ihrerseits auf ein Zusammenspiel einstellten. So schrieb Sachse im Februar 1857: „Außerdem schicke ich auch eine persönliche Lieferung in Glas und Rahmen von Delaroche mit, welche Ravené gehört, und die ich mir für diese Ausstellung erbeten habe. R. [Ravené] ist geneigt sie zu verkaufen, oder zu vertauschen, vielleicht kann G. [Goupil] damit ein Geschäft machen, er möge deshalb mit Ravené, den er gewiß öfter sehen wird, sprechen.“1016 Es handelte sich um eine Delaroche-Zeichnung, die Sachse bei sich ausgestellt und nun an Goupil weitergeschickt hatte.1017 Ravené wollte verkaufen oder vertauschen und so vermittelte der eine dem anderen Händler ein mögliches Geschäft und dem Sammler eine Option. Erneut wird deutlich, dass sich das Netz der Künstler, Händler und Sammler immer mehr ausweitete und zunehmend international organisierte. Auf Vertrauen basierende Abmachungen spielten dabei nach wie vor eine wichtige Rolle: „Grüß Ravené und sage ihm, dass zu meinen größten Freuden Robert Fleury an der Stelle von Delaroche die Friedensklasse des pour le mérite erhalten hatte. Gestern brachte mir Herr A. von Humboldt diese Nachricht, Du kannst ihm [Ravené, d. V.] dies anzeigen in meinem Namen und zugleich um das längst versprochene Bild bitten.“1018 Schon vier Wochen zuvor hatte Sachse sein eigentliches Anliegen angesprochen: „Ravené kannst du sagen, dass ich mich ungemein über das mir zugedachte Meisterwerk freute. Ich kenne es sehr wohl und wünsche ihm Glück für den Besitz. Gern erbiete ich mich zur Tragung der Versendungskosten, wenn er es mir zur Ausstellung gestatten will. Es könnte dann gleich an mich adressiert werden und wird dann nicht doppelt transportirt. Und ebenso kann es ja auch mit dem Knauschen Bilde gehalten werden, so spart er doch die bedeutenden Kosten“ und fügte im selbem Brief bekräftigend hinzu: „Lieber Louis, der Fauconnier [Gemälde von Thomas Couture, Abb. 270; d. V.] muß zu mir. Er ist das größte Meisterstück, das ich kenne. Der glückliche Ravené. Aber Sorge, dass ich ihn bekomme.“1019 1013 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 23. Februar 1857. 1014 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 14. April 1857. 1015 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. 1016 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 23. Februar 1857. 1017 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 6. März 1857. 1018 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. April 1857. 1019 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 20. März 1857. Thomas Couture hatte 1844/45 ein Gemälde mit diesem Titel gemalt. Tatsächlich befand sich „Der berühmte Edelknabe von Couture“ in Ravenés Sammlung in Berlin, wo es Max

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Nur wenige Tage später antwortete der Sohn: „Mein lieber Vater! Ravené konnte ich noch nicht inzwischen treffen, indessen hat er mir ja das Bild: Fauconnier bestimmt versprochen und ich will ihm sobald ich ihn sehe, den Vorschlag, es direct an dich gelangen zu lassen, mittheilen und glaube ich unbedingt, dass er dies auch willens ist. Jedoch wiederhole ich dir, dass ich aus seinen Worten zu vernehmen glaubte, dass er gern eine Wohlthätigkeitssache damit verbunden wissen möchte!“1020 Der Sammler knüpfte den Verleih seiner Bilder also an eine Bedingung. Er kaufte in Paris weiterhin „tüchtig“ ein und versprach dem Junior, mit dem er offenbar regelmäßig durch die Ateliers „wanderte“, Sachse später „Alles [...] zur Ausstellung zu leihen“.1021 Am 8. Mai 1857 kehrte Ravené nach Berlin zurück. Am 25. Mai 1857 berichtet Sachse, dass der Sammler „fast täglich“ bei ihm gewesen sei und „viel Gutes“ von den gemeinsamen Atelierwanderungen mit Louis Sachse jun. erzählt habe.1022 Dabei hatte sich Ravené, entgegen Sachses Erwartungen, dazu entschieden, der „Wohltätigkeitssache“ und damit dem Kunstverein und nicht der permanenten Gemäldeausstellung den Vorrang zu geben. Sachse war merklich enttäuscht: „Ravené stellt seine 5 neuen Bilder zusammen im August zum Besten zweier Familien im Kunstvereinslokal aus. Er hofft auf 1200 rt Einnahmen und sagte solch ein Resultat wäre bei mir doch nicht zu erzielen, wenn es um die Hälfte ginge und die Abonnenten frei wären. Da hat er recht und bei solchen enormen Erwartungen ist mir sein übrigens gemeiner Entschluß, ganz recht. Er hätte bei späterer Ablieferung eines Antheils von ca. ein Paar Hundert Thalern glauben können, ich habe ihn übervortheilt. Geh mir doch mit den sogenannten Freunden. Schulte in Düsseldorf hat er das Bild 3 Wochen selbst ohne Transportkosten gelassen, und außerdem, um sich in D. [Düsseldorf, d. V.] wichtig zu machen, bei Schulte 3 höchst mittelmäßige Bilder gekauft, nicht ein Haar so gut, wie ich Dutzendeins und billiger hier habe, aber das Ausland und immer das Ausland. – Jetzt macht er sich hier wieder für die Armen wichtig. Ich habe ihn jetzt kennen gelernt. Man braucht nur ein offener, gerader Mann zu seyn, dann hat man es mit diesen [unleserlich, d. V.]kerlen Liebermann gesehen hat: „[E]s ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn ich behaupte, dass er bis zum Französischen Krieg als das schönste Stück Malerei bei uns angesehen wurde“, wie der junge Berliner Künstler schreibt; vgl. Scheffler 1910, S. 44 und Ahrens 2013, S. 16. Zu dem „Fauconnier“ und der Ausstellung der Bilder Ravenés im Berliner Kunstverein vgl. auch Nerlich 2010, S. 281–285. 1020 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 26. März 1857. 1021 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857. 1022 Louis Sachse jun. hatte zuvor dem Vater nach Berlin berichtet: „Seit vorigen Montag sind hier und wohnten bis jetzt bei Ravené, der in bunter Kunst macht, der Lithograph Feckert und ein Maler, Herr v. Bennewitz. Ich habe mich möglichst zum Führen und [unleserlich, d. V.] für sie interessiert und bin sehr gewichtig gelobt worden, dadurch dass ich mit Ravené und ihnen in viele Ateliers komme, als da sind: Knaus, Louis Roux, Anastasi, Winterhalter, Robert-Fleury, Meissonier in Poissy und Lithograph Mouilleron. Mit allen diesen bin ich sehr gut bekannt geworden, und habe außerdem viele Künstler kennen gelernt auch den Kunsthändler Stevens, von dem du schon Sendungen hattest!“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis A. Sachse (jun.) an Louis F. Sachse, Paris, den 2. Mai 1857.

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verdorben. Man braucht sich nur einmal zu vergessen und nicht gleich zu allem, was diese Männer [unleserlich, d. V.], Ja zu sagen, so ist es vorbei: Ich meinerseits habe R[avené] gegenüber nur meine allzu große Bescheidenheit und Rücksichtnahme zu bedauern. Ich habe wirklich geglaubt er sei mein Freund, begreife es jetzt aber, trotzdem er täglich kommt, lange freundlich plaudert und sehr freundlich ist.“1023 Deutlich spricht Sachse seine Enttäuschung über das Handeln seines „Freundes“ aus. Der Galerist musste dem Kunstvereinslokal den Vortritt lassen, das Ravené für Ausstellungen zu wohltätigen Zecken offenbar eher opportun erschien als eine Kunsthandlung, von der man glauben könnte, so Sachse, dieselbe würde zum Selbstzweck handeln und „übervortheilen“. Gleichzeitig wird die Konkurrenz der Händler um die Sammler und damit die Rolle angesprochen, die selbige als Akteure auf dem Kunstmarkt spielten. Ravené habe nur, „um sich in Düsseldorf wichtig zu machen“, Schulte das begehrte Bild (wahrscheinlich das erste Original Coutures in Deutschland) drei Wochen ohne Transportkosten gelassen und dazu drei nach Sachses Ansicht „höchst mittelmäßige Bilder“ gekauft, die er besser und günstiger bei ihm in Berlin bekommen hätte.1024 Ravenés Entscheidung, seine neuesten Pariser Einkäufe nicht bei Sachse, sondern im Kunstvereinslokal zu zeigen, hatte dem Besitzer der permanenten Gemäldeausstellung ernsthaft Sorge bereitet. Er bat seinen Sohn, „noch einige bedeutende (aber nur solche) [Bilder] an[zu]schaffen für den Saal, vielleicht den dernier de la veuve von Dubufe [...], denn im Herbst brauche [er] sehr Bedeutendes, um die Concurrenz mit den Ravenéschen, zum besten einer armen Familie im Kunstverein auszustellenden Bildern von Willems, Knaus, Meissonier und den Fauconnier, ausstellen zu können“.1025 Der Konkurrenzdruck scheint für Sachse groß gewesen zu sein. Seine Kundschaft war nobel und die Erwartungen hoch. Zudem hatte sich in diesem Sommer hoher Besuch angekündigt. Schon einige Wochen zuvor, im Juli 1857, hatte Sachse seinem Sohn nach Paris geschrieben: „Herr von Humboldt hat mich [...] Sonntag Nachmittag 3½ Uhr besucht, ¾ Stunden im Saal, den ich sogleich aufschloß, geplaudert und versprochen er würde es möglich machen, dass mich die Kaiserin besucht. Wenn ich nur zu Mitte July schöne Sachen von Paris bekommen könnte. Daß auch G [Goupil] jetzt gerade so heimgesucht

1023 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. Mai 1857. 1024 Sachse scheint sich schließlich dennoch mit Ravené, der „täglich kommt, lange freundlich plaudert und sehr freundlich ist“, darauf geeinigt zu haben, zumindest den Knaus in der Galerie zu präsentieren. Am 1. November 1857, also ein halbes Jahr später, war in den Dioskuren zu lesen: „Als die Perle desselben [gemeint ist Sachses permanentes Ausstellungslokal, d. V.] halten wir das überaus anziehende und in mehrfacher Beziehung interessante Genreporträtbild von Knaus, einen der eifrigsten unserer hiesigen Gemäldeliebhaber und Galeriebesitzer im prüfenden Anschauen eines Bildes begriffen, darstellend“; vgl. Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Beilage zu Nr. 21, 1. November 1857, S. 201f. Vgl. hierzu auch Abb. 327. Außerdem Nerlich 2010, S. 282f. 1025 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 24. August 1857.

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werden muß [...]. Die Geschäfte gehen leidlich, so dass ich das Demütigste zum 1. July bereits einzugehen glaube.“1026 Wenig später war „in Potsdam der Teufel los“, so Sachse: „[W]ie leicht wäre da dem Kaiser den Hémicycle zu verkaufen oder sonst Großartiges, aber man hat nichts und desto besser dass einen die Franzosen nicht brauchen. Könnte ich auf zwei Tage nach Paris, wie herrlich wäre das, aber es geht nicht. Ich erwarte sogar (nach Humboldts Äußerung) die Kaiserin bei mir.“1027 Seinen Salon hatte Sachse noch rechtzeitig mit wertvollen Werken ausstatten können: „Mein Saal ist jetzt mit den kostbarsten Sachen geschmückt. 2 Calame. 2 Leys, 2 Leu, 2 Koekkoek, 1 Ary Scheffer, 1 Schlesinger (fleurs de lys), 1 Willems, Lessing und andere Prachtsachen; so eben wird mir der Besuch der kaiserlichen und sonstigen allerf. Herrschaften auf Wagen v. Potsdam angekündigt. Sie reisen in wenigen Tagen ab, kommen aber alle im September auf längere Zeit wieder.“1028 Innerhalb des Zeitraums von etwa einem Dreivierteljahr, in dem Sachse und sein Sohn zwischen Berlin und Paris regelmäßig korrespondierten, lag noch ein weiteres hohes Ereignis. Am 20. März 1857, sprich bereits fünf Tage nach der Eröffnung seiner umgebauten Galerie, konnte Sachse berichten: „Gestern war ein Haupttag. König und Königin erschienen im großen Aufzuge nach der Parade. Beide Majestäten waren höchst zufrieden und huldreich und machten mir große Elogen, wie denn Jedermann das Ganze überraschend und nirgend findet. Leider war es zum Erdrücken voll und die allerhöchsten Herrschaften konnten sich weniger frei bewegen, als sonst, und mögen deshalb wohl in Gedanken den Saal weniger groß gefunden haben. Heute waren Prinzeß Carl, Prinz Friedrich, Prinz Alexander, die regierenden Braunfelder, Wrangel und Gott weiß wer da, und namentlich Erstere überaus liebenswürdig und gesprächig. Jetzt mein Junge wünschte ich dich hier, du würdest Paris nicht vermissen. Gott gebe, dass es so bleibt.“1029 Zum Glück habe „der Himmel reichlich für schöne Sachen gesorgt“.1030 Sachse war zuversichtlich: „Ein solches Lokal, und so nobel besucht, darf schon nicht zu sehr um Zusendungen besorgt seyn. Jetzt, nun die Presse in die Posaunen bläst, kommt alles von selbst, und ich weiß schon die Bilder kaum mehr unterzubringen.“1031 Dem preußischen Regentenpaar hatte Sachses Salon offenbar gefallen: „Ich habe es nicht für wichtig genug gehalten dir mitzutheilen, dass mir der Adler Orden zu Theil geworden ist. Indeß wird dir es Freude machen, das Wie zu vernehmen, da es ein reiner Ausfluß der Gnade und Anerkennung des Königs ist, von ihm selbst kommt und 1026 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 9. Juli 1857. 1027 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 18. Juli 1857. 1028 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 24. Juli 1857. Der angekündigte Besuch der Kaiserin mag für Sachse eine Bestätigung seiner Ausstellertätigkeit gewesen sein. Leider bricht der Briefverkehr mit seinem Sohn wenig später ab, da Selbiger Paris verließ und über England nach Berlin zurückkehrte. 1029 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 20. März 1857. 1030 Vgl. ebd. 1031 Vgl. ebd.

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keine Befürwortung von sog. Protectoren oder Vereinen, mir diese Ehre verschaffte.“1032 Schon zwei Tage nach dem hohen Besuch hatte der königliche Kabinettsrat Ernst Emil Illaire „persönlich und mit den schmeichelhaftesten Wünschen“ die Nachricht von der Ehrung überbracht „und erzählte dabei, dass der König gleich nach seinem Einsatz den Vortrag mit der Äußerung seines Beifalls über [Sachses] neue Einrichtung, von der er eben komme, eröffnet und hinzugefügt habe, der S. müsse doch ein tüchtiger Mann seyn, wir müssen ihm etwas schicken (mit den Worten)“.1033 Daraufhin habe der König Sachses „anderer Leistungen gedacht“. General v. Webern habe „gar nicht glauben“ wollen, dass der König „selbst den Orden gebracht“ hat: „Er will, dass ich die ganze Art und Weise besonders hoch anschlagen soll“, wie Sachse seinem Sohn erzählte.1034 Friedrich Wilhelm IV. besuchte Sachses Galerie mehrfach (Abb. 244). Alexander von Humboldt, selbst ein wichtiger Befürworter von Sachses Galerie, schrieb in einem Brief an einen unbekannten französischen Hof: „Herr Commerzien-Rath Sachse, dessen schöne und sehr nützliche Ausstellungen Se. Majestät den König sehr regelmäßig und immer sehr befriedigt besucht, hat große Verdienste um die Belebung der hiesigen Kunstwelt. Ich stehe mit ihm seit langer Zeit in den freundschaftlichsten Verhältnissen.“1035 1872 verfasste Sachse einen rührigen Artikel aus der Erinnerung, in dem er sich an die „regelmäßigen“ Besuche des Königs und die Unterstützung Humboldt erinnerte.1036 1857 kursierte nun offenbar das Gerücht, Friedrich Wilhelm IV. habe auf den „Hémycycle“ (Abb. 251) ein „Gebot“ abgegeben, um es für seine Sammlung zu erwerben. Sachse berichtigte dies in einem Brief an seinen Sohn: „Nicht der König hat ein Gebot bei mir auf den Hémicycle gemacht, sondern Fürst Siozkiewic [sic], welches von Goupil nicht angenommen wurde. Der König fand den damaligen Preis schon exorbitant nun wird er wohl noch höher getrieben werden und so meint Herr v. Olfers, würde wohl gar nicht daran zu denken seyn, etwas dort zu bekommen, und man ist hier zu klug um sich von den Herren Franzosen, was sie nur möchten, zu enormen Preisen aufcomplimentieren zu lassen. Es sind nur die dummen Ausländer, welche sich so hineinreiten lassen, und auf die Falle einer künstlich angelegten Concurrenz eingehen.“1037

1032 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 14. April 1857. Es handelte sich um einen roten Adlerorden vierter Klasse; vgl. Deutsches Kunstblatt, Nr. 15, 9. April 1857, S. 134. 1033 Vgl. ebd. 1034 Vgl. ebd. 1035 Offenbar hatte Friedrich Wilhelm IV. Sachse gebeten, ihm ein Gemälde zu besorgen, das sich „im Besitz eines auswärtigen (fr.) Hofes befand“. Humboldt unterstützte das Gesuch „auf das dringendste“, wie Sachse schreibt. Die lobenden Worte des großen Privatgelehrten transkribierte Sachse selbst in einem Artikel, den er über die regelmäßigen Besuche des Königs in seiner Galerie 1872 veröffentlichte; vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 4, Januar 1872, S. 6 und Berlinische Nachrichten, 3. Beilage, 29. Februar 1872. 1036 Vgl. ebd., S. 5–7. 1037 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 25. Mai 1857.

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Louis Sachse & Louis Sachse

Es ist schwer zu beurteilen, welche Rolle Louis Friedrich Sachse seit Mitte der 1860er Jahre für die Kunsthandlung im Einzelnen spielte. Briefe sind so gut wie keine mehr überliefert. Im Herbst 1857 war sein Sohn nach knapp einjähriger Ausbildung bei Goupil in das väterliche Geschäft mit eingestiegen. 1863 starb Sachses Frau Nanni. Der nun dreißigjährige Sohn wurde Prokurist und 1865 Mitinhaber sowie (Mit-)Geschäftführer der Firma.1038 Der „Rückblick auf die zwölfjährige Wirksamkeit der Permanenten Gemälde-Ausstellung von L. Sachse & Comp.“ erschien im selben Jahr. Es wurde bereits mehrfach daraus zitiert. Es handelte sich um eine Bilanz dessen, was der „Gründer in vierzig thatenreichen Jahren mit wichtigen Erfolgen für das deutsche Kunstleben“ erreicht hat.1039 Das Ziel des Vaters sollte auch dem Sohn „Sporn für die Zukunft“ sein: „[…] dasselbe Ziel, welches auch jetzt trotz der kostspieligen Geldopfer die Unternehmer fortfahren wollen kräftig zu fördern; – es ist ein wahrhaft nützliches für Bewohner und Besucher der Residenz, ein einflussreiches auf Bildung und Erweiterung des Geschmacks und der Kunstliebe, ein lehrreiches sogar für die ausübenden Jünger der Kunst!“1040 Es ist anzunehmen, dass Sachse sen. und Sachse jun. als nun gemeinsame Firmeninhaber auch gemeinsam die Herausgabe des Berichts beschlossen. Verfaßt hat den Textteil in der Einleitung aber wohl letztlich der Junior Louis Alfred Sachse, wie auf dem Exemplar im Berliner Landesarchiv handschriftlich vermerkt ist.1041 Tatsächlich ist auch der Ton, der hier angeschlagen wird, an vielen Stellen ein merklich anderer als der des Vaters. Hatte sich Louis Friedrich Sachse in jungen Jahren noch selbst „zur Klasse der elenden Künstler und ewigen Bettler“1042 gezählt und war letztlich über Umwege zum Mitbegründer einer gänzlich neuen Branche geworden,1043 absolvierte Louis Alfred Sachse eine Banklehre und lernte außer im väterlichen Geschäft bei einem der größten Pariser Kunstunternehmer. Er war, soweit das beurteilt werden kann, weit mehr Kauf1038 Vgl. Sachse 1943, S. 56. Im Jahr 1863 starb Nanni Sachse. Alfred Sachse schreibt dazu: „Der im Jahre 1863 erfolgte Tod seiner über alles geliebten Frau unterbrach eine zeitlang die Durchführung von noch umfassenderen Plänen, in denen er durch seinen 30jährigen Sohn Louis Alfred unterstützt wurde“; vgl. ebd. Im Nachlass Sachse haben sich zwei romantische Gedichte erhalten, die Louis F. Sachse über das Landleben in Friedrichswalde verfasste. Der eine Text ist aus dem Jahre 1864, also ein Jahr nach dem Tod seiner Frau, der andere aus dem Jahr 1870. Es macht den Eindruck, als habe Sachse sich spätestens 1870 ganz auf das Land zurückgezogen; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 19. 1039 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 6. 1040 Vgl. ebd. 1041 Vgl. Anhang 3, Deckblatt. 1042 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 20, Louis F. Sachse an Nanni L’Hermet, Berlin, den 26. August 1826. 1043 In einem Brief aus Leipzig an seine Frau 1837 nennt sich Sachse einen „kleinen, unbedeutenden, nicht mal routinierten Geschäftsmann“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Nanni Sachse, Leipzig, den 24. April 1837.

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mann als sein Vater, für den die Bedingungen der Ausübung und Verbreitung von aktueller Kunst den wesentlichen Motor seines Handelns dargestellt hatten. Für Sachse jun. war der „Rückblick“ v.a. ein „Geschäftsbrief“ und damit eine Art Rechenschaftsbericht für die Firmen-Aktionäre, sprich die Abonnenten der permanenten Gemäldeausstellung.1044 Über die Motivation, den „Rückblick“ zu verfassen und zu veröffentlichen, heißt es hier: „Fast eine jede der Öffentlichkeit gewidmeten Gemälde-Ausstellung, fast ein jeder Kunstverein (selbst in ganz kleinen Städten!) pflegt über seine Veranstaltungen seinen Mitgliedern von Zeit zu Zeit Bericht zu ertheilen! Das Ausstellungsinstitut der Firma Sachse, obgleich weithinaus bekannt, in direktem Verkehr mit einer zahlreichen Künstlerschaft im In- und Ausland, mit ziemlich allen Kunstvereinen im betreuendsten Wechselverkehr, in seinen Leistungen mindestens den bekannten permanenten Gemälde-Ausstellungen ebenbürtig, hatte bisher gedruckte Berichte nie ausgegeben. Es hatte ihm bisher genügt, dass in den Jahrgängen der bedeutendsten Berliner Zeitungen zu lesen ist, was es dem Berliner Schaupublikum an Wichtigem nach und nach vorgeführt und es war ihm angenehm gewesen, anstatt auf dem Papier im Gedächtniß seiner Abonnenten die Werke bemerkt zu finden, die es nach Berlin zur Ausstellung gebracht.“1045 Die Selbstdarstellung des Unternehmens wird als eine Art Werbemaßnahme begriffen. Sinn und Zweck des „Rückblicks“ sei „natürlich [...] dem Institut neue Freunde zu werben“. Sachse jun. habe den „Nachweis zu führen versucht“, dass: 1.) das Abonnement der Ausstellung „billig“ ist, 2.) dass Berlin überdies eine „höchst günstig situirte Hauptstadt ist, nach welcher inländische und ausländische Künstler gern und vielfach ihre Werke gelangen lassen“, 3.) dass Berlin ferner ein Ort ist, „an dem nicht bestimmte Künstlerrichtungen ausschließlich getrieben und geschätzt werden, sondern wo Terrain ist für die verschiedensten Gattungen der vielgegliederten Kunstthätigkeit (mit ihrem Idealismus, ihrem Realismus, ihrer dichterischen Klassivität und freigeschaffenen Raumerfindung, ihrer einheimischen Ursprünglichkeit und ihrer importierten Weiterbildung)“, 4.) dass die in Berlin bisher „bestehenden öffentlichen Kunst-Institute und Handlungen (soweit bei ihnen der Zweck, dem Publikum periodisch oder in wechselnder Reihenfolge Gemälde zur Schau zu bringen, in Betracht kommt!) zusammen genommen eine selten große Auswahl bedeutender Kunsterscheinungen Jahr für Jahr zur Ansicht bieten, jede Anstalt in der ihr eigenthümlichen Weise“, 5.) dass indessen „das Sachse’sche Institut nach bestimmten Gesichtspunkten sich mit einem abgesonderten Ausstellungsprinzip zu unterscheiden wünscht und seinen besonderen Wirkungskreis sucht, indem es dem Modus folgt, schöne Gemälde zur Einzelbetrachtung zu bringen, ferner indem es unter den Schönheiten den Kreis der Rekrutierung nach Möglichkeit ausdehnt, also auf vaterländische und ausländi1044 Vgl. Sachse Berichtigung 1865. Es handelt sich um eine Erwiderung auf den spitzzüngigen Artikel von Max Schasler: „Die permanente Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Die Dioskuren, Nr. 43, 22. Oktober 1865, S. 354–356. 1045 Vgl. ebd.

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sche, und dass es unter all diesen wieder insbesondere auf Werke ersten Ranges und namentlich sogenannte Galeriebilder richten will, soweit es bei beschränkter Räumlichkeit möglich“ ist.1046 Wie dargelegt wurde, spielten die vielen Initiativen Louis Friedrich Sachses tatsächliche eine wesentliche Rolle im Zuge der frühen Etablierung Berlins als „Kunsthauptstadt“ und „Mittelstation im Gemäldeverkehr“. 1838 hatte der Firmengründer sein Anliegen der Akademie gegenüber noch erklären müssen, nämlich: „durch den Austausch der besseren Kunstwerke aller Meister, wo die Kunst gepflegt wird, einen vergrößerten Kunstverkehr hervorzubringen“, dadurch auch seinerseits „auf die Kunst selbst günstig einzuwirken, das Feld des Absatzes für die vaterländischen Produkte auszudehnen, den Kreis der Ideen zu erweitern, ja durch Vorführung fremder großartiger Werke nur belebend und anregend auf die Künstler ein[zu]wirken“.1047 27 Jahre später konnte der Sohn nun rückblickend von Berlin als einer „günstig situirten Hauptstadt“ sprechen, „nach welcher inländische und ausländische Künstler gern und vielfach ihre Werke gelangen lassen“ und die „öffentlichen Kunst-Institute und Handlungen [...] zusammen genommen eine selten große Auswahl bedeutender Kunsterscheinungen Jahr für Jahr zur Ansicht bieten, jede Anstalt in der ihr eigenthümlichen Weise“. Die Situation auf dem Kunstmarkt war – begleitet von dem gesellschaftlichen Wandel – also eine deutlich andere geworden. Die gestiegene Konkurrenz forderte erneut zum Handeln heraus. Es scheint dringend notwendig gewesen zu sein, neue Abonnenten zu werben: „Um immer wieder großartige Bilder zeigen zu können“, habe „der Unternehmer“, womit wohl der Senior gemeint ist, „trotz finanzieller Nicht-Rentabilität [...] das kostspielige Institut zum Vergnügen der Einwohner“ nicht aufgegeben.1048 Doch „ein Kunstinstitut von 3 bis 400 Abonnenten à 2 rt und etliche Hundert Künstlerkarten à 1 rt“ könne „selbst mit Zuhülfenahme aller Entré Einnamen“, wie es in dem Geschäftsbericht heißt, „nicht recht werden“.1049 Je mehr aber „feste Abonnenten, desto mehr kann die Ausstellung ihre Referenzen benutzen, kann größere Endkosten tragen und ihren Zweck, Bedeutendes zur Schau zu bringen, erfüllen!“.1050 Leider sind die Jahre zwischen 1865 und 1870 nur spärlich dokumentiert. Es sind lediglich einige Salonkritiken der Tages- und Zeitschriftenpresse über Sachses Kunstausstellungen sowie wenige, kaum aussagekräftige Briefe überliefert. Für die Jahre 1870 bis 1876 hingegen steht eine überaus reiche Quelle zur Verfügung. Im Oktober 1871 gab Louis Sachse jun. die erste Ausgabe der Kunst-Correspondenz für die Mitglieder von Sachse’s Internationalem Kunstsalon heraus. Es darf angenommen werden, dass sich der über siebzigjährige Firmengründer zu diesem Zeitpunkt ganz aus dem operativen Geschäft 1046 Vgl. ebd., S. 1f. 1047 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1838; vgl. auch Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Gegenwind“. 1048 Vgl. Sachse Berichtigung 1865, S. 4. 1049 Vgl. ebd. 1050 Vgl. ebd.

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zurückzog. Wie aus der Kunst-Correspondenz zu erfahren ist, hatte Louis Alfred Sachse am 1. Februar 1870 dem Ausstellungsinstitut „eine neue Benennung“ gegeben.1051 Der „jetzige Geschäftsinhaber“ bezeichnete die vormalige „permanente Gemäldeausstellung“ von nun an als „Sachse’s Internationalen Kunstsalon“.1052 Kunst-Correspondenz und Internationaler Kunstsalon

Schon Louis Friedrich Sachse hatte, wie der Junior 1865 schreibt, „seit 30, 20, 10 Jahren Anträge [...] vorliegen, eine gediegene, wahrhaft nutzbringende Kunstzeitung herauszugeben“.1053 Der Vater jedoch habe „die Sache“ mit seiner „Geschäftsthätigkeit nicht für homogen genug“ befunden und „solche Unternehmung“ anderen überlassen.1054 Weitere sechs Jahre später war es der Sohn, der „die Sache“ nun in Angriff nahm. Die 1051 Vgl. Louis Alfred Sachse: „Der Ankauf von Kunstwerken des Sachse’schen Salons seit dem Kriege 1870“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 11, Dezember 1872, S. 1. 1052 Vgl. ebd. Louis Friedrich Sachse blieb bis 1873 Geschäftsinhaber, scheint aber die operative Geschäftsführung zu diesem Zeitpunkt bereits an seinen Sohn abgegeben zu haben. Ein Blick in die Adressbücher bestätigt Louis Friedrich Sachse (sen.) in den Jahren 1865 bis 1870 als „Besitzer der Kunstverlags- und Sortimentshandlung, Inhaber des lithographischen Instituts und der permanenten Gemälde-Ausstellung, Jägerstraße 29–31; E[igentümer der] F[irma] L. Sachse & Comp.; in schiedsrichterlichen Angelegenheiten bis 9 Uhr früh“; vgl. Berliner Adressbuch 1865, S. 479. Louis Alfred Sachse (jun.) wird ab 1867 angeführt als „Hofkunsthändler Ihrer Kgl. Hoheit der Kronprinzessin, Kunstverlags- und Sortimentshandlung, Permanente Gemälde-Ausstellung, lithographisches Institut, Sebastianstraße 8–9, Geschäftslokal: Jägerstraße 30. F[irma] L. Sachse & Co.“; vgl. Berliner Adressbuch 1867, S. 522. Für die Jahre 1870 bis 1872 wird die Firma L. Sachse & Co. aufgeführt als „Kunstverlags- und Sortimentsbuchhandlung, permanente Gemälde-Ausstellung, Lithographisches Institut, Jägerstraße 29–31“. Louis F. Sachse sen. wird nun bezeichnet als „Commerzienrath, R., Jägerstraße 29–31, E[igentümer der] F[irma] L. Sachse & Co“. Und Louis A. Sachse jun. wird aufgeführt als „Hofkunsthändler, Sebastianstraße 75, Geschäftslokal: Jägerstraße 30, F[irma] L. Sachse & Co.“; vgl. Berliner Adressbuch 1870, S. 626, Berliner Adressbuch 1871, S. 623 und Berliner Adressbuch 1872, S. 650. 1873 ändert sich die Bezeichnung auch im Adressbuch. Es steht hier nun: „L. Sachse & Co., Hofkunsthandlung, verbunden mit Sachse’s Internationalem Kunstsalon, Jägerstraße 33 [wohl Fehldruck, muß heißen 30, d. V.], Inh. L. A. Sachse jun.“. Darunter ist Louis F. Sachse aufgeführt als „königl. Commerzienrath, Kunsthändler, R., Jägerstraße 29–31, vom 1. April Linkstraße 18“ und wiederum darunter steht Louis A. Sachse, „Hofkunsthändler, Sebastianstraße 75, f. L. Sachse & Co.“; vgl. Berliner Adressbuch 1873, S. 700. 1874 sind Sachse sen. und jun. ebenfalls unter ihren Privatadressen aufgeführt. Louis Friedrich Sachse war in die Linkstraße gezogen, weil das Haus in der Jägerstraße verkauft wurde. Der neue Firmensitz in der Taubenstraße 34 befand sich im Umbau; vgl. Berliner Adressbuch 1874, S. 701 und Straßenverzeichnis 1874, S. 338. 1875 ist der Firmensitz ebenfalls in der Taubenstraße angegeben und Louis F. Sachse sen. firmiert nur noch unter seinem Titel „Commerzienrath“ und seiner Privatadresse Linkstraße 18; vgl. Berliner Adressbuch 1875, S. 746 und Berliner Straßenverzeichnis 1875, S. 235. 1053 Vgl. Sachse Berichtigung 1865, S. 5. 1054 Vgl. ebd.

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Kunst-Correspondenz, die von Oktober 1871 bis April 1876 in 42 Nummern erschien, hatte den Zweck, „einen geistigen Rapport zwischen den abbonierten Besuchern des Internationalen Kunstsalons und dem Institut zu unterhalten und sich eingehender mit Kunstwerken zu beschäftigen“.1055 Das sechs bis 14 Seiten starke Heft enthielt neben einem Ausstellungskalender des Sachse’schen Salons Nachrichten zum allgemeinen Kunstleben, Künstlerkorrespondenzen und „Fachartikel“ zu ausgesuchten Werken. Sie wurde gemeinsam von Louis A. Sachse und Joseph Kürschner redigiert und „den Mitgliedern des Kunstsalons und allen anderen, die deren Empfang wünschen, gratis und portofrei zugestellt“.1056 Den Kopf der Hefte schmückte die Lithographie Menzels, die Sachse seit 1839 als Zierleiste für geschäftliche Korrespondenzen verwendet hatte. Sie war für diese neue Bestimmung 1871 in einen Holzschnitt übertragen worden (Abb. 271). Das Korrespondenzblatt habe „das Interesse weiter Kreise erregt und zur Hebung des Kunstverständnisses wesentlich beigetragen“, schrieb Kern wohlwollend.1057 Welchen Einfluss das Blatt, das nicht im Buchhandel, sondern nur an der Kasse des Ausstellungsinstituts frei zu erwerben war, tatsächlich hatte, ist kaum noch nachzuvollziehen.1058 Das „Programm“ der Kunst-Correspondenz, wie der interessierte Leser erfuhr, habe den „Zweck, einen geistigen Rapport zwischen den abonnierten Besuchern des Internationalen Kunstsalons und dem Institut zu unterhalten und sich eingehender mit den Kunstwerken zu beschäftigen, die man durch die abwechselnde Bilderschau im Salon zu sehen pflegt“. Sie diene hiernach also „hauptsächlich und speziell der Sachse’schen Ausstellung“, pflege aber „doch durch gelegentliche Fachartikel, Correspondenzen, Nachrichten u.s.w. Manches zu bringen, was dem Kunstfreunde in Hinsicht auf die moderne Kunst anderweit interessieren kann“.1059 Grundsätzlich schien sich die Kunst-Correspondenz an dem Aufbau großer Kunstzeitschriften wie etwa dem Deutschen Kunstblatt, der Kunst-Chronik oder den Dioskuren zu orientieren. Neben allgemeinen Kunstnachrichten wurde in der Kunst-Correspondenz jedoch vor allem von der permanenten Gemäldeausstellung und den Aktivitäten im Institut L. Sachse & Co. berichtet. Da Louis Friedrich Sachse zwar sicher noch beratend tätig war, das Heft jedoch von Louis Alfred Sachse herausgegeben wurde, wird sich auf einige zusammenfassende Beobachtungen beschränkt werden. 1055 Vgl. „Vorbemerkung“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 1, Oktober 1871, S. 1. Der Verfasserin liegen die Ausgaben bis Mai 1875 (Nr. 21) vor. Wie Kern überliefert, sind die Hefte bis April 1876 erschienen; vgl. Kern 1934, S. 8. In dem Maschinenskript des Enkels des Firmengründers sind einige wenige Auszüge zitiert, die aus Heften nach Mai 1875 stammen; vgl. Sachse 1943, S. 61f. 1056 Vgl. ebd. 1057 Vgl. Kern 1934, S. 9. 1058 Die Kunst-Correspondenz, die in zwanglosen Nummern „je nach Vorhandensein des Stoffes“ in 42 Ausgaben erschien, ging damals nicht in den Buchhandel, konnte aber für 2 Silbergroschen an der Ausstellungskasse käuflich erworben werden; vgl. Best.-Kat. Menzel Zeichnungen und Druckgraphik 1984, Nr. 282 und 282.1. 1059 Vgl. „Unser Programm“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 11, Dezember 1872, S. 1. Mehrfach abgedruckt, vgl. auch Nr. 1, Oktober 1871, unter „Vorbemerkung“.

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Ein Ausstellungskalender informierte den Leser fortwährend über die in Sachses Kunstsalon gezeigten Werke. Hauptbilder wurden mit mehr oder weniger ausführlichen Berichten gewürdigt. Die erste Ausgabe der Kunst-Correspondenz verband sich mit der Ausstellung von Hans Makarts „Abundantia-Bildern“, die über zwei Ausgaben hinweg vorgestellt und eingehend besprochen wurden (Abb. 272).1060 Kaum weniger Aufmerksamkeit wurde Carl Werners „Nil-Bildern“ zuteil, die ebenfalls noch im Winter 1871 in Sachses Salon zu sehen waren.1061 Mit größtem Interesse wurde ab Dezember 1871 Moritz von Schwinds „Die schöne Melusine“ bedacht, einem Zyklus in elf Bildern, den Louis Alfred Sachse „nach mehr als zweijährigem, vergeblichen Bemühen“ endlich zur Schau bringen konnte (Abb. 273).1062 „Die Schaustellung dieser Melusine-Bilder hat einen nachhaltigen Eindruck auf die Gebildeten hervorgebracht und fand so allseitige Theilnahme wie selten ein Werk von Künstlerhand“, hieß es in dem hauseigenen Korrespondenzblatt.1063 Der Zyklus war Eigentum einer Gesellschaft von Kunstfreunden in Stuttgart, die Sachse jun. „mit einer Vollmacht versehen“ hatten, das Werk für 20000 Taler an die Nationalgalerie zu verkaufen.1064 Da der Ankaufspreis die finanziellen Möglichkeiten des Händlers bei Weitem überstieg, mobilisierte Sachse jun. eine Gruppe von Freunden der Nationalgalerie, durch die jener Zyklus geschenkt werden sollte. Die Spendenaufrufe für das Werk, dem laut Sachse „höchste nationale Bedeutung zu1060 Vgl. „Hanns Makart’s Abundantia-Bilder“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 1, Oktober 1871, S. 2f. und Friedrich Pecht: „Hanns Makart“, in: ebd., Nr. 2, November 1871, S. 4–6. 1061 Johannes Dümichen: „Carl Werner’s Nil-Bilder“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 2, November 1872, S. 1–4. 1062 Vgl. Louis Alfred Sachse: „Öffentliche Anregung“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 4, Januar 1872, S. 1. Der Aquarellzyklus der „Schönen Melusine“ von 1868/69 setzt sich als Komposition in neun Abschnitten sowie einem Anfangs- und Endglied, gerahmt in sieben Teilen, zusammen: 1. „Fontes Melusinae, Anfangsglied“, 2. „Am Waldbrunnen“, 3. „Die Braut“, 4. „Der Eidschwur“, 5. „Das Heiligtum“, 6. „Die bösen Zungen“, 7. „Liebesglück“, 8. „Eidbruch“, 9. „Melusinens Mutterschmerz“, 10. „Das Wiederfinden“, 11. „Fontes Melusinae. Endglied“. Der Stoff des Schwind’schen Märchens ist an eine Sage angelehnt, deren deutsche Version sich auf den Melusinen-Roman des Thüring von Ringoltingen aus dem Jahre 1456/74 bezieht. Hiernach verliebte sich der Graf Luignam in eine Wasserfee, die er an einem Waldbrunnen traf und heiratete, zum Leid seiner Verwandten. Sie lebten sehr glücklich, bekamen sieben Kinder. Doch die Nixe hatte dem Grafen einen Schwur abgenommen: Einmal im Monat verschwand sie in einem geheimnisvoll über Nacht entstandenen Haus, wo sie in dem ihr angeborenen Element neue Kraft atmete. Niemals durfte der Mann sie dabei stören. Angestachelt durch abergläubisches Geschwätz der Verwandten und des Gesindes wurde der Graf nach einigen Jahren eidbrüchig und betrat die geheimnisvolle Halle. Jammer und der Einsturz des Hauses waren das Ende der glücklichen Ehe. Bei einsamer Nacht sollte sich von Zeit zu Zeit die Mutter an der Wiege ihres jüngsten Kindes zeigen. Den Grafen trieb es von Sehnsucht gepeinigt zu dem Waldbrunnen, wo er die schöne Melusine das erste Mal getroffen hatte. Nach Nixensatzung küsste sie ihn zu Tode, unter dem Wehklagen ihrer Schwestern; vgl. Ausst.-Kat. Schwind 1996, S. 242–245. 1063 Vgl. Louis Alfred Sachse: „Öffentliche Anregung“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 4, Januar 1872, S. 1. 1064 Vgl. ebd.

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komme“, brachten die geforderte Summe bis auf noch fehlende 1000 Taler zusammen, sodass Schwindts „schöne Melusine“ Berlin wieder verlassen musste. Der Fries gelangte schließlich in die Wiener Staatsgalerie.1065 Anfang des Jahres 1872 veröffentlichte Louis Friedrich Sachse seine „Erinnerungen aus dem Kunstleben“, die bereits vorgestellt wurden – als Fortsetzungsbericht in mehreren Ausgaben der Kunst-Correspondenz seines Salons.1066 Das Januarheft informierte außerdem über „einige Malerateliers in Weimar“ und machte u. a. auf „Die Gänserupferinnen“ des jungen Max Liebermann mit einer ebenso positiven wie scharfsinnigen Kritik aufmerksam.1067 Im April 1872 wurde der Leser ausgiebig über die Versteigerung der „Gsell’schen Galerie“ in Wien aufgeklärt und darüber, dass „die Sachse’sche Kunsthandlung zur Vermittlung von Kauf und Verkauf zwischen Künstlern und Publikum“ auf der akademischen Kunstausstellung tätig sein würde.1068 In der Maiausgabe von 1872 wurde erstmals ein Künstlerbrief abgedruckt und zudem neben den ausgestellten Gemälden

1065 Vgl. Kern 1934, S. 9 sowie das Manuskript von Alfred Sachse 1943, S. 72. Sachse nutzte die Kunstzeitschrift seines Instituts, um für Spenden zu werben; vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 4, Januar 1872, S. 1f.; Nr. 5, Februar 1872, S. 11; Nr. 6, April 1872, S. 1 und S. 7 und die abschließende Besprechung in der Nr. 10, Oktober 1872, S. 7. 1066 Sachse Erinnerungen 1872, S. 5–7; Kunst-Correspondenz, Nr. 5, Februar 1872, S. 7f.; Nr. 6, April 1872, S. 3f. Dazu auch Kapitel II 2 c, „Erinnerungen aus dem Kunstleben“. 1067 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 4, Januar 1872 und Nr. 7, Mai 1872, S. 3–5. Siehe zu dem Bericht über die Gänserupferinnen von Liebermann außerdem Ahrens 2013, S. 10–13. 1068 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 6, April 1872, S. 2f. und S. 6. Louis Alfred Sachse hatte bereits 1870 einen Antrag gestellt, die Verkaufsvermittlungen auf der akademischen Ausstellung übernehmen zu dürfen; vgl. PrAdK, Nr. 311, Bl. 121, Louis Alfred Sachse an die Ausstellungs-Kommission der Akademie, Berlin, den 2. September 1870: „Der geehrten Kommission hat der ergebenste Unterzeichnende Nachstehendes vorzutragen die Ehre: Im diesjährigen Ausstellungsprogramm der königlichen Akademie ist unter § 19 öffentlich angekündigt worden, dass die Vermittlung des Verkaufs der Kunstwerke u.s.w. nebst allen dazugehörigen Besorgungen und Korrespondenzen nicht von der Akademie übernommen werden kann. Es kann aus dieser Sachlage wohl nicht mit Unrecht der Schluß gezogen werden, dass die königliche Anstalt dergleichen Verkaufs-Vermittlungen der freien Konkurrenz damit vertrauter Personen und Geschäftsleute überlassen zu sehen wünscht. In dieser Überzeugung habe ich den Entschluß gefasst, dass meine hier am Platz bestehende und bekannte Geschäftsfirma an dergleichen Vermittlungen zu concurrieren und persönlich auf der Kunstausstellung Ankäufe zwischen Ausstellern und Käufern zu besorgen, wodurch ich mich auf beiden Seiten nützlich zu machen hoffe. Indem ich mich beehre, dem Senat hierin Mittheilung zu machen, spreche ich noch das ergebene Ansuchen aus, dass mein Vorhaben dadurch gefördert werden möchte, dass mir bei Vorkommniß Einsicht in die Preisnotizen und Zugang zum Büro gewährt werde. Schließlich habe ich noch ferner, dass ich von vielen auswärtigen Künstlern, besonders ganz vor kurzem in Düsseldorf und München zu dieser Thätigkeit angefragt und aufgemuntert worden bin, weil sich aus der Publication des §19 Besorgnisse verbreitet hatten und viele der Aufsteller der Ansicht sind, die Anregung und Vermittlung von Geschäften mit dem Käuferpublikum durch sachverständige Geschäftsleute verspreche, je mehr je besser, reichlichen Absatz der Produktion.“

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von drei plastischen Werken berichtet.1069 Im Juni war Hans Makarts „Sommernachtstraum“, eine „ausgeführte Farbenskizze zu dem Theatervorhang für das Laube-Theater in Wien“ der Hauptgegenstand des Interesses in Sachses Salon (Abb. 274).1070 Nach einer kurzen Sommerpause wurde im September „aus dem Wiener Kunstleben“ berichtet sowie über einzelne ausgestellte Werke der vergangen Monate.1071 Im Oktober galt die Aufmerksamkeit dem Pariser Kunsttreiben, nachdem der dortige Salon soeben geschlossen worden war. Es wurde u. a. auf den seinerzeit in Paris lebenden, jungen österreichischen Maler Milhaly von Munkacsy hingewiesen. Außerdem erschien ein Bericht über „Kunst aus Japan“, da das königliche Museum in Berlin gerade entsprechende Objekte erworben hatte.1072 Im Dezember 1872 zog das Sachse’sche Institut erneut Bilanz. Eine „Erwerbs-Liste“ wurde veröffentlicht, die den „Ankauf von Kunstwerken des Sachse’schen Salons seit dem Kriege 1870“ dokumentiert.1073 Zudem wurde dem interessierten Leser eine Programmänderung angezeigt, worauf später noch kurz zurückzukommen sein wird. Im Januar 1873 wurden mehrere eben eingegangene Bilder insbesondere aus Düsseldorf besprochen, wobei den neueren Bildern von Andreas Achenbach „Effekthascherei“ und „dürftiger Inhalt“ vorgeworfen wurde. Zudem wurden die finanziellen Zuwendungen und Leistungen des Berliner Kunstvereins mit denen des Sachse’schen Salons „statistisch“ gegenübergestellt.1074 Im Februar 1873 waren das Genrebild von Franz Deffregger „Ein Tanz auf der Alm“ und Leonhard Dieffenbachs „Malerische Ansicht in 2 Aquarellen“ von dem Dom zu Limburg „nach seiner Restauration durch S.M. den Kaiser“ Hauptgegenstand des Interesses. Ein Bericht von Friedrich Pecht über „Münchener Kunst“ erschien und der erste Abschnitt der Novelle „Herr Alexander Jürgensen, eine Münchener Künstlergeschichte“ von Oskar Horn, in der idealistische und realistische Tendenzen gegeneinander ausgefochten wurden.1075 Im April 1873 wurde dem „Luther-Carton des Michael von Zichy“ ebenso wie Emil Volkers´ „Rumänischer Markt bei Riu Reni“ besondere Aufmerksamkeit zuteil. Es wurde weiter über Münchener Kunst berichtet und das „Einsendungs-Reglement für Sachses Internationalen Kunstsalon“ abgedruckt.1076 Im Mai 1873 wurde die sixtinische Madonna in Dresden von Julius Rössler eingehend analysiert und dessen Beobachtungen von Louis Alfred Sachse selbst mit zeitgenössischen Werken in Verbindung gebracht. Neben dem 1069 Es handelte sich um einen Brief von Carl von Enhuber an Melchior Meyr. Die plastischen Werke waren Marmorstatuen und kamen aus Mailand: der „David“ von Pietro Magui, der „Kühne“ von Giovanni Strozza und „Betendes Mädchen“ von Argenti; vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 7, Mai 1972, S. 1–3 und S. 5. 1070 Robert Weisse: „Hanns Makarts Sommernachtstraum“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 8, Juni 1872, S. 1f. 1071 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 9, September 1872, S. 1–3. 1072 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 10, Oktober 1872, S. 1–3. 1073 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 11, Dezember 1873. 1074 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 12, Januar 1873, S. 3–5 und S. 7f. 1075 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 13, Februar 1873. 1076 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 14, April 1873.

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Sachse’schen Salon wurde wieder über die Münchener Kunst berichtet und der Abdruck der Novelle von Horn fortgesetzt.1077 Nach erneuter Sommerpause war im September 1873 kein Gemälde, sondern der Kupferstich von R. Stang nach Lo Sposalizio, „Die Vermählung“ von Raffael aus der Brera zu Mailand, für einen ausführlichen Bericht ausgewählt worden. Wieder ging es außerdem um die Kunst in München und weiter mit dem Abdruck der Novelle.1078 Im Mai 1874 wurde erstmals aus dem neuen Ausstellungsgebäude in der Taubenstraße 34 berichtet und ein detaillierter „Ausstellungs-Katalog“ abgedruckt. Zwei Hauptwerke von Anselm Feuerbach, drei Gemälde von Viktor Müller und F. C. Steinhardts Porträts der Adelina Patti und der Elisa Orsini bildeten das Hauptereignis der Eröffnungsausstellung. Es wird auf die neue „Kunsthalle“ später noch kurz eingegangen. Erneut ging es außerdem um die Kunst in München und der Leser konnte die Novelle weiter verfolgen.1079 Die schmale nachfolgende Ausgabe vom Juni 1874 beschränkte sich auf einen „Ausstellungs-Catalog“ und eine Besprechung von August von Heydens großformatigem Gemälde „Walküren“.1080 Das Jahr 1875 eröffnete die Kunst-Correspondenz mit der Bekanntmachung eines „neuen Abonnements zum Besuch des Internationalen Kunstsalons, Taubenstraße 34“ und einer Würdigung von Friedrich Bodenmüllers großem Gemälde „Erstürmung der Höhen bei Aröschweiler in der Schlacht von Wörth“. Louis Alfred Sachse veröffentlichte zudem einen Artikel über „Kunst-Ausstattungen von wirklichem Werth“.1081 In der letzten, der Verfasserin vollständig bekannten Ausgabe der Kunst-Correspondenz freute sich der Herausgeber darüber, „Professor Joseph Hoffmanns drei Wandgemälde: heroische Landschaften, Idylle, Drama, Tragödie (Collossalbilder in Wachsfarben)“ dem Publikum vorstellen zu können. Dazu gab es eine kleine Glosse über „Malerei und Musik in Wechselwirkung“.1082 Nach dieser flüchtigen Zusammenfassung der „Haupt-Artikel“ soll ein kurzer Blick auf die Anzeigen der Kunst-Correspondenz geworfen werden. Es handelte sich ausschließlich um Annoncen aus dem Sachse’schen Institut. Sie beschreiben Aktivitäten der Firma L. Sachse & Co., auf die die Aufmerksamkeit des Salonbesuchers gezielt gelenkt werden sollte. So wurde in der ersten Ausgabe der Kunst-Correspondenz vom Oktober 1871 bereits die „elfte große Berliner Gemälde-Versteigerung“ angezeigt, die von L. Sachse & Co. geleitet wurde. Schon seit der Mitte der 1860er Jahre hatte Louis Alfred Sachse zunehmend auf Kunstauktionen gesetzt. Die ersten beiden „Berliner Kunst-Versteigerungen“ waren im April 1866 und März 1867 hier abgehalten worden. Sie fanden im Saal der permanenten Gemäldeausstellung in der Jägerstraße unter dem „königlichen Auctions-Commissarius Th. Müller“ statt.1083 1077 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 15, Mai 1873. 1078 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873. 1079 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874. 1080 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 19, Juni 1874. 1081 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 20, Januar 1875. 1082 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 21, Mai 1875. 1083 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Dritte große Berliner Versteigerung 1869, S. 3f.

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Für die preußische Hauptstadt scheinen solche Veranstaltungen noch relativ neu gewesen zu sein. Wie Georg Malkowsky in seiner Abhandlung über die Geschichte von „Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus“ im Jahr 1912 berichtet, hatte Müller 1853 eine erste Auktion in Berlin durchgeführt.1084 Malkowsky konstatierte: „In der ganzen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Deutschlands Auctionen kaum in Betracht. Erst nach den fünfziger Jahren gab es in München, in Leipzig, in Stuttgart, in Berlin Versteigerungen mit teils spezialisiertem, teils sich auf das gesamte Kunstgebiet erstreckendem Inhalt, und auch der eigentliche Kunsthandel gab seine Bestände nach und nach ab.“1085 Im Vorwort zum Katalog der dritten Auktion im November 1869 hatte Louis Alfred Sachse den interessierten Kunstsammler entsprechend darüber aufgeklärt: „[...] der naheliegende Zweck des von uns intendirten Verkehrs kann vor der Hand und vorzugsweise nur Kunstwerken zu gute kommen, die unserer: Permanenten Gemälde-Ausstellung zum Verkauf übergeben oder deren Verkauf unter unsere direkte Obhut gestellt ist.“1086 Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich die „deutschen Kunstauctionen den internationalen Markt erschlossen“ und standen nun „mit den ausländischen Konkurrenten in Paris und London durchaus in einer Reihe“, so Malkowsky.1087 Sachse musste sich also vor allem mit der Kunsthandlung von L. E. Lepke in der Charlottenstraße 64 messen. Auch hier wurden Anfang der 1860er Jahre erste Versteigerungen organisiert. Und auch hier trat der Sohn Rudolph Lepke als „vielbegehrter Auctionator“ auf: „Er übt sein Gewerbe gewissermaßen im Herumziehen, bald im Kochschen Saale, Kronenstraße 19a, bald im Sachseschen Kunstsalon, Jägerstraße 30, oder in einem Mietsaal, Mauerstraße 38, mit feierlicher Würde den Hammer handhabend“, wie abermals Malkowsky berichtet.1088 Es hat den Anschein, als ob Louis Alfred Sachse seinem Mitstreiter dieses „neue“ Feld nicht allein überlassen wollte. In Sachses permanenter Gemäldeausstellung reihte sich bald eine Auktion an die nächste. Im März 1870 fand die „vierte große Berliner Versteigerung“ von 63 Ölgemälden und „gemalten Studien“ aus dem Nachlass von Johann Wilhelm Schirmer statt. Dem Auktionskatalog war in diesem Fall eine 22 Seiten lange Würdigung des künstlerischen Werks, verfasst von „L. Sachse & Co., Hofkunsthandlung“, vorangestellt worden.1089 Von der sechsten und siebenten Versteigerung bei Sachse vom November und Dezember 1870 haben sich ebenfalls die Kataloge erhalten. Es kamen erst 50 und dann noch einmal 33 „moderne Original-Oelgemälde“ unter den

1084 Vgl. Malkowsky 1912, S. 38. 1085 Vgl. ebd., S. 31. 1086 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Dritte große Berliner Versteigerung 1869, S. 3f. 1087 Vgl. ebd. 1088 Vgl. ebd., S. 39f. 1089 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Vierte große Berliner Versteigerung 1870.

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Hammer.1090 Im Februar 1871 fanden gleich drei Auktionen bei Sachse statt.1091 Neben der Versteigerung von 41 Aquarellen und 31 Federzeichnungen des Künstlers Hermann Kauffmann aus Hamburg und einer Privatsammlung von 65 Handzeichnungen alter Meister fallen hier zwei Ereignisse besonders ins Auge. Louis Friedrich Sachse veräußerte in diesem Jahr nämlich nicht nur seine private Kupferstich-, sondern auch seine „Menzel-Sammlung“. Es darf vermutet werden, dass in dem Unruhejahr zwischen Krieg und Reichsgründung finanzielle Beweggründe den Institutsgründer dazu veranlasst haben, seine privaten Kunstschätze zu verauktionieren. Elf Originalzeichnungen Menzels zu dem „längst vergriffenen“ Werk „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-preußischen Geschichte“, die Sachses Verlag 1834 herausgegeben hatte, wurden veräußert (Abb. 145).1092 Dazu kam die aus 137 Blättern bestehende „Menzel-Sammlung“ aus Sachses Privatbesitz auf den Auktionatorentisch.1093 Es handelte sich um „mit der Feder von dem Künstler auf Stein gezeichnete Originalarbeiten, seit Beginn seiner Laufbahn chronologisch gesammelt“.1094 Sachse hatte diese Sammlung bereits „vor einigen Jahren, um sie nicht zu zerstreuen, dem Königlichen Museum für das Kupferstichkabinett angeboten [...], jedoch ohne Erfolg, als nach den bekannten Zerwürfnissen das General-Direktorat vakant geworden war“.1095 Dadurch sei „der Hauptzweck des Sammlers, sie an der Geburtsstätte des Meisters in complettem Zusammenhange aufbewahrt zu wissen“, hinfällig geworden. Nun würde es „dem Zufall und den Liebhabern“ überlassen sein, „ob die Sammlung ganz oder nach den einzelnen Bestandtheilen versteigert werden soll“.1096 Auch Sachses hier veräußerte „Privat-Kupferstich-Sammlung“, die aus 528 Blättern bestand, war „systematisch zum Studium der Stecher und Maler geordnet und zum Weitersammeln für Kupferstichkenner und Kunstfreunde angelegt“.1097 Sie setzte sich sowohl aus den Werken alter als auch neuer Meister zusammen. In der von der Kunst-Correspondenz angezeigten elften „großen Berliner Versteigerung“, die ebenfalls noch im Jahr 1871 stattfand, wurden „23 moderne Original-Oelgemälde ersten Ranges und 15 Aquarellen und Handzeichnungen nebst einer Original-Marmorstatuette“ versteigert.1098 Bis 1875 scheint sich Louis Alfred Sachse wieder 1090 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Sechste große Berliner Versteigerung 1870 und Siebente große Berliner Versteigerung 1870. 1091 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Achte, neunte und zehnte große Berliner Versteigerung 1871. 1092 Vgl. ebd., Achte Berliner Versteigerung, Berlin 1871. 1093 Vgl. ebd., Zehnte Berliner Versteigerung, Berlin 1871. 1094 Vgl. ebd., Anmerkung, S. 64. 1095 Vgl. ebd. 1096 Vgl. ebd. 1097 Vgl. ebd., S. 21. Das Institut bemerkt zu dem Zustand dieser Blätter: „Die Abdrücke dieser Kupferstichsammlung sind absichtlich in demjenigen gebräunten Zustande des Alters gelassen, den die Zeit solchen alten Blättern hinterlässt und der von Sammlern gern respectirt und conservirt zu werden pflegt“, S. 22. 1098 Vgl. Berliner Versteigerungskataloge: Elfte große Berliner Versteigerung 1871. Bei der „Plastik“, die hier erstmals auftaucht, handelte es sich um „J. Hirst in München: Faust, ganze Figur in Mar-

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weniger um das Kunst-Auktionsgeschäft bemüht zu haben, zumindest liegen weder Kataloge vor noch sind Anzeigen in der Kunst-Correspondenz geschaltet worden. Die Kunstauktionen sollten ab 1875 für denselben dafür eine umso größere Rolle spielen, worauf zurückzukommen sein wird. Aus den Anzeigen der Kunst-Correspondenz wird außerdem deutlich, dass weiterhin der Verlag eine bedeutende Rolle für das Unternehmen spielte. Neben neuen Produktionen wurden auffallend oft Reproduktionen von Hauptbildern derjenigen Meister angeboten, die schon der Senior im Salon ausgestellt hatte. Bei den angepriesenen Werken handelte es sich nun aber weniger um Lithographien, als meistens um Kupferstiche. 1871 wurde das von Sachse verlegte Blatt nach Lessings „Huss auf dem Scheiterhaufen“ (Abb. 261) als „der bedeutendste deutsche Kupferstich neuester Publication“ beworben1099 und Johann Wilhelm Schirmers „9 Landschaftsradirungen“ als „klassisches Kunstalbum für den Kunsttisch“ empfohlen.1100 Im April 1873 erschien ein „Preis-Verzeichniss Mandel’scher Kupferstiche, vorräthig bei L. Sachse & Co., Berlin“.1101 Auch hier finden sich viele alte Bekannte aus Sachses Kunstverlag und Sortimentshandlung wieder, wie Eduard Magnus’ “Kinder mit Blumen spielend“ (Abb. 107), Pollacks „Italienischer Hirtenknabe“ (Abb. 108) oder die Porträts von van Dyck und Tizian sowie die Erfolgsbilder Hildebrandts „Krieger mit dem Kind“ und Begas’ „Lorelei“, die alle von Eduard Mandel schon Ende der 1830er und 1840er Jahre gestochen worden waren. Im Berliner Kupferstichkabinett haben sich eine ganze Reihe dieser meist großformatigen Mandel’schen Kupferstiche erhalten, die die Meisterschaft eines der erfolgreichsten deutschen Stechers seiner Zeit belegen.1102 Der Kupferstich war „nach wie vor die Reproduktionstechnik für den besseren Wandbilddruck“, wie Christa Pieske konstatiert.1103 Hervorragenden Stichen, die in oft jahrelanger Arbeit entstanden und die somit zur teuersten Reproduktionsgraphik gehörten, wurde vielerorts weiterhin ein höherer, über den alternativen Drucktechniken stehender Kunstwert eingeräumt. Sie mor, 1870 gemeißelt“; vgl. ebd., S. 8. 1099 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 2, November 1871, S. 10; Nr. 4, Januar 1872, S. 13; Nr. 5, Februar 1872; Nr. 7, Mai 1872, S. 8 und Nr. 8, Juni 1872, S. 4. 1100 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 13, Februar 1873, S. 8. Ein Exemplar von Schirmer Radier-Album bewahrt auch die BnF, Département des Estampes, Paris. 1101 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 14, April 1873, S. 9. 1102 Siehe Kupferstichkabinett Berlin, Mappe E. Mandel K.D.B. II, S Gal 11/6. Hierin u. a. Mandels Stich von Hildebrandts „Krieger mit dem Kinde“, Berlin 1835 (236–126); Mandels Stich von Pollacks „Italienischer Hirtenknabe“, Berlin 1840 (239–126); Mandels Stich von Magnus „Kinder mit Blumen spielend“, Berlin 1843 (148–126) oder Mandels Stich zu Tizians Porträt, das sich im Besitz des königlichen Museums befand, Berlin 1843 (232–126). Tizians Porträt und Pollacks „Hirtenknabe“ wurden damals von Sachse und Goupil gemeinsam verlegt. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich dem Kupferstichkabinett Berlin, besonders Prof. Hein Schulze Altcappenberg, Dr. Anna Pfäfflin und Dr. Andreas Heese für ihre immer wertvolle Hilfe und die freundliche Bereitstellung der hier gezeigten Reproduktionen aus der Sammlung danken. 1103 Vgl. Pieske 1988, S. 25.

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waren nicht nur für Sammler und Kunstliebhaber von Interesse, sondern sie eigneten sich auch als angemessenes Geschenk etwa für Jubilars- und Familienfeiern. So ist eine Anzeige der Hofkunsthandlung L. Sachse & Co. bezeichnend, die die „großen Kupferstiche nach den berühmten Genrebildern von Knaus, Dieffenbach und Biron“ empfahl.1104 Für sämtliche Anlässe schien hier das passende bereitgestellt worden zu sein. Die reproduzierten Gemälde der drei genannten Künstler waren entsprechend betitelt mit: „Die Verlobung (Les fiancailles); Die Hochzeit (La Noce); Der Polterabend (La Veille de Noce); Die Taufe (La Baptème); Die goldene Hochzeit (La Cinquantaine); Das Weihnachtsfest (L’Arbre de Noel) und Der Taschenspieler (La Saltimbanque)“. Sie waren für „je 60 Francs = 16 Thaler“ noch dazu in „geschmackvollsten Einrahmungen“ zu erwerben.1105 Sachses Kunsthandlung bot jedoch nach wie vor nicht nur Kupferstiche, sondern Arbeiten sämtlicher zur Verfügung stehender Drucktechniken sowie Faksimiles und Fotografien zum Verkauf an. Neben dem eigenen Sortiment hatte Sachses Kunsthandlung weiterhin auch Kunstblätter aus anderen Berliner Verlagen wie R. Wagner, Alexander Duncker, Amsler und Ruthardt, E. H. Schroeder oder Nicolai, aber auch darüber hinaus etwa von Max Cohn & Sohn in Bonn, Gust. W. Seitz in Wandsbeck, Otto Meissner in Hamburg, A. W. Schulgen und Heinrich Bäumer in Düsseldorf oder François Buffa & Fils in Amsterdam vorrätig.1106 Dabei fällt auf, dass zumindest in den Anzeigen, die 1104 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 9 und Nr. 20, Januar 1875, S. 3. 1105 Vgl. ebd. In der Januar-Ausgabe der Kunst-Correspondenz 1875 lancierte Louis Alfred Sachse einen entsprechenden Artikel, den er mit „Kunst-Ausstattungen“ betitelte: „Die Verzierungen der Wohnräume mit einer geschmackvollen Ausstattung von guten Kunstsachen, sei es in einfacher oder in luxuriöser Haltung, gehört heut zu Tage so sehr zu allen Erfordernissen der herrschaftlichen oder bürgerlichen Lebensweise, dass schon der flüchtige Einblick in irgend eine Behausung den Grad des Geschmacks erkennen lässt, mit dem sie eingerichtet worden ist“, heißt es da. „Bei Neueinrichtungen sollte deshalb auf den künstlerischen Ausschmuck ebenso zeitig Bedacht genommen werden, wie es bei der Hausstands-Begründung mit den übrigen Dingen geschieht“, wird weiter angepriesen. Sachse & Co. würden die geneigte Kundschaft bei der „Wahl solider Kunst-Ausstattungen von wirklichem Werth von den einfachsten bis zu den kostbarsten Gegenständen gern an die Hand nehmen“ und empfahlen deshalb ihre „Dienste auf diesem Gebiet, wo sich Bedarf einstellen sollte, und erinnern besondern zu Ausstattungen, Hochzeits- und Geburtstagsgeschenken, Einsegnungs- und Ehrengaben an den reichen Schatz feiner Kunstgaben“, die sie zu bieten haben; vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 20, Januar 1875, S. 2f. 1106 Vgl. Kunst-Correspondenz, Anzeigen: Nr. 1, Oktober 1871: Kupferstiche (sixtinische Madonna) aus dem Verlag von Max Cohn & Sohn in Bonn; Eduard Hildebrandts Aquarelle, auf seiner Reise um die Erde nach der Natur aufgenommen, aus dem Verlag von R. Wagner; Nr. 2, November 1871: Reproduktionen der Wandgemälde Wilhelm von Kaulbachs im Treppenhaus des neuen Museums zu Berlin aus dem Verlag Alexander Duncker königlicher Hofbuchhändler; Aquarell-Faksimiles der „Nilbilder“ von Carl Werner aus dem Verlag Gust. W. Seitz in Wandsbeck; Nr. 4, Januar 1872: Raffael-Bilder von Eduard Mandel aus dem Verlag von E. H. Schroeder in Berlin; „Wild und Wald“, Lithographiealbum von Eugen Krüger aus dem Verlag von Otto Meissner in Hamburg; Nr. 6, April 1972: Friedrich Overbecks 40 Darstellungen aus den Evangelien in Kupferstichen mit Text in vier Sprachen aus dem Verlag von A. W. Schulgen in Düsseldorf; die Shakespeare-Galerie von Wilhelm von Kaulbach aus der Nicolai’sche Ver-

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für die Handlung der 1830er bis 1850er Jahre so wichtigen Verlage aus Paris und England namentlich nicht mehr auftauchen. Auf der anderen Seite wird die Fotografie als kostengünstige Reproduktionstechnik vermehrt mit einbezogen, wie etwa bei dem in Sachses Internationalem Kunstsalon 1873 ausgestellten Gemälde von Franz Defregger „Ball auf der Alm“, von welchem für 3 Taler ein Foto mit nach Hause genommen werden konnte.1107 1875 ist zudem von „artistischen Photographien“ die Rede, womit Th. Joops „photographische Kunstblätter nach modernen Gemälden“ gemeint waren.1108 Der Wander-Turnus

In der zweiten Ausgabe der Kunst-Correspondenz, die im November 1871 erschien, wurde die Rubrik „Briefkasten“ eingeführt. Hierin richtete sich „Sachses Internationaler Kunstsalon“ an die „verehrlichen Vorstände von Kunstvereinen, Ausstellungen, u.s.w.“.1109 Es wurden namentlich diejenigen 20 Institute angesprochen, die sich auf ein „Circular vom 26. Juli in Betreff der Ausstellung von Makart’s Abundantia-Bildern“ (Abb. 272) gemeldet hatten.1110 Das Sachse’sche Institut nutzte den „Briefkasten“ der Kunst-Correspondenz, um von dem Fortgang dieser Unternehmung zu berichten. Bisher hätten nur drei Ausstellungsinstitute, nämlich Lichtenberg in Breslau, Arthur Barnick in Cöln und Pietro del Vecchio in Leipzig berücksichtigt werden können, weil „ein Ausstellungsturnus wie der beabsichtigte nur langsam vorschreiten kann“. Die „Überlassung der Abundantiabilder“ unter den „gedruckten Bedingungen“ wurde daher zwar generell zugesagt, doch konnten „bestimmte und bindende Zeittermine im Voraus jetzt noch nicht verabredet werden“.1111 Die „Zweckmäßigkeit der Eisenbahnverbindungen“, lags-Buchhandlung (A. Effert und L. Lindner); Nr. 7, Mai 1872: E. Mandels Kupferstich nach Raffaels Madonna mit dem Kinde aus dem Verlag von Amsler und Ruthardt in Berlin; Nr. 15, Mai 1873: holländische Kupferstiche aus dem Verlag von François Buffa & Fils in Amsterdam; Nr. 16, September 1873: die Vermählung Mariae nach Raffael, Kupferstich aus dem Verlag von Heinrich Bäumer in Düsseldorf. 1107 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 13, Februar 1873, S. 8. 1108 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 20, Januar 1875, S. 4. 1109 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 2, November 1871, S. 9. 1110 Vgl. ebd. Die Institute, die sich für diese Veranstaltung angemeldet hatten, waren: Lichtenbergs Ausstellung in Breslau, Arthur Barnick (Casinosaal) in Köln, Pietro del Vecchios Kunstausstellung in Leipzig, Louis Bock & Sohn in Hamburg, H. L. J. Kraus in Bremen, Kunstgesellschaft Arti et amicitiae in Amsterdam, der Böhmische Kunstverein in Prag, der Steirische Kunstverein zu Graz, der Kunstverein zu Augsburg, das Direktorium des Albrecht-Dürer-Vereins zu Nürnberg, Königliches Museum der Bildenden Künste zu Stuttgart, Commission des Baseler Kunstvereins zu Basel, der Pfälzische Kunstverein zu Speyer für Speyer und Kaiserlslautern, der Rheinische Kunstverein für die Städte Freiburg i. Br., Baden, Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Mainz und Darmstadt, der Verein der Bildenden Kunst in Kassel, die Großherzoglich Sächsische Kunstschule zu Weimar, der Kunstverein zu Zwickau, der Kunstverein zu Bamberg, Hübner und Matz perm. Ausstellung zu Königsberg und F. W. Kaibel Kunsthandlung in Lübeck. 1111 Vgl. ebd.

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die „geeignete Jahreszeit“ und noch hinzuzufügende „Hauptplätze“ sollten zuvor berücksichtigt werden. Es wurde um Geduld gebeten, bis „der Turnus sich ihren resp. Stationsorten nähert“.1112 Neben der Herausgabe der Kunst-Correspondenz als hauseigenem Gratisblatt für die Abonnenten des Internationalen Kunstsalons war die zweite große Neuerung, die Louis Alfred Sachse einführte, die Organisation des sogenannten Wanderturnus. Eine solche Initiative hatte durchaus Weitblick. Wanderausstellungen spielten für die Verbreitung und Entwicklung moderner Kunst im dezentralen Deutschland bis weit ins 20. Jahrhundert hinein eine wichtige Rolle. Sachses „Ausstellungsturnus“ hatte einen „geschäftlichen Zusammenschluß“ von Kunstinstituten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus vor Augen – und zwar „im Interesse solcher Kunstplätze [...], denen nicht beständig und nicht häufig genug Kunstwerke ersten Ranges zugänglich“ seien.1113 Die „3 oder 4 Hauptmärkte Deutschlands und Österreichs“ würden zwar rege miteinander korrespondieren, doch „die kleinen Kunststädte“ hätten gerade dadurch „in ihrer Kunstschau eingebüßt“.1114 Die Mehrheit der deutschen Kunstvereine sehe „ihre Thätigkeit und ihren Einfluß gehemmt, ja theilweise brachgelegt [...], durch die Schwierigkeit, bedeutende Kunstwerke anzuschaffen und stetig ihren Kunstplätzen zuzuführen“.1115 Die Idee war, wie bereits dargestellt wurde, nicht neu. Schon bei der ersten gemeinsamen Versammlung der preußischen Vereinsvorstände 1834 war erkannt worden, dass insbesondere in den Provinzen bedeutendere Ausstellungen nur durch eine enge Zusammenarbeit zustande kommen konnten.1116 Man hatte zwei Ausstellungszyklen eingerichtet, an denen sich Sachse sen. nicht nur mit Kunstwerken aus seinem Salon, sondern auch administrativ beteiligt und eingebracht hatte.1117 Trotz Schwierigkeiten wie Transportschäden und dem hohen Verwaltungsaufwand war das finanzielle Resultat schon damals beachtlich, wie Joachim Grossmann vorgerechnet hat: „Der östliche Zyklus hatte im Jahr 1837 Verkäufe von 32000 Thalern zur Folge, der westliche Zyklus erbrachte im folgenden Jahr 30272 Taler für 234 verkaufte Werke und übertraf damit sogar die wichtige Berliner Akademieausstellung (1838: 26338 Taler).“1118 Um „bedeutende“ Werke zeigen zu können, hatte sich damals jeder Verein dazu verpflichtet, „alle zwei Jahre ein größeres Figurenbild von einem anerkannten Künstler zu erwerben und solche nicht eher zur letzten Bestimmung gelangen zu lassen, als bis es auf den Ausstellungen der zur Gegenseitigkeit verpflichteten Vereine gewesen“, wie es im Centralblatt 1112 Vgl. ebd. 1113 Vgl. „An die Vorstände von Kunstvereinen und die Inhaber permanenter Ausstellungen“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 9, September 1872, S. 8. 1114 Vgl. „Ueber die Turnus-Versendungen des Sachse’schen Kunstsalons“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 12, Januar 1873, S. 2. 1115 Vgl. ebd. 1116 Vgl. hierzu Grossmann 1994, S. 107–110. 1117 Vgl. Kapitel IV.1.b, „Die Kunsthandlung L. Sachse & Co. / Das Wesentliche“. 1118 Vgl. ebd., S. 109.

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der deutschen Kunstvereine 1839 hieß.1119 Die kleinen Vereine hatten jedoch weniger Aktionäre und deutlich geringere Mitgliederbeiträge, weshalb meist nur ein bescheidenes Kapital für den Einkauf von Kunstwerken zur Verfügung stand.1120 Um 1850 hatte das Kunstvereinswesen einen „ersten Tiefstand“ erreicht: „Nachteile dieser Künstlerversorgung durch das Lotteriewesen waren deutlich zutage getreten. Finanzielle Grenzen wurden ebenso sichtbar wie Gefahren für künstlerische Qualität“, so Grossmann.1121 Ernst Kossak bezeichnete die Kunstvereine 1846 entsprechend als „Spitäler der Kunst“ und „Rettungsvereine für verwahrloste Bilder“.1122 Louis Alfred Sachse fand knapp 30 Jahre später in seinem ausführlichen Artikel „Ueber die Turnus-Versendungen des Sachse’schen Kunstsalons“ kaum aufmunterndere Worte. Es sei „fast schon zur Wahrheit geworden, dass heutzutage Gemälde ersten Ranges nur noch auf feste Bestellung zu haben sind, während Dasjenige, was kleineren und kleinsten Kunstvereins-Ausstellungen zugänglich geblieben, im Allgemeinen schon unter dem Niveau des Mittelguts zu qualificiren ist“, schrieb er in der Kunst-Correspondenz vom Januar 1873.1123 Sachse jun. hatte daher, ganz ähnlich wie zuvor sein Vater, den Entschluss gefasst, „mit den Kunstvereinen eine möglichst feste und dauerhafte Geschäftsverbindung anzustreben und denselben durch regelmäßige Zufuhren und Hergabe von Schaubildern einen praktischen Nutzen zu leisten“: „[...] findet dieser Anfang des Unternehmens bei möglichst allen Kunstvereinen Deutschlands durch die Solidität der Interessen Eingang und behauptet durch consequente Weiterbildung seinen praktischen Werth mehr und mehr, so ist ein wichtiger Fingerzeig gegeben“, so der Geschäftsinhaber von Sachse & Co.1124 Im Gegensatz zu der früheren Verbindung, die v.a. unter den preußischen bzw. den norddeutschen Kunstvereinen getroffen worden war, sollte jetzt ein einziges Institut – und

1119 Vgl. „Beschluß der westlichen Kunstvereine in Braunschweig 1838“, in: Centralblatt der deutschen Kunstvereine, 1, 1839, S. 38; hier zit. nach Grossmann 1994, S. 109. Eine solche Handhabe war offenbar auch insofern wichtig, als die großen Vereine in den Haupt-Kunststädten wie Berlin und Düsseldorf die kleineren Assoziationen lediglich „mit wohlwollender Herablassung“ behandelten, wie ebenfalls schon Grossmann festgestellt hat: „Ihr Interesse, eigene Erwerbungen monatelang durch die Provinz reisen zu lassen, war gering“; vgl. ebd. 1120 Düsseldorf, Berlin und Köln hatten nicht nur eine weit größere Mitgliederzahl, sondern auch die Beiträge waren mit fünf Talern erheblich höher als in den Provinzvereinen, wo eine Aktie nur zwei bis zweieinhalb Taler kostete. Grossmann errechnete für das Jahr 1839 für die drei erstgenannten großen Vereine Einnahmen von 35625 Talern, während Breslau, Danzig, Halberstadt, Halle, Königsberg, Magdeburg, Münster, Posen, Potsdam und Stettin gemeinsam nur 13035 Taler aufbrachten; vgl. Grossmann 1994, S. 108. 1121 Vgl. ebd., S. 110. 1122 Vgl. Kossak 1846/1847, S. 120. 1123 Vgl. „Ueber die Turnus-Versendungen des Sachse’schen Kunstsalons“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 12, Januar 1873, S. 2. 1124 Vgl. ebd. In derselben Ausgabe ist der frühe Artikel von Friedrich Lucanus: „Angelegenheiten deutscher Kunstvereine“ (1835) erneut abgedruckt, was mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Louis Sachse sen. zurückzuführen sein dürfte.

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noch dazu eine Kunsthandlung – die Bilder stellen und diese in ganz Deutschland, ja, wie sich zeigen sollte, sogar über die Landesgrenzen hinweg zirkulieren lassen. Kurz nach der Reichseinigung 1871 richtete Louis Alfred Sachse also einen „Wanderturnus“ ein, der von Sachses Kunstsalon für die „mit ihm sich verbindenden Kunstvereine und permanente Ausstellungen“ organisiert wurde.1125 „Neue und meistens sehr wertvolle Originalgemälde verschiedenster Provenienz“ sollten „die Runde von Station zu Station passiren“.1126 Im Januar 1873 waren bereits 37 „Stationen“ dem „Turnus“ beigetreten, von denen zunächst 21 Berücksichtigung finden konnten. Die „erste Tour“ ging von Berlin über Posen, Breslau, Prag, Wien, Graz in Steiermark, Triest, Venedig und Mailand. Sie sollte später „von dort, nach einer Abzweigung über Florenz und Rom, durch die Schweiz gelegt werden“.1127 Die „zweite Strecke“ führte vorerst von Berlin nach München und dann nach Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Stuttgart, Basel, Baden, Karlsruhe, Heidelberg, Frankfurt a. M., Wiesbaden, Mainz, Kassel, Eisenach, Erfurt, Weimar, Leipzig, Dresden, Chemnitz usw.1128 Der „dritte Cours“ versorgte Aachen, Barmen, Oldenburg, Bremen, Hamburg, Kiel, Lübeck, Danzig, Königsberg „und wird sich später von Stettin ab in zwei Theile, den westlichen und den östlichen spalten“.1129 Dies der vorläufige Plan. Die „vorhandenen Lücken“ würden „den Haupt-Eisenbahnstrecken gemäß“ nach und nach vervollständigt.1130 Wo „die bestehenden Vereine den Anschluß ablehnen“, sollten „intimeristisch andere Einrichtungen getroffen oder theils bei befreundeten Kunst- oder Buchhandlungen, theils für eigene Rechnung des Sachse’schen Salons Stationen etablirt [werden], bis die Organisation planmäßig in regelrechtem Fortgange sein wird“.1131 Monatlich sollte eine Sendung von fünf bis zehn Gemälden eintreffen und „die dort vorhandene frühere Monatssendung ablösen, d. h. das Signal für die Weitersendung an die nächste Station geben“, so der Plan.1132 Bei zwölf Monatssendungen à fünf bis zehn Gemälden würde die „jährliche Zusendung“ also zwischen 60 und 120 Gemälden betragen. Bedingungen zum Beitritt wurden „nicht weiter gestellt, als dass jeder Stationsort die Transportkosten mit Eilgutsendung von der letzten Station her zu tragen hat“.1133 Durch eine „dauernde und lebhafte Verbindung“ hoffte der Internationale Kunstsalon, „welcher niemals die Kunst nur in lokaler Weise gepflegt hat“, wie Sachse jun. an diesem Punkt noch einmal ausdrücklich feststellte, „seinen mitconcurrirenden [sic] Verbünde-

1125 Vgl. „Ueber die Turnus-Versendungen des Sachse’schen Kunstsalons“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 12, Januar 1873, S. 2. 1126 Vgl. ebd. 1127 Vgl. ebd. 1128 Vgl. ebd. 1129 Vgl. ebd. 1130 Vgl. ebd. 1131 Vgl. ebd. 1132 Vgl. ebd. 1133 Vgl. ebd.

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ten Bilder von hohem Interesse und aus den verschiedensten Schulen zuzuführen, welche für Künstler und Kunstfreunde anregend und belehrend wirken sollen“.1134 Doch „wie alles Neue“, erklärte Louis Alfred Sachse, musste auch diese Unternehmung „erst ins richtige Fahrwasser gelenkt“ werden. Es wurde „um Nachsicht“ gebeten, weil sich „die geschäftlichen Vorarbeiten“ als schwierig erwiesen.1135 Von dem „praktischen Nutzen für die Stationen“ überzeugt ging es mit den Planungen dann aber doch recht zügig voran.1136 Als gemeinsames Informationsmedium wurde die Kunst-Correspondenz zum „Organ bezüglicher Mittheilungen“ für „die Stationen des Wanderturnus“ bestimmt.1137 Schon im Februar 1873 konnte von 42 Turnus-Stationen berichtet werden. Es wurden nicht mehr drei, sondern vier Touren angezeigt.1138 Im April 1873 waren 46 Stationen „in regelmässiger, wohlgeordneter Weise“ in Betrieb gesetzt.1139 Nicht ohne Stolz berichtete die Kunst-Correspondenz von der Schaffung neuer Absatzwege und „wichtigen Verkehrs- und Verkaufs-Chancen [...], die der Kunstmarkt in Deutschland und in einigen Nachbarstaaten überhaupt bietet“.1140 Eine weitere Neuerung wurde angekündigt. Es sollten nun auch „direct aus den Malerateliers fertig werdende Commissions-Bilder theilnehmen können, die solange den Rundgang und die Chancen der Stationen mitmachen, bis die Autoren die Herausnahme anderweit verfügen wollen“.1141 Solche „Commissions-Bilder“ konnten mit der Bezeichnung „Für den Sachse’schen Wanderturnus bestimmt“ nach Berlin gesandt werden. Der Verkaufspreis sollte vom Künstler selbst bestimmt werden. Dabei fielen 15 % Provision an, die vom Verkaufspreis abgezogen wurden: 10 % gingen an „die Stationen für Eilgut, Etablissementkosten und Verkaufsprovision“ und 5 % an „das Berliner Hauptgeschäft“.1142 Mit diesem „keineswegs unbilligen Abzug“ konnte der Künstler „seine Bilder kostenfrei und zwar mit Eilgutversendung durch fast alle Kunstinstitute und Städte geführt sehen, wo überhaupt Verkaufschancen existiren“ und hatte dabei „insbesondere nicht die Sorge [zu tragen], dass seine Arbeit müssig liegt, wenn augenblicklich temporäre Ausstellungen fehlen“.1143 Louis Alfred Sachses Überlegungen zufolge lagen die Vorteile für die Künstler auf der 1134 Vgl. ebd. 1135 Vgl. ebd. 1136 Vgl. ebd. 1137 Vgl. Hinweis auf die Programmänderung der Kunst-Correspondenz, Nr. 12, Januar 1873, S. 1. 1138 Vgl. „Turnus-Angelegenheiten“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 13, Februar 1873, S. 8. Die auf vier Touren verteilten 42 Stationen waren wie folgt aufgeteilt: Tour I – Posen, Breslau, Prag, Wien, Graz, Triest, Venedig, Mailand, Genf; Tour II – München, Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Stuttgart, Ulm, Konstanz, Basel, Baden-Baden, Karlsruhe, Heildelberg, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Kassel, Eisenach, Erfurt, Weimar, Leipzig, Chemnitz, Dresden; Tour III – Barmen, Köln, Aachen, Düsseldorf, Oldenburg, Bremen, Hamburg, Kiel, Lübeck und Tour IV – Stettin, Danzig, Königsberg. 1139 Vgl. „An die Künstlerschaft“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 14, April 1873, S. 10. 1140 Vgl. ebd. 1141 Vgl. ebd. 1142 Vgl. ebd. 1143 Vgl. ebd.

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Hand. Durch die „planmäßig bewirkte Beschickung“ entginge der Künstler „den oft monatelangen Anmeldeförmlichkeiten“ und das ohne „Zeitverlust oder die Besorgnis, werthvolle Bilder über große Eisenbahnstrecken im riskanten Sprunge und mit beträchtlichem Kosten- und Zeitaufwand bald hier-, bald dorthin gerissen und dann lange gelagert zu sehen“.1144 Dabei brauche er „nicht um seine Interessen fürchten, wenn die Eröffnung temporärer Ausstellungen z. B. heut in Wien, morgen in Basel, übermorgen in Berlin, ein andernmal in Prag oder Barmen zu gleicher Zeit geschieht und der auf Frachtfreiheit angewiesene Maler zu wählen hat, welche Chance er als die richtige zu ergreifen habe“.1145 Und noch eine Besonderheit wurde eingeräumt. Wer nicht sämtliche Stationen des Sachse’schen Wanderturnus abwarten wollte, der konnte sich „bei der Berliner Ursprungsstation“ melden und „sein Bild jederzeit aus dem Turnus nehmen“. Für Haftkosten und „Transportgefahren“ sollte jeweils die Station aufkommen, in deren Wirkungsfeld sich das jeweilige Gemälde gerade befand. Von dem Turnus ausgeschlossen wurden nun allerdings – was in Hinblick auf das Wirken des Firmengründers erstaunt – „Skizzen, Studien, Arbeiten aus früheren Jahren“ sowie „solche, die bereits in festen Privathänden befindlich“.1146 Im Mai 1873 umfasste der Wanderturnus schließlich 56 Stationen verteilt auf vier Touren, wobei es wohl zunächst blieb: 1147 Tour I Dresden, Prag, Wien, Graz, Triest, Venedig, Mailand, Genf, Luzern, Basel (Vereinigung mit Tour II). Tour II München, Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Würzburg, Stuttgart, Ulm, Konstanz, Schaffhausen, Luzern, Basel, Baden-Baden, Karlsruhe, Heidelberg, Frankfurt, Wiesbaden, Kassel, Eisenach, Erfurt, Weimar, Leipzig, Chemnitz. Tour III Barmen, Köln, Aachen, Düsseldorf, Essen, Münster, Oldenburg, Bremen, Hamburg, Altona, Kiel, Lübeck, Rostock, Schwerin, Hannover, Braunschweig, Halberstadt, Halle, Magdeburg, Potsdam. Tour IV Frankfurt a. O., Posen, Breslau, Königsberg, Elbing, Danzig, Stettin, Stralsund. Im September 1873 zog das Sachse’sche Institut erstmals Bilanz. Makarts „Abundantia-Bilder“ waren „von der südlichen Rundreise“ zurück, kurz erneut in Berlin ausgestellt und anschließend „auf die nordöstliche Reiseroute weiter gegangen“.1148 Gegen1144 Vgl. ebd. 1145 Vgl. ebd. 1146 Vgl. ebd. 1147 Vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 15, Mai 1873, S. 11. 1148 Dabei waren „einigen schlecht orientierten Berichterstattern [...] Sprünge in der Farbe“ aufgefallen, die sie den langen Transportwegen zuschrieben. Sachse klärte diese Behauptung als „vollständigen Irrthum“ auf. Jene Risse habe das Bild schon 1871 davongetragen, als es von Wien das erste Mal nach Berlin gelangte und von Sachses Salon angekauft worden war. Seitdem habe sich an den Gemälden nichts verändert oder verschlechtert: „Wenn eine Änderung geschehen, so ist es im Gegentheil diese, dass das Colorit durch einheitliches Nachdunkeln der Clairob-

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wärtig wanderten „nahe an 200 sehr bedeutende Originalgemälde auf dem Turnus“, die dadurch „freilich zunächst alle der Berliner Hauptstation entzogen“ blieben. Bei dem nun „vierfachen Radialsystem“ hatte sich nicht nur der Verwaltungsaufwand, sondern auch der „Bilderbedarf“ vervierfacht.1149 Durch „fast allgemeinen Hinzutritt deutscher und einiger ausländischer Kunstvereine“ sei der Modus jedoch „sowohl praktisch als auch theoretisch nunmehr sanctionirt“.1150 Insbesondere die süddeutschen Städte hätten „von dem Wanderturnus mit richtiger Erkenntniß und durchweg mit vielem Kunstinteresse Gebrauch gemacht“.1151 Die Strecke durch Bayern, Württemberg, Baden und der Schweiz sei „ununterbrochen und gut organisiert“ gewesen, ebenso „mit Ausnahme störender Unregelmäßigkeiten in Wien“ die Tour durch Sachsen, Schlesien, Österreich und Italien nach der Schweiz.1152 Die west- und norddeutsche Strecke war ebenfalls bereits in Gang gesetzt, aber noch unvollendet: „Fragmentarisch nur wird die nordöstliche betrieben und es bleibt befremdlich, dass gerade unsere preußischen Provinzialstädte die letzten und unschlüssigsten geblieben sind, trotzdem sie bekanntlich ebenfalls an dem allgemeinen Mangel hervorragender Kunstwerke zu leiden haben“, so das Kommentar der Veranstalter.1153 Ein Grund hierfür wurde in dem „Mangel an Localitäten zur permanenten Kunstschau“ gesehen. Insgesamt hätte die erste Turnus-Runde jedoch „wichtige Anerkennung aus beteiligten Kreisen genossen“.1154 Berlins schönste Kunsthalle

Mit der Herausgabe der Kunst-Correspondenz sowie der Organisation und Verwaltung des Wanderturnus hatte Louis Alfred Sachse, wenn auch sicherlich weiterhin von seinem Vater beratend unterstützt, enorme zusätzliche Anstrengungen auf sich genommen. Und es sollte nicht dabei bleiben. Vielmehr scheinen diese beiden Unternehmungen eine Art Rahmenwerk für die Neupositionierung der alteingesessenen Firma gewesen zu sein, die sich nach der Reichsgründung nun im Zentrum des deutschlandweiten Geschehens wiederfand und ihren Platz in der wachsenden Großstadt zu behaupten hatte. „Eine andere Zeit verlangt auch eine andere Physiognomie der Dinge“ erklärte Louis Alfred Sachse im Februar 1872 den Lesern der Kunst-Correspondenz die Neuausrichtung des Instituts und ließ verlauten, „dass der Internationale Kunstsalon einer bedeutenden

scürtöne [sic] durchaus noch schöner und harmonischer anklingt, während die Frische der accentuirten Farben in keiner Hinsicht eingebüßt hat, sondern ihren vollsten Zauber ausübt“; vgl. Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873, S. 3. 1149 Vgl. ebd., S. 3f. 1150 Vgl. ebd., S. 3. 1151 Vgl. ebd. 1152 Vgl. ebd. 1153 Vgl. ebd. 1154 Vgl. ebd.

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Erweiterung“ entgegenginge.1155 Der „alte Lieblingsplan des Unternehmers“ sollte nun endlich zur Ausführung gebracht werden: „Seit 1853 hatte die Gemälde-Ausstellung sich durch die verschiedenen Phasen ihrer Thätigkeit mit knappen Räumen zwar würdig, aber doch unzureichend behelfen müssen, weil es absolut unmöglich war, auf ihrem alten Platze in der Jägerstraße Terrain hinzuzugewinnen. In dieser Raumbeschränkung lag ein wesentliches Hemmniß und nicht unwichtiger Grund, weshalb der Salon trotz einer qualitativ und auch quantitativ hervorragenden Leistungsfähigkeit seine Bilderschau nicht immer gebührend günstig verwerthet sah, insofern es den Eindruck fürs Auge betrifft“.1156 Um die Ausstellung nun „sehr bedeutend“ vergrößern und verbessern zu können, hatte Louis Sachse jun. „in der besten Gegend der Stadt, ganz nahe am königlichen Schauspielhause, ein Grundstück von ansehnlichem Umfang angekauft“.1157 Die Gelegenheit für den Grundstückserwerb war ergriffen worden, nachdem das Stammhaus in der Jägerstraße 29–31 (Abb. 7) an die deutsche Baugesellschaft „zu einem gemeinnützigen Zweck“ veräußert werden konnte.1158 Solange bis das neue „Kunst- und Vereinshaus“ in der Taubenstraße 34 bezugsfertig sein würde, konnte der Internationale Kunstsalon als auch Louis Sachse sen., der hier gleichsam seine Privatwohnung hatte, in den alten Räumlichkeiten bleiben. Am 1. April 1873 sollte mit dem Neubau begonnen werden. Bis zum Herbst hoffte man, „mit den großen Lokalitäten für die Kunstausstellung völlig fertig zu sein, so dass der Salon schon den nächsten Winter daselbst installiert“ sein könnte.1159 Tatsächlich begann in den ersten Apriltagen 1873 „der Abbruch der alten Gebäude auf dem Grundstück Taubenstraße 34“.1160 Die Hoffnung, schon ein halbes Jahr später in das neu errichtete Haus einziehen zu können, sollte sich jedoch jäh zerschlagen. Zwar wurde „tüchtig“ am Bau gearbeitet, doch konnten „die neuen Säle nicht so rasch, als erwartet war“, vollendet werden: „Schon am 1. Oktober sollten sie laut Bauvertrag völlig fertig der Benutzung übergeben werden, indeß scheinen die vielen Schwierigkeiten beim Grundlegen und bei den Eisenconstructionen Schuld gewesen zu sein, dass die innere Vollendung und Ausstattung heute noch zurück ist“, wie Louis Alfred Sachse den

1155 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 5, Februar 1872, S. 9. 1156 Vgl. ebd. Erinnert sei an Louis Friedrich Sachses Beharren, was den Sohn des Besitzers des Nachbarhauses Pinkert in der Jägerstraße Nr. 32 anging; siehe Kapitel IV.2.b, „Exposition en permanente / Wie der Vater, so der Sohn?“. 1157 Vgl. ebd. 1158 Vgl. ebd.; außerdem Berliner Adressbuch 1873, Straßen und Häuser, S. 138. Hier ist für die Jägerstraße Nr. 29–31 bereits die Deutsche Baugesellschaft als Eigentümer eingetragen. 1159 Vgl. „Mittheilungen aus Sachse’s Internationalem Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 10, Oktober 1872, S. 3. 1160 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 15, Mai 1873, S. 4.

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Abonnenten des Kunstsalons im September 1873 erklärte.1161 Die „Übersiedelung nach der Taubenstraße“ musste „bis auf weiteres“ aufgeschoben werden.1162 Im April 1874, also genau ein Jahr nach Baubeginn, war es dann endlich soweit. Die Gemäldeausstellung bezog die neuen Gebäude in der Taubenstraße 34 (Abb. 275 und 276). Nur die Innendekoration fehlte noch, weshalb sich die Räume zunächst „im einfachen Gewande provisorisch getünchter Wände“ präsentierten.1163 Sachse jun. hoffte, dass „nach den heißen Sommermonaten, wenn die Gewähr vorhanden sein wird, dass die Farben nicht ausschlagen und verderben können“, endlich „das Festgewand angelegt“ werden könne.1164 Insbesondere der „Kinderfries“, den Wilhelm von Kaulbach für die Ausschmückung des Neuen Museums über seinen großformatigen Wandbildern angebracht hatte, lag den Inhabern am Herzen (Abb. 277). Auf dem Grisailleband kommentieren – mit spielerischer Ironie – Kinderfiguren jene gemalte Menschheitsgeschichte, die darunter in riesigen theatralen Wandbildern erzählt wird.1165 Sachse jun. hatte eine Kopie des Puttenfrieses für den neuen Salon bestellt. Er wurde bereits seit dem vergangenen Winter „in Weimar in Wachsfarben“ angefertigt. Das Schmuckband würde „die beiden Obersäle in fortlaufende Verbindung bringen“, wodurch diese „hier endlich zur glücklichen Würdigung kommen“.1166 Sachse jun. und sicher auch sein Vater freuten sich auf den 1161 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalem Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873, S. 3. 1162 Vgl. ebd. Das hatte wahrscheinlich auch eine finanzielle Mehrbelastung zur Folge. Der Erwerb des neuen „Kupferstich des Salons“, der seit zwei Jahren in Arbeit war und pünktlich sowohl zum Weihnachtsfest als auch zur Neueröffnung angeboten werden sollte, wurde den Abonnenten und Freunden des Salons bereits jetzt „durch Zuzahlung von 4 Thalern“ nahegelegt. Es handelte sich um einen Stich von L. (richtig wohl Paul) Linke nach einem Landschaftsgemälde von J. G. Steffan, das der Kunstsalon „früher ausgestellt und verkauft“ hatte. Steffans Landschaft habe sich „ungetheilten Beifall wegen ihrer hohen Naturreize, edlen Formen- und Linienschönheit und vorzugsweise durch musterhafte Zeichnung und Meistertechnik erworben“. 1163 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalem Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 1. 1164 Vgl. ebd. 1165 Kaulbach hatte in den Jahren 1847 bis 1863 die vier Wandfelder im Treppenhaus des Neuen Museums mit gewaltigen Fresken zur Weltgeschichte ausgemalt. Unmittelbar unterhalb der offenen Decke, als oberer Abschluss des Bildprogramms, hatte er zusätzlich ein Grisailleband angebracht, in welchem der Künstler die Geschichte der Menschheit noch einmal von Kinderfiguren darstellen ließ, und zwar im Gegensatz zu den großen Wandbildern „alle Momente, auch die tragischen, mit einem leichten und anmutigen Humor verklärend“; vgl. Ostini 1906, S. 124. Die Entwicklung der menschlichen Kulturgeschichte von mythischen Anfängen bis hin zu Goethe und Alexander von Humboldt wird hierin erneut aufgerollt und in ihrem Bezug zu den darunterliegenden Wandbildern auf humorvolle Weise kommentiert; vgl. die ausführliche zeitgenössische Beschreibung des Frieses durch Ernst Förster, abgedruckt bei Ostini 1906, S. 124–127. Zu der Geschichte und Erläuterung des „Kinderfrieses“ vgl. ausführlich Menke-Schwinghammer 1994, S. 128–141. 1166 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalem Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 1.

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Wandschmuck, da der Fries „zu dem Zweck und zu der Benutzung dieser Räume, welche nicht nur für Kunst-, sondern auch für verwandte Zwecke bestimmt sind, die schönste Bezüglichkeit bot“.1167 Der „Kinderfries“ war zum Zeitpunkt der Eröffnung, im Frühjahr 1874, jedoch nicht das einzige schmerzhaft fehlende Ausstattungselement. Zwar waren die Räume fertiggestellt, doch standen die unteren Kunstsäle noch leer und auch die Innendekoration fehlte noch. Erst „im Laufe des Sommers“ würden die Galerieräume ihrem eigentlichen „Zweck“ übergeben werden können, wie der merklich enttäuschte Institutsbesitzer den interessierten Ausstellungsbesucher über eine Mitteilung in der Kunst-Correspondenz wissen ließ: „Vorläufig wolle der Besucher sich an der Gemäldeausstellung, in welche man vom Vestibül aus rechts mittels der Eisentreppe gelangt, genügen lassen. Da die Localitäten leider gegen die Absicht des Bauherrn nur stückweise und allmählich fertig gestellt werden konnten, so geschieht auch die Uebergabe an das benutzende Publikum ohne Sang und Klang in wenig feierlicher Weise.“1168 Die Presse zeigte sich, trotz des noch fehlenden „Festgewands“, wohlwollend und durchaus angetan von „Sachses neuerbauter Kunsthalle“: „Vor kurzem ist Sachses Kunstsalon in den neu erbauten Räumen in der Taubenstraße 34 neu eröffnet worden. Vier große Säle, zwei zu ebener Erde und zwei im ersten Stock, je zwei durch offene Säulen verbunden, die oberen mit schönem Deckenlicht, dessen Lichtöffnung sich in deren Fußboden wiederholt und so auch den anderen Sälen noch Licht zuführt, oben an den umlaufenden Geländern mit eleganten Divans umgeben, gewähren ebenso günstige, als weite Räume zur Ausstellung der Kunstwerke, welche man, dank dieser Bauart, je nach Belieben nah und aus großer Distanz bequem sehen kann. Die oberen Säle erhalten später als bleibenden Schmuck W. v. Kaulbachs geistvollen Fries aus dem Treppenhause des Neuen Museums, wo er wegen seines hohen Platzes kaum zu sehen, hier aber dem Auge näher gerückt, erst zur Geltung kommen wird. Somit ist diese neuerbaute Kunsthalle wohl eine der schönsten, die es giebt, jedenfalls die schönste in Berlin.“1169

1167 Vgl. ebd. Sowohl die humoristische Darstellung der Entwicklung der Kulturgeschichte Europas als auch die Anspielungen auf zeitgenössisches Kunstgeschehen in Kaulbachs „Kinderfries“ lassen Parallelen zu dem Interesse und dem Wirken Sachses und seines „Internationalen Kunstsalons“ in Berlin zu. Das Schmuckband verbindet den einen mit dem anderen Kunsttempel und setzt beide in eine Beziehung zueinander, was sicher auch vom Berliner Publikum wahrgenommen wurde. Das Thema des Frieses, sich fortlaufend verändernde Verhältnisse, sprich Veränderung als Gegenpol zu Stillstand, aber auch den Fortgang und die Anbindung an Geschichte schwingen sicherlich ebenso mit. Zudem wird die Funktion des Bandes als ironisch leichter Kommentar eine Rolle gespielt haben. Es ist etwa auch von Adolph Menzel bekannt, dass dieser für die berühmte „Heckmann Adresse“ auf den „Kinderfries“, diese „Ironie der Geschichte“, Bezug nahm; vgl. hierzu Busch 2015, S. 59. 1168 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 2. 1169 Vgl. „Sachses Kunstsalon“, in: Beilage zu Nr. 126 der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung, Berlin, Mittwoch, 3. Juni 1874.

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Louis Sachse jun. hatte die Disposition der zur Ausstellung bestimmten Räume bereits während der Planungsphase wie folgt erläutert: „Ein geräumiges Eingangs-Vestibül führt zugleich nach rechts und nach links in zwei Parterresäle, welche gleich groß sind und parallel nebeneinander liegen, auch mit einander durch Rolltüren verbunden sind. Eine Treppe führt von diesen aus hinauf in zwei ebensolche, die unteren Räume genau deckenden Säle im ersten Stock und diese beiden sind wieder untereinander und mit einem über dem Vestibül liegenden Lese- und Bibliothekszimmer verbunden. Alle Säle stehen außerdem mit einander in offener Verbindung und sind von einer ungefähren Dimension von je 60 Fuß Länge und 30 Fuß Breite.“1170 Die Kunstsäle waren also erneut nach modernstem Standard konzipiert. Die oberen Räume hatten Deckenlicht. Um auch für die unteren Säle das von oben hereinstrahlende Tageslicht nutzen zu können, war im Fußboden eine „Lichtöffnung“ eingebaut. Die hochgelegenen Säle stellten sich also als Galerie mit umlaufendem Geländer dar, an denen „elegante Divans“ zum bequemen Verweilen einluden. Eine „Vorrichtung zur Einlage des Fußbodens zum Zu- und Aufdecken der Oberlichter zwischen den Geschossen“ sollte die Räume zusätzlich auch für andersartige Veranstaltungen wie etwa für Kunstvorlesungen in den Wintermonaten nutzbar machen.1171 Grundsätzlich war „die Höhe der Oberlichter sowie die der ganzen Wände eigends so construirt, dass überall im ganzen Lokal ein vortreffliches Licht verbreitet und doch kein Reflexlicht bemerkbar ist“.1172 Im oberen Geschoss waren „die beiden größeren Ausstellungssäle“ zudem mit einem „Verbindungssalon“ ausgestattet, „welcher für Aquarellen, Handzeichnungen und gezeichnete Studien hauptsächlich“ diente. Außerdem wurde hier „zur freien Benutzung eine kunstliterarische Bibliothek“ in einem „reich geschnitzen Bücherschrein“ untergebracht, „welche die wichtigsten Werke über die Kunstwissenschaft. Kunstepochen, Künstler u.s.w. enthalten und Neuerscheinendes sammeln wird“.1173 Die wichtigste Neuerung aber betraf die Präsentation der Bilder selbst. Diese wurden nun nämlich nicht mehr über- und nebeneinander auf der gesamten Wandfläche verteilt, sondern auf Augenhöhe in einer Reihe gehängt. Dazu wurden Kataloge ausgegeben, „die dieser Reihenfolge analog jedes Bild nummeriren sollen“.1174 Schon im Februar 1872, also noch im Zuge der Planungsphase, stand die Schaffung von Räumlichkeiten für eine solche Neuordnung im Vordergrund. Denn „wenn der Beschauer beim Eintritt in eine kleine Lokalität gleich eine ganze Wand voll übereinander gruppirter 1170 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 10, Oktober 1872, S. 3. 1171 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 19, Juni 1874, S. 1. 1172 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 2. 1173 Vgl. ebd. und „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 19, Juni 1874, S. 1. 1174 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 2.

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Bilder mit dem ersten Blick übersehen muß, so faßt das Auge viel zu schnell und verwirrend alle die einzelnen widerstreitenden Stimmungen und sprechenden Eindrücke auf, die erst nach einander jedem einzelnen Gemälde vorbehalten sein sollten“.1175 Kaum weniger „fiel ins Gewicht, dass die Betrachtung gestört wird, wenn sich der Besuch häufte und die Zuschauer gedrängt standen, Einer sich vom Anderen im Platz und in der freien Bewegung genirt sehen musste“.1176 Häufig sei es in dem alten Lokal „übermäßig eng“ zugegangen, was dem Geschäftsinhaber „drückend“ und „peinlich“ war.1177 Das „leitende Ausstellungsprinzip“ der neuen Galerie bezwecke nun, „die einzelnen Gemälde dem Beschauer im richtigen Niveau vorm Auge nacheinander vorzustellen, um die Eindrücke getrennt zu halten“.1178 Ein „Aufschichten“ und „Übereinanderhängen von Bildern“ sollte „möglichst vermieden“ werden: „Es ist beabsichtigt, diesem Zweck zu Liebe, die Wände nicht bis oben hinauf zu behängen, sondern bei starkem Andrange von Ausstellungsbeständen dieselben eher in Monats- oder Halbmonats-Ausstellungen abwechseln zu lassen.“1179 Da eine solche Bilderpräsentation noch keineswegs zum Standard gehörte, versuchte Sachse jun., den Ausstellungsbesucher auf das ungewohnte Seherlebnis vorzubereiten. Erneut wurde auf den Kaulbach’schen Deckenfries hingewiesen, dem neben dem rein schmückenden und programmatisch-amüsanten Aspekt noch eine ganz andere Rolle zukam: „Wenn diese Art des Arrangements zunächst etwas Ungewohntes hat und die Wände, der alten Unsitte und Gewohnheit zuwider, vielleicht für den ersten Eindruck kahl erscheinen, so wird sich diese Ungewohnheit bald verlieren und wird ganz verschwinden, sobald erst die reiche Decke mit dem Figurenfries und die getäfelten Panele die Wandfläche begrenzen.“1180 Der Fries diente also auch als Pendant zur Wandvertäfelung, die im Allgemeinen etwa bis Hüfthöhe reichte, um „die Wandfläche [zu] begrenzen“ und so letztlich doch dem „gewohnten“ Blick des Salonbesuchers entgegenzukommen, der eine nur mit einer Reihe behängte Bilderwand als „kahl“ wahrnahm. Für große Bilder konnte sich der Besucher nun „die seinem Auge passende Distance jenseits der Sitzgallerien suchen“.1181 Insgesamt wurde „bei der ganzen Disposition der Ausstellungssäle“ darauf geachtet, dass „die Proportionen richtig erwogen“ wurden: „[E]ine öffentliche Ausstellung muß nicht zu klein, sie darf aber auch nicht zu groß sein, denn je mehr eine Ausstellung mit den Privatverhältnissen der Privatwohnungen in Contrast träte, desto mehr entstünden Täuschungen über die Größe der Bilder; je ausgedehnter die öffentlichen Ausstellungssäle und Wände, desto winziger würden selbst 1175 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 5, Februar 1872, S. 9. 1176 Vgl. ebd. 1177 Vgl. ebd. 1178 Vgl. „Mittheilungen aus dem Internationalen Kunstsalon“, in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 2. 1179 Vgl. ebd. 1180 Vgl. ebd. 1181 Vgl. ebd.

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große Bilder erscheinen“, so die Überlegungen der Ausstellungsmacher von Berlins „schönster Kunsthalle“.1182 Ein kurzer Blick nach Frankreich zeigt Parallelen mit modernen Pariser Galerien auf. Auch hier hatte ein Generationenwechsel stattgefunden, der den Kunsthandel in eine neue Phase führte. 1865, dem Jahr, in dem auch Sachse jun. einen Rückblick auf die bisherige Tätigkeit der permanenten Gemäldeausstellung seines Vaters veröffentlicht hatte, war Jean-Marie-Fortuné Durand-Ruel verstorben. Sein Sohn Paul arbeitete bereits seit vielen Jahren im väterlichen Geschäft, das er nun gleichsam im Sinne des Gründers weiterführte. Auch Paul Durand-Ruel hatte erst 1869 neue Galerieräume bezogen und entscheidende Schritte zur Modernisierung des Unternehmens eingeleitet. Die wichtigste Maßnahme war – neben der technischen durch künstliches Licht, wovon bei Sachse nicht berichtet wird – auch hier die vorzugsweise horizontale Reihung der Bilder (Abb. 187).1183 Aut Caesar ...

In den neuen Räumen konnten nun also auch sehr großformatige Gemälde präsentiert werden. Schon im Dezember 1873, die Kunsthalle befand sich noch im Bau, veranstaltete Louis Alfred Sachse in einem zu diesem Zweck provisorisch eingerichteten Raum ein erstes Kunstspektakel: Die Präsentation eines weiteren Hauptwerkes des „Malerfürsten“ Hans Makart, dessen „Abundantia-Bilder“ bereits für den beeindruckenden Auftakt seines „Wanderturnus“ gesorgt hatten. Sachse jun. hatte sich erfolgreich um das Kolossalwerk „Venedig huldigt der Caterina Conaro“ bemüht (Abb. 278).1184 Trotz der baulichen Verzögerungen wollte sich Louis Alfred Sachse offenbar die Gelegenheit nicht nehmen lassen, Makarts jüngstes Hauptwerk in Berlin zu zeigen. Das monumentale und mit den eindrucksvollen Maßen von 4 m x 10,5 m auch größte Bild des Künstlers war von dem Wiener Kunsthändler Hugo Othmar Miethke (1834–1918) in Auftrag gegeben worden.1185 Wie Tobias Natter 1182 Vgl. ebd. und „Sachses Kunstsalon“, unter der Rubrik: Kunst und Literatur, in: Beilage zu Nr. 126 der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung, Berlin, Mittwoch, 3. Juni 1874. 1183 Vgl. Thurn 1994, S. 106. 1184 Hans Makart (1840–1884). Caterina Conaro (1454–1510) war die Frau des Königs von Zypern, Jacob II. Lusignan. Als ihr Mann und schließlich auch ihr Sohn Jacob III. verstarben, übernahm Venedig die Regierung Zyperns und Caterina Conaro musste auf die Herrschaft verzichten. Sie verließ 1472 Venedig, um 1489 zurückzukehren. Die venezianischen Stände machten ihr ihre Aufwartung und wiesen ihr den Sitz Asolo bei Treviso zu, wo sie einen glänzenden Hof führte und Künstler und Gelehrte um sich versammelte. Ob Makart die Huldigung zu ihrer Verabschiedung oder zu ihrer Rückkehr dargestellt, ist dem Bild jedoch letztlich nicht eindeutig zu entnehmen; vgl. Ausst.-Kat. Makart 2000, S. 108. 1185 Hugo Hermann Werner Ottomar Miethke (1834–1918), gebürtig aus Potsdam, gründete 1861 die Buch- und Antiquariatsfirma Miethke und Wawra in Wien. Carl Joseph Wawra führte die Abteilung für Kupferstiche und Reproduktionen. Miethke beschäftigte sich ausschließlich mit

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konstatiert, war die 1861 als Kunst- und Antiquariatshandlung gegründete Firma zu dieser Zeit „längst zur führenden Privatgalerie der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt aufgestiegen. Im Handel mit alter und neuer Kunst gleichermaßen profiliert hatte der Kunstsalon in der gesamten Donaumonarchie nicht seinesgleichen“.1186 Im Rahmen der Wiener Weltausstellung 1873 hatte Miethke das gerade erst fertig gestellte Kollosalgemälde von Hans Makart in einem separaten Raum der Öffentlichkeit präsentiert. Hier hatte es einen Triumph gefeiert, der von Makarts selbst entworfener, effektvoll-theatralischer Inszenierung des monumentalen Gemäldes umschmeichelt worden war: „Der ganze Raum war mit schwarzem Stoff verkleidet, lediglich auf das von exotischen Pflanzen umgebene Gemälde fiel dramatisch wirkendes Oberlicht, wobei die Besucher im Halbschatten standen.“1187 In Berlin verzichtete Sachse jun. (wohl gezwungenermaßen) auf eine aufwendige Inszenierung: „Statt über Marmortreppen wandelt man über die Brettergerüste eines Rohbaus in einen Raum, der recht gutes Licht, aber nicht die gehörige Tiefe hat, um ein Bild von derartigen Maßen zur Geltung kommen zu lassen“, bemerkte die National-Zeitung.1188 Die einzelnen Gruppen erschienen auf diese Weise „noch kolossaler“, die „Effektmittel noch gewaltiger“ als in Wien, so der Vorwurf der Berliner Presse.1189 Waren die Reaktionen der Österreicher überwiegend positiv ausgefallen und eine „realistische“, glaubhafte Anordnung der Figuren im Raum sowie die Nähe dieses „prachtvollen Kostümfestes“ zu Werken Veroneses ausdrücklich gelobt worden, bedauerte man in Berlin eine gewisse inhaltliche Leere und das Fehlen des zeitlichen Bezuges: Der Maler habe „nicht den leisesten Versuch gemacht, dem historischen Vorgange gerecht zu werden“, so preußisch-nüchterne Kritikerstimmen.1190 Gemälden alter und neuer Meister. Er war seinerzeit einer der wichtigsten Händler der Makart-Gemälde; vgl. allg. Natter 2003. Die Kunst-Correspondenz, Nr. 5, Februar 1872, S. 11 druckte folgende Nachricht ab: „Die Voss. und die Spenersche Ztg. berichten: Die Kunsthandlung Miethke und Wawra in Wien hat, wie die ‚Presse‘ meldet, Makart’s Bild: Huldigung der Catarina Conaro um die in der Geschichte der Preise unerhörte Summe von 90000 Fl., sage neunzigtausend Gulden österreichischer Währung, angekauft. Davon entfallen 75000 Fl. für das Bild selbst und 15000 Fl. für das Recht der Vervielfältigung. Wie wir erfahren, ist übrigens das Gemälde noch nicht vollendet; über die Composition schreibt ein Kenner, dass sie zu dem Besten zählt, was der Künstler bisher geschaffen. Red. Bestätigung bleibt wohl abzuwarten; ein aus Wien hier ankommender Kunsthändler versichert uns wenigstens, in dieser Form sei die Sache wohl noch nicht verbürgt.“ 1186 Vgl. Natter 1998, S. 129 und Anhang 2. 1187 Tausende Menschen besuchten auf der Weltausstellung den separaten Raum, um Makarts theatrale Inszenierung zu erleben; vgl. Ausst.-Kat. Makart 2000, S. 108. Auch anlässlich der Präsentation des Bildes in Berlin wurde in der Presse auf die Triumphe des Gemäldes in Wien Bezug genommen; vgl. „Makarts neues Werk in Sachses Kunstsalon“, in: National-Zeitung (Morgen-Ausgabe), 26. Jg., Nr. 587, 17. Dezember 1873. 1188 Vgl. ebd. 1189 Vgl. ebd. 1190 Vgl. ebd. und Ausst.-Kat. Makart 2000, S. 108. Dennoch gehörte Makarts farbenprächtiges Werk zu seinen erfolgreichsten Sensationsbildern. Nachdem es in den Folgejahren in Köln, Düs-

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Bis zur eigentlichen Neueröffnung von Sachses Internationalem Kunstsalon in der Taubenstraße vergingen weitere Monate. Wieder war es ein Künstler, der sich erst vor Kurzem in Wien niedergelassen hatte, den Louis Alfred Sachse für dieses Ereignis nach Berlin holte. Er war in mancher Hinsicht Gegenspieler und Konkurrent des seinerzeit erfolgsverwöhnten Hans Makart. „Hoffentlich werden all Jene, welche Makart’s ‚Katarina Conaro‘ mit so unzweifelhaftem Rechte bewunderten, sagen: Das ist nun anders, aber es verdient gleichfalls unser reges Interesse, und unsere volle Anerkennung“, schrieb der Wiener Kunstkritiker Emerich Ranzoni 1873 nach einem Atelierbesuch bei Anselm Feuerbach. Ranzoni würdigte Feuerbachs eben vollendetes Bild „Kampf der Amazonen“ in einem ausführlichen Artikel für die Neue freie Presse.1191 Sachse jun. druckte Ranzonis Artikel in der Maiausgabe 1874 des hauseigenen Korrespondenzblatts noch einmal ab. Er untermauerte damit seine Entscheidung, nach dem Makart’schen Sensationsbild nun die beiden monumentalen Gemälde „Gastmahl des Plato“1192 (Abb. 279) und „Amazonenschlacht“1193 (Abb. 280) von Anselm Feuerbach in der Eröffnungsausstellung seiner neuen Kunsthalle dem Berliner Publikum vorzustellen. Die Präsentation der beiden Feuerbach’schen Kolossalbilder war nicht ganz risikolos für die Kunsthandlung. Schon die erste Fassung des „Gastmahls“ war auf der Großen Internationalen Kunstausstellung 1869 in München bis auf wenige wohlwollende Meiseldorf, London und sogar auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia zu sehen gewesen war, gelangte es 1877 in die Berliner Nationalgalerie. Der theatralischen Kunst Makarts und dem riesigen Format kam die dortige Hängung im Treppenhaus entgegen: „Aber Caterina schlägt alles. Es ist überhaupt in dem ganzen Museum [...] kein Farbfleck von solch strahlender Wärme, wie dieses Stück Leinwand, das Caterina Conaro heißt“; vgl. Havesi 1906, S. 269. Zu der Ausstellungstournee des Bildes siehe Ausst.-Kat. Makart 2000, S. 108 und Ausst.-Kat. Nationalgalerie 2001, S. 244. 1191 Emerich Ranzoni nach einem Atelierbesuch bei Feuerbach in einem Bericht über die dort gesehene, eben vollendete „Amazonenschlacht“ 1873, hier zitiert nach Ecker 1991, S. 331. 1192 Es kann auf die beiden Bilder aufgrund der komplexen Darstellungen leider nicht näher eingegangen werden. Der Gegenstand des „Gastmahls“ – dem gleichnamigen philosophischen Dialog von Platon entnommen – hatte Feuerbach selbst in Kürze zusammengefasst: „Den Sieg des preisgekrönten Tragödiendichters Aghaton zu feiern, sind in seinem Hause die Freunde versammelt, unter ihnen Socrates, Aristophanes, Eryxiamos, Phädros und Glaukon [sic]. Während sie sich nach dem Mahl in sinnvollen und heiteren Wechselreden ergehen über die Natur des mächtigsten und herrlichsten der Götter, des Eros, erscheint, vom nächtlichen Feste heimkehrend, in bacchischem Geleite der wein- und lustberauschte Alcibiades. Er kommt, den Dichter zu bekränzen, welcher ihm freundlichen Willkomm bietet“; Anselm Feuerbach: Vermächtnis, zit. nach Ecker 1991, S. 298. Vgl. außerdem Keisch 1992. 1193 Die „Amazonenschlacht“ ist Feuerbachs freie Behandlung jenes Bildgegenstandes, der auf die trojanische Amazonensage zurückgeht. Unter der Führung ihrer Königin Penthesilea kamen die Amazonen im Trojanischen Krieg König Priamos zu Hilfe. Im Kampf gegen die Griechen wurde Penthesilea von Achill getötet. Als Achill der sterbenden Penthesilea den Helm abnahm, verliebte er sich in die schöne Amazonenkönigin. Entgegen dem Brauch, den Leichnam auf dem Schlachtfeld liegen und den Hunden und Raubvögeln zum Fraß zu überlassen, übergab ihn Achill den Trojanern zur Bestattung; vgl. zu der „Amazonenschlacht“ Ecker 1991, S. 330–335.

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nungen auf harte Kritik gestoßen.1194 Nachdem sich doch ein Käufer für das mit knapp 3 m x 5 m ebenfalls sehr große Gemälde gefunden hatte und es in einer privaten, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Galerie verschwand,1195 hatte sich Feuerbach zu einer zweiten Fassung entschlossen. Der unbedingte Wille der Künstlers war es, sich mit diesem Historienbild „ein Denkmal zu setzen“1196 und der harschen Kritik bezüglich des „fahlen, in flachen Tönen ausgestrichenen“1197 Kolorits durch stärkere Farbtöne und einer dekorativeren Auffassung sowie einer „Berichtigung der Figuren“ zu begegnen.1198 Nachdem auch das „zweite Gastmahl“ zusammen mit der „Amazonenschlacht“ im Januar 1874 in Wien ausgestellt worden war, musste Feuerbach jedoch erkennen, dass sich der aufrichtige, oben zitierte Wunsch seines wohlwollenden Kritikers Ranzoni nicht erfüllen sollte: „Es brach ein Sturm über mich los, der mich wenigstens über die Bedeutung der Bilder beruhigen konnte. Ich setzte mich nicht zu Tische ohne Spott- und Hohnkritiken, ohne Karikaturen [...] neben meinem Couvert zu finden, und legte mich nicht zu Bette, ohne von den Dachtraufen meine Niederlage erzählen zu hören.“1199 Für die Präsentation seiner beiden Hauptwerke in Sachses Internationalem Kunstsalon war Anselm Feuerbach selbst nach Berlin gereist. Louis Alfred Sachse hatte den Künstler bereits im Februar 1874 schriftlich über die Räumlichkeiten informiert, in denen die beiden Gemälde zur Ausstellung kommen sollten: zwei Säle „in fertiger neuester Ausstattung“, deren Trennwand ähnlich aufgebrochen war wie die im Hintergrund des „Gastmahls“. In den Durchgang zwischen den beiden Räumen waren zudem – ebenfalls wie auf dem Bild – zwei Säulen gestellt. Das „Gastmahl“ und die „Amazonenschlacht“ sollten an den beiden gegenüberliegenden Wänden gehängt werden, also etwa in zehn Meter Entfernung voneinander.1200 Wie Claude Keisch in Erfahrung brachte, legte Feuerbach großen Wert auf die eigenhändige Überwachung während der Aufstellung der Bilder: „Er arbeitete angeblich drei Tage daran und war jedenfalls mit dem ‚komplett

1194 Vgl. zur Münchener Kritik des Bildes ebd., S. 299f. 1195 Henriette Feuerbach, die Stiefmutter des Künstlers, schrieb am 20. Oktober 1869 an J. V. Wiechmann: „Anselms Bild ist nun Gott sei Dank glücklich an eine hannoveranische Familie verkauft, die den Mut hat, der Kritik zu trotzen und sich über die vielfach getadelte Farbe hinwegzusetzen [...]“; zu der vollständigen Geschichte des Bildes, die entlang der vielen Briefe Feuerbachs und zeitgenössischen Zitaten gut nachvollzogen werden kann, vgl. ebd., S. 295–301, hier S. 300. 1196 Anselm Feuerbach, zit. nach ebd., S. 325. 1197 Vgl. die Kritik des Bildes in Gazette des beaux-arts von 1869; zit. nach ebd., S. 299. 1198 Vgl. ebd., S. 325. 1199 Anselm Feuerbach: Vermächtnis; zit. nach ebd., S. 331. 1200 Louis Sachse an Anselm Feuerbach, den 13. Februar 1874, in: ZA SMB, NL Feuerbach, 2, I, ad 14; hier zit. nach Keisch 1992, S. 48, Anm. 4. Keisch bezeichnet den Autor des Briefes als „Louis Sachse“. Es ist hier jedoch mit aller Wahrscheinlichkeit nicht der Vater Louis Friedrich, sondern der Sohn Louis Alfred Sachse gemeint.

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würdigen, noblen‘ Ergebnis sehr zufrieden. Ein ‚brillanter Coup‘.“1201 Leider war das „Hochgefühl“, wie Keisch schreibt, „nicht von Dauer“.1202 Denn auch die Berliner Kritik sparte nicht mit harten Worten. Ähnlich wie in München und Wien nahm man Anstoß an dem „knöchernen, abgelebten, von Kopf bis zur Sohle hässlichen“ Alcibiades im Gastmahl mit seinen „übergroßen mageren leichenhaften Händen“.1203 Vom „Cultus des Hässlichen“ und der „Kehrseite des klassischen Altertums“ war die Rede.1204 Insbesondere die „auffallende Hässlichkeit des Weiberstammes“ der Amazonen wurde angeklagt, die sich Feuerbach wohl nur deshalb vorgenommen habe, „um nackte Frauen zu malen, und zwar meist besiegte, sterbende“.1205 Sachse jun. unterbreitete dem Künstler dennoch ein Kaufangebot, das Feuerbach jedoch harsch zurückwies: „Das Doppelte der Summe oder Bilder zurück.“1206 Durch den Zuspruch Conrad Fiedlers gelangte das zweite „Gastmahl“ 1878 dann schließlich über Umwege in die Berliner Nationalgalerie.1207 Louis Alfred Sachse hatte sich in seiner neuen Kunsthalle darum bemüht, dem väterlichen Grundsatz treu zu bleiben, „Maler-Berühmtheiten des Inlandes und des Auslandes“ in die Hauptstadt zu holen.1208 Ähnlich wie sein Vater, der die permanante Gemäldeausstellung 1853 mit dem aufsehenerregenden, großformatigen Historiengemälde „Hémicycle“ von Delaroche eröffnet hatte (Abb. 251), zeigte der Sohn eingangs kolossale Historienbilder von seinerzeit bekannten Künstlern. Zumindest im Fall des umstrittenen Feuerbach war die Reaktion des hauptstädtischen Publikums jedoch äußerst ungewiss, wohingegen sich sein Vater mit der Präsentation eines Hauptwerkes von Delaroche dem allgemeinen Beifall noch sicher sein konnte. Andererseits waren alle drei Gemälde, die der Junior für die Eröffnung der neuen Kunsthalle favorisierte, gerade erst in Wien präsentiert worden. Hier hatte 1873 die Weltausstellung stattgefunden, die die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit auf sich gezogen hatte. Alle drei Werke waren bereits im Wiener Künstlerhaus ausgestellt gewesen. Dem Berliner Publikum die

1201 Vgl. Keisch 1992, S. 41f. Die von Keisch angeführten Zitate aus den Briefen von Anselm Feuerbach an Henriette Feuerbach, vgl. ebd., S. 48, Anm. 5 und 6. 1202 Vgl. ebd., S. 42. 1203 Vgl. „Sachses Kunstsalon“, in: Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung, Beilage zu Nr. 126, 3. Juni 1874. 1204 Vgl. ebd. 1205 Vgl. ebd. 1206 Anselm Feuerbach an Henriette Feuerbach, (Juni?) 1874; zit. nach Keisch 1992, S. 42 und Anm. 7a. 1207 Dabei kannte der Sammler, Mäzen und Verfasser kunsthistorischer Schriften Conrad Fiedler (1841–1895) nur die erste Fassung der Komposition, für welche er sich ausgesprochen hatte, von der zweiten war er „tief enttäuscht“; vgl. Ausst.-Kat. Nationalgalerie 2001, S. 129. Die „Amazonenschlacht“ fand auch nach Ableben des Künstlers keinen Käufer und gelangte erst durch Schenkung der Frau Feuerbachs nach Nürnberg in die Städtische Galerie; vgl. Ecker 1991, S. 331f. 1208 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 5.

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vieldiskutierten Leinwände nun in unmittelbarem Anschluss im Original vorzustellen, war sicher kein unkluger Schachzug. Auch wenn in der kurzen Zeit, die Sachses Internationaler Kunstsalon in der Taubenstraße residierte, überwiegend heute kaum mehr bekannte Künstler v. a. aus Düsseldorf, München und Weimar mit Genrebildern und Landschaften vertreten waren, wecken einzelne Namen durchaus Interesse.1209 1875 waren hier etwa die „Tanzenden Kinder“ von Hans Thoma zu sehen, denen man einen Realismus attestierte, der „an die Grenzen der Möglichkeiten“ ginge (Abb. 281).1210 Leider können aufgrund der dünnen Quellenlage kaum Aussagen über Bilderakquisition und geschäftliche Kontakte Louis Alfred Sachses gemacht werden. Der Hinweis auf Hugo Othmar Miethke, von dem Sachse jun. Makarts „Catarina Conaro“ bezogen hatte, bleibt bis dato einer der wenigen konkreten Hinweise.1211 Offen muß hier ebenso bleiben, ob und inwieweit Sachse jun. weiterhin die (Geschäfts-)Tätigkeit der in Paris ansässigen Künstler und Kunsthändler verfolgte. Louis Alfred Sachse war 1855 zusammen mit seinem Vater in Paris gewesen und hatte 1857, wie aufgezeigt werden konnte, bei Goupil, einem der größten Pariser Händler, gelernt. Sein Vater hatte einen regen Kunstaustausch zwischen Berlin und Paris eingeleitet und sich auch in der französischen Metropole einen Namen gemacht. Hier wie dort hatte ein Generationenwechsel stattgefunden, doch scheint es eher unwahrscheinlich, dass Louis Alfred Sachse den wichtigsten Markt für moderne Malerei in Europa gänzlich aus den Augen verlor.1212 Andererseits scheinen französische Künstler in „Sachses Internationalem Kunstsalon“ so gut wie nicht mehr präsentiert worden zu sein. Der „Ausstellungs-Katalog“ von 1874 führte nurmehr drei Pariser Maler auf: „Firmin-Girard, Paris: Weiblicher Kopf“; „Rosier, Pa1209 Vgl. die Ausstellungs-Kataloge in: Kunst-Correspondenz, Nr. 18, Mai 1874, S. 2 und Nr. 19, Juni 1874, S. 2 sowie die wenigen Berichte der erhaltenen Nr. 20 und 21 aus dem Jahr 1875. 1210 „So sieht man es z. B. deutlich dem roten Flanellrock des einen Mädchens an, dass es, ein altes Erbstück seiner Mutter, nur geändert, der Kleinen angepasst wurde. In den Mienen der Kinder liegt etwas Vernachlässigtes, und einzelne Gestalten gleichen den ärmlich verkümmerten Wesen, die man in den Armenvierteln großer Städte sieht. In dem figürlichen Teil des Bildes scheint sich übrigens die Lust und Liebe besonders gefallen zu haben“, wie Joseph Kürschner in einer nicht mehr auffindbaren Ausgabe der Kunst-Correspondenz vom Sommer 1875 geschrieben haben soll; zit. nach Kern 1934, S. 10. 1211 Vgl. Natter 2003 und Anhang 2. 1212 Indirekt – und dies ist eine reine Spekulation – mögen Feuerbachs Monumentalbilder in Sachses Internationalem Kunstsalon einen Hinweis auf die Pariser Werkstätten geben. „Feuerbachs Hauptwerk ‚Das Gastmahl des Platon‘ [ist] ohne Couture nicht zu denken“, konstatierte schon Ekkehard Mai 2006, S. 75. Thomas Coutures Hauptwerk „Die Römer der Verfallszeit“, dessen Vergleich sich in diesem Zusammenhang geradezu aufzwingt, hatte 1847 einen Triumph auf der Pariser Akademieausstellung gefeiert. Nur wenige Werke erreichten einen so hohen Bekanntheitsgrad. Couture, selbst ein Schüler von Paul Delaroche, leitete ein Atelier, das in den Folgejahren eine wichtige Werkstätte für die Ausbildung einer jüngeren, aus ganz Europa kommenden Generation wurde. Neben Anselm Feuerbach studierten hier etwa Puvis de Chavannes, Édouard Manet, William Morris Hunt und viele andere.

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ris: Blumen“ und „Jules Dupré, Paris: Ein Regentag“.1213 Ein wesentlicher Grund war sicher, dass sich die Stimmung in Preußen nach dem Krieg gegen Frankreich 1870/71 sehr geändert hatte. Im wilhelminischen Deutschland herrschte ein überwiegend traditionalistischer Kunstgeschmack, der allzu modernen Strömungen, zumal aus dem Land des „Erbfeindes“, meist verständnislos gegenüberstand: „So wenig für moderne französische Malerei viel Verständnis herrschte, ebenso wenig fanden sich Sammler für moderne französische Graphik“, erinnerte sich Julius Aufseesser jener Tage.1214 Darüber hinaus hatte der junge Sachse noch mit einem weitaus dringlicheren Problem zu kämpfen. Der Neubau war, wie berichtet wurde, ins Stocken geraten, was einen erheblichen finanziellen Mehraufwand zur Folge hatte. Der sogenannte Gründerkrach von 1873 hatte die Preise für Baustoffe in die Höhe schnellen lassen. Dazu beeinträchtigte eine einsetzende Wirtschaftskrise auch den Kunsthandel.1215 Louis Alfred Sachse versuchte mit allen Mitteln die drohende Gefahr abzuwenden. An größere Investitionen, mit denen gerade für Werke aus Paris gerechnet werden musste, war sicher nicht zu denken. Ein Blick auf die sich ab Mai 1873 häufenden Anzeigen der Kunst-Correspondenz deutet vielmehr darauf hin, dass Louis Alfred Sachse nicht nur einen „Ausverkauf“ im Bestand befindlicher Kunstblätter und „Lithographirsteine“ vorantrieb, sondern auch sämtliche Räumlichkeiten für die unterschiedlichsten Nutzungen zur Miete anbot, um die Kosten weitestgehend zu minimieren. So standen „ein sehr geräumiger Parterreladen mit Gallerie, passend für Luxusgeschäfte oder Musikalienhandlung mit Pianofortelager; die ganze erste Etage, zum Klub, Casino, oder Restaurant erster Klasse passend und mit der Kunstausstellung zu verbinden; die ganze zweite Etage, Bankgeschäft u. dgl., nebst Wohnung; die halbe dritte Etage; ein photographisches Atelier und Souterrains für Weingroßlager u. dgl.“ zur Disposition.1216 Tatsächlich hatten sich bis zum Frühjahr 1875 einige dauerhafte Mieter gefunden. Das fotografische Atelier ging an „Th. Joop aus Dresden“. A. Sablowsky bot „Chambres garnies“ für den „hohen Adel, den Abgeordneten sowie den distinguirten Fremden und Reisenden monats- wochen- oder tageweise“ an. Die Simrock’sche Musikhandlung unter der Geschäftsführung von Theodor Barth, die vormals in der Jägerstraße 18 residierte, richtete sich ein „Musikalien-Leihinstitut, Musikalien-Verlag und Sortiment, Piano-Fabrik und Magazin“ ein und auch das Berthold Mendel Bank- & Wechsel-Geschäft bezog Räumlichkeiten in der Taubenstraße 34 (Abb. 276).1217 Alfred Sachse, wiederum der Enkel des Firmengründers, hatte 1943 noch einen (leider verloren gegangenen) „Prospekt“ vorliegen, wonach „gelehrte, gemeinnützige und künstlerische Vereine“ in dem neuen „Kunst- und Vereinshaus“ in der Taubenstraße „geeignete Räume für ihre Zusammenkünfte“ fanden.1218 Von einem solchem Vorhaben 1213 Vgl. ebd. 1214 Vgl. Aufseesser 1926, S. 29. 1215 Vgl. Kern 1934, S. 11. 1216 Vgl. die entsprechende Anzeige in der Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873, S. 8. 1217 Vgl. die entsprechende Anzeige in der Kunst-Correspondenz, Nr. 21, Mai 1875, S. 4. 1218 Vgl. Sachse 1943, S. 74.

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zeugen auch die Anzeigen in der Kunst-Correspondenz.1219 Nur aus dem Maschinenskript ist hingegen zu erfahren, dass „der Berliner Tonkünstler-Verein dort Konzerte [veranstaltete], die bei der guten Akustik großen Erfolg hatten“.1220 Der „Pianist Veit“ organisierte „Schüleraufführungen“ und der „berühmte Gesangmeister Stockhausen Proben und Vorlesungen“. Wiederholt fanden „Vorträge des damals beliebten Reuter-Rezitators Friedrich Glöde statt“. Darüber hinaus waren „wirtschaftliche und politische Vereinigungen, wie der von Lina Morgenstern geleitete Hausfrauenverein und die nationalliberale Vereinigung [...] Gäste des Vereinshauses“.1221 Doch scheinen die Anstrengungen nicht ausgereicht zu haben. Mit der Bitte um Hilfe wandte sich Louis Alfred Sachse schließlich an das Kultusministerium. Er wies auf die Verdienste hin, die sich das Institut während der langen Dauer des Bestehens um die Förderung der Kunst erworben hatte, und erwirkte so eine Genehmigung, aus den Beständen der Sachse’schen Kunsthandlung eine öffentliche Lotterie zu veranstalten. Die zusätzlichen Erträge sollten dazu dienen, die restliche Bauschuld zu begleichen und für die Fortführung der Ausstellung Betriebsmittel zu beschaffen.1222 In dem Manuskript von Alfred Sachse ist eine entsprechende Mitteilung aus der Kunst-Correspondenz vom Juli 1875 überliefert: „Zur dauernden Entwicklung und Ausbildung des Etablissements als öffentliche Kunstausstellung ist unserem Hofkunsthändler L. Sachse jr. durch das Ministerium des Inneren die Erlaubnis erteilt worden, eine öffentliche Ausspielung von Kunstwerken aus eigenem Besitz zu veranstalten, deren Erlös zum Teil zur Bestreitung Baukosten-Überschreitung des ‚Kunst- und Vereinshauses‘ und zum Teil zwei gemeinnützigen Nebenzwecken bestimmt ist.“1223 Dem Plan zufolge durften „45000 Lose à 3 1219 Hierin sprach Sachses Internationaler Kunstsalon „gelehrte Vereine, Kunstgesellschaften, Unternehmer wissenschaftlicher oder kunstliterarischer Vorträge, überhaupt Gesellschaften, welche Versammlungs- und Vortragszimmer zu miethen pflegen“, die „passenden Säle“, ja sich selbst sogar als „Concertgeber auch für Solo-, Piano- oder Streichquartett-Concerte“ an; vgl. diese und ähnliche Anzeigen in der Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873; Nr. 18, Mai 1874; Nr. 19, Juni 1874 und Nr. 21, Mai 1875. 1220 Vgl. Sachse 1943, S. 74. 1221 Vgl. ebd. 1222 Vgl. die entsprechende Anzeige in der Kunst-Correspondenz, Nr. 16, September 1873, S. 8. 1223 Vgl. Sachse 1943, S. 61. Der Enkel transkribierte auch den Wortlaut der Ministerialverfügung: „Ministerium des Inneren, Berlin, den 28. Juni 1875. Auf das Gesuch vom 17. Januar d. Js. will ich Euer Wohlgeboren, unter der Voraussetzung, dass Sie Ihrer Zusicherung gemäß Ihr Grundstück Taubenstraße 34 denjenigen Künstlerischen Zwecken, welchen dasselbe gegenwärtig dient, dauernd erhalten, zur Erleichterung der Konservierung dieses Besitzes hiermit für den Umfang der Monarchie die Erlaubnis zur Veranstaltung einer öffentlichen Ausspielung von Kunstwerken nach Maasgabe des vorgelegten Verlosungsplans und Verzeichnisses der Hauptgewinne erteilen. Diesem Plane zufolge dürfen 45000 Lose à 3 M. ausgegeben werden und sind von dem Reinertrage der Lotterie 15000 m. für den Frauenverein zur Unterstützung verschämter Armen und 15000 M. zur Stiftung eines Fonds für öffentliche Kunstvorlesungen bestimmt. Die Aufsicht über die Ausführungen des Unternehmens ist dem hiesigen Polizeipräsidium übertragen worden. Der Minister des Inneren, Gr. Eulenburg.“

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M. ausgegeben“ werden.1224 Von dem „Reinertrag der Lotterie“ wurden „15000 M. für den Frauenverein zur Unterstützung verschämter Armen und 15000 M. zur Stiftung eines Fonds für öffentliche Kunstvorlesungen bestimmt“. Die Aufsicht über die Ausführungen des Unternehmens wurde dem hiesigen Polizeipräsidium übertragen.1225 Es muss leider offen bleiben, wie man sich das Ganze praktisch vorzustellen hat. Schriftliche Quellen brechen an dieser Stelle so gut wie ab. Alfred Sachse, sprich wieder der Sohn von Louis Alfred, will noch zu berichten wissen, dass speziell die Veranstaltung von Kunstvorlesungen ein weiterer zentraler Gedanke des Vaters für das neu erbaute Kunst- und Vereinshaus“ gewesen sei. In dem Maschinenskript von 1943 ist hierüber zu lesen: „Er sagt u. a.: er habe versucht, berufene Kräfte für diesen Gedanken zu gewinnen, im ‚Kunst- und Vereinshaus‘ gemeinverständliche Vorlesungen und Vorträge über Kunst und Kunstgeschichte insbesondere unter Berücksichtigung der Geschichte der modernen Kunst und der Kunstästhetik zu halten. Verschiedene der bekanntesten Kunsthistoriker, an die er sich wandte, mochten aber nicht als Urheber auftreten, obgleich sie die Sache für sehr nötig erachteten und so unterblieb sie zunächst. Niemand wollte den ersten kühnen Schritt tun. Wohl fühlend, dass es ihm nicht gebühre, Kunstvorlesungen geschäftlich veranstalten zu lassen, wollte er aus der ihm obrigkeitlich genehmigten ‚Kunst- und Vereinshaus-Lotterie‘ den 8. Teil des Erlöses für ein Komitee bestimmen, das diese Angelegenheit in die Hände nehmen sollte. Aus diesem Fond, welcher bei vollständigem Gelingen der Lotterie 5000,– Taler betragen würde, sollten zunächst Auslagen und Honeurs für die Vortragenden vorschussweise, soweit nötig, bestritten und der Fond dann aus möglichst billigen Eintrittsgeldern für die Vorlesungen wieder auf seinen Kapitalbestand gebracht und aus Zinsen und Eintrittsgeldern die Vorlesungen in Gange gehalten werden. [...] Über das weitere Schicksal der Angelegenheiten sind Nachrichten nicht auffindbar; die Sache scheint als zu idealistisch für die damalige sehr reale Epoche im Sande verlaufen zu sein.“1226 Leider geht aus dem Text nicht hervor, welche Quelle diesen Ausführungen zugrunde liegt. Es mag die Erinnerung an eine mündliche Überlieferung gewesen sein. Gerne wüsste man, welche „bekanntesten Kunsthistoriker“ für eine solche Vortragsreihe angefragt worden waren. Die Aussage, dass diese bekannten Kunsthistoriker, von denen hier die Rede ist, den „kühnen Schritt“, öffentlich über „moderne Kunst und Kunstästhetik“ zu sprechen, nicht wagen wollten, mag die Zeitumstände wiederspiegeln. Wie Gaehtgens deutlich herausstellte, „blieb die französische Kunstszene in der deutschen Öffentlichkeit [...] ungewöhnlich gegenwärtig“ – „trotz politischer Gegensätze, trotz ideologischer Spannungen, trotz der dauernden propagandistischen Auseinandersetzungen“.1227 Diesbezügliche Untersuchungen beziehen sich jedoch im Wesentlichen auf die Zeit ab den 1880er Jahren, in der sich die Kunstkritik als wertvolles Instrument für den 1224 Vgl. ebd. 1225 Vgl. ebd. 1226 Vgl. ebd., S. 74f. 1227 Vgl. Gaehtgens 2004, S. 4.

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Kulturtransfer zwischen Deutschland und Frankreich unter Beweis stellte.1228 Die Jahre unmittelbar um das historische Datum 1870/71 mögen möglicherweise noch (zu) stark von einer ideologischen Form der Kunstbetrachtung beherrscht gewesen zu sein, die mit Hilfe der Ideen von Nationalität und Tradition vor allem bestrebt war, die Kunst und Kultur der beiden Länder gegeneinander abzugrenzen. Sachses Initiative, beim Kultusministerium die Erlaubnis für die Ausspielung einer Lotterie zu bewirken, brachte letztlich jedenfalls nicht „den gewünschten Erfolg an Geldmitteln“ zusammen.1229 Louis Alfred Sachse sah sich gezwungen, das traditionsreiche Unternehmen zu versteigern. Ende 1875 wurde das Haus mit allem, was es an Einrichtungsgegenständen und Kunstschätzen barg, in einer Auktion veräußert.1230 Louis Friedrich Sachse zog sich gänzlich ins Privatleben zurück und starb am 29. Oktober 1877. Bereits ein halbes Jahr zuvor hatte Lepke die privaten Aquarelle, Zeichnungen und die kunstwissenschaftliche Bibliothek von Sachse jun. versteigert. Im März 1878 wurde auch der „private Kunstnachlaß“ von Sachse sen. verauktioniert, der vor allem Zeichnungen und Ölskizzen bekannter Künstler aus den Jahren zwischen 1830 und 1850 enthielt.1231 Die Vossische Zeitung brachte einen würdigenden und sehr ausführlichen Beitrag. Louis Friedrich Sachse sei „weit bekannt durch tausendfache Beziehungen, in die ihn sein früherer Kunsthändlerberuf zu den Kunstdingen und Personagen seiner Zeit brachte“. Entsprechend sei auch sein Nachlass „einer der interessantesten [...], der besonders zu lehrreichem Studium eines abgeschlossenen Zeitraums seit lange vorkam“.1232 Louis Alfred Sachse betätigte sich weiter als „Hofkunsthändler“ und rief eine neue Firma unter dem Namen „Sachse’s Kunst-Auction“ ins Leben.1233

1228 Vgl. Französische Kunst – Deutsche Perspektiven 2004. 1229 Vgl. Kern 1834, S. 11. 1230 Vgl. Sachse 1943, S. 62. 1231 Der Versteigerungskatalog von „Aquarellen und Zeichnungen aus dem Besitze des Herrn L. Sachse jun. sowie dessen kunstwissenschaftliche Bibliothek“ vom 15. und 16. Februar 1877 hat sich im Familiennachlass erhalten; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 17. Außerdem Kapitel IV.1.c, „Händler und Mentor / Pretia affectionis“. 1232 Vgl. „Der Kunstnachlaß Louis Friedrich Sachse’s“, in: Vossische Zeitung, 3. Beilage, 12. März 1878. 1233 Vgl. hierzu die erhaltenen Auktionskataloge und Nachrichten in LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 17.

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Berliner Kunstdebatten

a Museums-Kulturen Ein „Schwalbenflug“1234 in den Berliner Kulturbetrieb, von Vormärz bis nach der Reichsgründung, mag abschließend noch einmal die „Kunstdinge und Personagen“ vor Augen führen, die das Lebensbild des Kunsthändlers Louis Friedrich Sachse geformt haben. Blicken wir zurück in Sachses Lehrzeit am Königlich Lithographischen Institut (1825/26). Damals gab es in Berlin drei staatliche Bühnen: die Oper Unter den Linden, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und das 1824 erst jüngst eröffnete Königstädtische Theater am Alexanderplatz. Die zeitgenössischen Berichte vermitteln entsprechend das Bild einer schier grenzenlosen Theaterbegeisterung – vor allem im Bürgertum. Auch der leidenschaftliche Theater- und Operngänger Sachse nutzte regelmäßig das breite Angebot, das die darstellenden und musischen Künste im öffentlichen Kulturleben der Stadt offerierten. Die bildenden Künste und speziell die Malerei traten noch an keinem öffentlichen Ort dauerhaft in Erscheinung. Sie waren auch im Bewusstsein der Bürger weitaus weniger präsent.1235 Nachdem Sachse 1819 bis 1822 Schreiber bei Wilhelm von Humboldt gewesen und anschließend seine lithographische Ausbildung in Berlin, München und Paris absolviert hatte, fiel die Gründung seines Instituts 1828 zeitlich mitten in die Bauarbeiten und Diskussionen um das erste Museum der Stadt (Abb. 282 und 283). In den kulturell interessierten Kreisen Berlins wurden die Erwartungen an eine solche „staatsbürgerliche Bildungsanstalt“ eifrig debattiert.1236 Im Fokus stand die Idee einer internationalen Versammlung der Künste im Zentrum der Landeshauptstadt, allerdings gab es unterschiedliche Ansätze zu Sammlungsinhalt und -präsentation. Die zusammengerufene Kommission um Wilhelm von Humboldt, Gustav Waagen und Karl Friedrich Schinkel (Abb. 27, 64 und 75) setzte sich schließlich gegen ein früheres Konzept von Alois Hirt durch: Sinn und Zweck sollte weniger eine umfassend-historische Vollständigkeit im Sinne einer visualisierten Kunstgeschichte an den Museumswänden sein, als vielmehr die Präsentation einer stilgeschichtlich-ästhetisch ausgerichteten Sammlung, die „erst er1234 Vgl. Adolph Menzel über das Reisen, in einem Brief an Adolph Schöll, Berlin, 27. September 1859; hier zit nach Menzel Reiseskizzen 1997, S. 176. Sein „bisschen spätes Reisen“, sei „mehr ein Hier- und Dorthineinkriechen“, wie Menzel hier schreibt, „mehr Schwalbenflug als Kunstwanderung“. 1235 Wilhelm Schadow wollte nach seiner Rückkehr aus Rom 1819 keineswegs leugnen, „dass hier [in Berlin] vielleicht mehr in der Kunst geschaffen“ würde, als z. B. in Dresden, besonders „in Bezug auf Bildhauerei“, doch sei es „nur der Hof, von dem bedeutendere Arbeiten“ ausgingen: „[D]as übrige Publikum fragt meist nur nach der Kunst der Bühne und viel schlimmer, für den Bauch. Wer ist zwei Tage in Berlin u[nd] sieht nicht ein, dass Soldaten u[nd] Bühnenkünstler“ dominierten; vgl. Nationalgalerie Berlin, Nachlass Wilhelm Schadow, Nr. 251; hier zit. nach Grossmann 1994, S. 71. 1236 Vgl. Sheehan 2002, S. 73–94.

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freuen, dann belehren“ sollte.1237 Für das künftige Programm der königlich-preußischen Museen blieb der grundsätzliche Anspruch an die Idee eines Universalmuseums hingegen bestehen. Die Inschrift über der Säulenkolonnade des 1830 eröffneten und gegenüber dem Schloss prominent platzierten Schinkelgebäudes führt dem Besucher diesen Leitgedanken noch heute in Großbuchstaben vor Augen: „STVDIO ANTIQVITATIS OMNIGENAE ET ARTIVM LIBERALIVM“ – alle Altertümer und freien Künste, „wo auch immer sie entstanden sind (,antiquitatis omnigenae‘)“, wie Schuster konnotierte, sollten in der Mitte Berlins studiert werden können.1238 Die Nähe Louis Sachses zu Wilhelm von Humboldt, dem Universitätsgründer und Kommissionsleiter des einzurichtenden Museums, als auch zu dessen Bruder Alexander, dem Naturwissenschaftler und Kosmopoliten, hatte die Geisteswelt des jungen Studenten und späteren Kunstsalon-Besitzers entscheidend mitgeprägt.1239 Ein zentraler Gedanke war das fruchtbare Zusammenspiel aus praktischer Anschauung und geistiger Auseinandersetzung – für die Brüder Humboldt ebenso wie für Sachse. Neben der Leitung der Museumskommisson hatte sich Wilhelm von Humboldt als erster Vorsitzender des „Vereins der Kunstfreunde im preußischen Staate“ (1828) in Berlin dafür eingesetzt, „die Hervorbringung bedeutender Kunstwerke zu erleichtern, und eine größere Anzahl derselben zu verbreiten“, um so der Kunst selbst „ein noch schöneres Emporblühen zu1237 Für die langwierigen Überlegungen und die Meinungsstreitigkeiten über den Bau und die Organisation der Sammlung unter den Hauptinitiatoren des königlichen Museums.vgl. u. a. Bredekamp/Labuda 2010, S. 31–41; Joachimides 1995, S. 38–50 und Sheehan 2002, S. 86–94 und S. 113–128, sowie Vogtherr 1997, Joachimides 1995 und Dorgerloh 1994 und 1999. Auf den Vorbildcharakter des Musée Napoleon und seine wesentliche Bedeutung im Zuge der ersten Museumseinrichtungen in Europa vgl. Savoy 2011. 1238 Vgl. Schuster 2005, S. 488. 1239 Wie Bredekamp und Labuda überzeugend dargelegten, bestand für Humboldt ein „Bedingungszusammenhang“ zwischen Universität und Museum: „Wenn die Universität im Gegensatz zur reinen Forschungseinrichtung der Akademie der Wissenschaften auch den Auftrag haben sollte, öffentlich in Staat und Gesellschaft hineinzuwirken, so gehörten [...] auch die ‚Kunst-Sammlungen‘ und damit auch jener Bereich der ‚Schönen Künste‘, der unter den Denominationen der ersten Professoren auftauchen wird, zu den Mitteln der ‚wahren Aufklärung und höheren Geisteshaltung‘.“ Wilhelm von Humboldt hatte bereits im Zuge der Einrichtung der Berliner Universität seine Überzeugung an die Bedingung geknüpft, „die beiden Akademien und alle vorhandenen naturwissenschaftlichen Einrichtungen zusammenzuführen, um die Bibliothek, das Observatorium, den botanischen Garten, und die naturhistorischen und Kunst-Sammlungen und die allgemeine Lehranstalt selbst dergestalt in Ein organisches Ganzes zu verbinden, dass jeder Theil, indem er eine angemessene Selbstständigkeit erhält, doch gemeinschaftlich mit den anderen zum allgemeinen Endzweck mitwirke“; vgl. Bredekamp/Labuda 2010, S. 26f. Entsprechend war die Gründungssammlung des zu errichtenden Museums, die Sammlung Giustiniani, über ganze neun Jahre (zwischen 1818 und 1827) nicht im Königspalast oder in der Akademie, sondern im Universitätsgebäude ausgestellt gewesen. Mit ihrer Überführung ins königliche Museum war die Kunstsammlung von der Universität nun „zwar räumlich, aber keineswegs gedanklich distanziert“ worden, wie Bredekamp und Labuda deutlich machten. Die Idee von der Aufwertung der Künste und der mit diesen in Beziehung stehenden Wissenschaften war ein Grundpfeiler der frühen Humboldt’schen Bildungsreform; vgl. ebd.

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zusichern“.1240 Auch Sachse verteidigte, wie dargelegt, stets sein Vorhaben, durch den Kunsthandel mit dem Ausland „den Kreis der Ideen [zu] erweitern“ und dadurch „auf die Kunst selbst günstig ein[zu]wirken.“1241 Die damalige Kunstöffentlichkeit rückte Sachses Kunstsalon ohne zu zögern in die Nähe einer musealen Einrichtung: 1835 brachte Franz Kugler den ambitionierten Vergleich eines „kleinen Luxembourg“ in Berlin auf den Plan.1242 In den späteren 1830er Jahren wurde respektvoll von Sachses Salon als ein „Denkmal für die neuere Malkunst“ gesprochen.1243 Das Museumszeitalter war eingeleutet und hatte Berlin bald gänzlich im Griff. Friedrich Wilhelm IV. beschloss, das gesamte Gelände hinter Schinkels Museum als „Freistätte für Kunst und Wissenschaft“ einzig zum Neubau weiterer Museen und Bildungseinrichtungen vorzusehen (Abb. 244).1244 Kunst und Wissenschaft, Museen und Universität sollten gemeinsam mit dem Königsschloss das Geistes- und Machtzentrum Preußens repräsentieren. 1841 legte Friedrich August Stüler einen ersten Masterplan für die Museumsinsel vor. Ab 1843 wurde Berlins zweites, das „Neue Museum“ nach seinen Vorstellungen errichtet (vgl. Abb. 284).1245 In Anlehnung an die ursprünglichen Pläne Hirts und deren gedankliche Weiterführung, maßgeblich durch Kunsthistoriker wie Franz Kugler, präsentierte sich die 1859 vollendete Einrichtung – weit mehr als noch im Alten Museum – als veritabler Bildungstempel.1246 Die monumentalen Fresken von Wilhelm von Kaulbach führten den Besuchern die Kulturgeschichte der Welt vom Turmbau zu Babel bis hin zur Reformation bereits im großen Treppenhaus vor Augen. Zu den „Lieblingsprojekten“1247 des Königs gehörte bekanntlich außerdem der Plan, auf dem Platz vor dem Neuen Museum – dem heutigen Standort der Alten Nationalgalerie - eine Aula in Form eines griechischen Tempels zu erbauen, mit Hör- und Festsälen für erbauende und erfreuende öffentliche Veranstaltungen rund um die in den umliegenden 1240 Vgl. Wilhelm von Humboldt: „Berichte aus den Verhandlungen des Vereins der Kunstfreunde im preußischen Staate. ,Programm‘ vom 23. August 1825“, in: Humboldt Werke 1843, Bd. 3, S. 307–310, hier S. 308. 1241 Vgl. GStA PK, HA I Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 194–199, Louis F. Sachse an das Kultusministerium, Berlin, den 22. November 1938. 1242 „Französische Öl- und Aquarellbilder“, in: Museum, 3. Jg., Nr. 6, 9. Februar 1835, S. 44. 1243 Vgl. „Berliner Conversation“, in: Berliner Modenspiegel, 6. Jg., 1837, S. 216; LAB, E. Rep. 20003, Nr. 6. 1244 Vgl. u. a. Bernau 1995, S. 19f. 1245 Das Neue Museum präsentierte und bewahrte die ägyptische Sammlung sowie die prähistorischen Funde, die Ethnologica und das Kupferstichkabinett. 1246 Hirts Museumskonzept war trotz der vormaligen Meinungsstreitigkeiten fürs Alte Museum „keineswegs veraltet“, wie Horst Bredekamp und Adam Labuda konnotieren: „Vielmehr hat das Neue Museum Friedrich August Stülers mit seinem Zweck, eine summa der Kunst auch über Reproduktionen und Schülerarbeiten zusammenzubringen, und damit die inneren Entwicklungsgesetze deutlich werden zu lassen, jene Idee umgesetzt, derentwegen Hirt im Jahre 1829 aus der Planung des Alten Museums ausscheiden mußte“; vgl. Bredekamp/Labuda 2010, S. 36f. 1247 Vgl. Schuster, Ausst.-Kat. Nationalgalerie 2001, S. 6.

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Sammlungen bewahrten Künste und Kulturen. Der Monarch hatte sogar eigenhändig einen ersten Entwurf hierfür gezeichnet (Abb. 285).1248 Auch Sachse war angetrieben von der Idee für Berlin als „Kunst-Hauptstadt“ und internationalen Versammlungsort der Künste.1249 Der wiederholte persönliche Umgang mit Friedrich Wilhelm IV, der nicht nur Kunstwerke bei Sachse erwarb, sondern auch ihm eine eigenhändige Zeichnung für seine Studiensammlung schenkte, mag den gegenseitigen Respekt andeuten, den sich der Regent und der Kunsthändler entgegenbrachten.1250 Als Sachse auf der Eröffnungsausstellung seiner permanenten Gemäldeausstellung den „Hémicycle“ (Abb. 251) zeigte, der sich gleichsam als Leitbild einer internationalen Versammlung führender Künstlerpersönlichkeiten der Geschichte darstellt, kam der Regent insgesamt fünf Mal „und stets auf längere Zeit“, um Auffassung und Anordnung des Ganzen sowie die Charakteristik der einzelnen Figuren zu studieren.1251 Sachses zweite, größere Kunsthalle zierte eine Reproduktion des „Kinderfrieses“ aus dem Neuen Museum, der die Kulturentwicklung der Menschheit humorvoll im Miniaturformat nachzeichnete (Abb. 277). Der „universelle Geist Berlins“, der, wie Sachses sich ausdrückte, „gewissermaßen kosmopolitisch ist“, fand hier einen individuellen, einen bürgerlichen Ausdruck. Nicht nur in den königlichen Museen, sondern auch in der privat geführten permanenten Gemäldeausstellung für die Kunst der Gegenwart sollten die Höhepunkte der europäischen Kunstschöpfungen einen Begegnungssort finden. Sachse stellte seinen Kunstsalon selbstbewusst in die Tradition der kulturellen Einrichtungen der Landeshauptstadt. Die moderne Kunst, um die er sich zeitlebens bemüht hatte, sah er gleichberechtigt neben der alten stehen. 1865 stellte Sachse rückblickend fest: „Das Land, wo der Geschmack in Betreff auf die Kunst ebenso wie in der Tätigkeit des Geistes, die verschiedene Richtungen weist, gewissermaßen kosmopolitisch ist, wo also z. B. das uralt Classische, das historisch im Übergange entstandene Mittelalterliche, und das modern Französische, das Englische, das Belgische, das Holländische, das Neuitaliensche u.s.f. gleiche Beachtung und Schätzung neben dem alten und neuen Einheimischen findet, ist nur das vielgegliederte und vielbegünstigte Deutschland und vor Allem seine Hauptverkehrsstadt Berlin!“1252 1248 Der Entwurf Friedrich Wilhelms IV. für ein Forum der Wissenschaften und Künste, Zeichnung, 1841, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. 1249 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 3. 1250 Vgl. „Der Kunstnachlaß Louis Sachse“, in: Vossische Zeitung 1878, 3. Beilage, LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 391, Facs. 1. Der Kulturbetrieb ermöglichte die respektvolle Annäherung von Monarchie und Bürgertum, selbst wenn die eigentlichen politischen Überzeugungen divergierten; vgl. hierzu Roters 1993, speziell S. 79. 1251 Vgl. Sachse Erinnerungen 1872. „Im hohen Greisenalter“, wie Sachse hier schreibt, und nach dreiundvierzigjähriger Wirksamkeit, sei es ihm ein Bedürfnis, „den Kunstsinn des längst abgetretenen Friedrich Wilhelm IV. noch einmal zum Anlass eines Artikel zu nehmen“. Seine persönliche Beziehung und respektvolle Haltung zu dem Regenten werden in dem Artikel deutlich. 1252 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 4. Auch wenn der „Rückblick“ von Sachse gemeinsam mit seinem Sohn verfasst wurde, darf angenommen werden, dass an dieser Stelle die gedankliche Ausrichtung des Institutsgründers federführend war.

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b

Museale Gegenwart und Gegenwartskunst

Zur Jahrhundertmitte präsentierten zwei beeindruckende Museumsbauten das kulturelle Zentrum der preußischen Hauptstadt: Das heutige Alte Museum zeigte Werke aus der Antike und der Renaissance. Im Neuen Museum boten völkerkundliche und ägyptische Sammlungen sowie Kunstkammer und Kupferstichkabinett Studienmöglichkeiten an (Abb. 284). Die zeitgenössische Kunst trat – zumal auf internationalem Niveau – hingegen museal noch immer nirgendwo recht in Erscheinung. Künstler und Intellektuelle hatten dieses Missverhältnis schon seit Mitte der 1830er Jahre wiederholt angemahnt.1253 Sie organisierten sich zunehmend in Vereinen und Gesellschaften, um ihre Interessen selbst zu vertreten und den Blick des Publikums auch über die alle zwei Jahre stattfindenden Kunstausstellungen der Akademie hinaus auf die Kunst der Gegenwart zu lenken. Hinzu gesellte sich der bald allerorten aufgekommene Wunsch nach einer geeinten deutschen Nation, der bekanntlich seinen frühzeitigen Ausdruck in den Idealen einer vereinten Kulturnation fand: Der künstlerische Reichtum des Landes sollte eine nationale Einheit dokumentieren und präsentieren.1254 Die Düsseldorfer Künstlerschaft hatte als erstes die Initiative ergriffen und dem Frankfurter Parlament eine Petition zur Gründung eines nationalen Museums für zeitgenössische Kunst unterbreitet.1255 Wie Forster-Hahn deutlich machte, verbarg sich in dem Vorschlag jedoch von Anfang an ein Konflikt, der eine lange andauernde Diskussion zur Folge hatte: Denn die Frage, ob die Einrichtung die Nation und den Staat zu repräsentieren habe, oder ob sie ein reines Kunstmuseum sein sollte, blieb umstritten und ungelöst.1256 Die Zeitungen und Zeitschriften waren damals voll von Anspielungen und Forderungen der „gegenwärtig alle Künstler und Kunstfreunde beschäftigenden Frage über die Gründung eines modernen National-Museums“.1257 1850 veröffentlichte F. R. Fischer eine Programmschrift „Zur Gründung einer National-Galerie in Berlin“. Als „erzieherische Institution mit internationaler Ausrichtung“ war Fischers Programm „eng mit seiner Vision der preußischen Hauptstadt als deutsche Metropole verbunden“, wie Forster-Hahn konstatierte.1258 Im Sommer 1853 trat Sachse mit seinem unabhängigen 1253 Die frühesten Bemühungen um die Schaffung einer „patriotischen“ Galerie lassen sich bis in das Jahr 1835 zurückverfolgen. Künstler, Gelehrte und Geschäftsleute hatten in Berlin eine Gesellschaft ins Leben gerufen, mit der Absicht, eine „vaterländische Gemälde-Galerie“ oder „National-Galerie“ zu gründen, die die Werke einheimischer Künstler ausstellen sollte; vgl. Forster-Hahn 1994, S. 157 und dies. 1998, S. 36. 1254 Vgl. Forster-Hahn 1998, S. 336f.; Mommsen 1994, S. 429 und Schuster 2001, S. 9–12; außerdem Mommsen 1998 und Paul 1997, S. 550. 1255 Vgl. Hütt 1980, S. 2f. und ders. 1984, S. 231; Rave 1968, S. 10. 1256 Vgl. u. a. Forster-Hahn 1994 und 1998, Schuster 2001, Paul 1997, Mommsen 1994, Rave 1968. 1257 Vgl. Rave 1968, S. 13. 1258 Vgl. Forster-Hahn 1998, S. 36.

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Ausstellungsinstitut für internationale Gegenwartskunst in Berlin auf den Plan. Wenige Wochen später, im Oktober, eröffnete Ludwig I. mit der Neuen Pinakothek in München ein erstes, repräsentatives Museum für moderne Kunst. Neben den verkäuflichen präsentierte auch Sachse eine beachtenswerte Anzahl unverkäuflicher Werke und verfolgte damit den Anspuch einer veritablen Kunstausstellung, die Beispiele der aktuellen Kunstentwicklung aller Länder und jeden Genres vorzustellen bemüht war. Nicht nur Rezensenten wie Max Schasler feierten die neue Einrichtung, die „eine fühlbare Lücke im Kunstleben Berlins auszufüllen“ versprach.1259 Und doch äußerte sich Schasler bald betrübt darüber, dass die einzige permanente Gemäldeausstellung der Stadt mehr dazu diene, das Publikum mit den Werken der ausländischen Künstler bekannt zu machen und die Liebe und das Interesse für fremde Künstler anzuregen, als die deutsche Kunst zur Anerkennung und Geltung zu bringen.1260 Ganz ähnlich der Argumentationsweise der Akademie (1838/39) wollte auch Schasler zwar nicht die gänzliche Ausschließung der fremden Bilder verlangen.1261 Wenn diese aber, wie bei Sachse, fast immer die drei- oder vierfache Zahl der deutschen Künstler betrügen, so entstehe ein Übergewicht, das entschieden zum Nachteil der deutschen Künstler sei.1262 Zur selben Zeit, also ebenfalls 1853, startete Friedrich Eggers einen Aufruf im Deutschen Kunstblatt, bedeutende Kunstwerke dem Vaterlande dauernd zu erhalten. Die „Verbindung für historische Kunst“, die hieraus resultierte, hatte sich „der Förderung des Historienbildes in Form des nationalen Geschichtsbildes verschrieben“.1263 Max Schasler griff Eggers Anregung begeistert auf und forderte ebenfalls eine „Nationalgalerie, wie sie andere Staaten längst besitzen“.1264 Schaslers Appell galt einer Galerie für die deutschen Künstler der Gegenwart aus allen Gebieten der Malerei zur Belehrung und zur Bildung des allgemeinen Kunstgeschmacks. Das spezifisch Nationale sah er dabei jedoch allein in der Form: „Wie alle Menschen im Wesentlichen dieselben logischen Gesetzte des Denkens und ähnliche Art der Sinneswahrnehmung haben, dieselben aber, jeder in seiner Art, verschieden zum Ausdruck bringen: so beruhen die nationalen Unterschiede in der Kunst auch nur in der Form.“1265 Schasler erkannte früh die „Missverständnisse“, die in der Diskussion um „nationale Kunst“ leicht zu „Missgriffen“ führen konnten, und warnte vor dem patriotisch gefärbten Ideal einer Sammlung allein von Werken jener Kunst, die die Nation 1259 Max Schasler: „Eröffnung der permanenten Gemälde-Ausstellung von Sachse“, in: Vossische Zeitung, Nr. 178, 3. August 1853. 1260 Vgl. Schasler, Max: „Permanente Gemäldeausstellung bei Sachse“, in: Die Dioskuren, 1. Jg., Nr. 8, 15. Juli 1856, S. 79. 1261 Zum Akademiestreit vgl. Kapitel IV.1.a, „Gewagte Versuche / Gegenwind“. 1262 Vgl. ebd. 1263 Zur Verbindung für historische Kunst vgl. u. a. Schmidt 1985 und Busch/Beyrodt 1982, Bd. I, S. 224. 1264 Vgl. Rave 1968, S. 11. 1265 Vgl. Schasler, Max: „Zur Nationalgalerie“, in: Die Dioskuren, 9. Jg., Nr. 29, 17. Juli 1864, S. 265–267, hier S. 266.

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und ihre Taten verherrlichten.1266 Zwar lag auch für Schasler der wahrhaft vaterländische Gedanke in einer Galerie ausschließlich deutscher Kunstwerke, die jedoch jede Bevorzugung des sogenannten engeren Vaterlandes ausschließen sollte. Er räumte ein, dass auch er „etwas Großes und Erhabenes“ in dem Gedanken sah, die „herrlichen Taten ihrer Fürsten und Vorfahren in einem Cyklus von großartigen Bildern vorführt“ zu sehen.1267 Stets war er bemüht gewesen um die Hebung der Historienmalerei, der ersten der Gattungen, die selbstverständlich auch in der Nationalgalerie würdig präsentiert sein sollte. Durch eine vollständige Bindung an den Staat jedoch würde die Kunst nicht nur ihre Autonomie verlieren, sondern Gefahr laufen, zur staatlichen Propaganda zu verkommen.1268 Die Initialzündung zur Gründung einer Nationalgalerie in Berlin ging bekanntlich ebenfalls auf bürgerliches Engagement zurück. 1859 hatte der Bankier Joachim Heinrich Wagener (Abb. 232) die mit 262 Gemälden umfangreichste preußische Privatsammlung dem König vermacht. Die Schenkung war mit der Auflage verbunden, dass die Sammlung „in einem geeigneten Lokale aufgestellt und allen Künstlern und Kunstfreunden stets zugänglich“ gemacht werde, „um so zu einer nationalen Galerie heranzuwachsen“.1269 Zwischen der ab 1861 in der Akademie der Künste beheimateten Wagener-Sammlung und der Eröffnung der Nationalgalerie auf der Museumsinsel vergingen 15 Jahre. Der spezifisch bürgerliche Charakter der Sammlung Wagener, die weder ausschließlich deutsche Kunstwerke vereint noch der deutschen Historienmalerei den bevorzugten Platz eingeräumt hatte und nun den Grundstock eines ersten Museums für moderne Kunst bildete, wurde während dieser Zeit von der sich zunehmend verengenden Ausrichtung des Sammlungsprogramms auf die Repräsentation der Nation-Idee regelrecht verschluckt. Die Orientierung an der Idee einer „Nationalkultur“ hatte sich mit der Reichsgründung tatsächlich, wovor schon Schasler gewarnt hatte, auf das Streben verengt, den lang ersehnten und eben erst errungenen „Nationalstaat“ in Bildern zu präsentieren. Der „unübersehbar deutsche Akzent“, den die Nationalgalerie bereits mit der Eröffnung des Stülerbaus 1876 ausstrahlte, war in keiner Weise mehr vereinbar mit der in den zwanziger und dreißiger Jahren diskutierten humanistischen Idee eines Museums als Bildungstempel, in dem Kunst in einem ästhetisch ausgerichteten, internationalen Rahmen „erst erfreuen, dann belehren“ sollte. Preußens erstes Museum für Gegenwartskunst stellte sich vielmehr als „patriotischer Bilderspeicher für preußische Geschichtsmalerei dar, nach1266 Vgl. ebd.; Schasler schreibt ausdrücklich, dass er in einer Nationalgalerie, welche zu einer Sammlung patriotischer Gemälde im preußischen Sinne gemacht würde, den beklagenswertesten Missgriff von allen sehe. 1267 Vgl. Max Schasler: „Was thut der deutschen Historienmalerei Noth?“, in: Die Dioskuren, 7. Jg., Nr. 14, 6. April 1862, S. 105–107, hier S. 105. 1268 Vgl. ebd., S. 105f. 1269 Testament Wagener, hier zitiert nach Buberl 2005, S. 12. Zur Geschichte der Gründung der Nationalgalerie in Berlin und den Stifter Wagener vgl. den Sammelband zur Tagung anlässlich ihres hundertfünfzigjährigen Bestehens, hg. von Verwiebe und Wesenberg 2013.

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drücklich befördert durch die Erwerbspolitik Wilhelm II.“.1270 Françoise Forster-Hahn hat diese Entwicklung überzeugend beschrieben. Eine Fotografie aus der Zeit um 1900, die einen der Ausstellungsräume der Nationalgalerie abbildet, begleitet ihr Kommentar: „Die ideale Linienkunst eines Peter von Cornelius musste der aktuellen Effektmalerei patriotischer Propagandakunst weichen. Der ‚Einzug Kaiser Wilhelms I. des Siegreichen durch das Brandeburger Tor‘ war willkürlich vor dessen Kartons gehängt worden“ (Abb. 286).1271 Die Eröffnung der Nationalgalerie auf der Museumsinsel ging zeitlich genau einher mit der Schließung von Sachses Internationalem Kunstsalon – so wie die Eröffnung von Sachses Institut mit der Umsetzung von Berlins erstem, dem heutigen Alten Museum einhergegangen war. Das Selbstverständnis von Sachses Kunsthandlung entsprang der Tradition jener kulturellen, kosmopolitisch ausgerichteten Einrichtungen, mit denen sich die Mitte Berlins einst schmücken wollte. Mit der Reichsgründung wich nicht nur die Sammlung Wagener, sondern auch der Kunstsalon von Sachse jener neuen „patriotischen Propagandakunst“, für deren Präsentation man sich nun im neuen kulturellen und Macht-Zentrum Berlins entschieden hatte. c

Böse Kunsthändler

1910 veröffentlichte Karl Scheffler eine pessimistische Abhandlung über das „Stadtschicksal“ Berlins.1272 Das geistige und künstlerische Leben dieser „Kolonialstadt“, die seit 1871 wie eine über „Nacht ins Übermäßige expandierte Reichshauptstadt“ dastand, würde von einer „in allen ihren Instinkten kulturfeindlichen“ Bourgeoisie beherrscht, so Schefflers vernichtendes Urteil. Die Kunststadt Berlin sei „eine Hauptstadt des Platten, leicht Verständlichen und Renomistischen“. Die „Charakteristika der neuberlinischen Reichskunst“ bestünden in „materieller Täuschung, Abschrift der Natur, vereinigt mit protzigem Eklektizismus, gemalter Patriotismus, Genrehumor, Anekdotisches und Photographisches, Soldatisches und Höfisches“. Sein Fazit zum Berliner Kunstpublikum: „Das ungebildete Kolonistengeschlecht wollte unterhalten und geschmeichelt sein, nicht belehrt und veredelt, es wollte Marktwerte, nicht Kulturwerte.“1273 Karl Schefflers polemische Abrechnung mit dem Wilhelminismus kann hier leider nicht Gegenstand tiefergehender Betrachtungen sein. Festgestellt werden aber muss, dass Berlin nach der Reichsgründung ein wesentlich anderes Bild des eigenen Selbstverständnisses in die Welt schickte als noch zur Zeit von Franz Krügers „Preußischer Parade“ Ende der 1830er Jahre (Abb. 1). Die Vertreter der offiziellen Kunstinstitutionen – Mitglieder der Akademie und des Vereins der Berliner Künstler – taten sich vor allem 1270 Vgl. Forster-Hahn 1994, S. 156. Außerdem Grabowski 1993. 1271 Vgl. ebd. und Forster-Hahn 1998, S. 42. Außerdem Schuster 2001, S. 9f. 1272 Vgl. Scheffler 1910. 1273 Vgl. ebd., S. 199f.

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in ihrer Eigenschaft als treue Monarchieanhänger hervor, zutiefst konservativ und nationalbewusst.1274 Sie prägten das Bild der öffentlichen Ausstellungen und übten maßgeblichen Einfluss auf die Kunstverhältnisse aus.1275 Der gewonnene Krieg gegen Frankreich und die Einigung des Reiches schürten die Vorbehalte, nicht zuletzt gegen die Kunst aus dem Land des „Erbfeindes“. Der Berliner Kunstbetrieb bewegte sich, im Gegensatz etwa zu Städten wie München1276 und Düsseldorf,1277 bis in die 1890er Jahre meist nur noch auf provinziellem Niveau und wurde vom Ausland kaum, vom übrigen Deutschland nur in geringem Maße beachtet.1278 Die Dynamik auf dem internationalen Kunstmarkt, ausgehend nach wie vor von Paris, hatte während dieser Zeit hingegen nochmals deutlich zugelegt. Die Ausstellungsfrage junger internationaler Kunstströmungen wurde, wie Peter Paret aufgezeigt hat, in Berlin zu einem „zentralen Problem“ – das sich schließlich im „offenen Streit zwischen Tradition und Moderne“ entladen sollte.1279 Für die Durchsetzung wegweisender Neuerungen in der Kunst wie im Kunstbetrieb um die 20. Jahrhundertwende spielte bekanntlich ebenfalls privates Engagement eine wesentliche Rolle. Dazu gehörte nicht nur das Wirken progressiver Künstler, Museumsleute, Kunstsammler und Schriftsteller, sondern ebenso die Tatkraft einiger risikobereiter Kunsthändler. Es soll abschließend eine Episode in Erinnerung gerufen werden, die für die Rolle des internationalen Kunsthandels beim Schritt in die Moderne bezeichnend scheint. Im Mittelpunkt stehen wieder Diskussionen um die Einfuhr französischer Kunstwerke. Die unterschiedlichen Positionen und Befürchtungen, die schon zur Zeit von Sachses Wirksamkeit angeklungen sind, prallten erneut mit Wucht aufeinander. In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts hatte sich der nationale Kunstbetrieb spürbar verändert. Die Künstler organisierten sich in Sezessionen und Vereinen, um unabhängige Ausstellungs- und Absatzmöglichkeiten für ihre Werke zu 1274 Über die Akademieausstellungen der 1870er Jahre siehe Teeuwisse 1986, S. 29–70; zu den Ausstellungen des Vereins Berliner Künstler siehe ebd., S. 70–76. 1275 Zum „Dilemma von nationalem Staatsdienst der Kultur“ zur Zeit der Reichsgründung vgl. Mai 1993. 1276 München schwang sich nach der Jahrhundertmitte zur deutschen Kunsthauptstadt auf. Bereits seit 1854 besaß die Stadt mit dem Glaspalast ein modern-repräsentatives Ausstellungsgebäude, errichtet für die Allgemeine Deutsche Industrieausstellung nach dem Beispiel von Joseph Paxtons Kristallpalast in London. Zahlreiche nationale wie internationale Ausstellungen fanden hier statt, so etwa 1869 die aufsehenerregende I. Internationale Kunstausstellung, gefolgt von der II. im Jahre 1879. Diese kulturellen Ereignisse von zukunftsträchtiger Bedeutung bestätigten und bekräftigten Münchens Ruf als Kunststadt; vgl. dazu Ausst.-Kat. München 1958 und Ausst.-Kat. Münchener Schule 1979. 1277 Vgl. Hütt 1979, S. 58–67. 1278 Vgl. Teeuwisse 1986, S. 78; außerdem u. a. Grabowski 1993; Mai 1993; Frey 1999, S. 106– 108.; Kuhrau 1998, S. 44f. 1279 Im Jahr 1905 kam es zu einer erbitterten Diskussion zwischen Max Liebermann und Henry Thode, die sich an der Schrift von Julius Meier-Graefe „Der Fall Böcklin“, Stuttgart 1905, entzündet hatte. Thode klagte an, dass „Impressionismus und Neo-Impressionismus nur aus materiellen Gründen gefördert“ würden. vgl. Paret 1981, S. 253f.

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schaffen. In den offiziellen Kommissionen der Museen und Kunstvereine mussten sie meistenteils ihren angestammten Platz und damit auch ihren Einfluss an Kunsthistoriker abgeben. Es wurde nun mehr „nach historisch-kritischen, als [nach] kollegialen Gesichtspunken gesammelt“.1280 Zugleich gewannen die Entwicklungen auf dem internationalen Markt – und damit ganz konkret auch die Kunsthändler – für die Gegenwartskunst zunehmend an Relevanz. Mit den sich abzeichnenden Bewegungsrichtungen waren jedoch bei weitem nicht alle Künstler einverstanden. Der „Protest deutscher Künstler“, den Carl Vinnen im April 1911 als öffentliche Anklage einer vermeintlichen Überfremdung des deutschen Kunstmarktes publizierte, markiert einen Höhepunkt ebenjener Entwicklungen.1281 Ausgelöst wurde der Streit bekanntlich durch den Erwerb von Vincent van Goghs „Mohnfeld“ im Jahr 1910. Der Direktor Gustav Pauli hatte das Gemälde für die Sammlung der Bremer Kunsthalle angekauft. Das Geld für solche Kunstankäufe – in diesem Fall 30.000 Mark – stellte traditionell der 1823 gegründete örtliche Kunstverein. Carl Vinnen, noch bis vor Kurzem Vorstandsmitglied, fühlte sich durch den Van-Gogh-Ankauf dazu veranlasst, ein „Mahnwort an den Kunstverein“ in den Bremer Nachrichten zu veröffentlichen, worin er Paulis Sammlungspolitik scharf kritisierte.1282 Der Kunsthallendirektor reagierte seinerseits mit einer Gegendarstellung. Der „Bremer Kunststreit“ beschäftigte die Feuilletons schnell deutschlandweit und entwickelte sich zur Grundsatzdiskussion über die deutschen Kunstzustände im Allgemeinen und den Import der französischen Avantgarde im Speziellen. Carl Vinnen nutzte die Aufregung für eine Kampagne in eigener Sache und ließ eine Broschüre drucken mit dem Titel „Ein Protest deutscher Künstler“. Das achtzigseitige Heft enthält neben einer Einleitung des Initiators 123 Künstlernamen, die sich – zum Teil mit eigenen Darstellungen – der Kritik Vinnens anschließen. Zwei Monate später erschien die 182-seitige Antwortschrift „Im Kampf um die Kunst. Die Antwort auf den ‚Protest deutscher Künstler‘“. 47 Künstler und 28 Galeriedirektoren, Schriftsteller und Kunsthändler stellten sich, größtenteils ebenfalls mit eigenen Stellungnahmen, an die Seite Paulis. Die Episode um den „Bremer Kunststreit“ ist von Wulf Herzogenrath überzeugend beschrieben worden.1283 Was an dieser Stelle noch einmal herausgestellt werden soll, ist die zentrale Rolle des internationalen Kunsthandels, der für den als „bedrohlich“ empfundenen „Import französischer Kunstware“ letztlich verantwortlich gemacht wurde.1284 Vinnen hatte sich zum Sprecher einer deutschen Künstlerschaft gemacht, die den 1280 Vgl. Alfred Hagelstange (Direktor des Wallraf-Richartz-Museums in Köln), in: Antwort 1911, S. 13–15, hier S. 14: „Sie [die Künstler] scheinen sich nach den schönen Zeiten zurückzusehnen, wo die Leitung der Galerien noch in den Händen von Künstlern lag, die weniger nach historisch-kritischen, als kollegialen Gesichtspunkten gesammelt haben.“ Auch zitiert bei Herzogenrath 1996, S. 271. 1281 Vgl. Vinnen 1911. 1282 Vgl. Herzogenrath 1996. 1283 Vgl. ebd. und Ausst.-Kat. Bremen 2009, hier bes. S. 148–153. 1284 Vgl. Gustav Pauli, in: Antwort 1911, S. 4.

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Schutz der nationalen Kultur vor dem Fremden, insbesondere dem Französischen, forderte. Seine Argumente aber zielten vor allem auf die Preise ab, die mittlerweile auf dem internationalen Markt für junge französische Kunst – von den Impressionisten bis hin zu Matisse und Picasso – bezahlt wurden.1285 Das Unverständnis und den damit einhergehenden Unmut gegen diese neuen Kunstströmungen verband Vinnen mit der Beschwörung eines nationalen Geistes, der nicht nur die deutsche Kunst, sondern vor allem die deutschen Künstler beschützen sollte. Es war unübersehbar geworden, dass der internationale Handel den nationalen Markt – und damit auch seine Künstler – zu überflügeln begann. Die Zentrale dieser Entwicklungen in Deutschland war, wie Vinnen feststellte, eindeutig Berlin. Die Diskussion war, wie aufgezeigt wurde, an sich nicht neu. Schon Sachse hatte sich aufgrund von Beschwerden einzelner deutscher Künstler an die Akademie als das höchste offizielle Organ in Kunstfragen gewandt, um den Wert der Vermittlung aktueller französischer Kunstwerke nach Berlin klären zu lassen. Trotz anfänglichen Einverständnisses war es zu einem Meinungsstreit gekommen. Das Kultusministerium kam gemeinsam mit dem Ausstellungsgremium der Akademie darin überein, dass erst, „nachdem Erfahrungen darüber gemacht werden konnten“ – sprich, nachdem Sachse den internationalen Kunsthandel nach Berlin gebracht hatte –, eine solche Situation wirklich eingeschätzt werden konnte. Es habe sich nunmal erwiesen, schrieb die oberste Kunstbehörde, dass „die fremden Werke, welche durch Keckheit, Leichtigkeit und Sicherheit der Behandlung sich vor den inländischen auszeichnen, auf das pecunäre Verhältnis der inländischen Künstler nachtheilig einwirken müssten“.1286 Bereits Ende der 1830er Jahre war also in Anbetracht der durch Sachse in Berlin eingeleiteten internationalen Konkurrenz ein Verdienstausfall der deutschen Künstler als Hauptargument gegen die Einfuhr moderner französischer Kunstwerke angeführt worden. Gut 70 Jahre später argumentierte Carl Vinnen mit dem gleichen, vermeintlich kausalen Zusammenhang. Der Kunsthändler Paul Cassirer brachte Vinnens Anliegen auf den Punkt: „Er [Carl Vinnen] sieht, dass einige französische Bilder teuer bezahlt werden, und er sieht, dass dabei Kunsthändler Geld verdienen, er sieht, dass einige deutsche Künstler schlecht bezahlt werden, daraus zieht er den scharfsinnigen Schluß: Der 1285 Gustav Pauli schrieb in der „Antwort auf den ‚Protest deutscher Künstler‘“ über die eher hilflose Beweisführung von Vinnen und seinen Mitstreitern: „Einerseits soll nur ein ideales Interesse verfochten werden, andererseits wird aber auch vom Geschäft und von recht erdenschweren Brotinteressen unter Angabe von Zahlen geredet“; vgl. Pauli, in: ebd., S. 1. Auch Wulf Herzogenrath hob hervor, dass es vor allem die Preise waren, die für französische Impressionisten und deren Nachfolger ausgegeben wurden, die Vinnen empörten. Dieses Geld sollte doch lieber in deutsche Kunst investiert werden; vgl. Herzogenrath 1996, S. 270. 1286 Vgl. GStA PK, HA I, Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 203–205, Die Ausstellungskommission der Königlichen Akademie der Künste an das Kultusministerium, Berlin, den 2. Februar 1839; unterzeichnet ist das Schreiben von den Kommissionsmitgliedern Dähling, Kretschmar, Schadow, Hampe, Wichmann und Strahlborn.

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Kunsthändler – in diesem Fall wohl immer ich – bestiehlt die deutschen Künstler um den Lohn ihrer Arbeit.“1287 Die Rolle der Kunsthändler wurde von Vinnen und seinen Mitstreitern als die einer international vernetzten, „manipulierenden Clique“ angesehen, die weit entfernt von künstlerischen Ansprüchen doch nur ihre monetären Ziele verfolgen würde.1288 Demnach würden „die Kunsthändler [...] zu exorbitanten Preisen ihre alten Ladenhüter absetzen und Bilderfabrikanten, denen jede größere Ausstellung verschlossen bleibt, die Hintertür“ öffnen, wie Vinnen zusammen mit seinem Worpsweder Malerkollegen Fritz Mackensen schon 1898 in einem offenen und vielfach verteilten Brief die Kunstzustände in Deutschland angeklagt hatte.1289 Auch diesen Vorwurf kannte schon Sachse: Es liege „in der Natur der Sache“, dass „die Kunsthändler [...] nichts unernstes oder anstößiges“ darin fänden, „wenn sie zu ihrem Waarenlager gehörende Bilder, zum beliebigen Verkauf zur Ausstellung liefern“, hatte die Ausstellungskommission der Akademie damals feststellen wollen.1290 Es scheint zudem bezeichnend, dass sowohl zur Zeit von Sachse als auch in der Anklage von Carl Vinnen immer von „den Kunsthändlern“ die Rede ist. Denn tatsächlich war die Anzahl der in Deutschland ansässigen Akteure dieser Berufsgruppe, die auch auf dem internationalen Markt erfolgreich agierten, noch immer relativ überschaubar. Zwar war schon Sachse nicht der einzige Händler in Berlin geblieben, der auch moderne französische Kunstwerke anbot.1291 Doch blieb er derjenige, der mit dem Import französischer Gegenwartskunst angefangen und seinerzeit die stärkste Position in der Stadt eingenommen hatte. Im Jahr 1911 hatte sich der internationale Markt erheblich ausgeweitet. Für die Vermittlung junger französischer Kunstströmungen nach Berlin, um die es den „Protestlern“ um Carl Vinnen im Wesentlichen ging, zeigte sich jedoch wieder in erster Linie eine Person verantwortlich. Paul Cassirer (1871–1826; Abb. 287) hatte 1898 zusammen mit seinem Vetter Bruno die „Paul und Bruno Cassirer, Kunst- und Verlagsanstalt“ gegründet. Im Jahr darauf stellten die 27 und 28 Jahre alten Cousins erstmals Werke von Edouard Manet, Claude Monet und Giovanni Segantini in ihren Räumen in der Viktoriastraße aus. „Die Lustigen Blätter“ veröffentlichten im selben Jahr eine Karikatur über „die Berliner Kunstsalons“, wobei Cassirers Kunstanstalt bereits unter die „Devise“ gestellt wurde „Durch Manet und Monet zu Money“ – obwohl von großen Geldgewinnen in den ers1287 Paul Cassirer, in: Antwort 1911, S. 154–167, hier S. 166. 1288 Vgl. Herzogenrath 1996, S. 270. 1289 Carl Vinnen und Fritz Mackensen in einem offenen Brief vom 25. Februar 1898; zit. nach ebd., S. 261. 1290 Vgl. GStA PK, HA I, Rep. 76 Ve. Sekt. 17. Abt. X, Nr. 1, Bd. 4, Bl. 203–205, Die Ausstellungskommission der Königlichen Akademie der Künste an das Kultusministerium, Berlin, den 2. Februar 1839. 1291 „Die Concurrenz mit L[epke] ist freilich sehr bedauerlich und für mich nachtheilig. Indeß, mein Junge, habe ich sie verschuldet, kann ich sie wehren?“; vgl. LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis F. Sachse an Louis A. Sachse (jun.), Berlin, den 18. Juli 1857.

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ten Jahren des Galerie-Bestehens noch keine Rede sein konnte (Abb. 288).1292 Nach einem Zerwürfnis 1901 gingen die Cousins zunächst getrennte Wege. Paul Cassirer nahm bald eine herausgehobene Stellung auf dem Berliner Kunstmarkt ein, indem er sich mit großer Überzeugungskraft für die europäische Avantgarde stark machte. Paul Cassirer fühlte sich durch Vinnens Anklageschrift persönlich angesprochen und zu einer Stellungnahme herausgefordert: „In keiner Stadt Deutschlands hat die Seuche des französischen Imports so gewütet wie in Berlin, und nirgends sind so viele französische Bilder verkauft worden wie in Berlin, nirgends muß demnach dem deutschen Künstler das Leben so schwer geworden sein wie hier in Berlin, und nirgends kann er unter den ‚Machenschaften böser Kunsthändler‘ (soll wohl heißen d e s bösen Kunsthändlers, denn leider habe ich zehn Jahre allein diese Arbeit leisten müssen) mehr gelitten haben als hier“, heißt es selbstironisch in seiner „Antwort auf den ‚Protest deutscher Künstler‘.“1293 Auch Gustav Pauli rechnete seinen Anklägern vor, dass die Ankäufe aus Paris im Gegensatz zu denen in Deutschland in keinem Verhältnis standen. Zumindest in keinem, das den deutschen Künstlern zu ernsthaften Sorgen Anlass geben konnte. In den Jahren zwischen 1899 und 1911 kaufte Pauli für die Bremer Kunsthalle 84 „moderne deutsche Gemälde“ und 13 „moderne Franzosen“ an.1294 Cassirer schätzte, dass „die Einfuhr französischer Impressionisten nach Deutschland im Durchschnitt noch keine halbe Million“ betrug – eine „minimale Summe“ also, die ganz sicher keinen „Einfluß auf die materielle Lage der deutschen Künstler hätte“.1295 Zum Vergleich: Die Nationalgalerie hatte nach dem Tod von Adolph Menzel 1905 anderthalb Millionen für den Ankauf von Gemälden dieses einen, wenn auch unbestritten herausragenden Berliner Künstlers aufgewendet.1296 Pauli wies sogar explizit darauf hin, „dass im allgemeinen französische und englische Bilder nicht teurer, sondern billiger sind als die deutschen“. Die Preise für Werke von Berühmtheiten wie Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach, Wilhelm Leibl, Adolph Menzel oder Max Klinger seien „durchaus nicht geringer als die Preise, die bei vergleichbarer Qualität die Bilder der französischen Impressionisten erzielen“.1297 Die wesentliche Begründung für die Preisschwankungen liege vielmehr darin, dass die Mehrzahl der deutschen Künstler eben nur für den deutschen Kunstmarkt in Betracht komme, „während die Preise der Franzosen auf dem Weltmarkt normiert“ würden. Souverän stellte der Bremer Kunsthallendirektor deshalb abschließend fest: „Solche Tatsachen rücken das Gerede von der unpatriotischen Verschwendung der Deutschen für französischen Atelierkehricht erst in das rechte Licht“,.1298 Der „Weltmarkt“, so Pauli, war längst neben den nationalen Bildermarkt getreten. Und beide, der nationale und 1292 Vgl. Feilchenfeldt 2006, S. 17. 1293 Vgl. Cassirer, in: Antwort 1911, S. 158. 1294 Vgl. Pauli, in: Antwort 1911, S. 4. 1295 Vgl. Cassirer, in: Antwort 1911, S. 162. 1296 Vgl. Pauli, in: Antwort 1911, S. 5. 1297 Vgl. ebd. 1298 Vgl. ebd.

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der internationale Markt, folgten eigenen Regeln. Denn, wie Paulis Hamburger Kollege Alfred Lichtwark in derselben Schrift bestätigte, „der Preis der Kunstwerke richtet sich nach der Ausdehnung, der Kultur und den Mitteln des Marktes, der sie begehrt.“1299 Dieser Meinung war auch Paul Cassirer: Eine „geistige Bewegung, die über die ganze Welt geht“ – gemeint ist hier der französische Impressionismus – könne eben durch keinen Protest aufgehalten werden.1300 Guido Kern, der unter Hugo von Tschudi und Ludwig Justi an der Nationalgalerie tätig gewesen war, verfasste bereits 1934 einen ersten Aufsatz über Sachse, worin er einführend anmerkt: „[...] in Berlin haben Kunsthändler von außergewöhnlichen Fähigkeiten und ungewöhnlichem Format gewirkt; einige von ihnen haben mit ordnender und lenkender Hand in den privaten und öffentlichen Betrieb eingegriffen. Die Berliner Kunstgeschichte kann [...] an diesen Männern nicht achtlos vorübergehen. Ob ihr Einfluß immer und in jeder Hinsicht heilsam gewesen ist, mag bezweifelt werden. Jedenfalls steht fest, dass der Berliner Kunsthandel [...] den Charakter und die Entwicklung der Berliner Kunst auf das Stärkste beeinflusst hat. Daher bildet ein Kapitel über den Berliner Kunsthandel einen unentbehrlichen Bestandteil einer Geschichte der neueren Berliner Malerei und Plastik [...]“.1301 Der „Weltbürger“ Sachse, so Kern, habe als „Bahnbrecher auf dem Gebiet des Kunsthandels und des Ausstellungswesens, und nicht nur für Berlin gewirkt“. Sein Programm war „eindeutig und klar aber so umfassend und kühn, dass man den Mut bewundern muß, mit dem er es verkündete“, wie Kern schon damals schrieb.1302 Sachse war zu Kern’s Zeit „nicht unbekannt“, wie wir ebenfalls erfahren, „aber noch nicht nach seinem Wert und seinem eigentlichen Verdienste gewürdigt“ worden.1303 Für eine solche späte Würdigung sowie den damit verbundenen Aufruf, die Rolle des Kunsthandels in methodische Betrachtungen über die Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst stärker mit einzubeziehen, mag dieses Buch das Seine beitragen. Louis Sachse gebührt das Verdienst, der Begründer des internationalen Kunsthandels in Berlin und letzlich (auch) in Deutschland zu sein. Das bemerkenswerte Lebenscredo des Berliner Kunsthändlers, heute so aktuell wie damals, möge die hier angestellten Betrachtungen über das Leben und Wirken von Louis Friedrich Sachse hoffnungsfroh beschließen: „In dem Kunstschaffen, dem Können einzelner Personen sowie ganzer Nationen giebt es kein Monopol, keine Sperrschranke, es lernt ein Künstler vom anderen, eine Nation von der anderen, und je mehr im Tausche fremde und einheimische Werke in den Ländern hin und wiederwandern, je mehr Ausland und Inland rivalisiren, desto mehr werden Künstler und Kunstfreunde gewinnen, desto mehr wird der Kunstsinn in 1299 Vgl. Alfred Lichtwark, in: Antwort 1911, S. 28. 1300 Vgl. Cassirer, in: Antwort 1911, S. 163. Viele deutsche Künstler, darunter die Hauptvertreter der Berliner Sezession, hatten sich dieser Meinunng angeschlossen. Sie begrüßten ausdrücklich „die Bestrebungen, die große französische Kunst in Deutschland einzuführen“; vgl. ebd., S. 158f. 1301 Vgl. Kern 1934, S. 2. 1302 Vgl. ebd., S. 5. 1303 Vgl. ebd., S. 2.

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den Geist der Nation, das Können in die Anlagen der einzelnen Person dringen! – Es wird also die Zahl der geschätzen Künstler von Bedeutung sich aus allen schaffenden Ländern recrutiren und die Gelegenheit, in der Kunst Bedeutendes zu sehen, selber zu leisten und dann muthig zur Schau zu stellen, muss allen aufstrebenden Talenten, ohne Unterschied des Namensklanges, ohne Rücksicht, ob Geweihter oder Laie, allezeit zugänglich sein!“ Dies sind die „Grundsätze aus der Vergangenheit und für die Zukunft“, nach denen Sachses Institut „an der Gesamtentwicklung mitzuarbeiten bemüht war!“.1304

1304 Vgl. Sachse Rückblick 1865, S. 5.

Anhang 1

Das Reisetagebuch (1834–1861)

Vorbemerkung Das Reisetagebuch von Louis Friedrich Sachse wird im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz aufbewahrt (GStA PK, VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie, C, Familienarchive und Nachlässe, Einzelstücke, Nr. 92). Es beinhaltet die persönlichen Notizen der 16 Reisen, die Louis Sachse zwischen 1834 und 1861 in die Kunstmetropolen seiner Zeit, am häufigsten aber nach Paris unternommen hat. Hinzu kommen vereinzelte Einträge, die bis in das Jahr 1869 reichen. Gewissenhaft notierte Sachse Stichworte zu den Tageserlebnissen seiner Reisen. Der abgegriffene braune Lederband im Taschenformat weist auf den hohen Gebrauchswert als Erinnerungsstütze und persönliches Nachschlagewerk hin (Abb. 8). Das Reisetagebuch wird hier zitiert nach der veröffentlichen Schreibmaschinen– Transkription in Annette Schlagenhauff: „Die Kunst zu handeln. Louis Friedrich Sachse – Lithograph, Kunstförderer und Kunsthändler in Berlin“, in: Berliner Jahrbücher, Bd. 42, 2003, S. 281–290. Sie basiert auf dem Manuskript des Enkels Alfred Sachse aus dem Jahr 1943, der das Reisetagebuch seines Großvaters abgetippt hatte. Sein Manuskript befindet sich im Familiennachlass Sachse im Berliner Landesarchiv (LAB, E. Rep. 200–03, Nr. 31). Die Schreibmaschinenversion des Reisetagebuchs liegt auch den in dieser Arbeit angestellten Betrachtungen zugrunde. Das Reisetagebuch (1834–1861) 2. Reise nach Paris (15. November – 7. Dezember 1854)

15. November: Abends von Berlin per Schnellpost abgereist. – 14. November: Leipzig. – 15.–19. November: Fahrt über Erfurt, Gotha, Eisenach, Frankfurt/Main, Mainz, Saarbrücken, Metz, Verdun, Chälons. – 20. November: 7 Uhr früh in Paris, nach einer Tour Tag und Nacht gleich Brunner aufgesucht, selbentags noch zwei Drucker gesprochen. Italienische Oper (»Leo«) – 21. November: 3 Drucker, Rittner, Blaisot, Aubert. – 22. November: Gihaut, Rittner, Ed. Magnus, Chapellier, Watelet, Knecht. – 23. November: Drucker, Galerie Orleans, Gihaut. Mit Magnus nach Vauxhall bal Montesquieu. – 24. November: Mit Elliesen bei Giroux, Md. Hulin, Leo, Rittner, Watelet, Chapellier, Rougemont, Tortoni. – Oper. – 25. November: Watelet, Magnus, Chapellier, Engelmann; Drucker; Geschäfte und Studien in den Museen. - 26. November: Atelier de Girard. Prudhomme, Deveria, H. le Comte, Delaroche, Delacroix, Luxem-

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bourg, Théatre du Palais. – 27. November: Chapellier, Lippold, Md. Hulin, Exposition des Arts. Zu allen Kunsthändlern. Rocher de Cancale, bal Montesquieu; Sacchi, mit Magnus. – 28. November: Jelski, Paskowski, Rougemont, Lippold, Hulin, Brunner, Gihaut, Magnus; Palais. – 29. November: Um 4 Uhr ab von Paris. – 30. November: Perenne, Cambrai, Valenciennes, Mons. – 1. Dezember: Brüssel; St. Gudula, La Chapelle. Stadthaus, Palais des Prinzen von Oranien. Hotel de flandres, Hotel du Prince Auguste, Chambre des Députés, um 7 Uhr abgereist. – 2. Dezember: Lüttich: Palais, Cathedrale, St. Paul, St. Denis, St. Martin; Aachen: Cathedrale, Rathaus. – 3. Dezember: Kölln: Apostle, St. Gereon, Dom, Jesuitenkirche, St. Columba, Minoriten, St. Andreas, Römerturm, St. Peterskirche. Rubens-Haus. St. Maria im Capitol, Gürzenich, Rathaus, Rhein, St. Martin, St. Theresia. Um 9 Uhr Abreise. – 4. Dezember: Schwelm, Unna, Soest. – 5. Dezember: Paderborn, Höxter, Seesen; Braunschweig, Helmstedt, Magdeburg. – 7. Dezember: Früh um 7 Uhr glücklich in Berlin. 3. Reise nach Paris (10. Juni – 11. Juli 1855)

11. Juni: »Nach heiterer Fahrt« Ankunft in Ludwigslust. – 12. Juni: Ankunft in Hamburg und im Belvedere abgestiegen, Engländer, Russe, Michaelskirche, 8 ½ Uhr abends an Bord des Dampfbootes »Hambourg«. – 13. Juni: 3 Uhr früh Abfahrt von Hamburg. Wegen undurchdringlichen Nebels 3 Stunden Aufenthalt auf der Elbe. 2 Uhr nachmittags offene See. Am Abend des Tages vor Helgoland. Sturm, alles seekrank außer Sachse. – 14. Juni: Unzählige Tümmler oder Meerschweine auf dem Meere. 11 Uhr abends Anblick der englischen Küste, prachtvolles Meerleuchten, Blechen und Eichens schrecklich seekrank. – 15. Juni: 6 Uhr früh zwischen Dover und Calais, Stille See. Boulogne, 12 Uhr mittags vor der malerischen Küste Frankreichs. Pittoreske Felsgruppen. 4 ½ Uhr nachmittags Ankunft in Le Havre. Prachtvoller Anblick der Stadt. Hotel du Brésil. – 16. Juni: Zu Dreien 250 Austern und zwei Bouteillen Chablis für 7 frcs. verspeist! Einschiffung auf dem »Louis Philippe« nach Rouen. Genußreiche Fahrt auf der Seine. Herrliche Ufer mit allem, was zu einem majestätischen Naturgenuß beitragen kann. 8 Uhr Rouen. Hotel Vatel, Abendspaziergang durch die alte Stadt mit ihren architektonischen Wundern. – 17. Juni: Besuch der Kathedrale Notre dame, St. Michael, St. Quen, St. Cathérine, Hotel des Justice, Place Jeanne d‘Arc. Unzählige merkwürdige Gotische Überreste. Bekanntschaft mit Légal und Balan. Museum. Abends 7 Uhr per Diligence über Pont de l‘arche, Louviers. – 18. Juni: Früh Paris. Hotel Vivienne. Briefe geschrieben. Schauspieler Emil Devrient, Elliesen. – 19. Juni: Besuch des Louvre und des Luxembourg, Atelier Watelet. Bertin. – 20. Juni: Mir längst bekannte Merkwürdigkeiten meinen Gefährten gezeigt. – 21. Juni: Notre dame, Hochamt, Jardin des plantes, Opéra. – 22. Juni: Besuche in den Ateliers von Vernet, Lepoittevin, Isabey, Duval le Camus, Palais royal, Museen. – 23. Juni: Künstlerbesuyhe, Museen, Einkäufe. – 24. Juni: Kunsteinkäufe, Studien im Louvre, St. Cloud, Versailles. – 25. Juni: Besuche in Kirchen und Malerateliers, Charlet, Canon, Villeneuve, Monthelier, Engelmann, Lemer-

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cier. – 26. Juni: Museen, verschiedene Theater. – 27. Juni: Geschäfte. – 28. Juni: Fahrt nach dem Bois de Boulogne, Theater. – 29. Juni: Besuche u.a. Susse, Rittner, Giroux, Coignet. Abends Grand Opéra Italienne. – 30. Juni: Besuche bei Elslers (die berühmten Tänzerinnen), bei Gudin, Roqueplan, Delaroche, Einkäufe. – 1. Juli: Künstlerbesuche mit Hensel, Gudin, Roqueplan, Delaroche p.p. Zusammen diniert, Geschäfte, Einkäufe. – 2. Juli: Polenbesuch Paczkowski, Smitkowski. Besuche bei der Gräfin Potocka und der Fürstin Czartoryska, ebenfalls »bei meiner neuen Reisegefährtin«. – 3. Juli: Vorbereitungen zur Abreise, Abschiedsvisiten, Theater. – 4. Juli: Abreise mit Blechen und der französischen Dame, die mir zur Beförderung nach Warschau anvertraut wurde. – 5. Juli: Péronne, Cambrai, Valenciennes. In Mons übernachtet. – 6. Juli: Früh nach Charleroi, Namur, Lüttich, –köstliches Maasufer. – 7. Juli: Aachen, Köln. Von früh bis 9 Uhr abends Monumente und Kirchen von neuem bewundert. – 8. Juli: Hagen, Unna, Wörl, Soest, Lippstadt. – 9. Juli: Herford, Minden, Bückeburg, Hildesheim. – 10. Juli: Wolfenbüttel, Halberstadt, Magdeburg. – 11. Juli: 6 Uhr früh in Berlin, glücklich mit Blechen und der jungen Französin eingetroffen. 4. Reise nach Paris und Holland (26. Februar – 15. April 1857)

26. Februar – 5. März: Reise über Magdeburg, Quedlinburg, Nordhausen, Cassel, Giessen, Frankfurt/M., Kaiserslautern, Saarbrücken, Metz, Verdun, Chälons. – 6. März: Ankunft in Paris, Hotel Vivienne. – 7.–24. März: Aufenthalt in Paris. Geschäfte und Künstlerbesuche, u.a. bei Kaselowsky, Winterhalter, Biard, Delarche, Giroux (Maler), Watelet, Lepoittevin, Rittner, Eichens, Raoul Rochette, Perrin, Gihaut, Goupil, Salon Biard, Bellange, Mlle Elsler, Wagner, Fechner, Gudin, Roqueplan, Jeanquelin, Cipierre, Mozin, Paturle, Chapellier, Rougemont, Vernet. In dieser Zeit wiederholt bei Lemercier lithographiert. Besuche der Oper (Künstler wie Rubini, Lablache) Vorstellungen von Stradella, Postillon von Lonjumeau, Hugenotten. Zusammen mit Krüger Galerien besucht. Der »Salon« über alle Erwartung. – 22. März: an den Prinzen von Oranien geschrieben. – 24. März: Abfahrt von Paris mit der Diligence. – 25. März: Valenciennes. – 26. März: Ankunft in Brüssel. Museum (Rubens, neuere Künstler), Theater. – 27. März: Fahrt mit Eisenbahn nach Antwerpen. Daselbst Besichtigungen der Kathedrale. (Kreuzigung und Abnahme von Rubens), Paulskirche (Geißelung Christi von Rubens und van Dyck, Quentin Massys, St. Jacques, Grabmal von Rubens, van Dyck, (Grablegung). – 28. März: Börse, Hafen. Zurück nach Brüssel wegen des Passes. Um 1 Uhr wieder in Antwerpen. Umgebung der Stadt. – 29. März: Brakelaer, Tessaro, Citadelle, Theater (la fiancée), Galerien. – 30. März: Brakelaer Akademie und Kirchen. – 31. März: Kunststudien. Atelier von Wappers, Theater. – 1. April: Abfahrt von Antwerpen, »schreckliche Unannehmlichkeit an der Grenze mit den belgischen Brigadiers. Man erbricht meine Empfehlungsbriefe an Prinzess Louise, an den Prinz Albrecht geschrieben. Um 12 Uhr in Groot Zundert angehalten und reteniert bis zur Erlaubnis vom Hauptquartier. Ich schicke eine Estafette nach Tilbourg an den Prinzen von Oranien.«

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– 2. April: Abreise nach Breda. Dort nach der Hauptwache transportiert. Weiterreise mit dem Dampfschiff nach Rotterdam. Prachtvolle Handelsstadt, schöner als Hamburg und Havre. Um 9 Uhr im Haag angekommen. Hotel Stadt Hanau. – 3. April: Um 9 Uhr zu van Otterloo und mit ihm zum preuß. Gesandten Graf Lottum. Beschwerde eingereicht. An Prinzess Friedrich geschrieben. Stadt besichtigt. Museum mit kostbaren Bildern, vorzüglich Niederländern, Potter, Rembrandt besichtigt, Besuch bei Backhuysen. – 4. April: Künstlerbesuche zusammen mit Backhuysen, van Os, Koekoeck, Schelfhout, Eeckhout. Besuch bei Oberst Ceva, dessen Galerie, Einladung zu Prinzess Friedrich. Scheveningen durch den Bosch mit van Otterloo. – 5. April: Meinen Bericht an die Gesandschaft abgefaßt. Einladung zu Graf Lottum, Theater (la Juive, sehr gute Vorstellung). – 6. April: Galerien studiert. Zu Mittag Gast bei van Otterloo. – 7. April: Abfahrt vom Haag. Leyden, Haarlem. Ankunft in Amsterdam. Hotel Stadt Elberfeld, Schiffswerfte. Judenviertel, Volksleben abends auf den Gassen. – 8. April: Stadtmuseum, das schönste was ich bisher gesehen, Rembrandt und von der Helst, abends mit Portmanns (Maler) Deutsche Oper »Don Juan«, sehr gut. – 9. April: Utrecht, Dom, Cleve. – 10. April: Geldern, Krefeld. Um 1 Uhr Ankunft in Düsseldorf, wo ich liegen bleiben muß, da alle Wege bis 15 Fuß verschneit sind. Besuch in der Akademie. – 11. April: Besuche bei W. Schadow, Hübner, Lessing, Arnz, Jordan, Becker, Plüddemann, Schirmer u.a. Künstlern, z.T. in der Akademie. – 12. April: Abfahrt. Durch Schneesturm Lebensgefahr! Ankunft in Elberfeld. – 13. April: Hagen, Werl, Soest, Paderborn, Bielefeld, »bei lebensgefährlicher Weiterreise«. – 14. April: Schreckliche Fahrt über Seesen, Braunschweig und das »verdammte Erxleben«. Ankunft in Magdeburg. – 15. April: Früh in Berlin. 5. Reise nach Paris und London (17. März – 27. April 1858)

17. März: Abreise von Berlin mit Dr. Wallmüller. – 18. März: Leipzig. – 19. März: Erfurt, Gotha, – Mittag: Mademoiselle Sonntag; Eisenach. – 20. März: Frankfurt a.M. Champagner-Trio, Theaterpartie, abends mit der Malle abgefahren. – 21. März: Kaiserslautern, Forbach. – 22. März: Metz, Verdun, Chälons, Epernay. – 23. März: Ankunft in Paris. »Vivienne n‘existe plus! – Helas! – Hotel de Lyon, Wanderungen durch die Stadt. – 24. März: Künstlerbesuche, Salon, Opera Italienne (Norma Grisi, Lablache). – 25. März: Besuche von und bei Künstlern. ltal. Oper Puritaner (Lablache, Rubini, Tamburini, Grisi). – 26. März: Geschäfte und Besuche. – 27. März: desgl. – 28. März: Besuch bei Angely, Seidel. Zu Chapellier, Fanny Elsler, Vernet, Roqueplan, Wagner, Maquet. Théatre du Palais (Suzanne Dejazet). – 29. März: Besuch von Krüger, Seefisch, Eichens, bei Lepoittevin, Mozin, Balan. – 30. März: Besuche von Künstlern und Kunsthändlern. Mit der Eisenbahn nach St. Germain. – 31. März: Mit Eichens und Wallmüller nach Versailles. »Lächerlich, unerzählbar, immense Galerie«, »Diner superbe«. – 1. April: Besuch bei Delaroche (Porträt des Präsidenten) und Vernet (Arbeiten von Constantine, Porträt Wittgenstein, Parade Napoleons für den Kaiser), Besuch von

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Kirchen, Winterhalter, Diner bei Knecht, Gudin. – 2. April: Besuch von Dr. Oelsner, mit ihm eine alte Galerie besichtigt, und schöne spanische und italienische Bilder, auch Dürer, gesehen. Abends große Oper (Elsler vortrefflich). – 3. April: Besuch des Salon Luxembourg. Eichens und Kaselowsky. Spanisches Museum, Kabinett der Handzeichnungen, abends Opéra Comique (»Domino noir«). – 4. April: Besuch bei Mercier. Mit Maquet Einkäufe. Bei Giroux père grand diner. – 5. April: Besuche von und bei Künstlern, Diorama (von Daguerre), Einkäufe. – 6. April: Besuche, Geschäfte, abends Théatre frangais. – 7. April: Abschiedsbes uche, Diner bei Verleger, Lithographen und Drucker. Bis in die Nacht gepackt. – 8. April: Abreise von Paris. – 9. April: Boulogne, Hotel des Bains, 11 Uhr abends Abfahrt über die See nach Calais. – 10. April: Calais–Dover. 10 Uhr vormittags London. – 11. April: Besichtigungen der Stadt. – 12. April: Besuch beim preuss. Gesandten. »Sehr gut empfangen«. Diner beim Gesandten. Englische Grisette. – 13. April: Umgebungen von London. – 14. April: Krank. – 15. April: Besichtigungen der Londoner Denkmäler. – 16. April: desgl., abends Coventgarden–Theater Macbeth (Macready). – 17. April: Besuch beim Kunsthändler Ackermann. Schöne Sachen gesehen. National-Gallery (Murillo, Rubens, van Dyck, Hogarth, Wilkie). – Ausstellung moderner Bilder (Wasserfarben). Italienische Oper (Braut von Lamermoor) Persiani, Rubini, Tamburini, Ballet. – 18. April: Besuch mit Ackermann bei Colnaghi und in der Pallmall-Exhibition. Schöne Bilder. Britisches Museum. Aegyptische Altertümer, griechische Elginsammlungen. Docks. – 19. April: früh zu Colnaghi mit Ackermann, Abschiedsbesuche. – 20. April: Abschied beim Gesandten und Generalkonsul. Abends 9 Uhr an Bord. Unannehmlichkeiten wegen der Kiste mit Kunstsachen, welche mir abgenommen wird. Bote an Ackermann. – 21. April: Auf hoher See, schönstes Wetter, günstiger Wind. – 22. April: Prachtvoller Sonnenuntergang bei Helgoland. – 23. April: Ankunft in Hamburg. Theater (die Räuber). – 24. April: Besuch bei Senator Jenisch und Bewunderung seiner schönen Galerie. Theater (Lebrun). – 25. April: Wiederholung des Besuchs bei Jenisch. – 26. April: Abfahrt. Perleberg, Ludwigslust, Kyritz, Nauen. – 27. April: Ankunft in Berlin. 6. Reise nach Paris durch Belgien (21. April – 31. Mai 1839)

21.– 27. April: Fahrt nach Paris über Erfurt, Gotha, Kaiserslautern, Saarbrücken, Metz, Verdun, Chälons. – 27. April: Ankunft Paris. Besuche bei Künstlern. – 28. April: Künstlerbesuche bei Sachse, Geschäfte. – 29. April: Besuche bei Künstlern und Kunsthändlern. – 30. April: desgl. – 1. Mai: beide Winterhalter, Bouterweck, Gallait, Ary Scheffer (Große »Bergpredigt«), abends Tuilerien, großes Conzert dem König zu Ehren, Illumination, prachtvolles Feuerwerk. – 2. Mai: »Tausend Besuche von Künstlern«. – 3. Mai: Mit Watelet, Eichens, Kaselowsky den Salon studiert, dann zu Winterhalter, Lepoittevin, Bouterweck. – 4. Mai: Bei Kunsthändlern Bilder ausgesucht. – 5. Mai: Von Mozin mit mehreren Künstlern zum großen Frühstück eingeladen. Besuche. – 6. Mai: Mittags im Hotel mit Gropius gespeist. – 7. Mai: Giroux, mit ihm zur Indust-

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rieausstellung, Grandios! Nachher Geschäfte. Renaissance–Theater, Mad. Korn, Fanny Elsler. – 8. Mai: Giroux, Susse, Oppermann, Lepoittevin, Roqueplan. – 9. Mai: Mit Gast die Lithographien besehen und Brunner aufgesucht. Eine Stunde dem Hochamt in Notre Dame beigewohnt. – 10. Mai: Besuche und Geschäfte, Bekanntschaft mit Grimpe. – 11. Mai: desgl. – 12. Mai: Besuche von Jacob, Gropius, Gast, mit Letzterem zu verschiedenen Künstlern. Revolution in der Stadt, Gemetzel. – 13. Mai: Besuche verschiedener Ateliers, u.a. Ciceri, Isabey, Dedreux, Vernet. – 14. Mai: Viele Briefe geschrieben. Besuch vom jungen Gärtner. – 15. Mai: Industrieausstellung. »Überaus großartig«. Abends Oper und großes Ballet, Noblet und beide Elsler. – 16. Mai: Bei Vernet, sehr freundliche Aufnahme. – 17. Mai: Einkäufe und Spaziergänge, Visiten und Gegenvisiten. Theatre français, Mlle Rachel. – 18. Mai: Geschäfte abgeschlossen, Deputiertenkammer. – 19. Mai: Besuche und Wanderungen durch die Stadt. – 20. Mai: Künstlerbesuche und Geschäfte, Abschiedsvisiten. – 21. Mai: Schlußgeschäfte, Paß, Visiten. 5000 frcs. verdient und Contrakt abgeschlossen. – 22. Mai: Vorbereitungen zur Abreise. – 23. Mai: Besuch bei Grimpe, vortreffliche Maschinerie. Abschied von Paris, begleitet von vielen Freunden. Abfahrt mit der »Malle« nach St. Denis; kaltes Wetter. – 24. Mai: Amiens, Arras, Lille, Courtray; abends in Gent, Hotel des Pays-Bas. Regen, Regen, Kälte! – 25. Mai: Brügge, Kathedrale, Hospital mit dem schönen van Eyck, Hemling usw. Kapelle St. Jean, Saal im Justizpalast mit den Holzschneidereien, Akademie mit Hemlings. – Abfahrt nach Gent. – 26. Mai: St. Bavo, St. Pierre, Couvent. Über Loewen, Tirlemont, Lüttich – Theater: Tancred (Mad. Heinefetter) – Aachen. – 27. Mai: Jülich, Köln. – 28. Mai: Solingen, Hagen, Arnsberg. – 29. Mai: Kassel, Heiligenstadt, Nordhausen. – 30. Mai: Halle, Wittenberg. Bekanntschaft mit Wöhringer, Sekretär des Düsseldorfer Kunstvereins. – 31. Mai: Ankunft in Berlin. 7. Reise nach Dresden, Prag und Wien (11. September – 6. Oktober 1841)

11.–15. September: Fahrt nach Wien mit der Eisenbahn über Luckenwalde nach Jüterbog, dann mit Schnellpost nach Dresden, Teplitz, Prag (die Stadt besehen, wunderbare herrlich alte Baudenkmäler) Kollin, Iglau, Deutsch–Brod, Znaim. Abends 7 Uhr in Wien, Hotel Stadt London. – 16. September: Visiten bei Neumann, Artaria & Co, Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer & Schnur. Dort das Daguerreotypieren gesehen. Steffansdom, stundenlang, abends Kärtnertortheater (6 Ränge) »Huguenotten« (Staudigl, Erl, Lutzer, Rasselt). – 17. September: Besuch bei Schnur, 4 Stunden daguerreotypiert. »Theseus« des Canova besichtigt. Geschäfte mit Bärmann. Promeniert und zum Strauss‘schen Konzert nebst Feuerwerk im Volksgarten. – 18. September: Besuch bei Kupferstecher Stöcker. Bilder von Danhauser, Gauermann, Fendi und sämtlichen neueren Meistern auf Dosen gesehn. Vorstädte besichtigt. 7 Stunden in der herrlichen Liechtensteinschen Galerie. »Einzige Sachen!« Prater, Leopoldstädtisches Theater (»Der Millionär«). – 19. September: Besuche von Paterno, Mechetti; Schönbrunn, Kitzing, Augustiner Kirche mit Grabmal, Christus von Canova,

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besehen. Volksgarten, Strauss, großes Konzert. Bastei, Dom. Burgtheater (Egmont) sehr gute Vorstellung. – 20. September: Zum Direktor Kram (Historienmaler Peter), dessen berühmtes Album der Wiener Schule besehen. Belvedere bis 2 Uhr durchstudiert. Wundervolle Galerie: Rubens, van Dyck, Italiener; göttlich. Esterhazysche Galerie: Wahrer Schatz der seltensten niederländischen und italienischen Meister. Abends Theater. – 21. September: Mit Schnur daguerreotypiert. Bis Mittag in Belvedere. Nähere Bekanntschaft mit Direktor Kram. Museum besitzt wahre Perlen aus allen Schulen. Galerie des Herrn von Arthaber besichtigt. Hübsche neue Bilder, u.a. Gauermann, Danhauser, Rottmann, Marco, Schiavone, Kupelwieser, Amerling. Traurige Briefe von Hause mit der Nachricht von Henry L‘hermet‘s Tode. – 22. September: Artarias Sammlungen von Radierungen und Kupferstichen durchgesehen. Bei Bärmann, Müller und Neumann Geschäfte gemacht. Besuch bei Schiavone. Liechtensteinsehe Galerie. – Leopoldstädtisches Theater (schlecht). – 23. September: Bei Bärmannn für beinahe 400 Reichsthaler Aquarelle verkauft, dann zu Voigtländer und Müller; bei ihm Krafft und Habermann. Ebenfalls für beinahe 400 Reichsthaler Aquarelle angebracht. Desgl. bei Neumann für 85 Reichsthaler. Dann bedeutende Kunstwerke angekauft. Nach Tisch Geschäfte bei Artaria, Müller, Mechetti und Neumann. Besuch im Zeughaus. – 24. September: Besuche von Paterno, Artaria, Schiavone, Herr; mit letztem in sein Atelier und in die Ambras-Sammlung, welche voll der interessantesten Kunstwerke und Seltenheiten ist. Dann in die Galerie des Belvedere. Bei Müller und Artaria Geschäfte gemacht. Promenade um die Stadt. Abends in das kleine, aber sehr elegante Josephstädter Theater. »Das Glas Wasser«, schlecht gegeben. Auch das historische Interesse fällt durch die Censur und die Namensveränderungen ganz fort. – 25. September: Früh Besuche von Hoffmann aus Stuttgart, Geschäfte bei Neumann, Bärmann, Müller. Abschied von ihnen und Mechetti, Paterno, Schuch, Schiavone, Stöber. Carlskirche. Voigtländers Abschied. Briefe nach Hause. Den Maler Scheer besucht. – 26. September: Besuche von Bärmann, Paterno. Dann die Kunstsachen verpackt. Um 11 Uhr mit der Eisenbahn nach Baden; lieblicher Ort. 2 ½ Uhr nach Medlingen gefahren. Romantische Felspartien mit unzähligen Ruinen und Burgen. Fahrt nach Bröhl. Pitorescke Felsgegend. Abend zu Haus, Vorbereitungen zur Abreise. – 27. September: Abschiedsvisiten, Paß. Ein Stündchen bei Müller. Sachen zur Post; Abschied von der Müller‘schen Familie. Abend gearbeitet. – 28. September: Früh um 6 Uhr aus Wien abgefahren. Kondukteur Fröhlich. Bei Iglau begegnen wir dem Prinzen von Preußen in der Nacht. – 29. September: Deutschbrod. Zusammentreffen mit Kommissionsrat Cerf. Kollin. Abend um 8 Uhr in Prag, Hotel Stadt Wien. Bis 11 Uhr gearbeitet. – 30. September: Briefe geschrieben. Geschäftsbesuche bei Haase Söhne, Boresch u. Andre, Bohmanns Erben, Marco Berra. Künstlerbesuche bei Ruben, welcher leider abwesend war, und Piepenhagen. Bestellungen bei ihm. Seine trefflichen genialen Skizzen bewundert; höchst treue und feine Naturauffassung. Pollack aufgesucht. Geschäftsverbindungen mit ihm. Führt mich in das Atelier des Historienmalers Hellich, dessen sehr gediegene Kompositionen besichtigt wurden. Wanderung mit Pollack durch die Stadt. Wiederholter Besuch bei Piepenhagen, dessen Tochter ein ungewöhnliches Talent besitzt. Abends im Theater (Wilhelm Tell, teilweis

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sehr brav). Dann noch spät eine Ballade, nach einem Erlebnis in Wien, gedichtet. – 1. Oktober: Abschiedsbesuche. Geschäfte versucht. Visiten von Piepenhagen, Pollack; von ersterem 26 Skizzen. Abfahrt nach Prag, zusammen mit Freund Krause, Anmerkung: Wilhelm, der Berliner Maler und Opernsänger – den ich unverhofft auf der Post treffe. Abends bei schönstem Mondschein in Welborn. – 2. Oktober: Früh in Teplitz, 9 Uhr in Peterswalde, 2 Uhr in Dresden. Mit Krause im Hotel de Gotha abgestiegen und mit ihm die Stadt durchwandert. Nach seiner Abreise noch ins Theater. Überraschend schöner, großartiger Anblick, das schönste bisher gesehene Haus a la Renaissance, (Chevalier »St. Georges«, Devrient) – 3. Oktober: Messe in der Katholischen Kirche mit herrlicher Kirchenmusik. Neustadt, Promenade, Bibliothek, Zwinger. Abends: »Euryanthe«, eine sehr gelungen Darstellung, besonders der Schröder-Devrient. – 4. Oktober: Geschäftsbesuche bei Arnold, Brazzova, Morasch und Skerl. Dann zur Galerie. Am Nachmittag Geschäfte. Baumann getroffen. – 5. Oktober: Besuche, u. a. bei C. Enslen mit ihm die Galerie besucht und mehrere interessante Bekanntschaften dort gemacht. Einkäufe. Gepackt, um 6 Uhr von Dresden abgefahren. – 6. Oktober: Elsterwerda, Jüterbog. Zusammentreffen mit Schreber und Julius Blumenthal. Am Nachmittag in Berlin. 8. Reise nach Dresden, Prag und Salzbrunn (10. Juli – 22. August 1845)

10. Juli: Abfahrt auf der Eisenbahn mit meiner Frau und Franz und seiner Frau. Über Köthen, Halle, Leipzig nach Dresden. Hotel Stadt Gotha. – 11. Juli: Morgenpromenade um ganz Dresden. Besichtigung des Grünen Gewölbes »mit den schönsten Bronzen, Elfenbeinen und Kristallen, Steinen, Kunstarbeiten und Preziosen, welche auf das übersichtlichste und geschmackvollste aufgestellt sind«. Nach Tisch Rüstkammer; die Aufstellung ist besser und geschmackvoller, als die der Ambrasischen Sammlung in Wien. Abends Theater »Lucretia Borgia« (Marconi aus Wien, vortrefflicher Tenor). Promenade auf der Brücke. – 12. Juli: Großer Garten. Galerie Md. Launay. Arnold besucht. Meinen Geburtstag gefeiert. Japanisches Palais. – 13. Juli: Mit dem Dampfschiff Bohemia auf der Elbe durch die Sächsische Schweiz nach Tetschen, Aussig; sehr heitere Fahrt. Abends in Leitmeritz. Im Omnibus nach Prag gefahren. – 14. Juli: Ankunft in Prag, Gasthaus »Blauer Stern«, Fahrt durch die Stadt. Besichtigung der Monumente. Theater »Figaro« (Mme. Tuczek aus Berlin). – 15. Juli: Umschau in der Stadt. Monumente. St. Jakob. Die 3 Synagogen während des Gottesdienstes. Unvergleichlicher Vorsänger. Judenkirchhof. Judenviertel. Märkte. Aussicht vom hohen Tore. – Oberstleutnant Dacks. Über die neue Kettenbrücke. Nostizsche Galerie. – 16. Juli: In der Thomaskirche Konzert und Messe gehört. Wallensteinschen Palast und Garten besichtigt. Um 6 Uhr mit der Malle über Brandeis nach Jung-Bunzlau; die Nacht durch über Gitschin. – 17. Juli: Neu-Paka, Pilnikau, Trautenau, dann auf zwei schlesischen Gebirgswagen nach Adersbach. Höchst angenehmer Spaziergang durch diese wunderbaren Felsengebilde. – 18. Juli: Herrlich­romantischer Weg über Friedland und Waldenburg. Altwasser, Salzbrunnen. Zum letzten Male mit Franz gegessen und diese heitere Reisege-

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sellschaft bis zum Wagen geleitet. Briefe nach Berlin. Beginn der Kur. – 19. Juli: Zum Brunnen, Spaziergänge. – 20. Juli – 17. August: Fortsetzung der Kur in Salzbrunnen mit Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung. Meist schlechtes Wetter. – 17. August: Abfahrt von Salzbrunnen. Schmiedeberg, Buchwald, Fischbach, Erdmannsdorf, Stonsdorf, Warmbrunn. – 18. August: Schreiberhau, Marienthal. In den Glashütten zu Mittag gespeist. Über Schreiberhau, Petersdorf nach dem Kynast. Eine göttliche Abendbeleuchtung mit der unbeschreiblichen Aussicht in das Tal und auf den ganzen Gebirgskamm, begünstigt von dem allerschönsten Wetter. – 19. August: Trennung von unserer bisherigen Reisegesellschaft, Baumeister Rathmann und Frau Assessor Hartleb. – Hirschberg. – 20. August: Sieben Uhr in die evangelische Kirche, ein großes herrliches Kuppelgebäude, welches 6000 Menschen faßt, mit guten Freskogemälden, einer großartigen Orgel. In die katholische Kirche mit hohem Chor. Um 1 Uhr Abfahrt der Post über Goldberg nach Liegnitz. – 21. August: Visite bei G. von [unleserlich], herzliche Aufnahme. Mit ihm Wanderung durch die Stadt und in die Umgebung. Gemüsegärten. 9 Uhr Abfahrt nach Lübben. Nachricht vom Brande des Opernhauses. – 22. August: In Begleitung des Justizrat Wilke und des Herrn von Küstner über Grünberg, Crossen nach Frankfurt/Oder. Prachtvolle Kirche und Rathaus besucht; um 7 Uhr per Eisenbahn abgefahren. Um 10 Uhr glücklich bei unsern Kindern angelangt. Alles wohl, »Herr, Gott, dich loben wir.« 9. Reise nach Posen und Warschau (28. Dezember 1843 – 11. Januar 1844)

28. Dezember: Früh um 8 Uhr mit Evans mit Extrapost von Berlin abgefahren. Müncheberg, Cüstrin. – 29. Dezember: Ankunft in Posen. Besuch von Marcinkowski. Jesuitenkirche und Stadt besehen. Um 2 Uhr Abfahrt von Posen Kostrzyn und Wreschen mit Lebensgefahr und auf den undurchdringlichsten Wegen die Nacht durchgefahren und mehrmals im Drecke steckengeblieben. – 30. Dezember: Durch Slupca ohne Visitation an der Douane über Konin, Kolo, Klossawa, Kutno und Lowicz die Nacht durch. – 31. Dezember: Fahrt nach einem Gute des Herrn Perx bei Warschau, wo Köhlers erwartet wurden. Fröhliches wiedersehen mit Louis Koehler. Um 2 Uhr nach Warschau und bei Evans abgestiegen. Am Abend Ball in der Ressource, 1600 Menschen, Empfang von Joseph Köhler, seiner Familie und vielen anderen Personen, denen mich Louis vorstellte. Fürst Paskewitsch. Um 11 ½ Uhr zu Evans zurück zur Sylvester­Abendfeier bei Gesang und Champagner; allen Lieben Glück und Heil gevvünscht. – 1. Januar: Um 11 Uhr mit Louis zu seiner Mutter, Schwester, Schwägerin, seinem Bruder und endlich in sein eigenes Haus. Abends Theater, Opernfrikassee. Sehr gutes Ballet, Tee bei Louis bis 11Uhr, dann bis 1 Uhr bei Wisocki. – 2. Januar: Briefe, dann die Evans‘schen Fabriken besehen. Belvedere. Park, Theater, Monument von Johann Sobieski. Besichtigung von Straßen und anderen Monumenten. – 3. Januar: Mit Herbig Dom, Schloss, Terrasse, Brücke, Citadelle besichtigt. Besuch bei Madame Köhler, sen. und jun., und bei Joseph; dann mit Louis durch die Stadt: den sächsischen Garten, Bazar, Könings Eisenfabrik,

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Dampfmühle. Dann mit Wisocki bei mir. Du Plat. Mit Du Plat und Köhlers bei Evans gespeist, Ankunft von Brooke Evans. Mit Du Plat ins Polnische Theater. Viele Bekanntschaften. – 4. Januar: Besuche. Um 12 Uhr zu Mutter Köhler und mit ihr zu Louis. Von da in den Dom und die kleine Louise getauft. Frühstücks-Kindtaufschmaus. M. v. Squarska und Jos. Köhler. Mein Toast. Flaniert. Wisocki. Abendgesellschaft bei Louis. Bis 12 Uhr bei Wisocki. – 5. Januar: 7 Uhr früh zu Pelizzaro, dann zu Wisocki zum Arbeiten. Besuche bei Md. Louise, bei Maler Zuchodolski und bei Mlle Adele Lubinska. Um 3 Uhr zu Louis und zu Magnus. 5 Uhr bei Evans, dann mit Louis in die griechische Kirche. Spaziergang, abends Tee bei Md. Louise. – 6. Januar: Abschied bei Md. Köhler sen., Briefe von Nanni. Abschiedsdiner bei Evans. Besuche bei Kunsthändlern: von Geschäften nicht viel zu hoffen. Abends Whist. – 7. Januar: Abschied von Warschau, in der Nacht starker Frost. – 8. Januar: Über Konin, Slupca allein bei Wind und Frost und schändlichen Wegen nach Wreschen. – 9. Januar: Um 6 Uhr in Posen, bis 9 Uhr ausgeschlafen, dann Toilette und zu Marcinkowski; Besuch bei Kurnatowski und Zupanski. Dom, Frühstück bei Kszicanowski. Nachmittag bei Marcinkowski, gestaunt über sein Wirken. Abends bei Marcinkowski zum großen Souper im Bazar; 18 Personen. – 10. Januar: Abfahrt von Posen und in ziemlich angenehmer Gesellschaft über Schwerin und Cüstrin zurückgereist. – 11. Januar: 9 Uhr früh bei den Meinigen glücklich, aber sehr ermüdet, wieder eingetroffen. 10. Reise nach Paris (21. April – 18. Mai 1844)

21. April: Um 7 Uhr mit der Eisenbahn in recht guter Gesellschaft über Magdeburg, Braunschweig nach Höxter. – 22. April: Paderborn. Gesellschaft von Herrn und Frau Haalbeck und Schwester. Schönes Wetter und heitere Stimmung. – 23. April: Unna, Hagen, Schwelm, durch die Grafschaft Mark, welche in frischer Frühlingsblüte prangte. 9 Uhr Ankunft in Köln. Nachtquartier im »Mainzer Hof«. Briefe nach Hause. – 24. April: Düren, Aachen, Apotheker Rose aus Berlin getroffen und mit ihm den Kaisersaal gesehen; dann über Verviers, Lüttich, Löwen, Mecheln nach Brüssel. Die Eisenbahn von Köln bis Lüttich ist das Merkwürdigste, was man sehen kann; eine Art Simplonstraße, 21 Tunnels. – 25. April: Früh 9 Uhr Abfahrt von Brüssel über Mons nach der französischen Grenze. Ohne Unfall über Valenciennes, Cambray, Peronne. In der Nacht im Cabriolet tüchtig gefroren. – 26. April: Ankunft in Paris. Hotel des Étrangers. Nanni geschrieben. Wilhelm Korn und Chevalier citiert, mit den beiden treuen braven Jungen gefrühstückt, dann in den Salon zu Durand–Ruel, Goupil. Besuch von Rose. – 27. April: Besuche mit Wilhelm bei Mozin, Engelmann, Villeret, Chevalier, Eichens, Soleil, Goupil, verschiedenes angesehen, dann Besuch von Rose, mit ihm im Hotel gegessen. Opera Comique »Sirene« von Scribe und Aubert (Primadonna Mlle Lavoye, ausgezeichnet. Tenor Roger sehr gut). – 28. April: Früh mit Wilhelm zu Engelmann, Mention; in verschiedene Magazine, zu Souty, Binand, Duval, Beauboeuf, Court, zusammen gegessen und nach Tisch bis Abend in den Champs Elysées. – 29.

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April: Besuche bei Kunsthändlern; in 1000 Kupferstichhandlungen gesucht, geschnüffelt und Schätze gefunden. – 30. April: Besuche bei Malern und Kunsthändlern. Spaziergang mit Biard. Theater. – 1. Mai: Empfang von Besuchen, Wanderungen durch die Stadt. Fête du Roi; das prachtvollste Feuerwerk bei Mondschein, Louis-Philippe. – »Vive le Roi, a l‘armée de l‘Afrique.« Schöne Wienerin. – 2. Mai: Briefe an Nanni. Zu Biard, mit ihm zum Salon und zu Gudin. Geschäftsabschluß mit Durand; zu Souty, Beauboeuf, Mozin, Goupil. Café Frascati. Vaudeville: La gazette des Tribunaux. Clemence. Polka. – 3. Mai: Früh Besuche erhalten, dann zu Biard. Mit Korn zu Goupil, Allaix, palais des beaux-arts, kostbare Antiken. Werke von Delaroche. Besuch mehrerer Galerien. Zu Engelmann, Einkäufe fortgesetzt. Abend mit Rose in die Oper (»La reine de Cypres«, schöne Dekorationen). Dupré, Scholz. – 4. Mai: Besuche von Künstlern und Kunsthändlern. Geschäfte mit Souty, Beauboeuf, Binant, Goupil. Visite bei Watelet. Einladung bei Gudin. Ins Palais und ins Concert Vivienne. – 5. Mai: Besuche mit Korn, dann Einkäufe und in den jardin des plantes; notre Dame. Abendbesuch von Professor Schlesinger. – 6. Mai: Früh Besuche von Frey, Chevalier, Mozin, Rose. Dann Besuche bei Kunsthändlern. Abends in die Magazine der Kunsthändler und bis 11 Uhr Sachen dort durchstöbert. – 7. Mai: Früh Besuche von Künstlern. Mit Goupil zu Huriman und in verschiedene Anstalten, zu Binant, Beauboeuf, Durand. Briefe von Hause erhalten und beantwortet. – 8. Mai: Alte Radierungen studiert u.a. bei Guichardot. Besuche bei anderen Kunsthändlern und bei Künstlern. – 9. Mai: Besuch des Preuß. Gesandten bei mir. Galerie Renouard, Delessert, dann mit Goupil zu Mozin, vortreffliche Werke gesehen. Industrieausstellung. – 10. Mai: Früh um 8 Uhr mit Goupil zu Mozin und Jazet. Abschiedsbesuche bei Geschäftsfreunden. Einkäufe. Abend Theatre Frarnçais (Louis XI; »im Geiste der Franzosen sehr gute Vorstellung«). – 11. Mai: Früh Besuche von beiden Chevaliers, Frey, Rose, Binant, Werner, Winterhalter. Abschied von Goupil. Um 1Uhr von Paris abgefahren, sehr mittelmäßige Gesellschaft. – 12. Mai: Chälons, Verdun, Cathédrale de l‘épine. »Streit mit einem Rheinländer, der unsern König blasphemiert. Sieg und »ad absurdum«. – 13. Mai: Metz. Kathedrale. Entrevue mit Fräulein Vogel aus Ulm. Bekanntschaft mit dem italienischen Conte und seinen Papageien. Auf der Weiterfahrt Begegnung mit interessantem Franzosen, der uns mit Champagner traktiert. Mit ihm und Frl. Vogel allein weitergereist bis Homburg. Zweistündige sehr interessante Unterhaltung. – 14. Mai: Zweibrücken, Pirmasens, Landau, Abschied von Fräulein Vogel. Allein nach Speier (Dom) dann nach Mannheim, Hotel de Russie, Besuch bei Artaria, Bekanntschaft des Malers. Um 7 Uhr mit der Eisenbahn nach Heidelberg. Promenade durch die Stadt. – 15. Mai: Besuch des alten Schlosses. Von 8 bis 12 Uhr im schwelgerischen Staunen dort verblieben. Überbleibsel von schöner, reicher Architektur und Skulptur, verbunden mit den üppigsten und malerischsten Naturschönheiten, und zwar in einem noch nie gehabten grandiosen Maßstabe. Porträt-Galerie des Grafen Greinberg, mit interessanten Antiquitäten und Kunstsachen. – 16. Mai: Besuch bei Köster. In Gesellschaft von zwei Nullen und einer Größe, General von Wertheim, nach Würzburg. Großartiges Schloss am Main. Um 1 Uhr weiter nach Bamberg. In der Nacht über Kulmbach. – 17. Mai: Früh um 9 Uhr in Hof eingerückt. Weiter über

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Plauen, Reichenbach, Zwickau nach Altenburg. – 18. Mai: nach Leipzig, wo Michelson besucht wurde. Ankunft in Berlin. 11. Reise nach Paris (21. April – 20. Mai 1846)

21. April: In Begleitung von Prof. F. Krüger und Hofmedikus Michaelis (dessen Schwager) von Berlin abgereist. Über Köthen, Magdeburg, Braunschweig nach Hannover. Um 11 Uhr per Schnellpost weiter. – 22. April: In Minden. Über Rehme, Herford, nach Bielefeld, Wiedenbrück, Lippstadt. Am Abend in Soest. Helles, aber kaltes, rauhes Wetter. – 23. April: Schwelm, Lennep, um 12 ½ in Köln. Mainzer Hof. Mittags im Hotel mit Priem und v. Schollen. Besuche von Kirchen: St. Peter, Dom usw. Visite bei Stadtrat Engels, Bilder erster Meister, kostbare, geschmackvolle Einrichtung. – 24. April: Düren, Aachen, Lüttich, Tirlemont, Löwen, Malignes; mit der Eisenbahn nach Antwerpen. Hotel St. Antoine; Dom, Hafen und Matrosenkneipen. – 25. April: Briefe nach Hause. Paulskirche, Jesuiten-, Kapuziner-, St. Jakobskirche, Dom, Museum, Atelier von de Kaiser und Bekanntschaft mit ihm. Besuch bei Wappers. Börse, Theater. Um 6 Uhr nach Brüssel. Hotel l‘Europe. Abends durch die Stadt und in das Domkapitol. Diligence zu Montag genommen. – 26. April: Scheußliche Kälte, Regenwetter. Besuch der Deputiertenkammer und der Kirche St. Gudula, während der Messe. Manneken piss. Museum, sehr verändert gefunden. Besuch bei Gallait, Verboekhoven. Abends in die Oper »Lucretia Borgia« und Ballet (für Brüssel gut genug). – 27. April: Visiten bei Gallait und Winterhalter. Bei dem Secrétaire de la liste civile Bilder von Verboekhoven und Gallait; Schloss des Königs besichtigt, mit Bildern von Wappers, Landseer, Winterhalter. Um 12 Uhr abgefahren mit der Eisenbahn nach der Grenze. Um 6 Uhr in Valenciennes. – 28. April: Um 1 Uhr Ankunft in Paris. Hotel des Étrangers. – 29. April: Besuche bei Kunsthändlern und Künstlern. Mit Hoguet gefrühstückt und in den Salon, wo »wenig Ausgezeichnetes, minimal Vortreffliches und viel Mittelmäßiges war«. Wanderungen durch die Stadt. Briefe von Hause. Geschäfte bei Binant, Goupil. Abends gearbeitet. – 30. April: Gegenbesuche von Kunsthändlern, dann Luxembourg (große Fête), Galerie. Lemerciers-Atelier. Hotel des beaux arts. Notre Dame. Palais de Justice. Hôtel de Ville, Morgue, St. Sulpice. Spaziergang durch die Stadt. Abends théatre franconie (»le cheval du diable«). – 1. Mai: Besichtigung von Monumenten und anderen Pariser Sehenswürdigkeiten. Fête du roi. Orchestre pour le roi, le roi se presente. Prachtvolles Feuerwerk. Erleuchtung der Stadt. – 2. Mai: Besuche bei Delaroche, Vernet, Waldenburgs, bei Gihaut frères und Durand-Ruel, Beauboeuf. Um 12 Uhr in den Salon, Auktionslokale für Kunstsachen, maison de Paris. Palais Royal, café au théatre français (»Jeanne d‘Arc mit der Rachel). – 3. Mai: St. Etienne du mont. Panthéon bestiegen. Wissenschaftliche Institute gesehen. Hotel Cluny. Galerie du Palais Royal. Champs de Mars, course de chevaux. Von da über Meudon, Versailles, Wasserküste. – 4. Mai: Mit Lepoittevin Versailler Galerie besichtigt. Zurück nach Paris. Besuche. Theatre du Vaudeville. – 5. Mai: Besuche bei Kunsthändlern; den Tag mit Geschäften zugebracht.

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Abends Opera comique, einzig hübsch. – 6. Mai: Börse; zu Adam, expiatoire; Chapelle Ferdinand, Invalidenhaus, Paturle, Graf Pourtales; Madeleine; zu Janin, Geschäfte bei Goupil, Durand und Leopold. – 7. Mai: St. Denis, Gräber der Könige. Hippodrome, wo mehr als 1000 Zuschauer waren. Abends bei Mabille. Briefe von Nanni und dem Geschäft. – 8. Mai: Den ganzen Tag durch Geschäfte gelaufen und gehandelt. Starker Husten. – 9. Mai: Vormittags Geschäfte. Ab 5 Uhr in Museen, Kirchen, und Anstalten. – 10. Mai: Besuche von vielen Künstlern und Geschäftsleuten. Um 11 Uhr nach St. Germain–en–Laye, pavillon de Henry IV. Schlechtes Wetter, göttliche Gegend. Charlotte von Hagn. Abends in die Große Oper (Dupre in »Lucia« und Grisi im Ballet). – 11. Mai: Früh Besuche von Hildebrandt, Delaroche, Villeret, Winterhalter usw., den Tag über Geschäfte getätigt. Café d‘Orléans (Elliesen). – 12. Mai: Gegenbesuche von Künstlern und Kunsthändlern. Abschiedsbesuche bei Scheffer, Winterhalter, Delaroche, Vernet, Bouterweck. Marterstieg, Einkäufe besorgt; bei Leo Abschied und in den Salon. Abend mit Lepoittevin, Winterhalter und Goupil bei Mabille. – 13. Mai: Abfahrt von Paris. – 14. Mai: Auf dem Wege nach Metz, ohne beson­dere Ereignisse. – 15. Mai: Früh 3 Uhr in Metz, um 5 Uhr per Dampfboot nach Trier; sehr angenehme Fahrt auf der Maas. Um 8 Uhr in Trier. Daselbst übernachtet und über die alten Denkmäler gestaunt. – 16. Mai: Mittag Ankunft in Koblenz, Ausflug nach Stolzenfels und prachtvoll amüsiert. Dom und Brücken bewundert. – 17. Mai: Früh Rheinfahrt nach Frankfurt a/M. – 18. Mai: Mit der Eisenbahn über Kassel weiter. – 19. Mai: Über Halle, wo Halt gemacht und der Giebichenstein besucht wird, nach der Heimat. – 20. Mai: Gesund und wohl bei den Meinen eingetroffen. 12. Reise nach München (11. – 24. November 1847)

11. –14. November: Fahrt über Leipzig, Altenburg, Reichenbach, Nürnberg, Donauwörth, Augsburg, teils mit der Post, teils mit der Eisenbahn, mit kleineren Unterbrechungen. Am 14. November: 3 ½ Uhr Nachmittag in der Trauben in München abgestiegen. Zur Schwester des Domherrn Speth gefahren. Geschäft nicht günstig, nach Berlin berichtet. – 15. November: Quaglio aufgesucht, nicht angetroffen. Großartiger Eindruck der Basilica mit ihren 64 Marmorsäulen, prachtvoller Decke, ihrem bunten Stuck und ihren Fresken. Glyptothek, welche ich im Jahre 1828 im Entstehen gesehen, zum Teil geschmückt mit Fresken von Cornelius. Griechische, römische und neuere Skulpturen, unter ersteren besonders der schlafende Bacchant, ein Satyr, ein Faun. Edel und großartig. Pinakothek in jeder Beziehung, äußerer und innerer Ausgestaltung, zu dem Vollendetsten gehörend, was ich gesehen. Licht in den 11 Hauptsälen von oben. Über Einzelnes ist es überflüßig zu reden. Besonders vollkommen die Säle des Rubens; ein Werk von ihm prachtvoller als das andere. Villa der Lola Montez. Schöne neue Häuser in der Carl-, Max- und Ludwigstraße. Universität. Adliges Damenstift; prachtvolle Bibliothek mit einer Treppe, wie es keine zweite gibt. Herrlicher Gesamteindruck der Fresken und Architektur. Statue des Kurfürsten Maximilian von Schwanthaler. Sie-

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geshalle, Opernhaus. Nachmittags Besuche bei Herrn von Montmorillon, Hermann, Quaglio. Hüttner bei Tische gesehen. – 16. November: Besuche der eben Genannten bei mir. Um 9 Uhr Besuch der Kammer, Reden und Debatten über die Fonds zur Eisenbahn. Es sprechen besonders gut die Abgeordneten Dechant Vogel, Freiherr von Closen und Heinz, dann Besuch bei Doll. Mit ihm und Hüttner bei Flügen, dann in die große Erzgießerei (Wieglmayer, Inspektor Müller). Die große Bavaria, wundervolles Kunstwerk, der obere Teil fertig aufgestellt; ungeheuer, die Finger 2 Fuß lang. Großartige Gußanstalten. Modelle zu den 4 großen Löwen, zu den Böhmischen Helden des Veith usw. Bekanntschaft mit dem Deputierten Sperling. Nach Tisch führt uns Doll zu Voltz ins Atelier und in den Kunstverein, wo sehr hübsche, aber auch sehr mittelmäßige Kunstsachen ausgestellt sind. Dann in die Residenz, die 19 kostbaren griechischen Bilder des Rottmann bewundert. Äußeres der Höfe und Bauten der Residenz besichtigt. Allerheiligen Kapelle: wundervolles prachtvolles Ganze, edel, überreich, aber durchaus harmonisch in allen Einzelheiten. Die strengen Fresken des Hess, die reiche Architektur des Klenze stimmen vollkommen überein; ein erhabenerer Genuß läßt sich nicht denken. Von da in die Hofbrauerei, wo wohl 700 Müßiggänger Bier zechen. Besuch bei Zeller. Im Hotel Karte von Grosjean wegen der Speth‘schen Sammlung. Sogleich zur Besitzerin und Kontrakt abgeschlossen, Triumph. Um 8 Uhr alles fertig. »Gott von Herzen für das Gelingen gedankt«. – 17. November: Besuch von Montmorillon. 9 Uhr mit Hüttner in die Kammer, Schluß der Debatte über die Art der Aufnahme der 12 Millionen; Referent von Lerchenfeld für die Minorität, v. Baer, v. Vogel, v. Closen Präsident. Nach Tisch Siegelung der gekauften von Speth‘schen Sammlung, ein wahrer Kunstschatz! Dann mit Grosjean zu von Eichthal und zu Hause Briefe geschrieben. Um 8 Uhr mit Hüttner und Doll in den »Stubenmull«, eine Künstlerreunion; dort einige interessante Künstler kennen gelernt. Abends schreckliche Zahnschmerzen bis in die Nacht. – 18. November 1847: Bis 9 Uhr Besuche, dann mit Grosjean zu Fr. A. Meyerhöfer, zum Geschäftsschluß. Dann Geschäfte mit der Hermann‘schen mit von Montmorillon und Cotta‘schen; dann zu Doll, seine Sammlungen besichtigt, Diner bei Wodick; Flügen, Quaglio, Doll und Hüttner meine Gäste. Sehr heiterer Mittag, mit allen Brüderschaft! Nach Tisch in die gotische Kirche in der Au. Theater (»Belmonte und Constanze«), leidlich gut. Der König und die Königin anwesend; Lola Montez ebenfalls. Um 9 Uhr ins Hotel, wegen Zahn- und Halsschmerzen. – 19. November: Früh Besuche von Künstlern und Bolgiano, dann die Arbeiten Quaglios gesehen und mit ihm zu der Adam‘schen Familie, Albrecht, Beno, Franz, Julius. Tüchtige Sachen. Dann in Schwanthaler‘s Atelier. Massen der großartigsten Modelle und Compositionen für Böhmen, die Ruhmeshalle, Walhalla, Königsbaue. Besuch bei Zeller und Grosjean. Nach Tisch in die Residenz. Schönheiten bewundert, der große Thronsaal, Saal des Kaisers Max, der Habsburger, der Nibelungen; Orangerie. Einkäufe. Abend große Gesellschaft bei Flüggen, Voltz mit Frau, Kaulbach, Petzl, Quaglio und viele andere. Souper von 4 warmen Schüsseln, Rheinwein und enormer Champagner. Bis 1 Uhr Musik. Tanz und Gesang. Alles angetrunken. – 20. November: Früh Besuche, Einkäufe mit Md. Grosjean, dann Geschäftsbesuche und Übergabe der Speth‘schen Sammlung von Doll. 12

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Uhr Besuch bei Kaulbach; Cartons für das neue Museum, Kreuzzüge, schönes Porträt des Königs und der Lola. Sehr freundliche Aufnahme. Unternehmen seiner »Hunnenschlacht« und der drei Berliner Bilder. Im Hotel mit Hüttner und Doll gespeist, nachher im englischen Cafe, Ludwigstraße. Auch Kirche und Triumphbogen besucht. Bolgiano und die übrigen Kollegen aufgesucht. Um 8 Uhr, durch H. in das Frankenstübchen. Mehrere hübsche Bekanntschaften daselbst, u.a. Zeller. Die ganze Nacht Zahnschmerzen und schlecht geschlafen. – 21. November: Früh Besuche. Mit Faulstich 2 Schalken angesehen und mehrere Kirchen besucht; dann zu Quaglio, Flüggen. Zu Mittag mit letzterem und Frau bei Doll. Sehr netter Mittag, dann mit der ganzen Gesellschaft ins Theater. »Die Jüdin«, reiche, in mancher Beziehung vortreffliche Darstellung. Der Hof zugegen, Lola Montez. zusammentreffen mit Fincke und Förster im Theater. Brief von Nanni, dem Geschäft und Denant. Beschluß morgen abzureisen. – 22. November: Gepackt, Abschiedsbesuche von Bolgiano. Um 11Uhr mit der Eisenbahn nach Augsburg und Donauwörth. Um 4 Uhr per Post nach Nürnberg. – 23. November: Früh um 4 Uhr in Nürnberg. 6 ½ h Uhr per Eisenbahn nach Kulmbach, mit­tags mit Post bis Hof. Plauen. – 24. November: 5 Uhr Reichenbach, 7 Uhr Leipzig, von dort nach Berlin. 13. Reise nach London, Paris, Brüssel (11. August – ? 1851 [Schluss fehlt])

11. August: Abfahrt von Berlin, über Magdeburg, Braunschweig. – 12. August: Hannover nach Köln. Hotel Bellevue, Bekanntschaft mit K. Adler aus Bromberg und Herrn Streckfuß. Promenade bei Mondschein. – 13. August: Aachen, Verviers, Lüttich, Mecheln, Gent, Lille. Herr Mohr aus Stuttgart. Um 3 Uhr nachts nach Calais. – 14. August: Früh 4 Uhr nach Dover, 11 Uhr in London. Bei Payard, 49 Stamford Street abgestiegen. Zu Ackermann und Herrn. Korn (Kriegar) usw. – 15. August: Früh Besuche. Um 10 Uhr Exhibition. Staunen über Staunen. Jede entfernte Idee bei weitem übertroffen! Um 3 Uhr todmüde in die erste beste Kneipe gefallen, bei Brown gegessen. Nach Haus und geschlafen wie ein Sack. – 16. August: Früh zu Sowerby, Ackermann, Colnaghi, Hering und Days-Institut gesehen. Mit Korn und einem Hannöverschen Peer ins Northumberland­House gefahren, dann in die Peerkammer, Common­House, Westminster-Abbey. Abends Oper, »Barbiere de Sevilla, mit der Sonntag und Lablache. Göttlich!« – 17. August: Mit Korn zu Wasser nach Gravesend, Rocheville, Greenwich. Park. – 18. August: Früh Geschäfte gemacht. Von 10–5 Uhr in der Exhibition und bei Brown. Regent Park. Colosseum. Diorama, Cyclorama: Paris bei Nacht. – 19. August: Geschäfte. Von 10–6 Uhr in der Exhibition. Rein zerschlagen, von Hunger und Durst geplagt. Korn vergebens erwartet. Um 9 Uhr nach Drury-Lane. – 20. August: Früh nach Bridgewater-Gallery. Unübertreffliche Kunstwerke. Dann Geschäfte geschlossen. Mit Droosten in die Tempel-Abtei, Kirche wundervoll. Rives and Cuming besucht. 5 Uhr zu Hause und gepackt. Korns Besuch. – 21. August: Abreise von London. Zum letzten Mal englisch zu Mittag »gefressen«. Um 2 Uhr an Bord der Malle nach Calais. Vorzügliche Fahrt. 6 Uhr von Calais nach Amiens. – 22. August: Um 5 Uhr früh

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in Paris. Hôtel des Étrangers. Goupil, Susse, Bernardy, Kunstläden; Hauser, Daziaro. Viele Deutsche. Direktor des Polytechnikums in Karlsruhe. – 23. August: Besuche bei Giroux, Gihaut, Bilder von Gudin im Palais royal. Mit Mainguet in die Goupil‘sche Galerie und Druckerei. Bekanntschaft von Jazet; dann zu Delaroche, seine Marie Antoinette gesehen. Am Quai Voltaire die Kunstläden durchstöbert. Nach Tisch zu Goupil, daselbst den jungen Wichmann getroffen. – 24. August: Bakes aufgesucht. In mehrere Kirchen.Wichmann im Hotel als Gast gehabt. Dann mit ihm in die Champs Elysées. Abends zu Mabille auf den Ball. – 25. August: Früh zu Gihaut, Goupil, zu Comte de Miramont, zum Gesandten. Den Quai abgesucht, zu Binant, zu Mallet & Co. Bei Mainguet zu Mittag eingeladen. Artaria aus Wien daselbst und mit ihm den Abend verbracht. – 26. August: Früh Besuche mit Wichmann bei Verneux, Goupil, bei [unleserlich] Sammlung gesehen, dann Geschäfte bei Beauboeuf, Durand, Binant. – 27. August: Früh Besuche mit Lepke bei Durand und Picard. Geschäfte abgeschlossen. Mit Binant, Picard, Beauboef, Gihaut. Mit Goupil und Wichmann bei Mozin und in die Druckerei. Abend mit Wichmann in die Opéra comique. – 28. August: Früh Besuche und Geschäftsabschlüsse. Dann zu Eichens; mit ihm ins Luxembourg. Hippodrome. Gebummelt... [Schluß fehlt]. 14. Reise nach Frankreich, Belgien und dem Rhein (5. Juni – ? 1855 [Schluss fehlt])

5. Juni: Abfahrt von Berlin. Halle, Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach, Frankfurth a/M. nach Darmstadt, wo übernachtet wurde. Angenehme Reisegesellschaft: Geheimrat von der Charite. Gutes Wetter. Thüringen im Glan­ze. – 6. Juni: Um 7 Uhr nach Heidelberg. Rud. Humbert besucht. Mit ihm aufs Schloss, zum Frühstück. Um 12 ½ über Weinheim, Karlsruhe nach Kehl und Straßburg. Dom bewundert, Stadt durchwandert. – 7. Juni: Um 5 Uhr per Eisenbahn über Saarburg, Nancy, Toul, Chälons, nach Paris. Um 9 ½ Uhr im Hotel des Étrangers Quartier gemacht. – 8. Juni: Früh bei Goupil. 3 Stunden Exposition royale et rue Enghien bei Bernardy, Binant, verschiedene Kunstsalon s, Verreaux. Nach Tisch zu Durand und Giroux. – 9. Juni: 6 Uhr aufgestanden. Zu Goupil, Geschäfte; zu Lepoittevin, nicht angetroffen; zu Gihaut, zu Hauser, Geschäfte, zu Binant, Geschäfte; zu Coignet, zum dritten Male nicht getroffen. Zu Verreaux, Bernardy; im Hotel mit Eichens gespeist. Mit ihm nachher die neuen Bauten bewundert. – 10. Juni: Früh Besuche erhalten, um 9 Uhr zu Durand, Auswahl. In alte Kupferstich–Kneipen. Besuche bei Souty, Mallet, Magnus, Fleury. In die Ausstellung. Dann zu Susse und nachher in die Champs Elysees. – 11. Juni: Früh Besuche. Um 9 Uhr für 12000 frs. bei Durand ausgewählt (3000 frs. fest), dann zu Goupil, Coignet. Mit Durand in den Salon. Zu Binant und Giroux. Besuch von Coignet. Nach dem Essen in verschiedene Bilderläden. 10 Uhr abends Besuch von Magnus. – 12. Juni: Einladung um 10 Uhr zu Souty. Calame zu 3000 frs. Église St. Eustache, Hochamt mit Orchester. Anhaltender Regen. Verreaux. Vormittag geschrieben. Desgl. am Abend. – 13. Juni: Besuche von Eichens und Beauboeuf. Briefe von Hause. Zu Binant, Aquarelle gewählt

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und gerechnet. Zu Goupil, Aquarelle erhalten und alles abgeschickt. Briefe nach Haus. Abschiede. 5 Uhr mit Magnus in den Künstlerkreis, mit beiden Winterhalters. Nachher ins Cafe, daselbst Güterbock, Wichmann. Dann mit Wagner zu Gihaut und spazieren gefahren. Um 9 Uhr zu Haus, geordnet und geschrieben und um 11 Uhr fein bürgerlich zu Bett. Den ganzen Tag das abscheulichste Wetter. – 14. Juni: Früh Besuche von Durand, Petit, um 9 Uhr zu letzterem; er wird mir schöne Sachen schicken. Eine gute neue Bekanntschaft. Dann zu Goupil, Winterhalter. Vom jüngeren ein Bild für 400 frs. gekauft. Dann zu Durand, neue Geschäfte. Zum Bibliothekar des Kaisers, nicht getroffen. Zu Mainguet, an Lefèvre-Daumier geschrieben. Zu Favart wegen Braekelaer. Dann zu der Galerie in der Passage und Abschied von Bernardy. – 15. Juni: Früh Empfang von Besuchen. Dann zu Goupil, Gihaut, Winterhalter. Abschied. Um 12 Uhr gepackt. Zu Fatout, sein Kupferstichlager durchblickt. 7 ½ Uhr über Valenciennes mit der Nordbahn nach Brüssel. – 16. Juni: Ankunft um 6 Uhr in Brüssel. Hotel de Saxe abgestiegen, 8 Uhr Geschäfte begonnen. Zuerst zu Geruzet, zu van der Kolk, Tessaro, Couteaux, der eine Galerie der ausgezeichnetesten Sachen aller Schulen besitzt. Der große Isabey zu 4000 Reichsthaler ist das schönste Werk, das ich in dieser Art je gesehen. Braekelaer, Gudin und 100 andere vom ersten Wasser! Will schicken. Dann zu Maquardt und verschiedenen Gemäldehändlern, endlich mit van der Kolk zu Hollender. Gemälde erhalten, sehr wichtige Bekanntschaft. Vor Tisch an Nanni geschrieben. Zum Cafe aux Mille colonnes. Wundervolle Galerie mehrere 100 Meisterwerke. Zu van der Donk, nicht getroffen. Petit, Hollender, de Biefve. – 17. Juni: Um 6 Uhr auf. Alles in Ordnung gebracht. Um 8 Uhr Besuch von van der Donk. Sehr günstig. Um 10 Uhr von Brüssel abgefahren, Über Chälons, Metz, Saarbrücken, Mainz. 11 ½ Uhr dort in einem Coupe mit 5 englischen Damen, zwei bildhübsch, über Lüttich, Verviers, Aachen, nach Düsseldorf. Dort um 8 Uhr nach greulicher Hitze angekommen. Abenteuer mit meinem Koffer, der endlich spät aufgefunden wird. Hotel Domhard. – 18. Juni: Besuche bei Prof. Wichmann und zu Schulte und dessen permanente Ausstellung. Sehr schöne Bilder von Lessing, Achenbach, Kalkreuth etc. Zu Hilgers, Hasenclever. Zur Ausstellung der Akademie. Prof. Wichmann verspricht seinen Einfluß für meinen Zweck. Besuche bei Arnz & Co, Knaus und Achenbach. Künstlerbesuche. Mit Herrn Domhard am Rhein ein Flußbad genommen. – 19. Juni: Besuch bei Schulte. Conchylien. Besuch bei Tiedemann, Knaus etc. Nach Tische gepackt. Besuch von Schulte; noch engere Besprechung, große Aussichten. 9 Uhr Abfahrt von Düsseldorf ... (Schluß fehlt). 15. Reise nach Paris – Belgien (28 Juni – ? 1855 [Schluss fehlt])

28. Juni: Früh 7 Uhr ab Berlin, um 10 Uhr abends Hotel Bellevue Köln. – 29. Juni: Katholischer Festtag in den Hauptkirchen. Bei Wittgenstein, Engels, Wiebe. 11 ½ Uhr Abfahrt über Aachen. – 30. Juni: Um 7 Uhr in Brüssel. Hotel de Saxe. Zu van der Kolk, Hollender; Hauptstraßen, Galerien, Passagen, Hallen. St. Gudula. – 1. Juli: Kirchen, Botanischer Garten, Exposition de Tableaux, sehr schön; der König eröffnete per-

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sönlich. 3 Uhr Abfahrt über Mons, Arras, nach Paris. – 2. Juli: 12 ½ Uhr in Paris. Hotel des Étrangers. Früh zu Goupil, Hauser, Daziaro, Berville. Boulevards, Madeleine. Exposition de tableaux. Grandios, über alle Beschreibung. Binant. Palais royal. Café Palais. Große Promenade, Tuilerien, Quais, Boulevards. – 3. Juli: Durand–Ruel, Beauboeuf, Picard. Palais des Beaux Arts. Lemercier. Luxembourg. Eichens. Jardin des Plantes, Notre Dame, Palais de Justice, St. Germain L‘Auxerrois. Bernardy. Passages, Boulevard du temple, Concert monstre. – 4. Juli: Mit Eichens früh in die Industrie-Ausstellung und dort bis 4 Uhr gestaunt. Hippodrome. Arc de triomphe bestiegen. In die Champs Elysées mit Eichens. Im Cafe beide Winterhalter. – 5. Juli: Bei Goupil Ankäufe. Winterhalter, Berville. Colonne de Juillet, Père-la-Chaise, St. Etienne du Mont, St. Genevieve. Nach Tisch zu Mabille. – 6. Juli: Früh zu Bellange. Aussicht auf den Montmartre. Champs de Mars. Dôme des Invalides. Tombeau de Napoléon. Hotel des Invalides. Mit der Pferdebahn nach Auteuil. Bois de Boulogne, mit Eisenbahn zurück. Bal au Chateau des Fleurs. – 7. Juli: Von früh bis 5 Uhr nachmittags in der Ausstellung gestaunt. Nach Tisch Temple, Place royale. Verreaux. Hôtel de ville. – 8. Juli: St. Cloud, Versailles, Trianon, Luxembourg. – 9. Juli: Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, Durand–Ruel, Fatout. Abends große Oper (»Le Prophete«). – 10. Juli: Gemälde-Ausstellung bis 2 Uhr. Zusammentreffen mit H. Vernet, Coignet, Hoguet und den beiden Gropius. Zu Boex und Mabille. Antiken, Gemälde, Handzeichnungen, Kupferstiche. Louvre. Opéra comique. – 11. Juli: Zum Quai Voltaire, Morgue, Conrad, Fatout, Goupil. Durch die Passagen, eingekauft. – 12. Juli: Binant, Petit, Goupil, Giroux. Kunstausstellung. Boex Calcographie, théatre Vaudeville. – 13. Juli: Besuche von Berville, Eichens, Bernardy. Zu Robert Fleury. Eingekauft. Gesandtschaft. – 14. Juli: im Hessischen Hof. – 15. Juli: Besichtigung von Mainz, mn 3 Uhr per Dampfboot himmlisch, nach Koblenz den Rhein hinauf nach Castell, langsam, bei göttlicher Beleuchtung, zurück. Sehr angenehme Gesellschaft, Mädchenbekanntschaft. Um 6 Uhr nach Frankfurt, Spaziergang und Fahrt durch die Stadt ... [Schluss fehlt). 16. Reise zur großen Kölner Ausstellung (14. – 24. Juli 1861)

14. Juli: Über Magdeburg, Braunschweig, Hannover, nach Düsseldorf. Hotel Domhard. Viel Hitze und wenig Unterhaltung. Bemerkenswert Dr. Wilbeling aus Schweden. In Braunschweig Dr. Müller sich vorgestellt als Freund von Hermann und unser ehemaliger Gast. – 15. Juli: Früh zu Bendemann, beide Achenbach, Camphausen; in die Akademie. Dort Lüdecke getroffen, von ihm in den Jacobischen Garten geführt; daselbst viele Künstler kennen gelernt. Bei Schulte fast alle Hauptmeister vertreten gefunden. In der Ausstellung des Kunstvereins sehr viel Schönes. Mit Buddäus bei Keller; seine Zeichnung zur Sixtina bewundert. Demarchen zur Acquisition des Bildes von Achenbach für meine Ausstellung. Zu Hilgers. Besuche bei Gude, Leu, Rethel, Hünten, Hildgers und im Malkasten. Rheinbrüder. Jubiläumsfest des Direktors. Musik, Böllerschüsse und Volksversammlung am Rhein. – 16. Juli: Früh Besuch bei Vautier, Hübner,

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Morten-Müller, Lindlar. Mit ihm verschiedene wichtige Verabredung en. Kirchen besehen. Mit Lüdecke und Buddäus auf der Ausstellung. Besuch bei Andreas Achenbach. 3 schöne Werke gesehen, und bei Schulte. Weiterreise nach Deutz. Zu Fuß über die neue Prachtbrücke, am Dom vorbei nach »Viktoria«, Hotel am Markt. Köstliche Aussicht bei Mondschein. Am Fenster bis spät geschwärmt und an Albrechtshof gedacht. – 17. Juli: Dom, Museum Wallraf-Richartz. Alle deutschen Schulen reich vertreten, besonders strahlend die Düsseldorfer. Bis 1 Uhr en suite gesehen, gestaunt und studiert. Nach Tisch die neue Brücke in allen Teilen bewundert. Dann wieder Dom. In die Königshalle, und Theater »Die Amerikaner«, unübertrefflich. Zuletzt Unglück: Der Balanceur stürzt mit der Leiter, an welcher zwei Jongleurs hingen, zu Boden, letztere unversehrt; der Balanceur wird schreiend entfernt. – 18. Juli: Zu Engels, Synagoge, dann ins Museum; rekapituliert und notiert. Dr. Hemsen und Senator Michaelis besucht. Verabredungen mit ersterem wegen des Stiches von Eichens. Wanderungen durch die alte Stadt, Besuch verschiedener Kirchen. Abends in der Apostelkirche schöne Musik. – 19. Juli: Museum. Mit Dr. Hemsen vieles, auch über das Knaus‘sehe Bild verhandelt. Um 5 Uhr nach Bonn abgefahren. 6 ½ Uhr im Hotel Krey angekommen. Daselbst auf der Terrasse wahrhaft geschwelgt. Blick über den Rhein nach dem Siebengebirge, bei herrlichster Klarheit und fast Vollmondbeleuchtung. Schöne Engländerinnen, großer Genuß, hungrig zu Bett. – 20. Juli: Mit Führer durch die Stadt, Universität, Botanischer Garten. Stiftskirche bei Gottesdienst. Bekanntschaft mit Kyllmann. Derselbe fährt mich in seine prachtvolle Villa am Rhein mit himmlischen Aussichten. Weiter herumgetrieben und bis Mittag auf dem Rheinbalkon des Hotels in wahrem Entzücken zugebracht. 1 ½ Uhr im Hotel gespeist; alte Dame aus Cöln, meine Nachbarin, erklärt sich als Patriotin und raisoniert wacker über die Engländer. Abfahrt von Bonn nach Mainz, Hotel de Hollande. 10 ½ Uhr in die Baba. – 21. Juli: Demarchen nach Priem; endlich nach vielem Suchen, die Firma auf der großen Bleiche gefunden, aber nicht den Mann. In Verzweifelung darüber an meinem Fenster oben geblieben und, bei entzückender Aussicht auf Rhein, Main und Taunus, einen Schoppen zum Frühstück geleert und nach Berlin geschrieben. Um 2 ½ Uhr mit Schulrat Schulze aus Berlin nach Frankfurt gefahren. Sehr angenehm und unterhaltend gereist. Viel wichtige Aufschlüsse über die Denkungsart der Kleinstaaten gegen Preußen. Um 4 Uhr im Landsberg abgestiegen. 5 Uhr nach Sachsenhausen, vor Durst lechzend. Endlich eine Kneipe für Bier gefunden, Betrachtungen daselbst. – 22. Juli: Geschäfte. Zu Jügel, Kunstverein, Kohlbacher mit ihm manche Verabredung getroffen. Um 5 Uhr per Main-Weser-Bahn bei schrecklichster Hitze abgefahren, über Nauheim, Marburg, Erfurt nach Weimar, wo nachts um 2 ½ Uhr bitterkalt gelandet wurde. Im ersten Gasthof abgewiesen. Endlich im »Erbprinzen« Zimmer gefunden, aber welch ein Abstand. 0 Rhein, 0 Weimar! Zimmer, Meubles, Bett, der ganze Chique unter dem Luder! Dafür hat Schiller oder Göthe hier irgend einmal sein Wasser abgeschlagen!!! – 23. Juli: Früh Graf Kalckreuth besucht, aber nicht gefunden. Dann zu Jawandt und Poltes. Déjeuner dînatoire bei Polte. Frau Voigt meine Nachbarin. Sehr interessante Bekanntschaften mit Präsident, Oberbaudirektor und Oberkonsistorialrat. Mit ihnen Spaziergang durch die Stadt. Um 7 Uhr nach

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Belvedere. Zurück mit Emma. Die Fahrt dauerte ca. 1 ½ Stunden, und der Spitzbube ließ sich zwei Reichsthaler zahlen. Weimar ist ein Deutsches Gaunerloch, beutet den Ruhm einiger großen deutschen Namen aus, und kann doch herzlich wenig bieten. – 24. Juli: Besuch mit Emma und Jawandt in der Permanenten Ausstellung: Von Schwindt »Sieben Raben«; Schröder, Tilly. Dann allein in die Akademie, Graf Kalckreuth, Begas, Böcklin. Atelier von Conroeder, welcher neue Bilder zu schicken verspricht. Großartige Composition der Dido. Hofrat Dr. Schöll besucht, Voigt, usw. Mit Emma und Jawandt in den Park. Bei Polte diniert, aber proper! Um 5 Uhr per Eisenbahn über Kösen, Halle, Bitterfeld nach Berlin. Daselbst 10 ½ Uhr abends glücklich und gesund die Meinen umarmt.

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Lexikon der (erwähnten) Kunsthändler

Die wichtigsten Kunsthändler aus dem Umfeld von L. Sachse & Co. werden hier in alphabetischer Reihenfolge erstmals lexikalisch vorgestellt. Hinter dem Namen sind die entsprechenden Notizen aus dem Reisetagebuch von Louis Sachse im Wortlaut abgedruckt. Es folgt eine kurze Biographie mit dem Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der genannten Person/Firma. Die Einträge schließen mit dem Hinweis auf die von der Verfasserin benutzten Quellen und die eingesehene Literatur. A ACKERMANN, London, den 17., 18., 19. und 20. April 1838: „Besuch beim Kunsthändler Ackermann. Schöne Sachen gesehen“; „Besuch mit Ackermann bei Colnaghi und in der Pallmall-Exhibition. Schöne Bilder“; „früh zu Colnaghi mit Ackermann“; „Abends 9 Uhr an Bord. Unannehmlichkeiten wegen der Kiste mit Kunstsachen, welche mir abgenommen wird. Bote an Ackermann“ / London, den 14. und 16. August 1851: „Zu Ackermann und Herm. Korn“; „Früh zu Sowerby, Ackermann, Colnaghi [...]“. Rudolph Ackermann (1764–1834), deutsch-britischer Buch- und Kunsthändler, Lithograph, Verleger und Erfinder in London, 1794: 7 Little Russel Street, Covent Garden, 1795–97: 96 Strand; 1797–1827: 101 Strand; 1827–57: 96 Strand. Geboren in Stollberg (Sachsen). Zunächst wie sein Vater Sattler und Wagenbauer in verschiedenen deutschen Städten, in Paris und in London. Seit 1786/87 ist Ackermann in London ansässig. Hier eröffnet er 1794 ein Geschäft für Graphik, Bücher und Malartikel mit angeschlossener Zeichenschule, später auch eine Bibliothek und eine Gemäldegalerie. Bereits um 1800 ist Ackermann einer der führenden Verleger für dekorative Graphik, bebilderte Bücher, Zeitschriften und Karikaturen. Außerdem gibt Ackermann bedeutende Ausgaben mit Landschaftsdarstellungen heraus, darunter „Microcosm of London“ (1808–1811, 3 Bde.), „Westminster Abbey“ (1812, 2 Bde.), „The Rhine“ (1820), „The World in Miniature“ (1821–1826, 43 Bde.). Seit 1817 auch lithographische An-

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stalt, für die bekannte Künstler wie Thomas Rowlandson arbeiten. Herausgabe populärer, reich illustrierter Jahrbücher und Monatshefte wie „Forget-me-not“ (ab 1823) und „The Repository of Arts, Literature. Commerce, Manufactures, Fashion and Politics“ (1817–1828). Ackermann gibt zu Lebzeiten mehr als 300 Bücher heraus. Daneben beschäftigt er sich als Erfinder. 1801 meldet Ackermann ein Patent an, durch das Papier und Stoffe präpariert und damit wasserundurchlässig gemacht werden können. Für die Herstellung errichtet er eine eigene Fabrik in Chelsea, die fortschrittlich mit Gas beleuchtet wird. 1804 entwirft er eine Staatskarosse für die Krönung von Napoleon Bonaparte, 1805 eine weitere für die Beerdigung von Lord Nelson. 1817 lässt sich Ackermann die von ihm und Georg Lankensperger erfundene Achsschenkellenkung patentieren („Ackermannsteuerung“). Nach der Völkerschlacht in Leipzig 1813 sammelt Ackermann in England 250000 Pfund für deutsche Notleidende, was auf seine Stellung und seinen Einfluss rückschließen lässt. Rudolph Ackermann stirbt 1834. Der gleichnamige Sohn führt das Geschäft weiter (gest. 1868). Ackermann & Co. schließt 1855. Der Verlag Ackermann & Son existiert jedoch bis 1992 weiter. Lit.: Fletcher/Helmreich 2011, S. 295; Ford 1983; Burke 1934; Allgemeine Deutsche Biographie (ADB): „Rudolph Ackermann“, Bd. 1, Leipzig 1875, S. 38f.; Carl von Klinckowstroem: „Rudolph Ackermann“, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 1, Berlin 1953, S. 36.

ARNOLD, Dresden, den 4. Oktober 1841: „Geschäftsbesuche bei Arnold, Brazzova, Morasch und Skerl“ / Dresden, den 12. Juli 1843: „Arnold besucht“. Ernst Sigismund Arnold (1792–1840), Kunsthändler und Verleger. Arnold stammt aus einer alten Beamten- und Künstlerfamilie. Erste Ausbildung als Kolonialwarenhändler in Dresden. „Durch einen glücklichen Zufall“ lernt Arnold den Kunsthändler Heinrich Rittner kennen, in dessen Dresdner Geschäft er kurz danach eintritt (Negendanck 1998, S. 65). 1818 übernimmt Arnold die Kunsthandlung Rittner. In „Neuer Nekrolog der Deutschen“ (1842, S. 896; zit. nach Negendanck 1998, S. 65) heißt es: „Schon wenige Jahre darauf fand er sich veranlasst, Rittners wohlbekannte Firma mit der seinigen zu vertauschen und seine Geschäfte nahmen durch vielseitig angeknüpfte Verbindungen im In- und Ausland einen so belebenden Gang, dass seine Kunsthandlung unstreitig zu einer der blühendsten und bekanntesten Deutschlands erhoben ward.“ Arnold vermehrt „den schon zu Rittners Zeit bestehenden Verlag großer kolorierter Prospekte der Umgebung von Dresden, der sächsischen Schweiz und vorzüglicher Hauptstädte Europas, die größtentheils von Prof. Hammer und anderen sehr geschätzten Künstlern gearbeitet wurden, wie auch eine Reihe radierter Blätter, von [Johann Adam] Klein, Thierstücke ec. enthaltend“ (vgl. ebd.). 1828 nennt Ludwig Richter die Kunsthandlung erstmals mit dem Namen von Ernst Arnold. Das Porträt des verstorbenen Königs Friedrich August I., gestochen von Moritz Steinla nach einem Gemälde von Christian Leberecht Vogel, macht das Unternehmen früh bekannt. Gelobt werden zudem „einige durch den ausgezeichneten Lithographen Zöllner gezeichnete und in Paris gedruckte Bilder, als: Christus und die Hl. Cäcilie, nach Carlo Dolce, und die Magdalene, nach Correggio“ (vgl. ebd., S. 66). Die Kunst-

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handlung spezialisiert sich bald auf die Reproduktion von Gemälden alter und neuer Meister (in Öl und als Kupferstiche). Zu den neueren Meistern gehören Peter von Cornelius, Ernst Joachim Förster, Joseph von Führich, Buenvenuta Genelli, Janus Genelli, Joseph Grassi, Guido Hammer, Wilhelm von Kaulbach, Jacob Mechau, Friedrich Overbeck, Julius Schnorr von Carolsfeld, Moritz von Schwindt, Ludowika von Simanowitz, Moritz Steinla, Eduard Steinle und Christian Leberecht Vogel (Namen aus einem Katalog aus dem Jahre 1868; vgl. ebd., S. 68). Die Radierungen von Overbeck und Kaulbach sind die teuersten unter den Drucken. Die Radierungen und Lithographien nach Gemälden alter Meister enstehen fast sämtlich nach Originalen aus der Dresdener Gemäldegalerie. 1868 werden auch „Photographien von Ölgemälden der Dresdner Galerie Alter Meister“ angeboten (vgl. ebd.). „Weitverzweigte Geschäftsbeziehungen“ führen Arnold nach London und Paris (ebd., S. 66). Nach dem Tod von Ernst Sigismund Arnold 1840 wird das Geschäft unter gleichbleibendem Namen von dessen Brüdern Friedrich Albert und Hermann Arnold weitergeführt. 1863 tritt der zweiundzwanzigjährige Adolph Ludwig Gutbier (1841– 1902) in die Kunsthandlung Ernst Arnold ein. Friedrich Albert Arnold, der nunmehr letzte verbliebene der Arnold-Brüder, verkauft die Firma Ernst Arnold Sortiments und Verlagskunsthandlung 1867 an Gutbier und dessen Partner, den Kaufmann Bernhard Carl Christian Gräf, für 50000 Thaler (vgl. ebd.). Bereits 1872 trennen sich die neuen Geschäftspartner wieder. Gräf übernimmt den Ernst Arnold Kunstverlag (Carl Gräf ) und Gutbier wird Inhaber der Kunsthandlung Ernst Arnold. Im selben Jahr heiratet Gutbier die Tochter des Dresdener Seifenfabrikanten Mann, der „das Haus in der Schloßstraße [Schlossstraße, Ecke Spoerergasse, d. V.] in dem die Kunsthandlung seit 50 Jahren bestand“ für 56000 Thaler abkauft (ebd., S. 67). 1868 führt Gutbier im „Kgl. Kunst=Ausstellungs=Gebäude auf der Terrasse“ dem Publikum Hans Markarts Gemälde „Die Pest in Florenz oder die sieben Todsünden“ vor (ebd., S. 68). Im Juni 1871 wird Moritz von Schwind in der Kunsthandlung gezeigt. Ausstellungen wie diese nehmen aber nur einen kleinen Teil im Geschäftsbetrieb ein. 1879 wird das Geschäft zur Königlich-Sächsischen Hofkunsthandlung ernannt. Der Verlag Ernst Arnold publiziert bis 1872. 1875 gründet Gutbier seinen eigenen Verlag. 1897 veranstaltet die Königliche Hofkunsthandlung eine große Raffael-Ausstellung im Kunstausstellungsgebäude auf der Brühlschen Terrasse, wo vorwiegend Reproduktionen gezeigt werden. Der eigene Katalog wirbt mit den Worten: „Entziehen sich auch weitaus die meisten Originalarbeiten des Meisters einer solchen Ausstellung, so bieten sich doch zahlreiche und treffliche Reproductionen als Mittel zu dem angestrebten Zwecke an“ (zit. nach ebd., S. 69). Ein „Raffael-Werk“ erscheint in fünf Bänden mit erläuternden Texten von Wilhelm Lübke. Weitere wichtige Veröffentlichungen folgen, wie „Museum der italienischen Malerei“ mit 2142 „Original-Photographien“ (1885) und „Museum der antiken Plastik“ mit 887 Fotografien (1897). Gutbiers Interesse gilt in erster Linie der italienischen Malerei, die er über das moderne Medium Fotografie der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Das Unternehmen ist kommerziell erfolgreich. Schon 1878 gestaltet Hans Thoma die Vorderseite einer englischsprachigen Ge-

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schäftsbroschüre, die mit „Engravings, Photographs, First Class Paintings on China“ ebenso wirbt wie mit „Copies in Oil & Water Colours“ (ebd., S. 70). Seit spätestens 1873 betätigt sich Gutbier als Händler von Gemälden. Verschiedene Angebote von Ölgemälden zum Verkauf an die Dresdner Gemäldegalerie (u. a. Fritz von Uhdes „Leierkastenmann“ und „Trommelübung“, beide von der Galerie abgelehnt). 1893 Veranstaltung einer Kunst-Auktion mit „Ölgemälden Originale und Copien vollständig neu eingerahmte Kupferstiche und Kupferätzungen, Photographien und Farbendrucke Plastische Bildwerke und Prachtwerke“ (ebd., S. 71). Seit 1893 aber auch „Ausstellungen neuer Art“, wie eine Aquarellausstellung moderner Künstler, in der keine Kopien mehr gezeigt werden (vgl. ebd.). Im selben Jahr tritt Ludwig Wilhelm Gutbier (1873–1951) in das väterliche Geschäft ein. Zu seinem Wirken vgl. Negendanck 1998. 1937 wird die Kunsthandlung Arnold von Dresden nach München verlegt, wo sie 1945 völlig zerstört wird. 1947 Neueröffnung als Rottacher Kunstheim. 1958 Löschung des Firmennamens aus dem Handelsregister. Lit.: Negendanck 1998; Gutbier 1934. Abb.: Ansicht der Schlossstraße in Dresden 1818, in: Gutbier 1934, S. 4; die von Hans Thoma 1878 gestaltete Vorderseite für die Broschüre der Kunsthandlung Ernst Arnold, in: Negendanck 1998, Abb. 9; hier Abb. 198 und 199.

ARNZ & CO., Düsseldorf, den 11. April 1837: „Besuche bei W. Schadow, Hübner, Lessing, Arnz [...]“ / Düsseldorf, den 18. Juni 1853: „Besuche bei Arnz & Co., Knaus und Achenbach“. Heinrich Arnz (1785–1854) und Joseph Arnz (1892–1841). Graphikhändler und Verleger. Die Brüder Arnz sind zusammen mit Johann Christian Winkelmann (1766– 1845) Sozietäre der von ihnen 1815 gegründeten lithographischen Anstalt Arnz & Co. in Düsseldorf, die bis 1858 besteht. Seit 1820 als „Arnz & Co. lithographische Anstalt“ im Düsseldorfer Adressbuch. Zunächst Verleger von Karten, Atlanten und naturkundlichen Werken. Von 1822 an Herausgabe von annähernd 250 lithographierten qualitätvollen Bilderbögen, an denen Künstler wie Theodor Hosemann und Johann Baptist Sonderland mitarbeiten. Bekanntheit erlangen die von Winkelmann initiierten Theater-Bilderbögen. Winkelmann verlässt 1828 das Geschäft in Düsseldorf, um ein eigenes Institut in Berlin zu eröffnen (siehe Winkelmann & Söhne). Zusammenarbeit mit dem Kunstverein für die Rheinlande und Westphalen (Düsseldorfer Monathefte 1847–1858). Förderung der Druckgraphik durch Reproduktion von Gemälden. Lit.: Herder 2011, S. 281–287; Colmi 1964, S. 44–67; Biedermann 1994, S. 91–100. Abb.: Das lithographische Institut von Arnz & Co in Düsseldorf, um 1850, in: Herder 2011, S. 282; hier Abb. 55.

ARTARIA & CO., Wien, den 16., 22., 23. und 24. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co., Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer und Schnur“; „Artarias Sammlungen von Radierungen und Kupferstichen durchgesehen“; „Nach Tisch Geschäfte bei Artaria, Müller, Mechetti und Neumann“; „Besuche von Paterno, Arta-

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ria Schiavone“; „Bei Müller und Artaria Geschäfte gemacht“ / Paris, den 25. August 1851: „Artaria aus Wien daselbst und mit ihm den Abend verbracht“. Älteste Kunsthandlung Österreichs. Wahrscheinlich schon vor 1700 sind die Artaria fahrende Händler, die Heiligenbildchen und Devotionalien verkaufen. Seit 1770 in Wien ansässig. Der Stammvater Giovanni Artaria (1725–1797) kommt um die Mitte des 18. Jahrhunderts aus Blevio bei Como nach Wien, wo seine Neffen Carlo (1747– 1808) und Francesco (1744–1808) sowie dessen Sohn Domenico Artaria (1765–1823) Gründer des Wiener Hauses werden. Handel mit Kupferstichen, ab 1786 auch mit Stadtplänen von Wien und Karten europäischer Länder sowie Musikalien. Bald ist der Handel mit Kupferstichen so erfolgreich, dass der Umzug in die vornehmste Wiener Geschäftsstraße erfolgt. Nach einem Zwischenstopp im Haus „zu den drei Läufern“ (1775–1788) wird im Jahr der Französischen Revolution der heutige Sitz der Firma, Kohlmarkt 9, bezogen. Seit 1833 wird das Unternehmen von Sohn August Artaria (1807–1893) weitergeführt. Letzterer ist selbst bedeutender Kunstsammler und Mitbegründer der Gesellschaft der Musikfreunde Wiens. August Artaria gehört 1861 zusammen mit Paterno, Voigtländer und einigen anderen zu den Mitbegründern der Photographischen Gesellschaft. Die Söhne Carl August (1855–1919) und Dominik IV (1859–1936) treten im Jahre 1881 bzw. 1890 in das väterliche Geschäft ein. Neubau des Geschäftslokals 1901, Vergrößerung für Ausstellungszwecke. Seit 1920/22 sind die Söhne Franz (1860–1942) und August (1894–1932) Besitzer der Firma. Artaria betreibt drei Handels- und Verlagszweige: eine Kunstabteilung, eine Musikalienabteilung (ab Oktober 1776, und bald darauf einen Musikverlag) und eine kartographische Abteilung (Kartenvertrieb ab 1776). Die erste Sparte umfasst das Kunstgeschäft und den Kunstverlag von Kupferstichen, Ansichtenserien, Porträts sowie Originalradierungen. 1778 erscheinen die ersten Werke im Musikverlag Artaria. Hier werden Joseph Haydn, Mozart, Schubert und Beethoven bis zu Romantikern wie Auber oder Rossini verlegt. Im Oktober 1894 wird der Musikverlag an den Musikverleger Josef Weinberger verkauft. Im Mai 1920 kommt es zur Abspaltung der Landkartenabteilung, die an die Kartographische Anstalt Freytag & Berndt angegliedert wird. Weitergeführt wird Artaria & Co., Kunsthandlung, Kunstverlag und Kunstantiquariat (seit 1898 Herausgabe der Monatsschrift des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, Kunst und Kunsthandwerk). Lit.: Ausst.-Kat. Schöne Aussichten 2007; Alexander Witeschnik: „Artaria“, in: NDB, Bd. 1, 1953, S. 399–401.; Weinmann 1985; Hilmar 1977; Kalmar/Waldstein 2001; Frank/Frimmel 2008; Düriegl 1981; Mayer 1851, S. 128f.; Slezak 1970; ein bedeutender Teil des Firmenarchivs wird in der Handschriftensammlung der Stadtbibliothek Wien aufbewahrt. Abb.: Ausst.-Kat. Schöne Aussichten 2007, S. 69; hier Abb. 197.

ARTARIA, Mannheim, den 14. Mai 1844: „Besuch bei Artaria“. Gegründet von Dominico/Dominic Artaria (1765–1823), Kunsthändler. Sohn von Giovanni Artaria, geboren in Blevio. 1779 Eintritt als Lehrling in das Wiener Geschäft. 1787 wird Dominic zusammen mit seinem Bruder Giovanni Maria Artaria Teilhaber des

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Wiener Stammhauses und eröffnet eine Niederlassung in Mainz. 1791 Heirat mit Anna Maria Fontaine, die Tochter des französischen Buchhändlers Mathias Fontaine. 1792, mit Einzug der Franzosen in Mainz, verlassen Domenic Artaria und sein Bruder die Stadt und gehen nach Mannheim. 1793 eröffnen die Brüder zusammen hier ein neues Geschäft unter der Firmenbezeichnung Kunsthandlung Dominic Artaria (das kurfürstliche Patent vom 16. Oktober 1793 ist abgedruckt bei Tenner 1966, S. 127f.). Aus der Ehe mit Anna Maria Fontaine gehen sechs Söhne hervor. Karl Artaria (1792–1866) wächst im Haus des Großvaters Mathias Fontaine auf, um auf dessen Wunsch sein Geschäft zu übernehmen. Die Übergabe erfolgt 1816. 1819 vereinigt sich die Fontaine’sche Buchhandlung mit der Kunsthandlung von Dominic Artaria unter dem Namen Artaria & Fontaine. Der zweite Sohn von Dominic Artaria, Mathias (1793–1835), gründet 1820 unter Beteiligung des Mannheimer Hauses in Wien die Kommandithandlung Mathias Artaria, die aber unabhängig bleibt von der Wiener Firma Artaria & Co. Da der Wiener Magistrat eine Niederlassung zunächst verweigert, wird die Kunsthandlung Spenger erworben und erweitert (Tenner 1966, S. 129). 1827 wird die Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der Mannheimer und der Wiener Firma Mathias Artaria aufgekündigt, da Mathias sich zu einem Alleingang entscheidet (vgl. ebd.). Der dritte Sohn von Dominic Artaria, Franz Artaria (1796–1869), ist zunächst Lehrling im väterlichen Betrieb, dann in der Buchhandlung Theophil Barrois Fils in Paris. Franz Artaria kehrt 1814 nach Mannheim zurück und wird später Teilhaber des Hauses Artaria & Fontaine. Er ist selbst ein begabter Maler und Zeichner und sammelt kunstgewerbliche Gegenstände und Möbel. Der vierte Sohn von Dominic Artaria, Franz Maria Artaria (1798–1828), ist seit 1819 in der Kunsthandlung seines Vaters tätig, stirbt aber schon im Alter von dreißig Jahren. Der fünfte Sohn von Dominic Artaria, Philipp Artaria (1801–1878), geht als Lehrling zu seinem Bruder Karl in die Buchhandlung Fontaine und wird ebenfalls 1819 Teilhaber des väterlichen Geschäfts. 1864 wird er zum Mannheimer Oberbürgermeister gewählt, lehnt die Wahl aber ab. Philipp Artaria spielt eine führende Rolle im Mannheimer Kunstverein. Der jüngste Sohn von Dominic Artaria, Stefan Artaria (1806–1869), ist seit 1831 Teilhaber der väterlichen Firma, scheidet aber schon 1848 aufgrund eines Rückenleidens wieder aus. In den ersten Jahren nach der Gründung erscheinen in dem Kunstverlag Artaria vor allem Veduten und Landkarten. Später kommen Porträts, Reproduktionsstiche nach klassischen Gemälden, Tierstücke usw. hinzu. Nach den Revolutionskriegen wird der Handel mit Gemälden, Handzeichnungen und Kupferstichen aufgebaut. Eine größere Anzahl an Gipsabgüssen wird an die Museen geliefert (Tenner 1966, S. 159). Nach der Vereinigung mit der Buchhandlung Fontaine 1819 steht der Handel mit Büchern und Kupferstichen im Vordergrund. Regelmäßig erscheinen Kataloge, die die Kunden über die Neuerscheinungen und Neuerwerbungen informieren. Ein ausgedehntes Warenlager ist vorhanden, umfangreiche Ansichtensendungen geben dem Kunden die Möglichkeit, in Ruhe auszuwählen (ebd.). Der Verlagskatalog von 1819 zählt 85 Nummern mit 318 graphischen Blättern auf. Artaria beschäftigt bekannte italienische, deutsche und öster-

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reichische Künstler und einen Franzosen, Jean Jacques de Boissieu (zu den Künstlern bei Artaria siehe ebd., S. 156–159). Die vorübergehend sieben Teilhaber der Firma Artaria in Mannheim unternehmen zahlreiche Einkaufsreisen ins Ausland, besuchen die großen Auktionen in Holland, Frankreich, England und Deutschland, reisen an den österreichischen Kaiserhof, zu deutschen Bischöfen und privaten Kunden, denen sie Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche und Bücher anbieten (ebd., S. 130; zu den geschäftlichen Beziehungen nach Zweibrücken, Kassel, Wien, Stuttgart, Karlsruhe, München und Darmstadt vgl. ausführlich ebd., S. 135–155). An die ständigen Reisen der Familienmitglieder erinnert sich Karl Artaria: „Kam der Vater aus dem Norden zurück, so bestiegen Onkel und Neffe den Reisewagen, nach Süden auszufliegen; unsere Ziele waren Frankreich, England, Holland, sowie auch alle deutschen Provinzen. Mit den bedeutendsten Höfen Süddeutschlands bestand regster Geschäftsverkehr, insbesondere mit Wien, München und Weimar, wo bekanntermaßen Carl August und Goethe sich für schöne Kupfer begeisterten und ihre Sammlung ständig zu vergrößern trachteten. Am oesterreichischen und bayerischen Hofe herrschte mit uns jungen Geschäftsleuten ein geradezu patriarchalischer Ton: Da waren ,der Philipp‘ und ,der Carl‘ wie die Majestäten uns zu nennen liebten, in freudiger Erwartung ihrer Kunstschätze wie liebe Söhne bewillkommet“ (zit. nach ebd., S. 131, ohne nähere Angaben). Das Geschäftslokal in Mannheim befindet sich zuerst im Haus des Hofarchitekten Quaglio am Paradeplatz. Hier können Gemälde, Zeichnungen, graphische Blätter, Bücher und Gipsabgüsse erworben werden. Zudem ist ein Verlag angegliedert für den Vertrieb von Kupferstichen und Landkarten. Karl Artaria berichtet: „Ein lichter Saal unseres Hauses (Kunstsalon würde man ihn heute nennen) ausgestattet mit Oelbildern berühmter alter und zeitgenössischer Meister, sowie seltene Radierungen bot alles, was auf diesem Gebiete dem verwöhnten Geschmack des Kenners begehrenswert erschien. Im Hause und im Geschäft ging es zu wie in einem Bienenkorb. Viele Geschäftsfreunde, die sich einfanden, darunter zahlreiche Künstler, brachten eine Fülle von Anregungen in die Stadt, sowie in die Familie, deren alte und junge Häupter sie in Oel, Rötel, Bleistift, mit dem Grabstichel, ja selbst in Ton dankbar verewigten“ (zit. nach ebd., ohne nähere Angaben). An einer anderen Stelle spricht Karl sich über das Angebot an Kupferstichen und Drucken aus: „[…] über eine Anzahl guter, dem allgemeinen Geschmack entsprechender Blätter nach Guido Reni, Carlo Dolci, Guercino, Battoni, Corregio u.a.m. In besonderer Gunst standen Szenen aus der hl. Geschichte, erfüllten sie doch den doppelten Zweck, Kunstgenuß mit religiöser Erhebung zu vereinigen. Diesem Umstand war es wohl zu verdanken, dass in Mannheim nach Verlöbnis eines jeden gut situierten Paares lange Jahre hindurch ein Kupferstich bei Artaria zur Ausstattung ebenso sicher bestellt wurde als der Priester, der die Trauung zu vollziehen hatte. Eine andere Sinnesart trugen die Portraits gekrönter Häupter, zeitgenössischer Dichter und sämtlicher Mitspieler der französischen Revolution“ (zit. nach ebd., S. 132, ohne nähere Angaben). Für „zartbesaitete Seelen“ sind Landschaften von Poussin und Lorrain vorrätig, für „Freunde der Tierwelt“ Stiche von Paul Potter, „Edelhirsche von Larsen“ und

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Jagdszenen von Fröhlich. Außerdem bieten „zahllose Schweizer und Oesterreichische Alpenansichten in schablonenhaft bunter Bemalung dem kleinen Mann willkommene Gelegenheit, seine Wände zu schmücken“ (vgl. ebd.). Dieser englische Bibliograph und Büchersammler beschreibt die Kunsthandlung Artaria in Mannheim ausführlich bei einem Besuch 1821 (abgedruckt bei ebd.). Auch in den Aufzeichnungen der bekannten Kunstsammler Melchior und Sulpiz Boisserée finden sich verschiedene Hinweise auf Artaria in Mannheim (vgl. ebd., S. 133). Gelegentlich treten die Brüder Boisserée und die Firma Artaria bei Bilderkäufen als Konkurrenten auf (vgl. ebd., S. 134). Kernstück des Geschäfts bleibt der Kunstverlag. Karl Artaria erinnert sich: „Im Auftrag der Firma reisten tüchtige Kupferstecher ins Ausland behufs Übertragung berühmter Originalbilder des cinquecento. Da fanden vor allem die Meisterwerke eines Raphael vorzügliche Beachtung [...]“ (zit. nach ebd., S. 155). Über das Verhältnis von Dominic Artaria zu seinen Mitarbeitern und den Mannheimer Künstlern schreibt Karl Theodor von Traitteur: „Artaria, dessen Aufenthalt in Mannheim allerdings von Werth und zur Zierde der Stadt wegen seinem vortrefflichen Waarenlager ist, hat, so lange der Krieg nicht zu drückend war, diese Leute (die Mannheimer Kupferstecher) zu beschäftigen gewusst, allein dabey mitunter als wahrer Handelsmann nur seinen Vortheil auf eine vollwichtige Art besorget, im Grunde wenig für die Kunst selbst gethan. Wenn er sich schon das Ansehen gab, so war der große Vortheil doch nicht außer Acht gelassen, und wer sich nicht dazu bequemen wollte, wurde auch von ihm herabgesetzt, und mitunter verächtlich behandelt. Der Handelsgeist und der aufgebrachte Italiener blickte manchmal durch. Mehrere Künstler von dieser zu starken Decination ermüdet wurden die Verleger ihrer eigenen Werke“ (zit. nach ebd., S. 156). Lit.: Alexander Witeschnik: „Domenico Artaria“, in: NDB, Bd. 1, 1953, S. 400; Tenner 1966, S. 131–190.

B BEAUBOEUF, Paris, den 28. April und 2., 4., 7. Mai 1844: „in verschiedene Magazine, zu Souty, Binand, Duval, Beauboeuf, Court, zusammen gegessen und nach Tisch bis Abend in den Champs Elysées“; „zu Souty, Beauboeuf, Mozin, Goupil“; „Geschäfte mit Souty, Beauboeuf, Binant, Goupil“; „Mit Goupil zu Huriman und in verschiedene Anstalten, zu Binant, Beauboeuf, Durand“ / Paris, den 2. Mai 1846: „Besuche bei Delaroche, Vernet, Waldenburgs, bei Gihaut frères und Durand-Ruel, Beauboeuf“ / Paris, den 26. und 27. August 1851: „dann Geschäfte bei Beauboeuf, Durand, Binant“; „Mit Binant, Picard, Beauboeuf, Gihaut“ / Paris, den 13. Juni 1853: „Besuche von Eichens und Beauboeuf“; Paris, den 3. Juli 1855: „Durand-Ruel, Beauboeuf, Picard“. Ein Beauboeuf wird von Sachse immer im Zusammenhang mit anderen Pariser Händlern genannt. Die Recherche blieb jedoch bislang erfolglos. In den Archives natio-

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nales de Paris ist ein Dossier zu finden, in dem ein Pierre Alexis François als Lithograph geführt wird. Lit./Arch.: CHAN F18/1736 (imprimeurs et libraires, dossier Bauboeuf ).

BÄRMANN, Wien, den 16., 17., 22., 23., 25. und 26. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co., Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer und Schnur“; „Geschäfte mit Bärmann“; „Bei Bärmann, Müller und Neumann Geschäfte gemacht“; „Bei Bärmann für beinahe 400 Reichthaler Aquarelle verkauft“; „Geschäfte bei Neumann, Bärmann, Müller“; „Besuche von Bärmann, Paterno“. S. Bärmann (Lebensdaten unbekannt). Kunst- und Graphikhändler in Wien (Nagler Monogrammisten 1860, Bd. 2, S. 407). Jeremias Bermann, Kunsthandlung in Wien, Graben 619 (Mayers 1851, S. 129). Bietet Lithographien, Kupferstiche und „Zeichnungs-Requisiten“ an (Schimmer 1837, S. 168). J. S. Bermann, Hofbibliotheks-Kunsthändler, Seizergasse 427 in Wien. Besitzt einen großen Vorrat an „alten werthvollen Kupferstichen, Holzschnitten und Handzeichnungen, dann Portraits“ (Schimmer 1837, S. 168). Bermann’s Wwe. & Sohn, k.k. Hofbibliotheks-Kunsthändler, bedeutendes Sortiment alter Kupferstiche, Kärtnergasse 1045 (Mayer 1851, S. 129). Nagler erwähnt einen Bärmann für das Jahr 1837 als Kunsthändler in Wien (vgl. Nagler Monogrammisten 1860, Bd. 2, S. 407). 1853 wird im Bayrischen Landboten angezeigt, dass die „vorzüglichen Kunsthändler, als Artaria, Neumann, Paterno, Bärmann“ die Münchener Künstler „mit dem schönen Auftrage betraut“ haben, „ein gelungenes Bild der jungen Kaiserbraut zu liefern“ (Der Bayrische Landbote 1853). Vgl. auch Neumann. Lit.: Nagler Monogrammisten 1860, Bd. 2, S. 407; Mayer 1851, S. 129; Wurzbach von Tannenberg 1856, S. 499; Schimmer 1837, S. 168; Der Bayrische Landbote, 24. Jg., Nr. 238, München, den 25. August 1853.

BERRA, Prag, den 30. September 1841: „Geschäftsbesuche bei Haase Söhne, Boresch u. André, Bohmanns Erben, Marco Berra“. Marco Berra (1784–1853), Musikverleger, Buch-, Kunst- und Musikalienhändler, als auch „Musikalien-Leihanstalt“ in Prag. Berra ist gebürtig aus Italien. Schon vor 1811 Zusammenarbeit mit Artaria in Wien, dann Gründung des eigenen Verlagshauses in Prag. Ansässig zuerst am Kleinen Ring 459, seit den 1820er Jahren Jilská 453. Verkauf von Noten, Musikinstrumenten, Lithographien und Ölgemälden. Seit 1835 Notenverleih bis nach Italien, Frankreich, England, Deutschland und Russland. 1841 gründet sein Schwiegersohn Jan Hoffmann einen Konkurrenzverlag in der Kleinen Jesuitengasse 147, ebenfalls in Prag. Nach Berras Tod 1853 Verkauf der Firma an Christoph, Ad. & W. Kuhé, Egidgasse 453. Lit.: Martini 1990, S. 208; Simecek 2002, S. 81; Allgemeines Adressbuch des deutschen Buchhandels 1856, S. 29.

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BERNARDI / BERNARDY, Paris, den 22. August 1851: „Goupil, Susse, Bernardy, Kunstläden“ / Paris, den 8. und 9. Juni 1853: „3 Stunden Exposition Royale et rue Eughenien bei Bernardy, Binant, verschiedene Kunstsalons“; „zu Verreaux, Bernardy“; „Dann zu der Galerie in der Passage und Abschied von Bernardy“ / Paris, den 3., 9. und 13. Juli 1855: „Jardin des Plantes, Notre Dame, Palais de la Justice, St. Germain L’Auxerrois. Bernardy. Passages, Boulevard du temple, Concert monstre“; „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, Durand-Ruel“; „Besuche bei Berville, Eichens, Bernardy“. E. Bernard (Lebensdaten unbekannt), Graphikhändler in der Rue des Grands Augustins 1 in Paris oder Bernard (Lebensdaten unbekannt), Kunst- und Kuriositätenhändler in der Passage de la Boucherie 4 in Paris oder Bernard (Lebensdaten unbekannt), Rue de la Rochefoucauld 30. Er steht in Verbindung mit Corot, Daubigny und Lavieille (Vaisse 1987, S. 400). Lit.: Lacroix 1861, S. 61f.; Vaisse 1987, S. 400.

BERVILLE, Paris, den 2., 5. und 13. Juli 1855: „Früh zu Goupil, Hauser, Dazario, Berville“; „bei Goupil Ankäufe. Winterhalter, Berville“; „Besuche bei Berville, Eichens, Bernardy“. Jules Berville (Lebensdaten unbekannt), Papierhandel und feine Farben, Restaurator, später Kunsthändler. Seit 1835 in der Chaussée d’Antin 29 und Rue du Mont-Blanc. Bervilles Farben für Aquarelle und Miniaturen werden von den Künstlern geschätzt und können in ihrer Qualität mit den englischen Farben konkurrieren. Die Maler Aubry, Isabey, Millet und Vernet kaufen bei Berville ihre Farben ein. 1839 bis 1853 zeigt sich Berville als Gemäldehändler mit eigenem Bestand an. 1842 wirbt Berville mit einer Ausstellung moderner Gemälde und Zeichnungen zum Verkauf und Verleih sowie mit dem notwendigen Zubehör für Malerei und Rahmung (Almanach Bottin du Commerce, 1842, S. 345; zit. nach Green 1989, S. 30). Einer der ersten Kunsthändler, bei dem Isabey und Diaz Werke leihen, um sie zu kopieren: „Berville chez qui durant notre jeunesse nous avons tous loués des peintures à l’huile, des aquarelles et des dessins de maître pour les copier plus ou moins“ (Isabey in Chronique des arts 1868, hier übernommen von Miquel 1987, S. 339 und Vaisse 1987, S. 400). Berville kauft Seestücke und schätzt die Arbeiten von Hoguet. Berville ist einer der Ersten, der sich für Cabat und für Diaz wegen seiner Nackten interessiert (vgl. ebd.). Frédéric Henriet schreibt 1854 in L’Artiste, S. 134, über Berville: „M. Berville, dans la rue de la Chaussée-d’Antin, a mois résisté aux envahissements de la nouvelle peinture, et il n’est pas rare de saisir à son étalage quelques œuvres du bon temps, de MM. Cabat, Flers, Hoguet, etc., etc., etc.“ 1868 informiert La Chronique des arts, dass „M. Berville – chez qui nous avons tous, dans notre jeunesse, loué des peintures à l’huile, des aquarelles et des dessins de maîtres pour les copier plus ou moins, et qui se repose du tracas passé des affaires en complétant ses belles collections de lithographies de Decamps, de Charlet, de Géricault, de Raffet – M. Berville offre à tous les artistes et amateurs de tableaux un instrument dont l’usage est aussi commode que le titre en est bizarre: c’est le Diomanorama“ („Le Diomanorama par un vieil amateur“, in: La Chronique des arts, Nr. 27, 5. Juli 1868, S. 108;

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zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 57f.). Bei dem Diomanorama handelt es sich um eine Art Opernglas, mit dem Einstellungen bezüglich der Größe und des Ausschnitts des zu betrachtenden Gemäldes vorgenommen werden können. Als Werkzeug für Künstler nützlich, um z. B. ein Gemälde isoliert von seiner Umgebung betrachten zu können (ausführliche Erklärung siehe Roth-Meyer 2006, S. 65, Anm. 7). Lit.: Miquel 1987, S. 339, S. 388; Vaisse 1987, S. 400; Green 1990, S. 25; Mémoires 1836, S. 85; Constant-Viguier/Langlois-Longueville 1836, S. 47f.; Roth-Meyer 2006, S. 57– 66; Green 1989, S. 30; Henriet 1854, S. 134.

BINANT / BINAND, Paris, den 28. April und 4., 7. und 11. Mai 1844: „in verschiedene Magazine, zu Souty, Binand, Duval, Beauboeuf, Court, zusammen gegessen und nach Tisch bis Abend in den Champs Elysées“; „Geschäfte mit Souty, Beauboeuf, Binant, Goupil“; „Mit Goupil und Huriman und in verschiedene Anstalten, zu Binant, Beauboeuf, Durand“; „Früh Besuche von beiden Chevaliers, Frey, Rose, Binant, Werner, Winterhalter“ / Paris, den 29. April 1846: „Geschäfte bei Binant, Goupil“ / Paris, den 25. und 26. August 1851: „Den Quai abgesucht, zu Binant, zu Mallet & Co.“; „Geschäfte bei Beauboeuf, Durand, Binant“ / Paris, den 8., 9., 11. und 13. Juni 1853: „3 Stunden Exposition Royale et rue Enghien bei Bernardy, Binant, verschiedene Kunstsalons, Verreaux“; „zu Gihaut, zu Hauser, Geschäfte, zu Binant, Geschäfte“; „Zu Binant und Giroux“; „Zu Binant Aquarelle gewählt und gerechnet“ / Paris, den 2., 9. und 12. Juli 1855: „Exposition de tableaux. Grandios, über alle Beschreibung. Binant. Palais Royal“; „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Durand-Ruel, Fatout“; „Binant, Petit, Goupil, Giroux“. Adolphe Binant (Lebensdaten unbekannt), zuerst Farbenhändler, Hersteller von Leinwänden und Restaurator, dann Kunst- und Gemäldehändler in Paris, Rue de Cléry 7, dann (auch ?) Rue Rochechouart 70. Binant organisiert 1827 eine Ausstellung vom Salon zurückgewiesener Gemälde in den Räumen von Lebrun (Whiteley 1983, S. 68). 1829 annonciert er bereits eine permanente Gemäldeausstellung (vgl. ebd.). 1836 ist von einem Ausstellungssaal bei Binant die Rede, wo eine große Auswahl an moderner Malerei, Gemälden und Aquarellen allen Genres sowie Miniaturen zum Verkauf und zum Verleih angeboten werden. Sie stammen von gefeierten Künstlern wie Augustin, Mansion, Millet, Saint, Parant etc. Binant soll einer der erfolgreichsten Kunsthändler in den 1830er Jahren gewesen sein (Vaisse 1987, S. 400). Binant ist ständiger Lieferant von Provinz-Ausstellungen, z. B. in Marseille und in Bordeaux (vgl. ebd.). Seine Mitarbeiter Bourges und Surville werben ihm die Künstler, machen sich aber später selbstständig (vgl. ebd.). Hadrot wird sein Schwiegersohn und Nachfolger. 1842 wirbt Binant mit einer ständigen Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen zusammen mit Miniaturen und Schaufensterpuppen (Almanach Bottin du Commerce, 1842, S. 345; zit. nach Green 1989, S. 39). Frédéric Henriet schreibt 1854, S. 134, in L’Artiste über Binant: „C’était le temps où les scènes populaires de M. H. Bellangé, quaccaparait l’heureux M. Binant, forcaient le passant de s’arrêter, quelque affaire qui le pressât“. 1858 verkauft Isabey Binant einige Gemälde (Vaisse 1987, S. 400). Noch 1862 ist von einer speziellen „Malerleinwand“ die Rede, die Binant erfunden haben soll.

2 Lexikon der (erwähnten) Kunsthändler  | 545 Lit.: Cabinet de l’amateur 1844, S. 554; Constant-Viguier/Langlois-Longueville 1836, S. 62; Feydeau, Nr. 1, 1869, S. 314; Almanach bottin du commerce, 4. Jg., 1842, S. 345; Green 1990, S. 26; Martin-Fugier 2007, S. 173; Lacroix 1861, S. 59f.; Scheffler 1904, S. 414; Gemeinnützige Wochenschrift, Jg. 12, Nr. 18, Würzburg 1862, S. 216; Miquel 1987, S. 388; Green 1989, S. 30; Whiteley 1983, S. 68; Henriet 1854, S. 134; Vaisse 1987, S. 400.

BOLGIANO, München, den 19. und 22. November 1847: „Früh Besuche von Künstlern und Bolgiano, dann die Arbeiten Quaglios gesehen und mit ihm zu der Adam’schen Familie Albrecht, Benno, Franz, Julius. Tüchtige Sachen“; „Abschiedbesuche von Bolgiano“. Hilario Bolgiano (Lebensdaten unbekannt), Kunsthändler in München. Bolgiano ist gebürtiger Italiener. 1804 soll der bayerische Kronprinz Ludwig den jungen Bolgiano in Genua kennengelernt und nach München gelockt haben, wo er zunächst Konfekt- und Schatzmeister, dann Collegiensekretär des Königs ist (evtl. handelt es sich bei dem Collegiensekretär und dem Konfektmeister Bolgiano auch um zwei verschiedene Personen; aus der zeitgenössischen Presse ist dies nicht eindeutig herauszulesen). Im Laufe von 25 Jahren kauft Bolgiano über 800 Ölbilder an: vor allem 130 Gemälde von Albrecht Adam, andere von Bürkel, Wagenbauer, Haushofer, Zwengauer, Kaltenmoser, Lotze, Zimmermann, Lange, Bamberger, Löffler, Senger, Benno und Franz Adam. Bolgiano stellt die Gemälde in seiner Wohnung in der Galeriestraße 1 aus, wo die Werke besichtigt und angekauft werden können. 1857 ist von einer Privatsammlung Bolgiano ebenda und einer Kunsthandlung Bolgiano in der Galeriestraße 65 die Rede. König Ludwig I. erwirbt über Bolgiano eine Anzahl Bilder für die Neue Pinakothek. Der Berliner Sammler Konsul Wagener korrespondiert mit ihm in einer gewissen Regelmäßigkeit und kauft bei Bolgiano ein Gemälde von Albrecht Adam an. 1841 organisiert Bolgiano eine Gemäldeausstellung mit Bildern von Münchener Künstlern im Kunstvereinslokal im Volksgarten zu Wien. Er beschickt außerdem die Kunstvereinsausstellungen in Hamburg, Hannover und Prag. Enge Verbindung zum Münchener Kunstverein. Bolgiano handelt in kleinerem Umfang auch mit Werken von Joseph Anton Koch. Kaulbach soll ein Porträt von Bolgiano gemalt haben als königlicher Bote mit zahlreichen Orden (Frankfurter Konversationsblatt 1852). Lit.: SMB ZA, NL Künstlerbriefe Bd. 1, B l. 43,48, 51, 54 und 56; SMB ZA, NL Wagener, Briefkonzepte, B l. 297; Gatenbröcker 2005, S. 16; Kunstblatt 1834, Nr. 46, S. 181 und Nr. 66, S. 263; Bolgianos Gemäldeausstellung 1840, S. 449f.; Ausst.-Kat. Neue Pinakothek 2003, S. 141, S. 156 und S. 207; Sepp 1869, S. 317; Förster 1854, S. 264; Frankfurter Konversationsblatt. Belletristische Beilage zur Postzeitung, Nr. 267, 1852, S. 1067; Schillers München 1857, S. 149.

BRAME (Pariser Kunsthändler; in Sachses Tagebüchern nicht namentlich erwähnt.) Hector-Henri-Clément Brame (1831–1899), Schauspieler, Bühnenbildner, Schriftsteller, Kunsthändler und -experte. Brames Familie stammt aus Lille (Vaisse 1987, S. 402). Als junger Mann ist er befreundet mit Achille Ricourt (1797–1879), der mit finanzieller Unterstützung des Vaters Aimé Brame 1831 die Kunstzeitschrift L’Artiste gründet (vgl. ebd.; Müllerschön/Maier 2002, S. 417). 1848 kommt er nach Paris und

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wird Schauspieler und Bühnenbildner an der Comédie Française, wo er zwischen 1858 und 1864 unter dem Pseudonym „de Lille“ auftritt (Müllerschön/Maier 2002, S. 417). Er spielt in einigen Stücken von Alfred de Musset (ten-Doesschate Chu 1992, S. 640). Daneben betätigt sich Brame als Schriftsteller (Müllerschön/Maier 2002, S. 417). Durch seine Heirat mit Felicité Tempeleare, der Schwester der Kunsthändlers Gustave Tempeleare, im Jahr 1865 tritt Brame ins Kunsthandelsgeschäft ein (ebd.). Die beiden, Tempeleare und Brame, handeln in einer Galerie in der Rue Taitbout 39, einer Parallelstraße der Rue Laffitte (ebd.; Miquel 1987, S. 402 gibt die Hausnummer 36 an und ten-Doesschate Chu 1992, S. 640 die Hausnummer 47). 1867 zieht Tempeleare in eine eigene Galerie in der Rue Laffitte 28 (Müllerschön/Maier 2002, S. 417). Nach Miquel ist Brame danach in der Rue Saint-Georges 39 ansässig (Vaisse 1987, S. 402). Brame und Tempeleare handeln vorwiegend mit Bildern von Corot und Diaz, aber auch mit Arbeiten von Millet, Jongkind, Boudin und Rousseau (Müllerschön/Maier 2002, S. 417). In den 1860er Jahren enge Zusammenarbeit mit Paul Durand-Ruel. Die beiden Händler, die in dieser Zeit als Partner arbeiten, zeigen besonderes Interesse an den Plein-Air-Studien der Künstler von Barbizon, u. a. von Rousseau. Das Team aus dem extrovertierten ehemaligen Schauspieler Brame und dem eher zurückhaltenden Durand-Ruel, der auf weitreichende Erfahrungen aus dem Kunsthandel seines Vaters zurückgreifen kann, ist sehr erfolgreich (Kelly 1999, S. 427; Müllerschön/Maier 2002, S. 418). 1866 besuchen Brame und Durand-Ruel den Künstler Millet in Barbizon. Sie bieten ihm 30000 Francs für sein gesamtes Werk (ebd.). Millet lehnt ab, ermutigt aber Rousseau, in Kontakt mit den beiden Händlern zu treten. Noch im selben Jahr besuchen Brame und Durand-Ruel Rousseau und bieten ihm an, einen Großteil seiner Studien inklusive einer großen Anzahl früher Skizzen anzukaufen. Angeblich zögert Rousseau, seine Studien herzugeben, die intime Details seines kreativen Prozesses offenlegen, akzeptiert dann aber das Angebot (vgl. ebd.). Die Summe ist enorm, die die Händler dem Künstler bieten. Für insgesamt 91 Bilder bezahlen sie Rousseau 100000 Francs (vgl. ebd.). Rousseaus Skizzen sind bald in den Galerien der Händler zu sehen. Sensier notiert: „On commence à voir les vieux tableaux de Rousseau chez Brame et Durand-Ruel. On les fait valoir comme anciens, du bon temps. Triste! Triste!“ (zit. nach Kelly 1999, S. 427f.). 1867 sind 80 dieser Arbeiten im „Cercle des Arts“ in Paris ausgestellt (ebd., S. 428). Mit dem Ankauf und der Vermittlung von Rousseaus privaten Studien stoßen die beiden Händler in einen bereits existierenden Markt für Ölskizzen vor (vgl. ebd.). Auch Moyon und Souty bieten Ölskizzen an. Durand-Ruel kann bis zum Ende der Dekade den Großteil der Arbeiten für das Doppelte des Ankaufspreises verkaufen (vgl. ebd., S. 428f.). Brame und Durand-Ruel trennen sich zur Zeit des Deutsch-Französischen Krieges (Kelly 1999, S. 427). 1870 flüchtet Brame nach Brüssel, wo er auf weitere Pariser Flüchtlinge wie Diaz und Dupré trifft, für die er als Vermittler auftritt (Müllerschön/ Maier 2002, S. 417; Vaisse1 1987, S. 402). Über seine Kontakte zum Theater gelingt es Brame, einige potente Sammler zu erreichen (Müllerschön/Maier 2002, S: 417). 1892 zieht Brame mit seiner Galerie in die Rue Laffitte 2 (ebd.). Sein Sohn Hector und sein

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Enkel Paul führen das Geschäft weiter, das sich seit 1921 auf dem Boulevard Malherbes 68 befindet und noch heute unter dem Namen Brame et Lorenceau existiert. Zola karikierte Brame in seinem Werk „L’œuvre“ unter dem Pseudonym „Naudet“ (Vaisse 1987, S. 402; Müllerschön/Maier 2002, S. 417). Lit.: Kelly 1999, S. 427–435; Ten-Doesschate Chu 1992, S. 640; Vaisse 1987, S. 402; Müllerschön/ Maier 2002, S. 417f.

BRIDGEWATER GALLERY, London, den 20. August 1851: „Unübertreffliche Kunstwerke. Dann Geschäfte geschlossen“. Privatgalerie in London. Bridgewater House in Cleveland Row ist bekannt für seine hochwertige Gemälde-Kollektion, worin Teile noch aus der Sammlung des ersten Duke of Sutherland stammen. Die Bridgewater-Kunstschätze gehen nach dem Tod des Dukes 1833 an die Familie Egerton über. Die Gemäldekollektion des Bridgewater-House übt einigen Einfluss auf den allgemeinen Kunstgeschmack seiner Zeit aus. Lit.: Meyers Conversations-Lexikon 1888, S. 69.

BUDDÄUS / BUDDEUS, Düsseldorf, den 15. und 16. Juli 1861: „In der Ausstellung des Kunstvereins sehr viel Schönes. Mit Buddäus bei Keller; seine Zeichnungen zur Sixtina bewundert. Demarchen zur Acquisition des Bildes von Achenbach für meine Ausstellung“; „Mit Lüdecke und Buddäus auf die Ausstellung“. Julius Friedrich Albert Buddeus (1812–1873), Buch- und Kunsthändler und Verleger in Düsseldorf. Buddeus kommt 1839 aus Bielefeld nach Düsseldorf und eröffnet eine Buch- und Kunsthandlung. Noch im selben Jahr zeichnet Adolph Schroedter einen Briefkopf für die Buddeus’sche Kunsthandlung. Buddeus wird umgehend Mitglied des Kunstvereins der Rheinlande und Westphalen. Buddeus scheint mehrmals umgezogen zu sein. So ist er in den Adressbüchern von 1843 in der Alleestraße 429, 1844 in der Alleestraße 426, 1847 wieder in der Alleestraße 429, 1855 in der Elisabethstraße, 1856 in der Herzogstraße 1 und von 1859 bis 1867 in der Krautstraße 59 verzeichnet, wobei die letzten drei Straßen an einer Kreuzung zusammenlaufen und wohl eine Adresse gemeint ist (nach Müller 2010, S. 117, Anm. 510). 1844 eröffnet Buddeus eine permanente Kunstausstellung (Müller 2010, S. 117). Das Correspondenz-Blatt des Kunstvereins berichtet erstmals im Juni 1845 von einer solchen Kunstausstellung bei Buddeus (vgl. ebd.). Buddeus stellt Karl Hübners „Arme Weberfamilie“ aus dem Jahre 1845 und Werke von Lessing und Schroedter sowie weitere Maler der Düsseldorfer Malerschule aus. 1848 stößt Eduard Schulte (1817–1890) zu Buddeus, in dessen Hände der Ausstellungspart der Buddeus’schen Kunsthandlung spätestens 1850 übergeht. Die nun von Schulte geführte permanente Ausstellung verbleibt in der Alleestraße und Schulte konzentriert sich auf den Gemäldehandel. Buddeus ist von nun an primär als Verleger tätig. Rege Zusammenarbeit mit Weigel in Leipzig. Kooperation mit Düsseldorfer Malerschülern, die die Graphiken für die von Buddeus herausgegebenen illustrierten Buch- und Mappenwerke liefern. Als Buddeus 1873 stirbt, führt seine Witwe das Geschäft noch bis 1880 weiter.

548  |  Anhang Lit.: Müller 2010, S. 116–119; Müller 2011, S. 313–317; Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011, Bd. 2, S. 84; Schulze 1924, S. 134. Abb.: Adolph Schroedter: Briefkopf der Kunst-Handlung von Julius Buddeus 1839, in: Müller 2010, S. 117, Abb. 6; hier Abb. 248.

BULLA (Sachse gibt gemeinsam mit Bulla Lithographien heraus.) Familie von Kupferstechern, Graphikhändlern und Verlegern in Paris. François Bulla ist 1814 in der Rue du Temple 92 nachweisbar (http://www.culture. gouv.fr/public/mistral/joconde_fr). Zwischen 1816 und 1817 ist er unter der Adresse Rue Saint-Jacques 32 verzeichnet (vgl. ebd.). Zu dieser Zeit tut er sich mit Céréghetti, einem Rahmenbauer in der Rue Galande 51, zusammen. Veröffentlichung von „images charactéristiques de la rue Saint-Jacques“. Um 1820 führt Bulla Farbstichserien mit den „Schönheiten der Nationen“, wie „La Jeune Prussienne“ und „La Belle Autrichienne“, sowie Vornamenbilder auch mit literarischen Anklängen als bezahlbaren Wandschmuck (Pieske 1988, S. 83). 1853 stirbt Céréghetti. Bulla tut sich mit Stampa, Rue des Grands-Augustins, zusammen. Stampa stellt Rahmen mit schmalen Zierleisten her, in denen die kleinen Kupferstiche verkauft werden. Seit 1855 ist Bulla kein Verleger mit eigener Adresse mehr (Joconde). Sein Sohn, E. Bulla, führt 1836 bis 1838 ein eigenes Geschäft am Quai Saint-Michel 25 und von 1838 bis 1844 in der Rue Tiquetonne 18 (vgl. ebd.). 1845 assoziiert sich E. Bulla mit Eugène Jouy zu der Firma Bulla Ainé & Jouy zusammen. 1846 tritt Bullas Bruder Joseph mit in das Geschäft ein, das sich nun Bulla-Frères & Jouy nennt und so bis 1869 in der Rue Tiquetonne 18 existiert. Danach trennen sich Bulla und Jouy. Jouy ist von da an nur noch bis 1870 verzeichnet. E. Bulla zieht allein in den Boulevard Poissonnière 17, später Rue de la Victoire (vgl. ebd.). Joseph Bulla, der jüngste Sohn, ist 1838 mit F. Delarue assoziiert und in der Rue J.J.-Rousseau verzeichnet. Sie bleiben bis 1846 zusammen, danach geht Joseph Bulla eine Partnerschaft mit seinem Bruder E. Bulla und Jouy ein (vgl. ebd). Der dritte Bulla-Sohn, Antoine, ist bis 1855 in Cádiz, Spanien. Die Lithographien, die er hier verkauft, sind von Laujot, Place Maubert 26. Dieselbe Adresse ist auch für Bulla selbst zu finden. Als Antoine Bulla zurück nach Paris kommt, übernimmt er den Platz seines Vaters in einer Assoziation mit Stampa fils (vgl. ebd.). Der vierte Bulla-Sohn, Laurent Bulla, erscheint 1850 in Bordeaux (vgl. ebd.). 1848 eröffnet Ferdinand Ebner ein Kunstverlagshaus und Commissionsgeschäft in Berlin als Depot des Verlages Bulla Frères & Jouy in Paris sowie einem „Assortiment der neuesten und älteren Kunstblätter aller anderen Verleger in Paris“ (Schulz 1856, S. 39). Lit.: Lacroix 1861, S. 61; Taylor 2002; Schulz 1856, S. 39; Pieske 1988, S. 83; Joconde.

2 Lexikon der (erwähnten) Kunsthändler  | 549

C CAFÉ AUX MILLES COLONNES, Brüssel, den 16. Juni 1853: „Zum Café aux milles collonnes. Wundervolle Galerie mehrere 100 Meisterwerke“. Vornehmes Kaffeehaus in Brüssel, Place de la Monnaie. Bekannt für seine Schachspieler. Treffpunkt der Société du cercle. Lit.: Baedeker, Belgien 1855, S. 40; Imbert/Bellet 1828, S. 76 und S. 172.

CERCLE DES ARTS (Sachse wird schon in den 1838 zum Mitglied ernannt.) Eine Art Gentlemans Club für Kunstfreunde in Paris, Rue de Choiseul, mit eigenen Ausstellungsräumen. 1867 Ausstellung von 80 privaten Ölskizzen des Künstlers Theodore Rousseau, die Paul Durand-Ruel und Hector Brame im Jahr zuvor von demselben angekauft haben (Kelly 1999, S. 428). Es handelte sich überwiegend um frühe Arbeiten aus den 1830er und 1840er Jahren (ebd.). Lit.: Kelly 1999, S. 428.

CEVA, Den Haag, den 4. April 1837: „Besuch bei Oberst von Ceva, dessen Galerie“. Alexander Pierre Philips Cornelis Robert de Ceva (1791–1876), Kunsthändler mit eigener Galerie in Den Haag; nachweisbar in den Jahren von 1831 bis 1840. Lit.: Hoogenboom 1993/1994, S. 145.

COLNAGHI, London, den 18. und 19. April 1838: „Besuch mit Ackermann bei Colnaghi und in der Pallmall Exhibition“; „früh zu Colnaghi mit Ackermann, Abschiedsbesuche“ / London, den 16. August 1851: „Früh zu Sowerby, Ackermann, Colnaghi, Hering und Days Institute gesehen“. P. & D. Colnaghi ist eine der ältesten Kunsthandlungen Londons. Gegründet wird sie bereits 1760 von dem Italiener Giovanni Battista Torre (gest. 1780) als Cabinet de Physique Expérimentale – nicht in London, sondern in Paris. Hier sind Barometer aus eigener Herstellung zu erwerben, aber auch aus England importierte wissenschaftliche Instrumente, Bücher und Drucke. Bekanntheit erlangt Torre, der selbst eine Ausbildung zum Theaterdekorateur absolvierte, als führender Entwerfer und Veranstalter von Feuerwerkspektakeln. 1770 richtet er das Feuerwerk anlässlich der Hochzeit von Marie Antoinette und dem späteren König Louis XVI. aus. Spätestens 1767 eröffnet Torres Sohn Anthony ein eigenes Geschäft, nun in London, das sich auf Drucke spezialisiert. Anthony Torre veröffentlicht Loutherbourgs „Caricatures“ genauso wie eine „great choice of Prints, Books of Prints, and Drawings by the best Masters“ (zit. nach Colnaghi 2010, S. 4). 1776 tritt Anthonys Bruder mit in das Geschäft ein, von dem nur das Initial „L.“ bekannt ist. Nach dem Tod des Vaters 1780 geht Anthony Torre eine Geschäftspartnerschaft mit Charles Ciceri ein, der in seinem Laden in der Rue St-Honoré in Paris aus England importierte Drucke und wissenschaftliche Instrumente verkauft. Schon zwei Jahre später wird diese Partnerschaft wieder aufgelöst, weil der Bruder L. Torre ein eigenes Graphikgeschäft in der Nähe der

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Bastille eröffnet, mit dem er 1784 in die Arkaden des Palais Royal 93 umzieht. Als Geschäftsführer für dieses neue Geschäft empfiehlt Ciceri einen seiner Mitarbeiter, den aus Mailand stammenden Peter Paul Colnaghi (1751–1833). Die Empfehlung kommt eben noch zur rechten Zeit, denn einer von Ciceris Kunden, Benjamin Franklin, versucht, Colnaghi abzuwerben und mit nach Amerika zu nehmen. Colnaghi bleibt ein Jahr in dem Pariser Geschäft. Im Mai 1785 geht er als Partner von Anthony Torre nach London. Torre und Colnaghi geben Kupferstiche von Künstlern wie William Wynne Ryland und Valentine Green, Giambattista Cipriani und Angelika Kauffmann heraus, aber auch von alten Meistern wie Guido Reni, welche meist von Francesco Bartolozzi gestochen sind. 1781 wird eine weitere Partnerschaft mit John Thane eingegangen und ein zweites Geschäft, The Ancient and Modern Print Warehouse, am Haymarket 28 aufgemacht, wo John Greenwood Auktionen abhält. Seit 1785 geben Torre & Co. gemeinsame Kupferstiche mit Carlo Artaria heraus. 1776 Umzug in ein größeres Geschäft in Pall Mall 132. Paul Colnaghi heiratet Elisabeth Baker, die Schwester von Torres Frau. 1788 geht Anthony Torre nach Italien in den Ruhestand. Anthony Molteno wird Partner in der Firma, die sich nun Molteno, Colnaghi & Co. nennt. Es werden neue enge Verbindungen nach Paris geknüpft. 1793 entscheidet sich Molteno, auf eigene Faust weiterzumachen. Paul Colnaghi tut sich mit Luigi Schiavonetti, Gaetano Testolino und Santo Tessari zusammen. Trotz schwieriger Zeiten stellt sich erneut ein kommerzieller Erfolg ein. Sie veröffentlichen Reproduktionen und originale Kunstblätter, führen ein Sortiment an alter Graphik und Zeichnungen und bieten alles an, was mit mathematischen, optischen und wissenschaftlichen Instrumenten zu tun hat, ganz in der Tradition der Anfänge des Geschäfts. Ihr bekanntestes Produkt sind die dekorativen Drucke „Cries of London“. Colnaghis Konkurrent Rudolph Ackermann bringt von ihnen eine Karikatur-Version heraus. 1796 lösen Schiavonetti und Testolini die Verbindung mit Colnaghi auf, der das Geschäft bis um 1800 nun allein mit Tessari weiter betreibt, als Colnaghi, Sala & Co. 1799 zieht Colnaghi in die Cockspur Street 23. Er gibt eine Reihe von Porträts der „königlichen und vortrefflichen Gesellschaft“ heraus. 1802 treffen die alten Bekannten auf der Leipziger Messe zusammen: Tessari, Artaria, Schiavonetti, der nun in Berlin ist, Bartolozzi, wahrscheinlich Francescos Sohn Gaetano und Colnaghi. Es werden erneut Handelsverbindungen angeknüpft. 1807 heiratet Colnaghis Tochter Caroline John Scott, den Gründer und Herausgeber des London Magazine. 1810 nimmt Colnaghi seinen ältesten Sohn Dominic (1790–1879) als Partner mit ins Geschäft und wirbt John Eckstein als Kupferstecher und Assistent. Auch der zweitälteste Sohn Martin Henri tritt bald in das Geschäft mit ein. Colnaghi & Co. nehmen Militaria mit in das Programm auf. Zudem können Künstler wie Henri Bernard Chalon und Thomas Lawrence für das Unternehmen gewonnen werden (Veröffentlichung der Radierungen von John Sell Cotman 1811). Colnaghis monatliche Empfänge für seine aristokratische und gehobene Kundschaft werden zum wichtigen Ereignis auch für London-Besucher. Nach 1816 entstehen die „Series of views of the public buildings and bridges in London“, handkolorierte Aquatinten von Robert Havell, mit englischen und französischen Untertiteln für den internationalen Verkauf. Colnaghi wird zum Graphikhändler für

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den Prinzregenten und späteren König George IV., den Duc d’Orléans und die Königin von Württemberg. Paul Conaghi will sich nach 1821 zur Ruhe setzen und zurück nach Italien gehen. Das Geschäft soll an die beiden Söhne übergehen. Doch 1824 strengt Martin eine Klage gegen Paul und Dominic an. Sie verlassen ihn und eröffnen ein neues Lokal in der Pall Mall. 1829 tritt Caroline Scott mit in das Geschäft ein, solange bis ihr Sohn Paul Anthony Scott 1839 die Volljährigkeit erreicht. Der Torre-Clan der Familie geht nach Italien, während Paul Colnaghi bis zu seinem Tod 1833 weiter in dem Geschäft arbeitet. Martins eigener Weg ist nicht von Erfolg gekrönt. Er ist 1832 und 1843 insolvent. Dominic hingegen geht Geschäftsfreundschaften mit führenden Künstlern und Sammlern ein und wird zu einer zentralen Figur auf dem Kunstmarkt. John Constable ist seit spätestens 1821 im Umkreis der Colnaghis erwähnt. Weil Paul Colnaghi für Constables Pariser Händler bürgt, wird dessen „Heuwagen“ 1824 auf dem Pariser Salon gezeigt, für den Constable eine Goldmedaille gewinnt. Für das Jahr 1827 hat sich eine Korrespondenz erhalten, in der sich Dominic Colnaghi darum bemüht, weitere Gemälde Constables nach Paris zu bringen (außerdem ist eine Leihanfrage von Rembrandts „Drei Bäume“ erwähnt). Andere prominente Künstler stellen regelmäßig Leihanfragen. Von 1830 bis 1833 ist Colnaghi der wichtigste Händler von Constables „englische Landschaften“ -Mezzotintas. Dominic Colnaghi verkauft außerdem Lithographien von Richard Parkes Bonington. Die Firma Colnaghi beteiligt sich an der Organisation der Ausstellungen der British Institution, die 1829 eine Reihe von Werken von Eugène Delacroix und Copley Fielding zeigt. 1831 beschließt Colnaghi, Kupferstiche von den Werken aus der National Gallery herauszugeben. Als Artaria 1828 Drucke des Kupferstechers Abraham Reimbach bestellt, organisiert Colnaghi deren Transport nach Mannheim. Colnaghi stärkt seine führende Stellung auf dem Graphikmarkt durch die Etablierung neuer Drucktechniken wie die Lithographie. Er versorgt den internationalen Markt mit hochwertigen Drucken. John Scott ist für ein weiteres innovatives Abenteuer der Firma verantwortlich. Bei Ausbruch des Krimkrieges verpflichtet er William Simpson, an den Kriegsschauplatz zu reisen und Zeichnungen zu machen. 1854 bis 1856 erscheint eine Serie von 81 Lithographien, „The Seat of War in the East“. Auch die Fotografien des Kriegs-Fotografen Agnew hilft Colnaghi zu verkaufen, die eine wichtige Ergänzung zu Simpsons Lithographien bilden. Fotografien werden zu einem weiteren wichtigen Produkt bei Colnaghi (1858 Leonida Caldesi und Mattia Montecchis Aufnahmen der „Gems of the Art Treasure“, 1864 Julia Magret Camerons Fotografien von Modellen, die Posen aus altmeisterlichen Kupferstichen einnehmen). John Anthony Scott stirbt 1864, Dominic Colnaghi geht 1878 in den Ruhestand und stirbt im Jahr darauf. Andrew McKay wird alleiniger Inhaber der Firma, später zusammen mit E. F. Deprez und Otto Gutekunst, die ebenfalls aus dem Graphikhandel kommen. 1894 wird Otto Gutekunst (1865–1947) Teilhaber des Unternehmens, das zusätzlich den Handel mit Gemälden aufnimmt. Gutekunst geht eine enge Verbindung mit dem jungen Bernard Berenson ein. Zusammen formen sie die Sammlung von Mrs. Isabella Steward Gardner, die heute in dem Venezianischen Palazzo in Boston ausgestellt ist. Noch heute

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existiert die Kunsthandlung unter dem Namen Bernheimer Colnaghi, die auf dem internationalen Parkett mit Gemälden alter Meister handelt. Lit.: Howard 2010; Manning/Shaw 1960; Wolff-Thomsen 2006, S. 180; Donson 1977, S. 310–312; Printing times, Bd. 6, London 1880, S. 20.

COTTA, München, den 18. November 1847: „Dann Geschäfte mit der Hermann’schen mit von Montmorillon und Cotta’schen“. Johann Friedrich Cotta (1764–1832), Verleger. Cotta stammt gebürtig aus Stuttgart. Nach einem Mathematik-, Geschichts- und Jura-Studium übernimmt er 1787 die Leitung der völlig verschuldeten Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Tübingen, die seit 1659 in Familienbesitz ist. Er baut die Buchhandlung in wenigen Jahren zu einem erfolgreichen Unternehmen aus. Ab 1795 verlegt er Schillers Horen. Cotta ist auch der Verleger von Goethe, Hölderlin, Hebbel, Uhland, Schwab, Schelling, Fichte, Pestalozzi und Kleist. 1798 gründet er die renommierte Allgemeine Zeitung, ab 1807 die kulturelle Tageszeitung Morgenblatt für gebildete Stände und ab 1820 Das Literaturblatt. 1810 zieht das Unternehmen nach Stuttgart und erwirbt 1839 die G. J. Göschen’sche Verlagsbuchhandlung in Landshut. Im selben Jahr errichtet Cotta eine Bibelanstalt in Stuttgart und München. In Stuttgart wird das Unternehmen erfolgreich weitergeführt. Über verschiedene Umwege erwirbt 1977 die Firma Ernst Klett – Verlag und Druckerei – alle Anteile der Cotta’schen Buchhandlung von deren letztem Besitzer Wilhelm Schlösser. Lit.: Bäuerle Lohrer 1959; Cotta 2009.

COUTEAUX, Brüssel, den 16. Juni 1853: „Zuerst zu Geruzet, zu van der Kolk, Tessaro, Couteaux, der eine Galerie der ausgezeichnetesten Sachen aller Schulen besitzt. Der große Isabey zu 4000 Reichsthaler ist das schönste Werk, das ich in dieser Art je gesehen. Braekeleer, Gudin und 100 andere von erstem Wasser! Will schicken“. Gustave Couteaux (Lebensdaten unbekannt), Banker, Politiker, Sammler und Kunsthändler. Couteaux ist belgischer Herkunft und stellt seit den 1840er Jahren in Paris und in Brüssel, Passages des Panoramas 27, aus (Vaisse 1987, S. 402). Couteaux fördert französische und belgische Maler, u. a. die Künstler der Schule von Barbizon, wie Jacque, Millet, Rousseau und Diaz. „Dieser exzellente Couteaux“, wie Rousseau ihn beschreibt, kauft aber zu teuer ein und unterschreibt aus Freundschaft Schuldscheine und „monnaie non scripturale“, die insbesondere die Landschaftsmaler Jacques, Diaz und Rousseau unter sich tauschen (zit. nach Vaisse 1987, S. 402). Anlässlich der Krise 1848 schließt er sein Geschäft, kehrt aber 1852 zurück und setzt seine Aktivität als „Banker“ der Maler fort. Der Verkauf von Isabeys „Le mariage de Henri IV“ erzielt 10000 Francs. Er ist seit 1863 Experte mit Verkaufsräumen. Seit 1869 ist Couteaux der Agent von de Brakeleer (Vaisse 1987, S. 402). Lit.: Vaisse 1987, S. 402; Ausst.-Kat. Barbizon School 1985, S. 114; Ausst.-Kat. Belgian Avantgarde 1994, S. 63 und S. 83f.

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D DAZARIO, Paris, den 22. August 1851: „Goupil, Susse, Bernardy, Kunstläden; Hauser, Dazario. Viele Deutsche“ / Paris, den 2. Juli 1855: „Früh zu Goupil, Hauser, Dazario, Berville“. Dazario (Lebensdaten unbekannt), Verleger und Graphikhändler aus St. Petersburg, in Paris ansässig am Boulevard des Italien. „Eines Tages besah Vernet die neuen Kupferstiche am Erker des Bilderhändlers Dazario“ (Frankfurter Museum 1857, S. 156). „Un certain jour, Vernet regardait des gravures nouvelles à létalage de Dazario“ (Revue Française 1857, S. 101). „La première chose qui attire l’attention du Parisien en entrant dans la Perspektice Nevsky, c’est le nom du marchand d’estampes Dazario dont il a sans doute remarqué l’enseigne russe sur le boulevard Italien“ (Niqueux 1998, S. 78). Dazario gibt um 1850 eine Reihe von Lithographien mit Ansichten aus Paris und St. Petersburg heraus, die bei Lemercier gedruckt sind. Lit.: Frankfurter Museum, 3. Jg., Nr. 16, 18. April 1857, S. 156; Revue Française, 3. Jg., Bd. 8, Paris 1857, S. 101; Niqueux 1998, S. 78.

DAGUERRE, Paris, den 5. April 1838: „Besuche von und bei Künstlern, Diorama (von Daguerre), Einkäufe“. Louis-Jacques Daguerre (1787–1851), Künstler, Besitzer des Pariser Dioramas, Erfinder der Daguerreotypie. Leben und Wirksamkeit sind hinreichend bekannt. Zu Sachse und Daguerre siehe Kapitel III. DEFORGE / DEFORGES / DESFORGES (Pariser Kunsthändler; in Sachses Tagebüchern nicht namentlich erwähnt.) Armand-Auguste Deforge (1802–1886), Farben- und Kunsthandel, Boulevard Montmartre 8. Deforge wendet sich in seinem Geschäft für Künstlerfarben mehr und mehr auch dem Bilderhandel zu (Müllerschön/Maier 2002, S. 418). 1839 erscheint im Geschäft von Deforge eine Landschaft von Diaz, die vom Salon zurückgewiesen worden war (Whiteley 1983, S. 73). 1840 kauft Deforge wohl als erster Händler ein Gemälde von Rousseau („La vallée aux vaches“, das im Salon 1839 ebenfalls zurückgewiesen worden war; vgl. Kelly 1999, S. 420). Rousseau selbst kommentiert diesen ersten Ankauf als absolute Ausnahme zu dieser frühen Zeit (vgl. ebd.). Deforge hat eine Vorliebe für „Neo-Rokoko-Malerei“, die Champfleury als Malerei „de fantaisie“ und sogar als „école de Desforges“ bezeichnet: „L’école Desforges accapare le Salon de cette année. Définissons l’école Desforges: M. Couture en est le chef, et méritait de l’être [...]; enfin MM. Diaz, Celestin, Nanteuil et Baron sont les peintres de fantaisie de ladite école“ (Champfleury, Salon de 1846, S. 32; zit. nach Kelly 1999, S. 431, Anm. 13). Deforge spezialisiert sich auf kleinformatige, farbintensive Orientgenre- und Blumenbilder von Diaz und Millets frühe galante Sujets (vgl. ebd.; Müllerschön/Maier 2002, S. 418). Zudem vertritt er Daubigny. 1846 schreibt Baudelaire, dass „la couleur de Monsieur Faustin

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Besson [ein weiterer Repräsentant dieser Art der Malerei, d. V.] perd beaucoup à n’être plus troublées et miroitée par les vitres de la boutique Deforge“ (zit. nach Whiteley 1983, S. 73). 1854 berichtet Frédéric Henriet ausführlich über Deforge: „[…] le marchand de couleurs du boulevard Montmartre. C’est aussi un de celles qui pratiquent le moins ces honteux trafics inspirés de la banque d’échange d’un trop fameux économiste, et qu’Harpagon ou Gobseck eux-mêmes n’eussent pas toujours imaginés. C’est chez M. Deforge que se réfugie particulièrement le séditieux empâtement de l’école du peintre de l’Orgie romaine. MM. Couture, Faustin Besson, Muller, Verdier, Monginot, etc., etc., sont les pourvoyeurs brevetés de cette riche galerie, qui peut, avec orgueil, montrer au visiteur des œuvres d’élite, telles que le Fauconnier, de M. Couture; le Trouvère, du même; l’Homme entre deux âges, de M. Verdier; les Cérises, de Faustin Besson, ce gai tapageur qui peint a giono; la Femme au tambour de basque, de Muller; une Fantaisie italienne, de M. E. Hébert, et un excellent choix de têtes d’études. Ce fut devant le magasin de M. Deforge que la foule s’arrêta il y a quelques semaines pour admirer le superbe portrait de Mélingue, dans son costume de Benvenuto Cellini, chef-d’œuvre de pastel signé Eugène Giraud, un des artistes qui ont le plus de talent. On rencontre encore chez M. Deforge des œuvres diverses de MM. Cabat, Palizzi; – Diaz, qui secoue partout un peu les rubis de sa brosse; – Couturier, Desjobert, Flers et Legrip, – deux Normands qui ont dans leur botte à couleurs tous les poèmes de verdure de leur seul natal; et je recommanderai aussi au visiteur une Vue des bords d’une rivière, paysage frais et aéré, d’un aspect facile, d’une couleur souriante, d’une touche légère: on a reconnu Daubigny, le peintre aimé des moissons d’or, des eaux limpides et de fles joyeusement vertes“ (Henriet 1854, S. 133). 1858 tritt Marie-Charles-Edouard Charpentier (1830–?), selbst Farbenhändler, als Partner in das Geschäft mit ein, das er sieben Jahre später übernimmt (vgl. ebd.). Pissarro, Sisley und Renoir stellen hier nun einige Bilder aus. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 muss die Galerie jedoch geschlossen werden (vgl. ebd.). Lit.: Müllerschön/Maier 2002, S. 418f.; Lévêque 1990, S. 146; Davenport 1983; Kelly 1999, S. 419– 436; Whiteley 1983, S. 73; Henriet 1854, S. 133.

DELESSERT, Paris, den 9. Mai 1844: „Galerie Renouard, Delessert, dann mit Goupil zu Mozin“. Delessert (Lebensdaten unbekannt), Privatsammler und/oder Kunsthändler in Paris. Seine Galerie besteht aus modernen und alten Meistern, Letztere überwiegend Niederländer des 17. Jahrhunderts. 1869 wird die Galerie Delessert in Paris versteigert. Lit.: „Die Versteigerung der Galerie Delessert“, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Beiblatt, IV. Jg., Nr. 13, Leipzig 1869, S. 121–123; Catalogue des tableaux composant la Galerie Delessert dont la vente aura lieu Hôtel Delessert, rue Montmartre 172, les lundi 15, mardi 16, mercredi 17 et jeudi 18 mars 1869, Paris 1869.

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DONK, VAN DER, Brüssel, den 16. und 17. Juni 1853: „Zu van der Donk, nicht getroffen“; Um 8 Uhr Besuch von van der Donk. Sehr günstig“. Verleger in Brüssel. Leider konnten keine aussagekräftigen Informationen zu van der Donk gefunden werden. DURAND-RUEL, Paris, den 26. April, 2. und 7. Mai 1844: „dann in den Salon zu Durand-Ruel, Goupil“; „Geschäftsabschluß mit Durand; zu Souty, Beauboeuf, Mozin, Goupil“; „Mit Goupil zu Huriman und in verschiedene Anstalten, zu Binant, Beauboeuf, Durand“ / Paris, den 2. und 6. Mai 1846: „Besuche bei Delaroche, Vernet, Waldenburgs, bei Gihaut frères und Durand-Ruel, Beauboeuf“; „zu Janin, Geschäfte bei Goupil, Durand und Léopold“ / Paris, den 26. und 27. August 1851: „dann Geschäfte bei Beauboeuf, Durand, Binant“ / „Früh Besuche mit Lepke bei Durand. Geschäfte abgeschlossen“ / Paris, den 8., 10., 11. und 14. Juni 1853: „Nach Tisch zu Durand und Giroux“; „Besuche erhalten, um 9 Uhr zu Durand. Auswahl“; „Frühe Besuche. Um 9 Uhr für 12000 frs. bei Durand ausgewählt (3000 frs. fest), dann zu Goupil, Coignet. Mit Durand in den Salon“; „Früh Besuche von Durand, Petit, um 9 Uhr zu letzterem“; „Dann zu Durand, neue Geschäfte“ / Paris, den 3. und 9. Juli 1855: „Durand-Ruel, Beauboeuf, Picard“; „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, Durand-Ruel, Fatout“. Jean-Marie-Fortuné Durand-Ruel (1800–1865), Fabrikant und Händler für Malzubehör, Kunsthändler. Jean-Marie-Fortuné Durand heiratet Marie-Ferdinande Ruel im Jahr 1825, deren Namen er mit annimmt. Marie-Ferdinande Ruel betreibt seit 1803 eine Papeterie in der Rue Saint-Jacques 174. Jean-Marie-Fortuné Durand arbeitet in dem Geschäft von Mademoiselle Ruel, das er nach der Hochzeit 1825 übernimmt (Green 1990, S. 27; Müllerschön/Maier 2002, S. 419). Jean-Marie-Fortuné DurandRuel erweitert die Papeterie um Malartikel wie Leinwände für Gemälde und Aquarelle, Farben und Farbbehälter, Staffeleien und anderes Malzubehör (vgl. ebd., S. 31f.). Sein Sohn Paul Durand-Ruel schreibt über seine Familie: „Mon grand-père maternel, François-Hyacinthe Ruel, était notaire à Balgencier, près Toulon, quand votre horrible Révolution éclata. Suspect, il se réfugia en Italie, en 1793, et s’y fixa, complètement ruiné. Plus tard nous le retrouvons secrétaire de Soult, lequel fut, en 1803, parrain de son quatrième enfant. La famille était nombreuse, les ressources restreintes. L’une des filles acheta, 174, rue Saint-Jacques, la papéterie Guillet; elle épousa son principal commis, Jean-Marie-Fortuné Durand... Des dates? Pourquoi? Vous y tenez?... Attendez que je les retrouve... Voici: Elle, 10 février 1795 à Livourne; lui 6 octobre 1800 à Auray, – et c’est de leur union, 20 septembre 1825, que je naquis, à Paris, 31 octobre 1831“ (Paul Durand-Ruel zit. nach Fénéon 1970, S. 348). Über den Kunsthandel seines Vaters schreibt Paul Durand-Ruel: „Mon père avait annexé à la papéterie un commerce de couleurs, toiles, pinceaux, etc. Ses amis lui en avaient donné le conseil et notamment Marsaud, élève de Charlet, Schroth, qui fut un expert réputé, et Arrowsmith. Cet Arrowsmith a ceci de spécial que c’est lui qui avait déterminé Constable à envoyer au Salon de 1824 ces paysages inattendus dont fut influencé Delacroix; de plus, il avait ouvert à Paris, rue Saint-Marc, une brasserie hantée par la jeunesse peignante et écrivante; une

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salle de cet établissement était dite ‚Salon Constable‘; des œuvres du beau paysagiste la décoraient. Mon père en acquit là plusieurs. D’autre part, à l’instigation de M. Brown, riche négociant bordelais, collectionneur des aquarelles de Bonington (et père de John Lewis Brown), il fit de la propagande pour les aquarellistes anglais, qui alors popullaient à Paris.“ Und weiter: „Les peintres ses clients lui donnaient de leurs produits en paiement de fournitures. Lui-même achetait des tableaux: il eut des Descamps, des Charlet, des Cabat, des Flers, des Roqueplan, des Rousseau, des Dupré, etc.; Corot, Raffet, Gavarni, Marilhat, Troyon, Isabey, Diaz venaient à la maison“ (vgl. ebd.). Jean-Marie-Fortuné Durand-Ruel akzeptiert Aquarelle, Zeichnungen, Skizzen und Lithographien als Zahlungsmittel für die Malartikel (Lethève 1968, S. 156; Nahon 1993, S. 32). Er wird so zu einem der ersten Käufer von Arbeiten von Géricault, Delacroix, Daumier und anderen (Nahon 1993, S. 32). Durch den laufenden Kontakt und sich entwickelnde Freundschaften mit den Künstlern kauft Durand-Ruel bald auch selbstständig Aquarelle, Graphiken und Gemälde von Künstlern wie Decamps, Charlet, Devéria, Alfred und Tony Johannot, Cabat, Flers, Roqueplan, Théodore Rousseau, Dupré und weiteren Künstlern der „école de la nature“ ein, um sich schließlich ganz auf das Verleihen und den Verkauf von Bildern zu konzentrieren (ebd.). Der Verkauf von Malartikeln hilft ihm weiterhin, auch über schwere Zeiten wie etwa nach der Revolution von 1848 hinwegzukommen (Green 1990, S. 27). 1833 eröffnet Durand-Ruel ein neues Geschäft in der Rue des Petits Champs 103, das sich auf den Handel mit Malartikeln und Kunstwerken konzentriert; die Papeterie gibt er in Kommission (Nahon 1993, S. 34). Schon Mitte der 1830er Jahre gilt Durand-Ruel als der führende Bilderhändler in Paris, der sich für die naturalistische Landschaftsmalerei der „Männer von 1830“ engagiert (Müllerschön/Maier 2002, S. 419). 1836 wird Durand-Ruel in der Zeitschrift L’Artiste „en tête du commerce des tableaux“ bezeichnet (L’Artiste, Jg. 11, 1836, S. 252; zit. nach Kelly 1999, S. 420). Seit 1839 macht der Kunst- und Gemäldehandel sein Hauptgeschäft aus. Er ist damit einer der Ersten, der eine auf Gemäldehandel spezialisierte Kunsthandlung in Paris führt (Nahon 1993, S. 32). Dennoch laufen die Geschäfte Ende der 1830er Jahre schlecht. Durand-Ruel kommt die „rettende Idee, Gemälde gegen Gebühr zu verleihen“ (Mülllerschön/Maier 2002, S. 419). 1843 zieht er in der gleichen Straße in die Nr. 83 in ein günstigeres Lokal. Es ist großräumiger und so dicht tapeziert mit Gemälden, dass keine Wand mehr durchscheint. Die Besucher bestaunen die Gemälde, die hier zum Verkauf präsentiert werden. Die wichtigsten Räume, zwei große Salons, befinden sich im ersten Stockwerk. Die Räumlichkeiten machen einen aufgeräumten Eindruck, Kunstliebhaber und Sammler können hier flanieren, es gibt Sitzgelegenheiten zum Ausruhen und ruhigem Betrachten und einen Tisch mit Bronzen von Barye (Nahon 1993, S. 32–35). Im Winter wird ein Kamin angemacht. Auch weiterhin begeistert sich Durand-Ruel besonders für die Künstler einer neuen Generation wie Cabat, Guet, Alfred und Tony Johannot, besonders aber für Decamps, Charlet, Roqueplan, Marilhat, Calame, Isabey, Hoguet, Cicéri, Brillon, Corot, Rousseau, Millet, Dupré, Troyon, Daubigny und Courbet. 1845 publiziert Durand-Ruel einen eigenen Katalog (Specimens les plus brillants de l’école moderne, Paris 1845). Darin erscheinen

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bereits je sechs Werke von Dupré und Diaz. Doch die Besucher kaufen wenig (Nahon 1993, S. 35). Durand-Ruel ist enttäuscht, gibt aber nicht auf. 1846 mietet er ein neues Geschäft am Boulevard des Italiens an, einem der belebtesten Zentren von Paris (vgl. ebd.; Green 1990, S. 27). Tatsächlich zieht die Galerie eine ganze Menge neuer Besucher und auch Käufer an. Im selben Jahr 1846 nimmt Durand-Ruel seinen zu diesem Zeitpunkt fünfzehnjährigen Sohn Paul (1831–1922) mit ins Geschäft. Ebenfalls 1846 kauft Durand-Ruel zusammen mit seinem Händlerkollegen Souty das sich heute im Louvre befindliche Meisterwerk Rousseaus „L’allée de châtaigners“ (Müllerschön/Maier 2002, S. 419; Kelly 1999, S. 420). 1847 sieht Delacroix, den er ebenfalls ausstellt, einen wundervollen Diaz bei ihm (Vaisse 1987, S. 403). Durand-Ruels kommerzieller Erfolg bleibt jedoch weit hinter dem von Giroux und Binant zurück, sodass er Schwierigkeiten hat, das geliehene Kapital für sein Geschäft zurückzuzahlen (vgl. ebd.). Zwischen 1855 und 1857 verlegt Durand-Ruel das Lokal noch weiter ins Zentrum in die Rue de la Paix 1 (Müllerschön/Maier 2002, S. 420). Hier beginnt sich die Galerie erneut zu etablieren und den Kundenstamm auf Deutschland, Russland und die USA auszuweiten. Paul Durand-Ruel, nun 25 Jahre alt, schickt Bilder nach Lyon, Bordeaux, Belgien, Holland, England, Berlin und Hamburg (Nahon 1993, S. 36). Neben der größeren Gruppe von Landschaftsmalern (die meisten von ihnen gehörten der Schule von Barbizon an) protegiert Durand-Ruel nun auch eine Anzahl von Künstlern, die anderen Richtungen in der Malerei nachgehen, unter ihnen Meissonier, Couture und Ricard. Die Werke dieser Künstler werden zum Mittelpunkt einer zweiten Gruppe von Genremalern, welche in der Galerie ausgestellt werden. Auch Historienmaler wie Cabanel, Bonnat, Bourguereau, Jalabert, Coignet und Landelle sowie Merle, Lévy, Caille, Béranger, Lobrichon, Soyer, Perrault, Seignac, Saintpierre und Delobbe kommen hinzu. Sie sind fast alle Schüler von Delaroche, Picot oder Cogniet oder im Fall der Jüngeren von Bourguereau, Jalabert oder Robert-Fleury (Argencourt 1985, S. 97–99.). Auch die Geschäftsbeziehungen weiten sich aus. Paul Durand-Ruel reist mehrmals nach London, um sich mit den Händlern Agnew, Wallis und Gambart zu treffen. Bei Letzterem macht er einige lohnende Einkäufe, wie etwa drei Gemälde von Ary Scheffer, die in der Galerie in der Rue de la Paix viele Bewunderer anziehen (Nahon 1993, S. 36). 1859 veröffentlicht Durand-Ruel zusammen mit den Händlern Francis Petit und Louis Martinet ein Fotografie-Album, welches die Entwicklung der modernen französischen Schule illustriert und Einleitungen von Théophile Gautier, Paul de Saint-Victor und Frédéric Henriet enthält. Seit 1862 überträgt Durand-Ruel die Leitung des Geschäftes mehr und mehr auf seinen Sohn Paul, der nach dem Tod des Vaters 1865 die Galerie, ab 1867 in der Rue Laffitte 16, erfolgreich weiterführt. 1866 kauft Paul Durand-Ruel zusammen mit Hector Brame einen Großteil der frühen Ölskizzen Rousseaus „en bloc“ an und stellt sie in seinen Galerieräumen aus (siehe Brame). Wie schon sein Vater fördert er in besonderem Maße die Künstler der sogenannten Schule von Barbizon, deren Werke eine wichtige Stütze für die Galerie bleiben (Müllerschön/Maier 2002, S. 420). Anfang der 1870er Jahre setzt sich Paul Durand-Ruel nachhaltig für Courbet ein, von dem er allein im

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Jahr 1872 Werke im Wert von 60000 Francs veräußert (vgl. ebd.). Bis 1875 findet eine Reihe von Ausstellungen mit Barbizon-Malern statt. 1873 veröffentlicht er einen dreibändigen Katalog mit 300 Reproduktionen von in seinem Besitz befindlichen Bildern, darunter zahlreiche Corots, 27 Millets, 20 Rousseaus, je zehn Diaz’ und Troyons sowie sieben Courbets (vgl. ebd.). Noch 1878 veranstaltet er die mit 380 Werken größte jemals für die Künstler der „école de la nature“ veranstaltete Ausstellung unter dem Namen „Exposition rétrospective de tableaux et de dessins de maîtres modernes“ (vgl. ebd.). Seit 1869 gibt Paul Durand-Ruel die Revue Internationale de l’Art et de la Couriosité heraus (Durand-Ruel Godfroy 2000, S. 84). Schon sein Vater brachte seit 1845 Kupferstiche heraus, die dem Renommee der Galerie dienten (Nahon 1993, S. 37). 1874 kauft er erste Arbeiten der sogenannten Impressionisten, für die er 200 bis 300 Francs pro Leinwand bezahlt (Durand-Ruel Godfroy 2000, S. 85). Paul Durand-Ruels Geschichte als Förderer der jungen Künstler um Édouard Manet und Claude Monet ist hinreichend bekannt. Zwischen 1870 und 1922 zeigt er in seiner Pariser Galerie 197 Ausstellungen und zusätzlich 129 in der New Yorker Filiale (seit 1887). Zwischen 1870 und 1875 organisiert er elf Ausstellungen in der Society of French Artists in London und in der Brüsseler Filiale, Rue du Peril 4 (vgl. ebd., S. 86). Hier zeigt er das erste Mal Arbeiten der französischen Impressionisten außerhalb von Paris. Durand-Ruel fördert zudem die Idee von Einzelausstellungen. 1878 widmet er eine Ausstellung allein den Werken von Honoré Daumier, 1883 bekommen Monet, Pissarro, Renoir und Sisley eigene Werkschauen bei Durand-Ruel. Im selben Jahr schickt er erstmals ausgewählte impressionistische Arbeiten in die Galerie von Fritz Gurlitt nach Berlin, zu Dowdeswell & Dowdeswell nach London und zu der internationalen Kunst- und Industrieausstellung nach Boston (vgl. ebd., S. 87). Seit 1899 arbeitet Durand-Ruel mit Paul Cassirer in Berlin zusammen, der von ihm das Exklusivrecht für den Handel mit impressionistischen Arbeiten in Deutschland erhält (vgl. ebd.). In Paris arbeitet er zwischen 1885 und 1891 mit Boussod, Valadon & Cie. und Theo van Gogh zusammen, wobei es in erster Linie um Werke von Marilhat, Millet, Dupré und Michel geht (vgl. ebd.). Theo van Gogh kauft von Durand-Ruel nur ein impressionistisches Gemälde von Pissarro und drei von Monet (ebd.). Paul Durand-Ruel erkennt zudem die Bedeutung von Fotografien u. a. für das Ausstellen von Expertisen. Schon 1863 ist in Les Beaux Arts zu lesen: „Durand-Ruel a vu passer dans la galerie de son père une grande partie des bons tableaux modernes; ils ne sont pas pour lui des nouveaux venus. Cette question est fort importante lorsqu’il s’agit de fausses attributions ou de copies trompeuses“ (Beaux Arts, 5. April 1863, zit. nach Durand-Ruel Godfroy 2000, S. 88, Anm. 14). Durand-Ruel legt während seines Lebens ein umfangreiches Fotoarchiv über moderne Malerei an, speziell von den bei ihm ausgestellten und gehandelten Werken. Aber auch für die Kataloge erkennt er den Wert der Fotografie (vgl. ebd., S. 89). Lit.: Turner, Dictionary 1996, S. 423; Assouline 2004; d’Argencourt 1985, S. 97–99; Green 1990, S. 27f.; Miquel 1987, S. 403; Moulin 1967, S. 28–31; Vaisse 1987, S. 399–409; Ausst.-Kat. Barbizon 1996; Ausst.-Kat. Barbizon revisited 1962, S. 40f.; Ausst.-Kat. Durand-Ruel 1974; Lacroix 1861, S. 59; Durand-Ruel: Catalogue des Peintures, Paris 1845; White/White 1965, S. 119–129; Lethève 1968, S.

2 Lexikon der (erwähnten) Kunsthändler  | 559 156f.; Reims 2002, S. 239–241; Sfeir-Semmler 1992, S. 187; Kelly 1999, S. 419–436; Durand-Ruel Godfroy 2000; Moulin 1967, S. 28–31; Green 1989, S. 31; Nahon 1998, S. 30–45; Müllerschön/Maier 2002, S. 419–426; Fénéon 1970, S. 348; Cabanne 1963; Elias 1911/12; Durand-Ruel 2014, S. 1–80. Abb.: Charles Daubignys Frontispiz für den Katalog: Spécimens les plus brillants de l’école moderne, 1845, zeigt eine Innenraumansicht der Galerie Durand-Ruel, in: Green 1990, S. 36. Verschiedene Abbildungen aus den Beständen des Archives Durand-Ruel in Paris in Durand-Ruel 2014, Tafelteil; hier Abb. 183–187.

E ENGELMANN, Paris, den 25. November 1834: „Watelet, Magnus, Chapellier, Engelmann“; Paris, den 25. Juni 1835: „Besuche in Kirchen und Malerataliers, Charlet, Villeneuve, Monthelier, Engelmann, Lemercier“; Paris, den 27. und 28. April sowie 3. Mai 1844: „Besuche mit Wilhelm bei Mozin, Engelmann, Villeret, Chevalier, Eichens, Soleil, Goupil, verschiedenes angesehen“; „Früh mit Wilhelm zu Engelmann, Mention“; „Zu Engelmann, Einkäufe fortgesetzt“. Godefroy Engelmann (1788–1839), Besitzer eines lithographischen Instituts in Paris, Autor bedeutender Handbücher über das lithographische Verfahren. Sohn eines Großhändlers aus Moulhouse. Engelmann lernt seit 1813/14 in der Münchener Druckerei Selb und im Institut Strixner und Piloty das Verfahren der Lithographie kennen. Nach Ablauf der Schutzzeit für das Einführungspatent in Paris richtet Engelmann im Juni 1816 als einer der Ersten eine Druckerei in der Rue Cassette 18 in Paris ein. Bereits am 3. August legt er der Académie des Beaux-Arts die ersten Ergebnisse zur Probe vor. Engelmann stellt seine Verlegertätigkeit von vorneherein in den Dienst der Künstlerlithographie. 1837 lässt sich Engelmann das Verfahren der Chromolithographie patentieren. Lit./Arch.: Engelmann 1843; Twyman 1970; Twyman 2001; Imiela/Gerhard 1993; Men 2005; CHAN F18/1761 (Imprimeurs et libraires, dossier Engelmann).

F FATOUT, Paris, den 15. Juni 1853: „Zu Fatout, sein Kupferstichlager durchblickt“ / Paris, den 9. und 11. Juli 1855: „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, DurandRuel, Fatout“; „Zum Quai Voltaire, Morgue, Conrad, Fatout, Goupil“. Charles Fatout (Lebensdaten unbekannt), Graphikhändler in Paris, Boulevard Poissonnière 17 und 19. Ab 1875 Zusammenschluss mit Demascène Morgand zur Librairie Morgand et Fatout. Lit.: Lacroix 1861, S. 61; Morgand 1878.

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FAVART, Paris, den 14. Juni 1853: „Zu Favart wegen Braekelaer“. L. Favart (Lebensdaten unbekannt), Kunstexperte und Gemäldehändler in Paris, Place de la Bourse 6. Lit.: Lacroix 1861, S. 59f.

G GAMBART (Sachse gibt Lithographien zusammen mit Goupil & Vibert und Gambart, Junin & Co. heraus. Er besucht außerdem die Pall Mall Exhibition, Gambarts offizielle Galerie; siehe Pall Mall.) Jean Joseph Ernest Théodore Gambart (1814–1902), Graphikhändler, Verleger, Kunsthändler. In London, 25 Berners Street, Oxford-Street und Pall Mall 120/121; in Paris, Place du Louvre 20. Gambart ist in Belgien geboren als Sohn eines französischen Buchhändlers und Druckers. 1835 kommt Gambart nach Paris und platziert sich als „courtier des peintures des ses amis artistes“ (Miquel 1987, S. 344). Er eröffnet wohl eine eigene Graphikhandlung. Wahrscheinlich durch die Vermittlung von Jazet lernt er Goupil kennen (vgl. Miquel 1987, S. 345). 1840 geht er nach London, um eine Niederlassung für Goupil zu eröffnen. Er verlegt Reproduktionen französischer Werke und exportiert englische Drucke (Fletcher/Helmreich 2011, S. 303). 1842 macht er sich selbstständig, bleibt aber in geschäftlichen Verbindungen zu Goupil et Vibert. Gambart geht eine Partnerschaft mit Junin ein und nennt sich fortan Gambart, Junin & Co. Die Firma etabliert sich in den folgenden Jahren und gehört bald zu den führenden Graphikverlagen. Gambart fährt regelmäßig nach Frankreich, um Kunstwerke und graphische Blätter zu akquirieren und Geschäfte mit anderen Händlern und Käufern auszuhandeln. Zusätzlich stellt er für seine französischen Akquisitionen einen Repräsentanten ein. Surville kauft für Gambart in den Auktionssälen, bei Künstlern und in Zusammenarbeit mit anderen Händlern (Miquel 1987, S. 346). 1846 nimmt Gambart die englische Staatsbürgerschaft an. Im selben Jahr organisiert er, wie Miquel berichtet, eine erste Ausstellung in London. Der Eintritt ist frei. Die mit Gas beleuchteten Räume sind angefüllt mit 438 Gemälden und 66 Zeichnungen von Künstlern aus ganz Europa (vgl. ebd., S. 346). Etwa seit 1850 nimmt Gambart Gemälde in das Programm seiner Kunsthandlung fest mit auf (vgl. ebd.). Zwei jährliche Events, die Winter Exhibition of British Art und die Spring French Exhibition, werden zu Grundpfeilern von Gambarts Galerie (Fletcher/Helmreich 2011, S. 303). Die als Exhibition of Modern British Artist gegründete Winterausstellung ist ursprünglich keine Verkaufsausstellung. Sie findet die ersten zwei Jahre in gemieteten Räumen der Old Water Colour Society statt (Fletcher 2007 und Fletcher/Helmreich 2011, S. 303). Hier werden Werke von Ford Madox Brown, Charles Eastlake, William Powell Frith, Barbara Leigh Smith Bodichon und William Holman Hunt gezeigt. Im Winter 1852/53 zieht die Galerie nach Pall Mall 121 um, also der Adresse Gambarts

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(vgl. ebd.). Die Anfänge der Ausstellung und der Zeitpunkt, ab wann Gambart fest mit der Exhibition of Modern British Artist verbunden ist, kann nicht genau angegeben werden (Maas, S. 63f.; Fletcher 2007). 1855 kommentiert das Art Journal in dem Bericht über The Winter Exhibition: „The collection is on the whole good: but is only just to state that it ist the speculation of an eminent dealer“ (Art Journal, December 1855, S. 316; zit. nach Fletcher 2007). Seit dieser Zeit ist die Adresse 121 Pall Mall mit Gambart assoziiert. Die Ausstellung wird von einem Non-Profit-Unternehmen zu einer Verkaufsveranstaltung von Gambart (Fletcher 2007). Mehr noch als diese Winter-Ausstellungen britischer Kunst stehen die Frühjahrsausstellungen moderner französischer Kunst für Gambarts Kunsthandelsaktivitäten. Die erste findet 1854 statt, die letzte 1896. In den 1850er Jahren werden Werke u. a. von Ary Scheffer, Delaroche, Frère, Dupré, Biard und Bonheur gezeigt (Miquel 1987, S. 347; Fletcher 2007). Gambarts Galerie wird zu einer festen Institution, geographisch in Pall Mall hervorragend gelegen in direkter Nähe zur British Institution, der Old Water Colour Society, der New Water Colour Society, der National Gallery und der Royal Academie am Trafalgar Square. Gambart nimmt hier einen ähnlichen Eintrittspreis für seine Galerie wie die Akademie (Fletcher 2007). Ähnlich den Akademieausstellungen publiziert auch er Ausstellungskataloge, in denen keine Preise angezeigt werden. In den ersten Jahren läuft Gambarts Galerie unter dem Namen „The Gallery, Pall Mall“, seit 1857 ist sie auch als „French Gallery“ bekannt (ebd.; Fletcher/Helmreich 2011, S. 303). Gambart nimmt ganz bewusst nicht den eigenen Namen mit auf, sondern trennt seine beiden Geschäftsbereiche (Maas, S. 109f.; Fletcher 2007). 1855 erscheint eine Werbeanzeige für die French Gallery im Athaneum: „[…] with a liberality not yet common in this country, the directors of this very attractive gallery have thrown open their doors, free of charge, to all Artists and Art-Students“ (zit. nach Fletcher 2007, Anm. 45). Gambarts jährliche Verkaufsausstellungen werden auf diese Weise geschickt verlinkt mit einem größeren erzieherischen und nationalen Anspruch, die die Galerieräume in der Pall Mall 120/121 als „seriöse“ Kunstausstellung erscheinen lassen (ebd.). Die Winterund Frühjahrsausstellungen bleiben nicht die einzigen Veranstaltungen bei Gambart. Er zeigt Einzelausstellungen, etwa mit Werken von Jasper Cropsey (Aug./Sept. 1858), David Cox (April/Juni 1859), Barbara Bodichon (Juli/Aug. 1859), Henriette Brown (Aug./Sept. 1859) und Themenausstellungen wie jene zum Krim-Krieg im März 1856 (Fletcher). Darüber hinaus ist wahrscheinlich seine eigene Sammlung ständig in den Galerieräumen zu sehen (vgl. ebd.). Gambarts Galerie ist im Zusammenhang zu sehen mit den Eröffnungen weiterer Privatgalerien in den 1850ern und 1860ern, vor allem Agnew’s am Waterloo Place und Arthur Tooth am Haymarket. Diese Galerien spielen eine wichtige Rolle für die Entwicklung einer Kunstöffentlichkeit und als Vermittler von zeitgenössischer Kunst in London. Gambart ist in den 1850ern und 1860ern Direktor der Artists General Benevolent Institution. Er organisiert außerdem internationale Ausstellungen über britische und französische Kunst in den USA Ende der 1850er und während der 1860er Jahre (Maas 1975, S. 94–97; McIntosh 2000, S. 34–36; Fletcher 2007). Gambarts Häuser in

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London und später in Nizza sind Treffpunkte für Künstler und Sammler. Insbesondere seine „French Gallery“ ist in den 1850ern und 1860ern eine der berühmtesten und bekanntesten Galerien Londons (Fletcher/Helmreich 2011, S. 303). Gambart etabliert damit eine der ersten kommerziell erfolgreichen Galerien für zeitgenössische Kunst (Fletcher 2007). Seine jährlichen Ausstellungen britischer und französischer Kunst werden im Art Journal und im Athaneum regelmäßig angezeigt als „events of the art seasons“ zusammen mit den Ausstellungen der Royal Academy, der Society of British Artists und der British Institution (Fletcher). 1856 bis 1859 nimmt John Ruskin Gambarts Ausstellungen in die „Academie Notes“ auf, der jährlichen Rückschau auf die Kunstsaison (vgl. ebd.). Gambarts Geschäftsmodell basiert, ähnlich wie jenes etwa von Goupil, auf der Reproduktion von Kunstwerken. Der Kunstverlag bleibt die Basis für sein Galerie- und Ausstellungsgeschäft. Eine besondere Freundschaft verbindet Gambart mit Rosa Bonheur. 1855 kauft Gambart Bonheurs monumentales Gemälde „Der Pferdemarkt“, das sich heute in der National Gallery befindet, und bezahlt dafür mit 40.000 Francs den höchsten Preis, der seinerzeit für ein Kunstwerk bezahlt wurde (Müllerschön/Maier 2002, S. 408). 1864 lernt Gambart den Künstler Alma-Tadena kennen, für den er im Jahr darauf eine Ausstellung in London organisiert. 1870 geht Gambart in den Ruhestand nach Nizza und überträgt das Londoner Geschäft auf Léon Levèvre, seinen Neffen. Dieser führt die Kunsthandlung unter dem Namen Pilgeram & Levèvre in der Bruton Street 30 weiter. Lit.: Maas 1975, S. 94–97; Miquel 1987, S. 344–348; Fletcher/Helmreich 2011, S. 303; Fletcher 2007; McIntosh 2000, S. 34–36. Abb.: Rosa Bonheur in Begleitung von Ernest Gambart und Anna Klumke in Nizza, Photographie 1888, in: Miquel 1987, S. 345; Zeichnung in einem Brief von Bessie Rayner Parkes an Barbara Bodichon vom 10. April 1861 zeigt die Galerieräume von Gambarts „The Gallery, Pall Mall“, Girton College, Cambridge, in: Fletcher, Abb. 4; Thomas Shotter Boys: The Club House etc., Pall Mall, 1842, handkolorierte Lithographie, in: Fletcher, Abb. 2; G. C. Leighton, Kupferstich nach R. Sandeman: Pall Mall 120 und 121, in: Fletcher Abb. 1; Müllerschön/Maier 2002, S. 408.

GÉRUZET, Brüssel, den 16. Juni 1853: „8 Uhr Geschäfte begonnen. Zuerst zu Géruzet, zu van der Kolk, Tessaro, Couteaux, der eine Galerie der ausgezeichnetsten Sachen aller Schulen besitzt“. Jules Géruzet (1818–1874), Graphikhändler, Verleger und Fotograf in Brüssel (noch 1855); später Géruzet Frères, Fotografieatelier in Brüssel, Rue de l’Écuyer 27 (spätestens seit Mitte der 1860er Jahre). Exklusive Porträtaufnahmen exzellenter Fotografen, „qui donnent des produits où l’on remarque le soin avec lequel on s’attache à faire briller la physionomie du modèle“. Das Journal des Beaux-Arts et de la Littérature der Académie Royale en Belgique kritisiert, dass „le visage reproduit, porte avec lui une brutalité d’exactitude qui n’est pas tempérée par la fonte et la morbidesse naturelle des couleurs de la nature“. Die großen Porträts von Herrn Géruzet seien zu akzentuiert: „[I]l suffirait d’assourdir un peu cet effet pour arriver à des résultats d’une grande valeur, car, en dehor de

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ce que nous venons de dire, il n’y a guère qu’à louer dans la pose donnée par M. Géruzet à ses modèles ainsi que dans le goût et le choix des détails.“ Lit.: Photographs belges 1867, S. 108; Bibliographie de la France, 44. Jg., Nr. 1, 6. Januar 1855, S. 327.

GIHAUT, Paris, den 22., 23. und 28. November 1834: „Gihaut, Rittner, Ed. Magnus, Chapellier, Watelet, Knecht“; „Drucker, Galerie Orléans, Gihaut“; „Jelski, Paskowski, Rougement, Lippold, Hulin, Brunner, Gihaut, Magnus“ / Paris, den 7.–24. März 1837: „Geschäfte und Künstlerbesuche, u. a. bei Kaselowsky, Winterhalter, Biard, Delaroche, Giroux (Maler), Watelet, Lepoittevin, Rittner, Eichens, Raoul Rochette, Perrin, Gihaut, Goupil, Salon Biard, Bellangé, Mlle. Elsler, Wagner, Fechner, Gudin, Roqueplan, Jeanquelin, Cipierre, Mozin, Paturle, Chapellier, Rougemont, Vernet“ / Paris, den 2. Mai 1846: „Besuche bei Delaroche, Vernet, Waldenburgs, Gihaut frères und Durand-Ruel, Beauboeuf“ / Paris, den 25. und 27. August 1851: „Früh zu Gihaut, Goupil, zu Comte de Miramont, zum Gesandten“; „Frühe Besuche mit Lepke bei Durand und Picard. Geschäfte abgeschlossen. Mit Binant, Picard, Beaubeof, Gihaut“ / Paris, den 9., 13. und 15. Juni 1853: „zu Gihaut, zu Hauser“; „Dann mit Wagner zu Gihaut und spazieren gefahren“; „Dann Goupil, Gihaut, Winterhalter“. Gihaut Frères, Lithographen, Graphikhändler und Verleger, Boulevard des Italiens, Ecke Rue Le Pelletier (Bouquin 1989, S. 4). Firmengründer ist Antoine François Gihaut (1767–1844) aus der Normandie (Linverville/Département de la Manche). Er zieht ca. 1815 nach Paris. 1822 treten die beiden Söhne Jean François (1798–?) und Michel Ange Gihaut in das Geschäft des Vaters ein (Bouquin 1989, S. 4). Zwischen 1822 und 1829 führen die Brüder das Geschäft des Vaters, mit eigenen Initiativen, wie der Einführung der Produktion lithographischer Alben (ebd., S. 5). Sie werden in dieser Zeit zu den Verlegern von wichtigen Künstlern wie Hippolyte Bellangé, Nicolas-Toussaint Charlet, Théodore Géricault und anderen. Jean François Gihaut erlangt 1829 das „brevet“ für eine lithographische Druckanstalt. Die „Frères Gihaut“ zählen bald zu den wichtigsten Verlegern künstlerischer Lithographien in Paris. Gihaut père konzentriert sich seit dem Eintritt seiner Söhne auf ein Geschäft mit Druckgrafik, Boulevard des Italiens 5 und 7 (ebd.). Die Söhne, die das Recht erwerben, den Namen „successeurs de Gihaut“, „les meubles et objets du ménage“ zu führen, bieten neben Lithographien und Gravures aller Art, die sie herausgeben und aus dem Warenlager heraus verkaufen, gleichsam Möbel und Einrichtungsgegenstände an (ebd.). Lit./Arch.: Bouquin 1989; Lacroix 1861, S. 61; Bouquin 1989, S. 4–13; CHAN F18/1769 (imprimeurs et libraires, dossier Gihaut).

GIROUX, Paris, den 24. November 1834: „Mit Ellisen bei Giroux, Md. Hulin, Leo, Rittner, Watelet, Chapellier, Rougement, Tortoni“ / Paris, den 29. Juni 1835: „Besuche u. a. Susse, Rittner, Giroux, Coignet“ / Paris, den 4. April 1838: „Bei Giroux père grand diner“ / Paris, den 7. und 8. Mai 1839: „Giroux, mit ihm in die Industrieausstellung. Grandios! Nachher Geschäfte“; „Giroux, Susse, Oppermann, Lepoittevin, Roqueplan“ / Paris, den 23.

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August 1851: „Besuche bei Giroux, Gihaut, Bilder von Gudin im Palais Royal“ / Paris, den 11. Juni 1853: „Zu Binant und Giroux“ / Paris, den 12. Juli 1855: „Binant, Petit, Giroux. Kunstausstellung“. Alphonse Giroux (um 1775–1848), Maler, Restaurator, Fabrikant von Farben und Zubehör, Kunst- und Kuriositätenhändler in der Rue de Coq-Saint-Honoré 7, dann am Boulevard des Capucines (Vaisse 1987, S. 404). Giroux ist einer der Ersten, die in der Tradition der „peintre-marchands“ des 18. Jahrhunderts den Handel mit zeitgenössischer Kunst betreiben (Whiteley 1983, S. 66). Giroux erlernt im Atelier von David die Malerei. Er betätigt sich erfolgreich als Restaurator in Notre-Dame und für den Erzbischof von Paris. Giroux manifestiert einen Geschmack, der sich an Genreszenen aus dem Mittelalter und Troubadour hält, und kauft selbst Gemälde von Forbin, Révoil und Granet an (vgl. ebd.). 1801 richtet Giroux ein erstes Geschäft in der Nähe der Pont-Neuf ein, das im Laufe des darauffolgenden Jahres in die Rue du Coq-St.-Honoré 7 zieht (Almanach de commerce, 1801 und 1802; Nahon 1998, S. 17, Whitely 1983, S. 66). Hier ist er als Händler von Künstlerfarben bekannt. Bereits 1806 wirbt Giroux mit „Tableaux de Trois Écoles, Entoilage, Parquetage et Restauration, Assortiment de Bordures dorées, Glaces, Médaillons et Encadrement d’Estampes de toute grandeur, de Palètes, Talons renversés, et d’Ornaments les plus nouveaux“ (zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 59). 1809 organisiert Giroux in seinen Restaurierungswerkstätten eine Ausstellung mit einem Großteil der von ihm restaurierten Gemälde (vgl. „Notice de plusieurs tableaux et copies appartenant à différents amateurs et négociants soumis à l’examen du public par Alphonse Giroux (élève de David), peintre restaurateur du chapitre de Notre Dame et l’Archevêque de Paris“, Paris 1809; vgl. Nahon 1998, S. 17f.; Roth-Meyer 2006, S. 59; Whitely 1983, S. 66f.). Besonders die niederländische Kunst wird von den großen Sammlern als sicheres Investment angesehen (Green 1990, S. 99). Giroux bedient diesen Markt mit restaurierten Originalen, Kopien und „Lookalikes“ (ebd.). 1816 annonciert Giroux eine „exposition de tableaux anciens et modernes; les salons sont ouverts tous les jours de midi à quatre heures“ (vgl. Almanach du commerce. La Bibliographie de la France pour 1816 signale un catalogue, Exposition de tableaux anciens et modernes de M. Alphonse Giroux, vol. in–12 de trois fol.; Whitely 1983, S. 67; Roth-Meyer 2006, S. 59). Von diesem Jahr an bis 1857 finden bei Giroux zahlreiche Auktions-Ausstellungen statt, die jeweils einen eigenen Katalog bekommen (1816, 1817, 1819, 1821, 1830, 1833, 1833, 1841, 1851, 1857). In der „Suite du Catalogue des tableaux anciens et modernes de M. Alphonse Giroux, peintre restaurateur du Chapitre de Notre Dame et de l’Archevêché de Paris. L’exposition et la vente, à l’aimable, de ces objets auront lieu tous les jours, dépuis 11 heures, jusqu’à 4, dans les salons de l’établissement, rue du Coq St.-Honoré, N. 7, Paris 1817“ werden die Kunden über Giroux’ Kunstsalon und die Geschäftsbedingungen informiert: „M. Giroux s’est déterminé à louer les tableaux, composant son cabinet, moyennant 6 fr. par mois et par chaque tableau. Les amateurs qui habitent Paris ou la province auront donc toujours, par ce moyen, l’avantage de se procurer des modèles dans tous les genres de peinture que MM. Les professeurs recommandent. Selon

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les conditions établies, ceux qui gagneront un tableau plus d’un mois, paieront un second mois et ainsi de suite, jusqu’au moment où il leur plaira de le rendre. M. Giroux ne demande aucune garantie pécuniaire pour les tableaux qu’il loue; seulement il a besoin de bien connaître le nom et l’adresse des abonnés, afin de prendre tous les renseignements nécessaire à sa tranquillité“ (ebd., zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 59). 1819 erscheint eine Serie von Alben mit Drucken und Aquarellen bekannter Künstler (Nouvel Album de lavis et d’aquarelles, 1ière livraison, 12 pl., Paris 1819; Whitely 1983, S. 67). In dem Verkaufskatalog ebendieses Jahres weist Giroux über seine Gemälde alter und neuer Meister hinaus auf die Auswahl von Gouachen, Aquarellen, Zeichnungen und Kupferstichen hin. Er habe sich entschieden „à louer chacun de ses modèles, moyennant les prix et aux conditions énoncées à l’article location, qu’on lira ci-après. Les amateurs qui habitent Paris ou la province, auront donc toujours par ce moyen, l’avantage de se procurer des modèles dans tous les genres de peinture“ (zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 59f.). Die Preise bei Giroux für das Leihen von Kunstwerken sind zu dieser Zeit also einheitlich und richten sich nur nach der Art des Kunstwerks. Gemälde sind demnach am teuersten (6 Francs im Monat), Gouachen, Aquarelle, Zeichnungen können schon für 3 Francs monatlich angemietet werden, Kupferstiche sind schon für 2 Francs für diesen Zeitraum zu haben (Roth-Meyer 2006, S. 60). 1821 wird die Firma von Alphonse Giroux im Bazar parisien angegeben als „Papéterie, couleurs, et Galerie de tableaux, rue de Coq-St.-Honoré n. 7“, wo alle notwendigen Artikel „au dessin, au lavis des plans, à l’aquarelle, à la gouache, à la peinture sur porcelaine, à la miniature et à l’huile, comme à la founiture de bureaux“ ebenso erworben werden können wie vergoldete Rahmen für Kupferstiche und Gemälde (zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 57). In demselben Artikel wird aufmerksam gemacht auf eine „fort belle collection de tableaux anciens et modernes“, die dauerhaft in seinen Salons „au premier“ ausgestellt ist (ebd.). Die Preise für die Gemälde sind angezeigt, können aber auch über ein separates Register konsultiert werden. Daran angeschlossen ist eine beachtliche Sammlung an Zeichnungen, Aquarellen und Gouachen: „[L]es uns et les autres sont donnés en location aux amateurs“ (vgl. ebd.). In den Magazinen von Giroux sind außerdem eine Auswahl an Spielen und Neujahrsgeschenken, eine Kunstdrechslerei, alle wichtigen Utensilien für Zeichnungen, Malerei und Buchverzierungen in Gold, Holz, Stahl und Elfenbein, Lederwaren, Kartonnagen und Leinwände zu finden (vgl. ebd.). Um 1825 ist bei Giroux nicht mehr vorwiegend vom Verleih, sondern vermehrt auch vom Verkauf die Rede (Roth-Meyer 2006, S. 60). Es werden in das Sortiment Miniaturen, Tuschezeichnungen und „études de têtes à l’aquarelle“ mit aufgenommen, wobei die angegebenen Preise sich aber nicht verändern: „Les modèles sont loués aux Artistes, èlèves et Amateurs, sans distinction d’importance ni de dimension pour le même prix affecté à chaque genre“ (vgl. Ausstellungskatalog Giroux 1824–1825, S. 10; zit. nach Roth-Meyer 2006, S. 61). 1826 gründen Madame und Monsieur Giroux eine „Société pour le commerce de tableaux, papéteries et objets de curiosité“ (Whitely 1983, S. 76). Die Akte ist von dem Sohn André Giroux unterschrieben, „pouvent un jour se

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livrer [...] aux affaires de la société“ (Archive de la Seine, D 31 U 3 [actes], le 24 juin 1826; Whitely 1983, S. 67). Ende 1827 publiziert die Firma Giroux den Katalog der eigenen Sammlung, die 950 Objekte zählt (Galeries de tableaux anciens et modernes, miniatures, lavis, dessins et gravures de M. Alsphonse Giroux et Compagnie, Paris, o. D., wohl Ende 1827). Es dominieren historische Landschaften, aber auch holländische Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, darunter mehrere Gemälde von Greuze (hauptsächlich „têtes d’expression“), neun Gemälde von Ducis, darunter eine Version seiner Serie der vier Allegorien der Kunst, die er für die Duchesse de Berry gemalt hatte, und einige Beispiele der jungen englischen Schule à la mode (Bonington, Callow, Newton Fielding, Constable). Außerdem fallen auf: 16 Werke von Desmarne, 13 von Grabet und 40 von Renoux. Bei Letzteren handelt es sich hauptsächlich um architektonische Ansichten, meistens im gotischen Stil, was sich auch aus dem Umstand erklären mag, dass Renoux für das Diorama gearbeitet hat. 1830 sind unter den insgesamt 125 angebotenen Kunstwerken 56 Landschaften, 16 Architektur-Ansichten und einige Marinen (Green 1990, S. 98; Whitely 1983, S. 67f.). Giroux et Cie. zählt zwischen 1830 und 1850 zu den vier großen Kunsthandlungen in Paris (Vaisse 1987, S. 404). Er wird „Händler der Prinzen“ genannt, ein Privileg seiner Bekanntheit, das er mit Goupil teilt: die Prinzen von Orléans, Napoléon III., die Prinzen Gagarine und Galitzine und die Aristokratie im Allgemeinen suchten ihre Lokale auf (vgl. ebd.). Giroux verkauft alles, was luxuriös ist, die Malerei, die in Salons ausgestellt wird, inbegriffen. Sein Geschmack reicht von den Malern von Seestücken (Mozin und Roqueplan) über Tiermaler (Brascassat, Bonheur), Landschaftsmaler (Cabat) bis zu „tiefschwarzen und reformerischen“ Malern (Vaisse 1987, S. 404). 1839 eröffnet Giroux ein Atelier für Aquarelle und für Malerei mit Themen, die für die jungen Mädchen der „guten Gesellschaft“ gedacht sind (vgl. ebd.). Ebenfalls 1839 stellt die Firma Alphonse Giroux & Cie. nach Anleitung Daguerres die ersten fotografischen Apparate für den europaweiten Vertrieb her. 1854 schreibt Frédéric Henriet über Giroux im L’Artiste (S. 134f.): „Depuis dix ans Giroux n’a fait que de rares acquisitions. Cependant son étalage de la rue du Coq-SaintHonoré ne manquait ni de solennité, ni de richesse. Il faut du moins lui rendre cette justice, que les ouvrages qui faisaient le fonds de ses exhibitions étaient toujours, mérite à part, dignes de ce nom de tableaux qu’usurpent si impudemment aujourd’hui d’informes ébauches et de microscopiques joujoux. Qui ne se rappelle avoir vu chez Giroux la Retraite de Russie de Philippoteaux, les Bédouins d’Emile de Lansac, les scènes de genre de Franquelin, etc. Giroux possède encore la Diligence surprise par le marée montane, de Roqueplan, ce magnifique moulin qui consacra la réputation de Hoguet, et un pâturage normand de M. Cabat: – trois tableaux, trois chefs-d’œuvre. Aujourd’hui M. Giroux est sans asile, de par la rue de Rivoli. Mais d’ici à quelques jours son brillant étalage va de nouveau resplendir, rejeuni et transformé, au boulevard des Capucines, sur l’emplacement de l’ancien hôtel du ministère des affaires étrangères, où le souvenir

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de Durand-Ruel et le désir de lutter avec M. Deforge ne manqueront pas de le piquer d’émulation et le porteront sans doute à faire de raisonnable concessions au goût actuel.“ Lit.: Whiteley 1983, S. 66–70.; Green 1990, S. 26f., 98–101; Lacroix 1861, S. 63; Sfeir-Semmler 1992, S. 188; Alphonse Giroux: Vente de tableaux, Paris 1816, 1817, 1819, 1821, 1830, 1833, 1833, 1841, 1851, 1857; Roth-Meyer 2006, S. 57– 66; Miquel 1987, S. 388, Vaisse 1989, S. 404; Green 1989, S. 30; Nahon 1998, S. 17f.; Henriet 1854, S. 134f.; Archives de Paris, 15 gr–1828 GAZ 290 (Giroux, Alphonse).

GOGH, VAN (Sachse erwähnt einen Besuch in Berlin 1857.) Vincent Willem van Gogh (1820–1888), der Onkel des Malers Vincent van Gogh (1853–1890), genannt „Oncle Sam“. Beginnt 1839 mit einem Bilderhandel in Den Haag, kooperiert 1846 mit Goupil, aber auch mit Francis Petit. 1861 wird er mit 30 % am Kapital des Maison Goupil beteiligt und führt seitdem das Geschäft in Den Haag unter Goupils Namen weiter. Hier nimmt „Oncle Sam“ seinen jungen Maler-Neffen Vincent van Gogh für einige Zeit auf. Lit.: Müllerschön/Maier 2002, S. 426.

GOUPIL, Paris, den 7.–24. März 1837: „Geschäfte und Künstlerbesuche, u. a. bei Kaselowsky, Winterhalter, Biard, Delaroche, Giroux (Maler), Watelet, Lepoittevin, Rittner, Eichens, Raoul Rochette, Perrin, Gihaut, Goupil, Salon Biard, Bellangé, Mlle. Elsler, Wagner, Fechner, Gudin, Roqueplan, Jeanquelin, Citipierre, Mozin, Paturle, Chapellier, Rougemont, Vernet“ / Paris, den 26. und 27. April und 2., 3., 4., 7., 9., 10 und 11. Mai 1844: „dann in den Salon zu Durand-Ruel, Goupil“; „Besuche mit Wilhelm bei Mozin, Engelmann, Villeret, Chevalier, Eichens, Soleil, Goupil, verschiedenes angesehen“; „zu Souty, Beauboeuf, Mozin, Goupil. Café Frascati“; „Mit Korn zu Goupil, Allaix, palais des beaux-arts, kostbare Antiken“; „Geschäfte mit Souty, Beauboeuf, Binant, Goupil“; „Mit Goupil zu Hurimann und in verschiedene Anstalten, zu Binant, Beauboeuf, Durand“; „Delessert, dann mit Goupil zu Mozin, vortreffliche Werke gesehen. Industrieausstellung“; „Früh um 8 Uhr mit Goupil zu Mozin und Jazet“; „Abschied von Goupil“ / Paris, den 6. und 12. Mai 1846: „Geschäfte bei Goupil, Durand, Léopold“; „Abend mit Lepoittevin, Winterhalter und Goupil bei Mabille“ / Paris, den 22., 23., 25., 26. und 27. August 1851: „Goupil, Susse, Bernardy, Kunstläden“; „Mit Mainguet in der Goupilschen Galerie und Druckerei. Bekanntschaft von Jazet; dann zu Delaroche, seine Marie Antoinette gesehen. Am Quai Voltaire die Kunstläden durchstöbert. Nach Tisch zu Goupil, daselbst den jungen Wichmann getroffen“; „Früh zu Gihaut, Goupil, zu Comte de Miramont, zum Gesandten“; „frühe Besuche mit Wichmann bei Verneux, Goupil“; „Mit Goupil und Wichmann bei Mozin und in die Druckerei“ / Paris, den 8., 9., 11., 13., 14. und 15. Juni 1853: „früh zu Goupil. 3 Stunden Exposition Royale et rue Enghien bei Bernardy, Binant, verschiedene Kunstsalons, Verreaux“; „zu Goupil Geschäfte“; „dann zu Goupil, Coignet“; „Zu Goupil, Aquarelle erhalten und alles abgeschickt“; „Dann zu Goupil, Winterhalter. Vom jüngeren ein Bild für 400 frs. gekauft“; „Dann zu Goupil, Gihaut, Winterhalter“ / Paris, den 2., 5., 9., 11. und 12. Juli 1855: „Früh zu Goupil, Hauser, Dazario, Berville. Boulevards, Madeleine“; „Bei Goupil Ankäufe.

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Winterhalter, Berville“; „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, Durand-Ruel, Fatout“; „Zum Quai Voltaire, Conrad, Fatout, Goupil. Durch Passagen. Eingekauft“; „Binant, Petit, Goupil, giroux. Kunstausstellung“. Adolphe Goupil (1806–1893), Kunsthändler und Verleger. Goupil studiert selbst Malerei, bevor er mit Henry Rittner am 1. Februar 1829 einen Kunstverlag eröffnet (McIntosh 2004, S. 71). Rittner besitzt zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren ein eigenes Geschäft am belebten Boulevard Montmartre 12 (siehe Rittner). Beschriebenes Geschäftsfeld: „Contracter tous marchés pour la vente, l’achat, la commission, la confection et l’édition de toutes gravures et lithographies et généralement pour tout ce qui concerne le dit commerce [...] en quelque pays qu’il soit situé, notemment en France, en Angleterre et en Allemagne“ (vgl. Bergeon 1994, S. 38f.). 1834 zieht das Geschäft wenige Häuser weiter, boulevard Montmartre 15. Rittner heiratet die Schwester von Goupil und wird so dessen Schwager. Nach dem frühen Tod Henri Rittners 1840 führt Adolphe Goupil die Firma mit wechselnden Geschäftspartnern weiter: ab Januar 1841 Partnerschaft mit Théodore Vibert (1816–1850), ebenfalls Grafikhändler in Paris; die Firma nennt sich bis 1846 Goupil et Vibert. 1846 übernimmt Alfred Mainguet die Hälfte der Aktien von Vibert; bis 1850 läuft die Firma unter dem Namen Goupil, Vibert & Co. Beschriebenes Geschäftsfeld: „Commerce d´estampes, achat, vente, édition“. Nach Viberts Tod 1850 nennt sich das Haus bis 1884 nur noch Goupil & Cie. Beschriebenes Geschäftsfeld 1850–1861: „Commerce d’estampes, achat, vente et édition“; beschriebenes Geschäftsfeld 1861–1872: „Commerce de tableaux et dessins, édition d’estampes“; beschriebenes Geschäftsfeld 1872–1884: „Commerce de tableaux et dessins, impression et édition d’estampes, photographie, exploitation de brevets pour les divers procédés d’impression photographique et héliographique“ (vgl. Etat des lieux 1994, Bd. 1, S. 144). Das Maison Goupil entwickelt sich schnell zu einer der führenden Kunst- und Verlagshandlungen Frankreichs. Die Verleger- und Kunsthändler-Dynastie ist bis 1920 aktiv (1884–1919: Boussod, Valadon et Cie., successeurs de Goupil et Cie.; 1897–1919: Jean Boussod, Manzi, Joyant & Cie., successeurs de Goupil et Cie., éditeurs-imprimeurs). Adolphe Goupil selbst betreibt das Geschäft beinahe 60 Jahre. Mit seinem Schwiegersohn Gérôme zieht er sich 1870 nach London zurück, wo Wallis sein Agent wird (vgl. Vaisse 1987, S. 404). 1991 wird das Musée Goupil in Bordeaux gegründet, das wichtige Archive und Sammlungen zur Geschichte des Hauses bewahrt und vorstellt. Das Getty Center archiviert die von Jean Diéterle gesammelten Geschäftsbücher des Gemäldeverkaufs. Hauptgeschäfte und Filialen der Firma Goupil: Paris, Boulevard Montmartre 12 (1829–1834), Boulevard Montmartre 15 (1834–1850); Boulevard Montmartre 19 (ab 1850). Etwa zehn Jahre später zieht die Geschäftsführung in die Rue Chaptal 9. Das Geschäft am Boulevard Montmartre wird einfacher Verkaufsraum. Um 1860 außerdem am Place de l’Opéra 2, wo eine elegante Galerie für Gemälde alter und neuer Meister eingerichtet wird. 1848 eröffnet der Sohn Léon Goupil, der seit 1844 im väterlichen Geschäft ist, zusammen mit Michael Schauss (1821–1892) eine Filiale in New York, Broadway 289. Léon Goupil stirbt 1850 mit nur 25 Jahren. 1857 übernimmt Michael

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Knoedler (1823–1878) das New Yorker Geschäft zusammen mit den Rechten auf den Namen Goupil’s Gallery. Knoedler, gebürtig aus Stuttgart, arbeitete seit 1844 bei Goupil in Paris. Er ist seit 1852 in New York City (McIntosh 2008). Seit 1861 ist Goupil auch in Den Haag ansässig, Plaats 14 und seit 1881 Plaats 20. Die Einrichtung geht auf eine Partnerschaft mit Vincent Willem van Gogh (siehe van Gogh) zurück, der seit 1839 ein Geschäft in der Spuistraat betreibt. 1865 wird ein weiteres Geschäft in Brüssel, Rue Montagne de la Cour 58, eingerichtet. In London ist Goupil bereits seit 1840 durch Ernest Gambart vertreten (siehe Gambart), zunächst in der Southampton Street 17, später Bedford Street 25, Strand (zu Goupil in London vgl. ausführlich Helmreich 2011). In Berlin existiert seit der Jahrhundertmitte eine Filiale in der Charlottenstraße 63, die von Heppner, einem Neffen Sachses, geleitet wird. Zudem ist Goupil in Wien und sogar in Australien vertreten. Goupils schneller Erfolg gründet auf der Erstellung von qualitätvollen Stichen und Lithographien nach Gemälden alter und neuer Meister. Die Firma beschäftigt die besten Graveure ihrer Epoche, u.a. Calamatta, Henriquel-Dupont, Jazet, Mercuri. Man spricht von dem „procédé Goupil“ und „le goupillage“ (Bergeon 1994, S. 39). Der Erfolg der Firma gründet auf der hohen Qualität der Blätter und dem Ansinnen „contribué à propager en France et à l´étranger le goût des Arts“ (ebd., S. 40). Ab1846 kommt der Handel mit Gemälden hinzu. Goupil richtet eine eigene Galerie ein. Nach Vaisse verkauft Goupil in erster Linie Galland, Baudry, Delaroche, Cabanel, Bouguereau, Lefèbvre, Müller, Merle, Gerôme, Jalabert, Lanfant de Metz, Toulouche, Hamon, Landelle, Meissonier, Neuville und rühmt „den Pompadour des 19. Jahrhunderts“, ohne einige Landschaftsmaler der Schule der Natur und selbst Courbet und später Manet zu vernachlässigen (Vaisse 1987, S. 404; zum Gemäldehandel in Verbindung mit den Editionen ausführlich Lafont-Couturier 1999). 1858 unternimmt Goupil „l’aventure photographique“ und lanciert Kataloge mit fotografischen Reproduktionen (vgl. hierzu Renié 1994). 1860 bis 1874 gibt er „Le musée Goupil“ heraus sowie „Les cartes de visite“ und „Cartes Albums“. Anfang der 1870er Jahre verlegt Goupil fünf Monographien zu bedeutenden Künstlern (Raphael, Delaroche, Vernet, Gérôme und Scheffer). Goupil versteht es, künstlerischen Anspruch mit kommerziellen und wirtschaftlichen Interessen zu verbinden. 1860 ist in „Le Monde illustré“ über die neu eingerichtete Galerie zu lesen: „Comme on le voit, MM. Goupil ont formé une maison qui a su combiner les exigences de l’art moderne avec les nécessités commerciales“ (Vauvert 1860, S 320; zit. nach McIntosh 2004, S. 76, Anm. 104). Lit.: Etat des lieux, 2 Bde, 1994/1999 ; Lafont-Couturier 1996 und 1999; Renié 1999 ; Bergeon 1994 ; Ausst.-Kat. Musée des Rieurs 2006; Farwell 1977; McIntosh 2004 und 2008; Ausst.-Kat. Mémoires; Mainardi 2000; Ausst.-Kat. Image et décoration 2005; Lacroix 1861, S. 61; Vaisse 1987, S. 404; Nahon 1998, S. 27–29; Ausst.-Kat. Gérôme & Goupil 2000; Müllerschön/Maier 2002, S. 425–427; Renié 1999; Seglio 1860; Vauvert 1860; Whitely 2000 und 1996; Hemreich 2011; CHAN F18/1771 (Imprimeurs et libraires, dossier de Goupil); Achives de Paris D 39 U3 22 (Acte de société s.s.p. [Adolphe Goupil] avec Théodore Vibert, éditeur des gravures, 7, rue de Lancy, en date de 8 jan-

570  |  Anhang vier 1842, enregistré de 12 janvier 1842); erwartet wird die Dissertationsschrift von Agnès Penot-Lejeune zu der Firma Goupil & Cie. Abb.: Magasins du Boulevard Montmartre, Frontispiz des Catalogue de Goupil & Cie., 1861, in: Un Image sur un mur. Images et décoration au XIXe siècle, Ausst.-Kat. Musée Goupil, Bordeaux 2005, S. 6. Div. Abb. in Etat des lieux 1994 und 1999. Hier Abb. 188–192.

GROSJEAN, München, den 16., 17., 18., 19. und 20. November 1847: „Im Hotel Karte von Grosjean wegen der Speth’schen Sammlung. Sogleich zur Besitzerin und Kontrakt abgeschlossen. Triumph. Um 8 Uhr alles fertig“; „Nach Tisch Siegelung der der gekauften von Speth’schen Sammlung, ein wahrer Kunstschatz! Dann mit Grosjean zu von Eichthal und zu Hause Briefe geschrieben“; „Bis 9 Uhr Besuche, dann mit Grosjean zu Fr. A. Meyerhöfer, zum Geschäftsschluß“; „Besuch bei Zeller und Grosjean“; „Frühe Besuche, Einkäufe mit Md. Grosjean, dann Geschäftsbesuche und Übergabe der Speth’schen Sammlung von Doll“. Joseph Anton Grosjean (1801–1882), Historienmaler, Unternehmer in unterschiedlichen Geschäftszweigen: Bettfedernreinigung, Stickereiunternehmen, Galvanographisches Institut. Der gebürtige Würzburger geht 1828 nach München, um an der Akademie der Künste Historienmalerei zu studieren. 1833 Hochzeit mit der Berlinerin Emilie Jarry. Im April 1834 erhält Grosjean das königliche Privileg „auf Einführung einer französischen Bett-Federn-Reinigungsmaschine für den Zeitraum von fünf Jahren“ (Königlich-Bayerisches Intelligenz-Blatt 1834, S. 947). Grosjeans Bettfedernreinigung scheint recht erfolgreich gewesen zu sein. Die Firma ist zuletzt in der Schrammergasse 9 gemeldet. Nach gut 20 Geschäftsjahren übergibt Grosjean die Bettfedernreinigung Anna Negele, die die Reinigung in der Briennerstraße 20 weiterführt. Um 1835 entsteht darüber hinaus das Stickereiunternehmen Emilie und Joseph Grosjean, das aus den Stickkünsten seiner Frau hervorgeht. Bald stellen nicht nur Emilie und ihre Schwestern, sondern eine wachsende Anzahl an Mitarbeiterinnen Stickwaren her, für die Joseph Grosjean die Vorlagen zeichnet und die Buchführung betreibt. Neben prachtvoll bestickten Brief- und Handtaschen werden Posamenten und Fahnen hergestellt, Garne aller Art verkauft und Handarbeitskurse abgehalten. Die Firma Grosjean nimmt regelmäßig an den Gewerbeausstellungen teil (prominentester Kunde ist König Ludwig II., der ab 1864 mehrere Brieftaschen bestellt, darunter eine, in der er die Briefe Richard Wagners aufbewahrt). Die Firma befindet sich in der Perusagasse 2, ab 1873 am Odeonsplatz 5, dann Nr. 8 und 9. Mit dem Tod von Grosjean wird auch das Unternehmen aufgegeben. Das Stickatelier und die Chefin Emilie sind in Ludwig Thomas Erzählung „Lola Montez“ verewigt (für den 15. November 1847 ist „Villa Lola Montez“ in Sachses Münchener Tagebüchern verzeichnet). 1840 ist Joseph Grosjean als Buchhalter in der literarisch-artistischen Anstalt verzeichnet (Bericht Kunstverein 1840, S. 20). In den 1840er Jahren kommt ein dritter Geschäftszweig hinzu: Grosjean und Schöninger, Kunstverlag und Galvanographisches Institut in der Residenzstraße 19. Gegründet vermutlich um 1843, als Leo Schöninger und sein Kollege Joseph Anton Freymann mit der Weiterentwicklung der Galvano-

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graphie einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Joseph Grosjean gründet die Firma im Auftrag seines Freundes Maximilian Graf von Bothmer, der der eigentliche Geldgeber gewesen sein dürfte. „Ist die Anwendung der Galvanographie im ganzen noch eine beschränkte, so befinden sich im Kunsthandel doch mehrere vorzügliche auf diesem Wege hergestellte Bilder. In München beschäftigen sich Grosjean, Schöninger und Freymann mit der Galvanographie und zu den in München erschienen Blättern gehören: Ein Eccehomo nach einem Originalgemälde in der Sammlung des Domherrn Speth in München“ (Ergänzungs-Conversationslexikon 1853, S. 84). Spätestens 1849 wird das Galvanographische Institut jedoch wieder aufgegeben. Leo Schöninger wechselt in diesem Jahr zu dem Kunstverlag Hanfstaengl. Lit.: Ergänzungs-Conversationslexikon 1853, Bd. 8, S. 84; Königlich-Bayerisches Intelligenz-Blatt für den Isarkreis, München 1834, S. 947; Adressbuch für München für das Jahr 1842 und 1868; Katalog der allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung zu München im Jahre 1854, München 1854, S. 17; Bericht über den Bestand und das Wirken des Kunst-Vereins in München während des Jahres 1840, München 1841, S. 20.

GRIMPÉ, Paris, den 10. und 23. Mai 1839: „Besuche und Geschäfte, Bekanntschaft mit Grimpé“; „Besuch bei Grimpé, vortreffliche Maschinerie“. Grimpé ist Erfinder einer holzverarbeitenden Maschinerie in Paris. Er tritt erstmals 1824 als Erfinder in der Gravierung von Druckmaschinen auf. Später entwirft er „zweckmäßige Maschinen zum Gaufrieren von Papier und Zeugen“ (Hermann 1840, S. 239). 1830 bestellt Pihet bei ihm 80000 Flintenschäfte, das Stück zu 4 ½ Francs. „Hierzu erfand er sogleich Vorrichtungen zum Spalten und Profilieren der Hölzer, die 33 % ersparten, und schloß daran eine Reihe anderer Mechanismen an, welche die Verfertigung von Flintenschäften so erleichterten, dass ein gemeiner Arbeiter nach zehntägiger Übung eine Arbeit verrichtete. Auf beiden Maschinen konnten bereits 1834 10 Arbeiter in 12 Stunden 248 Schäfte machen, wobei der Arbeitslohn auf 10 Centimes pr. Stück kommt. Dann erfordert jeder Schaft noch eine Stunde freie Arbeit, so dass die Verfertigung im Ganzen auf 35 Std. sich hebt“ (vgl. ebd.). Unter der Firma Société Cosse de Billy et Comp., Vieille rue de l’arcade, aux Thermes, Nr. 4 werden „höchst mannichfaltige Producte seiner Maschinerie ausgestellt [...], alle Arten von Holzornamenten, die bisher blos vom Bildhauer ausgeführt werden konnten, mit einer Präcision gemacht, die keine Handarbeit erreichen kann, und mit einer Ersparung von 25 bis 500 % der Kosten, sowie alle Arten von Holzwaaren, welche bisher nur der Holzschnitzer lieferte, vom Holzschuh bis zum Flintenschaft [...] Das Princip der Grimpé’schen Maschinerie ist kein einfaches, sondern die successive Anwendung der Säge, des Bohrers, der drehbank, vornehmlich der letzteren in allen Modificationen [...]. Für Grimpés Verfahren ist in Bayern vor Kurzem ein Privilegium genommen. Die französische Regierung soll übrigends für Grimpés verfahren, Flintenschäfte zu machen, 250000 Fr. versprochen haben, wenn sie um einen gewissen Preis gefertigt werden könnten“ (vgl. ebd.).

572  |  Anhang

Bereits 1837 ist in der Literarischen Zeitung in Berlin zu lesen: „Machine nouvelle à confectionner les bois de fusils, à travailler et faconner tous les bois, inventé par M. Grimpé, Paris“ (Literarische Zeitung 1837, S. 387). Lit.: Literarische Zeitung, Nr. 20, Berlin 1837, S. 387; Hermann 1840, S. 239.

GROPIUS, Paris, den 6. und 12. Mai 1839: „Mittags im Hotel mit Gropius gespeist“; „Besuche von Jacob, Gropius, Gast, mit Letzerem zu verschiedenen Künstlern“ / Paris, den 10. Juli 1855: „Gemäldeausstellung bis 2 Uhr. Zusammentreffen mit H. Vernet, Coignet, Hoguet und den beiden Gropius“. George Gropius (1802–1842) und seine Brüder Carl Wilhelm Gropius (1793–1870) und Ferdinand Gropius (1796–1830) eröffnen im Oktober 1827 in der Georgenstraße 12, Ecke Stallstraße (heute Universitätsstraße), eine „Kunst-Anstalt“, in der ein reichhaltiges Sortiment von „geschmackvollsten Mode-, Luxus und Bequemlichkeitsartikeln“ sowie Kinderspielzeug angeboten werden. Die Attraktion des Hauses bildet das Diorama, das von Carl Gropius, Theaterausstatter und Dekorationsmaler, geführt wird. George Gropius etabliert die anfänglich im Diorama-Gebäude untergebrachte Buch- und Kunstwarenhandlung seit 1835 in der im Erdgeschoss der Schinkel’schen allgemeinen Bauschule befindlichen Geschäftszone. Hier werden vorwiegend Berliniana vertrieben: Bücher, Karten, Veduten, Bildnisse von Prominenten, Darstellungen zum städtischen Leben usw. Der Gropius’sche Verlag macht sich seit den zwanziger Jahren vor allem mit der Herausgabe populärer Graphik einen Namen, insbesondere die „Berliner Witze und Anecdoten, bildlich dargestellt“, „Berliner Redensarten“, „Berliner Ausrufe, Kostüme und lokale Gebräuche“, „Tagesgegebenheiten“ und „Berliner Volksszenen nach der Natur gezeichnet“ (Lammel 1993, S. 93). An diesem Folgen kolorierter Lithographien sind Künstler wie Gottfried Schadow, Franz Krüger, Theodor Hosemann, Adolph Schrödter und Franz Burchard Dörbeck beteiligt (vgl. ebd.). Zwischen 1833 und 1837 gibt Gropius das bedeutende Kunstmagazin Museum. Blätter für bildende Kunst heraus, das von Franz Kugler redigiert wird. 1836 ruft George Gropius in Leipzig den Verein zur Unterstützung deutscher Buchhändler ins Leben. Lit.: Lammel 1993, S. 93f.; Stenger 1925. Ausst.-Kat. Sehsucht 1993, S. 193–205. Abb.: Ausst.-Kat. Gaertner 2001, S. 103, Abb. 91, S. 300, Nr. 110 und S. 309, Nr. 119; hier Abb. 51–53.

H HAASE & SÖHNE, Prag, den 30. September 1841: „Geschäftsbesuche bei Haase Söhne, Boresch u. André, Bohmanns Erben, Marco Berra“. Gottlieb Haase (1765–1824), Buchdrucker und Buchhändler in Prag. Gebürtig aus Halberstadt, seit 1798 in Prag. Er erlernt in jungen Jahren das Buchdruckergeschäft und arbeitet in verschiedenen Geschäften und an unterschiedlichen Orten, bevor er in

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Prag eine kleine Buchdruckerei einrichtet. 1800 durch Hochzeit mit der Tochter des Buchhändlers Widtmann „in den Stand gesetzt, eine Druckerei mit zwei Pressen zu kaufen“. Bald bedeutende Geschäftsvergrößerung (anfangs zwei, später 18 Pressen). Anbindung einer Papierhandlung, einer Steindruckerei und einer Schriftgießerei. Nach seinem Tod 1824 übernehmen die beiden Söhne Ludwig Haase (1801–?) und Andreas Haase (1804–1864) ein blühendes Geschäft. Seit 1831 stoßen die beiden anderen Brüder Gottlieb Haase (1809–?), der zuvor bei Krause das Buchhandelsgeschäft erlernte, und Rudolph Haase (1811–?), nach einem Jurastudium, dazu. Die Firma nennt sich fortan Gottlieb Haase & Söhne. Das Geschäft gehört bald zu den bedeutendsten im österreichischen Kaiserstaat. Seit 1827 geben Haase & Söhne die offizielle Prager Zeitung und die Unterhaltungsblätter (seit 1830 Bohemia) heraus. Ludwig Haase baut seit 1837 in Wran eine Maschinenpapierfabrik auf, Andreas Haase übernimmt die Leitung der Buchdruckerei und Schriftgießerei und wird zum Chef des Prager Hauses. Fünf Abteilungen laufen nun parallel: die Buchdruckerei, die Schrift- und Stereotypgießerei, die Verlags- und Sortimentshandlung, die Maschinenpapierfabrik im Dorfe Wran und die Papierhandlung; außerdem besitzen Haase & Söhne Kommanditen in Wien, Linz und Lemberg. Insgesamt beschäftigen Haase und Söhne 700 Personen. Neben dem bedeutenden Geschäftsumfang werden technische Neuerungen eingeführt, u. a. ein Verfahren, Ölgemälde auf einer Buchdruckerpresse nachzuahmen. Nach dem Tod von Andreas Haase 1864 übernimmt Gottlieb, der dritte der Brüder, die Geschäftsleitung. Am 1. Januar 1872 wird die Firma in die Actiengesellschaft Bohemia umgewandelt. Lit.: Wurzbach, Bd. 6, 1860, S. 110; Oesterreichische National-Encyklopädie, Bd. 2, S. 459 und Bd. 4 (Suppl.) S. 468; Schmidt 1903, S. 354–356.

HERMANN, München, den 15., 16. und 18. November 1847: „Nachmittags Besuche bei Herrn von Montmorrillon, Hermann, Quaglio“; „Besuche der eben Genannten bei mir“; „Dann Geschäfte mit der Hermann’schen mit von Montmorillon und Cotta’schen“. Johann M. (von) Hermann (1793–1855), Restaurator und Kunsthändler. Geboren in Wien, Studium an der dortigen Kunstakademie. 1811 als Restaurator von Kupferstichen tätig. Um 1821 gründet Hermann eine Kunsthandlung in München mit angeschlossenem lithographischem Institut, später Hermann & Barth (Winkler 1975, S. 109). Die Kunsthandlung Hermann et Comp. mit ausgestellten Bildnissen ist im Tags-Blatt für München 1828 erwähnt. Nagler verzeichnet unter dem Künstler Ludwig Simon Tröndlin: „Das Abendmahl des Herrn, nach dem Stiche von R. Morghen sehr genau lithographiert, für die Herrmann’sche Kunsthandlung in München“ (Nagler Künstlerlexicon 1849, S. 104). Das Kunstblatt erwähnt 1827 die Kunsthandlung Hermann und Barth in München (Kunstblatt 1827, Nr. 96, S. 384). Lit.: Tags-Blatt für München, Nr. 164, 15. Juni 1828, S. 662; Nagler, Künstler-Lexicon, Bd. 19, 1849, S. 104; Winkler 1975, 109.

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HOLLENDER, Brüssel, den 16. Juni 1853: „Endlich mit van der Kolk zu Hollender. Gemälde erhalten, sehr wichtige Bekanntschaft [...] Petit, Hollender, de Bièfve“ / Brüssel, den 30. Juni 1855: „Zu van der Kolk, Hollender, Hauptstraßen, Galerien, Passagen, Hallen“. Hollender muss ein Kunsthändler in Brüssel gewesen sein. Es ließ sich aber nichts Nennenswertes über ihn recherchieren. HULIN, Paris, den 24., 27. und 28. November 1834: „Mit Ellisen bei Giroux, Md. Hulin, Leo, Rittner, Watelet, Chapellier, Rougemont, Tortoni“; „Chapellier, Lippold, Md. Hulin, Exposition des Arts“; „Jelski, Paskowki, Rougemont, Lippold, Md. Hulin, Brunner, Gihaut, Magnus“. Mme Hulin (?–1834), Kunsthändlerin in der Rue de la Paix. Mme Hulin ist bekannt durch ihre Beziehung zu Bonington, Descamp, Cabat und Géricault in den zwanziger Jahren (Vaisse 1987, S. 405). Paul Durand-Ruel soll über sie gesagt haben: „Mme. Hulin mourut, sans laisser de successeur... Eh, oui, Mme. Hulin... Naturellement, vouz connaissez mieux Mme. Druet ou Mme. Langweil ou même Mlle Weill... Cette Mme Hulin était une marchande de la rue de Paix; c’est elle qui, la première, avait acheté Bonington, Delacroix et Géricault... Quand Mme Hulin mourut, – et c’était en 1834, – le nouveau magasin de mon père [Jean-Marie-Fortuné Durand-Ruel, d.V.] devint le rendez-vous de quinconque s’intéressait au mouvement des arts“ (Paul Durand-Ruel, zit. nach Fénéon 1970, S. 348). Noch 1866 wird in der Gazette des beaux-arts auf gerahmte Lithographien von Géricault, hg. von Mme Hulin im Jahr 1823, aufmerksam gemacht (Gazette des beaux-arts 1866, S. 539). Lit.: Vaisse 1987, S. 405; Arbour 2003, S. 287; Gazette des beaux-arts, Paris 1866, S. 539; Fénéon 1970, S. 348.

K KNECHT, Paris, den 22. November 1834: „Gihaut, Rittner, Ed. Magnus, Chapellier, Watelet, Knecht“ / Paris, den 1. April 1838: „Diner bei Knecht“. François-Joseph-Édouard Knecht (1789–1870), Leiter der lithographischen Firma Aloys Senefelder & Co. in Paris. Die Firmengeschichte ist ausführlich beschrieben in Kapitel II.1.c, „König im Kleinen eines großen Ateliers“. Lit.: Ausst.-Kat. Knecht lithographie 2005; Wagner 1914, S. 148f. und S. 147–155; Imiela/Gerhard 1993, S. 53f.

KÖNIGLICH LITHOGRAPHISCHES INSTITUT (Sachses erste Ausbildung) Gegründet 1816; beschrieben in Kapitel II 3 a, „Einrichtungen, Correspondenzen, Launereien“.

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KOLK, VAN DER, Brüssel, den 16. Juni 1853: „Zuerst zu Geruzet, van der Kolk, Tessaro, Couteaux [...], endlich mit van der Kolk zu Hollender. Gemälde erhalten. Sehr wichtige Bekanntschaft“ / Brüssel, den 30. Juni 1855: „Zu van der Kolk, Hollender“. Van der Kolk, Buch- und Graphikhändler und Verleger, Galerie du Rois 3 (Galeries St.-Hubert), Brüssel. Van der Kolk wird als „marchand d’images“ bezeichnet und könnte auch mit Gemälden gehandelt haben. Lit.: Baedeker, Belgien und Holland 1858, S. 53.

KUHR (Berliner Kunsthändler, erwähnt in Sachses Briefen) Julius Kuhr, Kunsthandlung in Berlin, Unter den Linden 33. Gegründet 1828. Seit 1831 zusammen mit einer Goldleistenfabrik und seit 1832 mit einem eignenen lithographischen Institut verbunden. Zedlitz schreibt 1834 über „die interessanten neuen Lieferungen in der Kupferstecherkunst und im Steindruck“, die „Herr Kuhr mit großer Umsicht und vielem Geschmack zu ordnen und auszulegen versteht“ (Zedlitz 1834, S. 403). Reisen nach Frankreich und nach Süddeutschland benutzt Kuhr „zur Ausbildung für das Fach eines Kunsthändlers“ (vgl. ebd.). Die persönliche Bekanntschaft „mit den Verlegern und Besitzern der besten Kunsthandlungen“ würde „sehr viel dazu beitragen, dass sein ausgezeichnetes Kunstmagazin mit den Erzeugnissen der vorzüglichsten Kunstwerkstätten und den bedeutendsten und gesuchtesten Arbeiten beliebter Künstler ausgestattet ist, aus dem man sich zu jeder Jahreszeit mit allen Bedürfnissen und neusten Erscheinungen in allen Fächern des Kunsthandels, von den werthvollsten Oelgemälden und von den Werken berühmter Meister, namentlich eines Albrecht Dürer, B. v. Leyden, Rembrand, Marco Antonio, bis zu den niedlichen Kleinigkeiten, aus diesem Magazin versehen kann“ (vgl. ebd.). Ebenso wie zu Sachse gibt es auch zu Julius Kuhr eine Akte im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Im Rahmen dieser Arbeit muß es aber leider bei dem Verweis darauf bleiben. Lit./Arch.: Zedlitz 1834, S. 403; GStA PK, HA I, Rep. 89, Nr. 19668; Nerlich 2010, S. 140–143.

L LEMERCIER, Paris, den 25. Juni 1835: „Besuche in Kirchen und Malateliers, Charlet, Canon, Villeneuve, Monthelier, Engelmann, Lemercier“ / Paris, den 7.–24. März 1837: „In dieser Zeit wiederholt bei Lemercier lithographiert“ / Paris, den 30. April 1846: „Gegenbesuche von Kunsthändlern, dann Luxemborg (grand Fête), Galerie. Lemerciers-Atelier“ / Paris, den 3. Juli 1855: „Durand-Ruel, Beauboeuf, Picard. Lemercier. Luxemborg“. Rose-Joseph Lemercier (1803–1887), Lithograph und Verleger in Paris. Seit 1831 in der Rue de Seine 31 in einem ehemaligen Ballhaus. Ausbildung zum Lithographen, u. a. bei François-Joseph Knecht. 1828 gründet Lemercier ein eigenes lithographisches Institut, das bis zur Jahrhundertmitte zu einer der größten und wichtigsten Druckereien in Paris heranwächst. Lemercier arbeitet an der Weiterentwicklung des lithographischen

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Verfahrens und erfindet 1852 die „Lithophotographie“. Zu Hochzeiten stehen bei Lemercier 20 „Presses à vapeur“ (Dunstdruckpressen), 70 Handdruckpressen, 20 Kupferdruckpressen und 20 „Presses en photoglyptie“ (Bouquin 1997, S. 724). Lemercier spielt eine herausragende Rolle für die Entwicklung der Lithographie, dem Gebrauch und Ansehen des modernen Verfahrens im nationalen und internationalen Kontext. Nach dem Tod von Rose-Joseph Lemercier 1887 führt dessen Neffe Alfred Lemercier das Unternehmen bis 1900 weiter. Lit.: Bouquin Chupeau 1993 und 1997; CHAN F18/1792 (Imprimeurs et libraires, dossier Lemercier). Abb. : Wolf 1974, S. 155, Nr. 262 ; hier Abb. 150.

LEPKE, Paris, den 27. August 1851: „Früh Besuche mit Lepke bei Durand und Piacard“. Nathan Levi Lepke (1779–1864), gebürtig aus Dessau, erwirbt 1842 das Bürgerrecht in Berlin. Er richtet die Kunsthandlung „N. L. Lepke“ in der Behrenstraße 27 ein. Sein Sohn Louis Eduard Lepke (1814–1883) ist ebenfalls Kunsthändler. Spätestens nach dem Tod des Vaters 1864, wahrscheinlich aber schon viel früher, übernimmt er das Geschäft zusammen mit seinem Bruder Julius Lepke. Es befindet sich nun in der Charlottenstraße 64 in Berlin und hält ein Lager von älteren wie modernen Gemälden und Kupferstichen bereit (Allgemeines Adressbuch, 1867, S. 148). Max Schasler weist 1856 auf ein „sehr bedeutendes Lager und Ausstellungslokal von älteren und neueren Werken, namentlich der belgischen und französischen Schule“ hin, wo auch gute Kopien der deutschen Museen zu haben seien (Schasler 1856, S. 494f., hier zit. nach Grossmann 1994, S. 132f.) Rudolph Lepke (1845–1904), der zunächst eine Ausbildung zum Buchhändler macht, tritt in den frühen 1860er Jahren in das Familienunternehmen ein. 1869 gründet er den „Gemäldesalon Lepke“ Unter den Linden 4a, Ecke Wilhelmstr., wo deutsche und französische Kunstwerke präsentiert werden (Teeuwisse 1986, S. 78). In den 1860er und 1870er Jahren finden hier bereits zahlreiche Auktionen von Nachlässen zeitgenössischer Künstler statt, darunter Wilhelm von Kaulbach und Julius Schrader. 1878 versteigert Lepke auch Sachses Nachlass. Nach dem Tod seines Vaters Louis Eduard und seines Onkels Julius 1885/86 ist Rudolph Lepke alleiniger Inhaber der von seinem Großvater gegründeten Kunsthandlung. Er eröffnet unter dem Namen „Rudolph Lepke´s Kunst-Auctions-Haus“ noch im selben Jahr Berlins erstes eigenständiges Auktionshaus in der Kochstraße 28–29. Im Erdgeschoss befinden sich ein Kupferstichsaal, ein Bildersaal, ein Antiquitätensaal und ein Kontor. Der Firmeninhaber bewohnt das erste Stockwerk. Die Räume der früheren Kunsthandlung Unter den Linden gibt er an den Kunsthändler Eduard Schulte ab. Lit: Malkowsky 1912; Schasler, Berlins Kunstschätze 1856, S. 494f.; Grossmann 1994, S. 132f.; Adressbuch für den deutschen Buchhandels, Bd. 29, 1869, S. 148; Teeuwisse 1986, S. 67 und 78; Wilhelm 1990, S. 130; Brendicke 1895.

LÜDERITZ (Berliner Kunsthändler, erwähnt in Sachses Briefen) Carl Gottfried Lüderitz (Lebensdaten unbekannt), Vater oder Stiefvater des Kupferstechers Gustav Lüderitz, ist 1820 in den Berliner Adressbüchern als Kunsthändler

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in der Königstraße 37 verzeichnet. Die von E. H. Schoeder Anfang der 1830er Jahre übernommene Lüderitz’sche Buch- und Kunsthandlung zog um 1840 in die Straße Unter den Linden 58, später 27. Die Firma handelte mit Grafik, Büchern und Gemälden. Menzel fertigte einen aufwendigen Briefkopf (Abb. 200). Lit.: Ausst.-Kat. Krüger 2007, Nr. 59, S. 128; Öffentlicher Anzeiger der königl. Oppeln’schen Regierung, Beilage des Amtsblattes, Nr. 34, 24. August 1830, S. 249; Achenbach 1984, S. 393.

M MALLET, Paris, den 25. August 1851: „Den Quai abgesucht, zu Mallet & Co.“ / Paris, den 10. Juni 1853: „In alte Kupferstich-Kneipen. Besuche bei Souty, Mallet, Magnus, Fleury“. Mallet ist mehr Experte und Makler als Händler (Vaisse 1987, S. 406). Lit.: Vaisse 1987, S. 406.

MARTINET (Pariser Kunsthändler; in Sachses Tagebüchern nicht namentlich erwähnt.) Louis Martinet (1814–1895), Historienmaler, Kunsthändler und Theaterdirektor. Martinets Galerie befindet sich auf dem Boulevard des Italiens 26 (Miquel 1987, S. 394; Kelly 1999, S. 426). Studium bei Antoine-Jean Gros. Aufgrund eines Augenleidens gibt Martinet die Malerei frühzeitig auf. 1849 tritt er in die „administration des beaux-arts“ ein, für die er zwischen 1850 und 1855 Ausstellungen organisiert. Mitglied der von Francis Petit gegründeten „caisse de secours des artistes“, für die Martinet eine Retrospektive für Ary Scheffer in einer Galerie am Boulevard des Italiens 26 organisiert, die Martinet ab 1860 (oder 1861) leitet (Nahon 1993, S. 19). Im März 1860 eröffnet die Galerie Martinet „une exposition qui résume tout, grâce à qui cette année sans Salon, a son Salon quand même, et qui a cet avantage sur les expositions officielles que Monsieur Ingres y est présent“ (Tabarant, S. 272; zit. nach Nahon 1993, S. 19). Martinet zeigt in seinen Räumen sowohl alte Meister als auch zeitgenössische Künstler (Rembrandt, Ruysdael, Ribera, Ingres, Velázquez, Millet, Dupré, Théodore Rousseau, Whistler, Puvis de Chavannes, Manet). Alle zwei Wochen verändert er die Zusammenstellung (Nahon 1993, S. 20). Im August 1861 stellt Martinet Édouard Manets „Le Liseur“ zum Verkauf aus und im Oktober Manets „Guitariste espagnol“, der aber unverkäuflich ist (ebd.). Im selben Jahr kauft Martinet ein Gemälde von Rousseau für 4000 Francs (Kelly 1999, S. 426). 1862 gründet Martinet im Verbund mit 200 Malern und Bildhauern – u. a. Ingres, Courbet und Manet – die Société nationale des Beaux-Arts, die den beteiligten Künstlern die Vermarktung der eigenen Werke und finanzielle Unabgängigkeit durch das Veranstalten von Ausstellungen sichern soll (Miquel 1987, S. 394; Nahon 1993, S. 20). Erster Präsident ist Graf Walewski, zum Vorstand gehören Gautier, Réault und Martinet selbst. Die erste Ausstellung dieses Künstlerverbundes findet

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im Juni 1862 statt und zählt ca. 100 Teilnehmer, darunter Delacroix, Ingres, Courbet, Daubigny, Diaz, Doré, Millet, Rousseau, Troyon. Ingres’ „Jésus parmi les docteurs“ wird vom Staat für 5000 Francs angekauft (Nahon 1993, S. 20). Im März 1863 zeigt Manet 14 Gemälde in der Galerie Martinet (ebd.). Die von Martinet seit Ende 1861 zweimonatlich herausgegebene Zeitschrift für zeitgenössische Kunst Courrier artistique wird zum Sprachrohr der Société Nationale. Im Editorial der ersten Ausgabe schreibt Martinet : „[…] chaque jour démontre l’utilité des expositions permanentes [...] maintenant surtout que les salons officiels n’ont lieu que tous les deux ans [...]. Le salon doit être le complément, le couronnement d’une série d’expositions préalables, véritables épreuves préliminaires [...] A ces considérations nous ajouterons – bien que le fait soit déjà connu – que l’artiste trouve dans nos galeries l’écoulement facile et honorable de ses travaux. Le chiffredes œuvres achetées depuis le mois de février (1861) a déjà causé une certaine sensation. C’est la première fois en effet qu’en France une entreprise privée ait pu, avec une indepancance absolue, servir gratuitement d’intermédiaire entre les artistes et les amateurs, pour les achats“ (Louis Martinet in Courrier artistique, Nr. 1, zit. nach Miquel 1987, S. 394). Tabarant zufolge soll Manet sich ebenfalls im Courrier artistique geäußert haben: „De nombreux artistes ayant appris que le jury a réfusé leurs œuvres sont venus nous demander s’ils pouvaient les exposer dans nos salles. Voici notre réponse: nous tâcherons de faire bon accueil à tous les proscrits; le seul excès qu’il faille combattre, et pour lequel on doive se montrer sévère, c’est la médiocrité; toute œuvre d’art qui nous arrivera exempte de ce repoche sera la bienvenue“ (Tabarant 1863/1942, S. 299; zit. nach Nahon 1993, S. 20). Nach Auflösung der Gesellschaft 1865 existiert die Zweimonatsschrift weiter und wird zur Werbebroschüre für die Galerie Martinet. Martinets Künstlerbund nimmt Mitte der 1860er Jahre eine zentrale Position am Pariser Kunstmarkt ein, wie die Teilnehmerliste am jährlichen Bouquet 1864 belegt. Unter den Gästen finden sich Corot, Dumas, Robert-Fleury, Charles Blanc, Daubigny, Asselineau, Manet, Burty, Puvis de Chavannes, Banville, Carjat, Paul Mantz, Armand-Dumaresq und Gautier. Dennoch versteht sich die Société Nationale nicht als Ersatz für den offiziellen Salon. Ihr Hauptziel besteht vielmehr darin, den von ihr ausgestellten Gemälden den Zugang zum Salon zu erleichtern. Dies scheint von einigem Erfolg gekrönt zu sein. Als der Kunstkritiker Philippe Burty 1864 die Ausstellungsräume der Gesellschaft betritt, steht er vor leeren Wänden: „Nahezu alle Arbeiten, die wir uns noch einmal vor dem Druck der Kritiken ansehen wollten, waren fort“, schreibt Burty, „hinübergeschafft in den Käfig aus Kristall am Champs-Elysée“, dem Ausstellungsort des diesjährigen offiziellen Salons (zit. nach Sfeir-Semmler 1992, S. 190). Baudelaire schreibt in den „Écrits esthétiques“ über Martinet: „Le temps n’est pas éloigné où on déclarait impossible les expositions permanents de peinture. Monsieur Martinet a démonstré que cet impossible était chose facile. Tous les jours, l’exposition du boulevard de Italiens reçoit des visiteurs, des artistes, littérateurs, gens du monde, dont le nombre va s’accroissant. Il est maintenant permis de prédire à cet établissement, une sérieuse prospérité. Mais une des conditions indispensables de cette faveur publi-

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que, était évidemment un choix très sévère des objets à exposer. Cette condition a été accomplie rigoureusement et c’est à cette rigueur que le public doit le plaisir de promener ses yeux, sur une série d’œuvres, dont pas une seule, à quelque école qu’elle appartienne, ne peu être classic dans l’ordre du mauvais ou même du médiocre. Le comité qui préside au choix des tableaux, a prouvé qu’on pouvait aimer tous les genres et ne prendre de chacun que la meilleure part; unir l’impartialité la plus large à la sévérité la plus minutieuse. Bonne leçon pour les jurys de nos grandes expositions qui ont toujours trouvé le moyen d’être à la fois scandaleusement indulgent et inutilement injuste“ (zit. nach Nahon 1993, S. 19). Lit.: Lacroix 1861, S. 61f.; Sfeir-Semmler 1992, S. 187 und S. 189f.; Kelly 1987, S. 394 und S. 406; Nahon 1998, S. 18–22.

MECHETTI, Wien, den 16., 19., 23., und 25. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co, Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer & Schnur“; „Besuche von Paterno, Mechetti“; „Nach Tisch Geschäfte bei Artaria, Müller, Mechetti und Neumann“; „Abschied von ihnen und Mechetti, Paterno, Schuch, Schivone, Stöber“. Pietro quondam Carlo Mechetti, Kunst- und Musikalienhandlung, Michaelsplatz 1153 in Wien. Verkauf von Musikalien, Alabastergegenständen, lithographischen Porträts von neueren Bühnenkünstlern und hoher Personen (Schimmer 1837, S. 168). Carlo Mechetti (1747/48–1811), gebürtig aus Lucca, ist „Haushofmeister bei den Feldmarschällen Colloredo und Clairfait“ (Frank/Frimmel 2008, S. 128). Zunächst handelt er „auf dem Markt in Wien, später auch auf Pester Märkten“ (vgl. ebd.). 1790 verkauft Mechetti der Zarin Katharina eine wertvolle Kupferstichsammlung (vgl. ebd.). Im selben Jahr erscheint der „Catalogue des Estampes des plus grands maîtres, tableaux, livres, vases, idoles etc. qui composent la collection de M. Charles Mechetti“ (Wien 1790). 1798 erhält Carlo Mechetti eine Befugnis als Kunst- und Musikalienhändler (vgl. ebd.). Pietro Mechetti (1777–1850), Carlos Neffe, arbeitet in der Firma und wird „eines Sohnes statt“ angenommen (vgl. ebd.). Pietro Mechetti ist Inventur- und Schätzungskommissär und wird Gesellschafter in der Firma seines Onkels. Er verlegt u. a. Werke von Rossini und neben einigen Originalwerken auch Nachauflagen von Beethoven. Lit.: Schimmer 1837, S. 168; Frank/Frimmel 2008, S. 128.

MERCIER, Paris, 4. April 1838: „Besuch bei Mercier“. Jean-Michel Mercier (1786–1874), Kunsthändler und Restaurator in der Rue de Seine 7. François Joseph Emile Mercier und Charles Joseph Mercier werden in den Dossiers der Archives nationales de Paris als Lithographen geführt. Lit./Arch.: Lacroix 1861, S. 59f.; CHAN F18/1802 (Imprimeurs et libraires, dossier Mercier).

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MONTMORILLON, München, den 17. und 18. November 1847: „Besuch von Montmorillon“; „Dann Geschäfte mit der Hermann’schen mit von Montmorillon und Cotta’schen“. Ludwig Albert von Montmorillon (Lebensdaten unbekannt), Kunsthändler in München, Karlsstraße 10. Montmorillon stellt 1838 beim Magistrat der Stadt München ein Gesuch zur Errichtung eines Kunstdepots, sprich eines Kunsthandelsgeschäftes, für Gemälde aller Zeiten, Kupferstiche, Radierungen und Lithographien. Von 1835 bis 1854 finden hier vornehmlich Nachlassauktionen statt. Nach dem Tod von Montmorillon wird der ehemalige Buchhändler Joseph Maillinger 1859 sein Nachfolger. Er wirbt mit dem Hinweis darauf, dass er keine Gefährdung „des Nahrungsstandes der vorhandenen Kunsthändler in München“ darstelle und „München als gefeierte Metropole der Kunst eines solchen Geschäftes bedurfe“ (Negendanck 1998, S. 21). Lit.: Schillers München 1857, S. 149; Negendanck 1998, S. 21.

MÜLLER (JUN. und SEN.), Wien, den 16., 22., 23., 24. und 25. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co, Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer & Schnur“; „Bei Bärmann, Müller und Neumann Geschäfte gemacht“; „Nach Tisch Geschäfte bei Artaria, Müller, Mechetti und Neumann“; „Bei Müller und Artaria Geschäfte gemacht“; „Früh Besuche von Hoffmann aus Stuttgart Geschäfte bei Neumann, Bärmann, Müller. Abschied von ihnen“. Heinrich Friedrich Müller (1779–1848), Kunsthändler, Kohlmarkt 1150 in Wien. Müller stammt ursprünglich aus Hannover. Er zieht 1805 nach Wien und übernimmt 1807 die Hohenleithner’sche Kunsthandlung, die seit 1811 seinen Namen führt: „Nun begann er eine Thätigkeit, durch welche er sein Geschäft in überraschender Weise hob und Unternehmungen anfing, welche ebenso den Namen seiner Firma weit über die Grenzen des Reiches bekannt machten, wie sie sich durch ihren Geschmack und die Nettichkeit der Ausführungen hervorthaten. Bis zu seiner Zeit waren Bilderbücher der Jugend nicht nur geschmacklos in ihrer Ausstattung, sondern meist auch baar jedes geistigen Gehaltes. Müller widmete diesem Gegenstande seines Verlags volle Aufmerksamkeit und es gelang ihm, diese Elementarbücher des Unterrichts in einer Ausstattung zu Tage zu fördern, welche alles bisherige weit übertraf“ (Wurzbach 1868, S. 355). Müller beschäftigt für diesen Zweig seines Geschäfts „treffliche Meister“, wie die Kupferstecher Benedetti, Blaschke, Panheimer, Steinmüller, Stöber Vater und Sohn und den Maler Loder. Müllers „Bilderbücher“ sind bald so gesucht, dass auswärtige Firmen wie Amelang in Berlin, Cnobloch in Leizig und andere Müller nacheifern (vgl. ebd., S. 356). Müller vertreibt außerdem Spiele, „die in ihrer Mannichfaltigkeit, sinnigen Einrichtung und zierlichen Ausstattung halber bald weit und breit gesucht, und in kurzer Zeit ein bedeutender Ausfuhrartikel, namentlich nach dem Norden wurden“ (vgl. ebd.). Aufgrund ihrer „luxuriösen Ausstattung und originellen Einrichtung weltberühmt“ sind Müllers „Neujahrswünsche, Ziehbilder und Kunstbilletten“, die „in Tausenden in die Fremde gingen und selbst an den Höfen von Berlin, London, u. a. sich großer Beliebtheit erfreuten“ (vgl. ebd.). Außerdem ist Müller „der eigentliche Begründer und Verbreiter“

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von Stickmustern. Sie werden besonders nach England und Russland verkauft: „Nicht selten waren mehr als anderthalb hundert Coloristen in Müller’s Solde mit Anfertigung dieser Muster beschäftigt“ (vgl. ebd.). Auf der Wiener Gewerbeausstellung 1839 erhält Müller „in Anerkennung der Vorzüglichkeit seiner Leistungen in diesem Fache“ die silberne Medaille (vgl. ebd.). Müller ist zudem Mitbegründer des Wiener Kunstvereins und besorgt 16 Jahre lang „zum größten Theil selbst die Geschäfte desselben“ (vgl. ebd.). 1845 verbindet Müller seine Kunsthandlung mit einer Musikalienhandlung. „Müller’n gebührt das unbestreitbare Verdienst im Gebiete der Jugendschriften und der Kunst, in letzterer namentlich in einer Richtung, in welcher sie bis vor ihm wenig oder gar nicht beachtet worden und nun doch zur Verschönerung der Häuslichkeit ihr Contingent gestellt hat, Erhebliches geleistet zu haben“ (vgl. ebd.). Müllers Sohn Carl (1814–1868) ist von 1841 bis 1868 Direktor der Albertina in Wien. In einem Nekrolog heißt es: „Den Besuchern dieser Galerie aus allen Theilen der Welt wird der durch sein staunenswerthes Gedächtniß und sein liebenswürdiges Entgegenkommen wohlbekannte Mann gewiß in dankbarer Erinnerung bleiben“ (Zeitschrift für bildende Kunst, Beiblatt 1869, S. 55). Lit.: Wurzbach von Tannenberg 1856, S. 499 und Wurzbach 1868, S. 355f.; Schimmer 1837, S. 168; Zeitschrift für bildende Kunst, Beiblatt, 4. Jg., Nr. 6, 1869, S. 55.

N NEUMANN, Wien, den 16., 22., 23. und 25. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co, Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer & Schnur“; „Bei Bärmann, Müller und Neumann Geschäfte gemacht“; „Bei Bärmann für beinahe 400 Reichsthaler Aquarelle verkauft, dann zu Voigtländer und Müller; bei ihm Krafft und Habermann. Ebenfalls für beinahe 400 Reichsthaler Aquarelle angebracht. Desgl. bei Neumann für 85 Reichsthaler. Nach Tisch Geschäfte bei Artaria, Müller, Mechetti und Neumann“; „Früh Besuche von Hoffmann aus Stuttgart. Geschäfte bei Neumann, Bärmann, Müller. Abschied von ihnen“. Leopold Theodor Neumann (Lebensdaten unbekannt), lithographische Anstalt und Kunsthandel, am Kohlmarkt 257 in Wien. Nach Frimmel eröffnet Neumann 1833 „einen Kunstladen“ am Kohlmarkt Nr. 1150. Neumann bietet englische und französische Lithographien und Kupferstiche an (Schimmer 1837, S. 168). Wie ebenfalls Frimmel berichtet, hat Neumann eine zeitlang „auch ein Gewölbe in Carlsbad auf der neuen Wiese am Maltheserkreuz“ (Frimmel 1898, S. 41). „Der Kupferstich in Oesterreich [...] ist durch den Stahlstich, die Lithographie und den Farbendruck fast ganz verdrängt worden; wenigstens gelangt von solchen Arbeiten nur Einzelnes an die Öffentlichkeit. Hingegen hat die Lithographie sich in bemerkenswerther Weise aufgeschwungen und bedeutend zugenommen. Die Bestrebungen einzelner Wiener Kunsthändler, unter denen Neumann obenan steht, und Müller, Paterno,

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Bermann mit allen Kräften nachstreben, sind nicht erfolglos geblieben. Noch aber sind die Wiener Lithographien nicht auf jener Stufe angelangt, die anderwärts bereits erreicht ist“ (Wurzbach von Tannenberg 1856, S. 499). Vgl. auch Müller und Bärmann. 1862 ist Leopold Theodor Neumann im leitenden Ausschuss der „Gesellschaft bildender Künstler Österreichs, Künstlerhaus“ angeführt (Aichelburg 2003, S. 124). Lit.: Hebenstreit 1840, S. 197; Mayer 1851, S. 129; Wurzbach von Tannenberg 1856, S. 499; Schimmer 1837, S. 168; Frimmel 1989, S. 41; Aichelburg 2003, S. 124.

P PALL MALL, London, den 18. April 1838: „Besuch mit Ackermann bei Colnaghi und in der Pallmall-Exhibition. Schöne Bilder“. The Gallery, Pall Mall, siehe Gambart. PATERNO, Wien, den 16., 19., 24. und 26. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria & Co, Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer & Schnur“; „Besuche von Paterno, Mechetti“; „Besuche von Paterno, Artaria, Schiavone“; „Abschied von ihnen und Mechetti, Paterno, Schuch, Schivone, Stöber“. Anton Paterno (1770–1835), Kunst- und Musikalienhändler am Neuen Markt 1064 in Wien. Auch Verkauf von Zeichnungs-Requisiten und Kinderspielzeug (Schimmer 1837, S. 168). Anton Paterno kommt 1812 aus seiner Geburtsstadt Borgo (Tirol) nach Wien. Er beginnt seine Laufbahn als Hausierer und Bilderkrämer und verkauft aus Holzbuden heraus (Kralik 1935, S. 29). 1819 erhält er eine reguläre Kunst- und Musikalienhändlerbefugnis. In seinem Verlag erscheinen ABC-Bücher, Post-, Reise- und Eisenbahnkarten sowie Spiele. Moritz von Schwind zeichnet in den frühen Wiener Jahren (1821–1828), „um Geld zu verdienen“, Neujahrsvisitenkarten komischen Inhalts, die für einen Gulden das Stück bei Anton Paterno am Neuen Markt verkauft werden (Kobald 1921, S. 90). „Herr Paterno hat mit einem kleinen Bilderverlage angefangen, und hat es durch einsichtsvollen Betrieb zu einer bedeutenden Kunsthandlung gebracht, welche dessen hinterlassene Witwe mit fortgesetztem Eifer betreibt, und einen ausgezeichneten Verlag von Kunstwerken besitzt“ (Musikalischer Geschichts- und Erinnerungskalender 1842, S. 80). Nach Paternos Tod wird die Firma unter dem Namen Anton Paterno’s Witwe, ab 1847 unter Anton Paterno’s Witwe & Sohn und ab 1853/57 von dem Sohn Friedrich Paterno allein weitergeführt (Petzholdt 1859, S. 359; Kralik 1935, S. 30). 1878 verkauft Friedrich Paterno das Geschäft an den Kunsthändler J. C. Wawra. Lit.: Schimmer 1837, S. 168; Petzholdt 1859, S. 359; Frimmel 1989, S. 41; Kobald 1921, S. 90; Kralik 1955, S. 29f.; Musikalischer Geschichts- und Erinnerungskalender 1842, S. 80.

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PETIT, Paris, den 14. Juni 1853: „Früh Besuche von Durand, Petit, um 9 Uhr zu letzterem. Er wird mir schöne Sachen schicken. Eine gute neue Bekanntschaft“ / Paris, den 9. und 12. Juli 1855: „Geschäfte bei Goupil und Bernardi, Binant, Petit, Durand-Ruel, Fatout“; „Binant, Petit, Goupil, Giroux“. Francis Petit (1817–1877), Kunst- und Graphikhändler und Experte in der rue Godot-de-Mauroy 12, dann Boulevard Poissonnière 24 und Rue Saint-Georges 7. Francis Petit ist der Schwiegersohn von Souty und der Vater von Georges Petit (1856–1920), dem bekannten Kunsthändler der Impressionisten (Kelly 1999, S. 425f., Vaisse 1987, S. 407). 1846 begründet Francis Petit eine Graphik- und Bilderhandlung in der Rue Godot-de-Mauroy 12, die sich auf moderne Künstler konzentriert (Nahon 1993, S. 52; Müllerschön/Maier 2002, S. 422). Aus der Mitgift seiner Frau (1000 Francs) im Zuge der Hochzeit 1851 und einer kleinen Erbschaft von 40000 Francs macht Petit bis 1873 durch den Handel mit Gemälden von Meisonier, einem der höchstgehandelten Maler seiner Zeit, ein enormes Vermögen (Müllerschön/Maier 2002, S. 422). 1855 ist Francis Petit unter der Adresse Boulevard Poissonnière 24 verzeichnet (Catalogue 1855). 1860 organisiert er eine Ausstellung moderner Malerei mit zehn Gemälden von Rousseau, aber auch Werken von Millet (Kelly 1999, S. 425f.). Daneben verkauft er Gemälde von Dupré, Rousseau, Jongkind, Millet und weiteren Barbizon-Malern ebenso wie Werke von Isabey, Delacroix und Ingres (vgl. ebd.). Zusammen mit Tedesco ist er der Testamentsvollstrecker des Nachlasses von Delacroix, Ingres und Troyon (Müllerschön/Maier 2002, S. 422; Sfeir-Semmler 1992, S. 190; Vaisse 1987, S. 407). 1867 tritt Petit als Experte bei der Versteigerung des „cabinet de M. Berville“ auf (Catalogue 1867). Er wird nun unter der Adresse Rue St-Georges 7 angegeben (ebd.). Ebenfalls 1867 ist im „Paris Guide“ über Francis Petit als einen der großen Bilderhändler zu lesen (Burty 1867, S. 962). Der Besucher finde immer etwas bei Francis Petit, der mehr als ein großes Kabinett in Holland und Russland eingerichtet habe. In den Salons von Francis Petit „d’œuvres qui semblent devoir immobiliser dans les galeries, qui les ont accueillies souvent au sortir même de l’atelier du maître, il est indispensable de signaler une maladie à l’aquarelle sont sujets des amateurs les plus distingués. Cette maladie n’a pas que nous sachions, de nom déterminé. Elle rappelle cette langueur que ses anciens appellaient dans une autre ordre d’idées taedium vitae et que les peubles chrétiens du moyen age babtisèrent melancholia“ (vgl. ebd.). Petit weiß jederzeit um den Geschmack seiner Klienten: „[…] qui se dégoute de ses Troyon, il proposera un Jules Dupré, il saura échanger un Th. Rousseau pour un Millet; s’il va bien, il dirrigéra la vente définitive de la galerie“ (vgl. ebd.). Im Jahr 1877 hinterlässt Francis Petit seinem Sohn Georges das gewaltige Vermögen von 2,5 Millionen Francs (Müllerschön/Maier 2002, S. 422). Auch George ist zu diesem Zeitpunkt bereits im Kunsthandel tätig. Schon als Einundzwanzigjähriger ist er Experte für „tableaux modernes“ bei Versteigerungen im Hôtel Drouot (vgl. ebd.). Seine Adresse lautet zu dieser Zeit Rue de Saint-Georges 7. Georges Ehrgeiz geht bald dahin, Goupil, Brame und vor allem Durand-Ruel im kunsthändlerischen Wettstreit zu übertreffen (Müllerschön/Maier 2002, S. 423; Vaisse 1987, S. 407). 1882 eröffnet er einen

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veritablen Palast für Gemälde in der Rue de Sèze 8, erbaut nach dem Vorbild der gerade eröffneten Oper von Charles Garnier (Abb. 257). Georges Petits Kunstsalon ist ausgestattet mit Marmor, Onyx, Stuck, Plaketten und vergoldeten Ovalen (Nahon 1993, S. 52f., Müllerschön/Maier 2002, S. 423). Die Wände sind mit dem gleichen Brokat bespannt wie die Logen der Académie Nationale de la Musique et de Danse. Eine lange Galerie führt durch die monumentalen Säle, roter Teppich liegt auf dem Parkettboden, die Wände sind mit braunem Velours bezogen, Lüster hängen von der Decke, bequeme Fauteuils stehen umher (Nahon 1993, S. 53). Der Hauptsalon ist mehr als 300 qm groß und verfügt bereits über den zu jener Zeit einmaligen Luxus einer Zentralheizung (Müllerschön/Maier 2002, S. 423). Die illustre Gesellschaft, darunter sogar der Präsident der französischen Republik, trifft sich hier am Abend zwischen 17 und 19 Uhr. Jacques-Émile Blanche schreibt über den Händler: „Petit fut l’aieul spirituel des magnats de la Bourse aux tableaux, l’inventeur de savantes ,présantations‘, de la mise en scène des enchères à tam-tam pour les deux Américains“ (zit. nach Nahon 1993, S. 53f.). Georges Petit ist äußerst geschäftstüchtig. Er betreibt den An- und Verkauf von Gemälden, vor allem der Schule von Barbizon, der Salonmaler und der Impressionisten (Müllerschön/ Maier 2002, S. 423). 1879 präsentiert er eine Delacroix-Ausstellung, im Juni 1883 organisiert er eine Ausstellung der 100 Meisterwerke aus den Pariser Sammlungen mit einem großen Anteil an Landschaftsmalern der „école de la nature“, 1899 eine Monet-Ausstellung (Miquel 1987, S. 407). In den „Carnets d’enquêtes“ schreibt Émile Zola über Georges Petit: „Même jeu que Brame, mais appliqué en plus grand encore, les magasins du Louvre de la peinture, l’apothéose. Il était fils d’un marchand de tableaux, ancien jeu, et qui a fait de bonnes affaires. Gommeux, très chic. Lui-même a commencé à travaillier chez son père. Puis l’ambition le prend: il veut couler les Goupil, surpasser Brame, être le premier, centraliser. Et il fait bâtir son hôtel de la rue de Sèze, un palais. Il commence avec trois millions, laissés par son père. Son train de maison est de quatre cent mille francs. Femme, enfants, mâitresse, huit chevaux, château, chasse. Il ouvre des galeries, attend l’arrivage des Américains en mai, il monte des expositions, il achete dix mille pour revendre cinquante mille. Mais il opère surtout sur les morts, Delacroix, Courbet, Corot, Millet, Rousseau, etc. Peu sur les vivants. La cherté est venue de Brame, mais a encore été augmantée par Petit. Une bourse à tableaux, un syndicat pour faire monter les prix. Tous les moyens, les fausses ventes à l’Hôtel, les tableaux rachetés par les marchands, etc. Malheureusement, il y a un nombre limité d’amateurs. La faillite, pour les mêmes raisons que Brame, et plus vaste encore“ (zit. nach Nahon 1993, S. 55f.). Georges Petit organisiert die Nachlassauktionen von einigen der größten Barbizonund Impressionisten-Sammler: Comte Armand Doria, Étienne Moreau-Nélaton, Georges Lutz, Nicolas-Auguste Hazard, Théodore Duret und Victor Choquet (Müllerschön/ Maier 2002, S. 423). 1921, nach dem Tod von Georges Petit, geht der überwiegende Teil der Firma in den Besitz der Galerie Bernheim Jeune über. Einen weiteren Anteil übernimt der Bilderhändler Etienne Bignou (vgl. ebd.). 1928 wird die Sammlung Camille Pissarro unter dem berühmten Namen Galerie Georges Petit in der Rue de Sèze

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8 versteigert. Einer der Experten ist der „Directeur général des Galeries Georges Petit“ André Schoeller (1879–1955), der zu einem der wichtigsten Experten für die französische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts avanciert (vgl. ebd.). In Folge der Weltwirtschaftskrise schließt die Galerie Georges Petit endgültig ihre Tore. Lit.: Lacroix 1861, S. 60; Kelly 1999, S. 52–56; Müllerschön/Maier 2002, S. 422f.; Vaisse 1987, S. 407; Burty 1867, S. 962; Catalogue des tableaux et dessins modernes dont la vente aura lieu le samedi 28 avril 1855 à 2 heures précise, Hotel des commissaires-priseurs rue Drouot N. 5 par le ministère de M. Pouchet, commissaire-Priseur, [...] assisté de M. Francis Petit, Appréciateur, boulevard Poissonnière 24, Paris 1855; Catalogue des aquarelles et dessins modernes qui forment le cabinet de M. Berville dont la vente aura lieu hotel Drouot, salle N. 9, le samedi 14 décembre 1867, M. Charles Pillet, commissaire-priseur, 11, rue de Choiseul, M. Francis Petit, Expert, 7, rue Saint-Georges, Paris 1867.

PICARD / PICART, Paris, den 27. August 1851: „Mit Lepke bei Durand und Picard. Geschäfte abgeschlossen. Mit Binant, Picart, Beauboeuf, Gihaut“ / Paris, den 3. Juli 1855: „Durand-Ruel, Beauboeuf, Picard. Palais des Beaux-Arts“. E. Picart (Lebensdaten unbekannt), Papeterie und Gemäldehändler, Rue du Bac 14. Picart ist spezialisiert auf Doré. In den 1840er Jahren richtet Picart eine Galerie für Aquarelle und Gemälde ein (Miquel 1987, S. 407). 1854 schreibt Frédéric Henriet im L’Artiste (S. 134) über Picart: „Dans la rue du Bac – cette rue Laffitte du faubourg Saint-Germain – MM. Thomas et Picart vivent en bon voisins et se font une loyale concurrence. Ils ont chacun d’ailleurs sa physionomie particulière. M. Thomas est le Beugniet du quartier, tandis que M. Picart, en papetier vertueux, jouit surtout d’un grand crédit auprès des familles bourgeoises. Il offre aux jeunes filles du noble faubourg un choix expurgé d’aquarelles capables de rassurer le rigorisme maternel le plus attentif; et sa nombreuse collection d’ouvrages d’Auguste Delacroix fait le bonheur des pensionnats d’alentour [...]. Parmis les meilleurs tableaux que l’on voit se succéder à l’étalage de M. Picart, il faut citer un fin tableau de Troyon le Retour d’un troupeau d’oies par uns temps de brouillard. Une vive équisse de Longuet; plusieurs haltes de brigands dans la montagne, souvenirs précieux d’un artiste dont les arts déplorent la perte de récente, Adrien Guignet; une œuvre très-originale de M. Couturier, représantant de poules fourrageant les herbes de verger. Mai une des plus heureuses acquisitions que fit cette année M. Picart, ce fut le tableau de M. Loire, la Lecon. Une petite fille en pénitence, vêtu du long tablier à manches de l’écolière, sanglote à l’écart la mélopée des désolations enfantines, tandis que ses espiègles camarades, toutes joyeuses de leur fraîches toilettes, mènent au soleil leur ronde innocemment cruelle. Je vous ai lourdement décrit le sujet de cette délicate peinture, mais je renonce à vous donner une idée du charme de son aspect et de la spirituelle vivacité de sa touche.“ Lit.: Lacroix 1861, S. 60; Miquel 1987, S. 384; Vaisse 1987, S. 407; Henriet 1854, S. 134.

POLLACK, Prag, den 30. September 1841: „Pollack aufgesucht, Geschäftsverbindungen mit ihm, führt mich in das Atelier des Historienmalers Hellich, dessen sehr gediegene Kompositionen bewundert wurden. Wanderung mit Pollack durch die Stadt. Wiederholter Besuch

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bei Piepenhagen, dessen Tochter ein außergewöhnliches Talent besitzt“; „Besuche von Piepenhagen, Pollack; von ersterem 26 Skizzen“. J. J. Pollack & Söhne, Leder- und Lackierfabrik in Prag. Leopold Pollack (1806– 1880), Maler aus Böhmen, ausgebildet an der Prager Akademie. Hält sich 1841 allerdings in Rom auf. Lit.: Jonak 1855, S. 130; Pollack 1854; Wurzbach 1872.

R RENOUARD, Paris, den 9. Mai 1844: „Galerie Renouard, Delessert, dann mit Goupil zu Mozin, vortreffliche Werke gesehen“. Antoine-Augustin Renouard (1765–1853), Verleger, Buchhändler, Schriftsteller und Bibliograph in der Rue de Tournon 6. Renouard selbst schreibt über die Anfänge seines Geschäfts: „Ma bibliothèque fut commencée en 1778 avec le premier écu que me donna mon père et dont je fis usage pour acheter un Horace; j’avais alors treize ans“ (zit. nach Le Bibliophile Français 1868). Renouard veröffentlicht seit 1792 lateinische und französische Editionen, die oft mit Kupferstichen von Jean-Michel Moreau, Alexandre-Joseph Desenne, Petit-pierre Prud’hon und anderen bestückt sind. Renouard reist nach Deutschland, Holland, in die Alpen, an den Rhein und zur Messe nach Leipzig. Wichtige eigene Publikationen sind: Catalogue de la bibliothèque d’un amateur, 1819; Annales de l’imprimerie des Aldes, ou l’histoire des trois Manuce et de leurs éditions, Paris 1803–1812 und 1825; Annales de l’imprimerie des Estienne, 1837 und 1843. Nach der Julirevolition von 1830 ist Renouard Bürgermeister des 11. Arrondissements. Vgl. auch das Dossier zu Renouard in den Archives nationales de Paris. Lit./Arch.: Bouillet/Chassang 1878, S. 1598; Bibliophile Français, Bd. 2, 1868, S. 27; CHAN F18/1818 (Imprimeurs et libraires, dossier Renouard).

RITTNER, Paris, den 21., 22. und 24. November 1834: „3 Drucker, Rittner, Blaisot, Aubert“; „Gihaut, Rittner, Ed. Magnus, Chapellier, Watelet, Knecht“; „Mit Ellisen bei Giroux, Md. Hulin, Leo, Rittner, Watelet, Chapellier, Rougement, Tortoni“ / Paris, den 29. Juni 1835: „Besuche u. a. Susse, Rittner, Giroux, Coignet“ / Paris, den 7.–24. März 1837: „Geschäfte und Künstlerbesuche, u. a. bei Kaselowsky, Winterhalter, Biard, Delaroche, Giroux (Maler), Watelet, Lepoittevin, Rittner, Eichens, Raoul Rochette, Perrin, Gihaut, Goupil, Salon Biard, Bellangé, Mlle. Elsler, Wagner, Fechner, Gudin, Roqueplan, Jeanquelin, Cipierre, Mozin, Parurle, Chapellier, Rougemont, Vernet“. Heinrich (Henri) Rittner (1802–1840), Kunst- und Graphikhändler. Ein Heinrich Rittner besitzt in Dresden eine bekannte Kupferstichhandlung, die 1818 von Ernst Arnold übernommen wird (siehe Arnold). 1825 zieht ein ebenfalls deutscher Graphikhändler Henri Rittner nach Paris. Es ist nicht ganz sicher, ob es sich hierbei um die gleiche Person handelt (ein Nekrolog auf Rittner in der Zeitschrift L’Artiste, Bd. 6, 1840,

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S. 399 spricht von Rittners Heimat Dresden, aber es bleiben Unklarheiten). Der Pariser Henri Rittner arbeitet zunächst bei dem Graphikhändler und Verleger Giraldon-Bonvinet in der Passage Vivienne. 1827 eröffnet Rittner wohl unter Mithilfe von David-Ferdinand d’Ostervald ein eigenes Geschäft am Bd. Montmatre 12 (McIntosh 2004, S. 65). Im November desselben Jahres publiziert er vier lithographierte Illustrationen für Châteaubriands „René & Aula“, gezeichnet von Alexandre-Joseph Desenne (McIntosh 2004, S. 67). Mit d’Ostervald gibt Rittner u. a. eine Serie von 74 Skizzen verschiedener Künstler heraus (vgl. ebd., S. 67f.). Wahrscheinlich über die Vermittlung des Marinemalers Charles Mozin lernt Rittner Adolphe Goupil kennen, mit dem er im Februar 1829 eine Partnerschaft eingeht (vgl. ebd., S. 65). Durch die Heirat mit Julie Antoinette Brincard, der Schwester von Md. Adolphe Goupil, wird Rittner dessen Schwager. Das junge Unternehmen Rittner & Goupil sieht sich früh auf dem europäischen Markt agieren: „[...de] contracter tous marchés pour la vente, l’achat, la commission, la confection et l’édition de toutes gravures et lithographies et généralement pour tout ce qui concerne le dit commerce [...] en quelque pays qu’il soit situé, notamment en France, en Angleterre et en Allemagne...“ (zit. nach Lafont-Couturier 1996, S. 69). Die Verbindung wird schnell sehr erfolgreich (zu Rittner und Goupil vgl. McIntosh 2004, S. 73f. und in diesem Katalog unter Goupil). Nach dem verfrühten Tod Rittners heißt es in einem Nekrolog in der Zeitschrift L’Artiste aus dem selben Jahr über die gemeinsame Geschäftstätigkeit mit Goupil: „[C]ette maison honorable et prospère après conmence par èditer des bluttes [...] en était arrivée à publier les gravures les plus importantes de notre époche, la ,Sainte-Amélie‘, le Strafford, les Richelieu et les Mazarin’ de M. Paul Delaroche; les tableaux de Léopold Robert, ,la vierge à l’oiseau‘ de Raphäl, ,le Décaméron‘ de Winterhalter, ,les Enfants d’Édouard‘ etc.“ ( L’Artiste, Bd. 6, 1840, S. 399f.). Lit.: Lafont-Couturier 1996; L’Artiste, 6. Jg., 2. Serie, 1840, S. 399f.; McIntosh 2004, S. 64–76.

RIVES AND CUMING, London, den 20. August 1851: „Rives and Cuming besucht“. Es konnten keine näheren Informationen gefunden werden. S SCHULTE, Düsseldorf, den 18. und 19. Juni 1853: „Besuche bei Prof. Wichmann und bei Schulte und dessen Permanenter Ausstellung. Sehr schöne Bilder von Lessing, Achenbach, Kalckreuth, etc.“; „Besuch von Schulte [...], Besuch von Schulte; noch engere Besprechungen, große Aussichten“ / Düsseldorf, den 15. und 16. Juli 1861: „Bei Schulte fast alle Hauptmeister vertreten gefunden. In der Ausstellung des Kunstvereins sehr viel Schönes“; „Besuch bei Andreas Achenbach. 3 schöne Werke gesehen, und bei Schulte“. Eduard Wilhelm Schulte (1817–1890), Kunsthändler. Schulte stammt aus Wengern und zieht spätestens 1848 mit seiner Familie nach Düsseldorf (Müller 2010, S. 133). Hier tritt er in die Buddeus’sche Buch- und Kunsthandlung ein, deren permanente Gemäldeausstellung er spätestens 1850 übernimmt. Diese befindet sich in der ersten

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Etage (Belle Etage) der Buddeus’schen Buch- und Kunsthandlung am Hindenburgwall 24 (=Alleestraße). Wie aus einer Anzeige aus dem Correspondenz-Blatt des Düsseldorfer Kunstvereins hervorgeht, zieht Schulte mit der permanenten Ausstellung 1855 in „ein anderes Haus“, um „in demselben ein Ausstellungslocal zu eröffnen, das durch Geräumigkeit und zweckmäßige Beleuchtung den gesteigerten Anforderungen der Aussteller und Besucher vollkommen entspricht“ (zit. nach Müller 2010, S. 135). Im Correspondenz-Blatt von 1850 wird Schultes Gemäldeausstellung als günstige Gelegenheit für die Düsseldorfer Künstler gelobt, „ihre jüngst vollendeten Arbeiten dem Publikum zur Schau zu stellen, ohne damit auf eine große Kunst-Vereins-Ausstellung warten zu brauchen“, sowie für Einheimische und „Auswärtige und Reisende“ aktuelle Werke der Düsseldorfer Malerschule betrachten zu können (zit. nach Müller 2010, S. 135). Schulte übernimmt die Verkaufsverhandlungen zwischen den Künstlern und den Käufern, was beiden Parteien entgegenkommt, denn, wie das Correspondenz-Blatt hervorhebt, „dem Kaufmanne gegenüber ist die Sache weniger delicat“ (Correspondenzblatt 1850, S. 16; zit. nach Müller 2010, S. 136, Anm. 617). Die gleichmäßige Bilderfülle und der stetige Wechsel werden als ein erheblicher Vorteil gegenüber den Ausstellungen des Kunstvereins wahrgenommen („Kunstnachrichten“, in: Düsseldorfer Zeitung, Nr. 175, 23. Juli 1854, abgedr. bei Müller 2010, S. 136, Anm. 618). Schulte ist in jenen Jahren der dominante Kunsthändler in Düsseldorf, über den das Correspondenz-Blatt und die Düsseldorfer Zeitung regelmäßig berichten. Zu den bei Schulte ausgestellten und in den öffentlichen Blättern erwähnten Düsseldorfer Künstlern siehe Müller 2010, S. 137, Anm. 623. Schulte stellt sowohl Ölgemälde, als auch Aquarelle, Zeichnungen, Kupferstiche und Lithographien aus. Dabei bieten ebenso Düsseldorfer Künstler ihre Werke bei Schulte an, wie auch Schulte gezielt Arbeiten in Auftrag gibt: „Die Galeristen Schulte standen in direktem Kontakt zum Künstler und kamen auch unangemeldet in dessen Atelier, um ihn an fristgerechte Fertigstellung eines Gemäldes zu erinnern oder um eine detailgenauere Ausführung eines Bildes zu erbitten“ (zit. nach Müller 2010, S. 138). Seit 1855 besteht eine feste Vereinbarung mit dem „Verein Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hülfe“, wonach die Künstler ihre eben vollendeten Werke nicht mehr wie allgemein üblich zuerst in ihren Ateliers, sondern ausschließlich in der permanenten Ausstellung von Schulte zeigen und Schulte als Gegenleistung dem Verein eine „contractmäßige Abgabe“ zukommen lässt (ebd., S. 139). Vom Kunstverein wird Schultes ständige Ausstellung zunehmend als Konkurrenz wahrgenommen, wie die „offene Erklärung in Sachen des Kunstvereins für die Rheinlande und Westphalen im Auftrag des Vereins Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hülfe“ vom 16. September 1856 belegt (im Wesentlichen abgedruckt bei ebd.). Daneben ist auch Schulte als Verleger u. a. von Lithographien tätig (ebd., S. 140). 1880 eröffnet Schulte eine Niederlassung in Köln, 1886 eine weitere in Berlin, Unter den Linden 4a, nachdem er den Kunstsalon von Lepke aufgekauft hatte. Die Ausstattung der Ausstellungsräume ist luxuriös und auf neuestem technischem Stand, mit Oberlichtsaal und sogar elektrischem Licht. Schultes Ausstellungsprogramm bleibt

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„eher konventionell-akademisch“, doch „gibt er diesem Profil eine neue Richtung, indem er in den neunziger Jahren die Bilder aufbegehrender Künstler an seine Wände hängt“ (Thurn 1994, S. 121). Schulte genießt internationales Ansehen in Museumsund Sammlerkreisen (Müller 2010, S. 141). Nach Eduard Schultes Tod 1890 erben seine Söhne Max und Hermann Schulte (1850–1940) die väterliche Kunsthandlung, die „ihre Geschäfte auf Düsseldorf und Berlin gleichzeitig verteilen“ (zit. nach ebd., S. 141f.). Hermann Schulte bleibt wahrscheinlich in Düsseldorf, Max Schulte in Berlin. Andere Quellen besagen, dass schon Eduard Schulte bereits nach seinem Weggang von Düsseldorf nach Berlin das Stammgeschäft schloss (vgl. ebd., S. 142). Lit.: Müller 2010, S. 133–142 und dies. 2011, S. 313–317; Ausst.-Kat. Düsseldorfer Malerschule 2011, Bd. 2, S. 84; Thurn 1994, S. 121. Abb.: Caspar Scheuren, Die Kunstausstellung von Eduard Schulte, um 1855, Feder und Tusche auf Papier, Düsseldorf, Stadtmuseum (Abb. 250).

SOUTY, Paris, den 28. April und 2. und 4. Mai 1844: „in verschiedene Magazine, zu Souty, Binand, Duval, Beauboeuf, Court, zusammen gegessen und nach Tisch bis Abend in den Champs Elysées“; „Geschäftsabschluß mit Durand; zu Souty, Beauboeuf, Mozin, Goupil“; „Geschäfte mit Souty, Beauboeuf, Binant, Goupil“ / Paris, den 10. und 12. Juni 1853: „Besuche bei Souty, Mallet, Magnus, Fleury“; „Einladung um 10 Uhr bei Souty. Calame zu 3000 frs.“. Smirnoff Simon Souty (Lebensdaten unbekannt), Rahmenhändler, Vergolder und Kunsthändler in der Rue du Louvre 8, Ateliers in der Rue du Chemin-de-Versailles 4 (Annuaire 1861, S. 65). Nach Miquel Place du Louvre 18 und Rue Saint-Lazare 10 (Vaisse 1987, S. 408). Schwiegervater von Francis Petit. Souty taucht als Händler moderner Gemälde erstmals 1826 auf (Whiteley 1983, S. 68). Er gibt den Gemäldehandel 1847 wieder auf und widmet sich dem Vergolden (vgl. ebd.). Souty kauft die „école de la nature“, aber auch akademische Maler und Militaria von Vernet, Charlet und Bellangé (Vaisse 1987, S. 408; Kelly 1999, S. 420). Souty steht in engem Verhältnis zu Isabey, von dem er „sehr teuer“ die „Mort de Virginie“ kauft (ebd.). Er scheint zudem enge Geschäftsbeziehungen zu Vallée und Bourniche zu pflegen (ebd.). Souty zeigt eine Sammlung bedeutender Werke von Vernet und Charlet (Lethève 1968, S. 157). Lit.: Lacroix 1861, S. 65; Lethève 1968, S. 157; Kelly 1999, S. 420; Vaisse 1987, S. 408; Whiteley 1983, S. 65–75.

SUSSE, Paris, den 29. Juni 1835: „Besuche u. a. Susse, Rittner, Giroux, Coignet“ / Paris, den 8. Mai 1839: „Giroux, Susse, Oppermann, Lepoittevin, Roqueplan“ / Paris, den 22. August 1851: „Um 5 Uhr in Paris. Hôtel des Etgrangers. Goupil, Susse, Bernardy, Kunstläden“ / Paris, den 10. Juni 1853: „In die Ausstellung. Dann zu Susse und nachher in die Champs Elysées“. Susse Frères, Kunstschmiede und Gießerei, Papierhandel und Malzubehör, Kunstund Gemäldehandel. Wohl schon 1758 begründet M. Susse ein Geschäft in Paris, über das er Künstler mit Malmaterialien beliefert. Unter der Leitung der Söhne zieht das

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Geschäft an den Place de la Bourse. Zu der Adresse Place de la Bourse 7 & 8 erscheint 1839 eine Anzeige für „articles de papetérie“ (Feuilleton du journal de la librairie, Nr. 38, 1839, S. 4). Anfang der 1830er Jahre werden hier drei Salons eingerichtet, in denen moderne Gemälde, Aquarelle, Alben, Zeichnungen, Skulpturen und Statuetten zum Verkauf oder zum Verleihen ausgestellt werden. Wie die Zeitschrift L’Artiste 1837 berichtet, sind in diesen Salons der Gebrüder Susse, die als eine Art Niederlassung des Salons im Louvre bezeichnet werden, so gut wie alle bekannten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Pariser Kunstwelt mit Werken vertreten, wie Decamps, Prevost, Johannot, Roqueplan, Scheffer, Dupré, Cabat, Marilhat, Devéria, Franquelin, daneben einige englische Künstler. In demselben Artikel wird auf eine glückliche Allianz der Kunst und der Industrie bei den Frère Susse hingewiesen, indem sie Antonin Moine für ihr Unternehmen gewinnen konnten, der die Einrichtung mit neuen Motiven und eleganten Details bereichert. Moine liefert zudem Bidhauerkunst für den Wohnbereich mit dekorativen Statuetten wie dem „Don Quichotte“, „Bonaparte en général républicain“ und „Mme. Marilban“. Auch Dupré liefert eine Statuette der „Mme Damoreau“ und ein Herr Barre [= Barye?] eine weitere von „Fanny Ellser in einer Pose des Bolero“. Die Sammlung wird 1837 als so reich beschrieben, dass sie es verdiene, besprochen zu werden, selbst wenn es sich um Objekte des Kommerzes und der Spekulation handelt. In der Revue du Progrès, Politique, Social et Litteraire (Paris 1839, S. 561) wird vom Maison Susse Frères als „fonderie, miroiterie, fabrique de fleurs, l’orfèvrerie, l’ébénisterie, tabletterie, maroquinerie, fabrique de porcelaines“ gesprochen. Lethève berichtet, dass Susse kleinformatige Gemälde einkauft, für die er höchstens 100 bis 200 Francs bezahlt, denn Susse wisse diese leicht in den Wohnungen der Bourgeoisie zu platzieren (Lethève 1968, S. 156). 1842 werben Susse Frères mit Gemälden zum Verleih und zum Verkauf, Kupferstichen, Lithographien, Bronzen, religiösen Büchern, Andenkenartikeln, Mustern für Künstler und Daguerreotypien (Almanach Bottin du Commerce 1842, S. 345; zit. nach Green 1989, S. 30). 1854 schreibt Frédéric Henriet im L’Artiste, S. 134, über die Kunsthandlung Susse Frères: „Les frères Susse, qui ont autrefois le monopole des Alfred de Dreux, vivent sur leur ancienne réputation. Chez eux, le bronze triomphe et la statuette exile la peinture à faux jour. On passe devant Susse, on s’y arrête peu. Les fréres Susse frappent cependant parfois encore de ses coups de maître qui galvanisent un instant le succès et leur ramènent la foule. Ce fut une bonne fortune que tous leurs confrères durent leur envier, que d’avoir su, les premiers, offrir à l’avide impatience de la France les traits de sa jeune et gracieuse souveraine. On se rappelle encore le concours de curieux que retint si longtemps sur la place de Bourse cette oeuvre si distinguée de M. Nieuwerkerke, – un sculpteur à la Daumont qu’entraiment, loin de l’atelier le monde et les affaires, et qui trouve encore de temps en temps le moyen de produire, entre deux audiences, un chef-d’œuvre pour se reposer.“ 1857 ist über das Maison Susse Frères in Le Monde illustré von der gerade restaurierten Galerie zu lesen, die alles bereithält, was die Pariser Industrie an eleganten Produkten zu bieten hat. Im Erdgeschoss befinden sich eine Papeterie und eine Lederwarenhand-

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lung. Im Zwischengeschoss sind illustrierte Bücher und Papierspiele zu haben. Ein extra Kontor bietet Rahmungen an. Im ersten Obergeschoss befinden sich im ersten von drei Salons Bronzen, Uhren, Lampen und Aufhängungen, Lüster von schönstem Geschmack und künstlerische Figuren- und Tiergruppen. Man findet hier schöne Geschenke für den Geschäftsmann, den Arzt und den Schriftsteller. Die beiden weiteren Salons sind angefüllt mit den fantasievollsten Gegenständen aus der Kunsttischlerei, Fayencen, Porzellan und vergoldeter Bronze. Zum Schluss gibt es noch eine Galerie für Spielsachen (Le Monde illustré, 1857, S. 415). In Marcelins „La vie parisienne“ von 1869 wird das elegante Geschäft der Frères Susse als „galerie magique“ am Place de Bourse beschrieben, in denen wie jedes Jahr anmutige Neujahrsgeschenke zu erwerben sind. Im Erdgeschoss befinden sich die Papiere und Pergamente mit Initialen und Wappen, Löschpapiere, Farbbehälter, Alben für Karten, Agendas und Poesiealben. Im Zwischengeschoss sind illustrierte Bücher, Kinderkartonagen und Bilderrahmen für Fotos zu erwerben. Im ersten Obergeschoss sind die Bronzen (Kunstobjekte) und Uhren ausgestellt, mit denen das Maison Susse Frères seine Berühmtheit erlangt hat. Darunter sind auch vergoldete Bronzen, Porzellanfiguren und ähnliches (Marcelin 1869, S. 963). Seit den 1830er Jahren kauft Susse Gemälde ein. 1853 stellt er in seinen Schaukästen Roqueplan, Charlet, Beaume und A. Colin aus (Vaisse 1987, S. 408). Susse spezialisiert sich nach und nach auf Bronze und erwirbt um 1850 eine Gießerei. In Übereinstimmung mit Durand-Ruel besitzt er die berühmte „Cueilette de cerises“ von Roqueplan (vgl. ebd.) 1870 sind Susse Frères in der Rue Vivienne 31 verzeichnet (Gazette des Beaux Arts, 1870, S. 328). Noch heute wirbt die Fonderie Susse damit, die älteste Gießerei in Frankreich zu sein. Lit.: Les salons de MM. Susse Frères, in: L’Artiste, 1837, S. 53–55; La vie parisienne, 11. Dezember 1869, S. 963; Lethève 1968, S. 156; Kelly 1999, S. 420; Michel 1987, S. 388; Vaisse 1987, S. 408; Green 1989, S. 30; Nahon 1998, S. 23; Müllerschön/Maier 2002, S. 415; Henriet 1854, S. 134.

V VOIGTLÄNDER, Wien, den 16., 17. und 21. September 1841: „Visiten bei Neumann, Artaria, & Co., Müller jun. und sen., Paterno, Mechetti, Bärmann, Voigtländer und Schnur. Dort die Daguerrotypien gesehen“; „Besuch bei Schnur, 4 Stunden daguerrotypiert“; „Mit Schnur daguerreotypiert. Bis Mittag in Belvedere“. Peter Wilhelm Friedrich Voigtländer (1812–1878), Optiker und Leiter des gleichnamigen fotografischen Unternehmens in Wien. Der Großvater Johann Christoph Voigtländer (1732–1797) bekommt 1763 von der Kaiserin Maria Theresia ein „Commercien-Schutz-Decret auf die Verfertigung mathematischer Instrumente und auf eine bestimmte Anzahl von Arbeitern“. Peter Wilhelm Friedrich Voigtländer baut 1840, ba-

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sierend auf den Berechnungen des Mathematikprofessors Joseph Petval (1807–1891), die erste Metallkamera, die sich aufgrund extrem verkürzter Belichtungszeiten auch zur Aufnahme von Porträts eignet. Ab 1841 serienmäßige Herstellung und Verkauf der sogenannten Voigtländer-Kamera. Lit: Kempe 1979, S. 61–76; Faber 2000, S. 18–20; Cornwall 1979, S. 38–41.

Z ZELLER, München, den 16. und 20. November 1847: „Besuch bei Zeller“; „Um 8 Uhr durch H. in das Frankenstübchen. Mehrere hübsche Bekanntschaften daselbst, u. a. Zeller“. Zeller (Vorname und Lebensdaten unbekannt). 1817 öffnet Zeller ein „Geschäft für Kunst und Gewerbe“ in München, wo Pfeifen, Stiefel, optische Instrumente und Spielzeug genauso angeboten werden wie Gemälde. Lit.: Lenman 1997, S. 147.

Abbildungen  | 593

Abb. 1 Franz Krüger, Parade auf dem Opernplatz in Berlin („Eine preußische Parade“), 1839, Öl auf Leinwand, Berlin, SPSG, Schloss Charlottenburg

Abb. 2 „Erklärungsblatt“ zu Franz Krügers Parade auf dem Opernplatz, 1839

594  |  Abbildungen Abb. 3 Franz Krüger, Der Kunsthändler Louis Friedrich Sachse, um 1838, Bleistift, Kreide, aquarelliert, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett, Mappe Franz Krüger, A 262, Nr. 179

Abb. 4 Franz Krüger, Louis Friedrich Sachse, um 1835, Abb. 5 Franz Krüger, Nanni Sachse, um 1835, Schwarze Kreide und Deckweiß auf braun getöntem Schwarze Kreide und Deckweiß auf braun getönPapier, Schweinfurt, Museum Georg Schäfer tem Papier, Schweinfurt, Museum Georg Schäfer

Abbildungen  | 595 Abb. 6 Jean Chrétien Selter, Grundriss von Berlin (Ausschnitt), 1843, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. IV 02/03 R

Abb. 7 Das Haus Jägerstraße 29-31 in Berlin, Fotografie, 2009, Liste der Kulturdenkmale Berlin-Mitte/Friedrichstadt Nr. 09030035

596  |  Abbildungen

Abb. 8a/b Louis Friedrich Sachse, Reisetagebuch (1834-1861/1869), Papierseiten mit Kalendervordruck (zwei Tage pro Seite, liniert) und unbedruckt, Eintragungen in Tinte und Bleistift, brauner Ledereinband mit Steckschnalle zum Schließen, Berlin, GStA PK, VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie, C, Familienarchive und Nachlässe, Einzelstücke, Nr. 92 (Ansicht geschlossen und offen, Bl. 69 RS und 70 VS)

Abbildungen  | 597

Abb. 9 Trutbert Schneider & Söhne, Louis Friedrich und Nanni Sachse, um 1859/60, Stereo-Daguerreotypie hinter Passepartout in Schmuckschatulle, mit Samt ausgelegt und befestigtem Okkular, Berlin, GStA PK, VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie, C, Familienarchive und Nachlässe, Einzelstücke, Nr. 92, Bl. 192

Abb. 10 Trutbert Schneider & Söhne, Louis Friedrich und Nanni Sachse, um 1859/60 Stereo-Daguerreotypie (Detail), Berlin, GStA PK, VIII. HA Siegel, Wappen, Genealogie, C, Familienarchive und Nachlässe, Einzelstücke, Nr. 92, Bl. 192

598  |  Abbildungen

Abb. 11 Hippolyte Bellangé, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1824, Paris, Bibliothèque nationale de France

Abb. 12 Nicolas-Toussaint Charlet, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1823, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 13 Auguste Raffet, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1835, Paris, Bibliothèque nationale de France

Abbildungen  | 599 Abb. 14 Auguste Raffet, „Voila un drôle de pot-au-feu“, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1832, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 15 Nicolas-Toussaint Charlet, „Le diable emporte les albums“, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1825, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 16 Nicolas-Toussaint Charlet, „Débit d’albums“, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Vilain, 1827, Paris, Bibliothèque nationale de France

600  |  Abbildungen

Abb. 17 Auguste Raffet, „Gares les albums“, Frontispiz eines lithografischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1828, Paris, Bibliothèque nationale de France

Abb. 18 Auguste Raffet, Frontispiz eines lithographischen Albums, Paris, Gihaut Frères, 1831, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 19 Nicolas-Toussaint Charlet, „Le Marchand de Dessins Lithographiques“, Lithografie, Paris, (wahrscheinlich) Gihaut Frères, um 1822, München, Sammlung Winkler

Abbildungen  | 601

Abb. 20 Nicolas-Toussaint Charlet, „Seriez vous sensible?“, Lithografie, Paris, Gihaut Frères, o.J., Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 21 Philippe Benoist, Vue de la boutique des frères Gihaut sur la gauche, boulevard des Italiens, Lithografie, Paris, Gihaut Frères, um 1855

Abb. 22 Carles Vernet, Der Laden des Druckers Delpech, Lithografie, Paris, Delpech, 1817/20, Boston, Museum of Fine Arts

602  |  Abbildungen

Abb. 24 Auguste Bry, Raffet zeichnend auf Stein, 1839/40, Lithografie, San Francisco, Museums of Fine Art Abb. 23 Paul Gavarni (eigtl. Sulpice Guillaume Chevalier), „Comme c’est léger!“ (L’atelier du lithographe), Lithografie, Paris, Aubert & Cie., o. J., Paris, École nationale supérieure des beaux-arts

Abb. 25 Jules Jacot nach Alexandre Guillemin, „Le marchand d’images“, Lithografie, Paris, Lemercier, um 1845, New York, Donald Heald Rare Books

Abb. 26 Nicolas-Toussaint Charlet, „C’est la fin du monde“, Lithografie, Paris, Gihaut Frères, 1824, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 603 Abb. 27 Unbekannt, Wilhelm von Humboldt in seinem Arbeitszimmer im Schloss Tegel, um 1830, Öl auf Leinwand, Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, Frankfurter Goethe-Museum

Abb. 28 Louis Friedrich Sachse, Bildtafeln zu Wilhelm von Humboldt: Über vier ägyptische, löwenköpfige Bildsäulen in den hiesigen Kgl. Akademiesammlungen, gelesen an der Akademie der Wissenschaften am 24. März 1825/1828, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

604  |  Abbildungen

Abb. 29 Louis Friedrich Sachse, Skizze einer französischen Diligence, Federzeichnung in einem Brief an die Mutter, 16./18. April 1827, Berlin, Landesarchiv, LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4

Abb. 30 Eduard Gaertner, Rue NeuveNotre-Dame in Paris, 1826, Öl auf Leinwand Potsdam, SPSG, Schloss Sanssouci

Abb. 31 Eduard Gaertner, Blick vom Port aux Tuiles auf Notre-Dame in Paris, 1826 Aquarell über Bleistift, Potsdam, SPSG, Aquarellsammlung

Abbildungen  | 605

Abb. 32 Unbekannt, Alexander von Humboldt, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1846. Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 60/1030 W

Abb. 33 Die Galerie Vivienne, rue Vivienne 8, eröffnet 1823, Fotografie, 2011

Abb. 34 Carl Strahlheim, Palais Royal, Stahlstich, in: Friedrich 1837, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

606  |  Abbildungen

Abb. 36 Louis-Léopold Boilly, Les Galeries du Palais-Royal, 1809, Öl auf Leinwand, Paris, Musée Carnavalet

Abb. 35 Louis Friedrich Sachse, Brief an die Mutter mit Federskizze des Palais Royal und Fontäne, 14. Mai 1827, Berlin, Landesarchiv, LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4 Abb. 37 Nach Philibert Louis Debucourt, Im großen Salon bei Frasati, um 1812, Lithografie nach einer Radierung, Paris, Musée Carnavalet

Abb. 38 Carl Strahlheim, Palais du Luxembourg, Stahlstich, in: Friedrich 1837, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

Abbildungen  | 607 Abb. 39 Nicolas-Henri Jacob, „Le Génie du Dessin encourageant l’art de la Lithographie“, 1819, Lithografie , in: Senefelder 1819, T. 6, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

Abb. 40 „Aloys Senefelder, imprimeur lithographe, breveté le 1er mars 1819“, Dossier No. 34, Bl. 1 (Ausschnitt), Paris, Archives nationales de France, CHAN F 18/11 c

Abb. 41 Aloys Senefelder, Handzeichnung des Raumplans der Senefelder Druckerei in Paris, Rue Servandoni 13, ca. 1820–23

608  |  Abbildungen Abb. 42 Aloys Senefelder, Portable Handpresse, um 1820, Solnhofen, Museum auf dem Marxberg

Abb. 43 Joseph Knecht und Félix Roissy, Presse portative pour la lithographie avec ses accessoires, um 1830, Paris, Musée des arts et métiers, Inv. Nr. 02437-0001

Abb. 44 Reduziertes Modell der lithographischen Presse bei Senefelder, Modell Brisset, um 1989, angefertigt nach einem Original in der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris, Paris, Collection Guy de Charon

Abbildungen  | 609

Abb. 45 Duboulet, „Exposition publique des produits de l’industrie francaise au Louvre“, 1819, Lithografie, Paris, Bibliothèque nationale de France Abb. 46 A. Fournier nach Henri Daniel Plattel, „La Gravure aux prises avec la lithographie“, Lithografie, Paris, Genty, o. J., Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

610  |  Abbildungen

Abb. 47 Jean Pierre Marie Jazet nach Horace Vernet, „Adieux de Napoléon I à la garde impériale à Fontainebleau, 20 avril 1814“, 1825, Aquatinta-Radierung, Privatsammlung

Abb. 48 Fritz Ismer, Das Senefelder Denkmal in München, Bronce-Büste von Julius Zumbusch, 1876, Fotografie, 1901, München, Senefelder Torplatz

Abb. 49 Wilhelm Devrient nach Joseph Hauber, Aloys Senefelder, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1832

Abbildungen  | 611

Abb. 50 Unbekannt, Blick in die Lithografiewerkstatt von Peter Wagner in Karlsruhe, um 1820, Feder, Karlsruhe, Kunsthalle

Abb. 51 Nach Eduard Gaertner, „Diorama in Berlin“, Das Diorama der Gebrüder Gropius in der Georgenstraße 12, um 1840, Lithografie, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

612  |  Abbildungen Abb. 52 Eduard Gaertner, Atelier der Gebrüder Gropius, nach 1832, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 53 Eduard Gaertner, Die Bauakademie, 1868, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 54 Bernhard Donndorf, Geschäftskarte der Gebrüder Gropius im Diorama, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1830, Berlin, SMPK, Kunstbibliothek

Abbildungen  | 613 Abb. 55 Unbekannt, Das lithographische Institut von Arnz & Cie. in Düsseldorf, um 1850, Lithografie, Privatsammlung

Abb. 56 + 56a Wilhelm Zahn, „Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Pompeji, Herkulanum und Stabiae, nebst einigen Grundrissen und Ansichten nach den an Ort und Stelle gemachten Zeichnungen“, Heft 1, Berlin 1828, a) Hans Otto Hermann nach Wilhelm Zahn, Grundriss von Pompeji (Ausschnitt), Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, b) Hans Otto Hermann nach Wilhelm Zahn, zwei Ornamente und eine Marmorvase „in den Thermen von Pompeji ausgegraben 1824 und 1826“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität

614  |  Abbildungen

Abb. 57 Friedrich Jentzen nach Eduard Bendemann, „Die Künste am Brunnen der Poesie“, Lithografie nach einem Wandgemälde im Wohnhaus Bendemann in Berlin, um 1844, Düsseldorf, Museum Kunstpalast

Abb. 59 Unbekannt, Carl Albert Christoph Heinrich von Kamptz, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 58 Franz Krüger, Wilhelm von Esebeck, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1840, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. XI 14177

Abb. 60 Charles Motte (Lithograph) nach Henri Grevedon nach Orest Kiprenski, Johann Wolfgang von Goethe, Lithografie, Paris, C. Motte, 1826, Offenbach am Main, Stadtmuseum

Abbildungen  | 615

Abb. 61 Friedrich Jentzen nach Franz Krüger, Johann Albrecht Friedrich Eichhorn, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. XI 10346

Abb. 62 Friedrich Jentzen nach Franz Krüger, Wilhelm Beer, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 63 C. Fischer nach Carl Begas, Leopold von Buch, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1850, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 64 Carl Steckmest, Gustav Friedrich Waagen, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Humboldt-Universität, Porträt­ sammlung

616  |  Abbildungen

Abb. 65 Angelo Gentili nach Franz Krüger, Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Humboldt-Universität, Porträtsammlung

Abb. 66 Blanc nach Julius Hübner, David Friedländer, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1835, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 70/110 w

Abb. 67 Ludwig Sebbers, „Georg Friedrich Wilhelm Hegel in seinem Arbeitszimmer. Gemalt nach der Natur und auf Stein gezeichnet“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 60/1131

Abb. 68 Friedrich Oldermann nach Stein, Adolph Glassbrenner, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. 61/1087 W

Abbildungen  | 617

Abb. 69 Friedrich Oldermann nach Franz Krüger, Küchenmeister Nicolas Thomas Blesson, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. 64/441 W

Abb. 70 Eduard Magnus, Jenny Lind, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Alte Nationalgalerie

Abb. 71 Nach Franz Krüger, Johann Gottfried Schadow, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1830/35, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv.Nr.: XI 12098

Abb. 72 C. Fischer nach Franz Krüger, Der Marinemaler Wilhelm Krause, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co, um 1845, Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie

618  |  Abbildungen

Abb. 73 Friedrich Jentzen nach Franz Krüger, Horace Vernet, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 661/160 W

Abb. 75 Friedrich Jentzen nach Franz Krüger, Karl-Friedrich Schinkel, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 74 Friedrich Jentzen nach Franz Krüger, Paul Delaroche, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 66/29 W

Abbildungen  | 619 Abb. 76 Johann Sprick nach Franz Krüger, „Berliner Künstler, Nr. I“ (von IV):, 1. Franz Krüger, 2. Carl Begas, 3. Wilhelm Wach, 4. Carl Wichmann, 5. Gottfried Schadow, 6. Ludwig Wichmann, 7. Christian Rauch, 8. Karl Friedrich Schinkel, 9. Ludwig Tieck, Lithografie, Berlin, George Gropius und L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. XI 12230

Abb. 77 Julius Schoppe, „Das Gelehrte Berlin, Nr. I“ (von IV):, 1. Wilhelm von Humboldt, 2. Christoph Wilhelm Hufeland, 3. Alexander von Humboldt, 4. Carl Ritter, 5. August Neander, 6. Friedrich Schleiermacher, 7. Georg Wilhelm Frierdich Hegel, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co.,, Berlin, Humboldt-Universität, Portraitsammlung 28.

620  |  Abbildungen

Abb 78 Carl Begas, „Nicolo Paganini, aus der Erinnerung gezeichnet“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1829, Frankfurt am Main, Universitätsbibliothek der Goethe-Universität, J.G. Senckenberg, Abteilung Musik und Theater

Abb. 79 Friedrich Jentzen, Der Kunsthändler Louis Friedrich Sachse, Lithografie, o. J., Leipzig, Deutsches Buchgewerbemuseum

Abb. 80 Gustav Feckert, Der Kunsthändler Louis Friedrich Sachse, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1850, Berlin, Landesarchiv, LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 13

Abb. 81 Ludwig Wildt nach Jules Lunteschütz, „A. Schoppenhauer“ (Arthur Schopenhauer), Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1856, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 72/221 W

Abbildungen  | 621

Abb. 82 Carl Ludwig Rundt, „Kloster Oliva bei Danzig“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1829, Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 83 Carl Ludwig Rundt, „Schloss Marienburg“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1829, Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum Abb. 84 Julius Tempeltey nach Domenico Quaglio, „Schloss Marienburg an der Nogat“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1832, Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 85 Christian Ernst Rauschke, „Neukuhren“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

622  |  Abbildungen Abb. 86 Hans Otto Hermann nach Christian Ernst Rauschke, „Lindenstraße in Königsberg i. Pr.“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 87 Johann Heinrich Hoorn, „Vogelsang, Gegend bei Elbing“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 88 Heinrich Mützel nach Wilhelm Bergius, „Erinnerung an Marienwerder“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 89 Heinrich Mützel, „Der zoologische Garten bei Berlin“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1849, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abbildungen  | 623 Abb. 90 F.W. Kliewer nach Arends, „Postkarte von dem preußischen Staate und den angränzenden Ländern in IX Blättern, bearb. im Cours-Bureau des Königlich Preussischen General-Postamtes“ (1:1 800 000; Ausschnitt), Berlin 1852, Berlin, Museum für Kommunikation

Abb. 91 Verm. Julius Ahlborn nach Angelika zu Dohna, „Schloß zu Rössel“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 92 W. M. (verm. Wilhelm Meyerheim), „Schloß Königsberg“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o.J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

624  |  Abbildungen Abb. 93 Friedrich Eduard Meyerheim, „Blick auf Danzig vom Bischofsberge aus gesehen“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 94 Friedrich Eduard Meyerheim, „Das Hohe Thor zu Danzig“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abb. 95 Friedrich Eduard Meyerheim, „Danzig, gesehen aus dem Schweinsköpfer Walde“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co. (gedr. von Guillaume) und Gerhartsche Buchhandlung, o. J., Lüneburg, Ostpreußisches Landesmuseum

Abbildungen  | 625

Abb. 97 Friedrich Eduard Meyerheim, „Tangermünde“, in: „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg“, Heft 1, Berlin, L. Sachse & Co., 1833, Berlin, Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität Abb. 96 Friedrich Eduard Meyerheim und Johann Heinrich Strack, „Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg. Mit erläuterndem Text von Franz Kugler“, Heft 1 (Titelblatt), Berlin, L. Sachse & Co., 1833, Berlin, Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität

Abb. 98 Friedrich Eduard Meyerheim, „Dom zu Stendal“, in: Architektonische Denkmäler der Altmark Brandenburg, Heft 2, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität

626  |  Abbildungen Abb. 99 Hans Otto Hermann nach August Wilhelm Schirmer, „Vor Hinwegnahme von einigen zwanzig Linden vor dem Schlosse“, Lithografie, koloriert, Berlin, L. Sachse & Co., in: Pückler-Muskau 1834/35, T. II a

Abb. 100 Heinrich Mützel nach August Wilhelm Schirmer, „Gestaltung von Wehren“, Lithografie, koloriert, Berlin, L. Sachse & Co., in: Pückler-Muskau 1834/35, T. VIII

Abb. 101 Nach José Mariano de Conceição Velloso, „Flora Fluminensis“, Lithografisches Album, Tafel 15 (von 153) „Monnand. Monog. Thalia Marantifolia“, Lithografie, Paris, Knecht-Senefelder, 1827

Abbildungen  | 627 Abb. 102 Martin Drölling, Ein Speisezimmer, 1816, Öl auf Leinwand, Paris, Privatsammlung

Abb. 103 Eduard Gaertner, Das Wohnzimmer des Prinzen Waldemar im kgl. Schloss zu Berlin, 1849, Aquarell, Darmstadt, Hessische Hausstiftung, Schlossmuseum

Abb. 104 M. Größer, Wiener Interieur, 1843, Gouache

628  |  Abbildungen Abb. 105 Friedrich Jentzen nach Carl Friedrich Lessing, „Leonore. Das Original ist vom Kunstvereine für die Rheinlande und Westphalen am 21sten Mai 1831 verloost“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co. (gedr. durch G. Berndt), 1833, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 106 Hermann Eichens nach Theodor Hildebrandt, „Der Krieger mit seinem Kinde“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 107 Eduard Mandel nach Eduard Magnus, „Kinder mit Blumen spielend“, Kupferstich, Berlin, L. Sachse & Co., 1843, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 629 Abb. 108 Eduard Mandel nach Ludwig Pollack, „Italienischer Hirtenknabe“, Kupferstich, Berlin, L. Sachse & Co., 1840, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 109 Hermann Eichens nach Eduard Meyerheim, „Die Kegelbahn“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Grafische Sammlung, Inv. Nr. VII 65/1646 W

Abb. 110 Sixdeniers nach Horace Vernet, „La Poste au Désert“, Punktierstich mit Aquatinta, Paris, Jeannin und Bulla & Frères / London, Gambart & Junin / Berlin, L. Sachse & Co., 1842, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

630  |  Abbildungen

Abb. 111 Arnold nach Horace Vernet, „Napoleon auf St. Helena“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 112 Victor Dollet nach Ferdinand Maröhn, „L’étalage“, Frontispiz des lithographischen Albums „Le Musée des Rieurs. Tableaux de Moeurs, Actualités, Scènes plaisantes par Castigat, Ridendo, Mores“, Paris, Goupil, Vibert & Cie. / London, Gambart, Junin & Co., 1847, Bordeaux, Musée Goupil

Abb. 113 Franz Krüger, „Herr Baron, kommen Se heran hier fehlt man noch ene lumpigte Person“, Lithografie, koloriert, Berlin, Gebrüder Gropius im Diorama / L. Sachse & Co., um 1828, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abbildungen  | 631

Abb. 114 Adolph Menzel, „Heda Mamsellken! Et is Ih’n da Ener aus det grosse Loch entfahren“, (Drei Jungen foppen eine Magd, die aus einem löchrigen Netz Aale verliert), Lithografie, koloriert, Berlin, L. Sachse & Co., um 1831, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 115 Franz Krüger, „Dagobert, Fuchswallach“, Lithografie, koloriert, Berlin, Gebrüder Gropius im Diorama / L. Sachse & Co., um 1831, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 116 Theodor Hosemann nach Carl Steffeck, „Ich sterbe für die Freiheit, für die ich gekämpft. Möge das Vaterland meiner eingedenk sein!“ (Robert Blum), Lithografie, Leipzig, Del Vecchio / Berlin, L. Sachse & Co., 1848/1849, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 72/340 W

632  |  Abbildungen Abb. 117 Adolph Menzel, „Offizier 49. Regiment“, Lithografie, koloriert, in: „Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung“ (Album mit 436 handkolorierten Federlithografien) 3 Bde., 1851–1857, hier Bd. 3, 1857, Berlin, L. Sachse & Co., um 1857, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 118 Franz Krüger, „Königlich Preußische Infanterie“, Lithografie, koloriert, um 1830, Berlin, SPSG, ehem. Schloss Monbijou

Abb. 119 Franz Krüger, „Königlich Preußische Garde-Unteroffizier-Kompanie“, 1829, Aquarell, Berlin, SPSG, ehem. Schloss Monbijou

Abbildungen  | 633

Abb. 120 „Großherzoglich=Mecklenburg=Schwerin’sche und Mecklenburg=Strelitz’sche Truppen“, Lithografisches Album [Titelblatt und fünf Beispielblätter], koloriert, Berlin, L. Sachse & Co., 1831

Abb. 121 „Supplement zu Das Preußische Heer unter Friedrich Wilhelm IV. Die Königl. Preußische Landwehr-Cavallerie nach neuester Uniformierung und Bewaffnung“, Lithografisches Album [Titelblatt und fünf Beispielblätter], koloriert, Berlin, L. Sachse & Co., 1856

634  |  Abbildungen Abb. 122 Unbekannt, „Leipziger Messe. Der Marktplatz in Leipzig“, in: Illustrierte Zeitung, Leipzig, den 27. April 1844

Abb. 123 Georg Emanuel Opiz, „Die Kupferstiche [auf der Messe in Leipzig, 1825]“, Radierung, koloriert, Berlin, SMPK, Lipperheidische Kostümbibliothek

Abb. 124 Georg Emanuel Opiz, „Die Buden [auf der Messe in Leipzig, 1825]“, Radierung, koloriert, Berlin, SMPK, Lipperheidische Kostümbibliothek

Abbildungen  | 635

Abb. 125 Kolb / Hofmann, Die deutsche Buchhändler-Börse in Leipzig, Stahlstich, um 1840

Abb. 126 Christian Gottfried Heinrich Geißler, Der Messeverkehr vor dem Grimmaischen Tor, um 1820, Radierung (?), koloriert

636  |  Abbildungen

Abb. 127 Bernard Gaillot, „Les Arts et les Métiers. Recuiel de Carricatures“, Lithographisches Album, Titel­ blatt und 5 Einzelblätter: „La Cuisinière“ (Nr. 1), „Le Jardinier“ (Nr. 9), „La Fruitière“ (Nr. 10), „Le Perruquer“ (Nr. 11), „Le Menuisier“ (Nr. 12), Paris, Senefelder et Cie. / Berlin, L. Sachse & Co., 1828, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 79/2566 a-e W

Abbildungen  | 637

Abb. 128 Henri Grévedon nach Carl August Menzel, Titel außen: „Auserlesene Sammlung antiker und moderner Schablonen für Architekten, Stubenmaler & Fabrikherrn in natürlicher Größe gezeichnet“, Titel innen: „Le vocabulaire des Dames“, Berlin, L. Sachse & Co. / Paris, Rittner & Goupil / London, Ch. Tole, H. 2, 1831, Berlin, SMPK, Kunstbibliothek

638  |  Abbildungen

Abb. 130 Franz Kretschmann, Blick auf Lützschena von Osten (Ausschnitt), Lithografie, o. J. Abb. 129 Hermann Raunheim nach Julien Vallou de Villeneuve, „Qui d’art dinné“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 79/2547 W

Abb. 131 Gemäldehängung im Schloss zu Lützschena, Fotografie, 1930

Abb. 132 Eugène Lepoittevin, Großes Seestück („Pecheurs recueillant une épave“), 1836, Öl auf Leinwand, Leipzig, Museum der bildenden Künste

Abbildungen  | 639

Abb. 133 Adolph Menzel, Musterblatt für Etiketten, Geschäftskarten, Buchschmuck und dergl., Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o. J., Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 134 Adolph Menzel, Soldat vom Alexander-Garde-Grenadier-Regiment, in Vorderansicht stehend, (Nr. 1 von 4 einzelnen stehenden preußischen Soldaten in Paradeuniform; gebraucht von L. Sachse als Briefköpfe auf Briefbögen, später rückseitig auf Rechnungsformulare gedruckt), Lithografie, L. Sachse & Co., 1831/32, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

640  |  Abbildungen Abb. 135 Adolph Menzel, „Dr. Martin Luther in seinem Arbeitszimmer stehend“, Lithografie, in: „Luthers Leben. Ein Bilderbuch für die Jugend“, Bl. 1 (von 13), Berlin, L. Sachse & Co., 1829/1832, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 136 Adolph Menzel, „Künstler“. Nr. 9 von 12 „Neujahrskarten für die gebildeten Stände“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1833, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 641

Abb. 137 Adolph Menzel, „Künstlers Erdenwallen. Componirt und lithographirt von A. Menzel“, Titelbordüre eines Lithographischen Albums (Folge von elf Darstellungen auf sechs Blättern), Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 138a und b Adolph Menzel, „Künstlers Erdenwallen“, Blatt 3: „Schule / Selbstkampf“ und Blatt 5: „Wirklichkeit/Ende“, Lithografien, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

642  |  Abbildungen

Abb. 139 Adolph Menzel, „Nachruhm“, Lithografie, Bl. 6 des lithographischen Albums „Künstlers Erdenwallen“, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 140 Adolph Menzel, Selbstbildnis, 1834, Bleistift, Berlin, Akademie der Künste

Abbildungen  | 643

Abb. 141 Adolph Menzel, „Die fünf Sinne / Les cinq sens“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1835, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 142 Adolph Menzel, „Vater Unser (Oraison Dominicale)“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1837, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 143 Adolph Menzel, „Zimmergesellenbrief“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1834, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 144 Adolph Menzel, „Maurergesellenbrief“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1838, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

644  |  Abbildungen

Abb. 145 Adolph Menzel, Titelblatt zu dem lithographischen Album „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preussischen Geschichte. In sechszehn [12] Blättern. Componiert und lithographiert von A. Menzel. Mit erläuterndem Text von Dr. Friedländer“, Lithografie, mit späterer handschriftlicher Bemerkung von A. Menzel, L. Sachse & Co., 1834–1836, Berlin, SPSK, Kupferstichkabinett

Abb. 146 Adolph Menzel, „Kartoffelernte“. Titelblatt zu dem Album „Radir-Versuche von Adolph Menzel (6 Blätter)“, Radierung, Berlin, L. Sachse & Cie. / Paris, Goupil & Vibert / London, Anaglyphic Compagny, 1844, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 645

Abb. 147 Paul Huet, „L’Inondation, souvenir de l’île Séguin“, 1833, Radierung, in: „Album de six eaux-fortes“, Bl. 2, Paris, Rittner & Goupil, 1835, Bern, Kunstmuseum, Grafische Sammlung

Abb. 148 Adolph Menzel, „Der Tanz von Pinsel und Schabeisen“. Titelblatt zu dem Album „Versuche auf Stein mit Pinsel und Schabeisen von Adolph Menzel, H. 1 (6 Bl.), Berlin 1851“, Pinsel- und Kreide­ lithografie, vollendet mit Schabeisen, Berlin, L. Sachse & Co., 1851, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

646  |  Abbildungen

Abb. 149 Nach Victor Vincent Adam, Der lithographische Großbetrieb von Lemercier in Paris, rue de Seine, um 1845, Zeitgenössische fotografische Reproduktion nach einer Lithografie

Abb. 150 E. Thiesson, Louis Jacques Mandé Daguerre, Daguerreotypie,1844, Paris, Musée Carnavalet

Abb. 151 Louis Jacques Mandé Daguerre, „Epreuves ayant servi à constater la découverte du Daguerreotype, offerte à le Roi par son très humble et très obéissant serviteur, Daguerre“ (von links nach rechts: „Le Boulevard du Temple à midi“; „Nature morte“; „Le Boulevard du Temple à huit heures du matin“), 1838/39, Drei Daguerreotypien unter einem Passepartout, gerahmt, München, Fotomuseum im Münchener Stadtmuseum

Abbildungen  | 647

Abb. 152 Johann Friedrich Drake, „Denn die Natur ist aller Meister Meister / sie zeigt uns erst den Geist der Geister“ (J. W. V. Goethe; Eine von vier Seiten des Sockelreliefs für das sog. Beuth-Denkmal; Statue von, August Kiss 1854/60), Fotografie des Marmorreliefs, Berlin, ehem. Landesbildstelle Abb. 153 Louis Jacques Mandé Daguerre / Alphonse Giroux, Die erste nach Deutschland gelangte Original-Kamera, 1839/40, München, Deutsches Museum

Abb. 154 Louis Friedrich Sachse, Waisenbrücke in Berlin, 1842, Fotografische Reproduktion einer verschollenen Daguerreotypie, Berlin, ehem. Sammlung Wilhelm Dost

648  |  Abbildungen Abb. 155 Johann G. Rosenberg, Waisenhaus und Waisenbrücke, ca. 1780, Kupferstich, koloriert, Berlin, Landesarchiv

Abb. 156 Barber nach Eduard Gaertner, „Die Friedrich-Waisenhaus-Kirche“, 1833, Stahlstich, koloriert, Berlin, Stiftung Stadtmuseum

Abb. 157 Wilhelm Halffter, „Enthüllung des Denkmals Friedrichs des Großen Unter den Linden in Berlin am 31. Mai 1851“, Daguerreotypie, Köln, Museum Ludwig, Agfa Foto Historama

Abbildungen  | 649

Abb. 158 Louis Friedrich Sachse, Christian Daniel Rauch’s Bildnis der Königin Luise von Preußen, zweite Grabfigur in der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin, Daguerreotypie, um 1839/43, Dresden, SKD, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. D 1918-11

Abb. 159 Louis Friedrich Sachse, Christian Daniel Rauch’s Marmorausführung der zweiten Viktoria für die Walhalla (1833–1838), Daguerreotypie, um 1839/43, Dresden, SKD, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. D 1918-12

Abb. 160 Louis Friedrich Sachse, Christian Daniel Rauch’s Engel an der Vorderseite des Sarkophags der Königin Friederike im Mausoleum in Hannover-Herrenhausen (1843–1845), Daguerreotypie, um 1843, Dresden, SKD, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. D 1918-13

650  |  Abbildungen

Abb. 161 (Vermutl.) Carl August von Steinheil, Selbstbildnisse, Daguerreotypie, um 1840

Abb. 162 „Das Innere eines Glashauses vom Typ Pultdach. Der Fotograf unter dem schwarzen Tuch, die Dame im Licht, Reserve Kamera, Kopfhalter, Prunkstuhl und gemalter Hintergrund mit Ballustrade“, in: van Monckhoven’s „Vollständiges Handbuch der Photographie“, Leipzig/Berlin 1864

Abb. 163 +163a Voigtländer Metall-Kamera und vollständiger Koffer mit dem Zubehör, um 1841, München, Deutsches Museum

Abbildungen  | 651

Abb. 164 Philipp Graff, „Herr von Berg“, Daguerreotypie, um 1844/48, Dresden, SKD, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. D 1917-64

Abb. 165 Louis Jacques Mandé Daguerre, Le Pavillon de Flore et le Pont Royal, 1839, Daguerreotypie, Paris, Musée des Arts et des Métiers

Abb. 166 Adolph Menzel, Eduard Magnus, 1841, Bleistift, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

652  |  Abbildungen Abb. 167 Unbekannt, Blick von der Schloss­ terrasse, 1853, Fotografie, Salzpapier vom Glasnegativ, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Fotografiesammlung Gaertner

Abb. 168 Unbekannt, Blick von der Schloss­ terrasse, 1853, Fotografie, Salzpapier vom Glasnegativ, Prägestempel des Verlages L. Sachse & Co., Berlin, Galerie Berinson

Abb. 169 „T. Schneider, Daguerreotypiste et Photographe d’Ehrenstetten, grand-duché de la Bade“, Briefkopf des international tätigen Stereofoto-Unternehmers, 1859, Privatbesitz

Abbildungen  | 653 Abb. 170 Adolph Menzel, Der König von Thule, 1835, Aquarell und Gouache, Berlin, ehem. Königliche Schlossbibliothek

Abb. 171 Franz Krüger, Adolph Schöll, um 1838, Kreide, aquarelliert, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 172 John Wright nach Louis Etienne Watelet, „Landschaft“, Holzschnitt, London, Wright & Folkard , in: Raczynski 1836, Bd. 1, S. 260, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

654  |  Abbildungen

Abb. 173 Julius Tempeltey nach Louis Etienne Watelet, „Mühle in der Normandie“, Lithografie, gedr. von Berndt im Königl. Lithogr. Institut, Berlin, L. Sachse & Co., 1836, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

Abb. 174 Wilhelm Scholz, „Ein Sonneneffekt von Krause“, 1846, Holzschnitt, in: Kossak 1846/47, S. 37, Berlin, Staatsbibliothek

Abb. 175 Robert Bingham nach Louis Roux, „L’ Atelier de Paul Delaroche“, Fotografie, Abzug auf Albumin, in: Oeuvre de Paul Delaroche, Paris 1858, Bordeaux, Musée Goupil

Abb. 176 Horace Vernet, Sklavenmarkt, 1836, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, National­ galerie

Abbildungen  | 655

Abb. 177 Louis Friedrich Sachse an die Akademie der Künste, Berlin, den 16. September 1839, Brief mit französischem Briefkopf der Kunsthandlung L. Sachse & Co, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste, PrAdK, Nr. 215, Bl. 143

656  |  Abbildungen

Abb. 178a-d Louis Friedrich Sachse, „Erstes und zweites Verzeichnis der durch L. Sachse zur Ausstellung kommenden Kunstwerke“, 15. und 30. August 1838, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste, PrAdk, Nr. 214, Bl. 1–3

Abbildungen  | 657

Abb. 179 Wilhelm Scholz, „Die Todtenkammer“, 1846, Holzschnitt, in: Kossak 1846/47, S. 63, Berlin, Staatsbibliothek

Abb. 180 François Auguste Biard, „On ferme! Quatres heures au Salon“, 1847, Öl auf Leinwand, Paris, Musée du Louvre

Abb. 181 Franz Xaver Winterhalter, Il Dolce Far­ niente, 1838, Öl auf Leinwand, Privatsammlung Abb. 182 François Auguste Biard, „Marché aux esclaves sur la côte d’or africaine“, 1834/1835, Öl auf Leinwand, Hull, City Museums and Art Galleries, Wilberforce House

658  |  Abbildungen

Abb. 183 Eugène Appert, Jean Marie Fortuné Durand-Ruel, Fotografie, vor 1865, Paris, Archives Durand-Ruel Abb. 184a–c Firmenschilder der Papetérie und Kunsthandlung von Durand-Ruel aus den Jahren um 1825, um 1830–1840 und um 1860, Paris, Archives Durand-Ruel

Abb. 185 Charles-François Daubigny, Der Ausstellungsraum der Kunsthandlung Durand-Ruel in der Rue Neuve des Petits-Champs Nr. 82, Lithografie

Abbildungen  | 659

Abb. 186 Unbekannt, Paul DurandRuel, ca. 1850, Daguerreotypie, Paris, Archives Durand-Ruel

Abb. 187 Ausstellung französischer Aquarellisten in der Galerie Durand-Ruel, Rue Laffitte Nr. 16, 1879, Druckgrafik (gen. Technik unbekannt), Paris, Bibliothèque nationale de France

Abb. 189 Unbekannt, „Magazins du boulevard Montmartre“, Frontispiz des „Catalogue de Goupil et Cie.“, Paris 1861, Bordeaux, Musée Goupil

Abb. 188 Adolphe Goupil, Fotografie, Abzug auf Albumin-Papier, Privatsammlung, ehemals M. Knoedler, New York

660  |  Abbildungen Abb. 190 Unbekannt, „Place de l’Opéra“, (Ausschnitt; eines der drei Hauptgeschäfte von Goupil & Cie. in Paris, 1870–1884), Fotografie, Abzug auf Albumin-Papier, Bordeaux, Musée Goupil Abb. 191a Unbekannt, „Salon d’exposition de tableaux de MM. Goupil“, (an der Hauptwand ist mittig der „Hémicycle“ von Paul Delaroche zu erkennen), Holzschnitt, 1860 Abb. 191b A. Jourdain nach Guesdon, „Galerie de tableaux de la maison Goupil et Compagnie, éditeurs d’estampes“, Holzschnitt, 1860

Abb. 192 Blauvelt & Co., „M. Knoedler & Co., succ. to Goupil & Co., 170, 5th Ave., cor. 22d St., N.Y.“, (Stereofoto der Einrichtung von M. Knoedler), New York, National Photograph Company, um 1860/80, New York, Robert N. Dennis collection of stereoscopic views

Abbildungen  | 661

Abb. 193 Antoine Dewasme-Plétinckx, nach Jean-Baptiste Madou, Gemäldeausstellung in Brüssel (links Wappers „Aufopferung“), Lithografie, Brüssel, De la Cour, 1830, Amsterdam, Rijksprentenkabinet

Abb. 194 Thomas Sutherland nach William Derby, „Temple of Fancy. S & J Fuller, Preparers of Superfine Water Colours, 34 Rathbone Place, London. Merchants, Captains & Traders supplied, Wholsale and for Exportation. Publisher’s of the greatest variety of Sporting Prints, and Rudimental Works on the Art of Drawing, by the First Masters. Engravers, Printseller, and Fancy Stationers. Wholesale Markers of Bristol Boards, Ivory Paper & Cards“, in: The Lady’s Magazine, August 1823, Nach der Aquatinta-Vorlage von 1818 im Victoria & Albert Museum, London (E. 3493-1934)

Abb. 195 James Gillray, „Very slippy weather“, Radierung, koloriert, London, H. Humphrey, 1808, London, Andrew Edmunds Abb. 196 Joseph Constantine Stadler nach Thomas Rowlandson und Auguste Charles Pugin, „Exhibition of Water Coloured Drawings, Old Bond Street“, Aquatinta, koloriert, veröffentlicht in: The Microcosmos of London, 1. Sept. 1808, London, British Museum

662  |  Abbildungen

Abb. 197 Carl Schütz, „Ansicht des Kohlmarkts“, (Die Menschenmenge links steht vor dem Schaufenster von Artaria), Kupferstich und Radierung, koloriert, Wien, Artaria Comp., 1786, Wien Museum

Abb. 198 Ansicht der Schloßstraße in Dresden, 1818, (rechts das Schaufenster der Kunsthandlung Ernst Arnold)

Abb. 200 Adolph Menzel, Brief- und Rechnungskopf der Lüderitz’schen Kunsthandlung, Lithografie, o. J., Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 199 Georg Erler, Das Stammhaus der Galerie Arnold in der Schloßstraße in Dresden, Zeichnung (gen. Technik unbekannt)

Abbildungen  | 663 Abb. 201 Das Hotel de Russie am Schinkelplatz 1 in Berlin, Aufnahme um 1900, Marburg, Bildarchiv Foto Marburg, LKB 9882D

Abb. 202 John Constable, Branch Hill Pond, Heampstead, 1824, Öl auf Leinwand, Winterthur, Sammlung Oskar Reinhart

Abb. 203 John Constable, Branch Hill Pond, Heampstead, 1825, Öl auf Leinwand, Richmond, Virginia Museum of Fine Art

Abb. 204 Camille Roqueplan, Ballszene, um 1838, Öl auf Leinwand, SPSK Berlin-Brandenburg

664  |  Abbildungen

Abb. 205 Adolph Menzel, Briefkopf für die Kunsthandlung von L. Sachse & Co., Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1838, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 206 Adolph Menzel, Briefkopf für die Kunsthandlung von L. Sachse & Co., (humoristische Version, auf dem gleichen Stein gezeichnet wie Abb. 205, offiziell von Sachse nicht benutzt), Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., 1838, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 665

Abb. 207 Louis Friedrich Sachse an die Akademie der Künste, 30. August 1838, Brief mit dem (neuen) Briefkopf von Menzel, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste, PrAdk, Nr. 214, Bl. 122

Abb. 208 Abraham Bosse, Frontispiz zu Thomas Hobbes Buch „Leviathan“, 1651

Abb. 209 Adolph Menzel, Die Schachpartie, 1836, Öl auf Leinwand, Privatbesitz Abb. 210 Adolph Menzel, Konsultation beim Rechtsanwalt, 1837, Öl auf Leinwand, Privat­ besitz

666  |  Abbildungen

Abb. 211 Adolph Menzel, Der Familienrat, 1838, Verbleib unbekannt

Abb. 212 Adolph Menzel, Die Toilette, 1838, Verbleib unbekannt

Abb. 213 Adolph Menzel, Friedrich der Große und General Fouqué im Park von Sanssouci, 1852, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 214 Adolph Menzel, Friedrich der Große und die Tänzerin Barbarina, 1852, Öl auf Leinwand, Privatbesitz

Abbildungen  | 667

Abb. 215 Carl Blechen, Selbstporträt, um 1830, Öl auf gelbem Papier, auf Pappe aufgezogen, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste

Abb. 216 Carl Blechen, „Beiträge zur Charakteristik der Campagna in Rom: Der Mittag. Ein Blick von Civita Castanella in die Ebene und auf den Monte Soratte“, 1830, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt

Abb. 217 Carl Blechen, „Beiträge zur Charakteristik der Campagna in Rom: Der einbrechende Abend. Ein Blick aus der Umgebung Narnis“, 1830, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt

Abb. 218 Carl Blechen, Park der Villa d’Este in Tivoli, 1832, Öl auf Leinwand, Berlin, SMSK, Nationalgalerie

668  |  Abbildungen

Abb. 219 Carl Blechen, Mönch auf einer Terrasse, 1834/35, Aquarell, Privatbesitz

Abb. 220 Carl Blechen, Napoleon auf dem Schlachtfeld, (wohl zwischen 1822 und 1827 nach einem Gemälde von Horace Vernet), Bleistift, Pinsel mit Tusche, laviert und aquarelliert, Kunsthalle, Hamburg

Abb. 222 Carl Blechen, Der Marktplatz von Ravello bei Amalfi, um 1830, Öl auf Leinwand, Privatbesitz

Abb. 221 Carl Blechen, Ansicht von Terni mit badenden Mädchen, 1835, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abbildungen  | 669

Abb. 224 Carl Blechen, Der Golf von Neapel, 1829, Öl auf Papier, Kiel, Kunsthalle

Abb. 223 Carl Blechen, Mühlental bei Amalfi, um 1831, Öl auf Leinwand, Leipzig, Museum der bildenden Künste

Abb. 225 Carl Blechen, Drei Fischer am Golf von Neapel, um 1835, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 226 Carl Blechen, Das Kloster Santa Scolastica bei Subiaco, um 1832, Öl auf Leinwand, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle

670  |  Abbildungen Abb. 227 Carl Blechen, Blick auf Assisi, um 1833, Öl auf Leinwand, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek

Abb. 228 Carl Blechen, Fuchs, vor seinem Bau liegend, um 1832, Öl auf Leinwand, Saarbrücken, Saarland Museum

Abb. 229 Carl Blechen, Mönch in einer Felsgrotte, ehem. Berlin, SMB, Nationalgalerie

Abb. 230 Carl Blechen, Zwei Mönche im Park von Terni, 1830, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abbildungen  | 671

Abb. 231 Julius Tempeltey nach Carl Blechen, Friede in der Natur, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., o.J., um 1837, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 65/1654 W

Abb. 233 Carl Adolph Henning, Familienbild Raczynski, 1839, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 232 Julius Friedrich Anton Schrader, Der Bankier Joachim Heinrich Wilhelm Wagener, 1856, Öl auf Leinwand, Berlin, SMB, Nationalgalerie

Abb. 234 M. Loeillot, „Platz vor den königl. Maler-Ateliers und der Raczynskischen Galerie“, Berlin, L. Sachse & Co, o.J., Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 64/609 W

672  |  Abbildungen

Abb. 235 Jules Coignet, Flusslandschaft, 1833, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 236 Hippolyte Bellangé, Route de Coutance, 1834, Aquarell, Poznan, Nationalmuseum Abb. 237 Franz Ludwig Catel, Italienische Landschaft mit Wasserleitung, 1830, Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 238 Carl Schorn, Die Weihe eines jungen Mönches, um 1842, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abbildungen  | 673

Abb. 239 Carl Begas d. Ä.,, Bertel Thorvaldsen, 1841, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 241 Arnold Böcklin, Maria Magdalena, 1870, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 240 Friedrich Eduard Meyerheim, Auf der Bleiche, 1846, Öl auf Leinwand, Poznan, Nationalmuseum

Abb. 242 Ludwig Knaus, Louis Ravené, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt

674  |  Abbildungen

Abb. 243 Paul Delaroche, Comte James-Alexandre de Pourtalès-Gorgier, 1846, Öl auf Leinwand, Paris, Musée du Louvre

Abb. 244 Franz Krüger, Friedrich Wilhelm IV in seinem Arbeitskabinett im Berliner Schloss, um 1846, Öl auf Leinwand, Potsdam, SPSG

Abb. 245 Paul Delaroche, Die Pilger in Rom, 1842, Öl auf Leinwand, Poznan, National­ museum

Abb. 246 Johann Gottfried Schadow, „Die Besucher auf der Berliner Kunstausstellung“, 1831, Zinkdruck, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abbildungen  | 675

Abb. 248 Adolph Schrödter, Geschäftskarte der „Kunst-Handlung Julius Buddeus in Düsseldorf“, Radierung, 1839 Abb. 247 Wilhelm Scholz, „Verlosung des Kunstvereins“, Holzschnitt, , in: Kossak 1846/1847, S. 120, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

Abb. 249 August von Wille, Ausstellungssäle der Kunsthandlung Bismeyer und Kraus, Elbersfelderstraße 5 in Düsseldorf, um 1860/65, Feder, laviert, Düsseldorf, Stadtmuseum

Abb. 250 Caspar Scheuren, Die Kunst-Ausstellung von Eduard Schulte, um 1855, Feder in Braun, grau laviert, mit weißer Tusche gehöht, Düsseldorf, Stadtmuseum

Abb. 252a–c Louis-Pierre Henriquel-Dupont nach Paul Delaroche, „L'Hémicycle“, Kupferstich in drei Teilen, 1853, Orléans, Musée des beaux-arts

Abb. 251a–c Paul Delaroche, „L’Hémicycle“, 1853, Paris, Ecole nationale supérieure des beaux-arts, (in situ)

676  |  Abbildungen

Abbildungen  | 677

Abb. 253 Paul Delaroche, „Marie-Antoinette devant le tribunal“, 1851, Öl auf Leinwand, New York, The Forbes Collection

Abb. 254 Paul Delaroche, „Le Général Bonaparte franchissant les Alpes“, 1848, Öl auf Leinwand, Paris, Musée du Louvre Abb. 255 Der große Salon in Hector Lefuels neu erbautem Palais des Beaux-Arts während der Weltausstellung in Paris, 1855, Paris Bibliothèque nationale de France

Abb. 256 André Adolphe Eugène Disdéri (zugeschrieben), „Salon de Delacroix à l’Exposition universelle Paris“, 1855, Fotografie, Abzug auf Albumin Papier, Paris, Bibliothèque nationale de France

678  |  Abbildungen

Abb. 257 Gustave François, Auktion in der Galerie Georges Petit, Paris, 1911, Aquarell, Kunsthandel

Abb. 258 Unbekannt, Hofseite des Hauses Jägerstraße 32, das für den Neubau der Reichsbank 1869 abgerissen wurde, Fotografie, Berlin, Landesarchiv

Abb. 259 Friedrich Albert Schwarz, Jägerstraße 23–28, um 1884, Fotografie, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek, Kartenabteilung

Abb. 260 Alexander Borchel, „Blick auf Berlin vom Thurme des französischen Doms aus [in die Jägerstraße]“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1855, Berlin, Stiftung Stadtmuseum, Inv. Nr. VII 84/698 W

Abbildungen  | 679 Abb. 261 Carl Friedrich Lessing, „Hus vor dem Scheiterhaufen“, 1850, Öl auf Leinwand, Ehem. Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 262 Hermann Eichens nach Carl Friedrich Lessing, „Die Hussitenpredigt“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., / Paris, Rittner et Goupil, o. J., Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett

Abb. 263 Adolph Menzel, Die Begegnung Friedrich II. mit Kaiser Joseph II in Neisse im Jahr 1769, 1857, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 264 Adolph Menzel, Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci, 1852, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

680  |  Abbildungen Abb. 265 Adolph Menzel, Frühmesse in einer Salzburger Kirche, 1855, Öl auf Leinwand, Wien, Österreichische Galerie Belvedere

Abb. 266 Nach Adolph Menzel, Friedrich Wilhelm I. in der Schule, Holzstich, koloriert

Abb. 267 Ludwig Knaus, Nach der Taufe, Öl auf Leinwand, verschollen

Abb. 268 Ludwig Knaus, Der Taschenspieler in der Scheune, 1862, Öl auf Leinwand, Milwaukee, Grohmann Museum

Abbildungen  | 681

Abb. 269 Franz von Lenbach, Hirtenknabe, 1860, Öl auf Leinwand, München, Bayerische Staatsgemäldesammlung, Sammlung Schack

Abb. 270 Thomas Couture, Le Fauconnier, 1855, Öl auf Leinwand, ehem. Berlin, Sammlung Ravené

Abb. 271 „Kunst-Correspondenz für die Mitglieder von Sachses Internationalem Kunstsalon, Nr. 1, Berlin, Oktober 1871“, Titelplatt mit dem Holzschnitt von H. Baudouin nach Adolph Menzel, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek

682  |  Abbildungen

Abb. 272a–b Hans Makart, Abundantia. Die Gaben der Erde / Die Gaben des Meeres, 1870, Öl auf Leinwand, Paris, Musée d’Orsay

Abb. 273a–c Moritz von Schwind, Die schöne Melusine, 1868/69, Aquarellzyklus, Wien, Österreichische Galerie Belvedere

Abbildungen  | 683

684  |  Abbildungen Abb. 274 Hans Makart, Ein Sommernachtstraum, 1872, Öl auf Leinwand, Köln, Universität zu Köln, Theaterwissenschaftliche Sammlung

Abb. 275 Friedrich Albert Schwarz, Haus Taubenstraße 34 (vor dem Abriss 1873), Fotografie, Berlin, SMPK, Staatsbibliothek, Kartenabteilung

Abb. 276 Unbekannt, Hausfassade Taubenstraße 34, Berlin, Landesarchiv, LAB. E. Rep. 200-03, Nr. 27

Abbildungen  | 685

Abb. 277 Eduard Eichens nach Wilhelm von Kaulbach, Teilstück aus dem Kinderfries im Neuen Museum, Kupferstich

Abb. 278 Hans Makart, Venedig huldigt Caterina Conaro, 1872/73, Öl auf Leinwand, Wien, Österreichische Galerie im Belvedere

686  |  Abbildungen Abb. 279 Anselm Feuerbach, Das Gastmahl des Plato (zweite Fassung), 1873, Öl auf Leinwand, Berlin, SMPK, Nationalgalerie

Abb. 280 Anselm Feuerbach, Die Amazonenschlacht (zweite Fassung), 1873, Öl auf Leinwand, Nürnberg, Städtische Galerie

Abb. 281 Hans Thoma, Der Kinderreigen, 1872, Öl auf Leinwand, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle

Abbildungen  | 687 Abb. 282 Johann Heinrich Hintze, Das königliche Museum in Berlin von der Schloßfreiheit aus gesehen, 1832, Öl auf Leinwand, Berlin, Märkisches Museum

Abb. 283 Hans Fincke nach Karl Friedrich Schinkel, „Perspektivische Ansicht von der Galerie der HauptTreppe des Museums durch den Porticus auf den Lustgarten und seine Umgebung“, in Karl Friedrich Schinkel: Sammlung architektonischer Entwürfe, H. 17, 1831, Bl. 103

Abb. 284 C. F. G. Loeillot, „Die neuen Museen von der Friedrichsbrücke aus gesehen“, Lithografie, Berlin, L. Sachse & Co., um 1855/60, Berlin, Stiftung Stadtarchiv, Inv. Nr. VII 62/460 a-c W

Abb. 285 Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, Skizze zur Museumsinsel, Bleistift, Potsdam, SPSG

688  |  Abbildungen Abb. 286 Unbekannt, Alte Nationalgalerie Berlin: Blick in den zweiten Cornelius-Saal mit dem Gemälde „Kaiser Wilhelm der Siegreiche“ von Ferdinand Keller, Aufstellung 1897, Fotografie, Berlin, SMPK, Zentralarchiv

Abb. 287 Leopold von Kalckreuth, Paul Cassirer, 1912, Öl auf Leinwand, Berlin, Märkisches Museum

Abb. 288 Unbekannt, „Die Berliner Kunst-Salons“, in: Die lustigen Blätter, 1899, H. 12, S. 5

3

Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)

690  |  Anhang

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 691

692  |  Anhang

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 693

694  |  Anhang

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 695

696  |  Anhang

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 697

LEBENDATEN

ARBEITSORT SCHULE

WERK-ZAHL

HÖCHST-PREIS

ANMERKUNGEN

VORNAME

ERWÄHNTE WERKE IN: DEUTSCHES KUNSTBLATT UND DIE DIOSKUREN (MIT AUSSTELLUNGSJAHR)

Auszug: die von Louis Sachse hervorgehobenen Künstlernamen

NAME

3a

Achenbach

Andreas

(1815– 1910)

Düsseldorf

9

120

Strand bei bewegter See (1857)

Achenbach

Oswald

(1827– 1905)

Düsseldorf

25

160

Italienische Gegend (1857)

Bayer

August von

(1820– 1894)

Karlruhe 1

2000 Die Toggenburg-Ballade nach Schiller (1856)

Becker

Carl

(1820– 1900)

Berlin

11

120

Der Schmuckhändler beim Senator, Szene des 17. Jh (1855); Abend in Venedig (1857)

Becker

August

(1821– 1887)

Düsseldorf

12

200

Abend in den Alpen des bayrischen Hochlandes (1863)

nicht eigentlich Düsseldorfer, aber dort erfolgreich

Becker

Jacob

(1810– 1872)

Frankfurt

2

353

Am Brunnen (1861)

Ausbildung in Düsseldorf, dann Professor am Städel

Begas

Carl

(1794– 1854)

Berlin

13

400

Brustbild Thorvaldsen (1855)

Bellangé

Hippolyte

(1800– 1866)

Frankreich

7

400

Aprés la bataille (1855)

Bendemann

Eduard

(1811– 1889)

Düsseldorf

4

600

Odysseus und Penelope (1861)

698  |  Anhang Béranger

Jean Baptiste Antoine Emile

(1814– 1883)

Frankreich

1

40

Biard

Francois-Auguste

(1799– 1882)

Frankreich

3

30

Seeräuberschiff (1863)

Bièfve

Edouard de

(1808– 1882)

Belgien

4

200

Gräfin Egmont (1864)

8

150

Bilders Blechen

Carl

(1798– 1840)

Berlin

1

***

Block

Eugenius Frans de

(1812– 1893)

Belgien

8

120

Böcklin

Arnold

(1827– 1901)

Schweiz

3

200

Bodom

Erich

(1829– 1879)

Düsseldorf

3

110

Bonheur

Rosa

(1822– 1899)

Frankreich

2

800

Bossuet

Francois-Antoine

(1798– 1889)

Belgien

8

550

Brackelaer

Ferdinand de

(1792– 1883)

Belgien

5

80

Burnier

Richard

(1826– 1884)

Niederlande

11

77

Calame

Alexandre

(1810– 1864)

Schweiz

4

1200 Mehrere Landschaften (1857); Die Jungfrau von Lauterbrunn aus gesehen (1863); Der Montblanc vom Chamounthal aus gesehen (1863); Der Vierwaldstätter See bei Abendbeleuchtung (1863)

Weinende Betteljungen (1857)

Verlassene Fischerhütte an der norwegischen Küste (1865)

La Portra Romana (1862); Die maurischen Ruinen der Stadt Zehra (1863); Blick auf den Darro zu Granada (1864)

Norweger, Schüler von Gude in Düsseldorf

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 699 Camphausen

Wilhelm

(1818– 1885)

Düsseldorf

10

100

Parforcejagd (1859); Friedrich der Große auf der Revue (1861)

Canon

Jean Louis oder Hans

(Hans: 1829–1885; Jean-Louis: 18ß9–1892)

Wien; Paris

2

15

Castan

Gustave

(1823– 1892)

Schweiz

1

26

Coomans

Pierre Oliver Joseph

(1816– 1889)

Belgien

6

160

Cornelius

Peter von

(1783– 1867)

München

1

30

Cretius

Constantin

(1814– 1901)

Berlin

27

160

Mädchen von Capri, Wiederholung in kleinere Dimension und „der Winkelschreiber“ (1855); Szene aus dem italienischen Volksleben (1855); Seiltänzergarderobe (1859); Abend während des Karnevals in Rom (1862)

Czermak

Jaroslav

(1831– 1878)

Belgien

4

350

Mädchen bei den Schafen (1855)

d´Unker

Karl Henrik

(1828– 1866)

Schweden, Düsseldorf

8

600

Dorfpolizei-Büro (1857); Dolce far niente (1863); Hinter den Koulissen (1864); Kunstreitergarderobe (1865)

de Keyser

Nicaise

(1813– 1887)

Belgien

2

***

Karl der Große bricht beim Anblick von normannischen Seeräuberschiffen in Tränen aus (1862)

Delacroix

Auguste

(1809– 1868)

Frankreich

4

45

Delaroche

Paul

(1797– 1856)

Frankreich

1

3750 Hémicycle (1853)

München, Düsseldorf und Berlin

Pole

700  |  Anhang Devéria

Eugène

(1805– 1865)

Frankreich

1

50

Diaz de la Pena

Narcisse

(1807– 1876)

Frankreich

1

***

Dieffenbach

Anton

(1831– 1914)

Düsseldorf

4

400

Dubufe

Edouard

(1819– 1893)

Frankreich

2

220

Flüggen

Gisbert

(1811– 1859)

München

4

400

Gallait

Louis

(1810– 1887)

Belgien

5

1000 Murillo findet das Motiv zu seiner Madonna (vor 1855, verkauft für 500 Fr d´Or); Mutter mit Kindern auf tosendes Meer guckend (1855); Italienische Mutter mit ihrem Kinde (1863)

Gauermann

Friedrich

(1807– 1862)

Wien

9

120

Felsige Landschaft mit Rehen (1862)

Geselschap

Friedrich

(1835– 1898)

Düsseldorf

8

550

Die Geschwister (1857); Kleine Näscher (1863); Heiliger Abend (1865)

Girardet

Charles

(1813– 1871)

Schweiz

3

45

Schöne Gegend (1862)

Graeb

Carl

(1816– 1884)

Berlin

8

40

Gegend von Narni (1855); Ansichten von Babelsberg (Aquarelle) (1861)

Schüler von Blechen

Gude

Hans Fredrik

(1825– 1903)

Düsseldorf

8

250

Gebirgsmühle (1856); Nordischer Kiefernwald (1857)

Norweger

Ländliche Szene (1859)

eine Idylle (1857); Die Prozeßentscheidung (1857); Landprediger, einen Choral singend (1857)

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 701 Gudin

Théodore

(1802– 1880)

Frankreich

7

650

große Seeschlacht (1857); Marine (1862); Fischer, überrascht durch die steigende Flut an der Küste von Schottland und eine weitere Marine (1862); Weile in Jütland (1865)

Guillemin

Alexandre Marie

(1817– 1880)

Frankreich

3

140

Gurlitt

Louis

(1812– 1897)

Berlin

31

150

Hammel

Julius

(1834– 1907)

Frankfurt

1

400

eine Ablaßpredigt (1865)

Hamman

Edouard Jean Conrad

(1819– 1888)

Belgien

8

225

Mädchen an der Quelle in Sorrent (1857); Gluck in Trianon (1862); Mozart in Wien (1862)

Harrach

Ferdinand von

(1832– 1915)

Weimar

4

***

Gamsjäger auf der Lauer (1862); auf der Gamsjagd (1863); Schottisches Motiv (1864); Frühlingsanfang (1865)

Hasenclever

Johann Peter

(1810– 1853)

Düsseldorf

3

600

aus Hamburg

702  |  Anhang Hildebrandt

Eduard

(1817– 1868)

Berlin

28

200

Hobbema

Meindert

(1638– 1709!)

Niederlande

1

***

Hoff

Jacob

(1838– 1892)

Frankfurt

2

250

Hoguet

Charles

(1821– 1870)

Berlin

7

50

Hübner

Julius

(1806– 1882)

Düsseldorf, Berlin, Dresden

10

100

Isabey

Eugène

(1804– 1886)

Frankreich

7

200

Ittenbach

Franz

(1813– 1879)

Düsseldorf

2

80

Jordan

Rudolf

(1810– 1887)

Düsseldorf

7

100

Ansicht der Engelsburg, Ansicht der Peterskirche, Ansicht von Jerusalem und den Ölberg (Auftrag des Königs) (1855); Capri (Privatbesitz) (1855); Sonnenuntergang auf Madeira (1857); Betlehem mit dem Hirtenfelde und Nazareth von Südosten gesehen (1857); Norwegische Mondnacht und ein Angler (1857); Heuerndte im Oderbruch (1859); Winterlandschaft (1861); Strand (1862)

Holländische Mühle (1857); Küche (1859)

Glücklich verlebte Tage (1857); Des Lootsen Heimkehr (1863)

Schüler von Isabey

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 703 Kalkreuth

Stanislaus von

(1820– 1894)

Weimar

16

150

Landschaft von Turin (1855); Lac d´Or (1855) (beide Landschaften im Besitz des Königs); Das Rheinthal bei Bregenz (1855); Schweizerlandschaft (1857); Starenberger See (1857)

Kate

Herman Frederik Carel ten

(1822– 1891)

Niederlande

7

60

La fête de St. Nicolas (1857)

Kate

Mari ten

(1831– 1910)

Niederlande

6

60

Kauffmann

Hermann

(1808– 1889)

Hamburg

4

65

An der Fähre (1863)

Kaulbach

Friedrich

(1822– 1903)

München

5

200

Zwei große Portraits (1862); Portrait des sächsischen Gesandten und seiner Gemahlin am Hannoverschen Hof (1862); Adam und Eva finden den erschlagenen Abel (1865)

Kaulbach

Wilhelm von

(1805– 1874)

München

3

200

Shakespearegalerie, (Carton) (1857); Knabenportrait (1865)

Kloeber

August von

(1793– 1864)

Berlin

1

***

Knaus

Ludwig

(1829– 1910)

Düsseldorf

7

1250 Portrait von Ravené (1857); nach der Taufe (1862); Weibliches Portrait (1863); Taschenspieler (1865)

Koekkoek

Barend Cornelis

(1803– 1862)

Niederlande

14

300

Winterlandschaft (1855); Zweimal Landschaft (1857)

Koller

Rudolf

(1828– 1905)

Schweiz

2

800

Schweizer Idylle (1863)

704  |  Anhang Kretschmer

Robert (?)

(1818– 1872)

Berlin

13

500

Ägyptische Wasserräder (1855)

Krüger

Franz

(1797– 1857)

Berlin

2

***

Landseer

Edwin Henry

(1802– 1873)

England

1

***

Lauchert

Richard

(1823– 1868)

Berlin

2

***

Zwei Portraits der Prinzessin Alexandra von Dänemark und Portraits (1863)

Lehmann

Henri

(1814– 1882)

Frankreich

1

35

Römerin (1859)

Lenbach

Franz

(1836– 1904)

München

2

70

Italienische Hirtenjungen (1862)

Lepoittevin

Eugène

(1806– 1870)

Frankreich

2

150

Lessing

Carl Friedrich (1808– 1880)

Düsseldorf

5

3000 Huß vor dem Scheiterhaufen (1863); Landschaft (1863)

Leu

August

(1818– 1897)

Düsseldorf

6

150

Leutze

Emanuel

(1816– 1868)

Düsseldorf

2

1000

Leys

Hendrik Baron

(1815– 1869)

Belgien

5

2200 Paul Potter vor seinem berühmten Gemälde mit Kuh (1855); Wachtstube (1857); Interieure hollandaise du 17. Siècle (1857)

Magnus

Eduard

(1799– 1872)

Berlin

1

***

Meissonier

Ernest

(1815– 1991)

Frankreich

1

***

wahrscheinlich Robert, ausgebildet in Berlin, arbeitete in Leipzig, evtl. aber auch Albert Kretschmar (1825–1891)

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 705 Menzel

Adolph

Meyer von Bremen

(1815– 1905)

Berlin

7

160

Friedrich der Große und Graf Fouquet (1855); Friedrich der Große und die Tänzerin Barberina (1855); Messe, Erinnerung an Salzburg (1857); Konzert Friedrichs des Großen in Sanssouci (1857); Große Kreidezeichnung: Ein Schulbesuch Friedrich Wilhelm I. (1859), Die Begegnung Friedrichs II. mit Kaiser Joseph II. in Neisse im Jahre 1769

Johann Georg (1813– 1886)

Düsseldorf

11

200

Erstes Gebet (1859); Die vergessene Schulaufgabe (1859); Landmädchen auf dem Heimwege (1863)

Meyerheim

Eduard

Berlin

4

120

Der Morgen (1856)

Moor

van

7

110

Das Innere eines Maler-Ateliers (1855)

Mücke

Heinrich

(1806– 1891)

Düsseldorf

18

500

Müller

Charles

(1815– 1892)

Frankreich

6

100

Les amants und les époux (1855)

Müller

Carl

(1818– 1893)

Düsseldorf

3

750

Heilige Familie (1862)

Pettenkofen

August von

(1822– 1889)

Wien

3

90

Philip

John

(1817– 1867)

England

1

***

Preller

Friedrich

(1804– 1874)

Weimar

23

***

Preyer

Johann Wilhelm

(1803– 1889)

Düsseldorf

3

50

(1808– 1879)

Landschaftliche Compositionen (1856)

706  |  Anhang Richter

Gustav

(1823– 1884)

Berlin

6

40

Frauenportrait (1857)

Riedel

August

(1799– 1883)

München

2

24

Badende Mädchen (1863)

Robert-Fleury

Jean-Nicolas

(1797– 1890)

Frankreich

6

400

Luther, die Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg schlagend (1863)

Roqueplan

Camille

(1802– 1855)

Frankreich

1

30

Rustige

Heinrich von

(1810– 1900)

Düsseldorf

2

500

Ruths

Valentin

(1825– 1905)

Hamburg

7

100

Scheffer

Ary

(1795– 1858)

Frankreich

4

1250 Arme Kranke (1857)

Schelfhout

Andreas

(1787– 1870)

Niederlande

10

70

Strand bei Schevenigen (1857); Winter mit Schlittschuhläufern (1857)

Schendel

Petrus van

(1806– 1870)

Belgien

2

400

Wildtrieb (1863)

Scheuren

Caspar

(1810– 1887)

Düsseldorf

5

40

Schirmer

August Wilhelm

(1802– 1866)

Berlin

4

100

Schirmer

Johann Wilhelm

(1807– 1863)

Düsseldorf

12

135

Biblische Landschaften (1861)

Schischkin

Iwan Iwanowitsch

(1832– 1898)

Rußland

2

30

Waldinneres (Federzeichnung) (1865)

Schlesinger

Heinrich

(1814– 1893)

Wien, Paris

1

350

Fleurs de Lys (1857)

Waldlandschaft (1855)

Schüler von Léon Cogniet in Paris

Ausbildung in Düsseldorf

3 Die Künstler der permanenten Gemäldeausstellung (1853–1865)  | 707 Schmitson

Teutwart

(1830– 1863)

Berlin

16

530

Wilde Pferde und Pferde zusammentreibend (1857); ungarische Ochsen und Rast im Walde (1859); Bauerngespann (1859); Austritt aus der Schwemme (1862)

Düsseldorf und Berlin

Schrader

Julius

(1815– 1900)

Düsseldorf

16

400

Die Puritaner-Predigt (vor 1857); Versuchung des hl. Antonius (1857); Cromwell am Sterbebette seiner Tochter (1857); Weibliches Portrait (in Besitz A. v. Humboldt) (1857); Portrait eines Generals (1859); Mutter mit dem Kinde (1859); Die Morgenwacht (1859)

könnte auch zu den Berliner Malern gezählt werden

Schroetter

August

2

28

Der Einzug des Flüchtlings (1857)

Schwind

Moritz von

Slingeneyer Ernest

(1804– 1871)

Wien

1

***

(1823– 1894)

Belgien

3

250

Sohn

Karl Ferdinand

(1805– 1867)

Düsseldorf

4

500

Stevens

Alfred

(1823– 1906)

Frankreich

2

128

Tidemand

Adolph

(1814– 1876)

Düsseldorf

7

250

Trayer

Jean-Baptiste

(1824– 1908)

Frankreich

3

100

Troyon

Constant

(1810– 1865)

Frankreich

2

800

Kind stehend im Bett (1856); Portrait des Historienmalers Lessing (1857)

La vallée de Toupes (Hauptbild) (1861)

708  |  Anhang Tschaggeny

CharlesPhilogène (?)

(1815– 1894)

Valerio

Théodore

Vautier

Benjamin

(1829– 1898)

Verboekhoven

Eugène

Verheyden

Belgien

18

1250 Kühe und Schafe neben einem Bauernhaus (1855); Ein Fuhrmann zieht sein wohlgenährtes Gespann einem offenen Stalle zu (1855); Landschaft mit Staffage (1857)

1

45

Schweiz

2

250

(1799– 1881)

Belgien

11

300

Jean-Francois

(1806– 1889)

Belgien

4

800

Verlat

Charles

(1824– 1890)

Belgien

2

80

Verschuur

Wouters

(1812– 1874)

Niederlande

14

100

Werner

Carl

(1808– 1894)

München

2

400

Winterhalter

Franz Xaver

(1805– 1873)

Frankreich

4

35

Brustbild einer jungen Dame (1859)

Zimmermann

Reinhard Sebastian

(1815– 1893)

München

11

84

Musikanten, ihre Einnahmen teilend (1861)

Zona

Antonio

(1814– 1892)

Mailand

1

500

Les camérades d´écurie (1861)

eventuell ist auch sein Bruder Edmond Tschaggeny (1818–1873) gemeint

Archivalienverzeichnis Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten (Kultusministerium) HA I, Rep. 76 Ve: - Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 11 (Acta betreffend die Zeitschrift von Sachse´s Internationalem Kunstsalon) - Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 40, Bd. 3 (Ausführung des Gesetzes vom 11. Juni 1837 zum Schutz des Eigenthums von Werken der Wissenschaft und der Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung) - Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 84 (Nachrichten über auswärtige Kunst-Museen und Akademien) - Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 109 (Die vom Maler Liepmann in Berlin gemachte Erfindung des Oelbilderdrucks, 1830-45) - Sekt. 1, Abt. XV, Nr. 160 (Kunstausstellungen Westlicher Bund Kunstverein 1825– 1870) - Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 3, Bd. 2 (Die lithographischen Anstalten in Berlin, 1824–1835) - Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 59 (Kunstblatt „Museum“, 1834–1837) - Sekt. 4, Abt. XV, Nr. 84 (Wissenschaftlicher Kunst-Verein in Berlin) - Sekt. 17, Abt. X, Nr. 1, Bd. I-IV (Kunstausstellungen bei der Akademie der Künste Berlin 1818–1858) - Sekt. 17, Abt. X, Nr. 6 (Die durch die Vermittlung des Malers Philipp Frank beabsichtigte Herbeiführung einer engen artistischen Verbindung zwischen Berlin und Paris, namentlich wegen gegenseitiger Übersendung von Kunstwerken zu Kunstausstellungen, 1835) Ministerium des Inneren HA I, Rep. 77: - tit. 17, Nr. 43 (Unter den Studenten bestehende geheime und sträfliche „Verbindung der Freunde“ mit dem Losungswort PK und die Polenia, 1822) - tit. 656, Nr. 1, Bd. 1 (Die Anlegung von Steindruckereien und die Censur und der Debit lithographirten Schriften und Aufsätzen, 1818–1846) Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode HA I, Rep. 89: - Nr. 19668 (Kunsthändler Julius Kuhr) - Nr. 19735 (Kunsthändler Louis Friedrich Sachse) - Nr. 19927 (Verein der Kunstfreunde im Preußischen Staate) Familiennachlässe: Sachse, Johann Christoph Ambrosius (1751–1808) HA VIII, C, Rep. 92: - 2 Bde. (handgeschrieben) Familiengeschichte Sachse

710  |  Anhang - - - -

Tagebuch über Geschäftsreisen des Kunsthändlers Louis Friedrich Sachse (1834–1861) Fotos (Daguerreotypie) des Kunsthändlers Louis Friedrich Sachse und seiner Frau Nanni Sachse, geb. L´Hermet Wilhelm Dost: Die Daguerreotypie in Berlin (1839–1860), Berlin 1922 Kunst-Correspondenz für die Mitglieder von Sachses Internationalem Kunstsalon (1871–1876)

Berlin, Landesarchiv (LAB) Familiennachlass Louis Friedrich Sachse (1798–1877) LAB, E. Rep. 200-03: - Nr. 1 (Beiträge zu Louis Sachse. Lebensbild) - Nr. 2 (Gedichte und Aufsätze von Alfred Sachse (1834–1897)) - Nr. 3 (Einführung in die Steindruckerei in Berlin; „Rückblick auf die zwölfjährige Wirksamkeit der Firma L. Sachse & Co.“ (gedruckter Geschäftsbrief, 1865); Brief von Eduard Magnus an Sachse, Rom, den 17. Dezember 1839; Konkurrenz mit dem Königlich Lithographischen Institut (1844–1845); Streit mit dem Königlich Lithographischen Institut wegen des Druckers Berndt (1832–1835); Gründung der Firma L. Sachse & Co.; Hans Schliepmann: Louis Sachse. Ein Kunstförderer Alt-Berlins, Durchschlag und Abdruck von 1927; Einzelne Mitteilungen über Louis Sachse) - Nr. 4 (Briefwechsel von Louis Sachse, insbesondere mit dem Elternhause (1824–1839 und 1856–1865)) - Nr. 5 (Sinn- und Gelegenheitsgedichte von Siul Eshscas. Verwandten und Freunden gewidmet, Manuskript, Berlin 1880, Selbstverlag von Magarete Sachse, geb. Wendt) - Nr. 6 (Alte Zeitungen, in denen sich Aufsätze von und über Louis Sachse befinden) - Nr. 7 (Bildwiedergabe von Alois Senefelder, Louis Sachse, Mendelssohn u.s.w. aus dem Besitz von Alfred Sachse, Berlin; Otto F. Reinhard: Louis Friedrich Sachse. Ein Pionier der Berliner Lithographie; Bild von Louis Friedrich Sachse, erschienen im amtlichen Führer der „Kamera“, Ausstellung für Fotografie, Druck, Reproduktion; 4. November 1933; „Zur morgigen Einweihung der Akademie der Künste“, von Prof. Dr. Voß (Zeitungsartikel). Dazu Briefabschrift des Sohnes von Louis Sachse an Prof. Dr. Voss) - Nr. 8 (Fotokopie eines Briefes von Adolph Menzel, in dem er Sachse erwähnt; Abschrift aus Velhagen und Klasings Monatshefte, XIX. Jg., 1904-05, Heft 8, S. 193–208: Ludwig Pietsch. Persönliche Erinnerungen an Adolph Menzel; Adolph Menzel. Von Alfred Mello (Zeitungsausschnitt); Menzel. Arabesken von Herbert Eulenburg (Zeitungsausschnitt); Abschrift eines Briefes, gez. Alfred Sachse an Dr. Herbert Eulenburg; Postkarte Dr. Herbert Eulenburg an Alfred Sachse, Kursmakler; Abschrift aus Allgemeine Preußische Staatszeitung, vom 14. Januar 1834: „Kunstnachrichten“, gez. Gottfried Schadow, betr. „über Menzel, Künstlers Erdenwallen“; Die kleine Excellenz. Der Lebensweg Adolph Menzels (Zeitungsausschnitt); Menzelianer (Zeitungsausschnitt); Die Woche, 7. Jg., vom 18. Februar 1905)

Archivalienverzeichnis  | 711

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Nr. 9 (Beiträge zur Geschichte der Daguerreotypie in Verbindung mit dem Namen Sachse) Nr. 10 (Der Name Sachse in Verbindung mit bekannten Malern und dem Kunstwesen) Nr. 11(Guido Joseph Kern: Carl Blechen und das Meer, in: Der Kunstwanderer, September 1931) Nr. 12 (Original Aluminiumplatte Louis Friedrich Sachse, gez. Franz Krüger, lith. Rudolph Stumph, 1927) Nr. 13 (Diplome und Zeichnungen von Louis Friedrich Sachse) Nr. 14 (Übernahme des Hildebrandt’schen Tabakhandels, Hauskauf Jägerstraße 30, Hypotheken Jägerstraße 30) Nr. 15 (H. Schliepmann: Die Wenigen und die Vielen. Briefwechsel mit Alfred Sachse über das Werk „Die Wenigen und die Vielen“) Nr. 16 (Erste Fassung des Aufsatzes über Sachse mit allen Angaben des Tagebuchs von Prof. Dr. Kern) Nr. 17 (Kataloge von Kunstauktionen) Nr. 18 (Gedenk-Album von Anne Sachse) Nr. 19 (Abhandlungen, Kritiken, Schauspiel, Vondeville von L.F. Sachse (1822–1826)) Nr. 20 (Briefe vom 18. August 1826 bis 31. August 1828 Nanny an L.F. Sachse und umgekehrt) Nr. 21 (Bild der Gebrüder George, Inhaber des Bankhauses George) Nr. 22 (Soll und Haben. Ausstellung im Märkischen Museum, Berlin, Herbst 1929. Auch von Sachse beschickt) Nr. 23 (Zeitschrift für osteuropäische Geschichte) Nr. 24 (Alois Senefelder. Sein Leben und Wirken. Ein Beitrag zur Geschichte der Lithographie von Carl Wagner) Nr. 25 (Sinn- und Gelegenheitsgedichte von Siul Eshcas) Nr. 26 (Gebetbuch von Amrosius Sachse) Nr. 27 (Stammbuch von Sachse) Nr. 28 (Poesie-Album) Nr. 29 (Zeichnungen/Entwürfe/Skizzen) Nr. 30 (Dr. Ignacy Zielewicz, Nowe Przyczynski, 1908) Nr. 31 (Alfred Sachse: Ein Pionier der Berliner Kunst. Das Lebensbild des Kunsthändlers Louis Friedrich Sachse (1798–1877), (Berlin) 1943, unveröffentlichtes Maschinenskript)

Berlin, Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek (StaBi) Sammlung Darmstaedter Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste (PrADK) PrAdK: - Nr. 83 (Senatssitzungsprotokolle, 1835) - Nr. 213 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1836)

712  |  Anhang - - - - -

Nr. 214 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1838) Nr. 215 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1839) Nr. 217 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1842) Nr. 219 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1846) Nr. 311 (Acta betreffend die Kunstausstellung von 1870)

Berlin, Zentralarchiv Staatliche Museen Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SMB-ZA) SMB-ZA: - NL Wagener (Briefkonzepte, Bd. 1 (1834–1837); Briefkonzepte, Bd. 2 (1838–1841)) - Künstlerbriefe Berlin, Zentral und Landesbibliothek NL Dorow, EH 1920 VdfGB bis 1923 VdfGB NL Glaßbrenner, B 405-408 NL Spiker, EH 1382 VdfGB bis 1404 VdfGB Kiel, Schleswig-holsteinische Landesbibliothek Handschriftensammlung, Autograph Cb 60.56:440 Paris, Archives de Paris - D 32 U3 5-42 (Constitutions de sociétés, solutions, autorisations de faire commerce, cautions, état de situation des sociétés anonymes, déclarations de vente, de merchandise) - D 39 U3 22 (Acte de société s.s.p. (Adolphe Goupil) avec Théodore Vibert, éditeur des gravures, 7, rue de Lancy, en date de 8 janvier 1842, enregistré de 12 janvier 1842) - 8AZ710 (Goupil et Cie.) - 15 gr–1828 GAZ 290 (Giroux, Alphonse) Paris, Centre historique de archives nationales (CHAN) - F12/988 (Exposition des produits de l´industrie francaise 1827: rapport du jury central, 1828) - F18/11 c (imprimeurs et libraires, dossier Senefelder et Cie.) - F18/22 (Etat des libraires existent en 1828 dans le 12 arrondissement de Paris) - F18/1736 (imprimeurs et libraires, dossier Bauboeuf ) - F18/1756 (imprimeurs et libraires, dossier Delpech) - F18/1761 (imprimeurs et libraires, dossier Engelmann) - F18/1769 (imprimeurs et libraires, dossier Gihaut) - F18/1771 (imprimeurs et libraires, dossier Goupil) - F18/1779 (imprimeurs et libraires, dossier Humbert) - F18/1780 (imprimeurs et libraires, dossier Jannin/Jazet) - F18/1781 (imprimeurs et libraires, dossier Jeannin) - F18/1792 (imprimeurs et libraires, dossier Lemercier)

Archivalienverzeichnis  | 713

- - - - -

F18/1802 (imprimeurs et libraires, dossier Mercier) F18/1818 (imprimeurs et libraires, dossier Renouard) F21/3987 (Exportation ou importation des oeuvres d´art) F21/4691 (Liste et états de commandes et achats aux artistes (1815–1858)) F 71 4719 (Commerce des oeuvres d´art)

Paris, Institut national d’histoire de l’art (INHA) Les Ventes de Tableaux, Dessins et Objets d´Art et Expositions particulières au XIXième siècle, 1ière partie (1801–1850). Essais de Bibliographie par L. et R. Soullié, (s.d.). Handgeschriebener Katalog.

714  |  Anhang

Literaturverzeichnis ACHENBACH, Sigrid: „Franz Krüger als Zeichner und Graphiker“, in: Ausst.-Kat. Krüger 2007, S. 65–76. ACHENBACH, Sigrid: „Die Rolle Max Liebermanns und Max Slevogts in den Verlagen von Bruno und Paul Cassirer“, in: Ausst.-Kat. Cassirer 2006, S. 59–75. ACHENBACH, Sigrid: „Der Zeichner und Graphiker“, in: Ausst.-Kat. Blechen 1990, S. 44–52. ACHENBACH, Sigrid: „Die Graphik Adolph Menzels“, in: Best.-Kat. Menzel, Zeichnungen und Druckgraphik 1984, S. 35–40. ACTA BORUSSIA: Die Protokolle des preußischen Staatsministeriums 1817–1934/38, hg. von Jürgen Kocka und Wolfgang Neugebauer, Neue Folge, 1. Reihe, Bd. 1–4, Hildesheim/Zürich/New York 2000–2004. ADHÉMAR, Jean: Les lithographies de paysages en France à l’époque romantique. Archives de l’art français, Paris 1935–1937. ADHÉMAR, Jean: La France romantique. Les lithographies de paysage au XIXe siècle, Paris 1937/1997. ADHÉMAR, Jean: „Les imprimeurs lithographes aux XIXe siècle“, in: Les nouvelles de l’estampes, Nr. 24, Nov./Dez. 1975, S. 8f. ADRESSBUCH DES DEUTSCHEN BUCHHANDELS: Allgemeines Adressbuch für den deutschen Buchhandel, den Antiquar-, Colportage-, Kunst-, Landkarten- und Musikalien-Handel sowie verwandte Geschäftszweige, hg. von Otto August Schulz, Leipzig 1839– 1888. AHRENS, Anna: „,Niemand in der Pariser Welt, als der Erfinder, weiß mehr als wir davon‘ – Alexander von Humboldt und die Geburtsstunde der Fotografie“, in: „Mein zweites Vaterland“ – Alexander von Humboldt und Frankreich, hg. von David Blankenstein, Ulrike Leitner, Ulrich Päßler und Bénédicte Savoy, Berlin 2015, S. 261–277. AHRENS, Anna: „Ein ,Präludium über Malerei‘. Frühe Begegnungen Max Liebermanns mit französischer Malkunst in Berlin und Weimar“, in: Max Liebermann und Frankreich, Ausst.-Kat. Berlin, Liebermann-Villa am Wannsee, hg. von Martin Faass, Petersberg 2013, S. 10–21. AHRENS, Anna: „Vom ,Kunstsinn für die Jetztzeit‘. Ein Blick auf den Kunstmarkt in Preußen während der 1830 und 1840er Jahre“, in: Verwiebe und Wesenberg 2013, S. 45–60. AICHELBURG, Wladimir: Das Wiener Künstlerhaus (1861–1001), Wien 2003. ALEMANN, Heine von: „Kunstvereine als gesellschaftliches Ereignis. Einige Überlegungen zum Prozeß der Ausdifferenzierung von sozialen Institutionen der Kunstvermittlung“, in: Gerlach 1994, S. 38–41. ALLEMAND-COSNEAU, Claude: „L’Hémicycle de l’École des Beaux-Arts de Paris, ou l’histoire figurée de l’art“, in: Ausst.-Kat. Delaroche 1999, S. 105–129. ALLGEMEINE DEUTSCHE BIOGRAPHIE (ADB), hg. von der historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften unter der Redaktion von Rochus von Liliencron, 56 Bde., Leipzig 1875–1912.

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722  |  Anhang BERLINER VERSTEIGERUNGSKATALOGE: SIEBTE GROSSE BERLINER VERSTEIGERUNG geleitet durch die Hofkunsthandlung L. Sachse & Co in Berlin. 33 moderne Original-Oelgemälde ersten Ranges, Berlin 1870. BERLINER VERSTEIGERUNGSKATALOGE: ACHTE, NEUNTE UND ZEHNTE GROSSE BERLINER VERSTEIGERUNG geleitet durch die Hofkunsthandlung von L. Sachse & Co in Berlin. 8te Auction: 41 moderne Aquarellen, 31 Federzeichnungen von Herm. Kauffmann in Hamburg und 11 Originalzeichnungen des Prof. Ad. Menzel, 9te Auction: Privatsammlung von 65 Handzeichnungen alter Meister, 10te Auction: Kupferstich-Sammlung des Commercien-Rath Herrn S. und Anhang Ad. Menzel-Sammlung, Berlin 1871. BERLINER VERSTEIGERUNGSKATALOGE: ELFTE GROSSE BERLINER VERSTEIGERUNG geleitet durch die Hofkunsthandlung von L. Sachse & Co. in Berlin. 23 Original-Oelgemälde ersten Ranges und 15 Aquarellen und Handzeichnungen nebst einer Original-Mamorstatuette, Berlin 1871. BERLINISCHE NACHRICHTEN von staats- und gelehrten Sachen (Haude und Spenersche Zeitung), Berlin 1740–1874. BERNAU, Nikolaus: „Von der Kunstkammer zum Museumsarchipel. Die Berliner Museumslandschaft 1830–1994“, in: Joachimides 1995, S. 15–36. BERNDT, Iris: Märkische Ansichten. Die Provinz Brandenburg im Bild der Druckgraphik (1550–1850), Leipzig 2007. BERTHOUD, Dorette: Léopold Robert. Ein Künstlerleben der Romantik, Zürich 1944. BERTZ, Inka: „̦Und das Buch, das du geschrieben hast, ist ein wirkliches Verdienstʻ. Hermann Strucks Erfolgsbuch ̦Die Kunst des Radierensʻ und sein Einfluss auf die Künstler im Paul Cassirer Verlag“, in: Ausst.-Kat. Cassirer 2006, S. 123–138. BERUNGIER, R. (Hg.): Die Stammbäume der Mitglieder der französischen Colonie in Berlin, Berlin 1887. BEST.-KAT. ASHMOLEAN: The Ashmolean Museum. Complete Illustrated Catalogue of Paintings, hg. von Colin Harrison, Catherine Cashley, Jon Whiteley und Catherine Whistler, Oxford 2004. BEST.-KAT. MENZEL ZEICHUNGEN UND DRUCKGRAPHIK: Adolph Menzel. Zeichnungen, Druckgraphik und illustrierte Bücher. Bestandskatalog der Nationalgalerie, des Kupferstichkabinetts und der Kunstbibliothek, SMPK Berlin 1984. BIARD, François: Deux années au Brésil. Ouvrage illustré de 180 vignettes dessinées par E. Rioux, Paris 1862. BIBLIOGRAPHIE DE LA FRANCE ou journal général de l’imprimérie, Paris 1814–1971. BIOGRAPHISCHES KÜNSTLERLEXIKON: Biographisches Künstler-Lexikon, hg. von Hermann Alexander Müller, Leipzig 1882. BIBLIOPHILE FRANÇAIS: Le bibliophile Français. Gazette illustrée des amateurs de livres, d’estampes et de haute curiosité, 7 Bde., Paris 1868–1873. BIEDERMANN, Birgit: „Funktion und Wandel der Kunstvereinsgraphik im 19. Jahrhundert am Beispiel des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf“, in: Vom re-

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Literaturverzeichnis  | 753

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754  |  Anhang

Namensregister Abels, Johannes Theodor 319, 255 Aceto, Graf von 59 Achenbach, Andreas 320, 398, 428, 450, 472, 531–533, 537, 547, 587, 697 Achenbach, Oswald 398, 423,428, 450 531, 532, 537, 547, 587, 697 Ackermann, Rudolph 17, 44, 355, 356, 357, 419, 519, 529, 534, 535, 549, 550, 582 Adalbert, Prinz von Preußen 170, 171 Adam, Adolphe 150, 527 Adam, Albrecht / Benno / Franz / Julius 138, 527, 528, 545 Adam, Johann 535 Ahlborn, August Wilhelm Julius 165, 286, Abb. 91 Ainmiller, Maximilian Emanuel 457 Albrecht, Prinz von Preußen 517 Alexander, Prinz von Preußen 463 Alt, Jacob 80, 101, 398 Alt, Jacob oder Rudolf (?) 398 Amsler und Ruthardt 124, 477, 478 Anastasi, Auguste Paul 461 André, Frédéric 35, 63 André, Jules 299, 301 Andrieux, Clément-Auguste 413, 415 Anhalt-Dessau, Friederike Herzogin von 223, 229 Anker, L. F. 393, 394 Arago, François 224, 229, 230, 234, 258 Aretin, Joseph Christoph von 34, 35, 102, 104 Arnim, Bettina von 381, 383–385 Arnold, Carl Heinrich 22 Arnold, Ernst Sigismund 430, 522, 535–537, 586, Abb. 198, 199 Arnz & Co 129, 359, 439, 518, 531, 537, 542, Abb. 55 Artaria (Kunsthandlung Wien) 283, 357, 417, 520, 521, 530, 537, 538, 550, 551, 579–582, 591, Abb. 197

Artaria (Kunsthandlung Mannheim) 525, 538–542 Arthaber, Rudolph von 358, 521 Asse, Louis August 324 Astaschef, ? Frau von 148 Aubert (Verlag) 38, 197, 277, 515, 524, 586, Abb. 23 August, Prinz von Preußen 248 Augustin, Christian Friedrich Bernhard 144, 544 Auville, ? Duchesse d´ 59 Backhuysen, Ludolph 349, 353, 518 Baer, ? von 359, 528 Balan, Eugène 286, 287, 291, 297, 309, 318, 327, 328, 330, 378, 380, 516, 518 Bardeleben, Moritz Albert von 137, 140 Bardua, Caroline und Wilhelmine 438 Barez, ? 394 Bärmann, ? 357, 358, 520, 521, 537, 542, 579–582, 591 Barnick, Arthur 478 Bartels, Ernst Daniel August 143, 152 Barye, Antoine-Louis 343, 590 Bassano, Jacopo 94 Baudelaire, Charles 404, 420, 553, 578 Bauer, Bruno 269 Bauer, Edgar 269, 270 Bäumer, Heinrich 477, 478 Baumstark, Eduard 141 Bayer, August von 457, 697 Beauboef, René 422, 530, 712 Beaume, Joseph 281, 290, 291, 297, 299, 309, 319, 380, 413, 591 Beck, ? 152 Becker, August 330, 457, 594, 697 Becker, Carl 373, 594, 697 Becker, Jacob 330, 457, 594, 457, 517, 518, 697 Becker, Johann August 157, 158, 457, 697

Namensregister  | 755

Beckmann, Carl 126, 138 Beckmann, Ludwig 286 Beer, Wilhelm 141, Abb. 62 Beer, ? 268 Begas, Carl 141, 150–152, 154, 322, 391, 398, 445, 447, 457, 476, 534, 697, Abb. 63, 76, 78, 239 Beguelin, Amelie von 437 Bellangé, Hippolyte 29–31, 330, 331, 391, 394, 414, 420, 445, 447, 457, 517, 532, 544, 563, 567, 586, 589, 697, Abb. 11, 236 Bendemann, Anton Heinrich 135, 278, 332, 333, 388, Abb. 57 Bendemann, Eduard 298, 322, 326, 390, 447, 457, 532, 697, Abb. 57 Bennewitz, ? von 461 Béranger, Emile 413, 442, 448, 557, 698 Berend, Johann Theodor August 142 Berends, Julius 269 Berendt, Moritz 330 Berg, ? von 247, 267–269, Abb. 164 Berger, Karl Ludwig Heinrich 154 Bergeret, Pierre 41 Bergh, Christian Karl Maximilian Maria August Freiherr von 372 Bergmann, Ignaz 161 Bernard, ? 332, 543 Bernardi/Bernardy, ? 340, 532, 543, 544, 555, 559, 568, 582 Berndt, Georg 73, 79, 161, 171, 174, 176, 221, 277, 710, Abb. 105, 173 Bernstorff, Christian Günther Graf von 117, 140 Berra, Marco 358, 521, 542, 572 Berres, Joseph 263, 264, 265 Bertin, Jean Victor oder François Edouard (?) 299, 301, 330, 516 Berville, Jules 336, 340, 341, 414, 422, 429, 433, 532, 543, 553, 567, 568, 583, 585 Bethmann-Hollweg, Moritz August von 51, 381, 383, 384

Beuth, Christian Peter Wilhelm 84, 238, 239, 240 Biard, François-Auguste 291, 299, 308, 309, 319, 328, 329, 331, 361, 371, 389, 393– 395, 398, 445, 448, 451, 454, 517, 525, 561, 563, 567, 586, 698, Abb. 180, 182 Biéfve, Edouard de 350, 351, 389, 445, 447, 457, 531, 574, 698 Binant, Adolphe 197, 336, 337, 340, 341, 414, 417, 422, 433, 434, 525, 526, 530, 532, 541, 543, 544, 555, 557, 559, 563, 564, 567, 568, 582, 585, 589 Bingham, Robert 423 Biot, Jean-Baptiste 224, 230 Birch-Pfeiffer, Charlotte 149 Bismarck, Otto von 140, 269 Bismeyer, Gustav 406, 440, Abb. 248 Blanc, Charles 578 Blanc, Louis Amy 129, 66 Blanche, Jacques-Emile 584 Blanck, Wilhelm 143 Blanqui, Adolphe Jérôme 38, 43, 74–76, 220 Bläser, Gustav 272 Blechen, Carl 28, 177, 210, 286–288, 296, 320, 321, 330, 363, 373–386, 391, 394, 398, 399, 445, 454, 458, 516, 517, 698, 700, 711, Abb. 215–231 Blechen, Henriette 384, 385 Blesson, Nicolas Thomas 148, Abb. 69 Block, Eugenius Frans de 698 Blücher, Gebhard Leberecht von 13, 139, 293 Blyk, Franz Jacobus van den 330 Bock, ? 81 Bock, Louis 478 Böcklin, Arnold 391, 455–457, 508, 512, 534, 698, Abb. 241 Bodenmüller, Friedrich 473 Bodom, Erich 698 Boilly, Louis Leopold 59, Abb. 36 Boisserée, Melchior und Sulpiz 39, 104, 541 Boissieu, Jean-Jacques de 213, 214, 540

756  |  Anhang Bolgiano, Hilario 358, 528, 529, 545 Bolívar, Simón 82 Bonheur, Rosa 393, 419, 457, 561, 562, 566, 698 Bonington, Richard Parkes 330, 331, 335, 355, 551, 556, 566, 574 Bonplan, Aimé 47, 53 Boguet, Nicolas Didier 309 Born, Hermann 269 Bornemann, Adolf 132 Börsch, ? 51 Borsig, August 148 Bossuet, François 389, 394, 457, 698 Bote & Bock (Musikverlag) 437 Boucher, Auguste Gaspard Louis Boucher-Desnoyers le (?) 65 Bouguereau, William Adolphe 569 Boulanger, Clement 298–300, 423 Bouquet, ? 319 Bourgeois, Constant 35 Bouterweck, Friedrich August 394, 519, 527 Bouton, Charles Marie 281 Boydell, John 353 Bracassat, Jacques Raymond 423 Braeckelaer, Ferdinand de 394, 698 Brandenburg, Friedrich Wilhelm Graf von 136, 140 Brégeaut, L. R. 36, 38 Brendel, Otto 395 Breton, Jules (?) 394 Brisset, Pierre Denis 72 Broglie, Joseph 274, 276 Brose, Christian Wilhelm 382 Brüstlein, ? 395 Bruycker, François-Antoine de 394 Buch, Leopold von 141, 151, Abb. 63 Bucher, Lothar 269 Büchsel, Carl Adalbert Ludwig 143 Buddeus, Julius 406, 407, 547, 548, 587, Abb. 249 Buffa, François 477, 478 Bukowiecki, Marcellus (?) 116

Bulla, Frères 197, 432, 548, Abb. 110 Bülow, Heinrich von 52–54, 84 Bürkel, Heinrich 245, 320 Burnier, Richard 698 Büsching, Johann Stephan Gottfried 141 Cabanel, Alexandre 423, 557, 569 Calamatta, Luigi 187, 569 Calame, Alexandre 299, 301, 309, 319, 329, 331, 343, 421, 445, 446, 457, 463, 530, 556, 589, 698 Camphausen, Otto von 140, 532, 699 Canella, Joseph 319 Canon, Jean-Louis oder Hans (?) 297, 309, 516, 575, 699 Canova, Antonio 10, 93, 94, 358, 520 Carlowitz, ? von 51, 52, 57, 60 Cassirer, Bruno 511 Cassirer, Paul 11, 16, 510–513, 558, Abb. 287 Castan, Gustave 699 Castellan, Anais 37, 149, 330 Catel, Franz Ludwig 150, 391, 398, Abb. 237 Cattermole, George 319, 330, 331 Cauer, Jacob Ludwig 147 Cermak, Franz 423 Ceva, Alexander Pierre Philips Cornelis Robert de 353, 518, 549 Champollion, Jean-François 47, 48 Chaptal, Jean-Antoine (?) 65 Chardin, Jean-Siméon 394 Charlet, Nicolas-Toussaint 31, 35, 39, 40, 42, 281, 287, 330, 331, 343, 361, 378, 391, 420, 516, 543, 555, 556, 559, 563, 575, 589, 591, Abb. 12, 15, 16, 19, 20, 26 Charpentier, Auguste oder Louis Eugène (?) 332 Charpentier, Marie-Charles-Edouard 554 Chassériau, Théodore 416 Chateaubriand, François-René 587 Chauvin, August Adolf 394

Namensregister  | 757

Chavannes, Puvis de 495, 577, 578 Chavet, Victor Joseph 393 Chevalier, gen. Lebrun, Charlotte Francoise Louise 18 Chevalier, Charles Gisbert oder François Frédéric (?) 525, 544, 559, 567 Chevalier, Charles 226 Chevalier, Franz 123, 132, 216, 524, 525, 544 Cibot, Edouard 309, 319 Cicéri, Eugène 413, 421, 520, 549, 550, 556 Claudius, Friedrich Carl 148 Closen, ? von 359, 528 Cogniet, Léon 282, 557, 610 Cohn, Max 477 Coignet, Jules Louis 23, 281, 287, 291, 297, 299–301, 309, 319, 328, 330, 331, 363, 376, 387, 391–393, 395, 398, 420, 422, 517, 532, 555, 557, 563, 567, 572, 586, 589, Abb. 235 Collin, Alexandre 309, 318 Colnaghi, Dominic 17, 355, 419, 436, 519, 551, 552, 582 Colnaghi, Paul 529, 534, 549, 550, 551 Comte, Pierre-Charles 423 Concourt, Brüder 404 Conräder, Georg 455, 456 Constable, John 354, 355, 361, 551, 555, 556, 566, Abb. 202, 203 Constant, Benjamin 86 Constant (Verlag) 38, 69 Coomans, Pierre Olivier Joseph 699 Corbière, ? 55 Cornelius, Peter von 96, 448, 507, 527, 536, 699 Corot, Camille 343, 420, 421, 454, 458, 543, 546, 556, 558, 578, 584 Cosmar, Alexander 454 Cotta, Johann Friedrich 36, 104, 105, 348, 528, 552, 573, 578 Couard, Christian Ludwig 144 Coudray, Clemens Wenzeslaus 133

Courbet, Gustave 10, 343, 421, 556–558, 569, 577, 584 Couteaux, Gustave 351, 531, 552, 562, 575 Couture, Thomas 282, 393, 422, 460, 462, 495, 553, 554, 557, Abb. 270 Couturier, Philibert-Léon 413, 554, 585 Crelinger, Auguste 149, 152 Cretius, Constantin 180, 398, 699 Curtius, Carl Georg 147 Curzon, Alfred de 423, 454 Cuvier, Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert de 142 Czermak, Jaroslav 423, 447, 457, 699 Daege, Eduard 286 Daguerre, Jacques-Louis 20, 21, 127, 197, 223–240, 242–244, 246–249, 255, 258, 260, 261, 265, 267, 268, 270, 335, 519, 553, 566, Abb. 150, 151, 153, 165 Dahl, Carl 132 Dahl, Johan Christian Clausen 373, 398 Dähling, Anton 153, 312, 510 Dänemark, Prinzessin Alexandra von 704 Danckelmann, Heinrich Wilhelm August von 140 Dannecker, Johann Heinrich 89 Danhauser, Joseph 520, 521 Daubigny, Charles 215, 343, 356, 420, 543, 553, 554, 556, 559, 578 Dauzat, Adrian 290, 291 David, Jacques Louis 61, 90, 193, 226, 279, 282, 290, 322, 335, 350, 351, 472, 564 Dazario, ? 417, 422, 543, 553, 567 Debacq, Alexandre 331 Debon, Henri 298, 299 Decaisne, Henri 299 Decamps, Alexandre 214, 215, 280, 281, 287, 290, 291, 297, 309, 318, 326, 330, 331, 335, 343, 361, 380, 391, 420, 445, 457, 543, 556, 590 Decker, ? 394 Dedreux/de Dreux, Alfred 298, 299, 520

758  |  Anhang Deffregger, Franz 472 Deforge, Armand-Auguste 336, 342, 413, 553, 554, 567 Degen, Heinrich 236, 237, 247, 255 Delaborde, Henri 279, 423 Delacroix, Auguste 279, 281, 326, 331, 413, 445, 515, 585, 699 Delacroix, Eugène 279, 326, 335, 343, 411, 416, 419, 421, 422, 551, 555–557, 574, 577, 583, 584, Abb. 256 Delaroche, Paul 27, 151, 186, 187, 279, 282, 287, 306, 322, 323, 330, 331, 337–339, 342, 378, 391–393, 399, 411, 412, 417, 421–425, 445, 446, 453, 457, 459, 460, 494, 495, 515, 517, 518, 525–527, 530, 541, 555, 557, 561, 563, 567, 569, 586, 587, 699, Abb. 74, 175, 234, 245, 251–254 Delécluze, Étienne 280 Delessert, Jules Paul Benjamin de 340, 426, 427, 525, 554, 567, 586 Delitzsch, Franz Julius 144 Delpech, Séraphin 36, 38, 41, 65, 616, 712, Abb. 22 Demarne, Michel (?) 35 Denicke, Clara 457 Denon, Vivant 35 Desnoyers, Louis 37 Desportes, Jules 72, 75 Dessoir, Ludwig 149 Devéria, Eugène 279, 280, 281, 290, 291, 331, 419, 445, 448, 515, 556, 590, 700 Devrient, Emil 516, 522 Devrient, Ludwig 149, 150, 154 Devrient, Wilhelm 114, Abb. 49 Diaz de la Pena, Narcisse 215, 326, 342, 343, 393, 414, 420, 454, 458, 543, 546, 552, 553, 554, 556–558, 578, 700 Dieffenbach, Anton 457, 477, 700 Dieffenbach, Johann Friedrich 143 Dieffenbach, Leonhard 472 Dielmann, Jakob Fürchtegott 330

Diesterweg, Friedrich Adolph Wilhelm 147 Dinter, Gustav Friedrich 143 Dohna, Angelika Gräfin zu 164, 165, Abb. 91 Donatello 93 Donck / Donk, van der 351, 531, 555 Donndorf, Bernhard 54, 55, 69, 70, 121, 122, 128, 132, 134, 189, Abb. 54 Donné, ? Mme 258, 259, 261 Dörffel, Carl Theodor 232–234, 245–247, 268 Dorow 369, 712 Dorst, Leonhard 151 Doss, Ludwig Adam von 157 Drake, Johann Friedrich 238, 239, 256, Abb. 152 Dubois, François oder Etienne Jean Franklin (?) 299, 300, 330, 394 Dubufe, Edouard Louis 423, 457, 462, 700 Dumas, Jean-Baptiste 224, 578 Duncker, Alexander 477 Dunin, Martin von 144 Dupré, Jules 215, 299, 301, 343, 393, 420, 496, 525, 527, 546, 556–558, 561, 577, 583, 590 Dupressoir, François Joseph 291 Durand-Ruel, Jean-Marie-Fortuné 16, 334, 336, 338–340, 342–344, 356, 413, 417, 420– 423, 429, 439, 490, 524– 527, 530–532, 541, 543, 544, 555–557, 559, 563, 567, 568, 574–576, 582, 583, 585, 589, 591, Abb. 183–185 Durand-Ruel, Paul 336, 337, 414, 490, 546, 549, 555, 557, 558, 574, Abb. 186, 187 Dürer, Albrecht 34, 104, 135, 202, 203, 478, 519, 575 Duval Lecamus, Pierre 287, 290, 321, 341, 344, 378, 394, 419, 458, 516, 524, 541, 544, 589 Duveau, Louis 413 Ebel, Johann Gottfried 87, 88

Namensregister  | 759

Eberling (Bankhaus) 437 Eberty, Felix 262 Ebner, Ferdinand 432, 544 Eck, Ernst Wilhelm Eduard 140 Eckermann, ? 130 Eeckhout, Jacob Josef 353, 518 Eggers, Carl 212 Eggers, Friedrich 26, 198, 212, 505 Eichendorff, Joseph von 368 Eichens, Eduard 286, Abb. 277 Eichens, Philipp Hermann 153, 177, 178, 210, 216, 269, 286, 377, 428, 446, 516– 519, 524, 530, 532, 533, 541, 543, 559, 563, 567, 586, Abb. 100, 109, 262 Eichhorn, Albert 398 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich von 140, Abb. 61 Eichler, Gustav (?) 118 Eichthal, ? von 113, 359, 528, 570 Elsasser, Julius 129 Elzholz, Ludwig 183 Ender, Eduard 457 Enfantin, Augustin 398 Engel, Johann Jacob 147 Engelmann, Godefroy 34, 36–39, 43, 44, 54, 55, 62, 64–67, 69–72, 74–76, 114, 121, 167, 189, 197, 216, 217, 219, 277, 287, 340, 515, 516, 524, 525, 559, 567, 575, 712 Engels, ? 526, 531, 533 Enhuber, Carl von 472 Enslen, Johann Carl 240, 241, 243–245, 247, 522 Erwald, Ernst 457 Esebeck, Ludwig Wilhelm von 136, 137, Abb. 58 Essex, Lord 65 Esterhazy (Sammlung) 358, 521 Ettingshausen, Andreas von 261, 262, 264, 265 Eulenburg, Herbert 710 Eybel, Adolph 320, 321, 330

Fallou, F. 372, 394 Fassmann, Auguste von 149 Fatout, Charles 197, 340, 422, 434, 531, 532, 544, 555, 559, 568, 582 Faure, Louis (?) 299 Fauvelet, Jean-Baptiste 412, 413 Favart, L. 340, 531, 560 Feckert, Gustav Heinrich Gottlob 152, 154, 155, 210, 431, 432, 461, Abb. 80 Fendi, Peter 358, 520 Ferdinand I., Kaiser von Österreich 139 Feuerbach, Anselm 450, 473, 492–495, 512, Abb. 279, 280 Fichte, Johann Gottlieb 348, 552 Firmin-Girard, François-Marie 495 Flatz, Gebhard 96, 97 Flechtheim, Alfred 16 Flers, Camille 414, 543, 554, 556 Flüggen, Gisbert 457, 459, 528, 529, 700 Fohr, Karl Philipp 457 Follen, Adolph Ludwig / Karl / Paul 91 Fontane, Theodor 282, 381–383, 399, 451 Förster, Friedrich 259 Förster, Ernst 486, 529, 536 Fouquet, Louis Vincent 361 Fourmois, Théodore 457 Fragonard, Alexandre-Évariste / Honoré 281, 290, 375 Franck, Philipp 67, 81, 82, 709 Franckenberg, Leopold von 140 Franke, August Wilhelm 152 Franquelin, Jean-Auguste 299, 309, 319, 361, 394, 414, 566, 590 Frari, Maria de 94 Frauenstädt, Christian Martin Julius 157– 159 Freese, ? 457 Friedländer, David 145, Abb. 66 Friedländer, Gottlieb 211, Abb. 145 Friedrich, Prinz von Preußen 463 Friedrich II., König von Preußen 10, 372, 453, Abb. 117, 213, 214, 263

760  |  Anhang Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 13, 14, 117, 154, 160, 183, 247, 248, 255, 324, 346, 360, 397 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 133, 134, 144, 161, 167, 178, 181, 183, 236, 275, 391, 396, 397, 399, 402, 464, 502, 503, Abb. 244, 285 Frisch, ? 333 Froriep, Robert 409 Führich, Joseph 392 Funk, Heinrich 320, 330 Gabain, ? 239 Gaertner, Eduard 172, 251, 272, 273, 298, 398, 520?, Abb. 30, 31, 51–53, 103, 156 Gaillot, Bernard 192–194, 127 Gall, ? 80 Gallait, Louis 350, 351, 386, 389, 391–393, 445, 446, 451, 454, 457, 519, 526, 700 Gambart, Joseph 17, 196, 197, 557, 560, 561, 562, 569, 582, Abb. 110, 112 Garneray, Hippolyte Jean Baptiste (?) 281, 309, 318, 330, 331, 380, 394, 395 Gärtner, Friedrich von 99 Gätcke, Herbert 320 Gaudy, Franz von 145 Gauermann, Friedrich 358, 445, 520, 521, 700 Gautier, Théophile 416, 423, 557, 577, 578 Gavarni, Paul 332, 421, 556, Abb. 23 Gedicke, Wilhelm 140 Génisson, Jules Victor 393, 394 Gérard, François 75, 99, 186, 278, 339 Géricault, Théodore 279, 330, 331, 335, 543, 556, 563, 574, Gericke, August 143 Gerlach, Carl Johann von 137 Gérôme, Jean-Léon 338, 423, 568, 569 Geruzet, ? 351, 531, 552, 562, 563, 575 Geselschap, Eduard 447, 457, 700 Giglio, Carlo 331 Gihaut, Frères 31, 39, 40–42, 195, 197, 277,

340, 417, 515–517, 526, 530, 531, 541, 544, 555, 563, 564, 567, 574, 585, 586, 712, Abb. 11–15, 17–21, 24 Gille, Christian Friedrich (?) 154 Gillray, James 354, 355, Abb. 195 Girard, Alexis François 515, 279 Girardet, Karl/Charles 329, 700 Giraud, Pierre François Eugène 197, 554 Girodet, Louis-Anne 61, 68, 379 Giroux & Cie. (Alphonse/Alphonse Gustave/ André) 197, 222, 225–228, 231, 239, 270, 277, 291, 334–337, 340, 341, 413, 414, 417, 422, 429, 515, 517, 519, 520, 530, 532, 544, 555, 557, 563–568, 574, 582, 586, 589, Abb. 153 Giroux, André 226, 227, 281, 287, 288, 297, 299, 309, 314, 329, 330, 331, 378, 380, 393, 394, 398, 401, 402, 563 Giroux, ? Mme 268 Giustiniani (Sammlung) 17, 501 Glassbrenner, Adolph 13, 146, 155, 156, 157, 712, Abb. 68 Glassbrenner, Adele 156 Gleyre, Charles 282, 423 Glöde, Friedrich 497 Gneisenau, August Neidhard von 139 Goddé, Jules 423 Godeffroy, ? 329 Goethe, Johann Wolfgang von 11, 39, 45, 51, 85, 87, 99, 133, 134, 137, 138, 146– 148, 202–206, 238, 368, 456, 486, 533, 540, 552, Abb. 60, 152 Gogh, Vincent Willem van 430, 432, 509, 558, 567, 569 Gonne, Friedrich 398 Goupil, Adolphe 17, 26, 38, 115, 180, 186, 187, 194–197, 214–216, 218, 222, 286, 337–342, 371, 372, 411, 412, 417, 418, 421–423, 425–430, 432–435, 446, 450, 459, 460, 462, 464, 465, 476, 495, 517, 524–527, 530–532, 541, 543, 544, 553–555, 559, 560, 562, 563, 566–569,

Namensregister  | 761

582–584, 586, 587, 589, 712, Abb. 112, 128, 146, 147, 188–192, 262 Goupil, Léon 423, 569 Graeb, Carl 458, 700 Graff, Philipp 268, 269, Abb. 164 Grammel, ? 320 Granet, François Marius 281, 297, 303, 330, 331, 380, 392, 564 Greiner, Otto 207 Grenier, Claude-Jules oder François (?) 281, 290, 331, 394 Gropius, Carl Wilhelm 243, 247, 267, 532, 572, Abb. 51, 52, 54 Gropius, George 26, 126–128, 131, 138, 150, 179, 180, 189, 190, 201, 232, 234, 239, 247, 257, 267, 314, 332, 345, 362, 409, 519, 520, 532, 572, Abb. 51, 52, 54, 76, 113, 115 Gropius, Ferdinand 572 Gros, Antoine 31, 35, 85, 132, 133, 577 Grosjean, Joseph Anton 359, 528, 570, 571 Grund, Johann 457 Gsell, Jacob 471 Gude, Hans Fredrik 457, 532, 698, 700 Gudin, Louis 65 Gudin, Théodore 23, 65, 281, 287, 288, 297– 300, 303, 309, 318, 328–330, 351, 360, 361, 378, 379, 380, 387, 389, 392– 394, 396, 416, 419, 435, 445, 447, 457, 459, 517, 519, 525, 530–532, 563, 564, 567, 586, 701 Gué, Julien Michel 291, 301, 331, 556 Guérin, Pierre Narcisse 37 Guet, Charlemagne Oskar 299, 331, 361, 421 Guichardot, ? 214, 525 Guignet, Adrien 413, 585 Guillaume (Kunstdrucker) 161 Guillemin, Alexandre 41, 42, 701, Abb. 25 Gurlitt, Louis 605 Gustav Adolf, König von Schweden 139 Gutekunst, Gottlob Johann Georg Adam 154

Gutekunst, Otto 551 Gutzkow, Karl 146 Haanen, Remigius Adrianus van 393, 398 Haase & Söhne (Ludwig / Andreas) 358, 521, 542, 572, 573 Hagelstange, Alfred 509 Hagenow, Paul Gustav 141 Hagn, Charlotte von 149, 527 Hahn, Johann Jacob 148 Hahn, E. 156 Hähnel, Ernst Julius (?) 199 Hallervorden, ? 125 Hallfter, Wilhelm 253, Abb. 157 Hammel, Julius 457, 701 Hamman, Edouard Jean Conrad 457, 701 Hampe, Ernst Heinrich Wilhelm 312, 510 Hanau, ? 51 Hanfstaengl/Hanfstängl, Franz Seraph 152, 571 Hannover, Friederike von Hannover 139, 256 Hannstein, Hermann 331 Happel, Peter Heinrich 330, 457 Hardenberg, Carl August von 18, 19, 117, 118, 347 Harpe, ? 124, 125 Harrach, Ferdinand von 701 Hasenclever, Johann Peter 180, 447, 457, 531, 701 Hauber, Joseph 33, 113, 114, Abb. 49 Haupt, Emilie 149 Hauser, Eduard (?) 417, 422, 530, 532, 543, 544, 553, 563, 567 Hauterive, ? Comte d` 65 Haydn, Joseph 150, 538 Haye, ? de la 430 Hayez, Francesco 392 Hecker, Johann Christian Karl 142 Heeger, Ernst 398 Hegel, Georg Friedrich Wilhelm 146, 151, 154, 363, Abb. 67, 77

762  |  Anhang Heilbuth, Ferdinand 393 Heinse, Johann Jacob Wilhelm 92 Hellwig, Theodor 398 Helmlehner, M. G. 125, 129 Hengstenberg, Ernst Wilhelm 143 Henneberg, Rudolph 435 Henning, Adolph 398, 457, Abb. 233 Henrichs, Hermann 149 Henriet, Frédéric 412–415, 423, 543, 544, 554, 557, 566, 567, 585, 590, 591 Henriquel-Dupont, Louis Pierre 187, 338, 411, 412, 425, 569 Henry, Paul 144 Heppner, Rudolph 418, 433, 569 Herder, Johann Gottfried 456 Hering, Anton (Hering und Remington) 430, 529, 549, 319 Hermann, Otto 134, 161, Abb. 56, 86, 99 Hermann, Ludwig 320, 321 Hermann, Johann M. 358, 528, 552, 573, 579 Hermet, Henry l` 19, 218, 223, 323, 326, 327, 521 Hermet, Nanni lʼ 31, 32, 34, 36, 44–46, 48–52, 54–57, 59, 61, 62, 69–74, 77, 78, 80, 81, 83–86, 88, 92, 93, 95–101, 104, 107, 111, 112, 115, 116, 118–126, 128, 130–132, 134–138, 147, 278, 289, 365, 710 Hersent, Louis 282 Hertier, ? 37 Herzog, Hermann Ottomar 457 Hess, Peter von 96, 99, 528 Hess, Heinrich Maria von 85 Hessemer, Friedrich Maximilian 91 Hessemer, Bernhard 91 Heyne, Helma 149 Hildebrandt, Eduard 330, 373, 397, 398, 447, 457, 459, 527, 702 Hildebrandt, Theodor 176, 180, 196, 298, 326, 390, 476, Abb. 106 Hildebrandt, ? 18, 711

Hilgers, Carl 398, 531, 532 Hillefeld, ? 432 Hillig, Christian Gottfried 148 Hinckeldey, Carl Ludwig von 137 Hirst, J. 475 Hirt, Aloys 133, 500, 502 Hobbema, Meindert 702 Hoff, Jacob 445, 457, 702 Hoffmann, ? 116 Hoffmann, ? 521, 580, 581 Hoffmann, E.T.A 117, 150, 368 Hoffmann, Jan 542 Hoffmann, Joseph 473 Hoguet, Charles 398, 414, 420, 526, 532, 543, 556, 566, 572, 702 Höhn, Georg 320 Hollender, ? 351, 531, 574, 575 Hoorn, Johann Heinrich 162, Abb. 87 Hoppe, C. A. W. 330 Horn, Franz Christoph 146 Horn, Oskar 472, 473 Hosemann, Theodor 127, 129, 154, 180, 181, 269, 320, 398, 405, 537, 572, Abb. 116 Hossauer, Johann Georg 240, 241, 244 Hotho, Heinrich Gustav 385 Houbloup (Drucker) 72 Houwald, Ernst von 146 Hove, Victor François Guillaume van 319, 330, 332 Hubert, (Jean-Baptiste oder Victor?) 291, 331 Hübner, Carl Wilhelm 138, 298, 518, 532, 537, 547 Hübner, Julius 138, 298, 445, 702, Abb. 66 Hübner und Matz 478 Huet, Paul 214, 215, 279, 299, 301, 330, 331, 420, Abb. 147 Hüttner, ? 359, 528, 529 Hulin, ? Mme 197, 280, 340, 515, 516, 563, 574, 586 Hullmandel, Charles Joseph 44

Namensregister  | 763

Humbert 128, 135, 149, 217 Humbert, Rudolph 530 Humbert, Therese 149, 217 Humboldt, Alexander von 11, 19, 49, 52– 55, 57, 82, 100, 121, 133, 141, 142, 145, 151, 170, 223, 224, 229–231, 239, 257, 278, 328, 347, 397, 438, 460, 462–464, 486, 501, 707, Abb. 32, 77 Humboldt, Caroline von 19, 117 Humboldt, Wilhelm von 17, 19, 21, 45–50, 52, 56, 111, 116–119, 133, 135, 140, 141, 145, 152, 346, 347, 373, 395, 404, 500–502, Abb. 27, 28, 77 Hummel, Johann Erdmann 298 Humphrey, Hannah 355, Abb. 195 Hunt, William Morris 495 Hunt, William Holman 560 Illaire, Ernst Emil 402, 464 Ingres, Jean-Auguste-Dominique 85, 278, 282, 392, 416, 419, 422, 577, 578, 583 Isabey, Jean-Baptiste 35, 65 Isabey, Eugène 215, 279–281, 287, 289–291, 297, 299, 300, 309, 319, 326, 329–331, 351, 378, 380, 393, 413, 420, 421, 445, 447, 457, 516, 520, 531, 543, 544, 552, 556, 583, 589, 702 Ittenbach, Franz 702 Jabin, Georg 453, 457 Jacob, Nicolas-Henri 62, 520, 572, Abb. 39 Jacobs, Jacob 319, 330, 457 Jacobs, Ludwig 459, 460 Jacot, Jules 42, Abb. 25 Jacque/Jacques, Charles 215, 413, 420, 421, 552 Jahn, Friedrich Ludwig 147 Jalabert, Charles 421, 557, 569 Jaquand, Claude 331, 394 Jardin, E. (?) 423, 516 Jarislowsky, Adolph 437 Jazet, Jean-Pierre-Marie 307, 308, 338, 417,

525, 530, 560, 567, 569, Abb. 47 Jeannin (Kunsthandlung) 196, 197, 712, Abb. 110 Jenisch, Martin Johann 294, 295, 325, 519 Jentzen, Friedrich 152, 153, 154, 155, 174, 175, 208, 210, 328, Abb. 57, 61, 62, 73–75, 79, 105 Johannot, Tony 281, 319,421, 556, 590 Johannot, Alfred 186, 292, 421, 556 Jolly, Baron (Henri Jean Baptiste ?) 457 Jonas, D. 143 Joop, Theodor 478, 496 Jordan, Max 452 Jordan, Rudolf 518, 702 Jüngken, Johann Christian 142 Jürgensen, Alexander 472 Kaibel, Friedrich Wilhelm 478 Kalkreuth, Stanislaus Graf von 397, 531, 703 Kamptz, Karl Albert Christoph Heinrich Baron von 49, 53, 54, 118, 119, 123, 137, 152, Abb. 59 Kannegießer, Wilhelm Eduard 241 Karrig, H. L. 129 Karst, Alexander 154, 308, 329 Kaselowsky/Kaselowski, August Theodor 129, 395, 517, 519, 563, 567, 586 Kate, Herman Frederik Carel ten 393, 703 Kate, Marie ten 703 Kauffmann, Angelika 550 Kauffmann, Herrmann 475, 703 Kaulbach, Friedrich 447, 457, 703 Kaulbach, Wilhelm 447, 457, 477, 486, 487, 489, 502, 528, 529, 536, 545, 576, 703 Keller, Heinrich 88, 89 Keller, Joseph von 532, 547 Kellin, Nicolas Joseph 331 Keyser, Nicaise/Nicolas de 319, 332, 351, 389, 392, 699 Kiesling, Karl Ferdinand 398 Kinkel, Gottfried 142 Kiss, August 239

764  |  Anhang Klein, Johann Adam 535 Klein, Julius Leopold 361–364 Klenze, Leo von 439, 528 Klöber/Kloeber, August von 398, 703 Klöden, Karl Friedrich von 147 Klose, Friedrich Wilhelm 320, 321 Klotz, Simon 33 Knaus, Ludwig 399, 435, 450–452, 457, 460–462, 477, 531, 533, 537, 607, Abb. 242, 267, 268 Knecht, Joseph Edouard 61–75, 77–80, 84, 85, 100, 101, 103, 109, 111, 113, 120, 122, 123, 126, 170, 171, 193, 194, 197, 218, 222, 277, 341, 515, 518, 563, 574, 575, 586, 703, Abb. 43 Knoblauch, Carl 151 Knoedler, Michael 569, 423, Abb. 192 Kobell, Franz von 259 Koekkoek, Barend Cornelis 353, 394, 445, 447, 457, 463, 703 Köhler, Ludwig 32, 116, 117, 118, 523, 524 Kolbe, Familie 135 Kolbe, Friederike 148 Kolbe d. Ä., Carl Wilhelm 178, 398 Kolk, van der 351, 430, 531, 532, 563, 574, 575 Koller, Rudolph 457, 703 Konstantin Pawlowitsch, Großfürst und Zarewitsch von Russland 118 Koppe, Johann Gottlieb 148 Korn, Wilhelm 55, 215, 216, 259, 524, 525, 529, 567 Korn, Hermann 534 Köster-Schlegel, Luise 149, 270 Kramer, Hermann 328, 330 Kranichfeld, Wilhelm Rudolph 143 Kratochwila, Franz 263, 265 Kraus, Anton 406, 410, 439, 440, Abb. 248 Kraus, H. L. J. 478 Kraus, Robert 149 Krause, Wilhelm 151, 301, 320, 321, 330, 459, 522, 573, Abb. 72, 174

Kretschmer, Robert (?) 457, 704 Krieger, ? von 91–95 Krüger, Franz 13–15, 20, 127, 138, 152– 155, 178–183, 196, 286, 288, 298, 300, 328, 394, 398, 410, 412, 445, 458, 507, 517, 518, 526, 572, 704, 710, Abb. 1–5, 58, 61, 62, 65, 69, 71–76, 113, 115, 118, 119, 171, 244 Krüger, Carl 398 Krüger, Eugen 477 Kugler, Franz 17, 26, 166, 171, 173, 178, 190, 195, 206, 209, 211, 212, 214, 237, 267, 281, 286, 289, 299, 321, 370–373, 375, 376, 381, 395, 400, 401, 502, 572 Kuhr, Julius 26, 129, 232, 289, 314, 333, 360–362, 406, 409, 575, 709 Kuhtz, Carl Ludwig 372, 382, 394 Kunde, Theodor 142 Kunike, Adolph Friedrich 80, 101, 103, 104 Kunth, Karl Sigismund 53–55 Kuntze, Edouard Wilhelm 144 Kurnatowski, Telesfor von 116, 524 Kurts, Major 124, 126 Küstner, ? von 523 Kustner, Karl Theodor 150 Ladenberg, Adalbert von 140 Lami, Eugène 35 Landseer, Edwin 392, 445, 526, 704 Lanfant, François-Louis 413, 434, 569 Langhans, Carl Friedrich 151, 152 Langlumé, Joseph 38, 43, 68, 218 Lansac, François Emile de 414, 566 Larmessin, Nicolas de 194 Lasteyrie, Charles-Philibert de 31, 34–38, 55, 62, 64–66, 69, 74 Latina, ? 35 Lauchert, Richard 704 Lauer, Gustav Adolph 142 Lautaret, ? 144 Lauters, Paulus 332 Lavater, Johann Caspar 89

Namensregister  | 765

Lecomte, Hippolyte 279, 394, 515 Ledoux, Jeanne-Philiberte (?) 332 Lehman, Henri 704 Leixner, Otto von 456 Lemercier, Rose-Joseph 38, 41, 68, 72, 177, 194, 196, 197, 218, 219, 221, 222, 287, 340, 341, 517, 526, 532, 553, 559, 575, 576, 712, Abb. 25, 149 Lenbach, Franz von 453, 455, 456, 704, Abb. 269 Lepaulle, Guillaume 299, 309, 319, 332, 394 Lepke, Julius / Louis Edouard / Nathan Levi 576 Lepke, Rudolph 406, 407, 417, 431, 444, 458, 474, 499, 530, 555, 563, 576, 585, 587, 588, 563 Lepoittevin, Eugène 150, 200, 287, 297– 300, 303, 305, 309, 310, 319, 324, 328– 330, 341, 361, 378, 387, 391–394, 398, 419, 445, 448, 454, 516–520, 526, 527, 530, 563, 567, 586, 589, 704 Abb. 132 Lessing, Gotthold Ephraim 147 Lessing, Carl Friedrich 173, 174, 190, 208, 286, 322, 390, 445, 446, 457, 463, 476, 518, 531, 537, 547, 587, 704, 707, Abb. 105, 261, 262 Leu, August 704 Leutze, Emanuel 457, 704 Levin-Varnhagen, Rahel 437 Leys, Hendrik 319, 330, 454, 457, 463, 704 Lichtenberg, Georg Friedrich 354, 478 Lichtwark, Alfred 384, 513 Liebermann, Max 373, 461, 471, 508 Liechtenstein, Galerie 358, 520, 521 Liegnitz, Auguste Fürstin von 247, 387 Liepmann/Lipmann, Jacob 114, 709 Lind, Jenny 149, Abb. 70 Lindemann-Frommel, Karl 164, 178 Link, Heinrich Friedrich 141 Linke, Paul 486 Lloyd, Frères 430 Löbbecke, ? 333

Loeillot de Mars, C. F. G. 152, 181, Abb. 234, 284 Longhi, Guiseppe 90, 91 Longuet, Alexandre-Marie 413, 585 Lortzig, Gustav Albert 150 Lottum, Carl Friedrich Heinrich Graf von Wylich und Lottum 353, 518 Louise, Prinzessin von Belgien 517 Löwe, Sophia 149, 152 Lübke, Wilhelm 386, 438, 449, 453, 536 Lucanus, Friedrich Gottfried Hermann 228, 236–238, 240, 241, 245, 247, 253, 254, 480 Lüderitz (Kunsthandlung / Carl Gottfried) 26, 81, 82, 126, 128, 131, 201, 314, 360, 392, 406, 409, 576, Abb. 200 Lüderitz, Gustav 576 Luise, Königin von Preußen 255, 256, Abb. 158 Luminais, Evariste-Vital 413 Lunteschütz, Jules 157–159, Abb. 81 Lutze, Arthur 143 Mac Douglas, ? 91–95 Mackensen, Fritz 511 Madou, Jean Baptiste 331, 457 Magnus, Eduard 135, 142, 178, 217, 231, 271, 277–279, 282, 322, 324, 330, 364, 371, 382, 441, 442, 445, 458, 476, 515, 516, 524, 530, 531, 559, 563, 574, 577, 586, 589, 704, 710, Abb. 70, 107, 166 Magnus, Gustav 135, 142 Magnus, Friedrich Martin 382 Maguès, Isidor 329, 330 Magui, Pietro 472 Makart, Hans 470, 472, 478, 483, 490–492, 495, Abb. 272, 274, 278 Mallet 340, 417, 530, 544, 577, 589 Malzdorff, Carl August 148 Mandel, Eduard 176, 476– 478, Abb. 107, 108 Manet, Edouard 421, 495, 511, 558, 569, 577, 578

766  |  Anhang Mannlich, Johann Christian von 34, 104, 105 Manteuffel, Otto Theodor von 140 Mantius, Eduard 154 Maquet, ? 59, 342, 518, 519 Maria Theresia, Kaiserin von Österreich 357, 591 Marie von Sachsen–Weimar–Eisenach, verh. Prinzessin Carl von Preußen 463 Marilhat, Prosper 590, 343, 413, 416, 556, 558 Marquardt, ? 351 Martersteig, Friedrich 330 Martin, Anton 252, 260, 262, 265 Martinet, Louis 41, 421, 423, 557, 577, 578 Martins, Carl 245 Marx, Pauline 149 Massé, Auguste Antoine 290, 331 Mateling, Bernhard 152 Mathieu, Auguste 300 Mauch, ? 332 Mauersberger, Ludwig 116, 117 Mayet, Carl 54, 55 Mechetti, Pietro 358, 520, 521, 537, 542, 579–582, 591 Mechin, ? 55 Mecklenburg-Schwerin, Helene von 139 Meder, Carl 128, 215 Meier, ? 319 Meierbeer (Meyerbeer, Giacomo ?) 65 Meissner, Otto 477 Melanchthon, Philipp 144 Mendel, Berthold 496 Mendelssohn, Familie 154, 437, 438, 710 Mendelssohn, Moses 145 Menzel, Adolph 20, 22, 23, 27, 180–182, 194, 200–216, 270–272, 277, 286, 297, 298, 320, 321, 330, 354, 361, 364–369, 370–373, 383, 385, 391, 398, 399, 403, 445, 448, 449, 452–454, 459, 469, 475, 487, 500, 512, 577, 705, 710, Abb. 114, 117, 133–146, 148, 166, 170, 200, 205, 206, 209–214, 263–266

Menzel, Carl August 195, Abb. 128 Menzel, Carl Erdmann 200, 201 Meissonier, Ernest 393, 412, 419, 421, 422, 432, 458, 462, 557, 569, 704 Mercier, ? 123, 217, 519, 579, 713 Mercuri, Paul 187, 569 Metternich, Clemens Wenzel Lothar Fürst von 111, 261, 262 Meyer von Bremen, Johann Georg 178, 398, 457, 705 Meyer, Julius 289, 290 Meyerheim, Friedrich Eduard 165, 166, 167, 173, 177, 178, 190, 208–212, 286, 320, 330, 373, 391, 398, 445, 705, Abb. 93–98, 109, 240 Meyerheim, Wilhelm 165, 320, Abb. 92 Meyerhöfer, Fr. A. 528, 570 Meyr, Melchior 472 Michallon, Achille-Etna 35 Michalowsky, Piotr 281 Micheli, Gebr. 437 Midy, Adolphe 299 Miethke, Hugo Othmar 490, 491, 495 Millet, Jean-François 342, 421, 543, 544, 546, 552, 553, 556, 558, 577, 578, 583, 584 Minor, Frater 144 Minutoli, Julius von 137, 139, 385 Mitscher, A. 161, 299, 300, 302, 319 Mitscherlich, Eilhard 141, 242, 243 Mitscherlich, Carl Gustav 142 Mittag, Carl 398 Mitterer, Hermann Joseph 33, 104 Mittler, Ernst Siegfried 148 Molière, Gasparol 144 Moltke, Helmuth Karl Bernhard von 139 Mommsen, Theodor 142 Monet, Claude 511, 558, 584 Mongin, ? 36 Monginot, Charles 554 Monthelier, Jules-Louis-Frédéric / Alexandre-Jules 287, 378, 379, 516, 559, 575

Namensregister  | 767

Montigny, Louis 56, 61 Montmorillon, Albert 358, 528, 552, 573, 579, 580 Moor, ? van 705 Morel-Fatio, Antoine Alexandre 318 Morgenstern, Christian 458 Morgenstern, Lina 497 Morten-Müller, ? 533 Motte, Charles 38, 43, 65, Abb. 60 Motte-Fouqué, Heinrich de la 372 Mouilleron, Adolphe 432, 461 Moya, ? 318 Mozart, Wolfgang Amadeus 99, 538, 701 Mozin, Charles 216, 281, 291, 299, 300, 309, 318, 319, 329, 330, 341, 398, 517– 519, 524, 525, 530, 541, 554, 555, 559, 563, 566, 567, 586, 587, 589 Mücke, Heinrich Carl Anton 447, 457, 705 Müffling, Karl von 124, 125 Mühler, Heinrich Gottlob 140 Müller, Carl/Karl 452, 457, 705 Müller/Muller, Charles-Louis 339, 423, 554, 569, 705 Müller, ? 532 Müller, Friedrich Theodor 141 Müller, Eduard 129 Müller, ? 257 Müller, Georg 144 Müller, H.F. 333 Müller, Julius 457 Müller, jun. und sen. = Heinrich Friedrich und Carl 357, 358, 520, 528, 537, 542, 579, 580–582, 591 Müller, Th. 473, 474 Müller, Viktor 473 Müller von Königswinter, Wolfgang 176, 177 Munkacsy, Milhaly von 472 Musset, Alfred de 404, 546 Mützel, Heinrich 163, Abb. 88, 89, 100 Nagler, Karl Ferdinand Friedrich von 50, 141, 191, 192

Napoleon I. Bonaparte 10, 30, 37, 40, 41, 47, 48, 81, 89, 90, 95, 179, 182, 187, 257, 302, 331, 351, 352, 379, 390, 417, 501, 518, 532, 535, Abb. 111, 254 Napoleon III. 420, 566 Natorp, Christiane / Ludwig 148 Natterer, Joseph / Johann 263, 265 Naudet, Thomas-Charles 404 Naumann, ? 388 Neher, Karl Joseph Bernhard von 457 Neidhardt, Heinrich August 150 Némours, Louis Herzog von 139, 152 Nerenz, Wilhelm 330 Nerly, Friedrich 458 Neuendorff, J. C. W. 143 Neumann, Leopold Theodor 152, 197, 357, 358, 520, 521, 537, 542, 579, 580–582, 591 Neuville, ? 55, 569 Nicolai, Friedrich 387, 477 Nicutowsky, Artur ? 457 Niedlich, Johann Gottfried 153 Niemann, Johann Christian 330 Nièpce, Nicéphore 224, 226 Nikolaus I., Zar von Russland 13, 118, 99, 139 Nocken, Jul. 457 Noel, Alphonse Léon 197 Noel, Jules 413 Noel (Verlag) 38, 43, 69 Novalis, eigentl. Georg Philipp Friedrich von Hardenberg 348, 368 Novello, Carla 149 Novosilcov, Nikolaevic Graf 118 Nuyen, Wiegand Joseph 457 Oikonomos, Constantine 144 Oldermann, Friedrich 138, 152, Abb. 68, 69 Olfers, Ignaz von 435, 464 Oppenheim, Gebr. (Bankhaus) 295 Oranien s. Wilhelm Friedrich Carl, König der Niederlande

768  |  Anhang Orléans, Ferdinand Philippe Duc d’ 57, 139, 152, 420, 515, 551, 563, 566 Orchevillers, Heinrich d´ 391 Orsini, Elisa 473 Os, George Jacobus Johannes van 353 Otterloo, van 349, 353, 518 Otto, Christoph Friedrich 141 Ouvrier, Pierre Justin 318 Overbeck, Friedrich 390, 477, 536 Paalzow, Karl 129 Paetschke, ? 168–170 Paganini, Niccolò 151, Abb. 78 Palladio, Andrea 92–94 Palmié, J. M. 144 Parisius, Ludolf 146 Parthey, Gustav 388 Paterno, Anton 358, 520, 521, 537, 538, 542, 579–582, 591 Patti, Adelina 473 Paturle, Jacques 339, 426, 427, 517, 527, 563, 567 Paul, Jean 147 Pauli, Gustav 509, 510, 512 Perdisch, Adolph 330 Perrot, Ferdinand 299, 309, 319, 324, 329, 330, 396, 398 Persius, Ludwig 151 Petit, Francis 340, 351, 421–423, 429, 531, 532, 543, 544, 555, 557, 559, 564, 567, 568, 574, 577, 582, 583, 589 Petit, Georges 422, 583, 584, Abb. 257 Petitpierre, Edouard 239, 246, 247, 586 Pettenkoven, August von 705 Petzval, Joseph Max 261–263, 265 Pfau, Ludwig 225 Philip, John 705 Philippoteaux, Henri Félix Emanuel 414, 566 Picart/Picard, E. 336, 340, 413, 417, 422, 530, 532, 541, 555, 563, 575, 585 Piepenhagen, August 358, 521, 522, 585

Pietsch, Ludwig 101, 105–108, 114, 115, 177, 181, 200, 205, 370, 451, 452, 710 Piloty, Ferdinand 34, 36, 104, 105, 203, 559 Pinkert jun., ? 426, 427, 485 Pistor, Carl Philipp Heinrich 245, 247 Pistorius, Eduard 178, 284 Plattel, Henri Daniel 76, Abb. 46 Pleyel, Ignaz P. 66 Plüddemann, Hermann Freihold 398, 518 Plümicke, Karl Martin 150 Pollack, Ludwig 178, 476, 521, 522, 585, 586, Abb. 108 Polte, ? 424, 533, 534 Polty, ? 135 Ponte, Antonio de 94 Ponte, Franceso da 95 Pose, Carl Wilhelm 320 Pourtales-Gorgier, James Alexander de 300, 426–428, 527, Abb. 243 Preller, Friedrich 453, 705 Prètre, Jean-Gabriel 329, 330 Preyer, Johann Wilhelm 705 Prichard 330 Prinzeß Carl, s. Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach Prinzeß Louise, s. Louise, Prinzessin von Belgien Prudhomme, Hippolyte 186, 279, 515 Prume, François 150 Pückler-Muskau, Hermann Fürst zu 168 Pugin, Auguste Charles 356 Puhlmann, Friedrich Wilhelm Anton 333 Quaglio, Angelo 33 Quaglio, Domenico 97, 99, 161, 168, 199, 359, 396, 527–529, 545, 573, Abb. 84 Quaglio, Simon 96–100, 109, 112, 359, 527–529, 545, 573 Quast, Friedrich von 165, 299 Quast, Ferdinand von 381 Raczynski, Athanasius Graf 14, 239, 280,

Namensregister  | 769

282–284, 288, 294, 298, 300, 306, 353, 367, 372, 378, 381, 387, 388, 390–392, 399, 459, Abb. 233, 234 Radziwill, Fürst 117, 248 Raffael 82, 90, 383, 434, 435, 473, 477, 478, 536, 541, 570 Raffet, Auguste 31, 39, 42, 68, 543, 556, Abb. 13, 14, 17, 18, 24 Rahnke, Leopold von 162 Ranzoni, Emerich 492, 493 Raphael, s. Raffael Rauch, Christian Daniel 255, 256, 438, Abb. 76, 158–160 Rauschke, Christian Ernst 161, 162, Abb. 85, 86 Ravené, Peter Louis 372, 387, 388, 392, 393, 431, 432, 459–462, 703, Abb. 242 Rechberg und Rothenlöwen, Joseph Graf von 128 Redern, Friedrich Wilhelm Graf von 150, 388 Redouté, Pierre-Joseph 314, 316, 319 Reiche, Ludwig von 124 Reimer, Georg 133 Reinhold, Heinrich 398 Rembrandt van Rijn, Harmensz. 114, 213, 214, 518, 551, 577 Remelé, Philipp 369 Remy, August 84, 85, 138, 154 Reni, Guido 93, 540, 550 Rentzell, August von 398 Reuter, Wilhelm 33 Ribbeck, Wilhelm 237, 238, 252 Ricard, Louis-Gustave 422, 557 Richter, Gustav 373, 706 Richter, Ludwig 406, 535 Riedel, Adolph Friedrich 142 Riedel, August 706 Rietz, Kastellan 333 Rinck, Adolphe 309, 319 Rittner, Joseph-Henri 186, 187, 194–197, 215, 277, 286, 287, 337, 339–341, 446,

515, 517, 535, 563, 567, 568, 574, 586, 587, Abb. 128, 147 Robert, Aurèle 300 Robert, Leopold 186, 187, 300, 337, 339, 389, 391, 395, 398, 419, 426, 427, 587 Robert-Fleury, Joseph-Nicolas 331, 386, 393, 394, 419, 420, 422, 428, 429, 445, 447, 451, 454, 457, 460, 461, 532, 557, 578, 706 Rochow, Gustav Adolph Rochus von 140 Roehn, Alphonse 297, 299, 380 Roenne, ? von 116 Roissy, Félix 75, Abb. 43 Rolling, Wilhelm 129 Ronge, Johannes 144 Roqueplan, Camille 23, 280, 281, 287, 290, 292, 297–301, 309, 319, 324, 326, 329, 330, 332, 343, 364, 378, 380, 387, 391, 392, 394, 397, 398, 413, 414, 416, 420, 445, 448, 517, 518, 520, 556, 563, 566, 567, 586, 589–591, 706, Abb. 204 Rosa, Salvatore 416 Rose, Heinrich 141 Rose, Gustav 141 Rosenberg, Johann G. 250, 251, Abb. 155 Rosenfelder, Ludwig 457 Roser, Lina 149 Rosier, Künstler 495 Rössler, Julius 472 Rottmann, Carl 164, 392, 521, 528 Roux, Charles le 393 Roux, Louis 435, 461, Abb. 175 Rousseau, Théodore 215, 342, 343, 420, 421, 423, 454, 546, 549, 552, 553, 556– 558, 577, 578, 583, 584 Rowlandson, Thomas 356, 535, Abb. 196 Rühle von Lilienstern, Johann Jacob Otto August 46, 49, 62, 70, 77, 100, 124–126, 131 Rumohr, Karl Friedrich von 18, 133, 458 Rundt, Ludwig Carl 160, Abb. 82, 83 Runge, Philipp Otto 202, 387

770  |  Anhang Rustige, Heinrich von 320, 447, 457, 706 Ruths, Valentin 453, 706 Sablowsky, A. 496 Schadow, Johann Gottfried von 127– 129, 305, 312, 315, 321, 329, 369, 376, 396, 399, 404, 510, 572, 710, Abb. 71, 76, 246 Schadow, Wilhelm 150, 154, 200, 209, 256, 272, 326, 368, 390, 500, 518, 537 Schall, Johann Carl Conrad 266 Scharnhorst, Christian Carl Anton Friedrich von 139 Schasler, Max 26, 133, 284, 372, 386–395, 398, 399, 406, 408, 440–444, 446–455, 458, 462, 468, 505, 506, 576 Schätzel, Pauline von 149 Schauß, Ferdinand 427, 428 Schauss, Michael 568 Scheffer, Ary 187, 291, 299, 309, 319, 330, 332, 335, 337–339, 361, 391, 392, 419, 446, 457, 463, 519, 527, 557, 561, 569, 577, 590, 706 Scheffer, Henri 297, 380 Scheibel, Johann Gottfried 144 Schele, Minka von 148 Schele zu Schelenburg, Eduard August Friedrich Freiherr von 148 Schelfhout, Andreas 353, 391, 445, 518, 706 Schendel, Pieter van 457, 706 Schenk & Gerstäcker 26 Scheuren, Caspar 330, 440, 589, 706, Abb. 250 Schick, Rudolf 455 Schickler, Gebr. 113 Schiller, Friedrich 85, 88, 145, 146, 456, 533, 552, 697 Schinkel, Karl Friedrich 10, 84, 99, 127, 133, 151, 163, 166, 168, 194, 240, 345, 360, 373, 375, 376, 387, 391, 500–502, 572, Abb. 75, 76, 286 Schirmer, August Wilhelm 286, 398, 706 Schirmer, Johann Wilhelm 132, 168, 398,

445, 474, 476, 518, 706, Abb. 99, 100 Schischkin, Iwan Iwanowitsch 448, 706 Schlegel, Friedrich 147 Schleiermacher, Friedrich Daniel 143, Abb. 65, 77 Schleinitz, Alexander Graf von 140 Schlesinger, Adolf Martin 277 Schlesinger, Heinrich 52, 457, 463 , 525, 706 Schlesinger, Johann Jacob 277 Schlichtegroll, Friedrich von 62 Schlosser, Friedrich Christoph 142 Schmelka, Heinrich Ludwig 149 Schmeller, Johann Joseph 137 Schmidt, ? (kgl. Sanitätsarzt) 142 Schmidt, ? 398 Schmitson, Teutwart 457, 707 Schmückert, Heinrich Gottlob 141 Schneider, Carl 141, 148 Schneider, Friedrich 150 Schneider, Ludwig 149, 154 Schneider, Trutpert / Heinrich / Wilhelm 273–276, Abb. 9, 10, 169 Schnelle, Friedrich 239, 240, 244, 245 Schöll, Adolph 211, 286, 288, 289, 291– 293, 296, 297, 299, 363, 375, 500, Abb. 171 Schöll, ? 534 Schönholz, ? Fr. von 267 Schönlein, Johann Lukas 142 Scholz, Wilhelm 301, 405, 525, Abb. 174, 179, 247 Schopenhauer, Arthur 145, 157–159, Abb. 81 Schopin, Henri-Frédéric 172, 339 Schoppe, Julius 126, 149, 288, Abb. 77 Schorn, Carl/Karl 54, 85, 178, 320, 391, Abb. 238 Schorn, Ludwig 26, 32 Schorn, Wilhelm 372 Schoumann/Schumann, Albrecht 391 Schrader, Julius 398, 429, 449, 457, 459,

Namensregister  | 771

576, 707, Abb. 232 Schreyer, Adolph 457 Schrödter/Schroedter, Adolph 127, 178, 201, 547, 572, Abb. 249 Schroeder, E. H. 128, 360, 453, 477, 522 Schroetter, August 707 Schuckmann, Kaspar Friedrich Freiherr von 117, 118, 137 Schuh, Carl 264, 265 Schulgen, A. W. 477 Schulte, Eduard 407, 410, 439, 440, 461, 462, 531–533, 547, 576, 587–589, Abb. 250 Schultz von Schultzenstein, Carl Heinrich 141 Schulz, Carl Friedrich 181, 286, 320, 330 Schulz, Carl Heinrich 143 Schulz, Julius Carl 183, 286, 330, 398 Schumann, F. A. (Porzellanmanufaktur) 437 Schumann, Albert (?) 154 Schwarz, Friedrich Albert 436, Abb. 259, 275 Schwarz, Gustav 320, 330, 398 Schwerdgeburth, Carl August 205 Schwindt, Moritz von 448, 471, 534, 536, 707, Abb. 273 Sebbers, Ludwig 146, 150, 152, 154, 306, Abb. 67 Seefisch, Hermann Ludwig 398, 518 Segantini, Giovanni 511 Seidel, Karl Ludwig 146, 375, 518 Seidl, Andreas 33 Seignac, Paul 421, 557 Seitz, Gustav 477 Selb, Joseph 104, 105 Senefelder, Aloys 19, 33–36, 38, 43, 44, 49, 55, 61–71, 73–75, 77, 79, 80, 83, 97, 100–115, 120, 121, 123, 124, 131, 147, 152, 161, 170, 171, 191–194, 203, 574, 711, Abb. 40–42, 44, 48, 49, 127 Senefelder, Clemens 102 Senefelder, Heinrich 114, 115

Sharpe, Elisa 330 Siedler, Joseph 102, 103, 104 Siméon, Henri 65 Simrock’sche Musikalienhandlung 496 Slingeneyer, Ernest 457, 707 Smith, Adam 347 Sohn, Carl 154, 195, 447, 457, 707 Soleil, ? 216, 524, 559, 567 Solmar, Henriette 437 Souty, Smirnoff Simon 336, 340, 342, 413, 417, 524, 525, 530, 541, 544, 546, 555, 557, 567, 577, 583, 589 Sowerby, James 141, 529, 534, 549 Speck Sternburg, Maximilian von 199, 333 Spencer, Lord 65 Speth, Balthasar von 32, 359, 527, 528, 570, 571 Spiegel, Werner Friedrich Julius Stephan von 236, 237 Spiker, Samuel Heinrich 15, 143, 198, 294– 296, 301, 345, 394, 712 Spillecke, August Wilhelm 147 Spitzeder, Joseph 150 Splittberger, David 250, 251 Sprick, Robert von 178 Staegemann, Elisabeth und Friedrich August von 437 Stang, Rudolf 473 Stargardt (Auktionshaus) 437 Steffan, Johann Gottfried 486 Steffeck, Carl 178, 181, 373, Abb. 116 Stein, Karl Friedrich von und zum Stein zum Altenstein 49, 133, 191, 192, 376 Steinbrück, Eduard 286, 288, 325 Steinhardt, Friedrich Carl 473 Steinheil, Carl August von 259, Abb. 161 Steinle, Edward 392, 536 Stevens, Alfred 393, 419, 461, 707 Stewart, James 186, 187 Stieler, Joseph Karl 99 Stifter, Adalbert 358 Stilling, Heinrich 147

772  |  Anhang Stockhausen, ? 497 Stosch, Marianne / Ferdinand 148 Strack, Johann Heinrich 166, 173, 391, Abb. 96 Strahlborn, ? 312, 510 Strehlke, Friedrich 245 Strixner, Johann Nepomuk 34, 36, 104, 105, 202, 203, 559 Strousberg, Berthel Henry 148 Strozza, Giovanni 472 Stubenrauch, Christian Ludwig 140 Stüler, Friedrich August 151, 391, 502, 506 Stuntz, Johann Baptiste 36 Sue, Eugène 379 Susse, Frères 197, 280, 287, 308, 323, 334, 336, 337, 340, 341, 413, 414, 417, 421, 429, 517, 520, 530, 543, 553, 563, 567, 586, 589–591 Swebach, Jacques François 309, 319 Sybel, Arnold Wilhelm 144 Sydow, Adolph 143 Symolin, ? von 51, 52, 60 Taglioni, Amalie 149, 394 Talbot, Henry Fox 21, 229, 230, 243, 244 Tanneur, Philippe 394 Taubert, Wilhelm 150 Taylor, Isidore Séverin Justin 35 Teinturier, Louis Ferdinand Victor 394 Tempeltey/Tempeltei, Julius 161, 163, 210, 302, 386, Abb. 84, 173, 231 Ternite, Wilhelm 154 Tessaro, ? 349–351, 517, 531, 552, 562, 575 Tesson, Louis 415 Teyronet, ? 55 Theremin, Ludwig Friedrich Franz 144 Thiénon, Anne-Claude 35 Thode, Henry 508 Thoma, Hans 495, 536, 537, Abb. 281 Thoma, Ludwig 570 Thomas (Kunsthändler) 413, 585 Thümen, ? General von 182, 183

Thurn und Taxis, Fürst und Fürstin von 148, 154 Tidemand, Adolph 457, 707 Tieck, Ludwig 51, 133, 368, 438, Abb. 76 Tintoretto, Jacopo Robusti gen. 94 Töche, Carl Johann Friedrich 330 Toelken, Ernst Heinrich 305, 315, 321 Tornow, Robert 372 Toulmouche, Auguste 423 Trayer, Jean-Baptiste 707 Trebelli, Zelia 149 Treuttel & Würtz 62–64, 66–68 Trippel, Albert Ludwig 398 Troyon, Constant 215, 343, 413, 420–422, 454, 457, 556, 558, 578, 583, 585, 707 Tschaggeny, Charles-Philogène 393, 457, 708 Türk, Wilhelm von 147 Tuszek, Leopoldine 149 Twesten, August Detlev Christian 143 Unker, Karl Henrik d´ 457, 699 Valerio, Théodore 708 Varnhagen von Ense, Karl August 417 Vater, Ludwig 143 Vautier, Benjamin 457, 532, 708 Vecchio, Pietro del 269, 478, Abb. 116 Veit, Philipp 392 Veit, ? 497 Velázquez, Diego 391, 577 Veloso, José Mariano de Conceição 170, Abb. 101 Veltheim, Werner von 141 Verboeckhoven, Eugène Joseph 314, 319, 330, 349, 351, 389, 391, 394, 459, 708 Verheyden, François 447, 457, 708 Verlat, Charles 708 Vernet, Carle 35, 36, 41, 589, Abb. 22 Vernet, Horace 35, 81, 150, 178, 179, 196, 287, 288, 302, 306–308, 323–325, 328, 329, 337–339, 342, 361, 378–380, 389, 390, 392, 393, 395, 417, 419, 420, 429,

Namensregister  | 773

516–518, 520, 526, 527, 532, 541, 543, 553, 555, 563, 567, 569, 572, 586, Abb. 47, 73, 110, 111, 176 Verschuur, Wouters 708 Viard, Georges 290 Vibert, Théodore (Goupil et Vibert) 196, 197, 214, 337, 423, 560, 568, 569, Abb. 112, 146 Villain, François 38 Villèle, Jean-Baptiste 82 Villeneuve, Julien Vallou de 196, 287, 331, 378, 516, 559, 575, Abb. 129 Villeret, François-Etienne 216, 281, 291, 309, 319, 330, 332, 394, 395, 524, 527, 559, 567 Villete, ? 55 Vincent, François André oder Pierre (?) 178 Vincke, Ludwig von 140, 141 Vinnen, Carl 509–512 Virchow, Rudolph 142 Vogel, Christian Leberecht 535, 536 Vogel, ? Frl. 525 Vogel, Friedrich 143 Vogel, ? von 359, 528 Vogt, Edouard 149 Voigt, J. 165 Voigt & Fernitz 161, 162 Voigtel, Friedrich Wilhelm Traugott 142 Voigtländer, Peter Wilhelm Friedrich 21, 252, 262–265, 357, 520, 521, 537, 538, 542, 579, 580–582, 591, 592, Abb. 163 Völcker, Otto 330, 379 Volkers, Emil 472 Volpato, Johann 434 Voss, ? 710 Waagen, Gustav Friedrich 17, 133, 142, 282, 294, 500, Abb. 64 Wach, Wilhelm 282, 370, Abb. 76 Wagenbauer, Max 33, 545 Wagener, Johann Heinrich Wilhelm 9, 14, 176, 294, 295, 306–308, 325, 326, 387,

389–392, 506, 507, 545, 712, Abb. 232 Wagner, ? 330, 457, 517, 518, 531, 563, 567, 586 Wagner, ? (Geh. Medizinal-Rat) 152 Wagner, Johanna 149 Wagner, R. 477 Wagner, Richard 149, 456, 570 Waldemar, Prinz von Preußen 172, Abb. 103 Walden, Herwarth 16 Waldenburg, ? Graf von 257 Waldenburg, Eveline / Mathilde / Emilie von 526, 541, 555, 563 Waldenburg, Mathilde von 395 Waldmüller, Ferdinand 458 Wallmüller, ? 222, 518 Walters, Samuel 330 Wappers, Gustave 349–351, 391, 517, 526, Abb. 193 Warnbauer, Simon 33 Watelet, Louis Etienne 23, 279, 281, 290, 291, 293–302, 309, 319, 324, 327, 329, 330, 340, 341, 379, 380, 387, 391, 392, 394, 396, 413, 515–517, 519, 525, 559, 563, 567, 574, 586, Abb. 172, 173 Wawra, J. C. 490, 491, 582 Webern, ? General von 464 Wedding, Johann Wilhelm 84, 85 Wege, ? 218, 219, 222, 228, 259, 295, 306, 323, 325, 341 Wegely (Manufaktur) 250 Weigel, Rudolph 148, 198, 359, 547 Weinberger, ? 333 Weinberger, Josef 538 Weiss, Christian Samuel 141 Weisse, Robert 472 Werner, Carl 457, 470, 477, 708 Werther, Wilhelm Freiherr von 53, 54, 55, 293 Werther, August Friedrich Gustav 242 Westphal, Christian Karl 142 Wieland, Christoph Martin 456 Wiesike, Carl Ferdinand 157, 158

774  |  Anhang Wildt, Ludwig 154, 158, 195, 209, Abb. 81 Wilhelm Friedrich Carl, Prinz der Niederlande 139, 248, 349, 516, 517 Wilhelmine Luise von Anhalt–Bernburg, verh. Prinzessin Friedrich von Preußen 518 Wilken, Friedrich 142, 392 Willems, Florent 447, 462, 463 Wimmer’sche Kunsthandlung 358 Winckelmann, Johann Christian 114, 129 Winer, Georg Benedikt 143 Wintergerst, Josef 333 Winterhalter, Franz Xaver 309, 319, 324, 327, 331, 337, 339, 351, 398, 419, 420, 426, 428, 429, 432, 435, 445, 448, 454, 461, 517, 519, 525–527, 531, 532, 543, 544, 563, 567, 568, 586, 587, 708, Abb. 181 Wittgenstein, ? Graf zu 133, 345, 518, 531 Wittich, L. W. 388, 394 Wolff, Amalie 149 Wrangel, Friedrich von 139, 463 Wunster, August Erdmann 144

Xeller, Christian 385 Zahn, Wilhelm 132–134, Abb. 56 Zander, Friedrich 140 Zeller, Johann Georg 34, 358, 528, 529, 570, 592 Zerrenner, Christoph Gottfried 147 Zedlitz, Leopold Freiherr von 20, 129, 130, 139, 146, 153, 154, 168, 190, 575 Zichy, Michael von 472 Ziegert, R. 163 Ziem, Félix 393 Zimmermann, Richard Sebastian 708 Zimmermann, Heinrich Wilhelm (?) 309, 320, 321, 545 Zona, Antonio 454, 457, 708 Zumbusch, Caspar Clemens 108, Abb. 48 Zunz, Leopold 144

Bildnachweis  | 775

Bildnachweis 1 Osborn 1997, Abb. 15 2, 72, 113, 115, 244 Ausst.-Kat. Krüger 2007, Nr. 146, 84, 96, 113, 201 3, 105–108, 262 SMB PK, Kupferstichkabinett, Dietmar Katz 4, 5 Museum Georg Schäfer, Schweinfurt 6 Stiftung Stadtmuseum Berlin 7 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkmale_in_Berlin-Mitte/Friedrichstadt#/ media/File:Berlin,_Mitte,_Jaegerstrasse_29-31_Wohnhaus_01.jpg; Zugriff 26.07.2009 8–10 GStA PK, Christine Ziegler 11, 17, 21 Bouquin 1989, S. 7, 11, 5 12, 14, 15, 18, 20, 26 SMB PK, Kupferstichkabinett 13 Farwell 1977, S. 46 16 Sousa 1998, S. 46 19, 44 Ausst.-Kat. Knecht Lithographie 2005, S. 12, 68 22, 42, 46, 50 Ausst.-Kat. Senefelder Daumier 1988, Nr. 24, 138, 15 23 Ausst.-Kat. Artiste Représentation 2012, S. 240 24 Ausst.-Kat. Raffet 1999, S. 11 25 Donald Heald Rare Books, New York 27 Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museun, Ursula Edelmann 28 Humboldt 1828, S. 168 29 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis Sachse an seine Mutter, den 16./18. April 1827 30, 31, 51–53, 90, 103, 156 Ausst.-Kat. Gaertner 2001, S. 223, 225, 103, 300, 309, 160, 272, 293 32, 59, 61, 67–69, 73–73, 76, 81, 109–110, 116, 127, 129, 231, 234, 284 Stiftung Stadtmuseum Berlin, Michael Setzpfandt 33 commons.wikimedia.org/wiki/File:GalerieVivienne1.jpg; Zugriff 1.4.2011, 12:36:03 34, 38 Friedrich 1837, Bd. 2, S. 42, 228 35 LAB, E. Rep. 200-03, Nr. 4, Louis Sachse an seine Mutter, Paris, den 14. Mai 1827 36 Ausst.-Kat. Boilly 2011, Nr. 187, S. 262 37 Ferron 2015, S. 69 39, 41 Brouwers 2005, Nr. 20, S. 53, 49 40 CHAN, Paris 43 Musée des arts et métiers-Cnam, Paris, Inv. Nr. 02437-0001, Pascal Faligot 45, 255–256 Mainardi 1987, S. 19, Nr. 46, 37 47 Richter 2010, Abb. 8 48–49 Reinhard 1936, S. 10, 2 50, 60 Ausst.-Kat. Senefelder Geburtstag 1971, Nr. 283,112 54, 128 Schlagenhauff 2003, S. 268, 269 55 Herder 2011, S. 282 56 http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/zahn1828bd1/0005; http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/zahn1828bd1/0015

776  |  Anhang 57 Ewenz 2011, S. 265 58, 66, 260 Stiftung Stadtmuseum Berlin, Oliver Ziebe 62 Ausst.-Kat. Beer 1997, S. 2 und Titel 63, 64 Rave 1949, S. 249 64 Ausst.-Kat. Rumohr 2010, S. 200 70 Ausst.-Kat. Wahlverwandtschaft 1997, Nr. 350, S. 235 71 Stiftung Stadtmuseum Berlin, Jonas Roick 75, 283 Ausst.-Kat. Schinkel 1981, Nr. 7a, S. 114, 155 77 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schoppe_Das_gelehrte_Berlin.jpg; Zugriff 08.11.2008 78 Universitätsbibliothek der Goethe-Universität Frankfurt, J.G. Senckenberg, Abtlg. Musik und Theater 79 Wagner 1914, S. 165 80 LAB E. Rep. 200-03, Nr. 13 82-88, 91-95 Ausst.-Kat. Lüneburg 2001, S. 31, 30, 110, 53, 54, 34, 62, 79, 82, 65, 67, 70 89 Berndt 2007, Nr. 400 96-98, 120, 121 Archiv der Verfasserin 99–100 Ausst.-Kat. Schirmer 1993, S. 123 101 http://www.biodiversitylibrary.org/pdf4/056008000015442, pages: cover, Tab. 15, Zugriff 02.10.2016 102 Schütz 2009, Nr. 186, S. 269 104 Pieske 1988, S. 39 111 Bütow 1996, S. 5 112 Ausst.-Kat. Musée des Rieurs 2006, S. 6, Inv. Nr. 96.I.1.285 114, 133, 134, 135, 136 , 141–142, 144, 148, 200, 205, 206 Bock 1923, S. 31, 75, 30, 39, 83, Nr. 124, 193 I-a, 195, 398–1, S. 98,132, 133 117, 214, 279 Keisch 2012, S. 44, 67, 28–29 118, 119 Ausst.-Kat. Krüger 2007, Nr. 83, 82 122 Illustrierte Zeitung, Bd. 2, Nr. 44, Leipzig, den 27. April 1844, S. 273 123 Scheidig 1938, Nr. 12 124 Georg Emanuel Opiz, „Leipzigermesse“, 1. Heft, Bl. 1, Dresden 1825 125 Leipziger Messe 1965, Nr. 23 126 Leipziger Messe 1965, S. 20 130, 131 Ausst.-Kat. Speck Sternburg 1998, S. 18, 22 132, 172, 180, 182 ,204, 270 Nerlich 2010, S. 148, 102, 237, 128–129, 283 137, 138a/b, 143, 145, 146 Ausst.-Kat. Menzel und Berlin 2005, S. 36, 37, 150, 76, 93 139 Ausst.-Kat. Künstlerbilder 2015, S. 97 140, 211, 212 Tschudi 1906,S. 9, Nr. 2,3 147 Ausst.-Kat. Gravure impressionniste 2001, Nr. 7, S. 59 149 Wolf 1974, S. 155 150 Bajac 2006, S. 15 151, 165 Ausst.-Kat. Daguerréotype français 2003, S. 149,151

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152, 153, 154, 157, 162, 163, 169 Kempe 1979, S. 47, 21, 50, 59, 22, 65, 245 155 LAB, E. Rep. 250-01, Nr. Ü 59 158–160, 164 SKD, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. D 1918–11, D 1918–12, D 1918–13, D 1917-64 161 Cornwall 1979, S. 29 166, 171 Ehringhaus / Kanz 2012, Tafel IV, V 167 Ausst.-Kat. Fotografiesammlung Gaertner 2006, S. 66, Nr. 53 168 GALERIE BERINSON, Berlin 170, 173 Schlagenhauff 2001, S. 266, 272, 157 174, 179, 247 Kossak 1846/47, S. 37, 63,120 175, 243, 246, 251, 252, 253, 254 Ausst.-Kat. Delaroche 2000, S. 252, Nr. 74, 53, S. 111, 115, 117, Nr. 38f-h, 83, S. 59 176 Kloss-Weber 2013, S. 150 177, 178, 207 AdK Berlin, Historisches Archiv 181 Ausst.-Kat. Winterhalter 2015, Nr. 15 183–187 Durand-Ruel 2014, S. XX, 76, 18, 188, 191b Lafont-Couturier 1996, S. 60, 61 189 Ahrens 2013, S. 53, Nr. 19 190 Etat des lieux 1994, S. 145 191a Ausst.-Kat. Gérôme & Goupil 2000, S. 16, fig. 3 192 http://digitalcollections.nypl.org/items/510d47e0-206a-a3d9-e040-e00a18064a99; Zugriff 2.10.2016 193 Cortjaens 2011, S. 162 194, 196 Bauer 2001, S. 14, 15 195 Ausst.-Kat. Gillray 1986, Nr. 167a, S. 176 197 Ausst.-Kat. Schöne Aussichten 2007, S. 69 198 Negendanck 1998, Abb. 9 199 Gutbier 1934, S. 4 201 http://www.bildindex.de/document/obj20554945 202, 203 Busch 2015, S. 115 208 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Leviathan_by_Thomas_Hobbes.jpg; Zugriff 03.01.2011 210 Grisebach, 28. November 2003, Nr. 2, S. 2 215 Börsch-Supan 2013, S. 11 216, 217 Rave 1940, Nr. 1284, 1291 218, 220–230 Ausst.-Kat. Blechen 1990, Nr. 53, 97, 84, 43, 48, 29, 82, 55, 61, 58, 23, 37 219 Ausst.-Kat. Aus dem Neunzehnten 2015, S. 38 232 Verwiebe und Wesenberg 2013, S. 2. 213, 233, 235–241 Ausst.-Kat. Raczynski 1992, Nr. 36, 21, 61, 62, 10, 29, 28, 31, 13 242 Wirth 1986, S. 347 246 Ausst.-Kat. Schadow 1983, Nr. 130a, S. 95 248 Müller 2011, S. 317, 316

778  |  Anhang 250 Ausst.-Kat. Düsseldorf 2011, Bd. 2, S. 85, Nr. 60 257 Sotheby’s London, Mittwoch, 25. November 2015, Lot 283 (Bernheimer day sale) 258 Kommander 2007, S. 54 259, 271, 275 SMPK Berlin, Staatsbibliothek 261 Gerdts 2000, S. 145 209, 263–265 Jensen 2003, S. 18, 27, 83, 80 266 AKG Images 122519 267 Ausst.-Kat. Knaus 1979, Nr. 9 268 Ausst.-Kat. Knaus Lehrstück 2014, S. 38 269 wikimedia: Franz_v_Lenbach_Hirtenknabe_(1).jpg; Zugriff 28.05.2014 272, 274, 278 Frodl 2013, S. 111, 144, 152–153 273 Ausst.-Kat. Schwind 1996, S. 241 276 Landesarchiv Berlin 277 Ostini 1906, S. 73 280 Ecker 1991, S. 302 281 Helmholt 1989, S. 64 282 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:1832_Hintze_Koenigliches_Museum_Berlin_ anagoria.JPG; Zugriff 17.03.2013 285 Schuster 2001, S. 6 286 Grabowski 2013, S. 201 287 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:1912_von_Kalckreuth_Portrait_Paul_Cassirer_ anagoria.JPG; 17.02.2013 288 Ausst.-Kat. Cassirer 2006, S. 18

Dank Die Briefe und Korrespondenzen des Kunsthändlers Louis Sachse erlaubten mir den berühmten Blick durchs Schlüsselloch in eine Welt, die aus dieser Perspektive bisher kaum Beachtung gefunden hatte. Die faszinierende, langjährige und durchaus auch mit einigen Strapazen und Einschränkungen verbundene Reise hätte ich ohne die bedingungslose Unterstützung, die Ermutigungen und den fortdauernden Austausch mit zahlreichen Persönlichkeiten aus dem Wissenschafts- und Kulturbetrieb, und vor allem meiner Familie und meinen Freunden niemals antreten und durchführen können. Ich danke Ihnen und Euch dafür von ganzem Herzen. Bereits am Anfang meiner Reise in die Welt von Louis Sachse standen zwei herausragende Wissenschaftler an meiner Seite: Dr. Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München, ermutigte mich schon vor vielen Jahren dazu, Sachse zum Thema meiner Magisterarbeit an der Humboldt-Universität zu machen. Das Projekt weitete sich alsbald zum Promotionsvorhaben aus. Hier gilt mein besonderer und aufrichtiger Dank Prof. Dr. Horst Bredekamp. Schon während des Studiums eröffnete er uns in besonderer Weise neue Welten. Seine umsichtige Betreuung meiner Doktorarbeit, seine klugen Ratschläge und seine nimmermüde und begeisternde Motivation zum Perspektivwechsel, zum Umdenken und Weiterdenken bilden das starke Gerüst als auch das Rüstzeug dieses Buches. Während der so wichtigen und arbeitsintensiven Abschlussphase des Promotionsvorhabens führte mich das deutsch-französische Doktorandenkolleg schließlich zu Prof. Dr. Bénédicte Savoy, die sich als Betreuerin und Gutachterin zur Verfügung stellte und mir so das unentbehrliche zweite Standbein gab. Auch ihr möchte ich ausdrücklich danken. Ihre fundamentalen Forschungen und zahlreichen Projekte zum deutsch-französischen Austausch gepaart mit ihrer inspirierenden und engagierten Persönlichkeit sind nicht nur für mich und meine Recherchen zu Louis Sachse und dem Kunstmarkt im Europa des 19. Jahrhunderts von immensem Wert. Auf meinem Weg durfte ich darüber hinaus immer wieder bei wichtigen Institutionen, Museen, Archiven, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen anklopfen, die mir ihre Türen bereitwillig öffneten und mir ihr wertvolles Wissen zur Verfügung stellten. Den Ausgangspunkt bildet erneut die Alte Nationalgalerie, wo ich bereits als Studentin arbeitete und über die Bilder, die Projekte und vor allem die vielen Gespräche mit den ausnahmslos großartigen Wissenschaftlern und Mitarbeitern unerschöpfliche Inspiration erfahren habe. Mein besonderer Dank gilt Dr. Claude Keisch, Dr. Angelika Wesenberg, Dr. Birgit Verwiebe und Dr. Sigrid Otto. Nebst der Nationalgalerie war ich ständige Besucherin des Kupferstichkabinetts, wo ich Prof. Dr. Heinrich Schulze-Altkappenberg und seinem wundervollen Team, speziell Dr. Anna Pfäfflin und Dr. Andreas Heese, meinen freudigen Dank aussprechen möchte. Darüber hinaus konnte ich in der Grafiksammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin in den gut Tausend hier bewahrten lithografischen Blättern aus Sachses Institut recherchieren, was ohne die tatkräftige Unterstützung und Hilfe von Andreas Teltow gar nicht zu leisten gewesen wäre. Viel Zeit

780  |  Anhang

verbrachte ich zudem im Berliner Landesarchiv, wo der Familiennachlass Sachse aufbewahrt wird, im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, wo die behördlichen Korrespondenzen eingesehen werden konnten, und in der Staatsbibliothek Berlin. Mein großer Dank gilt auch hier allen Mitarbeitern, die mir stets freudig mit Rat und Tat zur Seite standen. Ein Stipendium des deutsch-französischen Doktorandenkollegs war der wertvolle Türöffner für einen intensiven Austausch mit der französischen Wissenschaftswelt. Während eines halbjährlichen Rechercheaufenthaltes in Paris war ich im Deutschen Forum für Kunstgeschichte willkommen und erhielt zudem Zutritt zu sämtlichen Pariser Instituten, Archiven, Museen und Bibliotheken. Die Möglichkeit, in den bedeutenden Pariser Kulturarchiven studieren und arbeiten zu dürfen, hat meine Forschungen ganz erheblich bereichert. Für die Verwandlung des Promotions-Manuskripts in dieses wundervolle Buch möchte ich mich beim Böhlau-Verlag und hier vor allem bei Elena Mohr bedanken. Ihr Engagement, ihre Genauigkeit und ihr feines Gespür für Sprache und Text sind in dieses Buch ebenso mit eingeflossen wie ihre wertvollen Ratschläge und ihre ausdauernde Geduld. Ebenso herzlich wie aufrichtig danke ich außerdem Florian Illies und Bernd Schultz von der Villa Grisebach, die mich im Zuge der Herausgabe dieses Buches wesentlich unterstützt und ermutigt haben. Für die zahlreichen schönen Reproduktionen bedanke ich mich bei Robert Wein und Michael Setzpfandt (Stiftung Stadtmuseum, Berlin), Dr. Andreas Heese und Dietmar Katz (Kupferstichkabinett, Berlin), Dr. Karin Rhein (Museum Georg Schäfer, Schweinfurt), Dr. Ingeborg Schnelling-Reinicke und Christine Ziegler (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin), Dr. Mareike Hennig und Ursula Edelmann (Goethemuseum, Frankfurt), Angela Rietschel, Dirk Gedlich und Andreas Pischel (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Dr. Ulrike Möhlenbeck (Akademie der Künste Berlin, Historisches Archiv), Holger Scheerschmidt (Staatsbibliothek Berlin), Monika Sommer, Lydia Kiesling und Klaus-Dieter Pett (Landesarchiv Berlin), Brigitte Klein und Dr. Oliver Kleppel (Universitätsbibliothek J.G. Senckenberg, Frankfurt), Galerie Berinson (Berlin), Donald Heald Rare Books (New York). Last but not least: Ohne die Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde hätte ich dieses Buch niemals schreiben können. Ich danke Euch dafür von ganzem Herzen. Meinen tollen Großeltern Elisabeth und Dr. Günther Frahm, meinem liebevollen Vater Peter Ahrens, meiner so wunderbaren und großartigen Mutter Andrea Ahrens, meiner klugen, starken und einfach hinreißenden Schwester Marie Louise und meinem genauso wundervollen Schwager Alexander von Plüskow, meiner tollen Patentante Sieglinde Ditting und den besten Freunden der Welt, speziell Alexis von Hessen, Johanna von Rigal und Astrid Irrgang, Linda und Alexander Bickenbach, Friedrich Eggert, Svenja Kluckow und Firus Mettler. Dieses Buch ist Euer Buch – und mit uns Allen ist es vor allem Dein Buch: liebste Mamie!