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German Pages 164 Year 1953
S A M M L U N G
GÖSCHEN
BAND
Der Nibelunge Not in Auswahl mit kurzem Wörterbuch herausgegeben von
Karl Langofch
Neunte, umgearbeitete Auflage
W a l t e r
de
G r u y t e r
&
Co.
vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag.Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.
Berlin
1953
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Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten
Copyright by W A L T E R , D E G R U Y T E R & CO vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp. Berlin W 35, Genthiner Str. 13
Archiv-Nr. 110 001 Druck von Buchdruckerei Oswald Schmidt GinbH., Leipzig 111/18/65 Printedin Germany 722/6/50
„Jedermann sollte es lesen, damit er nach dem Maaß seines Vermögens die Wirkung davon empfange . . . Dies Werk ist nicht da, ein für allemal beurtheilt zu werden, sondern an das Urtheil eines Jeden Anspruch zu machen und deshalb an Einbildungskraft, die der Reproduction fähig ist, ans Gefühl fürs Erhabene, Übergroße, sodann auch für das Zarte, Feine, ein für weit umfassendes Ganze und für ein ausgeführtes Einzelne. Aus welchen Forderungen man wohl sieht, daß sich noch Jahrhunderte damit zu beschäftigen haben." G o e t h e zu Simrocks Übersetzung des Nibelungenlieds 1827
Inhalt Seite
Einleitung
4—18
1. D i e Überlieferung
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2. Zeit u n d Ort der E n t s t e h u n g
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3. D i e Nibelungensage
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4. D i e Vorlagen des Nibelungenliedes
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5. Der Dichter des Nibelungenliedes
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6. Die metrische Form
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7. Zur Schreibweise und zu den Doppelformen des T e x t e s
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Der Nibelunge N ö t Wörterverzeichnis
19—127 128—164 l'
Einleitung 1. Die Überlieferung. Vom Nibelungenlied kennen wir nicht weniger als 10 mehr oder weniger vollständige Handschriften und 23 Bruchstücke. Dieser Reichtum zeugt davon, wie gern man das Epos abschrieb und las, u n d zwar ununterbrochen durch drei Jahrhunderte hindurch vom Anfang des 13. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts, vom Entstehen der Dichtung bis zum Ende des Mittelalters. Durch den Druck aber wurde das Epos nicht mehr verbreitet, s t a t t dessen das „Lied vom Hürnen Seyfried", das Siegfrieds Jugendabenteuer unabhängig vom Nibelungenlied in 179 Strophen erzählt und von dem zwölf Drucke aus dem 16. J h . vorliegen t z w . zu erschließen sind. Noch in die erste Hälfte des 13. J h s . gehören die erst vor einiger Zeit gefundenen Klagenfurter Bruchstücke (Z benannt), in die Mitte des Jhs. dann zwei vollständige Handschriften, die Hohenems-Laßbergische (C) und die St. Galler (B). Die jüngste Handschrift stellt das „Ambraser Heldenbuch" dar, das der Schreiber und Zöllner Hans Ried, von Kaiser Maximilian I . beauftragt, hauptsächlich nach dem verlorenen „Heldenbuch an der E t s c h " (14. Jh.) im Inntal etwa von 1502—1512schrieb; in dessen zweiten Teil steht das Nibelungenlied zwischen den andern mittelhochdeutschen Heldenepen. Die Berliner Handschrift (b), die der Wiesbadener Bibliothekar Bernhard Hundeshagen 1817 entdeckt und erworben hatte, ist als einzige mit Bildern geschmückt. Die malte der Schreiber der Handschrift selber während der Niederschrift mit bunten Farben, und zwar brachte er sie stets zwischen zwei Aventiuren gleichsam als Übergang an. Er stellte die J a h r hunderte zurückliegenden Vorgänge in seiner eigenen Umwelt dar, und das war das schwäbische Land um 1435. Die Bilder sind gut reproduziert in der Ausgabe der Simrockschen Übersetzung von Hermann Degering „Der Nibelungen N o t " , Berlin 1924 (Volksverband der Bücherfreunde). Die Handschriften scheiden sich in zwei große Gruppen. Die größere ist die nöi-Gruppe, die kleinere die Hti-Gruppe, so genannt nach dem letzten Vers, in dem der Titel des Epos verschieden überliefert wird: das ist der Nibelunge not, bzw. der Nibelunge liet. Mehrere Handschriften haben einen aus beiden Gruppen gemischten Text.
Die Überlieferung
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I n der Ziei-Gruppe wurde der Text des Originals mehrfach, aber in der gleichen Richtung bearbeitet; dabei wirkte die „ K l a g e " ein, eine das Nibelungenlied fortsetzende Dichtung von über 4000 Versen, die ein anderer Verfasser gegen 1220 nicht weit von Passau schrieb — sie war bsreits in der aus allen Handschriften zu erschließenden Urhandschrift des Nibelungenliedes an dieses angefügt. Am Anfang der Entwicklung, die verhältnismäßig sehr früh einsetzte und sich schnell vollzog, steht die Grundhandschrift (*z) der Gruppe, am besten im „Ambraser Heldenbuch" repräsentiert, und am Schluß die Umarbeitung *C, von der uns u. a. die erwähnten Z und C bekannt sind. In ihr sind „Sinn und Wortlaut meist um des Inhalts willen" geändert, indem einzelne Wörter ersetzt oder ganze Strophen (60 im ganzen) hinzugefügt wurden; in ihr wurde dem Gedicht mit Umsicht und feinerem höfischen Geschmack eine neue Fassung gegeben. Dieser Bearbeiter stand zwar dem Dichter des Originals in Zeit und Ort sowie in der StiJtendenz sehr nahe und stammte wohl auch aus der gleichen Schreibstube wie er, aber er war nicht mit dem Dichter identisch. In der noi-Gruppe stehen sich zwei Fassungen gegenüber. Die eine liegt allein in B vor (dazu in einem Teil einer Mischhandschriit), die andere aber in neun Handschriften und -bruchstücken, unter denen A. die Hohenems-Münchner Handschrift, eine besondere Stellung einnimmt (L. Laistner, Das Nibelungenlied nach der Hohenems-Münchner Hs. A in photot y p . Nachbildung nebst Proben der Hss. B und C, München 1886). Karl Lachmann, der das Verdienst h a t , das Epos zum erstenmal kritisch herausgegeben zu haben (Der Nibelunge Noth und die Klage, 1826), sah in A „ m i t dem offenbar älteren t e x t " die dem Original am nächsten kommende Handschrift. Auf B aber gründete Karl Bartsch seine große dreibändige Ausgabe 1870ff.; in der grundlegenden Untersuchung „Die Handschriftenverhältnisse des Nibelungenliedes" 1900 (Paul-Braunes Beiträge 25, S. 1—222) suchte Wilhelm Braune nachzuweisen, daß A gegenüber B „eine selbständig ändernde Rezension" ist, die 6 1 z . T. f ü r die Handlung überflüssige oder gar störende Strophen nicht ungeschickt streicht, einzelne Lesarten oft recht stark umformt, sich aber vor allem durch große Sorglosigkeit auszeichnet. Dagegen gab V. Michels „ Z u r Handschriltenkritik des Nl." (Abh. der sächs. Ak. der Wiss. 39, 1928) wieder A den Vorzug, in welcher Handschrift er den Originaltext „verhältnismäßig treu bewahrt" sah, ohne aber mit dieser Ansicht
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Einleitung
durchzudringen, vgl. A. Heusler in der Deutschen Literaturzeitung 1929, Sp. 16ff. Dringend notwendig ist, die Handschriften nach neuer Kollation auf ihr Verhältnis zueinander zu untersuchen (auf breiterer Basis als Braune und mit besonderer Berücksichtigung von Z) und danach endlioh die fehlende kritische Ausgabe herzustellen, nach der eigentlich erst eine solche Auswahl wie diese hier geboten werden dürfte. Unser Text fußt auf der großen Ausgabe von K. Bartsch und dessen kleinerer in der mit nützlichen Anmeikungen versehenen Bearbeitung von Helmut de Boor (Deutsche Klassiker des Mittelalters I I I , 1944). 2. Zeit uud Ort der Entstehung. Die Sprache des Nibelungenliedes setzt nach ihrem allgemeinen Charakter die der ältesten höfischen Epik voraus, Heinrich von Veldekes „Eneide", Hartmann von Aues ,,Erec" und vielleicht den „Lanzelet" des Ulrich von Zazikhoven. Danach fiele es in die Zeit um oder nach 1200. Eine genauere Datierung ist möglich, wenn bei der Beziehung zwischen dem Nibelungenlied und dem „Parzival" des Wolfram von Eschenbach geklärt werden kann, wer hier der Gebende und wer der Nehmende war. Hierüber ist man verschiedener Ansicht; doch dürfte sich eine Entscheidung fällen lassen. Die seltenen Ländernamen Azagouc und Zazamanc verwendet der Dichter des Nibelungenliedes je einmal (Str. 362, 439), um kostbare Seide zu kennzeichnen; bei Wolfram aber kommen sie mehr als ein dutzendmal vor, auch miteinander verbunden, und im „Parzival" sind es zumeist Länder, in denen die Handlung spielt, und Namen, die wir bei Wolfram und seiner „reichen phantastischen Geographie" geradezu erwarten. Es ist also wahrscheinlicher, daß Wolfram der Gebende war. Im „Parzival" VIII, 420, 26fl. und im Nibelungenlied nur in der Zusatzstrophe des Bearbeiters *C (1468 a) wird der Rat Rumolds dahin ausgeschmückt, daß der Hofkoch, der auch den Burgunden von der Hunnenfahrt abrät, mit einer Delikatesse lockt, mit Brotschnitten in Fett geröstet und einer vortrefflichen Suppe. Im Nibelungenlied gibt es keine zweite Stelle, die so ins fast Possenhafte abgleitet, auch nicht in der Bearbeitung *C. Aber bei dem humorvollen Wolfram versteht sich solche Selbstverspottung von selber; er nennt ja auch wenige Verse später den angesehenen Hoibeamten, den kuchenmeister des Nibelungenliedes, humorig spottend einfach koch. Wolfram dürfte also Rumolds Rat dem Nibelungenlied (Str. 1465ff.) ent-
Zeit und Ort der Entstehung
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nommen und in seiner Art ausgestaltet, der Bearbeiter *C hinwiderum dies von ihm entlehnt haben. — Vielleicht übernahm der Dichter des Nibelungenlieds auch das Wort harnaschvar (Str. 2088, 2) aus dem „Parzival" 588, 13, wie Edward Schroetter in der Zs. für deutsches Altertum 59 (1922), S. 244 wahrscheinlich zu machen suchte. Da die ersten sechs Bücher des „Parzival" vor 1204 fertiggestellt wurden, die übrigen erst gegen 1210, so würde danach das Nibelungenlied erst nach 1204 anzusetzen sein, j a möglicherweise erst nach 1210. Dem entsprechen die Sprache und die Metrik; gerade aus ihnen entspringt kein Anlaß, das Epos vor 1210 entstanden sein zu lassen. — Die Bearbeitung *C hat die „Klage" benutzt, die man ins zweite Jahrzehnt des 13. Jahr hunderts, vielleicht sogar erst gegen 1220 ansetzt; sie läßt sich also frühestens ans Ende des zweiten Jahrzehnts datieren. Für die Lokalisierung geben die Reime, an denen allgemein die Abschreiber am wenigsten zu ändern wagten, den sichersten Anhalt. Der Dichter scheidet e und e nur vor l und r, sonst aber nicht, s, z. B. degen: legen 671. Das ist eine bairisch-österreichische Eigentümlichkeit, ebenso sein Verhalten bei der Kontraktion von age und ege > ei: er verwendet wohl die Kontraktionen schcene meit oder ge.se.it: was leit (z. B. 1297, 1458), meidet aber er leit, treit < legit, tregit. Da er zu komen das Praeteritum nach bairischer Axt als körn bildet, reimt er die so bequeme Reimform quam nur ein einziges Mal (Str. 1525: lobesam) und zeigt damit, daß er sie literarisch übernommen hat. Dem entspricht auch sein Meiden von i : i und u : ü, da % und ü zuerst im Bairischen diphthongiert wurden; dagegen bindet er a: d nicht nur vor n (s. z. B. naht: bedäht 1450). Ins südliche Gebiet des Oberdeutschen weist ch für altes k in marschalch ( < c): bevalch 1736 und werch ( < c): verch 2210. Die Reime beweisen also 'bairisch-österreichische Herkunft des Dichters, geben aber kein sicheres Kriterium dafür her, ob er aus Tirol oder aus der Donaugegend stammt. Näheres aber läßt sich aus der Schilderung der Nibelungenstraße von Worms nach Ungarn gewinnen. Wie zuletzt K. Weller in der Zs. für dt. Altertum 70 (1933), S. 49 ff. ausführte (vgl. F. Panzer in der K. Helm-Festgabe „Erbe der Vergangenheit" 1951, S. 83ff ), war ur.serm Epiker das österreichische Stück von Passau bis Wien mit den Orten und Flüssen Eferding, der Enns, Pöchlarn, Melk, Mautern, der Traisen und Tuln ganz besonders vertraut. Passau feierte er
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Einleitung
durch die würdige Gestalt des Bischofs Pilgrim und Wien durch das glänzende Hochzeitsfest Etzels und Kriemhilds. Als Heimat des Dichters scheint Passau noch mehr als Wien in Betracht zu kommen, zumal er die Orte Zeiselmauer und Treismauer an der Mündung der Traisen verwechselt: das Original hatte bi der Treisem die burcZeizenmure, während Zeiselmauer erst jenseits Tuln vor Klosterneuburg liegt; *C verbesserte richtig in Treisenmüre. Sicher ist, daß der Babenberger Hof in Wien und der bischöfliche von Passau f ü r die EntstehungundVerbreitungdesNibelungenepos vielbedeuteten. 3. Die Nilit'lunpfeiiSiige. Die ältesten Darstellungen des Nibelungenstoffes waren zwei stabreimende Heldenlieder, das U r l i e d v o n S i e g f r i e d s T o d und das Urlied vom Burgundenuntergang. Die geschichtliche Grundlage des ersten ist umstritten. Am wahrscheinlichsten ist die Rekonstruktion Helmut de Boors ( „ H a t Siegfiied gelebt?" in Paul-Braunes Beiträge 63, 1939, S. 250ff.); er untersuchte die Namen im jüngeren burgundischen Königshaus und befragte die älteste namentlich aus der nordischen Überlieferung zu erschließende Siegfriedfabel auf ihre historische Substanz. Ein Prinz aus dem ripuarischfränkischen Königshaus, der aus seiner Heimat am Rhein vertrieben ist, gelangt an den Hof der buigundischen Könige, wird in ihre Gefolgschaft aufgenommen und erringt solche Verdienste und solches Ansehen, daß ihn die Könige zu ihrem vertrautesten Berater machen und ihm ihre Schwester zur Frau geben. Den Großen des Hofes aber wird er zu mächtig, sie machen auch den König mißtrauisch. So nimmt er es hin, daß ein entschlossener Mann seinen Schwager ermordet. Die Kinder aber bleiben verschont. — Die Namenforschung f ü h r t nicht gerade auf Siegfried f ü r jenen Franken. I m Noiden heißt er Sigurd; das wäre Sigiwart, vielleicht auch Sigibert. Das Urlied von Siegfrieds Tod nun, ein fränkisches Heldenlied des 5.—6. Jahrhunderts, ist aus dem alten Sigurdlied („Brot af Sigurdarkvidu") der „ E d d a " (übersetzt von F. Genzmer und erläutert von A. Heusjer in der Sammlung „ T h ü l e " I) zu gewinnen und, da der erste Teil von der Lücke in der Eddahandschrjft verschlungen ist, auch aus der ProsaUmschrift in der Völsungensaga (übersetzt von Paul Herrmann in den „Isländischen Heldenromanen", „ T h ü l e " I I . Reihe, 21. Band). In den Grundzügen unterscheidet es sieh wen'g von denen des ersten Teils des Nibelungenlieds. Zu den am Khein herrschenden Burgundenkönigen Gunther, Giselher, Gotmar
Die Nibelungensage
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und ihrem Waffenmeister Hagen kommt der Frankenfürst Siegfried, aus seiner niederrheinischen Heimat vertrieben. Ihre Schwester Grimhild verdient er sich durch Heldentaten zur Frau und muß Gunther die Heldenjungfrau Brünhild zu erwerben helfen, indem er die von ihr gestellte Aufgabe (den R i t t durch den Flammen wall?) löst und drei Nächte lang das Lager mit ihr teilt, sein Schwert zwischen sie beide legend. Streit Brünhilds und Grimhilds beim Bad im Rhein, ob Gunther oder Siegfried den Vorrang habe. Grimhild zeigt den Ring, den Siegfried der Brünhild in der Braütnacht abzog. Im Zwiegespräch mit Gunther verleumdet Brünhild Siegfried, er habe sie in der Brautnacht betrogen: „ I c h will nicht zwei Männer in einer Halle haben; Siegfried muß sterben oder du oder ich." Hagen ermordet Siegfried im Wald. I n der Nacht offenbart Brünhild Gunther die Wahrheit, daß Siegfried nicht eidbrüchig wurde. D a ß Brünhild danach Selbstmord verübte, ist nach H. Kuhn (Zs. f. dt. Altertum 82, 1950, S. 191ff.) nicht wahrscheinlich, wohl aber, daß Gunther starb, da er allein den E i d brach und das seinen Tod verlangte. Fester ist der historische Kern des U r l i e d e s v o m B u r g u n d e n u n t e r g a n g . Gegeben hat es das mittelrheinische Buigundenreich um Worms in der heutigen Pfalz; historisch sind ebenfalls die Burgundenkönige, von denen uns die „ L e x Burgundion u m " nennt: Gibica, Gndomariis, Gidahariw und Gundaharius. 437 wurde das Burgundenreich des Königs Gunther (Gundicarius) von den Hunnen zerstört und der König mit dem größten Teil seines Volkes getötet; Attila war aber damals nicht der Führer des Hunnenheeres, sondern befand sich im Osten. Die Burgunden gaben danach ihre Sitze am Phein auf und ließen sich in Südfrankreich ansiedeln. Dazu dann noch Attilas Tod: 453 erlag der Hunnenkönig einem Blutsturz, als er sich trunken in der Brautnactit mit der Germanin Hildico vereinen wollte. Diese düstere Hochzeitsnacht hat begreiflicherweise die Gemüter beschäftigt; bereits etwa ein Jahrhundert später berichtet ein Schriftsteller, worauf schonZeitgenossengekommen sein dürften, daß die Germanin den Herrscher ermordet habe. Durch Geschic hte und Gerücht war hier ein Stoff für die Dichtung gleichsam vorbereitet. Die beiden Fakten, den Fall Gunthers 437 und die angebliche Ermoidnng Attilas 453, brachte denn auch ein fränkischer Dichter des fünften J a h r hunderts so zusammen, daß er sie innerlich miteinander verband und sich an einem Tage abspielen ließ. Sein Stabreimen-
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Einleitung
des Lied vom Untergang der Burgunden und Attilas ging verloren, läßt sich aber aus zwei Heldenliedern der Edda leidlich, zurückgewinnen, aus dem älteren kürzeren Atlilied (.,Atlahvida") und dem jüngeren, großen Atlilied (,,Atlamäl"), in dem ein Grönländer im 11. Jahrkundert die Fabel mit Anleihen aus deutscher Poesie erweiterte. Attila, mit Grimhild, der Schwester der Burgundenkönige Gunther und Hagen, verheiratet, giert nach dem Nibelungenhort der Burgunden, den diese zur Sicherheit in den Rhein versenkten, und ladet sie ein. Gunther geht nicht auf die zweimalige Warnung Grimhilds ein. Dem fordernden Attila verweigern die Schwäger den Hort und werden nach tapferem Kampf überwältigt. Gunther will den Versteck des Hortes erst verraten, wenn er Hagens Herz sieht; danach gibt er ihn erst recht nicht preis. Er kommt im Schlangenturm um. Beim Siegesmahl setzt Grimhild dem trunkenen Attila ihre beiden Kinder als Speise vor, tötet ihn und läßt die Halle mit den Mannen in Flammen aufgehn; schließlich stürzt sie sich selber in sie hinein (vgl. H Kuhn a . a . O , oben S. 9). Lange lebten die beiden Urlieder ohne gegenseitige Bindung oder Beeinflussung nebeneinander. Wenn ihnen auch einige Personen gemeinsam waren, Gunther, Hagen, Grimhild, so waren doch ihr Tun und Handeln nicht aufeinander bezogen; außer im Stoff unterschieden sich die beiden Lieder auch im Wesen und Stil. Aber schließlich formte ein deutscher Dichter (der Norden versuchte es nie) das äußere Nebeneinander zur inneren Einheit um. Leider ist auch sein Werk, das z w e i t e B u r g u n d e n l i e d , nicht erhalten, sondern ist nur zu erschließen. Er brachte Grimhilds beide Ehen und ihre Folgen in Einklang miteinander ^ er machte Kriemhild (so die jetzt zu fordernde oberdeutsche Form) als Siegfrieds Witwe nicht nur äußerlich zu Etzels Frau, sondern ließ sie auch entsprechend denken und handeln. Im Urlied rächte sie ihre Brüder am Gatten (Attila), hier aber ihren Gatten (Siegfried) an ihren Brüdern. Vorher bestimmte die Sippenbindung, die die stärkste Bindung in der germanischen Ethik war, Grimhilds Rache, hier aber die Liebe; diese Überordnung der Liebe über die Blutsbindung ist nicht mehr germanisch, ist mittelalterlich, wenn auch nicht notwendig christlich. Diese neue Werteordnung ist erst in der KaroJingerzeit denkbar. In diese Zeit führt auch das neue milde Etzelbild, das wir in diesem zweiten Lied anzusetzen haben und das wir in der mittelhochdeutschen Heldenepik finden. Es entstand im Kreis
Die Nibelungensage
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des Dietrich von Bern, des größten der Vertriebenen, die sich um Etzel sammelten. Dies Bild, das die Baiern mit der dann besonders von ihnen gepflegten Dietrichdichtung im achten Jahrhundert übernahmen, war wichtig für die Umformung des Burgundenlieds. Das zweite Burgundenlied ist also vermutlich im 8.—9. Jahrhundert in Baiern entstanden. Mit diesem Lied, das vielleicht noch im Stabreim abgefaßt war, wurde das Burgundenlied dem Siegfriedlied angepaßt. In dem zweiten Lied vom Burgundenuntergang, dem b a i r i s c h e n v o n e t w a 800, wirkte sich der erwähnte grundsätzliche Wandel in mannigfachen Umgestaltungen aus. Im ersten Teil, der zumeist beibehalten werden konnte, kamen neue Einzelheiten hinzu, wie z. B. die Überfahrt über die Donau; ferner mußte Kriemhild Etzels Rolle übernehmen. Im zweiten Teil, dessen packende Szenen natürlich verwendet wurden, mußte manches umgestaltet werden (der Saalbrand z. B. war nicht mehr der sühnende Schluß, sondern kam jetzt mitten in den Kampf hinein; Kriemhild brachte sich nicht mehr darin um, sondern wurde von Dietrich getötet); außerdem aber mußte der zweite der beiden Hauptpunkte dieses Teils, Attilas Tod, zergehen, und Burgundenfall und Kriemhilds Rache, die vorher voneinander getrennt waren und nacheinander spielten, fielen jetzt zusammen. Mit alledem hängt auch zusammen, daß sich die Beleuchtung verschob. Während vorher die Burgunden und Kriemhild zusammen auf der einen Seite,- und zwar im Hellen standen, Attila aber auf der andern im Dunklen, befinden sich jetzt die Burgunden auf der einen, Kriemhild aber auf der andern, und auf beide Seiten fällt helles Licht. Gerade durch die beiderseitige Belichtung erhielt die Nibelungensage eine Besonderheit, durch die sie sich von den andern Heldenfabeln abhebt. Trotzdem galt das Mitgefühl auch dieses Dichters der Tragik der Burgunden; er verkörperte sie am stärksten im Tode Hägens, den er zum Haupthelden machte. Bis zu den Vorlagen des Nibelungenliedes, d. h. bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts, ist uns nichts weiter über die Entwicklung der Nibelungensage bezeugt. Der Skop, der zum Gefolge des germanischen Fürsten gehörte, wurde in diesen Jahrhunderten vom fahrenden Berufssänger verdrängt, vom Spielmann. Zugleich wurde der Stabreim vom Endieim abgelöst. Das Christentum wiikte ein. Die Fassungen, die der Spielmann dem Heldenlied gab, waren wohl in diesem und jenem
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Einleitung
geändert; selten aber befand sich eine wirkliche Umdichtung darunter. 4. Die Vorlagen des Nibelungenliedes. Sie lassen sich aus unserm Epos und aus der Thidrekssaga, einem umfänglichen Prosawerk in norwegischer Sprache rekonstruieren, das ein Unbekannter um die Mitte des 13. Jahrhunderts vermutlich in Bergen verfaßte und in dem er sowohl den Tod Siegfrieds wie den Untergang der Burgunden durch viele Kapitel voneinander getrennt erzählte, ferner aus zwei Balladen von den Eäröem, dem in Rißland verbreiteten Brautwerbermärchen und den Nibelungenliedern der Edda. Das Nibelungenlied erscheint zwar in seinem Inhalt als eine Einheit, deren Hauptträger Kriemhild ist: der Verrat an Siegfried und die Raohe dafür. Aber daß die Einheit aus zwei Gedichten hergestellt ist, zeigt sich verschiedentlich, so schon im Inhaltlichen. Die beiden Hauptteile runden sich bereits i n ihren verschiedenen Schauplätzen und ihrem verschiedenen Inhalt jeder für sich ab. In der Mitte steht auch ein ausgesprochen neuer Einsatz in Str. 1143. Von den Widersprüchen zwischen den beiden Teilen in Stoff, Stil und Metrik seien nur einige erwähnt. Die Besitzer des wunderbaren Schatzes sind im ersten Teil die „Nibelungen", im zweiten aber die Burgunden. Im ersten Teil läuft die Handlung träge und dünn, die Schilderung des höfischen Treibens, der Zurüstung, Kleidung, der Gesandtschaften, Feste usw. nimmt den größten Raum ein; im zweiten aber drängen sich die Ereignisse dicht zusammen. Der zweite Teil verdient daher auch die Bewunderung die man ihm stets zollte, der erste aber leidet in der Tat an erheblichen Schwächen. Die Metrik weist Besonderheiten auf, die unser Epiker nur aus der Vorlage übernommen haben kann, zumal sie zu seiner Zeit nicht mehr gebräuchlich waren, und zwar bezeichnenderweise weit mehr im zweiten Teil (vgl. 6). Ebenso treten altertümliche Worte und Wendungen wie balt, gram oder got von hime.le erst im zweiten Teil hervor. Alles zusammengenommen spricht dafür, daß unser Epiker zwei verschiedene Vorlagen benutzte, im ersten Teil eine bedeutend kle'nere, ein Lied von Siegfrieds Tod mit etwa 200 Zweizeilern, im zweiten aber eine umfänglichere, kein Lied, sondern ein Epos von der Nibelunge Not mit etwa 400 Strophen. In der zweiten Vorlage, der „ ä l t e r e n N o t " , behielt der Epiker, ein Mann aus dem bairisch-österreichischen Land,
Der Dichter des Nibelungenliedes
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etwa um 1160 die Gestalt der Sage im ganzen bei. Seine Leistung bestand nicht im Umgestalten, sondern im Erweitern; er setzte das Lied ins Epos um, schwellte von liedhafter Knappheit zu epischer Breite auf. Er vermehrte die Szenen etwa aufs Zwölfiache uhd die Personen etwa aufs Doppelte. Von kaum einem andern Dichter erfuhr die Nibelungensage eine solche Vermehrung der Auftritte und Gestalten. Er erfand die Gestalt Rüdegers, die ihn unsterblich machte. Auch nahm er eine neue Form, die Nibelungenstrophe. Das z w e i t e L i e d v o n S i e g f r i e d s T o d aber, noch ein Lied mit schneller Handlung und wenigen Menschen, wenn auch wohl doppelt so umfänglich wie das erste, ist an mehreren Stellen stofflich geändert; doch ging das alles vermutlich davon aus, daß Kampfspiele für den Flammenritt eintraten. Freierprobe und Beilager werden voneinander getrennt; Brünhild wird die überirdische Kraft mit dem Magdtum geraubt und zwar erst in der Brautnacht. Jetzt kann sich Brünhild nur darüber beschweren, daß Siegfried das Beilager ausplauderte, und sie tut das öffentlich. Auch darin, daß Brünhild Gunther fesselt und an einem Nagel aufhängt, wird der gründliche seelisohe Wandel deutlich. Literatur zur Sage: maßgebend und in den Grundzügen nicht erschüttert A. Heusler, Nibelungensage und Nibelungenlied, 4. Ausg. 1944; H. Schneider, Germanische Heldensage I (1928), 5. 73S., 384ff.; umstürzend, aber bisher abgelehnt D. v. Kraliks Forschungen, von denen der erste fast 900 Seiten umfassende Teil erschien: „Die Sigfridtrilogie im Nibelungenlied und in der Thidrekssaga" 1941 (vgl. W. Mohr in Dichtung and Volkstum 42, 1942, S. 83ff.; H. Schneider im Anz. f. dt. Altertum 60, 1941, S. 59ff.); statt des einen Siegfriedliedes, das allerdings eine recht schmale Vorlage des ersten Teiles ist, sucht H. Schneider, „Die deutschen Lieder von Siegfrieds Tod" (1947), zwei zu gewinnen, Th. Frings setzt ein rhein. Kurzepos des 12. Jahrhunderts an (Paul-Braunes Beitr. 72,1950, S. 499): H. Kahn „Kriemhilds Hort und Bache" Festschrift Kluckhohn-Schneider 1948. S. 84ff. 5. Der Dichter des Nibelungenliedes. Von unserm Epiker kennen wir nicht den Namen. Das dürfte er wohl selber beabsichtigt und damit die Tradition des Heldenliedes bewußt fortgesetzt haben, der das doch eigentlich erst von ihm begründete Heldenepos zu einem guten Teil folgt. Er war sicherlich ritterlicher Herkunft und besaß geistliche Bildung; er
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Einleitung
gehörte aber nicht zu den Berufsrittern oder Berufsgeistlichen, sondern war ein Berufssänger, der unbegütert die Gunst der größeren Höfe zu erwerben trachten mußte. Nicht nur darin war er Walther von der Vogel weide gleich; er muß mit ihm, seinem Zeitgenossen und Landsmann, auch an den Höfen in Passau und Wien zusammengetroffer sein. In dem Menschenalter, das ihn von seinem Vorgänger und auch Landsmann, dem Dichter der „Älteren Not", trennte, hatte sich die ritterliche Dichtung in Deutschland zur Blüte entfaltet und sich und ihre Hörer zu neuen Ansprüchen erzogen. Was inhaltlich und formal noch kurz zuvor gefallen hatte, galt jetzt nicht mehr als fein und wurde verpönt. Die „Ältere Not" klang jetzt zu veraltet und zu derb neben den neuen höfischen Epen. In denen hatten sich Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg und Wolfram von Eschenbach den neuen Idealen höfischer Kultur und der fremden Welt der keltisch-französischen Fabeln hingegeben. Unser Epiker fühlte sich getrieben, die Nibelungensage in der neuen Äit so darzustellen, daß sich das Werk einen Platz neben den welschen Ritterromanen eroberte. E r wollte die alte Welt der germanischen Becken in ritterlicher Verklärung bieten, die „Ältere Not" sozusagen in eine höfische Dichtung umarbeiten. Das höfische Verfeinern, die Kleider und Feste, Turniere und Empfänge usw. brachte er an, wo er nur konnte, im ersten Teil mehr als im zweiten, erreichte damit aber nicht den Stand der höfischen Ritterromane (der Ritter z. B. heißt noch recke, helt, degen). Wenn er auch damit tiefer wirkte als mit der Christianisierung, die bis auf Rüdegers Seelenkampf im Äußerlichen haften bleibt, so erneuerte er doch nicht vom Höfischen her die Sage von Grund auf, sondern erwarb sich gerade dadurch ein unsterbliches Verdienst, daß er die heroische Tragik der alten Fabel, für die er tief empfänglich war, beibehielt und in die höfische Kultur der Stauferzeit hinübertrug. Den zweiten Teil, den er schon in epischer Darstellung vor sich hatte, steigerte er aufs Zwei- bis Dreifache. Siegfrieds Tod aber lag ihm nur als Lied vor; den mußte er ins Epos umsetzen und aufs etwa Zehnfache ausbauen, um ihn so mit dem zweiten Teil ins Gleichgewicht zu bringen. Das Aufschwellen besorgte er schon durch die Sprache; er liebte den Wortreichtum und die Wiederholung. Gern schilderte er Botenfahrten, Reisen, Feste u. dgl. und spiegelte darin das Treiben der Höfe, an denen er verkehrte, sicherlich zu deren
Der Dichter des Nibelungenliedes
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Entzücken. Er wußte auch Seelisches beredter darzustellen, Gefühle und Menschen eingehender zu schildern sowie Lyrisches seiner Begabung entsprechend eindrucksvoll einzufügen. Vor allem aber verbreiterte er dadurch, daß er Personen, Szenen und ganze Zwischenakte neu erfand und einbaute. Seine Gestalten sind zwar keine leeren Statisten und unterscheiden sich in ihrer Art voneinander, aber sie sind nicht so gut umrissen und nicht so gewichtig wie die seines Vorgängers. Zur Ausweitung des ersten Teils reichte seine Phantasie oft nicht aus. Davon zeugen Unebenheiten, Widersprüche, breite, flache Strecken, an Bewegung und Gehalt, arm. Dabei setzte er sich noch ein anderes Ziel, nämlich die Siegfried- und die Burgundensage endlich zu vereinigen. Hier brauchte er nur die beiden Sagen, die ja schon jener Baier um 800 aufeinander abgestimmt hatte, äußerlich zu verknüpfen und sie in Gehalt und Gestalt miteinander in Einklang zu bringen, d. h. sachliche Widersprüche zu beseitigen, Gestalten des einen Stücks auch im andern auftreten zu lassen oder Kriemhild als beherrschende Gestalt herauszuarbeiten. Doch konnte er Kriemhild nicht im zweiten Teil vor die Burgunden stellen. Wohl aber ist es sein großes Verdienst, bei ihr den Wandel von der glücklich liebenden Gattin zur unmenschlichen Rächerin so dargestellt zu haben, daß er glaubhaft wirkt. Der Quantität nach dürfte kein zweiter Dichter so viel zur Nibelungensage hinzugedichtet haben wie unser Epiker, der alle Gestalten und alles Geschehen umformte. So sehr er dabei Form und Inhalt höfisch zu veredeln suchte, so sehr erhielt er auf der andern Seite die alte Tragik in ihren Grundzügen und schuf sogar Neues in jenem heroischen Geiste, s. etwa die 29. Aventiure. Freilich bleibt das Höfische oft leer und kann nicht mit dem Heroischen voll verschmelzen. Wie sehr er sich als Dichter bewährte und seine Ziele erreichte, lehrt der gleich durchschlagende Erfolg seines Weikes im Mittelalter, das in ihm das abschließende Meisterweik der Nibelungensage sah. Erst im 19. Jahrhundert kam sie wieder in die Hand wirklicher Dichter, von denen nur Friedrich Hebbel und Siegfried Wagner genannt seien; dazu jetzt etwa das Drama Max Mells ,,Der Nibelungen N o t " 1951. Zu der absichtlich nur stoffgeschichtlichen Betrachtung vgl. die weitere Literatur: G. Ehrismann, ,,Gesch. der deutschen Lit.", Schlußband (1935) S. 123ff.; F. Neumann im Verfasserlexikon, „Die deutsche Lit. des Mittelalters" I I I (1940) t
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Einleitung
S. 513ÜF.; J. Schwietering, „ D i e deutsche Dichtung des Mittelalters" S. 197ff.; H . de Boor, Einleitung seiner genannten Ausgabe; F . Panzer, „Studien zum Nibelungenliede" (1945); F . Maurer , L e i d " 1951, S. 13 ff. — Übersetzung: K . Simrock 1827, o f t aufgelegt und z. T . bearbeitet. E . L u b r i c h „ D i e neuhochdt. Üoersetzungen des Nibelungenliedes" Diss. H a m b u r g 1B51 (Masch.). 6. Die metrische Form. Die Nibelungenstrophe besteht aus vier Laugzeilen und diese hinwiderum aus je einem A n v e r s und einem Abvers. Die Langzeilen haben paarigen Schlußreim (aabb). A l l e Anverse sind Viertakter mit klingendem Ausgang, die ersten drei Abverse aber Dreitakter mit stumpfem und der vierte A b v e r s ein Viertakter ebenfalls mit stumpfem Ausgang. V o n der regelmäßigen Füllung des Taktes m i t Hebung und Senkung macht besonders der zweite T a k t des vierten Abverses eine Ausnahme: ihm fehlt meist die Senkung. Der A u f t a k t im An- wie im A b v e r s ist frei. Somit ergibt sich folgendes B i l d der Strophe: (x)| XX
I XX
I X I X
(X)| XX
(X)| XX
I XX
I X I X
(x)| XX I XX
I XX
|x | X
a
(X)| XX
I XX
I X I X
(x)| XX
I XX
| X
b
(X)| XX
I XX
I X I X
(X)| XX
I x(x)| XX
E3 wüohs in Bürgönden
ein vil edel mdgedin,
dt) 3 in Allen ländin
niht sch&ners rnöhle sin,
a
I xb
Kriemhllt geheimen: si wart ein sccene wtp. dar ümbe miiosen degene vil Verliesen den Up. Der normale Wechsel von einsilbiger Hebung und Senkung herrscht auch im Nibelungenlied vor. Sein Dichter liebt es, weder die beschwerte Hebung (Hebung auf einer langen, starkbetonten Silbe, der die Senkung fehlt, s. 0. Bürgonden, Kriemhllt, verlie.sin) zu häufen noch den A u f t a k t oder die Senkung o f t zwei oder gar drei Silben umfassen zu lassen (s. o. ein vil als A u f t a k t ) . Dabei ist die Silbenverschleifung auf der Hebung und auf der Senkung in Rechnung zu stellen: wenn die Stammsilbe eines Wortes kurz ist und die folgende Silbe ein unbetontes e enthält, so gilt die Hebung als einsilbig (s. 0. degene) und der betreffende Versausgang als einsilbig-stumpf (z. B. klagen: sägen Str. 1); ebenso gilt die Senkung als einsilbig, wenn die beiden Silben durch zwei unbetonte kurze V o k a l e
Die metrische Form
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gebildet werden, die nur durch einen Konsonanten getrennt sind. — Ferner kann ein unbetontes e im Auslaut abgeworfen werden, wenn das folgende Wort vokalisch beginnt (künde in dirre Str. 13). Ein unbetontes e zwischen gleichen Konsonanten kann ausgestoßen werden (einen > ein, eine.me > eime). Unbetonte Wörter können sich an das vorhergehende Wort anlehnen, so daß ihr Vokal ganz ausfällt: bringe in > bringen 375, wellen si > wellens 406, giengen des > giengens 37) oder auch an das folgende (ze einen > zeinen 31). Eine altertümliche Besonderheit, die noch aus der älteren Praxis der „Älteren Not" herrührt, ist der klingende Ausgang des Abverses, der sich überwiegend im zweiten Teil des Epos findet. Dieser Ausgang kommt zweisilbig (Voten : guoten 14) zweimal im ersten und lOmal im zweiten Teil vor, dreisilbig (Hagene : degene 1993) 8mal im ersten und 57mal im zweiten Teil. Bei den letzten zeigt sich das Altertümliche noch in der Unreinheit, die mehr als die Hälfte der Fälle (36) umfaßt. Umgekehrt findet sich im Anvers statt des vorherrschenden klingenden Ausgangs auch stumpfer, und zwar gegen 800mal, oft von Namen wie Hildebrant u. ä. gebildet. 143mal ist der vierte Anvers der Strophe so gebaut und stimmt dann mit dem vierten Ab vers überein; doch unterscheidet sich der Ab vers meistens vom Anvers durch die beschwerte Hebung im zweiten Takt, nur 7mal fehlt sie, und dann sind die beiden Hälften der vierten Langzeile ganz gleich, s. z. B. 1012 Unt wésse ich wer ¿3 hét getdn, ich riete im immer sînen têt. Gereimt sind gelegentlich auch die Anverse (Cäsurreime), 30mal in der ersten Strophenhälfte und 12mal in der zweiten. Daß diese 12 nur durch Zufall entstanden sind, zeigt sich daran, daß 6 von ihnen rührend (z. B. 3-liehe : -liehe) und darunter sogar 2 identisch sind (z. B. vil gerne : vil gerne 1418). Unter den 30 Cäsurreimen in V. 1:2 aber befinden sich nur 3 rührende, von denen keiner zu den verpönten identischen gehört. Das bedeutet: unser Epiker erstrebte diesen Cäsurreim nicht, empfand ihn aber nicht als regelwidrig. Der Gliederung der Strophe schmiegt sich im allgemeinen der sprachliche Aufbau an. Nicht selten ist der Satzbau dem Reim entsprechend nach der zweiten Langzeile eingeschnitten, meistens aber überhaupt nach den Langzeilen und auch nach den Cäsuren. Durch häufige Überschneidungen („Brechungen") wird dieser Aufbau nicht eintönig. Im vierten Abvers, der sich im Stiophenbau durch seine Größe als Schlußglied heraushebt, Der Nibelunge N ô t
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Einleitung
wird gern der inhaltliche H ö h e p u n k t der Strophe geboten. Freilich besaß der Dichter oft nicht die K r a f t , bis zur vierten Langzeile d u r c h z u h a l t e n ; er h a t t e sich schon nach der d r i t t e n m i t seinem Gedankengang verausgabt u n d vermochte die vierte nur m i t leerem Flickweik zu füllen. Wenn gerade das letzte Drittel des Epos sich d a d u r c h auszeichnet, d a ß hier a m häufigsten der Sprachinhalt der Strophe in der letzten Langzeile gipfelt, so ist auch das darin b e g r ü n d e t , daß der Dichter hier auf besserer Vorlage f u ß t . Den N a m e n erhielt diese Strophe durch den U m f a n g u n d die überragende Bedeutung des Nibelungenlieds. Sie wurde von den meisten jüngeren Heldenepen übernommen u n d im „ H i l d e b r a n d s t o n " u n d in der „ K u d r u n s t r o p h e " weitergebildet, über das Mittelalter hinaus v e r w a n d t u n d von Ludwig U h l a n d neu belebt. Geschaffen ist sie nicht vom Dichter der „Älteren N o t " , sondern vermutlich von Dem von K ü r e n b e r g , der seine Lieder etwa 1150—70 in dieser Strophenform a b f a ß t e u n d die Langzeilenstrophe der Heldenlieder dazu a u s b a u t e . L i t e r a t u r : H a b e r m a n n in Meiker-Stammlers Reallex. der d t . Litgesch. I I (1928) S. 496ff. 7. Zur Schreibweise und zu den Doppelformen des Textes. I n den kritischen Ausgaben m i t t e l h o c h d e u t s c h e r W e r k e s u c h t m a n heute, soweit irgendmöglich, die Gestalt des Originals auch in der Schreibung wiederherzustellen, d. h. nicht m e h r wie f r ü h e r zu normalisieren, weil das keine H a n d s c h r i f t b i e t e t . D e s h a l b ist das Aussehen des folgenden. T e x t e s b u n t , obwohl das Nibelungenlied in dieser H i n s i c h t noch nicht g e n ü g e n d u n t e r s u c h t i s t : v wechselt m i t f(vriunt -friunl, Stvrit - Sifrit), sc m i t sch (sccene - schcene, marscalch - marschalch), h m i t ch (iuh - iueh, höh - u n d höchgezit, niht - nicht), iw, das den gleichen L a u t w e r t besitzt wie iuw, m i t iuw (iwer • iuwer), d, b, g m i t t, p, c (und - unt, bin • pin, truog - truoc...) wohl ebenfalls jeweils f ü r den gleichen L a u t w e r t oder sanfte - samfle - sampfte. G e n a n n t seien andere D o p p e l f o r m e n , die n i c h t orthographischer, sondern g r a m m a t i s c h e r A r t sind, wie e t w a die d u r c h T o n a b s c b w ä c h u n g hervorgerufenen da - da, dö - do, jd-ja, sö - so, Verliesen - vliesen oder di - die, wi - wie oder es is, e3 - ¿3 oder F o r m e n wie hell - helet, helde - helede oder fiant, fient, fint.
Der Nibeliinge Nôt I. Ä V E N T I U R E . E3 wuohs in Burgonden ein vil edel magedin, da3 in allen landen niht schoeners mohte fin, Kriemhilt geliehen, sie wart ein schoone wip. dar umbe muosen degene vil V e r l i e s e n den lip. Ir pflägen diie künege edel unde rieh, Gunther unde Gernot, di recken lobelich, und Giselher der junge, ein Ü3 erweiter degen. diu frouwe was ir swester, die fürsten hetens in ir pflegen. Die herren wären milte, von arde hohe erboro, mit kraft unmäjen küene, di recken Ü3 eikorn. da zen Burgonden so was ir lant genant. si frumten starkiu wunder sit in Etzelen lant. Ze Worme3 bi dem Rine si wonten mit ir kraft. in diente von ir landen vil stolziu ritterseaft mit lobelichen eien unz an ir endes zit. si stürben sit jaemerliche von zweier edelen frouwen nit. Die folgenden Strophen der Einleitung, die bisher in den Ausgaben im T e x t oben stehen und danach gezählt sind, entstammen nicht dem Oiiginal, sondern sind erst später, zumeist in der /¿ei-Gruppe, hinzugedichtet: Uns ist in alten meeren wunders vil geseit von helden lobebaeten, von giÔ3er arebeit; von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen, von küener recken strîten muget ir nu wunder hoeren sagen. Der minneclîchen mägede triuten wol gezam. ir muoten küene recken, niemen was ir gram. âne mâ3en schœne sô was ir edel lîp, der junevrouwen tugende zierten anderiu wîp. Ein rîchiu küneginne, frou Uote ir muoter liiej, ir vater der hie3 Dancrät, der in diu erbe lie3 sît nâch sîme lebene, ein ellens rîcher man, der ouch in sîner jugende grÔ3er êren vil gewan.
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I. Âventiure
In disen höhen êren troumte Kriemhilde, wie si Züge einen valken starc, scœne und wilde, den ir zwêne am erkrummen, da3 si da3 muoste sehen, ir enkunde in dirre werlde leider nimmer gescehen. Den troum si dô sagete ir muoter Uoten. sine kundes niht besoeiden bag der guoten : „der valke den du ziuhest, d a j ist ein edel man: in welle got behüeten, du muost in sciere vloren hân." ,,Wa3 saget ir mir von manne, vil liebiu muoter mîn? âne recken minne sô wil ich immer sin. sus scœne ich wil belîben unz an mînen tôt, da3 ich von mannes minne soi gewinnen nimmer nôt." Die drîe künege wären, als ich gesaget hân, von vil hôhem eilen; in wären undertân ouch di besten recken, von den man hat gesaget, starc und vil küene, in scarpfen stiîten unverzaget. Da3 was von Tronege Hagene und ouch der bruoder sin, Dancwart der vil snelle, von Metzen Ortwîn, di zwêne marcgrâven Gère und Ekkewart, Volkêr von Alzeye, mit ganzem eilen wol bewart. Rûmolt der kuchenmeister, ein Û3 erweiter degen, Sindolt und Hûnolt, dise herren muosen pflegen des hoves unt der êren, der drîer künege man. si heten noch manegen recken, des ich genennen niene kan. Dancwart der was marscalch, dô was der neve sin truhsae3e des küneges, von Metzen Ortwîn. Sindolt der was scenke, ein Û3 erweiter degen. Hûnolt was kamersere; si künden höher êren pflegen. Von des hoves krefte und von ir witen kraft, von ir vil höhen werdekeit und von ir riterschaft, der di herren pflâgen mit vröuden al ir leben, des enkunde iu ze wäre niemen gar ein ende geben. „ N u versprich e3 niht ze sêre", sprach aber ir muoter dô. „soltu immer herzenliche zer werlde werden vrö, da3 geseiht von mannes minne. du wirst ein scœne wip, ob dir noch got gefüeget eins rehte guoten riters lîp." „Die rede lât belîben", sprach si, „frouwe min. e3 ist an manegen wîben vil dicke worden sein, wie liebe mit leide ze jungest Ionen kan. ch sol si mîden beide, son kan mir nimmer missegân."
Von Sîfride Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac. sit lebte diu vil guote vil manegen lieben tao, da3 sine wesse niemen den minnen wolde ir lip. sit wart si mit Sren eins vil küenen recken wip.
II. Â V E N T I U R E , VON SÎFRIDE. Dô wuohs in Niderlanden eins edelen küneges kint, des vater der hie3 Sigemunt, sin muoter Sigelint, durch sînes lîbes Sterke er reit in menegiu lant. hey wa3 er sneller degene sît zen Burgonden vant! In sînen besten zîten, bî sînen jungen tagen, man möhte michel wunder von Sîvride sagen, wa3 êren an im wüehse und wie scoene was sîn lîp. sit heten in ze minne diu vil w«etlichen wip. Man zôch in mit dem vlÎ3e, als im da3 wol gezam. von sin selbes muote wa3 tugende er an sich nam ! des wurden sît gezieret sines vater lant, da3 man in ze allen dingen sô rehte hêrlîchen vant. E r was nu sô gewahsen, d a j er ze hove reit, die liute in sähen gerne ; manec frouwe und manec meit im wünschten, da3 sîn wille in immer trüege dar. holt wurden im genuoge, des wart der herre wol gewar. Vil selten âne huote man rîten lie da3 kint. in hie3 mit kleidern zieren Sigmunt und Siglint. sîn pflâgen ouch die wîsen, den ère was bekant. des mohte er wol gewinnen beidiu liute unde lant. Der was der selbe valke, den si in ir troume sach, den ir besciet ir muoter. wi sère si da3 räch an ir nsehsten màgen, die in sluogen sint! durch sin eines sterben starp vil maneger muoter kint. in einer riehen bürge, witen wol bekant, nidene bi dem Rine, diu was ze Santen genant. Sivrit. was gehei3en der snelle degen guot. er versuochte vil der riche durch ellenthaften muot.
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II. Äventiure
Nu was er in der sterke, da3 er wol wäfen truoc ; swes er dar zuo bedorfte, des Jag an im genuoc. er begunde mit sinnen werben scoeniu wip, die trüten wol mit eren des küenen Sivrides ltp. Do hie? ain vater Sigmunt künden slnen man, er wolde tiöchgezite mit lieben vriwenden hän. diu msere man dö fuorte in ander künege lant. den vremden und den künden gab er ros und guot gewanl. Swä man vant deheinen der riter solte sin von art der sinen mäge, diu edeln kindelin diu ladet man zuo dem lande durh die höhgezit, mit dem jungen künege swert genämen si sit. Von der höchgezite man möhte wunder sagen. Sigmunt unde Siglint die mohten wol bejagen mit guote michel ere, des teilte vil ir hant. des sach man vil der vremden zuo zin riten in da3 lant. Vier hundert swertdegene die solten tragen kleit mit samt Sivüde. vil manec scoeniu meit von werke was unmüejec, wan si im waren holt; vil der edelen steine die frouwen leiten in das g°lt, Die si mit porten wolten winken üf ir wat den jungen stolzen recken, des newas niht rät. der wirt der hie3 dö sidelen vil manegen küenen man, ze einen sunewenden da Sivrit wol riters namen gewan. Dö gie ze einem münster vil manec richer kneht und manec edel liter. die wisen heten reht, da? si den tumben dienten, als in was e getan. si heten kurzwile und ouch vil maneger vreuden wän. Gote man dö zen eren eine messe sanc. dö huop sih von den liuten vil michel der gedranc, da si ze riter wurden nach riterlicher e mit also gröjen eren, da3 wsetlich immer mer erge. Si liefen da si funden gesatelt manec marc. in hove Sigmundes der bühurt wart so starc, da3 man erdie3en hörte palas unde sal. die höhgemuoten degene die heten grce3lichen schal. Von wisen und von tumben man hörte manegen stöj, da3 der scefte brechen gein den lüften dÖ3trunzüne sach man vliegen für den palas dan von maneges recken hende; da3 wart mit vli3e getan
Von Sifride
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Der wirt der bat e3 lä3en, dö zöch man diu maro. man saeh ouuh da zebrochen vil manege buckel starc, vil der edelen steine gevellet üf da3 gras ab liehten schildes spangen, von hurten da3 gescehen was. D o giengena wirtes geste da man in sitzen riet. vil der edelen spise si von ir müede seiet unt win der aller beste, des man in vil getruoe, den vremden und den künden bot man eren da genuoo. Swie vil si kurzwlle pflägen al den tao, vil der varender diete ruowe sich bewac; si dienten nach der gäbe die man da riche vant. des wart mit lobe gezieret alle3 Sigmundes lant. Der herre der hie3 Iihen Sivrit den jungen man lant unde bürge, als er het 6 getan. sinen swertgenÖ3en den gap do vil sin hant; dö liebte in diu reise, da3 si körnen in da3 lant. Diu höohgezit werte unz an den sibenden tac. Siglint diu riche nach alten siten pflac durh ir sunes liebe teilen röte3 golt. si kunde3 wol gedienen, da3 im die liute wären holt. Vil lützel man der varnder armen da vant. ros unde kleider da3 stoup in von der hant, sam si ze lebene heten niht mer deheinen tac. ich w»n ie ingesinde so größer milte gepflac. Mit lobelichen eren sohiet sich diu höohgezit. von den riehen herren hörte man wol sit, das si den jungen wolden ze eime herren hän; de3 engerte niht her Sivrit, der vil wffitliche man. Sit da3 noch beide lebeten, Sigmunt und Siglint, niht wolde tragen kröne ir beider liebe3 kint; doch wolder wesen herre für allen den gewalt des in den landen vorhte der degen küene unde balt.
III. Ä V E N T I U R E ,
WIE SlFRIT ZE WOIIHZE KOM (Str. 44—138). Siegfried hört von der ungewöhnlichen Schönheit der burgundischen Königstochter Kriemhild, die bisher ihre vielen Werber abwies. Obwohl ihn sein Vater Siegmund vor den stolzen Burgunden,
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III. Äventiure
besonders vor Hagen warnt, reitet er mit elf seiner Mannen kostbar ausgestattet in sieben Tagen nach Worms. Am Burgundenhof erkennt ihn Hagen allein und erzählt Jung-Siegfrieds wunderbare Taten. Also sprach do Hagene: „ i c h wil des wol verjehen, swie ich Sivüden nimmer habe gesehen, so wil ich wol gelouben, swie e3 dar umbe stät, da3 e3 si der recke, der dort so herlichen gät. Er bringet niuwemsere her in ditze lant. die küenen Nibelunge sluoc des beides hant, Schilbunc und Nibelungen, diu riehen küneges kint. er frumte staikiu wunder mit siner grÖ3en krefte sint. Da der helt al eine an alle helfe reit, er vant vor einem berge, d a j ist mir wol geseit, bi Nibelunges horde vil manegen küenen man; die wären im e vremde, unz er ir künde da gewan. Hort der Nibelunges der was gar getragen Ü3 eime holen berge, nu hceiet wunder sagen, wie in wolden teilen der Nibelunge man. da3 sach der dogen Sivrit, den helt es wundern began. E r kom zuo zin so nähen, da3 er die helde sach und ouch in die degene. ir einer drunder sprach: „ h i e kumt der starke Sivrit, der helt von Niderlant." vil seltsseniu msere er an den Nibelungen vant. Den recken wol enpfiengen Schilbunc und Nibelunc. mit gemeinem räte die edlen fürsten junc den scaz in bäten teilen den wsetlichen man, und gerten des mit vli3e; der herre loben in3 began. Er sach so vil gesteines, sö wir heeren sagen, hundert kanzwägene e3 möhten niht getragen; noch me des röten goldes von Nibelunge lant, da3 solde in alle3 teilen des küenen Sivrides hant. D o gäben si im ze miete da3 Nibelunges swert. si wären mit dem dienste vil übele gewert, den in dä leisten solde Sivrit der helt guot. ein kunde3 niht verenden, si wären zornec gemuot.
Wie Sifrit ze Wormze kom
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Si heten da ir friunde zwelf küene man, da3 staike risen wären, w a j kunde3 si vervän? die sluoc sit mit zorne diu Sivrides hant, und recken siben hundert twang er von Nibelunge lant Mit dem guoten swerte, da3 hie3 Balmunc. durch die starken vorhte vil manec recke junc, die si zem swerte h&ten und an den küenen man, da3 lant zuo den bürgen si im täten undertän. Dar zuo die riehen künege die sluog er beide toter kom von Albriche sit in giÖ3e not. der wände sine herren rechen dä zehant, unz er die giÖ3en sterke sit an Sivride vant. Done kund im niht gestalten da3 starke getwerc. alsam die lewen wilde si liefen an den berc, dä er die tarnkappen sit Albliche an gewan. dö was des holdes herre Sivrit der vi eisliche man. Die dä torsten vehten, die lägen alle erslagen. den scaz den hie3 er balde füeren unde tragen dä in dä vor dä nämen di Nibelunges man. Alblich der vil starke dö die kameien gewan. E r muos im sweren eide, er diente im so sin kneht. aller hande dirge was er im geieht." sö sprach von Tionege Hagene, ,,da3 hät er getän, also grÖ3er krefte nie in er recke gewan. Noch wei3 ich an im mere, da3 mir ist bekant. einen lintrachen den sluoc des heledes hant. er badet sich in dem bluote, sin hüt wart hurnin. des snidet in kein wäfen, da3 ist dicke worden schin. Wir suln den herren enpfähen deste ba3, da3 wir iht verdienen des jungen recken ha3sin lip der ist so küene, man sol in holden hän: er hät mit siner krefte so menegiu wunder getän." Gunther und seine Recken gehen Siegfried zum Empfang entgegen. Der fordert den Burgundenkönig zum Kampf um ihrer beiden Länder und Burgen heraus. Hagen, Oernot und Ortivin wollen nichts davon, wissen. Als ihm Gunther ehrenvollste Aufnahme bietet, läßt sich Siegfried schließlich besänftigen. In den Ritterspielen übertrifft er alle. Stets denkt er an Kriem.hild, be-
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IV.—V. Äventiure
kommt sie. aber ein ganzes Jähr hindurch nicht zu sehen, während, sie ihm beim Stein,- oder Speerwerfen, heimlich durchs Fenster zuschaut. IV. Ä V E N T I U R E , WIE E R MIT DEN SAHSEN STREIT (Str. 139—264).
König Liudeger von Sachsen und König Liudegast von Dänemark sagen den Burgunden durch Boten Fehde an. Siegfried erklärt sich sofort bereit, mit 1000 Burgunden den Kampf aufzunehmen. Er erhält die Oberleitung, Hagen ist scarmeister. Volker Bannerträger; Dankwart und Ortwin ubernehmen die Nachhut; auch Oernot, Hunold und Sindbold reiten mit. Vom Rhein zieht das Heer durch Hessen nach Sachsen. An der Grenze trifft Siegfried auf Liudegast, die beide die Vorhut haben, verwundet ihn und nimmt ihn gefangen; von den dreißig Dänen, die ihrem König zu Hilfe eilen, entrinnt nur einer dem Tode. Dann stoßen die Heere aufeinander. Nachdem sich Siegfried dreimdl durchs feindliche Heer gehauen hat, begegnet er Liudeger, der ergibt sich, als er seinen Gegner erkennt. 500 werden gefangen. Einer der Siegesboten nach Worms ist für Kriemhild bestimmt und berichtet ihr ausführlich. Sie freut sich besonders, daß Siegfried glücklich heimkehrt. Nach dem Einzug in Worms läßt Gunther den gefangenen Königen Bewegungsfreiheit und bewegt Siegfried, am Hof zu bleiben. Man rüstet auf ein Siegesfest in sechs Wochen. V. Ä V E N T I U R E , WIE SiFRIT KRIEMH ILDE A L L E R E R S T E GESACH (Str. 265—324).
Das Siegesfest beginnt Pfingsten und dauert zwölf Tage. Auf Ortwins Vorschlag erscheinen auch die Edelfrauen; unter ihnen leuchtet Kriemhild hervor: sam der liehte mäne vor den Sternen st&t, des sein so lüterliche ab den wölken gät (Str. 283). Wie Gernot rät, begrüßt Kriemhild Siegfried als ersten. So sieht er sie zum erstenmal, geht glücklich Hand in Hand mit ihr und wird von ihr geküßt. Nach der Messe dankt sie ihm für seine Taten. Gunther beschenkt die Freunde und läßt auf Siegfrieds Rat die Feinde gegen Zusicherung der Urfehde ohne Lösegeld frei. Da Siegfried Kriemhild täglich sieht, läßt er sich schnell durch Giselher zum Bleiben bewegen.
Wie Gunther gên Islande nach Priinhilde fuor
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VI. Â V E N T I U R E , WIE GTJNTHEE GÊN ÎSLANDE NÂCH PRÜNHILDE FUOR. Iteniuwe msere sich huoben über Rîn. man sagte, da3 dâ waere manec scœne magedîn. der gedâht im eine erwerben Gunther der künec guot; dâ von begunde dem recken vii sère höhen der muot. E3 was ein küneginne gese33en über sê, ir gelîche enheine man wesse ninder mê. diu was unmâ3en scœne, vil michel was ir kraft. si SCÔ3 mit snellen degenen umbe minne den scaft. Den stein den warf si verre, dar nâch si wîten spranc. swer ir minne gerte, der muose âne wanc di'iu spil an gewinnen der frouwen wol geborn; gebrast im an dem einen, er hete da3 houbet sîn verlorn. Des het diu juncfrouwe unmâ3en vil getân. da3 gehörte bî dem Rine ein riter wol getân, der wände sine sinne an da3 scœne wîp; dar umbe muosen helede sît, Verliesen den lîp. Dô sprach der vogt von Rine: „ich wil nider an den sê hin ze Priinhilde, swi e3 mir ergê. ich wil durch ir minne wägen mînen lîp; den wil ich Verliesen, sine werde mîn wîp." ,,Da3 wil ich widerraten", sprach dô Sîvrit. ,,jâ hât diu küneginne sô vreislîche sit, swer umb ir minne wirbet, da3 e3 im höhe stât. des muget ir der reise haben wseilîchen r ä t . " ,,Sô wil ih iu da3 râten", sprach dò Hagene, ,,ir bittet Sîviide mit iu ze tragene die vil starken swsere, da3 ist nu mîn rät, sît im da3 ist sô kündec wi e3 um Prünhilde stât." Er sprach: ,,wil du mir helfen, edel Sîvrit, werben die minneclîchen? tuostu, des ich dich bit, und wirt mir zeime trûte da3 minneclîche wîp, ich wil durch dînen willen wägen ère unde lîp." Des antwurte Sîvrit, der Sigmundes sun: „gîstu mir dîne swester, so wil ich e3 tuon, die scoenen Kriemhilde, ein küneginne hêr, sô ger ich deheines lônes nâch mînen arbeiten mêr."
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VI. Aventiure
,,Da3 lobe ich", sprach dö Gunther, „Sivrit, an dine hant. und kumt diu scoene Prünhilt her in ditze lant, so wil ich dir ze wibe mine swester geben, s6 mahtu mit der sccenen immer vrcejiche leben." Des swuoren si do eide, die recken vil her. des wart ir arebeiten verre deste mer, e da3 si die frouwen brähten an den Rin. des muosen die vil küenen sit in gröjen sorgen sin. Sivrit der muose füeren die kappen mit im dan, die der helt vil küene mit sorgen gewan ab eime getwerge, da3 hie3 Albiich. sich bereiten zuo der verte die recken küene unde rieh. Alsö der starke Sivrit die tarnkappen truoc, so het er dar inne krefte genuoc, zwelf manne Sterke zuo sin selbes lip. er warp mit grÖ3en listen da3 vil herliche wip. Ouch was diu selbe tarnhüt also getan, da3 dar inne worhte ein ieslicher man swa3 er selbe wolde, da3 in doch niemen sach. sus gewan er Prünhilde, da von im leide gescach. , ,Nu sag mir, degen Sivrit, e da3 min vart erge, da3 wir mit vollen eren komen an den se, suln wir iht rec ken füeren in Prünhilde lant? dri3ec tüsent degene die werdent sciere besant." ,,Swie vil wir volkes füeren," sprach aber Sivrit, ,,ez pfligt diu küneginne so vreislicher sit, die müesen doch ersterben von ir übeimuot. ich sol iueh ba3 bewisen, degen küene unde guot. „Wir suln in recken wise varn ze tal den Rin. die wil ich dir nennen, die da3 sulen sin. selbe Vierde degene varn wir an den se, so erwerben wir die frouwen, swi e3 uns dar näch erge. Der gesellen bin ich einer, der ander soltu wesen, der dritte daj si Hagene (wir mugen wol genesen), der vierde da3 si Dancwart, der vil küene man, uns endurfen ander tüsent mit stiite nimmer bestän." >,Diu msere wesse ich gerne", sprach der künec do, da3 wir hinnen füeren (des w®re ich harte vro), wa3 wir kleider solden vor Prünhilde tragen, diu uns da wol gezsemen; da3 sult ir Gunthere sagen."
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Wie Gunther gen islande nach Prünhilde fuor „Wät die aller besten die ie man bevant, die treit man zallen ziten in Prünhilde lant. des sulen wir richiu kleider vor der frouwen tragen, da3 wirs iht haben scande, so man diu msere Leere sagen." Do sprach der degen guoter: „so wil ich selbe gän zuo miner lieben muoter, ob ich erbitten kan, da3 uns ir scoenen mägede helfen prüeven kleit.. diu wir tragen mit eren für die herlichen meit." Do sprach von Tronege Hagene mit herlichen siten: ,,wa; weit ir iuwer muoter sölher dienste biten? lät iuwer swester hoeren, wes ir habet muot, so wirdet iu ir dienest zuo dirre hovereise guot." D6 enböt er siner swester da3 er si wolde sehen, und ouch der degen Sivrit. © da3 was gescehen, dö hete sich diu scoene ze wünsche wol gekleit. da3 komen der vil küenen da3 was ir mseßliche leit. Nu was ouch ir gesinde geziert als im gezam. die fürsten komen beide, dö si da3 vernam, do stuont si von dem sedele, mit zühten si dö gie da si den gast vil edelen und ouch ir bruoder enpfie. „Willekomen si min bruoder und der geselle sin. diu msere ich wiste gerne", sö sprach da3 magedin, ,,wa3 ir herren woldet, slt ir ze hove gät. da3 lät ir mich haaren wie3 iu edelen recken stät." D6 sprach der künec Gunther: „frouwe, ich WÜ3 iu sagen. wir müe3en michel sorgen bi hohem muote tragen. wir wellen liöfschen riten verre in vremdiu lant, wir solten zuo der reise haben zierlich gewant." „Nu sitzet, lieber bruoder", sprach da3 küneges kint, „und lät mich rehte hoeren, wer die frouwen sint, der ir dä gert mit minnen in ander künege lant." die Ü3 er weiten beide nam diu frouwe bi der hant. Do gie si mit in beiden dä si e dä saj, uf matra3 diu vil riehen, ich wil wol wi33en da3, geworht von guoten bilden, mit golde wol erhaben. si mohten bi den frouwen guote kurzwile haben. Friuntliche blicke und güteliche3 sehen, des mohte dä in beiden harte vil gescehen. er truoc si ime herzen, si was im so der lip. sit wart diu scoene Kriemhilt des starken Sivrides wip.
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V I . Âventiure
D ò sprach der künec r î c h e : ,,vil liebia sweater mîn, âne dîne helfe kunde3 niht gesîn. wir wellen kurzwîlen in Priinhilde l a n t , da bedorften wir ze habene vor frouwen hêrlîch g e w a n t . " D o sprach diu juncfrouwe: ,,vil lieber bruoder min, s w a j der mînen helfe dar an kan gesîn, des bring ich iuch wol innen, d a j ich iu bin bereit. versagt iu ander iemen, da3 wœre Kriemhilde leit. , , I r suit mich, riter edele, niht sorgende biten, ir suit mir gebieten mit hêrlîehen siten. swa3 iu von mir gevalle, des bin ich iu bereit, unt tuon e3 willeclîche", sprach diu wünnecliche meit. „ W i r wellen, liebiu swester, tragen guot gewant, da3 sol helfen prüeven iuwer edeliu h a n t ; des volziehen iuwer mägede, d a j e3 uns rehte s t â t ; wände wir der verte hân deheiner slahte r ä t . " D ò sprach diu juncfrouwe: ,,nu m e i k e t wa3 ich sage. ich hân selbe sîden, nu scaffet, da3 man trage gesteine uns ûf den Schilden, sô wuiken wir diu k l e i t . " des willen was dô Gunther und ouch Sîvrit bereit. , , W e r sint die gesellen", sprach diu künegin, ,,die mit iu gekleidet ze hove sulen s î n î " er sprach: „ich selbe Vierde, zwêne mine m a n , Dancwart und Hagene, suln ze hove mit mir gân. I r suit vil rehte mei ken, wa3 ich iu, frouwe, sage, da3 ich selbe Vierde ze vier tagen trage ie drîer hande kleider und also guot gewant, da3 wir âne scande rumen Prünbilde l a n t . " Mit guotem urloube die herren schieden dan. dô hie3 ir juncfrouwen drîjec meide gân Û3 ir keraenâten Kriemhilt diu künegin, die zuo sölhem weike heten grœ3lîchen sin. Die arâbischen sîden WÎ3 also der snê unt von Zazamanc der guoten grüen alsam der klê, dar în si leiten steine; des wurden guotiu kleit. selbe sneit si Kriemhilt, diu vil hêiïîuhe meit. Von vremder visee hiuten bezoc wol getân, ze sehene vremden liuten, swa3 man der gewan, die dahten si mit sîden, sô si si solden tragen. nu hceret michel wunder von der liehten wsete sagen.
Wie Gunther gén islande nàch Prünhilde fuor Von Marroch Ù3 dem lande und ouch von Lybiän die aller besten siden, die ie mèr gewan deheines küneges kiinne, der beten si genuoc. wol lie da^ seinen Kriemhilt, da3 si in holden willen truoc. Sit si der hohen verte heten nu gegert, härmine vederen dùhten si unwert. pfelle drobe lägen swarz alsam ein kol, da3 noch snellen heleden stüende in hòhgeziten wol. U3 arabischem golde vii gesteines seein. der frouwen unmuo3e diu newas niht klein, inre siben wochen bereiten si diu kleit. dò was ouch ir gewsefen den guoten recken bereit. Dò si bereitet wären, dò was in fif den Hin gemachet flÌ3eelichen ein stai ke3 sciffelin, da3 si tragen solde voi nider an den sé. den edelen junefrouwen was von arbeiten wè. Dò sagte man den recken, in wseren nu bereit, diu si dà füeren solden, ir zierlichen kleit, alsó si dà gerten. da3 was nu getàn, done wolden si niht langer bi dem Rine bestän. Näch den hergesellen wart ein böte gesant, ob si wolden scouwen niuwe3 ir gewant, ob e3 den helden wsere ze kurz oder ze lane. e3 was in rehter mä3e, des sagten si den frouwen danc. Für alle die si körnen, die muosen in des jehen, da3 si zer werlde héten be33ers niht gesehen. des mohten si si gerne dà ze bove tragen; von be33er recken wsete künde niemen niht gesagen. Vii grce3liche danken wart dä niht verdeit. dò gerten urloubes di helde vii gemeit, in ritterlichen zühten di herren täten daj. des wurden liehtiu ougen von weinen triieb unde nag. Si sprach: ,,vil lieber bruoder, ir möhtet noh bestän unt würbet ander frouwen (da3 hies ich wol getän), dà iu sò sère enwàge stüende niht der lip. ir muget hie näher vinden ein alsò hòchgeborn wip." Ich waen in sagt ir herze da3 in dä von geschach. si weinten al gelìche, swa3 iemen gesprach. ir golt in vor den brüsten wart von trähen sai, die vielen in genöte von den ougen hin ze tal.
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VI. Äventiure
Si sprach: „herre Sivrit, lat iu bevolhen sin üf triuwe und üf genade den lieben bruoder min, da3 im iht gewerre in Prünhilde lant." da3 lobte der vil küene in froun Kriemhilde hant. D o sprach der degen riche: „ o b mir min leben bestät, sö sult ir aller sorgen, frouwe, haben rät. ich bringen iu gesunden her wider an den Rin, da3 wi33et sicherliehen." im neic da3 sccene magedin. Ir goltvarwen Schilde man truog in üf den sant unde brähte in zuo zin alle3 ir gewant. ir ros hie3 man in ziehen, si wolden riten dan. dä wart von sccenen frouwen vil michel weinen getan. Do stuonden in den venstern diu minneclichen kint. ir seit mit dem segele da3 ruort ein hoher wint. die stolzen hergesellen di sä,3en üf den Rin. dö sprach der künec Gunther: „ w e r sol nu seifmeister sin „ D a 3 wil ich", sprach Sivrit, „ i c h kan iueh üf der fluot hinnen wol gefüeren, da3 wi33et, helde guot. die rehten wa33ersträ,3en die sint mir wol bekant." si schieden vroelichen Ü3 der Burgonden lant. Sivrit dö balde ein scalten gewan, von Stade begunde schieben der kreftige man. Gunther der küene ein ruoder selbe nam. dö huoben sich von lande die snellen riter lobesam. Si fuorten riche spi.se, dar zuo guoten win, den besten den man künde vinden umben Rin. ir ros diu stuonden scöne, si heten guot gemach. ir seif da3 gie vil ebene, vil lützel leides in gescach. Ir vil statken segelseil diu wurden in gestraht, si fuoren zweinzec mile, e da3 e3 wurde naht, mit eime guoten winde nider gegen dem se. ir staike3 arbeiten tet sit den höägemuoten we. A n dem zwelften morgen, so wir heeren sagen, heten si di winde verre dan getragen gegen isensteine in Prünhilde lant, da3 was ir deheinem niwan Sivride erkant. D6 der künec Gunther so vil der bürge sach und ouch die witen marke, wie balde er dö sprach: „ s a g t mir, friwent Sivrit, ist iu da3 bekant, wes sint dise bürge und ouch da3 herliche lant?"
Wie Gunther Prünhilde gewan
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Des antwurte Sivrit: ,,e3 ist mir wol bekant. e3 ist Prünhilde liute unde lant und isenstein diu veste, als ir mich hörtet jehen. dä muget ir noch hiute vil scoener frouwen gesehen. Unt wil iu helden raten, ir habt einen muot, ir jehet geliche, ja dunket e3 mich guot. swenne wir noch hiute für Prünhilde gän, sö müe3en wir mit sorgen vor der küneginne 8 tan. Sö wir die minneclichen bi ir gesinde sehen, sö sult ir, helde maere, wan einer rede jehen, Gunther si min herre, und ich si ein man; des er dä hat gedingen, da3 wirdet alle3 getan." Des wären si bereite, swa3 er si loben hie3durch ir übermüete ir deheiner e3 niht Iie3, si jähen, swes er wolde; dä von in wol gescach, dö der künec Gunther die sccenen Prünhilde sach. „ J a n e lob ih3 niht sö verre durch die liebe din sö durch dine swester, da3 scoene magedin. diu ist mir sam min sele und sö min selbes lip; ich wil da3 gerne dienen da3 si werde min wip." VII. Â V E N T I U R E , W I E G U N T H E R P R C N H I L D E GEWAN.
In den selben ziten dö was ir seif gegân der bürge also nähen; dö sach der künec stän oben in den venstern vil manege sccene meit. da3 er ir niht erkande, da3 was Gunthere leit. E r vrâgte Sîvrîde, den gesellen sin : „ist iu da3 iht künde, umb disiu magedin, die dort her nider scouwent gein uns ûf die vluot? ßwie ir herre heije, si sint vil höhe gemuot." Dö sprach der herre Sivrit: ,,nu suit ir tougen spehen under den junefrouwen, und suit mir danne jehen weihe ir nemen woldet, hetet irs gewalt." „da3 tuon ich", sprach Gunther, ein riter küen unde bait. „ S ö sihe ich ir eine in jenem venster stän, in snôwÎ3er wsete, diu ist sö wol getän, die wellent miniu ougen durch ir scoenen lip. ob ich gewalt des hête, si müese werden min wip." Der Nibelunge Nflt
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VII. Äventiure
„Dir hat erweit vil rehte dlner ougen schin, e3 ist diu edel Prünhilt, d a j sclioene magedln, näch der din herze ringet, din sin unt ouch der muot." elliu ir gebserde diu duhte Guntheren guot. Dö hie3 diu küneginne Ü3 den venstern gän ir herliche mägede, sin solden da niht stän den vremden an ze sehene. des wären si bereit. wa3 dö die vrouwen täten, da3 ist uns sider ouch geseit. Gegen den unkunden strichen si ir lip des ie site heten diu wsetlichen wip. an diu engen venster körnen si gegän, dä si die helde sähen, da3 wart durh schouwen getän. Ir wären niwan viere, die körnen in da3 lant. Sifrit der küene ein ros zöch üf den sant; da3 sähen durch diu venster diu wsetlichen \vi}>, des dühte sich getiuret des künec Guntheres lip. E r habt im dä bi zoume da3 zierliche marc, guot unde schoene, vil michel unde starc, unz der künic Gunther in den satel gesaj. also diente im Sifrit, des er doch sit vil gar vergaj. Dö zöh er ouch da3 sine von dem schiffe dan. er het solhen dienest vil selten e getän, da3 er bi stegereife gestüende helede mer. da3 sähen durch diu venster die vrouwen schoen unde her. Kehte in einer mä3e den helden vil gemeit von sneblanker varwe ir ros und ouch ir kleit wären vil geliche, ir schilde wol getän, die lühten von den handen den vil wsetlichen man. Ir sätel wol gesteinet, ir fürbüege smal, si riten herliche für Prünhilde sal, dar an hiengen schellen von liehtem golde rot. si körnen zuo dem lande, als e3 ir eilen in gebot. Mit spern niuwesliffen, mit swerten wol getän, diu üf die sporn giengen den wsetlichen man; diu fuorten die vil kiienen, scharpf unde breit. da3 sach alle3 Prünhilt, diu vil herliche meit. Mit im körnen dö Dancwart und ouch Hagene. wir hceren sagen msere, wie die degene von rabenswarzer varwe truogen richiu kleit. ir schilde wären schoene, michel, guot unde breit.
Wie Gunther Priinhilde gewan Von Indîâ dem lande man sach si steine tragen; die kôs man an ir wsete vil hêrlîche wagen. si lie3en âne huote ir schifiel bî der fluot; sus riten zuo der bürge die helde küene unde guot. Sehs unt ahzec türne si sähen drinne stân, drî palas wîte unt einen sal wol getân von edelem marmelsteine grüene alsam ein gras, dar inne selbe Prünhilt mit ir ingesinde was. Diu buro was entslo33en, vil wîte ûf getân. dô liefen in engegene die Prünhilde man unt enpfîengen dise geste in ir vrouwen lant. ir ros hie3 man behalten unt ir Schilde von der hant. Dô sprach ein kamersere: „ i r suit uns geben diu swert unt ouch die liehten brünne". „des sît ir ungewert", sprach von Tronege Hagene, „wir wellens selbe tragen. dô begonde im Sîfrit dâ von diu rehten maere sagen : „Man pfliget in dirre bürge, da3 wil ich iu sagen, da3 neheine geste hie wâfen sulen tragen. nu lât si tragen hinnen, da3 ist wol getan." des volgte vil ungerne Hagene Guntheres man. Man hie3 den gesten schenken und schuof in ir geinach vil manigen snellen recken man dâ ze hove sach in fürstlicher wsete allenthalben gân ; doch wart michel schouwen an die küenen getan. Dô wart vroun Prünhilde gesaget mit mseren, da3 unkunde recken dâ komen waeren in hêrlîcher wsete gevlo33en ûf der fluot. dâ von begonde vrâgen diu maget schoene unde guot. ,,Ir suit mich lâ3en hoeren", sprach diu künegin, „wer di vil unkunden recken mügen sin, die in mîner bürge sô hêrlîche stân, unt durch wes liebe die helde her gevarn hân." Dô sprach ein ir gesinde: „vrouwe, ich mac wol jehen, da3 ich ir deheinen nie mêr habe gesehen, wan gelîche Sîfrîde einer darunder stât. den suit ir wol enpfâhen, da3 ist mit triuwen mîn rät. Der ander der gesellen der ist sô lobelîch, ob er gewalt des hête, wol wser er künic rieh ob wîten fürsten landen, und maht er diu gehân. man siht in bî den andern sô rehte hêrlîche stân.
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V I I . Äventiure
Der dritte der gesellen der ist sö gremelioh, unt doch mit schoenem übe, kiineginne rieh, von swinden sinen blicken, der er so vil getuot. er ist in sinen sinnen, ich wsene, grimme gemuot. Der jungeste darunder der ist so lobelich, magtlicher zübte sihe ich den degen rieh mit guotem gelse3e sö minnecllche stän. wir möhten3 alle fürhten, hete im hie iemen iht getän. Swie blide er pflege der zühte, und swie schoene si sin lip, er möhte wol erweinen vil wsetlichiu wip, swenn er begonde zürnen, sin lip ist sö gestalt, er ist in allen tugenden ein degen küene unde balt." D6 sprach diu kiineginne: ,,nu brinc mir min gewant. und ist der starke Sifrit komen in (Ü3 lant durch willen miner minne, 63 gät im an den lip. ine fürhte in niht so sere, da3 ich werde sin wip." Prünhilt diu scheene wart schiere wol gekleit. dö gie mit ir dannen vil manic schceniu meit, wol hundert oder m£re, gezieret was ir lip. e3 wolden sehen die geste diu vil wsetlichen wip. Da mit giengen degene dä. Ü3 Islant, die Priinhilde recken, die truogen swert enhant, fünf hundert oder mere. da3 was den gesten leit. dö stuonden von dem sedele die helde küene unt gemeit. Do diu küneginne Sifriden sach, nu muget ir gerne heeren, wie diu maget sprach: „sit willekomen, Sifrit, her in ditze lant. wa3 meinet iuwer reise? gerne het ich da3 bekant." „Vil michel iwer genäde, min vrou Prünhilt, da3 ir mich ruochet grüe3en, fürsten tohter milt, vor disem edelen recken, der hie vor mir stät; wan der ist min herre, der Sren het ich gerne rät. Er ist geborn von Rine, wa3 sol ich sagen rner? durch die dine liebe sin wir gevarn her. der wil dich gerne minnen, swa3 im dä von geschiht. nu bedenke dichs bezite, min herre erla3et dich es niht. E r ist gehei3en Gunther und ist ein künic her. erwürbe er dine minne, sono gert er nihtes mer. ja geböt mir her ze yarne der recke wol getan, möht ich es im hän geweigert, ich het i3 gerne verlän."
Wie Gunther Priinhilde gewan Si sprach: „ i s t er din herre unt bistu sin man, diu spil, diu ich im teile, getar er diu bestän, behabt er des die meisterschaft, sö wird ich sin wip: unt ist da3 ich gewinne, e3 g e t iu allen an den lip." D o sprach v o n Tronege Hagene: „ f r o u w e , lät uns sehen iwer spil diu starken, e da3 iu müeste jehen Gunther min herre, da müese3 herte sin. er trüwet wol erwerben ein also schcene magedin." „ D e n stein sol er werfen unt springen dar nach, den g§r mit mir schie3en. l ä t iu niht sin ze gäch. ir muget wol hie Verliesen die ere und ouch den lip, des bedenket iuch vil ebene", sprach da3 minnecliche wip. Sifrit der küene zuo dem künege trat, allen sinen willen er in reden b a t gegen der küneginne; er solde an angest sin: „ i c h sol iuch wol behüeten vor ir mit den listen m i n . " D6 sprach der künec Gunther: „küneginne her, nu teilt, swa3 ir gebietet, unt waeres dannoch mer, da3 bestüende ich alle3 durch iwern schoenen lip. min houbet wil ich Verliesen, ir enwerdet min w i p . " D o diu küneginne sine rede vernam, der spile bat si gäben, als ir dö da3 gezam. si hie3 ir gewinnen ze strite guot gewant, ein prünne rotes goldes unt einen guoten schildes rant. Ein wäfenhemde sidin da3 leit an diu meit, da3 in deheime stiite wäfen nie versneit, von pfellel 03er L y b i ä . e3 was vil wol getan, von porten lieht gewürhte da3 sach man schinen dar an. Die zit wart disen recken in gelfe vil gedreut. Dancwart unt Hagene die wären ungefreut. wi 03 dem künege ergienge, des sorgete in der muot. si dähten: „unser reise diu ist uns recken niht ze g u o t . " Die wile was ouch Sifrit, der wffitliche man, 6 ¡3 iemen erfunde, in da3 schif gegän, da er sine tarnkappen verborgen ligen v a n t . dar in slouf er vil schiere, dö was er niemen bekant. E r Ute hin widere, dö v a n t er recken vil, da diu küneginne teilte ir hohen spil. dar gie er tougenliche (von listen da3 geschach), alle die da wären, da3 in dä niemen ensach.
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Der rino der was bezeiget, dâ solde da3 spil geschehen vor manigem küen.en recken, die da3 solden sehen. mêr danne siben hundert die sach man wâfen tragen, swem an dem spil gelunge, da3 e3 di helde solden sagen. Dô was komen Prünhilt; gewâfent man die vant, sam ob si solde strîten umb elliu küneges lant. jâ truoe si ob den sîden vil manigen goldes zein, ir minneclîchiu varwe dar under hêrlîche schein. Dô kom ir gesinde, die truogen dar zehant von alrôtem golde einen schildes rant, mit stahelherten spangen, vil michel unde breit, dar under spilen wolde diu vil minneclîche meit. Der vrouwen schiltve33el ein edel porte was. dar ûfe lägen steine grüene sam ein gras. der lûhte maniger hande mit schîne wider da3 golt. er müeste wesen vil kiiene, dem diu vrouwe wurde holt. Der schilt was under buckeln, als uns da3 ist geseit, wol drîer spannen dicke, den solde tragen diu meit. von stahel unt ouch von golde rîch er was genuoc, den ir kamersere selbe vierde kûme truoc. Als6 der starke Hagene den schilt dar tragen sach, mit grimmigen muote der helt von Tronege sprach : ,,wâ nu, künic Gunther? wie vliesen wir den lîp! der ir dâ gert ze minnen, diu ist des tiuveles wîp." Vernemt noch von ir wsete, der hete si genuoc. von Azagouc der sîden einen wâfenroc si truoc, edel unde riche, ab des varwe schein von der küneginne vil manie hêrlîcher stein. Dô truoc man dar der vrouwen swsere unde grÔ3 einen gêr vil scharpfen, den si alle zite schc>3, starc unt ungefüege, michel unde breit, der ze sînen ecken harte vreislîchen sneit. Von des gères swsere hoeret wunder sagen, wol vierdehalbiu messe was dar zuo geslagen, den truogen kûme drîe Prünhilde man. Gunther der edele vil harte sorgen began. E r dâhte in sînem muote: ,,wa3 sol ditze wesen? der tiuvel Û3 der helle wie kunder dâ vor genesen? wser ich ze Burgonden mit dem lebene min, si müeste hie vil lange vrî vor mîner minne sîn."
Wie Gunther Prünhilde gewan Dô sprach Hagenen bruoder, der küene Dancwart: „ m i c h riuwet inneclîchen disiu hovevart. nu hie3en wir ie recken, wi Verliesen wir den lîp, suln uns in disen landen nu verderben diu wîp. Mich müet da3 harte sère, da3 ich kom in di3 lant. unt hete min bruoder Hagene sîn wâfen an der hant, unt ouch ich da3 mine, sò möhten sampfte gân mit ir übermüete alle Prünhilde man. Da3 wi33et sicherlîchen, si solden3 wol bewarn. unt het ich tûsent eide ze einem vride geswarn, ê da3 ich sterben ssehe den lieben herren min, jâ müese den lîp Verliesen da3 vil schcene magedîn." ,,Wir solden ungevangen wol rûmen dÌ3 lant", sprach dô sîn bruoder Hagene, , ,unt heten wir da3 gewant des wir ze nôt bedürfen unt ouch diu swert vil guot, sô wurde wol gesenftet der starken vrouwen übermuot." Wol hört diu maget edele wa3 der degen sprach. mit smielendem munde si über ahsel sach : ,,nu er dunke sich sô küene, sô traget in ir gewant, ir vil scharpfen wâfen gebet den recken an die hant." D ô si diu swert gewunnen, also diu maget gebôt, der vil küene Dancwart von vreuden wart rôt. „ n u spilen, swes si wellen", sprach der vii snelle man, „Gunther ist umbetwungen, sît da3 wir unser wâfen hân." Diu Prünhilde Sterke vil grœ3lîche schein. man truoc ir zuo dem ringe einen sweeren stein, grÔ3 unt ungefüege, michel unde wel, in truogen kûme zwelfe helde küene unde snel. Den warf si zallen zîten, sô si den gêr verschÔ3der Burgonden sorge wurden harte grÔ3„ w â f e n " , sprach dô Hagene, ,,wa3 hât der künic ze trût! jâ solde si in der helle sîn des übelen tiuvels brut." A n vil wÎ3en armen si die ermel want, si begonde r a ^ e n den schilt an der hant. den gêr si höhe zuhte, dô gienc Ì3 an den strît. Gunther unt Sîfrit die vorhten Prünhilde nît. Unde wsere im Sîfrit niht ze helfe komen, sô hete si dem künege sînen lîp benomen. er gie dar tougenlîche unt ruort im sîne hant. Gunther sîne liste vil harte sorclîch ervant.
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,,Wa3 hât mich gerüeret?" dâhte der küene man. dô sach er allenthalben, er vant dâ niemen stân. er sprach: „ich pin3 Sîfrit, der liebe vriunt dîn. vor der küneginne soltu gar ân angest sîn. Den schilt gip mir von hende unt lâ mich den tragen, unde merke rehte, wa3 du mich hoerest sagen. nu habe du die gebsere, diu werc wil ich begân." do er in reht erkande, e j was im liebe getan. „ N u hil du mîne liste, dine soltu niemen sagen, sô mac diu küneginne vil lützel iht bejagen an dir deheines ruomes, des si doch willen hât. nu sihtu wie diu vrouwe vor dir unsorclîchen stât." Dô schÔ3 vil krefteclîche diu hêrlîche meit ûf einen schilt niuwen, michel unde breit, den truoc an sîner hende da3 Sigelinde kint. da3 fiwer spranc von stahele, alsam e3 wsete der wint. Des starken gères snîde al durch den schilt gebrach, da3 man da3 fiwer lougen Û3 den ringen sach. des 8chu33es beide strûchten die kreftigen man, wan diu tarnkappe, si wœren tôt dâ bestân. Sîfride dem vil küenen von munde brast da3 bluot. vil balde spranc er widere, dô nam der helet guot den gêr, den si gescho33en im hete durch den rant; den frumte ir dô hin widere des starken Sîfrides hant. E r dâhte: „ich wil niht schie3en da3 schœne magedîn." er kêrte des gères snîde hinder den rucke sîn; mit der gêrstangen er schÔ3 ûf ir gewant, da3 e3 erklanc vil lûte von sîner eilenthaften hant. Da3 fiwer stoup Û3 ringen, alsam e3 tribe der wint. den schu3 den schÔ3 mit eilen da3 Sigemundes kint. sine mohte mit ir kreften des schu33es niht gestân. e3 enhete der künic Gunther entriuwen nimmer getân. Prünhilt diu schœne wie balde si ûf spranc : „Gunther, riter edele, des s c i u r e s habe danc." si wände, da3 er3 hête mit sîner kraft getân, ir was dar nâch geslichen ein verre kreftiger man. Dô gie si hin vil balde, zornec was ir muot; den stein huop vil höhe diu edel maget guot. si swanc in krefteclîche vil verre von der hant; dô spranc si nâch dem würfe, ja erklanc ir alle3 ir gewant.
Wie Gunther Prünkilde gewan Der stein der was gevallen wol zwelf klâfter dan, den wurf brach mit Sprunge diu maget wol getân. dar gie der herre Sîfrit, dâ der stein gelac, Gunther in dô wegete, der helt in werienne pflac. Sîfrit was küene, vi) kreftec unde lanc. den stein den warf er verrer, dar zuo er wîter sprano. von sînen schœnen listen er hete kraft genuoe, da3 er mit dem Sprunge den künic Gunther doch truoe. Der sprunc der was ergangen, der stein der was gelegen. dô sach man ander niemen wan Gunther den degen. Prünhild diu schcene wart in zorne rôt, Sîfrit hete geverret des künic Guntheres tôt. Zuo zir ingesinde ein teil si lûte sprach, dô si zent des ringes den helt gesunden sach : ,,vil balde kumt her näher, ir mâge unt mine man, ir suit dem künic Gunther alle wesen undertân." Dô leiten die vil küenen diu wâfen von der hant, si baten sich ze füejen Û3 Burgonden lant Gunther dem iîchen, vil manie küener man. si wänden, da3 er hête diu spil mit sîner kraft getan. E r gruo3tes minneclîche, jâ was er tugende rîch. dô nam in bî der hende diu maget lobelîch, si erloubte im da3 er solde haben dâ gewalt. des freute sich dô Hagene, der degen küene unde balt. Si bat den riter edele mit ir dannen gân in den palas wîten. alsô da3 wart getân, do erbôt man e3 den recken mit dienste deste ba3Dancwart unt Hagene die muosen3 Iâ3en âne ha,^. Sîfrit der snelle wîse was er genuoe. sîne tarnkappen er aber behalten truoc. dô gie er hin widere, dâ manie vrouwe sa3er sprach zuo dem künige, unt tet vil wîslîche da3 : „Wes bîtet ir, mîn herre? wan beginnet ir der spil, der iu diu küneginne teilet alsô vil? unt lât uns balde schouwen wie diu sîn getân." sam ers niht enwesse, gebârte der listige man. Dô sprach diu küneginne: ,,wie ist da3 geschehen da3 ir habt, her Sîfrit, der spil niht gesehen, diu hie hât errungen diu Guntheres liant?" des antwurt ir Hagene Û3er Burgonden lant.
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VII. Äventiure
E r sprach: ,,dä het ir, vrouwe, betrüebet uns den muot, do was bi dem scheffe Sifrit der helet guot, dö der vogt von Rine diu spil iu an gewan, des ist e3 im unkünde", sprach der Guntheres man. „ S ö wol mich dirre msere" sprach Sifrit der degen, ,,da3 iuwer hohverte ist alsö hie gelegen, da3 iemen lebet der iuwer meister müge sin. nu sult ir, maget edele, uns hinnen volgen an den R i n . " D6 sprach diu wol getane: „des enmac niht ergän. e3 müe3en 6 bevinden mäge unt mine man. jane mag ich also lihte gerümen miniu lant, di mine besten friunde müe3en werden e besant." D6 hie3 si boten riten allenthalben dan, si besande ir vriunde, mäge unde man. die bat si ze isensteine komen unerwant, unt hie3 in geben allen rieh unt herlich gewant. Si riten tägeliche späte unde vruo der Prünhilde bürge scharhafte zuo. „ j ä r ä j ä " , sprach Hagene, „wa3 haben wir getän! wir erbeiten hie vil übele der schcenen Prünhilde man. So si nu mit ir krefte koment in da3 lant (der küneginne wille ist uns unbekant, wa3 ob si also zürnet da3 wir sin verlorn?), so ist uns diu maget edele ze grÖ3en sorgen geborn." Dö sprach der starke Sifrit: ,,da3 sol ich understen. des ir da habt sorge, des lä3 ich niht ergen. ich sol iu helfe bringen her in ditze lant von Ü3 erweiten recken, die iu noch nie wurden bekant. Ir sult näch mir niht vrägen, ich wil hinnen varn. got müe3 iuwer ere die zit wol bewarn. ich kum schiere widere unt bringe iu tüsent man der aller besten degene, der ich ie künde gewan." „Sone sit et niht ze lange", sprach der künic do. „wir sin iuwer helfe vil billichen vro." er sprach: „ich kum iu widere in vil kurzen tagen. da3 ir mich habt gesendet, da3 sult ir Prünhilde sagen."
VIII.—X. Äventiure
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VIII. Ä V E N T I U R E , WIE SiFRIT NACH SiNEN MANNEN FUOR (Str. 4 8 2 - 528).
In der Tarnkappe geht Siegfried zum Hafen und fährt allein in einem Schifflein einen Tag und eine Nacht in sein Nibelungenland. Vor.der Burg gibt er sich nicht zu erkennen, bezwingt den vorhutenden Riesen und den Zwerg Alberich. Mit tausend auserwählten Rittern kehrt er nach Isenstein zurück. Brünhild empfängt sie und läßt ihre Schätze unter die Gäste durch Dankwart verteilen, der ihr aber zu freigebig mit ihnen umgeht; 20 Truhen werden ihr fürs Burgundenland gefüllt. Sie bestellt einen Verwandten zum Vogt und nimmt 2000 Mann mit auf die Fahrt, 86 Frauen und 100 Mägde. Alle fahren nach Worms. IX. Ä V E N T I U R E , WIE SiFRIT ZE WOBMEZ GESANT WART (Str. 529—578).
Nach neun Tagen Fahrt entsendet Gunther Siegfried als Boten nach Worms, um ihre Ankunft und die Hochzeit anzukündigen und ihren Empfang vorbereiten zu lassen. Eriemhild schenkt ihm 24 Armringe als Botenlohn; die verteilt er unter ihr Gesinde. Der Wormser Hof richtet ein Lager am Rheinufer ein und rüstet sich emsig für das Fest. X. Ä V E N T I U R E , WIE PRÜNHILT ZE WORMEZ EMPFANGEN WART (Str. 579—689).
Auf der andern Seite des Rheins landen die Gäste aus Island und werden höfisch empfangen. Bei Beginn des Festmahls erinnert Siegfried Gunther an sein Versprechen; seine Verlobung wird dann der Sitte gemäß vollzogen. Brünhild weint; sie schämt sich für Kriemhild, von der sie glaubt, daß sie an einen Leibeigenen Gunthers kommt, und möchte davon laufen. Die Hochzeitsnacht wird für Siegfried zur Freude, nicht aber für Gunther; Brünhild, die Gunther zwingen will, sie über Siegfrieds Stellung am Hof aufzuklären, fesselt ihm mit ihrem Gürtel Füße, und Hände, hängt ihn an der Wand am Nagel auf und löst ihn erst am Morgen. Die beiden Paare werden am nächsten Tage im Münster eingesegnet. Als Gunther Siegfried sein Leid klagt, erklärt er sich bereit, ihm zu helfen. Nach dem Gastmahl geht er, in seiner Tarnkappe unsichtbar, in Gunthers Schlafgemach, zähmt in heftigem
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XI.—Xlli.
Äventiure
Ringkampf Brünhild, ohne sie zu berühren, nimmt ihr einen Ring vom Finger und ihren Gürtel, die er später beide Kriemhild schenkt. Nun gibt sie sich Gunther hin; mit ihrer Jungfräulichkeit ist ihre Kraft gebrochen, so daß sie nicht mehr stärker ist ah jede andere Frau. Vierzehn Tage Hochzeitsfeier. Große Geschenke an die Fahrenden und Bedürftigen. XI. Ä V E N T I U R E , WIE SiFBIT MIT SINEM w l B E HEIM ZE LANDE KOM (Str. 690—723).
Siegfried verzichtet auf das Vermögen seiner Frau; Kriemhild aber stellt lehnsrechtliche Ansprüche, die Hagen für sich und Ortwin ablehnt. Sie nimmt 32 Mägde und 500 Mann mit sowie den Grafen Eckewart. In Xanten wird das Paar noch kostbarer als in Worms empfangen. Siegmund überträgt Siegfried die Herrschaft. Im zehnten Jahr gebiert Kriemhild einen Sohn, der nach dem Oheim Gunther genannt wird. Sieglind stirbt. Brünhild gebiert einen Sohn, Siegfried. Die Macht und der Hort Siegfrieds. XII. Ä V E N T I U R E , WIE GUNTHER SIFRIDEN ZUO DER HÖCHZiT BAT (Str. 724—777).
Brünhild, die Siegfrieds Lehnsdienste vermißt, bewegt Gunther, Siegfried und Kriemhild zur Sonnenwende einzuladen. Dreißig Mann unter Graf Gere reiten zur Nibelungenburg in der Mark Norwegen, überbringen die Einladung und werden freundlich aufgenommen. Auch Siegmund will mitreisen. Gere meldet seinen Herrn in Burgund die Annahme der Einladung. Unter der Aufsicht von Hunold und Sindold, von Ortwin und dem kuchenmeister Rumold bereitet man in Worms das Fest vor. XIII. Ä V E N T I U R E , WIE SlFRIT MIT BIÄEM WiBE ZUO DER HÖCHZiT FUOR (Str. 778—813).
Siegfried und Kriemhild- reiten ohne ihr Söhnlein, aber mit Siegmund nach Worms. Ehrenvoller Em,pfang. Gastmahl. Am nächsten Morgen Musik und Spiel, dann Messe und Tafel. So geht es bis zum 11. Tag.
Wie die küniginne ein ander schulten
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XIV. Â V E N T I U R E , W I E DIB KÜNIGINNE EIN A N D E R SCHULTEN.
Vor einer vesperzîte huop sich grÔ3 ungemach, dag von manigem recken ûf dem hove geschach. si pflâgen riterschefte durch kurzewîie wân. dô liefen dar durch schouwen vil manie wîp unde man. Ze samene dô gesâgen die küneginne rîch, si gedâhten zweier recken, die wären lobelîch. dô sprach diu schcene Kriembilt: „ i c h hân einen man, da3 elliu disiu rîche zuo sînen handen solden stân." Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ,,wie künde da3 gesîn? ob ander niemen lebete wan sîn unde dîn, sô möhten im diu riche wol wesen undertân, die wîle lebet Gunther, sô kunde3 nimmer ergân." Dô sprach aber Rriemhilt: ,,nu sihestu, wie er stât, wie rehte hêrlîche er vor den recken gât, alsam der liehte m â n e
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vor den Sternen t u o t î
des muog ich von schulden tragen vrœlîchen muot." 818 Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ,,swi wsetlîch sî dîn mau, swi biderbe und swi schœne, sô muost du vor im lân Gunther den recken, den edeln bruoder dîn; der muo3 vor allen künegen, da3 wi33est wserlîohe, sîn." Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: ,,sô tiwer ist wol mîn man, 8 1 9 da3 ich in âne schulde niht gelobet liân. an vil manegen dingen ist sîn ère grÔ3geloubestu des, Prünhilt, er ist wol Guntheres genÔ3." 820 ,,Jane soit du mir3, Kriemhilt, ze arge niht verstân, wand ich âne schulde die rede niht hân getân. ich hört si jehen beide, dô ichs aller êrste sach, und dâ des küneges wille an mîme lîbe geschach, 82 i Unt dâ er mîne minne sô riterlîch gewan, dô jach des selbe Sîfrit, er wsere sküneges man. des hân ich in für eigen, sît ichs in hörte jehen." dô sprach diu schcene Kriemhilt: ,,sô wœr mir übele geschehen. Wie heten sô geworben die edelen bruoder mîn, S22 da3 ich eigenmannes wine solde sîn? des wil ich dich, Prünhilt, vil vriuntlîchen biten da3 du die rede lâ3est durch mich mit gûetlîchen siten."
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823 „ I n e mac ir niht gelâjen", sprach, des kiineges wip. ,,zwiu sold ich verkiesen sô maniges riters lîp, der uns mit dem degene dienstlich ist undertân?" Kriemhilt diu vil schœne vil sère zürnen began. „ D u muost in verkiesen, da3 er dir immer bî »24 wone deheiner dienste. er ist tiwerr danne sì Gunther min bruoder, der vil edel man. du solt mich des erlâ3en, da3 ich von dir vernomen hân.. Unde nimet mich immer wunder, sît er dîn eigen ist, unt da3 du über uns beide sô gewaltec bist, da3 er dir sô lange den zins verse33en hat. der dîner übermüete sold ich von rehte haben rät." 82B ,,Du ziuhest dich ze höhe", sprach des küniges wîp. ,,nu wil ich sehen gerne, ob man den dînen lîp habe ze solhen êren, sô man den mînen tuot." die vrouwen wurden beide vii sère zornec gemuot . Dò sprach diu vrouwe Kriemhilt : ,,da3 muo3 et nû geschehen, 82 ? sît du mînes mannes für eigen hâst verjehen, nu müe3en hiute kiesen der beider künige man, ob ich vor küniges wîbe zem münster türre gegân. Du muost da3 hiute schouwen, da3 ich bin adelviî, *2H unt da3 min man ist tiwerr danne der dîne sì, dâ mit wil ich selbe niht bescholten sin. du solt noch hînte kiesen wie diu eigene diu dîn 829 Ze hove gê vor recken in Burgonden lant. ich wil selbe wesen tiwerr danne iemen habe bekant deheine küneginne diu kröne ie her getruoc." dô huop sich under den vrouwen des grÔ3en nîdes genuoc. 830 Dô sprach aber Prünhilt: ,,wiltu niht eigen sîn, sô muostu dich scheiden mit den vrouwen dîn von mînem ingesinde, dâ wir zem münster gân." des antwurte Kriemhilt: „entriuwen, da3 sol sin getan.". 831 ,,Nu kleidet iuch, mîn meide", sprach Sîfrides wîp, ,,e3 muo3 âne schände belîben hie mîn lîp. ir suit wol lâ3en schouwen, und habt ir rîche wât. si mac sîn gerne lougen, des Prünhilt verjehen liât." s:l Man moht in lîhte râten, si suochten rîchiu kleit; 'dâ wart vil wol gezieret manie vrouwe unde meit. dô gie mit ir gesinde des edelen küniges wîp; dô wart ouch wol gezieret der schœnen Kriemhilden lîp,
Wie die küniginne ein ander schulten
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Mit drin und vierzec mägeden, di bräkte si an den Rin, 83' die truogen liehte pfelle geworht in Aräbin. sus körnen zuo dem münster die meide wo] getan, ir warten vor dem hüse alle Sifrides man. 834 Die liute nam des wunder, wä von da3 geschach, da3 man die küneginne also geseheiden sach, da3 si bi ein ander niht giengen alsam §. da von wart manigem degene sit vil sorclichen we. 8:,; Hie stuont vor dem münster da3 Guntheres wip. > dö hete kurzewile vil maniges riters 11p mit den schoenen vrouwen der si da nämen war. do kom diu vrouwe Kricmhilt mit maniger herlichen schar. Swa3 kleider ie getruogen edeler riter kint, s»e wider ir gesinde da3 was gar ein wint. si was so rieh des guotes, da3 dri3ec künige wip e3 möhten niht erziugen da3 tete Kriemhilde lip. 637 Ob iemen wünschen solde, der künde niht gesagen, da3 man sö richiu kleider gesaehe ie mo getragen, also dä ze stunden truogen ir meide wol getän. wan ze leide Prünhilde, e3 hete Kriemhilt Verlan. 838 Ze samene si do körnen vor dem münster wit. e3 tet diu hüsvrouwe durch einen grÖ3en nit, si hie3 vi] übelliche Kriemhilde stille stan: „ j a sol vor küniges wibe nimmer eigendiu gegän." 839 Do sprach diu irouwe Kriemhilt, zornec was ir muot.: „kundestu noch geswigen, da3 waere dir guot. du hast geschendet selbe den dinen schoenen lip, wie möhte mannes kebse werden immer küniges wip?" 840 „Wen hästu hie verkebset?" sprach do des küniges wip. ,,da3 tuon ich dich", sprach Kriemhilt. „den dinen schoenen lip den minnet erste Sifrit, der min vil lieber man. jane was e3 niht min bruoder, der dir den magetuom an gewan. 8 War körnen dine sinne? e3 was ein arger list. « zwiu lie3e du in minnen, sit er din eigen ist? ich hoere dich", sprach Kriemhilt, „an alle schulde klagen." „entriuwen",sprach döPrünhilt, ,,da3 wil ich Gunthere sagen." „Wa3 mac mir da3_gewerren? din übermuot dich hat betrogen, 84~ du häst mich ze dienste mit rede dich an gezogen. da3 wi33e in rehten triuwen, e3 ist mir immer leit, getriuwer heinliche sol ich dir wesen umbereit."
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Prünhilt dô weinde, Kriemhilt niht langer lie, vor des küniges wîbe in3 miinster si dô gie mit ir ingesinde. dâ huop sich grôjer ha3, des wurden liehtiu ougen vil starke trüeb unde na^. Swie vil man gote gediende oder iemen dâ gesano, des dûhte Prünhilde diu wîle gar ze lanc, wand ir was vil triiebe der lîp und oueh der muot. des muose sît engelten manie kelet kiien unde guot. Prünhilt mit ir frouwen gie für da3 münster stân. si gedâhte: „mich muo3 Kriemhilt môre hœren lân, des mich sô lûte zîhet da3 w o r t r ^ e wîp. hât er sich es gerüemet, e3 gêt an Sîfrides lîp." Nu kom diu edele Kriemhilt mit manigem küenem man. dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ,,ir suit noch stille stân. ir jâhet mîn ze kebesen, da3 suit ir lâ3en sehen. mir ist von iuwern Sprüchen, da3 wi33et, leide geschehen." Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: „ir mühtet mich lâ3en gân ich erziuge3 mit dem golde, da3 ich an der hende hân, da3 brâhte mir mîn vriedel, dô er êrste bî iu lac." nie gelebte Prünhilt deheinen leideren tac. Si sprach: ,,di3 golt vil edele da3 wart mir verstoln und ist mich harte lange vil übele vor verholn, ich kum es an ein ende, wer mir e3 hât genomen." die vrouwen wären beide in grÔ3 ungemiiete komen. Dô sprach aber Kriemhilt: „ine wils niht wesen diep. du möhtes wol gedaget hân, und wser dir ère liep. ich erziuge3 mit dem gürtel, den ich hie umbe hân, da3 ich niht enliuge, jâ wart mîn Sîfrit dîn man." Von Ninnivê der sîden si den porten truoc, mit edelem gesteine, jâ was er guot genuoc. dô den gesach vrou Prünhilt, weinen si began, da3 muose vreischen Gunther und alle Burgonden man. Dô sprach diu küneginne: ,,hei3et here gân den iürsten vonme liîne. ich wil in hœren lân, wie mich hât geheenet sîner swester lîp. si sagt hie offenlîche, ich sî Sîfrides wîp." Der künic kom mit recken, weinen er dô s.ach di sînen triutinne; wie gûetlîch er sprach: „saget mir, liebiu vrouwe, wer hât iu iht getân?" si sprach zuo dem künige: „ich muo3 unvrœlîche stân.
Wie die küniginne ein ander schulten Von allen mînen êren mich diu sweater dîn gerne wolde scheiden, dir soi geklaget sin, si giht, mich habe gekebset Sîfrit ir man." dô sprach der künec Gunther: ,,sô hetes übele getân." „ S i treit hie minen gürtel, den ich hân verlorn, und min golt da3 röte. da3 ich ie wart geborn, da3 riuwet mich »'il sêre, dun beredest, künic, mich der vil grÔ3en schände, da3 diene ich immer umbe dich." D ô sprach der künic Gunther: ,,er soi her füre gân. hât er sichs gerüemet, da3 soi er hœren lân, oder sin muo3 lougen der helt Û3 Niderlant." den Kriemhilde vriedel hie3 man bringen sä zehant. D ô der herre Sîfrit di ungemuoten sach, ern wesse niht der msere ; wie balde er dô sprach : ,,wa3 weinent dise vrouwen? da3 het ich gerne erkant; oder von weihen schulden mich der künic habe besant." Dô sprach der künic Gunther: ,,dâ ist mir harte leit, mir hât mîn vrouwe Prünhilt ein maere hie geseit, du habes dich des gerüemet, da3 du ir schoenen lip allerêrst habes geminnet, da3 sagt vrou Kriemhilt dîn wîp." D ô sprach der herre Sîfrit : „und hât si da3 geseit, ê da3 ich erwinde, e3 sol ir werden leit, und wil dir da3 enpfüeren vor allen dînen man mit mînen höhen eiden, da3 ich ira niht gesaget hân." D ô sprach der künic von Rîne: ,,da3 soltu lâ3en sehen. den eit den du biutest, unt mac der hie geschehen, aller valschen dinge wil ich dich ledic lân." man hie3 zuo dem ringe die stolzen Burgonden stân. Sîfrit der vil küene zem eide bot die hant. dô sprach der künic rîche: „ m i r ist sô wol bekant iuwer grÔ3 unschulde; ich wil iuch ledic lân, des iuch mîn swester zîhet, da3 ir des niene habt getân." Dô sprach aber Sîfrit: „ g e n ü g e t es mîn wîp, da3 si hât ertrüebet den Prünhilde lîp, da3 ist mir sicherlîchen âne mâ3e leit." dô sähen zuo zein ander die guoten riter gemeit. „ M a n sol sô vrouwen ziehen", sprach Sîfrit der degen, ,,da3 si ûppeclîche Sprüche lâ3en under wegen. verbiut e3 dînem wîbe, der mînen tuon ich sam. ir grÔ3en ungefüege ich mich wferlîchen schäm." Der Ki belli nge Nôt
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Mit rede was gescheiden manie schœne wîp. dò trûret alsô sère der Prünhilde lîp, da3 e3 erbarmen muose die Guntheres man. dô kom von Tronege Hagene zuo sîner vrouwen gegân. E r vrâgete wa3 ir wsero, weinende er si vant. dò sagte si im diu m sere, er lobet ir sâ zehant, da3 e3 erarnen müese der Kriemhilde man, oder er wolde nimmer dar umbe vrœlîch gestân. Zuo der rede kômen Ortwîn und Gêrnôt, dà die helde rieten den Sîfrides tôt. dar zuo kom ouch Gîselher, der edelen Uoten kint. dô er ir rede gehörte, er sprach getriulîche sint : ,,Ir vil guoten recken, war umbe tuot ir da3? jane gediente Sîfrit nie alsolhen ha3, da3 er dar umbe solde Verliesen sînen lîp. jâ ist es harte lìhte, dar umbe zürnent diu wîp." „Suln wir gouehe ziehen?" sprach aber Hagene: ,,des .habent lützel ère so guote degene. da3 er sich hât gerüemet der lieben vrouwen min, dar umbe wil ich sterben, e3 engê im an da3 leben sîn." Dô sprach der künic selbe: ,,ern hât uns niht getân niwan guot und ère; man sol in leben lân. wa3 touc ob ich dem recken wsere nu geha3? er was uns ie getriuwe und tet vil willeclîche da3-" Dô sprach von Metzen der degen Ortwîn : „jane kan in niht gehelfen diu grÔ3e Sterke sîn. erloubet mir3 mîn herre, ich getuon im alle3 leit." dô heten im die helde âne schulde widerseit. Sîn gevolgte niemen, niwan da3 Hagene riet in allen zîten Gunther dem degene, ob Sîfrit niht enlebte, sô wurde im undertân vil der künege lande, der holt des trûren began. Dò lie3en SÌ3 belîben, spilen man dö sach. hey wag man starker schefte vor dem münster brach vor Sîfrides wîbe al zuo dem sale dan! dô wären in unmuote genuoge Guntheres man. Der künic sprach: ,,lât belîben den mortlîchen zorn. er ist uns ze s seiden unt ze êren geborn. ouch ist sö stare grimme der wundernküene man, ob er sîn innen wurde, sô torste in niemen bestân."
Wie Sifrit verraten wart „Nein er", sprach dö Hagene, ,,ir muget wol stille dagen, ich getrüwej heinliche also wol an getragen, da3 Prünhilde weinen sol im werden leit. jä sol im von Hagenen immer wesen widerseit." Dö sprach der kiinic Gunther: „wie möhte da3 ergän?" des antwurte Hagene: „ich WÜ3 iuch hoeren län. wir hei3en boten riten zuo uns in da3 lant widersagen offenliehe, die hie niemen sin bekant. So jehet ir vor den gesten, da3 ir und iuwer man wellet herverten. also da3 ist getän, sö lobet er iu dar dienen; des vliuset er den lip; so ervare ich uns diu msere ab des küenen recken wip." Der künic gevolget übele Hagenen sinem man. die starken untriuwe begonden tragen an, e iemen da3 erfunde, die riter Ü3 erkorn. von zweier vrouwen bägen wart vil majiic helt verlorn. XV. Ä V E N T I U R E , WIE S i F R I T V E R R A T E N W A R T . A n d e m V i e r d e n m o r g e n z w e n u n d dri3ec m a n
sach man ze hove riten. da3 wart dö kunt getän Gunther dem vil riehen, im wsere widerseit. von lüge erwuohsen vrouwen diu aller grossesten leit. Urloup si gewunnen, da3 si für solden gän, und jähen da3 si wseren die Liudegeres man, den e da hete betwungen diu Sifrides hant unt in ze gisel brähte in da3 Guntheres lant. Die boten er dö gruojte und hie3 si sitzen gän. ir einer sprach dar under: „herre, lät uns stän, unz wir sagen msere, diu iu enboten sint. jä habet ir ze viende, da3 wi33et, maniger muoter kint. Iu widersaget Liudegast unde Liudeger, den ir dä wilen tätet diu gremlichen ser; die wellent zuo ziu riten mit her in ditze lant." der künic begonde zürnen, do er diu msere bevant. Dö hie3 man die meinrseten zen herbergen varn. wie mohte sich her Sifrit dö dä vor bewarn, er oder ander iemen, da3 si dä truogen an? da3 wart sit in selben ze grÖ3em leide getän.
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Der künic mit sinen vriunden rünende gie. Hagene von Tronege in nie geruowen lie. noch heten gescheiden genuoge sküniges man, döne wolt et Hagene nie des rätes abe gän. Eines tages Sifrit si rünende yant. dö begonde vrägen der helt von Niderlant: „wie gät so trürecliche der künic unt sine man? da3 hilfe ich immer rechen, hät im iemen iht getan." Do sprach der herre Gunther: „mir ist von schulden leit. Liudegast und Liudeger die habent mir widerseit. si wellent oflenlichen riten in min l a n t . " dö sprach der degen küene: „da3 sol diu Sifrides hant Nach allen iuwern eren mit vlige understan. ich getuon noch den degenen, als ich hän 6 getän, ich gelege in wüeste ir bürge und ouch ir lant, e da3 ich erwinde; des si min houbet iuwer pfant. Ir unt iuwer recken sult hie heime bestän, und lat mich zuo zin riten mit den, die ich hän. da3 ich iu gerne diene, da3 I&3 ich iuch sehen; von mir sol iwern vinden, da3 wi33et, leide geschehen." ,,Sö wol mich dirre maere", sprach der künic dö, als ob er ernstliche der helfe wsere vrö. in valsche neig im tiefe der ungetriuwe man. dö sprach der herre Sifrit: „ i r sult kleine sorge h ä n . " Dö schihten si die reise mit den knehten dan, Sifride und den sinen ze sehen e3 was getän. dö hie3 er sich bereiten die von Niderlant, die Sifrides recken die suochten stritlich gewant. Dö sprach der starke Sifrit: „min vater Sigemunt, ir sult hie beliben. wir komen in kurzer stunt, git uns got gelücke, her wider an den Rin. ir sult bi dem künige hie vil vrceliche sin." Diu zeichen si ane bunden, also si wolden dan. da wären genuoge di Guntheres man, dine wessen niht der msere, wä von e3 was geschehen, man mohte grÖ3 gesinde dö bi Sifride sehen. I r helme und ouch ir prünne si bunden üf diu marc, sich bereite vome lande vil manic ritter starc. dö gie von Tronege Hagene, da er Kriemhilde vant, unt bat im geben urloup, si wolden rümen da3 lant.
W i e Sifrit verraten wart
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,,Nu wol mich",sprach doKriemhilt, , ,da3 ich ie gewan den man der minen lieben vriunden so wol tar vor gestän, also min herre Sifrit tuot den vriunden min. des wil ich hohes muotes", sprach diu küneginne, ,,sin. Vil lieber vriunt Hagene, gedenket an da3, da3 ich iu gerne diene und noch nie wart gehaj. des la3et mich genie3en an minem lieben man. e m sol des niht engelten, hab ich Prünhilde iht getan. Da3 hat mich sit gerouwen", sprach da3 edel wip. „ouch hat er so zerblouwen dar umbe minen lip; das ich ¡3 ie geredete, da3 beswärte ir den muot, da3 hat vil wol errochen der helet küene unde guot." Er sprach: ,,ir wert versüenet her nach disen tagen. Kriemhilt, liebiu vrouwe, ja sult ir mir sagen, wie ich iu müge gedienen an Sifride iuwerm man. da3 tuon ich gerne, vrouwe, wand ihs niemen ba3 engan." „ I c h wsere an alle sorge", sprach da3 edel wip, ,,da3 im iemen nseme in stürme sinen lip, ob er niht wolde volgen einer übermuot; sö wsere immer sicher der degen küene unde guot." „ V r o u w e " , sprach dö Hagene, „ u n t habet ir des wän, da3 man in müge versniden, ir sult mich wi33en län, mit wie getanen listen ich da3 sol understen. ich wil im ze huote immer riten unde gen." Si sprach: „ d u bist min mäc, so bin ich der din. ich bevilhe dir mit triuwen den holden wine min, da3 du mir wol behüetest den minen lieben man." si saget im kundiu msere, diu be33er waeren verlän. Si sprach: „ m i n man ist küene und dar zuo starc genuoc. do er den lintrachen an dem berge sluoc, ja badete sich in dem bluote der recke vil gemeit, da von in sit in stürmen nie dehein wäfen versneit. Iedoch bin ich in sorgen, swenn er in stiite stat und vil der gerschü33e von helde handen gät, da3 ich da Verliese den minen lieben man. hey wa3 ich grÖ3er leide dicke umbe Sifriden hän! Ich meld 13 üf genäde, vil lieber vriunt, dir, da3 du dine triuwe behaltest an mir. da man da mac verhouwen den minen lieben man, da3 lä3 ich dich hoeren; deist üf genäde getan.
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D ö von des trachen wunden VI03 da3 hci^e bluot und sich dar inne badete der küene riter guot, dö viel im zwischen di herte ein linden blat vil breit. dä mac man in versniden; des ist mir sorgen vil bereit." D6 sprach von Tronege Hagene: ,,üf dag sin gewant nset ir ein kleine3 zeichen, dä bi ist mir bekant, wä ich in müge behüeten, s6 wir in stürme stän." si wänden helet vristen, e3 was üf sinen tot getan. Si sprach: „ m i t kleinen siden n® ich üi sin gewant ein tougenliche3 kriuze. dä sol, helt, din hant den minen man behüeten, so e3 an die herte gät, swenn er in den stürmen vor sinen vianden s t ä t . " ,,Da3 tuon ich", sprach dö Hagene, ,,vil liebiu vrouwe m do wänd ouch des diu vrouwe, 63 sold im vrume sin, dö was dä mit verräten der Kriemhilde man. urloup nam dö Hagene, dö gie er vroeliche dan. Des küniges ingesinde was alle3 wol gemuot. ich waen immer recke deheiner mer getuot so grÖ3er meinrsete, sö dä von im ergie, do sich an sine triuwe Kriemhilt diu küneginne lie. Des anderen morgens mit tüsent siner man reit der herre Sifrit vil vroelichen dan. er wänd er solde rechen der siner vriunde leit. Hagene im reit sö nähen, da3 er geschouwete diu kleit. Als er gesach da3 bilde, dö schiht er tougen dan, di sageten ander msere, zwene siner man; mit vride solde beliben da3 Guntheres lant, und si hete Liudeger zuo dem künige gesant. Wi ungerne Sifrit dö hin wider reit, e m het etewa3 errochen siner vriunde leit! wand in vil küm erwanden die Guntheres man. dö reit er zuo dem künige, der wirt im danken began. „ N u löri iu got des willen, vriunt Sifrit. da3 ir sö willecliche tuot, des ich iuch bit, da3 sol ich immer dienen, als ich von rehte sol. vor allen minen vriunden sö getrouwe ich iu wol. Nu wir der herverte ledic worden sin, sö wil ich jagen riten bern unde swin hin zem Waskenwalde, als ich vil dicke hän." da3 hete geräten Hagene, der vil ungetriuwe man.
Wie Sîfrit ersiagen wart „Allen minen gesten sol man da3 sagen, da3 wir vil vruo riten, die wellen mit mir jagen da3 si sich bereiten; die aber hie bestän höveschen mit den vrouwen, da3 si mir liebe getan." Dö sprach der herre Sifrit mit herlichem site: ,,swenne ir jagen ritet, da wil ich gerne mite. so sult ir mir lihen einen suochman und etelichen bracken; so wil ich riten in den tan." „Welt ir niht nemen wan einen?" sprach der künic zehant. „ich lih iu, weit ir, viere, den vil wol ist bekant der walt und ouch die stige, swä diu tier hin gänt, die iuch niht fürwise zen herbergen riten länt." Do reit zuo sinem wibe der recke vil gemeit. schiere hete Hagene dem künige geseit, wi er gewinnen wolde den tiwerlichen degen: sus grÖ3er untriuwe solde nimmer man gepflegen.
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XVI. Â V B N T I U R E , W I E SÎFRIT ERSLAGEX WART.
Gunther und Hagene die recken vil balt, lobeten mit untriuwen ein pirsen in den walt. mit ir schaipfen gêren si wolden jagen swîn, beren unde wisende, wa3 möhte küeners gesîn? Dâ mite reit ouch Sifrit in hêrlîchem site. maniger hande spîse die fuorte man in mite, zeinem kalten brunnen verlos er sît den lîp. da3 hete gerâten Prünhilt, des künic Guntheres wip. Dö gie der degen küene, da er Kriemhilde vant. dö was nu ûf gesoumet sin edel pirsgewant, sin und der gesellen, si wolden über Rîn. done dorfte Kriemhilde rçimmer leider gesin. Di sine triutinne kust er an den munt. „got lâ3e mich dich, vrouwe, gesehen noch gesunt, und mich diu dînen ougen. mit holden mâgen dîn soltu kurzewîlen, ine mac hie heime niht gesin." Do gedâhtes an diu msere (sine torst ir niht gesagen), diu si dâ Hagenen sagete ; dö begonde klagen diu edel küniginne, da3 si ie gewan den lîp. dô weinte âne mâ3e des herren Sîfrides wîp.
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Si sprach zuo dem recken: ,,lât iuwer jagen sîn. mir troumte Milte leide, wie iuch zwei wildiu swîn jageten über heide, dà wurden bluomen rôt. da3 ich sô sère weine, des gêt mir wœrlîche nôt. Ich fürhte harte sère etelîchen rät, obe man der deheinen missedienet hât die uns gefüegen kunnen vîentlîchen ha3belîbet, lieber herre, mit triuwen rät ich iu da3." Er sprach: ,,mîn triutinne, ich kum in kurzen tagen. ine weÌ3 hie niht der liute, die mir iht ha33es tragen. alle dîne mâge sint mir gemeine holt, ouch hân ich an den degenen hie niht anders versolt." „Neinä, herre Sîfrit, j â fürhte ich dînen val. mir troumte hînte leide, wie ob dir zetal vielen zwêne berge, ine gesach dich nimmer mê. wil du von mir scheiden, da3 tuot mir an dem herzen wê E r umbevie mit armen da3 tugentrîche wîp, mit minncclîchem küssen trût er ir scliœnen lîp. mit nrloube er dannen schiet in kurzer stunt. si gesach in leider dar nâch nimmer mêr gesunt. Dô riten si von dannen in einen tiefen walt durch kurzewîle willen, vil manie ritter balt volgeten Gunthere unde sînen man. Gêrnôt unde Gîselher die wären dâ heime bestân. Geladen vil der rosse kom vor in über Rîn, diu den jagetgesellen truogen brôt unde wîn, da3 vleisch mit den vischen und andern manigen rät, den ein künic sô riche vil harte billîchen hât. Sie hie3en herbergen für den grüenen walt gên des wildes abloufe die stolzen jegere balt, dâ si dâ jagen solden, ûf einen wert vil breit. dô was ouch komen Sîfrit, da3 wart dem künege geseit. Von den jagtgesellen wurden dô gar bestân die warte in allen enden, dô sprach der küene man, Sîfrit der vil starke: „wer sol uns in den walt wîsen nâch dem wilde, ir helde küene unde b a l t ? " „Welle wir uns scheiden", sprach dô Hagene, ,,ê da3 wir beginnen hie ze jagene? dâ bî wir mügen bekennen, ich und die herren mîn, wer die besten jegere an dirre waltreise sîn.
Wie Sìfrit erslagen wart
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Liute und gehünde suln wir teilen gar, so kèr ietslicher, swar er gerne var. swer danne jage dag beste, des sol er haben danc." dò wart der jäger biten bi ein ander niht ze lane. Dò sprach der herre Sifrit: „ich hàn der hunde rät, niwan einen bracken, der sö gen033en hät, da3 er die verte erkenne der tiere durch den tan. wir komen wol ze jegede", sprach der Kriemhilde man. Dó nam ein alter jegere einen guoten spürehunt, er brähte den herren in einer kurzen stunt, dà si vii tiere funden. swa3 der von lägere stuont, di erjageten die gesellen, sò noch guote jeger tuont. Swa3 ir der bracke erspranete, di sluoc mit siner hant Sifrit der vii küene, der helt von Niderlant. sin ros lief só sère, da3 ir im niht entran. den lop er vor in allen an dem jegede gewan. E r was an allen dingen biderbe genuoc. sin tier was da3 erste, da3 er ze töde sluoc, ein vii starke3 halpful, mit der sinen hant; dar näch er vii schiere einen ungefüegen lewen vant. Dó den der bracke erspranete, den schÓ3 er mit dem bogen. eine scharpfe strale het er dar in gezogen, der lewe lief näch dem s c i n d e wan diier Sprünge lane. die sinen jägtgesellen die sagten Sifride danc. Dar näch sluoc er schiere einen wisent und einen eich, starker üre viere und einen grimmen schelch. sin ros truoc in só balde, daz ir im niht entran. hirje oder hinden künde im wènic engän. Einen eber gröjen den vant der spürhunt. als er begunde vliehen, dò kom an der stunt des selben gejegedes meister er bestuont in üf der slä. da3 swin vii zornecliche lief an den küenen helet sä. Dò sluoc in mit dem swerte der Kriemhilde man, e3 enhet ein ander jegere só samfte niht getän. do er in het ervellet, man vie den spürhunt. dó wart sin jaget da3 riche wol den Burgonden kunt. Dó sprächen sine jegere: ,,müg e3 mit fuoge wesen, sò lät uns, her Sifrit, der tier ein teil genesen. ir tuot uns hiute ¡aere den bere und ouch den walt." des begonde smielen der degen küene unde balt.
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Dò hórtens allenthalben ludem unde dÒ3von liute und ouoh von hunden der schal der was só grÓ3 da3 in dà von antwurte der bere und ouch der tan. vier und zweinzec ruore die jägere hèten verlàn. D ò muosen vii der tiere Verliesen dà da3 leben. dò wänden si da3 fliegen, da3 man in solde geben den pris von dem gejägede; des künde niht geschehen, dò der starke Sifrit wart zer fiwerstat gesehen. Da3 jaget was ergangen unde doch niht gar. die zer fiwerstete wolden, die bràhten mit in dar vii maniger tiere hiute und wildes genuoc. hey wa3 man des zer kuchen des küneges ingesinde truoc Do hie3 der künic künden den jegern Ü3 erkorn, da3 er enbÌ3en wolde. dò wart vii lüte ein horn zeiner stunt geblàsen, dà mit in wart erkant, da3 man den fürsten edele dà zen herbergen vant. Dò sprach ein Sifrides jägere: „herre, ich hàn vernomen von eines hornes du33e, da3 wir nu suln komen zuo den herbergen, antwurten ich des wil." dò wart nàch den gesellen gevràget bläsende vii. Dò sprach der herre Sifrit: ,,nu rüme ouch wir den t a n ! " sin ros truoc in ebene, si Ilten mit im dan. si erspraneten mit ir schalle ein tier vii gremelich, da3 was ein bere wilde, dò sprach der degen hinder sich : „ I c h wil uns hergesellen guoter kurzewile wern. ir sult den bracken lä3en, jä sih ich einen bern, der sol mit uns hinnen zen herbergen varn. ern vliehe danne vii sère, ern kan sichs nimmer bewarn." Der bracke wart verlä3en, der bere spranc von dan. dò wolde in erriten der Kriemhilde man. er kom in ein gevelle, done kondes niwet wesen. da3 starke tier dò wände vor dem jägere genesen. D ò spranc von sinem rosse der stolze riter guot, er begonde näch loufen. da3 tier was umbehuot, e3 enkonde im niht entrinnen, dò viene er Ì3 zehant, än aller slahte wunden der helt e3 schiere gebant. Krazen noch gebÌ3en künde e3 niht den man. er band e3 zuo dem satele, üf sa3 der snelle sàn, er bräht ¡3 an die fiwerstat durch sinen hòhen muot zeiner kurzewile, der recke küene unde guot.
Wie Sifrit erslagen wart Wie rehte herlichen er zen herbergen reit! sin ger was vil michel, starc unde breit. im hienc ein ziere wafen hin nider an den sporn, von vil rotem golde fuort der herre ein schoene hörn. Von be33erm pirsgewsete gehört ich nie gesagen. einen roc von swarzem pfellel den sach man in tragen und einen huot von zobele, der riche was genuoc. hey wa3 er richer porten an sinem kochsere truoc! Von einem pantel was dar über gezogen ein hüt durch die süeje. ouch fuörter einen bogen, den man mit antwerke muose ziehen dan, der in spannen solde, ern het ¡3 selbe getan. Von einer ludemes hiute was alle3 sin gewant. von houbet unz an da3 ende gestreut man darufe vant. Ü3 der liehten riuhe vil manic goldes zein ze beiden sinen siten dem küenen jägermeister schein. Dö fuort er Balmungen, ein ziere wafen breit, da3 was also scherpfe, dag e3 nie vermeit, swä man e3 sluoc üf helme; sin ecke waren guot. der herliche jägere der was höhe gemuot. Sit da3 ich iu diu msere gar bescheiden sol, im was sin edel kocher vil guoter sträle vol, von guldinen füllen, diu sahs wol hende breit. e3 muose balde sterben, swa3 er da mit versneit. Do reit der riter edele vil weidenliche dan. in sähen zuo zin körnende di G-untheres man. si liefen im engegene und enpfiengen im da3 marc. dö fuort er bi dem satele einen bern grÖ3 unde starc. Als er gestuont von rosse, dö löst er im diu bant von fuoge und ouch von munde, dö erlüte dä zehant vil gröge da3 gehünde, swa3 des den beren sach. da3 tier ze walde wolde, die liute heten ungemach. Der ber von dem schalle durch die kuchen geriet, hey wa3 er kuchenknehte von dem fiwer schiet! vil ke33el wart gerüeret, zefüeret manic brant, hey wa3 man guoter spise in der aschen ligen vant! Dö sprangen von dem sedele die herren und ir man. der ber begonde zürnen, der künic hie3 dö län alle3 da3 gehünde, da3 an den seilen lac. und wser ¡3 wol verendet, si heten vroelichen tac.
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Mit bogen und mit spie3en niht langer man da3 lie, dö liefen dar die snellen, da der bere gie. do was so vil der hunde, da3 da niemen schÖ3. von des liutes schalle da3 gebirge alle3 erdÖ3. Der ber begonde vliehen vor den hunden dan, im enkunde niht gevolgen wan Kriemhilde man. der erlief in mit dem swerte, ze töde er in d6 sluoc. hin wider zuo dem flwere man den bern sider truoc. Do sprächen, die da3 sähen, er w®re ein kreftec man. die stolzen jagetgesellen hie3 man zen tischen gän. üf einen schcenen anger sa3 ir da genuoc. hey wa3 man richer spise den edeln jegeren do truoc! Die schenken körnen seine, die tragen solden win. e3 enkunde ba3 gedienet nimmer helden sin; heten si dar ander niht so valschen muot, si wseren wol die recken vor allen schänden behuot. D6 sprach der herre Sifrit: „wunder mich des hät, sit man uns von kuchen git so manigen rät, warumbe uns die schenken bringen niht den win. man empflege ba3 der jegere, ine wil niht jagetgeselle sin. Ich hete wol gedienet, da3 man min ba3 nseme war." der künic von dem tische sprach in valsche dar: „ m a n sol iu gerne büe3en, swes wir gebresten hän. da3 ist xonHagenen schulden; derwil uns gerne erdürsten län." Do sprach von Tronege Hagene: „ v i l lieber herre min, ich wände da3 da3 pirsen hiute solde sin dä zem Spehtsharte; den win den sande ich dar. sin wir hiut ungetrunken, wie wol ich mere da3 bewar!" Do sprach der herre Sifrit: ,,ir lip der hab undanc. man solde mir siben soume met und.lütertranc haben her gefüeret. dö des niht mohte sin, dö solt man uns gesidelet haben näher an den B i n . " Dö sprach von Tronege Hagene: ,,ir edeln riter balt, ich wei3 hie vil nähen einen brunnen kalt (da3 ir niht enzürnet), dä sul wir hine gän." der rät wart manigem degene ze großen sorgen getän. Sifrit den recken twanc des turstes not. den tisch er deste ziter rucken dan gebot; er wolde für die berge zuo dem brunnen gän. dö was der rät mit meine von den recken getan.
Wie Sìfrit erslagen wart
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Diu tier hie3 man üf wägenen füeren ÌD da3 lant, diu dà bete verhouwen diu Sifrides hant. man jah im grÓ3er èren, swer ¡3 ie gesach. Hagene sine triuwe vii sère an Sìiriden brach. Dò si wolden dannen zuo der linden breit, dò sprach von Tronege Hagene: „ m i r ist des vii geseit, da3 niht gevolgen künne dem Kriemhilde man, swenne er wolde gähen, hey wolde er uns da3 sehen län !" Dò sprach von Niderlande der küene Sifrit : ,,da3 muget ir wol versuochen, weit ir mir loufen mit ze wette zuo dem brunnen. só da3 ist getan, dem sol man jehen danne, den man sihet gewunnen hàn." „ N u welle ouch wir3 versuochen", sprach Hagene der degen. dò sprach der starke Sifrit: „ s o wil ich mich legen für di iwern füe3e nider an da3 gras." do er da3 gehörte, wi liep e3 Gunthere was ! Dò sprach der degen küene : „noch wil ich iu mère sagen, alle3 min gewaete wil ich mit mir tragen, den gèr zuo dem Schilde und al min pirsgewant." den kocher zuo dem swerte vii schier er umbe gebant. Dò zugen si diu kleider von dem libe dan, in zwein wÌ3en hemeden sach man si beide stän. sam zwei wildiu pantel si liefen durch den klè, doch sach man bi dem brunnen den küenen Sifriden è. Den prls an allen dingen truoc er vor manigem man. da3 swert da3 löst er schiere, den kocher leit er dan, den starken gèr er leinte an der linden ast ; bi des brunnen vlu33e stuont der hèrliche gast. Die Sriiides tugende wären harte grÖ3den schilt er leite nidere, aldä der brunne VI03; swie harte so in durste, der helt doch nine tranc, è da3 der kiinic getrunke, des saget er im vii bcesen danc. Der brunne was küele, lüter unde. guot. Gunther sich dö neigte nider zuo der fluot; als er het getrunken, dò riht er sih von dan. alsam het ouch gerne der küene Sifrit getän. Do engalt er siner zühte. den bogen unt da3 swert, da3 truoc alle3 Hagene von im dannewert. dò sprang er hin widere da er den gèr dà vant. er sach nàch einem bilde an des küenen gewant.
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irilil;
l)ö sprach er lougenliche: ,,dä ich das schif da vant, i-">«t> bi einer wilden widen, da löste3 min hant. ich hän deheinen vergen hiute hie gesehen, e3 ist ouch niemen leide von minen schulden hie gesclichen." Dö sprach von Burgonden der herre Gernöt: I-^HJ ' „hiute muo3 ich sorgen üf lieber friunde tot, Sit wir der schifliute bereite nine han, wie wir komen übere. des muo3 ich trüric gestän."
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X X V . Äventiure
1570 Vil lüte rief dö Hagene: ,,leit nider üf da3 gras, ir knehte, diu gereite, ich gedenke, da3 ich was der aller beste verge, den man bi Rine vant; ja trüwe ich iuch wol bringen hin über in Gelpfrätes lant." Da3 si deste balder koemen über fluot, isti diu ros si an sluogen, der swimmen da3 wart guot, wand in diu starke ünde deheine3 da benam. etliche3 ouwete verre, als e j ir müede gezam. D6 traogen si zem scheffe ir golt und ouch ir wät, i ">"2 s!t da3 si der verte niht mohten haben rät. Hagene was da meister, des fuort er üf den sant vil manigen riehen recken in da3 unkunde lant. Zem ersten braht er übere tüsent riter her, i.>-s dar näch die sinen recken, dannoch was ir mer; niun tüsent knehte die fuort er an da3 lant. des tages was unmüe3ec des küenen Tronegaeres hant. Do er si wol gesunde brähte über die fluot, i">"4 do gedähte vremder msere der snelle degen guot, diu im e da sageten diu wilden merwip. des het des küneges kappelän näch verlorn sinen lip. Bi dem kappelsoume er den pfaffen vant, 1 •''"•> ob dem heilectuome er leinte an siner hant. des mohte er niht genie3en; dö in Hagen sach, der gotes arme priester muose liden ungemaoh. Er swang in Ü3 dem schiffe, dar zuo wart im gäch. i">7« d6 riefen ir genuoge: ,,nu vähä, herre, väch!" (iiselher der junge, zürnen er3 began. em wold 13 doch niht läsen, er enhet im leide getän. Do sprach von Burgonden der herre Gernot: 1"1'" ,,wa5 hilfet iuh nu, Hagene, des kappelänes tot? tjet e3 ander iemen, e3 sold iu wesen Ieit. umbe weihe schulde habt ir dem priester widerseit?" Der pfaffe swatn genöte, er wolde sin genesen, i">7» ob im iemen hülfe, des mohte dö niht gewesen, wan der starke Hagene vil zornec was gemuot. er stie3 in zuo dem gründe, da3 endühte niemen guot. Do der arme pfaffe der helfe niht ensach, i-">79 dö kert er wider übere, des leid er ungemach. swi er niht swimmen künde, im half diu gotes hant, da3 er wol kom gesunder hin wider Ü3 an da3 lant.
Wie die Nibelunge zen Hiunen fuoren
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D6 stuont der arme priester und schütte sine wät. da b! sach wol Hagene, da3 sin niht weere rät, da3 im für msere sageten diu wilden merewip. er dähte: ,,dise degene müejen Verliesen den lip." Dö si da3 schif entluoden und gar getruogen dan. swa3 dar üfe heten der drier künege man, Hagene e3 sluoc ze stucken und warf e3 an die fluot. des hete michel wunder die recken küene unde guot. „Zwiu tuot ir da3, bruoder?" so sprach Dane wart. ,,wie sul wir komen übere, so wir die widervart riten von den Hiunen ze lande an den Ein?" sit do sagete im Hagene, da3 des künde niht gesin. Dö sprach der helt von Tronege: „ich tuon 13 üf den wän, ob wir an dirre reise deheinen zagen hän, der uns entrinnen welle durch zägeliche not, der muo3 an disem wäge doch liden schamelichen tot." Si fuorten mit in einen U3 Burgonden lant, einen helt ze sinen handen, der was Volker genant. der redete spseheliche allen sinen muot. «wa3 ie begie Hagene, da3 düht den videlsere guot. Ir ros bereitet wären, die soumer wol geladen. si heten an der verte noch deheinen schaden genomen der si muote, wan des küneges kappelän. der muose uf sinen fiie3en hin wider zuo dem Rine gän.
XXVI. Ä V E N T I U R K , W I E GET.VI'RÄT EK.S1AGEN W A R T VON DANCWARTE (Str. 1586 — 1649).
Als alle übergesetzt sind, verkündet ihnen Hagen mit der Botschaft der Meerfrauen ihr Schicksal. Daß er den Fährmann erschlug, wollen die. bairischen Grafen Else und Gelpfrat ahnden und verfolgen die Burgunden. Kampf in der Nacht. Die Nachhut unter Hagen und Dankwart schlägt die Baiern zurück; Dankwart tötet Gelpfrat. Die Burgunden haben 4, die Baiern 100 Tote. Bischof Pilgrim nimmt die Burgunden in Passau gastlieh auf. Als die Sonne aufgeht, bemerkt Gunther das Blut auf den Waffen und erfährt erst jetzt von dem. Kampf.
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X X V I I . àventime
Auf der Grenze zu Rüdigers Mark liegt der Ritter Eckewart schlafend. Hagen nimmt ihm das Schwert, gibt es ihm aber wieder; dafür warnt Eckewart sie vor Kriemhilds Plänen. Gunther läßt ihn ihr Kommen bei Rüdeger anmelden.
XXVII. Â V E N T I U K E , W I E SI ZE B E C H E L Â R E N KÔMEN.
Dô gie der maregrâve, dâ er di vrouwen v a n t , sîn wîp mit sîner tohter, unt sagete in zehant diu vil lieben msere, diu er hete vernomen,
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In sua getänen leiden in doch der naht zeran. noch stuont vor dem hüse der küene spilman und Hagene filn geselle, geleinet über rant, si warten schaden mere von den 113 Etzelen lant. Do sprach der videlsere: „ n u ge wir in den sal. so waenent des die Hiunen da3 wir sin über al töt von dirre quäle, diu an uns ist getan, si sehent uns noch begegene in strite ir etelichen atän." Do sprach von Burgonden Gtselher da3 kint: „ich w»n e3 tagen welle, sich hebt ein küeler wint. nu 1&3 uns got von himele noch lieber zit geleben. uns hat min swester Kriemhilt ein arge liöhzit gegeben." D6 sprach aber einer: „ich kiuse nu den tac. s£t da3 e3 uns nu be^er wesen niht enmac, so wäfent ir iuch, helde, gedenket an den 11p. jä kumt uns aber schiere des künec Etzelen wip." Der wirt wolde wsenen, die geste wseren töt von ir arbeite und von des fiwere not, dö lebte ir noch dar inne sehs hundert küener man, da3 nie künec deheiner be33er degene gewan. Der eilenden huote hete wol ersehen, da3 noch die geste lebten, swie vil in was geschehen ze schaden unt ze leide, den herren unde ir man. man sach si in dem gademe noch vil wol gesunde stän. Man sagete Kriemhilde, ir wsere vil genesen. dö sprach diu küneginne, da3 künde nimmer wesen da3 ir deheiner lebte von des fiwers not: „ich wil des ba3 getruwen da3 si alle ligen töt." Noch genasen gerne die fürsten und ir man, ob noch iemen wolde genäde an in begän. (line künden si niht vinden an den von Hiunen laut, dö rächen si ir sterben mit vil williger hant. Des tages wider morgen grüe3en man in böt mit hertem urliuge, des körnen helde in not. dö wart zuo zin gescho33en vil manec starker ger, sich werten riterlichen die recken küene unde her. Dem Etzein gesinde erweget was der muot, da3 si wolden dienen da3 Kriemhilde guot, dar zuo si wolden leisten, da3 in der künec gebot. des muose maneger schiere von in kiesen den töt.
Wie Rüedeger erslagen wart
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Von gehei3e und ouch von gäbe man mohte wunder sagen. si hie3 golt da3 röte dar mit Schilden tragen, si gab e3 swer sin ruoehte und e3 wolde enpfän. jane wart nie grce3er solden mer üf viende getan. Ein michel kraft der recken dar zuo gewäfent gie. dö sprach der küene Volker: „ w i r sin et aber hie. ine gesach üf vehten nie helde gerner komen, die da3 golt des küneges uns ze väre hänt genomen." D6 riefen ir genuoge: „näher, helde, ba3, da3 wir dä suln verenden, und tuon bezite da3hie belibet niemen wan der doh sterben sol." d ö s a c h m a n s c h i e r ir S c h i l d e
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stecken görschü33e vol.
Wa3 mac ich sagen mere? wol zwelf hundert man 2183 di versuochten e3 vil sere wider unde dan. do kuolten mit den wunden die geste wol ir muot. e3 enmohte niemen scheiden, des sach man vlie3en da3 bluot Von verchtiefen wunden, der wart dä vil geslagen. 2134 ieslichen näch sinen vriunden hörte man dö klagen. die biderben stürben alle dem riehen künege her. des heten holde mäge näch in grce3Üchiu sSr.
XXXVII. Ä V E N T I U R E , WIE R Ü E D E G Ä R E R S L A G E N W A R T .
E3 heten die eilenden wider morgen guot getan, wine der Gotelinde kom ze hove gegän. dö sach er beidenthalben diu grce3lichen ser, da3 weinte innecliche der getriuwe Rüedeger. ,,Owö mir", sprach der recke, „ d a s ich ie den lip gewan, da3 disen grÖ3en jämer kan niemen understän! swie gerne Ü13 vriden wolde, der künec entuot es niht, wände er der sinen leide ie mer und mere gesiht." Dö sande an Dietrichen der guote Rüedeger, ob si3 noch künden wenden an den künegen her. dö enböt im der von Berne: „wer möht ¡3 understän? e3 enwil der künec Etzel niemen scheiden län." Dö sah ein Hiunen recke Rüedegeren stän mit weinenden ougen, und hetes vil getän. der sprach zer küneginne: „ n u seht ir wie er stät, der doch gewalt den meisten hie bi Etzelen hät,
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X.XXVII. Àventiure
Unt dem e3 alle3 dienet, liut unde lant. wie ist sò vii der bürge aa Ruedegèr gewant, der er von dem künege só manege haben mac ! er gesluoc in disen stürmen noch nie lobelichen slac. Mich danket, er enruoche, wie 05 hie umbe gàt, sit da3 et er den vollen nach sinem willen hät. man giht im, er si küener danne iemen müge sin, da3 ist in disen sorgen worden boejliohe schin." Mit trürigem muote, der vii getriuwe man, den er da3 reden horte, der helt der bliht in an. er gedàht: „du solt e3 arnen. du giheät, ich si verzagt, du häst diniu maere ze hove ze Iute gesagt." Die füst begond er twingen, dò lief er in an, und sluoc só kreftecliche den hiunischen man, da3 er im vor den füe3en lac vii schiere tòt. dò was aber gemèret des künec Etzelen nòt. „Hin, du zage maere", sprach dö Rüedeger. „ich hän doch genuoge leit unde sèr, da3 ich hie niht envihte, zwiu wi3est du mir da^'.' jà waere ich den gesten von grÓ3en schulden geha^, Und alle3 da3 ich möhte, da3 het ich in getän, niwan da3 ich die recken her gefüeret hàn. jà was ich ir geleite in mines herren lant, des ensol mit in niht strìten min vii eilendes liant." Dò sprach zem marcgräven Etzel der künec hèr : „wie habt ir uns geholfen, vii edel Rüedeger! wand wir sò vii der veigen hie ze lande hän, wir bedorften ir niht mère, ir habt vii übele getän." Dò sprach der ritter edele: „ d a beswärt er mir den mimt und hät mir geitewÌ3et ère unde guot, des ich von cÜnen handen hän sò vii genomen, da3 ist dem lügenaere ein teil unstäteliche komen." Dò kom diu küneginne und het ¡3 ouch gesehen, da3 von des heldes zorne dem Hiunen was geschehen. si klaget e3 ungefuoge; ir ougen wurden na3. si sprach ze Rüedegöre: „wie habe wir verdienet d ^ . Da3 ir mir unt dem künege inèret unser leit? nu habt ir uns, edel Rüedeger, alle3 her geseit, ir woldet durch uns wägen die ère und ouch da3 leben. ich hòrt iu vii der recken den pris vii grcB3lichen geben.
Wie Riiedegêr ers] agen w a r t Ich man iuch der genâden und ir mir habt gesworn, do ir mir zuo Etzein rietet, riter Û3 eikorn, da3 ir mir woldet dienen an unser eines tôt. des wart mir armem wîbe nie sô grœ3lîche n ô t . " ,,Da3 ist âne lougen, ich swuor iu, edel wîp, d«3 ich durch iuch wägte ère und ouch den lîp, da3 ich die sêle vliese, des enhân ich niht gesworn. zuo dirre hôhgezîte brâht ich die fürsten wol geborn." Si sprach: „ g e d e n k e , Riiedegêr, der grÔ3en triuwe dîn, der stsete und ouch der eide, da3 du den schaden mîn immer woldest rechen und elliu mîniu leit." dô sprach der m a r c g i â v e : „ i c h hân iu selten iht verseit." Etzel der riche vlêgen ouch began. dô buten si sich beide ze füe3en für den man. den edelen marcgrâven unmuotes man dô sach. der yil getriuwe recke harte jâmerlîchen sprach: ,,Owê mir gotes armen, da3 ich ditz gelebet hân. aller mîner êren der muo3 ich abe stân, triuwen unde zühte, der got an mir gebôt. owê got von himele, da3 mihs niht wendet der tôt! Swelhe3 ich nu läse unt d«3 ander begân, sô hân ich bœ.Jîjhe und vil übele getân, lâ3e aber ich si beide, mich schiltct elliu diet. nu ruoche mich bewî.sen, der mir ze lebene geriet." D ô bäten si genôte, der küneo und ouch sîn wîp. des muosen sider recken Verliesen den lîp von Riiedegê.es hende, dâ ouch der helt erstarp. ir muget da3 hie wol hceren, da3 er vil jâmerlîchen warp. E r wiste schaden gewinnen und ungefüegiu leit. er hête dem künege vil gerne verseit, und ouch der kiineginne. vil sêie vorhte er da3, ob er ir einen slüege, da3 im diu werlt trüege-ha3. D ô sprach zuo dem künege der vil küene man: „ h e r künec, nu nemt hin widere, al da3 ich von iu hân, da3 lant mit den bürgen, des soi mir niht bestân. ich wil ûf mînen füe3en in da3 eilende g â n . " D ô sprach der künec E t z e l : „ w e r hülfe danne mir? da3 lant zuo den bürgen da3 gib ich alle3 dir,' da3 du mich rechest, Rüedeger, an den vîenden mîn. du solt ein künec gewaltec beneben Etzelen sîn." Der Nibelunge Nôt
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2159 D6 sprach aber RüedegSr: „wie sol Ü13 ane vän? heim ze minem hüse ich si geladen hän, trinken unde spise ich in güetlichen bot, und gap in mine gäbe, wie sol ich raten in den töt? Di liute wsenent lihte, da3 ich si verzaget. -ieo deheinen minen dienest hän ich in widersaget. den vil edeln fürsten unde den ir man, ouch riuwet mich diu vriuntschaft, die ich mit in geworben hän. 2161 Giselher dem degene gab ich die tohter min. sine künde in dirre werlde niht ba3 verwendet sin üf zuht und ouch üf ere, üf triuwe und ouch üf guot. ine gesach nie künec sö jungen so rehte tugentlich gemuot. Dö sprach aber Kriemhilt: „ v i l edel Riiedeger, 2182 nu lä dich erbarmen unser beider ser, min und ouch des küneges. gedenke wol dar an, da3 nie wirt deheiner sö leide geste gewan." 2163 D6 sprach der marcgräve wider da3 edel wip: ,,e3 muo3 hiute gelten der Rüedegeres lip, swa3 ir und ouch min herre mir liebes habt getan, dar umbe muo3 ich sterben. da3 mac niht langer gestän. 2184 Ich wei3 wol, da3 noch hiute min bürge und miniu lant iu müe3en ledec werden von ir eteliches hant. ich bevilhe iu üf genäde min wip und miniu kint und ouch die vil eilenden die dä ze Bechelären sint." 2ie5 „ N u lon dir got, Riiedeger", sprach der künec do. er unt diu küneginne, si wurden beidiu vro. „uns suln dine liute vil wol bevolhen wesen, ouch trüwe ich minem heile, da3 du maht selbe wol genesen." 21B