Der Nacherbenschutz gem. § 823 BGB [1 ed.] 9783428495016, 9783428095018

»Das inhaltlich machtvollste Warterecht aber ist unzweifelhaft die den Gegenstand des Nacherbenrechts bildende Anwartsch

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German Pages 224 Year 1999

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Der Nacherbenschutz gem. § 823 BGB [1 ed.]
 9783428495016, 9783428095018

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TILO WIECH

Der Nacherbenschutz gern. § 823 BOB

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 228

Der Nacherbenschutz gern. § 823 BGB

Von

Tilo Wiech

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Wiech, Tilo:

Der Nacherbenschutz gern. § 823 BGB I von Tilo Wiech. Berlin: Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum bürgerlichen Recht; Bd. 228) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-09501-4

D21 Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany

© 1999 Duncker &

ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-09501-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

e

Vorwort Die von Prof. Dr. Gottfried Schiemann betreute Abhandlung wurde im Oktober 1996 der Juristischen Fakultät Tübingen als Dissertation vorgelegt. Den langen Zeitraum zwischen dem Abschluß der inhaltlichen Arbeiten und der Drucklegung bitte ich mir nachzusehen, zumal die gefundenen Ergebnisse auch vor dem Hintergrund legislativer Veränderung (namentlich dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung) noch immer Bestand haben dürften. Mein aufrichtiger Dank gebührt all jenen, die mein Promotionsvorhaben unterstützend begleiteten. Hervorzuheben erlaube ich mir Herrn Prof. Dr. Gottfried Schiemann, dessen Verdienst in der vorbildlichen Leitung meiner wissenschaftlichen Arbeit zu erblicken ist - ihm verdanke ich zudem die Aufnahme meiner Abhandlung in die Reihe "Schriften zum Bürgerlichen Recht" -, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Marotzke, der die Mühen der Zweitkorrektur auf sich nahm, meine Lebensgefahrtin Frau Rechtsreferendarin Roswitha Straka, die sich nicht nur aufopfernd um die Bearbeitung von Manuskript und Druckvorlage bemühte, sondern mir auch geistige Stütze war, meinen Freund und Lehrstuhlkollegen Herrn Rechtsassessor Edward Schramm, dessen kritische Augen meine strafrechtlichen Ausführungen würdigten, die Reinhold-und-Maria-Teufel-Stiftung, Tuttlingen, deren Preisträger zu sein ich die Ehre habe sowie meine geduldigen Eltern. Stuttgart, im Sommer 1999

1ilo Wiech

Inhaltsverzeichnis Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

1. Kapitel

Der außerdeliktische Nacherbenschutz

A. Bei tatsächlicher Beeinträchtigung von Nachlaßgegenständen . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . .

17

I. Ansprüche gegen den Vorerben .................................................

17

1. Beeinträchtigung durch den Vorerben ........................................

17

a) Sicherungsminel nach §§ 2127 -2129 ....................................

17

b) Schadensersatz ...........................................................

19

aa) Gern. §§ 2130,280,249 ff. ...........................................

19

bb) Gern. § 2138 11 ......................................................

22

cc) Schadensersatzansprüche wegen ordnungswidriger Verwaltung vor dem Nacherbfall .....................................................

23

c) Wertersatzanspruch gern. § 2134 ..........................................

25

2. Beeinträchtigung durch Dritte .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

a) Gesetzliche Möglichkeiten des Nacherben zur Einflußnahme auf den Vorerben. ...... ... ......... ...... .......... ...... .... ...... ........ ..........

25

b) Möglichkeiten des Erblassers zur Verbesserung der Nacherbenstellung ....

26

aa) Vermächtnis .........................................................

27

bb) Auflage..............................................................

28

11. Möglichkeiten, gegen Dritte unmittelbar vorzugehen ...........................

28

I. Gesetzliche Möglichkeiten des Nacherben zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte ............................................................

28

a) §§ 2027 f. analog.........................................................

28

b) Prozeßstandschaft ........................................................

29

8

Inhaltsverzeichnis 2. Prozessualer Schutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

3. Verbesserung der Rechtsstellung des Nacherben durch den Erblasser .........

34

a) Der Nacherbe als Testamentsvollstrecker des Vorerben....................

34

b) Auflage, Vermächtnis.....................................................

36

B. Verfügungen und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ............................

37

I. Ansprüche gegen den Vorerben .................................................

37

I. Sicherungsmittel nach §§ 2127-2129 . ..... ......... .................... ....

38

2. Schadensersatz ..............................................................

39

a) Gern. §§ 2130 (2134 S. 2), 280, 249 ff. . .. ... ... . .. ...... . .. ... ... .. . . . ....

39

b) Gern. § 2138 11 ...........................................................

41

11. Prozessualer Schutz ............................................................

42

111. Ansprüche gegen Dritte ........................................................

43

Ergebnis zum außerdeliktischen Nacherbenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

2. Kapitel

Der deliktische Nacherbenschutz

A. § 823 I . ... ... ... ..... ... ... ... ...... ...... ..... ......... ... ...... ... ..... ..... .....

47

I. Der Einfluß des gesetzlichen Schuldverhältnisses auf den deliktischen Schadensersatzanspruch .............................................................

47

11. Schutzgut Eigentum ............................................................

51

III. Schutzgut Anwartschaftsrecht ..................................................

53

I. Problemstellung .............................................................

53

2. Die Klärung der Begriffe Anwartschaft und Anwartschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . .

57

a) Die Anwartschaft .........................................................

58

b) Die rechtsfolgenorientierte Fassung des subjektiven Anwartschaftsrechtes durch die h. M. ...........................................................

62

c) Der Begriff der Anwartschaft als Kennzeichnung einer rechtlich gesicherten und verfügbaren Vermögensposition ..................................

66

Inhaltsverzeichnis

9

d) Die Kritik H. Forkels am Merkmal der Erwerbssicherheit .................

68

e) Die Anwartschaft des Nacherben .........................................

70

aa) Die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts ......................

70

bb) Der Einfluß des Ausschlagungsrechtes des Vorerben (§§ 1942 ff.) auf die anwartschaftliche Situation des Nacherben.......................

71

cc) Der Gegenstand der Nacherbenanwartschaft .........................

72

(1) Anwartschaft auf die Erbenstellung ..............................

73

(2) Anwartschaft auf die Erbschaft/vererbliche Rechtsstellung des Erblassers .......................................................

74

(3) Die Anwartschaft auf die vererbliche Rechtsstellung des Erblassers als für die Herleitung deliktischer Schadensersatzansprüche untaugliches Schutzobjekt .......................................

75

(4) Die Anwartschaft auf das Recht an der Erbschaft bzw. auf das subjektive Erbrecht ..............................................

79

(5) Anwartschaft auf einzelne Nachlaßgegenstände ............. , ....

81

(a) Bedenken...................................................

81

(b) Anwartschaftsbestimmung anhand der §§ 2113 ff. ...........

85

Zwischenbetrachtung ..................................................................

88

3. Die Nacherbenanwartschaft als "sonstiges Recht" i. S. d. § 823 I .............

89

a) Das "sonstige Recht" gern. § 823 I........................................

91

b) Die Nacherbenanwartschaft als absolute Rechtsstellung? ..................

92

aa) Lösungsweg Verdinglichung .........................................

92

bb) Verfügungs- und Sukzessionsschutz ..................................

95

cc) Abwicklung zwischen dem Nacherben und dem Dritterwerber .......

97

dd) Zwangsvollstreckungs- und Konkurs-nnsolvenzbeständigkeit ........ 101 ee) Publizität............................................................ 103 Zwischenbetrachtung .................................................................. 109 c) Die Nacherbenanwartschaft als subjektives Recht? ........................ 111 aa) Die Begründung des Nacherbenanwartschaftsrechts durch die h. M. .. 111 (1) §§ 2113-2115 ................................................... 113 (a) Schutz vor Zwischenverfügungen des Vorerben.............. 113 (b) Zustimmung zu Verfügungen des Vorerben, §§ 2113 I, 185 analog ....................................................... 113

10

Inhaltsverzeichnis (2) Auskunfts-, Sicherungs- und Kontrollmöglichkeiten gern. §§ 2116 ff. ....................................................... 116 (3) Ersatzansprüche ................................................. 117 (a) Indizwirkung für das Vorliegen subjektiver Rechte. . . . . . . . . . . 117 (b) § 2134 S. 2 als deliktische Sonderregelung ................... 118 bb) Die Verfl.lgbarkeit der Anwartschaft als Ausdruck ihrer Rechtseigenschaft ................................................................ 122 cc) Subjektive Einzelrechtsfolgen als rechtsbegründender Umstand...... 126 dd) Die Anwartschaft als Recht auf Rechtsänderung ..................... 127 ee) Ergebnis: Es existiert kein subjektives Nacherbenanwartschaftsrecht 128 ff) Die Unerheblichkeit subjektiver Berechtigung für den Deliktsschutz 130

Zwischenbetrachtung .................................................................. 134 d) Die sozialtypische Offenkundigkeit ....................................... 135 4. Die deliktisch relevanten Schädigungen der Nacherbenanwartschaft ......... 136 a) Problemstellung.......................................................... 136 b) Die funktionale Entsprechung von Vorerbschaft und Nießbrauch.......... 138 c) Die Orientierung des deliktischen Schutzumfangs am Recht des Nießbrauchs................................................................... 143 aa) Wirtschaftliche Argumentation....................................... 143 bb) Die Rechtszuständigkeit von Vorerbe und Nacherbe an den anwartschaftlich verfangenen Nachlaßgegenständen ........................ 148 (1) Der Gedanke der Spaltung der Rechtszuständigkeit bei A. Blomeyer und L. Raiser ............................................. 149 (2) Die Spaltung des subjektiven Rechtes in seine Befugnis- und seine Wertkomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Zwischenbetrachtung .................................................................. 158 5. Die Konkurrenz der deliktischen Schadensersatzansprüche des Vorerben und des Nacherbanwärters bei Dritteingriffen .................................... 158 a) Anspruchsautonomie ..................................................... 160 b) Gemeinschaftliche Gläubigerschaft ....................................... 165 c) Dingliche Surrogation.................................................... 168 aa) § 2111 I 1,2. Var. .................................................... 169 bb) ,,Nießbrauchslösung" analog § 1046 I ................................ 172

Inhaltsverzeichnis d) Die Bestimmungsbefugnis über die Art und Weise der Ersatzleistung

11 174

e) Die Anspruchskonkurrenz von Vorerbe, Nacherbanwärter und Grundstückseigentümer bei Verletzung der durch § 2113 I anwartschaftlich gebundenen Grundpfandrechte .............................................. 176 Ergebnis zum deliktischen Nacherbenschutz gern. § 823 I .............................. 179 B. § 823 11 ............................................................................ 181 I. § 2113 11 als Schutzgesetz i. S. d. § 823 11 ...................................... 182 1. Das Schutzgesetz als Verbot oder Gebot ..................................... 182

2. Zur Ergänzung: Die spezifischen Anforderungen an Schutzgesetze ........... 187 a) Der gewollte Individualschutz ............................................ 188 aal Historische Auslegung............................................... 188 bb) Objektive Auslegung I Schutznormbezogene Haftungskorrektive ..... 190 b) Die Vereinbarkeit eines Schadensersatzanspruches gern. § 823 11 i. V. rn. § 2113 11 mit dem zivilen Deliktsrecht .................................... 193 aal Die "Subsidiarität" der Haftung gern. § 823 11 ........................ 198 bb) Der Einfluß der §§ 823 I, 826 auf die Bestimmung von Schutzgesetzen i. S. d. § 823 11 . ... . . . ........... . ..... ... .... .. ...... . . ... . .. .... 201

11. § 823 11 i. V. rn. § 266 I StGB ................................................... 202 1. Die untreuerelevanten Gesichtspunkte der Vorerbschaft ...................... 203 2. Der Mißbrauchstatbestand ................................................... 206 3. Der Treubruchstatbestand .................................................... 208

Ergebnis zum deliktischen Nacherbenschutz gern. § 823 11 ............................. 210

Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 211

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 222

Einleitung Dem Erblasser eröffnet das Gesetz in den §§ 2100 fr. BGB* die Möglichkeit, durch Verfügung von Todes wegen (TestamentIErbvertrag) eine Person zum Erben mit der Maßgabe einzusetzen, daß diese erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer die Erbenstellung innehatte (vgl. § 2100). Die Konsequenz ist eine mehrfache Erbfolge in denselben Nachlaß desselben Erblassers sowohl durch den Vorerben als auch - zeitlich nachfolgend mit dem Nacherbfall - durch den Nacherben (§ 2139). Im Gegensatz zur Miterbengemeinschaft erfolgt die Beerbung demnach nicht gleichzeitig mit der Folge bloßer Mitberechtigung am Ererbten. Vielmehr haben sowohl Vor- als auch Nacherbe ein ungeteiltes Erbrecht, wobei ersterer indes nur Erbe auf Zeit ist l , der Nacherbe dagegen im Regelfall die endgültige Erbenstellung erwirbt, in die er stufenweise "hineinwächst". Ab einem bestimmten Punkt der erbrechtlichen Entwicklung spricht ihm die ganz h. M. ein sein Erwerbsinteresse schützendes Anwartschaftsrecht ZU2. Der zeitlich gestreckte Entwicklungsprozeß macht die Nacherbfolge zum geeigneten Mittel, über längere Zeit hinweg (Grenze: § 2109) eine Vermögensbindung zu erreichen, da der zunächst als Erbe Berufene zwischen Erb- und Nacherbfall in seiner Dispositionsfreiheit Einschränkungen erfährt (§§ 2113 f., 21 16 fr.). Für den Erblasser können dabei verschiedene Überlegungen motivierend sein: So das Mißtrauen in die Fähigkeit oder den guten Willen des in erster Linie Berufenen, den Nachlaß so zu bewahren, daß er auch noch einem anderen (v.a. einem Familienmitglied) zugute kommt\ der zunächst Berufene aber dennoch durch eine Verwaltungs- und Nutzungszuständigkeit am Nachlaß versorgt ist. Daneben mag im Einzelfall der Schutz der unerfahrenen Abkömmlinge bezweckt sein 4 oder auch die Vermeidung einer "Abwanderung" erheblicher Teile in familienfremde Hände 5 .

, §§ ohne Angabe sind solche des BGB. I Darüber sollte nicht der Umstand hinwegtäuschen, daß gern. § 2106 I der Nacherbfall im Zweifel erst mit dem Tode des Vorerben eintritt. 2 Statt vieler: Kipp/Coing § 50 I I, S. 304. :1 V. LiibtolV 11 S. 869.

14

Einleitung

Dieses Interesse an einer dauerhaften Nachlaßerhaltung, welches den Erblasser mit dem Nacherben verbindet, steht gleichwohl in einem Spannungsverhältnis zur Stellung des Vorerben, der mit dem Erbfall Träger des Erblasservermögens (§ 1922), dessen Besitzer (§ 857) und Anspruchsgegner der Nachlaßverbindlichkeiten (§§ 1922 bzw. 1967)6, also alleiniger Rechtsnachfolger des Erblassers, wird. Dem Interesse des Nacherben, dem der Nachlaß ungeschmälert anfallen soll. trägt das Gesetz auf zwei Ebenen Rechnung: einmal intern zwischen Vor- und Nacherbe durch schuldrechtliche Möglichkeiten der Einflußnahme auf den Vorerben sowie dessen Haftung für ordnungswidrige Verwaltung 7; darüber hinaus auch durch Begrenzung seiner Handlungsrnacht im Außenverhältnis8 • In jenem Außenverhältnis wiederum kollidiert das Sicherungsinteresse des Nacherben mit dem Verkehrsschutzinteresse der Allgemeinheit. Während hier jedoch das Gesetz die Unwirksamkeit von Verfügungen des Vorerben nur unter gewissen Voraussetzungen bestimmt (vgl. v.a. § 2113) und damit einen Ausgleich unter den gegenläufigen Interessen zu erreichen sucht, fällt die gesetzliche Gewichtung im Innenverhältnis recht einseitig zu Lasten des Vorerben aus. § 1815 E I sah dabei noch als Generalverweisung die entsprechende Anwendbarkeit der Bestimmungen des Nießbrauches vor, da der Vorerbe als wahrer Berechtigter zwar eher dem Eigentümer einer belasteten Sache gleichkomme als dem Nießbraucher, andererseits doch eine weitgehende Ähnlichkeit des inneren Verhältnisses des Nießbrauchers zum Eigentümer und des Vorerben zum Nacherben nicht zu leugnen sei, zumal gewährleistet sein müsse, daß der "Gegenstand des beschränkten Rechtes" ohne Verschlechterung dem Nacherben zukomme 9 . Später indes wurde, um die Stellung des Vorerben etwas freier zu gestalten, von den Verfassern des BGB § 1815 E I gestrichen, da zwar eine Ähnlichkeit der Stellung des Nießbrauchers und des Vorerben vorhanden sei, doch die Gleichstellung im Grunde eine Umkehrung der Verhältnisse darstelle. Der Vorerbe sei Herr der Erbschaft und nicht bloßer Nießbraucher, wohingegen der Nacherbe, der nur eine Anwartschaft auf die Erbschaft besitze, nicht zu deren Herr erhoben werden solle lO • Zwar bestand Uneinigkeit darüber,

SoergellHa rde r vor § 2100 Rz 2. SoergellHa rde r vor § 2100 Rz 2. (, Dazu Staudinger/Marotzke n § 1922 Rz 114. 7 §§ 2119. 2121 - 2123. 2127 - 2129, 2130, 2133, 2134, 2138. 8 §§ 2113 - 2118; im weiteren Sinn auch § 2111. 9 Mol. V. S. 93. IIlProt.V,S.91. 4

9 StaudingerlMarotzke L1 § 1922 Rz 94. 1711 Dömer FS Ferid S. 65.

A. § 823 I

81

spruch angesehen wird, der neben den Einzelansprüchen besteht l7l . Dieser richtet sich nur gegen den Erbschaftsbesitzer, also denjenigen, der sich ein Erbrecht anmaßt und aufgrunddessen etwas aus dem Nachlaß erlangt hat. Konsequenterweise müßte sich aber ein absolutes Recht an der Erbschaft gegen jedermann richten, der dem Erben Nachlaßobjekte vorenthält - die Beschränkung auf den Erbschaftsbesitzer griffe demnach zu kurz 172 • Ein subjektives Recht des Erben an der Erbschaft existiert nach al1edem nicht. Eine subjektive Berechtigung erwächst dem Erben mit dem Erbfal1 lediglich aus den den Aktivnachlaß bildenden einzelnen Vermögensrechten, die vom Erblasser herrühren. Ob dem Nacherben in dieser Hinsicht eine Anwartschaft erwächst, bedarf noch der Prüfung. (5) Anwartschaft auf einzelne Nachlaßgegenstände (a) Bedenken Eine Anwartschaft des Nacherben auf einzelne Nachlaßgegenstände wird gemeinhin abgelehnt 173 • Die stereotype Begründung läuft im wesentlichen auf folgendes hinaus: Der Nacherbe habe aufgrund der grundsätzlich freien Verfügungsmöglichkeit des Vorerben (§ 2112) und dem damit verbundenen Fehlen einer gesicherten Erwerbsaussicht kein Anwartschaftsrecht an den einzelnen Nachlaßgegenständen. Die einzelnen Verfügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. seien insoweit lediglich gesetzliche Einzelsicherungen der Gesamtanwartschaft auf den Nachlaß 174. Darüber hinaus wird angenommen, Anwartschaftsrechte auf die einzelnen Nachlaßgegenstände seien mit dem Sinn des Gesetzes nicht vereinbar, das in den §§ 2\01 ff. vom "Recht" des Nacherben spreche und viele den Gesamterwerb betreffende Schutzvorschriften kenne 175 • Ein weiterer Begründungsversuch nimmt die rechtstechnische Regelung der Universalsukzession zum Anlaß, um Anwartschaften auf Einzelgegenstände auszuschließen: Die Rechtsstel1ung des Erblassers gehe als einheitliches Objekt aufgrund eines einheitlichen Erwerbsvorganges über. Daher könne die Aussicht des Nacherben nur auf den Erwerb der vererblichen Rechtsstel1ung des Erblas-

Z. B. MünchKommlFrank § 2018 Rz 7. Vgl. zu § 2018 auch Göller S. 20 FN 109; Dömer FS Ferid S. 74. m Vgl. Nachweise S. 55 FN 43. 174 V. Uibtoll' 11 S. 631; Erman/Schmidt § 2113 Rz 1; SoergellHarder § 2100 Rz 11; KipplCoing § 50 I 1. S. 304; LallgelKuchinke § 26 VII, S. 410; Göller S. 72 f. m Forkel S. 181. 171

172

6 Wiech

82

2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

sers insgesamt und nicht etwa auf die einzelnen den Gegenstand der Gesamtnachfolge bildenden Rechts- und Ptlichtenstellungen gerichtet sein 176 . Vor einer Würdigung der h. M. muß gefragt werden, ob neben der Anwartschaft auf die Erbschaft überhaupt eine oder mehrere Anwartschaften auf Erwerb einzelner Nachlaßgegenstände denkbar ist 177 • Sofern nämlich dem Nacherben eine Anwartschaft, d. h. eine gesicherte Aussicht auf den Erwerb der Erbschaft, zugesprochen wird, liegt der Gedanke nahe, daß diese gleichsam die integrierten Nachlaßbestandteile umfaßt, mithin die Vorstellung mehrerer Anwartschaften eine unnötige Verdoppelung darstellt. Immerhin spricht dafür auch der Gedanke, daß der Anfall der Erbschaft und der künftigen Einzelberechtigungen nicht zu trennen ist. Der Erwerb von Eigentum, Forderungen usw. des Nacherben mit dem Nacherbfall könnte sich lediglich als Realisierung der Anwartschaft auf die Erbschaft darstellen und sich somit aber auch die Annahme gesonderter Einzelanwartschaften erledigen. Aus dem anwartschaftlichen Sicherheitserfordernis ergibt sich indes, daß eine getrennte Betrachtung durchaus möglich ist. Zwar besteht, wie ermittelt wurde, eine gesicherte Erwerbsaussicht auf die vererbliche ErblassersteIlung, doch ist diese gerade einem wechselnden Bestand unterworfen und inhaltlich unbestimmt. Ob der Nacherbe dagegen eine berechtigte Hoffnung auf den Erwerb einzelner Nachlaßgegenstände hegen darf, bleibt damit offen. Aus an wartschaftlicher Perspektive handelt es sich mithin um unterschiedliche Erwerbsobjekte. Eine gewisse Bestätigung dafür läßt sich aus der Regelung des § 2033 I I, II entnehmen. Zwar geht es im vorliegenden Zusammenhang um die spezielle Frage, ob Anwartschaften bzw. Anwartschaftsrechte kumulativ im Hinblick auf Recht und Rechtsgesamtheit denkbar sind, doch läßt zumindest der Wortlaut des § 2m3 erkennen, daß sowohl Anteile, also Teilberechtigungen, an Nachlaßgegenständen als auch am Nachlaß als begrifflich möglich betrachtet werden 178.

Göller S. 27, 72. Nach Göller S. 27 ist dies offensichtlich ausgeschlossen. J7R Nicht zu leugnen ist allerdings, daß eine massive Meinungsverschiedenheit gerade an der Frage entbrannt ist, ob ein Anteil am einzelnen Nachlaßgegenstand überhaupt hesteht. Während die Theorie der geteilten Gesamtberechtigung ausgehend vom Wortlaut des § 2033 11 neben dem Anteil am Nachlaß als ideelle Quotalberechtigung am Gesamthandsvermögen auch ein relativ selbständiges Teilrecht an den Nachlaßgegenständen annimmt (so Soergel/Wo({ § 2033 Rz 3; Erman/Schlüter § 2033 Rz 9), gehen die Anhänger einer ungeteilten Gesamtberechtigung davon aus, daß die Nachlaßgegenstände ohne Quotelung allen Miterben in gesamthänderischer Verbundenheit insgesamt gehören (MünchKomrnlDiitz § 2032 Rz 10; Staudinger/Wemer § 2033 Rz 6) und damit Anteile i. S. d. § 2033 11 nicht vorhanden sind. 176

177

A. § 823 I

83

Für die Annahme der Koexistenz von Anwartschaft auf die - inhaltlich unbestimmte - vererbliche Erblasserstellung und Anwartschaften auf qualifiziert zugeordnete Nachlaßgegenstände spricht auch ein Vergleich zur Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff.). Hier gibt es eine der Vor- und Nacherbschaft vergleichbare Konstellation dann, wenn einem Ehegatten mit der Folge obligatorischer Ptlichtbindung (§ 1435) das Alleinverwaltungsrecht (§§ 1422 ff.) am gesamthänderisch gebundenen Vermögen eingeräumt ist 179 • Die §§ 1422 ff. stellen Parallel vorschriften zu den §§ 2112 f. dar, wobei die letzteren allerdings die vermögensbezogene Sukzessionsschutzbestimmung des § 1423 nicht enthalten. Seine Übernahme in das Recht der Nacherbschaft wurde erwogen 180, indes dafür letztlich keine Notwendigkeit gesehen. Immerhin zeigt sich hieran aber, daß der Möglichkeit gedacht wurde, neben der erwerbssichernden Wirkung des Erbfalles eine weitere Schranke auch für den Vorerben zu errichten und damit einerseits die Erbschaft als Ganzes, andererseits bestimmte Nachlaßgegenstände zugunsten des Nacherben zu sichern 181 . Nach alledem ist von der Möglichkeit einer Anwartschaftspluralität auszugehen. Wie zuvor erwähnt, anerkennt die h. M. nur eine Anwartschaft auf die Erbschaft bzw. die ErbensteIlung. Der Möglichkeit, daß sich im Rahmen der Beschränkungen der Verfügungsrnacht einzelanwartschaftliche Situationen aufzeigen lassen, wird nicht gedacht. Im Gegenteil werden die Verfügungsbeschränkungen zur Erklärung einer Gesamtanwartschaft instrumentalisiert 182 . Die §§ 21 I3 ff. als Sicherungsmittel der Gesamtanwartschaft zu begreifen setzt aber ihren spezifisch anwartschaftsschützenden Charakter voraus. Da § 2113 I lediglich eine gegenständliche Zuordnung vornimmt und die §§ 2113 11, 2115 der Werterhaltung dienen, fügen sie sich nicht in das Bild einer Anwartschaft, die auf einen wertunbeständigen, tluktuationsanfalligen Gesamterwerb gerichtet ist. Eine den Eigentümlichkeiten des Anwartschaftsobjektes Rechnung tragende Sicherung stellen die §§ 2113 ff. nicht dar (vgl. dagegen § 1423). Daß bestimmten dinglichen Beschränkungen aber eine einzelanwartschaftsbegründende Wirkung anhaftet, dürfte kaum zu leugnen sein 183 .

179 Die Ähnlichkeit ergibt si~h daraus, daß dem Alleinverwalter das Vermögen nicht alleine zusteht, also quasi fremd ist. Diese "Fremdheit" des Vermögens besteht in den §§ 2100 ff. freilich nur in zeitlicher Hinsicht. I~II Vgl. Prot. V, S. 97 f. I~I § 1423 darf allerdings nicht in dem Sinne mißverstanden werden, daß das Gesetz die en-bloc-Verfügung zuläßt. Das Spezialitätsprinzip gilt natürlich auch hier. 1~2 Vgl. oben S. 81. IR.l So auch StaudingerlBehrends § 2113 Rz 26, der im Hinblick auf Grundstücke und Rechte daran ein gegenständlich konkretisierbares Anwartschaftsrecht annimmt. Ebenso \'. Liihtow II S. 891: "Das Gesetz gibt dem Nacherben ein Recht auf Erlangung der in § 2113 I aufgeführten Gegenstände."

6'

84

2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

Sofern die gesetzestechnische Regelung der Erbfolge zur Unterstützung der h. M. herangezogen wird l84 , soll der Unterschied zwischen Singular- und Universal sukzession dafür sprechen, daß die Anwartschaft nur auf ein einheitliches Objekt, die vererbliche ErblassersteIlung, ausgerichtet sei. Dabei ist aber zweifelhaft. ob nicht die Leistungsfähigkeit des Instituts der Ge-samtrechtsnachfolge überdehnt wird. Da kein Recht am Vermögen besteht, fehlt hier das die einzelnen Bestandteile umschließende Band, welches wie das Eigentum geeignet ist, gegenständliche Bestandteile und Rechte (§§ 93 ff.) einer sukzessionsfähigen rechtlichen Einheit zu unterwerfen l85 . Gesamtnachfolge bedeutet, daß Tatbestand und Wirkung der Sukzession für alle zum Vermögen gehörenden Rechte einheitlich ist '86 . In den Beratungen zu § 1749 I E I (§ 1922 I) wurde die Beschreibung des Vermögens überganges als "Ganzes" kritisiert l87 und Wert auf die Betonung des succedere per universitatem, nicht in universitatem, gelegt. Gesamtrechtsnachfolge ist die konstruktive Erklärung eines Rechtsüberganges, bezeichnet mithin den Eintritt in sämtliche Rechts- und Bindungslagen des Erblassers unter Ausschluß einer dinglichen Einzelzuordnung sowie den Übergang uno actu ungeachtet der für die Singularsukzession vorgeschriebenen Formen 188. Die Unterstellung von Gütern unter den Oberbegriff Vermögen ist demnach ein Mittel der Rechtstechnik, gewinnt nur Bedeutung für die "Iogische Sekunde" des Erbganges und erklärt v. a., "wie" erworben wird, womit zugleich ein weiterer Kritikpunkt anzufügen ist: Selbst wenn die Erbschaft hier als Einheit anzusehen wäre, so zerfällt diese doch bildlich gesprochen in der Hand des Nacherben in einzelne Rechte und Ptlichten l89 . Was der Nacherbe letztlich endgültig hat, ist nicht die Erbschaft, sondern Eigentum, beschränkt dingliche Rechte, Forderungen usw. Die hier abgelehnte Auffassung liefert nicht den Nachweis, daß es für die anwartschaftliche Betrachtung nicht auch auf diese endgültige Beziehung des Erben zum Erworbenen ankommen kann. Dafür könnte immerhin ein Vergleich mit den Fällen sprechen, in denen Verfügungsobjekt der Anteil an einem bereits bestehenden Sondervermögen ist und eindeutig nicht einzelne Gegenstände oder Anteile daran (§ 2033 I 1, 11). Der Erwerb bedeutet hier den Eintritt in die Gesamthandsgemeinschaft mit der Konse-

1~4

Göller S. 27.72.

Das einigende Moment des Vermögensbegriffes liegt allein in der Güterzuweisung an eine Person (vgl. StaudingerlBoehmer l1 § 1922 Rz 68). I~(' V. Tulrr BGB AT 1111 § 46 11, S. 86. IR7 Prot. V, S. 2; die Entscheidung über die Streichung wurde der Redaktionskommission anheimgestelIt. I~~ Vgl. I'. Tulrr BGB AT 11/1 § 46 11 I. 2, S. 86; StaudingerlMarotzke l3 § 1922 Rz 46 ff. IR9 Bei der Pfändung der Nacherbenanwartschaft soll sich demnach das Pfandrecht im Wege dinglicher Surrogation an den einzelnen Nachlaßgegenständen fortsetzen, vgl. Spoiler S. 174; anders MünchKommlG/'llllsky § 2100 Rz 32. IR5

A. § 823 I

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quenz der gesamthänderischen Mitberechtigung an Nachlaßgegenständen. Dennoch zerfällt der Anteil nicht in der Hand des Erwerbers, sondern besteht als eigenes Verfügungsobjekt weiter l90 . Bei bedingter Erbteilsveräußerung (§§ 2033 I I, 158) darf eine Anwartschaft auf ein Vermögen (genauer: einen Vermögensanteil) demzufolge angenommen werden. Ebensowenig überzeugt der Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes. Wenn hier "das Recht" des Nacherben erwähnt wird, kommt diesem durchaus unterschiedliche Bedeutung zu. § 2110 I, II z. B. betreffen nicht ein Anwartschaftsrecht, sondern regeln lediglich den Umfang der Nacherbfolge l9l , während §§ 2127 f. mit "den Rechten" (plural!) den Anspruch aus § 2130 bezeichnet l92 . Würde weiter § 2113 I mit dem "Recht" des Nacherben das Anwartschaftsrecht auf den Gesamtnachlaß betreffen, so müßte sich doch die Frage aufdrängen, wie dieses durch eine Grundstücksveräußerung "vereitelt" werden könnte. Selbst wenn das Grundstück das einzige wäre, was die vererbliche ErblassersteIlung ausmacht, fiele nach h. M. 193 immer noch die Gegenleistung als Surrogat gern. § 2111 I I, 3. Var. zu. Mit "Recht" i. S. d. § 2113 I könnten vielmehr das künftige Eigentum oder beschränkt dingliche Recht gemeint sein. Sprachlich ergibt sich dies daraus, daß die Vereitelung oder Beeinträchtigung zum Zeitpunkt des Nacherbfalles eingreifen müßte; dann also, wenn der Rechtsanfall erfolgt l94 . Vereitelung ist dabei die vollständige Entziehung des Rechts, als Beeinträchtigung ist in erster Linie seine Belastung zu begreifen l9s . Zuzugeben ist, daß § 2 108 11 I die Aussicht auf den Nachlaß 196 und dessen Vererbung betrifft, andere Anwartschaften damit aber nicht ausschließt und, wie die Einräumung letztwilliger Dispositionsmacht für den Vorerben gezeigt hat, nicht zwingend i. S. einer Unentziehbarkeit verstanden werden muß 197 • (b) Anwartschaftsbestimmung an hand der §§ 2113 ff. Bestehen somit keine wesentlichen Bedenken mehr, auch eine anwartschaftliehe Einzelzuweisung an den Nacherben für möglich zu halten, bedarf es der Überprüfung der Verfügungsbeschränkungen (§§ 2113 ff.) darauf, ob und in-

Staudinger/Wemer § 2033 Rz 26. Vgl. Mol. V. S. 92 zu § 1814 E I; Soergel/Harder § 2110 Rz 2. 191 Palandt/Edelll/(~fer § 2127 Rz 3; MünchKomm/Grunsky § 2127 Rz I. 1'1.1 Dazu siehe S. 100 f. 1'14 Vgl. auch S. 86 FN 201 zur historischen Interpretation. 195 MünchKommlGrllllskv § 2113 Rz 11. 1% Mol. V. S. 82; Prol. V. S. 81 f. 197 § 2108 11 2 gilt nur für aufschiebende Bedingungen. Daher besteht vor Eintritt einer auflösenden die Vererblichkeit der Erberwartung. 19f1 191

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

wieweit sie im Hinblick auf Erbschaftsgegenstände eine gesicherte Erwerbsaussicht vermitteln. Eine solche gewährt zunächst § 2113 I. Danach ist v. a. die Verfügung des Vorerben über Grundstücke und beschränkt dingliche Rechte daran (Hypotheken, Grund- und Rentenschuld, Grunddienstbarkeit usw.) mit Eintritt des Nacherbfalles absolut unwirksam l98 , sofern das Recht des Nacherben eine Beeinträchtigung erleidet. Dabei ist § 2113 den §§ 135, 142 E I, 131 E 11 (§§ 161 11, 163) nachgebildet l99 . Einer unmittelbaren Anwendung der Vorschriften des Allgemeinen Teils wurde entgegengehalten, daß das auflösend bedingte oder befristete Erbrecht nicht an den Erblasser, sondern an den Nacherben (zurück-)fällt. Fraglich sei überdies, ob neben dem Erbrecht des Vorerben auch die Einzelrechte der zeitlichen Begrenzung unterfallen 2OO • Diese Frage war deshalb berechtigt, weil der E I noch keine gegenständliche Einschränkung auf Grundstücke oder Rechte daran enthielt (vgl. § 1828 E I). Die heutige Gesetzesfassung des § 2113 I aber gestattet ebenso wie § 161 11 die Annahme einer Anwartschaft auf einen konkreten Rechtserwerb 201 • Zu beachten ist allerdings eine Besonderheit, die dem Umstand Rechnung trägt, daß der Berechtigung des Nacherben die Vermögensverwaltung durch den Vorerben zeitlich vorgeschaltet ist. Die Vorschrift des § 2120 gibt dem Vorerben die Möglichkeit, im Interesse einer ordnungsgemäßen Nachlaßverwaltung die (konstitutive) Einwilligung (§ 183) des Nacherben zu verlangen, um eine wirksame Grundstücksverfügung vornehmen zu können. Damit erfährt die Aussicht des Nacherben auf den Grundstückserwerb eine Schwächung, die allerdings die Sicherheit des Erwerbes grundsätzlich nicht antastet. Die Erstarkung der Aussicht auf Eigentumserwerb hängt nicht von der Willkür des Vorerben,

19R

Soergel/Harder § 2113 Rz 15.

Vgl. Mot. V, S. 114 f., Prot. V, S. 111. Mot. V. S. 115. 201 Der Wortlaut des § 2113 I. der das "Recht" des Nacherben enthält, gibt keinen Aufschluß über ein Anwartschaftsrecht bzw. eine Anwartschaft. Zwar fand das "Recht" des Nacherben auch in den Vorläufern des §§ 2113, 1828 E I und 1986 E 11, Erwähnung, doch deutet § 1839 E I. eine Vorschrift, die die Verfügungsbeschränkung des befreiten Vorerben regelte, darauf hin, daß mit "Recht" nur der allgemeine Erbschaftsanfall gemeint ist. § 1839 S. I, I. HS: ..Ist von dem Erblasser das Recht des Nacherben auf dasjenige beschränkt. was bei Eintritt der Nacherbfolge von der Erbschaft noch übrig sein wird, so finden die Vorschriften des § 1828 nur auf die in einer Schenkung bestehende Verfügung Anwendung." Auch bei den Beratungen der 2. Kommission wurde um die Frage, ob eine Verfügung. um unwirksam zu sein, Rechte des Nacherbe vereiteln müsse, wenig Aufhebens gemacht. vgl. Prot. V, S. 97 unter VII B a, S. 102 f. unter A. Eine gesteigerte Bedeutung kommt dem Wortlaut hier nicht zu. 199

2flfl

A. § 823 I

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sondern vom objektiven Vorliegen einer ordnungsgemäßen Verwaltung und der Zustimmung des Nacherben ab. Der Sache nach handelt es sich bei der Zustimmung des Nacherben um eine Aufgabe seiner Einzelanwartschaft202 • Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß Anwartschaften des Nacherben auf Erwerb des Grundeigentums und der Rechte an Grundeigentum bestehen, wobei der geschützte Rechtsinhalt (mögliche Belastungen, Rang) sich nach demjenigen zur Zeit des Erbfalles bestimmt. Eine ohne Zustimmung des Nacherben vorgenommene Belastung oder Verfügung beeinträchtigt oder vereitelt seine Erwerbsaussicht und stellt eine Verletzung der Anwartschaft dar, sofern sie über die Vorerbenzeit hinaus wirkt. §§ 2113 II, 2115, die den Nachlaß vor Auszehrung durch den Vorerben oder dessen Gläubiger sichern, dienen ebenso wie §§ 2111, 2134 der Nachlaßwerterhaltung, ohne diesbezüglich anwartschaftsbegründend zu wirken. Eine gesicherte gegenständliche Zuordnung ergibt sich zugunsten des Nacherben aus beiden Vorschriften nicht. Selbst im Fall einer unentgeltlichen Verfügung (§ 21 13 II) kann eine mit der Erwartung künftiger Unwirksamkeit einhergehende Anwartschaft nicht begründet werden. Da im Gegensatz zu § 2113 I nicht eine konkrete Erwerbserwartung, sondern nur das Interesse an einem adäquaten wirtschaftlichen Vorteil für den Nachlaß berücksichtigt wird, kann bei unentgeltlicher Verfügung ein damit in Zusammenhang stehender nachträglicher wirtschaftlicher Ausgleich die Unwirksamkeit ausschließen 203 • § 2114, eine Spezialnorm zu § 2113 1204 , gibt dem Vorerben zwar das Recht, im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit Hypothekenforderungen, Grund- und Rentenschulden sowie Schiffshypotheken zu kündigen und einzuziehen, macht aber die wirksame Zahlung des Kapitals von der Einwilligung des Nacherben abhängig. Wird diese nicht erteilt, so kommt nur eine Hinterlegung (§§ 372 ff.) in Betracht. Für den hinterlegten Betrag wird mehrheitlich angenommen, daß dieser im Falle des § 378 kraft § 2111 Surrogat wird. Die Verfügung hierüber sei aber der Zustimmung des Nacherben unterworfen (§ 2116 II analog2os ). Damit scheint sich eine anwartschaftliche Situation dadurch abzuzeichnen, daß dem Nacherben der Betrag aufgrund der Vorerbenbeschränkung sicher zukommen müßte.

Indes ist die rechtliche Konstruktion der h. M. nicht stimmig, denn gern. § 7 HintO erwirbt das Land das Eigentum am Geld. Der Vorerbe erwirbt als

Ebenso StaudingerlBehrends § 2113 Rz 21. Vgl. SoergellHarder § 2113 Rz 25; RGRKlJohannsen § 2113 Rz 32. 204 StaudingerlBehrellds § 2114 Rz I. 205 RGRKlJohanllsell § 2114 Rz 3; StaudingerlBehrends § 2114 Rz MünchKommlGrulIsky § 2114 Rz 4. 202 20.1

13;

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

materiell Berechtigter nur einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Staat auf Übereignung 206 . Nur dieser Anspruch ist zunächst Surrogat i. S. d. § 21 I I. Da aber nach § 2114 die Hinterlegung sowohl für den Vorerben als auch den Nacherben zu erfolgen hat, bedarf gern. § 13 11 Nr. 1 HintO die Auszahlung der Bewilligung des Nacherben. Solange diese nicht erteilt ist, hat der Nacherbe eine sichere Aussicht darauf, mit Eintritt des Nacherbfalles die Forderung zu erwerben. Das Entstehen der Anwartschaft hängt allerdings vom Verhalten des Vorerben (Kündigung) und des Schuldners ab 207 ,was deren Bedeutung wohl mindern dürfte. Eine anwartschaftliche Bindung, die der Nacherbe selbst herbeiführen kann, ergibt sich überdies aus §§ 2116 ff. Zwar erlischt die Verfügungsbeschränkung des § 21 16 11, wenn dem Vorerben die Wertpapiere bestimmungswidrig ohne Nacherbenzustimmung ausgehändigt werden 208 , was aber im Hinblick auf die ähnliche Sachlage beim Aut1assungsempfänger (§ 17 GBO)209 kein anderes Ergebnis rechtfertigt. Demnach besitzt der Nacherbe Anwartschaften auf Erwerb der im Nachlaß vorhandenen Wertpapiere. Die weitere Betrachtung reduziert sich allerdings auf die durch § 2113 I vermittelte liegenschaftsbezogene Anwartschaft, da ihr die größte wirtschaftliche Bedeutung zukommt und sie schon kraft Gesetzes mit dem Erbfall zur Entstehung gelangt.

Zwischenbetrachtung Der Begriff Anwartschaft bezeichnet eine gesicherte Erwerbsaussicht. Entgegen der h. M. kommen dem Nacherben nicht nur gesicherte Aussichten auf die ErbensteIlung und die Erbschaft, sondern im Rahmen der §§ 2113 I, 2114, 2116 ff. auch vergegenständlichte Anwartschaften zu. Eine Verfügung über diese Einzelanwartschaften ist aber ausgeschlossen, da ihre Erwerbsobjekte trotz qualifizierter Zuordnung Nachlaßbestandteile bleiben und die gesonderte Übertragung mit ihrer anwartschaftstypischen Folge des Direkterwerbs nicht nur die Nachlaßzersplitterung, sondern auch eine Sondererbfolge bewirken 206 Vgl. PalandtlHeinrichs vor § 372 Rz 6; BiilowlMeckelSchmidt § 12 Rz I: .. Herausgabe" i. S. d. § 12 HintO ist auch die Auszahlung von Geld. 207 Solange dieser zur Rücknahme (§ 376) berechtigt ist, kann er den Übereignungsanspruch vernichten (PalandtlHeillrichs Vor § 372 Rz 6). 21lR RGRK/Johallllsen § 2116 Rz 7. 20~ Vgl. BGHZ49. 197 (201 f.)

A. § 823 I

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würde. Eine normative Grundlage läßt sich in den §§ 2033 11; 859 I 2, 11 ZPO analog finden. Rückt infolge der Übertragung der Gesamtanwartschaft der Erwerher in die vermögensrechtliche Stellung seines Vorgängers ein, so wirken die Schutzvorschriften der §§ 2100 ff. nunmehr zu seinen Gunsten 2lO • Damit entstehen die beschriebenen gegenständlichen Anwartschaften nunmehr in seiner Person. Auch die Anwartschaft auf die Stellung als Erbe ist weder gern. § 2108 II 1 vererblich noch übertragbar, da hier die alleinige Bestimmungsgewal! des Erblassers wirkt 2l1 . Für den Deliktsschutz reicht der bloße Nachweis einer anwartschaftlichen Rechtsstellung nicht aus. Nach h. M. bedarf es der Feststellung ihrer Rechtsqualität. Allerdings scheidet von vornherein diejenige auf die vererbliche Erblasserstellung als Schutzobjekt aus, da § 823 I nicht dem allgemeinen Vermögensschutz dient. Weiter kann festgehalten werden, daß unentgeltliche oder zwangsweise durchgeführte Verfügungen grds. keine anwartschaftlichen Erwerbsaussichten verletzen, es sei denn, anwartschaftlich zugeordnete Gegenstände, insbesondere Grundstücke, sind involviert. Gerade bei diesen, den Stammwert der Erbschaft bildenden Bestandteilen werden Schadensersatzansprüche interessant. Hier wäre dann, im Gegensatz zur erbschaftsbezogenen Anwartschaft, eine deliktische Gleichbehandlung von Vollberechtigtem und Anwärter gewährleistet.

3. Die NacherbenanwartschaJt als "sonstiges Recht" i. S. d. § 823 I Zum Schadensersatz wird nach §823 I herangezogen, "wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen verletzt". Als ein "sonstiges" Recht wird auch das dingliche Anwartschaftsrecht, namentlich des Vorbehaltskäufers2\2, des besitzenden Treugebers bei auflösend bedingter Sicherungsübereignung213 und des Auflassungsempfängers 214 , angesehen. Auch gilt die anwartschaftliche Stellung des Nacherben als deliktisch schutzwürdig2\5 .

Schiedemlllir AcP 139. 156. Eckebrecht S. 198. 211 Erman/Schiemanl1 § 823 Rz 42; Staudinger/Schäfer § 823 Rz 85 ff.; MünchKommlMertens § 823 Rz 120. 111 Erman/Schiellla/lIl aaO; MünchKommlMertens § 823 Rz 121. 214 Stalldinger/Sch~fer § 823 Rz 41. Auf den durch Vormerkung Gesicherten beschränkt: Erman/Schie/lla/lll aaO; MünchKomrnlMertens § 823 Rz 122. ]10

111

90

2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

Aus dem vorangegangenen Abschnitt können für den deliktischen Nacherhenschutz zwei Ergebnisse übernommen werden: Zunächst können - vorbehaltlich ihrer Einordnung als "sonstiges Recht" - von vornherein nur die Anwartschaften auf bestimmte Nachlaßteile, v. a. Grundstücke (§ 2113 1216), am Schutz des § 823 1 partizipieren. Entgegen der h. M. kommt dagegen der Aussicht des Nacherhen, den Gesamtnachlaß zu erwerben, keine deliktische Relevanz zu 217 . Des weiteren gestattet die Berufung auf die die Anwartschaft konstituierende Erwerbssicherheit oder deren Wesensverwandtschaft mit dem Vollrecht noch nicht den Schluß auf eine nach § 823 1 schutzfähige Position. Sowohl die Anwartschaft als auch das Anwartschaftsrecht ist nur die begriffliche Zusammenfassung der rechtlichen Vorwirkungen des sich anbahnenden Erwerbs 218 . Nur vor diesem Hintergrund, nicht aber durch Ableitung aus dem Begriff Anwartschaft selbst, können konkrete Rechtsfolgen an ein tatbestandliches Zwischenstadium geknüpft werden. Jene Vorwirkungen nun, die Ausdruck der gesetzlichen Anerkennung bestehender Erwerbsinteressen sind 219 , sind bereits im Rahmen der anwartschaftsbegründenden Erwerbssicherung (§ § 2113 I, 2114, 2116 ff.) aufgetaucht. Ebenso muß bei der Einordnung der Anwartschaft als "sonstiges Recht" die Untersuchung von der Frage geleitet sein, welche gegenwärtigen Wirkungen, seien es wiederum erwerbssichernde oder gar denen des Vollrechtes entsprechende, das Gesetz vor dem Nacherbfall begründet. Kraft dieser muß die NacherbensteIlung dann als "sonstiges Recht" erscheinen. Es ist daher der Gehalt des Tatbestandsmerkmals "sonstiges Recht" zu ermitteln und die Nacherbenanwartschaft hieran zu messen.

215 Vgl. oben S. 53 f. Wird der dingliche Charakter der Anwartschaft lediglich von der Dinglichkeit des zu erwerbenden Vollrechts abgeleitet (so Reich AcP 169,259; krit. Forkel S. 148 f., 160), so müßte auch der Nacherbe dinglicher Anwärter zumindest im Rahmen des § 2113 I sein. Doch kann diese Eigenschaft genausowenig wie der Deliktsschutz vom Vollrecht abgeleitet werden. 21~ Auf die in § 2113 I genannten Nachlaßbestandteile reduziert sich die weitere Betrachtung. m Neben den bereits (S. 75 ff.) angeführten Gesichtspunkten ergibt sich dies auch aus dem mangelnden Schutz des Vermögens (Erbschaft). Hieraus folgt, daß der Nacherbe. solange er lediglich die Aussicht hat, die Erbschaft zu erwerben, nicht besser als nach dem Nacherbfall gestellt werden kann. Vgl. für das Pfandrecht an einer Forderung: Erman/Schiemann § 823 Rz 37. 21R Flwne BGB AT 11 § 393 e, S. 710. 219 Zum Begriff der Vorwirkung vgl. Forkel S. 58 ff.; Sponer S. 52 ff.

A. § 823 I

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a) Das "sonstige Recht" gern. § 823 I § 823 I erfaßt neben den genannten Rechts- oder Lebensgütern auch subjektive Rechte wie das exemplarisch hervorgehobene Eigentum 22o . Werden die subjektiven Rechte im Hinblick auf die durch sie vermittelten Befugnisse systematisiert, so öffnet sich ein Fächer ganz diverser Gruppen, von denen Herrschaftsrechte, Forderungen und Gestaltungsrechte den Kernbestand bilden 221 • Fest steht aber andererseits, daß nicht jedes rechtlich geschützte Interesse oder Recht von § 823 I erfaßt wird 222 • Es bedarf daher noch der Herausbildung spezieller, das schutzwürdige Recht präzisierender Merkmale.

Überwiegend wird zur Teilhabe am Rechtsschutz Eigentumsähnlichkeit der Schutzposition oder deren Ausgestaltung mit Zuweis'ungsgehalt, Ausschlußwirkung gegenüber jedermann und sozialtypischer Offenkundigkeit verlangt 223 • Dabei wird die Beschränkung auf eigentumsähnliche Rechte z. T. 224 grammatikalisch daraus abgeleitet, daß das "sonstige Recht" an das Eigentum anknüpft. Zwar ist das Eigentum das einzige ausdrücklich geschützte Recht 225 , doch legt dies keineswegs nahe, schon daraus auf seine für die Erfassung weiterer Schutzgüter prägende Wirkung zu schließen. Rein sprachlich erfaßt die Wendung "sonstiges Recht" jedes beliebige weitere subjektive Privatrecht. Dagegen zeigt § 868 (" ... oder in einem ähnlichen Verhältnisse ... "), wie grammatikalische Klarheit hätte erzielt werden können. Auch die räumliche Anschließung beider Begriffe im Text des § 823 I hat in dieser Hinsicht keine Aussagekraft226 , zumal ausweislich der Protokolle zum BGB ein solches Verständnis gerade vermieden werden sollte 227 •

220 Ob das "sonstige Recht" die begrifflichen Voraussetzungen eines subjektiven Rechtes zu erfüllen hat, wird nachfolgend erörtert. 221 Weitere Einteilung bei Brox BGB AT Rz 572 ff.; Enneccerus/Nipperdey BGB AT 1 § 73, S. 439 ff. 212 Vgl. dazu Fabricills AcP 160. 289 f.; Klink S. 77. m Erman/Sclriemallll § 823 Rz 35; Staudinger/Schäfer § 823 Rz 73 f.; MünchKomrnlMertells § 823 Rz 101, 103; Kötz Rz 71; and. z. T. Preusclte S. 101 ff. 124 Vgl. Staudinger/Schiifer § 823 Rz 75; MünchKomrnlMertens § 823 Rz 103, allerdings jeweils auf den RetE 1967 bezogen, der dem Wortlaut nach aber mit § 823 I (..... das Eigentum oder ein sonstiges Recht...") übereinstimmt. m Daran ändert auch Art. 2 1I GG ("Recht auf Leben" usw.) nichts, vgl. Staudinger/Schäfer § 823 Rz 74. 226 So aber Esse/fWevers § 55 1 2 b, S. 550. 227 Bemängelt wu;de, die Schlußklausel "ein sonstiges Recht" schließe an .,Eigentum" an und könne so die irrige Annahme hervorrufen, Leben, Körper usw. seien vom ersten nicht erfaßt (Prot. VI, S. 200 f.). Ein anderes Verständnis vertritt Klink S. 15.

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

Ohne grammatikalisches Bemühen ergibt sich das Verlangen nach Eigentumsähnlichkeit bzw. die Berechtigung der anderen genannten Bestimmungsmerkmale aus der Gleichstellung diverser Lebensgüter und des Eigentums mit dem .. sonstigen Recht',m. Hieraus folgt die Forderung nach Vergleichbarkeit auch des letzteren mit den katalogisierten Schutzgütern in dem Sinn, daß die in Frage stehende Rechtsstellung deren gemeinsame Charakteristika aufzuweisen hat. Diese finden sich für das Eigentum in § 903 normiert, wonach der Berechtigte mit seiner Sache nach Belieben verfahren (positive Befugniszuweisung) und andere von Einwirkungen ausschließen kann (Ausschlußwirkung). Ebenso beschreiben die genannten Lebensgüter einen grundsätzlich disponiblen persönlichen Rechtskreis, der von jedermann zu achten ist229 . Beidemal wird die sozialtypische Erkennbarkeit im Sinne einer Rechtssphärenevidenz gewahrt. Wird die Eigentumsähnlichkeit eines subjektiven Rechts gefordert, dessen deliktischer Schutz zu erörtern steht, so ist diese Ähnlichkeit aber in einem beschränkten Sinn zu verstehen: Sie reduziert sich auf die durch Zuweisungsgehalt, Ausschlußwirkung und Offenkundigkeit gekennzeichneten Gemeinsamkeiten des Eigentums mit den anderen genannten Schutzobjekten, wogegen das ..sonstige Recht" nicht auch noch die spezifische Einordnung des Eigentums als Herrschaftsrecht über Sachen bzw. dessen dinglichen Charakter zu teilen hat230 • b) Die Nacherbenanwartschaft als absolute Rechtsstellung? aa) LöslllIgsweg Verdillglichung

Zuweisungsgehalt, Ausschlußfunktion und soziaItypische Offenkundigkeit sind jene Indikatoren, deren Vorliegen Hinweis auf eine als "sonstiges Recht" zu qualifizierende Rechtsstellung geben. Während der Begriff Zuweisungsgehalt offenkundig die positive Gebrauchsund Dispositionsbefugnis des Eigentümers in eine allgemeinere Umschreibung bringt, rückt die Ausschlußwirkung den Charakter des Eigentums als absolutes Recht (§§ 985, 1004,823 I) in den Vordergrund. Nur jene absoluten, sich gegen jedermann richtenden Rechtsstellungen werden folglich auch dem Schutz des § 82:1 I unterstellt 231 • Ihnen eigen ist die Möglichkeit des Berechtigten, jegliche Fremdeinwirkung zu untersagen und Beeinträchtigungen durch einen umfassen-

22R

229 2.10

2.11

So Larenz/Canaris § 76 11 4 a, S. 392; Klink S. 68 f. Vgl. LarenzlCallaris § 76 I I a, S. 374. LarenzlCanaris § 76 II 4 e, S. 394 FN 75. Vgl. StaudingerlSchäfer § 823 Rz 74; Kölz Rz 7\.

A. § 823 I

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den Rechtsschutz abzuwehren 2.l2. Da diese Befugnisse aber gesetzlich eingeräumt oder angedeutet sein müssenm, ergibt sich hieraus auch die Problematik im Hinblick auf die NacherbensteIlung. Dieser fehlt gerade diese umfassende Möglichkeit, Eingriffe in die Erwerbserwartung abzuwehren. Da die §§ 2130, 2134, 2138 11 nur im internen Verhältnis der Rechtsnachfolger gelten, fehlt es an der Verdichtung zu einer jedermann ausschließenden Rechtssphäre 2.14. Im Ergebnis ist die Anwartschaft des Nacherben also gesetzlich nicht als absolute Stellung gestaltet. Die Frage lautet demnach, ob ein deliktischer Schutz dann in Betracht kommt, wenn die NacherbensteIlung absoluten Rechten zumindest angenähert werden kann. Für relative Rechte wird der Deliktsschutz für den Fall angenommen, daß diese bestimmte Drittwirkungen äußern. Unter dem Gesichtspunkt der "Verdinglichung obligatorischer Rechte" gelten z. B. auch der durch Vormerkung gesicherte Anspruch 2.15 oder das Recht zum Besitz aus einem Schuldverhältnis 2.16 als "sonstiges Recht". Obgleich keine absoluten Rechte, wird für die Einstufung der genannten Rechtsstellungen in den Rang eines "sonstigen Rechts" der Umstand für ausreichend gehalten, daß sie zumindest den Dualismus zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten durch Momente einer Drittwirkung durchbrechen und somit aufgrund ihrer beschränkten Außenwirkung den dinglichen Rechten auch im Hinblick auf deren deliktischen Schutz gleichzustellen sind2.17. So sollen §§ 883 11, III, 888,

m Zur terminologischen Klärung: Im hier verstandenen Sinn zeichnen sich die absoluten Rechte durch die Pflicht eines jeden aus, Einwirkungen auf die Rechtsstellung zu unterlassen. womit ein umfassender Rechtsschutz korrespondiert (so auch Brox BGB AT Rz 582: BallriStii17ler § 4 I I. S. 27; Eichler I S. 5; Canaris FS Steffen S. 90). Nach anderer Ansicht (Laren;; BGB AT § 13111. S. 228 ff.; Medicus BGB AT Rz 62 ff.; Raiser S. 59) soll die Absolutheit eines Rechtes jede Drittwirkung, z. B. § 771 ZPO, § 883 11. also auch Sukzessionsschutz und Zwangsvollstreckungs-.Jestigkeit", erfassen. Nach der hier vertretenen Ansicht sind letztere allerdings Zeugnisse der Dinglichkeit eines Rechtes. Letztlich hat diese Unklarheit aber keinen Einfluß auf das Ergebnis. 2.1.1 Vgl. §§ 861 f. für den Besitz: §§ 985.1004.1027,1065,109011,1227 bei beschränkt dinglichen Rechten; vgl. auch § 12. § 37 HGB. § 22 KUG. 2.14 Erforderlich wären vielmehr Beseitigungs-. Unterlassungs-. Herausgabebefugnisse usw. entsprechend den Möglichkeiten. die das Eigentum gewährt. m Grundlegend Canaris FS Flume S. 383 ff.; vgl. auch ErmanJSchiemann § 823 Rz 42; Larenz/Canaris § 76 11 4 h, S. 398; MünchKomrnJMertens § 823 Rz 129; BauriStiiI7ler § 20 IV I e. S. 200; PalandtlBassenge § 888 Rz 9; anders: Staudinger/Gllrsky § 888 Rz 61; Pauh,s JZ 1993, 555. 2.1~ Canaris FS Flume S. 401; RGRKlSteffell § 823 Rz 33; MünchKommlMertel1s § 823 Rz 123. 2.17 Die .. Verdinglichung" der relativen Rechte bewirkt also nicht deren Metamorphose zu absoluten Rechten und weist diesen demzufolge auch keine Ausschlußfunktion, wie sie ..sonstige Rechte" haben. zu. Auch ist die Dinglichkeit als solche für die Erfassung der "sonstigen Rechte" nicht unmittelbar ausschlaggebend. Methodisch wird viel-

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

§ 24 KO (§ 106 InsO), § 48 ZVG dem vorgemerkten Anspruch eine dingliche Prägung geben 23S und bei Nachweis eines entsprechenden Schutzbedürfnisses den deliktischen Schutz begründen.

Der Nacherbe hat freilich weder eine Forderung noch einen sonstigen Anspruch gegen den Vorerben darauf, bestimmte Nachlaßteile zu erwerben. § 2130 wirkt erst mit dem Nacherbfall und hat auf die dingliche Rechtslage keinen Einfluß. Dennoch sollen auch hier der Gedanke, welcher zur deliktischen Berücksichtigung obligatorischer Rechte führt, aufgegriffen und die gefestigten Aussichten des Nacherben, bestimmte Nachlaßgegenstände zu erwerben, auf ihre drittwirkende Ausgestaltung hin untersucht werden. Spezifische Eigenschaften dinglicher Rechte sind dabei Verfügungsschutz sowie Konkurs- und Zwangsvollstreckungsbeständigkeit239 • Sofern danach die Erwerbsaussichten des Nacherben "verdinglicht" sind, würde dies eine Gleichstellung mit dinglichen und damit auch absoluten "sonstigen Rechten" erlauben.

mehr die Erkenntnis zunutze gemacht, daß dingliche Sachenrechte aufgrund ihres Klageschutzes ihrerseits per se zur Gruppe der absoluten Rechte gehören (vgl. BaurlStümer § 4 I L S. 27; WolfSachenR Rz 4; Koziol JBI. 1968,495), und erfragt, ob die VerdingIichung. d. h. die Annäherung an die dinglichen Rechte, soweit gediehen ist, daß auch eine deliktische Gleichbehandlung geboten erscheint. Letztlich wird dadurch der Nachweis der Ausschlußfunktion ersetzt und die Lösung über den Vergleich mit anderen nach § 823 1 geschützten Rechten gesucht. Korrekt wäre demnach eine nur analoge Anwendung des § 823 I. Anders Laren1 Vgl. MünchKommlSchmidt § 741 Rz 35; StaudingerlHuber § 747 Rz 14.

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

bares Besitzrecht enthält, sondern sich auf das Maß der Unwirksamkeit bezieht 262 . Doch abgesehen davon, daß eine Rückerstattungsobliegenheit des Nacherben den § 2113 I, 11 nicht entnommen werden kann, ist die Übernahme der Rechtsprechung zu teilentgeltlichen Veräußerungen auf § 2113 I nicht möglich. Die Einbeziehung der Gegenleistung in die Abwicklung wird mit Hinweis auf den eingeschränkten Schutzzweck des § 2113 I verlangt, welcher "immaterielle" Schäden abzuwehren bestimmt sei, ungerechtfertigte materielle Vorteile aber nicht mehr decke 263 • Doch spricht die Schutzzweckerwägung gerade gegen diese Auffassung, da § 2113 I - im Gegensatz zu § 2113 11 - der Substanz- und nicht der Werterhaltung dient, mithin eine gegenständlich festgelegte Anwartschaft erzeugt, deren Beeinträchtigung oder Vereitelung durch Erlangung eines Entgelts um nichts abgemildert wird 264 • Eine kondiktionsgleiche Wirkung unter dem Gesichtspunkt einer nur partiellen Beeinträchtigung des Nacherben scheidet demnach hier aus. Letztlich läßt sich die Einbeziehung der Gegenleistung in das Abwicklungsverhältnis zwischen dem Dritten und dem Nacherben also nicht halten. Dafür besteht aber auch keine Notwendigkeit, denn schon die These von der bereichernden Wirkung der Gegenleistung, welche als Prämisse der BGH-Rechtsprechung dient265 , ist unzutreffend. Offenkundig wird ein Surrogationserwerb des Nacherben nach §§2111 I 1,3. Var., 2139 angenommen, der aber nach dem Sinn der dinglichen Ersetzung ein wirksames Ausscheiden eines Nachlaßgegenstandes voraussetzt. Nur dann ist es auch gerechtfertigt, das Erworbene dauerhaft an die Stelle des ausgeschiedenen Gegenstandes zu setzen 266 • Mit Eintritt des Nacherbfalles werden die teilentgeltIichen bzw. bodenbezogenen Verfügungen regelmäßig in vollem Umfang ex tune unwirksam. Da der Dritte

2~2 Sinn macht die Regelung dann, wenn der vom Vorerben weggegebene Gegenstand nur teilweise der Nacherbenanwartschaft unterfallt und die Unwirksamkeit eindeutig begrenzbar ist. So z. B., wenn dem Vorerben ein Grundstück vor dem Erbfall bereits zur Hälfte gehört und er den anderen Miteigentumsanteil als Vorerbe erwirbt. Hier würde die Verfügung des nicht befreiten Vorerben bzw. die (teil-)unentgeltliche Hingabe des befreiten Vorerben mit dem Nacherbfall zum Anfall der Nachlaßhälfte an den Nacherben führen. Das Zusammenfallen bei der Bruchteile in der Hand des Vorerben schließt dabei ein getrenntes Schicksal nicht aus (MünchKommlSchmidt § 1008 Rz

14).

Erman/Schmidt § 2113 Rz 8; Soergel/Harder § 2113 Rz 16. Vgl. RGRKlJohannsen § 2113 Rz 4. 2(,~ Z. B. BGH NJW 1985. 383. 2(,(, So Planck/Flad § 2113 Anm. I d; Strauch S. 90 FN 13; dagegen lassen ein rein tatsächliches Ausscheiden bei unwirksamer Verfügung genügen: Lange/Kuchinke § 43111 2 c, S. 839; Soergel/Harder § 2111 Rz 4. 2("

2M

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101

das Eigentum verliert, hat ein Mitteleinsatz, wie § 2111 I 1, 3. Var. ihn verlangt, nicht stattgefunden. Konsequenz ist ein Wechsel der empfangenen Gegenleistung vom Sondervermögen 267 in das freie Vorerbenvermögen 268 • Daß der Besitz zunächst beim Dritten verbleibt, ficht das Ergebnis deswegen nicht an, weil es hier regelmäßig 269 schon am rechtsgeschäftlichen Mitteleinsatz mangeit270 • Die Mittelsurrogation ist darüber hinaus dem Ziel verpflichtet, den Nachlaß dem Wert nach ungeschmälert zu erhalten und in seinem wechselnden Bestand dem Herausgabeverlangen des Nacherben (§ 2130) zu unterwerfen. Diesen Zweck erfüllt mit dem Nacherbfall aber bereits § 985, so daß es einer zusätzlichen Vergünstigung über § 2111 nicht bedarf 71 • Demnach kommt nur eine Inanspruchnahme des Vorerben durch den Dritten über die Regeln der Rechtsmängelhaftung (§§ 434, 440 I i. V. m. § 325 272 ) in Betracht. FestzuhaIten ist also, daß eine Verdinglichung der Rechtsstellung des Nacherben unter dem Gesichtspunkt einer "Direktabwicklung" nicht vorliegt.

dd) bWlIlgsvollstrecklillgs- und Konkurs-/lnsolvellzbeständigkeit Es bleibt, die vergegenständlichte Nacherbenanwartschaft auf ihre Verdinglichung unter dem Gesichtspunkt ihrer Durchsetzung gegenüber Zwangs vollstreckungsmaßnahmen und dem Konkurs/der Insolvenz des Vorerben zu untersuchen. Die dingliche Zuordnung eines Gegenstandes in das Vermögen einer Person findet ihren Ausdruck auch darin, daß sie zur Gewährung von Aus- oder Absonderungsrechten im KonkursIbei Insolvenz (§§ 43 ff., 47 ff. KO (§§ 47 f., 49 ff. InsO)) bzw. zur Drittwiderspruchsklage oder einem Recht auf bevorzugte Befriedigung in der Zwangsvollstreckung führt (§§ 771, 805 ZP0 273 ). Im Fall der Einzelzwangsvollstreckung streiten die § 2115, § 773 ZPO für die Nacherbenanwartschaft. Zweck des § 2115 ist es, den Nacherben davor zu schützen, daß Eigenverbindlichkeiten des Vorerben aus dem Nachlaß beglichen und damit dem Nacherben Vermögenswerte ohne entsprechenden Ausgleich entzogen werden. Betreffend die gefestigte Aussicht des Nacherben auf den Bis zum Nacherbfall war die Verfügung wirksam. Und zwar in der ..Iogischen Sekunde" des Nacherbfalles. 2~g Ausnahme: § 854 11. 271l And.: PalandtlEdellhofer § 2019 Rz 3. 271 Die h. M. (z. B. Kipp/Coing § 107 11 I, S. 584) behilft sich hier mit der Fiktion einer Genehmigung (§ 185) der unwirksamen Verfügung bei Inanspruchnahme des Surrogats. 272 Soergel/Huber § 434 Rz 33; MünchKommlGrullsky § 2113 Rz 8. m CO/lOris FS Flume S. 374; Eich/er 1 S. 12. "Dem dinglichen Recht an einer Sache wohnt die Aussonderungskraft begriftlich inne." 2~7

loH

102

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Erwerb von Nachlaßgrundstücken und Rechten daran wird mit § 2115 der Grundsatz bestätigt, daß die fehlende Aktivlegitimation zu rechtsgeschäftlichen Verfügungen auch ein Fehlen der Passivlegitimation gegenüber Verfügungen in der Zwangsvollstreckung bedingt 274 • Dabei sind die im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 867, 857, 830 ZPO) oder der Arrestvollziehung (§§ 928 ff. ZPO) begründeten Pfandrechte allerdings für die Dauer der Vorerbschaft als bloß sichernde Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ebenso wirksam wie die Durchführung der Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG 275 ) oder die bloße Anordnung der Zwangsversteigerung (§§ 15, 20 ZVG). Die Wirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahmen ist also auflösend bedingt durch die Nacherbfolge, mit deren Eintritt der Nacherbe erst Beseitigung verlangen kann. Flankiert wird die materiellrechtliche Regelung durch die Zulassung einer Drittwiderspruchsklage des Nacherben gern. §§ 773 S. 2, 771 ZPO. Diese versteht sich nicht als Sanktion eines Verstoßes gegen die Ordnungsvorschrift des § 773 S. 1 ZP0 276 , sondern dient der KlarsteIlung, daß zwar nicht die Vollstreckung allgemein, aber die Verwertung der Nachlaßgrundstücke bzw. -rechte ein Eingriff in quasi schuldnerfremdes, da endgültig nur dem Nacherben zugewiesenes, Vermögen darstellt. Die Einschränkung der Klagemöglichkeit gern. § 2115 S. 2 i. V. m. § 773 ZPO bei Ansprüchen vOn Nachlaßgläubigern und nacherbenwirksamen Rechten an Erbschaftsgegenständen bedeutet keine Schwächung der Nacherbenposition, sondern antizipiert lediglich dessen künftige Stellung als Erbe 277 • Im KonkursIbei Insolvenz des Vorerben gehört auch das durch die Nachlaßliegenschaften gebildete Stammvermögen zur Konkurs-llnsolvenzmasse 278 , obgleich seine treuhänderische Stellung ein Aussonderungsrecht des Nacherben auch schon vor dem Nacherbfall nahelegt279 • Ein solches kann auch nicht deswegen abgelehnt werden, weil das Klageziel der Herausgabe an den Nacherben dem Grundsatz der §§ 2100 ff. widerspricht, wonach dem Anfall an den Nacherben (§ 2139) selbst in Krisenfällen (§§ 2128 f.) eine Zeit der Fremdverwaltung vorgeschaltet ist. Denn möglich wäre auch die bloße Feststellungsklage auf Bestehen eines Aussonderungsanspruchs, welche in den Fällen praktikabel wird. in denen die Konkurs-/Insolvenzmasse berechtigt ist, die beanspruchte Sache auf bestimmte Zeit 280 zu behalten28\. Doch geht § 128 KO (§ 83 11 InsO)

§§ 135 I, 161 I, 18411,883 11; vgl. auch Staudinger/Behrends § 2115 Rz 3. m Die Nutzungen gehören zum Eigenvermögen des Vorerben, § 2111. 276 Hiergegen § 776 ZPO; MünchKomm-ZPOIScltmidt § 773 Rz 1; § 772 Rz 2, 20. 271 Vgl. Pro!. V, S. 112 a. E. m Ganz h. M.. vgl. nur Soergel/Harder § 2115 Rz 8. ~7Y Vgl. JaegerlWeber § 128 Rz I; von einem Aussonderungsrecht gehen Dernburgl Enge/mann § 58 1 3. S. 174 aus. ~xo Z. B. zur Ausübung des Nießbrauchs. m KIIIIIl/Uhlenbmck § 43 Rz 73; JaegerlLellt § 43 Rz 59; RG JW 1906,436. 274

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offensichtlich davon aus, daß der Konkurs-llnsolvenzverwalter des Vorerben die Gegenstände des Sondervermögens zur Konkurs-/Insolvenzmasse zu ziehen hat. Ansonsten hätte es wenig Sinn, dem Verwalter bestimmte Verfügungen über Erbschaftsgegenstände zu untersagen 282 • Zum Schutz des Nacherben greift aber auch hier wieder § 2115 S. I ein und beschränkt die Verfügungsmöglichkeit des Verwalters (§ 611 KO (§ 80 I InsO» über Nachlaßgegenstände mit absoluter Wirkung283 • Zusätzlich untersagt § 128 K0 284 dem Konkurs-/Insolvenzverwalter grundsätzlich 285 die Vornahme entsprechender Verfügungen. Die Vorerbschaft unterliegt daher insofern einem nur beschränkten Verwaltungsrecht des Konkurs-llnsolvenzverwalters (§ 117 I KO (§§ 148 I, 159 InsO», als das Verwertungs ziel auf die Nutzungen der Nachlaßgegenstände, das freie Vorerben vermögen, beschränkt ist286 • Obgleich also das Aussonderungsrecht des Nacherben (§ 43 KO/§ 47 InsO) erst mit dessen Erbenstellung zusammenfällt, setzt sich dessen Anwartschaft auch dem Konkurs/der Insolvenz des Vorerben gegenüber durch. Im Ergebnis ist der Nacherbe doch zumindest so geschützt wie bei Innehabung eines Aussonderungsrechtes vor dem Nacherbfall 287 • ee) Publizität

Neben dem Spezialitätsprinzip beansprucht auch der Grundsatz der Publizität Geltung für die Verdinglichung einer Rechtsstellung 288 • Die dingliche Zugehörigkeit einer Sache zum Vermögen einer Person pflegt das BGB allgemein erkennbar zu verlautbaren 289 • Zumindest im Liegenschaftsrecht ist als Publizitätsträger das Grundbuch heranzuziehen 290, wodurch die Regelung des § 51 GBO ins Blickfeld gerät. Hiernach sind bei Eintragung des Vorerben in das Grundbuch zugleich das Recht des Nacherben sowie etwaige Befreiungen des Vorerben von §§ 2113 I, 2114 (§ 2136)291 zu vermerken. Zweck der Vorschrift ist, die Beschränkungen, denen der Vorerbe nach materiellem Recht in der

Jaeger/Weber § 128 Rz 1. Soergell Harder § 2115 Rz 9. 2R~ Vgl. § 83 II InsO. 2R5 Ausnahme: § 2115 S. 2. 2RI> Staudinger/Behrends § 2115 Rz 22; KuhnlUhlel1bruck § 128 Rz 2. m Planck/ Flad vor §§ 2 IOD ff. Anm. 4; RGRKlJohal1l1Sel1 § 2100 Rz 5. m Callaris FS Flume S. 378. m Vgl. WestenllaT1Il SachenR I § 3 2. S. 19. 2911 DlIlckeit S. 11 f., 14,20; Canaris FS Flume S. 414, der im übrigen aber auch andere Verlautbarungsmedien als den (Buch-) Besitz zuläßt, S. 378 ff., 412 ff. 291 MeikellBühler § 51 Rz 96. 2R2

2R.l

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Verfügung über ein Erbschaftsgrundstück oder Recht daran unterliegt, im Grundbuch erkennbar zu machen und dadurch den Nacherben vor den aus dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs erwachsenden Gefahren (§§ 2113 III, 892 I 2) zu sichern. Die Eignung des Grundbuches als (sachenrechtliches) Mittel der Kundbarmachung wird nicht durch die erbrechtlichen Bezüge der Anwartschaft, insbesondere deren Realisierung im Wege der Universalsukzession, § 2139, gemindert 292 • Denn nicht etwa der künftige Erwerb des Erbrechtes oder Nachlasses soll offenbart werden, sondern der erwartete "Anfall" einzelner Sachenrechte. Insofern kann, wenn es um den Grad der Verdinglichung geht, die Suche nach dem Träger der Publizität nicht anders ausfallen als beim vorgemerkten Liegenschaftsanwärter293 • Der Erbschein (§§ 2353 ff., 2363) scheidet daher als Alternative aus, zumal er nicht die Zugehörigkeit der Erblassergrundstücke zur Vorerbschaft bekundet 294 , was aber die Voraussetzung ihrer anwartschaftlichen Verfangenheit bildet. Desweiteren dürfte der Erwerber der Anwartschaft nach h. M. 295 nicht im Erbschein aufgeführt werden, wodurch diese ihre Publizität einbüßen würde. Eingeschränkt ist die Publizitätskraft des Nacherbenvermerks allerdings deswegen. weil das in § 51 GBO genannte "Recht des Nacherben" nicht dessen liegenschaftsbezogene Anwartschaft aufgreift 296 , was sich daraus ergibt, daß jenes "Recht" dem Wortlaut des § 51 GBO nach selbst dann zu vermerken ist, wenn die Verfügungsbeschränkung des § 2113 I nicht besteht. Vielmehr erfüllt der Nacherbenvermerk seinen Sinn auch dann, wenn nur die Beschränkung des § 2113 II zu Lasten des befreiten Vorerben existiert297 • Demnach "steht und fällt" die Eintragung nach § 51 GBO zwar nicht mit der vergegenständlichten Nacherbenaussicht, weist sie aber zumindest dann aus, wenn eine Befreiung von § 21 13 I nicht angeordnet ist. Da also der Nacherbenvermerk nach § 51 GBO

Vgl. Lange/Kuchinke § 41 VII 2 c, S. 803 FN 191. Zu diesem Dulckeit S. 24. 294 Vgl. Schliifer § 33 V 2. S. 239; zur Wirkung des Nacherbenvermerks dagegen OLO Dresden ZBIFO 1910.637 (638). 29, Soergel/Harder § 2100 Rz 12; MünchKommlGrullsky § 2100 Rz 31; Göller S. 79; anders wohl Eckebrecht S. 199 f. 2% Vielmehr soll damit die Anwartschaft auf die gesamte Rechtsstellung des Erblassers angesprochen sein (BOHZ 84, 196 (201». Diese offenkundig zu machen, wird allerdings durch § 51 OBO nicht bezweckt, da sie keine grundbuchrechtliche Bedeutung besitzt. Deshalb ist der Vermerk z. B. schon beim nacherben wirksamen Ausscheiden des Nachlaßgrundstücks gegenstandslos (Näher MeikeIlBiihler § 51 Rz 158 f.; Weckesser S. 292

2Y:\

151 ).

m MeikellBiihler § 51 Rz 75.

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auch dazu dient, die Beschränkung nach § 2113 I zu verlautbaren 298 , wird die hierdurch begründete Anwartschaft gleichsam mitbekundet 299 • Ein Vergleich der NacherbensteIlung mit dinglichen Rechten unter dem Aspekt der Publizität wäre nun aber unvollständig, wenn nicht auch die Wirkungen, die das Gesetz an die Offenkundigkeit knüpft, Berücksichtigung fänden. Diese sind für dingliche Rechte und Verfügungsbeschränkungen allerdings jeweils anderer Art. Die Rechtszustandsvermutung des § 891 betrifft schon dem Wortlaut nach nur Rechte, d. h. Grundeigentum, beschränkt dingliche Rechte an Grundstücken sowie Rechte an solchen Rechten, nicht aber die (anwartschaftsvermittelnde) Verfügungsbeschränkung. § 892 I 2 erfaßt diese immerhin, verwirklicht indes nur das Prinzip der negativen Publizität. Daraus, daß hier nur die nichteingetragene relative Verfügungsbeschränkung die Fiktion des § 892 begründet, kann freilich nichts Entscheidendes gegen die Publizität der Nacherbenanwartschaft als solcher hergeleitet werden. Im Falle ihrer Eintragung wird sie Grundbuchinhalt mit der Konsequenz, daß gutgläubiger Erwerb zwar nicht ermöglicht, sondern gerade ausgeschlossen wird (§ 892 I 2). Das Ziel der Publizität, Zuordnungen offenkundig zu machen, wird also jedem Dritten gegenüber durch die Ankündigung der künftigen Unwirksamkeit der Vorerbenverfügung erreicht. Hier dient die Publizität demnach der "Rechtsbestätigung". Insoweit ist aber, da hier im Gegensatz zu dinglichen Rechten die positive Seite des öffentlichen Glaubens nicht greift, die Publizitätswirkung eine beschränkte. Wie eben angedeutet nehmen Verfügungsbeschränkungen auch an der Beweiswirkung des § 891 offenbar nicht teil 3OO • Eine Ausnahme wird allerdings im Hinblick auf die Bindung des Grundbuchamtes zugelassen. Die Vermutung der materiellen Richtigkeit des eingetragenen Rechtszustandes soll zumindest dem Rechtsgedanken des § 891 nach insofern gelten, als das Grundbuchamt an die (Nicht-) Eintragung des Nacherbenvermerks bzw. dessen Inhalt gebunden ist. Daher dürfe eine nachträgliche Änderung des Vermerks nicht lediglich unter Hinweis auf die geänderte Auslegung der früheren Eintragungsunterlagen erfol-

m BGHZ 84, 196 (201); MeikellBiilzier § 51 Rz 2. 2YY Vgl. StaudingerlBehrellds § 2100 Rz 91. Der Nacherbenvermerk ist entsprechend dem .. Haften" der Anwartschaft am Grundstück bei Veräußerungen mitzuübertragen, vgl. HaegeleiSchönerlStöber Rz 3489. Der Erwerber der Anwartschaft auf den Nachlaß wird ebenfalls im Grundbuch eingetragen; Göller S. 79; MünchKommlGrunsky § 2100 Rz31.35 . .100 Staudinger/GlIrsky § 891 Rz 10; SoergellStürner § 891 Rz 3, 7; MünchKommlWacke § 891 Rz 7.

106

2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

gen. sondern erfordere die klar erkennbare Unrichtigkeit des Vermerks 30I . Dem ist zuzustimmen. da die Einbeziehung der Vorerbenbeschränkung nach § 2113 I in die positive Beweiswirkung des § 891 I - nicht nur dem Grundbuchamt gegenüber - sachgerecht ist. Dem Nacherben steht im Gegensatz zum Testamentsvollstrecker. der sein Amt durch ein entsprechendes Zeugnis (§ 2368) nachweisen kann, eine Legitimationsmöglichkeit nicht zu, da der Erbschein des Vorerben die AnwärtersteIlung des Nacherben nicht bezeugt302 . Versuche, die Vermutung des § 2365 auch auf den Bestand der Verfügungsbeschränkung und damit implizit auf die durch § 2113 I begründete Anwartschaft zu erstrecken 303 , werden üherwiegend ebenso abgelehne04 wie die Heranziehung des § 418 I ZPO·l05. Zwar wäre bei Berücksichtigung der Nacherbenanwartschaft über § 891. § 51 GBO nur ein auf Grundstücke beschränktes Zeugnis gegeben, welches aber gerade im auf Rechtssicherheit angewiesenen Grundstücksverkehr sinnvoll eingesetzt werden kann. Für die Wirksamkeit der Verfügung kommt es auf die Zustimmung des Nacherben an, weshalb der Erwerber sich auf die Identität von wahrem und eingetragenem Erbprätendenten verlassen können muß 306 . Die Einschlägigkeit des § 891 I bei Verfügungsbeschränkungen wird allerdings abgelehnt, weil die Vermutung zwar den objektiven Bestand des fraglichen Rechts, inklusive den Rechtsinhalt, sowie die subjektive Berechtigung des Eingetragenen betreffe307 , eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis andererseits nicht den Inhalt des Rechtes mitbestimme 308 . Ob § 891 zu einer derart restriktiven Erfassung der in die Vermutung einbezogenen Grundstücksdaten zwingt, könnte jedoch deswegen bezweifelt werden, weil diese auch den

.101 Soergel/Stiil7ler § 891 Rz 13; RGRKlAugustin § 891 Rz 8; Meikel/Bühler § 51 Rz 97; BayObLG BWNotZ 1982, 146 (148); RG HRR 1935, Nr. 184; krit.: Staudinger/Gl/rsky § 891 Rz 10. .102 MünchKomrnlPromberger § 2363 Rz I . .10.1 So StaudingerlFirsching § 2365 Rz 11; RGRKlKregel § 2365 Rz 6. Der Wortlaut plädiert hier im Gegensatz zu § 892 I 2 nicht gegen die positive Publizität, vgl. Lange/Kuchillke § 41 III 2 c, S. 803 FN 191. .104 Longe/Kl/clzillke § 41 III 2 c, S. 803; MünchKomrnlPromberger § 2365 Rz 11 f.; Brox ErbR Rn 588; Kipp/Coing § 103 I, S. 571. 30S Dazu Staudinger/Gursky § 891 Rz 10; RGRKlAugustin § 891 Rz 8,17 . .10~ Die Zustimmung des fälschlich als Nacherben Eingetragenen macht die Verfügung materiell nicht wirksam (§ 892 I 2), doch wäre der wahre Nacherbe zum Beweis des Gegenteils der Vermutungsfolge gezwungen, dazu also, daß der Eingetragene nicht Erbanwärter ist. Praktische Bedeutsamkeit gewinnt dies bei falscher Auslegung einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen durch das Grundbuchamt (§ 35 I 2 GBO, vgl. BayObLG DNotZ 1984,502 (503 f.» oder unzureichenden Ermittlungen des Nachlaßgerichts (§ 35 I 1 GBO, § 2358 I) . .107 Staudinger/Gursky § 891 Rz 17. 30S Staudinger/Gl/rsky § 891 Rz 10.

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Rechtsrang erfaßt, dessen konstitutive Bedeutung für den Rechtsinhalt wegen § 883 1109 indes fraglich ist 310 . Aber auch die Ansicht, wonach die eingetragene Verfügungsbeschränkung deshalb der Vermutung unterfalle, weil jene das Recht stets nur so betreffe, wie es eingetragen ist, d. h. mit Beschränkung311 , trifft nicht den Kern. Vielmehr bedarf es einer den Besonderheiten der Vorerbenbeschränkung Rechnung tragende und differenzierte Betrachtungsweise. Diese kann möglicherweise den Nachweis erbringen, daß § 21 13 I Ausdruck einer rechtsimmanenten Beschränkung ist, die als Rechtsinhalt der Vermutung nach § 891 I unterfällt. Daß eine pauschale Gleichbehandlung aller eintragungsfähigen Verfügungsbeschränkungen verfehlt ist, zeigt bereits ihre ganz unterschiedliche Wirkungsweise. So wird in den Fällen der Konkurs-/lnsolvenz- (§ 6 KO (80 InsO)) bzw. Nachlaßverwaltung (§ 1984 f.), Testamentsvollstreckung (§§ 2205, 2211) und Vorerbschaftsfremdverwaltung (§§ 2129, 1052) die Verfügungsbefugnis jeweils auf einen Verwalter übertragen, womit der Berechtigte diese umfassend und mit sofortiger Wirkung verliert. Um die Unrichtigkeit des Grundbuches zu vermeiden, hat diese Verfügungsentziehung konsequent eine Sperre zur Folge 312 . Im Gegensatz hierzu sperrt der Nacherbenvermerk das Grundbuch keineswegs 3I3 , da der Vorerbe bis zum Eintritt der Nacherbfolge als Erbe und "Herr des Nachlasses" eine Rechtszuständigkeit besitzt, welche nur einer zeitlichen Begrenzung unterliegt314 • Demnach kann die Vorerbenbeschränkung weder nach Voraussetzung noch Wirkung den Fällen der Verfügungsentziehung gleichgeachtet werden. Systematisch korrekt erfolgt ihre Einordnung dagegen beim Recht der bedingten oder befristeten Verfügung (§§ 161, 163 m ), da dem Vorerben die Erbschaft auflösend befristet bzw. bedingt durch den Nacherbfall überantwortet ist. Die §§ 2113 - 2115 stellen demnach keine konstitutive Beschränkung einer grds. bestehenden Befugnis dar. Es geht nur um die KlarsteIlung, daß der Vorerbe sämtliche Rechte zeitlich begrenzt erwirbt, sie also auch

oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts ... ". So aber Staudinger/Gursky § 891 Rz 17; MünchKomrnlWacke § 891 Rz 4. "1 Rosenberg § 891 Anm. I 1 a, 111 2 b. m Meikel/Sievekillg Anh. § 19 Rz 10. ,11.1 Meikel/Siel'ekillg aaO Rz 30. ,114 Vgl. BGHZ 52. 269 (270 f.). 115 Vgl. StaudingerlBehrends § 2100 Rz 25, Soergel/Harder § 2112 Rz 1; KEHE/Ertl Einl. B 27, j 15 ff., § 19 Rz 130; Meikel/Siel'eking Anh. § 19 Rz 31; vgl. auch Weckesser S. 81; vgl.auch RGZ 101, 185 (188): Nacherbenanwartschaft resultiert aus dem Setzen einer Bedingung. ,109 •••••

,1111

108

2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

nur so übertragen kann, wie sie ihm seit dem Erbfall zustehen 316 • Damit erklärt sich die durch §§ 2113, 2115 angeordnete Unwirksamkeit als Folge nicht des Verlustes der Verfügungsbefugnis, sondern des (nur zeitlich begrenzt zugewiesenen) Rechtesm. Nunmehr treten auch die Unterschiede in der Art und Weise zutage, wie das Gesetz die Verfügungsbeschränkung zu dem von ihr betroffenen Recht in Beziehung setzt: Während üblicherweise die Restriktion eine mit der Innehabung des Rechtes verbundene Machtbefugnis entzieht, das Recht selbst indes nicht tangiert, wird durch die Bedingtheit des Rechtes dieses selbst, nicht die Verfügungsbefugnis, einer Begrenzung im Hinblick auf seinen Bestand bzw. Inhalt unterworfen 318 . Demzufolge kann sich die Rechtsbestands- und Inhaltsvermutung des § 891 I nur im Rahmen dieser Begrenzung entfalten, d. h. unter Einbeziehung der nach § 51 GBO verlautbarten Vorerbenbeschränkung. Festzuhalten bleibt, daß die positive Publizitätswirkung des § 891 I auch die Verfügungsbeschränkung nach § 2113 I und damit die Nacherbenanwartschaft umfaßr1l9 . Die nunmehr naheliegende Subsumtion der NacherbensteIlung auch unter den positiven Aspekt des öffentlichen Glaubens nach § 892 I 1 ist dagegen abzulehnen. Zwar ließe sich damit eine grammatikalische Friktion zwischen § 891 und § 892 vermeiden 32o , doch würde dadurch der Sinn der Eintragung des Nacherbenvermerks nach § 51 GBO in sein genaues Gegenteil verkehrt: Dieser soll den Nacherben vor den Gefahren des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs bewahren, diese dagegen nicht zu seinen Lasten dadurch heraufbeschwören, daß die Zustimmung des falschlich als Nacherben Eingetragenen die Vorerbenverfügung wirksam macht 321 • Nicht zu erklären wäre auch das im Vergleich zur Testamentsvollstreckung erhöhte Maß an gesetzlichem Vertrauensschutz. Obgleich der Testamentsvollstrecker ein eigenes Verwaltungs- und

.11~ Staudinger/Behrends § 2100 Rz 87, § 2112 Rz 1.

.117 MeikellSieveking Anh. § 19 Rz 29. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen grundsätzlich bestehender Verfügungsbefugnis des Berechtigten und ihrer Entziehung ist bei der Vorerbschaft also genau umgekehrt: Hier bildet § 2112 quasi die "Ausnahme" von der im Grundsatz nur temporären Verfügungsmacht, welche durch §§ 2113, 2115 bestätigt wird. m Böttcher RPfieger 1983, 51; Staudinger/Gursky § 892 Rz 32, 212; MeikelllmhoflRiedel § 13 V 177; MünchKomm/Wacke § 874 Rz 4 FN 8. m Ebenso Staudinger/Gu/'sky § 892 Rz 212 für Bedingung und Befristung, allerdings im Hinblick auf § 892 I I; dagegen weist der Nacherbenvermerk nach § 51 GBO nicht die Stellung als Erbe aus (BGHZ 84, 196; Soergel/Damrau § 2363 Rz 11) . .1211 Die Vorerben beschränkung wird nach § 891 als Rechtsbestandteil betrachtet, wogegen sie im Rahmen des § 892 den Verfügungsbeschränkungen unterfällt. 111 Vgl. dazu BalltiStiimer § 23 V 2 b, S. 230.

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Verfügungsrecht ausübt, bleiben Verkehrsschutzinteressen trotz eingetragenen Vermerks (§ 52 GBO) nach Amtsbeendigung unberücksichtigt (§ 892 1 2 322 ).

Zwischenbetrachtung Die Stellung des Nacherben zwischen Erb- und Nacherbfall weist die Charakteristika eines "sonstigen Rechtes" i. S. d. § 823 1 auf, wenn dieser Ausschlußfunktion, Zuweisungsgehalt und sozialtypische Offenkundigkeit zukommen. Während das Merkmal des Zuweisungsgehaltes die bislang noch unerörterte Problematik der Rechtsqualität der Anwartschaft aufwirft, betrifft die geforderte Ausschlußwirkung deren Einordnung als absolute Rechtsstellung. Diese zu ermitteln war Gegenstand der bisherigen Ausführungen. Dabei konnte gemäß dem erzielten Ergebnis die Untersuchung auf die durch § 2113 1 im Hinblick auf Grundstücksrechte vermittelte Anwartschaft beschränkt werden. Bei Betrachtung der gesetzlichen Einbettung der NacherbensteIlung ergab sich indes zunächst, daß dem Nacherben eine absolute Rechtsstellung im hier323 verstandenen Sinn nicht zukommt. Der weitere Gang der Untersuchung erfolgte in methodischer Anlehnung an die "Verdinglichung obligatorischer Rechte". Erfragt wurde, inwiefern die Nacherbenanwartschaft in ihrer Wirkungsweise dinglichen Rechten angenähert ist und damit absoluten Rechten i. S. d. § 823 I gleichgeachtet werden kann. Zu diesem Zweck mußte die Gesetzeslage auf Zwischenwirkungen hin überprüft werden, die dem Erbanwärter bereits vor dem Erbfall zugute kommen und dessen Aussicht, Rechte an Nachlaßgrundstücken zu erwerben, gegenüber Singularsukzession, KonkursIInsolvenz und Zwangsvollstreckung durchsetzen helfen. Festgestellt werden kann im Ergebnis, daß jene gesicherte Rechtsstellung kraft der §§ 21 13 I, 2115 S. I, § 773 ZPO, § 128 KO (§ 83 11 InsO), § 51 GBO typisch dingliche Wesenszüge trägt. Beim Aspekt der Publizität wurde sogar die Erkenntnis gewonnen, daß auch die dinglichen Rechten vorbehaltene Richtigkeitsvermutung (§ 891) die Beschränkung nach § 2113 I umfaßt, durch welche die Anwartschaft ihren positivrechtlichen Ausdruck findet. Anhand des durch § 2113 I geWährten Sukzessionsschutzes wurde desweiteren die These gefestigt, daß deliktische Bedeutung nur die Aussicht des Nacherben auf Erwerb von Liegenschaftsrechten hat, mangels gesicherten Erwerbs

m Hier wirkt dann auch nicht mehr der öffentliche Glaube des Testamentsvollstrekkerzeugnisses (§ 2368 111 2. HS). m Vgl. S. 93 FN 232.

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2. Kap.: Der deliktische Nacherbenschutz

dagegen nicht der künftige Anfall beliebiger anderer Nachlaßgegenstände. Im Fall unentgeltlicher Verfügung begründet § 2113 II weder eine Anwartschaft noch eine Verdinglichung der NacherbensteIlung. Ganz anders stellt sich dagegen scheinbar das Verhältnis von Anwartschaft und dinglicher Ausgestaltung der NacherbensteIlung beim Schutz vor Zwangsverfügungen dar. Im Konkurs/bei Insolvenz des Vorerben oder bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seiner Privatgläubiger wird jeder Nachlaßgegenstand vor zwangsweiser Verwertung gesichert. Obgleich hier die Bezugspunkte von Anwartschaft und Verdinglichung nicht völlig kongruent sind, besteht kein Anlaß zur Korrektur des zugrundegelegten engen Anwartschaftsbegriffes 324 : Zunächst läge es nahe, aufgrund der Indizwirkung, die die Konkurs- und Vollstreckungsheständigkeit für die Verdinglichung hat, z. B. auch die Nachlaßmobilien als hereits dem Vermögen des Nacherben eingegliedert zu hetrachten 325 • Doch kann eine Schadensersatzpflicht des betreibenden Gläubigers oder des Konkurshzw. Insolvenzverwalters bei wirksamen Verwertungsmaßnahmen wegen Verletzung eines "sonstigen Rechts" nicht begründet werden. Daß von § 2115 alle Nachlaßgegenstände erfaßt werden, ist nämlich insofern systemwidrig, als üblicherweise die Zuständigkeiten für Aktiv- und Passivverfügungen korrespondieren (z. B. §§ 135, 161 1,883 II, 2214)326. § 2115 bezweckt, wie § 2113 II, ein "Ausbluten" des Nachlasses zu verhindern, ist aber andererseits nur im Zusammenspiel mit § 2113 I Ausdruck einer dinglichen Einzelzuordnung von Vermögensgegenständen. Falls der Verfügungsgegenstand nicht dem § 2113 I unterfällt, besteht lediglich eine gänzlich ungesicherte Erwerbshoffnung des Nacherben, die keinen gegenwärtigen Vermögenswert verkörpert, welcher durch Dritteingriffe vernichtet werden könnte 327 • Vielmehr ist lediglich die Anwartschaft auf den Erwerb von Grundstücksrechten eine deliktisch schutzbedürftige Position. Aufgrund ihrer weitgehenden Verdinglichung ist auch ihre deliktische Gleichstellung mit dinglichen, mithin absoluten, d. h. mit Ausschlußfunktion versehenen Rechten möglich 328 •

Vgl. oben S. 67 . Zur güterzuordnenden Funktion dinglicher Rechte vgl. Westennann SachenR § 2 11 I a, S. 9; WolfSachenR Rz 2; SchwablPrütting SachenR § 211, S. 7. .12~ Staudinger/Behrends § 2115 Rz 3. .127 Dasselbe gilt auch für die Reichweite der Publizität, da der Nacherbenvermerk nach § 51 GBO die Beschränkung des § 2113 11 ausweist, andererseits eine an wartschaftliche Bindung des befreiten Vorerben bei einzelnen Erbschaftsgegenständen nicht besteht. m Eine abschließende Stellungnahme dazu, ob der Nacherbenanwärter eine dingliche oder nur ..verdinglichte" Rechtsstellung inne hat, ist an dieser Stelle noch nicht möglich. für den Deliktsschutz aber auch unnötig. Erforderlich wäre der Nachweis weiterer typischer (nicht spezifischer, siehe S. 94 FN 239) Merkmale wie ein umfassen324

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