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German Pages 299 [322]
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 453 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann
Adrian Rudert
Der Konflikt zwischen Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger Eine rechtsvergleichende Studie zu Sicherungseigentum nach deutschem und security interest nach kanadischem Recht
Mohr Siebeck
Adrian Rudert, geboren 1988; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Gießen; wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Universität Frankfurt am Main; Visiting Researcher an der University of Toronto, Kanada; 2020 Promotion; Referendariat im OLGBezirk Frankfurt am Main. orcid.org/0000-0002-9882-4475
D 30 ISBN 978-3-16-159771-8 / eISBN 978-3-16-159810-4 DOI 10.1628/978-3-16-159810-4 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.
Meinen Großeltern
Vorwort Die juristische Fakultät der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität Frankfurt am Main hat die vorliegende Arbeit im Wintersemester 2019/2020 als Dissertation angenommen. Neuerungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende Juni 2019 berücksichtigt werden. Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater und Erstgutachter, Herrn Professor Dr. Joachim Zekoll, LL. M. (Berkeley), für die wohlwollende Betreuung der Arbeit, für die mir während meiner Zeit an seinem Lehrstuhl gewährten Freiheiten und vor allem für einen stets verbindlichen Austausch. Auch Herrn Professor Dr. Peter von Wilmowsky, LL. M. (Berkeley) möchte ich meinen herzlichen Dank für die rasche und sorgfältige Erstellung des Zweitgutachtens sowie für wertvolle inhaltliche Hinweise aussprechen. Eine ausgezeichnete Betreuung während meiner Zeit als Visiting Researcher an der University of Toronto wurde mir dank Frau Professor Larissa Katz und dem gesamten Team der Bora Laskin Law Library zuteil. Für die finanzielle Unterstützung während meines Aufenthaltes in Kanada bedanke ich mich herzlich beim DAAD, namentlich bei Frau Anne Le Duigo Bernig für Ihre Unterstützung bei der Koordination des Forschungsaufenthaltes. Ferner möchte ich den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht für die Aufnahme in die Schriftenreihe StudIPR danken. Herrn Dr. Christian Eckl vom Max-Planck-Institut gilt mein aufrichtiger Dank für die hilfreichen redaktionellen Hinweise im Rahmen der Manuskripterstellung. Schließlich und eindringlich möchte ich allen weiteren Lehrern und Kollegen, Unterstützern und Wegbegleitern sowie meinen Freunden und meiner Familie für Zuspruch, Geduld und Verständnis danken. Ihre Ermutigungen haben mich durch einige Phasen des Haderns getragen und immer wieder darin bestärkt, dieses Projekt abzuschließen. Gewidmet ist die Abhandlung meinen Großeltern, die mir während meiner gesamten Ausbildung in liebevoller Verbundenheit als Ruhepol zur Seite gestanden haben. Wetzlar, im Sommer 2020
Adrian Rudert
Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XI Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XVI
Einleitung ................................................................................................... 1 Kapitel 1: Einführende Bemerkungen ................................................ 3 I. Nähere Identifikation des Untersuchungsgegenstandes .............................. 3 II. Forschungsinteresse ................................................................................. 5 III. Arbeitsmethode ........................................................................................ 7
Kapitel 2: Funktionaler Vergleich ..................................................... 11 I. Historische Entwicklung .......................................................................... 11 II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit ....................... 54 III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit ..................................................... 82 IV. Begründung des Vorrangs gegenüber Drittgläubigern ......................... 130 V. Realisierung des Vorrangs .................................................................... 170
Kapitel 3: Normative Bewertung ..................................................... 214 I. Vorabbemerkung .................................................................................... 214
X
Inhaltsübersicht
II. Gemeinsame Ziele der Rechtsordnungen............................................... 215 III. Legitimität der verfolgten Ziele ........................................................... 216 IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien.............................. 218 V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung ....................... 255
Schlussbemerkungen ........................................................................... 267 Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................. 269 Sachregister ............................................................................................... 295
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XVI
Einleitung ................................................................................................... 1 Kapitel 1: Einführende Bemerkungen ................................................ 3 I. Nähere Identifikation des Untersuchungsgegenstandes .............................. 3 II. Forschungsinteresse ................................................................................. 5 III. Arbeitsmethode ........................................................................................ 7
Kapitel 2: Funktionaler Vergleich ..................................................... 11 I. Historische Entwicklung .......................................................................... 11 1. Deutsches Recht ...................................................................................... 12 a) Kreditsicherung im römischen Recht................................................... 12 b) Rezeption und Rejektion – Kreditsicherung bis ins 19. Jahrhundert .... 16 c) Konfusion und Kodifikation – Die Sicherungsübereignung bei Inkrafttreten des BGB ......................................................................... 22 2. Kanadisches Recht................................................................................... 28 a) Die Ursprünge im englischen Recht .................................................... 28 b) Zunahme besitzloser Sicherheiten im Laufe des 19. Jahrhunderts ....... 32 c) Das einheitliche und registrierte security interest der PPSAs .............. 39 3. Vergleich ................................................................................................. 43 a) Bedeutung der Publizität in der jeweiligen Rechtsordnung .................. 43 b) Umgang mit dem Odium der unlauteren Verfügung ............................ 49 c) Zwischenfazit zur historischen Entwicklung ....................................... 54
XII
Inhaltsverzeichnis
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit ....................... 54 1. Deutsches Recht ...................................................................................... 55 a) Konkrete Ausgestaltung des Sicherungsrechts .................................... 55 b) Konzeptionelles Fundament ................................................................ 58 c) Widerhall in der Lehre ........................................................................ 62 2. Kanadisches Recht................................................................................... 63 a) Konkrete Ausgestaltung des Sicherungsrechts .................................... 63 b) Konzeptionelles Fundament ................................................................ 68 c) Widerhall in der Lehre ........................................................................ 73 3. Vergleich ................................................................................................. 74 a) Die Wechselwirkungen von Genese und Konstruktion im Vergleich ....................................................................................... 74 b) Gestaltungsfreiheit und normativer Kontext ........................................ 77 c) Zwischenfazit zur rechtlichen Konstruktion ........................................ 81 III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit ..................................................... 82 1. Deutsches Recht ...................................................................................... 82 a) Sicherungsvertrag ............................................................................... 83 b) Sicherungsübereignung ....................................................................... 87 aa) Einigung ....................................................................................... 87 bb) Besitzmittlungsverhältnis.............................................................. 92 cc) Verfügungsberechtigung des Schuldners ....................................... 94 dd) Die Entstehung eines „Sicherheitenverbundes“............................. 95 2. Kanadisches Recht................................................................................... 96 a) Security agreement.............................................................................. 96 b) Security interest .................................................................................. 99 aa) Attachment .................................................................................... 99 (1) Value......................................................................................... 99 (2) Rights in the collateral/power to transfer rights in the collateral .................................................................................. 100 (3) Evidentiary requirements ........................................................ 102 bb) Perfection ................................................................................... 107 Inkurs: Das Registersystem im Detail ........................................... 109 3. Vergleich ............................................................................................... 116 a) Umgang mit der Besorgnis einer Gläubigerbenachteiligung .............. 116 b) Umgang mit der drohenden Irreführung Dritter................................. 125 c) Zwischenfazit zur Entstehung der jeweiligen Sicherheit.................... 130 IV. Begründung des Vorrangs gegenüber Drittgläubigern ......................... 130 1. Deutsches Recht .................................................................................... 131 a) Pfändung vor der Sicherungsübereignung ......................................... 131
Inhaltsverzeichnis
XIII
b) Pfändung nach der Sicherungsübereignung ....................................... 137 2. Kanadisches Recht................................................................................. 142 a) Vollstreckung vor perfection des security interest ............................. 142 aa) Einführung in das Vollstreckungsverfahren................................. 143 bb) Der traditionelle Ansatz Ontarios................................................ 146 cc) Neuere Ansätze ........................................................................... 150 (1) Alberta: Eintragung des writ in das Personal Property Registry .................................................................................... 150 (2) New Brunswick: Eintragung einer notice of judgment in das Personal Property Registry ............................................ 152 (3) Saskatchewan: Begründung einer enforcement charge ............ 153 b) Vollstreckung nach perfection .......................................................... 155 3. Vergleich ............................................................................................... 158 a) Die konfligierenden Rechtspositionen im Vergleich.......................... 158 b) Verknüpfung von Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht .......... 163 c) Zwischenfazit zur Begründung des Vorrangs .................................... 170 V. Realisierung des Vorrangs .................................................................... 170 1. Deutsches Recht .................................................................................... 170 a) Drittwiderspruchsklage zur Abwehr der Vollstreckungsmaßnahme... 171 aa) Statthaftigkeit.............................................................................. 171 bb) Gegenrechte des Vollstreckungsgläubigers ................................. 177 cc) Zeitliche Grenzen für die Erhebung der Drittwiderspruchsklage ................................................................. 181 b) Herausgabe- und Rückübereignungsansprüche des Sicherungsnehmers ........................................................................... 182 c) Ausgleichsansprüche des Sicherungsnehmers ................................... 183 aa) Ansprüche wegen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB ... 184 bb) Ansprüche aus dinglichem Recht ................................................ 185 cc) Ansprüche wegen Geschäftsführung ohne Auftrag ...................... 185 dd) Ansprüche wegen unerlaubter Handlung..................................... 186 ee) Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung ..................... 186 2. Kanadisches Recht................................................................................. 188 a) Vollstreckungsfestigkeit und Perpetuierung des security interest ...... 189 b) Stay of enforcement ........................................................................... 190 c) Gegenrechte des judgment creditor ................................................... 194 d) Eigene Vollstreckungshandlung des secured creditor ....................... 198 e) Zusammenfassung und Stellungnahme .............................................. 200 3. Vergleich ............................................................................................... 202 a) Gegenstand und Auswirkungen des Vollstreckungsverfahrens .......... 202 b) Kriterien für Realisierung und Relativierung des Vorrangs ............... 204 c) Der Konfliktverlauf im Vergleich ..................................................... 211
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Inhaltsverzeichnis
d) Zwischenfazit zur Realisierung des Vorrangs ................................... 213
Kapitel 3: Normative Bewertung ..................................................... 214 I. Vorabbemerkung .................................................................................... 214 II. Gemeinsame Ziele der Rechtsordnungen............................................... 215 III. Legitimität der verfolgten Ziele ........................................................... 216 IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien.............................. 218 1. Benennung von Bewertungskriterien ..................................................... 218 2. Erfüllung der Bewertungskriterien ......................................................... 220 a) Realisierung ökonomischer Individualinteressen ............................... 220 aa) Interessen des gesicherten Gläubigers ......................................... 221 bb) Interessen des Vollstreckungsgläubigers ..................................... 225 cc) Interessen des Schuldners............................................................ 228 dd) Interessen des Publikums ............................................................ 230 ee) Efficiency revisited ...................................................................... 230 ff) Risikoverteilung und ökonomische Rechtsanalyse – ein Gedankenspiel .............................................................................. 233 b) Rechtssicherheit ................................................................................ 235 aa) Konstruktion und Entstehung der Vorrangposition ...................... 236 bb) Lösung von Vorrangkonflikten ................................................... 238 cc) Grenzüberschreitende Sachverhalte ............................................. 240 c) Innere Widerspruchsfreiheit .............................................................. 246 aa) Konstruktion des Sicherungsrechts.............................................. 248 bb) Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers .............................. 251 cc) Bewältigung des Konfliktstadiums .............................................. 252 V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung ....................... 255 1. Gewichtung der Vorzüge und Nachteile ................................................ 256 a) Wirtschaftliche Interessen ................................................................. 256 b) Rechtssicherheit ................................................................................ 258 c) Innere Widerspruchsfreiheit .............................................................. 258 2. Entscheidung ......................................................................................... 259 a) Ausgestaltung des Sicherungsrechts .................................................. 259 aa) Konstruktion des Sicherungsrechts.............................................. 259 bb) Publizität des Sicherungsrechts ................................................... 260 cc) Umfang des Sicherungsrechts ..................................................... 261 b) Ausgestaltung der Position des Vollstreckungsgläubigers ................. 263
Inhaltsverzeichnis
XV
aa) Konstruktion der Position des Vollstreckungsgläubigers ............. 263 bb) Publizität der Position des Vollstreckungsgläubigers .................. 264 cc) Umfang der Position des Vollstreckungsgläubigers..................... 264 c) Mechanismus zur Konfliktlösung ...................................................... 264 3. Resümee ................................................................................................ 264
Schlussbemerkungen ........................................................................... 267 Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................. 269 Sachregister ............................................................................................... 295
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis A. C. A. C. W. S. A. R. A.2d aaO Abs. ACEA AcP ADHGB Adv. Vanc. aF AktG al. allgM ALR Alt. Alta. L. Rev. AnfG Anh. Anm. AO App. Cas. APPSA ArchBürgR Ariz. Ct. App. ARSP Art. Az.
Law Reports, Appeal Cases (Third Series) All Canada Weekly Summaries Alberta Reports Atlantic Reporter, 2nd Series am angegebenen Ort Absatz Civil Enforcement Act (Alberta) Archiv für die civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch von 1861 The Advocate Vancouver alte(r) Fassung Aktiengesetz alii allgemeine Meinung Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Alternative Alberta Law Review Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Abgabenordnung Law Reports, Appeal Cases (Second Series) Personal Property Security Act (Alberta) Archiv für Bürgerliches Recht Arizona Court of Appeals Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Artikel Aktenzeichen
B. & Ad. B. C. C. A. B. C. L. R. B. F. L. R. BB Beck-OGK Beck-OK BeckFormB BHW
Barnewall & Adolphus’ King’s Bench Reports British Columbia Court of Appeal British Columbia Law Reports Banking & Finance Law Review Betriebsberater Beck-Online-Großkommentar Beck’scher Online-Kommentar Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht Beck-Rechtsprechung
BeckRS
Abkürzungsverzeichnis Begr. BGB BGBl. BGH BGHZ
XVII
BKR BMJV bspw. BT-Drucks. Buff. L. Rev. Bus. Law. BVerfG bzw.
Begründer/in Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Justiz und des Verbraucherschutzes beispielsweise Drucksache des Deutschen Bundestages Buffalo Law Review Business Lawyer Bundesverfassungsgericht beziehungsweise
C. B. R. C. B. R. (N. S.) C. C. S. M. CAD Cambridge L. J. Can. B. Rev. Can. Bus. L. J. CED Ch. Ch. App. Ch. D. Col. Law Rev. Com. L. J. Cornell L. Rev. CPO
Canadian Bankruptcy Reports Canadian Bankruptcy Reports (New Series) Continuing Consolidation of the Statutes of Manitoba Canadian Dollar Cambridge Law Journal Canadian Bar Review Canadian Business Law Journal Canadian Encyclopedic Digest Law Reports, Chancery Division (3rd Series) Law Reports, Chancery Appeal Cases Law Reports, Chancery Division (2nd Series) Columbia Law Review Commercial Law Journal (USA) Cornell Law Review Civilprozessordnung von 1877
D. d. h. D. L. R. DB Del. Super. Ct. dens./ders./dies. DGVZ DJT DJZ
Digesten das heißt Dominion Law Reports Der Betrieb Delaware Superior Court denselben/derselbe/dieselbe(n) Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung
E. C. F. R. E. R. ebd. EGBGB Einf. Einl. f./ff. Fac. L. Rev. Tor.
European Company and Financial Law Review English Reports ebenda Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführung Einleitung folgende Faculty of Law Review (Toronto)
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
FG Fn. FS
Festgabe Fußnote Festschrift
Geo. L. J. GG GK GKG GrZGB GVBl. GVFV
Georgetown Law Journal Grundgesetz Grundkurs Gerichtskostengesetz Griechisches Zivilgesetzbuch Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsvollzieherformular-Verordnung
Harv. L. Rev. HGB Hrsg. Hs.
Harvard Law Review Handelsgesetzbuch Herausgeber/in Halbsatz
i.e. ibid. Idaho L. Rev. idR Ind. L. J. insb. InsO Inst. IPR IPRax iVm
id est ibidem Idaho Law Review in der Regel Indiana Law Journal insbesondere Insolvenzordnung Institutiones (Gai) Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts in Verbindung mit
J. B. L. J. Legal Stud. JA JherJB JR jurisPK JuS JW JZ
Journal of Business Law Journal of Legal Studies Juristische Arbeitsblätter Jherings Jahrbuch für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Juristische Rundschau juris Praxiskommentar Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
K. B. KO KOM Kom. KritV KWG
Law Reports, King’s Bench Konkursordnung Kommissionsdokument Kommission Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Gesetz über das Kreditwesen
Ld. Raym. Legal Stud.
Lord Raymond’s King’s Bench and Common Pleas Reports Legal Studies
Abkürzungsverzeichnis
XIX
LG Loy. L. A. L. Rev. LuftRG
Landgericht Loyola of Los Angeles Law Review Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen
M. J. Man. L. J. Man. R. McGill L. J. Md. L. Rev. MDR Melb. U. L. Rev. Miami L. Rev. Mo. L. Rev. MüKo mwN
Maastricht Journal of European and Comparative Law Manitoba Law Journal Manitoba Reports McGill Law Journal Maryland Law Review Monatsschrift für Deutsches Recht Melbourne University Law Review University of Miami Law Review Missouri Law Review Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
N. B. R. N. Y. S. N. Y. U. L. Rev. NBCRA NBEMJA NBPPSA NFJEA NJW NJW-RR No. Notre Dame L. Rev. Nr. NZD NZI
New Brunswick Reports New York State Reporter New York University Law Review Creditors Relief Act (New Brunswick) Enforcement of Money Judgments Act (New Brunswick) Personal Property Security Act (New Brunswick) Judgment Enforcement Act (Newfoundland and Labrador) Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport Numero Notre Dame Law Review Nummer New Zealand Dollar Neue Zeitschrift für Insolvenz und Sanierung
O. A. R. O. R. O. U. C. L. J. o. OGH Okla. L. Rev. OLG OLGZ
OPPSA
Ontario Appeal Reports Ontario Reports Oxford University Commonwealth Law Journal oben Oberster Gerichtshof (Österreich) Oklahoma Law Review Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (amtliche Sammlung) Ontario Law Reform Commission on the Personal Property Security Legislation Personal Property Security Act (Ontario)
P. P. S. A. C. Pa. B. Ass’n Q. para. PPSA(s)
Personal Property Security Act Cases Pennsylvania Bar Association Quarterly paragraph Personal Property Security Act(s)
OLRC
XX
Abkürzungsverzeichnis
Q. B. Q. B. D. Queen’s L. J.
Law Reports, Queen’s Bench (3rd Series) Law Reports, Queen’s Bench Division Queen’s Law Journal
R. I. D. A. R. R. O. R. S. A. R. S. C. R. S. N. B. R. S. O. R. S. Y. RabelsZ
Revue Internationale des droits de l’Antiquité Revised Regulations of Ontario Revised Statutes of Alberta Revised Statutes of Canada Revised Statutes of New Brunswick Revised Statutes of Ontario Revised Statutes of Yukon Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Transportwirtschaft Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Reichskonkursordnung von 1877 Der Deutsche Rechtspfleger Rutgers Law Review Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Randziffer
RdTW RG RGZ RKO RPfleger Rutgers L. Rev. RVG Rz.
scil. SEMJA sog. SPPSA Stan. L. Rev. StGB stRspr Sup. Ct.
Satz/Seite siehe (auch) Supreme Court Reports, Canada Consolidated Statutes of New Brunswick Consolidated Statutes of Newfoundland and Labrador Consolidated Statutes of the Northwest Territories Consolidated Statutes of Ontario Consolidated Statutes of Saskatchewan Saskatchewan Bar Review Saskatchewan Law Review Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken scilicet Saskatchewan Enforcement of Money Judgments Act sogenannte(r) Personal Property Security Act (Saskatchewan) Stanford Law Review Strafgesetzbuch ständige Rechtsprechung Supreme Court
The Econ. J. Tulsa L. J.
The Economic Journal Tulsa Law Journal
u.
unten
S. s. (a.) S. C. R. S. N. B. S. N. L. S. N. W. T. S. O. S. S. Sask. B. Rev. Sask. L. Rev. SchiffsRG
Abkürzungsverzeichnis
XXI
U. C. Q. B. U. Chi. L. Rev. U. Cin. L. Rev. U. Miami L. Rev. U. N. B. L. J. U. S. U. Toronto L. J. Übers. UCC UCC Rep. Serv. UNCITRAL UStG
Upper Canada Queen's Bench Reports, New Series University of Chicago Law Review University of Cincinnati Law Review U. Miami L. Rev. University of New Brunswick Law Journal United States Supreme Court Reports University of Toronto Law Journal Übersicht Uniform Commercial Code Uniform Commercial Code Reporting Service United Nations Commission on International Trade Law Umsatzsteuergesetz
v. Va. L. Rev. Var. vgl. Vict. Vol. VwGO
versus/vom/von Virginia Law Review Variante vergleiche Victoria Volume Verwaltungsgerichtsordnung
W. C. B. W. L. R. W. W. R. WM
Weekly Criminal Bulletin Western Law Reporter (Canada) Western Weekly Reports (Canada) Wertpapiermitteilungen
Yale L. J. YPPSA
Yale Law Journal Personal Property Security Act (Yukon)
ZD ZEuP ZfPW ZHR
Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (früher Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (früher Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis) Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift für Zivilprozess
ZIP ZLW ZPO ZRG GA ZZP
Einleitung Ob „inkonsequent“1 im deutschen oder „not always […] consistent“2 im kanadischen Recht: Die Lösung des Vorrangkonflikts zwischen gesichertem und ungesichertem Gläubiger polarisiert diesseits wie jenseits des Atlantiks. Dies gilt namentlich im Rahmen der Einzelvollstreckung, deren Kontext die Eingangszitate entstammen. Dabei könnten die Regelungsansätze in den beiden Rechtsordnungen kaum unterschiedlicher sein: hier publizitätslose Vollrechtsübertragung; dort Bestellung eines registrierten und hypothekarisch ausgestalteten security interest. Hier ein Kreditsicherungsrecht, dessen gesetzliche Grundlagen sich seit Inkrafttreten des BGB nicht geändert haben; dort ein in ständiger Modernisierung begriffenes Personal Property Security Law. Hier ein Formalismus, der den Geist des römischen Rechts atmet; dort ein Funktionalismus, der vom legal realism inspiriert ist. Gemeinsam aber ist beiden Rechtsordnungen, dass der Konflikt um den begehrten Vorrang eines der großen Spannungsverhältnisse im Zivilrecht tangiert: jenes zwischen individueller Freiheit (Selbstbestimmung) und kollektiver Verantwortung (Rücksichtnahme).3 Dieser Widerstreit stellt Rechtssetzer und -anwender vor die diffizile Aufgabe, konkurrierende Verwertungsinteressen an einem Gegenstand zu koordinieren. Systematisch rangiert das Sachproblem an der Schnittstelle zwischen Zivil- und Zwangsvollstreckungsrecht – einem sensiblen Scharnier zur Durchsetzung des materiellen Rechts. Die vorliegende Abhandlung soll – ausgehend vom Vorrang des gesicherten Gläubigers – die Ansätze in der kanadischen Rechtsordnung vorstellen und sie mit der Lösung im deutschen Recht vergleichen. Auf welcher Seite des Ozeans die vorzugswürdige („gerechte“), weil interessengemäße, rechtssichere und stimmige, Lösung vorzufinden ist, gilt es anschließend im Rahmen einer normativen Bewertung zu eruieren. 1
MüKo ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 29. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 494. 3 Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, S. 10, 12 ff. erblickt hierin den „materiellen Grundwiderspruch“ im Privatrecht. Ähnlich schon Balkin, 39 Rutgers L. Rev. (1986), 1, 13 ff., der „individualism“ und „communalism“ gegenüberstellt. Konkret zum hier interessierenden Konflikt Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 24 ff.; Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 24 ff. aus deutscher Perspektive bzw. Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80 ff.; Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 507 ff. aus kanadischer Sicht. 2
Kapitel 1 Kapitel 1: Einführende Bemerkungen
Einführende Bemerkungen I. Nähere Identifikation des Untersuchungsgegenstandes I. Nähere Identifikation des Untersuchungsgegenstandes „Die Sicherungsübereignung erstrebt ein „Security is an agreement between A and B Vorzugsrecht zum Nachteil des anderen that C take nothing.“2 Gläubigers.“1
Nach der expositorischen Einleitung erscheint es ratsam, den Untersuchungsgegenstand einstweilen näher zu konturieren und anschließend einzuschränken. Dabei bietet sich eine Dreiteilung der Sachmaterie an, die ihren Niederschlag auch im weiteren Gang der Darstellung findet. Von Interesse ist erstens und schwerpunktmäßig das zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbarte Sicherungsrecht, die Rechtsposition des Sicherungsnehmers also. Dieses Sicherungsrecht vermittelt seinem Inhaber ein „Mehr“ zu dem bloßen Recht, die Rückzahlung der Darlehenssumme zu verlangen, indem es ihm für den Fall des Zahlungsverzugs einen Verwertungsvorrang an bestimmten Vermögensgegenständen des Schuldners einräumt.3 Eben jener Zugewinn an Rechtsmacht unterscheidet die gesicherten von den ungesicherten Gläubigern.4 Das Sicherungsrecht soll auf diese Weise das Ausfallrisiko des Kredits reduzieren. Diese Funktion5 kann es freilich nur dann verlässlich erfüllen, wenn es gegenüber anderen Gläubigern des Schuldners von Bestand ist. Die Stellung des gesicherten Gläubigers gegenüber Dritten avanciert damit zur Existenzfrage für das Sicherungsrecht6: „protection from interference of third parties“ umschreibt im common law seit jeher ein Merkmal der property
1
Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25. LoPucki, 80 Va. L. Rev. (1994), 1887, 1899. 3 Zu den Unterschieden zwischen personal remedy und real remedy im kanadischen Recht s. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 3–5; McFarlane, The Structure of Property Law, Chapter F4, 1.1. 4 Davies/Worthington, Principles of Modern Company Law, § 32-3. 5 Zu dieser und weiteren Funktionen von Kreditsicherungsrechten Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 50 ff.; McCormack, Secured Credit, S. 4 ff. 6 Aus deutscher Perspektive Caemmerer, Die Rechtsgültigkeit der Sicherungsübereignung, S. 13; Löhnig, Treuhand, S. 15. 2
4
1. Kapitel: Einführende Bemerkungen
rights7; dies gilt nicht minder für Kreditsicherheiten im deutschen Recht.8 Die so definierte Exklusivität9 oder excludability10 lässt sich als Raison d'Être dinglicher Sicherung am hier interessierenden Konflikt in der Singularvollstreckung anschaulich illustrieren. Denn, und hier eröffnet sich der zweite Teilbereich des Untersuchungsgegenstandes: Auch Dritte können ein normativ schutzwürdiges Befriedigungsinteresse haben. Prototypisch zeigt die vorliegende Abhandlung dies an der Position des Vollstreckungsgläubigers auf. Werden dessen Interessen wegen vorrangiger Sicherungsrechte frustriert, so stellen sich – man denke an die Eingangszitate dieses Kapitels – grundlegende Fragen nach Legitimation und Beschränkung eben jener Sicherungsrechte. Dabei muss der Blick auch auf drittschützende Regelungsmechanismen wandern, unter denen die Publizität eine besonders wichtige Rolle einnimmt. Im dritten Teilbereich des Untersuchungsgegenstandes verlagert sich der Fokus von den einzelnen Befriedigungsinteressen auf den Modus ihrer Koordinierung, kurzum: auf die Ebene der Konfliktlösung.11 Anlässlich der Revision von Article 9 UCC hieß es hierzu noch in den 1990er-Jahren: „The appropriate relationship between secured and unsecured creditors may present the single most important cluster of issues that the Drafting Committee will address“12. Wie der Titel dieser Abhandlung bereits suggeriert sind Insolvenz und bankruptcy im Folgenden weitgehend außer Acht zu lassen, zumal diese Krisensituationen Sonderregeln unterliegen.13 Dies schließt nicht aus, dort argumentative Anleihe zu nehmen, wo es statthaft erscheint. Ebenfalls in der Betitelung angelegt ist die Beschränkung der Darstellung auf Mobiliarsicherheiten, das heißt: auf Sicherungsrechte, die an beweglichen Sachen bestehen. Um schließlich einen bereits diffizilen Konflikt nicht noch weiter zu verkomplizieren, wird nachfolgend die Personenidentität von Schuldner und Sicherungsgeber sowie von Gläubiger und Sicherungsnehmer unterstellt.
7
Worthington, Equity, S. 52–55, 68, 78; mit etwas anderem Zungenschlag, aber in der Sache übereinstimmend Birks, English Private Law, S. 205 f. 8 Statt vieler Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 1 f. 9 Den Begriff verwenden beispielsweise Drukarczyk, Unternehmen und Insolvenz, S. 186 f. und v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 162 f. 10 Worthington, Equity, S. 55 ff. S. a. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 242 („opposability to third parties“). 11 S. u. 2. Kapitel, IV., V. 12 Harris/Mooney, 29 Idaho L. Rev. (1992), 561, 569; s. dazu auch Cuming/Walsh, 16 B. F. L. R. (2001), 339, 383 ff. 13 Zum Absonderungsrecht des Sicherungseigentümers gemäß § 51 Nr. 1 InsO s. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1247 ff., zu den Rechten des secured creditor im kanadischen Insolvenzrecht s. Wood, Bankruptcy and Insolvency Law, S. 131 ff.
II. Forschungsinteresse
5
II. Forschungsinteresse II. Forschungsinteresse
Die Gründe für einen Vergleich der Lösungsmechanismen in Kanada und Deutschland sind vielfältig. Erstens sehen sich beide Länder durch die konkrete Ausgestaltung ihres Rechtssystems mit dem Konflikt zwischen Sicherungsgläubiger und Vollstreckungsgläubiger konfrontiert: in Deutschland stellt er ein „zentrale[s] Problem“14 dar, in Kanada gilt er als „key issue“15 und ist Gegenstand aktueller Reformprojekte.16 Parallel dazu erfährt die Diskussion um ein neues (deutsches oder europäisches) Kreditsicherungsrecht zunehmende Aufmerksamkeit.17 Fragen nach der Publizität und dem Verhältnis des Sicherungsnehmers zu dritten Gläubigern stehen dabei allzu oft im Fokus neuerer Veröffentlichungen.18 Zweitens lassen sich in der kanadischen Literatur und mittlerweile auch in der Rechtssetzung vielversprechende Überlegungen zur Koordinierung von Kreditsicherungsrecht und Vollstreckungsrecht ausmachen. So regeln die Personal Property Security Acts (PPSAs) nicht allein kreditsicherungsrechtliche Aspekte, sondern nunmehr auch den Vorrangkonflikt zwischen secured creditor und judgment creditor.19 Zudem haben die ähnlichen Interessenslagen der jeweiligen Gläubigergruppen – sowohl der gesicherten als auch der vollstreckenden – am Erwerb des Vorrangs zu Versuchen geführt, Wertungen und Regelungen aus dem Personal Property Law auch im Bereich des Judgment Enforcement Law fruchtbar zu machen.20 Konkret äußert sich dies in Debatten und mittlerweile Rechtsakten, die nicht mehr nur dem secured creditor die Registrierung seines security interest ermöglichen, sondern auch dem judgment creditor gestatten, seine Rechtsposition zu registrieren und sich somit den Verwertungsvorrang zu sichern.21 An einer solchen vollständig auf Registern
14 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 215. Vgl. auch Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 24 f. („praktisch ebenfalls sehr bedeutsamer Interessengegensatz“). 15 Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 5 f. Cuming/Walsh/Wood widmen dem Komplex daher ein eigenes Kapitel (vgl. dies., Personal Property Security Law, S. 494 ff., Chapter 9). Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 112 ff. identifizierte diese Vorrangfrage schon vor Inkrafttreten des OPPSA als eine der „four basic questions“ eines jeden security agreement. 16 Darstellungen hierzu bei Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71 ff.; Cuming/Walsh/Wood, 50 Can. Bus. L. J. (2011), 156, 166 ff. 17 S. dazu Kieninger, ZEuP 2016, 201 ff.; Matz, Regulierung von Eigentumssicherheiten, passim. Für den europäischen Kontext vgl. die Sonderausgabe 5 der E. C. F. R. (2008) mit zahlreichen Beiträgen zum Thema European Law of Secured Credit. 18 Ibid. 19 Hierzu ausführlich 2. Kapitel, IV. 2. a) bb), cc). 20 Dazu unten 2. Kapitel, IV. 3. b). 21 2. Kapitel, IV. 2. a) cc).
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1. Kapitel: Einführende Bemerkungen
basierten Lösung des Konflikts lassen sich die Leistungsfähigkeit und die (intrasystematische) Übertragbarkeit des Filing-Systems untersuchen. Als dritter Grund für die Betrachtung der kanadischen Rechtordnung ist deren (technische) Fortschrittlichkeit hervorzuheben: Die Filing-Systeme der dortigen Personal Property Security Acts waren die ersten, die vollständig computerbasiert funktionierten. Heute ist davon auszugehen, dass die kanadischen PPSAs die wohl fortschrittlichsten Registersysteme weltweit enthalten,22 ohne dass sich die Pionierrolle Kanadas hierin erschöpfen würde. Durch regen interprovinziellen Austausch auf dem Gebiet des Kreditsicherungsrechts haben neue Regelwerke nämlich permanent miteinander konkurriert. Ein tentatives Vorgehen zur Verbesserung und Adaption juristischer Lösungsmechanismen hat dabei bewirkt, dass die kanadischen Statuten nicht nur in technischer, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht als Vorreiter zu gelten haben. So nimmt es nicht wunder, dass das kanadische Personal Property Security Law bei Erlass der PPSAs in Australien und Neuseeland Pate gestanden hat.23 Der kanadische Reformprozess verspricht also, einige nützliche Lehren auf dem Weg zur Modernisierung des Kreditsicherungsrechts aufzuzeigen. Für Reformüberlegungen auf europäischer Ebene ist die kanadische Rechtsordnung aus einem vierten Grund interessant.24 Die dortigen Provinzen haben nämlich durch den stetigen Novellierungsprozess trotz Wahrung lokaler Eigenheiten eine beträchtliche Harmonisierung erreicht, die den interprovinziellen Handel erleichtert.25 Im europäischen Binnenmarkt, der auf eine effiziente Allokation der Produktionsfaktoren ausgerichtet ist, lässt dies aufhorchen. Soweit Rechtsvergleichung primär nach Erkenntnis trachtet,26 lohnt ein Blick auf das kanadische Recht noch aus einem fünften (praktischen) Grund: Der Außenhandelsumsatz zwischen Deutschland und Kanada belief sich im Jahr 2019 auf 16,4 Milliarden €.27 Das Comprehensive Economic and Trade
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Cuming/Walsh/Wood, 50 Can. Bus. L. J. (2011), 156, 158 („most electronically sophisticated systems in the world”); ähnlich Clark, The Secured Lender 2003, 8, 10 („the most advanced [registries] in the world“). 23 S. dazu Brown, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 145 ff. (Australien) und Gedye, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 115 ff. (Neuseeland). 24 Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 197 und Matz, Regulierung von Eigentumssicherheiten, S. 121 ff., 388 heben das kanadische Modell in diesem Zusammenhang hervor. 25 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 11 f. Zu den Erleichterungen, die der kanadische Ansatz im internationalen Rechtsverkehr mit sich bringt s. u. 3. Kapitel, IV. 2. b) cc). 26 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 14; zustimmend Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung, § 13 Rz. 5 und Sacco/Rossi, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 20 f. 27 Vgl. die Zahlen des Statistischen Bundesamtes in der tabellarischen Aufstellung „Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland“, abrufbar
III. Arbeitsmethode
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Agreement (kurz CETA) zwischen Kanada, der EU und ihren Mitgliedsstaaten dürfte die Handelsbeziehungen noch weiter dynamisieren.28 Kenntnisse über die kanadische Kreditsicherungspraxis bringen also auch insofern einen Mehrwert. In den folgenden Abschnitten liegt das Augenmerk zunächst auf dem Kreditsicherungsrecht Ontarios, da diese Provinz die Novellierung des Personal Property Security Law initiiert und immer wieder stimuliert hat. Der inkrementelle Reformprozess, der dadurch auch in anderen Provinzen angestoßen wurde, hat zwar zu inhaltlichen Variationen geführt; diese betreffen aber weder den historischen Hintergrund noch das grundlegende Konzept oder die Entstehungsvoraussetzungen des Sicherungsrechts, sodass erst im Rahmen des Vorrangs auf die angedeuteten Unterschiede einzugehen ist. Denn ausgerechnet der Konflikt zwischen secured creditor und judgment creditor zählt zu den wichtigsten Komplexen, in denen die provinziellen Lösungsansätze neuerdings erheblich voneinander abweichen.29
III. Arbeitsmethode III. Arbeitsmethode
Ausgehend vom soeben umrissenen Konflikt ist die Methodenfrage für Vergleich und Bewertung zu beantworten. Die nachstehenden Zeilen beruhen dabei auf der These, dass die Wahl der probaten Methode gegenstandsabhängig ist. Daraus folgt, dass die abstrakte Grundsatzdiskussion über die zielführende rechtsvergleichende Methode30 nicht um einen zusätzlichen Beitrag erweitert werden muss. Es genügt vielmehr der Nachweis, dass die gewählten Komparations- und Evaluationsmethoden hier brauchbar sind. Für den Vergleich im 2. Kapitel bietet sich dabei die funktionale Methode an. Diese knüpft an einen sozialen Konflikt, hier jenen zwischen Sicherungsnehmer und ungesichertem Gläubiger, an und erkiest den Zweck eines
unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/Tabellen/RangfolgeHandelspartner.html (18.07.2020). 28 Unter https://www.consilium.europa.eu/en/documents-publications/treaties-agreements/agreement/?id=2016017 (18.07.2020) ist der aktuelle Ratifizierungsstand gestaffelt nach Mitgliedsstaaten aufgeführt. 29 Zu dieser Einschätzung Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 69; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.04. Die unterschiedlichen Regelungsansätze werden unten (2. Kapitel, IV. 2) diskutiert. 30 S. etwa Kischel, Rechtsvergleichung, S. 92 ff.; Michaels, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 339 ff. zur funktionalen Methode; Sacco/Rossi, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 68 ff. zur Lehre von den rechtlichen Formanten; Tschentscher, JZ 2007, 807 ff. zu einer dialektisch aufgebauten Rechtsvergleichung.
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1. Kapitel: Einführende Bemerkungen
Regelungskomplexes, dieses Sachproblem zu lösen, zum tertium comparationis.31 Als funktional ist diese Methode also zu bezeichnen, weil sie davon ausgeht, dass die untersuchten Regelungsansätze eine (gemeinsame) Funktion erfüllen und anhand dieser Funktion einem Vergleich zugänglich sind. Diese Annahme erweist sich für das hiesige comparatum, den dreigliedrigen Untersuchungsgegenstand, als tragfähig: Die Rechtsstellungen von Sicherungsnehmern32 und Vollstreckungsgläubigern33 erlangen in beiden Vergleichsordnungen den Rang institutionalisierter und schutzwürdiger Positionen, die um den Verwertungsvorrang an einem Gegenstand konkurrieren. Insofern handelt es sich um funktionale Äquivalente.34 Der dritte Teilbereich des Untersuchungsgegenstandes, die Koordination der widerstreitenden Interessen zur Lösung des Sachproblems, tangiert schließlich sogar den sozialen Konflikt im engeren Sinne.35 Alle drei Elemente sind also dem Umgang der jeweiligen Rechtsordnung mit dem übergeordneten sozialen Konflikt angehörig. Übereinstimmend damit sollen die Vergleichsabschnitte im Anschluss an die Landesberichte solche Unterschiede und Gemeinsamkeiten vertiefend analysieren, die für die Handhabe des sozialen Konflikts in beiden Rechtsordnungen besonders relevant sind (Publizität, Unlauterkeit, Gläubigerbenachteiligung). Durch diese vertiefende Gegenüberstellung relevanter Einzelaspekte gilt es, die Denk- und Argumentationsstrukturen bei der Konfliktlösung hier wie dort offenzulegen. Dem häufig (und berechtigterweise) vernehmbaren Ruf nach Kontextualisierung36 eines Regelungsansatzes sind insbesondere die ersten beiden Abschnitte des Vergleichs verschrieben.37 Erst auf dieser Grundlage erschließen sich die konkreten Bestimmungen zu Begründung und Realisierung des Vorrangs.38 Neben den methodischen sind bei der Rechtsvergleichung auch sprachliche Herausforderungen zu überwinden. Zwei davon soll hier Erwähnung geschehen. Erstens hat sich der Vergleich nicht nur von der Systematik der einzelnen Rechtsordnungen zu lösen, sondern auch von ihrer Terminologie. Es bedarf daher einer „Metasprache“39, die funktionale Oberbegriffe aufstellt, um 31 Dazu grundlegend Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 33 ff.; Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung, § 13 Rz. 11. 32 2. Kapitel, II.–IV. 33 2. Kapitel, IV. 34 Zu Begriff und Gehalt der funktionalen Äquivalenz in der Rechtsvergleichung s. Esser, Grundsatz und Norm, S. 349 ff.; Scheiwe, KritV 83 (2000), 30 ff. 35 2. Kapitel, IV., V. 36 S. etwa Jackson, in: Rosenfeld, Michel/Sajó, András (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Constitutional Law, S. 54, 66 f. und Kischel, Rechtsvergleichung, S. 164 ff., wobei kein Zufall ist, dass beide einen öffentlich-rechtlichen Hintergrund haben. 37 2. Kapitel, I., II. 38 2. Kapitel, IV., V. 39 Den Begriff verwendet Tschentscher, JZ 2007, 807, 811. Zum Erfordernis einer übergeordneten Sprachebene, die die untersuchten Rechtsordnungen abdeckt, auch Kötz, RabelsZ 54 (1990), 203, 209 f. und Starck, JZ 1997, 1021, 1027.
III. Arbeitsmethode
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verschiedene Tatbestände rechtsordnungsübergreifend zu erfassen (Konstruktion, Entstehung, Vorrang). Zweitens droht bei der Befassung mit ausländischen Rechtsinstituten eine Fehlinterpretation durch die Übersetzung und Gleichstellung mit bekannten Rechtsinstituten der Heimrechtsordnung. Von der funktionalen Äquivalenz darf also nicht auf konstruktive, konzeptionelle oder gar dogmatische Äquivalenz geschlossen werden. Um Kaplans und Maslows Law of the Instrument40 abzuwandeln: Wer Hammer und Nagel seiner nationalen Rechtsordnung kennt, muss sich vor der Assoziation hüten, die in der ausländischen Rechtsordnung gefundenen Werkzeuge seien von der gleichen Beschaffenheit. Daher werden eigenständige Institute (attachment, perfection, binding effect) nachfolgend ihrer Funktion nach beschrieben, nicht aber übersetzt oder flektiert. Neben inhaltlicher Fehlinterpretation und sinnwidriger Übersetzung bewahrt dies den terminus technicus vor sprachlichen Grausamkeiten, die Konjugation und Deklination ihm antun könnten. Das sich an den Vergleich anschließende Kapitel unterzieht die betrachteten Regelungsmodelle einer normativen Bewertung. Diese Trennung von Vergleich und Bewertung ist eine durchaus bewusste. Zwar dürfen Möglichkeit und Sinnhaftigkeit einer wertungsfreien, „reinen“ Rechtsvergleichung,41 die noch die Säulenheiligen Constantinesco und Rabel als Ideal ausgerufen haben, angezweifelt werden. Denn im axiologischen System des Rechts sind schon Subsumtion und Streitentscheid mit Wertungen verbunden.42 Kaum zu leugnen ist aber, dass die funktionale Vergleichung von dürftigem Aussagegehalt darüber ist, welcher der betrachteten Regelungsansätze den Vorzug verdient. Die Trennung von Komparatistik und Kritik soll daher einer wertungsmäßigen Überbeanspruchung des Aussagegehalts funktionaler Vergleichung vorbeugen.43 Vergleich und Bewertung unterliegen zudem unterschiedlichen Kriterien, folgen eigenen Methoden. Beim Vergleich sind Wertungen anhand des normativen Kontextes vorzunehmen, bei der Bewertung besteht diese Bindung nicht. Diesen Umständen soll die Gliederung durch eine getrennte Darstellung von Vergleich und Bewertung Rechnung tragen. Sie soll dem Leser – um es mit 40 Kaplan, The Conduct of Inquiry, S. 28 beschreibt das von ihm aufgestellte „Law of the Instrument“ wie folgt: „Give a small boy a hammer, and he will find that everything he encounters needs pounding“; ähnlich Maslow, Die Psychologie der Wissenschaft, S. 36. 41 Constantinesco, Rechtsvergleichung II, S. 37. Kritisch dazu Kischel, Rechtsvergleichung, S. 37 ff. S. zudem Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 46 zu Ernst Rabels Trennung von Vergleich und Wertung. 42 Zur Qualifikation des Rechts als axiologisches System s. Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 21 f.; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 4. 43 Hiervor warnt mit Recht Michaels, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 339, 373 ff. S. a. schon Rheinstein, 5 U. Chi. L. Rev. (1938), 615, 618 zur begrenzten Aussagekraft des funktionalen Vergleichs darüber, ob eine Regelung des ausländischen Rechts im Inland vorzugswürdig wäre.
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1. Kapitel: Einführende Bemerkungen
Max Weber zu sagen – verdeutlichen, „wo der denkende Forscher aufhört und der wollende Mensch anfängt zu sprechen“44. Da für die Bewertung nicht auf eine etablierte Methode zurückgegriffen werden kann, gilt es im abschließenden 3. Kapitel, einen geeigneten Ansatz zu entwickeln und anzuwenden.45
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M. Weber, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904), 22, 33. S. u. 3. Kapitel, I.–IV. zur Bewertungsmethode.
Kapitel 2 Kapitel 2: Funktionaler Vergleich
Funktionaler Vergleich I. Historische Entwicklung I. Historische Entwicklung „Das gegenwärtige System [des deutschen Mobiliarsicherungsrechts] ist das staunenswerte Produkt einer über 100 Jahre währenden, äußerst innovativen Rechtsprechung.“1
„The statutory tradition of sweeping all priority problems under the rug no doubt stems from the nineteenth century chattel mortgage acts […].“2
Ganz gleich, ob Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte nun als „Holz vom gleichen Stamm“3 zu bezeichnen und zu begreifen sind oder nicht4: Es ist gerade die historische Entwicklung des Kreditsicherungsrechts, die Aufschluss über Zweck und Gestalt der jeweiligen Sicherungsmittel in den untersuchten Rechtsordnungen gibt.5 Außerdem verdeutlicht ein Blick in die Entwicklungsgeschichte, wie der Wandel der ökonomischen Begebenheiten die Bedürfnisse der Wirtschaftsteilnehmer verändert hat und auf welche Weise sich dieser Wandel in Rechtsprechung und Gesetzgebung niedergeschlagen hat. Vor dem geschichtlichen Hintergrund werden die Funktion der lex lata und der jeweils gewählte Ansatz zur Lösung des sozialen Konflikts also erst hinreichend transparent.6
1
Kieninger, WM 2005, 2353, 2359. Gilmore, Security Interests I, S. 655. 3 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 8, die im Weiteren auch von „Zwillingsschwestern“ (ebd.) schreiben. 4 Kischel, Rechtsvergleichung, S. 12. In Duktus und Inhalt vehement gegen Kötz etwa Simon, Rechtshistorisches Journal 1992, 574, 576. 5 Zu dieser erkenntnisfördernden (Hilfs-)Funktion der Rechtsgeschichte etwa Flessner, ZEuP 1999, 513, 514 ff., der ebenfalls allegorisch von der Rechtsvergleichung als „Kundin“, „Nachfragerin“ und „Interessentin“ oder auch als „Partnerin“ der Rechtsgeschichte spricht. Zur Bedeutung der gemeinsamen europäischen Rechtstradition im Kontext der Rechtsvergleichung s. schon Coing, RabelsZ 32 (1968), 1, 7–21. 6 Vgl. Staudinger-Wiegand, Vorbemerkungen zu §§ 929–931 BGB Rz. 7 sowie Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 84 zur Wichtigkeit der historischen Grundlagen im Kreditsicherungsrecht. 2
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
1. Deutsches Recht a) Kreditsicherung im römischen Recht Die weitreichende Rezeption des römischen Rechts auch in Deutschland7 legt es nahe, den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Sicherungsübereignung im ius romanum zu suchen. Indes stellt sich bald die Erkenntnis ein, dass aus der Frühzeit des römischen Reichs kaum verlässliche (Rechts-)Quellen vorliegen.8 Die Vermutung, das Eigentum als Primat der rechtlichen Beziehung einer Person zu einer Sache müsse in dieser Zeit auch die Funktion von beschränkten dinglichen Rechten übernommen haben,9 liegt jedenfalls nahe. Weiter bedarf es der Erwähnung, dass im antiken Rom die Personalsicherheiten den Realsicherheiten vorgezogen wurden. Dies aus gutem Grund, denn der Pfandnehmer hatte keine Gewähr dafür, dass an einem Gegenstand nicht bereits fremde Rechte bestanden.10 Kreditsicherung war daher im besten Sinne des Wortes Vertrauenssache. Noch im Laufe der älteren und klassischen Zeit etablierten sich allerdings drei Sicherungsrechte im römischen Recht. Es waren dies die fiducia (cum
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v. Jhering, Geist I, S. 1: „Drei Mal hat Rom der Welt Gesetze dictiert, drei Mal die Völker zur Einheit verbunden, das erste Mal, als das römische Volk noch in der Fülle seiner Kraft stand, zur Einheit des Staats, das zweite Mal, nachdem dasselbe bereits untergegangen, zur Einheit der Kirche, das dritte Mal in Folge der Reception des römischen Rechts im Mittelalter zur Einheit des Rechts; das erste Mal mit äußerm Zwange durch die Macht der Waffen, die beiden andern Male durch die Macht des Geistes“. Ausgerechnet auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten allerdings zeigen sich Grenzen und Abkehr von der Übernahme, dazu Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 9 f.; Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 378. 8 So auch Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 12 f. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 1 Rz. 5 konstatieren, dass sich das römische Recht in dieser Frühzeit mehr noch in das Dunkel der Vergangenheit hüllt als das germanische Recht. 9 S. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 22 Rz. 3 mit dem Beispiel des Feldservituts, welches heute einer Dienstbarkeit entsprechen würde. Dieses Rechtsgeschäft wurde durch die Übertragung des Eigentums realisiert, wenngleich sich sein Zweck in beschränkt dinglicher Natur erschöpfte. 10 Dernburg, Pandekten I, S. 633; Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht, S. 113. Mayer-Maly, Römische Recht, S. 85 weist darauf hin, dass im antiken Rom mitunter die Reputation eines Bürgen mehr Gewicht hatte als die Bestellung eines Pfandrechts.
I. Historische Entwicklung
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creditore contracta),11 das pignus12 und die hypotheca.13 Als originär römischrechtliche Institute haben fiducia und pignus zu gelten. Beide Rechtsinstitute – und vor allem ihre Entwicklung – werden vor dem Hintergrund ihres Bestellungsvorgangs verständlich. Die fiducia unterschied sich vom pignus vor allem im Umfang der übertragenen Rechtsmacht und im Begründungsakt: Sie war als treuhänderisches Rechtsgeschäft zur Übertragung des Eigentums mit obligatorischer Bindung ausgestaltet.14 Ihre Bestellung vollzog sich dergestalt, dass der Schuldner dem Gläubiger eine res mancipi15 entweder im Wege der mancipatio oder durch in iure cessio übereignete.16 Dieser Übertragungsvorgang war mit einem pactum fiduciae verknüpft, welches vorsah, dass der Gläubiger das Eigentum an der Sache bei Erfüllung oder anderweitigem Erlöschen der Forderung zurückzuübertragen hatte.17 Im Regelfall fungierte die fiducia dabei als ein besitzloses Sicherungsmittel.18 Die Übertragung durch mancipatio verlangte (zunächst), dass der Erwerber den Gegenstand im Beisein von fünf Zeugen und einem Waaghalter (libripens) ergriff, ihn mit einer Spruchformel zu seinem Eigentum erklärte und dem Veräußerer eine vereinbarte Menge an Kupfer als Gegenleistung abwog.19 Dieser 11 Der Begriff fiducia kann mit Worten wie „Vertrauen“ oder „Sicherheit“ übersetzt werden. Die fiducia cum creditore contracta ist von der fiducia cum amico abzugrenzen, welche nicht ein Treuhandverhältnis mit einer anderen Vertragspartei, sondern mit einer vertrauten Person („Freund“) begründete. Letzteres diente eher der Verwaltung denn der Kreditsicherung. Zum Ganzen Coing, Treuhand, S. 11 f.; Johnson, in: Helmholz, Richard/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S. 45, 52 f. 12 Die Etymologie des Begriffes pignus ist nicht zweifelsfrei geklärt, s. Honsell, Römisches Recht, S. 78. Mitunter wird pignus von pugnus (Faust) abgeleitet. Überzeugender scheint es, den Begriffsursprung im Wort pangere (befestigen, sichern) zu verorten, Manigk, in: Wissowa, Georg (Begr.), Paulys Realencyclopädie XX (1941), S. 1239, 1240–1243. 13 Vermutlich entstammt die hypotheca den (griechischen) Ostprovinzen des römischen Reichs und rührt aus der dortigen Urkundenpraxis her, s. Mayer-Maly, Römisches Recht, S. 89 f. Es deutet viel darauf hin, dass der Begriff, nicht aber der Inhalt des ursprünglichen Rechtsinstituts von den Römern übernommen wurde, vgl. dazu Mitteis/Lieberich, Deutsches Privatrecht, S. 113. 14 S. Phillipson, 20 Stan. L. Rev. (1968), 1230, 1234–1238 und Wolff, Trust, Fiducia und fiduziarische Treuhand, S. 179 f. mit weiteren (wichtigen) Einzelheiten zu Gestalt und Rechtsnatur der fiducia. 15 Bei res mancipi handelte es sich um Gegenstände, die nur durch den Modus der mancipatio übereignet werden konnten, Meincke, Römisches Privatrecht, S. 65. 16 Ausführlich dazu Manigk, in: Wissowa, Georg (Begr.), Paulys Realencyclopädie VI (1909), S. 2287, 2288 f. 17 Honsell, Römisches Recht, S. 76 f.; Mayer-Maly, Römisches Privatrecht, S. 62. 18 Vgl. hierzu Harke, Römisches Recht, § 15 Rz. 15; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 31 Rz. 8. 19 Dernburg, Das Pfandrecht I, S. 52; Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 13 mwN.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
formale Akt wurde durch die mancipatio nummo uno freilich vereinfacht, da der Erwerber fortan nur noch symbolisch, doch weiterhin unter Anwesenheit der genannten Personen, mit einem Kupferstück gegen eine Waage schlagen musste.20 Auch die später etablierte in iure cessio wurde zunehmend als umständlich empfunden.21 Immerhin verlangte sie zur Bestellung der fiducia einen prozessähnlichen Vorgang, bei dem der Erwerber vor dem Prätor eine Vindikationsformel aussprach und der Veräußerer hierauf nichts (Gegenteiliges) erwiderte.22 In seinem Schweigen lag gleichsam die Anerkennung des Eigentumsübergangs, welchen der Prätor durch addictio (amtlichen Zuspruch) besiegelte. Jenem beschwerlichen Bestellungsvorgang stand bald das pignus als Pfandrecht gegenüber. Dieses konnte vom Berechtigen an Sachen zur Sicherung einer Forderung bestellt werden, indem sich die Parteien formfrei einigten und den (Interdikten-)Besitz23 an der Sache auf den Erwerber übertrugen.24 Letzteres ließ sich im Wege der traditio verwirklichen, welche auch durch die vergeistigte Besitzübertragung des constitutum possessorium durchgeführt werden konnte.25
20 Dieser Ablauf ist – am Beispiel der Übereignung eines Sklaven – bei Gaius, Inst. 1, 119 beschrieben. Dort findet sich auch die entsprechende Formel, mit der sich der Erwerber zum Eigentümer erklärte („Hunc ego hominem ex iure quiritim meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aenaeque libra“. In der Übersetzung von Manthe, Institutionen, S. 79: „Ich behaupte, dass dieser Mensch nach quiritischem Recht mir gehört, und er soll durch mich gekauft sein mit diesem Kupferstück und mit dieser kupfernen Waage“). 21 Oertmann, Die fiducia, S. 114; Schneider, JR 1984, 485, 486. 22 Auch dieses Verfahren ist in Gaius, Inst. 2, 24 dokumentiert: „[A]pud magistratum populi Romani vel praetorem […] is, cui res in iure ceditur, rem tenens ita dicit: Hunc ego hominem ex iure quiritim meum esse aio; deinde postquam hic vindicaverit, praetor interrogat eum, qui cedit, an contra vindicet; quo negante aut tacente tunc ai, qui vindicaverit, eam rem addicit“. Manthe, Institutionen, S. 121 übersetzt dies mit: „Vor einem obersten Beamten des römischen Volkes, zum Beispiel vor dem Prätor […], fasst derjenige, dem die Sache vor Gericht abgetreten wird, die Sache an und spricht: Ich behaupte, dass dieser Mensch nach quiritischem Recht mir gehört; nachdem dieser sein Eigentum behauptet hat, fragt der Prätor daraufhin den Abtretenden, ob er eine Gegenbehauptung aufstelle; wenn dieser das verneint oder schweigt, spricht der Prätor nunmehr die Sache dem zu, der sein Eigentum behauptet hat“. 23 Hierunter ist die rechtlich geschützte Sachherrschaft zu verstehen, welche in der Regel nur Eigentümern oder eigentümerähnlich Berechtigten zukam, Harke, Römisches Recht, § 13 Rz. 7. Dazu zählte auch der Pfandgläubiger, s. Gaius, Inst. 4, 147. 24 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 31 Rz. 16 ff. 25 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 15, 18 weist darauf hin, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob das constitutum possessorium bereits in klassischer oder erst in nachklassischer Zeit ausreichte.
I. Historische Entwicklung
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Der Ursprung der hypotheca als drittes Sicherungsmittel ist nicht zweifellos geklärt.26 Vermutlich handelte es sich um ein Rechtsinstitut, dessen Genese im Hellenismus zu verorten ist, welches im römischen Recht allmählich Einzug gehalten hat und dort letztlich unabhängig von seinem Ursprung weiterentwickelt wurde.27 Im Ausgangspunkt unterschied sich die hypotheca wohl insofern vom pignus, als sie gänzlich ohne Übertragung des Besitzes bestellt werden konnte: Allein die Übereinstimmung des Willens der Parteien genügte zu ihrer Begründung.28 So trennscharf diese Kontrastierung auf den ersten Blick auch sein mag, so uneinheitlich ist doch die weitere Verwendung der Begriffe in den Quellen. Nicht umsonst erklärte Marcian in einem viel zitierten Satz,29 pignus und hypotheca unterscheide nur ihr Name. Gerechtfertigt erscheint diese Nivellierung der Unterschiede vor allem aufgrund der Wandlung des pignus vom Faustpfand zum besitzlosen Pfand. Angesichts der flexiblen und immer weiter elaborierten Institute, die mit pignus und hypotheca zur Verfügung standen, erklärt sich das historische Schicksal der fiducia:30 Sie fiel der Interpolation durch Justinians Kompilatoren anheim, wurde in den abschließenden Textformen begrifflich durch pignus und hypotheca ersetzt.31 Bemerkenswert ist bei alldem, dass im römischen Recht noch kein Schutz des Drittgläubigers – geschweige denn des gutgläubigen Erwerbers – vorgesehen war.32 Etwaige Publizitätswirkungen, positive wie negative,33 dürften dem römischen Recht fremd gewesen sein.34 Daher war es nur konsequent, dem 26 Eine umfassende Aufarbeitung des Ursprungs der Mobiliarhypothek findet sich bei Dernburg, Das Pfandrecht I, S. 50 f. 27 Wagner, Voraussetzungen, Vorstufen und Anfänge der römischen Generalverpfändung, S. 19 f.; kritisch dazu Braukmann, Pignus, S. 57 f. 28 Diesen Unterschied formulierte Ulpian in den Digesten (D. 13, 7, 9, 2) wie folgt: „Proprie pignus dicimus, quod ad creditorem transit, hypothecam, cum non transit nec possessio ad creditorem“. 29 Marcian, D. 20, 1, 5, 1: „Inter pignus autem hypothecam tantum nominis sonus differt“. 30 Die Abhängigkeit von den schwerfälligen Instituten mancipatio und in iure cessio wird jedenfalls in den meisten Quellen als primärer Grund für das Verschwinden der fiducia genannt, s. etwa Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 8; Harke, Römisches Recht, § 15 Rz. 15; relativierend Dernburg, Das Pfandrecht I, S. 93–95 und Phillipson, 20 Stan. L. Rev. (1968), 1230, 1237. 31 Löffelmann, Pfandrecht und Sicherungsübereignung, S. 195. Für eine Aufstellung zahlreicher interpolierter Stellen s. Noordraven, Die Fiduzia im Römischen Recht, S. 17 ff. 32 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 24 f. 33 Zu dem Begriffspaar s. Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 296 f.; Quantz, Besitz und Publizität, S. 312 f., 321. 34 Manigk, in: Wissowa, Georg (Begr.), Paulys Realencyclopädie IX (1914), S. 343, 349; Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 378 nannte „als unausbleibliche Folge […] eine völlige Unsicherheit des Verkehrs“.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Pfandgläubiger die actio Serviana zuzubilligen.35 Sie ermöglichte es ihm, den Pfandgegenstand von einem jeden Dritten herauszuverlangen und sich so den Vorrang an der Sache zu sichern.36 Für den Fall der Vollstreckung durch Dritte stand dem Inhaber eines Pfandrechts eine controversia pignoris capti37 zu, welche ihm die Intervention ermöglichte.38 Die Rechtsfolge einer summarischen Entscheidung des Gerichtsherrn bestand in der Freigabe der Sache.39 Anzumerken ist ferner, dass vor allem in der Frühzeit die Singularvollstreckung in bestimmte Gegenstände noch eine seltene Ausnahme war und stattdessen eher auf das schuldnerische Gesamtvermögen zugegriffen wurde.40 Der vorliegend interessierende Konflikt war daher in der klassischen Zeit noch nicht allzu weit ausgeprägt. In dieser Epoche interessierte vielmehr das Verhältnis zwischen Pfandschuldner und -gläubiger.41 Für die spätere Rezeption des römischen Rechts ist damit festzuhalten, dass in Gestalt von pignus und hypotheca überkommene Rechtsinstitute zur Sicherung einer Forderung bekannt waren. Durch die unkomplizierten Bestellungsvoraussetzungen von pignus und hypotheca wurde die umständliche Begründung der fiducia obsolet. Neben den praktischen Nachteilen im Bestellungsvorgang war für die fiducia als Übertragung eines „Mehr“ an Rechtsmacht auch im Übrigen schlichtweg kein Bedarf. b) Rezeption und Rejektion – Kreditsicherung bis ins 19. Jahrhundert Wenngleich sich zwischen Antike und Neuzeit ein (partikular-)rechtliches Konglomerat verschiedenster Pfandrechte im weitesten Sinne herausgebildet hat:42 Ihre Darstellung würde umfassenden Raum fordern und wenig zum 35 Bei der actio Serviana handelte es sich um eine Herausgabeklage des Pfandgläubigers gegen den Schuldner und gegen Dritte, Mayer-Maly, Römisches Recht, S. 88 f. Sie kann als Parallelklage zur rei vindicatio, die dem Eigentümer vorbehalten war, begriffen werden. Dies zeigt ihre teils verwendete Bezeichnung als vindicatio pignoris, s. Paulus, D. 20, 1, 28. Für ein Beispiel zur Rezeption s. etwa das Bayerische Landesrecht von 1756 mit der Actio pignatoria, dazu Danzer, Das Bayerische Landesrecht, S. 99 f. 36 Hierin lag der entscheidende Vorteil der actio Serviana gegenüber dem interdictum Salvianum, welches (zunächst) nur gegen den Verpfänder und auf erstmaligen Besitzerwerb gerichtet war, s. ausführlich dazu Honsell, Römisches Recht, S. 78. 37 Ulpian, D. 42, 1, 15, 4. 38 Ausführlich zu diesem Rechtsbehelf Picker, Die Drittwiderspruchsklage, S. 63–71. 39 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 3.6 und Hellwig, System II, S. 274 für weitere Quellen. 40 Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 31 Rz. 2. 41 Levy, West Roman Vulgar Law – The Law of Property, S. 60 mwN. 42 S. Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 25–40 für das germanischdeutsche Recht und S. 43–134 für einzelne Partikularrechte. Ob das germanisch-deutsche Recht bereits von dem Bestreben erfüllt war, Drittgläubiger zu schützen, wird uneinheitlich beurteilt, vgl. die (bejahende) Gegenposition zu Hromadka bei Wesener, ZRG GA 1973, 391, 393. Hromadka ist allerdings zuzugeben, dass versiegelte Urkunden und
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Verständnis der heutigen Rechtslage beitragen. Gewinnbringender erscheint daher die Konzentration auf den Wandel des gemeinen Rechts. Für die Rezeption des römischen durch das gemeine Recht ist dabei auf zwei anfängliche Grundentscheidungen hinzuweisen. Erstens wurde die interpolierte fiducia ihrem geschichtlichen Schicksal weitgehend überlassen und damit nicht wiederbelebt.43 Zweitens wurden das pignus als Faustpfand und die hypotheca als Mobiliarhypothek rezipiert.44 Besondere Aufmerksamkeit in der Wissenschaft erfuhr die Mobiliarhypothek – jenes Rechtsgeschäft also, dem bald als „vollkommenste Entwicklung“45 der rei obligatio gehuldigt, das bald für die „Zerrüttung der Kreditverhältnisse“46 verantwortlich gemacht wurde. Allmählich gewannen allerdings jene Stimmen die Überhand, die in der Möglichkeit einer publizitätslosen Pfandrechtsbestellung eine Gefahr für den Rechtsverkehr sahen.47 Die bis ins 18. Jahrhundert zu beobachtende Ausbreitung des gemeinen Pfandrechts fand im Laufe des 19. Jahrhunderts nicht nur ihr jähes Ende,48 sondern wurde durch neue Partikularrechte geradezu umgekehrt.49 Eingeläutet hat diese Entwicklung wohl der preußische Gesetzgeber mit Erlass der Hypothec- und Concurs-Ordnung50 im Jahr 1722. Deren § 2951 sah eine Übergabe der verpfändeten Sache an den Gläubiger zwingend vor und nannte ausdrücklich „beschwerliche Processe“ mit Dritten als Grund hierfür.52 nicht-systematische Eintragungen in Ratsbüchern kaum Drittschutz gezeitigt haben dürften, s. dazu zeitgenössisch Orth, Anmerckungen I, S. 405–409. 43 Eine etwaige Rezeption der fiducia wäre tatsächlich eine „Rückbesinnung“ gewesen, so Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 9. Zur Rezeption als Modernisierungsprozess s. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 225 f. 44 S. nur Dernburg, Pandekten I, S. 641 f., der den bereits wiedergegebenen Passus Ulpians zum Unterschied von pignus und hypotheca als Beleg anführt. 45 v. Brinz, Pandekten II 2, S. 849. 46 Dernburg, Pandekten I, S. 640. 47 v. Wächter/v. Wächter, Pandekten II, S. 546. Dernburg, aaO wies ferner auf die Gefahr von betrügerisch vordatierten Hypotheken hin. 48 Hirsch, Der Einfluß des römischen Rechts auf das Publizitätsprinzip, S. 50. 49 Wendt, Pandekten, S. 396; Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 378 konstatierte, dass zwischen römischem und deutschem Recht fast auf keinem Rechtsgebiet „ein[…] tiefgreifenderer Gegensatz als auf dem Gebiete des Pfandrechts“ zu beobachten war. 50 Hypothec- und Concurs-Ordnung vom 04.02.1722, abgedruckt in: Corpus Constitutionum Marchicarum (1737), Theil 2, Abtheilung 2, No. XXXVI, S. 103 ff. 51 Aus dem Normtext: „[…] so ordnen Wir hiermit, daß hinkünftig, es sey Gerichtlich oder ausser Gerichtlich, kein Pfand-Recht in beweglichen Vermögen constituiret werden solle, es wäre dann das Pfand dem Creditori würcklich zu Händen gestellet […]“, Corpus Constitutionum Marchicarum (1737), Theil 2, Abtheilung 2, No. XXXVI, S. 123. 52 Flankierend bestimmte § 176 der Hypothec- und Concurs-Ordnung: „Hatte jemand ein Unterpfand an beweglichen Gütern erlanget […], und ist davon ein mehrers, als was bey Gerichtlicher Verkauffung des Pfandes von dem Kauf-Gelde […] übrig bleibet, denen anderen Creditoren heraus zu geben nicht schuldig […]“. Die Essenz dieser Norm wird durch die amtliche Kommentierung verdeutlicht: „Die ein Unterpfand von beweglichen Gütern in
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Der Siegeszug des Besitzpfandes setzte sich in zahlreichen Partikularrechten,53 dem ADHGB54 und der RKO55 fort. Daneben sah auch Art. 2071 des Code Civil (1804),56 welcher einige Zeit Geltung in den linksrheinischen Gebieten beanspruchte, die Etablierung des Faustpfandprinzips vor. Diente der Besitz also in der Antike noch dem Schutz des Gläubigers – und nur seinem Schutz –, so erfüllte er fortan den Zweck, Drittgläubiger vor den Risiken nicht-publiker Sicherungsmittel zu bewahren.57 In diese Entwicklung reihte sich auch § 709 CPO (1877) ein, indem die Norm dem Pfändungspfandgläubiger Vorrang gegenüber dem Inhaber einer Mobiliarhypothek einräumte.58 Letztlich war es demzufolge die fehlende Offenkundigkeit, welche die Gesetzgeber zur Abkehr von besitzlosen Pfandrechten bewog. In der Praxis offenbarte sich durch die Implementierung des Faustpfandprinzips freilich ein Missstand: Zahlreiche Wirtschaftsteilnehmer hatten ein veritables Interesse an besitzloser Kreditsicherung, waren teils sogar darauf angewiesen.59 Besitzlose pfandrechtliche Instrumente im engeren Sinne hatten Händen haben, gehen darinne allen andern vor“, s. Corpus Constitutionum Marchicarum (1737), Theil 2, Abtheilung 2, No. XXXVI, S. 159. 53 Etwa in Erster Theil, Zwanzigster Titel, Erster Abschnitt, §§ 6–10, 105 des preußischen Allgemeinen Landrechts 1794 und in § 3 des Bayerischen Hypothekengesetzes 1822 in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Bayerische Prioritätsordnung 1822. Für weitere Partikularrechte s. Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 69 ff. und Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 92. 54 Art. 309 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch 1861 beseitigte Formerfordernisse, die über die Übergabe der Sache hinausgingen, nicht aber das Erfordernis der Übergabe selbst. 55 § 40 Reichskonkursordnung 1877: „Gläubiger, welche an einer beweglichen körperlichen Sache […] ein Faustpfandrecht haben, können aus den ihnen verpfändeten Gegenständen abgesonderte Befriedigung wegen ihrer Pfandforderung verlangen […]“. 56 Art. 2071 Code Civil des Français 1804: „Le nantissement est un contrat par lequel un débiteur remet une chose à son créancier pour sûreté de la dette”. 57 Vgl. hierzu Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 53 und Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 91. 58 § 709 Civilprozeßordnung 1877: „Durch die Pfändung erwirbt der Gläubiger ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstande. Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger im Verhältniß zu anderen Gläubigern dieselben Rechte wie ein durch Vertrag erworbenes Faustpfandrecht; es geht Pfand- und Vorzugsrechten vor, welche für den Fall eines Konkurses den Faustpfandrechten nicht gleichgestellt sind“. Ein solches nicht gleichgestelltes Pfandrecht war eben die Mobiliarhypothek, s. § 41 RKO 1877. Zu Stellung von Pfandrecht und Eigentum in der Zwangsvollstreckung gemäß der CPO 1877 Seuffert, Civilprozeßordnung, S. 816 f. zu § 690 CPO (Interventionsklage des Eigentümers; Vorläufer von § 771 ZPO) und S. 835 f. zu § 709 CPO sowie S. 840 zu § 710 CPO (Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung des besitzlosen Pfandberechtigten; Vorläufer von § 805 ZPO). 59 Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 10 und Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 135 heben insbesondere Kaufleute, Fabrikanten und Handwerker, aber auch den „kleinen Mann“ als Betroffene hervor. Letztgenannte Gruppe erfuhr gar Erwähnung in den späteren Materialien zum BGB: „Vielmehr diene diese Rechtsform sehr
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durch die gesetzgeberischen Neuerungen jedoch so sehr an Attraktivität verloren, dass Mobiliarhypotheken faktisch abgeschafft worden waren. Deren Absenz bereitete gleichsam den Boden für juristische Hilfskonstruktionen, welche den Bedürfnissen der besagten Wirtschaftsteilnehmer gerecht wurden. Der Befund übrigens, eine sicherungsweise Eigentumsübertragung60 sei den Pandektisten61 fremd gewesen, wäre verfehlt: Namentlich Dernburg differenzierte etwa zwischen Pfandrecht im weiteren Sinne und Pfandrecht im engeren Sinne.62 Unter ersteren Begriff fasste er generisch jedes Recht an einem Vermögensgegenstand, das seinem Inhaber im Falle der Nichtbefriedigung einer Forderung eine Verwertungsbefugnis gewährte. Gar ausdrücklich wies er auf die „Uebertragung des Eigenthums“63 als denkbaren Modus eines solchen Pfandrechts im weiteren Sinne hin. Schließlich nannte er drei Charakteristika des so verstandenen Rechts – sein Ziel: die Forderungssicherung; sein Mittel: die Verwertungsbefugnis im Sicherungsfall; seine Konstanz: also die Beständigkeit, die es zur wahren Sicherheit erstarken lasse.64 Gerade nicht erheblich war damit die Form des jeweiligen Sicherungsmittels.65
häufig zur Befriedigung des Kreditbedürfnisses der kleinen Leute, welche dem Gläubiger allein mit ihrer beweglichen Habe Sicherheit zu gewähren im Stande seien, aber den fortdauernden Besitz derselben nicht entbehren [...] könnten“, Protokolle, S. 3690 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 627. 60 Hier sei dahingestellt, ob die Vollrechtsübertragung im Stile der fiducia wiederbelebt wurde, als eine Weiterentwicklung der germanisch-deutschen Treuhand zu verstehen war oder es sich um eine gänzlich neue (treuhänderische) Erscheinung handelte, s. dazu Löhnig, Treuhand, S. 13; Wolff, Trust, Fiducia und fiduziarische Treuhand, S. 255–265. 61 Bereits 1830 wurde die sicherungsweise Eigentumsübertragung im Kontext des Sicherungskaufs beispielsweise bei Funke, Beiträge zur Erörterung practischer Rechtsmaterien, S. 212–222 in differenzierter Weise auf ihre Zulässigkeit hin untersucht. Für weitere Beispiele ähnlicher Konstruktionen s. Busse, Der Wiederkauf, passim. 62 Dernburg, Pandekten I, S. 632. Kritisch zu dieser Unterscheidung etwa Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 7 f. Dessen Ansicht, wonach das Pfandrecht stets einen einheitlichen Inhalt habe, sich aber in durchaus unterschiedlicher Form manifestiere, erachtete wiederum Windscheid als „irreführend“, s. Windscheid, Pandektenrecht I4, S. 730 f. Später wies Windscheid in einer Fußnote auf die Möglichkeit der Eigentumsübertragung zu Sicherungszwecken hin, Windscheid, Pandektenrecht I6, S. 769 Fn. 2. Demgegenüber verwendete v. Wächter die Begrifflichkeit „pignus im weiteren Sinne“ und fasste die fiducia hierunter, s. v. Wächter/v. Wächter, Pandekten II, S. 515. 63 Dernburg, aaO. 64 Dernburg, aaO. 65 Ein Gedanke, der sich für die kanadische Neuregelung als bestimmend erwiesen hat, s. u. 2. Kapitel, I. 2. c).
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Was also bedeutete das wirtschaftliche Bedürfnis nach besitzlosen Kreditsicherheiten nun für die sicherungsweise Vollrechtsübertragung? Dass sie ihren Weg heraus aus der „Rumpelkammer des Rechts“66 fand. Zunächst gelang ihr dies in Form des Sicherungskaufs,67 einer kautelarischen Konstruktion, die vor allem die besitzlose Sicherung von Produktionsund Konsumkrediten zu ermöglichen bestimmt war.68 Bei diesem Institut wurde das Sicherungsgeschäft – dem Namen entsprechend – in das Gewand eines Kaufvertrags mit zugehöriger Übereignung gehüllt. Der Sicherungsgeber übereignete also eine bewegliche Sache, den Sicherungsgegenstand, an den Sicherungsnehmer, welcher seinerseits den Kaufpreis als verdeckte Darlehenssumme zahlte. Dem Verkäufer wurde ferner ein befristetes Rückkaufsrecht eingeräumt69 und die Benutzung der Sache gestattet.70 Es dauerte nicht lange, bis sich das Reichsgericht mit der Frage befassen musste, ob eine solche Übereignung wirksam oder als nichtiges Scheingeschäft71 einzuordnen war. Hierbei gelangte der III. Zivilsenat72 zu der Überzeugung, dass es sich beim zugrundeliegenden Vertrag um einen solchen handelte, der „weder nach erklärtem noch nach dem gewollten Inhalte rechtsbeständig“73 sein konnte. Schon im ersten Satz der Entscheidungsgründe wurde das Rechtsgeschäft als „verschleierte Verpfändung“74 klassifiziert. Mit beachtlichem Aufwand begründete das Gericht dies unter Bezugnahme auf die Digesten damit, dass die wahre Absicht der Parteien gänzlich in Widerspruch zu einem eigentlichen Kaufvertrag mit Übereignung gestanden hätte.75 Kurz darauf war dann der I. Zivilsenat berufen, über die „Einrede der Simulation“ (heute: Scheingeschäft, § 117 Abs. 1 BGB) im Falle eines 66 Fischbach, Treuhänder und Treuhandgeschäfte, S. 52. Zur ganzen Diskussion um die Ursprünge der treuhänderischen Rechtsübertragungen (insb. der Sicherungsübereignung) in der neueren Zeit s. Wolff, Trust, Fiducia und fiduziarische Treuhand, S. 255 ff. 67 Coing, Treuhand, S. 29; Koros, Publizität, S. 11 f. Der Sicherungskauf wurde auch als Kauf auf Wiederkauf bezeichnet, vgl. Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 141 mit einem Vertragsmuster auf S. 142. 68 Löhnig, Rechtsvereinheitlichung trotz Rechtsbindung, S. 77. 69 Mit Ablauf der Befristung trat der Sicherungsfall ein, sodass das Rückkaufsrecht des Verkäufers erlosch. Möglich war auch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung – der Kaufpreiszahlung –, mit der das Eigentum auf den Verkäufer zurückfiel. Zu weiteren Gestaltungsoptionen s. Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 11. 70 Meist wurde dem Schuldner die Sache hierzu leihweise überlassen. Möglich war aber auch eine Vermietung des Sicherungsgegenstandes, sodass der Mietzins als Darlehensrate fungierte, s. Busse, Der Wiederkauf, S. 32 f. 71 Im Duktus der damaligen Lehre: „Simulation“, vgl. Puchta, Pandekten, S. 100 f.; Savigny, System III, S. 261; Windscheid, Pandektenrecht I6, S. 221 f. 72 RG, Urteil v. 24.09.1880, Az. III 58/80, in: RGZ 2, 173. 73 RG, Urteil v. 24.09.1880, Az. III 58/80, in: RGZ 2, 173, 176. 74 RG, Urteil v. 24.09.1880, Az. III 58/80, in: RGZ 2, 173, 174. 75 RG, Urteil v. 24.09.1880, Az. III 58/80, in: RGZ 2, 173, 175.
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Sicherungskaufs zu entscheiden.76 Besondere Relevanz für den hiesigen Untersuchungsgegenstand erlangt das Verfahren dadurch, dass die beklagten Schuldner ausdrücklich den Zweck des Rechtsgeschäfts betonten: Es sei um eine Pfandrechtsbestellung und die Entziehung der Sache aus der von Dritten verwertbaren Masse gegangen. Der Sicherungskauf sollte also nicht nur die besitzlose Verpfändung ermöglichen, sondern darüber hinaus die Sache gerade dem Zugriff dritter Gläubiger unzugänglich machen.77 Beide Anliegen hätten mit Blick auf die gesetzgeberische Intention hinter der Einführung des Faustpfandprinzips rege beanstandet werden können.78 Und dennoch: Das Reichsgericht kam zu dem Schluss, dass eine Eigentumsübertragung wirklich gewollt und der Vertrag somit wirksam war. In nahezu schulmäßiger Weise wurden auch weitere Einwände, wonach es sich bei dem Geschäft um eine Simulation handelte, entkräftet.79 Wenn diese Entscheidungen als Paradebeispiele uneinheitlicher Beurteilung des Sicherungskaufs in der Rechtsprechung gewertet werden,80 so verwundert dies angesichts der Ergebnisse nicht. Zugute gehalten sei dem Reichsgericht aber, dass sich die Richter in beiden Entscheidungen für die grundsätzliche Zulässigkeit sicherungsweiser Rechtsübertragungen ausgesprochen haben.81 Deren Beurteilung im Einzelfall stand und fiel mit der Absicht der Parteien, wirklich einen Kaufvertrag zu schließen und die Sache zu übereignen (dann zulässiger Sicherungskauf) oder dies zur Bestellung eines besitzlosen Pfandrechts nur vorzugeben (dann unzulässige Simulation). Der Parteiwille schien als alleiniges Kriterium jedoch nicht geeignet, die gewünschte Klarheit über die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts herbeizuführen,82 geschweige denn die komplizierte Beziehung zum Faustpfandprinzip zu klären. Im Ergebnis befand sich die Rechtsprechung zu dieser Zeit „in stetem Ringen mit der Kautelarjurisprudenz“83, da durch findige Vertragsgestaltung der
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RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168. RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, 169. 78 Löhnig, Rechtsvereinheitlichung trotz Rechtsbindung, S. 80 geht gar davon aus, das Gericht habe sich bewusst einer am Normzweck orientierten Auslegung verschlossen und daher allein den Wortlaut nebst der Systematik gewürdigt. 79 RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, 171 f. 80 So etwa Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 15 Fn. 69; Löhnig, Rechtsvereinheitlichung trotz Rechtsbindung, S. 80. 81 Siehe RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, 170 einerseits und RG, Urteil v. 24.09.1880, Az. III 58/80, in: RGZ 2, 173, 174 f. andererseits. 82 Dies zeigt sich etwa daran, dass sich das Reichsgericht immer wieder zur Klarstellung darüber veranlasst sah, welche Umstände im Einzelfall einen Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts haben, vgl. schon RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, besonders aber RG, Urteil v. 05.12.1905, Az. VII 424/05, in: RGZ 62, 126. Für weitere Urteile zu dieser Frage s. Schäfer, ArchBürgR 38 (1913), 1, 11 f. 83 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 151. 77
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wahre Wille – so er denn in einer verdeckten Verpfändung bestand – verklausuliert werden konnte. c) Konfusion und Kodifikation – Die Sicherungsübereignung bei Inkrafttreten des BGB In der Wissenschaft stieß der vom Reichsgericht gewählte Weg auf Unbehagen. Neue Ansätze zur Einordnung des Sicherungskaufs wurden bald lebhaft diskutiert.84 Wenn diese nun im Abschnitt der Sicherungsübereignung untersucht werden, so geschieht dies aus guten Gründen: Erstens war es gedanklich nur noch ein kleiner Schritt vom Sicherungskauf zur Sicherungsübereignung. Zweitens gelang dieser Schritt – dank der Durchsetzung des Abstraktionsprinzips – im ausgehenden 19. Jahrhundert auch konstruktiv-dogmatisch.85 Drittens und schließlich sind die vorgebrachten Sachargumente zum Sicherungskauf auf die Bestellung des Sicherungseigentums übertragbar.86 Voranzustellen ist dabei, dass die Lehrstimmen den Parteiwillen durchaus und insoweit übereinstimmend mit der Rechtsprechung als entscheidendes Moment zur Definition des Scheingeschäfts ansahen.87 Die Frage der Zulässigkeit eines solchen Rechtsgeschäfts indes wurde an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft. Besonders deutlich wird dies bei Windscheid: „Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob 1) die abgegebene Erklärung als ein gehöriger Ausdruck des vorhandenen Willens angesehen werden kann, und 2) ob nicht, was häufig der Fall sein wird, das Recht diesen Willen wegen seines Inhalts missbilligt“88.
Das zweite Kriterium – die rechtliche Billigung des Inhalts – verdient nicht nur Erwähnung, weil es über die bloße Auslegung des Parteiwillens hinausgeht; vielmehr belegt vor allem der Nebensatz „was häufig der Fall sein wird“ zur inhaltlichen Missbilligung eine grundsätzliche Skepsis gegenüber entsprechenden Rechtsgeschäften. Diese Haltung war nicht bloß einer Reminiszenz aus der mittelalterlichen Erfahrung, dass simulierte Geschäfte oft zur Gesetzesum84 Besonderen Widerhall erfuhren die Beiträge Kohlers, JherJb 16 (1878), 91 ff., Regelsbergers, AcP 63 (1880), 157 ff. und Hellwigs, AcP 64 (1881), 369 ff. 85 Zuvor war dem deutschen – wie dem römischen – Recht eine abstrakte Übereignung noch unbekannt. Bedurft hatte es also eines Kausalgeschäfts, was die ursprüngliche Einkleidung des Sicherungsgeschäfts in die Gestalt eines Kaufes erklärt. Die fiducia (oder präziser: das pactum fiduciae) selbst war als Kausalgeschäft nicht anerkannt, vgl. Wolff, Trust, Fiducia und fiduziarische Treuhand, S. 258 f.; Asmus, Grundlagen der Treuhand, S. 17, 24 f. 86 Darauf weist etwa Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 12 implizit hin. 87 S. dazu die Formel bei Savigny, System III, S. 261 f., wonach die Simulation eine „gemeinsame Willenserklärung Mehrerer […], die darüber einverstanden sind, ihren Erklärungen eine andere als die gewöhnliche Bedeutung zu geben“, ist. Ähnlich Dernburg, Pandekten I, S. 227 („Scheinkontrahenten sind darüber einig, nicht zu wollen, was sie nach außen hin vorgeben“). 88 Windscheid, Pandektenrecht I6, S. 221 f.
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gehung genutzt wurden,89 geschuldet. Sie speiste sich vielmehr auch aus den römischen Rechtsquellen, die von den Gefahren solcher Scheingeschäfte berichteten.90 In diesem Lichte sind die zentralen Beiträge der Wissenschaft zur Zulässigkeit der Sicherungsübereignung zu sehen: Ihnen lag es an der trennscharfen Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Rechtsgeschäften. Dazu führten die beteiligten Redeführer die Gesetzesauslegung als abstrakten Vorgang ein, der über den Einzelfall hinaus die Zulässigkeit determinieren sollte. Methodisch präsentierten sich die Ansätze insoweit als übereinstimmend, als ihre Urheber stets zwei Begriffe bildeten, um zulässige von unzulässigen Rechtsgeschäften zu scheiden. Welcher Begriffspaarung die Sicherungsübereignung angehörte und wie sie damit einzuordnen war, blieb freilich umstritten. Als erste begriffliche und inhaltliche Trennung sei hier auf Kohlers91 Lehre hingewiesen. Er schied das simulierte vom verdeckten Geschäft. Während er dieses „auf juristischem Boden“92 verortete, sah er jenes einem wirtschaftlichen Ursprung entwachsen. Im Ergebnis sei beim simulierten Geschäft nur der Schein eines Rechtsgeschäfts gewollt. Es werde daher gar kein Rechtsgeschäft abgeschlossen. Anders verhalte es sich beim verdeckten Geschäft, denn wer ein solches abschließe, der wolle es „mit all seinen Rechtsfolgen, […] aber zu ökonomischen Zwecken, welche dem Geschäft selbst oder seinen Rechtsfolgen nicht homogen“93 seien. Die Unterscheidung von wirtschaftlichem Zweck und juristischer Form griff Kohler im Kontext der Frage um die Zulässigkeit verdeckter Geschäfte erneut auf: Im Grundsatz stehe es den Parteien frei, den wirtschaftlichen Zweck durch jede vorhandene juristische Form zu verfolgen.94 Ihre Grenze finde diese Freiheit aber in solchen Gesetzen, die nicht bloß eine juristische Form vorsähen, sondern zugleich eine normative Entscheidung über einen wirtschaftlichen Zustand enthielten – etwa ein „ökonomische[s] Resultat“95 verpönten. Diese in Gesetzesform gegossenen Ordnungsentscheidungen genössen Vorrang gegenüber dem von den Parteien betretenen „Schleichweg“96. Kohlers Überlegungen, denen zufolge „[d]as Ganze […] eine Frage 89
Vgl. hierzu Busse, Der Wiederkauf, S. 91 und Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 147 mwN. 90 Dernburg, Pandekten I, S. 227 weist in Fn. 3 auf die mit zahlreichen Digesten-Fundstellen belegte Praktik hin, simulierte Geschäfte zur Umgehung von Verbotsgesetzen zu nutzen. Ähnlich v. Jhering, Geist III, S. 248. 91 Kohler, JherJb 16 (1878), 91; zum Folgenden s. dort insb. S. 140 ff. 92 Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 140. 93 Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 141. 94 Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 144. 95 Kohler, aaO. 96 Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 142. Der Begriff des (rechtsgeschäftlichen) Schleichwegs wird zumeist Regelsberger zugeschrieben, fand sich aber auch schon bei Kohler und geht wohl auf v. Jhering zurück (dazu sogleich).
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der Gesetzesauslegung“97 war, suchten bei verdeckten Geschäften also nach der Vereinbarkeit von Parteiwillen und ratio legis. Er ergänzte seine abstrakten Ausführungen um einige Beispiele, zu denen auch der Kauf auf Wiederkauf zählte.98 Die Vertragsparteien bedienten sich hierbei der ernstlich gewollten Eigentumsübertragung (juristische Form), um eine besitzlose Kreditsicherung zu ermöglichen (wirtschaftlicher Zweck). Dieses ökonomische Resultat aber konfligiere mit dem Erfordernis der Übergabe bei der Pfandrechtsbestellung, welche die gesetzlich vorgesehene Form sei. Nun handle es sich bei den Normen zum Faustpfand nicht bloß um die Bereitstellung einer Form, sondern um eine gesetzliche Entscheidung zugunsten der Publizität in der Kreditsicherung. Der erstrebte wirtschaftliche Zweck beim Kauf auf Wiederkauf sei damit rechtswidrig, das Geschäft unzulässig.99 Diesem Lösungsversuch widersprach Regelsberger zwei Jahre später in einem vielbeachteten Aufsatz.100 Für ihn lauteten die voneinander zu trennenden Begriffe „fiduziarisches Geschäft“ und „rechtsgeschäftliche[r] Schleichweg“.101 Beide seien von der Simulation insofern zu unterscheiden, als sich Parteiwille und Erklärung bei ersteren deckten. Gekennzeichnet sei das fiduziarische Geschäft durch ein „Mißverhältnis zwischen Zweck und Mittel“102: Um einen bestimmten erlaubten Zweck zu verfolgen, würden sich die Parteien einer Rechtsform bedienen, die mehr an Rechtsmacht übertrage als es die Erreichung des Zwecks verlangen würde. Der rechtsgeschäftliche Schleichweg werde hingegen bestritten, um einen gesetzeswidrigen Zweck zu erreichen.103 Während Regelsbergers Formel zur Diskrepanz von Zweck und Mittel die moderne Treuhandlehre bald dominierte,104 fand seine soeben geschilderte Begriffstrennung und die damit verbundene Aussage über die Zulässigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte nur verhaltenen Anklang.105 Dies mag auch an der inkonsequenten Einordnung der Sicherungsübereignung durch Regelsberger selbst gelegen haben: Er qualifizierte sie gelegentlich als fiduziarisches Geschäft, gelegentlich als Beispiel eines Schleichwegs.106 In erster Linie aber
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Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 144. Zum Folgenden s. Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 151 f. 99 Kohler, aaO. 100 Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 170 ff. in Replik auf Kohler. 101 Beide Zitate aus Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 173. Der Begriff des Schleichwegs geht wohl auf v. Jhering, Geist III, S. 247 („Die Schleichwege des Lebens“) zurück. 102 Regelsberger, aaO. 103 Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 173 f. 104 Löhnig, Treuhand, S. 23 f.; s. auch Coing, Treuhand, S. 35–37. 105 S. Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 13 f.; Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 158 („schlecht durchdachte Einordnung“). 106 In ersterem Sinne Regelsberger, AcP 63 (1880), 157, 172 f.; in letzterem Sinne wohl ders., Pandekten I, S. 520. 98
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gewann die abstrakte Trennung von Simulation und fiduziarischem Geschäft nach Regelsbergers Vorgehensweise kaum an Kontur.107 Kurz darauf befasste sich schließlich Hellwig108 mit der Zulässigkeit der Sicherungsübereignung. Durch seine Ausführungen avancierte er zur persona sine qua non für die wissenschaftliche Durchdringung der Frage, ob die Eigentumsübertragung zur Forderungssicherung zulässig sei. In vielerlei Hinsicht machte er die ergiebigen Vorarbeiten Kohlers fruchtbar, indem er etwa darauf hinwies, dass manche Gesetze nicht bloß eine juristische Form ausschlössen, sondern „gewisse wirtschaftliche Resultate“109 zu verhindern bestimmt seien. Nach der Darstellung einiger Rechtsgeschäfte, die durch geschickte Formwahl einen gesetzeswidrigen Zweck zu erreichen geschaffen waren, enthüllte er dann das Begriffspaar „in fraudem legis abgeschlossenes Rechtsgeschäft“110 und juristisch verbotenes Geschäft, welche gleichermaßen unwirksam seien. Während im ersten Fall die Gesetzesumgehung in eine zur Verdeckung gewählte Form gekleidet werde, trete der Normverstoß im zweiten Fall offen ans Licht – die Diskussion unter dem Gesichtspunkt der Simulation geißelte er damit als verfehlt.111 Auf den Nachweis, dass das Übergabeerfordernis beim Pfandrecht einen wirtschaftlichen Zustand – die publizitätslose Besicherung – verhindern und damit nicht nur eine Formwahl treffen sollte, folgte die Subsumtion der Sicherungsübereignung unter den Begriff der fraus legis.112 Der dadurch gelungenen Begründung, warum die Sicherungsübereignung als Gesetzesumgehung unwirksam sein müsse, schlossen sich bedeutende Stimmen in der Literatur an.113 Bloß konnten all diese feinsinnigen Erwägungen der praktischen Entwicklung nicht mehr Einhalt gebieten. Diese zeichnete längst das Bild eines auf besitzloser Kreditsicherung – durch Kauf auf Wiederkauf und Sicherungsübereignung – beruhenden Wirtschaftslebens. Die Rechtsprechung, die zu Beginn Entscheidungen zur Zulässigkeit solcher Sicherungsgeschäfte in die eine wie in die andere Richtung getroffen hatte, verwaltete die tatsächlichen
107 Regelsberger wies ausdrücklich auf die Trennungsschwierigkeiten hin und sah sich daher zu einer In-dubio-Formel genötigt, vgl. dens., AcP 63 (1880), 157, 180; s. auch Hofer, in: Helmholz, Richard/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S. 389, 393. 108 Hellwig, AcP 64 (1881), 369. 109 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 371. Die sprachliche und gedankliche Nähe zu Kohler ist evident. 110 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 374. 111 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 375. 112 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 377–381. 113 Endemann, ZHR 40 (1892), 306, 308 f.; Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Uebereignung von Mobilien, S. 73, 108; dagegen allerdings Linckelmann, ArchBürgR 7 (1893), 209, 225.
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Gegebenheiten bald nur noch und schien sich ihnen zu ergeben.114 Das wissenschaftliche Fundament für die Absegnung der Sicherungsübereignung bereitete maßgeblich Linckelmann115, indem er eine Gesetzesumgehung (in fraudem legis agere) nur dort für möglich erklärte, wo ein „verbietendes Gesetz“116 existierte. Den Bestimmungen zum Faustpfandprinzip sprach er sodann den nötigen Verbotscharakter ab117 und gelangte auf diese Weise zur Billigung der besitzlosen Eigentumsübertragung zwecks Kreditsicherung. Seine Formel lautete also gleichsam: Aus dem Gebot des Faustpfandprinzips folgt nicht das Verbot der Sicherungsübereignung. Das so skizzierte Bild am Vorabend der großen bürgerlich-rechtlichen Kodifikation hat einen Akteur bisher weitgehend ausgespart: den Gesetzgeber. Dass dies möglich war, beruht maßgeblich auf dem geringen Beitrag, den die Legislative zur Klärung der Frage um die Zulässigkeit besitzloser Kreditsicherung geleistet hat.118 Die Motive der ersten Kommission erwähnen die Sicherungsübereignung anlässlich der Eigentumsübertragung durch Besitzkonstitut, ohne dass die Ausführungen jedoch ein klares Bekenntnis zu ihrer Zulässigkeit erkennen ließen.119 Sehr wohl aber wurden ausweislich der frühen Materialien Einschränkungen in der Möglichkeit, die Übergabe mittels constitutum possessorium zu vollziehen,120 abgelehnt, was als Tolerierung des Instituts gewertet werden kann.121
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Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 164: „[…] vermag man sich jetzt oft des Gefühls nicht zu erwehren, daß sie [scil. die Rechtsprechung] nunmehr dazu übergeht, metajuristische Entscheidungen nur noch rechtlich zu verbrämen“. 115 Linckelmann, ArchBürgR 7 (1893), 209. 116 Linckelmann, ArchBürgR 7 (1893), 209, 216. 117 Einzige Ausnahme war eine partikularrechtliche Norm des Herzogtums Braunschweig, s. Linckelmann, ArchBürgR 7 (1893), 209, 223 f. S. hierzu auch Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 92 f. Bezüglich des Verhältnisses der Sicherungsübereignung zum Verbot der lex commissoria s. Gaul, AcP 168 (1968), 351. 118 Die Literatur bescheinigte ihr denn auch eine „klägliche Rolle“ (Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 144 statt vieler). 119 Motive, Band III, S. 335 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 186. Beim Pfandrecht hingegen wird das constitutum possessorium ausdrücklich ausgeschlossen, s. Motive, Band III, S. 800–802 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 446 f. Wie hier Schönemann, Sicherungseigentum im grenzüberschreitenden Verkehr, S. 27, die von einer „Tendenz des BGB-Gesetzgebers in favorem fiduciae“ spricht (Hervorhebung im Original). 120 Gelegentlich wird das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat bezeichnet, was die hier gewählte Formulierung fragwürdig erscheinen lässt. Allerdings heißt es in den Motiven selbst noch: „Übergabe mittels constitutum possessorium“, s. Motive, Band III, S. 335 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 186. Zu dieser Formulierung auch v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 30. 121 So überzeugend Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 107; anders etwa Vieweg/Werner, Sachenrecht, § 12 Rz. 2, die eine Entstehung praeter legem annehmen. Ausführlich dazu im Rahmen des folgenden Abschnitts.
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Auch die ab 1890 eingesetzte zweite Kommission hatte dann – vermutlich dynamisiert durch die Debatte in Literatur und Rechtsprechung – über einige neue Anträge zur Einschränkung des Besitzkonstituts zu beraten.122 Die Mehrheit der Väter des BGB kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Übereignung durch constitutum possessorium keiner Restriktion bedurfte: Erstens entspreche diese Übertragungsform einem dringenden Bedürfnis des Rechtsverkehrs, zweitens könne das Verbot des Besitzkonstituts mit Leichtigkeit umgangen werden und drittens begründe der bloße Besitz kein schutzwürdiges Vertrauen in die Eigentümerstellung.123 Ferner wurde sich dem Einwand, der Ausschluss einer Mobiliarhypothek aus dem dinglichen Kanon gebiete die Verfemung der Sicherungsübereignung, gewidmet. Dergestalt nämlich, dass das Vorbringen als Trugschluss eingeordnet wurde: Die Sicherungsübereignung ermögliche im Gegensatz zu einem besitzlosen Pfandrecht nicht die „besonders bedenkliche Begründung konkurrirender [sic!] Rechte für mehrere Gläubiger“124. Das Sicherungseigentum hatte also den Segen der zweiten Kommission erhalten und konnte so den bereits vor 1900 begonnen Aufstieg hin zum praktisch bedeutendsten Mobiliarsicherungsrecht des Geldkreditgebers fortsetzen. Die weitere Chronologie nach dem Inkrafttreten des BGB soll hier noch kurz beleuchtet werden. Zunächst bestätigte das Reichsgericht die Zulässigkeit der Sicherungsübereignung und sah in §§ 1205, 1253 Abs. 2 BGB eben keine Verbotsgesetze.125 Zum Beleg der legislativen Gestattung des Sicherungseigentums wurde ab 1900 mit § 223 Abs. 2 BGB aF126 eine gesetzliche Grundlage angeführt.127 Daran, dass das Sicherungseigentum als veräußerungshinderndes Recht anzusehen war und es dem Sicherungsnehmer somit gegenüber
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Eine konzise Übersicht hierzu bietet Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 113 ff. Protokolle, S. 3680–3690 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 624–627. 124 Protokolle, S. 3689 f. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626 f. 125 S. RG, Urteil v. 17.06.1902, Az. II 101/02, in: JW 1902, Beilage 10, S. 259, wo in Linckelmanns Sinne die Wirksamkeit angenommen wurde, wenn „seine Voraussetzungen [scil. die des Rechtsgeschäfts] vorliegen, die Vertragsschließenden es wirklich gewollt haben, und das umgangene Gesetz kein Verbotsgesetz ist“. Ferner RG, Urteil v. 08.11.1904, Az. VII 173/04, in: RGZ 59, 146, 148, wo zur Anerkennung der Sicherungsübereignung bereits von „gefestigter Rechtsprechung“ die Rede ist. Ausführlicher Fundus an Urteilen bei Schäfer, ArchBürgR 38 (1913), 1, 7 f. 126 Normtext: „Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht übertragen worden, so kann die Rückübertragung nicht auf Grund der Verjährung des Anspruchs gefordert werden.“. Dies entspricht der geltenden Fassung von § 216 Abs. 2 BGB, wenngleich das Verb „übertragen“ in „verschafft“ geändert wurde. 127 So etwa in RG, Urteil v. 11.03.1904, Az. VII 498/03, in: RGZ 57, 175, 177. Zur Möglichkeit der Sicherungsübereignung von Warenlagern mit revolvierendem Bestand, s. RG, Urteil v. 15.06.1911, Az. VII 612/10, in: JW 1911, 762. Kritisch zur Aussagekraft der Norm Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 233. 123
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Drittgläubigern die Drittwiderspruchsklage aus § 771 Abs. 1 ZPO gewährte, bestand kurz darauf „kein Zweifel“128 mehr. Das Reichsgericht führte bald aus: „Wenn davon gesprochen wird, das Sicherungseigentum sei bloß fiduziarisches Eigentum, so darf daraus nicht geschlossen werden, daß es mit geringerer dinglicher Kraft begabt sei als anderes Eigentum.“129
Auch der BGH hielt sowohl an der Entscheidung, die Sicherungsübereignung zuzulassen,130 als auch an der Einordnung des Sicherungseigentums als veräußerungshinderndes Recht131 fest. 2. Kanadisches Recht a) Die Ursprünge im englischen Recht Wenn hier anlässlich des kanadischen Rechts zunächst die historische Entwicklung des Kreditsicherungsrechts in England thematisiert wird, so mag dies der Erläuterung bedürfen. Diese Vorgehensweise folgt aus dem Umstand, dass das kanadische Recht – vor allem durch die britische Kolonialherrschaft – in der englischen Rechtstradition verwurzelt ist.132 Dieses Erbe zeigt sich abstrakt etwa in der Praxis des Supreme Court of Canada, Urteile des englischen House of Lords (seit 2009 Supreme Court of the United Kingdom) als „strongly persuasive“ zu berücksichtigen,133 konkret für den hier interessierenden Konflikt aber auch darin, dass die kanadische Literatur und Rechtsprechung allzu oft auf eine prägende Entscheidung der englischen Star Chamber verweisen.134 Bevor dieses und weitere wegweisende Urteile ihre gebührende Würdigung erfahren, sollen indes noch die notwendigen historischen Grundlagen des englischen Rechts geklärt werden. Genauer: Es muss zunächst ein Einblick in das 128
RG, Urteil v. 09.04.1929, Az. VII 536/28, in: RGZ 124, 73. RG, Urteil v. 09.04.1929, Az. VII 536/28, in: RGZ 124, 73, 74. 130 S. schon BGH, Urteil v. 04.02.1954, Az. IV ZR 164/53, in: NJW 1954, 673 und die Parallelentscheidung zum RG betreffend die Übereignung eines Warenlagers, BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133. 131 BGH, Urteil v. 04.02.1954, Az. IV ZR 164/53, in: NJW 1954, 673, 674. Ausführlich hierzu unter 2. Kapitel, V. 1. a). 132 Berger/Foster/Buck, in: dies. (Hrsg.), Law and Legal Culture in British Settler Societies, S. 1 ff.; Kischel, Rechtsvergleichung, S. 378. 133 Gall, The Canadian Legal System, S. 55 ff. Von einer Bindung im Sinne der Staredecisis-Regel kann freilich keine Rede sein, vgl. R. v. Clunas, [1992] 1 S. C. R. 595. Zur Rezeption des englischen Rechts in Kanada insgesamt s. Fairlie/Sworden, Introduction to Law in Canada, S. 60 ff. 134 S. etwa Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 2; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 183 f.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [1]; Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 459. In der Rechtsprechung so schon McLean v. Manahan (1844), 1 U. C. Q. B. 491 und noch Cambone v. Okoakih (2017), 263 A. C. W. S. (3d) 941. 129
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kreditsichernde Instrumentarium des alten englischen Rechts gewährt werden.135 Lange war dieses Instrumentarium von bemerkenswerter Armut gekennzeichnet, denn zur Sicherung einer Forderung stand den Rechtssubjekten bis ins 19. Jahrhundert hinein nur die pledge136 zur Verfügung. Hierbei handelte es sich um ein Rechtsverhältnis, vermöge dessen der Gläubiger und Sicherungsnehmer – der pledgee – den Besitz und ein Verwertungsrecht an der Sache (right to sell the pledged goods) für den Fall des Verzugs (default) seines Schuldners und Sicherungsgebers – des pledgor – erhielt.137 Zur Sicherung wurde also nicht der title an der Sache übertragen, sondern lediglich etwas, das in der Literatur als zeitlich begrenztes „special property“138 bezeichnet wurde und wird. Gemeint ist damit ein beschränktes Recht des Gläubigers, sich bei Fälligkeit aus dem Gegenstand zu befriedigen, ihn nicht aber ersatzweise zu behalten.139 Konstitutiv für jede Besicherung war die erwähnte Besitzübertragung (delivery) vom Schuldner auf den Gläubiger, die erst mit Erfüllung der Forderung rückgängig gemacht werden durfte.140 Eine sicherungsweise (Voll-)Rechtsübertragung, die mit der mortgage konstruktiv möglich war, hatte sich zunächst nur im englischen Immobiliarsachenrecht herausgebildet.141 Nach dieser Vorrede kann zu der eingangs erwähnten Star-Chamber-Entscheidung übergeleitet werden, denn mit ihr wurde das lange währende Schicksal besitzloser Sicherungsrechte erst besiegelt. In Twyne’s Case142 hatte sich das Gericht mit der Frage zu befassen, ob eine besitzlose Kreditsicherung 135
S. Cobbett, The Law of Pawns or Pledges, S. 1 ff. für eine ausführliche historische Aufarbeitung. Ferner Coote, A Treatise on the Law of Mortgage, S. 2 ff. 136 Auch pledge of chattel oder pawn. Vgl. zum Begriff die Ausführungen Lord Holts in Coggs v. Bernard, [1703] 2 Ld. Raym. 909, 913: „[…] when goods or chattels are delivered to another as a pawn, to be a security to him for money borrowed of him by the bailor; and this is called in Latin vadium, and in English a pawn or a pledge“. Konstruktionen wie die chattel mortgage waren im 17. Jahrhundert zwar ebenfalls bekannt, fielen mangels Erkennbarkeit für Dritte allerdings der Unwirksamkeit anheim, s. Ziegel, 70 Can. B. Rev. (1991), 681, 684 und sogleich. 137 Robbins, The Law of Mortgages, Pledges and Hypothecations II, S. 1485 f. 138 Beal, The Law of Bailments, S. 133; McGhee et al., Snell’s Equity, S. 882: „qualified property“; mit guten Gründen kritisch gegenüber diesen Begriffen Sheehan, The Principles of Personal Property Law, S. 242 f., 297. 139 Die pledge ermöglichte also keine Verfallserklärung im Sinne der foreclosure, vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [1]; s. auch Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 92–100 zu Rechten und Pflichten der Parteien. 140 Beal, The Law of Bailments, S. 154–156; zu einzelnen Modalitäten der delivery s. McGhee et al., Snell’s Equity, S. 996 f. 141 S. zur Entwicklung der mortgage im englischen Immobiliarsachenrecht Robbins, The Law of Mortgages, Pledges and Hypothecations I, S. 1–5; Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 29–40. 142 Twyne’s Case, (1601) 76 E. R. 809. Für eine rechtssoziologische Aufarbeitung mit literaturwissenschaftlichen Bezügen aus neuerer Zeit s. Ross, Elizabethan Literature and the Law of Fraudulent Conveyance, S. 101 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
gegenüber einem Drittgläubiger, der in den Sicherungsgegenstand vollstrecken wollte, wirksam war. Um den Sachverhalt zu erhellen: Der Schuldner Pierce sah sich einer fälligen Forderung des Twyne gegenüber. Kurzerhand wurde deshalb vereinbart, Pierce möge Twyne einen Teil seiner beweglichen Habe zur Sicherung übertragen. Die Sicherungsgegenstände allerdings sollten im Besitz des Pierce verbleiben. Als nun dessen weiterer Gläubiger Chamberlain eine Forderung vollstrecken und auf besagte Gegenstände zugreifen wollte, hinderten Twyne und seine Entourage das Vollstreckungsorgan an deren Inbesitznahme. Das Gericht hatte nun darüber zu befinden, ob die Übertragung der Gegenstände von Pierce auf Twyne wirksam war und Chamberlain somit tatsächlich nicht in diese vollstrecken durfte. Es kam zu dem Ergebnis, dass das Geschäft zahlreiche Merkmale einer betrügerischen Übertragung (fraudulent conveyance) enthalte und daher gegenüber Chamberlain unwirksam sei.143 Indem es das zugrundeliegende besitzlose Sicherungsgeschäft unter den Begriff der „fraudulent conveyance“ subsumierte, stellte das Gericht eine Unwirksamkeitsvermutung hinsichtlich solcher für Dritte nicht erkennbarer Übertragungen auf.144 Als gesetzliche Grundlage hierfür diente das vom englischen Parlament kurz zuvor erlassene Statute of Fraudulent Conveyances145. Dieses war anwendbar auf alle Übertragungsgeschäfte, die zu betrügerischen Zwecken ersonnen waren und andere Gläubiger an ihrer Rechtsdurchsetzung hindern sollten.146 Der hierin zum Ausdruck kommende viktorianische Argwohn147 in Gesetzgebung und Rechtsprechung gegenüber besitzlosen Kreditsicherheiten 143 Es zählte folgende sechs Merkmale auf: 1. Die Übertragung des gesamten Vermögens („this gift had the signs and marks of fraud, because the gift is general“). 2. Der beim Schuldner verbliebene Besitz und die damit verbundene Irreführung Dritter („The donor continued in possession, and used them as his own; and by reason thereof he traded and trafficked with others, and defrauded and deceived them”). 3. Die heimliche Bestellung („It was made in secret“). 4. Die anstehende Vollstreckung durch einen weiteren Gläubiger („It was made pending the writ“). 5. Das Bestehen eines verdächtigen Treuhandverhältnisses („Here was a trust between the parties, for the donor possessed all, and used them as his proper goods, and fraud is always appareled and clad with a trust, and a trust is the cover of fraud“). 6. Die dubiose Feststellung der Parteien, es handle sich um eine Übertragung bona fide („The deed contains, that the gift was made honestly, truly, and bona fide”). Sämtliche Zitate aus Twyne’s Case, (1601) 76 E. R. 809, 812–814. 144 v. Kenne, Das einheitliche kanadische Sicherungsrecht, S. 19 f.; Seif, Der Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten, S. 17 f.; Wood, 9 Can. Bus. L. J. (1984), 81. 145 15 Elizabeth 1, Chapter 5 aus dem Jahr 1571. Oft auch als Fraudulent Conveyance Act bezeichnet. Zur Entstehungsgeschichte des Statuts s. Prance, The Law relating to Fraudulent Conveyances, S. 2 ff. 146 Aus dem Wortlaut des Statute of Fraudulent Conveyances: „[…] feoffments, gifts [and] grants etc. have been and are devised and contrived of malice, fraud, covin, collusion or guile to the end, purpose and intent to delay, hinder or defraud creditors and others of their just and lawful actions”. 147 Nuñez/Reid, 49 Adv. Vanc. (1991), 215; Hillman, 44 Okla. L. Rev. (1991), 151.
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erwies sich als prägende Weichenstellung für die weitere Rechtsentwicklung.148 Deshalb war die Übergabe bei der Bestellung der pledge zwingend erforderlich, deshalb auch war eine mortgage an beweglichen Gegenständen lange nicht möglich. Wenngleich sich dieser Zustand durch Statut und Richterspruch bis ins 19. Jahrhundert hinein in England und Kanada zementiert hatte, konnte das wirtschaftliche Bedürfnis nach besitzloser Kreditsicherung bald nicht mehr geleugnet werden.149 Den Weg hin zur Etablierung der notwendigen Sicherungsinstrumente ebnete die Entwicklung, dass dem Besitz des Schuldners bei der Beurteilung der Frage, ob eine fraudulent conveyance vorlag, immer schwächere Indikationswirkung zukam:150 die „conclusive presumption“ wurde zur „rebuttable presumption“.151 Konkret widerlegt werden konnte die Vermutung einer fraudulent conveyance durch den Nachweis, dass für die Rechtsübertragung ein Gegenwert (value) geleistet und das Geschäft in gutem Glauben (bona fide) abgeschlossen worden war.152 Diese Liberalisierung im Umgang mit besitzlosen Sicherungsmitteln an Mobilien in England und Kanada mündete in die allmähliche Anerkennung der chattel mortgage.153 Sie war von zwei Merkmalen geprägt: erstens von der Übertragung des title vom Schuldner auf den Gläubiger und zweitens vom Verbleib des Besitzes beim Schuldner.154 Gleichzeitig hatte der Schuldner ein equitable interest an der Sache inne – die equity of redemption. Sie ermöglichte es ihm, den Sicherungsgegenstand durch Begleichung der gesicherten Forderung wieder auszulösen.155 Kam der Schuldner seiner Verpflichtung hingegen nicht (rechtzeitig) nach, so konnte der Gläubiger im Wege des Foreclosure-Verfahrens die equity of redemption beseitigen und den Sicherungsgegenstand zur Befriedigung der Forderung behalten. Da mit diesem Vorgehen allerdings keine weitere Geltendmachung der gegebenenfalls noch nicht vollständig beglichenen Forderung mehr möglich war, dominierte in praxi die Verwertung durch Verkauf des Sicherungsgegen148
Noch 1828 wurde in Dearle v. Hall (1828), 38 E. R. 475, 483 ausdrücklich auf Twyne’s Case verwiesen. Ähnlich Franklin v. Neate (1844), 153 E. R. 200. 149 Brink/Habel, Recht der Kreditsicherheiten, S. 128; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [1], [2]. 150 S. etwa Cookson v. Swire (1884), 9 App. Cas. 653. Zu den ferner wegweisenden Entscheidungen Holroyd v. Marshall (1862), 11 E. R. 999 und Tailby v. Official Receiver (1888), 13 App. Cas. 523 sogleich. 151 Gilmore, Security Interests I, S. 25. S. a. Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 459. 152 Martindale v. Booth (1832), 3 B. & Ad. 498; Cuming, aaO. 153 Der Begriff mortgage stammt aus dem Französischen und rührt von der alten Common-law-Regel her, wonach die versäumte Rückzahlung zum vollständigen Rechtsverlust aufseiten des Schuldners führte („dead pledge“; s. Law, A Dictionary of Law, Mortgage). 154 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 2; Powell, Law of Mortgages, S. 17 ff. 155 Beddoes, The Law of Mortgage, S. 2; zum zwingenden Charakter der equity of redemption s. Sheehan, The Principles of Personal Property Law, S. 320.
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standes.156 Die Verwertung gestaltete sich damit ähnlich wie bei der pledge, nicht behoben war allerdings die Ungewissheit, ob die chattel mortgage im Einzelfall vor Gericht Bestand haben würde. Schließlich behielt dieses nun sporadisch zugelassene Instrument das Stigma einer fraudulent conveyance.157 b) Zunahme besitzloser Sicherheiten im Laufe des 19. Jahrhunderts Dieser beklagenswert unsicheren Rechtslage begegneten der englische und der kanadische Gesetzgeber ab der Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Erlass von Regelungen, die eine verlässliche Bestellung von besitzlosen Kreditsicherheiten ermöglichen sollten.158 Um den Interessen von (ungesicherten) Drittgläubigern gerecht zu werden und betrügerische Übertragungen zu verhindern, wurde das Erfordernis des public filing statuiert. Hierbei handelte es sich um einen Schritt im Bestellungsvorgang der Kreditsicherheit, bei dem die chattel mortgage in ein öffentliches Register eingetragen werden musste. Zusätzlich waren die Parteien gehalten, neben dem Dokument über die Sicherungsbestellung noch zwei affidavits einzureichen.159 Unterblieb die Registrierung, so war das Sicherungsrecht gegenüber bestimmten Gläubigern – insbesondere gegenüber solchen, die die Zwangsvollstreckung in den Sicherungsgegenstand betrieben – unwirksam.160 Diese Rechtsfolge trat allerdings nur dann ein, wenn die bezeichneten Gläubiger die Unwirksamkeit auch geltend machten (etwa durch einen Antrag auf gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit).161 Das zentrale Regelungsziel – nämlich der Schutz übriger Gläubiger des Sicherungsgebers – äußerte sich nicht nur im public filing per 156
Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 7; als weiterer Grund wird genannt, dass die foreclosure ein gerichtliches Verfahren erforderte, s. v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 42 mwN. 157 Vgl. Gilmore, Security Interests I, S. 26 und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [2]. 158 S. für Kanada den Act Requiring Mortgages of Personal Property to be Filed (12 Vict. Chapter 74 aus dem Jahr 1849) in Upper Canada (damalige britische Kolonie, die im Wesentlichen dem heutigen Gebiet Ontarios entsprach). Vgl. für England den Bills of Sale Act (17 & 18 Vict. Chapter 36 aus dem Jahr 1854). 159 Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 84 f. Umfassend dazu Barron, The Bills of Sale and Chattel Mortgage Acts, S. 25 ff. unter erneutem Hinweis auf Twyne’s Case. 160 Vgl. Section 1 des Act Requiring Mortgages of Personal Property to be Filed (1849) im damaligen Upper Canada: „That every Mortgage [...] shall be absolutely void as against creditors of the mortgagor [...] unless the Mortgage [...] shall be filed as directed in the succeeding section of this Act“. Für weitere provinzielle Rechtsquellen dieses Inhalts s. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [2]. Zur Reichweite des Begriffs „creditor“ vgl. Clarkson v. McMaster & Co., [1896] 25 S. C. R. 96. 161 Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 458 f.; s. Houlden, 3 C. B. R. (N. S.) (1962), 111 ff. zu zahlreichen Fallgruppen, in denen eine chattel mortgage für unwirksam erklärt werden konnte.
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se, sondern auch in den dabei zu bekundenden Umständen: Neben der Beteuerung, dass der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer tatsächlich den besicherten Betrag schulde, mussten die Parteien in einem der erwähnten affidavits versichern, mit der chattel mortgage keine Drittgläubiger an der Vollstreckung hindern zu wollen.162 Damit hielt das Verhältnis zwischen gesichertem Gläubiger und Drittgläubigern unmittelbar Einzug in den Bestellungsvorgang der Kreditsicherheit selbst. Da auch zunehmend vom Rechtsverhältnis der bill of sale163 Gebrauch gemacht wurde, erließ der englische Gesetzgeber während dieser Periode den Bills of Sale Registration Act,164 der beide Rechtsverhältnisse, bill of sale und chattel mortgage, erfasste und sie Publizierungserfordernissen unterwarf. Zwar wurde die Bezeichnung der Regelwerke als „Bills of Sale and Chattel Mortgage Acts“ in Kanada erst mit der Zeit geläufig.165 Inhaltlich allerdings war der Registrierungsmechanismus für bills of sale schon 1850 in jenes Statut aufgenommen worden, das bereits die Publizierung der chattel mortgage vorsah.166 Es dauerte nicht lange, bis sich weitere funktionale Äquivalente zur chattel mortgage etablieren konnten. Insbesondere die equitable charge erfüllte im kanadischen Wirtschaftsleben bald eine wichtige Aufgabe bei gewerblichen Transaktionen. Sie stellte das hypothekarische Pendant zur chattel mortgage dar, denn für ihre Bestellung wurde der title an der Sache gerade nicht übertragen.167 Stattdessen einigten sich die Parteien auf die isolierte Bestellung eines Verwertungsrechts (right to seize and sell the collateral), welches unter der Bedingung des default stand.168 Wie die pledge gewährte auch die equitable charge dem Gläubiger kein Recht, durch foreclosure zu vollstrecken, da es an einer equity of redemption des Schuldners, die hätte beseitigt werden können, 162 S. hierzu etwa 13 & 14 Vict. Chapter 62 aus dem Jahr 1850, wodurch 12 Vict. Chapter 74 wie folgt ergänzt wurde: „[…] and not for the purpose of protecting the goods and chattels mentioned therein against the creditors of the mortgagor, or of preventing the creditors of such mortgagor from obtaining payment of any claim […]”. Vgl. v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 21 f. und Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 106 zu den weiteren Formalitäten. 163 Hierbei handelte es sich um Kaufverträge, durch die der Gläubiger eine Sache erwerben konnte, während dem Schuldner der Besitz verblieb, s. Newson, The Law of Bills of Sale, S. 4; Brink/Habel, Recht der Kreditsicherheiten, S. 128 ff. 164 17 & 18 Vict. Chapter 36 aus dem Jahr 1854. 165 v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 19 nennt das Jahr 1878. Vgl. auch Section 1 des Bills of Sale and Chattel Mortgages Act, R. S. O. 1914, Chapter 135. 166 Barron, The Bills of Sale and Chattel Mortgage Acts, S. X. Beim Änderungsstatut handelte es sich um 13 & 14 Vict. Chapter 62, welches auch die Voraussetzung eingeführt hatte, durch ein affidavit zu bekunden, keine Gläubiger benachteiligen zu wollen. 167 Goode, in: Kreuzer, Karl F. (Hrsg.), Mobiliarsicherheiten, S. 43, 57; McGhee et al., Snell’s Equity, S. 965–967, 971. 168 Vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [5] und Ferran, 47 Cambridge L. J. (1988), 213, 214.
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fehlte. Insbesondere eine Spielart der equitable charge erwies sich als nützliches Instrument im Wirtschaftsverkehr: die ab Ende des 19. Jahrhunderts für Unternehmen gebräuchliche floating charge.169 Sie bot dem Schuldner die Möglichkeit, eine Sicherheit über eine nur gattungsmäßig bestimmte Sachgesamtheit oder gar das gesamte Vermögen zu bestellen – und weiterhin über die darin befindlichen Gegenstände zu verfügen.170 Diese Verfügungsberechtigung bestand freilich nur im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs (ordinary course of business) und erlosch, sobald es zur crystallization kam.171 Darunter verstanden Lehre und Rechtsprechung den Zeitpunkt, in dem sich die floating charge in eine fixed charge umwandelte,172 sich mithin auf die bestimmten Gegenstände konkretisierte. Die crystallization markierte also den Moment des eigentlichen Rechtserwerbs durch den Sicherungsnehmer – insbesondere im Verhältnis zu Vollstreckungsgläubigern. Wollten letztere den Vorrang erlangen, so musste die Pfändung gänzlich abgeschlossen sein, bevor die crystallization eintrat.173 Ob der Gläubiger indes schon vor der crystallization ein proprietary interest an der Sache erworben hatte und wie dieses einzuordnen war, wurde uneinheitlich beurteilt.174 Hierin lag ein großer Unsicherheitsfaktor bei der Kreditsicherung durch die floating charge. Ausgelöst werden konnte die crystallization durch ein privatautonom vereinbartes Ereignis (bspw. Eintritt des Zahlungsverzugs oder Vollstreckungsmaßnahmen Dritter) oder durch richterrechtlich anerkannte Umstände (etwa die Aufgabe des schuldnerischen Geschäftsbetriebs).175 Ein Faszinosum blieb das floating element, dessen Charakterisierung die Literatur zur Verwendung lebhafter Metaphern verleitete.176 Mangels gesetzlicher Definition war es die Rechtsprechung, die die Charakteristika der floating charge näher umriss. Lord Justice Romer identifizierte 1903 drei Wesensmerkmale, die dem 169
Sheehan, The Principles of Personal Property Law, S. 345; zur geschichtlichen Entwicklung siehe Wenckstern, RabelsZ 56 (1992), 624, 628 f. 170 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 62–67; Ziegel, 23 Can. Bus. L. J. (1994), 470, 477. 171 S. hierzu Drobnig/Böger, Proprietary Security in Movable Assets, Chapter 5, Article IX.–5:203 National Notes II. 172 Brambosch, Die Floating Charge, S. 62 f.; Houlden/Morawetz/Sarra, Bankruptcy and Insolvency Law of Canada, F § 56 (5). 173 Evans v. Rival, [1910] 2 K. B. 979; McInnis, Meehan & Tramble v. Webb Real Estate, [1979] 3 A. C. W. S. 33. 174 S. dazu Ferran, 47 Cambridge L. J. (1988), 213, 214 und Wood, 27 Alta. L. Rev. (1989), 191, 194 f. 175 Umfassend zu den Arten der crystallization etwa Brambosch, Die Floating Charge, S. 74 ff.; Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 4. 176 Bald war etwa von einer Wolke („cloud“) die Rede, die über den Sicherungsgegenständen schwebt (Gower, The Principles of Modern Company Law, S. 78), bald von einem auf dem Eigentum ruhenden Schatten („shadow cast on property“, Bridge, Personal Property Law, S. 295).
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Rechtsinstitut innewohnten und die auch im kanadischen Recht ihre Anerkennung fanden.177 Erstens musste die charge eine Mehrzahl von künftigen oder gegenwärtigen Sicherungsgegenständen erfassen. Zweitens musste es sich bei dieser Mehrzahl von Gegenständen um solche handeln, die im üblichen Geschäftsbetrieb revolvierten. Drittens musste es der Gesellschaft als Schuldnerin weiterhin unbenommen sein, im üblichen Rahmen über das Sicherungsgut zu verfügen.178 Aus diesen Eigenschaften und der Möglichkeit zur Belastung sämtlicher Aktiva des Unternehmens erklärt sich die erwähnte Popularität der floating charge im Kreditverkehr des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Kanada erreichte diese Entwicklung mit einiger Verzögerung.179 Auch die chattel mortgage erfuhr nennenswerte Aufwertungen etwa dadurch, dass das House of Lords ihre Bestellung sogar dann ermöglichte, wenn die betroffenen Gegenstände noch gar nicht existierten oder noch nicht im Eigentum des Schuldners standen.180 Als Hauptanwendungsfall dieser Variante der Besicherung galten solche chattel mortgages, die einen wechselnden Bestand an Gegenständen (insbesondere Lagerbestände) betrafen. Die Prozessvertreter des gesicherten Gläubigers, der sich vollstreckungswilligen Dritten gegenübersah, reduzierten einen vom House of Lords zu entscheidenden Fall auf folgende Essenz: „The real question to be decided here is whether the equitable mortgagees are not entitled to a preference over the execution creditor with respect to the added as well as to the original machinery”181.
Mit einigem Begründungsaufwand sprachen die zuständigen Richter dem Gläubiger den Vorrang und der chattel mortgage bezüglich sogenannter future goods bzw. after-acquired goods die Wirksamkeit in equity zu.182 Ob der alten,
177 Ausdrücklich McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [5]; sinngemäß Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 12. 178 Zu allen Merkmalen s. Re Yorkshire Woolcombers, [1903] 2 Ch. 284: „(1.) […] charge on a class of assets both present and future. (2.) […] class is one which in the ordinary course of the business of the company would be changing from time to time. (3.) […] the company may carry on its business in the ordinary way so far as concerns the particular class of assets charged”. 179 Dies mag an der späteren höchstgerichtlichen Anerkennung liegen, vgl. Gordon MacKay v. Capital Trust Corp., [1927] S. C. R. 374 für Kanada bzw. Re Panama, New Zealand and Australian Royal Mail Company (1870), 5 Ch. App. 318 für England. 180 Holroyd v. Marshall (1862), 11 E. R. 999. 181 Holroyd v. Marshall (1862), 11 E. R. 999, 1001. 182 Holroyd v. Marshall (1862), 11 E. R. 999, 1007 (zur Wirksamkeit), 1011 (zum Vorrang). S. aber auch Joseph v. Lyons (1884), 15 Q. B. D. 280 zur Verwundbarkeit solcher Verfügungen gegenüber einem bona fide pledgee.
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auch im common law geltenden Regel „nemo dare potest quod non habet“183 damit wirklich widersprochen wurde, kann hier dahingestellt bleiben. Der Eigentumsübergang erfolgte nämlich auch weiterhin erst in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Sache erwarb.184 Auf diese Weise ermöglichte die equity durch ihre Maxime „equity regards as done that which ought to be done“185 fortan eine Bestellung von Sicherheiten an after-acquired goods.186 Allerdings wurde für diese Gestaltung eine Rückwirkung des Eigentumsübergangs auf den Zeitpunkt, in dem Schuldner und Gläubiger die Sicherung vereinbart hatten, fingiert. Es war unter anderem diese Fiktion, die weitere Konflikte zwischen gesicherten Gläubigern und Drittgläubigern schürte.187 Zwar war auch eine floating mortgage der Konstruktion nach denkbar und gerichtlich anerkannt, doch wählten die Parteien meist die floating charge, wenn ihnen daran gelegen war, eine Sicherheit über wechselnden Sachbestand zu bestellen.188 Schon die Konvergenzen der Sicherungsrechte zeigen allerdings, wie schwierig es für die Vertragsparteien zuweilen sein konnte, das gewünschte wirtschaftliche Ziel juristisch korrekt einzukleiden. Dabei hing unter Geltung des englischen und kanadischen Rechts die Umsetzung des Vorrangs aufseiten des gesicherten Gläubigers lange gerade von dem vereinbarten Sicherungsrecht ab. Beispielsweise konnte der Inhaber einer chattel mortgage als Inhaber des title für den Fall, dass ein Dritter die Vollstreckung in den Gegenstand betreiben wollte, das Institut des interpleader bemühen.189 Dieses Vorgehen ermöglichte es ihm, in die Vollstreckung des Dritten 183 „Niemand kann übertragen, was er nicht innehat“. Oft auch schlicht „Nemo-dat“-Regel oder „nemo dat quod non habet“, s. ausführlich Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 11 und Worthington, Equity, S. 68 f. Zum Ursprung in den Digesten („Nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet“) s. D. 50, 17, 54. 184 Tailby v. Official Receiver (1888), 13 App. Cas. 523, 530, 533, 542 mit entsprechenden Stellungnahmen von Lord Watson und Lord Macnaghten; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.00 [2]. Vgl. dazu auch die spätere Section 11 des Ontario Bills of Sale and Chattel Mortgages Act, R. S. O. 1914, Chapter 135: „This Act shall extend to a mortgage […] of goods and chattels which may not be the property of […] the mortgagor […] at the time of the making of the mortgage […]”. 185 Grundlegend dazu Walsh v. Lonsdale (1882), 21 Ch. D. 9. 186 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 260 f. mwN. 187 Goode, 8 Can. Bus. L. J. (1983), 53, 61 f. Zu der heute noch problematisierten Bestimmung des attachment bei after-acquired goods vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.02 [1] [b]. 188 S. dazu Goode, in: Kreuzer, Karl F. (Hrsg.), Mobiliarsicherheiten, S. 43, 57 f.; zur gerichtlichen Anerkennung der floating mortgage vgl. Evans v. Rival, [1910] 2 K. B. 979. 189 Instruktiv dazu Portman, Interpleader (CED), §§ 1 ff. Der Begriff interpleader kann im englischen und kanadischen Zivilprozess genau genommen zwei Verfahrensschritte umschreiben: erstens den Antrag des Schuldners, den Verfahrensgegenstand zwei konkurrierenden Gläubigern zur Verfügung zu stellen (Prätendentenstreit) und zweitens den hier interessierenden Vollstreckungsbehelf desjenigen Dritten, der seine Rechte durch die Vollstreckung bedroht sieht, vgl. dazu Bunge, Zivilprozess, S. 81, 154 f.
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zu intervenieren.190 Als Folge eines zulässigerweise angestrengten Interpleader-Verfahrens ordnete das angerufene Gericht den Verkauf der Sache an, so denn der gesicherte Gläubiger tatsächlich seinen Vorrang nachweisen konnte und der erwartete Verkaufserlös über dem Wert der gesicherten Forderung lag.191 Aus eben diesem Erlös konnte sich der gesicherte Gläubiger dann vorrangig befriedigen, während für die Vollstreckungsgläubiger nur ein etwaiger Mehrerlös übrig blieb. Wenn allerdings zu erwarten war, dass der Verkaufserlös unter dem Wert der gesicherten Forderung verbleiben würde, so konnte der gesicherte Gläubiger die Vollstreckung gänzlich unterbinden, falls nicht der Vollstreckungsgläubiger eine hinreichende Sicherheitsleistung erbrachte.192 Ferner bestand die Möglichkeit, kautelarisch bereits im Sicherungsvertrag für den Fall einer vereinbarungswidrigen Besitzübertragung durch den Schuldner (etwa anlässlich eines Verkaufs oder eben der Vollstreckung) ein Herausgaberecht des gesicherten Gläubigers vorzusehen, welches dieser durch eine Herausgabeklage (replevin) gegenüber Dritten realisieren konnte. Von der Rechtsprechung wurde eine solche Vertragsgestaltung als zulässig erachtet.193 In der Praxis allerdings überwogen die Fälle, in denen der gesicherte Gläubiger nicht die Verhinderung der Vollstreckung eines Dritten als solche, sondern einen Vorrang am Verwertungserlös begehrte.194 Die priority war also in erster Linie ein erstrebenswerter Status zum Schutz eines finanziellen (Verwertungs-)Interesses am Sicherungsgegenstand – auch bei der chattel mortgage. Da der gesetzgeberische Eifer im kanadischen Property Law ungebrochen anhielt, zeitigte die fragmentarische und oft widersprüchliche (Über-)Regulierung schließlich ein byzantinisches Geflecht undurchsichtiger Rechtsquellen.195 Für nahezu jedes Sicherungsrecht stand bald ein Regelwerk mit eigenen Anforderungen an die Publikation bereit.196 Dennoch bargen viele
190 Roberts v. Gray (1911), 17 W. L. R. 277; Bunge, Zivilprozess, S. 227 f.; Merlin, The Law and Practice of Interpleader, S. 155. 191 Stern v. Tegner, [1898] 1 Q. B. 37; Seif, Der Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten, S. 48. 192 Stern v. Tegner, [1898] 1 Q. B. 37, 42: „The proper course in such a case is for the Court to say, Unless the execution creditor will guarantee the secured creditor against loss by sale, we will not order the sale”. 193 Dedrick v. Ashdown, [1888] 15 S. C. R. 227; Mintah, Personal Property (CED), §§ 436 ff. S. aber Manitoba Agricultural Credit Corp. v. Heaman, [1990] 21 A. C. W. S. 34, wonach mit der replevin nur jene durch eine chattel mortgage übertragenen Gegenstände herausverlangt werden konnten, die der Sicherungsnehmer zuvor einmal in Besitz hatte. 194 Campbell Auto Finance v. Warren, [1933] 4 D. L. R. 509; Andrews v. Comeau, [1948] 3 D. L. R. 863; ähnlich v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 46 f. 195 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 52 f. („hodge-podge“); wortgleich später etwa Beare, 27 Fac. L. Rev. Tor. (1969), 1. 196 Beispielhaft für Ontario seien hier neben dem Bills of Sale and Chattel Mortgages Act noch der Conditional Sales Act (R. S. O. 1914, Chapter 136), der Assignment of Book Debts
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Sicherungsrechte keine Gewähr für eine rechtssichere Bestellung und eine Durchsetzung im Konfliktfall – im Gegenteil: Zu mannigfaltig waren mittlerweile die formalen Erfordernisse, mit denen etwa die chattel mortgage belegt war. Symptomatisch hierfür ist ein Aufsatz des Queen’s Counsel Lloyd W. Houlden mit dem Titel „Attacking the Validity of Bills of Sale and Chattel Mortgages“ aus dem Jahr 1962, in dem der Autor zahllose Unwirksamkeitsgründe des genannten Sicherungsrechts referierte.197 Ferner mussten die Wirtschaftsteilnehmer oft Kreditsicherungsrechte kombinieren, um etwa Warenlager zu besichern, da die existierenden Sicherungsmittel jeweils mit Schwächen belegt waren.198 Erschwert wurde diese Vorgehensweise wiederum durch die gelegentlich eingeschlagene Gerichtspraxis,199 Sicherungsrechte funktional zu bestimmen und von einer floating charge auszugehen, wenn dem Schuldner gestattet war, weiterhin über die Sicherungsgegenstände zu verfügen. Insbesondere diese Einbeziehung von floating charges in das Sicherungsgeschäft erwies sich als Unsicherheitsfaktor, da die Gerichte mitunter von der Befugnis des Sicherungsgebers, im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs über die Sicherungsgüter zu verfügen, auf die Nachrangigkeit des Sicherungsnehmers gegenüber Vollstreckungsgläubigern bis zum Eintritt der crystallization schlossen.200 Verschärft wurde die undurchsichtige Lage durch die Existenz von Gesetzen sowohl auf Provinz- als auch auf Bundesebene.201 Namentlich die praktisch relevante „Section 88-security“, später „Section 427-security“202, ist als bundesrechtliches Institut zu nennen. Besonders prekär war die Fülle an Einzelgesetzen für die Wirtschaftsteilnehmer nicht nur soweit es die Notwendigkeit des public filing anbelangte. Auch dessen Modalitäten inklusive des zu wählenden Registers waren angesichts der unterschiedlichen Regelwerke und der uneinheitlichen Abgrenzung
Act (R. S. O. 1937, Chapter 183) und der Corporation Securities Registration Act (R. S. O. 1937, Chapter 264) genannt. 197 Houlden, 3 C. B. R (N. S.) (1962), 111 ff. Zu Holden und seiner prägenden Rolle im kanadischen Insolvenzrecht vgl. Ziegel, 53 Can. Bus. L. J. (2012), 165 ff. 198 Vgl. Lee, 8 Alta. L. Rev. (1970), 389, 391 ff. und Ziegel, 41 Can. B. Rev. (1963), 54, 56 ff. zu dem praxisrelevanten Fall der Stock-in-trade-Finanzierungen. 199 Great Lakes Petroleum v. Border Cities Oil, [1934] 2 D. L. R. 743; zu Recht kritisch gegenüber dieser Vorgehensweise Lee, 8 Alta. L. Rev. (1970), 389, 405 f. 200 Westlake v. Martin (1929), 11 C. B. R. 87; anders etwa Evans, Coleman and Evans v. Nelson Construction (1958), 25 W.W.R. 569, wo schon das Vorliegen einer floating charge verneint und ein assignment of book debts als einschlägig erachtet wurde. 201 Dies war kaum vermeidbar, da die Provinzen die Gesetzgebungskompetenz im Bereich „Property“ hatten (Article 92 Nr. 13 British North America Act 1867; seit 1982 enthalten im Constitution Act), der Bund hingegen in den Bereichen „Banking“ und „Bankruptcy and Insolvency“ zuständig war (Article 91 Nr. 15, Nr. 21 British North America Act). 202 S. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 3.02 [2] zu den genannten Sicherheiten im Bank Act, deren Sectionziffern zu geflügelten Worten wurden.
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von Sicherungsinstrumenten durch die Rechtsprechung203 zuweilen schwierig zu ermitteln. Dies konnte sogar Gläubigern, die um die Einhaltung der Publizitätsvorschriften bemüht waren, zum Verhängnis werden, wenn sie etwa die Sicherheit in ein Register eintragen ließen und sich im späteren Prozess gegenüber Vollstreckungsgläubigern herausstellte, dass ihr Recht in ein anderes Register hätte eingetragen werden müssen.204 Als drakonische Folge einer fehlerhaften Publizierung sahen die unterschiedlichen Statuten nämlich (ebenso wie für unterbliebene Registrierungen) die Unwirksamkeit des Sicherungsrechts gegenüber Drittgläubigern vor.205 Der Zyniker könnte bemerken, es sei ein Missstand – die Unsicherheit darüber, welche Sicherungsmittel zulässig waren – durch einen anderen Missstand – die Unsicherheit darüber, welcher Normenkomplex einschlägig war – abgelöst worden. Gleichzeitig war nicht einmal mehr die Eintragung im einschlägigen Register geeignet, die gewünschte Rechtssicherheit für Dritte zu schaffen: In einer mobilen und überregional organisierten Gesellschaft vermochten Register auf Bezirksebene es nicht mehr, verlässlich über das (Nicht-)Bestehen von Sicherheiten Auskunft zu geben.206 Das Bedürfnis nach einer Neuregelung trieb daher beinahe schon martialische Sprachblüten. So kam etwa Fred M. Catzman, seinerseits Koryphäe des kanadischen Zivilrechts, zu dem Befund: „The jungle of our personal property security laws has been a century in the making. From seeds planted in Victorian times, the assorted statutes now on our books have grown into a tangled mass, which has survived sporadic pruning and hacking. The urgent need is for a bulldozer to clear away the chaos […]“207.208
c) Das einheitliche und registrierte security interest der PPSAs Abermals sah sich der kanadische Gesetzgeber daher gefordert, einen für die Wirtschaftsteilnehmer unsicheren und meist beschwerlichen Zustand zu korrigieren. Aus diesem Anlass berief der Attorney General of Ontario 1959 eine
203 In Great Lakes Petroleum v. Border Cities Oil, [1934] 2 D. L. R. 743 ging das Gericht von einer floating charge aus, in Evans, Coleman and Evans v. Nelson Construction (1958), 25 W. W. R. 569 trotz ähnlicher Sachlage hingegen nicht. 204 Zu diesem Problem Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 84 f. und ders., 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 105 f. 205 Vgl. etwa Section 7 Ontario Bills of Sale and Chattel Mortgages Act (R. S. O. 1914, Chapter 135) und Section 2 (1) Corporation Securities Registration Act (R. S. O. 1937, Chapter 264). 206 Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 106; zu den Lehren hieraus Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 217 f. (auch in Gegenüberstellung zur US-amerikanischen Lösung). 207 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 1. Des botanischen Wortfelds bedient sich auch McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.03 [1]: „jungle“. 208 Weitere Reformgründe können der Darstellung von Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 6 ff. entnommen werden.
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Kommission ein, die das Recht der Mobiliarsicherheiten reformieren sollte.209 Kommissionsvorsitzender war der eben zitierte Fred M. Catzman, dessen prägender Einfluss dadurch verdeutlicht wird, dass in der Literatur von nun an bloß noch vom „Catzman Committee“ die Rede war.210 Dessen Aufgabe bestand in nicht weniger als der kompletten Modernisierung und Rationalisierung des Kreditsicherungsrechts. Angesichts dieses ambitionierten Vorhabens stand das Komitee – zunächst als Unterabteilung der Canadian Bar Association – bald unter der Ägide des wohlgesonnenen Attorney General selbst.211 Eingebettet in diesen institutionellen Rahmen nahm es die Arbeit auf und sah sich früh mit einer wegweisenden Frage konfrontiert: Sollte es das Recht durch Beseitigung der vorgefundenen Schwächen reformieren? Oder war es an der Zeit, einen gänzlich neuen Ansatz, ja gar die Kodifikation eines einheitlichen Sicherungsrechts anzustreben? Nach dem obigen Zitat Catzmans überrascht es kaum, dass die Entscheidung zugunsten einer umfassenden Neuregelung ausfiel. Zu groß und unüberwindbar schienen die Unzulänglichkeiten des alten Rechts. Auf der Suche nach Inspiration für ein gelungenes Regelwerk ließen die Mitglieder des Komitees den Blick gen Süden, nämlich auf das US-amerikanische Recht, wandern. Dieses hatte vor dem Inkrafttreten von Article 9 UCC212 immerhin mit allzu ähnlichen Problemen im Kreditsicherungsrecht zu kämpfen gehabt und selbige durch ein aus kanadischer Sicht überzeugendes Modell weitgehend beseitigt.213 Bei der Schaffung von Article 9 UCC sollten in einem ersten Arbeitsschritt Einzelabschnitte des künftigen Regelwerks verfasst werden, wobei jeder Abschnitt stets einem Sicherungsmittel (also etwa der pledge oder der chattel mortgage) gewidmet war. Unabhängig voneinander stellte sich bei den drafters jedoch bald die Erkenntnis ein, dass ein solches Vorgehen zu unnötigen
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Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 18 f.; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. lxv ff. 210 Beare, 27 Fac. L. Rev. Tor. (1969), 1, 11; Cuming, 10 Can. Bus. L. J. (1985), 168; McCormack, Secured Credit, S. 113; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.03 [1]. S. auch Ziegel, 38 Can. Bus. L. J. (2003), 321 f. zu Catzmans Vermächtnis im kanadischen Kreditsicherungsrecht. 211 Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 211; Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 107. 212 Zur Entstehungsgeschichte des Uniform Commercial Code s. Braucher, 58 Col. Law Rev. (1958), 798 ff. und Schnader, 22 U. Miami L. Rev. (1967), 1 ff. Lesenswert ferner Winship, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 21, der nach den tiefgreifenden Novellen des UCC 1951, 1972 und 1998/1999 sowie den Anpassungen in 2010 von einer „version 3.1” spricht. 213 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 1. Zu besagten Problemen im USamerikanischen Recht vor dem Inkrafttreten des UCC s. Llewellyn, 13 Law and Contemporary Problems (1948), 687. Siehe ebenso Winship, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 21, 22 f.
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Dopplungen führen würde.214 Deshalb entschieden sich die beteiligten Verfasser für eine Regelungstechnik, die sämtliche Sicherungsrechte integrierte. Bereits dieses Grundkonzept von Article 9 UCC bekundete den Geist des zu dieser Zeit vorherrschenden Rechtsrealismus: Die Schaffung eines einheitlichen Sicherungsrechts war von zentraler Bedeutung für die Juristen um William A. Schnader215 und Karl Llewellyn.216 Hierin kam die bei den Verfassern verbreitete Überzeugung zum Ausdruck, dass alle Sicherungsinstrumente unter den Oberbegriff eines nach seinem Zweck bestimmten security interest subsumiert werden konnten.217 Die Einordnung eines Rechtsgeschäfts als security interest vollzog sich mithin nunmehr funktional, nicht mehr formal. Divergierende Ergebnisse, die durch eine geschickte Formwahl vorher möglich und von den Parteien mitunter erwünscht waren, sollten durch dieses generische Verständnis von Kreditsicherheiten verhindert werden.218 Gleichzeitig versprach man sich vom functional approach einen rechtssicheren und widerspruchsfreien Bestellungsvorgang für Sicherungsinstrumente. Der Befürchtung, das Recht könne mangels Aktualisierung abermals von den Anforderungen der Kreditpraxis überholt werden und damit den wirtschaftlichen Bedürfnissen zuwiderlaufen, begegneten die Verfasser auch institutionell: Das neu geschaffene Permanent Editorial Board war dazu bestimmt, eine zeitgemäße Fortentwicklung des UCC sicherzustellen.219 Aufgrund der Tatsache, dass sich Article 9 UCC in den USA bereits auf praktischer Ebene bewährt hatte, erschien die Aufforderung William A. Schnaders220 an das Catzman-Komitee, den gesamten UCC zu übernehmen und von diffizilen Anpassungsversuchen abzusehen, gewiss verlockend. Dennoch: Die Maxime der kanadischen Juristen bei der weiteren Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs für einen Ontario Personal Property Security Act (OPPSA)
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Ausführlich dazu Gilmore, Security Interests I, S. 290 ff.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.02. 215 Zu Schnader und seinem Werk s. Rhoads, 40 Pa. B. Ass’n Q. (1968), 15 ff. sowie Segal/Oswald, 40 Pa. B. Ass’n Q. (1968), 10 ff. 216 Zur Person Llewellyns s. statt vieler Twining, Llewellyn and the realist movement, passim mit besonderem Fokus auf dem UCC in den Kapiteln 11, 12. 217 Gilmore, Security Interests I, S. 290; Llewellyn, Llewellyn Papers J.V.1.e, S. 4: „One basic form, left properly flexible, is enough; this also provides a much clearer and simpler body of law”, zit. nach Winship, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 21, 26. 218 S. Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 8 ff. und McCormack, Secured Credit, S. 71 f. zum functional approach in Article 9 UCC bzw. in den PPSAs. 219 Ausführlicher dazu McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.02. 220 Vgl. Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209: „We turned to General Schnader for guidance. We were supplied with copies of your Code and his stern fatherly advice that we should buy the whole package and refrain from tinkering – only he said it more elegantly”.
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lautete „adapt rather than adopt“.221 Für diesen Entschluss sprach eine Vielzahl von Gründen. Beispielsweise machte die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen in der kanadischen Verfassung eine modifikationslose Übernahme des UCC unmöglich. Immerhin wurde den Provinzen die legislative Zuständigkeit zwar im Bereich „Property“222 gewährt, dem Bundestaat hingegen damit verbundene Komplexe wie „Banking“, „Bills of Exchange and Promissory Notes“ und „Bankruptcy and Insolvency“223 überantwortet. Die Artikel 3 („Negotiable Instruments“), Artikel 4 („Bank Deposits and Collections“) und Artikel 5 („Letters of Credit“) des UCC hätten damit gar nicht in ein von der Provinz Ontario angestoßenes Reformprojekt Eingang finden können. Sogar Article 9 UCC selbst enthielt in seiner Erstfassung aus dem Jahr 1951 Normen mit insolvenzrechtlichem Gehalt.224 Des Weiteren waren rechtspolitische Entscheidungen, die bestimmten Regelungen in Article 9 UCC zugrunde lagen, nicht mit der kanadischen Rechtslage kompatibel.225 Ob die Konzentration auf (nur) einen Artikel des UCC den Novellierungsaufwand des Catzman Committee indes beschränkt hat, lässt sich kaum beantworten. Schließlich bedeutete der Entschluss des Komitees, ein eigenständiges Regelwerk zu schaffen, dass Article 9 UCC – metaphorisch gesprochen – aus einem komplexen Organismus entnommen, zu einer funktionsfähigen Entität geformt und in das kanadische Recht implementiert werden musste. Den Schaffungsprozess des OPPSA begleiteten bei alldem politische Querelen, die sich teils um die Position des Attorney General rankten, teils auf dem nicht immer harmonischen Dialog zwischen Catzman Committee und Uniform Law Commission fußten.226 Auf beides sei hier bloß hingewiesen. Allen Hindernissen zum Trotz konnte 1966 ein umfassender Entwurf vorgestellt werden, den die Legislative Assembly of Ontario 1967 verabschiedete und dem im selben Jahr der Royal Assent zuteilwurde. Die ursprüngliche Entscheidung, ein Document-filing-System227 einzurichten, wurde noch vor Inkrafttreten des PPSA in Ontario (nämlich 1973) zugunsten eines Notice-filing-Konzepts revidiert.228 Dass der OPPSA erst 1976 in Kraft treten konnte, lag zuvörderst am 221 Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 210; aus US-amerikanischer Sicht zu diesen Änderungen Haydock, 22 Bus. Law. (1966), 221 ff.; kritisch hingegen Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 133 speziell zu den sprachlichen Abweichungen. 222 Article 92 Nr. 13 Constitution Act (bis 1982 British North America Act). 223 Article 91 Nr. 15, Nr. 18 und Nr. 21 Constitution Act. 224 Section 9-306 (4) UCC (1951): „In the event of insolvency proceedings instituted by or against a debtor, a secured party with a perfected security interest in proceeds has a perfected security interest only in the following proceeds […]”. 225 Dazu näher unter 2. Kapitel, II. 2. b). 226 S. Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 211 und Department of the Attorney General (Ontario), Report 3A of the OLRC, S. 6 ff. zu den kontrovers diskutierten Änderungen. 227 Zu document bzw. notice filing s. unten 2. Kapitel, II. 2 a). 228 v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 118; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 5.03 [1].
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Arbeitsaufwand, den die Überführung der Register auf eine digitale Basis mit sich brachte.229 Nachdem allerdings auch diese Hürde genommen war, konnte das Modell des PPSA seinen Siegeszug antreten: Bis 2001 hatten alle neun Common-law-Provinzen und die drei Bundesgebiete PPSAs erlassen.230 3. Vergleich Wie die gesamte vorliegende Arbeit ist auch der historische Vergleich dem Verhältnis zwischen gesichertem Gläubiger und Vollstreckungsgläubiger verschrieben. Es sind daher die Begriffe Drittwirksamkeit, Gläubigerbenachteiligung und Offenkundigkeit, die im folgenden Abschnitt eine besondere Bedeutung einnehmen. Zur besseren Übersichtlichkeit ist die Untersuchung allerdings in zwei Abschnitte geteilt, die die wichtigsten Vergleichsaspekte abbilden sollen: einen zur Bedeutung der Publizität, einen zum Odium der unlauteren Verfügung. Das Ziel hinter dieser Vorgehensweise ist es, eine Diskursanalyse einzuleiten, die ein (historisch fundiertes) Vorverständnis für die weiteren Ausführungen schafft. a) Bedeutung der Publizität in der jeweiligen Rechtsordnung Die vorstehenden Abschnitte haben gezeigt, dass „Offenkundigkeit“ und „Erkennbarkeit“ rechtsordnungs- und epochenübergreifend Stichworte sind, denen für das Verhältnis zwischen gesichertem Gläubiger und Drittgläubiger hohe Relevanz zukommt. Schon Carl Gottlieb Suarez äußerte in Bezug auf das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten aus dem Jahr 1794, das Erfordernis der Übergabe bei Pfandrechtsbestellungen verspreche einen „sehr großen Gewinn für das Publikum“, da sich besitzlose Pfandrechte als eine „Quelle unredlicher Betrügereien“ erwiesen hätten.231 Noch die Motive zum Erlass der RKO aus dem Jahr 1877 lassen ähnliche Erwägungen erkennen und in den Beratungen zum Anfechtungsgesetz aus dem Jahr 1879 wurde der Vorläufer der Sicherungsübereignung, der Sicherungskauf, als Umgehungsmethode gegenüber dem Faustpfandprinzip gebrandmarkt.232 Dennoch konnte sich das Modell einer publizitätslosen Sicherungsübertragung letztlich durchsetzen. Wie aber kam es im deutschen Recht zur Außerachtlassung der ursprünglich so heftig geäußerten Bedenken gegenüber einem solchen Sicherungsrecht?
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Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 5 f.; v. Kenne, aaO. Ausführlich zu diesem Prozess etwa Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 1 ff.; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 18–20. 231 Beide Zitate aus Suarez, Schluß-Revision des ALR, S. 59. Siehe hierzu auch Löhnig, Treuhand, S. 14. 232 Vgl. Hahn, Materialien zur Konkursordnung IV, S. 185 f. bzw. S. 759 mit der entsprechenden Rede des Reichsgerichtsrats Bähr. 230
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Erstens dürfte dies an der Aversion des Reichsgerichts gelegen haben, einer funktionalen Betrachtungsweise (wie Hellwig sie hegte) zu folgen. Wenn Hellwig nämlich dafür plädierte, die Sicherungsübereignung als ein Surrogat der nach geltendem Recht unzulässigen Mobiliarhypothek zu behandeln, so sprach er sich damit für nicht weniger als eine Orientierung an ihrem Zweck aus.233 Nicht das formale Kriterium des rechtlichen Gewands, in das das Sicherungsrecht gehüllt wurde, sondern die Funktion der Sicherungsübereignung, eine Forderung unter Umgehung des Faustpfandprinzips zu sichern, erachtete Hellwig für die Frage der Zulässigkeit als entscheidend.234 Gegen genau diesen Gedankengang verwahrte sich das Reichsgericht jedoch. Die oben erwähnten konkursrechtlichen Normen, wonach eine Pfandrechtsbestellung durch constitutum possessorium unwirksam war,235 beträfen „nur die Entstehung des Pfandrechts, nicht den Erwerb des Eigentums“236. Diese begrifflich-formale Herangehensweise, dieses Lehrstück der Pandektenwissenschaft, ist mitunter als „möglicherweise bewusst […] funktionsblind“237 bemängelt worden. Das Urteil gab aber den Ton vor, der auch in späteren Entscheidungen des BGH238 noch zu vernehmen war. Zweitens wurden der Besitzübertragung im Laufe der Zeit unterschiedliche und vor allem unklare Stellenwerte für die Publizität zugemessen. Galt der Schuldnerbesitz ursprünglich noch als Anzeichen für die Vermögenszugehörigkeit, so geriet diese (Fehl-)Annahme immer weiter in die Defensive. Damit ging ein Akzeptanzwandel gegenüber besitzloser Kreditsicherung in Literatur und Rechtsprechung einher.239 Zwar waren solche Geschäfte fortan (den Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs entsprechend) möglich. Ganz überwunden war und ist das Misstrauen gegenüber klandestiner Sicherung jedoch bis heute nicht, worauf noch zurückzukommen sein wird.240 Auch die innere Systematik des BGB gibt an dieser Stelle Rätsel auf. Im Rahmen der Übereignung wurde nämlich dem Übergabeerfordernis das Besitzkonstitut (§ 930 BGB) als Surrogat an die Seite gestellt, im Kontext des Pfandrechts hingegen auf eine Parallelnorm gerade verzichtet.241 Für das Pfandrecht 233
Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 372; ähnlich bereits Kohler, JherJb 16 (1878), 91, 152. Zur Vorreiterrolle Hellwigs hinsichtlich einer funktionalen Beurteilung der Zulässigkeit von Sicherungsübereignungen s. etwa Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 98. 235 Zu § 40 RKO oben 2. Kapitel, I. 1. b). Das RG zieht freilich noch § 14 des Einführungsgesetzes zur RKO heran, wonach ein Faustpfandrecht im Sinne des § 40 RKO nur besteht, wenn der Pfandgläubiger oder ein Dritter für diesen Besitz am Sicherungsgut erlangt hat, vgl. RG, Urteil v. 10.01.1885, Az. I 431/84, in: RGZ 13, 200, 202 ff. 236 RG, aaO, 204; kritisch dazu schon Bähr, Urteile des Reichsgerichts, S. 59 f. 237 Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 99; ähnlich Löhnig, Treuhand, S. 35 f. 238 BGH, Urteil v. 04.02.1954, Az. IV ZR 164/53, in: NJW 1954, 673, 674. 239 S. dazu schon oben 2. Kapitel, I. 1. c). 240 Vgl. unten 2. Kapitel, III. 1. b), III. 3. b), 3. Kapitel, IV. 2. c) aa). 241 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 55 Rz. 6, § 56 Rz. 1; Staudinger-Wiegand, Vorbemerkungen zu §§ 1204–1272 BGB Rz. 1 f. 234
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ist die Übergabe mithin konstitutiv, für die Sicherungsübereignung nicht. Dabei waren die Gefahren, die die Zulassung des constitutum possessorium bei sicherungsweisen Eigentumsübertragungen schon damals barg, durchaus bekannt. Wie angedeutet findet sich in den Materialien zum BGB sogar ein Antrag, das Besitzkonstitut bei Sicherungsübereignungen auszuschließen.242 Zu dessen Begründung verwiesen die Antragsteller auf die Argumente zum Verbot einer Mobiliarhypothek, die drohende Umgehung des Faustpfandprinzips und die Gefährdung von Drittgläubigern durch eine Täuschung über die Kreditfähigkeit des Schuldners. Gleichwohl konnten die geäußerten Bedenken die Mehrheit der Kommissionsmitglieder nicht überzeugen.243 Diese entgegnete vielmehr unter Hinweis auf das Trennungsprinzip („Grundsatz der Unabhängigkeit der Eigenthumsübertragung von ihrem Rechtsgrunde“244), es fehle an einem „dringenden praktischen Bedürfniß“245, den Zweck der Verfügung bei Beurteilung ihrer Zulässigkeit zu berücksichtigen. Besonders ein Gedankengang belegt, wie eng sich die Begründung dabei an den alten Formeln des Reichsgerichts orientierte:246 „Daraus, daß der Gesetzgeber zur Begründung eines beschränkten dinglichen Rechts an einer fremden beweglichen Sache zum Zwecke der Sicherung einer Forderung die Uebergabe der Sache an den Gläubiger verlang[t], folg[t] für ihn keineswegs die Nothwendigkeit, auch für die Eigentumsübertragung zum Zwecke der Sicherung körperliche Uebergabe vorzuschreiben.“247
Zur Begründung heißt es weiter: „Zwischen der Mobiliarhypothek und der Uebereignung durch Konstitut besteh[t] der wesentliche Unterschied, daß die letztere die besonders bedenkliche Begründung konkurrirender Rechte für mehrere Gläubiger nicht [zulässt].“248
Dies trifft auf den ersten Blick zu: Es ist konstruktiv nicht möglich, dass das Volleigentum an einer Sache zwei Sicherungsnehmern zusteht. Jedoch würdigt die Begründung in keiner Weise den Konflikt des Sicherungseigentümers mit ungesicherten Gläubigern – von jenem mit Warenkreditgebern ganz zu
242 Vgl. den Antrag zu einem „Abs. 2 des § 874a“: „Diese Vorschrift (Ersatz der körperlichen Uebergabe durch const. poss.) findet keine Anwendung, wenn die Umstände ergeben, daß durch die Veräußerung dem Erwerber Sicherheit wegen einer Forderung verschafft werden soll“, Protokolle, S. 3687 f. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626. 243 Vgl. Protokolle, S. 3688 ff. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626 f. 244 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626. Zur Bedeutung des Trennungsprinzips für die Anerkennung der Sicherungsübereignung s. a. 2. Kapitel, III. 1. a). 245 Protokolle, aaO. 246 Ähnliches bemerkt Luig, in: Falk, Ulrich/Mohnhaupt, Heinz (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 392. 247 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626. 248 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626 f.
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schweigen.249 Die Gefahr der mehrfachen Sicherungsübertragung eines Gegenstandes ließen die Väter des BGB hier ebenfalls außer Acht.250 Geschlossen wird das Plädoyer der Kommissionsmehrheit für die Zulassung der Sicherungsübereignung mit der wohl aussagekräftigsten Erwägung zur Reichweite der Publizität: „Auch daraus [lässt] sich die Nothwendigkeit der beantragten Bestimmung [scil. Ausschluss des Besitzkonstituts bei Übereignungen zu Sicherungszwecken] nicht herleiten, dass durch die Belassung des Besitzes bei dem Veräußerer andere Gläubiger desselben über seine Kreditfähigkeit getäuscht werden könnten, denn die Gläubiger [sind] ganz im Allgemeinen nicht berechtigt, sich darauf zu verlassen, daß alle im Besitze des Schuldners befindlichen Sachen diesem auch [gehören].“251
Besonders deutlich wird der Kontrast in der Bedeutung der Publizität zwischen Deutschland und Kanada, wenn die Diskussionen um ein Mobiliarsicherheitenregister berücksichtigt werden. Wenn also nicht nur das geltende Recht betrachtet wird, sondern auch jenes, das gerade nicht zur Geltung gelangt ist. Dass nämlich die Idee, ein Register für Kreditsicherheiten zu errichten, in Deutschland immer wieder vorgetragen wurde, sich aber letztlich nicht durchsetzen konnte, ist bedeutsam.252 Dabei kannten bereits einige Partikularrechte Register für besitzlose Pfandrechte. Deren ratio bestand jedoch darin, die Rechtsdurchsetzung des Pfandgläubigers gegenüber dem Schuldner zu sichern und zu erleichtern. Sie erstreckte sich mithin nicht auf das Verhältnis zu Dritten. Mit der zunehmenden Popularität von Sicherungsübereignungen und der einsetzenden Erkenntnis, dass diese tatsächlich die Haftungsmasse (unerkennbar) schmälerten und Vollstreckungen vereitelten, mehrten sich früh Stimmen, die ein Registerpfand befürworteten – allzu oft unter Hinweis auf andere Rechtsordnungen.253 Vor dem Inkrafttreten des BGB beruhten die Vorbehalte gegenüber einem solchen Register vor allem auf dem Aufwand ihrer Errichtung, der Umgehungsgefahr und der Sorge vor einer Vielzahl von Registern, die ihren eigenen Zweck (Sicherheit im Rechtsverkehr) wie etwa in Kanada
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S. dazu Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 115 und Geibel, WM 2005, 962 ff. So schon Hromadka, JuS 1980, 89, 92. Zu den Gefahren von Mehrfachübertragungen unten 3. Kapitel, IV. 2. a), V. 251 Protokolle, S. 3689 f. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 627. Vgl. zur „relativ kurzen Durchgangsphase“, in der der Übergabe eine Publizitätsfunktion zukam, statt vieler Staudinger-Wiegand, § 929 BGB Rz. 55–59 mwN. 252 Umfassend hierzu Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht, passim und Salinger, in: Schriftführer-Amt der ständigen Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten und Verhandlungen des 31. DJT I, S. 401 ff. 253 S. Geiger und Schauer, DJZ 1907, 589, 590 zum französischen bzw. englischen Recht und v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 388 f., der das Register für Schiffspfandrechte in Vorschlag bringt. 250
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konterkarieren würden.254 In Replik auf den ersten Entwurf des BGB monierten einige Wissenschaftler um Otto von Gierke das Beharren auf dem Faustpfandprinzip bei gleichzeitiger Tolerierung der Sicherungsübereignung.255 Auch nach Inkrafttreten des BGB äußerten viele Stimmen in Wissenschaft256 und Wirtschaft257 mit Nachdruck das Bedürfnis nach einem Register für besitzlose Pfandrechte. Bloß haben die vorgebrachten Argumente den Gesetzgeber bis heute nicht zu einer Neuregelung bewogen, was auch an Widerständen aus interessierten Wirtschaftskreisen gelegen haben dürfte.258 Vorschläge, die zugelassene Sicherungsübereignung pauschal in ihren Wirkungen gegenüber Dritten zu beschränken, konnten sich ebenfalls nicht durchsetzen.259 Die demgegenüber historisch gewachsene Bedeutung der Publizität in Kanada wird – wegen der kolonialen Vergangenheit – mit Blick auf das englische Recht verständlich. Dort war der Fraudulent Conveyance Act zunächst nur dem Schutz Dritter vor betrügerischen Verfügungen verschrieben. Allerdings nahm die Star Chamber in Twyne’s Case260 den für die Publizitätswirkung des Besitzes entscheidenden Subsumtionsvorgang vor: Sie ordnete solche Übertragungen als Fraudulent Conveyances ein, die durch den verbliebenen Schuldnerbesitz Dritte zur irrigen Vorstellung verleiten konnten, die betroffenen Gegenstände gehörten zur Haftungsmasse des Schuldners. Erst damit war die Verbindung zwischen besitzlosem und betrügerischem Sicherungsrecht hergestellt. Die so getroffene Wertung entfaltete eine prägende Wirkung, welche sich in zahlreichen Folgeentscheidungen manifestierte. Zwar war mit der Zeit ein
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Zu solchen Positionen s. Melsheimer, Sicherungsübereignung und Registerpfandrecht, S. 15. Aus zeitgenössischer Sicht kritisch Cosack, Das Sachenrecht im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 69 f. 255 Vgl. v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 388; für weitere Stimmen s. Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 168 ff. 256 Besonders das Gutachten Salingers, in: Schriftführer-Amt der ständigen Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten und Verhandlungen des 31. DJT I, S. 401 ff. hat seinerzeit (1912/13) viel Anklang gefunden. Aus jüngerer Zeit etwa Seif, Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten, S. 305; Matz, Regulierung von Eigentumssicherheiten, S. 335 ff.; Kieninger, ZEuP 2016, 201 ff. 257 Vgl. hierzu die zahlreichen Stellungnahmen bei Melsheimer, Sicherungsübereignung und Registerpfandrecht, S. 20 ff. 258 Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 91; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I, S. 5. 259 Beispielhaft seien hier die Vorschläge von Hellwig, Gläubigernot, S. 154 ff. (Beschränkung der Rechtsposition des Sicherungsnehmers durch analoge Anwendung von § 805 ZPO; keine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO) und Litten, in: SchriftführerAmt der ständigen Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten und Verhandlungen des 31. DJT I, S. 188, 215 ff. (Beweislastumkehr in Anfechtungsfällen mit Insolvenznähe und Anwendung von § 805 ZPO auf den Sicherungsnehmer) angeführt. 260 S. dazu o. 2. Kapitel, I. 2. a).
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„mellowing of judicial attitudes“261 zu beobachten. Jedoch führte dies Lord Blackburn zufolge bloß zu einem Zustand, der neue Unsicherheiten, Betrugspraktiken und Kosten für Kreditsicherheiten begründete.262 Ähnlich wie in Deutschland hatten die nicht zu leugnenden noch zu ignorierenden Bedürfnisse der Kreditwirtschaft zur liberaleren Haltung der Gerichte geführt.263 Anders als in Deutschland entschlossen sich die Gesetzgeber in England und Kanada aber bald zu einer Intervention. Um der Publizität wieder zur Geltung zu verhelfen, erließen sie Bills of Sale und Chattel Mortgage Acts.264 Dass der Schutz des Publikums (oder zugespitzt: der Drittgläubiger) tatsächlich deren zentrales Anliegen war, bekunden auch die Aussagen Samuel Worthingtons: „The Bills of Sale Registration Act […] was the first of several Acts passed to give greater protection to creditors against secret bills of sale and enable them to ascertain whether the person in apparent possession of personal property was or was not the real owner, and, as such, entitled on account of that property. The Act was not passed to make good a title which would not have been good before, but simply for the protection of creditors.“265
Hier hatte die Publizität also gerade den Zweck, Fehlvorstellungen über die Zuordnung einer Sache und eine „presumption of false wealth“266 zu verhindern. Dabei ordneten die Gesetzgeber jene Beschwerlichkeiten, die ein Register mit sich brachte, früh den Interessen der Drittgläubiger an Publizität unter. Diese rechtspolitische Entscheidung hatte über die Bills of Sale and Chattel Mortgages Acts bis hin zu den PPSAs Bestand. Denn eine wirksame Registrierung war und ist weiterhin die entscheidende Voraussetzung für den Vorrang des secured creditor, wenn auch nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung für das Sicherungsrecht.267 Umso beachtlicher ist die Stringenz, mit der am Registermodell festgehalten wurde, wenn man die damit tatsächlich lange verbundenen Nachteile erwägt. Bereits im 19. Jahrhundert hatten sich die Gefahren einer überregulierten 261 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 3; ähnlich Gilmore, Security Interests I, S. 24 f. 262 Vgl. dens. in Cookson v. Swire (1884), 9 App. Cas. 653, 664: „In the first place it often happened that there was really a sham put up to endeavour to defeat a man, and there was a great quantity of perjury, of fighting and expense, before it was proved to be a sham. That was a great evil. The other was that there were real honest transactions which were asserted to be shams when they were not, and in those cases there was apt to be much perjury and great expense before it was decided“. 263 S. o. 2. Kapitel, I. 2. a). 264 2. Kapitel, I. 2. b). 265 Worthington, May on Statutes of Elizabeth against Fraudulent Conveyances, S. 136. Übereinstimmend damit auch Lord Blackburn in Cookson v. Swire (1884), 9 App. Cas. 653, 665: „That was the beginning of the series of Bills of Sale Acts, the first of which was passed in 1854 […]“ im Anschluss an die geschilderten Missstände. 266 Zum Begriff s. Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 91; Worthington, Equity, S. 80. 267 S. Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 260 und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.08 [1] zur Null-and-void-Rechtsfolge früherer Rechtssätze.
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Registerlösung für die Wirtschaftsteilnehmer gezeigt.268 Bei der Schaffung des ersten PPSA in Ontario waren es ausgerechnet die ambitionierte Errichtung eines computerbasierten Registers und die damit verbundene Überführung bestehender Sicherheiten in das neue System, die das Inkrafttreten um beinahe eine Dekade verzögerten.269 Schon die Register der Bills of Sale and Chattel Mortgage Acts hatten sich als problemträchtige Einrichtungen erwiesen, doch wurden publizitätslose Sicherungsrechte in der kanadischen Literatur nicht einmal ernstlich erwogen. Der Grund hierfür dürfte in der herausragenden historischen Bedeutung der Offenkundigkeit für das kanadische Kreditsicherungsrecht insgesamt270 und für die Rechtfertigung des Vorrangs eines secured creditor gegenüber einem judgment creditor271 liegen. b) Umgang mit dem Odium der unlauteren Verfügung Die getrennte Behandlung der Publizität und des Einwands, es handle sich bei (besitzlosen) Sicherungsrechten um unlautere Verfügungen, mag auf den ersten Blick künstlich anmuten. Schließlich haben deutsche Literatur und Rechtsprechung ihre Zweifel an der Zulässigkeit eines Sicherungsgeschäfts zumeist dort erhoben, wo das Erfordernis der Übergabe (als vermeintlicher Publizitätsakt)272 in Rede stand. Auch die historischen Quellen zum kanadischen Recht lassen einen Nexus zwischen „secret“ und „fraudulent“ erkennen.273 Entwirren lassen sich die beiden Einwände, wenn die hinter ihnen stehenden Anliegen separat betrachtet werden. Für die Offenkundigkeit empfiehlt sich dabei eine funktionale Differenzierung in dreifacher Hinsicht. So dient die Publizierung im Entstehungsvorgang einer Kreditsicherheit vor allem dazu, den Rechtsverkehr vor nicht erkennbaren Sicherungsrechten zu schützen.274 Man kann dies als allgemein-drittschützende Dimension der Offenkundigkeit bezeichnen. Eine zweite, hiervon zu trennende Publizitätsfunktion sehen einige Literaturstimmen in der Legitimation des Vorrangs eines gesicherten Gläubigers gegenüber ungesicherten
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S. o. 2. Kapitel, I. 2. b). Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 245; Ziegel, 70 Can. B. Rev. (1991), 681, 686 f. 270 Vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 8 f.; Walsh, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 49, 58 f. 271 S. dazu unten 2. Kapitel, VI. 2. 272 Zur Fragwürdigkeit der Publizitätsfunktion der Übergabe s. Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 258 ff. und Staudinger-Wiegand, § 929 BGB Rz. 55–59. 273 S. o. 2. Kapitel, I. 2. a). 274 In diesem herkömmlichen Sinne etwa Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 24 f. 269
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Gläubigern.275 Drittens kann der Publizierung eine Ordnungsfunktion zukommen: Soweit der Vorrang eines Rechts vom Zeitpunkt seiner Registrierung abhängt, erfüllt die Publikation den Zweck, die Entstehung des Rechts zu dokumentieren und eine Prioritätsfolge aufzustellen. All diese Funktionen gilt es im Verlauf dieser Abhandlung zu würdigen.276 Keiner dieser Aspekte betrifft allerdings den gewillkürten Inhalt der Parteivereinbarung. Als unlauter werden Kreditsicherungsgeschäfte empfunden, soweit sie Dritte benachteiligen und/oder sie hierzu bestimmt sind. Die Anstößigkeit eines Rechtsgeschäfts tangiert demnach den verpönten Willen der Kontrahierenden, die Offenkundigkeit hingegen das äußere In-Erscheinung-Treten des Rechtsgeschäfts. Zur Veranschaulichung des Unterschieds lohnt ein Blick auf das kanadische Recht: Dort dient die Registrierung erstens dem Schutz des Rechtsverkehrs, zweitens der Rechtfertigung des Vorrangs und drittens der Lösung von Vorrangkonflikten (Publizität), das frühere Erfordernis eines affidavit of good faith war hingegen dazu bestimmt, unlauteren Verfügungen vorzubeugen (Inhalt des Rechtsgeschäfts).277 Im Sinne dieser Unterscheidung wendet sich der folgende Abschnitt der Frage zu, wie in Deutschland und Kanada dem Anliegen, eine missbilligenswerte Nutzung von Sicherungsgeschäften zu verhindern, begegnet wurde. Zunächst ist dabei an den ursprünglichen Umgang mit dem Simulationseinwand im deutschen Recht zu erinnern. Immerhin entzündete sich an dem der Sicherungsübereignung innewohnenden Umgehungsmoment lebhafte Kritik. Die Vertragsparteien erstrebten einen Zustand, der vom Gesetzgeber nicht gewollt sei, so der oft vernehmbare Einwand. Erst einmal zugelassen ließe sich die Sicherungsübereignung gar dazu instrumentalisieren, bestimmte Gegenstände des Schuldners gezielt aus dessen Haftungsmasse zu entziehen. Tatsächlich haben Rechtswissenschaftler früh mit Argwohn auf diese Praxis vor allem im Handwerk und in kleineren Gewerbebetrieben hingewiesen (sog. Vollstreckungsvereitelung).278 Bestätigten sich hierin etwa die Befürchtungen, die insbesondere Kohler längst vorgetragen hatte?279 Gewissermaßen schon, denn die Sicherungsübertragung führte zu exakt den Konflikten, denen der Gesetzgeber durch das Faustpfand hatte vorbeugen wollen. Genau genommen rechtfertigt dies aber keinen Simulations-, sondern einen Evasionseinwand. Denn hinter dem Vorwurf, es handle sich um ein Scheingeschäft, standen inhaltliche Zweifel an der Zulässigkeit der Sicherungsübereignung und die Sorge vor der 275
S. Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 302 ff. zu dieser haftungsrechtlichen Funktion der Publizität. Vgl. auch McCormack, Secured Credit, S. 14 zur Annahme, dass ungesicherte Gläubiger eingedenk bestehender Sicherheiten implizit ihrer Nachrangigkeit zustimmen. 276 S. insbesondere unten 2. Kapitel, IV. 2., 3. Kapitel, V. 2. a). 277 Vgl. dazu Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 460–463 und Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 84 f. 278 Dazu Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht, S. 43 mwN. 279 S. o. 2. Kapitel, I. 1. c).
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Umgehung des Faustpfandprinzips. Gleichwohl war auch hier – wie im Kontext der Publizität – das erhebliche Bedürfnis der Wirtschaftsteilnehmer an der Zulassung von Sicherungsübereignungen kaum zu negieren. Das ganze Dilemma im Umgang mit der Sicherungsübertragung zeigt sich in der Replik, die Kohler an Linckelmanns oben besprochene Absegnung des problemträchtigen Rechtsgeschäfts anschloss: „[S]o steht Mißstand gegen Mißstand, und bei diesem Sachverhalt möchte ich die Frage, ob die Gesetze über das Mobiliarpfand […] anderweitige, zu ähnlichen wirthschaftlichen Zuständen führende Geschäfte ausschließen, nicht mehr wie früher bejahen, sondern mit dem Verfasser [i.e. Linckelmann] verneinen.“280
Besonders interessant ist, worauf sich Linckelmann281 und Kohler282 im Anschluss an die Billigung der Sicherungsübereignung beziehen: Es sind ausgerechnet die englischen Bills of Sale Acts, deren Register als gelungene Lösungsmodelle gerühmt werden. Hierin manifestiert sich eine typische Rückbindung inhaltlicher Beanstandungen an das Bedürfnis nach mehr Publizität im Kreditsicherungsrecht: Die Heimlichkeit gilt meist als Wegbereiterin für unlautere Verfügungen. Diese häufige Koinzidenz hat das Misstrauen gegenüber besitzloser Kreditsicherung im deutschen Recht nur verstärkt. Bisweilen vernehmbaren Stimmen, wonach die Sicherungsübereignung als Vertrag zulasten Dritter einzuordnen sei,283 blieb aber zu Recht die Gefolgschaft versagt. Denn das Institut „Sicherungsübertragung“ erlegt Dritten keine unmittelbare Verpflichtung auf.284 Kaum zu bestreiten sind indes mögliche Lastwirkungen für Dritte, die infolge der Entnahme des sicherungsweise übereigneten Gegenstandes aus der Haftungsmasse des Schuldners drohen. Bei solchen „Verträge[n] mit Lastwirkung für Dritte“285 stehen die Kontrahierenden schnell im Verdacht, ein an sich zulässiges Rechtsinstitut im konkreten Fall missbräuchlich zu verwenden.286 Dementsprechend haben bei der Sicherungsübereignung insbesondere die Topoi „Institutionsmissbrauch“ und „Sittenwidrigkeit“ eine zentrale Rolle für die einzelfallbezogene Wirksamkeitskontrolle 280
Kohler, ArchBürgR 7 (1889), 234, 235. ArchBürgR 7 (1889), 209, 229 ff. 282 ArchBürgR 7 (1889), 234, 235. 283 S. dazu Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 28–30 und Wüst, in: Rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz (Hrsg.), FS für Wilburg, S. 257, 258 („Zurücksetzung der Mitgläubiger“). 284 S. dazu auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 235; PalandtHeinrichs, Einf. v § 328 BGB Rz. 10. 285 Zum Begriff s. Martens, AcP 177 (1977), 113, 164 ff. Ähnlich Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 55 ff. („Reflexwirkungen“). 286 Von einem Institutionsmissbrauch ist vor allem dann auszugehen, wenn die Vertragsparteien – entgegen den gesetzlichen Wertungen – Ziele verfolgen, die dem gewählten Rechtsgeschäft an sich fremd sind, vgl. speziell zur Sicherungsübereignung Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 47. 281
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
eingenommen.287 In Fällen einer gezielten Benachteiligung Dritter kommt zudem eine Vorsatzanfechtung nach § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG in Betracht.288 Der argumentative Weg schließlich, den das Reichsgericht zur Rettung der Sicherungsübereignung beschritten hat, ist noch heute einiger Kritik ausgesetzt. Auf die Zwienatur der Begründung wurde schon mit Brinkmanns Einordnung („möglicherweise bewusst […] funktionsblind“289) angespielt. Indem es formal argumentierte, folgte das Reichsgericht dem Anschein nach einem Credo, das schon Savigny290 und Windscheid291 anklingen ließen: Dass nämlich (volks-)wirtschaftliche Überlegungen nicht die Angelegenheit des Rechtsanwenders seien. Es bleibt aber anzunehmen, dass den Richtern Funktion und Unentbehrlichkeit der Sicherungsübereignung sehr wohl bewusst waren. Sie versahen daher einen funktionsorientierten Zulassungsgrund mit einer formalen Begründung. Damit leisteten sie vielen Wirtschaftsteilnehmern einen großen Dienst. Bei aller Kritik, die an den reichsgerichtlichen Entscheidungen (berechtigterweise) geäußert wird, darf zudem nicht vergessen werden, dass den beteiligten Richtern vor und nach Erlass des BGB kaum aussagekräftige Materialien des Gesetzgebers zur Verfügung standen. Auch in der Folge waren es höchstrichterliche und nicht etwa gesetzgeberische Entscheidungen, die das Sicherungseigentum in seinen Erscheinungsformen weiter ausprägten.292 In Kanada bildete sich demgegenüber während des 19. Jahrhunderts bis zum Inkrafttreten der PPSAs eine filigrane Differenzierung zwischen fraudulent conveyance und retention of possession heraus. Der beim Schuldner verbliebene Besitz büßte an Indizkraft für eine betrügerische Verfügung ein. Es ist zu vermuten, dass dieser Vorgang mit dem bereits angesprochenen Wandel in der allgemeinen Wahrnehmung von Sicherungsgeschäften verflochten ist.293 Rechtlich manifestierte sich diese Entwicklung etwa in den einzureichenden Dokumenten, die zur Sicherung des Vorrangs erforderlich waren. So hatten die Bills of Sale and Chattel Mortgages Acts noch die Hinterlegung von affidavits of bona fides vorgesehen. Diese sollten wie erwähnt den Parteiwillen, keine Drittgläubiger zu benachteiligen, belegen und dergestalt betrügerischen Verfügungen vorbeugen. Sie (die Dokumente) verkörperten eine viktorianische 287
S. dazu 2. Kapitel, III. 1. a), III. 3. a). Vgl. auch hierzu 2. Kapitel, III. 3. a). 289 Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 99; Löhnig, Treuhand, S. 35 f. 290 Savigny, System I, S. 53 f. S. zum Ganzen ferner Wieacker, Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 61 f. 291 Windscheid in seiner Leipziger Rektoratsrede: „[V]olkswirtschaftliche Erwägungen [sind] nicht Sache des Juristen als solchen“ (Oertmann, Bernhard Windscheid, Gesammelte Reden und Abhandlungen, S. 112). 292 Bspw. BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133 zur Sicherungsübereignung von Warenlagern und BGH, Urteil v. 23.11.1966, Az. VIII ZR 177/64, in: BB 1967, 156 zur „verlängerten“ Sicherungsübereignung. 293 S. dazu statt vieler McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.01. 288
I. Historische Entwicklung
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Bastion gegen zu dieser Zeit als anrüchig empfundene Kreditsicherungen.294 Ihre Entbehrlichkeit seit Inkrafttreten des PPSA in Ontario ist als Paradigmenwechsel im Kreditsicherungsrecht zu werten. Denn: Was im Entstehungstatbestand erhalten blieb, war das Registrierungserfordernis. Dieses sollte besitzlose Kreditsicherung publik machen und damit rechtspolitisch rechtfertigen. Die weiterhin geltenden Fraudulent Conveyances Acts erfassten mit ihrem generalklauselartigen Tatbestand zwar weiterhin Rechtsgeschäfte, die berechtigte Vollstreckungsversuche Dritter zu vereiteln bestimmt waren.295 Das generelle Misstrauen gegenüber besitzloser Kreditsicherung aber konnte durch die Trennung von Publizität und inhaltlicher Beurteilung überwunden werden. Diese wohlwollende Haltung erfasste auch den Reformprozess des Personal Property Security Law: Getreu dem neuen Geiste, den das Catzman Committee bereits erkennen ließ, sollten (und sollen) die PPSAs den Einsatz von Kreditsicherungsrechten gerade fördern.296 Die grundlegende Entscheidung etwa, ein einheitliches Sicherungsrecht zu schaffen (unitary approach), entsprang auch dem Willen, zulässige Besicherungen zu erleichtern und unzulässige zu vereiteln. Dies wird bei Vergegenwärtigung zweier phänotypischer Gläubiger deutlich: Dem findigen und zu kreativer Formwahl gewillten einerseits, dem um Rechtstreue bemühten und doch in seinen Ressourcen beschränkten andererseits. Ersterem sollte die Kreation einer Sicherheit, die ihm durch kautelarische Finesse einen rechtlich unerwünschten Vorrang gewährt, mittels Einführung des functional approach versagt werden. Letzterer wurde fortan durch die erleichterte Publikation vor einem „Waterloo“297 wegen versehentlich fehlerhafter Eintragung geschützt – auch und gerade dank dem rechtssicheren Erwerb des Vorrangs bei Einhaltung der allgemein geltenden Bestimmungen zum filing des security interest im einheitlichen Register.298 Damit bleibt festzuhalten, dass die kanadische Lösung durch Neugestaltung des security interest besitzlose Kreditsicherheiten aus der viktorianischen Beargwöhnung befreit hat, wohingegen in der deutschen Rechtswissenschaft weiterhin ein Misstrauen gegenüber der Sicherungsübereignung zu erkennen ist.299 294
Zu dieser Funktion der affidavits s. Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 460 ff. S. Section 2 des Fraudulent Conveyances Act in Ontario (R. S. O. 1990, Chapter F.29): „Every conveyance of […] personal property and every bond […] made with intent to defeat, hinder, delay or defraud creditors […] of their just and lawful actions […] are void as against such persons“. 296 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 5 f.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.03 [1]. 297 Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 14; Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 106. 298 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 3, 107 f.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.08 [1]. 299 S. beispielsweise Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 5: „heimliches Pfandrecht“ und Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25: „ein Scheingeschäft, ein 295
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
c) Zwischenfazit zur historischen Entwicklung Zunächst lässt sich resümieren, dass das kanadische Kreditsicherungsrecht der Publizität einen höheren Stellenwert einräumt als sein deutsches Pendant. In Deutschland wurde die Publizität dem Bedürfnis nach besitzloser Kreditsicherung untergeordnet („Mißstand gegen Mißstand“), in Kanada – trotz einer vergleichbaren Dringlichkeit – nicht. Dieser Unterschied hat sich in beiden Rechtsordnungen erhalten (wenn nicht sogar vertieft) und begleitet noch heute die Debatte um den Vorrang des gesicherten Gläubigers.300 Gleichzeitig ist es in Kanada gelungen, die Kreditsicherungsrechte ihres Makels der Anrüchigkeit zu entledigen und das Personal Property Law auf eine rechtspolitische Grundlage zu stellen, die von Akzeptanz und Wohlwollen geprägt ist. Mit Blick auf die Hauptakteure im Wandel des Kreditsicherungsrechts unterscheiden sich Deutschland und Kanada ebenfalls diametral. Während das deutsche Recht der besitzlosen Sicherungsmittel vor allem durch Kautelarjuristen und Richter seine heutige Gestalt gewonnen hat, zeigt der historische Verlauf für Kanada das Bild eines aktiven Gesetzgebers. Auf empfundene Missstände – seien es Mängel in der Publizität, später in der Registrierung – wurde dort vergleichsweise rasch reagiert. Diese gesetzgeberischen Interventionen wurden immer wieder korrigiert und auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft. Auch auf diesem Gebiet hat sich – freilich mit einigen Konvergenzen – das viel zitierte Ideal vom umfassend kodifizierten civil law und vom fallrechtsbasierten common law umgekehrt.301
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit „Wenn eine differenzierte Form legislativ „[T]he drafters […] sought nothing less than belastet wird, so muß das Leben zur primi- to detach the legal entailments of security tiveren zurückkehren.“302 from conventional property analysis.“303
Dass es mit den Instituten besitzloser Kreditsicherheiten eine ganz eigene Bewandtnis hat, zeigen die vorangestellten Zitate und die geschichtliche Entwicklung. Wie sich diese Bewandtnis in der gegenwärtigen Rechtslage niederschlägt, sollen die folgenden Ausführungen erhellen. Ihr Ziel ist die Herausarbeitung und Gegenüberstellung einiger Wesensmerkmale von SicherungsBesitzlosenpfandrecht“. Von Wieling, Sachenrecht, § 18 (S. 257: „Das Sicherungseigentum (Mobiliarhypothek)“) ganz zu schweigen. 300 S. unten 2. Kapitel, IV., V. 301 Zu dieser Tendenz Gall, The Canadian Legal System, S. 30 f.; Maultzsch, in: Rückert, Joachim/Seinecke, Ralf (Hrsg.), Methodik des Zivilrechts, S. 510. 302 Heck, Grundriß des Sachenrechts, S. 432. 303 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 573.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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eigentum und security interest. Ferner gilt es zu untersuchen, inwieweit die Sicherungsgeschäfte mit übergeordneten Werten, Konzepten und Prinzipien304 der jeweiligen Rechtsordnung – ihrem normativen Kontext also – kompatibel sind. Abschließend soll die im historischen Kontext begonnene Diskursanalyse durch eine Würdigung aktueller Stimmen zu den Sicherungsgeschäften komplettiert werden. Dies mag den Anschein des Eklektizismus provozieren, veranschaulicht aber vielmehr die derzeitige Haltung gegenüber den jeweiligen Sicherungsrechten in Deutschland und Kanada. 1. Deutsches Recht a) Konkrete Ausgestaltung des Sicherungsrechts Der Begriff „Sicherungseigentum“ eignet sich als Ausgangspunkt zur Klärung der Besonderheiten dieses Rechtsgeschäfts. Es handelt sich hierbei (jedenfalls ursprünglich305) nicht um einen Gesetzesbegriff, sondern um eine Bezeichnung aus Wissenschaft und Praxis. Jedoch kennzeichnet der Terminus bereits ein besonderes Zweckmoment eben dieser Übereignungsform. Zwar wird von den Parteien nämlich eine Vollrechtsübertragung (insofern eine „-übereignung“) vereinbart, bezweckt ist aber letztlich (nur) die Reservierung des Sachwerts zugunsten des Sicherungsnehmers gegenüber anderen Gläubigern für den Fall der schuldnerischen Nichterfüllung (insofern „Sicherungs-“).306 Eben dieser Zweck der Sicherungsübereignung begründet drei wesentliche Unterschiede zur gewöhnlichen, auf Güterverschaffung gerichteten Eigentumsübertragung: erstens in inhaltlicher Hinsicht, da anstelle des vom Eigentum vermittelten umfänglichen Herrschaftsrechts vor allem die Übertragung der Verwertungsbefugnis intendiert ist.307 Zweitens (erneut) in inhaltlicher Hinsicht, da der 304
Dem hier verwendeten Begriff „Prinzip“ muss der Spagat zwischen beiden Rechtsordnungen gelingen. „Prinzip“ soll daher nachfolgend einen abstrakten Normtypen beschreiben, der nicht in der binären Struktur „anwendbar oder nicht“ funktioniert, sondern der als Grundsatz der jeweiligen Rechtsordnung nach weitgehender Verwirklichung strebt. Vgl. zu dem Begriff Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 22 f.; ders., A Matter of Principle, S. 33 f. Der Begriff „Wert” umschreibt im Folgenden ein abstraktes Ideal, das die Herausbildung von Prinzipien anregt. S. zu deren Bedeutung für den PPSA etwa Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 185 ff. und zum BGB Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 1: „Reihe von prinzipiellen Festlegungen und Entscheidungen des Gesetzgebers, die das Sachenrecht als Ganzes betreffen“. 305 Ein Beispiel für die spätere Verwendung des Begriffs durch den Gesetzgeber findet sich in § 128 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 AktG aus dem Jahr 1937 („aus der Jahresbilanz nicht ersichtliche […] Pfandbestellungen und Sicherungsübereignungen […]“. Gemeint war jede Sicherungsübertragung „im weitesten Sinne“, vgl. Gadow-Mellerowicz, § 128 AktG Anm. 14 b). 306 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 3; Henckel, in: Bettermann, Karl August et al. (Hrsg.), FS für Zeuner, S. 193, 198 betont daher zu Recht die Schaffung von „Haftungsprivilegien“ durch die Sicherungsübereignung. 307 S. Schimansky/Bunte/Lwowski-Ganter, § 95 Rz. 7, 11 und die Fußnote zuvor.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Sicherungsnehmer zwar unmittelbar Vollrechtsinhaber wird, er seine Befugnisse im Verhältnis zum Sicherungsgeber aber erst mit Eintritt der Verwertungsreife ausüben darf.308 Drittens und schließlich in zeitlicher Hinsicht, da die Übereignung zur Sicherung einer Forderung erfolgt, mithin nicht auf Dauer angelegt, sondern nach dem Parteiwillen nur vorläufiger Natur ist.309 Damit kann die Sicherungsübereignung gleichsam als Rechtsgeschäft mit überschießender Außentendenz begriffen werden: Während der Sicherungsnehmer gegenüber Dritten die Stellung eines Eigentümers (§ 771 Abs. 1 ZPO)310 geltend machen kann, ist es ihm im Innenverhältnis aufgrund der Sicherungsabrede untersagt, die Sache vor Fälligkeit der Forderung zu verwerten. Wenn in der Literatur von der Sicherungsübereignung die Rede ist, so begnügen sich die Autoren selten mit der Erörterung des Übereignungstatbestandes aus §§ 929 S. 1, 930 BGB. Vielmehr behandeln sie in diesem Rahmen auch das Grundgeschäft (etwa einen Darlehensvertrag) und insbesondere die Sicherungsabrede (als Rechtsgrund der Verfügung).311 Der eigentlichen Übereignung geschieht vor allem hinsichtlich der Einigung, des Besitzkonstituts und besonderer Probleme aus dem Sicherungsverhältnis Erwähnung. Dies ist nur konsequent, da die verschiedenen Rechtsgeschäfte in einem komplexen Verhältnis zueinander stehen312 und die Möglichkeit einer Übertragung qua Besitzmittlungsverhältnis der ausschlaggebende Grund für die Verbreitung der Sicherungsübereignung ist.313 Der jeder Sicherungsübereignung zugrundeliegende dingliche Vertrag (Einigung) muss entsprechend der Systematik des BGB den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen genügen. Zu bemerken ist hierbei, dass die Willenserklärungen der dinglichen Einigung genau genommen nur auf die Übertragung des Eigentums gerichtet sind.314 Damit verfolgte Zwecke – etwa die Kreditsicherung – haben bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Übereignung eigentlich unberücksichtigt zu bleiben, denn sie fallen in den Bereich der schuldrechtlichen Sicherungsabrede.315 Wie Mängel dieser Abrede gleichwohl auch die Wirksamkeit der Übereignung beeinflussen, wird noch zu zeigen 308
BeckOK BGB-Kindl, § 930 BGB Rz. 13; Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 21, 35. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 2; anschaulich Sölch/Ringleb-Martin, § 3 UstG Rz. 102: „nur als vorübergehend gedachte Übereignung“. 310 So zumindest die herrschende Meinung, s. BGH, Urteil v. 04.02.1954, Az. IV ZR 164/53, in: NJW 1954, 673, 674 und Stein/Jonas-Münzberg, § 771 ZPO Rz. 30. 311 S. bspw. Wellenhofer, Sachenrecht, § 15 I., III. und Lüke, Sachenrecht, § 16 I., II. Zu den Rechtsverhältnissen im Einzelnen s. 2 Kapitel, III. 1. 312 Zur Akzessorietätsdiskussion Schmidt, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 329 ff. und zur Abstraktheit der Verfügung Jauernig, NJW 1982, 268, 269. 313 Lwowski/Fischer/Gehrlein-Wittig, § 11 Rz. 1 und oben 2. Kapitel, I. 1. b). 314 Es ist daher gelegentlich von der Wertneutralität des Verfügungsgeschäfts die Rede, vgl. BeckOGK BGB-Klinck, § 929 BGB Rz. 47 (mit kritischer Relativierung in Rz. 47.1). 315 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1102; Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 46. 309
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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sein.316 Für das Verhältnis zu Dritten hat sich in diesem Zusammenhang vor allem die Geltung der §§ 138, 826 BGB als wichtig erwiesen. Diese Normen bilden zentrale Prüfsteine für die Frage, ob die Sicherungsübereignung aus Gründen der Vollstreckungsvereitelung oder der Gläubigerbenachteiligung unwirksam ist.317 Bei einer Rechtsverschaffung zu Sicherungszwecken stellt sich zwangsläufig auch die Frage, wie sich die Erfüllung der gesicherten Forderung auf das Schicksal des übertragenen Rechts auswirkt. Für das Pfandrecht heißt es in § 1252 BGB so klar wie lakonisch: „Das Pfandrecht erlischt mit der Forderung, für die es besteht.“ Bei der Sicherungsübereignung fehlt es jedoch an einer entsprechenden Regelung. Gegen einen Rückfall des Eigentums vom Sicherungsnehmer auf den Sicherungsgeber eo ipso spricht der Umstand, dass gesicherte Forderung und Sicherungsübereignung im Ausgangspunkt nicht akzessorisch sind.318 Unbenommen bleibt es den Parteien aber, die Übereignung resolutiv zu bedingen und somit (rechtsgeschäftlich) einen Rückfall des Eigentums bei Rückzahlung der Darlehenssumme vorzusehen.319 Die herrschende Meinung geht im Zweifel (d.h. bei fehlenden Anhaltspunkten für eine auflösende Bedingung) vom Vorliegen einer unbedingten Übertragung aus.320 In dieser Gestalt konnte sich die Sicherungsübereignung zügig als typisches Sicherungsmittel des Geldkreditgebers etablieren. Vor allem Kreditinstitute sichern sich einerseits den Vorrang gegenüber anderen Gläubigern, sind aber andererseits von einer (für sie ohnehin lästigen) Verwahrung des Sicherungsgegenstandes entbunden.321 Die defensive Wirkungsdimension – bestehend in ihrer abschreckenden und hindernden Funktion gegenüber pfändungswilligen Dritten – macht die Sicherungsübereignung vor allem bei Projektfinanzierungen attraktiv.322
316
Sogleich unter 2. Kapitel, III. 1. b). So schon BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: NJW 1953, 1665; OLG Stuttgart, Urteil v. 21.10.1970, Az. 1 U 59/70, in: NJW 1971, 50 und Gerhardt, JuS 1972, 696, 700 f. Jüngst erneut BGH, Urteil v. 12.04.2016, Az. XI ZR 305/14, in: NJW 2016, 2662. 318 Es besteht insofern keine gesetzliche Akzessorietät, vgl. Schmidt, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 329, 331. Hierzu auch MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 10. 319 Erman-Bayer, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 5; zum dann entstehenden Anwartschaftsrecht des Schuldners Lüke, Sachenrecht, Rz. 628, 630. 320 BGH, Urteil v. 02.02.1984, Az. IX ZR 8/83, in: NJW 1984, 664; Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 43; anderer Auffassung noch aus Sicht der Interessenjurisprudenz Heck, Grundriß des Sachenrechts, S. 433. 321 Schulze-Schulte-Nölke, § 930 BGB Rz. 8. Für einen entsprechenden Formularvertrag s. Lwowski/Fischer/Gehrlein-Wittig, Anhang 1 zu § 11 Rz. 1. 322 Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 59 f.; zum Begriff „Projektfinanzierungen“ s. Böttcher/Blattner, Projektfinanzierung – Risikomanagement und Finanzierung, S. 7 ff. 317
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
b) Konzeptionelles Fundament Dass die Sicherungsübereignung einigen Friktionen323 zum Trotz als Treuhandgeschäft einzuordnen ist, gilt als weitgehend anerkannt.324 Soweit den Ansätzen Sericks und Wilhelms gefolgt und allein darauf rekurriert wird, dass mehr Rechtsmacht übertragen wird als zur Sicherung nötig ist und eine Bindung des Treuhänders (nur) schuldrechtlich erfolgt, mag dies einleuchten.325 Sobald man aber den Zweck der treuhänderischen Innehabung eines Rechts berücksichtigt – klassischerweise die Wahrung fremder Interessen durch den Treuhänder326 – erscheinen Zweifel an der Einordnung angebracht. Bei der Sicherungsübereignung erhält der Sicherungsnehmer (Treuhänder) das Eigentum immerhin zur Befriedigung seines Vorranginteresses. Die Annahme einer „eigennützigen Treuhand“327 wäre geradezu eine contradictio in adiecto, würde man das herkömmliche Begriffsverständnis zugrunde legen. Abhilfe bei der dogmatischen Einordnung schafft nach herrschender Auffassung die Dichotomie zwischen Verwaltungs- (= uneigennützig) und Sicherungstreuhand (= eigennützig).328 Bei Rechtsübertragungen zur Sicherung werden die Begriffe der Eigennützigkeit und der Treuhand folglich als vereinbar angesehen, obgleich dies von der Grundkonstellation der Treuhand abweicht. Lässt man diesen Vorgang zu, so verdient die Diskussion zwischen Pandektisten und Germanisten über die historische Grundlage der einschlägigen Treuhandkonstruktion noch Erwähnung. Schließlich ist sie von einiger Bedeutung für die Stellung des Sicherungsnehmers gegenüber Dritten. Da die Gefahr, sich hier in doktrinären Grabenkämpfen zu versteigen,329 groß ist, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf Beobachtungen, die dem Untersuchungsgegenstand zuträglich sind. Basierend auf den Untersuchungen Schultzes330 verläuft die hergebrachte Unterscheidung zwischen der römisch-rechtlichen und 323
Auf diese weisen richtigerweise Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 106 f. und Löhnig, Treuhand, S. 121 f. hin. 324 Erman-Bayer, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 1; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 71 ff. 325 Serick, aaO, der aber auch schon auf „quasidingliche Berechtigungen“ (S. 77) hinweist; Wilhelm, Sachenrecht, Rz. 79b. 326 Coing, Treuhand, S. 1, 85 einerseits („nicht im eigenen Interesse“), S. 72 f. andererseits (zu „Sicherungstreuhandschaften“); s. a. Henssler, AcP 196 (1996), 37, 41 f. 327 Gegen die Einordnung solcher Sicherungsgeschäfte als „Treuhand“ Löhnig, Treuhand, S. 121 f. Für eine Öffnung des begrifflichen Verständnisses gegenüber solchen „Typen oder Stufen der Treuhand“ Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 403–405. 328 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1098; ähnlich Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 4 Rz. 16. Historisch fällt die Parallele zu fiducia cum amico und fiducia cum creditore auf, vgl. oben 2. Kapitel, I. 1. a). 329 Für eine ausführliche Erörterung s. Asmus, Grundlagen der Treuhand, passim und grundlegend Schultze, JherJb 43 (1901), 1, 7 ff. 330 S. zunächst Schultze, Die langobardische Treuhand, S. 55, 64 und nach Inkrafttreten des BGB Schultze, JherJb 43 (1901), 1 ff. sowie Oertmann, Die fiducia, passim.
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der deutsch-rechtlichen Treuhand. Unterscheidungsmerkmal ist seit jeher die dem Treunehmer verliehene Rechtsmacht: Die fiducia gewährte ihm vollwertiges Eigentum bei (nur) schuldrechtlicher Bindung gegenüber dem Treugeber,331 die germanistische Treuhand im Kontrast dazu eine dinglich beschränkte Rechtsposition.332 Der (interne) Sicherungszweck wirkte bei letzterer Konstruktion also in rem, was konstruktiv durch die Annahme einer auflösenden Bedingung oder gar einer inhaltlich beschränkten Eigentumsübertragung verwirklicht werden sollte.333 Je nach angenommener Treuhandkonstruktion – romanistisch oder germanistisch – variieren folglich die dem Sicherungsnehmer übertragene und die beim Sicherungsgeber verbliebene Rechtsmacht, mithin auch deren Position gegenüber Dritten.334 Im wissenschaftlichen Diskurs und in der Praxis konnten sich die Pandektisten mit dem fiduziarischen Modell gegen die Germanisten durchsetzen.335 Eine „quasi-dingliche“ Rechtsmacht des Sicherungsgebers, wie sie für die Sicherungsübereignung dennoch oft propagiert wird, vermag die romanistische Einordnung allerdings kaum zu erklären.336 Überzeugender scheint es vor diesem Hintergrund, die Sicherungsübereignung folgendermaßen zu qualifizieren: Sie ist weder deutsch-rechtliche noch römisch-rechtliche Treuhand, mangels Wahrnehmung fremder Interessen überhaupt keine echte Treuhand, sondern ein Rechtsgeschäft sui generis. Sicher weist das Sicherungseigentum je nach Konstellation einige Parallelen zu fiducia und germanistischer Treuhand auf; jedoch rechtfertigen die dargelegten dogmatischen Unterschiede eine gesonderte Einordnung der Sicherungsübereignung.337 Diese Aussage leitet zu einem ersten Prinzip des Sachenrechts über, das durch die Anerkennung des Sicherungseigentums betroffen ist. Es handelt sich hierbei um das Numerus-clausus-Prinzip. Dieser sachenrechtliche Grundsatz besagt, dass den Rechtssubjekten nur die im Gesetz anerkannten dinglichen
331 Regelsberger, AcP 63 (1863), 157, 172 f.; Schultze, Die langobardische Treuhand, S. 104. Später auch Oertmann, Die fiducia, S. 162. 332 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 74; Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 13 f. 333 Coing, Treuhand, S. 49 f.; Schultze, JherJb 43 (1901), 1, 10–13. 334 S. dazu Helmholz/Zimmermann, in: dies. (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S. 27, 35. 335 Vgl. Coing, Treuhand, S. 50. Hofer, in: Helmholz, Richard/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S. 389, 411 f. weist mit Recht darauf hin, dass romanistische und germanistische Treuhand allerdings zu unterschiedlichen Anwendungsbeispielen entwickelt wurden, ihr Gegensatz daher nur ein scheinbarer ist. 336 S. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 78, 95 ff. zu „quasidinglichen Wirkungen“ der Sicherungsabrede. Mit Recht kritisch gegenüber Ansätzen einer „Verdinglichung“ Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105 ff.; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 72. 337 Ähnlich Gaul, AcP 168 (1968), 351, 367 f.; Löhnig, Treuhand, S. 122 f.
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Rechte zu Verfügung stehen.338 Neue Typen absolut wirkender Rechte können also nicht durch Parteiabrede geschaffen werden. Nun sieht das sachenrechtliche System des BGB ein besitzloses Pfandrecht, als das die Sicherungsübereignung allzu oft eingeordnet wird,339 nicht vor. Ferner ist es jedenfalls nicht typischer Inhalt des Eigentums, dem Inhaber die Sicherung eines Kredits zu vermitteln. Diesen Eigenheiten wird es durchaus gerecht, dass etwa Wolfgang Wiegand vom Sicherungseigentum als „Sonderform des Eigentums“340 spricht. Die Sanktion der Sicherungsübereignung wird (zumeist implizit) jedoch damit verteidigt, dass es sich um keinen eigenen sachenrechtlichen Typus, sondern um eine inhaltlich zulässige Nutzung des Typus „Eigentum“ handle.341 Eine klare Grenzziehung zwischen – sit venia verbo – kreativer Nutzung und unzulässiger Neuschaffung ist dabei kaum erkennbar. Immerhin lässt sich fragen, ob das Eigentum so nicht jede beliebige Funktion eines beschränkten dinglichen Rechts übernehmen könnte. Ferner ist auf das Trennungs- und das Abstraktionsprinzip einzugehen. Diesen Grundätzen zufolge sind die Wirksamkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft getrennt zu behandeln; Unwirksamkeitsgründe auf der einen Ebene beeinträchtigen nicht die andere Ebene.342 Nun wurde bereits angedeutet, dass eine wegen Gläubigerbenachteiligung sittenwidrige Sicherungsabrede auch zur Unwirksamkeit der Übereignung führt.343 Dies muss vor dem Hintergrund der Abstraktheit von Verpflichtung und Verfügung überraschen. Wie der Kunstgriff also gelingt, ist im folgenden Kapitel ausführlich zu thematisieren.344 Hier bleibt nun noch aufzugreifen, dass bei der Sicherungsübereignung die „Sichtbarkeitsinteressen […] in keiner Weise gewahrt“345 sind. Die diesbezüglich bereits getroffenen Aussagen346 laden dazu ein, im Sicherungseigentum einen Verstoß gegen das sogenannte „Publizitätsprinzip“ zu sehen. Dieses setzt 338
Lüke, Sachenrecht, § 1 Rz. 28 ff.; Wellenhofer, Sachenrecht, § 3 Rz. 2 f. Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 277; Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25; Smid, Handbuch Insolvenzrecht, § 2 Rz. 55. Ebenso Wieling, Sachenrecht, § 18 (S. 254 ff.), der daraus weitreichende dogmatische Konsequenzen zieht. 340 Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 63. Dazu, dass Sicherungseigentum und Numerus-clausus-Prinzip schwerlich vereinbar sind s. ebd. Rz. 7, 9. 341 RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, 170: „Es ist […] rechtlich durchaus zulässig [...], daß einem Gläubiger zu seiner Sicherstellung wegen einer persönlichen Forderung von seinem Schuldner ein Vermögens-Objekt in der durchaus ernstlichen Absicht […] übertragen wird, daß der Gläubiger […] wirklicher Eigentümer werden soll“. S. auch Schubert, ZRG GA 1990, 132, 133 ff. 342 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 4 Rz. 23; MüKo BGB-Oechsler, § 929 BGB Rz. 5, 8 ff. 343 Vgl. 2. Kapitel, II. 1. a). 344 2. Kapitel, III. 1. b) aa). 345 Heck, Grundriß des Sachenrechts, S. 238. 346 Oben 2. Kapitel, I. 3. a). 339
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nach herrschender Lesart voraus, dass dingliche Berechtigungen und Verfügungen nach außen erkennbar sind.347 Allein: Die Annahme eines allgemeinen Prinzips der Offenkundigkeit scheint gerade im Mobiliarsachenrecht und mit Blick auf §§ 929 S. 1, 930 BGB problematisch.348 Denn einerseits wird der Übergabe mitunter energisch jede Relevanz für die Publizität abgesprochen;349 eine Ansicht, die sich mit Verweis auf die historischen Quellen fundieren lässt.350 Andererseits scheint die Gefahr einer Irreführung Dritter durch den verbleibenden Schuldnerbesitz einigen Stimmen zu genügen, um die Sicherungsübereignung zu beargwöhnen. So lässt die Lehre immer wieder Sentenzen vernehmen, die eine Verbindung zwischen Übergabe und Publizität explizit oder implizit herstellen.351 Diese Sichtweise hatte schon bei Abfassung der Materialien als überholt zu gelten.352 Zu beachten ist aber, dass die Motive353 und noch die Protokolle354 Passagen enthalten, die der Übergabe beim Pfandrecht durchaus Publizitätswirkungen zusprechen.355 So lässt sich fragen, 347
MüKo BGB-Gaier, Einl. SachenR Rz. 22; Wellenhofer, Sachenrecht, § 3 Rz. 5. S. a. Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 19. Einsele, JZ 1990, 1005, 1012 ordnet das Offenkundigkeitsprinzip bei fiduziarischen Treuhandgeschäften sogar als „systemwidrig“ ein. 349 Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 298–300; Wilhelm, Sachenrecht, Rz. 24; Quantz, Besitz und Publizität, S. 64 f. 350 Protokolle, S. 3681 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 624 f. wird hier meist angeführt, wenngleich es dort bloß heißt, es sei nicht der „wesentliche Zweck“ der Übergabe, die Übereignung nach außen erkennbar zu machen. 351 Exemplarisch und keineswegs abschließend Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1092: „in der Besitzübertragung liegende Publizität“; Schimansky/Bunte/LwowskiGanter, § 95 Rz. 21: Besitzverschaffung als „publizierende[r]“ Rechtsakt; Wellenhofer, Sachenrecht, § 3 Rz. 5: „Publizitätsmittel [ist] bei beweglichen Sachen der Besitz“. 352 S. etwa Motive, S. 335 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 185 f. Hierzu auch Staudinger-Wiegand, § 929 BGB Rz. 56. 353 Motive, S. 447 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 801: „[D]ie mit der Zulassung des const. poss. verknüpfte Unersichtlichkeit des Rechtsverhältnisses [ist] gerade bei dem Pfandrechte mit besonderen Gefahren verbunden, indem das const. poss. vielfach benutzt werden würde, um geheime, die Sicherheit des Verkehres, namentlich auf den Fall des Konkurses hin, beeinträchtigende Pfandrechte zu schaffen“. 354 Protokolle, S. 913 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 4166: „Der Satz, daß die Begründung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache durch Uebergabe an den Pfandgläubiger erkennbar gemacht werden müsse und es zur Begründung nicht genüge, wenn die verpfändete Sache im Besitze des Verpfänders verbleibe, sei für den Verkehr von außerordentlicher Bedeutung“. Zur Zulassung des constitutum possessorium beim Pfandrecht heißt es von der Mehrheit: „Die Kom. habe diesen Schritt indessen aus guten Gründen bereits früher abgelehnt. Maßgebend sei in erster Linie der Gesichtspunkt gewesen, daß die Sicherheit des Verkehres eine äußere Erkennbarkeit bestehender Pfandrechte erheische. Eine solche Erkennbarkeit nach außen werde jedoch nur dadurch bewirkt, daß die verpfändete Sache aus dem Besitze des Verpfänders in den des Pfandgläubigers übergehe“ (Protokolle, S. 913 f. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 4169 f.). 355 Vgl. auch Koziol, AcP 212 (2012), 1, 28 und oben 2. Kapitel, I. 1. c). 348
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
warum bei einer Übereignung, die eben dieses Pfandrecht substituiert und dabei (mindestens) die gleichen Gefahren wie ein besitzloses Pfandrecht birgt, etwas anderes gelten soll. Kurzum: Die Materialien zu Übergabe und Publizität sind zu disparat, als dass sie die belastbare Annahme eines Offenkundigkeitsprinzips im Rahmen der §§ 929 ff. BGB zuließen. Rechtsdogmatisch erscheint die Beanstandung der Sicherungsübereignung unter dem Gesichtspunkt der Publizität also unergiebig. Rechtspolitisch bleibt das Sicherungsrecht mangels Offenkundigkeit jedoch erheblicher Kritik ausgesetzt. Für rechtliche Konflikte an einem Sicherungsgegenstand ist schließlich festzuhalten, dass diese im deutschen Recht durch Anwendung des Prioritätsprinzips zu lösen sind. Nach dem materiell-rechtlichen Prioritätsprinzip ist von zwei einander widersprechenden Rechtsänderungen nur diejenige wirksam, die zeitlich zuerst erfolgt.356 Hierauf ist im Rahmen des Vorrangkonflikts zurückzukommen.357 c) Widerhall in der Lehre Angesichts der gerade dargestellten Unklarheiten in der Konstruktion der Sicherungsübereignung überrascht es kaum, wenn sie als „Durchbrechung des numerus clausus und des Typenzwangs der dinglichen Rechte und auch des Offenkundigkeitsprinzips“358 oder als „atypische[s] Sicherungsgeschäft“359 klassifiziert wird. Die Einschätzungen, es handle sich um eine „Überwindung“360 der Legalordnung und eine „judiziell gebilligte […] Gesetzesumgehung“361, missachten allerdings den Inhalt der Materialien zum BGB. Ob die Anerkennung des Sicherungseigentums nun ein „Elend“362 oder gar den „Sündenfall“363 der deutschen Zivilrechtsdogmatik markiert, unterliegt der Wertung des Betrachters. Interessanterweise hat auch die Rechtsprechung es
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Hierzu Giesen, AcP 203 (2003), 210, 230 f.; Hoffmann, Prioritätsprinzip und Gläubigergleichbehandlung, S. 3 f. Zu unterscheiden ist dieser Grundsatz vom prozessualen Prioritätsprinzip, wonach von mehreren Vollstreckungsgläubigern demjenigen im Verteilungsverfahren der Vorrang zukommt, der die Vollstreckung zuerst betreibt, s. dazu Siebert, Das Prioritätsprinzip in der Einzelzwangsvollstreckung, passim. 357 S. 2. Kapitel, IV. 1. 358 Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 4 Rz. 17. 359 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 56 vor Rz. 1 (Überschrift). 360 Ibid. 361 So Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 79 mit lesenswerten Ausführungen zu sachenrechtlicher Typizität und Haftungskongruenz. 362 Koziol, AcP 212 (2012), 1, 27 ff. im Kontext des Publizitätsprinzips. 363 Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 522.
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nicht vermocht, das eherne Dictum des Reichsgerichts vom vollwertigen (Sicherungs-)Eigentum durchzuhalten.364 Zusammenfassend lässt sich sagen: Die kautelarisch ersonnene und richterrechtlich sanktionierte Sicherungsübereignung hat ausweislich der Materialien des BGB eine angreifbare, aber in ihrer Existenz zu achtende Anerkennung erhalten. Seitdem steht sie – jedenfalls bei subjektiv-teleologischer Auslegung365 – nicht mehr (bloß) auf einem gewohnheitsrechtlichen Fundament,366 ist erst recht kein Institut praeter oder contra legem,367 sondern ein grundsätzlich zulässiges Sicherungsmittel. Eine andere Frage bleibt, inwieweit der Gesetzgeber den heutigen Gebrauch des Instituts als umfassendes Sicherungsrecht und die damit verbundenen Probleme vorhergesehen hat.368 2. Kanadisches Recht a) Konkrete Ausgestaltung des Sicherungsrechts Auch bei Betrachtung des kanadischen Rechts empfiehlt es sich, zunächst über den Begriff „security interest“ zu reflektieren. Dieser ist in Section 1 (1) OPPSA wie folgt legaldefiniert: „an interest in personal property that secures payment or performance of an obligation“. Das security interest verschafft seinem Inhaber kein fiduziarisches, sondern ein hypothekarisches Sicherungsmittel, welches in der kanadischen Literatur gar in die Tradition der römischen hypotheca gestellt wird.369 Konstruktiv erscheint dies gerechtfertigt, denn der Gläubiger erhält mit Eintritt des Sicherungsfalls ein Verwertungsrecht gegenüber dem Schuldner und einen Verwertungsvorrang gegenüber Dritten. Auf einen transfer of title kommt es damit nicht an.370 Dieses Konzept einer Kreditsicherheit erinnert an die equitable charge, welche ihrem Inhaber eine entsprechende Berechtigung verschaffte.371 Wie aber verhält es sich mit 364 Vgl. etwa BGH, Urteil v. 03.09.1970, Az. VIII ZR 199/68, in: NJW 1970, 1413: „Sicherungsübereignung nur der Form nach Übereignung, der Sache nach aber bloße Sicherheit in Form eines von der Rechtsprechung zugelassenen besitzlosen Pfandrechtes“. 365 Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Heranziehung der Materialien – diese sind „bloß“ Produkt eines Expertengremiums, nicht des Gesetzgebers – zur Ergründung des legislatorischen Willens Zweifeln begegnet, vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 234 f. Gegen deren objektiv-teleologische Auslegung wiederum Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, Rz. 717 ff. 366 In diese Richtung noch Heck, Grundriß des Sachenrechts, S. 432. 367 So aber Hoeniger, JW 1930, 2936 („praeter legem – vielleicht sogar contra legem“) und Vieweg/Werner, Sachenrecht, § 12 Rz. 2 („praeter legem“). 368 Dazu unten 2. Kapitel, III. 1. b) dd). 369 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 117–119; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 31 f. 370 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 577 f.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 2.01 [83]. 371 S. dazu oben 2. Kapitel, I. 2. b).
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anderen traditionellen Sicherungsinstrumenten des Geldkreditgebers, namentlich mit den oben erwähnten Instituten chattel mortgage und pledge? Beide finden über Section 2 (a) (i) OPPSA ihren Eingang in das Regelwerk, das so noch einige weitere hergebrachte Sicherungsinstrumente in den Anwendungsbereich integriert. Jedenfalls bezüglich der pledge lässt sich dieser Einbezug angreifen. Immerhin ist die pledge in ihrer klassischen Gestalt zwingend mit dem Besitz des Schuldners verbunden und damit kaum mit einer hypothekarischen Konzeption vereinbar, während man bei chattel mortgage und equitable charge immerhin noch von einer funktionalen Äquivalenz sprechen kann.372 Allzu ambitioniert sollte das Ziel einer förmlich-stringenten Einordnung des security interest allerdings ohnehin nicht verfolgt werden: „[T]he focus […] is more on pragmatism than on conceptual purity“373. Entscheidend ist damit allein die zahlungssichernde Funktion eines Rechts. Durch die Schaffung eines security interest wurden die überkommenen Formen von Mobiliarsicherheiten im Ergebnis also nicht aufgehoben, sondern in einen einheitlichen Ansatz eingegliedert.374 Dieser Vorgang, der sich seit jeher aus Section 2 (a) (i) OPPSA375 ergibt, ging gewiss nicht reibungslos vonstatten. Namentlich die Vereinbarkeit der floating charge mit dem Konzept des security interest bereitete trotz ihres scheinbar ähnlichen (nämlich hypothekarischen) Charakters Probleme. Als Hemmschuh eines stimmigen Einbezugs erwies sich das Pre-crystallization-Stadium der floating charge, welches dem security interest fremd ist.376 Eben dieses Stadium hatte bereits zuvor Ungewissheiten bei Prioritätskonflikten mit Dritten verursacht.377 In seinem einführenden Aufsatz und seiner grundlegenden Monographie zum OPPSA orientierte sich Fred M. Catzman bei der Lösung des Problems an den allgemeinen Bestimmungen, suchte die floating charge also in das generische System des security interest zu überführen.378 Catzman zeigte, dass es unter dem OPPSA auf eine crystallization nicht mehr ankam. Entscheidend für die Wirkungen eines jeden Sicherungsrechts waren fortan die allgemeinen Entstehungsschritte attachment und perfection.379 Auch die kanadische Rechtsprechung hat diesen 372
Ähnlich Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 120 f. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 32. 374 Vgl. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 5 und Dielmann, Recht der Kreditsicherheiten, S. 22: „Inkorporation“ mit Blick auf Article 9 UCC. 375 Erwähnt sei aber, dass die ursprüngliche Fassung in Section 3 (1) (c) OPPSA (1967) die Exklusion von Sicherheiten nach dem Corporation Securities Act vorsah, was einem faktischen Ausschluss der floating charge gleichkam, vgl. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 35 f. 376 v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 160–162; Wood, 27 Alta. L. Rev. (1979), 191, 217. 377 S. dazu schon oben 2. Kapitel, I. 2. b). 378 Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 211 ff.; ders. et al., Personal Property Security Law, S. 62 ff.; dafür auch Ziegel, 23 Can. Bus. L. J. (1994), 470, 478 f. 379 Dazu unten 2. Kapitel, III. 2. b). 373
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Weg nach einer Reihe zweifelhafter Entscheidungen380 eingeschlagen. Ihr hatte die Abgrenzung von floating charge und chattel mortgage (with a license to carry on business) zuvor noch erhebliche Schwierigkeiten bereitet.381 Durch die formblinde Anwendung der OPPSA-Bestimmungen konnte diese Abgrenzung künftig dahinstehen. Unter anderem aus diesem Grund erwies sich die einheitliche Behandlung von security interests an revolvierendem Sachbestand, deren Bestellung vorher nur durch eine fehleranfällige Kombination mehrerer Sicherungsrechte möglich war, als gewinnbringend. Bei einer Zusammenschau mit dem Anwendungsbereich in Section 2 (a) OPPSA ergeben sich vier Merkmale, die ein security interest kennzeichnen: Der Gläubiger muss erstens ein proprietary interest382 an einem Gegenstand erwerben; zweitens muss dieser Gegenstand personal property383 darstellen; drittens muss das entstehende interest die Erfüllung einer (Zahlungs-)Verpflichtung sichern; viertens muss das interest durch Parteivereinbarung entstanden sein.384 Neben diesen „echten“ security interests ist der OPPSA auch auf einige sogenannte deemed security interests anwendbar.385 Auf sie soll hier nicht vertieft eingegangen werden, denn sie stellen keine gewillkürten Sicherungsmittel dar. Ihr Einbezug ist vielmehr ein Bekenntnis zum funktionalen Umgang mit dem Publizitätserfordernis, da bei diesen Rechtsverhältnissen vergleichbare Gefahren wie bei security interests bestehen (etwa die Irreführung Dritter über die Vermögensverhältnisse des Schuldners).386 Auch der eingangs zitierte Passus „secures payment“, der bewusst offen formuliert ist, belegt die im OPPSA waltende Zweckorientierung und soll neue 380 Vgl. etwa Access Advertising Management v. Servex Computers (1993), 21 C. B. R. (3d) 304, wo die floating charge weitgehend als eigenständiges Institut behandelt wird oder Royal Bank v. Mohawk Moving & Storage (1985), 54 C. B. R. (N. S.) 259, wo anlässlich der floating charge nicht einmal auf den OPPSA Bezug genommen wird. 381 Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 85 verweist auf Gordon MacKay v. Capital Trust Corp., [1927] S. C. R. 374, wo inhaltliche Unterschiede durch Anwendung des Chattel Mortgage Acts auf die floating charge sogar relativiert wurden. 382 Zu diesem Begriff Worthington, Equity, S. 52 ff. und Birks, English Private Law, S. 204 f. Sehr vereinfacht gesagt zeichnen sich proprietary rights durch ihre Übertragbarkeit (transferability) und ihren Schutz gegenüber Eingriffen Dritter (excludability) aus. 383 Gemäß Section 1 (1) OPPSA fallen „chattel paper, documents of title, goods, instruments, intangibles, money and investment property, and […] fixtures but […] not […] building materials that have been affixed to real property“ unter den Begriff personal property. 384 S. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 79 ff. und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 2.01 [83] zu den genannten Merkmalen. Nonconsensual security interests fallen also nicht in den Anwendungsbereich der PPSAs. 385 Vgl. Section 2 (b), (c) OPPSA: „a transfer of an account or chattel paper even though the transfer may not secure payment […] and a lease of goods under a lease for a term of more than one year even though the lease may not secure payment”. 386 S. dazu umfassend Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 155 ff. und Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 73 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Besicherungsformen flexibel in dessen Anwendungsbereich einbeziehen.387 Auf dieser rechtlichen Grundlage ist das security interest als ein statutory interest des Gläubigers am property des Schuldners zu qualifizieren.388 Wie bei der Sicherungsübereignung ist mit einem isolierten Blick auf das security interest wenig gewonnen. Daher erscheint es sinnvoll, einige wesentliche Regelungskomplexe des OPPSA, die die Gestalt des Instituts näher konturieren, zu beleuchten. Als erstes ist hier die Einbindung des Verhältnisses von gesichertem Gläubiger und Drittgläubiger in die Entstehungsvoraussetzungen des security interest zu nennen. Das Sicherungsrecht entsteht zwar bereits durch das sogenannte attachment.389 Um gegenüber Dritten allerdings in den Genuss der größtmöglichen Vorrangwirkung zu gelangen, muss der Gläubiger darüber hinaus die Voraussetzungen der perfection erfüllen.390 Dies verlangt nach dem OPPSA seit jeher391 die Publikation des Sicherungsrechts im hierfür geschaffenen Register oder die Besitzübertragung des Sicherungsgegenstandes. Damit verbunden, nicht aber identisch, ist die für das kanadische Recht neue Normierung von Prioritätskonflikten. So regelte Section 35 (1) OPPSA (1967) erstmals die Rangverhältnisse am Sicherungsgegenstand.392 Section 22 (1) OPPSA (1967) enthielt die für den hier behandelten Konflikt wichtige Vorrangregelung zwischen secured creditor und judgment creditor vor dem Eintritt der perfection.393 Ziel dieser legislativen Klärung von Vorrangfragen war die Beseitigung der zuvor grassierenden Unsicherheiten darüber, welche Sicherungsrechte ihrem Inhaber in welchem Stadium die Priorität
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McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 2.01 [83]. Cuming, 55 Can. Bus. L. J. (2014), 179, 181 weist darauf hin, dass es sich also gerade nicht um ein equitable interest handelt. 389 Zum attachment s. Beale et al., The Law of Security and Title-Based Financing, para. 23.105 und ausführlich unten 2. Kapitel, III. 2. b) aa). 390 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 10 f., 107 ff.; Emerich/Shortt, Secured Transactions, S. 39 f. Eingehend dazu 2. Kapitel, III. 2. b) bb). 391 Vgl. Section 21 OPPSA (1967) iVm Section 24 OPPSA (1967) zur perfection by possession bzw. Section 25 (1) OPPSA (1967) zur perfection by registration. 392 S. Section 35 (1) OPPSA (1967): „If no other provision of this Act is applicable, priority between security interests in the same collateral shall be determined, (a) by the order of registration, if the security interests have been perfected by registration; (b) by the order of perfection, unless the security interests have been perfected by registration; or (c) by the order of attachment […] if no security interest has been perfected“. Ausführlich zu dieser Bestimmung Catzman et. al, Personal Property Security Law, S. 150 ff. 393 Section 22 (1) (a) (ii) OPPSA (1967): „[A]n unperfected security interest is subordinate to […] the interest of a person, […] who, without knowledge of the security interest and before it is perfected, assumes control of the collateral through legal process”. 388
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gegenüber Dritten sicherten.394 Die heutigen Parallelvorschriften finden sich in Section 30 (1) respektive Section 20 (1) OPPSA.395 Ein weiteres wesentliches Merkmal des OPPSA war von Beginn an die innovative Ausgestaltung des Registersystems. Dieses sollte (im Gegensatz zum damaligen Article 9 UCC) gleichsam einen Hybrid aus zentralisierten und lokalen Modellen darstellen. Ferner hatte sich das Catzman Committee vorgenommen, ein computerbasiertes System zu errichten. Die beiden Eigenschaften des Konzepts – teil-zentralisiert und digital – standen in enger Verbindung miteinander, denn die konkrete Lösung nahm sich folgendermaßen aus: Für die Provinz Ontario sollte ein zentrales und computerbasiertes Register396 eingeführt werden, welches die essentiellen Daten eines security interest zu enthalten bestimmt war.397 Gleichzeitig wurden lokale Zweigstellen eingerichtet, die mit der zentralen Registerbehörde über bei ihnen eingereichte Registrierungen und Suchanfragen in Korrespondenz standen.398 Dies sollte einerseits die Unzulänglichkeiten von Bezirksregistern umgehen und andererseits eine allzu starke Zentralisierung verhindern.399 So wurde eine lokale Zugänglichkeit bei provinzweiter Geltung des Registers ermöglicht. Dessen nunmehr internetbasierte Ausgestaltung wird im folgenden Abschnitt beleuchtet.400 Schließlich lautete ein wichtiger (vom UCC abweichender) Entschluss des Catzman Committee, dass die Parteien bei der Registrierung das geschlossene security agreement zu hinterlegen hatten. Diesem als document filing bezeichneten Prozedere schrieben die Komitee-Mitglieder einen besseren Schutz gegen Betrugsversuche zulasten Dritter zu. Schon 1973 – also noch vor seinem Inkrafttreten – erfuhr der OPPSA allerdings eine Änderung in diesem Punkt. Dergestalt nämlich, dass das document filing durch ein Notice-filing-System abgelöst wurde. Letzteres zeichnet sich durch eine vereinfachte Registrierung aus, denn zu hinterlegen ist nicht das umfassende security agreement, sondern lediglich ein financing statement, das die essentiellen Angaben zum Sicherungsrecht (Name und Adresse des Schuldners, Sicherungsgegenstand, Registrierungsnummer) enthält. Sinn und Zweck dieser Änderung war es, die
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Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 468 f.; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 22 sehen diese Regelungen der „Legal Predictability” verschrieben. 395 Dazu näher im Rahmen des Vorrangs, s. unten 2. Kapitel, IV. 2. a) bb). 396 Vgl. Section 41 (1) OPPSA (1976): „A registration system, including a central office and branch offices, shall be established for the purposes of this Act”. 397 S. Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 216 ff. und ders. et al., Personal Property Security Law, S. 168 ff. zu den weiteren Modalitäten der Registrierung. 398 Ibid. 399 Beare, 27 Fac. L. Rev. Tor. (1969), 1, 10 f.; Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 106. 400 2. Kapitel, III. 2. b) bb) Inkurs: Das Registersystem im Detail.
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Bestellung des security interest für die beteiligten Parteien noch weiter zu erleichtern.401 b) Konzeptionelles Fundament Das konzeptionelle Fundament der kanadischen Regelungen soll hier zweigeteilt untersucht werden: Zunächst gilt es, den Umfang der Rechtsübernahme bei der Schaffung des OPPSA offenzulegen. Danach werden einige relevante Prinzipien des kanadischen Kreditsicherungsrechts erläutert und mit dem security interest in Verbindung gesetzt. Auf die Rolle Kanadas als borrowing legal system und seine Rezeptionserfahrung auch im Kreditsicherungsrecht402 wurde bereits angespielt. Die Schaffung des OPPSA erweiterte diesen Prozess der Rechtsübernahme um ein zusätzliches Kapitel. Somit drängt sich die Frage auf, wie die PPSA-Gesetzgebung im Lichte von Article 9 UCC zu qualifizieren ist:403 als Produkt einer Rechtsbeeinflussung? Als Rechtstransfer? Oder gar als legal transplant?404 Mit einer Etikettierung in die eine oder andere Richtung ist wenig gewonnen, zumal die Einschätzungen ausgewiesener Kenner des kanadischen Personal Property Law denkbar weit auseinander liegen. Diese bezeichnen Article 9 UCC bald als „inspiration“405, bald als „basis“406 oder als „model statute“407. Spiegelbildlich wurde den PPSAs eine Einordnung als „adopted part of the UCC“408, als „Canadian progeny of Article 9“409 oder als „Ontario Version of Article 9“410 zuteil. Gewiss haben der historische Kontext und die Überlegungen des Catzman Committee verdeutlicht, dass der Einfluss von Article 9 UCC auf den OPPSA erheblich war und ist. Doch auch die Unterschiede zum US-amerikanischen Recht und die ausdrückliche Weigerung des Catzman Committee, das US-amerikanische Vorbild schlicht zu übernehmen, verdienen 401
McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 5.03 [1]; zeitgenössisch zur Diskussion um notice filing und document filing s. Lee, 47 Can. B. Rev. (1969), 420, 433 ff. 402 S. oben 2. Kapitel, I. 2. 403 Zur „Exportierbarkeit“ von Article 9 UCC nach Kanada s. Ziegel, 27 Can. Bus. L. J. (1996), 226 ff. Aus englischer Perspektive Bridge, 27 Can. Bus. L. J. (1996), 196 ff. 404 Zu den unterschiedlichen Begriffen s. Kischel, Rechtsvergleichung, S. 57 ff. mit dem berechtigten Hinweis auf Konvergenzen (S. 63) und Graziadei, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 441, 443 f. 405 Cuming, 29 Loy. L. A. L. Rev. (1995–1996), 971. Kurz darauf war bei Cuming von „intellectual root“ die Rede, vgl. dens./Walsh, 16 B. F. L. R. (2000), 339. 406 Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 107. 407 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 1. 408 So MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 10 entgegen Catzmans Ausspruch „adapt rather than adopt”, vgl. dens., 22 Bus. Law. (1966), 209, 210. 409 Ziegel/Cuming, 31 U. Toronto L. J. (1981), 249, 252. 410 Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 18. Ähnlich Beale, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 7: „The Canadian PPSAs follow fairly closely the original version of Article 9”.
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hinreichende Würdigung bei der Einordnung der kanadischen PPSAs. Man denke an die bereits angeklungenen Differenzen zwischen den Rechtsordnungen,411 die einem Transfer tel quel entgegenstanden und Modifikationen von Article 9 UCC opportun (wenn nicht gar nötig) machten. Für den hier untersuchten Konflikt ist ein gravierender Unterschied zwischen dem US-amerikanischen und dem kanadischen Recht vor allem bei der floating charge hervorzuheben. Diese wurde 1925 in der wegweisenden Entscheidung Benedict v. Ratner412 durch den US Supreme Court weitgehend ihrer Praktikabilität beraubt, denn gegenüber dritten Gläubigern galt sie als „fraudulent in law and void“413. Jedoch bestand und besteht ein wirtschaftliches Bedürfnis an floating liens. Deshalb wohnt Section 9-205 UCC414 der gesetzgeberische Wille inne, die floating charge wiederzubeleben.415 Derartige Reanimationsmaßnahmen musste das kanadische Recht nie einleiten, da die floating charge bereits vor Inkrafttreten der PPSAs als zulässiges Sicherungsmittel galt. In Einklang mit der noch immer engen Anlehnung des kanadischen Rechtssystems an die englische Rechtstradition gelten in Kanada überdies andere Regeln für die statute interpretation als in den USA – etwa hinsichtlich der zulässigen Quellen zur Ergründung der legislative history.416 Hinzu kommen sprachliche Eigenheiten417 und die vielzitierte Affinität kanadischer Richter, bei der Lösung juristischer Probleme auch Argumente aus anderen Rechtssystemen fruchtbar zu machen (judicial borrowing).418
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S. oben 2. Kapitel, I. 2. c). Benedict v. Ratner, 268 U. S. 353 (1925). S. zu dem Urteil auch Lee, 8 Alta. L. Rev. (1970), 389, 405 und v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 83 f. 413 Benedict v. Ratner, 268 U. S. 353, 364 f. (1925): „In the case at bar the arrangement for the unfettered use by the company of the proceeds of the accounts precluded the effective creation of a lien and rendered the original assignment fraudulent in law”. 414 „A security interest is not invalid or fraudulent against creditors solely because […] the debtor has the right or ability to […] use, commingle, or dispose of all or part of the collateral, including returned or repossessed goods”. 415 Vgl. hierzu den Official Comment zu Article 9 UCC (Section 9-205, 2.): „This Article expressly validates the “floating lien” on shifting collateral […]. [T]his section repeals the rule of Benedict v. Ratner, 268 U. S. 353 (1925), and other cases which held such arrangements void as a matter of law because the debtor was given unfettered dominion or control over collateral”. 416 S. Gall, The Canadian Legal System, S. 485 f. zum kanadischen und Fleischer, AcP 211 (2011), 317, 339 ff. zum US-amerikanischen Diskurs. 417 Zu konkreten Beispielen bei der Formulierung des OPPSA s. Catzman, 22 Bus. Law. (1966), 209, 210 f., 214. Zustimmend Abel, in: Ziegel, Jacob S./Foster, William F. (Hrsg.), Aspects of Comparative Commercial Law: Sales, Consumer Credit, and Secured Transactions, S. 291, 292; kritisch hingegen Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 133. 418 S. dazu die einstige Supreme-Court-of-Canada-Richterin Claire L'Heureux-Dubé, 34 Tulsa L. J. (1998), 15, 16 ff. und Tawfik, 32 Queen’s L. J. (2007), 573. Zu weiteren Unterschieden im Gerichtsverfahren Handschug, Einführung in das kanadische Recht, S. 61. 412
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Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal des anglo-kanadischen Rechtskreises ist aber seine liberale Haltung gegenüber Kreditsicherungsmitteln und einem umfassenden Vorrang des secured creditor auch bei weitreichender Belastung des Schuldnervermögens.419 Gerade der letztgenannte Aspekt begegnete im US-amerikanischen Recht zunächst nicht nur richterlichen, sondern auch legislativen420 Widerständen. Diese Unterschiede im transferierten Objekt (dem PPSA) und im Ziel des Transfers (der kanadischen Rechtsordnung) gegenüber der Herkunftsrechtsordnung rechtfertigen es, von einem eigenen kanadischen Weg zu sprechen.421 Versteht man unter legal transplants indes (vage) Regelungsansätze, die aus einer fremden in die eigene Legalordnung übernommen werden,422 so lässt sich der OPPSA mit seinem funktionalen security interest unter diesen Begriff subsumieren. Maßgeblicher als dieses Spiel mit Worten sind jedoch die praktische Umsetzung und die Anwendung des Regelwerks: Es wurde in einem eigenständigen kanadischen Stil abgefasst und weiterentwickelt, gestattet in Auslegung und Anwendung dennoch die Konsultation US-amerikanischer Quellen.423 Diese Form des legal borrowing beschreibt ein wichtiges Charakteristikum der kanadischen Rechtsordnung, über das eine Rückbindung an Article 9 UCC aufrecht erhalten bleibt. Nach dieser Einordnung des OPPSA steht nun noch die angekündigte Kontextualisierung des Regelwerks aus. Die Überleitung von der soeben aufgezeigten liberalen anglo-kanadischen Haltung zum folgenden Abschnitt verursacht dabei kaum Mühen, denn die wohl wichtigste Grundentscheidung des Personal
419
Vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 84 f. sowie Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 114 zur kanadischen Haltung einerseits und Woodward, 82 Cornell L. Rev. (1996), 1511, 1527 zur US-amerikanischen Position andererseits. 420 Als Indizien hierfür haben die Hürden in Article 9 UCC gegenüber einer umfänglichen Besicherung (Section 9-108 (c) und Section 9-203 (b) (3) (A) UCC) und die statutory liens zu gelten, durch welche die state legislators mitunter auch security interests unterminierten (vgl. dazu Woodward, 82 Cornell L. Rev. (1996), 1511, 1519 f., 1527 f.). 421 So auch Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 12 („AngloCanadian law took a different path“). Anders wohl v. Kenne, Das kanadische einheitliche Sicherungsrecht, S. 73, der Parallelen von Benedict v. Ratner zur oben zitierten Entscheidung Great Lakes Petroleum v. Border Cities Oil, [1934] 2 D. L. R. 743 zieht. 422 Kischel, Rechtsvergleichung, S. 63, 66 f.; Graziadei, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 441, 442 f. Anders Legrand, 4 M. J. (1997), 111, 120, der legal transplants für unmöglich hält, da allenfalls „a meaningless form of words“, nicht aber „a meaning-ful [sic!] sense of the term” übernommen werden könne. S. a. Mues, Rechtstransfer, S. 139–141 zur Ambiguität des Begriffs „legal transplant“ und seinen Erscheinungsformen. 423 Vgl. beispielhaft für die Literatur Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 15, 53 („[c]omparative guidance“) und für die Rechtsprechung National Bank of Canada v. Makin Metals Ltd., [1994] 4 W. W. R. 707, 710, wo bei methodischen Fragen auf die US-amerikanische Lösung im Rahmen von Article 9 UCC abgestellt wird.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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Property Security Law besteht darin, die Kreditsicherung zu fördern. Dieser prime policy lassen sich einige derivative Werte und Prinzipien unterordnen. Dass dabei dem Funktionalismus eine zentrale Rolle bei der Konzeption des security interest zukommt, dürfte kaum überraschen. Die Bedeutung dieses Ansatzes erstreckt sich sogar auf den Konflikt mit Dritten. Wenn nämlich in Section 2 (a) OPPSA der formalisierenden Betrachtung eine explizite Absage424 erteilt wird, so gilt dies auch für Vorrangfragen. Es kommt für die Vorrangrechte des secured creditor mithin nicht mehr darauf an, ob eine chattel mortgage (und damit der title übertragen) oder eine pledge vereinbart worden ist. Technisch folgt hieraus gar ein Wandel in den konfligierenden Positionen: Nicht mehr unterschiedliche property rights, sondern einheitliche priority rules bestimmen den Ausgang von Vorrangfragen.425 Bis zum Inkrafttreten des OPPSA mussten Gerichte mangels spezieller gesetzlicher Regelung noch den legal title lokalisieren und seinen Verlauf nachvollziehen.426 Ein solches Unterfangen war gleichermaßen mühsam wie fehleranfällig und sollte durch das Zusammenwirken von funktionalem Ansatz und einheitlichen Prioritätsregeln abgelöst werden.427 Ebenfalls in die Definition des security interest miteingeflossen ist das Anliegen, die Flexibilität bei der Bestellung des security interest zu fördern.428 Dementsprechend eröffnet Section 9 (1) OPPSA den Parteien erhebliche inhaltliche Gestaltungsfreiheiten bei der Abfassung des security agreement.429 Doch auch die Bestimmungen zur registration (der praxisrelevanten Methode, die perfection herbeizuführen) sind diesem Geiste verschrieben.430 Konkreten Ausfluss findet dies in den Möglichkeiten, das security interest bereits vor seiner Entstehung zu registrieren (advance registration, Section 45 (3) OPPSA)
424
Section 2 (a) OPPSA: „[…] every transaction without regard to its form and without regard to the person who has title to the collateral […]”. 425 Zu dieser Entwicklung Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 619 ff. und Davies, 24 Legal Stud. (2004), 295, 311. 426 Vgl. etwa den Supreme-Court-Fall Grand River Motors Ltd. (Trustee of) v. Commercial Finance Corp., [1933] S. C. R. 591, dessen Begründung stellenweise an die „historische Methode” bei der Eigentumsprüfung nach § 985 BGB erinnert. 427 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.00 [1]. Wenn in Gerichtsverfahren von Parteivertretern dennoch versucht wurde, das neue Priority-System durch Verweis auf den title zu umgehen, so war dem wenig Erfolg beschieden, vgl. etwa National Trailer Convoy of Canada Ltd. v. Bank of Montreal (1980), 1 P. P. S. A. C. 87, para. 25: „title is not relevant in determining that priority“. 428 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 6; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 2.01 [83]. 429 Aus dem Normtext von Section 9 (1) OPPSA: „a security agreement is effective according to its terms between the parties to it and against third parties”. 430 Beare, 27 Fac. L. Rev. Tor. (1969), 1, 23–25; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 22.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
und mit der Registrierung eines einzigen financing statement mehrere security interests zu erfassen (omni-registration rule, Section 45 (4) OPPSA).431 Von zentraler Bedeutung ist im kanadischen Kreditsicherungsrecht ferner der Schutz dritter Parteien durch Publikation der Sicherheiten.432 Die in Twyne’s Case433 angestoßene Regel, wonach eine entsprechende Offenkundigkeit entweder durch Besitz des Schuldners oder durch Registrierung des Sicherungsrechts zu gewährleisten ist, erhalten Section 22 (1) OPPSA (perfection by (re-)possession) und Section 23 OPPSA (perfection by registration) aufrecht. Als allgemeine Verhaltensmaxime der involvierten Parteien durchzieht die commercial reasonableness das gesamte Regelwerk.434 Flankiert wird dieser materielle Maßstab von Section 67 OPPSA, die den Gerichten das prozedurale Instrumentarium zur Wahrung der commercial reasonableness eröffnet.435 Letztgenannte Bestimmung ist auch die rechtliche Grundlage für eine richterliche Intervention bei der Lösung von Vorrangkonflikten zwischen gesicherten Gläubigern und Vollstreckungsgläubigern.436 Schließlich erklärt Section 72 OPPSA die „principles of law and equity“437 als ergänzend anwendbar, soweit sie in keinem Widerspruch zu den Regelungen des OPPSA stehen. Im hier untersuchten Konflikt verbleibt für die Leitlinien aus common law und equity praktisch kein Anwendungsbereich mehr. Das Zusammenspiel von perfection und priority rules im OPPSA sollte die zuvor übliche Praxis gerade ablösen. Denn nachdem unter altem Recht festgestellt worden war, ob ein interest überhaupt Schutz gegenüber Dritten genoss,438 musste bis zum Inkrafttreten des OPPSA durch ein Zusammenspiel der Regeln
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Zu weiteren Gestaltungsmöglichkeiten s. Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 194. 432 S. oben 2. Kapitel, I. 3. a). 433 Twyne’s Case, (1601) 76 E. R. 809. 434 Trotz punktueller Regelung in den Sections 16, 61 (2), 63 (1) OPPSA gilt der Maßstab allgemein und für alle Parteien, vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 9.02 [1]. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 52 f. sprechen anschaulich von einer „overarching obligation“. 435 Zu den gerichtlichen Befugnissen aus Section 67 OPPSA s. McLaren, The OPPSA, S. 510 ff.; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 546 f. 436 Vgl. Clarkson Co. Ltd. v. Chrysler Credit Canada Ltd. (1984), 3 P. P. S. A. C. 275 zur Parallelvorschrift Section 63 (2) (e) im PPSA Saskatchewans. Ausführlich zu diesen gerichtlichen Anordnungen unter 2. Kapitel, V. 2. b), c). 437 Normtext von Section 72 OPPSA: „Except in so far as they are inconsistent with the express provisions of this Act, the principles of law and equity [...] shall supplement this Act and shall continue to apply”. 438 S. statt vieler Worthington, Equity, S. 92 ff. dazu, dass zur Drittwirksamkeit regelmäßig die perfection (und damit eine Publikation) nötig war.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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„first in time, better in law“439, „nemo dat quod non habet“440 und unter Beachtung diffiziler Sonderregeln die Rangfrage beantwortet werden.441 c) Widerhall in der Lehre In der Literatur hat der OPPSA eine weitestgehend positive Kommentierung erfahren. Bereits die Grundkonzeption des Regelwerks fand rasch prominenten Beifall. So spricht eine internationale Expertengruppe um Michael G. Bridge von einem „[f]unctionalism, which respects the parties’ bargain and is sensitive, not to metaphysical property constructs, but to the interest of third parties“442 zu. Wohlwollend nimmt sich auch deren Verdikt aus: „This approach [i.e. functionalism] leads to the discouragement of sham transfers and the curing of ostensible ownership and “false wealth” problems, the promotion of certainty and predictability in the resolution of priority disputes, and the protection of the interest of the debtor and any subordinate third parties in the collateral at the point of enforcement.”443 Anderen Stimmen zufolge enthält der OPPSA „a flexible and practical set of procedures and guidelines for taking and enforcing security interests“444. In einem Urteil des Supreme Court of Canada heißt es: „The [...] PPSA [...] has greatly clarified, simplified, and rationalized the law of secured lending [...] by essentially rendering irrelevant the distinctions between the wide variety of instruments which existed at common law and in equity for taking security interests“445. Ganz einhellig teilen die Literaturstimmen die Ovationen dann aber doch nicht: Der functional approach gilt manchen wegen seiner Reichweite als „slippery slope“446, anderen als „octopus“447, dessen Tentakel allzu viele Rechtsgeschäfte umschlingen. Für die Experten um Michael G. Bridge steht fest: „Functional analysis has not […] provided clarity“448. Und auch die teils neuen, teils überkommenen Regeln zum konkreten Verhältnis zwischen
439 Ursprung ist die römische Rechtsregel „qui prior est tempore potior est iure“ („Wer früher in der Zeit ist, ist stärker im Recht“, Digesten D. 20, 4, 5.), vgl. hierzu Cuming, 55 Can. Bus. L. J. (2014), 179, 186. 440 Dazu Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 11 und Sheehan, Principles of Property Law, S. 55 ff. 441 Zu diesen Regeln siehe Birks, English Private Law, S. 433 ff. und Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 122. 442 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 573 f. 443 Bridge et al., aaO, 574, die nachfolgend freilich auf die Grenzen des funktionalen Ansatzes hinweisen. 444 Ross/Kelley/Rubin, 95 Com. L. J. (1990), 486, 501. 445 Innovation Credit Union v. Bank of Montreal, [2010] 3 S. C. R. 3 (para. 18). 446 Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 10. 447 Clark/Clark, The Law of Secured Transactions, § 1.03 [5] zur „reach of its tentacles“. 448 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 574.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
secured creditor und judgment creditor stehen in dem Ruf, „less than clear“449 zu sein. 3. Vergleich Nachdem der historische und der normative Kontext nun aufgezeigt worden sind, gilt es im Vergleich, deren Interferenzen zu beleuchten. Da Sicherungsübereignung und security interest rechtliche Antworten auf bestimmte wirtschaftliche Bedürfnisse sind,450 interessiert zunächst, wie sich der historische Hintergrund in der lex lata niederschlägt (a)). In einem zweiten Schritt ist zu eruieren, auf welche Weise Sicherungseigentum und security interest in ihrem jeweiligen Regelungskontext die von den Wirtschaftsteilnehmern begehrte Gestaltungsfreiheit vermitteln (b)). All dies dient zugleich als Prolog für die im nächsten Abschnitt erörterten Entstehungsvoraussetzungen der jeweiligen Kreditsicherheit. a) Die Wechselwirkungen von Genese und Konstruktion im Vergleich Bei Vergegenwärtigung der heutigen Funktion von Sicherungsübereignungen erscheint deren Entwicklung gewissermaßen paradox: Die fiducia – ihre römisch-rechtliche Schwester – wurde nicht rezipiert. Letztere galt schon den Kompilatoren als überflüssig und veraltet, wurde daher interpoliert.451 In anderen Rechtsordnungen bekannte Registerpfandrechte hingegen trugen das Stigma, impraktikabel zu sein. Aus Sorge vor nicht erkennbaren Verpfändungen, Betrugspraktiken und kaum lösbaren Rangkonflikten hat der Gesetzgeber schließlich jedwede Form der Mobiliarhypothek abgeschafft. De facto bringt die Metamorphose452 der Sicherungsübereignung hin zu einem umfassenden Sicherungsmittel aber die nämlichen Risiken mit sich. Dazu noch geschieht dies auf dem Wege, den die fiducia ursprünglich vorgezeichnet hatte: durch eine dem Grundsatz nach unbedingte Vollrechtsübertragung. Nicht vermittels Rezeption im eigentlichen Sinne also erfolgt eine (zeitliche) Rückorientierung des Rechts auf diesem Gebiet, sondern durch die Reduktion des Kreditsicherungsrechts auf ein einzig praktikables Rechtsgeschäft. Dessen Gestalt präsentiert sich damit in gewissem Grade als Atavismus,453 was für sich genommen noch kein Nachteil ist. Jedoch muss sich die 449
Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 496. S. Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 8 ff. zu diesem Aspekt der Sicherungsübereignung und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 1.03 [1] zum security interest. 451 Vgl. dazu oben 2. Kapitel, I. 1. a). 452 Im Rahmen der Entstehung des Sicherungseigentums wird näher auf deren Weiterentwicklung eingegangen, s. 2. Kapitel, III. 1. b) dd). 453 Süß, in: v. Caemmerer, Ernst et al. (Hrsg.), FS für Wolff, S. 141, 164 erhebt diesen Vorwurf gegenüber dem Traditionsprinzip und will es abschaffen. Er plädiert im gleichen 450
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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Konstruktion der Vollrechtsübertragung den Vorwurf gefallen lassen, für Sicherungszwecke nicht eben maßgeschneidert zu sein. Philipp Heck beispielsweise wies zu Recht darauf hin, dass zur Forderungssicherung mit dem Pfandrecht eine „sorgfältig ausgestaltete Rechts-“ und gegenüber der Sicherungsübereignung „besonders angepaßte, höher entwickelte Spezialform“ vorhanden war.454 Dessen Anpassung an die Bedürfnisse der Wirtschaftsteilnehmer unterblieb im deutschen Recht allerdings gänzlich. Ersatzweise war die Wissenschaft mit der schwierigen Aufgabe einer dogmatisch überzeugenden Einordnung der Sicherungsübereignung, die Rechtsprechung mit dem nicht minder anspruchsvollen Auftrag ihrer praktischen Handhabe betraut. Resultat dieses Vorgehens ist nach hier vertretener Ansicht die Entstehung eines eigenen dinglichen Typus,455 der zwar oft durch Einordnungen wie „fiduziarisch“ oder „treuhänderisch“ gebändigt werden soll, tatsächlich aber eigenen dogmatischen Regeln folgt. Festzuhalten bleibt also, dass die Sicherungsübereignung die Funktionen interpolierter (fiducia) und verfemter (Mobiliarhypothek) Institute erfüllt. Auch deshalb trägt sie weiterhin schwer am Ballast schlechten Andenkens. Das kanadische security interest unterscheidet sich von diesen Charakteristika diametral. Zunächst wird es dem Parteiwillen insoweit gerecht, als es das intendierte Vorzugsrecht des zu sichernden Gläubigers gewährt – und gerade keine umfänglichen Eigentümerbefugnisse. Außerdem führt diese Gestaltung zu einer Konzentration auf das für die Kreditsicherung Wesentliche: den Vorrang vor dritten, ungesicherten Gläubigern. Direkt mit dem security interest verknüpft ist nämlich die Anwendung von priority rules, deren Schaffung eine der wichtigsten Errungenschaften des modernen Personal Property Law darstellt.456 Ohne in die Formulierung Richard McLarens zu viel hineinlesen zu wollen, scheint es auch Versuche zu geben, wohl bekannte Property-Theorien aus dem common law mit dem neuen Ansatz zu versöhnen: „When the interest is perfected, the greatest bundle of rights [...] has been acquired by the secured party. This bundle of rights is the set of priority rules under which claims may benefit the secured party.”457
Atemzug für eine Abkehr von der „Farce der fiduziarischen Sicherungsübereignung“ und befürwortet ein besitzloses Pfandrecht. Zurückhaltender Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S. 121. 454 Beide Zitate aus Heck, Grundriß des Sachenrechts, S. 431 f. 455 So wohl auch Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 33 („neue Typen von Sachenrechten“). Ähnlich Smid, Kreditsicherheiten in der Insolvenz, § 5 Rz. 15 („Sicherungseigentum als typologisch eigenständige[…] Erscheinung des Sachenrechts“). 456 Der Wandel von property rights hin zu priority rules kann daher kaum nachdrücklich genug betont werden, vgl. Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 619 ff.; Davies, 24 Legal Stud. (2004), 295, 311. 457 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.00 [1].
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Die Gleichstellung des bundle of rights mit den priority rules ist mehr als ein interessantes Gedankenkonstrukt. Es bekundet nämlich eine Loslösung von (formalen) Klassifizierungen und eine Erstreckung des funktionalen Ansatzes auch auf die Rechtsfolgen, die das security interest zeitigt: Der secured creditor erwirbt das Sicherungsrecht, um einen in den priority rules verbrieften Status gegenüber ungesicherten Gläubigern einzunehmen. Was die Anerkennung besitzloser Sicherungsinstitute im kanadischen Recht betrifft, so erfolgte sie grosso modo nach einem einheitlichen Ablaufplan. Am Beginn stand stets – ähnlich wie in Deutschland – ein wirtschaftliches Bedürfnis nach Sicherung, welches die überkommene Rechtsform (etwa die pledge) nicht befriedigen konnte. Dieses Bedürfnis kleideten die Wirtschaftsteilnehmer dann in eine neue juristische Form (beispielsweise in die Gestalt der chattel mortgage oder der floating charge). Hierauf folgte früher oder später die gerichtliche, letzten Endes aber auch die gesetzliche Sanktion des neuen Rechtsgeschäfts. Was – anders als in Deutschland – mit der gesetzlichen Anerkennung einherging, markierte zugleich das grundlegend akzeptanzstiftende Wesensmerkmal des kanadischen Kreditsicherungsrechts: Es war das stets aufgestellte Erfordernis der Publizierung besitzloser Sicherheiten in einem hierfür geschaffenen Register.458 Dieser mitunter als evolutionär empfundene Verlauf – vom Bedürfnis des Wirtschaftsteilnehmers hin zum modernen, dienenden Rechtsinstitut – wurde mit der Proklamation des OPPSA als (einstweilen) abgeschlossen betrachtet.459 Das neue Regelwerk sollte dem Anfangspunkt der Entwicklung, nämlich der kautelarischen Kreation von Sicherungsrechten, nicht mehr reaktiv durch Aufnahme in den gesetzlichen Kanon begegnen, sondern neue Sicherungspraktiken von vornherein mit seinem weiten Anwendungsbereich erfassen.460 Abschließend bleibt festzuhalten, dass dem Sicherungseigentum mit Wurzeln im römischen Recht und zweifelhafter Adaption im deutschen Recht das einheitliche Sicherungsrecht des OPPSA als erprobter und stetig optimierter Ansatz461 gegenübersteht. Der OPPSA verdeutlicht (auch und gerade durch
458 Zur Bedeutung der Publizität im kanadischen Kreditsicherungsrecht s. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 28 und Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 7 zu ihren mannigfaltigen Funktionen. 459 Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 168 f. Anderes implizieren freilich neuere Beiträge, die von einer „evolution of policy“ in der Herangehensweise an den Konflikt zwischen secured creditor und judgment creditor berichten, s. Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457 ff. mit dieser Formulierung und Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71 ff. 460 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 6. 461 Dieser Optimierungsvorgang vollzog sich nach dem initialen Inkrafttreten des OPPSA durch stets neue, abgewandelte PPSA-Fassungen in den verschiedenen Provinzen Kanadas, vgl. Cuming, 29 Loy. L. A. L. Rev. (1995–1996), 971, 974 ff. und Walsh, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 49, 52 ff.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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Section 72 OPPSA462), dass der Legislativakt zwar mittlerweile das wichtigste Vehikel für evolutionären Rechtswandel463 im kanadischen Rechtssystem ist, die tradierten Prinzipien von common law und equity aber weiterhin herangezogen werden können – soweit sie eben nicht zu Unstimmigkeiten mit dem gesetzlichen Regelwerk führen.464 Freilich hat der OPPSA auch gänzlich neue Mechanismen in das kanadische Recht eingebracht, die mit den hergebrachten Prinzipien kaum vereinbar sind. Im Zusammenhang mit Vorrangkonflikten sind die neuen priority rules sogar gerade dazu gedacht, die schwerfälligen und inkonsistenten Common-law- und Equity-Regeln abzulösen.465 Dieser Wandel stellt sich allerdings eher als legislatorisch gezielte Entwicklung denn als kaschierter, alternativloser Bruch mit übergeordneten Prinzipien dar. b) Gestaltungsfreiheit und normativer Kontext Die vergleichende Skizze zum Entstehungsprozess von Sicherungseigentum und security interest war dazu bestimmt, den Einfluss des historischen Hintergrundes auf die heutige Gestalt der Sicherungsrechte zu zeigen. Womöglich verleitet sie zu der Annahme, der Sicherungsübereignung könnte – angesichts der zahlreichen gegen sie vorgebrachten Bedenken – eine restriktive Anwendung beschieden sein. Angesichts des streng eingehaltenen Faustpfandprinzips mag dies umso näherliegen. Dass diese Annahme indes unzutreffend ist, verdeutlicht ein Blick auf die heutige Praxis zur Besicherung künftiger Forderungen und zur Übereignung von Sachgesamtheiten mit revolvierendem Bestand – etwa von Warenlagern, Fuhrparks oder Bibliotheken.466 Diese Gestaltungsfreiheit war keineswegs in der Urform der Sicherungsübereignung angelegt. Wie also vollzog sich der Wandel hin zum flexiblen Sicherungsinstrument? Auf die formal begründete Zulässigkeit der Besicherung einer Forderung durch die Übereignung eines Einzelgegenstandes folgte bald die Erstreckung des Tatbestandes auf Sachgesamtheiten467 und schließlich die Sanktion der Sicherungsübereignung von revolvierenden Sachbeständen.468 Zusätzliche
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Darin nämlich werden die Prinzipien des common law und der equity nur insoweit als anwendbar erklärt, als sie den OPPSA ergänzen („supplement“) und nicht mit diesem unvereinbar („inconsistent“) sind. S. ausführlich oben 2. Kapitel, II. 2. b). 463 S. dazu Gall, The Canadian Legal System, S. 49 ff. und Worthington, Equity, S. 30. 464 Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 572 f. Kritisch zur praktischen Anwendung besagter Prinzipien Wood, 56 Can. Bus. L. J. (2014), 31 ff. („use and abuse of common law and equitable principles“). 465 Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 121 ff. S. auch unten 2. Kapitel, IV. 2. 466 Dazu ausführlich unter 2. Kapitel, III. 1. 467 RG, Urteil v. 09.03.1926, Az. VI 508/25, in: RGZ 113, 57; BGH, Urteil v. 13.06.1956, Az. IV ZR 24/56, in: BGHZ 21, 52. 468 BGH, Urteil v. 29.04.1958, Az. VIII ZR 211/57, in: NJW 1958, 945 in Bestätigung von RG, Urteil v. 27.02.1931, Az. VII 205/30, in: RGZ 132, 183.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Ausweitungen ermöglichten es, auch künftige Forderungen zu besichern469 und die Vorrangwirkung auf Surrogate des ursprünglichen Gegenstandes zu erstrecken.470 Dergestalt avancierte das Sicherungseigentum zu einem proteushaften Geschöpf der Kautelarjurisprudenz. Als deren Antagonistin nahm die Rechtsprechung eine korrektive Rolle ein, wenn sie über die Wirksamkeit neu ersonnener Erstreckungsformen zu befinden hatte – und bezog dabei nicht selten Gedanken ein, die auf die „Geburtsfehler“471 der Sicherungsübereignung zurückgingen und -gehen. Eine Notiz verdient bei alldem der Umstand, dass sich die Erweiterungen in der Sicherungspraxis ohne Änderung der zugrundeliegenden BGB-Normen verwirklicht haben. Schrittmacher dieser Entwicklung war immer wieder das wirtschaftliche Bedürfnis nach zeitgemäßen Sicherungsformen. Aufgrund der unzureichenden Berücksichtigung dieser Bedürfnisse durch den Gesetzgeber waren die Rechtssubjekte schlechterdings zu Umgehungsmethoden gezwungen.472 Somit hat die sicherungsweise Vollrechtsübertragung als Reaktion auf ein unzureichendes rechtliches Instrumentarium in Deutschland zu gelten.473 Diese aus der Not entstandenen Transaktionen und ihre Erstreckungsformen verleihen den Beteiligten – Schuldner und Gläubiger – jedoch Rechtspositionen, die neue Konflikte mit sich bringen.474 Wie verhält es sich demgegenüber mit dem kanadischen Recht? Konnte der Funktionalismus das Versprechen einer flexiblen Kreditsicherung einhalten? Im Ausgangspunkt dürfte dies zu bejahen sein: Das security interest erfasst (bei nicht allzu starker Apostrophierung formal-dogmatischer Stimmigkeit) sowohl die althergebrachten Sicherungsinstrumente aus common law und equity als auch neuere Erscheinungsformen des secured lending. Eben hieraus ergab sich jedoch recht zügig ein neues Risiko. Die Unklarheit darüber nämlich, welche Rechtsgeschäfte als security interest zu qualifizieren und damit – sollten sie volle Drittwirksamkeit entfalten – zu registrieren 469
Problematisch war dies vor allem beim Eigentumsvorbehalt, vgl. RG, Urteil v. 15.03.1935, Az. II 283/34, in: RGZ 147, 321. Siehe auch Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 12–14. 470 Vgl. statt vieler Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung IV, S. 115 ff., 607 ff. zu Verarbeitungs- und Erlösklauseln. 471 So Hoeniger, JW 1930, 2396 zur Sicherungsübereignung von Warenlagern. Zustimmend Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 118. 472 Schubert, ZRG GA 1990, 132, 135; v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 388 f. befand schon 1889, dass ein Beharren auf dem Faustpfandprinzip „kaum ertragen werden“ dürfte. 473 Löhnig, Treuhand, S. 13, 15 f. Ähnlich Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1091 („Probleme, die so schwer wiegen, dass in der Kautelarpraxis Auswege gesucht wurden“). 474 So kann der Sicherungsnehmer (abredewidrig) als Eigentümer über die Sache verfügen (§ 929 S. 1, 931 BGB), während der Sicherungsgeber sie als Besitzer einem gutgläubigen Dritten zu übereignen imstande ist (§§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB). Zu vollstreckungsrechtlichen Folgen der Vollrechtsübertragung s. unten 2. Kapitel, V. 1.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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waren.475 In der Praxis erwies sich die funktionale Bestimmung daher zunächst als Unsicherheitsfaktor.476 Ob dieser Makel heute noch besteht, ist im Rahmen der normativen Bewertung zu erörtern.477 Auch mag sich die Vermutung aufdrängen, der unitary approach könnte die Gestaltungsfreiheit der Wirtschaftsteilnehmer limitieren, da eben nur noch ein einheitlich definiertes security interest bestellt werden kann. Verstärkt werden könnte dieser Eindruck durch die strukturelle Integration auf Rechtsfolgenseite.478 Damit ist Folgendes gemeint: Wenn der funktionale Ansatz formale Differenzierungen einebnet, erzeugen grundsätzlich alle Sicherungsformen die gleichen Wirkungen. So verstanden mag der funktionale Ansatz die Wahlfreiheit bezüglich der bezeichneten Form (pledge, chattel mortgage, floating charge) stärken; auf den ersten Blick nivelliert er jedoch deren Unterschiede in den Rechtsfolgen weitgehend. Bezeichnend ist dabei, dass gerade diese Vereinheitlichung als Wegbereiterin einer konsistenten und rationalen Entwicklung des kanadischen Kreditsicherungsrechts gewertet wird.479 Trotz alldem wäre es verfehlt, von einem Verlust an Gestaltungsmöglichkeiten durch Erlass des OPPSA auszugehen. Denn erstens erhält der OPPSA funktionale Differenzierungen zwischen den Sicherungsrechten aufrecht, was sich auch in unterschiedlichen Rechtsfolgen, etwa hinsichtlich des Vorrangs, widerspiegelt.480 Zum Beispiel wird einem purchase-money security interest481 abweichend von der ansonsten gültigen 475
Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117: leases for a term of more than one year (ohne Sicherungsfunktion!) begründen ein security interest; Kata Ilic v. Chrysler Credit Canada (2002), 4 P. P. S. A. C. (3d) 70: gewöhnliche true leases begründen kein security interest; 1162251 Ontario Limited v. 833960 Ontario Limited (2017), 286 A. C. W. S. (3d) 85: einzelfallbezogene Bejahung eines security interest in Form eines trust debenture nach vorheriger Ablehnung durch untere Instanz. 476 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 574 („surprising level of confusion“); Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 11. Siehe auch Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117. 477 S. u. 3. Kapitel, IV. 2. b) aa). 478 Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 21; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 77. 479 Duggan/Ziegel, aaO. Ähnlich der Supreme Court of Canada in Innovation Credit Union v. Bank of Montreal, [2010] 3 S. C. R. 3 (para. 18: „The [...] PPSA [...] has greatly clarified, simplified, and rationalized the law of secured lending [...] by essentially rendering irrelevant the distinctions between the wide variety of instruments which existed at common law and in equity for taking security interests“). 480 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 575 f. In diesem Sinne auch Jackson/Peters, 87 Yale L. J. (1978), 907, 913 zu Article 9 UCC. 481 Hierbei handelt es sich um das security interest eines Gläubigers, der dem Schuldner den Erwerb des Sicherungsgegenstandes erst ermöglicht. Erfasst sind also auch Drittfinanzierungen, vgl. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 227. Ein typisches purchase-money security interest wird durch den conditional sale begründet. Zur
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
First-in-time-better-in-law-Regel unter bestimmten Voraussetzungen auch bei späterer Publizierung der Vorrang eingeräumt (sog. „super-priority“ bei Anschaffungsfinanzierungen482). Zweitens und daran anknüpfend können die Parteien den Inhalt des security agreement gemäß Section 9 (1) OPPSA frei gestalten.483 Da im kanadischen Recht bereits vor Inkrafttreten des OPPSA eine liberale Haltung gegenüber umfassender Besicherung bestand, ist diese Bestimmung weniger revolutionär als ihr Gegenstück in Article 9 UCC.484 Gleichwohl bildet Section 9 (1) OPPSA die Grundlage für eine weitreichende privatautonome Gestaltung der rechtlichen Verhältnisse zwischen Schuldner und Gläubiger.485 Drittens bahnte der liberale Geist des Catzman Committee neben inhaltlichen Erweiterungen auch Vereinfachungen im Entstehungsprozess den Weg. Namentlich die Verabschiedung vom Erfordernis der affidavits erleichtert den Parteien die Abfassung des security agreement.486 Ganz aufgegeben wurden evidentiary requirements, die die gezielte Benachteiligung Dritter verhindern sollen, indes nicht. Im Zusammenhang mit den Entstehungsvoraussetzungen des security interest wird diesen Anforderungen nachzugehen sein.487 Viertens erweitert die generische Security-interest-Konzeption die Kreditgrundlage des Schuldners in gegenständlicher Hinsicht. Beispielsweise sind unkörperliche Sicherungsmittel in den Anwendungsbereich des OPPSA miteinbezogen,488 was nicht nur – wie naheliegt – Forderungen, sondern etwa auch die Verwendung zahnärztlicher Kundenregister als Sicherungsgegenstand miteinschließt.489 Wie dieses Beispiel zeigt hindern rechtliche Definition s. Section 1 (1) OPPSA. In der deutschen Literatur ist von „Anschaffungsfinanzierung“ die Rede, wobei richtigerweise auf den weiten Anwendungsbereich des purchasemoney security interest hingewiesen wird, s. Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 262 f. 482 S. dazu schon Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 155–157. Heute ist die besondere Vorrangregel in Section 33 OPPSA verortet. Näher zur super-priority unter 2. Kapitel, III. 3. a). 483 So ausdrücklich Section 9 (1) OPPSA: „Except as otherwise provided by this or any other Act, a security agreement is effective according to its terms between the parties to it and against third parties”. 484 Nuñez/Reid, 49 Adv. Vanc. (1991), 215, 216; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 112. 485 Die Reichweite der Gestaltungsfreiheit wird anschaulich in Credit Suisse Canada v. 1133 Yonge Street Holdings Ltd. (1998), 83 A. C. W. S. (3d) 402 illustriert, wo das security agreement auch die Grundlage für die Verfügungsbefugnisse des Schuldners vor dem Eintritt des Sicherungsfalles bildet. 486 Bennett, Bennett on PPSA (Ontario), S. 3; Ziegel, 4 Can. Bus. L. J. (1980), 249, 253. 487 Vgl. 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3). 488 Section 1 (1) OPPSA schließt bei der Definition von personal property ausdrücklich intangibles mit ein. Zu Einzelheiten s. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 19 f. (mit einer Klassifizierung der intangibles) und S. 181 ff. 489 Re Axelrod (1994), 20 O. R. (3d) 133. Zum Ganzen auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 175 f.
II. Rechtliche Konstruktion der besitzlosen Kreditsicherheit
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Verfügungsbeschränkungen den Schuldner nicht a priori daran, einen Gegenstand zur Kreditsicherung zu nutzen. Bei sensiblen Vermögenswerten können dem Schuldner aber besondere Sorgfaltspflichten auferlegt sein.490 Fünftens und schließlich eröffnet der OPPSA dem secured creditor zahlreiche Freiheiten im Vollstreckungsstadium.491 Dabei erhält das Regelwerk den unitary approach aufrecht, indem es für dessen remedies ein einheitliches und weitreichendes Verwertungsregime vorsieht.492 Demgegenüber enthielt das common law noch formabhängige Einschränkungen in diesem Stadium.493 c) Zwischenfazit zur rechtlichen Konstruktion Der vorstehende Abschnitt zeigt: In der Etablierung der Sicherungsübereignung triumphierte der Sachzwang über das juristische Argument. Ihre Einpassung in den sachenrechtlichen Kontext gleicht einem „gewaltsamen Hineinpressen (oft unter schmerzenden Quietschtönen)“494. Immerhin ist die Sicherungsübereignung aber dazu in der Lage, das Bedürfnis der Wirtschaftsteilnehmer nach flexibler Gestaltung ihrer Kreditsicherung zu befriedigen. Das kanadische Beispiel von Genese und Konstruktion hat kontrastierend gezeigt, wie sich wirtschaftliche Bedürfnisse und (dienendes) Recht gegenseitig beleben können. Die Orientierung des Catzman Committee an der gängigen Kreditpraxis und die Bereitschaft des Gesetzgebers, durch kontinuierliche Optimierung einen funktionierenden Regelungskomplex zu schaffen, haben Früchte getragen – nicht nur für Kanada. Über die Reformprozesse in Australien und Neuseeland hinaus gewährte der OPPSA bei der Novelle von Article 9 UCC im Jahr 2001 gedankliche Anleihe. Der Rechtstransfer läuft mittlerweile also auch in die entgegengesetzte Richtung.495 490 Im Beispiel des zahnärztlichen Kundenregisters wird der Zahnarzt durch die Besicherung nicht von seiner fiduciary duty of confidentiality entbunden, vgl. Re Axelrod (1994), 20 O. R. (3d) 133 (para. 17 f.). 491 Vgl. Section 59 (1) OPPSA: „[…] the secured party has the rights and remedies provided in the security agreement and the rights and remedies provided in this Part [...]“ sowie Part V des OPPSA. Zu einzelnen Vollstreckungsmodalitäten s. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 523 ff. 492 S. dazu und zu Grenzen aus dem Consumer Protection Act McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 9.02; Nuñez/Reid, 49 Adv. Vanc. (1991), 215, 216. 493 Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 480 betonen aus diesem Anlass, dass das security interest dem gesicherten Gläubiger Verwertungsbefugnisse verschafft, die ihm zuvor allein bei der chattel mortgage zugestanden haben. 494 Das Zitat stammt von Zweigert, in: Bettermann, Karl August/Zeuner, Albrecht (Hrsg.), FS für Bötticher, S. 443, 448 und bezieht sich nicht konkret auf die Sicherungsübereignung, sondern generell auf das „Einpassen [einer] Lösung in eines der vorfindlichen Dogmen“. 495 S. umfassend dazu Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 85 ff. Ferner Brown, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 145 ff. zum PPSA in Australien und Gedye, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 115 ff. zum PPSA in Neuseeland.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
In diesem historisch gewachsenen normativen Kontext sind die jeweiligen Sicherungsrechte und der von ihnen gewährte Vorrang zu verorten.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit „Man kann sich fast des Eindrucks nicht erwehren, es sei grundsätzlich von der Zweifelhaftigkeit eines jeden Sicherungsgeschäftes auszugehen und seine Legitimität erst zu beweisen.“496
„The provisions […] clearly set forth and exemplify one of the cornerstones of this Act, namely, that the parties should be as free and unregulated as possible in the making of the agreement between them.“497
Die Entstehungsvoraussetzungen der jeweiligen Kreditsicherheit beschreiben den Weg eines ungesicherten Gläubigers hin zum Status eines gesicherten Gläubigers mit den gewünschten Vorzugsrechten. Nach den eher abstrakten Ausführungen zu historischem und normativem Kontext erlaubt es der Entstehungsprozess, ein konkretes Hauptanwendungsfeld besitzloser Kreditsicherung hervorzuheben: die Besicherung durch Warenlager im deutschen und kanadischen Recht. Immerhin steht dieser Vorgang prototypisch für sicherungsweise Verfügungen über Sachgesamtheiten mit einem fluktuierenden Inventar. Neben der Praxisrelevanz erhellt der Einbezug dieses Beispiels auch zahlreiche Problem- und Konfliktfelder, die ein modernes Kreditsicherungsrecht zu bewältigen hat. Zur besseren Veranschaulichung sind die nachstehenden Abschnitte so strukturiert, dass sie zunächst das behandelte Rechtsgeschäft konturieren und vertragliche Formulierungsbeispiele geben, um dann Wirksamkeitsvoraussetzungen und Fehlerfolgen aufzuzeigen. 1. Deutsches Recht Die Sicherungsübereignung ist im Ausgangspunkt ein dingliches Rechtsgeschäft, auf das die §§ 929 ff. BGB anwendbar sind. Sie geht mit einer zu sichernden Forderung (etwa aus einem Darlehensvertrag) und dem sogenannten Sicherungsvertrag einher. Für die Qualifikation und die Entstehung des Sicherungseigentums spielt die Art der Forderung keine Rolle. Da zwischen ihr und der Übereignung – anders als beim Pfandrecht498 und entgegen missverständlicher BGH-Ausführungen499 – grundsätzlich kein (quasi-)akzessorisches 496
Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 214. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 47 f. 498 Vgl. § 1204 Abs. 1 BGB („[…] zur Sicherung einer Forderung […]“) und ErmanSchmidt, Einleitung vor § 1204 BGB Rz. 7 zur Akzessorietät beim Pfandrecht. 499 S. insbesondere BGH, Urteil v. 23.09.1981, Az. VIII ZR 242/80, in: NJW 1982, 275, wo die „Abhängigkeit“ der Sicherungszession von der zugrundeliegenden Forderung denkbar unglücklich formuliert wird. Kritisch hierzu auch Jauernig, NJW 1982, 268 ff. 497
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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Verhältnis besteht,500 wird auf das Grundgeschäft im Folgenden nicht weiter eingegangen. Umso erörterungsbedürftiger sind die Wirksamkeitsvoraussetzungen und -hindernisse von Sicherungsvertrag (a)) und Übereignungstatbestand (b)). a) Sicherungsvertrag Der Sicherungsvertrag (auch Sicherungsabrede genannt) ist ein multifunktionales Rechtsgeschäft. Er bildet zunächst als schuldrechtliche Grundlage die causa der Sicherungsübereignung501 und enthält als solche die von den Parteien vereinbarten (inter partes wirkenden) Rechte und Pflichten zum Umgang mit dem Sicherungsgut.502 Bisweilen wird diesem Rechtsgeschäft sogar Außenwirkung zugemessen, wenn es etwa als Quelle für Verfügungsbeschränkungen des Sicherungsnehmers fungieren und dingliche Berechtigungen des Sicherungsgebers hervorrufen soll.503 Unproblematisch sind solche dinglichen Anreicherungen schuldrechtlicher Rechte und Pflichten nicht. Neben der Relativität der Schuldverhältnisse missachten sie, dass dem BGB ein einheitlicher Eigentumsbegriff zugrunde liegt. Dieser verbietet die Teilung des Vollrechts.504 Das bedeutet nicht, dass den genannten Ansätzen jede Berechtigung abgeht. Sie sind dazu bestimmt, den treuhandähnlichen Charakter des Sicherungseigentums zu plausibilisieren, haben ihren Grund also in den unklaren dogmatischen Grundlagen des Rechtsinstituts. Zuvörderst aber sind sie Ausdruck einer kaum zu leugnenden funktionalen Aufteilung des Eigentums bei der Sicherungsübereignung: Dinglich wird der Gläubiger Vollrechtsinhaber, schuldrechtlich soll er durch die Sicherungsabrede allerdings auf die Geltendmachung einer Verwertungsbefugnis beschränkt sein. Mit anderen Worten: Da die isolierte Verschaffung der Verwertungsbefugnis, die beschränkten dinglichen Rechten eigen ist,505
500 Jedenfalls nicht im Sinne einer gesetzlichen Akzessorietät, vgl. Schmidt, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 329, 331. Zur Möglichkeit, die Sicherungsübereignung rechtsgeschäftlich durch eine Bedingung mit dem Bestehen der Forderung zu verknüpfen s. Lwowski/Fischer/Gehrlein-Wittig, § 11 Rz. 22. 501 Umfassend hierzu und zum Sicherungsvertrag insgesamt Jost, Die Dogmatik des Sicherungsvertrags, passim; s. a. Coing, Treuhand, S. 107 ff. 502 BeckOK BGB-Kindl, § 930 BGB Rz. 25; Wellenhofer, Sachenrecht, § 15 Rz. 5. 503 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 95 ff. Vgl. auch MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 1, der auf Sondernormen zur Sicherungsübereignung hinweist, in denen der Sicherungsgeber als Eigentümer angesehen wird. 504 So schon v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 324, der geteiltes Eigentum für „wissenschaftlich unmöglich“ erklärt; s. auch Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, S. 112 f. 505 Etwa Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB) und Hypothek (§§ 1113 ff. BGB). Zum Verhältnis von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten lesenswert v. Bar, JZ 2015, 845, 856.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
durch eine Vollrechtsübertragung konstruktiv nicht zu realisieren ist, bindet der Sicherungsvertrag den Sicherungsnehmer (immerhin) schuldrechtlich. Die Abkehr des Wirtschaftsverkehrs vom Faustpfand und seine Hinwendung zur Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB brachte noch eine weitere Funktion des Sicherungsvertrags mit sich: seine Anerkennung als Besitzmittlungsverhältnis gemäß § 868 BGB.506 Außerdem können die Vertragsparteien in der Sicherungsabrede das Verhältnis der Übereignung zur gesicherten Forderung regeln,507 beispielsweise also einen „Bedingungszusammenhang“ festlegen. Das schuldrechtliche Versprechen, eine Sachgesamtheit mit revolvierendem Bestand zu übereignen, begegnet in seiner Zulässigkeit zunächst keinen Bedenken. Der vertraglichen Gestaltungfreiheit setzen § 311b Abs. 2, 3 BGB zwar Grenzen.508 Gemäß § 311b Abs. 2 BGB darf sich der Schuldner nicht dazu verpflichten, sein künftiges Vermögen zu übertragen. Hinter dieser Norm steht das gesetzgeberische Anliegen, solche Verpflichtungsgeschäfte zu verhindern, durch die sich der Schuldner seiner Freiheit zu wirtschaftlicher Entfaltung begibt.509 Flankierend sieht § 311b Abs. 3 BGB das Erfordernis der notariellen Beurkundung vor, um dem Schuldner die Folgen einer Übertragung seines gesamten gegenwärtigen Vermögens zu verdeutlichen.510 In praxi aber bereiten diese Normen keine Probleme bei der Fassung eines Sicherungsvertrags. Wichtige Prüfsteine für die Wirksamkeit der Sicherungsabrede stellen hingegen die §§ 134, 138, 826 BGB und § 307 BGB dar, von denen hier besonders § 138 Abs. 1 BGB interessiert. Über Jahrzehnte hinweg hat die Rechtsprechung zu dieser Norm Fallgruppen entwickelt, die im deutschen Kreditsicherungsrecht von immenser Wichtigkeit sind. Diese Fallgruppen geben Orientierungshilfen, wann das Verhalten des Sicherungsnehmers als sittenwidrig „gegenüber anderen Gläubigern seines Schuldners“511 zu qualifizieren und der Vertrag mithin unwirksam ist. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ist vor allem der Gläubigergefährdung als typisierte Ausprägung der
506
Rötelmann, NJW 1958, 1124; Schulze-Schulte-Nölke, § 930 BGB Rz. 11. Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 81. 508 Erman-Grziwotz, § 311b BGB Rz. 84; jurisPK BGB-Ludwig, § 311b BGB Rz. 369. 509 Motive, S. 186 f. = Mugdan, Materialien, Band II, S. 102 f. Mit Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277 f. und BeckOGK BGB-Schreindorfer, § 311b BGB Rz. 390 kann man in der Norm eine Beschränkung der formalen Vertragsfreiheit zum Schutz der materiellen Vertragsfreiheit sehen. 510 Motive, S. 187 f. = Mugdan, Materialien, Band II, S. 103 f. 511 Siehe die Aufzählung bei RG, Urteil v. 09.04.1932, Az. IX 74/31, in: RGZ 136, 247, 253 f.: Konkursverschleppung, Aussaugung, stille Geschäftsinhaberschaft, Kreditbetrug und Gläubigergefährdung. Vgl. auch die sehr sorgfältige Abhandlung Beckers, Maßvolle Kreditsicherung, S. 227 ff. hierzu. 507
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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Sittenwidrigkeit nachzugehen. Das Reichsgericht definierte die gläubigergefährdende Sicherungsübereignung als „Sicherung[, die durch] ihren Umfang und ihre Undurchsichtigkeit die von dem Sicherungsnehmer bewußt in Kauf genommene, nicht ganz fernliegende Gefahr mit sich [bringt], daß spätere, nichts ahnende Kreditgeber zu Schaden kommen, ohne daß doch von einem betrügerischen Vorgehen des Sicherungsnehmers ihnen gegenüber die Rede sein könnte“512.
In jüngerer Zeit sah der BGH eine Gläubigerbenachteiligung dann als gegeben an, wenn „das Sicherungsgeschäft, mit dem der Schuldner (fast) sein gesamtes freies Vermögen zur Sicherung auf einen Gläubiger überträgt, unter Umständen abgeschlossen wird, die dazu geeignet und bestimmt sind, andere gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners zu täuschen und dadurch zur Vergabe weiterer Kredite zu verleiten“513.
Diese Formeln vereinen die Sorgen vor umfassender Vermögensübertragung, undurchsichtigen Rechtsgeschäften und Täuschungen anderer Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners. Eine solche Symbiose legt nahe, dass nicht nur der Schuldner bei und vor der Verpflichtung zu umfassender Verfügung geschützt werden soll, sondern auch Dritte, die seine Solvenz abschätzen und ihm Kredit gewähren wollen. Ohne auf die ausdifferenzierte Kasuistik hier erschöpfend eingehen zu können, sind als wesentliche Merkmale der Gläubigerbenachteiligung gemäß § 138 Abs. 1 BGB die folgenden festzuhalten:514 Objektiv ist erforderlich, dass die Sicherung zur Möglichkeit einer Dritttäuschung und -schädigung wegen herabgesetzter Kreditwürdigkeit bei anhaltender Kreditbedürftigkeit des Schuldners führt.515 Die geforderte Wahrscheinlichkeit („Möglichkeit“) des Eintritts einer Drittschädigung oszilliert zwischen „besonders naheliegend“ und „weniger naheliegend“,516 wobei mit zunehmender Insolvenznähe des 512
Vgl. auch hierzu RG, Urteil v. 09.04.1932, Az. IX 74/31, in: RGZ 136, 247, 254. Die Elemente der Undurchsichtigkeit und Gefährlichkeit betont auch der BGH im Urteil v. 28.05.1951, Az. IV ZR 5/51, in: JZ 1951, 686. 513 BGH, Urteil v. 12.04.2016, Az. IX ZR 305/14, in: NZI 2016, 659, 660. 514 S. umfassend hierzu Armbrüster, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris I, S. 23 ff. und Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 38 ff. 515 Hierzu statt vieler Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 67: „Fehlt einem Sicherungsgeber, von den Bedürfnissen seines Unternehmens aus gesehen, nach der Sicherungsübertragung genügend freie Vermögenssubstanz, mangelt es infolgedessen an einer geeigneten Haftungsgrundlage für einen neuen Kredit, gewährt durch einen anderen Kreditgeber, ist ferner der Sicherungsgeber auf einen derartigen neuen Kredit angewiesen und ist endlich die Sicherungsübertragung auch nicht offenkundig, so liegt objektiv die Möglichkeit besonders nahe, daß neue Gläubiger geschädigt werden können“. 516 Die Abstufungen gehen zurück auf die Entscheidung BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228, der als „Margarine-Urteil“ grundsätzliche Bedeutung zugesprochen wird, vgl. hierzu Neuhof, NJW 1998, 3225, 3228 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Schuldners eine erhöhte Gefährdung Dritter korrespondiert.517 Der Grad der Schädigungsmöglichkeit wirkt sich im nächsten Schritt auf die subjektiven Voraussetzungen einer Gläubigergefährdung aus. Bei einer „nicht allzu naheliegenden Möglichkeit“ der Dritttäuschung kann eine gewissenhafte Prüfung der finanziellen Lage des Schuldners durch den Sicherungsnehmer dazu führen, dass diesem keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist und der Vertrag deshalb nicht der Sittenwidrigkeit anheimfällt.518 Auch spielen bei geringerer Möglichkeit der Drittschädigung die mit der Sicherung verfolgten Motive der Parteien eine größere Rolle.519 Die benannten Kriterien dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der BGH oft befleißigt, den Einzelfallcharakter seiner Beurteilung zu betonen und es damit stets auf eine Würdigung der individuellen Gesamtumstände hinausläuft.520 Kann dem Sicherungsnehmer sogar ein Schädigungsvorsatz zur Last gelegt werden, so eröffnet sich den geschädigten Gläubigern die Möglichkeit, Schadensersatz gemäß § 826 BGB zu verlangen.521 Im Übrigen unterliegt die Sicherungsabrede keinen Formvorschriften, wird in der Praxis allerdings regelmäßig durch einen formularmäßigen Vertrag der Geldkreditgeber (zumeist Kreditinstitute) schriftlich fixiert. Typische Formulierungen lauten etwa wie folgt: „Der Sicherungsgeber übereignet hiermit dem Sicherungsnehmer [...] das gesamte Rohmaterial, unfertige und fertige Waren und sonstige Lagerbestände, die sich auf dem Betriebsgelände des Sicherungsgebers in (Ort, Adresse) in den in der Skizze gemäß Anlage 1 grün schraffierten Gebäuden gegenwärtig befinden oder künftig dorthin verbracht werden [...]. Die Vertragspartner sind sich einig, dass das Eigentum an jedem zukünftigen Sicherungsgut auf den Sicherungsnehmer übergeht, sobald jeweils die [vorstehend] genannten Voraussetzungen erfüllt sind. […] Die Übereignung des Sicherungsguts sowie die Übertragung der sonstigen Rechte und Ansprüche nach diesem Vertrag dienen der Besicherung sämtlicher gegenwärtig bedingt oder unbedingt bestehenden sowie aller künftigen Ansprüche des Sicherungsgebers aus der Geschäftsverbindung mit dem Sicherungsnehmer“522.
517 S. BGH, Urteil v. 16.03.1995, Az. IX ZR 72/94, in: NJW 1995, 1668 und Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 64 f. 518 BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228 (Rz. 12); ErmanSchmidt-Räntsch, § 138 BGB Rz. 149. Kritisch zur Prüfpflicht Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 38. 519 Vgl. BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228 (Rz. 11) und Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 68 f. 520 S. bspw. BGH, Urteil v. 13.05.1958, Az. VIII ZR 331/56, in: WM 1958, 845 und dazu Wüst, in: Rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz (Hrsg.), FS für Wilburg, S. 257, 259 f. 521 Zur Notwendigkeit, diesen Tatbestand von § 138 Abs. 1 BGB zu trennen, schon BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228 (Rz. 7); Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 35. Kritisch Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 565 f. 522 BeckFormB BHW-Haag, III. H. 4. (Sicherungsübereignung von Anlage- und Vorratsvermögen). S. a. Lwowski/Fischer/Gehrlein-Wittig, Anhang 1 zu § 11 Rz. 1.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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Hingewiesen sei nur der Vollständigkeit halber auf bestimmte Formvorschriften für Verbraucherdarlehensverträge (§§ 491 ff. BGB), die allerdings das Grundgeschäft, nicht den Sicherungsvertrag betreffen.523 Ein unwirksamer Sicherungsvertrag führt grundsätzlich dazu, dass die Übereignung zwar rechtsgrundlos erfolgt, aber nicht ihrerseits unwirksam ist.524 Vornehmlich zwei Ausnahmen sind zu nennen. Erstens können Schuldner und Gläubiger das Grundgeschäft, den Sicherungsvertrag und die Übereignung zu einer rechtlichen Einheit gemäß § 139 BGB verknüpfen oder zwischen diesen einen Bedingungszusammenhang herstellen.525 Solche rechtsgeschäftliche Verbindungen sind in der Bankenpraxis eher unüblich. Zweitens wirkt sich nach ganz herrschender Meinung die Sittenwidrigkeit der schuldrechtlichen Abrede in bestimmten Fällen auch auf die Wirksamkeit der Verfügung aus. Dieser praxisrelevanten Fehlerfolge ist sogleich auf dinglicher Ebene nachzugehen. b) Sicherungsübereignung aa) Einigung Der Eigentumsübergang nach §§ 929 ff. BGB setzt zunächst einen dinglichen Vertrag voraus, der die auf eine entsprechende Rechtsübertragung gerichteten Willenserklärungen von Schuldner und Gläubiger enthält. Dass die intendierte Verfügung der Sicherung einer Forderung dient, ist weder schädlich noch beachtlich.526 Dennoch ist bereits an dieser Stelle die Sorge vor einem „Institutionsmissbrauch“527 des Eigentums vernehmbar. Und dies, obwohl schon die Materialien zum BGB die Unabhängigkeit der Übereignung vom Sicherungszweck und der zugrundeliegenden causa anmahnten.528 Erschwert wird ein Missbrauchsverdikt jedoch dadurch, dass gesetzgeberische Leitentscheidungen und Wertungen der Prüfungsmaßstab für einen etwaigen Fehlgebrauch 523
Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 163 f. S. aber auch Schimansky/Bunte/Lwowski-Ganter, § 90 Rz. 397a zu „mittelbaren Auswirkungen“ der Formund Inhaltsvorschriften aus § 492 Abs. 1, Abs. 2 BGB. 524 Jost, Die Dogmatik des Sicherungsvertrags, S. 36 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I, S. 64 f. 525 Vgl. MüKo BGB-Gaier, Einl. SachenR Rz. 17 f. und Lieder/Berneith, JuS 2016, 673, 674 f., die zu Recht darauf hinweisen, dass es sich genau genommen um keine Bedingung, sondern um eine Unterstellung handelt. 526 Dazu schon RG, Urteil v. 09.10.1880, Az. I 395/80, in: RGZ 2, 168, 170; s. auch Erman-Bayer, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 1. 527 S. dazu Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1100. Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 47 erörtert den „institutionellen Rechtsmissbrauch“ im Kontext der weitreichenden Verlängerungs- und Erweiterungspraktiken des Sicherungseigentums, wo dies durchaus einige Berechtigung hat. 528 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626: „Grundsatz der Unabhängigkeit der Eigenthumsübertragung von ihrem Rechtsgrunde“.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
wären.529 Wenn diese Wertungen aber vage oder gar in sich widersprüchlich sind,530 dann verschwimmt die Grenze zwischen Rechtsmissbrauch und legitimer Rechtsgestaltung wohl vollends. Greifbare Bedenken zeitigt auch die Entwicklung des Sicherungseigentums hin zu seiner heutigen Erscheinung als umfassendes Sicherheitenbündel. In den folgenden Abschnitten wird daher auf einige spezielle Problembereiche umfassender Sicherungsübertragungen einzugehen sein. So gerät etwa die Übereignung von Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand schnell in Konflikt mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachenrechts. Diesem Grundsatz zufolge muss im Interesse der Rechtsklarheit zweifelsfrei zu ermitteln sein, auf welche einzelnen Sachen sich die Übereignung bezieht.531 Rechtsprechung und Literatur haben nach und nach Kriterien entwickelt, um die Erfüllung dieser Voraussetzung zu beurteilen. Gewöhnlich wird dabei zwischen Bestimmtheit und Bestimmbarkeit unterschieden, wobei erstere gegeben sei, wenn für einen Dritten die von der Übereignung erfassten Gegenstände aus der Parteivereinbarung ersichtlich sind.532 Letztere soll erfüllt sein, wenn das Sicherungsgut nur unter Einbezug weiterer, außerhalb des Vertrags liegender Umstände zu ermitteln ist.533 Den Anforderungen des genannten Prinzips genüge freilich nur die Bestimmtheit, nicht die Bestimmbarkeit, so die häufig vertretene Ansicht. Abgemildert wird diese strenge Dichotomie dadurch, dass der BGH es zulässt, in der Einigung auf außervertragliche Informationsquellen (bspw. Inventarverzeichnisse) zu verweisen, um die Bestimmtheit herzustellen.534 Wofern in den Formeln des BGH auf „jeden dritten [sic!], der die Vereinbarungen der Parteien kennt“535 abgestellt wird, sollte dies nach hier vertretener Ansicht nur den Maßstab der Bestimmtheitsprüfung (objektiver Dritter) bilden. Die Drittperspektive ist im Zusammenhang mit der Bestimmtheit 529
Vgl. hierzu Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 235 ff. und Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 36 ff. 530 So mit Recht Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 178 f. und Wieling, Sachenrecht, § 18 (S. 254). 531 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 4 Rz. 17, § 57 Rz. 12 und viele Literaturstimmen verwenden den Begriff synonym mit dem Spezialitätsprinzip. Diesem Vorgehen verschließt sich Schmidt, JuS 2000, 1118 in Fn. 4 zu Recht. 532 Vgl. die eingängige BGH-Formel: „Dem […] Bestimmtheitsgrundsatz ist […] genügt, wenn es aufgrund einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind“, BGH, Urteil v. 03.07.2000, Az. II ZR 314/98, in: MDR 2000, 1256, 1257. 533 So schon RG, Urteil v. 27.02.1931, Az. VII 205/30, in: RGZ 132, 183, 187 f.; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 44 Rz. 8 f. 534 BGH, Urteil v. 17.07.2008, Az. IX ZR 96/06, MDR 2008, 1111. Dem zustimmend MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 6; kritisch hingegen Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 55. 535 Sogenannte „Beobachterklausel“, vgl. die wiederkehrende Formulierung in BGH, Urteil v. 20.03.1986, Az. IX ZR 88/85, in: NJW 1986, 1985, 1986.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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hingegen weder ein geeignetes noch ein legitimes Mittel, um das Rechtsgeschäft offenkundig zu machen. Berechtigt ist dieser Hinweis, da die Rechtsprechung – und nicht nur sie – der Versuchung, über den Bestimmtheitsgrundsatz eine wie auch immer geartete Publizität herzustellen, bisweilen unterlegen ist.536 Bei Einhaltung der zur Bestimmtheit dargelegten Grundsätze steht es den Parteien auch offen, noch nicht dem Schuldner gehörende Verfügungsobjekte mit der Sicherungsübereignung zu erfassen (antizipierte Einigung).537 Ob in diesem Fall ein Direkt- oder ein Durchgangserwerb des Sicherungsnehmers eintritt, wird mitunter kontrovers diskutiert.538 Nach wohl herrschender Ansicht ist jedenfalls dann von einem Direkterwerb des Sicherungsnehmers auszugehen, sofern diesem zuvor bereits ein Anwartschaftsrecht an der Sache zugestanden hat.539 Da dieser Aspekt meist virulent wird, wenn Dritte in den Gegenstand vollstrecken, ist das Problem im Rahmen des Vorrangs ausführlich zu behandeln.540 Um dem Schuldner derweil die weitere wirtschaftliche Betätigung zu ermöglichen, räumt der Gläubiger ihm regelmäßig die Ermächtigung ein, über die betroffenen Gegenstände im ordentlichen Geschäftsverkehr zu verfügen.541 Auf diese Weise begegnen die Vertragsparteien dem Zu- und Abfluss der fluktuierenden Sicherungsmittel. Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Frage, ob bei der Sicherungsübereignung von einer bedingten Einigung auszugehen ist.542 Dieser Problemkreis überschneidet sich mit den Debatten um das romanistische oder germanistische
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S. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 13 und Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 16, die die entsprechenden Tendenzen etwa in BGH, Urteil v. 13.01.1992, Az. II ZR 11/91, in: NJW 1992, 1161 respektive BGH, Urteil v. 20.03.1986, Az. IX ZR 88/85, in: NJW 1986, 1985 verwirklicht sehen. 537 Schulze-Schulte-Nölke, § 930 BGB Rz. 6 f.; ausführlich dazu Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1303 ff. 538 S. dazu Bülow, aaO; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 43 Rz. 33 f. Lesenswert Kupisch, JZ 1976, 417 ff. zu dem Problem des Erwerbsvorgangs bei Sicherungsgegenständen, die der Schuldner unter Eigentumsvorbehalt erworben hat. 539 Vgl. etwa BGH, Urteil v. 12.02.1992, Az. XII ZR 7/91, in: NJW 1992, 1156, 1157 und Schimansky/Bunte/Lwowski-Ganter, § 95 Rz. 78 ff. Kritisch Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 139 ff., der für noch nicht dem Schuldner gehörende Sachen keine Übertragung des Anwartschaftsrechts zulassen will. 540 S. unten 2. Kapitel, IV. 1. b). 541 Bei Warenlagern, deren Inhalt zur Weiterveräußerung geradezu prädestiniert ist, wird eine entsprechende Ermächtigung vermutet, vgl. MüKo InsO-Ganter, § 51 InsO Rz. 94. Fehlt es im Einzelfall gleichwohl an der Ermächtigung, kann der Schuldner den Sicherungsgegenstand dennoch an einen gutgläubigen Dritten veräußern (§§ 932 ff. BGB, § 366 Abs. 1 HGB), s. dazu Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 81. 542 Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 84 f.; Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 144 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Erbe der Sicherungsübereignung und ihre Akzessorietät.543 Sachgerecht dürfte es sein, die Lösung in der Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln zu suchen und die abgegebenen Willenserklärungen einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen,544 anstatt vom Grundsatz bedingter Sicherungsübereignungen auszugehen.545 Bei Sicherungsübereignungen an ein Kreditinstitut kann berücksichtigt werden, dass bedingte Einigungen in der Bankenpraxis eher unbeliebt sind.546 Inhaltliche Grenzen ergeben sich für die Einigung jedenfalls nicht aus § 311b Abs. 2, 3 BGB (auch nicht analog).547 Wie Systematik und Wortlaut der Norm klarstellen, handelt es sich bei den genannten Tatbeständen um Grenzen für das schuldrechtliche Geschäft. Trotzdem dürfte eine Verfügung, die auf die Übertragung des „gesamte[n] Vermögen[s]“548 hinausläuft (sofern man dies konstruktiv überhaupt für möglich hält), den Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllen: Der Veräußerer würde dadurch praktisch mittellos. Wie bereits erwähnt kann nach ganz herrschender Meinung die Nichtigkeit der Übereignung auch aus der Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede herrühren. Die Erstreckung des Unwirksamkeitsgrundes geschieht dabei nicht voraussetzungslos und im Wege eines (offenen) Bruchs mit dem Abstraktionsprinzip, sondern über den Erklärungsansatz, dass sich bei Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrags der rechtliche Makel in der Übereignung realisiere, diese also selbst einen anstößigen Charakter erhalte.549 Genau genommen lassen sich hierbei zwei Begründungsmuster unterscheiden, ohne dass diese für gewöhnlich dezidiert getrennt werden. Der erste Ansatz geht von einem Fortwirken, einer Perpetuierung oder einer Umsetzung der Sittenwidrigkeit des 543 S. Schultze, JherJb 43 (1901), 1, 55 ff. zur germanistischen Deutung. Zum selben Ergebnis gelangen Reinicke/Tiedke, DB 1994, 2173, 2176 und Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 398 f. durch Gegenüberstellung der Parteiinteressen. 544 So die herrschende Meinung, vgl. BGH, Urteil v. 20.09.2004, Az. II ZR 318/02, in: NJW-RR 2005, 280, 281 („[…] vielmehr muss [für die Annahme einer bedingten Übereignung] ein Anhaltspunkt in dem Parteivorbringen gegeben sein“); Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 10; MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 9. 545 Dazu schon BGH, Urteil v. 30.10.1990, Az. IX ZR 9/90, in: NJW 1991, 353 und Schmidt, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 329, der mit Serick zwar den Leitsatz der angeführten Entscheidung („Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß die Sicherungsübereignungen stets durch den Sicherungszweck bedingt sind“) goutiert, die konkrete Subsumtion des BGH aber kritisiert (s. Schmidt, aaO, S. 329, 335 f.). 546 Mühl, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 285, 289. 547 Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.07.2012, Az. I-11 U 74/11, in: BeckRS 2012, 18128 und BeckOK BGB-Gehrlein, § 311b BGB Rz. 39. 548 So die Formulierung bei jurisPK BGB-Beckmann, § 930 BGB Rz. 52. 549 Anschaulich MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 14, der die Einigung als „Tatmittel“ des Rechtsuntreuen bezeichnet. Vgl. auch BGH, Urteil v. 09.11.1965, Az. IV ZR 196/54, in: NJW 1956, 337. Mit anderem Zungenschlag allerdings SchulzeSchulte-Nölke, § 930 BGB Rz. 31 („Durchbrechung des Abstraktionsprinzips“).
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Sicherungsvertrags in der Übereignung aus – der schuldrechtliche Makel findet hiernach seinen Vollzug im dinglichen Geschäft.550 Ein zweiter Ansatz lässt sich über die Annahme einer (originären) Sittenwidrigkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts infolge seiner benachteiligenden und täuschenden Wirkung gegenüber Dritten konstruieren. Methodisch lehnt sich dieses Vorgehen an die beim Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) wegen „Doppelmangels“ vorgesehene Rechtsfolge an: Der rechtliche Unwert beruht darauf, dass sich der Gläubiger den Vorteil versprechen und gewähren lässt – nichtig sind daher Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft.551 Keiner der Ansätze ist unbedenklich: Der erstgenannte relativiert das Abstraktionsprinzip, der letztgenannte verleitet womöglich zu einer Aufladung des dinglichen Geschäfts mit Sittlichkeitselementen, die diesem an sich fremd sind. Im Ergebnis allerdings führen beide Wege zur Nichtigkeit der Übereignung. Neben den Fallgruppen zur Sittenwidrigkeit ist bei entsprechender Absicht ferner eine Nichtigkeit wegen Vollstreckungsvereitelung gemäß § 134 BGB iVm § 288 StGB denkbar.552 Die spezielle553 Gläubigeranfechtung nach § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG ermöglicht einem Titelgläubiger554 hingegen, auf Vermögensgegenstände zuzugreifen, die der Schuldner mit entsprechendem Benachteiligungsvorsatz555 zuvor einem Dritten, der um die Benachteiligung wusste,
550 Zu dieser „Vollzugsformel“ lesenswert Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 153 ff. Füller selbst plädiert für eine „Gesamtbetrachtung“, bei der Verpflichtungs- und Erfüllungsebene zu berücksichtigen sind (vgl. dens., aaO, S. 157 ff.). 551 In diese Richtung wohl auch Armbrüster, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris I, S. 23, 24. Vgl. zu dieser Kategorie der Fehleridentität ferner Lieder/Berneith, JuS 2016, 673, 676. 552 Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 185 ff. Zu den strafrechtlichen Voraussetzungen s. Schönke/Schröder-Heine/Hecker, § 288 StGB Rz. 2 ff. 553 Das Verhältnis der Gläubigeranfechtung gemäß § 3 Abs. 1 AnfG zur Sittenwidrigkeit aus § 138 Abs. 1 BGB ist umstritten. Die wohl herrschende Meinung sieht in den Regeln zur Gläubigeranfechtung grundsätzlich eine abschließende lex specialis und lässt nur bei Hinzutreten „besonderer Umstände“ (namentlich wenn der Sicherungsnehmer einen Schädigungsvorsatz hat oder sich grob fahrlässig gegenüber der Drittgefährdung verschließt, vgl. BGH, Urteil v. 19.03.1998, Az. IX ZR 22/97, in: BGHZ 138, 291; Palandt-Ellenberger, § 138 BGB Rz. 15, 86; Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 25 ff.) den Rückgriff auf § 138 Abs. 1 BGB zu. 554 § 2 AnfG: „Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde“. Instruktiv hierzu und zum Folgenden Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 26.1 ff. 555 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG: „Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte“.
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verschafft hat.556 Nach im Vordringen begriffener Lesart führt die Anfechtung der Rechtshandlung des Schuldners durch den (Vollstreckungs-)Gläubiger dazu, dass der hiervon betroffene Gegenstand haftungsrechtlich behandelt wird, als sei er wieder dem Schuldnervermögen zugeordnet.557 Konkret bedeutet dies, dass der Anfechtungsgegner (hier der Sicherungsnehmer) die Zwangsvollstreckung in den ihm übertragenen Gegenstand dulden muss und nicht etwa mittels Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 Abs. 1 ZPO intervenieren kann.558 Zu beachten ist bei den Tatbeständen aus § 288 StGB und § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG allerdings, dass sie vor allem eine gezielte Schmälerung der Haftungsmasse des Schuldners pönalisieren. Der hier interessierende Zweck besitzloser Kreditsicherung tritt in den Hintergrund; die Sicherungsübereignung verkommt zum bloßen Vehikel zur Betätigung eines drittschädigenden Willens. Der ehemals denkbare Gläubigerschutz aus § 419 Abs. 1 aF BGB sei an dieser Stelle nur erwähnt.559 bb) Besitzmittlungsverhältnis Die Übereignung nach § 930 BGB erfordert über die Einigung hinaus ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne des § 868 BGB. Dabei handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, vermöge dessen der Schuldner als Veräußerer gegenüber dem Gläubiger als Erwerber auf Zeit zum Besitz berechtigt ist.560 In aller Regel stellt der Sicherungsvertrag das Besitzmittlungsverhältnis dar. Genau wie die Einigung kann das Besitzkonstitut antizipiert, also auf künftig vom Schuldner erworbene Gegenstände erstreckt werden.561 Für die Sicherungsübereignung wurden im Laufe der Zeit auch an dieser Stelle besondere Voraussetzungen statuiert oder doch diskutiert, die es im Folgenden zu untersuchen gilt. 556 Zum weiten Anwendungsbereich des Regelwerks s. § 1 Abs. 1 AnfG: „Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, können außerhalb des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen angefochten werden“. § 1 Abs. 2 AnfG stellt das Unterlassen der Rechtshandlung gleich. 557 BGH, Urteil v. 20.06.1996, Az. IX ZR 314/95, in: ZIP 1996, 1475, 1476; Schmidt, JZ 1987, 889, 890. Zu den weiteren dinglichen und schuldrechtlichen Theorien vgl. statt vieler MüKo AnfG-Kirchhof, Einführung Rz. 14 ff. 558 Vgl. Zeuner, Die Anfechtung, Rz. 481. Zum Anspruch des Anfechtenden gegen den Anfechtungsgegner auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus § 11 Abs. 1 S. 1 AnfG Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Haertlein, § 11 AnfG Rz. 3 ff. 559 S. dazu BGH, Urteil v. 13.05.1981, Az. VIII ZR 117/80, in: BGHZ 80, 296, 299 ff., wonach ein Vollstreckungsgläubiger der Drittwiderspruchsklage des Sicherungsnehmers den Einwand der Vermögensübernahme aus § 419 Abs. 1 aF BGB entgegenhalten konnte. 560 Angelehnt an den Normwortlaut des § 868 BGB. Zu den einzelnen Voraussetzungen s. Jauernig-Berger, § 868 BGB Rz. 2–9. 561 BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133, 1135; MüKo BGB-Oechsler, § 930 BGB Rz. 24 ff.
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Zunächst ist hier das Erfordernis eines konkreten Besitzkonstituts hervorzuheben. Hierunter verstand das Reichsgericht – in expliziter Abgrenzung zum abstrakten constitutum possessorium – ein Rechtsverhältnis, das ein bestimmtes Rechtsverhältnis zur Besitzmittlung begründet.562 Im Laufe der Zeit haben Rechtsprechung und Literatur das Merkmal aber immer permissiver angewandt.563 Dass heute überwiegend noch auf ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis bestanden wird,564 ist – mit Verlaub – eine Farce: Wenn nämlich mittlerweile die (nicht einmal zwingend ausdrückliche) Äußerung des ernsthaften Willens zum Abschluss von Sicherungsvertrag und -übereignung für die Annahme des entsprechenden Konstituts ausreicht,565 so kann auf die Worthülse „konkretes Besitzmittlungsverhältnis“ getrost verzichtet werden. Eine zweite Besonderheit bei der Sicherungsübereignung betrifft das Erfordernis einer Ausführungshandlung. Aufgestellt durch das Reichsgericht,566 sollte diese Voraussetzung die Erkennbarkeit der Rechtsübertragung für Dritte fördern. Der BGH hat das Merkmal früh aufgegriffen und mit der Formel zur Bestimmtheit der Einigung verbunden.567 In der Lehre wird es heute – zu Recht – nur noch im Rahmen von Insichkonstituten verlangt. Dort beruht es allerdings auf dem allgemeinen rechtsgeschäftlichen Prinzip, dass eine Willensänderung nach außen hervortreten muss, um rechtlich erheblich zu sein, nicht auf dem Publizitätsgedanken.568
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So das RG im Urteil v. 15.11.1901, Az. II 234/01, in: RGZ 49, 170, 173, das allerdings auch ein „infolge von Bestellung eines dinglichen Rechtes an der Sache entstandenes dingliches Rechtsverhältnis“ für ausreichend erklärt. Schon früh kritisch zu dieser Voraussetzung Lange, NJW 1950, 565, 567. 563 Zurückhaltender bereits RG, Urteil v. 08.11.1927, Az. (VII) VI 315/27, in: RGZ 118, 361, 364 f. wo „jede Handlung, die objektiv geeignet [ist], den Besitzübergang herbeizuführen, ohne Rücksicht darauf, ob sich die Parteien über die rechtliche Bedeutung und Wirkung ihrer auf die Begründung des [V]erhältnisses gerichteten Abrede klar waren“, als ausreichend angesehen wird. 564 Palandt-Herrler, § 930 BGB Rz. 8 f.; Wellenhofer, Sachenrecht, § 15 Rz. 10 bereits mit Hinweis auf die niedrigen Anforderungen an die Konkretheit des Konstituts. 565 BGH, Urteil v. 20.09.2004, Az. II ZR 318/02, in: NJW-RR 2005, 280, 281; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1316. Vgl. auch Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 85 ff. mit dem treffenden Hinweis, dass in der Formularpraxis ohnehin stets ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart wird. 566 RG, Urteil v. 21.05.1910, Az. V 335/09, in: RGZ 73, 415, 418: „äußerlich in die Erscheinung tretende Ausführungshandlung“. 567 BGH, Urteil v. 13.06.1956, Az. IV ZR 24/56, in: NJW 1956, 1315, 1316 („durch ein einfaches, nach außen erkennbares Geschehen [muss] im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres erkennbar [sein], welche individuell bestimmten Gegenstände übereignet sind“). 568 Zu den geringen Anforderungen s. BGH, Urteil v. 08.06.1989, Az. IX ZR 235/87, in: NJW 1989, 2542, 2543 und BeckOK BGB-Kindl, § 930 BGB Rz. 9. Zu gelegentlich verfolgten Publizitätszwecken s. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1318.
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Beide vorstehenden Erfordernisse stehen im Zusammenhang mit den Gefahren, die Rechtsprechung und Lehre mit der Sicherungsübereignung verbinden. Sofern die besonderen Anforderungen überhaupt noch anklingen, verleihen sie dem rechtspolitischen Willen Ausdruck, die Bestellung des Sicherungseigentums zu erschweren oder immerhin offenzulegen.569 Die Verknüpfung von Sicherungsabrede und Besitzmittlungsverhältnis führt schließlich noch zu einem Folgeproblem. Einige wichtige Literaturstimmen binden nämlich das Schicksal der Sicherungsübereignung über § 868 BGB an jenes des Sicherungsvertrags. Fehle es an der Sicherungsabrede, sei ein Besitzmittlungsverhältnis nicht gegeben, die Sicherungsübereignung mithin unwirksam.570 Diese Schlussfolgerung verfängt indes nicht, da trotz unwirksamen Sicherungsvertrags ein Besitzmittlungswille des Schuldners und ein (potentieller) Herausgabeanspruch des Gläubigers vorliegen können.571 Insofern scheint es auch bei unwirksamer Sicherungsabrede überzeugender, ein Besitzkonstitut schon dann anzunehmen, wenn der durch Auslegung ermittelte Parteiwille auf die Verwirklichung des Tatbestandes aus §§ 929 S. 1, 930 BGB gerichtet ist.572 Anders gesagt: Ein wirksamer Sicherungsvertrag ist hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung für das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses und die Wirksamkeit der Übereignung selbst. Unentbehrlich ist hingegen ein Fremdbesitzerwille des Schuldners. Dieses § 868 BGB inhärente Tatbestandsmerkmal muss – genau wie der Eigentumsverschaffungswille des Schuldners573 – bei einer vorweggenommenen Sicherungsübereignung im Erwerbszeitpunkt gegeben sein. cc) Verfügungsberechtigung des Schuldners Außerdem muss der Veräußerer – hier also der Sicherungsgeber – verfügungsberechtigt sein. Dies setzt voraus, dass er entweder in der Verfügungsmacht
569 So mit Recht Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 77 ff., 91, 136. Vgl. etwa Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 123 mit der „strengeren Auffassung“ (ebd.), die bei „[s]tillschweigend vereinbarte[n] Besitzmittlungsverhältnisse[n] […] eine Reihe besonderer Anhaltspunkte“ für den Parteiwillen, die Besitzverhältnisse konkret zu regeln, fordert. 570 Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 39. Ähnlich Palandt-Herrler, § 930 BGB Rz. 20, dem zufolge es bei Nichtigkeit des Sicherungsvertrags „idR“ am Besitzkonstitut fehlt. 571 So im Ergebnis auch Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 15 und Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 90 f. 572 Wie hier MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 14 f. Siehe auch BGH, Urteil v. 15.06.1998, Az. II ZR 27/97, in: NJW-RR 1998, 1661 zu einem konkludent geschlossenen Besitzmittlungsverhältnis. 573 So die wohl herrschende Meinung, die eine Bindungswirkung der (antizipierten) Einigung ablehnt, vgl. BGH, Urteil v. 17.07.1952, Az. IV ZR 1/52, in: NJW 1952, 1169 und Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 929 BGB Rz. 33 mwN.
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unbeschränkter Eigentümer oder zur Verfügung ermächtigter Nicht-Eigentümer ist.574 Bei der antizipierten Sicherungsübereignung agiert der Schuldner nicht als Eigentümer. Er hat jedenfalls noch nicht das Vollrecht an den betroffenen Sachen inne; die Verfügung ist zunächst unwirksam.575 Sie konvalesziert allerdings gemäß § 185 Abs. 2 Var. 2 BGB576 mit dem Rechtserwerb des Schuldners.577 Ein gutgläubiger Erwerb des Sicherungsnehmers scheitert bei der Sicherungsübereignung gemäß §§ 929 S. 1, 930 BGB regelmäßig daran, dass der Schuldner den Besitz nicht vollständig aufgibt, wie § 933 BGB es verlangt.578 dd) Die Entstehung eines „Sicherheitenverbundes“ In der kommerziellen Praxis hat sich längst die Kombination verschiedener Kreditsicherungsmittel sowie deren Erstreckung auf Erlöse und Verarbeitungsprodukte durchgesetzt. Diese Entwicklung hin zur „Hypertrophie der Sicherungsrechte“579 gelang durch Mechanismen, die begrifflich nicht immer klar getrennt werden. Hier soll vom Oberbegriff der Erstreckung ausgegangen werden, welcher zwei Unterformen kennt: erstens die Erweiterung und zweitens die Verlängerung.580 Als Erstreckung gilt in diesem Sinne jede Ausweitung des Sicherungsgeschäfts über die Urform „Übereignung eines Einzelgegenstandes zur Sicherung einer Forderung“ hinaus. Die Erweiterung beschreibt dabei eine Erstreckung des Sicherungsmittels auf der Ebene der gesicherten Forderung. Sie betrifft folglich die Frage, was gesichert wird. Abweichend vom Grundfall können mit einer Sicherungsübereignung nämlich mehrere Forderungen und auch künftige Forderungen gesichert werden.581 Dies zum ersten. Zweitens besteht die Möglichkeit der Verlängerung, was die Erstreckung auf Ebene des Sicherungsguts anbelangt. Diese Erstreckungsform berührt das Objekt, womit gesichert wird. Nicht mehr bloß die sicherungsübereignete 574
Lüke, Sachenrecht, Rz. 158 ff.; Schreiber, Jura 2010, 599 ff. Möglich ist aber die Übertragung des Anwartschaftsrechts an Sachen, die der Schuldner unter Eigentumsvorbehalt erworben hat, Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1304. 576 „Die Verfügung wird wirksam, […] wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt […]“. 577 Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 84 f. Allgemein zur Konvaleszenz bei nachträglichem Rechtserwerb MüKo BGB-Bayreuther, § 185 BGB Rz. 47 ff. 578 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 52 Rz. 19; MüKo BGB-Oechsler, § 933 BGB Rz. 7. 579 Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 44; vgl. auch Hanisch, ZZP 90 (1977), 1, 3 („hypertrophe[…] Möglichkeiten klandestiner dinglicher Sicherung“) und Reich, Die Sicherungsübereignung, S. 16 („Ausuferung der Sicherungsrechte“). 580 Diese Mechanismen gehen über die bereits erörterte Erfassung künftig vom Schuldner zu erwerbender Sachen hinaus. 581 Benedict, Die Bestimmtheit der „künftigen Forderung“ bei der Globalbürgschaft, S. 74 ff.; Lwowski/Fischer/Gehrlein-Wittig, § 11 Rz. 59 f. 575
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Sache, sondern auch Verarbeitungsprodukte und sogar der Erlös aus Verfügungen über das Sicherungsgut dienen dem Gläubiger dann als Objekte, aus denen er im Sicherungsfall Befriedigung suchen kann.582 Die gewünschte Sicherungswirkung wird damit auf Herstellungs- und Veräußerungsstadien der erfassten Gegenstände ausgeweitet. 2. Kanadisches Recht Erklärtes Ziel des OPPSA ist die umfassende („comprehensive“) Regelung des Personal Property Security Law.583 Diesem kodifikatorischen Impetus entsprechend ergeben sich die Entstehungsvoraussetzungen des security interest vollständig aus dem OPPSA selbst. Freilich entbindet dies die Parteien nicht von der Einhaltung anderer Regelwerke und des general contract law.584 Überdies erfasst der weiterhin geltende Fraudulent Conveyances Act585 solche Verfügungen, die den Tatbestand der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung erfüllen,586 und belegt sie mit der Rechtsfolge der Unwirksamkeit gegenüber den betroffenen Dritten.587 Vor der Skizzierung des Entstehungsvorgangs sei noch ein systematischer Hinweis eingefügt: Part II des OPPSA trägt die amtliche Überschrift „Validity of Security Agreements and Rights of Parties“, Part III ist mit „Perfection and Priorities“ betitelt. In Einklang damit können das security agreement als vertragliches Fundament zwischen Gläubiger und Schuldner und das security interest als gegenüber Dritten wirksames proprietary right zur Sicherung des Gläubigervorrangs unterschieden werden. Getreu dieser Unterscheidung gliedert sich der nachstehende Abschnitt. a) Security agreement Der OPPSA ist im Ausgangspunkt nur auf Sicherungsrechte anwendbar, die dem übereinstimmenden Willen von Schuldner und Gläubiger entspringen 582 Hierzu statt aller Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung IV, S. 33 ff. (konzis) bzw. S. 115 ff., 607 ff. (ausführlich). 583 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 6, 48. Für einen Überblick über die Regelungsgegenstände s. Beale, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 7, 8. 584 S. dazu McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 3.04 [1]–[3]; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 113 ff. 585 R. S. O. 1990, Chapter F. 29. 586 S. Section 2 des Fraudulent Conveyances Act Ontarios: „Every conveyance of [...] personal property and every bond [...] made with the intent to defeat, hinder, delay or defraud creditors [...] are void as against such persons and their assigns“. 587 Für eine ausführliche Darstellung s. Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 591 ff. und Springman, Frauds on Creditors: Fraudulent Conveyances and Preferences, S. 1-1 ff. (zu den Anforderungen an den Schuldnervorsatz s. ebd., S. 13-20.5 ff.).
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(voluntary oder consensual security interests).588 Erforderlich ist also ein dementsprechender Vertrag, der in der Diktion des Personal Property Security Law als „security agreement“ bezeichnet wird. Dieses Rechtsverhältnis ist legaldefiniert als „agreement that creates or provides for a security interest [including] a document evidencing a security interest“.589 Zur Bekundung des nötigen Parteiwillens ist „charging language” erforderlich: Die Intention des Schuldners, dem Gläubiger ein security interest an bestimmten Gegenständen zur Sicherung einer Forderung zu bestellen, muss aus dem security agreement hervorgehen.590 Aus der Gesamtschau von functional approach, Anwendungsbereich und der genannten Definition folgt, dass der objektiv ermittelte Parteiwille im Zeitpunkt des Vertragsschlusses591 auf die Entstehung eines Kreditsicherungsrechts gerichtet sein muss. Hierfür ist der konkrete Inhalt des agreement zu untersuchen, nicht etwa die abstrakte Form des Rechtsverhältnisses, dessen sich die Parteien bedienen.592 Die Möglichkeit, auch künftig vom Schuldner erworbene Gegenstände in das security agreement miteinzubeziehen (after-acquired property), ergibt sich expressis verbis aus Section 12 (1) OPPSA.593 Es versteht sich angesichts der Regelungsziele des OPPSA beinahe von selbst, dass solche Verfügungen grundsätzlich gestattet sind. Der Erwähnung wert sind aber die niedrigen Anforderungen, die hieran gestellt werden. Zur Vereinbarung eines security interest an besagten Gütern genügen nämlich Wendungen wie beispielsweise „Debtor’s present and after-acquired factory equipment“ oder „all Debtor’s present and after-acquired personal property“594. Diese Gestaltungsfreiheit – 588
So die allgemeine Lesart von Section 2 OPPSA, s. Bank of Montreal v. i Trade Finance Inc., [2011] 2 S. C. R. 360 (para. 30 f.) und Bennett, Bennett on PPSA (Ontario), S. 13. 589 Section 1 (1) OPPSA; sprachlich leicht abgewandelt in Alberta, vgl. Section 1 (1) (ss) APPSA (R. S. A. 2000, Chapter P-7). 590 Emerich/Shortt, Secured Transactions, S. 36. Zu den Anforderungen vgl. aus der gerichtlichen Praxis etwa J. J. Riverside Manufacturing Ltd. v. E. J. W. Development Co. (1981), 1 P. P. S. A. C. 330; Stafford v. Sumbler (1989), 9 P. P. S. A. C. 47 (para. 23). 591 S. 674921 B.C. Ltd. v. Advanced Wing Technologies Corp. (2006), B. C. C. A. 49 (para. 28) dazu, dass der Wille zur künftigen Sicherungsbestellung, der bei der Formulierung „will provide security“ angenommen wird, nicht ausreicht. 592 S. GMAC Commercial Credit Corp. – Canada v. TCT Logistics Inc. (2004), 6 P. P. S. A. C. (3d) 163 und Cuming, 7 Can. Bus. L. J. (1983), 251, 258. 593 Bei consumer goods wird dies aufgrund des drohenden Verlusts der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit jedoch insofern restringiert, als der Schuldner spätestens zehn Tage nach der consideration (value) Rechte an der Sache erwerben muss, Section 12 (2) (b) OPPSA. Für future-growing crops gilt ebenso eine Bereichsausnahme (Section 12 (2) (a) OPPSA), die Landwirte vor dem (notgedrungenen) Eingehen nachteiliger security agreements schützen soll, vgl. zum Ganzen Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 18. 594 Zitate aus Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 152 f. Vgl. auch McLaren, The OPPSA, S. 171 ff. zu Section 12 OPPSA.
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inhaltlich wie förmlich – ermöglicht den Abschluss eines sogenannten general security agreement; eines Vertrags also, demgemäß der Schuldner dem Gläubiger einen Verwertungsvorrang an seinem gesamten gegenwärtigen und künftigen Vermögen einräumt.595 Ein typischer Passus im general security agreement zum Warenbestand des Schuldners lautet etwa: „The Debtor hereby [...] grants to the Bank a security interest [...] in all its present and future equipment and any proceeds therefrom, including, without limiting the generality of the foregoing, all fixtures, plant, machinery, tools and furniture now or hereafter owned or acquired“596.
Neben den geringen Anforderungen an das Bestimmbarkeitserfordernis verdeutlicht der Gebrauch solcher Formeln, welch weitreichende Wirkungen ein security interest nach dem OPPSA auf das Schuldnervermögen entfalten kann. Die fehleranfällige Kombination von Sicherungsinstrumenten, die unter dem alten kanadischen Recht bei Stock-in-trade-Finanzierungen noch notwendig war,597 ist damit entbehrlich. In Einklang mit Section 9 (1) OPPSA598 können Schuldner und Gläubiger schlichtweg ein (!) security interest bestellen, welches alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Kreditgebers sichert und auch vom Kreditnehmer noch zu erwerbende Vermögenswerte erfasst.599 Fehlt es an einem security agreement oder ist dieses unwirksam, so folgt hieraus, dass das security interest nicht zur Entstehung gelangt.600 In diesem Fall mangelt es dem Gläubiger also an einem proprietary interest, das die gegenüber Dritten erstrebten Vorteile mit sich bringt. Haben sich die Parteien nur mündlich über die Bestellung eines besitzlosen security interest geeinigt, so bedeutet dies nicht die Unwirksamkeit des security agreement; vielmehr wirkt der Vertrag dann, mangels Erfüllung der sogenannten evidentiary requirements,601 bloß inter partes.602
595 Zur gerichtlichen Sanktion des general security agreement s. Daimler Chrysler Financial Services (Debis) Canada Inc. v. Mega Pets Ltd., [2002] 1 B. C. L. R. (4th) 237 und Orr & Co. v. Saskatchewan Economic Development Corp. (1994), 6 P. P. S. A. C. (2d) 350. 596 Vgl. Section 2 (a) des General-Security-Agreement-Formulars der Bank of Montreal, abgedruckt bei Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 659 ff. 597 Zu den daraus resultierenden Problemen vgl. 2. Kapitel, I. 2. b). 598 Erneut aus dem Normtext: „Except as otherwise provided [...], a security agreement is effective according to its terms between the parties to it and against third parties“. 599 S. dazu Beare, 27 Fac. L. Rev. Tor. (1969), 1 ff.; Lee, 8 Alta. L. Rev. (1970), 389 ff. 600 Es sei denn, es handelt sich um ein deemed security interest, vgl. Section 2 (b), (c) OPPSA. S. dazu schon oben 2. Kapitel, II. 2. a). 601 Dazu sogleich unter 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3). 602 Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 23; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 105 f.
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b) Security interest Das Vorliegen eines wirksamen security agreement begründet die Einschlägigkeit der OPPSA-Regelungen zu attachment und perfection. Dies sind die beiden Stadien im Entstehungsprozess eines security interest, die erfüllt sein müssen, um dem Gläubiger die größtmögliche Vorrangwirkung seines proprietary interest gegenüber Dritten zu vermitteln. aa) Attachment Der Begriff „attachment“ wird nicht einheitlich verwendet. Gelegentlich ist davon als Entstehungsvoraussetzung des security interest die Rede, während andere Stimmen darin jenen Tatbestand sehen, der für die Vollstreckbarkeit des Sicherungsrechts gegenüber Dritten erfüllt sein muss.603 Dieses unterschiedliche Begriffsverständnis rührt von abweichenden Regelungsmodellen in den kanadischen Provinzen her, die „attachment“ jeweils in der einen oder der anderen Weise verwenden.604 Hier soll der Begriff in Einklang mit der Rechtslage in Ontario jene Voraussetzungen umschreiben, die zur Entstehung und zur Vollstreckbarkeit des security interest gegenüber Dritten erfüllt sein müssen. Bei besitzlosen Kreditsicherheiten statuiert der OPPSA die drei nachfolgend behandelten Voraussetzungen für das attachment. (1) Value Bereits die einleitenden Zeilen zum attachment legen fest: „a security interest […] attaches to the collateral only when value is given“ (Section 11 (2) OPPSA). Aus der Legaldefinition des Begriffs „value“ ergibt sich, dass dieser „any consideration sufficient to support a simple contract [including] an antecedent debt or liability“ umfasst (Section 1 (1) OPPSA).605 Die Voraussetzung beruht ersichtlich auf der alten Common-law-Doktrin, wonach neben dem Parteiwillen auch die Erbringung einer Gegenleistung für den Vertragsschluss erforderlich ist,606 erweitert den Ansatz aber um antecedent debts. 603
Vgl. etwa McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [1] gegenüber Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 298 und Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 139. 604 In ersterem Sinne etwa Section 12 (1) APPSA mit den Attachment-Voraussetzungen „value“ sowie „rights in the collateral“ und den separaten Voraussetzungen zur Vollstreckbarkeit („evidentiary requirements“) in Section 10 (1) APPSA. Im zweiten Sinne Section 11 (2) OPPSA, wo die evidentiary requirements in das attachment integriert werden. Section 11 (1) OPPSA stellt zuvor klar, dass das attachment eine notwendige Voraussetzung der Vollstreckung gegenüber Dritten ist. 605 Umfassend hierzu McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [1] [a]. 606 Als leading case gilt die House-of-Lords-Entscheidung Dunlop Pneumatic Tyre Co. Ltd. v. Selfridge & Co. Ltd., [1915] A. C. 847, da das Gericht sich in dieser Entscheidung Sir Frederick Pollocks Definition des Consideration-Begriffs anschloss („An act or
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Demgemäß begründet die Bestimmung gewissermaßen eine Akzessorietät zwischen given value und dem attachment: Ein security interest kann nur entstehen, wenn der zu sichernde Gläubiger eine Gegenleistung erbringt.607 Als consideration genügt dabei schon das Versprechen des Gläubigers, dem Schuldner ein Darlehen zu gewähren.608 Die ansonsten kaum problematische Voraussetzung mahnt allenfalls bei der (nachträglichen) Besicherung älterer Forderungen zur Vorsicht. Freilich sind antecedent debts in der Legaldefinition des Value-Begriffs ausdrücklich enthalten und ihre Sicherungen grundsätzlich zulässig.609 Gleichwohl untersucht die Rechtsprechung insbesondere solche Verfügungen gründlich auf das Vorliegen einer fraudulent conveyance.610 Schließlich droht vor allem hier die Gefahr, dass der Schuldner gezielt einem ursprünglich ungesicherten Gläubiger Vermögenswerte sicherungsweise zuordnet, um sie dem Zugriff Dritter zu entziehen. (2) Rights in the collateral/power to transfer rights in the collateral Die zweite Voraussetzung des attachment betrifft die Berechtigung des Schuldners am zu belastenden Gegenstand. Der OPPSA nennt hierzu zwei Alternativen: „the debtor has rights in the collateral“ oder „the power to transfer rights in the collateral to a secured party“ (Section 11 (2) OPPSA). Der Schuldner verfügt über rights in the collateral, wenn ihm ein taugliches proprietary interest am betreffenden Gegenstand zusteht.611 Die Voraussetzung erschließt sich rasch aus der Überlegung, dass das security interest selbst ein proprietary interest darstellt. Um ein solches zu übertragen – hierin zeigt sich eine Anknüpfung an das Nemo-dat-Prinzip –, muss der Schuldner grundsätzlich über ein entsprechendes Recht verfügen. Nicht notwendig für die Bestellung eines security interest ist damit full ownership. Bei der konkreten Umfangsbestimmung des geforderten proprietary right üben sich die Gerichte oft forbearance of one party, or the promise thereof, is the price for which the promise of the other is bought, and the promise thus given for value is enforceable“, aaO, S. 855). Zur heutigen (kanadischen) Lesart der Voraussetzung s. Benson, 61 U. Toronto L. J. (2011), 241. 607 S. Ducharme v. Iftikhar (2015), 3 P. P. S. A. C. (4th) 372; Gowdy/Walsh, Secured Transactions, S. 21 sprechen aus diesem Anlass von einem „accessory principle“. 608 Agricultural Credit Corp. of Saskatchewan v. Pettyjohn, [1991] 3 W. W. R. 689; Central Guaranty Trust Co. v. Bruncor Leasing Inc. (1992), 4 P. P. S. A. C. (2d) 229. 609 Zu beachten ist aber, dass manche priority rules – über das attachment hinausgehend – die Verschaffung von new value verlangen (vgl Section 28 (3) OPPSA). S. dazu MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 212 ff. 610 S. etwa Asklepeion Restaurants Ltd. v. 791259 Ontario Ltd. (1996), 11 P. P. S. A. C. (2d) 320. Vgl. zum Risiko der Drittbenachteiligung bei antecedent debts auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 247. 611 Grundlegend Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 62 ff.; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 212 ff.
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in Zurückhaltung612 und bemühen die Formel „less than full ownership, more than mere possession“.613 Zielführend erscheint es daher, die Voraussetzung gänzlich im Geiste des Nemo-dat-Prinzips zu interpretieren: Der Schuldner kann höchstens eine solche Rechtsposition übertragen, die er selbst innehat;614 für eine darüber hinausgehende Vereinbarung findet das attachment nicht statt. Besonders problemträchtig war lange die Übertragung von rights in afteracquired property.615 Unmöglich unter common law und verwundbar nach equity, waren früh rechtspolitische Bedenken gegen solche Verfügungen formuliert worden. Vor allem die Gefahr, dass sich die gesamte schuldnerische Kreditgrundlage auf einen alleinig gesicherten Gläubiger konzentriert, wurde beklagt.616 Unter dem Druck der wirtschaftlichen Notwendigkeiten segneten die Gerichte die Übertragung von noch zu erwerbenden Gegenständen dennoch schon vor Inkrafttreten des OPPSA in equity ab.617 Durch die Verfügbarkeit dieses Modells allein in equity, nicht aber at law verblieb das legal interest weiterhin beim Schuldner und konnte so zu anderweitiger Kreditsicherung verwendet werden. Auf diese Weise verhinderte die nähere Ausgestaltung des (equitable) interest in after-acquired property, dass ein einziger Gläubiger den Schuldner seiner gesamten Kreditgrundlage berauben konnte. Der OPPSA hat den lange Zeit problematischen Vorgang, ein security interest an noch nicht dem Schuldner gehörendem collateral zu bestellen, erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Danach erfasst das attachment künftig erworbene Gegenstände – insoweit übereinstimmend mit den Equity-Regeln618 –, sobald der Schuldner die nötigen Rechte daran erwirbt. Was die für Vorrangkonflikte zuvor maßgebliche Klassifikation des Sicherungsrechts betrifft, so konvertierte der OPPSA allerdings den Status des Sicherungsrechts an 612 Vgl. etwa Agar v. 762250 Ontario Ltd. (1994), 6 P. P. S. A. C. (2d) 292, wo ein attachment trotz fehlender Schuldnerberechtigung bejaht, das security interest dann aber der Position des eigentlich Berechtigten untergeordnet wird. Ausführlich zu dem Merkmal McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [2] [b], der immer wieder auf US-amerikanisches (Fall-)Recht verweist. 613 S. zu dieser Formel MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 214 f. und McLaren, aaO mwN. 614 Diese Formulierung soll verdeutlichen, dass keine Kongruenz zwischen schuldnerischer und übertragener Position bestehen muss: Der Schuldner kann auch weniger übertragen als er innehat. Für die Orientierung am Nemo-dat-Prinzip spricht ferner die SupremeCourt-Rechtsprechung zu Section 427 (2) und Section 435 (3) des Bank Act, vgl. Radius Credit Union Ltd. v. Royal Bank of Canada, [2010] 3 S. C. R. 38. Ähnlich wie hier auch Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 124 f. 615 S. dazu schon oben 2. Kapitel, I. 2. b). 616 Insofern ist die Bezeichnung „all-inclusive security interest“ bei Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 261 so treffend wie berechtigt. 617 Grundlegend Holroyd v. Marshall (1862), 11. E. R. 999 und Tailby v. Official Receiver (1888), 13 App. Cas. 523 (Grundsatzurteil zur Zulässigkeit der floating charge). 618 Zum Ablauf des attachment s. Holroyd v. Marshall (1862), 11 E. R. 999, 1010.
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after-acquired property: Aus einem Institut in equity (equitable interest) wurde mit seinem Inkrafttreten ein statutory legal interest. Flankierend stellte der Supreme Court of Canada klar, dass der Gläubiger bei solchen Transaktionen zunächst ein „inchoate security interest“619 erwirbt, da der Schuldner noch nicht Rechtsinhaber ist. Die zweite Alternative der schuldnerischen Verfügungsberechtigung („power to transfer rights in the collateral”, Section 11 (2) OPPSA) bezieht sich vor allem auf investment property620 und bedarf in der vorliegenden Untersuchung keiner näheren Erläuterung. (3) Evidentiary requirements Die sogenannten evidentiary requirements stehen in engem Zusammenhang mit der Tatsache, dass ein security interest nur dann gegenüber Dritten vollstreckt werden kann, wenn das attachment erfolgt ist (Section 11 (1) OPPSA621). Dieser Drittbezug erklärt, weshalb alle drei Modalitäten der evidentiary requirements – written security agreement, possession und control – dazu bestimmt sind, die Bestellung des security interest auf unterschiedliche Weise äußerlich zu dokumentieren. Für besitzlose Sicherungen etwa von Warenlagern ist freilich nur die Variante „written security agreement“ von Interesse (Section 11 (2) (a) (i) OPPSA). Sie wird mitunter in die Tradition der „Statute of Frauds Requirements“ gestellt.622 Das 1677 erlassene Regelwerk Statute of Frauds623 entzog solchen Verträgen die Vollstreckbarkeit (nicht die Wirksamkeit), die nicht schriftlich abgefasst und vom Schuldner unterschrieben waren.624 Über den historischen Zweck der Betrugsprävention 619 Radius Credit Union Ltd. v. Royal Bank of Canada, [2010] 3 S. C. R. 38 (para. 19 f.); vgl. hierzu auch MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 21. 620 Der Begriff umfasst laut Section 1 (1) OPPSA „a security, whether certificated or uncertificated, security entitlement, securities account, futures contract or futures account“ und wurde 2006 im Zuge des Securities Transfer Act in den OPPSA integriert, vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.02 [1] [b]. Zur ursprünglichen Fassung des OPPSA, die nur die Alternative „debtor has rights in the collateral“ enthielt, s. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 60, 62 ff. 621 „A security interest is not enforceable against a third party unless it has attached“. S. dazu auch schon oben 2. Kapitel, III. 2. b) aa) und sogleich erneut. 622 Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 126; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [2] [c]. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 269 f. weisen darauf hin, dass die PPSAs ein written security agreement (anders als das Statute of Frauds) im Interesse Dritter verlangen. 623 Langtitel „An Act for prevention of Frauds and Perjuries“ (29 Charles 2, Chapter 3). 624 Vgl. Section 4 Statute of Frauds: „Noe Action shall be brought [...] whereby to charge the Defendant upon any speciall promise to answere for the debt default [...] unlesse the Agreement upon which such Action shall be brought [...] shall be in Writing and singed by the partie to be charged therewith“ (Originaltext). S. ausführlich zu dieser Bestimmung und ihren Schwächen McBain, 5 J. B. L. (2010), 420 ff.
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hinaus ist das OPPSA-Erfordernis eines written security agreement im Lichte des notice filing zu sehen: Da nur ein financing statement publiziert wird, dient das schriftlich fixierte security agreement als komplementäre Informationsquelle für bestimmte („qualifizierte“) Dritte, die Informationen über den Umfang des security interest begehren.625 Für die drittschützende Funktion des Schriftformerfordernisses spricht auch die Systematik des OPPSA.626 Eingedenk dieses Hintergrundes sollten die inhaltlichen Anforderungen an das written security agreement funktional interpretiert werden. Für die Schuldnerunterschrift627 ist daher jedes Erklärungszeichen ausreichend, das im Geschäftsverkehr dazu geeignet und bestimmt ist, den im security agreement wiedergegebenen Willen zur Bestellung einer Kreditsicherheit zu bekunden.628 Dass dies auch in elektronischer Form möglich ist, bestimmt seit 1999 der Uniform Electronic Commerce Act.629 Im security agreement muss zudem eine nähere Beschreibung des Sicherungsgegenstandes enthalten sein, die dessen Bestimmung ermöglicht („description of the collateral sufficient to enable it to be identified“630). Seit Beginn der PPSA-Gesetzgebung wird diese Voraussetzung überaus liberal gehandhabt. Um den Parteien des security agreement mit der Bestimmbarkeitsanforderung weder Bürden noch Unsicherheiten aufzuerlegen, hat der Gesetzgeber Ontarios die ursprüngliche Fassung von Section 10 (b) OPPSA (1967) gezielt in die oben wiedergegebene, permissive Formel abgeändert.631 Zwar gelten in den übrigen Provinzen mitunter andere Standards für die 625 So dann auch Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 126. Hierfür spricht überdies das Auskunftsrecht qualifizierter Dritter aus Section 18 (1) OPPSA. 626 Immerhin ist das Schriftformerfordernis eine Voraussetzung der Vollstreckbarkeit gegenüber Dritten, vgl. Section 11 (1) OPPSA („A security interest is not enforceable against a third party unless it has attached“). Noch deutlicher wird dies in anderen Provinzen, wo die Voraussetzung in einer eigenen Section zur Vollstreckbarkeit stipuliert ist (vgl. Section 10 APPSA mit der Überschrift „Enforceability of security interest“). 627 Section 11 (2) (a) OPPSA: „[…] the debtor has signed a security agreement […]“. 628 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 270. Andere Stimmen ziehen zur Interpretation die Voraussetzungen des Sale of Goods Act (R. S. O. 1990, Chapter S. 1) heran, die sehr liberal gehandhabt werden (so genügt bspw. schon ein Briefkopf, der den schuldnerischen Namen enthält, den Anforderungen, vgl. Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 123). 629 Dieser wurde in allen PPSA-Provinzen außer den Nordwest-Territorien und Nunavut umgesetzt. Für Ontario s. Section 11 (1) Electronic Commerce Act (S. O. 2000, Chapter 17): „[A] legal requirement that a document be signed is satisfied by an electronic signature“. 630 So der Wortlaut von Section 11 (2) (a) (i) OPPSA, der wohl auf die ältere SupremeCourt-Rechtsprechung zurückgeht, vgl. McCall v. Wolff, [1885] 13 S. C. R. 130 para. 5 („property [...] described with sufficient certainty to enable it to be distinguished and identified“); darauf Bezug nehmend Hovey v. Whiting, [1887] 14 S. C. R. 515 (para. 2). 631 Zu dieser gesetzgeberischen Intention Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 123. Vgl. auch Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 54, der bereits für die alte Fassung konstatierte: „the formalities […] are by no means onerous“.
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Bestimmbarkeit;632 indes führen diese kaum zu abweichenden Ergebnissen. Allgemein ausreichend ist es danach, wenn gattungsmäßig beschrieben wird, welche Gegenstände vom security agreement umfasst sind.633 Allen Beteuerungen um die Praktikabilität des Bestimmbarkeitserfordernisses zum Trotz hat selbiges doch auch richterlichen Klärungsbedarf verursacht. Ein Beispiel hierfür ist die Berufung der Parteien des security agreement auf außerhalb des Vertrags liegende Unterlagen zur Bestimmung des Sicherungsgegenstandes. Besonders zur Veranschaulichung eignet sich folgender Streitfall, der an H. L. A. Harts fiktive Regel „no vehicles in the park“634 erinnert: Schuldner und Gläubiger hatten ein security interest an den „vehicles“ des Kreditnehmers bestellt.635 Richterlicher Klärung bedurfte dann bald die Frage, ob dieser Begriff nur Fahrzeuge im lexikalischen Sinne oder darüber hinaus – wie von den Parteien intendiert – auch die fahrbaren Straßenbau-Geräte des Schuldners einschloss. Abstrakter formuliert: Soll im Zweifel der alltägliche Sprachgebrauch oder der durch extrinsische Dokumente belegbare Parteiwille festlegen, welche Gegenstände vom security interest erfasst sind?636 Das zuständige Gericht gestattete es dem gesicherten Gläubiger, durch Rekurs auf außervertragliche Unterlagen nachzuweisen, dass sich das Sicherungsrecht auch auf Gegenstände im letztgenannten Sinne erstrecken sollte.637 In der Literatur stößt dieses Vorgehen mit Blick auf den Zweck des Bestimmbarkeits632 So etwa in Yukon, wo das security agreement eine Unterscheidung von erfassten und nicht erfassten Gegenständen ermöglichen muss (Section 8 (1) (b) (i) YPPSA (R. S. Y. 2002, Chapter 169): „a security interest that contains […] a description of the collateral by item sufficient to distinguish the item from other similar items […]“; s. aber auch die weiteren Varianten in (ii)–(iv), die gattungsmäßige Beschreibungen zulassen). In den anderen Provinzen genügt ebenfalls eine „description by item or kind“ (vgl. bspw. Section 10 (1) (d) (i) APPSA). 633 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [2] [c]. Übereinstimmend für die Provinz Alberta Cuming/Wood, Alberta Personal Property Act Handbook, S. 136 f. Zu beachten ist aber, dass die Bezeichnungen „consumer goods“ oder „equipment“ nicht ausreichen: Sie unterscheiden sich nur darin, wie der Schuldner die Gegenstände konkret nutzt (erstere privat, letztere gewerblich), was für Dritte nicht erkennbar ist, vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 275 f. 634 Hart, 71 Harv. L. Rev. (1958), 593, 607 ff. Zur rechtsphilosophischen Debatte, die hieraus mit John Fuller erwuchs Schauer, 83 N. Y. U. L. Rev. (1964), 1109 ff. 635 Re Hickman Equipment (1985) Ltd. (2003), 121 A. C. W. S. (3d) 804. 636 Diese Frage hat freilich auch einen starken beweisrechtlichen Einschlag, vgl. zur sog. Parol Evidence Rule die Supreme-Court-Entscheidung Eli Lilly & Cole v. Novopharm Ltd., [1998] 2 S. C. R. 129 (para. 55): „The contractual intent of the parties is to be determined by reference to the words they used in drafting the document, possibly read in light of the surrounding circumstances which were prevalent at the time. Evidence of one party’s subjective intention has no independent place in this determination“. 637 Re Hickman Equipment (1985) Ltd. (2003), 121 A. C. W. S. (3d) 804 (para. 24). Ähnlich GE Capital Canada Acquisitions Inc. v. Dix Performance (Trustee of) (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 197.
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erfordernisses auf Kritik.638 Dieser teleologische Einwand verfängt. Denn ließe man es zu, die nähere Bestimmbarkeit auf Dokumente außerhalb des security agreement zu verlagern, so könnte das evidentiary requirement den gewünschten Drittschutz nicht mehr leisten. Zwar kann ein qualifizierter Dritter – insbesondere der judgment creditor639 – gemäß Section 18 (1) (b) OPPSA vom secured creditor die Klarstellung darüber, welche Gegenstände vom security interest erfasst sind, verlangen und somit eine Klärung über den Umfang des Sicherungsrechts herbeiführen.640 Gleichwohl darf dies kein Freibrief für (womöglich bewusst) missverständlich formulierte security agreements sein. Da die Parteien bei der Abfassung des security agreement also durchaus Vorsicht walten lassen sollten, gewinnt das oben angesprochene Regelungsziel, durch das notice filing die Kreditsicherung zu flexibilisieren,641 praktisches Profil. Schließlich kann die korrekte Formulierung des security agreement einige Zeit in Anspruch nehmen, während namentlich dem Gläubiger an einer baldigen Publikation zur Rangsicherung gelegen ist. Da beim notice filing nur ein financing statement benötigt wird, steht einer Registrierung bereits vor der schriftlichen Abfassung des security agreement nichts entgegen.642 Als Rechtsfolge ermöglicht das attachment es der secured party, sich im Falle des Schuldnerverzugs direkt – das heißt ohne vorheriges Erstreiten eines obsiegenden Urteils – aus dem Sicherungsgegenstand zu befriedigen. Es markiert also den Zeitpunkt, in dem das security interest dem Sicherungsgut „anhaftet“ und beschränkt getreu dem Nemo-dat-Grundsatz die Verfügungsbefugnisse des Schuldners.643 Inhaber des Verwertungsrechts ist damit fortan der Gläubiger. 638 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 274 f. Offen gelassen bei McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.02 [1] [b], der das Urteil im Kontext von after-acquired property wiedergibt. Die Zulässigkeit externer Auslegungsquellen befürwortend Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 126 ff. 639 Section 18 (1) (b) OPPSA bestimmt: „A person who is a [...] judgment creditor [...] may require the secured party to furnish to the person [...] a statement in writing approving or correcting as of the date specified in the notice a statement of the collateral or a part thereof as specified in a list attached to the notice [...]“. 640 In der Rechtsprechung wird dieses Informationsrecht denn auch als Indiz für die geringen Anforderungen an die Bestimmbarkeit gesehen, da der Dritte hierdurch schließlich befähigt sei, Ungewissheiten auszuräumen, vgl. GE Capital Canada Acquisitions Inc. v. Dix Performance (Trustee of) (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 197 (para. 8). 641 S. dazu 2. Kapitel, II. 2. b). 642 Vgl. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 5.03 [2] [a]. Eine Ausnahme gilt, wenn es sich beim Sicherungsgut um consumer goods handelt (Section 45 (2) OPPSA). Zur Frage, ob es im Konfliktfall auf den Zeitpunkt der Registrierung oder der Erfüllung der evidentiary requirements ankommt s. unten 2. Kapitel, IV. 2. b). 643 Vgl. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 60; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 139 anschaulich: „attachment marks the point at which the secured party’s security interest materializes“.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Erfasst das security interest aber etwa den Bestand eines Warenlagers, so ist es für den Schuldner regelmäßig unerlässlich, weiterhin über die enthaltenen Gegenstände verfügen zu dürfen. Für diesen Fall zeigt Section 25 (1) (a) OPPSA644 die Möglichkeit auf, dass der Gläubiger den Schuldner dazu ermächtigt, die jeweiligen Sicherungsgegenstände zu veräußern, ohne dass das security interest bestehen bliebe.645 Als Ausgleich für den erlittenen Rechtsverlust erlangt der gesicherte Gläubiger dann ein security interest am erzielten Erlös646 (sogenanntes automatic attachment bei proceeds647). All dies zeigt, dass es verfehlt wäre, das attachment auf eine Inter-partesWirkung zu reduzieren und allein der perfection Relevanz für die Wirkungen gegenüber Dritten zuzuschreiben.648 Die Fehlerfolgen der einzelnen Attachment-Voraussetzungen sind getrennt zu erörtern. Während value und die schuldnerische Verfügungsberechtigung zwingend gegeben sein müssen, damit ein security interest entsteht,649 verhält es sich mit den evidentiary requirements komplizierter. Dies ergibt sich aus der bereit angedeuteten, peripher abweichenden Regelungstechnik der Provinzen. In Ontario sind die evidentiary requirements in die Voraussetzungen des attachment integriert, sodass im Falle ihres Fehlens kein attachment stattfindet. In anderen Provinzen setzt das attachment nur die Gegenleistung des Gläubigers („value“) und eine Berechtigung des Schuldners zur Bestellung der Sicherheit 644 Aus dem Normtext: „Where collateral gives rise to proceeds, the security interest therein [...] continues as to the collateral, unless the secured party expressly or impliedly authorized the dealing with the collateral free of the security interest […]“. 645 S. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 287 und Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 129 f. zu der Kontroverse, ob bereits die Verwendung von Floating-charge-Terminologie im security agreement – wie bereits vor Geltung des OPPSA – eine entsprechende Ermächtigung impliziert. 646 Section 1 (1) OPPSA definiert proceeds denkbar weit als „identifiable or traceable personal property in any form derived directly or indirectly from any dealing with the collateral or proceeds therefrom“. Die komplizierten Common-law-Regeln zu following und tracing (s. dazu Worthington, Equity, S. 87 ff.) konnten mit dem OPPSA nicht ganz überwunden werden. Immerhin aber bieten die Sections 25, 30 OPPSA eine legislative Klärung zu attachment, perfection und priorities von proceeds. 647 MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 221 f. Dieses security interest teilt auch den Perfection-Status des ursprünglich auf das collateral bezogenen Sicherungsrechts, s. Section 25 (1) (b) OPPSA: „Where collateral gives rise to proceeds, the security interest therein [...] extends to the proceeds“. 648 Wenn McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 4.01 [1] und Sheehan, The Principles of Personal Property Law, S. 375 auf diese Weise verfahren, so mag es einem anderen Attachment-Begriff geschuldet und damit berechtigt sein. Wie hier MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 243. S. auch Innovation Credit Union v. Bank of Montreal, [2010] 3 S. C. R. 3 (para. 21 f.), wo auf die Drittwirkungen des security interest vor der perfection hingewiesen wird. 649 Vgl. hierzu und zu den Folgen nicht erfüllter evidentiary requirements statt vieler Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 139.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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(„rights in the collateral“) voraus.650 Mangelt es an den hiervon isolierten evidentiary requirements, so berührt dies nicht das attachment, sondern allein die Vollstreckbarkeit gegenüber Dritten.651 bb) Perfection In Section 19 OPPSA heißt es unter der Überschrift „Perfection” bündig: „A security interest is perfected when, (a) it has attached; and (b) all steps required for perfection under any provision of this Act have been completed regardless of the order of occurrence“. Darüber, was „perfection“ bedeutet, klärt das Regelwerk nicht weiter auf, obwohl es sich hierbei um einen Zentralbegriff der PPSAs handelt.652 Dem doppelten Bedeutungsgehalt des Begriffs „perfection“ soll sich hier unter Besinnung auf seinen Zweck im Personal Property Security Law angenähert werden. Auszugehen ist dabei von einem bereits erwähnten Wesensmerkmal der proprietary rights: ihrer Wirksamkeit gegenüber Dritten (excludability).653 Die in Twyne’s Case654 aufgestellte und bis heute tradierte Losung, wonach Sicherungsrechte durch Besitz oder Registereintrag zu publizieren sind, um diesen Schutz gegenüber Dritten zu gewähren, wird über die perfection in die Entstehungsschritte des security interest eingebunden. Der gesicherte Gläubiger erhält die excludability also nicht umsonst, sondern nur um den Preis der Publikation. „Perfection“ ist im PPSA-Kontext aber nicht gleichbedeutend mit „invulnerability“655. In gewissen Situationen kann auch ein perfected security interest gegenüber Dritten nachrangig sein.656 Die einzelnen
650 S. dazu die oben (2. Kapitel, III. 2. b) aa)) schon erwähnten Bestimmungen Section 12 (1) APPSA mit den Attachment-Voraussetzungen („value“ und „rights in the collateral“) und separaten Voraussetzungen zur Vollstreckbarkeit („evidentiary requirements“) in Section 10 (1) APPSA. 651 Atlas Industries v. Federal Business Development Bank (1983), 3 P. P. S. A. C. 39 (para. 5 f.); Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 241 f. 652 Bei Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 157 heißt es: „Perfection is a key concept in the Act”. Ähnlich schon McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 5.01 („The concept of perfection is fundamental to the scheme of the Act”). 653 S. dazu oben 1. Kapitel, I. und Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 184 f. sowie Worthington, Equity, S. 52 ff. 654 Twyne’s Case, (1601) 76 E. R. 809. Siehe hierzu auch Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 458 ff. und oben 2. Kapitel, I. 2. a). 655 Die kanadischen PPSAs übernahmen den Begriff aus Article 9 UCC, der ihn seinerseits der damaligen Section 60 United States Bankruptcy Code entlehnte. Dort bedeutete perfection tatsächlich invulnerability gegenüber Dritten, vgl. zum Ganzen Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 296 f. 656 Lee, 47 Can. B. Rev. (1969), 420, 423 f. Detailliert hierzu MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 243 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Vor- und Nachrangbestimmungen finden sich in den priority rules,657 welche den Umfang der perfection konkretisieren. Dergestalt nämlich, dass sie dem bundle of rights des gesicherten Gläubigers nach der perfection zumeist Vorrang, gelegentlich aber auch einen Nachrang einräumen.658 Um dem Leser den Versuch einer Definition nach dieser Vorrede nicht länger vorzuenthalten: „perfection“ im Sinne der Personal Property Security Acts umschreibt zweierlei. Einerseits jenen Schritt in den Entstehungsvoraussetzungen des security interest, durch welchen das proprietary right publiziert wird659; andererseits den Zeitpunkt, in dem der gesicherte Gläubiger den Status maximalen Vorrangs gegenüber Dritten – insbesondere gegenüber Vollstreckungsgläubigern – erwirbt.660 Analog zum automatic attachment von proceeds gilt dieser Vorrang auch für Erlöse aus dem Sicherungsgegenstand (automatic perfection, Section 25 (1), (2) OPPSA).661 Die in Section 19 OPPSA angeführten „steps required for perfection“ beziehen sich im Sinne des ersten Definitionsteils auf die erforderlichen (Verfahrens-)Schritte zur Publikation des Sicherungsrechts. Bei beweglichen Sachen kommen dabei vor allem die perfection by registration (Section 23 OPPSA) und die perfection by possession (Section 22 OPPSA) in Betracht.662 Näherer Betrachtung bedarf für die besitzlose Kreditsicherung die Modalität der perfection by registration. Dieser überkommene Publikationsmechanismus663 hat seit seiner digitalen Umsetzung im Jahr 1967 einige Modifikationen erfahren. Neben der Verwirklichung des Notice-filing-Systems664 ist dabei die 657 S. etwa die Sections 20 (unperfected security interests), 30 (general priority rules), 30.1 (priority rules for investment property) OPPSA. 658 Zum konkreten Vorrangkonflikt zwischen secured creditor und judgment creditor bzw. execution creditor s. unten 2. Kapitel, IV. 2., V. 2. 659 Nuñez/Reid, 49 Adv. Vanc. (1991), 215, 218 setzen den Unterschied zwischen attachment und perfection jenem zwischen Geburt und Geburtsurkunde gleich. 660 In diesem doppelten Sinne (substantive meaning und procedural meaning) auch Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 158 f. Vgl. zur Vorrangwirkung ferner Gilmore, Security Interests I, S. 436 f. 661 Section 25 (1) OPPSA: „Where collateral gives rise to proceeds, the security interest therein [...] extends to the proceeds“. Ferner Section 25 (2) OPPSA: „Where the security interest was perfected by registration when the proceeds arose, the security interest in the proceeds remains continuously perfected“. Zu den Einzelheiten der automatic perfection bei proceeds s. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 491 f. 662 Für investment property ist die Variante perfection by control (Section 22.1 OPPSA) vorgesehen, bei goods held by a bailee hingegen die perfection by issuance of a document of title (Section 26 OPPSA). 663 Worthington, Equity, S. 92 f. weist auf die lange Common-law-Geschichte der registration zur Bewältigung sogenannter Claiming-Konflikte hin. S. Ziegel, in: Sauveplanne, Jean Georges (Hrsg.), Security Over Corporeal Movables, S. 71, 87 zur Aufnahme dieses Publikationsprinzips in die kanadischen PPSAs. 664 S. zur Abkehr vom document filing noch vor Inkrafttreten des OPPSA oben 2. Kapitel, I. 2. c) sowie 2. Kapitel, II. 2. a) zur näheren Ausgestaltung.
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weitgehende665 Entkopplung der Vorrangkonflikte von Elementen der actual oder constructive knowledge hervorzuheben. Hatte etwa Section 22 (1) (a) OPPSA (1967) noch vorgesehen, dass ein Vollstreckungsgläubiger nur dann den Vorrang gegenüber einem Gläubiger mit einem unperfected security interest erwirbt, wenn er keine Kenntnis vom security interest hat,666 so kommt es nach Section 20 (1) (a) OPPSA667 hierauf nicht mehr an.668 Inkurs: Das Registersystem im Detail Da die nähere Umsetzung des kanadischen Registersystems (Part IV des OPPSA) diffizil ist, empfiehlt sich an dieser Stelle eine Einführung in diesen wichtigen Teilbereich des Personal Property Security Law. Ausgangspunkt der folgenden Darstellung ist das Anliegen des gesicherten Gläubigers (denn allein er ist um die Erlangung des Vorrangs bestrebt), sein security interest im Register zu publizieren. Dies geschieht bei Notice-filingSystemen durch Übermittlung eines financing statement an die zuständige Registerbehörde (Sections 45 (1), 46 (1) OPPSA). Die fortgeschrittene Digitalisierung ermöglicht es dem Gläubiger heute, das financing statement via Internet selbst in die Datenbank einzupflegen.669 Hierfür stehen ihm entsprechende Musterformulare zur Verfügung, die das Ausfüllen erleichtern und das Fehlerrisiko minimieren.670 Außerdem schließt die digitale Übermittlung das Zeitfenster zwischen der Einsendung des financing statement und der Veröffentlichung des Registereintrags, das früher infolge der notwendigen Bearbeitung durch die Registerbehörde bestand.671 665
Zu den (seltenen) Ausnahmen s. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 300 f.; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 20.03 [1]. 666 „[A]n unperfected security interest is subordinate to [...] the interest of a person, [w]ho without knowledge of the security interest and before it is perfected, assumes control of the collateral through legal process“. S. dazu und zur problematischen Wendung „through legal process“ Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 113 f. 667 „[U]ntil perfected, a security interest [...] in collateral is subordinate to the interest of [...] a person who causes the collateral to be seized through execution“. 668 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 301 f. Zur Grenzziehung zwischen knowledge und fraud s. MacPherson/Brown, 35 Man. L. J. (2011), 201 ff. 669 Zu den Einzelheiten s. den Ontario Electronic Registration Act, S. O. 1991, Chapter 44 und Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 239 f. 670 In Ontario enthielt Regulation 912 bis 2007 entsprechende Vordrucke sowie Regeln dazu, wie die Formulare auszufüllen waren. Nunmehr sind die jeweiligen Bestimmungen aus Regulation 56/07 und der Minister’s Order under the Personal Property Security Act (s. The Ontario Gazette, Vol. 140 (2007), Issue 27, S. 2263) zu entnehmen. Ausführlich zum letztgenannten ministerialen Rechtssatz McLaren, The OPPSA, S. 555 ff. 671 Gemäß Section 51 (3) OPPSA gilt: „The registration period for a financing statement begins with the time assigned to its registration by the registrar […]“. Bei digitaler Übermittlung des financing statement wird der Eintrag automatisch im Zeitpunkt des Eingangs wirksam. S. hierzu auch Wood, 35 Alta. L. Rev. (1996), 45, 53 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Inhaltlich stellt das Personal Property Security Law nur sehr geringe Anforderungen an financing statements. Neben dem Namen und der Adresse von Schuldner672 und Gläubiger673 ist lediglich eine Beschreibung des Sicherungsgegenstandes vonnöten. Ontario nimmt hierbei eine Sonderrolle ein, da der Beschreibung schon durch Markieren eines Kästchens mit dem generischen Begriff „other“ Genüge getan werden kann.674 Derart unbestimmte Einträge geben allerdings weder einem Dritten gebührend Aufschluss über die belasteten Gegenstände im schuldnerischen Vermögen, noch tragen sie dem Schuldnerinteresse an möglichst eng umrissener Bezeichnung angemessen Rechnung.675 Daher ist für Ontario eine Angleichung des Description-Standards an die anderen Provinzen geplant.676 In diesen ergibt sich nämlich über die einschlägigen Regulations zum PPSA ein Gleichlauf zwischen den Bestimmungsanforderungen von attachment und registration.677 Das zum written security agreement Gesagte gilt hier also entsprechend.678
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Wenn etwa Section 43 (1) OPPSA den „debtor name“ als Suchkriterium nennt, ist Folgendes zu beachten: Fallen die Person des Schuldners und die Person des Sicherungsgebers auseinander, so gilt im Kontext der Registrierung allein der Sicherungsgeber als „debtor“. Schließlich wird nur sein personal property durch die Bestellung des security interest tangiert, s. hierzu Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 13 ff., 340 f. 673 Für die Eintragung von Personennamen gilt dabei Folgendes: „The name of a debtor who is a natural person shall be set out in the financing statement to show the first given name, followed by the initial of the second given name, if any, followed by the surname“ (Section 16.1. der Minister’s Order under the Personal Property Security Act in Ontario). Für Gesellschaften muss der unter dem Business Names Act bzw. Limited Partnerships Act registrierte Name des artificial body eingetragen werden (Section 16.4. der Minister’s Order under the Personal Property Security Act in Ontario). Ähnlich auch die Bestimmungen in Sections 19 ff. der Regulation 95/2001 in der Provinz Alberta. 674 Vgl. Section 3.1.f. der Minister’s Order under the Personal Property Security Act und anschaulicher die überholte Regulation 912 mit dem Formular 1 C (darin Spalte 10) zu den weiteren Collateral-Gruppen „consumer goods“, „inventory“, „equipment“ und „accounts“. 675 S. Re Duesling Transportation Inc. (2008), 169 A. C. W. S. (3d) 663 zu dieser Checkbox-Lösung. In der Entscheidung bestätigte das Gericht die Feststellung, dass eine Markierung des Feldes „other“ ein security interest an den übrigen genannten Feldern („inventory“, „equipment“ usw.) ausschließt, s. ebd. (para. 7). Dies gilt auch, wenn im Beschreibungsfeld auf das security agreement der Parteien verwiesen wird, s. ebd. (para. 17). 676 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 348 f. weisen darauf hin, dass für die Änderung eine Umprogrammierung des Registersystems nötig sein wird. 677 S. stellvertretend für die Provinz Alberta etwa Section 36 (2) Regulation 95/2001 zu den einzelnen Bestimmbarkeitsanforderungen („a description of the collateral by item or kind“ oder „a statement indicating that a security interest is taken in all of the debtor’s present and after-acquired personal property“ reichen – wie beim attachment (Section 10 (1) (d) APPSA) – ausdrücklich hin). 678 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3).
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Für sogenannte serial numbered goods (insbesondere Fahrzeuge)679 kann die nähere Bestimmung im financing statement anhand der Vehicle Identification Number (Fahrgestellnummer) erfolgen.680 Da dieser numerische Code (neben dem Schuldnernamen) auch als Suchkriterium verwendet werden kann und gegenstandsbezogen ist, handelt es sich um ein besonders sicheres Vorgehen zur Ermittlung bestehender security interests.681 Bei Fahrzeugen, die zum wechselnden Warenbestand des Schuldners gehören (inventory), ist die Angabe der Identifikationsnummer optional.682 Es würde die ratio legis der PPSAs, Stock-in-trade-Finanzierungen zu erleichtern, konterkarieren, wenn für jedes Fahrzeug im Schuldnerbestand eine Fahrgestellnummer im Register hinterlegt werden müsste.683 Die bereits erwähnten Regulations684 zu den PPSAs gewähren ferner Auskunft über die für eine Registrierung anfallenden Kosten. In Ontario werden für die Publizierung eines financing statement beispielsweise 8 CAD (umgerechnet etwa 5 €) pro Jahr fällig.685 679
In Ontario sind nur motor vehicles erfasst, die mit einer Vehicle Identification Number („[…] the number that the person who constructed the motor vehicle affixed to it for identification purposes […]“, Section 1 Minister’s Order under the Personal Property Security Act) versehen sind. Andere Provinzen ermöglichen die description by serial number auch für Boote und Flugzeuge, s. bspw. Section 35 (2) (c)–(f) Regulation 95/2001 für Alberta. 680 Vgl. MacPherson/Brown, 37 Man. L. J. (2013), 267 ff. und Wood, 35 Can. Bus. L. J. (2001), 146 ff. hierzu und zur Frage, ob ein (vernünftiger) Dritter bei der Suche sowohl den Schuldnernamen als auch die serial number als Suchkriterium nutzen muss. 681 Der Hauptgrund für die Einrichtung einer search by identification number liegt in einer Schwäche der individual search by debtor name, die als „A-B-C-D problem“ bezeichnet wird, vgl. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 241 f. Wenn nämlich B dem A ein security interest an seinem Pkw bestellt, B den Pkw dann an C veräußert und schließlich D ein security interest am nunmehr C gehörenden Pkw bestellen will, so findet D das security interest bei Verwendung des Namens seines Schuldners (C) nicht. Die search by identification number kuriert diesen Missstand. Aufgrund der Akkuratesse der Vehicle Identification Number plädiert Babe, 27 B. F. L. R. (2012), 585 ff. für die Möglichkeit, die perfection allein über die Identifikationsnummer (also ohne zusätzliche Nennung des Schuldnernamens) zu ermöglichen. 682 S. Section 3.8. Minister’s Order under the Personal Property Security Act in Ontario bzw. Section 36 (1) (b) Regulation 95/2001 für die Provinz Alberta. 683 Ohnehin ist bei geschäftsüblichen Verfügungen des Schuldners über seinen Warenbestand das „A-B-C-D problem“ dadurch behoben, dass der Käufer (C) vom Schuldner (B) einen unbelasteten Gegenstand erwerben würde (vgl. Section 28 (1) OPPSA und Section 30 (2) APPSA zu „Transactions in the ordinary course of business“). 684 Vgl. erneut für Alberta etwa Regulation 95/2001 und Regulation 231/2002, die (wie die Regelwerke in anderen Provinzen auch) weitere Informationen zu Verfahren und Inhalt der Registrierung enthalten. In Ontario ergeben sich die Gebühren aus Regulation 345/97. Die weiteren Regeln der Registrierung sind aus der zuvor erwähnten Minister’s Order under the Personal Property Security Act zu entnehmen. 685 S. Section 1.1. Regulation 345/97 (Ontario): „[…] for the registration of a financing statement […], if the registration period of the statement is 25 years or less: $ 8.00 per year“. Gleiches gilt für Änderungen des financing statement, s. ebd. Zeitlich unbegrenzte
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Wie die digitale Registrierung ist auch der Suchvorgang über das Internet durchführbar. Jede verifizierte Person686 kann eine Suche einleiten, indem sie auf die entsprechende Datenbank zugreift und anhand des Schuldnernamens oder der serial number eines Gegenstandes die (mögliche) Belastung des schuldnerischen Vermögens überprüft.687 Für eine Suchanfrage sind in Ontario ebenfalls 8 CAD zu entrichten.688 Beim Suchvorgang kann der Nutzer nur die spärlichen Informationen aus dem financing statement (On-record-Informationen) einsehen. Nähere Angaben zum security interest (Off-record-Informationen) vermögen allein qualifizierte Dritte über Section 18 (1) OPPSA zu erlangen, indem sie sich an den gesicherten Gläubiger wenden und von ihm eine Kopie des security agreement verlangen. Erwähnenswert ist, dass der Kreis der qualifizierten Dritten in Ontario kleiner ist als in anderen Provinzen: Der OPPSA689 gestattet es nur Titelgläubigern, die anderen PPSAs690 auch einfachen Drittgläubigern, vom secured creditor Auskunft zu verlangen. Das rechtspolitische Anliegen dahinter, den Kreis der Auskunftsberechtigten gegenüber dem Kreis der Suchberechtigten einzuengen, liegt im Schuldnerschutz. Während nämlich der Eintrag eines security interest im Register lediglich ein Warnsignal für Dritte darstellt, dass der jeweilige Vermögensgegenstand des Schuldners belastet sein kann, gibt das security agreement dezidiert Aufschluss hierüber. Könnte jeder beliebige Dritte solche Informationen einholen, bestände die Gefahr, dass damit Missbrauch betrieben wird („trolling for information“). Unbenommen bleibt es dem Dritten indes, den Schuldner selbst um Information zu bitten. Denn auch der
Eintragungen („a financing statement or a financing change statement designated as a renewal, if the registration period of the statement is for a perpetual period“) schlagen mit 500 CAD zu Buche, Section 1.2. Regulation 345/97 (Ontario). 686 Das Personal-Property-Register kann – um Missbrauch vorzubeugen – nur von solchen Personen eingesehen werden, denen ein Identifikationscode ausgestellt wurde, s. im Einzelnen Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 333 f. 687 Zu den verschiedenen Varianten der Suche (individual search anhand des Schuldnernamens (Regelfall), business debtor search, motor vehicle search by identification number) vgl. in aller Ausführlichkeit Denomme, 17 B. F. L. R. (2001), 1 ff. und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 30.02. 688 S. für Ontario Section 1.6. Regulation 345/97. 689 Section 18 (1) OPPSA: „A person who is a debtor or a judgment creditor or who has an interest in the collateral [...] may require the secured party to furnish to the person [...] a true copy of the security agreement“. 690 Stellvertretend etwa Section 18 (1) APPSA: „The debtor, a creditor, [...] or a person with an interest in the personal property [...] may [...] require the secured party to send [...] to the person making the demand [...] a copy of any security agreement providing for a security interest held by the secured party in the personal property of the debtor“.
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Schuldner gehört zu den gegenüber dem Gläubiger auskunftsberechtigten Personen und er kann sich freiwillig seines Schutzes entäußern.691 Einen wichtigen Teilbereich des Registersystems bildet schließlich das Fehlerfolgenregime. Um die Gefahr eines fehlerhaften Registereintrags zu verringern, sendet die Personal-Property-Registry-Datenbank dem Nutzer nach dem filing eine Eintragungsbestätigung, die sämtliche eingepflegten Daten noch einmal wiedergibt (verification statement).692 Schlägt diese Maßnahme zur prophylaktischen Selbstkontrolle fehl, da dem Nutzer ein Fehler entgeht, muss anhand eines nachfolgend zu erläuternden Tests ermittelt werden, ob der Eintragungsfehler zur Unwirksamkeit der Registrierung führt.693 Section 46 (4) OPPSA enthält hierzu folgende Bestimmung: „A financing statement or financing change statement is not invalidated […] by reason only of an error […] unless a reasonable person is likely to be misled materially by the error […]“.694 Nach dieser Materially-misleading-Formel ist zu prüfen, ob eine vernünftige Person als hypothetischer Nutzer (personaler Maßstab) vom fehlerhaften Eintrag ernstlich irregeführt werden würde (sachlicher Maßstab).695 Durch die Objektivierung der Maßstäbe erübrigt sich die beschwerliche Feststellung einer tatsächlichen Irreführung Dritter, während gleichzeitig ein Anreiz zur korrekten Eintragung gesetzt wird.696 Hier ist nun nicht der Ort, die ausdifferenzierte Kasuistik zum materially misleading error erschöpfend wiederzugeben.697 Für den gewählten Untersuchungsgegenstand genügt es, die Gerichtspraxis auf folgende Quintessenz zu reduzieren: Ein Fehler führt einen vernünftigen Dritten ernstlich in die Irre, wenn bei Eingabe der richtigen Daten das bestehende security interest am
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Vgl. dazu MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 237 ff. und den Normtext in den beiden vorstehenden Fußnoten. 692 Vgl. etwa Section 22 Minister’s Order under the Personal Property Security Act in Ontario und Section 55 (1) Regulation 95/2001 in Alberta. 693 S. hierzu auch Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 305 f. und Wood, 27 Can. Bus. L. J. (1996), 132 ff. 694 In anderen Provinzen ist zwar von „seriously misleading“ (vgl. für Alberta Section 43 (6) APPSA und für New Brunswick Section 43 (7) NBPPSA (S. N. B. 1993, Chapter P-7.1) die Rede, ein materieller Unterschied in der Fehlerbestimmung ergibt sich hieraus aber nicht, s. dazu Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 363. 695 In Kelln (Trustee of) v. Strasbourg Credit Union Ltd., [1992] 3 W. W. R. 310 (para. 36) und General Motors Acceptance Corp. of Canada Ltd. v. Trans Canada Credit Corp. (1994), 6 P. P. S. A. C. (2d) 216 (para. 21) wurde dieser objektive Ansatz bestätigt. 696 Fairbanx Corp. v. Royal Bank of Canada (2010), 16 P. P. S. A. C. (3d) 96 (para. 17: „[A] creditor’s subjective knowledge of the existence of a financing statement or its registration is irrelevant“); Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 260. 697 Für eine solche Übersicht s. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 20.04 (Ontario) mit entsprechenden Ausführungen zu anderen Provinzen in §§ 21–25.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
jeweiligen Gegenstand nicht erscheint.698 Über die Erfolgsaussichten einer Suche entscheidet dabei auch die technische Umsetzung des Registersystems. In Ontario zeigt die Datenbank bei Vornahme der specific name search beispielsweise nur solche Ergebnisse an, die exakt mit der Suchanfrage des Nutzers übereinstimmen.699 Firmiert das Schuldnerunternehmen also unter dem Namen „Friction Tecnology“ und registriert der Gläubiger ein interest am Vermögen von „Friction Technology“, so findet ein Nutzer bei Eingabe des korrekten Schuldnernamens kein security interest – ein „materially misleading error“ ist folglich gegeben.700 In anderen Provinzen zeigt die Suchmaske dem Verwender der Datenbank auch ähnliche Suchergebnisse an,701 was die Folgefrage provoziert, wie weit die Nachforschungsobliegenheiten eines Nutzers reichen, dem ähnliche Ergebnisse zu seiner Suchanfrage präsentiert werden. Muss er eine ihm angezeigte Liste ähnlicher Namen komplett durchforsten? Die Rechtsprechung entscheidet hier einzelfallabhängig, wobei mit zunehmendem Umfang der Suchergebnisse und steigender Diskrepanz zwischen dem richtigen und dem falschen, eingetragenen Namen die Sorgfaltsanforderungen an den Nutzer abnehmen.702 Die Leistungsfähigkeit solcher Similar-match-Systeme ist dabei nicht über jeden Zweifel erhaben. In Alberta fand ein Nutzer beispielsweise das security interest am Vermögen der „Grandstrand Bros. Inc.“ nicht, als er nach dem Schuldnernamen „Granstrand Bros. Inc.“ suchte.703 Bei security interests an Fahrzeugen, für die debtor name und Vehicle Identification Number hinterlegt sind, kann eine Angabe korrekt, die andere 698 Prägnant dazu KJM Leasing Ltd. v. Grandstrand Bros. Inc. (Receiver Manager of) (1994), 7 P. P. S. A. C. (2d) 197 (para. 15: „What is relevant is what a search under the right name will disclose. What will a searcher armed with the right name discover?“). Ebenso PEI Lending Agency v. Island Petroleum Products Ltd. (1999), 15 P. P. S. A. C. (2d) 111. 699 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 365 f. Eine (technisch mögliche!) non-specific name search muss der Nutzer nicht vornehmen, vgl. Re Weber (1990), 1 P. P. S. A. C. (2d) 36. 700 Fairbanx Corp. v. Royal Bank of Canada, 16 P. P. S. A. C. (3d) 96, wo der Nutzer der Datenbank, ein Angestellter der Royal Bank of Canada, sogar um das security interest wusste, da er den richtigen und den falschen Namen des Schuldners eingegeben hatte. 701 S. etwa Section 58 der Regulation 95/2001 in Alberta („The results of a search of the Registry (a) must include information actively maintained in the Registry corresponding to the search criterion specified by the person requesting the search, and (b) may include information actively maintained in the Registry corresponding to search criteria similar to those provided by the person requesting the search“). Detailliert zu diesen Systemen Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 264 ff. 702 Vgl. dazu etwa Alberta Treasury Branches v. Triathlon Vehicle Leasing (1992), 4 P. P. S. A. C. (2d) 163 (bejaht Nachforschungsobliegenheit bei Eintragung von „Volk Precision Instruments“ anstelle des richtigen Namens „Volk Precision Industries Limited“) und Buchan v. Saskatchewan Government Insurance (1997), 13 P. P. S. A. C. (2d) 61 (bejaht Nachforschungsobliegenheit bei Verwechslung der Zeichen „5“ und „S“). 703 So geschehen in KJM Leasing Ltd. v. Grandstrand Bros. Inc. (Receiver Manager of) (1994), 7 P. P. S. A. C. (2d) 197.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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unzutreffend sein. Hinsichtlich der Fehlerfolgen ist dann wie folgt zu differenzieren: Die falsche Hinterlegung der Identifikationsnummer führt auch bei richtigem Schuldnernamen zu einem materially misleading error, da das Sicherungsgut fehlerhaft beschrieben und somit nicht identifizierbar ist.704 Im umgekehrten Fall (korrekte Vehicle Identification Number, unzutreffend eingetragener debtor name) handelt es sich nach heute herrschender Meinung705 ebenfalls um einen grundlegend irreführenden Fehler. Diese Einordnung überzeugt, da dem Durchschnittsnutzer der Datenbank (zumal bei einer Vielzahl von Fahrzeugen) nicht zugemutet werden kann, stets die Identifikationsnummer zu ermitteln und diese kumulativ zum Schuldnernamen als Suchkriterium zu nutzen. Vor diesem Hintergrund ist den Eintragenden dringend die korrekte Eingabe relevanter Daten706 beim Ausfüllen des financing statement, den Nutzern der Suchfunktion ebenfalls Sorgfalt bei der Eingabe und ein Mindestmaß an Nachsicht bei der Berücksichtigung ähnlicher Ergebnisse anzuraten. Handelt es sich nach alldem beim Eintragungsfehler um einen materially misleading error, so entfaltet die Registrierung keine Wirkungen.707 Für den Gläubiger bedeutet dies: Eine perfection seines security interest hat nicht stattgefunden. Obschon dies keine umfängliche Nichtigkeit des Sicherungsgeschäfts mehr nach sich zieht,708 erwirbt der fehlerhaft Eintragende doch gerade das nicht, woran ihm gelegen ist: den Vorrang gegenüber Dritten, insbesondere Vollstreckungsgläubigern.
704 Weitgehend anerkannt, vgl. Toronto Dominion Bank v. Flexi-Coil Ltd., [1993] 4 W. W. R. 22 (para. 38) und Primus Automotive Financial Services Canada Ltd. v. Kirkby (Trustee of) (1998), 14 P. P. S. A. C. (2d) 273 (para. 29). 705 Kelln (Trustee of) v. Strasbourg Credit Union Ltd., [1992] 3 W. W. R. 310; Case Power & Equipment v. 366551 Alberta Inc. (Receiver of) (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 267; Denomme, 17 B. F. L. R. (2001), 1 ff. Anders noch der Ontario Superior Court of Justice in Magna International Inc. v. Formulated Coatings Ltd. (2009), 15 P. P. S. A. C. (3d) 32. 706 Hierzu zählen neben dem Schuldnernamen auch die Beschreibung des Sicherungsgegenstandes, die Vehicle Identification Number und die Einhaltung der formularmäßig vorgesehenen Spalten, vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 366 ff. 707 Re Alda Wholesale Ltd. (2001), 3 P. P. S. A. C. (3d) 52; Kelln (Trustee of) v. Strasbourg Credit Union Ltd., [1992] 3 W. W. R. 310. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 266 f. kritisiert den Wortlaut von Section 46 (4) OPPSA zur Rechtsfolge eines materially misleading error. Dies scheint überspitzt, da der Passus „[a] financing statement [...] is not invalidated [...] unless a reasonable person is likely to be misled materially by the error“ durchaus erkennen lässt, dass die Unwirksamkeit der registration eintreten soll. Diese Einschätzung entspricht auch den Vorstellungen des Catzman Committee, vgl. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 190. 708 Zu dieser Abweichung von der Rechtslage vor Erlass des OPPSA s. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.08 [1] und oben 2. Kapitel, I. 3. c).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
3. Vergleich Der folgende Abschnitt geht vergleichend der Frage nach, ob und wie die untersuchten Rechtsordnungen den typischen rechtspolitischen Bedenken gegenüber besitzlosen Kreditsicherungsrechten begegnen. Dem übergeordneten Abschnitt entsprechend sind dabei die Entstehungs- und Wirksamkeitsvoraussetzungen der Sicherungsgeschäfte sowie deren Rechtsfolgen in Blick zu nehmen. Wichtig ist zunächst die Vergegenwärtigung der oben709 aufgestellten und näher skizzierten These, wonach besitzlose Kreditsicherung im Wesentlichen zwei rechtspolitische Bedenken auslöst. Erstens ist dies die Entziehung des Sicherungsgegenstandes aus der Vermögensmasse des Schuldners, wodurch Vollstreckungsversuche anderer Gläubiger vereitelt werden,710 kurzum: die Gläubigerbenachteiligung. Zweitens kehrt in den Diskussionen um besitzlose Kreditsicherheiten regelmäßig das Schreckgespenst einer Irreführung Dritter wieder.711 Auf welche Weise die deutsche und die kanadische Rechtsordnung diese Gefahren parieren, wird im Folgenden verglichen. a) Umgang mit der Besorgnis einer Gläubigerbenachteiligung Eine Gläubigerbenachteiligung kann sich aus unterschiedlichen Sachverhalten ergeben. Denkbar ist etwa ein kollusives Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger, durch welches Vermögenswerte beiseitegeschafft werden, um die Vollstreckung Dritter in bestimmte Gegenstände gezielt zu vereiteln (vorsätzliche Benachteiligung). Unterhalb dieser (subjektiven) Schwelle kommen allerdings noch weitere Fallgestaltungen in Betracht, welche getrennt von der bewussten und gewollten Benachteiligung zu vergleichen sind. Im Übrigen gilt es zu untersuchen, inwieweit die allgemein mit Vorrangrechten einhergehende Möglichkeit der Beeinträchtigung von Drittinteressen ihren Niederschlag in den Entstehungsvoraussetzungen des jeweiligen Sicherungsrechts findet. Der Gefahr vorsätzlicher Benachteiligung begegnen in Deutschland und in Kanada vor allem Spezialgesetze. Tatbestandlich knüpft die Vorsatzanfechtung in § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG ebenso wie Section 2 des Fraudulent Conveyances Act712 in Ontario an einen Benachteiligungswillen der Kontrahierenden an. Beide Regelwerke weisen dabei einen weiten sachlichen Anwendungsbereich auf. Unter die Begriffe „Rechtshandlung des Schuldners“ beziehungsweise „every conveyance […] and bond, suit, judgment and execution hereto or hereafter“ fallen die verschiedensten Rechtsgeschäfte, nicht bloß 709
Zur Trennung von Publizität und Benachteiligungseinwand s. 2. Kapitel, I. 3. S. o. 2. Kapitel, I. 3. b). 711 S. o. 2. Kapitel, I. 3. a). 712 Vgl. Section 2 des Fraudulent Conveyances Act in Ontario: „Every conveyance of [...] personal property and every bond [...] made with intent to defeat, hinder, delay or defraud creditors [...] are void as against such persons [...]“. 710
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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Übertragungen zu (vermeintlichen) Sicherungszwecken. Für Sicherungsübereignung und security interest gelten insofern keine besonderen Regeln. Mangels speziellen Zuschnitts auf das Kreditsicherungsrecht ist der Erkenntnisgewinn, den diese Regelwerke für den hiesigen Untersuchungsgegenstand versprechen, beschränkt: Beide Gesetze dienen allgemein der Prävention betrügerischer Vermögensverschiebungen; Sicherungsgeschäfte sind nur eine Erscheinungsform davon. Vier Einzelaspekte verdienen allerdings gesonderte Betrachtung. Erstens gilt dies für die kanadische Rechtsordnung, weil mit der Einführung des PPSA-Modells die historisch eng verwobenen Komplexe Fraudulent Conveyance Law und Personal Property Law entkoppelt werden sollten.713 Dieser Wandel manifestiert sich im Abschied von den affidavits of bona fides, welche der gesetzgeberischen Intention zufolge ursprünglich betrügerischen Verfügungen vorbeugen sollten, sich unter den Bills of Sale and Chattel Mortgage Acts aber bloß als häufige Fehlerquelle erwiesen hatten.714 Ferner entspricht die Einführung des Notice-filing-Registers der Erkenntnis, dass betrügerische Gläubigerbenachteiligungen nicht (gänzlich) durch das Publizierungserfordernis verhindert werden können.715 Zweitens jedoch darf – erneut bezüglich der kanadischen Regelungen – nicht übersehen werden, dass ein gläubigerschützender Mechanismus in den Vorgang zum Abschluss des security agreement implementiert wurde. Es handelt sich hierbei um die evidentiary requirements des attachment.716 Diese entfalten drittschützende Wirkung, indem sie den Sicherungsgegenstand bestimmbar machen und Gewähr dafür leisten, dass an einem Gegenstand überhaupt ein security interest bestellt ist. Mit anderen Worten: Das Erfordernis eines schriftlichen security agreement schützt einen vollstreckungswilligen Gläubiger vor der unwahren Behauptung seines Schuldners, es bestehe ein security interest an dem Gegenstand, in den der ungesicherte Gläubiger vollstrecken will.717 Diese Angabe dürfte den ungesicherten Gläubiger angesichts des drohenden Vorrangs eines vermeintlichen secured creditor zunächst vom Zugriff auf das Schuldnervermögen abschrecken, ist aber über das Auskunftsrecht aus
713 So Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 468 f. Vgl. auch schon Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 55 f. 714 Ausführlich dazu oben 2. Kapitel, I. 2. b). 715 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 20.02 [1]. Lesenswert Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 124 f., der schon vor der Abkehr vom document filing dessen Unzulänglichkeiten beklagte und die Umsetzung des Notice-filing-Systems anmahnte. 716 Vgl. hierzu oben 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3). 717 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 271; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 126.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Section 18 (1) OPPSA718 einer näheren Überprüfung zugänglich.719 Durch die Kombination dieses Auskunftsrechts mit dem Description-Erfordernis bei security agreements720 trägt das kanadische Bestimmtheitserfordernis dem Drittschutz Rechnung. Für das deutsche Bestimmtheitsprinzip gilt dies genau genommen nicht. Dessen ratio ist die Klarheit der dinglichen Zuordnung zwischen Sicherungsgeber und -nehmer.721 Wenn dem Bestimmtheitsgrundsatz gelegentlich die Funktion zugeschrieben wird, Dritte vor „Scheinbesitzkonstituten“722 zu schützen, sind Bedenken angebracht. Denn die Materialien zum BGB greifen die Sorge vor Scheingeschäften im Rahmen des (konkreten) constitutum possessorium, nicht im Rahmen des Bestimmtheitsgrundsatzes auf.723 Zu bedenken ist ferner, dass das Sicherungseigentum – anders als ein security interest – formlos bestellt werden kann. Damit erscheint es fraglich, wie ein Drittschutz durch die Bestimmtheit der Einigung praktisch gewährleistet werden soll. Ein dritter Punkt betrifft die Fraudulent Preferences Legislation in Kanada.724 Deren Statuten sehen die Unwirksamkeit von Verfügungen vor, die ein Schuldner an der Schwelle zur Insolvenz mit der Absicht vornimmt, andere Gläubiger zu benachteiligen oder einen bestimmten Gläubiger ungerechtfertigt zu begünstigen.725 Für den Fall, dass ein benachteiligter Gläubiger das 718
S. dazu oben 2. Kapitel, III. 2. b) bb) und sogleich erneut. Ein anschauliches Beispiel aus der Gerichtspraxis stellt Atlas Industries v. Federal Business Development Bank (1983), 3 P. P. S. A. C. 39 dar. In diesem Fall versuchte der (vermeintlich gesicherte) Gläubiger des Schuldners, gegenüber einem anderen gesicherten Gläubiger das Bestehen eines vorrangigen security interest geltend zu machen. Das zu diesem Zweck vorgelegte Dokument erfüllte allerdings die evidentiary requirements nicht, sodass die Behauptung erfolglos blieb. 720 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3). 721 Vgl. Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 110 und MüKo BGBOechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 5. 722 So etwa Gehrlein, MDR 2008, 1069, 1070. 723 Motive, S. 335 f. = Mugdan, Materialien, Band III, S. 186 bzw. Protokolle, S. 3682 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 625. Auch hierzu aufschlussreich Staudinger-Wiegand, § 930 BGB Rz. 3, 14 ff. 724 Zur legislativen Geschichte und zur bis heute disparaten Rechtslage im Fraudulent Preferences Law s. Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 593 ff. und Springman, Frauds on Creditors: Fraudulent Conveyances and Preferences, S. 16-1 ff. 725 S. bspw. Section 4 (1) Assignments and Preferences Act (R. S. O. 1990, Chapter A.33) in Ontario: „[E]very [...] conveyance, assignment or transfer [...] made by a person when insolvent or unable to pay the person’s debts in full or when the person knows that he, she or it is on the eve of insolvency, with intent to defeat, hinder, delay or prejudice creditors [...] is void as against the creditor or creditors injured, delayed or prejudiced“. Als Kehrseite zu dieser Benachteiligungsvariante heißt es zur ungerechtfertigten Begünstigung eines Gläubigers in Section 4 (2) Assignments and Preferences Act: „[E]very such [...] conveyance, assignment or transfer [...] made by a person being at the time in insolvent circumstances [etc.] to or for a creditor with the intent to give such creditor an unjust preference over other 719
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Rechtsgeschäft innerhalb von 60 Tagen beanstandet, tritt eine Vermutung der pönalisierten Absicht ein.726 Im Gegensatz zu den Fraudulent Conveyances Acts liegt der Fokus bei Fraudulent Preferences nicht auf vereitelten (Einzel-)Vollstreckungsmaßnahmen, sondern auf vorinsolvenzlichen Vermögensverschiebungen, die den insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung torpedieren würden.727 Erwähnt sei dazu aber, dass der Bankruptcy and Insolvency Act eigene und effektivere Verteidigungsmöglichkeiten gegen gezielte Begünstigungen vorsieht.728 Deren funktionale Äquivalente sind die Bestimmungen zur Insolvenzanfechtung im deutschen Recht (§§ 129 ff. InsO).729 Viertens ist für die deutsche Rechtsordnung auf das Konkurrenzverhältnis zwischen § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG und § 138 Abs. 1 BGB hinzuweisen. Nach der herrschenden Auffassung stellt die Vorsatzanfechtung aus dem AnfG eine grundsätzlich abschließende lex specialis dar. Der Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung sei jedoch dort ein Anwendungsbereich zuzugestehen, wo „besondere, über die Gläubigerbenachteiligung hinausgehende Umstände“
creditors [...] is void as against the creditor or creditors injured, delayed, prejudiced or postponed“. 726 Section 4 (3) Assignments and Preferences Act: „[I]f such a transaction with or for a creditor has the effect of giving that creditor a preference over the other creditors of the debtor [...], it shall, in and with respect to any action or proceeding that, within sixty days thereafter, is brought, had or taken to impeach or set aside such transaction, be presumed, in the absence of evidence to the contrary, to have been made with the intent mentioned in subsection (2), and to be an unjust preference within the meaning of this Act“. Zu Einzelheiten s. Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 96 f.; Jordheim/Wood, Fraudulent Conveyances and Preferences (CED), §§ 189 ff. 727 Law Reform Commission of British Columbia, Report on Fraudulent Conveyances and Preferences, S. 49; Springman, 15 Can. Bus. L. J. (1989), 180, 182 f. S. aber auch Buckwold, 52 Can. Bus. L. J. (2012), 333, 335 f. zur Pro-rata-Befriedigung unter Einzelvollstreckungsgläubigern (!) im kanadischen Vollstreckungsrecht. 728 Section 95 (1) Bankruptcy and Insolvency Act (R. S. C. 1985, Chapter B-3): „A transfer of property made [...] by an insolvent person (a) in favour of a creditor who is dealing at arm’s length with the insolvent person [...] with a view to giving that creditor a preference over another creditor is void as against [...] the trustee if it is made [...] during the period beginning on the day that is three months before the date of the initial bankruptcy event and ending on the date of the bankruptcy; and (b) in favour of a creditor who is not dealing at arm’s length with the insolvent person [...] that has the effect of giving that creditor a preference over another creditor is void as against [...] the trustee if it is made [...] during the period beginning on the day that is 12 months before the date of the initial bankruptcy and ending on the date of the bankruptcy.“ S. dazu Houlden/Morawetz/Sarra, The Bankruptcy and Insolvency Act, F §§ 201 ff. 729 Zu deren Zwecken (Gläubigergleichbehandlung, Restitution der Haftungsmasse) s. BT-Drucks. 12/2443, S. 156 ff.; Schmidt-ders., § 129 InsO Rz. 1.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
dies rechtfertigen.730 Der Rechtsprechung sind bei der Bestimmung dieser „besonderen Umstände“ indessen weder klare noch inhaltlich überzeugende Maßstäbe zu entnehmen.731 Andere Stimmen trennen die Tatbestände nach dem Initiator der Benachteiligung, also im Einzelnen folgendermaßen: Die Vorsatzanfechtung gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG richte sich gegen eine verwerfliche Handlung des Sicherungsgebers, die Geltendmachung der Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung gegen eine verpönte Handlung des Sicherungsnehmers.732 Zwingend ist eine solche Rollenverteilung für die zu scheidenden Tatbestände gewiss nicht. Weiteren differenzierenden Ansätzen war bisher keine größere Gefolgschaft vergönnt.733 Es bleibt deshalb dabei, dass im deutschen Recht neben dem Spezialtatbestand aus dem AnfG ein Anwendungsbereich für § 138 Abs. 1 BGB besteht. Bei nicht-vorsätzlichen Benachteiligungen unterscheiden sich die normativen Ansätze deutlicher. In der deutschen Rechtswissenschaft finden sich Beschränkungen unterschiedlichster Couleur, die die Sicherungsübereignung restringieren und so dem Schutz vor Gläubigerbenachteiligungen dienen sollen. Auf zwei davon ist die folgende Untersuchung beschränkt. Der erste und wichtigste Teilbereich dieser Restriktionen besteht in der Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB auf Sicherungsübereignungen, die andere Gläubiger des Schuldners benachteiligen. Die Voraussetzungen einer „Gläubigergefährdung“ als Fallgruppe der Sittenwidrigkeit wurden bereits eruiert.734 Schon 1970 hielt Rolf Serick hierzu fest, dass ein „hinreichend klar definierter objektiver Tatbestand der Gläubigergefährdung“ der Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen sein müsse.735 Denn: Jeder Sicherungsübereignung wohnt das Merkmal inne, dass schuldnerisches Vermögen dem Zugriff der ungesicherten Gläubiger entzogen wird.736 Die oben wiedergegebene Formel von der
730 BGH, Urteil v. 04.03.1993, Az. IX ZR 151/92, in: NJW 1993, 2041; MüKo BGBArmbrüster, § 138 BGB Rz. 6; Palandt-Ellenberger, § 138 BGB Rz. 15, 86. 731 Wenn der BGH in seinem Urteil v. 19.03.1998, Az. IX ZR 22/97, in: NJW 1998, 2592, 2594 etwa „eine[…] Täuschungsabsicht oder eine[n] Schädigungsvorsatz“ als besondere Umstände anerkennt, dann missachtet er, dass gerade diese subjektiven Elemente auch der Vorsatzanfechtung innewohnen. 732 Armbrüster, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris I, S. 23, 35. Wohl auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 154 f. 733 Vgl. etwa den Ansatz Roman Guskis zur Auflösung der Konkurrenz durch Auslegung und die sich anschließenden „wertungsanalogen Ergänzungen“, s. dens., Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 323 ff. 734 S. o. 2. Kapitel, III. 1 a), b) aa). 735 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 64. 736 So schon das RG, Urteil v. 15.11.1930, JW 1931, 515, 517. S. auch Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 5: „Der Schuldner erscheint weiterhin als kreditwürdig. Darin liegt eine Gefährdung aller Gläubiger […]“ (Hervorhebung im Original) und Soergel-Hefermehl, § 138 BGB Rz. 171: „Jede Sicherungsübertragung gefährdet die Interessen der übrigen
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mehr oder weniger „naheliegenden Möglichkeit“ einer Drittschädigung737 wird den Ansprüchen an eine klare Definition allerdings kaum gerecht. Weder die umfassende Sicherungsübertragung des Schuldnervermögens noch die Heimlichkeit des Rechtsgeschäfts können für sich genommen das Diktum der Sittenwidrigkeit begründen. Und doch wecken beide Elemente weiterhin Animositäten gegenüber der Sicherungsübereignung, die sich im nebulösen Vorwurf der Gläubigergefährdung wiederfinden. Für den subjektiven Tatbestand stellt sich die Lage ähnlich dar. Ein allgemeines Vorsatzerfordernis ist der Rechtsprechung jedenfalls nicht zu entnehmen.738 Es genügt vielmehr eine gesteigerte, meist grobe, Fahrlässigkeit zur Verwirklichung von § 138 Abs. 1 BGB.739 Ergänzend dazu hat die Rechtsprechung eine (einzelfallabhängige) Pflicht des gesicherten Gläubigers statuiert, sich anlässlich des Sicherungsgeschäfts über die Vermögenslage des Schuldners zu unterrichten, um Dritte vor einer Täuschung oder Schädigung zu bewahren.740 In der Praxis verschwimmen die Grenzen zwischen grob fahrlässiger Unkenntnis und positiver Kenntnis noch weiter, wenn der BGH von einem sich aufdrängenden Umstand auf die Kenntnis einer Person von diesem Umstand schließt.741 Ist dem Sicherungsnehmer indes gar keine subjektive Verfehlung nachzuweisen, so darf der Übereignung nicht unter Verweis auf § 138 Abs. 1 BGB die Wirksamkeit versagt werden.742 Diese Sittenwidrigkeitsrechtsprechung soll offenbar die Auszehrung eines ohnehin schon dürftigen Schuldnervermögens auf Kosten solcher Gläubiger verhindern, die womöglich künftig einen Kredit gewähren. Durch eine Kreditgewährung infolge der Sicherungsübereignung wird dem Schuldner nämlich weitere Liquidität verliehen, die dazu geeignet ist, seine weitere Zahlungsfähigkeit vorzutäuschen, eine bevorstehende Insolvenz mithin künstlich hinauszuzögern.743 Im Fokus der Sittenwidrigkeitsbeurteilung (und der Prüfpflicht des Gläubigers!) stehen damit die Krisennähe des Schuldners, dessen
Gläubiger, da für sie die zur Sicherheit übertragenen Gegenstände als Sicherungs- und Vollstreckungsobjekte ausfallen“. 737 Vgl. erneut 2. Kapitel, III. 1. a). 738 S. nur BGH, Urteil v. 16.03.1995, Az. IX ZR 72/94, in: NJW 1995, 1668. Hierzu auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 71 f. 739 Zu Einzelheiten s. BeckOK BGB-Kindl, § 930 BGB Rz. 28 und Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 929 BGB Rz. 69. 740 Grundlegend dazu BGH, Urteil v. 09.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228 und Soergel-Henssler, § 930 BGB Anh. Rz. 98. 741 BGH, Urteil v. 12.07.1996, Az. V ZR 117/95, in: NJW 1996, 2652 (Schluss auf die Kenntnis des Bereicherungsschuldners im Rahmen von § 819 BGB). S. hierzu auch Armbrüster, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris I, S. 23, 35. 742 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1132b; Gehrlein, MDR 2008, 1069, 1073. 743 Hierzu ausführlich Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 265 ff. und Hanisch, ZZP 90 (1977), 1, 8 f.
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verbleibende Haftungsmasse und die Erfolgsaussichten einer Befriedigung Dritter; das heißt: insolvenzspezifische Aspekte. Den zweiten besonders prominenten Restriktionsansatz stellt die analoge Anwendung pfandrechtlicher Bestimmungen auf das Sicherungseigentum dar.744 Derartige Überlegungen werden schon in der Zulässigkeitsdebatte zum Sicherungseigentum und bezüglich seiner Verwertung vorgebracht.745 Vor allem aber im Konfliktstadium zwischen Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger – also an der Schnittstelle zwischen Sachenrecht und Zwangsvollstreckungsrecht – gewinnt dieser gedankliche Ansatz besondere Wichtigkeit.746 Dieser Spielart einer (entsprechenden) Anwendung von Pfandrechtsvorschriften ist im übernächsten Abschnitt ausführlich nachzugehen, da sie die Vorrangwirkungen des Sicherungseigentums jenen Wirkungen angleicht, die ein besitzloses Pfandrecht vermittelt. Die Entstehungsvoraussetzungen des Sicherungseigentums enthalten – immerhin so viel lässt sich sagen – bei alldem kein Merkmal, das Drittgläubiger schützen oder den Vorrang des Sicherungsnehmers dokumentieren soll. Anders verhält sich dies im kanadischen Recht: Dieses statuiert mit der perfection einen drittschützenden Entstehungsschritt des security interest, der den Vorrang des secured creditor erst begründet.747 Vergleichend fällt ferner auf: Die kanadische Rechtswissenschaft teilt das subtile Misstrauen gegenüber umfassender Sicherung nicht, steht einer weitreichenden Belastung des Schuldnervermögens viel permissiver gegenüber.748 Verbliebene policy concerns binden die PPSAs in die normierten Entstehungsvoraussetzungen und Vorrangregeln ein.749 Dadurch, dass der Gesetzgeber grassierende Bedenken adressiert hat, bleibt für die Restriktionsversuche, die zum deutschen Recht auf der Ebene von Auslegung und Anwendung aufgezeigt wurden, weniger Raum. Dies veranschaulicht der Umgang des OPPSA mit der Sorge vor einem situativen Monopol des Sicherungsnehmers an der Kreditgrundlage des Sicherungsgebers. Oben wurde bereits dargelegt, dass sich der secured creditor ein 744 S. dazu Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 88 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 37 ff. 745 Vgl. Wilhelm, Sachenrecht, § 18 (S. 255 ff.) zu Zulässigkeit und Bestellung; ArnholdZedelius, Pfandrecht und Sicherungseigentum, S. 91 ff. zur Verwertung. 746 Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25; MüKo ZPOSchmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 29. Zum Ganzen auch Reich, AcP 169 (1969), 247, 257 f. und ausführlich unten 2. Kapitel, V. 1. a). 747 Ausführlicher dazu sogleich und vor allem unter 2. Kapitel, IV. 2. b). 748 S. zu dieser Grundhaltung Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 12 und MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 160 f. Kontrastierend sei auf Beckers einleitendes Zitat hingewiesen. 749 Vgl. dazu schon Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 68 ff. S. a. Gilmore, Security Interests I, S. 464 f. zum nicht verwirklichten Vorschlag, auch im UCC eine gesetzliche Rücksichtnahmepflicht für secured creditors gegenüber Dritten zu statuieren.
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Sicherungsrecht am gesamten Vermögen des Schuldners einräumen lassen kann.750 Damit geht (wie im deutschen Recht) die Gefahr einer Auszehrung der schuldnerischen Kreditgrundlage einher, was auch in Kanada zunächst einige Kritik hervorgerufen hat.751 Um dem Sicherungsgeber daher die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu erhalten, ermöglicht das PPSA-Modell ihm, weiterhin Anschaffungskredite mit security interests zu besichern, die gegenüber dem umfassenden security interest eines senior secured creditor Vorrang haben.752 Diese Lösung (super-priority des purchase-money security interest) beruht auf drei Überlegungen. Erstens bleibt dem Schuldner auch bei Bestellung eines umfassenden security interest an after-acquired property die Möglichkeit erhalten, künftig die Anschaffung von Gegenständen zu finanzieren, indem er dem Financier einen Verwertungsvorrang am erworbenen Gegenstand einräumt.753 Dies erhält nicht nur die schuldnerische Dispositionsfreiheit aufrecht, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner seine Verpflichtung gegenüber dem senior secured creditor erfüllt. Man denke etwa an den Fall, dass der Schuldner einen Gegenstand anschafft, den er zur unternehmerischen Betätigung benötigt. Bei alldem erleidet der senior secured creditor auch keinen Nachteil dadurch, dass der Verwertungsvorrangs am erworbenen Gegenstand einem Dritten eingeräumt wird. Dieser Gegenstand wäre nämlich ohne das purchase-money security interest gar nicht erst in das schuldnerische Vermögen gelangt.754 Zweitens setzt die kanadische Lösung des Vorrangproblems bei after-acquired property gegenüber einem purchase-money security interest genau dort an, wo der Konflikt virulent wird: in den priority rules.755 Drittens steht den Parteien hiermit eine legislative Klärung der Vorrangfrage zur Verfügung. Dies soll Unsicherheiten über den Ausgang eines etwaigen 750
2. Kapitel, III. 2. a). Goldenberg, 30 Sask. B. Rev. (1965), 229, 230. Früh gegen dessen Bedenken Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 130 f. Heute überwiegt die Auffassung, dass die liberale Haltung interessengerecht ist und der PPSA den genannten Gefahren ausreichend vorbeugt, s. nur Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 439 ff. 752 Vgl. Section 33 (1) OPPSA: „A purchase-money security interest in inventory or its proceeds has priority over any other security interest in the same collateral given by the same debtor, if [...] the purchase-money security interest was perfected at the time [...] the debtor obtained possession of the inventory“. Zu Einzelheiten der super-priority s. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, aaO; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 281 ff. 753 Walsh, in: Worthington, Sarah (Hrsg.), Commercial Law and Commercial Practice, S. 457, 464. Aus US-amerikanischer Perspektive zur Parallele in Article 9 UCC Jackson/Kronman, 88 Yale L. J. (1979), 1143, 1172 f. 754 Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 412; McCormack, Secured Credit, S. 172 f. 755 So gesehen ist Section 33 (1) OPPSA eine spezielle priority rule, die vom First-tofile-Grundsatz abweicht, s. Duggan, Secured Transactions in Personal Property, S. 388 f. 751
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Konflikts verringern und macht judikative Korrekturversuche (wie sie im deutschen Recht zu diesem Problembereich entwickelt wurden) obsolet.756 Der entscheidende Gesichtspunkt für die liberale Haltung der kanadischen Rechtsordnung gegenüber Sicherungsgeschäften dürfte in der tradierten Akzeptanz der Vorrangstellung eines secured creditor infolge der Publikation liegen. Die PPSAs beinhalten mit dem notice filing einen Mechanismus, der nicht bloß Publizität für Dritte schafft, sondern den Vorrang der gesicherten Gläubiger auch erst bewirkt, ihn nach kanadischer Lesart rechtfertigt.757 So verstanden gelingt durch die gezielte Anbindung der priority rules an die perfection als Entstehungsvoraussetzung eine haftungsrechtliche Legitimation des Vorrangs gesicherter Gläubiger gegenüber ungesicherten Gläubigern – nicht nur in der Insolvenz.758 Aus diesem Grund haben die Verfasser von Article 9 UCC und OPPSA auch auf die Implementierung bestimmter drittschützender Prüfpflichten,759 die der gesicherte Gläubiger ansonsten hätte einhalten müssen, verzichtet.760 Wie gesehen sind es im deutschen Recht eben diese von der Rechtsprechung statuierten Pflichten, deren Einhaltung über eine Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB sichergestellt werden soll. Dabei begleitet freilich eine Mehrzahl von rechtspolitischen Bedenken die umfassende Kreditsicherung im deutschen Recht. Gelegentlich weisen Sachverhalte, in denen ein Schuldner seine Haftungsgrundlage zu Sicherungszwecken weitgehend überträgt, eine frappierende Nähe zu Insolvenzverschleppung und „wirtschaftlicher Knebelung“ auf.761 In diesem Fall bergen (funktionale) Generalverpfändungen tatsächlich die Gefahr, dass ungesicherte Gläubiger bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gänzlich leer ausgehen.762 Doch auch 756 Zu den Konfliktkonstellationen und ihrer Lösung im deutschen Recht s. StaudingerWiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 285 ff. und Westermann, Interessenkonflikte und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 13 ff. Kritisch zur pauschalen Unwirksamkeit der Globalsicherungszession gegenüber dem Eigentumsvorbehaltsverkäufer auch Kieninger, ZEuP 2016, 201, 208 f. 757 Dazu ausführlich unter 2. Kapitel, IV. 2. b). 758 Zur Idee einer legitimationsstiftenden Wirkung der Publizität im haftungsrechtlichen Kontext der Insolvenz s. Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 302 ff. 759 Gilmore, Security Interests I, S. 464 nennt die zu Article 9 UCC diskutierte Pflicht des Sicherungsnehmers, die vollständige Offenlegung des security interest im Finanzbericht des Schuldners mit der gebotenen Sorgfalt zu überwachen. Dieser alternativ zum Register bestehende Ansatz wurde schließlich abgelehnt. 760 Dies konstatieren auch Helman, 83 Com. L. J. (1978), 25, 29 und Koller, JZ 1985, 1013 Fn. 3 für Article 9 UCC. 761 „Insolvenzverschleppung“ und „Knebelung“ sind zwei weitere Fallgruppen der Sittenwidrigkeit, die der BGH in ständiger Rechtsprechung anerkennt, vgl. BGH, Urteil v. 16.12.1957, Az. VII ZR 49/57, in: BGHZ 26, 185 und BGH, Urteil v. 10.07.1953, Az. IV ZR 242/52, in: BGHZ 10, 228. 762 Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 259 f. S. a. die empirische Untersuchung bei Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, S. 27 f. hierzu.
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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Elemente der fehlenden Publizität, der Heimlichkeit und der möglichen Täuschung Dritter über die Vermögensverhältnisse des Schuldners prägen diesen Diskurs immer wieder.763 An dieser Stelle bestätigt sich also, dass der Zusammenhang zwischen fehlender Publizität und Gläubigerbenachteiligung, der schon in der geschichtlichen Entwicklung aufgefallen ist,764 für viele Stimmen in Literatur und Rechtsprechung fortbesteht. Verschoben hat sich allerdings das Feld, auf dem die Argumente ausgetauscht werden: Heute ist es nicht mehr die grundsätzliche Zulässigkeit des Rechtsgeschäfts, sondern der Umfang von Sicherungsübertragungen. Je weitreichender die Sicherung, desto größer scheint das Legitimationsbedürfnis des Sicherungsinstruments zu sein. Legt man diese Anschauung zugrunde, so mangelt es der publizitätslosen Sicherungsübereignung an einem legitimationsstiftenden Tatbestandsmerkmal für den Vorrang des gesicherten Gläubigers. Nicht zuletzt aus diesem Defizit ergeben sich die mannigfaltigen Lösungs- und Korrekturversuche in Rechtsprechung und Literatur. b) Umgang mit der drohenden Irreführung Dritter In der Diskussion um die Irreführung Dritter durch besitzlose Kreditsicherung liegt der Lösungsansatz nahe, die Publizität von Sicherungsmitteln zu erhöhen. Für das deutsche Mobiliarsachenrecht wurde der geringe Stellenwert der Offenkundigkeit allerdings bereits aus historischer Perspektive konstatiert.765 Tatsächlich lassen sich viele gute Argumente dafür ins Feld führen, dass die Unbeachtlichkeit des äußeren Anscheins der schuldnerischen Vermögenslage mit der lex lata konform geht. Im Ausgangspunkt spricht bereits die ursprüngliche Zulassung der publizitätslosen Sicherungsübereignung gegen jedwedes Offenkundigkeitspostulat. Auch später hat es der Gesetzgeber unterlassen, das Sicherungseigentum einer Registerpflicht zu unterwerfen. Sogar von einer Registrierungsfähigkeit des Sicherungseigentums wurde bei der Einführung des Refinanzierungsregisters nach § 22a Abs. 1 S. 1 KWG abgesehen.766 Des Weiteren ist in der Literatur anerkannt, dass Schuldner und Gläubiger durchaus eine Geheimhaltung der Sicherungsübereignung vereinbaren dürfen.767 Und schließlich hat sich das Narrativ vom informierten Wirtschaftsteilnehmer, der sich ob der Üblichkeit weitreichender Sicherungsübertragungen im 763
S. etwa BGH, Urteil v. 27.09.1960, Az. VIII ZR 230/59, in: WM 1960, 1223. Ferner BGH, Urteil v. 12.04.2016, Az. IX ZR 305/14, in: NZI 2016, 659, 660, in dem das Gericht der Besorgnis, die Parteien könnten „andere gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners […] täuschen“, begegnet. Vgl. zudem Palandt-Heinrichs, § 138 BGB Rz. 86 und Reich, Die Sicherungsübereignung, S. 125 f. 764 2. Kapitel, I. 3. b). 765 S. o. 2. Kapitel, I. 3. a). 766 S. dazu Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 175 f.; Boos/Fischer/SchulteMattler-Tollmann, § 22a KWG Rz. 51; Schmalenbach/Sester, WM 2005, 2025, 2026. 767 Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 929 BGB Rz. 73.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Geschäftsbetrieb nicht von dem beim Schuldner belegenen Vermögen über dessen Kreditwürdigkeit beirren lässt, weitestgehend durchgesetzt. Selbst dann, wenn sich ein Außenstehender doch einmal vom prunkvollen Schuldnerbesitz blenden lässt, besteht Einigkeit über die fehlende normative Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf die Schuldnersolvenz: Wer sich auf den äußeren Anschein verlasse, falle einer „naive[n] Vertrauensseligkeit“ anheim.768 Nach dieser Vorrede ist es umso schwieriger, wiederkehrende Bemühungen in Rechtsprechung und Literatur zu legitimieren, die auf verschiedenen Wegen eine Publizität der Sicherungsübereignung herzustellen bestimmt sind, um Dritte vor Fehlvorstellungen zu bewahren. Auch hierfür finden sich einige Beispiele. Zunächst sei etwa an das Bestimmtheitserfordernis erinnert, das in der Rechtsprechung mit Publizitätselementen beladen wurde.769 Ähnlichen Bestrebungen entsprang die lange diskutierte Notwendigkeit einer Ausführungshandlung zur Dokumentation der Sicherungsübereignung.770 Wie schwierig der Balanceakt zwischen zulässiger und unzulässiger Sicherung ist, zeigt schließlich der Umstand, dass die – an sich erlaubte – Geheimhaltung der Sicherungsübereignung gelegentlich eben doch zur Unwirksamkeit führt.771 Die vorigen beiden Absätze sind kaum in Einklang zu bringen und doch symptomatisch für das deutsche Kreditsicherungsrecht. Historischer und normativer Kontext legen nahe, dass ein (allgemeines) Offenkundigkeitsprinzip im geltenden Mobiliarsachenrecht772 weder verankert, noch mit selbigem kompatibel ist. In der Praxis wird dieser Umstand jedoch offenbar als defizitär wahrgenommen. Zwei Methoden, die empfundenen Missstände zu kurieren, lassen sich dabei unterscheiden. Erstens wird durch Anreicherung der Entstehungsvoraussetzungen mit Zusatzanforderungen, hinter denen sich das Anliegen gesteigerter Publizität verbirgt, eine Erkennbarkeit der Sicherungsübereignung für Dritte angestrebt. „Bestimmtheit“ und „Ausführungshandlung“ dienen in diesem Zusammenhang nur als Feigenblätter rechtspolitischer Korrekturversuche zur Schaffung einer allgemeinen Offenkundigkeit von Sicherungsrechten. Zweitens finden sich Ansätze, die die Wirkungen klandestiner Sicherheiten im Konfliktstadium beschränken.773 Deren Motivation ergibt sich aus dem angedeuteten Defizit an haftungsrechtlicher Legitimation des Vorrangs 768 So Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 534; ihm zustimmend Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 261. 769 2. Kapitel, III. 1. b) aa). 770 2. Kapitel, III. 1. b) bb). 771 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 35 und Reich, Die Sicherungsübereignung, S. 126. Baur/Stürner nehmen aaO an, dass eine dem Gläubiger bekannte Verheimlichung zur Sittenwidrigkeit führt. Bei einer vereinbarten Geheimhaltung ist es allerdings kaum denkbar, dass der Gläubiger nicht um die Verheimlichung gegenüber Dritten weiß. 772 Zum Schutz des Rechtsverkehrs vor zahlungsunfähigen Schuldnern durch das Schuldnerverzeichnis gemäß §§ 882b ff. ZPO s. u. 2. Kapitel, IV. 1. a). 773 S. dazu unten 2. Kapitel, V. 1. a) aa).
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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gegenüber anderen Rechtssubjekten, die ein Befriedigungsinteresse haben. Diese separaten Anliegen werden meist nur unzureichend getrennt.774 In Kanada besteht hingegen kein Bedürfnis, die Entstehungsvoraussetzungen mit publizitären Merkmalen anzureichern; die perfection sieht eine Offenkundigkeit ausdrücklich vor. Sie soll nach herkömmlicher Lesart sowohl der Irreführung Dritter vorbeugen, als auch eine haftungsrechtliche Legitimationsgrundlage schaffen.775 Die Registrierung in den PPSAs sei sogar stärker der Offenkundigkeit gegenüber Dritten als der Vorrangregelung unter gesicherten Gläubigern verschrieben, so ein prominenter Standpunkt in der Literatur – ein wichtiger Unterschied zu Article 9 UCC.776 Doch auch im kanadischen Recht lohnt die Untersuchung des konkreten Publizitätszwecks. Denn angesichts des hohen Stellenwertes der publication von security interests mag es zunächst überraschen, dass das Catzman Committee vom inhaltlich aussagekräftigeren document filing Abstand genommen hat. Immerhin gibt das notice filing einem Dritten nur den vagen Anhaltspunkt, dass ein security interest an den im financing statement bestimmten und im Schuldnerbesitz befindlichen Gegenständen bestehen könnte. Die registration kann also nicht die Funktion erfüllen, umfänglich über die Kreditwürdigkeit des Schuldners aufzuklären; sie gibt lediglich ein Warnsignal an Außenstehende, dass mit dem Verwertungsvorrang eines secured creditor zu rechnen ist. Ob dieser Vorrang tatsächlich besteht, kann der Dritte dann im Zusammenspiel mit den evidentiary requirements und den Informationsrechten aus Section 18 (1) OPPSA777 feststellen, soweit er zum Kreis der Auskunftsberechtigten gehört. In diesem Zusammenhang trifft der OPPSA eine wichtige Differenzierung im Umfang der zugänglichen Informationen, wodurch die Behauptung unterschiedlicher Zwecke der Publizität ihre Bestätigung findet. So unterscheidet das Regelwerk zwischen dem financing statement, das jeder Dritte im Register einsehen kann, und dem security agreement, über das nur qualifizierte Dritte gemäß Section 18 (1) OPPSA Auskunft erhalten. Dadurch eröffnet sich für interessierte Personen eine gestufte Informationsberechtigung, die mit der normativen Schutzwürdigkeit ihres Informationsbegehrens korrespondiert. Denn 774 Bei Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 360 klingt die Unterscheidung zwischen Publizitäts- und vollstreckungsrechtlichen Forderungen allerdings an. 775 Zur ersten Funktion Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 161, zur zweiten Goode, 8 Can. Bus. L. J. (1983), 53, 57 f. 776 Diesen betont etwa Walsh, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 49, 50. S. a. Knippenberg, 52 Mo. L. Rev. (1987), 57, 61 ff. 777 Nicht einheitlich wird beurteilt, ob schon die evidentiary requirements selbst eine drittschützende Funktion erfüllen oder erst das Auskunftsrecht aus Section 18 (1) OPPSA. In ersterem Sinne GE Capital Canada Acquisitions Inc. v. Dix Performance (Trustee of) (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 197 (para. 8); Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 126 ff., in zweiterem Sinne Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 274 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
wenngleich potentielle, ungesicherte und Titelgläubiger ähnliche Interessen verfolgen, so sind es doch nicht identische. Dem prospektiven Gläubiger dürfte daran gelegen sein, das Ausfallrisiko eines dem Schuldner zu gewährenden Kredits zu ermitteln. Ein Anliegen, dessen hinreichende Befriedigung durch Einsicht in ein Mobiliarsicherheitenregister zweifelhaft ist.778 Schließlich weist das Personal Property Registry allein security interests am personal property, nicht aber andere Aktiva und Passiva aus. Befriedigt wird mit der Einsicht in das Register also bestenfalls der Wunsch potentieller Gläubiger, vor dem Vertragsschluss einen Anhaltspunkt über bereits in Beschlag genommene Sicherungsgüter zu erhalten. Zugleich stellen die PPSAs den Schuldnerschutz über die Belange des potentiellen Gläubigers, indem sie letzterem ein Auskunftsrecht über die genauen Modalitäten der Sicherung gegenüber dem secured creditor vorenthalten.779 Prospektive Gläubiger erlangen also nur dann Einsicht in das security agreement, wenn der Schuldner selbst ihnen dies gestattet. Anders liegen die Dinge bei Titelgläubigern und ungesicherten Bestandsgläubigern. Ermitteln sie den Bestand von security interests am Schuldnervermögen, so dürfte dies dem Zweck dienen, die Erfolgschancen eines Vollstreckungsaktes abzuschätzen. Hierfür gibt das Register – wie zuvor beim prospektiven Gläubiger – einen Anhaltspunkt, indem es security interests an den benannten Gegenständen ausweist. Das zusätzliche Auskunftsrecht über den Inhalt des security agreement gewährt den Auskunftsberechtigten aber noch weitere Optionen. Sie können auf der ihnen zur Verfügung stehenden Informationsgrundlage tatsächlich bestimmen, ob das security interest besteht und wie hoch der noch ausstehende Darlehensbetrag ist. Aus diesen Informationen kann sich etwa ergeben, dass entgegen dem Registereintrag „after-acquired property“ nur ein Teil der künftig erworbenen Gegenstände vom security interest tatsächlich erfasst ist.780 Durch einen solchen „überschießenden“ Eintrag sichert sich der secured creditor zwar den Verwertungsvorrang an allen Gütern, duldet aber womöglich den Zugriff auf nicht im security agreement bezeichnete Gegenstände oder ist gar zu deren Freigabe verpflichtet.781 Auch mag absehbar sein, dass in einen werthaltigen Vermögensbestandteil, an dem ein security interest derzeit noch bestellt ist, bald wieder erstrangig vollstreckt 778 Gilmore, Security Interests I, S. 462 f. und Helman, 83 Com. L. J. (1978), 25, 29 weisen darauf hin, dass Gläubiger – gerade bei Kreditvergaben im gewerblichen Kontext – nicht (allein) das Register, sondern vor allem Bilanzaufstellungen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen zur Einschätzung der schuldnerischen Kreditwürdigkeit heranziehen. Ebenfalls mit guten Gründen kritisch zur Auffassung, wonach Kreditsicherungsregister Schlüsse auf die Schuldnersolvenz zulassen, v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 161 f. 779 S. dazu umfassend 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3), bb). 780 Zu der Möglichkeit, dass das financing statement einen größeren Umfang an gesicherten Gütern ausweist als das security agreement, s. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 303. 781 S. u. 2. Kapitel, V. 2. c), e).
III. Entstehung der jeweiligen Sicherheit
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werden kann, da die gesicherte Forderung kurz vor der Erfüllung steht, womit das Sicherungsrecht automatisch erlischt. Den erheblichen Nutzen dieser Informationen für das Realisierungsinteresse ungesicherter Gläubiger zeigt der Abschnitt zur Umsetzung des Vorrangs auf.782 Hier hingegen ist noch der oben erwähnte Kreis der Auskunftsberechtigten nach Section 18 (1) OPPSA aufzugreifen. Wie gesehen783 zieht Ontario diesen Kreis enger als andere Provinzen, indem es nur dem judgment creditor, nicht aber einem general unsecured creditor das Informationsrecht gegenüber dem secured creditor zugesteht. Darin kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass erst der judgment creditor einen Status erlangt, der sein Informationsbegehren stützt.784 Ob man den Kreis der Auskunftsberechtigten nun enger fasst oder nicht: Die differenzierte Betrachtung des „Dritten“, die Unterscheidung zwischen potential creditor und (judgment) creditor also, erscheint gewinnbringend. Sie öffnet den Blick für divergierende Interessen und Publizitätszwecke sowie die damit verfolgten legal policies. Im Übrigen weichen die PPSAs bedeutend von Article 9 UCC ab, indem sie Drittgläubigern überhaupt den Zugang zu Off-record-Informationen eröffnen. Nach US-amerikanischem Recht785 steht es allein dem Schuldner zu, vom secured creditor Einblick in die Details des security agreement zu verlangen: „[E]xisting liens are the business of no one but the debtor, and those to whom the debtor wishes to disclose them“786. Festzuhalten bleibt damit: Die gestufte Informationsgewinnung des Dritten nach Section 18 (1) OPPSA macht bei funktionaler Betrachtung auf einen Aspekt aufmerksam, der im deutschen Recht kaum differenziert betrachtet wird. Es ist die Aufteilung der Personengruppe „Dritte“ in das allgemeine Publikum (inklusive potentieller Gläubiger) einerseits und Bestands- bzw. Vollstreckungsgläubiger andererseits. Die Verhinderung der presumption of false wealth betrifft vor allem das Publikum und potentielle Gläubiger. Demgegenüber stehen gegenwärtige und vor allem Vollstreckungsgläubiger im Fokus, wenn die PPSAs den Zugang zu weitreichenden Informationen über erstrangig besicherte Gegenstände und den Umfang der besicherten Forderung
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Ibid. S. o. 2. Kapitel, III. 2. b) bb) Inkurs: Das Registersystem im Detail. 784 Zu diesem Ansatz, der ein bestimmtes interest des Auskunftsberechtigten voraussetzt, schon Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 100 ff. zu Section 20 (1) OPPSA (1967), die sogar nur execution creditors ein Auskunftsrecht verliehen hat. 785 Vgl. Section 9-210 (a) (2) UCC: „”Request for an accounting” means a record authenticated by a debtor requesting that the recipient provide an accounting of the unpaid obligations secured by collateral and reasonably identifying the transaction or relationship that is the subject of the request”. 786 LoPucki/Abraham/Delahaye, 88 Notre Dame L. Rev. (2013), 1785, 1802. S. hierzu auch Baird, 12 J. Legal St. (1983), 53, 54. 783
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
eröffnen.787 Das Publikum und prospektive Gläubiger können nur den knappen Inhalt des financing statement einsehen. Diese Informationen sind kaum geeignet, eine presumption of false wealth auszuräumen. Dort, wo die Informationen substantiiert werden – im Kontext der Section 18 (1) OPPSA –, beschränken die PPSAs das Auskunftsrecht personell, sodass von einem umfassenden Schutz Dritter vor falschen Vorstellungen über die schuldnerische Haftungsgrundlage auch im kanadischen Recht keine Rede sein kann. c) Zwischenfazit zur Entstehung der jeweiligen Sicherheit Die vorstehenden Zeilen haben gezeigt, dass das deutsche Recht der Gefahr einer Gläubigerbenachteiligung durch Sicherungsgeschäfte auf unterschiedliche Weise begegnet. Für bewusst und gewollt vorgenommene Benachteiligungen enthält die Vorsatzanfechtung aus § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG eine lex specialis, die freilich nicht auf den Missbrauch von Sicherungsgeschäften beschränkt ist. Unterhalb der Vorsatzschwelle gelten vor allem die Grenzen des § 138 Abs. 1 BGB. Ein Schutz Dritter durch Publikation ist dem Mobiliarsachenrecht de lege lata nicht zu entnehmen. Das kanadische Recht adressiert vorsätzliche Benachteiligungen ebenfalls in den überkommenen Spezialstatuten der Fraudulent Conveyances Acts. Ansonsten gelten nur geringe Beschränkungen, da policy concerns ihren Ausdruck in den Entstehungs- und Vorrangregeln für das security interest finden. Nicht befriedigen kann das Personal Property Registry ein allgemeines Interesse, jedwedem Dritten eine veritable Informationsquelle zur Beurteilung der Schuldnerliquidität zu gewähren: Dazu ist die Eintragung von Sicherungsrechten schlichtweg nicht geeignet. Stattdessen gestatten das notice filing und das angeschlossene Auskunftsrecht es qualifizierten Dritten, bereits belastete Vermögenswerte zu identifizieren und so die Erfolgsaussichten künftiger Vollstreckungsmaßnahmen abzuschätzen.
IV. Begründung des Vorrangs gegenüber Drittgläubigern IV. Begründung des Vorrangs „Ein Pfandrecht lebt und stirbt nämlich mit „The principal value of a security interest seiner Geltung in Zwangsvollstreckung und [...] lies in its prima facie opposability to Konkurs.“788 third parties.“789
Wie eingangs angedeutet handelt es sich beim hier untersuchten Konflikt um einen Wettbewerb der Realisierungsinteressen. Gesicherter Gläubiger und 787 Zum Umfang der Informationspflicht s. Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 153 f.; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 238. 788 Caemmerer, Die Rechtsgültigkeit der Sicherungsübereignung, S. 13. 789 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 242.
IV. Begründung des Vorrangs
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Vollstreckungsgläubiger begehren nämlich einen Vorrang, der nur einem der beiden zukommen kann. Der folgende Abschnitt untersucht daher die Begründung des Vorrangs durch die eine oder die andere Partei. Der Begriff „Begründung“ ist dabei in zweifachem Sinne zu verstehen: erstens als Modus, vermöge dessen eine Partei den Vorrang für sich erlangen kann (konstruktive Begründung); zweitens als Erklärungsmuster oder Legitimation für den erworbenen Vorrang (rechtspolitische oder normative Begründung). Vorwegzunehmen ist an dieser Stelle, dass beide Rechtsordnungen das Prioritätsprinzip zur Vorrangregelung bemühen. Dessen nähere Ausgestaltung unterscheidet sich zwar stark – in Kanada gilt dies sogar für die Ansätze der verschiedenen Provinzen. Gleichwohl gibt die genannte Parallele den Gang der weiteren Untersuchung vor. Es gilt zunächst getrennt zu erforschen, durch welchen Schritt der eine oder der andere Gläubiger – zu sichernder oder vollstreckender – den Vorrang erlangt. Im Anschluss hieran ist aufzuzeigen, wie sich ein darauffolgender Rechtsakt des konkurrierenden Gläubigers auswirkt, durch den dieser das prioritäre Verwertungsrecht anstrebt. Denn gerade im Falle der Intervention eines konkurrierenden Dritten muss, wie die Eingangszitate zeigen, jede Vorrangposition ihren Lackmustest bestehen. 1. Deutsches Recht a) Pfändung vor der Sicherungsübereignung Vor der Einleitung konkreter Maßnahmen dürfte dem Vollstreckungsgläubiger daran gelegen sein, die Erfolgsaussichten seines Verwertungsvorhabens zu eruieren. Hierzu hat der Gesetzgeber mit den 2013 in Kraft getretenen §§ 802b ff. ZPO ein neues Verfahren der Sachaufklärung geschaffen.790 Zu den wesentlichen Bestandteilen der Novelle zählen die erleichterte Informationsbeschaffung des Vollstreckungsgläubigers über das Schuldnervermögen, ein modernisiertes Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft und die Einführung eines computerbasierten Schuldnerverzeichnisses.791 Der Gläubiger kann den Gerichtsvollzieher nunmehr durch das Ausfüllen eines einheitlichen Musterformulars anweisen, eine schuldnerische Vermögensauskunft bereits vor dem Pfändungsversuch einzuholen.792 Kommt der Schuldner der Aufforderung
790 BT-Drucks. 16/10069 (Gesetzesentwurf) und BT-Drucks. 16/13432 (Beschlussempfehlung und Bericht). Überblicksartig hierzu Vollkommer, NJW 2012, 3681 ff. 791 BT-Drucks. 16/10069, S. 20 f. Verwirklicht werden die beiden erstgenannten Ziele durch das erleichterte Verfahren der Vermögensauskunft in §§ 802c–802f ZPO. Die Bestimmungen zum zentralisierten Schuldnerverzeichnis sind in §§ 882b–882h ZPO enthalten. S. dazu auch Würdinger, JZ 2011, 177, 180 ff. 792 Auf S. 3 des Formulars „Vollstreckungsantrag an die Gerichtsvollzieherin/den Gerichtsvollzieher“ kann in Spalte G 1 die Auskunft vor einem Pfändungsversuch beantragt werden. Das Formular steht auf der Internetseite des BMJV zum Download bereit
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
des Gerichtsvollziehers, sich über seine haftenden Vermögensgegenstände zu erklären, nicht nach, so droht ihm die Eintragung im Schuldnerverzeichnis (§ 882c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Dabei handelt es sich um ein Verzeichnis, das für jedes Bundesland von einem zentralen Vollstreckungsgericht in digitaler Form geführt wird (§ 882h Abs. 1 S. 1 ZPO).793 Die Auskunft beschränkt sich räumlich also nicht mehr auf den jeweiligen Amtsgerichtsbezirk und kann von jedem, der eines der in § 882f Abs. 1 S. 1 ZPO abschließend enumerierten Interessen darzulegen vermag, über ein Internetportal eingeholt werden. Bereits § 882f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO gestattet dabei die Einsicht zu „Zwecke[n] der Zwangsvollstreckung“. Das Portal eröffnet dem Gläubiger Einblicke in den zur Eintragung führenden Grund, der etwa in einer nicht erteilten Vermögensauskunft liegen mag (§ 882b Abs. 3 Nr. 2 iVm § 882c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Als Eintragungsgrund kann aber auch vermerkt sein, dass eine Vollstreckung nach dem Inhalt der erteilten Vermögensauskunft offensichtlich nicht zur vollständigen Gläubigerbefriedigung führen würde (§ 882b Abs. 3 Nr. 2 iVm § 882c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ob der Gläubiger von diesen Informationen allerdings auf die fehlende Zahlungsfähigkeit oder auf bewusst verschwiegene Vermögenswerte schließt, bleibt ihm überlassen.794 Die eigentliche Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners wegen einer Geldforderung erfolgt dann im Wege der Pfändung (§ 803 Abs. 1 S. 1 ZPO). Hierzu nimmt der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers im Schuldnergewahrsam befindliche „körperliche Sachen“ in Besitz (§ 808 Abs. 1 ZPO). Sofern dem Vollstreckungsgläubiger kein Nachteil droht, sind die Sachen im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, wobei die Pfändung in diesem Fall ersichtlich zu machen ist (§ 808 Abs. 2 ZPO). Dies kann durch Anbringung eines Pfandsiegels oder einer Pfandanzeige am Lagerort der gepfändeten Gegenstände geschehen.795 Die Prüfung der Eigentumsverhältnisse obliegt dem Gerichtsvollzieher in aller Regel796 nicht (Formalisierung
(https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Vollstreckungsauftrag_an_Gerichtsvollzieher.html, 18.07.2020). 793 In Hessen ist gemäß der Verordnung zur Errichtung eines zentralen Schuldnerverzeichnisses vom 30.11.2007 (GVBl. 828) das AG Hünfeld mit der Registerführung betraut. Zu anderen Bundesländern s. Steinert/Theede/Knop, Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, Kapitel J. Rz. 183. 794 Zur Ambivalenz der Eintragungen s. MüKo ZPO-Dörndorfer, § 882f ZPO Rz. 5. Insgesamt kritisch Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 882b ZPO Rz. 2 („moderner Pranger“), § 882f ZPO Rz. 9. 795 S. Wieczorek/Schütze-Lüke, § 808 ZPO Rz. 42 ff. Zur Pfändung von Gegenständen in einem Warenlager durch die Anbringung einer Pfandanzeige vgl. schon BGH, Urteil v. 05.05.1959, Az. VIII ZR 180/58, in: BB 1959, 717. 796 Zu diesem Grundsatz s. BGH, Urteil v. 13.05.1981, Az. VIII ZR 117/80, in: NJW 1981, 1835 und Saenger-Kemper, § 808 ZPO Rz. 12. Eine Ausnahme besteht nur dann,
IV. Begründung des Vorrangs
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des Vollstreckungsverfahrens). Es ist daher auch von „formalisierten Zugriffstatbeständen“ die Rede.797 Erfolgt der Pfändungsakt auf Grundlage dieser Tatbestände ohne Verletzung wesentlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen,798 so bewirkt dies die Verstrickung der betroffenen Sachen. Als Verstrickung wird jener Zustand bezeichnet, welcher die gepfändeten Gegenstände in ein öffentlich-rechtliches Herrschaftsverhältnis zum Zwecke der Zwangsvollstreckung überführt.799 Mit der Beschlagnahme entsteht also eine „publizistische Verfangenheit“ der gepfändeten Sachen.800 Für den Vollstreckungsgläubiger ergeben sich nach herrschender Meinung aus dem Akt der Beschlagnahme zwei wichtige Rechtsfolgen, die sein Durchsetzungsinteresse an den gepfändeten Gegenständen schützen. Erstens – und dieser Fall interessiert hier vor allem – verliert der Schuldner die Verfügungsbefugnis an den gepfändeten Sachen.801 Technisch bewirkt die Beschlagnahme durch den Gerichtsvollzieher nämlich ein behördliches Verfügungsverbot gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 iVm § 136 Alt. 2 BGB.802 In den Grenzen der Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb wird der Gläubiger also vor Verfügungen über die verstrickten Gegenstände geschützt (§ 135 Abs. 2 BGB) – sein Vorrangstatus erfährt eine erste Aufwertung. Zweitens ist der Verstrickungsbruch gemäß § 136 StGB strafbewährt. Wer es also unternimmt, eine gepfändete Sache ganz oder teilweise der Verstrickung zu entziehen, muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rechnen. Tatbestandlich genügt es dabei, wenn die behördliche Verfügungsgewalt ganz oder teilweise auch nur vorübergehend aufgehoben
wenn das fehlende Eigentum evident ist (ersichtlich bspw. an einem Bibliotheksstempel in einem gepfändeten Buch, s. Musielak/Voit-Becker, § 808 ZPO Rz. 5 zu diesen Ausnahmen). 797 So etwa Gaul, in: Canaris, Claus-Wilhelm et al. (Hrsg.), FG BGH III, S. 521. 798 Nur „bei grundlegenden, schweren Mängeln“ (so die Formel in BGH, Urteil v. 16.02.1976, Az. II ZR 171/74, in: NJW 1976, 851) führt ein Verstoß gegen die Verfahrensnormen zur Nichtigkeit der Pfändung. In allen anderen Fällen ist die Pfändung zwar anfechtbar, aber wirksam, s. dazu Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 362. 799 S. etwa Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, Übers. § 803 ZPO Rz. 6 und Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 16 Rz. 2. 800 So die eingängige Formel bei Schwinge, Der fehlerhafte Staatsakt im Mobiliarvollstreckungsrecht, S. 9. Wortgleich Geib, Die Pfandverstrickung, S. 15. 801 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 39 ff. Geib, Die Pfandverstrickung, S. 14 f. beschreibt die Verstrickung richtigerweise als „Zustand[…], in dem sich der Pfandgegenstand als Objekt öffentlicher Machtentfaltung befindet“ und damit gerade nicht als Rechtsakt. 802 Ausführlich hierzu Fahland, Das Verfügungsverbot nach §§ 135, 136 BGB in der Zwangsvollstreckung, S. 91 ff. mwN, die besonders die Trennung von Verstrickung und Verfügungsverbot als jeweils eigenständige Folgen der Pfändung betont.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
wird.803 In der strafrechtlichen Ahndung des Verstrickungsbruchs kann eine zweite Aufwertung der Gläubigerposition gesehen werden. Ob mit Pfändung und Verstrickung eo ipso auch das Pfändungspfandrecht des § 804 Abs. 1 ZPO entsteht, ist seit langem umstritten. Dem Facettenreichtum804 der dazu vorgebrachten Argumente zum Trotz beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die zwei heute805 wesentlichen Grundpositionen und deren Begründung. Denn ein solcher Überblick trägt den an dieser Stelle interessierenden Aspekten hinreichend Rechnung. Eine vor allem im Schrifttum vertretene Auffassung, die das Pfändungspfandrecht als öffentlich-rechtliches Institut einstuft, lässt für dessen Entstehung eine wirksame Pfändung genügen.806 Sie sieht im Pfändungspfandrecht (lediglich) die prozessuale Grundlage der weiteren Vollstreckung und Verwertung. Auf materiell-rechtliche Voraussetzungen – insbesondere auf das Schuldnereigentum – komme es für die Begründung des Pfändungspfandrechts nicht an. Darüber, ob dem Gläubiger der Verwertungserlös zustehe und ob er ihn behalten dürfe, sage dieses Pfandrecht nichts aus.807 Demgegenüber begreift die herrschende Meinung das Pfändungspfandrecht als einen öffentlich- und privatrechtlichen Tatbestand.808 Für seine Entstehung verlangt man daher neben der wirksamen Pfändung die Erfüllung der materiellrechtlichen Voraussetzungen – inklusive des schuldnerischen Eigentums am gepfändeten Gegenstand. Dem so verstandenen Pfändungspfandrecht kommt dann auch ein Aussagegehalt zur materiellen Berechtigung des Vollstreckungsgläubigers am in Beschlag genommenen Gegenstand zu: Ist das Pfändungspfandrecht entstanden, so gebührt dem Vollstreckungsgläubiger auch der Erlös
803 S. dazu OLG Hamm, Urteil v. 16.07.1980, Az. 6 Ss 40/80, in: NJW 1980, 2537 und Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben, § 136 StGB Rz. 12 f. 804 Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 27.6 ff. und Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 379 ff. bieten ausführliche Abhandlungen hierzu. 805 Die Auffassung, die – gestützt auf den Wortlaut von § 753 Abs. 1 ZPO („im Auftrag des Gläubigers“) – von einer rein privatrechtlichen Rechtsnatur des Pfändungspfandrechts ausging, wird heute kaum mehr vertreten, in diesem Sinne noch RG, Urteil v. 09.10.1905, Az. I 122/05, in: RGZ 61, 330, 333 und Marotzke, NJW 1978, 133, 134 ff. 806 Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 804 ZPO Rz. 6; Stein/Jonas-Würdinger, § 804 ZPO Rz. 7; Wieczorek/Schütze-Lüke, § 804 ZPO Rz. 56–60. 807 Nach Gerhard Lüke, einem Befürworter der öffentlich-rechtlichen Lehre vom Pfändungspfandrecht, offenbart diese Trennung von Pfandrecht und Berechtigung am Erlös „eine gewisse Inkonsequenz in der Konstruktion“, s. dens., AcP 153 (1954), 533, 547. 808 BGH, Urteil v. 02.07.1992, Az. IX ZR 274/91, in: NJW 1992, 2570, 2573; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 391–393; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 46 ff.; Musielak/Voit-Becker, § 804 ZPO Rz. 4; Thomas/Putzo-Seiler, § 804 ZPO Rz. 2.
IV. Begründung des Vorrangs
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aus der Verwertung. Zur Durchführung der Vollstreckung genügt es indes schon, dass der gepfändete Gegenstand verstrickt ist.809 Vorzugswürdig ist die letztgenannte Ansicht. Sie allein vermag das privatrechtliche Erbe, den Zweck des Vollstreckungsverfahrens (Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers) und die öffentlich-rechtliche Natur des Vollstreckungsakts gleichermaßen zu würdigen.810 Zudem stellt die auch-privatrechtliche Einordnung des Pfändungspfandrechts eine Konkordanz mit dem materiellen Zivilrecht her – ein Aspekt, der mit Blick auf das Prioritätsprinzip noch aufzugreifen sein wird.811 Schließlich vermeidet diese Auffassung die Inkonsequenz der rein öffentlich-rechtlichen Theorie, die bei der Pfändung schuldnerfremder Gegenstände ein Auseinanderfallen von Pfändungspfandrecht und materieller Berechtigung am Erlös annehmen muss.812 Wenn an dieser Stelle die Pfändung schuldnereigener Sachen untersucht wird, dann hätte die soeben getroffene Entscheidung vorerst noch dahinstehen können. Wozu also der Streitentscheid? Da die folgenden Ausführungen an einigen Stellen der gemischten Klassifizierung des Pfändungspfandrechts folgen, war es bereits hier zweckmäßig, einer solchen Einordnung den Vorzug zu geben. Dieser Vorzug bedarf im Folgenden also keiner Begründung mehr. Das einmal entstandene Pfändungspfandrecht räumt dem Gläubiger dieselben Rechte wie ein vertragliches Faustpfandrecht ein (§ 804 Abs. 2 Hs. 1 ZPO) und sichert ihm den Vorrang gegenüber später begründeten Pfändungspfandrechten (§ 804 Abs. 3 ZPO).813 Gegenüber Rechten, die in der Insolvenz den Faustpfandrechten nicht gleichgestellt sind,814 genießt das Pfändungspfandrecht auch bei späterer Entstehung den Vorzug (§ 804 Abs. 2 Hs. 2 ZPO). Erfolgt die Pfändung der beweglichen Sache nun vor der Sicherungsübereignung, so kann der Vollstreckungsgläubiger die Verwertung nicht nur herbeiführen, sondern den daraus resultierenden Erlös auch behalten. Die inhaltliche Rechtfertigung dieses Befriedigungsrechts steht in Verbindung mit zwangsvollstreckungs- und verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Dem staatlichen Gewaltmonopol muss nämlich ein individueller Justizgewährungsanspruch entsprechen, der sich auf das Vollstreckungsverfahren 809 S. a. BGH, Urteil v. 16.02.1976, Az. II ZR 171/74, in: NJW 1976, 851, 852 und Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 16 Rz. 26. 810 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 60; Schuschke/Walker-Walker, Vor §§ 803, 804 ZPO Rz. 14. 811 Vgl. hierzu Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 151 ff.; dens., RPfleger 1971, 1, 6 f.; Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 171 ff. und unten 2. Kapitel, IV. 3. b). 812 Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1184; MüKo ZPO-Gruber, § 804 ZPO Rz. 14. 813 Zu dieser Ausprägung des Prioritätsprinzips s. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 55 Rz. 45; Hoffmann, Prioritätsgrundsatz und Gläubigergleichbehandlung, S. 4. 814 Dazu zählen im Umkehrschluss aus § 51 InsO etwa Zurückbehaltungsrechte, die nicht den Tatbestand von § 51 Nr. 2 InsO erfüllen.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
erstreckt.815 Nur dort, wo dem Inhaber eines materiellen Anspruchs nach dem Erstreiten eines obsiegenden Urteils auch die zwangsweise Durchsetzung ermöglicht wird, ist sein weitgehender Verzicht auf Selbsthilfe zu rechtfertigen.816 Die Institute „Verstrickung“, „Verfügungsverbot“ und „Pfändungspfandrecht“ sind daher letztlich Schutzmechanismen zugunsten eines Gläubigers, der die gesetzlich vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen hat.817 Die Auswirkungen einer schuldnerischen Verfügung über verstrickte Gegenstände auf die Position des Vollstreckungsgläubigers hängen maßgeblich vom erfüllten Verfügungstatbestand ab. Wie angedeutet gelten in Bezug auf solche Rechtsgeschäfte die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten (§ 135 Abs. 2 BGB). Möglich818 ist der gutgläubige und lastenfreie Eigentumserwerb eines Sicherungsnehmers also (§§ 929 S. 1, 930, 932 Abs. 1 S. 1, 933 BGB iVm § 936 Abs. 1 S. 3 BGB).819 Allein: Die Sicherungsübereignung erfolgt in aller Regel durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts.820 Für einen gutgläubigen Erwerb und dessen Lastenfreiheit setzen § 933 BGB und § 936 Abs. 1 S. 3 BGB aber voraus, dass dem Erwerber „die Sache vom Veräußerer übergeben wird“ respektive dass er „den Besitz der Sache erlangt“. Diese Anforderungen sind nur bei einer vollständigen Besitzaufgabe auf Veräußererseite erfüllt,821 was bei Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses gerade nicht gegeben ist. Somit scheiden mangels Übergabe regelmäßig ein Eigentumserwerb des Sicherungsnehmers und ein korrespondierender Rechtsverlust des Vollstreckungsgläubigers aus.
815 Zu Grund und Grenze dieses „Vollstreckungsanspruchs“ schon BVerfG, Beschluss v. 19.10.1982, Az. 1 BvL 55/80, in: NJW 1983, 559. Siehe hierzu auch Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1. 816 Dazu Knoche/Biersack, NJW 2003, 476, 478 f. und Stamm, Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 5 ff. 817 In diesem Sinne auch Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 175 f. bezüglich des Pfändungspfandrechts („Garant ranggerechter Befriedigung“). 818 Teilweise wird für die „Entstrickung“ über die Erfüllung von § 936 Abs. 1 BGB hinaus ein actus contrarius verlangt, vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 27.4. Anders Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 370 und Zöller-Herget, § 804 ZPO Rz. 13. 819 Ein Erlöschen des Pfändungspfandrechts gemäß der (privatrechtlichen!) Norm des § 936 Abs. 1 BGB setzt eine jedenfalls auch privatrechtliche Einordnung des Pfandrechts voraus (MüKo BGB-Oechsler, § 936 BGB Rz. 3). Bezieht sich der gute Glaube des Erwerbers allein auf das Fehlen eines Pfändungspfandrechts, so bleibt die Verstrickung übrigens bestehen, Musielak/Voit-Becker, § 804 ZPO Rz. 12. 820 S. dazu oben 2. Kapitel, III. 1. b) bb). 821 Vgl. BGH, Urteil v. 03.06.1996, Az. II ZR 166/95, in: NJW 1996, 2654, 2655 und Palandt-Herrler, § 933 BGB Rz. 4 beziehungsweise § 936 BGB Rz. 2.
IV. Begründung des Vorrangs
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b) Pfändung nach der Sicherungsübereignung Auch ein Gläubiger, der seine Forderung gegen den Schuldner sichern will, ist daran interessiert, dessen Zahlungsfähigkeit und Haftungsgrundlage auszuloten. Dass ihm nach deutschem Recht weder der Besitz als verlässliche Grundlage dient, noch ein Sicherheitenregister zwecks Einsichtnahme zur Verfügung steht, ist augenscheinlich. Allerdings misst § 882f Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO auch solchen Personen eine Einsichtsberechtigung für das Schuldnerverzeichnis zu, die Angaben benötigen, „um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen“. Unter diesen weit gefassten Tatbestand sind auch künftige Kreditgeber und Sicherungsnehmer zu subsumieren.822 Jedoch ist vor dem Hintergrund des im Grundgesetz verbrieften Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Schuldners823 ein behutsamer Umgang mit dieser Variante der Einsichtsbefugnis geboten. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, wenn die Literatur im Wege der verfassungskonformen Auslegung eine Aufnahme von Vertragsverhandlungen als Voraussetzung für die Einsichtnahme eines Kreditgebers verlangt – erst dann überwiegt dessen Informationsinteresse das schuldnerische Recht auf informationelle Selbstbestimmung.824 Eine weitere Informationsgrundlage für Unternehmen, die Kredite vergeben, besteht in der SCHUFA-Auskunft.825 Bei der SCHUFA handelt es sich um eine Auskunftei, die wirtschaftlich relevante Daten sammelt und diese an ihre Vertragspartner übermittelt.826 Sie bedient sich bei der Einschätzung der Kreditwürdigkeit unter anderem des oben erwähnten Schuldnerverzeichnisses. Um nach entsprechender Information den Verwertungsvorrang am Gegenstand durch eine Sicherungsübereignung auf den Gläubiger zu übertragen, müssen deren Entstehungsvoraussetzungen827 in Bezug auf den besagten
822 MüKo ZPO-Dörndorfer, § 882f ZPO Rz. 8; Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Sternal, § 882f ZPO Rz. 3. 823 Dass der Schutzbereich des aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bei Eintragung im Schuldnerverzeichnis eröffnet ist, hat das BVerfG mit Beschluss v. 25.07.1988, Az. 1 BvR 109/85, in: NJW 1988, 3009 schon zu § 110 Abs. 2 KO klargestellt. S. a. Maunz/Dürig-Di Fabio, Art. 2 GG Rz. 176. Das BVerfG sieht den Eingriff allerdings durch ein überwiegendes Allgemeininteresse (Schutz aller Marktteilnehmer) als gerechtfertigt an, BVerfG, aaO, 3010. 824 In diese Richtung BeckOK ZPO-Fleck, § 882f ZPO Rz. 8 und Prütting/GehrleinLugani, § 882f ZPO Rz. 7. 825 Vgl. hierzu statt vieler Schimansky/Bunte/Lwowski-Krepold, § 41 Rz. 1 ff. 826 Zur Einordnung als Auskunftei und datenschutzrechtlichen Folgen OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.02.2015, Az. I-16 U 41/14, in: ZD 2015, 336. 827 Es sind dies die Einigung, die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses und die schuldnerische Berechtigung, über die Sache zu verfügen, s. o. 2. Kapitel, III. 1. b).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Gegenstand sämtlich vorliegen. Denn erst mit der vollständigen Erfüllung des Erwerbstatbestandes entfaltet der dingliche Rechtsakt seine absolute Wirkung.828 Besonderheiten ergeben sich für den Fall, dass der Sicherungsgeber sich anschickt, über eine Sache zu verfügen, die ihm noch nicht gehört. Für Einigung und Besitzkonstitut ist anerkannt, dass eine Antizipation möglich ist,829 weshalb insofern keine konstruktiven Probleme bestehen. Allein fragt sich, ob der Sicherungsnehmer an solchen Gegenständen den Verwertungsvorrang gegenüber einem später pfändenden Gläubiger erwirbt, wenngleich dem Schuldner noch die Verfügungsbefugnis fehlt. Ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten scheitert erneut spätestens am Übergabeerfordernis des § 933 BGB, das bei der Sicherungsübereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB nicht erfüllt ist.830 Finden nun vor dem Eigentumserwerb des Sicherungsgebers sowohl die Sicherungsübereignung als auch die Pfändung statt, so richtet sich die Vorrangbestimmung nach § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2, S. 2 BGB. Demgemäß konvaleszieren die Rechtsakte mit dem Erwerb des Gegenstandes durch den Schuldner. Für einander widersprechende Verfügungen831 gilt, dass nur die zeitlich erste wirksam wird. Einigen sich die Parteien daher zunächst über die Sicherungsübereignung einer noch nicht dem Schuldner gehörenden Sache und wird diese dann von einem Dritten gepfändet, so erlangt der Sicherungsnehmer – nach dem Durchgangserwerb des Sicherungsgebers – unbelastetes Eigentum.832 Kommt es hingegen vor dem schuldnerischen Erwerb des Eigentums erst zur Pfändung und danach zur Erfüllung des Übereignungstatbestandes, dann erhält der Sicherungsnehmer nur (mit dem Pfändungspfandrecht) belastetes Eigentum.833 Im Ergebnis führt die Anwendung von § 185 Abs. 2 BGB also zu einer Geltung des Prioritätsgrundsatzes auch bei Verfügungen durch einen (noch) nicht berechtigten Schuldner. Daneben bestehen praxisrelevante Möglichkeiten, einen Direkterwerb des Sicherungsnehmers zu realisieren, der den Zugriff Dritter vereitelt. In solchen Konstellationen verfügt der Sicherungsgeber zwar ohne zunächst Berechtigter zu sein; in der Folge aber erlangt der Sicherungsnehmer direkt – das heißt ohne den Umweg über das Schuldnervermögen – das Eigentum am übertragenen 828
Statt vieler Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 16. BGH, Urteil v. 13.06.1956, Az. IV ZR 24/56, in: NJW 1956, 1315, 1316 und Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 62. 830 S. dazu schon oben 2. Kapitel, III. 1. b) cc), IV. 1. a). 831 Während der Wortlaut ersichtlich auf dingliche Verfügungen zugeschnitten ist, findet eine analoge Anwendung auch auf Akte in der Zwangsvollstreckung statt, vgl. BGH, Urteil v. 05.07.1971, Az. II ZR 176/68, in: NJW 1971, 1938, 1941 f. und Gaul/Schilken/BeckerEberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 74. 832 BeckOK BGB-Bub, § 185 BGB Rz. 15; MüKo BGB-Bayreuther, § 185 BGB Rz. 60. 833 Palandt-Ellenberger, § 185 BGB Rz. 12; Staudinger-Gursky, § 185 BGB Rz. 88, 91. Zum Rang konvaleszierter Pfändungspfandrechte Schmidt, ZZP 87 (1974), 316 ff. 829
IV. Begründung des Vorrangs
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Gegenstand. Zwei Fallgestaltungen kommen dafür typischerweise834 in Betracht: der Direkterwerb infolge eines Anwartschaftsrechts und der Direkterwerb infolge einer Herstellerklausel. Besonders häufig dürfte die erstgenannte Fallgruppe vorkommen. Immer dann nämlich, wenn der Sicherungsgeber den Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB) erworben hat, was aufgrund der Branchenüblichkeit unter Kaufleuten bereits als stillschweigend vereinbart gilt.835 Bei dieser Verfügungsform entsteht ein Anwartschaftsrecht aufseiten des Sicherungsgebers, über das dieser als Berechtigter verfügen darf.836 Schließt er (der Sicherungsgeber) nun einen Sicherungsvertrag mit dem zu sichernden Gläubiger837 und kommen beide darin überein, dass das Sicherungseigentum übertragen werden soll, so ist bei fehlender Berechtigung des Schuldners a maiore ad minus auf den Parteiwillen zu schließen, es habe jedenfalls das Anwartschaftsrecht übertragen838 werden sollen.839 Dieses „dem Eigentum wesensgleiche Minus“840 ermächtigt nicht nur zur Drittwiderspruchsklage gegenüber einem vollstreckenden Dritten,841 sondern ermöglicht auch einen 834
Denkbar ist außerdem der Direkterwerb infolge einer Stellvertretung, indem der Sicherungsgeber gegenüber dem Veräußerer eine Willenserklärung im Namen des Sicherungsnehmers abgibt (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein dingliches Geschäft für den, den es angeht, dürfte bei fehlender Offenkundigkeit scheitern: Es handelt sich wohl kaum um ein Bargeldgeschäft des täglichen Lebens, in dessen Rahmen es dem Veräußerer, der mit dem Sicherungsgeber kontrahiert, gleichgültig ist, wer sein Vertragspartner wird (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 13.03.1991, Az. XII ZR 53/90, in: NJW 1991, 2283, 2285 und Palandt-Ellenberger, § 164 BGB Rz. 8). 835 BGH, Urteil v. 22.09.2003, Az. II ZR 172/01, in: NJW-RR 2004, 555; Wellenhofer, Sachenrecht, § 14 Rz. 2. 836 Grundlegend dazu und zum folgenden Direkterwerb des Anwartschaftsinhabers BGH, Urteil v. 22.02.1956, Az. IV ZR 164/55, in: NJW 1956, 665. S. a. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Neuere Rechtsentwicklungen, S. 66 f. 837 Da der Sicherungsvertrag als Besitzmittlungsverhältnis dient, der Sicherungsgeber aber zugleich dem Vorbehaltsverkäufer den Besitz mittelt, stellen sich die Besitzverhältnisse wie folgt dar: der Sicherungsgeber ist unmittelbarer Fremdbesitzer, der Sicherungsnehmer mittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe, der Vorbehaltsverkäufer mittelbarer Eigenbesitzer zweiter Stufe (BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133, 1135; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 59 Rz. 35). 838 Nach herrschender Meinung sind die §§ 929 ff. BGB auf die Übertragung des Anwartschaftsrechts (analog) anwendbar (BGH, Urteil v. 05.05.1971, Az. VIII ZR 217/69, in: BGHZ 56, 123, 126; Erman-Bayer, § 929 BGB Rz. 30). 839 S. dazu BGH, Urteil v. 27.03.1968, Az. VIII ZR 11/66, in: NJW 1968, 1382, 1383; Würdinger, NJW 2008, 1422, 1424. Zum gleichen Ergebnis gelangt man bei Umdeutung (§ 140 BGB) der unwirksamen Übereignung in eine wirksame Anwartschaftsübertragung. 840 S. zu diesem Begriff schon BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133, 1134; MüKo BGB-Oechsler, § 929 BGB Rz. 18. 841 Vgl. BGH, Urteil v. 11.11.1970, Az. VIII ZR 242/68, in: NJW 1971, 799 und Wilhelm, Sachenrecht, Rz. 2343 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Direkterwerb des Vollrechts in der Person des Sicherungsnehmers. Sobald der Sicherungsgeber also den Kaufpreis vollständig gezahlt hat, geht das Eigentum direkt vom Vorbehaltsverkäufer auf den Sicherungsnehmer über. Ein ähnliches Resultat ließe sich bei noch nicht existierenden Sachen durch Vereinbarung einer Herstellerklausel – deren Zulässigkeit vorausgesetzt – erzielen. Mit solchen Klauseln verabreden die Parteien des Sicherungsvertrags, dass der Sicherungsgeber den künftigen Sicherungsgegenstand für den Sicherungsnehmer anfertigt.842 Diese Übereinkunft erklärt sich mit Blick auf den gesetzlichen Erwerbstatbestand in § 950 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach derjenige, der durch Verarbeitung eine neue Sache herstellt, das Eigentum daran erwirbt. Verständigen sich die Parteien also darauf, dass der Sicherungsnehmer Hersteller sein soll, so findet mit der Fertigstellung der neuen Sache in seiner Person ein originärer Eigentumserwerb statt.843 Die Zulässigkeit einer solchen Abrede mag dort anzunehmen sein, wo der Sicherungsnehmer bereits Eigentümer der dem Sicherungsnehmer gelieferten Stoffe ist und er sie bloß von letzterem verarbeiten lässt.844 Eine generelle Disposition über § 950 Abs. 1 S. 1 BGB erscheint indes problematisch, da sie de facto einen Tatbestand außer Kraft setzt, der der klaren Eigentumszuordnung dient.845 Gegen jede Kritik sind solche Erstreckungsmechanismen daher nicht gefeit.846 Sie rücken auch den Aspekt der normativen Begründung des Verwertungsvorrangs eines Sicherungsnehmers in den Vordergrund. Im deutschen Recht können hierzu erneut grundgesetzlich gewährte Rechte herangezogen werden. Wenn Art. 2 Abs. 1 GG nämlich die Privatautonomie als zentrales Strukturprinzip einer sozialen Marktwirtschaft schützt, dann liegt es nahe, dass es den Rechtssubjekten gestattet ist, ihre Rechtsverhältnisse durch Vertrag zu gestalten.847 Über den Einbezug der Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich dieser Gedanke auch auf Verfügungen über das Eigentum.848 842 Ausführlich hierzu Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung IV, S. 115 ff. Konzis Schulze-Schulte-Nölke, § 929 BGB Rz. 39. 843 BGH, Urteil v. 22.02.1956, Az. IV ZR 164/55, in: NJW 1956, 665; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1307. 844 Dann nämlich kann der Sicherungsnehmer bei objektiv-funktioneller Beurteilung angesichts des getragenen wirtschaftlichen Risikos tatsächlich Hersteller sein (auf parteiliche Disposition kommt es damit nicht an), vgl. dazu Staudinger-Wiegand, § 950 BGB Rz. 31 ff. 845 Dieser Komplex ist heftig umstritten. Die wohl herrschende Lehre geht von einer Indisponibilität des § 950 Abs. 1 S. 1 BGB aus und lehnt die Wirksamkeit parteilicher Abreden über die Herstellereigenschaft ab (s. BeckOK BGB-Kindl, § 950 BGB Rz. 3; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 44 Rz. 20 ff.; anderer Ansicht Baur/Stürner, Sachenrecht, § 53 Rz. 15, die § 950 Abs. 1 S. 1 BGB als dispositives Recht einordnen). 846 Vgl. etwa die scharfe Kritik bei Kupisch, JZ 1976, 417, 419 ff. und (verhaltener) Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 140 ff. 847 Maunz/Dürig-Di Fabio, Art. 2 GG Rz. 101. Zur Bedeutung der Privatautonomie schon während der Entstehung des BGB Horn, NJW 2000, 40, 41 f. 848 S. hierzu statt vieler Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 233.
IV. Begründung des Vorrangs
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Dem Vollrechtsinhaber verschafft dies eine „Verfügungsfreiheit“849 über sein Eigentum – auch zu kreditsichernden Zwecken, durch die eine Privilegierung des gesicherten Gläubigers eintritt.850 Nur dort, wo besondere Umstände etwa eine Gleichbehandlung aller Gläubiger fordern, ist der Begründungsaufwand höher. Ganz so verhält es sich im Insolvenzrecht. Dort kommt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein insolvenzrechtliches Spezifikum zum Zuge, das die haftungsrechtliche Legitimation von Kreditsicherheiten erschwert.851 Zum Abschluss sind noch die Auswirkungen von Vollstreckungsmaßnahmen auf bereits sicherungsübereignete Gegenstände zu untersuchen. Da diese sich infolge des Besitzkonstituts regelmäßig im Schuldnergewahrsam befinden, ist ihre Pfändung durch den Gerichtsvollzieher möglich (§ 808 Abs. 1 ZPO).852 Bereits thematisiert wurde der Streit um die Einordnung des Pfändungspfandrechts.853 Sogar an dieser Stelle müsste er nicht entschieden werden, denn nach beiden Ansichten sind die Verwertung und die Erlösauskehr an den Vollstreckungsgläubiger auch bei schuldnerfremden Sachen zulässig. Für den öffentlich-rechtlichen Ansatz folgt dies aus der Entstehung des Pfändungspfandrechts, welches als Grundlage der weiteren Verwertung gilt. Der herrschenden Auffassung zufolge fehlt es (mangels Schuldnerberechtigung) zwar an einem Pfändungspfandrecht.854 Dies verhindert jedoch nicht die Versteigerung der Sache, da die Grundlage der Verwertung in der Verstrickung gesehen wird. Im Rahmen eben dieser Verwertung durch Versteigerung (§ 814 Abs. 1 ZPO) erteilt der Gerichtsvollzieher dem Höchstbietenden den Zuschlag (§ 817 Abs. 1 ZPO) und liefert ihm die Sache ab (§ 817 Abs. 2 ZPO). Mit der Ablieferung geht das Eigentum am versteigerten Gegenstand dann unabhängig
849 Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 17. Ähnlich Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 46 („[D]ie Möglichkeit, sich bestimmte Sicherungspositionen einräumen zu lassen und diese gegenüber Dritten auch durchsetzen zu können, ist in einem auf Vertragsfreiheit basierenden Vermögensrecht systemimmanent“) und Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 28–30. 850 Vgl. Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 135 und Paulus, ZZP 61 (1951), 169, 184 f. 851 S. Hoffmann, Prioritätsgrundsatz und Gläubigergleichbehandlung, S. 290 ff. für einen gelungenen Überblick über die verschiedenen Begründungsmodelle („Privatautonomie“, „vorinsolvenzlicher Charakter“, „wohlfahrtssteigernde Aspekte“ etc.). Vgl. ferner Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 225 ff. 852 Zur Pfändung und Verwertung schuldnerfremder Gegenstände ausführlich schon Günther, AcP 178 (1978), 456 ff. und Schmidt, JuS 1970, 545 ff. 853 S. o. 2. Kapitel, IV. 1. a). 854 Ein gutgläubiger Erwerb des Pfändungspfandrechts ist nicht möglich, da dieses kraft staatlichen Hoheitsakts und somit nicht infolge eines Verkehrsgeschäfts entsteht, vgl. jurisPK BGB-Metzger, § 1244 BGB Rz. 12.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
vom bisherigen Eigentümer auf den Ersteher über.855 Da es sich hierbei um einen hoheitlichen Übertragungsakt handelt, kommt es auf eine Gutgläubigkeit des Erwerbers nicht an.856 Unabhängig von der Einordnung des Pfändungspfandrechts droht dem Sicherungsnehmer also trotz zeitlich früherer Bestellung seines Vorrangrechts der Verlust des Vollrechts. Wie er diese Einbuße abzuwenden oder auszugleichen vermag, ist Gegenstand des nächsten Kapitels. 2. Kanadisches Recht a) Vollstreckung vor perfection des security interest Auch in Kanada ist der eigentlichen Vollstreckung mit der examination in aid of enforcement ein Verfahren vorgeschaltet, das dem judgment creditor erste Einblicke in die Vermögenslage des Schuldners gewähren soll.857 Dabei handelt es sich um ein Befragungsverfahren, bei dem der Schuldner insbesondere seine Haftungsgrundlage offenlegen muss.858 Flankierend zur examination in aid konsultiert der Gläubiger routinemäßig die einschlägigen öffentlichen Register, zu denen neben dem Personal Property Registry auch die Enforcement Database des Vollstreckungsorgans sowie das Bankruptcy Registry und das Bank-Act-Register zählen.859 Durch die Gesamtschau der erhaltenen Informationen ist der Gläubiger idealiter imstande, die Erfolgsaussichten seines Vollstreckungsvorhabens realistisch einzuschätzen. Das eigentliche Vollstreckungsrecht in den kanadischen Provinzen stellt sich überaus heterogen dar. Während in manchen Provinzen noch ein Potpourri aus alten Common-law-Regeln, Relikten englischer Rechtssätze und sporadischen Neuregelungen des Gesetzgebers Geltung beansprucht, haben andere Provinzen das Judgment Enforcement Law in den vergangenen Jahren 855 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1881; Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Kindl, § 817 ZPO Rz. 10. Freilich muss die Sache dazu verstrickt sein und es darf kein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften vorliegen, vgl. dazu Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 412 ff. 856 S. erneut BGH, Urteil v. 11.11.1970, Az. VIII ZR 242/68, in: NJW 1971, 799 und Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 817 ZPO Rz. 8. 857 Vgl. für Ontario Section 60.18 (2) der Rules of Civil Procedure (R. R. O. 1990, Regulation 194): „A creditor may examine the debtor in relation to (a) the reason for nonpayment [...]; (b) the debtor’s income and property; (c) the debts owed to and by the debtor; (d) the disposal the debtor has made of any property either before or after the making of the order [etc.]”. Zu den Einzelheiten s. Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 221 ff. 858 Zum Zweck des Verfahrens s. Fidelity Electronics of Canada Ltd. v. Flomo Canada Inc. (1993), 24 C. B. R. (3d) 253 („[…] provide information to a creditor on the basis of which execution may be levied upon a judgment […]“). Für Einzelheiten des Verfahrens s. Upenieks/van Kessel, Enforcing Judgments and Orders, S. 44 ff. 859 Für eine ausführliche Aufzählung vgl. Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 8 ff. und Olivio, Debtor-Creditor Law and Procedure, S. 18 ff.
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grundlegend reformiert.860 Der hier untersuchte Konflikt stand in den Novellierungsdebatten stets im Fokus der Beratungen um ein neues Vollstreckungsrecht – vor allem in der Vorreiterprovinz Saskatchewan.861 Zur besseren Illustration des Entwicklungsprozesses empfiehlt sich als Grundsteinlegung eine Einführung in das klassische Vollstreckungsverfahren. Darauf aufbauend können die Regulierungsstadien des Gläubigerkonflikts im Personal Property Law und im Judgment Enforcement Law – vom traditionellen Modell Ontarios bis hin zum modernen Ansatz in Saskatchewan – nachvollzogen werden. aa) Einführung in das Vollstreckungsverfahren Zunächst ist festzuhalten, dass die historische Anbindung des kanadischen an das englische Recht auch im Bereich des Judgment Enforcement Law gilt.862 Dem alten Vollstreckungsrecht zufolge musste der Gläubiger den sogenannten binding effect hervorrufen, um sich einen Verwertungsvorrang am Schuldnervermögen zu sichern. Der binding effect ermächtigte das Vollstreckungsorgan – den sheriff –, sämtliche im Schuldnervermögen befindlichen Gegenstände zu pfänden und zu verwerten.863 Einmal vom bezeichneten Effekt erfasst, konnte der Gegenstand zunächst auch bei Dritten, die ihn nach Eintritt des binding effect erworben hatten, gepfändet werden. Ausgelöst wurde dieses weitreichende Verwertungsrecht ursprünglich bereits durch den bloßen Erlass des writ of execution, also eines gerichtlichen Vollstreckungsbefehls.864 Schließlich aber bestimmte das Statute of Frauds 1677, dass der binding effect erst mit Übermittlung des writ of execution an den sheriff eintreten sollte.865 Neben dieser zeitlichen Einschränkung erfuhr der Verwertungsvorrang des Vollstreckungsgläubigers auch in personeller Hinsicht eine Reduktion. Denn ab 1856 860
Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 9 spricht von einem „patchwork of English and Canadian legislation and judge-made rules which do not fit together into a comprehensible or workable pattern“. Zustimmend Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71. 861 Vgl. etwa Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255 ff. und dens., 30 B. F. L. R. (2015), 457, 468 ff. sowie Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425 ff. Zur Reformdebatte in Saskatchewan ferner Buckwold/Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 38 ff. 862 Vgl. hierzu La Forest, 12 U. N. B. L. J. (1959), 39, 40 ff. Zum Vollstreckungsverfahren im englischen Recht s. Bunge, Zivilprozess, S. 199 ff. und S. 234 ff. 863 S. dazu die Grundsatzentscheidungen Ross v. Dunn (1889), 16 O. A. R. 552 und Young v. Shortt (1885), 3 Man. R. 302. 864 Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 508; La Forest, 12 U. N. B. L. J. (1959), 39, 40 f. 865 So Section 16 Statute of Frauds („[…] noe Writ of Fieri facias, or other Writ of execution, shall bind the Property of the Goods of the Party against whom such Writ of execution is sued forth, but from the time that such Writ shall be delivered to the Sheriff“). Zur gerichtlichen Anwendung in Kanada s. etwa Doe d. Nesmith v. Williston (1844), 4 N. B. R. 459. „Writ of fieri facias“ ist dabei die ursprüngliche Bezeichnung des writ of execution.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
privilegierte der Mercantile Law Amendment Act den bona fide purchaser for value:866 „Equity’s Darling“867 sollte angesichts seiner Gutgläubigkeit und der erbrachten Gegenleistung (consideration) nicht zu dem Personenkreis gehören, von dem der sheriff den erworbenen Gegenstand pfänden konnte. Was musste ein ungesicherter Gläubiger fortan also tun, um gegenüber anderen Dritten den binding effect hervorzurufen? Die Antwort hierauf enthält das noch heute in Ontario geltende Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht.868 Demgemäß muss der ungesicherte Gläubiger zunächst ein obsiegendes Urteil (judgment) erstreiten, in dem ein Gericht die Zahlungspflicht des Schuldners feststellt. Dieses judgment gilt es dann in die Form einer monetary order zu überführen.869 Eine solche order kann schließlich durch einen writ of seizure and sale vollstreckt werden.870 Während die monetary order also die formale Grundlage der Vollstreckung darstellt, fungiert der writ of execution als eigentliche Vollstreckungsanweisung. Letzteres Dokument wird von dem entscheidenden Gericht ausgestellt und ist dem (weiterhin archaisch „sheriff“ genannten) Vollstreckungsorgan zuzustellen.871 Seit den späten 1950er-Jahren setzt der Eintritt des binding effect in den kanadischen Provinzen schließlich noch die Registrierung des writ of execution in der Datenbank des sheriff voraus.872 Mit den unterschiedlichen Stadien des Vollstreckungsverfahrens 866
Section 1 Mercantile Law Amendment Act 1856 (19 & 20 Vict. Chapter 97): „No Writ of Fieri facias or other Writ of Execution [...] against the Goods of a Debtor, shall prejudice the Title to such Goods acquired by any Person bona fide and for a valuable Consideration before the actual Seizure [...] by virtue of such Writ“. 867 So die Bezeichnung, die Literatur (Worthington, Equity, S. 95 ff.) und Rechtsprechung (Bank of Montreal v. Southcombe (2012), 215 A. C. W. S. (3d) 850) dem bona fide purchaser for value gelegentlich angedeihen lassen. 868 Dieses ergibt sich vor allem aus den Rules of Civil Procedure, dem Executions Act (R. S. O. 1990, Chapter E.29) und dem Creditors’ Relief Act (S. O. 2010, Chapter 16). Auf diese Regelwerke Ontarios beziehen sich die folgenden Ausführungen. 869 Vgl. Rule 59 der Rules of Civil Procedure. Die order hat demgemäß der Formularvorlage Form 59A zu entsprechen (Rule 59.03 (3) Rules of Civil Procedure), ist vom gerichtlichen Registerbeamten zu unterzeichnen (Rule 59.04 (8) Rules of Civil Procedure) und im gerichtlichen Register zu hinterlegen (Rule 59.05 (1) Rules of Civil Procedure). Ausführlich zu diesem Verfahren Upenieks/van Kessel, Enforcing Judgments and Orders, S. 3 ff. 870 S. Rule 60.02 (1) Rules of Civil Procedure: „[A]n order for the payment [...] of money may be enforced by [...] a writ of seizure and sale“. Der „writ of seizure and sale“ ist dabei nur eine Untergruppe des writ of execution, vgl. Section 1 des Executions Act. 871 Vgl. Rule 60.07 (1), (5.1) der Rules of Civil Procedure zur Ausstellung des writ und seiner Übermittlung an den sheriff. Zum Verfahren im Einzelnen Perell/Morden, The Law of Civil Procedure in Ontario, S. 988 ff. 872 Section 10 (1) des Executions Act: „A writ of execution binds the personal property against which it is issued from the time it is filed with the sheriff and entered into the electronic database maintained by the sheriff as the index of writs of execution“. Die erste Provinz, die 1958 das filing of writs einführte, war Saskatchewan, s. dazu Buckwold/Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 40.
IV. Begründung des Vorrangs
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korrespondiert eine terminologische Unterscheidung: Nach Erstreiten des obsiegenden Urteils ist von einem judgment creditor, nach Erlass des writ of execution von einem execution creditor die Rede.873 Zur Einleitung der eigentlichen Pfändung und Verwertung ist dann eine vom Gläubiger an das Vollstreckungsorgan gerichtete direction to enforce notwendig.874 Nach Zahlung der für das enforcement anfallenden Gebühren ist der sheriff dazu angehalten, zur Pfändung (seizure) zu schreiten, indem er die Vermögensgegenstände des Schuldners in Besitz nimmt oder sie entsprechend kennzeichnet (tagging).875 Zehn Tage vor der Verwertung muss der sheriff sowohl dem Gläubiger als auch dem Schuldner Zeit und Ort der öffentlichen Versteigerung mitteilen, die auch in einer lokalen Zeitung anzukündigen ist.876 An dieser Stelle soll eine rechtliche Analyse des binding effect nicht weiter dahinstehen. Schon früh hat sich die Judikative darauf verständigt, dass der binding effect weder den legal title des Schuldners berührt, noch dem Gläubiger ein property right oder interest verleiht.877 Die eigentliche Pfändung stattet allein den sheriff (!) mit einem „special property“ aus, welches ihn berechtigt, die Sache in Besitz zu nehmen und den schuldnerischen title daran im Verwertungsverfahren an einen Erwerber zu übertragen.878 Der execution creditor erwirbt durch den binding effect demzufolge bloß einen Befriedigungsvorrang für den Fall des Verkaufs der gepfändeten Gegenstände. Ein Wort noch zu diesen vom binding effect erfassten Gegenständen: Während eine Exegese von Section 10 des Executions Act in Ontario nahelegt, dass das gesamte bewegliche Vermögen des Schuldners vom binding effect 873 Section 1 Executions Act: „“[E]xecution creditor” includes a person in whose name or on whose behalf a writ of execution is issued; […] “judgment creditor” means a person, whether plaintiff or defendant, who has recovered judgment against another person“. 874 Dies ergibt sich aus Rule 60.07 (13) der Rules of Civil Procedure: „Where an order may be enforced by a writ of seizure and sale, a creditor who has filed a writ of seizure and sale with a sheriff may file with the sheriff a copy of the order as entered, together with a direction to enforce (Form 60F)“. 875 Zu diesem Verlauf Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 36 ff. und Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 431 f. 876 Vgl. Rule 60.07 (16) der Rules of Civil Procedure: „[A]ny personal property seized under a writ of seizure and sale is not to be sold by the sheriff unless notice of time and place of the sale has been given and has been [...] mailed to the creditor [...] and to the debtor [...] at least ten days before the sale [...] and [...] was published in a newspaper of general circulation in the place where the property was seized“. Zum Versteigerungsverfahren s. Upenieks/van Kessel, Enforcing Judgments and Orders, S. 17 f. 877 S. schon die House-of-Lords-Entscheidungen Giles v. Grover (1832), 131 E. R. 563 und Lucas v. Nockells (1833), 131 E. R. 863 („[N]either before nor since is the property of the goods altered, but continues in the Defendant till execution executed“). Für die kanadische Judikatur erneut prägend Ross v. Dunn (1889), 16 O. A. R. 552 („[T]he property in the goods bound by or seized under an execution remained in the debtor until sale by the sheriff. The creditor acquired no property therein by virtue of his execution“). 878 Beatty v. Rumble (1891), 21 O. R. 184; R. v. Vroom, [1975] 4 W. W. R. 113.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
umschlossen ist, verbietet Section 2 des Executions Act die zwangsweise Pfändung und Verwertung besonders sensibler Güter.879 Abgesehen davon umfasst der binding effect aber auch weiterhin gegenwärtige und künftig erworbene Vermögensgegenstände des Schuldners.880 Bei einem Konflikt zwischen gesichertem Gläubiger und Vollstreckungsgläubiger konkurrierten vor Inkrafttreten des OPPSA somit das Sicherungsrecht (etwa in Form einer chattel mortgage) und der Erlösvorrang infolge des binding effect miteinander. Dem Recht oblag damit nicht die Koordination zweier Verwertungsrechte im engeren Sinne, sondern die Priorisierung eines Vollstreckungsvorrechts des sheriff gegenüber einem security interest. Begleitet wurde die ohnehin umständliche Klärung des Vorrangs von komplizierten Common-law-Regeln zu konfligierenden interests.881 Nicht zuletzt deshalb verwundert es kaum, dass die in einigen Provinzen bis heute nicht revidierten Normen zu diesem Konflikt mehr Verwirrung als Klarheit stiften.882 bb) Der traditionelle Ansatz Ontarios Eine Gelegenheit zur Auflösung dieser konfusen Lage bot sich beim Erlass des OPPSA in den 1960er-Jahren. Tatsächlich entschloss sich das Catzman Committee, dem virulenten Widerstreit von secured creditor und execution creditor eine eigene Bestimmung zu widmen. Dies ist insofern beachtlich, als der Anwendungsbereich der PPSAs grundsätzlich interests ausklammert, welche nonkonsensual entstehen.883 Um ein eben solches handelt es sich allerdings – auch ausweislich des Wortlauts von Section 22 (1) (a) OPPSA (1967) – bei der Position des execution creditor: „[A]n unperfected security interest is subordinate to […] the interest of a person, who […] without knowledge of the security interest and before it is perfected, assumes control of the collateral through legal process“. Die Neuregelung stellte fortan also expressis verbis zwei interests gegenüber, setzte dabei eine eigene, vom binding effect emanzipierte rechtliche Basis für den Vorrang des ungesicherten Gläubigers voraus und zielte in dieser Form 879
Auszüge aus dem Wortlaut von Section 10 Executions Act: „A writ of execution [...] binds the personal property against which it is issued“ und Section 2 Executions Act: „The following personal property of a debtor that is not a corporation is [...] exempt from forced seizure or sale [...]: 1. Necessary clothing of the debtor [...] 2. Household furnishings [...] 3. Tools [...] that are used by the debtor to earn income [etc.]“. 880 S. dazu auch die sogleich aufgeführten Normtexte der Judgment Enforcement Statutes in Alberta und New Brunswick, 2. Kapitel, IV. 2. a) cc) (1), (2). 881 Vgl. Worthington, Equity, S. 92 ff. und Ziegel, 44 Can. B. Rev. (1966), 104, 121 f. 882 S. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 496 f. zu den kaum erklärbaren Bestimmungen in Section 5 (1) des Executions Act in Manitoba (C. C. S. M. Chapter E160) sowie in Section 10 (3) des Executions Act in Ontario. 883 Dazu Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 113 und Walsh, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 49, 85 f.
IV. Begründung des Vorrangs
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darauf ab, den Konflikt innerhalb des Kreditsicherungsrechts zu lösen. Kurzum: Section 22 OPPSA (1967) sollte die bestehenden Rechtspositionen auf verlässliche Weise rangmäßig ordnen.884 Als Erfolg konnte die Urfassung – allen Ambitionen des Catzman Committee zum Trotz – dennoch nicht verbucht werden. Zu schnell nämlich erwies sich der Wortlaut als problemträchtig. Insbesondere das Tatbestandsmerkmal „assumes control of the collateral through legal process“ sorgte für Konfusion, da im Vollstreckungsverfahren (wie gesehen) allein der sheriff eine Kontrollbefugnis in Bezug auf das personal property des Schuldners erlangt(e), nicht hingegen der vollstreckende Gläubiger.885 Darüber hinaus bewirkte die Maßgabe, dass der execution creditor nur bei Unkenntnis vom unperfected security interest („without knowledge“) den Vorrang erwarb, eine beschwerliche Affidavit-Praxis und entbehrte nach Ansicht mancher Kommentatoren gar jeglicher inhaltlichen Rechtfertigung.886 Im Zuge einer Novelle des OPPSA wurde die disputable Vorschrift daher abgeändert. Die revidierte Fassung von Section 20 (1) OPPSA, die auf den Normtext des PPSA Saskatchewans von 1979/1980 zurückgeht und bis heute unter anderem887 in Ontario gilt, lautet: „[U]ntil perfected, a security interest [...] in collateral is subordinate to the interest of [...] a person who causes the collateral to be seized through execution [...] or other legal process“. Beide zuvor problematischen Passagen mussten also der Voraussetzung „causes the collateral to be seized“ weichen. Doch auch diese Formulierung verleitet die Gerichte bis heute zu divergierender Interpretation. Denn wenngleich die Neufassung weiterhin auf die Binding-effect-Diktion des Judgment Enforcement Law verzichtet, ist es an der Judikative, zu bestimmen, welche 884 S. zu diesem Normverständnis in der Rechtsprechung International Harvester Credit Corp. of Canada v. Bell’s Dairy Ltd. (Trustee of), [1986] 6 W. W. R. 161 (para. 19: „[Section] 20 of the Personal Property Security Act is aimed at ranking and not conferring interests“) und Maliteare v. Royal Bank (1994), 7 P. P. S. A. C. (2d) 209. 885 Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 469 f.; Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 430 ff. Zur alten Fassung Bennett, Bennett on PPSA (Ontario), S. 48 f. 886 Die Affidavit-Praxis folgte auf das Urteil Re Bellini Manufacturing & Importing Ltd. (1981), 1 P. P. S. A. C. (2d) 48, wo das Court of Appeal (Ontario) es dem Vollstreckungsgläubiger auferlegte, seine Unwissenheit vom security interest zu beweisen. Die Bezeichnung „Bellini-Affidavit“ wurde so zum geflügelten Wort. S. dazu auch McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.04 [1] [b] und Cuming, aaO. 887 Weitgehend identische Fassungen enthalten Section 20 (a) (i) des PPSA in British Columbia (R. S. B. C. 1996, Chapter 359), Section 20 (a) (i) des PPSA in Manitoba (C. C. S. M., Chapter P35) und Section 19 (1) (b) des PPSA in Yukon. Zwar verhält es sich mit Section 20 (1) (a) (i) des PPSA in den Northwestern Territories und Nunavut (S. N. W. T. 1994, Chapter 8) ähnlich; jedoch führt die partielle Novellierung des Judgment Enforcement Law in diesen Gebieten dazu, dass die Rechtslage dort eher als ein Hybrid aus traditionellem und modernem Ansatz einzuordnen ist, s. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 497, 500.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Schritte ein judgment creditor getan haben muss, um den Tatbestand „causes the collateral to be seized“ zu verwirklichen. Das Spektrum der in Vorschlag gebrachten Zeitpunkte, ab denen das Tatbestandsmerkmal erfüllt sein soll, ist denkbar breit. Bereits die Initiierung des Vollstreckungsverfahrens durch Übermittlung des writ of execution an den sheriff reicht für einige Stimmen hin, einen Vorrang des Vollstreckungsgläubigers nach Maßgabe von Section 20 (1) (a) (ii) OPPSA zu bejahen.888 Diese Auffassung bewirkt einen Gleichlauf von Section 20 OPPSA mit dem klassischen Modell des binding effect, ist jedoch schwerlich mit dem Wortlaut „causes the collateral to be seized“ vereinbar. Anderer Meinung zufolge ist denn auch erst mit der eigentlichen Pfändung eines Gegenstandes davon auszugehen, dass die besagte Voraussetzung erfüllt ist.889 Eine solche Lesart steht mit der sprachlichen Fassung von Section 20 (1) (a) (ii) OPPSA in Einklang und ermöglicht das ranking der konkurrierenden interests auf der eigenständigen Grundlage des Personal Property Security Law. Sie erscheint daher vorzugswürdig. Dessen ungeachtet zieht eine dritte Ansicht Parallelen zum Bankruptcy Law und verlangt, dass der Verwertungserlös bereits an den execution creditor ausgezahlt sein muss, damit letzterem der Vorrang zuzusprechen ist.890 Tatsächlich bestimmt Section 70 (1) Bankruptcy and Insolvency Act,891 dass Vollstreckungsgläubiger mit allen anderen ungesicherten Gläubigern gleichgestellt sind, soweit nicht das Verwertungsverfahren vollständig abgeschlossen ist. Argumentativ überzeugt der Schluss von dieser Bestimmung auf das Vorrangverhältnis von execution creditor und secured creditor in spe (außerhalb der Insolvenz!) indes nicht. Erstens lädt der Wortlaut „executions […] completely executed by payment to the creditor“ gegenüber „causes the collateral to be seized“ eher zum Umkehrschluss als zur Analogie ein. Zweitens berücksichtigt die skizzierte Auffassung die besonderen insolvenzrechtlichen Implikationen 888
So etwa noch das Court of Queen’s Bench in Saskatchewan, vgl. Erjo Investments Ltd. v. Michener Allen Auctioneering Ltd. (2003), 5 P. P. S. A. C. (3d) 179 (aufgehoben durch das Court of Appeal, s. sogleich). Wohl auch Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 163 mit Verweis auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der PPSAs und Canada Mortgage and Housing Corp. v. Apostolou (1995), 9 P. P. S. A. C. (2d) 89. 889 Vgl. das Urteil des Court of Appeal Saskatchewans in Erjo Investments Ltd. v. Michener Allen Auctioneering Ltd. (2004), 6 P. P. S. A. C. (3d) 220 zur Rechtslage vor der Modernisierung des Judgment Enforcement Law in Saskatchewan, die etwa der jetzigen Position Ontarios entsprach. In diese Richtung auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 497 f., Duggan, 24 B. F. L. R. (2008), 103, 115 und Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 520 sowie McLaren, The OPPSA, S. 202. 890 Vertreten bspw. in T. I. Group Inc. v. Wolf Advertising Ltd. (2005), 8 P. P. S. A. C. (3d) 176 und von Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 450 f. 891 Section 70 (1) Bankruptcy and Insolvency Act: „Every bankruptcy order [...] takes precedence over [...] executions [...], except those that have been completely executed by payment to the creditor [...]“.
IV. Begründung des Vorrangs
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der Vorschrift nicht hinreichend.892 Denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht ein stay of proceedings einher, wodurch ungesicherten Gläubigern die weitere Durchführung eines eingeleiteten Vollstreckungsverfahrens versagt wird893 und das insolvenzrechtliche Pari-passu-Prinzip in Kraft tritt.894 Dass die Anforderungen an den Erwerb der priority in diesem Fall höher sind als in der hier interessierenden Einzelvollstreckung, ist einleuchtend. Für den Vorrang aus Section 20 OPPSA genügt es also, dass der Vollstreckungsgläubiger einen Gegenstand pfänden lässt. Worin liegt nach alldem die gedankliche Rechtfertigung des Vorrangs eines execution creditor, der die Voraussetzung „causes the collateral to be seized“ erfüllt? Einmal ist es der Gedanke, dass ein effektives Vollstreckungsrecht den execution creditor schützen muss.895 Wer sich also dem Judgment Enforcement Law unterwirft, der soll einen sicheren Vorrangstatus erwerben. Daneben sind es aber auch die zeit- und kostenintensiven Anstrengungen des Vollstreckungsgläubigers, die immer wieder als Legitimationsgrundlage dafür angebracht werden, ein unperfected security interest dem Realisierungsinteresse des execution creditor zu subordinieren.896 Nach dem Erstreiten eines Urteils, der Beantragung der nötigen Formulare, ihrer Übermittlung an den sheriff und der Pfändung des Gegenstandes ist ihm daher der Verwertungsvorrang zuzugestehen. Die anderslautenden Auffassungen zum Moment des Prioritätserwerbs speisen sich mehr aus rechtspolitischen Anliegen und einer Unzufriedenheit mit der geltenden (unklaren) Rechtslage als aus einer ergebnisoffenen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „causes the collateral to be seized“. 892 Hieran ändert auch das „pro rata sharing“ der Creditors’ Relief Legislation nichts, da dieses die Verteilung von Erlösen unter ausschließlich ungesicherten Gläubigern betrifft, s. dazu Buckwold, 52 Can. Bus. L. J. (2012), 333, 335 f. und ausführlich Robinson, 66 Sask. L. Rev. (2003), 309 ff. 893 Vgl. Section 69 (3) Bankruptcy and Insolvency Act: „[O]n the bankruptcy of any debtor, no creditor [...] shall commence or continue any [...] execution [...] for the recovery of a claim provable in bankruptcy“. Zu diesem Verfahren im Einzelnen Houlden/Morawetz/Sarra, The Bankruptcy and Insolvency Act, F §§ 114 ff. und Wood, Bankruptcy and Insolvency Law, S. 362 ff. 894 Zur ratio legis des stay of proceedings s. R. v. Fitzgibbon (1990), 78 C. B. R. (N. S.) 193: „The aim of the section is to provide a means of maintaining control over the distribution of the assets and property of the bankrupt. In doing so, it reflects one of the primary purposes of the Bankruptcy Act, namely, to provide for the orderly and fair distribution of the bankrupt’s property among his or her creditors on a pari passu basis.“ Vgl. hierzu auch Duggan et al., Canadian Bankruptcy and Insolvency Law, S. 338 ff. 895 S. nur Alberta Law Reform Institute, Enforcement of Money Judgments, S. 3 f. zur Notwendigkeit eines effektiven Vollstreckungsrechts und zur Rolle, die der binding effect hierbei spielt. 896 Vgl. Goode, 8 Can. Bus. L. J. (1983), 53, 73; McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.04 [2] [b]. Ähnlich Canada Mortgage and Housing Corp. v. Apostolou (1995), 9 P. P. S. A. C. (2d) 89, wo vor allem der Aspekt der Kontrollerlangung durch die Vollstreckungsmaßnahme hervorgehoben wird.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
cc) Neuere Ansätze Die soeben angedeutete Unzufriedenheit mit dem klassischen Vollstreckungssystem hat in einigen Provinzen zur Neuregelung des hier interessierenden Konflikts geführt. Ersetzt haben die Gesetzgeber dabei stets das neuralgische Merkmal „causes the collateral to be seized“. Sie führten an seiner statt Zeitpunkte ein, die erstens objektiv klar bestimmbar und zweitens rechtspolitisch angemessen erschienen. Denn manch ein Vordenker des Reformprozesses empfand die Last des judgment creditor, nach dem Erstreiten des Urteils noch das Vollstreckungsverfahren durchlaufen zu müssen, um sich einen Verwertungsvorrang zu sichern, als unverhältnismäßig hoch.897 Die nachfolgend skizzierten Ansätze sollen daher die prozedurale Waffengleichheit fördern, indem sie dem judgment creditor die Vorrangsicherung durch Registrierung eines Dokuments ermöglichen. Eine solche Ausgestaltung liegt nicht nur gedanklich sehr nah an der perfection by registration eines security interest, sondern auch operativ, denn alle modernen Ansätze sehen vor, dass der judgment creditor das jeweilige Dokument im Personal Property Registry publiziert. Da sich diese Registermodelle in den vergangenen Jahren teilweise bereits weiterentwickelt haben, sind paradigmatisch drei Ausgestaltungen und Entwicklungsstufen zu unterscheiden. (1) Alberta: Eintragung des writ in das Personal Property Registry Repräsentativ für ein erstes Modell reformierter Judgment Enforcement Legislation ist der Ansatz im Civil Enforcement Act der Provinz Alberta (ACEA).898 Dieses Regelwerk initiierte in seiner Entstehungsphase zwischen 1994 und 1996 den Reformprozess und gewann schnell an Gefolgschaft.899 Der ACEA stellt zunächst das Erfordernis auf, dass ein judgment creditor den writ of enforcement im Personal Property Registry eintragen lässt, bevor er weitere Vollstreckungsmaßnahmen ergreift.900 Für das Verfahren der Registrierung und die Fehlerfolgen gilt im Wesentlichen das zu den PPSAs
897 So Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 471 f., der zudem darauf hinweist, dass der Verlauf des Vollstreckungsverfahrens mit Vorlage der nötigen Dokumente beim sheriff die Einflusssphäre des execution creditor verlässt. Vgl. dazu auch Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 450 f., der das Argument jedoch niedriger gewichtet. 898 R. S. A. 2000, Chapter C-15. 899 Zum Reformprozess in Alberta s. Wood, 25 Can. Bus. L. J. (1995), 110 ff. und speziell zu creditors’ remedies in diesem Kontext dens., 34 Alta. L. Rev. (1996), 783, 788 ff. Zum Parallelsystem in Newfoundland vgl. Williamson/Curran, 48 U. N. B. L. J. (1999), 351 ff. 900 Section 26 (a) ACEA: „A judgment creditor may not initiate any writ proceedings in respect of a money judgment [...] against any personal property unless a writ issued in respect of that judgment is registered in the Personal Property Registry [...]“.
IV. Begründung des Vorrangs
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Gesagte.901 Rechtsfolge einer Registrierung des writ of enforcement ist nicht nur die Zulässigkeit der Vollstreckung, sondern auch der Eintritt des binding effect vom Zeitpunkt des filing an.902 Hieraus resultiert die Subordination all jener interests, die erworben werden, nachdem das schuldnerische Vermögen vom binding effect erfasst worden ist.903 Für security interests enthält Section 35 ACEA eine spezielle Vorrangregel, die folgendermaßen lautet: Unabhängig vom Zeitpunkt des attachment ist ein security interest, das an dem vom binding effect bereits umfassten Schuldnervermögen bestellt wird, gegenüber dem writ nachrangig.904 Umgekehrt verhält es sich, wenn die perfection oder905 die registration des security interest im Eintragungszeitpunkt des writ gegeben ist: Dann hat das security interest Vorrang.906 Über den Vorrang entscheidet damit letztlich der Zeitpunkt, in dem das filing von writ oder security interest stattfindet. Das Personal Property Registry wird zu diesem Zwecke von secured creditor und judgment creditor gleichermaßen dienstbar gemacht.907 Beide müssen eine übereinstimmende Handlung vornehmen, um den Vorrang zu erlangen, nämlich eine notice im Register eintragen. Das filing verschafft dem judgment creditor infolgedessen den Status eines secured creditor, der ein security interest publiziert hat.908
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S. o. 2. Kapitel, III. 2. b) bb). Ausdrücklich zur Erneuerung eines Eintrags Section 28 (b) ACEA („[...] in accordance with the Personal Property Security Act […]“). Partielle Abweichungen in den priority rules (etwa bei serial numbered goods) erläutert und kritisiert Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 103. 902 Section 33 (2) (a) ACEA: „A writ, [...] in the case of personal property, on being registered in the Personal Property Registry binds all of the enforcement debtor’s exigible personal property“. Dazu gehört auch after-acquired property des enforcement debtor, vgl. Section 33 (3) ACEA. 903 Section 34 (1) ACEA: „[A]n interest acquired in property after the property is bound by a writ is subordinate to the writ […]“. 904 Section 35 (1) ACEA („[A] security interest in personal property is subordinate to a writ that binds the property regardless of whether the security interest attached before or after the personal property became bound [...]“). 905 Es sei daran erinnert, dass „perfection“ und „registration“ nicht gleichbedeutend sind; die perfection setzt neben dem perfecting step das attachment voraus, s. dazu oben 2. Kapitel, III. 2. b) bb). 906 Section 35 (2) ACEA („[A] security interest in personal property has priority over a writ that binds the property if at the time the writ is registered [...] the security interest is perfected or registered [...]“). Aus dieser Norm ergibt sich also, dass schon die Registrierung des security interest genügt, um dem secured creditor den Vorrang zu sichern, s. dazu Dunlop/Buckwold, Debt Recovery in Alberta, S. 327 ff. 907 Zu weiteren im Personal Property Registry eintragungsfähigen interests s. Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 250. 908 Cuming/Walsh/Wood, 50 Can. Bus. L. J. (2011), 156, 168 und Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 426 präzisieren diese Aussage richtigerweise dahingehend, dass es sich um den Status eines non-purchase-money security interest handelt.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
(2) New Brunswick: Eintragung einer notice of judgment in das Personal Property Registry In den Atlantic Provinces entstand bald darauf eine zweite Generation weiterentwickelter Judgment Enforcement Acts. Deren Inhalt lässt sich besonders anschaulich anhand des Zusammenspiels von Creditors’ Relief Act (NBCRA)909, Enforcement of Money Judgments Act (NBEMJA)910 und NBPPSA in New Brunswick exemplifizieren.911 Anders als in Alberta wird dort nämlich nicht der writ, sondern eine notice of judgment registriert.912 Ein solcher Registereintrag bewirkt – wie im ACEAModell – den Eintritt des binding effect.913 Die derzeit geltende Regelung löst den Konflikt zwischen security interest und notice of judgment dann durch parallele Anwendung der Vorrangregeln aus dem NBCRA914 und dem NBPPSA915: Registriert der judgment creditor das judgment vor Eintritt der perfection des security interest, so erwirbt er den Vorrang; ist die perfection des security interest im Zeitpunkt des judgment filing bereits erfolgt, dann nimmt der Sicherungsnehmer die prioritäre Stellung ein. Die Quintessenz dieses Modells liegt im Verzicht auf das antiquierte WritKonzept. Dabei handelt es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung vom ACEA. Denn erstens bekundet diese Änderung eine wichtige Bereitschaft zur Abkehr von alten Rechtsinstituten, die kaum mit modernen
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R. S. N. B. 1973, Chapter C-33. S. N. B. 2013, Chapter 23. Da das Judgment Enforcement Law New Brunswicks im Umbruch ist und der NBEMJA die Regelungen des NBCRA wohl bald ablösen wird, werden im Folgenden zwar die Regeln des NBCRA angewendet, die Parallelvorschriften des NBEMJA aber ebenfalls zitiert und – wo nötig – Unterschiede aufgezeigt. 911 Zum Reformprozess in New Brunswick s. Gleixner/LeBlanc/Morisset, 63 U. N. B. L. J. (2012), 280 ff. Zur dortigen Rechtslage vor der Reform, die das notice of judgment einführte, Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 518–520. 912 Section 2.2 (1) NBCRA: „A judgment creditor who has obtained a money judgment may register a notice of judgment in the Registry in accordance with the regulations under the Personal Property Security Act“. Ähnlich Section 21 (1) NBEMJA. 913 Section 2.3 (2) NBCRA: „Registration of a notice binds all of the judgment debtor’s non-exempt exigible personal property on registration and all non-exempt personal property acquired by the judgment debtor after registration from the time of its acquisition“. Konziser, aber inhaltlich identisch Section 28 (1) NBEMJA („[…] all of the present and after-acquired personal property […]“). 914 Section 2.3 (5) NBCRA: „[A]n interest acquired in personal property that is bound by a registration of a notice of judgment is subordinate to the interest of [...] the judgment creditor [...]“. 915 Section 20 (1) (a) NBPPSA: „An unperfected security interest in collateral is subordinate to the interest of [...] a judgment creditor who has registered a notice of judgment in the Registry [...] if the security interest is unperfected when the notice is registered […]“. 910
IV. Begründung des Vorrangs
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Reformprojekten vereinbar sind.916 Zweitens bedeutet der Verzicht auf den writ einen früheren und vom Vollstreckungsapparat losgelösten Eintritt des binding effect. Nach klassischem Verständnis entfaltete sich dieser Effekt erst mit Einleitung des Vollstreckungsverfahrens durch Zustellung des writ.917 Publiziert wird nunmehr also die notice of judgment, vollstreckt wird das judgment, welches als Rechtsgrundlage für die Verwertungsmaßnahmen des sheriff dient.918 Für den Fall, dass der neue NBEMJA919 in Kraft tritt, sei hier noch nachgetragen, dass dieser eine eigene priority rule zur Regelung des Konflikts zwischen secured creditor und judgment creditor enthält.920 An der Vorrangfolge würde sich im Zusammenspiel mit dem NBPPSA allerdings nichts ändern. (3) Saskatchewan: Begründung einer enforcement charge Den bis dato gravierendsten Wandel im Vollstreckungsrecht hat die Provinz Saskatchewan mit dem Erlass des Enforcement of Money Judgments Act (SEMJA)921 durchlaufen. Zunächst erinnert das Modell an die Lösung in den Atlantic Provinces, denn in Saskatchewan ist es ein judgment, das im Personal Property Registry eingetragen wird.922 Allerdings wird dies mit einer gänzlich anderen Rechtsfolge verbunden als üblich: Der SEMJA entsagt zur Gänze dem überkommenen Institut des binding effect und verleiht dem judgment creditor stattdessen eine enforcement charge.923 Diese kraft Gesetzes entstehende Rechtsposition 916 Zu dieser Haltung Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 480 und Wood, 34 Alta. L. Rev. (1996), 783, 784, der eine entsprechende Bereitschaft auch in Alberta postuliert. 917 Dazu ausführlich oben, 2. Kapitel, IV. 2. a) aa). Vgl. auch Williamson/Curran, 48 U. N. B. L. J. (1999), 351, 358 zum Judgment Enforcement Act in Newfoundland (S. N. L., Chapter J-1.1, nachfolgend NFJEA), der an sich dem ACEA entspricht, bezüglich der Registrierung einer notice of judgment allerdings dem Ansatz in New Brunswick folgt. 918 Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 74. Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 624 erblicken darin keinen Gewinn für den judgment creditor, da es selbigen schwer benachteilige, dass die crystallization für den Vorrangerwerb eines secured creditor in den PPSAs nicht mehr von Belang ist (s. dazu oben 2. Kapitel, I. 2. b), II. 2. a)). 919 Der Royal Assent wurde dem NBEMJA bereits 2013 erteilt. 920 Section 29 NBEMJA: „[A]n interest acquired in personal property that is bound by a registered judgment is subordinate to the registered judgment. [T]he personal property of a judgment debtor is bound by a registered judgment even though the security interest [...] attached before the judgment was registered“. 921 S. S. 2010, Chapter E-9.22. 922 Section 21 (1) SEMJA: „A judgment creditor may register a judgment in the registry in the prescribed manner“. Auffällig ist die sprachliche Abweichung von NBCRA respektive NBEMJA, die die Registrierung einer notice of judgment vorsehen. 923 Section 22 (1) SEMJA: „Registration creates an enforcement charge securing the amount recoverable in connection with the judgment on the following: (a) all exigible property existing at the date of registration; (b) all exigible property acquired by the judgment debtor after the registration […]“.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
sichert dem judgment creditor den Vorrang gegenüber allen security interests, die nach Eintragung der charge entstehen.924 Operativ gelingt dieser Schritt durch Integration der enforcement charge in die priority rules des PPSA Saskatchewans. Die charge wird dem security interest insofern also gleichgesetzt.925 Sie rangiert damit – eben wie ein perfected security interest – in den Vorrangregeln von Section 35 (1) SPPSA. Danach gilt im Grundsatz, dass zwischen zwei perfected security interests demjenigen die priority zukommt, dessen financing statement zuerst registriert wurde.926 Für den Vorrang zwischen perfected security interest und enforcement charge ist mithin der Eintragungszeitpunkt maßgeblich. Ein publiziertes judgment hat zudem Vorrang vor unperfected security interests.927 All dies mag recht umständlich anmuten, wenn man bedenkt, dass es auf das gleiche Ergebnis hinausläuft wie die Lösung in Alberta. Schließlich entscheidet hier wie dort der Zeitpunkt des filing von writ, judgment und security interest über die Rangfolge. Jedoch ist es die dogmatisch fundierte Grundlage, die das Modell Saskatchewans den anderen Provinzen voraushat: Mit enforcement charge und security interest konkurrieren zwei gleichartige Rechtspositionen.928 Hierauf wird im Vergleich und in der Bewertung zurückzukommen sein.929 Dieses bislang letzte Evolutionsstadium zur Regelung des Konflikts zwischen judgment creditor und secured creditor entspricht dem Reformentwurf der Uniform Law Conference Canada zum Judgment Enforcement Law.930
924 S. grundlegend zur enforcement charge im Recht Saskatchewans Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 264 ff. Gleixner/LeBlanc/Morisset, A Plea for A New Brunswick Judgment Enforcement Act, S. 43 äußern, dass eine charge auch nach dem geltendem Recht New Brunswicks entstehe, dies aber bloß (noch) nicht ausdrücklich aus dem Normtext hervorgehe. Ähnlich Cuming, aaO, 262 f. zum NBCRA unter Hinweis auf die Formulierung „interest of the judgment creditor“ (Section 2.3 (8) NBCRA). 925 Section 23 (1) SEMJA: „[A]n enforcement charge has the same priority in relation to both prior and subsequent interests in property charged as a perfected security interest, other than a purchase money security interest, to which The Personal Property Security Act, 1993 applies“. 926 Section 35 (1) (a) (i) SPPSA: „[P]riority between conflicting perfected security interests in the same collateral is determined by the earliest of the following occurrences: […] the registration of a financing statement without regard to the date of attachment […]“. 927 Section 35 (1) (b) SPPSA: „[A] perfected security interest has priority over an unperfected security interest […]“. 928 Vgl. dazu Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 103 f.; Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 472 und dens., 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 273 f. 929 S. u. 2. Kapitel, IV. 3. a), 3. Kapitel, IV. 2. c). 930 Vgl. Section 28 des Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act (2004) der Uniform Law Conference of Canada: „Registration of a notice of judgment [...] creates an enforcement charge securing the amount recoverable on [...] all exigible property of the judgment debtor [...] existing at the time of registration and acquired by the judgment debtor after the registration of the enforcement charge“.
IV. Begründung des Vorrangs
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Dass es sich bei diesem Modell auch in anderen Provinzen um ein Desiderat handelt, belegt eine Vielzahl von Reports der dortigen Law Institutes.931 Abschließend ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich die argumentative Grundlage zur Rechtfertigung des Vorrangs eines execution creditor durch die vorgestellten Modelle nicht ändert. Sie fußt in sämtlichen Provinzen auf der Grundannahme, dass der Gläubiger durch die Vornahme bestimmter Anstrengungen den Status seines Realisierungsinteresses erhöhen und dessen rechtliche Schutzwürdigkeit herbeiführen kann. Dass das Judgment Enforcement Law dem Vollstreckungsgläubiger die Erlangung eines solchen Status ermöglichen muss, ist Ausfluss der rule of law.932 b) Vollstreckung nach perfection Der im Eingangszitat anklingende Zweck eines security interest – Sicherung des Verwertungsvorrangs gegenüber Dritten – veranlasst bei unbefangener Reflexion zu dem Schluss, dass der Vorrang nach der perfection endgültig dem secured creditor zufallen muss. Tatsächlich läuft es in allen Provinzen grosso modo hierauf hinaus. Die Begründungen divergieren aber in Einzelheiten. Für die normative Legitimation des Vorrangs ergibt sich im kanadischen Recht zunächst ein ähnliches Bild wie im deutschen. Rechtfertigungsprobleme sind auch dort – nicht zuletzt wegen des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung – zuvörderst im Insolvenzrecht angesiedelt.933 Gegenüber ungesicherten Gläubigern in der Einzelvollstreckung stifteten im kanadischen Recht nach klassischem Verständnis vor allem die Vertragsfreiheit und die Trias „bargain, value, notice“ haftungsrechtliche Legitimation.934 Das moderne PPSA-Modell betont weiterhin den freedom of contract, löst den Vorrang aber weitgehend von Wissenselementen (notice). Die Prioritätslegitimierung folgt also vor allem aus der Vertragsfreiheit und der publication, dem nicht
931 S. etwa das British Columbia Law Institute, Report on the Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act, S. 75 ff. und Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 27 zu aktuellen Reformvorschlägen, die eine enforcement charge enthalten und an die priority rules der jeweiligen PPSAs anknüpfen. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 69 stellen die Vermutung an, dass die Verhaftung am traditionellen Modell vor allem auf legislative Trägheit und einen Ressourcenmangel zurückzuführen ist. 932 So besonders deutlich die Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 15. Siehe auch Buckwold/Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 2. 933 Vgl. etwa Duggan, 42 Can. Bus. L. J. (2005), 463 ff.; Lee, 8 Alta. L. Rev. (1970), 389, 395 f. Aus verwandter US-amerikanischer Perspektive Jackson/Kronman, 88 Yale L. J. (1979), 1143, 1147 ff. und Schwartz, 10 J. Legal Stud. (1981), 1, 7 ff. 934 Zum conveyance model s. Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 619 f. Zu „bargain, value, notice“ und zum Folgenden vgl. Goode, 8 Can. Bus. L. J. (1983), 53, 57 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
manipulierbaren Zeitpunkt des filing.935 Entscheidend für die Rechtfertigung des Vorrangs ist die damit verbundene Möglichkeit, dass Dritte vom security interest durch Einsicht in das Personal Property Registry Notiz nehmen können. Dieser Ansatz setzt einen starken Anreiz für den secured creditor, das interest rasch zu publizieren, droht doch zuvor der empfindliche Rangverlust gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger.936 Eine Irreführung Dritter oder deren Benachteiligung spielt – abgesehen von fraudulent conveyances – für die Vorrangbestimmung in der Einzelvollstreckung ebenso wenig eine Rolle wie die formale Einordnung des Sicherungsrechts. Das PPSA-Modell vollzieht auch hier den Wandel von property rights hin zu priority rules.937 Im Recht Ontarios findet sich die entsprechende priority rule in der bereits erwähnten Section 20 (1) (a) (ii) OPPSA. Genau genommen besagt diese Norm nur, dass ein unperfected (!) security interest dem interest einer Person, die den Tatbestand „causes the collateral to be seized“ erfüllt, untergeordnet ist. Gerichte und Literatur entnehmen hieraus allerdings auch die „negative implication“, dass nach der perfection eben kein Vorrang des judgment creditor mehr zu erwerben, das perfected security interest mithin vorrangig ist.938 Korrespondierend damit beschränkt sich der binding effect von vornherein nur auf das schuldnerische Vermögen. Bestehen also an einem Vermögensbestandteil des Schuldners bereits Rechte eines gesicherten Gläubigers, die gegenüber Dritten wirksam („perfected“) sind, so werden diese interests nicht vom binding effect tangiert.939 Mit anderen Worten: Pfändet der sheriff einen Gegenstand, an dem ein perfected security interest besteht, so bleibt das Vorrangrecht des secured creditor daran erhalten.940 Ein Blick in das modernisierte Personal Property und Judgment Enforcement Law der oben untersuchten Provinzen Alberta und Saskatchewan offenbart, dass nicht allein der Schritt, den der judgment creditor zur 935 Kieninger, ZEuP 2016, 201, 210 f.; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 161. 936 S. Duggan, 24 B. F. L. R. (2008), 103, 115 und Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 446 zu diesem Regelungsziel der PPSAs. 937 Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 619 f. Zu diesem Paradigmenwechsel geradezu schulmäßig Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117 (para. 9 ff.). 938 So McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.04 [2] [b]. Die Rechtsprechung schließt von Section 20 (1) (a) OPPSA freilich bereitwillig auf einen Vorrang des secured creditor, vgl. Access Advertising Management Inc. v. Servex Computers Inc. (1993), 6 P. P. S. A. C. (2d) 113 und Affinity International Inc. v. Alliance International Inc. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 73 (Urteil zur Parallelvorschrift in Manitoba). 939 Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425; Upenieks/van Kessel, Enforcing Judgments and Orders, S. 15. Man kann hierin auch die Geltung des Nemo-dat-Grundsatzes bei nicht-vertraglichem Rechtserwerb erblicken, s. dazu Sheehan, The Principles of Personal Property Law, S. 55 f. 940 Näher hierzu im Rahmen der Realisierung des Vorrangs, s. 2. Kapitel, V. 2. a).
IV. Begründung des Vorrangs
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Vorrangerlangung vollenden muss, von seinem Pendant in Ontario abweicht. Die Modelle Albertas und Saskatchewans ändern vielmehr auch den Schritt, mit dem der secured creditor den Vorrang erwirbt, indem sie nicht auf die perfection, sondern auf das bloße filing eines security interest abstellen.941 Dadurch kann der secured creditor seine prioritäre Befriedigung bereits vor dem attachment durch die Registrierung sichern.942 Inwiefern dies zu praktischen Unterschieden gegenüber Ontario führt, wird im Vergleich aufzugreifen sein.943 Abschließend ist zum Umfang des Vorrangs eines secured creditor noch auf die Sonderkonstellation bei future advances hinzuweisen. Mit dem Begriff future advances werden Kapitalmittel umschrieben, die der Gläubiger dem Schuldner nach Abschluss des security agreement gewährt.944 Durch eine entsprechende Vertragsklausel fällt auch die Forderung zu deren Rückzahlung unter den Begriff der secured obligation945 des ursprünglichen security interest – inklusive der damit verbundenen priority. Für den Konflikt mit einem Vollstreckungsgläubiger bestimmen die PPSAs allerdings, dass der gesicherte Gläubiger keinen Vorrang bezüglich solcher future advances genießt, die er dem Schuldner nach Kenntniserlangung vom „interest“ (sic!) des judgment creditor gewährt.946 Hinter dieser Regelung steht der Gedanke, dass der secured creditor seinen Vorrang andernfalls nach Vollstreckungsbeginn durch die Gewährung von future advances immer weiter „verlängern“ könnte.947
941 Für Alberta ergibt sich dies aus Section 35 (1) ACEA („[A] security interest [...] has priority over a writ [...] if at the time the writ is registered [...] the security interest is perfected or registered […]“). Diesem Ansatz folgt Newfoundland in Section 50 (2) NFJEA. In Saskatchewan gelangt man zum gleichen Ergebnis, dort allerdings durch Einbindung der enforcement charge in die residual priority rules des SPPSA, wonach es auf die frühere Registrierung ankommt (vgl. Section 35 (1) (a) SPPSA). 942 Vgl. Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 102; Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 471. S. a. Cuming/Walsh, 16 B. F. L. R. (2001), 339, 381 ff. zur Parallele im revidierten Article 9 UCC. 943 Hierzu sogleich unter 2. Kapitel, IV. 3. a). 944 Dazu schon Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 73 ff. und zur Parallele im US-amerikanischen Recht Dielmann, Recht der Kreditsicherheiten, S. 64 f. 945 S. o. 2. Kapitel, II. 2. a). 946 Vgl. beispielhaft Section 30 (4) OPPSA („A future advance under a perfected security interest is subordinate to the rights of persons mentioned in subclauses 20 (1) (a) (ii) and (iii) if the advance was made after the secured party received written notification of the interest […]“) und Section 35 (6) (a) APPSA („A perfected security interest that would otherwise have priority over a writ of enforcement issued under the Civil Enforcement Act has that priority only to the extent of […] advances made before the secured party acquires knowledge of the writ“). Zu den Einzelheiten und Unterschieden in den Regelungen statt vieler McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.01 [8]. 947 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 503 f.; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 98 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
3. Vergleich Wie einleitend bemerkt bildet das Prioritätsprinzip in beiden Rechtsordnungen den verfahrensmäßigen Modus zur Klärung des Vorrangs und das materielle Verteilungsprinzip zwischen den konkurrierenden Gläubigern: prior tempore, potior iure.948 Beides steht im Einklang mit den Rechtfertigungsansätzen in den untersuchten Rechtsordnungen. Hat der Schuldner eine bestimmte Rechtsposition bereits an eine Person verloren, so kann er sie einer zweiten Person grundsätzlich nicht mehr einräumen.949 Im Einzelnen divergiert die Ausgestaltung des Prioritätsprinzips indes sehr. Der folgende Abschnitt ist dazu bestimmt, zunächst die konfligierenden Rechtspositionen von gesichertem Gläubiger und Vollstreckungsgläubiger gegenüberzustellen (a)). Im Anschluss hieran ist zu vergleichen, ob und inwieweit die untersuchten Rechtsordnungen ihre für die Rechtspositionen maßgeblichen Regelungskomplexe aufeinander abstimmen (b)). Da die Lösungsansätze in den kanadischen Provinzen so sehr voneinander abweichen, dass eine generalisierende Betrachtung kaum möglich ist, sind sie jeweils einzeln einer vergleichenden Analyse zu unterziehen. a) Die konfligierenden Rechtspositionen im Vergleich Folgenden Fragen ist in diesem Unterabschnitt vergleichend nachzugehen: welche Rechtspositionen stehen sich im deutschen und kanadischen Recht im hier interessierenden Konflikt konkret gegenüber? Welche Zeitpunkte entscheiden über deren Vorrang? Und welche Gegenstände erfasst der Vorrang? Die Vollstreckungsfestigkeit der Rechtsposition eines gesicherten Gläubigers ist erst anlässlich der Realisierung des Vorrangs vertieft zu untersuchen.950 Im deutschen Recht stehen sich bei formaler Betrachtung Eigentum und Pfändungspfandrecht gegenüber. Zwar wird die Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers auch durch das Verfügungsverbot des Schuldners geschützt; zur Sicherung und Rechtfertigung des Vorrangs dient allerdings primär das Pfändungspfandrecht.951 Dass demnach ein Vollrecht mit einem beschränkt dinglichen Recht konkurriert, hat Auswirkungen auf die konkrete Rangfolge. In allen oben untersuchten Konstellationen hat nämlich entweder der gesicherte Gläubiger oder der Vollstreckungsgläubiger die materielle 948 „Wer früher in der Zeit ist, ist stärker im Recht“. Dieser Rechtsgrundsatz findet sich schon in den Digesten, s. etwa D. 20, 4, 5. 949 Vgl. hierzu aus deutscher Sicht Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung IV, S. 387 ff. und aus kanadischer Perspektive Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 247 ff. (zum security interest) und S. 497 f. (zur Vollstreckung). 950 S. u. 2. Kapitel, V. 1. a) bzw. 2. a). 951 So zutreffend Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 175 f.; MüKo ZPO-Gruber, § 804 ZPO Rz. 2 auf dem Boden der hier favorisierten und herrschenden privat- und öffentlich-rechtlichen Einordnung. Relativierend etwa Wieczorek/Schütze-Lüke, § 804 ZPO Rz. 4.
IV. Begründung des Vorrangs
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Berechtigung zur Verwertung erworben. Ein echtes Verhältnis von Vor- und Nachrang ergibt sich damit – anders als bei einem „reinen“ Pfandrechtskonflikt – nicht. Das deutsche Recht führt stattdessen zu einer „Alles-oderNichts“-Lösung. Demgegenüber konfligieren nach dem traditionellen Modell Ontarios das security interest und das kaum näher qualifizierte interest des execution creditor.952 Dass der Begriff „interest“ für die Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers im Normtext erscheint, ist insofern bemerkenswert, als ein solches nach konventionellem Verständnis durch die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen gar nicht entsteht; stattdessen erwirbt der vollstreckende Gläubiger einen dogmatisch nicht näher eingeordneten Vorrangstatus.953 In Saskatchewan hingegen erlangt der judgment creditor mit der nötigen Registrierung eine als „enforcement charge“ bezeichnete Rechtsposition. Einerseits stehen die PPSAs also für den Wandel von property rights hin zu priority rules, andererseits aber läuft der angedeutete Reformprozess im Vollstreckungsrecht auf die Gegenüberstellung formaler Rechtspositionen (security interest versus enforcement charge) hinaus. Wie sind diese Entwicklungen in Einklang zu bringen? Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die PPSAs zwar formale Differenzierungen zwischen Kreditsicherungsinstrumenten abzuschaffen bestimmt sind, das security interest selbst aber einer formalen Einordnung zugänglich ist. Es handelt sich wie gesehen954 um ein hypothekarisches property interest.955 Die formale Klassifikation eines interest widerspricht damit nicht dem Reformkurs im Secured Transactions Law. Des Weiteren zeigt die Novellierung des Judgment Enforcement Law, wie die provinziellen Gesetzgeber und Reformkommissionen bewusst Regelungsziele aufgreifen, die sich in den PPSAs bewährt haben. Besonders deutlich wird dies an zwei Parallelen: der Verwirklichung eines einheitlichen konzeptionellen Ansatzes der Vorrangposition (security interest hier, enforcement charge
952 Schon an der genauen Einordnung des binding effect bekundet die kanadische Literatur wenig Interesse (vgl. Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 511; ähnlich Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 436). 953 S. dazu Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 256, der aber auf S. 262 f. bereits einen Wandel hin zum interest des judgment creditor andeutet. Vgl. ferner hierzu Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 430. 954 2. Kapitel, II. 2. a). 955 Innovation Credit Union v. Bank of Montreal, [2010] 3 S. C. R. 3 (para. 43: „[A] PPSA security interest gives the secured creditor an interest in the property to the extent of the debtor’s obligation“); Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 117–119.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
dort) und der Vorrangklärung anhand objektiver Registrierungszeitpunkte (Einbindung der enforcement charge in bereits geltende priority rules).956 Während noch nicht sämtliche Einzelheiten zur dogmatischen Einordnung der enforcement charge geklärt sind,957 erfüllt sie in Saskatchewan doch schon ihre Hauptfunktion: Sie gestattet es, die Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers in das Konzept des PPSA (ranking of interests) zu integrieren.958 Der entscheidende Gesichtspunkt im Konflikt zwischen judgment creditor und secured creditor liegt damit weiterhin in der Erlangung eines relativen Vorrangstatus. Die Begriffe „security interest“, „interest“ und „enforcement charge“ fungieren dabei aber als förmliche Gewänder, um diesen Vorrangstatus rechtlich zu institutionalisieren. Kurzum: die property rights rangieren in den priority rules. Ihre Ausgestaltung ermöglicht zugleich eine echte Rangfolge in dem Sinne, dass an einem Gegenstand zeitgleich security interests und enforcement charges bestehen können.959 Im Anschluss an die konfligierenden Rechtspositionen drängt sich ein Vergleich der Zeitpunkte auf, in denen der jeweilige Gläubiger den Verwertungsvorrang tatsächlich erwirbt. Für das deutsche Recht lassen sich konstruktiv zwei Konstellationen unterscheiden: die Übereignung oder Pfändung schuldnereigener Gegenstände einerseits und die Übereignung oder Pfändung schuldnerfremder Gegenstände andererseits. Im Ergebnis führt in beiden Situationen die Geltung des Prioritätsprinzips dazu, dass der früher erfüllte Erwerbstatbestand den Vorrang sichert. Für die Konstellation des berechtigten Schuldners überrascht das nicht weiter, denn der jeweils frühere Rechtsakt entzieht dem Schuldner die Verfügungsbefugnis und verschafft dem früheren Gläubiger das Verwertungsrecht. Dieses Ergebnis leuchtet bei Vergegenwärtigung der normativen Begründung und der Entstehungsvoraussetzungen ein. Dass aber auch bei Übereignung und Pfändung vom nichtberechtigten Schuldner durch Konvaleszenz derjenige Rechtsakt vorgehen soll, der früher vorgenommen wurde,960 versteht sich nicht von selbst. Während nämlich die 956 S. etwa British Columbia Law Institute, Report on the Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act, S. 90: „It is desirable, therefore, to have a set of priority rules in the Uniform Act that correspond as closely as possible with the rules already existing in the Personal Property Security Act“. Auch Wood, 34 Alta. L. Rev. (1996), 783, 819 f. fordert eine weitere Abstimmung der Rechtsgebiete. 957 Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 264 ff. nimmt den Charge-Charakter sehr ernst, vgl. auch dens./Layh, The SEMJA – Commentary and Analysis, S. 100. Anders offenbar Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 94 f., die der enforcement charge zwar In-remWirkungen zu-, ihr die Einordnung als proprietary interest hingegen abspricht. 958 Ähnlich Buckwold, aaO, 95 bezüglich des Land Titles Act (S. S. 2000, Chapter L-5.1) in Saskatchewan, der in Section 173 (1) den Passus „interest based on a judgment“ enthält. 959 S. dazu ausführlich im Rahmen der Bewertung unter 3. Kapitel, IV. 2. c) bb). 960 BeckOK BGB-Bub, § 185 BGB Rz. 15 bezeichnet dies als „heute allgM“. Ebenfalls für diese Lösung MüKo BGB-Bayreuther, § 185 BGB Rz. 60; Staudinger-Gursky,
IV. Begründung des Vorrangs
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Heilung der Unwirksamkeit ex nunc eintritt, bewirkt die Anwendung von § 185 Abs. 2 BGB in Bezug auf den Vorrang gleichsam eine Rückwirkung. Anders gesagt: Das deutsche Recht ermöglicht eine Sicherung des Vorrangstatus bereits vor Erlangung der Rechtsposition, die diesen Vorrang überhaupt erst vermittelt. Mit dem ursprünglichen Erklärungsmodell des materiellen Prioritätsprinzips ist dies nur noch lose verwandt. Zu beachten bleibt bei alldem, dass der Sicherungsnehmer gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts einen Vorteil genießt: Der Tatbestand der Sicherungsübereignung kann durch Einigung und Besitzkonstitut schnell erfüllt werden, die Rangsicherung durch Pfändung setzt hingegen einen förmlichen Antrag und das Tätigwerden des Gerichtsvollziehers voraus. Für die kanadische Rechtsordnung und die dortigen Ausgestaltungen des Prioritätsprinzips sollen stellvertretend der klassische und der modernste Ansatz betrachtet werden, also für Ontario die Zeitpunkte „causes the collateral to be seized“ und „perfection“, für Saskatchewan hingegen die Registrierungszeitpunkte von security interest und enforcement charge.961 Inwiefern sich aus den unterschiedlichen Regelungen praktische Unterschiede ergeben, ist anhand eines Fallbeispiels zu veranschaulichen. Angenommen, ein Kreditgeber registriert in Ontario ein security interest am personal property des Schuldners bevor die evidentiary requirements des attachment vorliegen. In diesem Fall ist die registration zwar erfolgt, es fehlt – mangels attachment – aber an der perfection. Erfüllt nun ein judgment creditor des Schuldners den Tatbestand „causes the collateral to be seized“, so erwirbt der judgment creditor trotz des eingetragenen security interest den Vorrang.962 Die advance registration schützt einen secured creditor nach diesem Modell also nur im Konflikt mit einem nachfolgenden secured creditor.963 In Saskatchewan genügt in der gleichen Situation zwar die Registrierung eines judgment, um dem Vollstreckungsgläubiger den Vorrang zu sichern.964 Doch auch der secured creditor ist ab dem Zeitpunkt des filing geschützt. § 185 BGB Rz. 87, 91. Anders wohl noch BGH, Urteil v. 22.02.1956, Az. IV ZR 164/55, in: NJW 1956, 665, 667. 961 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. a) bb), cc) (3). 962 Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 444 f. S. auch Kawartha Consumers CoOperative Inc. v. Debenture Holders of Kawartha Consumers Co-Operative Inc. (1999), 14 C. B. R. (4th) 210 zu den relevanten Zeitpunkten. 963 Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 471 (Fn. 71). Zum Schutz der advance registration gegenüber anderen security interests s. Rogerson Lumber Co. v. Four Seasons (1980), 113 D. L. R. (3d) 671; Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 243 ff. Anderer Ansicht zufolge wirkt eine spätere Erfüllung der evidentiary requirements dergestalt zurück, dass sich der Rang des secured creditor nach dem Zeitpunkt des filing richtet, vgl. 674921 B. C. Ltd. v. Advanced Wing Technologies Corp. (2006), 9 P. P. S. A. C. (3d) 43. 964 Dies ergibt sich aus der Gleichstellung der enforcement charge mit einem perfected security interest (Section 23 (1) SEMJA) und der priority rule, wonach ein perfected security interest einem unperfected security interest vorgeht (Section 35 (1) (b) SPPSA).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Anders als nach dem klassischen Ansatz kommt es auf das Datum der perfection nicht an, da durch die Integration der enforcement charge die residual priority rules des SPPSA gelten.965 Demnach entscheidet im Konfliktfall zwischen security interest und enforcement charge allein der Zeitpunkt der Registrierung.966 Im hiesigen Fallbeispiel wäre der Vorrang des secured creditor in Saskatchewan also durch das bloße filing gesichert, in Ontario dagegen nicht. Abschließend sind an dieser Stelle noch die vom Vorrang umfassten Gegenstände zu erwähnen. Für die Finanzierungsinstrumente Sicherungsübereignung und security interest kann dazu nach oben verwiesen werden; der Vorrang bezieht sich in beiden Fällen auf die übertragenen oder belasteten Gegenstände.967 Das Pfändungspfandrecht umfasst – soweit die Entstehungsvoraussetzungen eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Pfandrechts vorliegen968 – jene Gegenstände, bezüglich derer eine wirksame Beschlagnahme stattgefunden hat (§ 804 Abs. 1 ZPO).969 Quantitativ gilt dabei das Verbot der Überpfändung: Aus Schuldnerschutzgründen darf die Pfändung nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Vollstreckungskosten erforderlich ist (§ 803 Abs. 1 S. 2 ZPO).970 Für das kanadische Recht ergeben sich erneut unterschiedliche Befunde. Der ursprünglich maßgebliche binding effect bezog sich auf das gesamte Schuldnervermögen.971 Mit der Einführung des OPPSA näherte sich das kanadische Modell zunächst dem deutschen an, soweit nur die erfolgte seizure von Gegenständen einen Vorrang des execution creditor begründen konnte. Nun mag es wirken, als drehten die Provinzen mit modernisierten Judgment Enforcement Systems das Rad der Zeit eher zurück, wenn sie mit der Registrierung des writ, der notice of judgment bzw. des judgment einen Verwertungsvorrang des ungesicherten Gläubigers am gesamten Schuldnervermögen verbinden.972 Hinter 965
S. Section 35 (1) (a) SPPSA: „[P]riority between conflicting perfected security interests in the same collateral is determined by the earliest of the following occurrences: (i) the registration of a financing statement without regard to the date of attachment of the security interest [...]“. Entsprechende residual priority rules enthalten auch die anderen PPSAs. Sie wenden die Vorrangregel indes nicht auf die Position des judgment creditor an. 966 Vgl. Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 104; dies./Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 34 f. 967 S. dazu oben 2. Kapitel, II. 3 b), III. 968 So die überzeugende gemischt privatrechtlich-öffentlich-rechtliche Theorie, vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 383; Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1170. 969 Zu Einzelheiten s. Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 61 ff.; MüKo ZPO-Gruber, § 804 ZPO Rz. 1. 970 Ausführlich dazu Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 803 ZPO Rz. 8 ff. und Schuschke/Walker-Walker, § 803 ZPO Rz. 2 ff. 971 Vgl. Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 508 ff. und La Forest, 12 U. N. B. L. J. (1959), 39, 40. 972 S. dazu die oben (2. Kapitel, IV. 2. a) cc)) zitierten Normen Section 33 (3) ACEA, Section 2.3 (2) NBCRA bzw. Section 28 (1) NBEMJA und Section 22 (1) SEMJA.
IV. Begründung des Vorrangs
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dieser weitreichenden Rechtsfolge steht allerdings der Gedanke, die Vorrangsicherung von der Einleitung konkreter Vollstreckungsmaßnahmen zu entkoppeln.973 Durch die Registrierung werden Pfändungsakte zwecks Rangsicherung also redundant. Im Gegenzug muss sich der Vorrang zumindest vorläufig auf das gesamte Schuldnervermögen erstrecken. Angesichts dieser Reichweite ist davon auszugehen, dass die Eintragung einer enforcement charge dem Schuldner die weitere Kreditakquise erschwert. Immerhin wird seine Fähigkeit, anderen Gläubigern einen Vorrang einzuräumen, eingeschränkt. In Deutschland hat der Zahlungspflichtige ähnliche Effekte erst ab der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis zu befürchten. Bei diesem Institut steht freilich eher der Schutz des Rechtsverkehrs im Vordergrund,974 nicht die Vorrangwahrung des vollstreckungswilligen Gläubigers. b) Verknüpfung von Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht Wie bereits einleitend festgestellt dienen Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht dazu, ein von der Legalordnung gebilligtes Durchsetzungsinteresse zu verwirklichen.975 Dass sich Konstruktion und Umfang des Sicherungsrechts auch auf die Situation vollstreckungswilliger Dritter auswirken – sei es negativ durch weitreichende Besicherung und Heimlichkeit, sei es positiv durch inhaltliche Restriktion und Publizität –, ist bereits deutlich geworden.976 Der vorstehende Abschnitt dürfte spiegelbildlich gezeigt haben, wie auch die Konstruktion des Vollstreckungsvorrangs Dritte (in diesem Fall Sicherungsnehmer) betrifft: Je leichter der Vollstreckungsgläubigers den Vorrang erlangen kann und je umfassender und sicherer dieser Vorrang ausgestaltet ist, desto schwieriger wird es, noch ein prioritäres Sicherungsrecht zu bestellen. Dem Gesetzgeber steht neben den individuellen Rechtspositionen von Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger allerdings noch eine dritte Regelungsebene zur Verfügung, um den Interessenwiderstreit zu koordinieren. Diese Regelungsebene befindet sich direkt an der Schnittstelle von Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht, betrifft also den relativen Konflikt selbst. Dass der Gesetzgeber auf dieser dritten Ebene etwa Sicherungsrechte neu evaluiert, ist keineswegs neu. Bereits die historische Entwicklung des deutschen Kreditsicherungsrechts hat gezeigt, wie durch zwangsvollstreckungsund konkursrechtliche Normen immer wieder Aufstieg und Fall bestimmter Rechtsinstitute gesteuert wurden.977 Auch die Novelle der Insolvenzordnung im Jahr 2001 hat das Sicherungseigentum im Konfliktfall durch Legislativakt 973
Dazu Williamson/Curran, 48 U. N. B. L. J. (1999), 351, 355 und sogleich. BeckOK ZPO-Fleck, § 882b ZPO Rz. 1; Hergenröder, DGVZ 2017, 119. 975 1. Kapitel, I. 976 S. o. 2. Kapitel, III. 3. a), b). 977 Vgl. dazu die obigen Ausführungen (2. Kapitel, I. 1. b)) und die dort genannten Quellen zu § 709 CPO (1877) und § 40 RKO (1877). 974
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
(haftungsrechtlich) weiter ausgestaltet.978 Dieser gedankliche Ansatz kann im Recht der Singularvollstreckung ebenfalls fruchtbar gemacht werden. In Kanada nämlich wird die enge Abstimmung von Personal Property Law und Judgment Enforcement Law als erheblicher Fortschritt eingestuft.979 Nachfolgend ist daher in einem ersten Schritt die verfahrensmäßige und inhaltliche Synchronisation, in einem zweiten Schritt die rechtspolitische Abstimmung der Regelungskomplexe in beiden Rechtsordnungen zu untersuchen. Im deutschen Recht führt die Gleichstellung des Pfändungspfandrechts mit einem vertraglichen Pfandrecht (insoweit) zur „Konkordanz zwischen Zwangsvollstreckungs- und Privatrecht“980. Die Verfasser der ZPO haben den Vorrang des Vollstreckungsgläubigers bewusst in die Form des Pfändungspfandrechts gegossen, da sie nur so eine „gleichmäßige Einordnung“981 von konfligierenden (Verwertungs-)Rechten an einem Gegenstand für gewährleistet hielten. Hinsichtlich des Konflikts zwischen Sicherungseigentum und Pfändungspfandrecht unterblieb eine nähere Abstimmung weitgehend. Auch ohne Sonderregelung ermöglicht die Anwendung des Prioritätsprinzips mit Blick auf die Entstehungsvoraussetzungen von Sicherungseigentum und Pfändungspfandrecht plausible Ergebnisse. Immerhin erwirbt der Vollstreckungsgläubiger mit dem Pfändungspfandrecht eine Position, die jener eines Faustpfandberechtigten entspricht (§ 804 Abs. 1 Hs. 1 ZPO).982 Bei schuldnerfremden Gegenständen verschafft ihm die Pfändung zwar kein Pfandrecht, über die Anwendung des § 185 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 S. 2 BGB983 aber immerhin eine Vorrangwahrung, die bei der hier untersuchten Rechtsposition durchaus mit in Anschlag zu bringen ist. Gleiches gilt für den Sicherungsnehmer. Auch ohne Regelung des Konflikts im engeren Sinne erfolgt die Vorrangbestimmung im Kreditsicherungs- und im Zwangsvollstreckungsrecht damit stets anhand einer einheitlichen Anwendung des materiellen Prioritätsprinzips. Die kanadischen Modelle spiegeln die Verknüpfung von Kreditsicherungsund Vollstreckungsrecht auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen wider. 978 S. dazu Smid, Kreditsicherheiten in der Insolvenz, § 15 Rz. 1 ff., insb. Rz. 22 ff. und Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 36 („Stellenwert der einzelnen Sicherungsrechte neu bestimmt“). 979 Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 105 ff.; Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 69, 500 ff. („From a policy perspective, the fairness and efficiency of including judgment creditors within the PPSA registration and priority system is generally acknowledged“); Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 450. 980 Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 152. Ferner Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rz. 28, § 50 Rz. 88 („Sachnähe des Zwangsvollstreckungsrechts zum Privatrecht“). 981 Stein, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 29 f. Diese Erwägungen sind in den Motiven bei Hahn, Materialien zur Civilprozeßordnung I 1, S. 450 zu finden. 982 Vgl. zu Einzelheiten Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 27.15. 983 S. o. 2. Kapitel, IV. 1. b).
IV. Begründung des Vorrangs
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Bereits in der Ursprungsfassung des OPPSA trat die Tendenz hervor, den Konflikt über eigene priority rules zu koordinieren. Diese Vorrangregeln sahen und sehen für gesicherte und vollstreckende Gläubiger gewisse Status vor, deren Erlangung mit dem Verwertungsvorrang einhergeht. Einen ersten (unsicheren) Status erlangt der Sicherungsnehmer mit dem attachment. Dieses löst zwar grundsätzlich das Nemo-dat-Prinzip aus. Jedoch vermittelt erst die perfection den Status, der die Drittwirksamkeit des security interest bewirkt. Eine Angleichung der Erwerbstatbestände des Vorrangs von gesicherten und vollstreckenden Gläubigern unterbleibt indes bis heute in den Provinzen mit dem traditionellen Ansatz. Der Reformprozess in Alberta hat den Vorrangkonflikt dann in das Judgment Enforcement Law – namentlich in Section 35 ACEA – exportiert. Inhaltlich konnte dies zwar nur unter Rekurs auf PPSA-spezifische Begriffe wie „perfected“ oder „registered“ gelingen.984 Verfahrensmäßig führt dieser Ansatz aber zu einer Angleichung der Schritte, die einen drittwirksamen Vorrang begründen: Er weitet die Prozeduralisierung von Vorrangfragen unter gesicherten Gläubigern auch auf den hier interessierenden Konflikt mit ungesicherten Gläubigern aus. Zugleich unterstreicht das Modell die Bedeutung der Publikation zur Rechtfertigung des Vorrangs bei beiden Gläubigergruppen, gesicherten und ungesicherten.985 Neben der strukturellen Abstimmung der zu vollziehenden Schritte bedeutet dies eine Angleichung der Legitimationsgrundlage für den Vorrang: In beiden Fällen können Dritte vom eingetragenen Vorrangstatus Notiz nehmen.986 Außerdem verschiebt sich die zeitliche Risikoverteilung. Immerhin liegt der Registrierungszeitpunkt ganz in der Sphäre des Gläubigers, der um Vorrangsicherung bemüht ist. Das Eintreten von seizure und perfection kann hingegen aus Gründen, die nicht im Einflussbereich des Gläubigers liegen, verzögert werden.987 Darüber geht der Ansatz New Brunswicks noch hinaus, indem er den Erwerb des Vorrangs von der Einleitung bestimmter Vollstreckungsmaßnahmen (writ) emanzipiert.988 Den Vorrang vermittelt für den judgment creditor also ein Schritt, der nicht der Zwangsvollstreckung im eigentlichen Sinne zuzuordnen, sondern ihr zeitlich vorgeschaltet ist (filing of a notice of judgment). Zur Abstimmung von binding effect und perfection muss der Rechtsanwender das Personal Property Law und das Judgment Enforcement Law konsultieren. 984 S. Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 105 f. und Dunlop/Buckwold, Debt Recovery in Alberta, S. 389 ff. zu den daraus resultierenden Problemen. 985 Buckwold/Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 35. S. a. Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 449 f. 986 Dazu sogleich näher im Rahmen der rechtspolitischen Abstimmung. 987 Denkbar sind etwa Verzögerungen beim Abfassen des written security agreement (evidentiary requirements) oder beim Zugriff des sheriff auf das schuldnerische Vermögen. 988 Williamson/Curran, 48 U. N. B. L. J. (1999), 351, 355. S. auch die Gegenüberstellung bei Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 501 f.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Systematisch ist der Konflikt damit rechtsgebietsübergreifend geregelt, die Vorrangerlangung von der Vollstreckung aber entkoppelt. Saskatchewan integriert schließlich die enforcement charge in die PPSAVorrangregeln. Gegenüber Alberta und New Brunswick wird der Konflikt damit durch Verweis in das Personal Property Law überführt und ein prozeduraler Gleichlauf der Vorrangregeln ermöglicht. Als besonders innovativ wird die Lösung empfunden, da das zunächst lange unbestimmte „interest“ des judgment creditor in die Rechtsform einer enforcement charge gekleidet wird. Diese Charge-Terminologie soll zu einer stimmigeren Einordnung in das System konkurrierender interests führen. Man kommt nicht umhin, sich dabei an die Motive zur Einbindung des Pfändungspfandrechts in das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht zu erinnern („gleichmäßige Einordnung“). Welchem der skizzierten Modelle der Vorzug gebührt, ist im Rahmen der normativen Bewertung zu erörtern.989 An dieser Stelle kann aber festgehalten werden, dass verfahrensmäßige Abstimmung und konzeptionelle Integration des Vorrangkonflikts zwischen gesichertem und ungesichertem Gläubiger nirgends so weit fortgeschritten sind wie in der Provinz Saskatchewan. Die Untersuchung einer rechtspolitischen Abstimmung von Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht mag zunächst verwundern. Immerhin steht auf der einen Seite das Mobiliarsachenrecht als zivilrechtliches Teilrechtsgebiet, auf der anderen Seite das Zwangsvollstreckungsrecht, welches zumeist dem öffentlichen Recht zugeordnet wird.990 Richtigerweise ist der Vorrangkonflikt zwischen gesichertem und ungesichertem Gläubiger allerdings im Zivilrecht zu verorten. Das entspricht erstens dem materiellen Ziel auch des Zwangsvollstreckungsrechts, die Befriedigung des Gläubigers zu sichern.991 Zweitens ist der hier interessierende Konflikt nach keiner anerkannten Einordnungsmethode als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.992 Daher erscheint es legitim, wenn Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht stellenweise die gleichen rechtspolitischen Anliegen verfolgen, soweit es das wirtschaftliche Bedürfnis der handelnden Rechtssubjekte nach Vorrangeinräumung und 989
S. u. 3. Kapitel, IV., V. Vgl. schon RG, Urteil v. 28.02.1930, Az. VII 645/29, in: RGZ 128, 81, 85 wonach die „Zwangsvollstreckung [...] Staatstätigkeit ist, und deshalb in allen ihren Teilen ausschließlich dem öffentlichen Recht angehört“. Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 22 f. hingegen sieht allein im Schuldner-Staat-Verhältnis den öffentlich-rechtlichen Charakter verwirklicht. 991 S. dazu Gaul, RPfleger 1971, 1, 7 ff.; dens., ZZP 112 (1999), 135, 150 f.; SaengerKindl, Vorbemerkungen zu §§ 704–945 ZPO Rz. 1. Aus kanadischer Perspektive British Columbia Law Institute, Report on the Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act, Introductory Note und S. 1. 992 Vgl. statt aller zu Interessentheorie, Subordinationstheorie und den Spielarten der Subjektstheorie Schoch/Schneider/Bier-Ehlers/Schneider, § 40 VwGO Rz. 217 ff. Aus kanadischer Sicht Gall, The Canadian Legal System, S. 26 („The public law is defined, essentially, as those areas of the law in which the public interest is primarily involved“). 990
IV. Begründung des Vorrangs
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-umsetzung betrifft. Bereits die Zulassung der Sicherungsübereignung stand ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien in Wechselbeziehung mit einem wirtschaftlichen Bedürfnis nach besitzloser Sicherungsmitteln.993 Auch im Rahmen der erleichterten Sachaufklärung hielten ökonomische Gesichtspunkte den Gesetzgeber zur Reform an. Denn der beschwerliche Weg hin zur eidesstattlichen Vermögensauskunft galt als „Achillesferse unseres Vollstreckungssystems“994. Da § 882f Abs. 1 S. 1 ZPO nun in Nr. 1 und Nr. 4 dem ungesicherten Vollstreckungsgläubiger und dem potentiellen Sicherungsgläubiger Einsicht in das Schuldnerverzeichnis gestattet, ist zudem von einer gesetzgeberischen Anerkennung und Protektion ihrer gleichgerichteten Informationsinteressen auszugehen. Eine rechtspolitische Abstimmung des hier interessierenden Konflikts hat im deutschen Recht gleichwohl nicht stattgefunden. Dies verdeutlicht insbesondere ein Blick auf die Publizität: Während die Offenkundigkeit im Mobiliarsachenrecht nur sehr eingeschränkt Geltung beansprucht, ist sie für die Pfändung einer Sache unerlässlich.995 Die Erlangung des Vorrangs eines ungesicherten Gläubigers setzt also den Vollzug eines publizierenden Rechtsakts voraus; beim gesicherten Gläubiger ist dies nicht der Fall. Zwei rechtstatsächliche Entwicklungen sind an dieser Stelle noch unterstreichen. Erstens hat – so die einleuchtende These Hans Friedhelm Gauls – der zunehmende Gebrauch heimlicher Mobiliarsicherheiten die Attraktivität der Sachpfändung geschmälert.996 Besitzlose Sicherungsmittel entwerten die (ohnehin fragliche) Indizwirkung des Besitzes für die dingliche Zuordnung noch weiter. Zudem statten sie den Sicherungsnehmer mit einem Interventionsrecht gegen Vollstreckungsmaßnahmen aus. Sie dürften daher tatsächlich ihren Anteil an der hohen Zahl erfolgloser Vollstreckungsversuche haben, die es bei Inkrafttreten der ZPO noch nicht zu beklagen galt. Zweitens entfaltet die Pfändung heute vor allem Wirkungen als Druck- und Sicherungsmittel: In der großen Mehrzahl der Fälle bewegt bereits der symbolträchtige Akt der Beschlagnahme den säumigen Schuldner zur Zahlung, ohne dass es zur Verwertung kommt.997 Im Übrigen dient die Sachpfändung vor allem zur Rangsicherung des Vollstreckungsgläubigers.998 Auf diesen Bedeutungswandel der Pfändung wird im Rahmen der Bewertung zurückzukommen sein.999 993
Protokolle, S. 3690 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 627. S. a. Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 10 ff. 994 Gaul, JZ 1973, 473, 481; Würdinger, JZ 2011, 177, 182. 995 Hierzu oben 2. Kapitel, III. 1. b), IV. 1. a). 996 Gaul, JZ 1973, 473, 474. Ähnlich Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht, S. 14. 997 Nach Behr, NJW 1992, 2738 erfolgt die Verwertung nur in 0,5–0,8 % der Fälle; s. hierzu auch Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1179. 998 Behr, aaO, 2742. 999 3. Kapitel, V. 2. b) aa).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
In Kanada ist die Angleichung der policies in Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht vor allem durch die Reform des Judgment Enforcement Law forciert worden. Neben den aufgezeigten regelungstechnischen Verflechtungen belegt die Diskussion um ein Register für writs und judgments auch inhaltliche Parallelen zur Novellierung des Personal Property Law. Erstens dient die registration von writ oder (notice of) judgment der Offenkundigkeit des Verwertungsvorrangs eines Vollstreckungsgläubigers (Publikationsfunktion).1000 Wie beim filing eines security interest sollen also Dritte, die in geschäftlicher Beziehung zum Schuldner stehen, über vorrangige Verwertungsrechte informiert werden. Da die herkömmlichen Datenbanken der sheriffs nicht provinzweite, sondern nur auf den Zuständigkeitsbezirk des Vollstreckungsorgans beschränkte Auskunft gaben, waren sie für den modernen Wirtschaftsverkehr genauso ungeeignet1001 wie die regionalen Register für chattel mortgages, die vor Inkrafttreten der PPSAs geführt wurden. Es lag daher nahe, für die notice eines judgment creditor auf das Personal Property Registry zuzugreifen: Dieses hatte ausweislich der Entstehungsgeschichte auch dazu gedient, die regionalen Register abzulösen.1002 Zweitens erfüllt das filing im Judgment Enforcement Law ebenso die Funktion, den Vorrang zwischen verschiedenen interests zu regeln (Koordinationsfunktion).1003 Denn wie im PPSA sollen priority conflicts anhand objektiv bestimmbarer Registrierungszeitpunkte gelöst werden. Die Regelungsziele „third party protection” und „certainty and predictability in the ordering of conflicts” halten damit über die gleichen Instrumente wie im Kreditsicherungsrecht1004 Einzug in das Zwangsvollstreckungsrecht. Zwei weitere Funktionen der Registrierung von writ oder judgment gleichen indes den heute typischen Zwecken der Sachpfändung im deutschen Recht: Beide sollen den Schuldner zur Zahlung bewegen und dem Vollstreckungsgläubiger einen Verwertungsvorrang sichern. Die „Pressionswirkung“ der Eintragung folgt im kanadischen Recht aber nicht aus der Beschlagnahme, sondern aus der Publizierung des Verwertungsvorrangs. Ein damit vergleichbarer Zahlungsdruck tritt im deutschen Recht erst mit der Eintragung im 1000 Gleixner/LeBlanc/Morisset, 63 U. N. B. L. J. (2012), 280, 311 f.; Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425, 431. 1001 S. Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 33 zu entsprechenden Vorteilen der Zentralisierung. Olivio, Debtor-Creditor Law and Procedure, S. 159 ff. empfiehlt für Provinzen mit dem traditionellen Ansatz die Eintragung eines writ in jedem Bezirk, in dem Schuldnervermögen vermutet wird. 1002 Hierzu oben 2. Kapitel, I. 2 b), c). 1003 Vgl. hierzu Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 101 ff. und Wood, 25 Can. Bus. L. J. (1995), 110, 115 f. 1004 S. zu diesen Zielen im kanadischen Kreditsicherungsrecht Bangsund, Control v. Registration, S. 45–47 („transparency“), S. 50–54 („predictability“, „certainty“ und „clarity“); Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 8 ff.
IV. Begründung des Vorrangs
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Schuldnerverzeichnis ein. Anders als im kanadischen Recht handelt es sich hierbei jedoch eher um einen (teils scharf kritisierten1005) Reflex der Eintragung.1006 Zur Erhaltung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit des Schuldners stellen die Reformgesetzgeber in den Provinzen weitere inhaltliche Parallelen zum Personal Property Security Law her. Bei allumfassender Besicherung mittels security interest erhalten dort vor allem zwei Mechanismen den Geschäftsbetrieb des Schuldners mit aufrecht: erstens die Weiterveräußerungsmöglichkeit von besicherten Gegenständen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb, zweitens die super-priority von purchase-money security interests.1007 Beide Relativierungen des Vorrangs eines umfassenden security interest gelten auch für den Status von registered writ, judgment und enforcement charge: Diese binden zwar das gesamte gegenwärtige und künftige Schuldnervermögen, behaupten sich aber nicht gegenüber einem Erwerber im üblichen Geschäftsbetrieb.1008 Zudem gehen später bestellte purchase-money security interests unter den im Personal Property Law niedergelegten Voraussetzungen einem registrierten writ oder judgment vor.1009 Dadurch werden die nachteiligen Wirkungen eingetragener writs und judgments auf die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Schuldners abgemildert und ihm Anschaffungsfinanzierungen erleichtert. Schließlich gilt im Personal Property Security Law und im modernisierten Judgment Enforcement Law fortan der einheitliche materielle Verhaltensmaßstab der commercial reasonableness.1010 Dies erlaubt parallele Argumentationsmuster in Fällen, in denen auf richterlichen Beschluss hin von den
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Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 882b ZPO Rz. 2 („moderner Pranger“). Jedenfalls lassen die Gesetzgebungsmaterialien einen solchen Zweck in den einschlägigen Passagen (BT-Drucks. 16/10069, S. 20 ff. respektive BT-Drucks. 16/13432, S. 40 ff.) nicht erkennen. 1007 Dazu oben 2. Kapitel, II. 3. b), III. 3. a). 1008 Die genaue Regelung in Section 25 (2) SEMJA lautet: „A buyer [...] of goods [...] sold in the ordinary course of business of a seller [...] who is a judgment debtor takes free of an enforcement charge affecting the goods, whether or not the buyer [...] knows of the enforcement charge, unless the buyer [...] also knows that the goods bought [...] had been seized [...]”. Lakonisch Section 36 (1) ACEA: „A buyer[...] of goods sold [...] in the ordinary course of business of the seller [...] takes free of any writ that binds the goods”. Section 2.3 (6) NBCRA verweist sogar ausdrücklich auf die Regelung im NBPPSA (ebenso Section 29 (2) NBEMJA). 1009 Section 35 (3) ACEA; Section 22 (1) NBPPSA. In Saskatchewan verwirklicht sich der Vorrang des purchase-money security interest durch Gleichstellung des regulären security interest mit der enforcement charge über die priority rule in Section 34 (2) SPPSA. 1010 Sehr anschaulich etwa Section 66 (1) APPSA („All rights [...] under this Act [...] shall be exercised [...] in good faith and in a commercially reasonable manner“) und Section 2 (g) ACEA („[A]ll rights [...] under this Act must be exercised [...] in good faith and in a commercially reasonable manner“). 1006
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
grundsätzlich geltenden Modalitäten zur Realisierung des Vorrangs abgewichen wird. Derartige Konstellationen sind im folgenden Abschnitt aufzuzeigen.1011 c) Zwischenfazit zur Begründung des Vorrangs Der vorstehende Abschnitt hat gezeigt, wie stark Regelungsmodelle, die sich ausnahmslos des Prioritätsprinzips zur Lösung von Vorrangkonflikten bedienen, inhaltlich voneinander abweichen können. Dies gilt nicht nur in prozeduraler Hinsicht: Vor allem für das deutsche Recht hat sich in diesem Abschnitt die Gefahr des Vorrang- und Rechtsverlusts durch einen Rechtsakt Dritter aufgetan. Damit nähert sich der Vergleich seiner letzten Teilfrage: Wie kann der Sicherungsnehmer seinen Vorrang vis-à-vis einem nachrangigen Vollstreckungsgläubiger (soweit nötig) schützen und realisieren?
V. Realisierung des Vorrangs V. Realisierung des Vorrangs „Das Abwehrrecht des Sicherungsnehmers gegenüber Einzelvollstreckungen dritter Gläubiger ist nicht nur Tyrannis, sondern auch Schutzherrschaft.“1012
„The [PPSA] assigns priority to security interests based on commercial considerations, rather than the effect on legal title.“1013
Nach der Untersuchung der Entstehungs- und Begründungsvoraussetzungen der Vorrangrechte ist der folgende Abschnitt ihrer Realisierung verschrieben.1014 Es wird einerseits auf die Interventionsbedürfnisse und -möglichkeiten des gesicherten Gläubigers gegenüber einem Dritten, der in das Sicherungsgut vollstreckt, einzugehen sein. Andererseits sind die Gegenrechte des Vollstreckungsgläubigers aufzuzeigen, die ihm Zugriffmöglichkeiten auf den Sicherungsgegenstand erhalten oder erst eröffnen. 1. Deutsches Recht Schon oben1015 hat sich gezeigt, dass dem Sicherungseigentümer trotz der Begründung des Vorrangs ein Vollrechtsverlust droht, falls Dritte in den Gegenstand vollstrecken. Wenn die deutsche Rechtsordnung dem gesicherten Gläubiger die Gefahr eines Rechtsverlusts zumutet, so muss sie ihm jedenfalls Schutzmechanismen zubilligen, um auf die Pfändung von Gegenständen zu 1011
S. dazu vor allem 2. Kapitel, V. 2. b), c). Lange, NJW 1950, 565, 569. 1013 Nuñez/Reid, 49 Adv. Vanc. (1991), 215, 216. 1014 Keine Berücksichtigung finden Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes, da diese kaum einen Erkenntnisgewinn für den hier interessierenden Konflikt versprechen. 1015 2. Kapitel, IV. 1. b). 1012
V. Realisierung des Vorrangs
171
reagieren, die ihm (dinglich) zugeordnet sind. Diese Behelfe können auf Abwehr der Vollstreckungsmaßnahme (a)), auf Herausgabe des versteigerten Sicherungsguts (b)) oder auf Ausgleich für den erlittenen Rechtsverlust (c)) gerichtet sein. a) Drittwiderspruchsklage zur Abwehr der Vollstreckungsmaßnahme aa) Statthaftigkeit Der Streit um den statthaften Rechtsbehelf des Sicherungseigentümers rangiert an der Schnittstelle von Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht und kann dort getrost als Erisapfel bezeichnet werden. Er hat wiederholt Anstoß zu monographischer Befassung gegeben,1016 zu zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen angeregt1017 und beschäftigt die Gemüter bis heute.1018 Auf die kurze Skizze der widerstreitenden Positionen folgt in diesem Unterabschnitt eine Stellungnahme zur hier bevorzugten Lösung. Die herrschende Meinung gestattet dem Sicherungseigentümer die Erhebung der Drittwiderspruchsklage (§ 771 Abs. 1 ZPO), wenn ein Gläubiger des Sicherungsgebers in den übereigneten Gegenstand vollstreckt.1019 Im Falle der Begründetheit dieser prozessualen Gestaltungsklage1020 ordnet § 775 Nr. 1 Var. 3 ZPO als Rechtsfolge an, dass die Zwangsvollstreckung einzustellen ist. Bei der Drittwiderspruchsklage handelt es sich mithin um eine echte Interventionsklage, um eine Präventionsmaßnahme zur Verhinderung des Rechtsverlusts aufseiten des Sicherungsnehmers also, da die Sache nicht verwertet wird.1021 Das für die Begründetheit erforderliche Merkmal der Drittwiderspruchsberechtigung gibt den Anstoß für die angedeutete Kontroverse. Der Disput lässt sich auf folgende Kernfrage reduzieren: Steht dem Sicherungseigentümer ein
1016
Früh etwa Aulenbacher, Die Stellung des besitzlosen Sicherungseigentümers im Vollstreckungsrecht, passim. Neuerlich Funk, Die Sicherungsübereignung in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz, S. 175 ff. 1017 Beispielsweise Bötticher, MDR 1950, 705 ff.; Paulus, ZZP 64 (1951), 169 ff.; Grunsky, JuS 1984, 497 ff.; Huber, JuS 2011, 588 ff. mit teils stark abweichenden Ansichten. 1018 S. etwa Gottwald/Mock-Gottwald, § 771 ZPO Rz. 25 („lebhaft umstritten“). 1019 RG, Urteil v. 09.04.1929, Az. VII 536/28, in: RGZ 124, 73; BGH, Urteil v. 04.02.1954, Az. IV ZR 164/53, in: NJW 1954, 673 (seitdem stRspr). Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 32; Musielak/Voit-Lackmann, § 771 ZPO Rz. 19; Palandt-Herrler, § 930 BGB Rz. 35; Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 36; Wieczorek/Schütze-Spohnheimer, § 771 ZPO Rz. 20; Zöller-Herget, § 771 ZPO Rz. 14. 1020 Zur dogmatischen Einordnung der Drittwiderspruchsklage Gaul, in: Canaris, ClausWilhelm et al. (Hrsg.), FG BGH III, S. 521, 523 ff. und Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, S. 34 mwN. 1021 S. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 456 und dies., JA 1986, 113, 114.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
„die Veräußerung hinderndes Recht“1022 im Sinne des § 771 Abs. 1 ZPO zu? Wenngleich die überwiegende Auffassung dies bejaht, lassen sich doch zwei Spielarten zur Begründung dieses Ergebnisses ausmachen. Vorherrschend ist dabei der Erklärungsansatz, dass das Sicherungseigentum selbst ein „veräußerungshinderndes Recht“ gemäß § 771 Abs. 1 ZPO darstellt.1023 Schon das Reichsgericht hat in dieser Streitfrage – wie oben gezeigt1024 – auf das übertragene Vollrecht rekurriert, dessen Wirkungen durch den Sicherungszweck nicht geschmälert würden. Abweichend hiervon sehen einige Befürworter der Drittwiderspruchsklage den mittelbaren Besitz bzw. den damit assoziierten (potentiellen) Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers als „veräußerungshinderndes Recht“ an.1025 Gänzlich anderer Auffassung zufolge ist beim Sicherungseigentum nicht die Drittwiderspruchsklage, sondern deren verfahrensrechtliches Minus,1026 die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gemäß § 805 Abs. 1 ZPO, einschlägig.1027 Der Wortlaut scheint durchaus auf die Funktion des Sicherungseigentums zugeschnitten zu sein („ein Dritter, der sich nicht im Besitz der Sache befindet“ und über ein „Pfand- oder Vorzugsrecht“ verfügt). So nimmt es nicht wunder, dass die Anwendung von § 805 Abs. 1 ZPO oft auf der Erwägung beruht, der Sicherungsnehmer dürfe vollstreckungsrechtlich nicht besser stehen als ein besitzloser Pfandrechtsgläubiger. Als entscheidender Unterschied zur Drittwiderspruchsklage folgt aus der Anwendung von § 805 Abs. 1 ZPO, dass der Sicherungsnehmer die Verwertung der Sache (und damit den Verlust seiner dinglichen Rechtsposition) nicht verhindern kann. Er muss sich stattdessen dem Vollstreckungsbegehren eines anderen Gläubigers beugen, kann bei der Erlösverteilung aber eine vorrangige Befriedigung verlangen.1028
1022
Zur viel beklagten Unzulänglichkeit dieses Passus Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 41 Rz. 36 ff.; Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1331. 1023 Vgl. nur BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1882 und Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 36. 1024 S. o. 2. Kapitel, I. 1. c) am Ende. 1025 In diesem Sinne Stein/Jonas-Münzberg, § 771 ZPO Rz. 30. Offenbar auch Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 15, der sich dann aber gegen die Drittwiderspruchsklage des Sicherungsnehmers ausspricht (dazu sogleich). 1026 Zu dieser Einordnung Wieczorek/Schütze-Spohnheimer, § 771 ZPO Rz. 24. 1027 Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25; MüKo ZPOSchmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 29; Wieling, Sachenrecht, § 18 (S. 261). Aus der (freilich älteren) Rechtsprechung etwa LG Berlin (West), Urteil v. 23.01.1951, Az. 25 S 672/50, in: JR 1951, 249. Schuschke/Walker-Raebel, § 771 ZPO Rz. 21 will die Drittwiderspruchsklage nur dann zulassen, wenn der Sicherungsnehmer ein Interesse daran hat, den Gegenstand selbst zu verwerten, oder der Wert des Sicherungsguts die Befriedigung der gesicherten Forderung nicht gewährleistet, da dann schon das Pfändungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers zu bezweifeln sei. 1028 Grunsky, JuS 1984, 497, 499; Wieczorek/Schütze-Lüke, § 805 ZPO Rz. 1.
V. Realisierung des Vorrangs
173
Schließlich plädieren einige Stimmen in der Literatur1029 für eine differenzierte Lösung. Danach soll im Grundsatz die Drittwiderspruchsklage statthaft sein. Sobald der Sicherungsnehmer aber dem Schuldner jede Haftungsgrundlage und Dritten somit die Aussicht auf eine erfolgreiche Vollstreckung entzieht, sei die Klage auf vorzugsweise Befriedigung einschlägig. Derartige Ansätze rügen nicht per se den Umfang der übertragenen Güter, sondern die geringe Menge beim Schuldner verbliebener Vermögenswerte und knüpfen hieran Folgen für die Rechtsbehelfe.1030 Auf diese Weise trachten sie danach, den Drittgläubigern eine veritable Haftungsgrundlage zu erhalten – ein Anliegen, das oben bereits im Kontext der Unwirksamkeitsgründe der Sicherungsübereignung angeklungen ist.1031 Die Vertreter dieser Ansicht bedienen sich der – ebenfalls bereits erwähnten1032 – Methode, das Sicherungsrecht erst im Konflikt mit Dritten in seiner Reichweite zu restringieren. Im rechtswissenschaftlichen Diskurs folgten also auf die formale Begründung des Reichsgerichts eine funktionsorientierte Gegenrede und quantitative Differenzierungen. All diese Positionen enthalten wichtige Erwägungen für eine überzeugende Einordnung der Rechtsposition des Sicherungsnehmers in das System der Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen. Ohne Berücksichtigung der im konkreten Fall einschlägigen vollstreckungs- und kreditsicherungsrechtlichen Kontexte kann eine treffende Einordnung des Sicherungseigentums aber nicht gelingen. Die Entscheidung darüber soll deshalb im Folgenden anhand der soeben genannten Zusammenhänge getroffen werden. Eine Gegenüberstellung der Voraussetzungen und Folgen von Drittwiderspruchsklage und Klage auf vorzugsweise Befriedigung erleichtert die weitere vollstreckungsrechtliche Einordnung. Als problemträchtig haben sich für § 771 Abs. 1 ZPO insbesondere die abstrakte Bestimmung der Drittwiderspruchsberechtigung und die konkrete Subsumtion des Sicherungseigentums unter diesen Begriff erwiesen. Mit einer präzisen Erfassung des „veräußerungshindernden Rechts“ scheint daher viel gewonnen. Nachdem er hier nochmal gefallen ist, soll der Normwortlaut im Folgenden nicht mehr bemüht werden; er leidet an zahlreichen Schwächen und verspricht keinen Erkenntniszuwachs.1033 Zielführend ist stattdessen eine Bestimmung der zur Intervention berechtigenden 1029 Lange, NJW 1950, 565, 569; Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 185 ff. Wohl auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 212. Ähnlich LG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 06.06.1952, Az. 20 T 64/52, in: NJW 1952, 1220, 1221 unter Berufung auf § 242 BGB. Differenzierend auch Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 44 f., die darauf abstellen, ob die Sicherungsübereignung „Pfandrechtscharakter“ (dann § 805 Abs. 1 ZPO) habe oder die Eigentumsübertragung tatsächlich gewollt sei (dann § 771 Abs. 1 ZPO). 1030 Dies wird vor allem bei Paulus, aaO, 193 und Serick, aaO, S. 212 f. deutlich. 1031 2. Kapitel, III. 3. a). 1032 2. Kapitel, IV. 3. b). 1033 S. hierzu Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 41 Rz. 36; Schuschke/Walker-Raebel, § 771 ZPO Rz. 15.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Rechtsposition, die vom telos der Drittwiderspruchsklage und der Struktur des Vollstreckungsverfahrens ausgeht. Vielfach wird – in Fortführung einer zweifelhaften reichsgerichtlichen Formel – die Drittwiderspruchsberechtigung angenommen, wenn sich eine schuldnerische Veräußerung der gepfändeten Sache gegenüber dem berechtigten Dritten als rechtswidrig darstellen würde.1034 Das Interventionsrecht speise sich aus der Verfügungsbefugnis des Klägers, so ist zu vernehmen.1035 Überzeugender nimmt sich eine Lösung aus, die die soeben angedeuteten teleologischen und systematischen Vorgaben stärker berücksichtigt. Da bei der Pfändung die materiell-rechtliche Lage grundsätzlich außer Betracht bleibt, droht dem Sicherungseigentümer wie gesehen1036 ein Rechtsverlust. Diesen Verlust abzuwehren ist § 771 Abs. 1 ZPO bestimmt. Der Rechtsbehelf soll also eine „übergriffige“ Vollstreckung in nicht haftendes Vermögen verhindern.1037 Vor diesem Hintergrund muss es darauf ankommen, dass erstens der in Beschlag genommene Gegenstand dem Schuldnervermögen nicht angehört und zweitens der Drittwiderspruchskläger seinerseits ein eigenes, durch die Vollstreckung betroffenes Recht geltend macht.1038 Beides ist bei der Sicherungsübereignung gegeben. Mit der Eigentumsübertragung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB wird die Sache (besser: das Vollrecht daran) dem haftenden Schuldnervermögen entzogen. Der Sicherungsnehmer hingegen erwirbt dieses Vollrecht, das durch die Verwertung beeinträchtigt werden würde – er muss mithin drittwiderspruchsberechtigt sein. Bei genauer Betrachtung der Klage auf vorzugsweise Befriedigung erfährt auch das Argument, der Sicherungsnehmer müsse gleich einem besitzlosen Pfandgläubiger behandelt werden, eine Abschwächung. Denn wenn zuvor von der „besitzlosen“ Sicherungsübereignung die Rede war, dann erfolgte dies aus Rücksicht auf die gebräuchliche Terminologie und unter Gleichsetzung von Besitzlosigkeit und mittelbarem Besitz. Diese Ungenauigkeit darf mit Blick auf § 805 Abs. 1 ZPO nicht fortgeführt werden. Dort meint „ohne Besitz“
1034
RG, Urteil v. 21.03.1927, Az. V 381/26, in: RGZ 116, 363, 366 („Recht als ein die Veräußerung hinderndes im Sinne des § 771 ZPO anzuerkennen (...), wenn die Veräußerung der den Vollstreckungsgegenstand bildenden Sache durch den Schuldner dem berechtigten Dritten gegenüber sich als rechtswidrig darstellen würde“). Auch auf die Rechtswidrigkeit einer gedachten Veräußerung durch den Schuldner abstellend BGH, Urteil v. 11.11.1970, Az. VIII ZR 242/68, in: NJW 1971, 799. 1035 In diesem Sinne Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 207 f.; Stein/Jonas-Münzberg, § 771 ZPO Rz. 16. 1036 Oben 2. Kapitel, IV. 1. b) am Ende. 1037 BGH, Urteil v. 05.11.1953, Az. IV ZR 95/53, in: NJW 1954, 190, 191; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 13 Rz. 8. 1038 So überzeugend Gaul, in: Canaris, Claus-Wilhelm et al. (Hrsg.), FG BGH III, S. 521, 536 f.; ders./Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 41 Rz. 43.
V. Realisierung des Vorrangs
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tatsächlich das Fehlen jeder besitzrechtlichen Beziehung zur Sache.1039 Versagte man dem Sicherungseigentümer nun die Berufung auf § 771 Abs. 1 ZPO, so behandelte man ihn – trotz seines mittelbaren Besitzes – wie einen besitzlosen Pfandgläubiger. Mit einer Anwendung von § 805 Abs. 1 ZPO würde der Sicherungsnehmer gegenüber einem Pfandrechtsinhaber nicht gleich-, sondern schlechtergestellt. Aus vollstreckungsrechtlicher Perspektive spricht daher auch die Besitzlage gegen eine Anwendung von § 805 Abs. 1 ZPO. Für den kreditsicherungsrechtlichen Kontext ist an Form und Zweck der Sicherungsübereignung zu erinnern: Den Parteien ist an der Übertragung des Verwertungsvorrechts mittels Übereignung gelegen. Nach dieser Kurzformel besteht der Zweck der Sicherungsübereignung in der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Realisierungsvorrangs. Lässt man eine solche Disposition zu1040 und nimmt man sie in der Folge ernst, dann muss sich der Sicherungsnehmer gegen Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger, durch die seine Rechtsposition erlöschen würde, durchsetzen. Denn er, der Sicherungsnehmer, soll kraft der Parteiabrede über Zeit und Modalitäten der Verwertung des Sicherungsgegenstandes entscheiden. Nur die Drittwiderspruchsklage erhält ihm diese Entscheidungsbefugnis, da sie ihm ermöglicht, den Sicherungsgegenstand aus dem Vollstreckungszugriff eines anderen Gläubigers zu befreien.1041 In engem Konnex hiermit steht die aus dem Eingangszitat ersichtliche Idee einer Schutzherrschaft des Sicherungsnehmers.1042 Durch die Drittwiderspruchsklage verhindert der Eigentümer nämlich nicht nur eine Verwertung der Sache, sondern auch einen Besitzverlust des Sicherungsgebers daran. Gerade im kaufmännischen Kontext1043 verbirgt sich hinter der Protektion des schuldnerischen Besitzes weniger der Altruismus des Sicherungsnehmers als vielmehr eine wirtschaftliche Erwägung: Wenn – wie so oft – Betriebsmittel des Schuldners sicherungsweise übereignet werden, so kann der Schuldner sie infolge einer Vollstreckungsintervention weiterhin nutzen, um die finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die ihm die Rückzahlung des Darlehens gegenüber dem Sicherungsnehmer ermöglichen. Es handelt sich also um eine (primär) eigennützige Schutzherrschaft des Sicherungsnehmers, die die mit der
1039
Vgl. dazu Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1418; Stein/Jonas-Würdinger, § 805 ZPO Rz. 7, 14. 1040 Dazu oben 2. Kapitel, IV. 1. b) und erneut Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 233 f. 1041 S. dazu Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1272 und Henckel, in: Bettermann, Karl August et al. (Hrsg.), FS für Zeuner, S. 193, 211 f. 1042 Vgl. hierzu neben Lange, NJW 1950, 565, 569 auch Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 127 f. zum Eigeninteresse des Sicherungsnehmers. 1043 Grunsky, JuS 1984, 497, 499 will die Figur der Schutzherrschaft nur in diesem Kontext zulassen, da – was zutrifft – beim Anschaffungskredit eines Verbrauchers idR keine Verbindung zwischen Besitz der Sache und Rückzahlungspotential des Darlehens besteht.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Sicherungsübereignung verbundene Besitzlage aufrechterhalten soll.1044 Gerade bei Sanierungskrediten oder Darlehen zur Erweiterung des schuldnerischen Unternehmens kann es für Sicherungsnehmer und -geber eminent wichtig sein, dass letzterer das Sicherungsgut weiterhin verwenden kann.1045 Unter formalen Gesichtspunkten ist der herrschenden Meinung außerdem zuzugeben, dass das BGB von einem einheitlichen Eigentumsbegriff ausgeht. Soll daher eine Ungleichbehandlung von Güterverschaffungs- und Sicherungseigentum stattfinden, bedarf dies einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung. Andernfalls hat es bei dem einfachen Satz zu bleiben, dass das Sicherungseigentum kraft seiner Eigenschaft als dingliches Vollrecht die Drittwiderspruchsklage stützt. Dies ist insofern konsequent, als eine Qualifikation des Sicherungseigentums als Pfandrecht letztlich auf eine Beschränkung des dinglichen Rechts wegen der schuldrechtlichen Abrede hinausläuft.1046 Seit der Insolvenzrechtsreform wird im Streit um die Drittwiderspruchsklage auch § 51 Nr. 1 Alt. 1 InsO als Argumentationsgrundlage angeführt. Gemäß dieser Bestimmung berechtigt die Sicherungsübereignung den Sicherungsnehmer im Insolvenzverfahren nur zur Absonderung, dem Äquivalent der vorzugsweisen Befriedigung. Es sei hier angemerkt, dass die insolvenzrechtliche Behandlung des Sicherungseigentums schon vor der Neufassung von § 51 InsO jener eines besitzlosen Pfandrechts entsprochen hat.1047 Freilich bemühen die Vertreter der widerstreitenden Ansichten die Norm jeweils in der Weise, die das gewünschte Ergebnis stützt.1048 Die herrschende Meinung spricht sich gegen eine Gleichbehandlung, die Mindermeinung hingegen für eine Koordination von InsO und ZPO aus.1049 Beizupflichten ist der herrschenden Meinung. Erstens muss die systematische Einordnung von § 51 InsO gewürdigt werden. In der Insolvenz wird das gesamte Schuldnervermögen liquidiert. Diesem Verwertungszweck widerspräche es, wenn der Sicherungsnehmer im Wege der Aussonderung die Haftungsmasse schmälern könnte.1050 Zweitens – so die häufige Begründung – erfolgt die haftungsrechtliche Einordnung des Sicherungseigentums im Insolvenzverfahren nach einer 1044 So auch Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 127 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 210. 1045 Becker-Eberhard, AcP 185 (1985), 429, 465 f.; Bötticher, MDR 1950, 705, 707. 1046 Ähnlich Scheer, JR 1952, 441; Wilhelm, Sachenrecht, Rz. 2435. 1047 S. RG, Urteil v. 01.02.1938, Az. VII 174/37, in: RGZ 157, 40, 45 und später BGH, Urteil v. 28.06.1978, Az. VIII ZR 60/77, in: NJW 1978, 1859. Hierzu auch Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 41 Rz. 73. 1048 Vgl. etwa Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1336 und Wieczorek/Schütze-Spohnheimer, § 771 ZPO Rz. 20 gegenüber MüKo ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 29 und Schuschke/Walker-Raebel, §771 ZPO Rz. 21. 1049 Ibid. 1050 Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 129 f. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 31 heben die in §§ 166 ff. InsO zum Ausdruck kommende „Verwertungshoheit“ des Insolvenzverwalters als Grund für die abweichende Regelung hervor.
V. Realisierung des Vorrangs
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wirtschaftlichen Betrachtungsweise.1051 Unter diesem Blickwinkel ist die Gleichbehandlung von Sicherungseigentum und besitzlosem Pfandrecht in der Insolvenz gerechtfertigt. Drittens – und dies wiegt schwer – hat der Gesetzgeber mit § 51 InsO von seiner Ausgestaltungsbefugnis hinsichtlich des Eigentums Gebrauch gemacht, im gleichen Zuge aber eine Änderung der ZPO unterlassen. Dies legt nahe, dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt – Analogien zu § 51 Nr. 1 Alt. 1 InsO erscheinen deshalb methodisch fragwürdig. Auch an der vergleichbaren Sachlage ist angesichts der strukturellen Unterschiede zwischen Einzel- und Gesamtvollstreckung zu zweifeln. Wenn man aus der Existenz von § 51 InsO also überhaupt Erkenntnisse für die Behandlung des Sicherungseigentums in der Zwangsvollstreckung ableiten will, dann wohl am ehesten das argumentum e contrario, dass in der Singularvollstreckung das Sicherungseigentum den allgemeinen Regeln unterliegt und § 771 Abs. 1 ZPO anwendbar bleibt. bb) Gegenrechte des Vollstreckungsgläubigers Der ungesicherte Gläubiger, dessen Vollstreckungsvorhaben infolge der Drittwiderspruchsklage eingestellt zu werden droht, ist bei alldem keineswegs schutzlos gestellt. Er kann nämlich Einwendungen (im weitesten Sinne) gegen die Interventionsklage geltend machen, wenn sich die Sicherungsübertragung als angreifbar erweist. Hauptsächlich drei Fallgruppen kommen hierfür in Frage. Erstens besteht die Möglichkeit, das Bestehen eines Interventionsrechts zu leugnen, indem etwa die Nichtigkeit der Übereignung wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) geltend gemacht wird.1052 Namentlich das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung im oben erörterten Sinne1053 stützt diesen Einwand des Vollstreckungsgläubigers.1054 Zweitens kann der Vollstreckungsgläubiger einer Interventionsklage die Einrede der Anfechtbarkeit (§ 9 AnfG) entgegenhalten, wenn die Veräußerung den Tatbestand eines Anfechtungsgrundes erfüllt.1055 Auch hierzu kann auf das bereits Gesagte1056 verwiesen und bloß die Rechtsfolge nachgetragen werden: Der Sicherungsnehmer hat in diesem Fall die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand zu dulden. Eine dritte Fallgruppe schließlich, diffus und vielgestaltig, eröffnet dem 1051 So (im Einklang mit BT-Drucks. 12/2443, S. 125) MüKo InsO-Ganter, § 51 InsO Rz. 9 mit weiteren Begründungsansätzen in Rz. 5 ff. S. a. Schmidt-Thole, § 51 InsO Rz. 2. 1052 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1432; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 217 („Einwand der Sittenwidrigkeit“). 1053 S. dazu 2. Kapitel, III. 1. a), 3. a). 1054 MüKo ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 46 weisen darauf hin, dass es sich hierbei um rechtsvernichtende Einwendungen handelt. Musielak/Voit-Lackmann, § 771 ZPO Rz. 31 schätzt deren Erfolgsaussichten als gering ein. 1055 Schuschke/Walker-Raebel, § 771 ZPO Rz. 39. Ausführlich hierzu Stratmann, Die Zwangsvollstreckung in anfechtbar veräußerte Gegenstände, S. 137 ff. 1056 Vgl. erneut 2. Kapitel, III. 1. a), 3. a).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Vollstreckungsgläubiger Abwehrmöglichkeiten, wenn sich der Sicherungsnehmer durch Erhebung der Drittwiderspruchsklage in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich verhält.1057 Auf diese Weise sind sämtliche Unwirksamkeitsgründe und Ausübungshemmnisse erfasst, sodass Differenzierungen nach dem Sicherungsumfang, die sich auf den Rechtsbehelf auswirken, überflüssig sind. Entweder die Sicherungsübereignung erfüllt die materiellen Anforderungen an ein wirksames Rechtsgeschäft – dann muss sie den Sicherungsnehmer zur Drittwiderspruchsklage berechtigen –, oder sie respektive ihre Geltendmachung leidet an einem Fehler, der dem Sicherungsnehmer die Berufung auf § 771 Abs. 1 ZPO verschließt. Wie verhält es sich bei alldem mit Einwänden, die sich aus der Tilgung der gesicherten Forderung ergeben? Wenn der Schuldner die Darlehenssumme bereits vollständig zurückgezahlt hat und der Sicherungsnehmer dennoch die Drittwiderspruchsklage gegen die Vollstreckung eines Dritten anstrengt, agiert er nach herrschender Meinung bei Berufung auf sein Eigentum arglistig, verstößt also gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Immerhin sei er zur Rückübertragung des Vollrechts verpflichtet1058 und könne seine Rechtsposition daher einem Vollstreckungsgläubiger nicht entgegenhalten:1059 Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est.1060 Dass die Fälligkeit des schuldrechtlichen Rückübereignungsanspruchs auf diese Weise das dingliche Interventionsrecht aushebelt und eine Quasi-Akzessorietät des Sicherungseigentums entsteht,1061 wird in Kauf genommen. Bei einer nur teilweise getilgten Forderung wird danach unterschieden, ob die Sicherung einen einzelnen Gegenstand oder eine Mehrzahl von Gütern erfasst. Für Sachmehrheiten gilt, dass dem Schuldner bei fortschreitender Tilgung der Forderung ein Freigabeanspruch gegen den Sicherungsnehmer
1057 Beispielsweise haben in einem Sachverhalt, über den das OLG Bremen (Urteil v. 11.07.1989, Az. 3 U 38/89, in: OLGZ 1990, 73) zu entscheiden hatte, Sicherungsgeberin und -nehmerin die Gegenstände nur sicherungsweise übertragen, um sie dem Zugriff Dritter zu entziehen und sie für die Sicherungsnehmerin zu erhalten. 1058 Bei einer auflösend bedingten Sicherungsübereignung geht das Eigentum des Sicherungsnehmers automatisch mit der Zahlung auf den Schuldner über (§ 158 Abs. 2 BGB), sodass eine Drittwiderspruchsklage bereits am Interventionsrecht scheitert. 1059 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1882; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 13 Rz. 14. 1060 „Böswillig handelt, wer verlangt, was sofort zurückzugeben ist“. Zur Anerkennung des Rechtssatzes s. BGH, Urteil v. 08.10.2013, Az. II ZR 310/12, in: BB 2013, 3088, 3090 und Palandt-Grüneberg, § 242 BGB Rz. 52. 1061 Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S. 610 ff. weist zudem darauf hin, dass das Titelerfordernis zwischen Vollstreckungsgläubiger und Sicherungsnehmer umgangen wird.
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zusteht.1062 Andernfalls würde die Sicherungsübereignung in eine Sittenwidrigkeit wegen nachträglicher Übersicherung „hineinwachsen“. Die in diesem Fall bestehende Freigabepflicht führt bei Ernstnahme der Dolo-agit-Sentenz dazu, dass der Sicherungsnehmer nicht vorbringen kann, das gesamte Sicherungsgut sei seinem Vermögen zuzuordnen. Daher gerät die Erhebung der Drittwiderspruchsklage nach herrschender Meinung ebenfalls dann zur unzulässigen Rechtsausübung, wenn dem gesicherten Gläubiger auch nach Subtraktion der gepfändeten Gegenstände noch genügend schuldnerische Haftungsmasse zur Befriedigung der gesicherten Forderung verbleibt.1063 Wurde dem Gläubiger nur eine Sache übereignet, so würde eine Freigabepflicht das anerkennenswerte Interesse an vollständiger Sicherung der Forderung hingegen konterkarieren. In diesem Fall wird dem Sicherungsnehmer daher die Erhebung der Drittwiderspruchsklage gestattet, auch wenn die Forderung teilweise getilgt ist.1064 Kann sich der Vollstreckungsgläubiger nicht durch Einwendungen gegen die Drittwiderspruchsklage wehren, dann verbleibt ihm noch die Option, den Rückübereignungsanspruch des Sicherungsgebers (aus dem Sicherungsvertrag) zu pfänden und ihn sich zur Einziehung überweisen zu lassen (§§ 857 Abs. 1, 829 ZPO).1065 Dies wiederum drängt die Frage auf, wie es sich auswirkt, wenn der Vollstreckungsgläubiger anbietet, die offene Forderung vor ihrer Fälligkeit gegen Auslösung des Sicherungsgegenstandes zu erfüllen. Auch hier ist es denkbar, einem Sicherungsnehmer, der die Auslösung gegen Annahme der angetragenen Leistung verweigert, treuwidriges Verhalten vorzuwerfen.1066 Dabei sind mehrere Sachebenen zu unterscheiden. Dass der Vollstreckungsgläubiger die Forderung als Dritter erfüllen kann, ergibt sich zunächst aus § 267 Abs. 1 BGB. Hiergegen steht weder dem Schuldner noch dem gesicherten Gläubiger ein
1062 S. dazu BGH, Beschluss v. 27.11.1997, Az. GSZ 1 u. 2/97, in: NJW 1998, 671 und Schimansky/Bunte/Lwowski-Ganter, § 90 Rz. 353 ff. 1063 Statt vieler Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 220 f. 1064 So auch Bötticher, MDR 1950, 705, 709, der hervorhebt, dass sich das Sicherungseigentum auf das gesamte Sicherungsobjekt erstreckt. 1065 BGH, Urteil v. 19.10.1955, Az. IV ZR 84/55, in: WM 1956, 158, 159; MüKo ZPOSmid, § 857 ZPO Rz. 24. 1066 Von dieser Konstellation ist der Fall zu unterscheiden, in dem der Sicherungsgeber selbst den Gegenstand durch vorzeitige Darlehensrückzahlung auslösen will. Denn in der hiesigen Konstellation konfligieren das Erhaltungsinteresse des Sicherungsnehmers und das Befriedigungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers, in der zuvor genannten hingegen das Erhaltungsinteresse des Sicherungsnehmers und die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Sicherungsgebers (s. dazu und zum Anspruch des Sicherungsgebers „auf Einwilligung in die vorzeitige Kreditabwicklung“ aus § 242 BGB BGH, Urteil v. 01.07.1997, Az. XI ZR 267/96, in: NJW 1997, 2875; Erman-Saenger, § 488 BGB Rz. 54).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
isoliertes Widerspruchsrecht zu.1067 Ob die Darlehensforderung auch frühzeitig erfüllt werden kann, ist allerdings umstritten. Für die hier interessierenden Verträge ist davon auszugehen, dass zwischen Schuldner und (gesichertem) Gläubiger ein verzinstes und befristetes Darlehen besteht. Eine Mindermeinung bejaht in dieser Konstellation unter Verweis auf § 271 Abs. 2 BGB ein Auslösungsrecht, wenn der Dritte (Vollstreckungsgläubiger) dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) eine Vorfälligkeitsentschädigung für den Zinsverlust entrichtet.1068 Demgegenüber nimmt die herrschende Meinung eine Erfüllungssperre an: Aus § 488 Abs. 3 S. 3 BGB gehe e contrario hervor, dass eine vorzeitige Rückzahlung nur bei unverzinslichen Darlehen in Betracht komme.1069 Lehnt der Sicherungsnehmer also ein Zahlungsangebot des Vollstreckungsgläubigers ab, handelt er nach herrschender Meinung nicht treuwidrig. Ob dies tatsächlich auch gilt, wenn der Vollstreckungsgläubiger für die zu erwartenden Zinsen einen Ausgleich anbietet, wird aus den Quellen nicht immer klar. Einige Stimmen in Literatur und Rechtsprechung ordnen die Zurückweisung eines solchen Angebots als unzulässig ein und versagen dem Sicherungsnehmer daher das Interventionsrecht.1070 Auf diesem Umweg gelänge es dem Vollstreckungsgläubiger also, die Drittwiderspruchsklage durch vorzeitige Erfüllung und Ausgleich des Zinsverlustes abzuwenden. Dass der gesicherte Gläubiger dadurch – ähnlich wie bei einem Verweis auf die vorzugsweise Befriedigung – die Kontrolle über den Verwertungszeitpunkt verliert, erregt kaum vernehmbaren Anstoß. Gegen dieses Ergebnis sind indes (nicht nur wegen seiner Inkonsequenz) sehr wohl Zweifel angebracht. Denn mit der vorzeitigen Erfüllung und Auslösung können legitime (Sicherungs-)Interessen des Darlehensgebers frustriert werden – der erwartete Zins ist dabei nur ein pars pro toto. Man denke etwa an Sanierungskredite oder an Darlehen zur Erweiterung des schuldnerischen Unternehmens; kurzum: an Erwägungen, die noch bei der Statthaftigkeit der Drittwiderspruchsklage auf Zustimmung gestoßen sind. Anstatt den angreifbaren Umkehrschluss1071 aus § 488 Abs. 3 S. 3 BGB zu bemühen, erscheint es daher angebracht, gerade bei gesicherten Darlehen im Wege der Vertragsauslegung die mit dem Sicherungsgeschäft verbundenen Interessen zu berücksichtigen. Eine solche an den vertraglichen Interessen orientierte Lösung 1067 OLG Celle, Beschluss v. 10.06.1960, Az. 8 U 25/60, in: NJW 1960, 2196; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1417. 1068 So Staudinger-Freitag, § 488 BGB Rz. 168 f. 1069 OLG Hamm, Urteil v. 13.02.2012, Az. I-5 U 113/11, in: MDR 2012, 451; jurisPK BGB-Schwintowski, § 488 BGB Rz. 59; MüKo BGB-Weber, § 488 BGB Rz. 352 f. 1070 So in der Literatur etwa Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 73. Aus der Rechtsprechung bspw. OLG Celle, Beschluss v. 10.06.1960, Az. 8 U 25/60, in: NJW 1960, 2196, wo Schuldner und Gläubiger allerdings ein vorzeitiges Auslösungsrecht vereinbart hatten. 1071 Genau genommen bezieht sich § 488 Abs. 3 S. 3 BGB nur auf unverzinsliche Darlehen, nicht aber auf verzinsliche. Dementsprechend stellt etwa BeckOGK BGB-Weber, § 488 BGB Rz. 352 explizit auf die in der Norm enthaltene Wertung ab.
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harmoniert mit den Materialien zum BGB1072 und ist mit § 271 Abs. 2 BGB, der eben nur eine Auslegungsregel („im Zweifel“) enthält, vereinbar. Treuwidrig handelt der Sicherungsnehmer demnach nur, wenn er sich der vorzeitigen Erfüllung verschließt, obwohl kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Tilgungsplans besteht. Ein Verstoß gegen § 242 BGB ist daher nur in Ausnahmefällen anzunehmen.1073 Im Fall einer bedingten Sicherungsübereignung liegt die Pfändung des entstandenen Anwartschaftsrechts nahe (§§ 808; 857 Abs. 1, 829 ZPO).1074 Ob all diese Maßnahmen indes (wirtschaftlich) sinnvoller sind als der Rückgriff auf andere Vermögenswerte des Schuldners, hängt vom Einzelfall ab.1075 Unbenommen bleibt es den beteiligten Parteien bei alldem, einen Auflösungsvertrag zu schließen, durch den der Sicherungsgegenstand ausgelöst und dem Sicherungsnehmer eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichtet wird.1076 cc) Zeitliche Grenzen für die Erhebung der Drittwiderspruchsklage Zeitlich kann die Drittwiderspruchsklage bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung erhoben werden. Sie ist zunächst auf das Eigentum am gepfändeten Gegenstand gestützt. Wie gesehen1077 erwirbt der Ersteher bei einer Versteigerung kraft öffentlich-rechtlichen Akts das Eigentum auch an schuldnerfremdem Sicherungsgut, wenn ihm die Sache abgeliefert wird. Da infolgedessen der gezahlte Versteigerungserlös gleichsam an die Stelle der gepfändeten Sache tritt, setzt sich die Berechtigung des Sicherungsnehmers am ursprünglichen
1072
Protokolle, S. 1694 ff. = Mugdan, Materialien, Band II, S. 761 f. Wie hier schon Hammen, DB 1991, 953 ff. 1073 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 223 nennt den Fall, dass die Restforderung geringfügig ist und der Dritte (hier: der Vollstreckungsgläubiger) dem Sicherungsnehmer auch für die Zinsen einen Ausgleich verspricht. Selbst in diesem Fall muss aber untersucht werden, ob mit der Sicherung verbundene Interessen einer vorzeitigen Auslösung entgegenstehen. 1074 Nach herrschender Meinung hat dies durch die in den zitierten Normen angedeutete Doppelpfändung (Sach- und Rechtspfändung) zu erfolgen, s. BGH, Urteil v. 24.05.1954, Az. IV ZR 184/53, in: NJW 1954, 1325. Umfassend zu den im Einzelnen streitigen „Pfändungstheorien“ beim Anwartschaftsrecht Baur/Stürner, Sachenrecht, § 59 Rz. 41. 1075 Hierauf weist Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 222 f., 228 f. hin, da der Vollstreckungsgläubiger vor Fälligkeit der Forderung regelmäßig keine gesicherte Rechtsposition erwirbt und er den Sicherungsgegenstand nicht eigenmächtig durch Zahlung vor Fälligkeit auslösen kann. Zu weiteren Zugriffsproblemen des Vollstreckungsgläubigers bei Sicherheiten mit revolvierendem Bestand Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 81 f. 1076 Statt vieler MüKo BGB-Berger, § 488 BGB Rz. 52. Eine entsprechende Standardklausel enthält das „II. Muster: Darlehensvertrag“ in der FormularBibliothek Vertragsgestaltung-Zittel, Teil 2 Darlehen, § 1. 1077 S. o. 2. Kapitel, IV. 1. b).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Gegenstand am Erlös fort.1078 Der vormalige Inhaber des Vollrechts erwirbt demnach im Wege dinglicher Surrogation das „Eigentum am Erlös“1079. Vermöge dieser Rechtsposition kann er nach Verwertung der Sache und vor der Auskehr des Erlöses an den Vollstreckungsgläubiger ein veräußerungshinderndes Recht am Erlös geltend machen, mithin die Drittwiderspruchsklage diesbezüglich erheben. Der Interimscharakter dieses Stadiums wird allerdings deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Vollstreckungsgläubiger mit Auszahlung des Erlöses seinerseits „Eigentum“ daran erwirbt.1080 Dieser Zeitpunkt markiert zugleich das Ende des Vollstreckungsverfahrens und den Augenblick, in dem der Sicherungsnehmer seiner dinglichen Rechtsposition gänzlich verlustig geht. b) Herausgabe- und Rückübereignungsansprüche des Sicherungsnehmers Ausnahmsweise verbleibt dem Sicherungsnehmer dennoch die Möglichkeit, den versteigerten Gegenstand vom Ersteher herauszuverlangen, obwohl er die Einlegung der Drittwiderspruchsklage versäumt hat. Hierauf gerichtete Ansprüche versprechen allerdings nur dann Erfolg, wenn die Verwertung der Sache nicht zum Eigentumserwerb des Erstehers geführt hat. Als Gründe dafür kommen die fehlende Verstrickung des Gegenstandes und die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften in Betracht.1081 Mangelnde Gutgläubigkeit schadet dem Ersteher nur, wenn die Sache auf Anordnung des Vollstreckungsgerichts (§ 825 Abs. 2 ZPO) von einem privaten Auktionator versteigert und abgeliefert wird. Dann nämlich erfolgt der Erwerb zivilrechtlich, sodass §§ 932 ff. BGB, § 366 Abs. 1 HGB anwendbar sind.1082 Im Regelfall einer erfolgreichen Verwertung bestehen allerdings keine Herausgabeansprüche gegen den Erwerber. Für die rei vindicatio aus § 985 BGB fehlt dem Sicherungsnehmer das Eigentum; possessorische (§§ 869, 861 Abs. 1 BGB) und petitorische Ansprüche (§ 1007 Abs. 1, Abs. 2 BGB) scheitern mangels verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB) beziehungsweise am Eigentum des Erstehers (§ 1007 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB).1083 1078
Allgemein anerkannt, vgl. nur BGH, Urteil v. 16.05.2013, Az. IX ZR 204/11, in: NJW 2013, 2519, 2520 und Stein/Jonas-Würdinger, § 819 ZPO Rz. 1. 1079 So die übliche Wendung, vgl. den BGH, aaO, 2521 und Prütting/Gehrlein-Flury, § 819 ZPO Rz. 2. Ähnlich schon RG, Urteil v. 21.01.1938, Az. VII 106/37, in: RGZ 156, 395, 399. 1080 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 53 Rz. 29 f.; ZöllerHerget, § 819 ZPO Rz. 1 f. 1081 Vgl. hierzu Büchler, JuS 2011, 691, 692; Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1182. 1082 Zu einem solchen Fall s. BGH, Urteil v. 02.07.1992, Az. IX ZR 274/91, in: NJW 1992, 2570, 2572 f. 1083 S. dazu und zum Folgenden Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 456 ff.; Büchler, JuS 2011, 691 ff., 779 ff. und Nikolaou, Der Schutz des Eigentums an beweglichen Sachen Dritter bei Vollstreckungsversteigerungen, S. 23 ff.
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Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 681 S. 2, 667 BGB; §§ 687 Abs. 2, 678 BGB) scheiden – auch analog – aus, da es wahlweise am Fremdgeschäftsführungswillen oder am fremden Geschäft fehlt, wenn der Ersteher den Gegenstand erwirbt.1084 Ebenso sind die Voraussetzungen deliktischer Herausgabe- bzw. Rückübereignungsansprüche (§ 823 Abs. 1 bzw. § 826 BGB iVm § 249 Abs. 1 BGB) gegen den Ersteher in aller Regel nicht erfüllt. Zwar stellt der Eigentumsverlust eine taugliche Rechtsgutsverletzung des Sicherungsnehmers dar; jedoch erfolgt die hoheitliche Übertragung auf den Erwerber in Gemäßheit mit §§ 814 ff. ZPO, mithin rechtmäßig.1085 Für einen Anspruch aus § 826 BGB fehlt es im hier interessierenden Fall gemeinhin an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung. Außerdem erschleicht sich der Ersteher nur in seltenen Fällen den Zuschlag, um den ursprünglichen Eigentümer zu schädigen. Dies aber ist eine Voraussetzung für den Anspruch aus § 826 BGB.1086 Schließlich verschafft das Bereicherungsrecht dem Sicherungsnehmer keinen Herausgabe- oder Rückübereignungsanspruch. Für einen solchen aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB fehlt es an einer Verfügung des Erstehers. Auch eine Berufung auf § 816 Abs. 2 BGB scheitert, weil der Erwerber kein „Nichtberechtigter“ im Sinne der Norm ist.1087 Da der Zuschlag des Gerichtsvollziehers überdies einen Rechtsgrund für den Eigentumserwerb des Höchstbietenden darstellt,1088 liegen die Voraussetzungen von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB nicht vor. Aus dieser Übersicht ergibt sich, dass die gegen den Ersteher gerichteten Herausgabe- und Rückübereignungsansprüche regelmäßig ins Leere laufen. c) Ausgleichsansprüche des Sicherungsnehmers In Ermangelung eines Herausgabeanspruchs dürfte dem Sicherungsnehmer am finanziellen Ausgleich für den Verlust seines Eigentums gelegen sein. Auf den ersten Blick gewährt ihm das materielle Recht auch hierfür einen bunten Strauß an Anspruchsgrundlagen1089 – vor allem gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger.1090 Zur Strukturierung wird im Folgenden nach der Rechtsnatur des 1084
Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 460; Pfeiffer, JA 2012, 892, 893. Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 53 Rz. 54; Herberger, JA 2018, 256, 259. 1086 BGH, Urteil v. 24.10.1978, Az. VI ZR 67/77, in: NJW 1979, 162, 163; Jäckel, JA 2010, 357, 362. 1087 Berg, NJW 1972, 1996, 1997. Ausführlich Staudinger-Lorenz, § 816 BGB Rz. 12. 1088 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1881; PalandtSprau, § 812 BGB Rz. 45, 111. 1089 Auf den denkbaren Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB iVm Art. 34 GG wird an dieser Stelle nur hingewiesen (näher dazu Pfeiffer, JA 2012, 892, 895 f.). 1090 Dazu, dass Ansprüche gegen den Ersteher regelmäßig scheitern, s. oben 2. Kapitel, V. 1. b). 1085
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Anspruchs unterschieden und innerhalb dessen klargestellt, wann sich der ehemalige Eigentümer an einen anderen als den Vollstreckungsgläubiger wenden kann. aa) Ansprüche wegen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB Eine erste diskutable Anspruchsgrundlage enthält § 280 Abs. 1 BGB. Um Schadensersatz verlangen zu können, muss der Gläubiger hierfür geltend machen, dass der Anspruchsgegner eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt hat. Neuralgische Punkte im hier interessierenden Kontext sind vor allem die Merkmale des „Schuldverhältnisses“ und der „Pflichtverletzung“. Zwei Konstellationen gilt es zu unterscheiden. Das Bestehen eines Schuldverhältnisses lässt sich einmal zwischen Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger erwägen. Tatsächlich sieht die Rechtsprechung das für § 280 Abs. 1 BGB nötige Rechtsverhältnis als durch die Pfändung entstanden an, denn aus dem Vollstreckungseingriff ergebe sich „eine rechtliche Sonderbeziehung [...] privatrechtlicher Art“.1091 Weite Teile der Literatur begegnen dieser Einordnung mit Ablehnung.1092 Aus den zitierten Urteilen gehe insbesondere kein sachlicher Grund hervor, von der bloßen Beschlagnahme der Sache auf die Begründung einer rechtlichen Sonderbeziehung zu schließen.1093 Es scheine vielmehr, als stehe hinter der befürworteten Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB vor allem der Wunsch, den Weg zur Beweislastumkehr aus § 280 Abs. 1 S. 2 BGB und zur Zurechnungsnorm aus § 278 BGB zu ebnen. Selbst bei Annahme eines Schuldverhältnisses müssten dem Vollstreckungsgläubiger zudem eine Pflichtverletzung und ein Vertretenmüssen vorzuwerfen sein. Mangels einer Prüfpflicht des Vollstreckungsgläubigers hinsichtlich der Vermögenszugehörigkeit gepfändeter Gegenstände ist von einer Schadensersatzpflicht nur dort auszugehen, wo der wahre Eigentümer ihm die fehlende Schuldnerberechtigung vor der Verwertung glaubhaft gemacht hat.1094 Von der fragwürdigen Konstruktion abgesehen erscheint ein Anspruch des Sicherungsnehmers gegen den Vollstreckungsgläubiger aus § 280 Abs. 1 BGB daher wenig aussichtsreich. Die Sicherungsabrede zwischen Sicherungsgeber und -nehmer stellt hingegen unproblematisch ein Schuldverhältnis im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB 1091 BGH, Urteil v. 07.03.1972, Az. VI ZR 158/70, in: NJW 1972, 1048, 1049 (mit der wichtigen Bezugnahme auf § 278 BGB) sowie BGH, Urteil v. 30.10.1984, Az. VI ZR 25/73, in: NJW 1985, 3080, 3081 („gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art“). 1092 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 8 Rz. 22 f.; Musielak, JuS 1999, 881, 883; MüKo ZPO-Gruber, § 804 ZPO Rz. 46. 1093 Vgl. insbesondere Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 14 f. Siehe auch Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, S. 541 ff. 1094 BGH, Urteil v. 11.11.1970, Az. VIII ZR 242/68, in: NJW 1971, 799, 800 f. mit Hinweis auf §§ 771, 808 ZPO; Büchler, JuS 2013, 691, 696.
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dar.1095 In dessen Rahmen ist es auch gerechtfertigt, dem Schuldner eine Pflicht zur Anzeige von Pfändungen durch Dritte aufzuerlegen.1096 Unterlässt es der Sicherungsgeber also, den gesicherten Gläubiger über die Beschlagnahme von Sicherungsgut zu unterrichten, dann löst dies einen Schadensersatzanspruch für den Fall, dass der Sicherungsnehmer das Eigentum daran verliert, aus.1097 Ob sich dieser Anspruch als werthaltig erweist, ist eine andere Frage. bb) Ansprüche aus dinglichem Recht Gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger ist ferner ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 990 Abs. 1, 989 BGB denkbar. Zumeist wird dieser jedoch schon unter Verweis auf die fehlende Vindikationslage und die Sperrwirkung der Drittwiderspruchsklage abgelehnt.1098 Selbst bei Anwendung der §§ 986 ff. BGB1099 würden die Ansprüche ein Verschulden des Vollstreckungsgläubigers voraussetzen. Dieses dürfte (wie das Vertretenmüssen) selten gegeben sein. cc) Ansprüche wegen Geschäftsführung ohne Auftrag Für einen Erlösherausgabe- bzw. Schadensersatzanspruch wegen angemaßter Eigengeschäftsführung kommen zunächst §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 und §§ 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB in Betracht. Tatsächlich erfüllen Pfändung und Verwertung den Tatbestand eines „fremden Geschäfts“ für den Vollstreckungsgläubiger, da diese Vorgänge in den Sorgebereich des Eigentümers (und seiner Gläubiger) fallen. Überdies erweist sich die Verwertung der Sache für den Vollstreckungsgläubiger als unberechtigt, weil er über kein Pfändungspfandrecht (oder materielles Verwertungsrecht) verfügt.1100 Da beide Ansprüche aber Kenntnis von der fehlenden Berechtigung zur Geschäftsbesorgung voraussetzen (§ 687 Abs. 2 S. 1 BGB), scheiden auch sie in aller Regel aus.1101
1095
S. dazu oben 2. Kapitel, III. 1. a). So richtigerweise Jauernig-Berger, § 930 BGB Rz. 36; Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 219. Allgemeiner Schuschke/Walker-Raebel, Anhang zu § 771 ZPO Rz. 11 zum Anspruch des ursprünglichen Eigentümers aus dem Besitzmittlungsverhältnis (hier: Sicherungsvertrag). 1097 Zu weiteren Ansprüchen gegen den Schuldner s. Jäckel, JA 2010, 357, 363; Stadler/Bensching, Jura 2002, 438, 445. 1098 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1882; Berg, NJW 1972, 1996; Staudinger-Gursky, § 985 BGB Rz. 16. 1099 Diese befürworten etwa Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 16 f. und MüKo ZPO-Gruber, § 804 ZPO Rz. 46. Jüngst (ablehnend) hierzu Loyal, ZfPW 2017, 67 ff. 1100 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 468; Jäckel, JA 2010, 357, 363. 1101 Büchler, JuS 2011, 691, 694; Herberger, JA 2018, 256, 260. 1096
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
dd) Ansprüche wegen unerlaubter Handlung Gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger liegen die Dinge deliktsrechtlich zunächst anders als noch gegenüber dem Ersteher, denn die Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen ist an dieser Stelle als rechtswidrige Rechtsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB einzustufen.1102 Die formell korrekte Durchführung des Vollstreckungsverfahrens entfaltet also keine Legalisierungswirkung. In den allermeisten Fällen dürfte es jedoch am erforderlichen Verschulden des Vollstreckungsgläubigers fehlen. Hieran knüpft die herrschende Meinung (auch mit Blick auf die Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens) in der vorliegenden Fallgestaltung nämlich zu Recht hohe Anforderungen. Demzufolge handelt der Vollstreckungsgläubiger auch an dieser Stelle nur dann schuldhaft, wenn der wahre Eigentümer ihm seine Rechtsinhaberschaft zuvor dargelegt und glaubhaft gemacht hat.1103 ee) Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung Für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich kommen im Wesentlichen zwei Anspruchsgrundlagen gegen den Vollstreckungsgläubiger in Betracht. Die Voraussetzungen der ersten – § 816 Abs. 1 S. 1 BGB – sind nicht erfüllt, da es an einer Verfügung des Vollstreckungsgläubigers fehlt.1104 Aussichtsreich, zumal verschuldensunabhängig, ist hingegen die zweite Anspruchsgrundlage aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Mit der Auszahlung des Erlöses erlangt der Vollstreckungsgläubiger im Wege der hoheitlichen Übertragung durch den Gerichtsvollzieher „Eigentum“ hieran.1105 Da der Erlös infolge dinglicher Surrogation dem ursprünglichen Sacheigentümer zusteht, erwirbt der vollstreckende Gläubiger die Berechtigung daran „auf Kosten“ des Sicherungsnehmers und „in sonstiger Weise“ gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB.1106 Auch diese teils „verlängerte Drittwiderspruchsklage“ 1102
Dies gilt auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vollstreckungsverfahren, wenn – wie hier – ein am Verfahren Unbeteiligter (der Sicherungsnehmer) einen Rechtsverlust erleidet, vgl. BGH, Urteil v. 12.05.1992, Az. VI ZR 257/91, in: NJW 1992, 2014, 2015 und Musielak, JuS 1999, 881, 885 jeweils zum Sicherungseigentum. 1103 S. wie zu § 280 Abs. 1 BGB schon BGH, Urteil v. 11.11.1970, Az. VIII ZR 242/68, in: NJW 1971, 799, 800 f. und BGH, Urteil v. 07.03.1972, Az. VI ZR 158/70, in: NJW 1972, 1048, wonach „an die Feststellung eines Gläubigerverschuldens deshalb strenge Anforderungen gestellt werden müssen, weil dem betroffenen Dritten die Darlegung und Glaubhaftmachung seiner Rechte obliegt“. 1104 Die Eigentumsübertragung des Gerichtsvollziehers stellt einen hoheitlichen Akt dar, auf den § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nicht anwendbar ist, vgl. schon RG, Urteil v. 21.01.1938, Az. VII 106/37, in: RGZ 156, 395, 399 f.; Erman-Buck-Heeb, § 816 BGB Rz. 5. 1105 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1881; Stein/Jonas-Würdinger, § 819 ZPO Rz. 9. 1106 S. BGH, Urteil v. 16.05.2013, Az. IX ZR 204/11, in: NJW 2013, 2519, 2520 zur Einschlägigkeit der Nichtleistungskondiktion und dazu, dass es sich bei der Übertragung durch
V. Realisierung des Vorrangs
187
genannte Variante der Eingriffskondiktion setzt voraus, dass der Vollstreckungsgläubiger den Bereicherungsgegenstand „ohne Rechtsgrund“ erlangt hat.1107 Als rechtlichen Grund für den Erwerb scheint sich zunächst ein Rückgriff auf die der Übertragung zugrundeliegenden Tatbestände anzubieten. Wenn aus §§ 815 Abs. 3, 817 Abs. 4 S. 2, 819 ZPO nämlich folgt, dass der Vollstreckungsgläubiger durch die Erlösauskehr wegen seiner Forderung befriedigt wird, dann mag dies auf den ersten Blick einen Rechtsgrund für seinen Erwerb andeuten.1108 Indes dienen die zitierten Normen dem Schuldnerschutz.1109 Dessen Vermögen ist bei Verwertung einer im Dritteigentum stehenden Sache allerdings gar nicht betroffen, sodass sich die besagten Tatbestände kaum als argumentative Stütze eignen. Zudem regeln die §§ 814 ff. ZPO bloß den prozessualen Ablauf der Verwertung. Sie geben hingegen keine Auskunft über die materielle Berechtigung am Bereicherungsgegenstand und stellen mithin keinen tauglichen Rechtsgrund dar.1110 Gleiches gilt für den Zuschlag. Dieser berechtigt den Ersteher zum Behalten der Sache, soll aber nicht dem Vollstreckungsgläubiger den Erlös endgültig zuschreiben.1111 Des Weiteren fehlt dem Vollstreckungsgläubiger, je nach bevorzugter Pfandrechtstheorie,1112 ein Pfändungspfandrecht bzw. ein materielles Verwertungsrecht am versteigerten Gegenstand. Folglich ist auch hieraus kein Rechtsgrund für den Erwerb des Vollstreckungsgläubigers abzuleiten.1113 Schließlich finden sich in der Literatur Stimmen, die einen Bereicherungsausgleich aufgrund einer materiellen „Vollstreckungskraft“1114 oder einer „stabilisierende[n] Funktion des Vollstreckungsverfahrens“1115 ablehnen. Gedanklich liegt diesen Ansätzen die Vorstellung zugrunde, das Vollstreckungsverfahren erfülle mit seinem Abschluss eine den Vollstreckungsgläubiger den Gerichtsvollzieher nicht um eine „Leistung“ im bereicherungsrechtlichen Sinne handelt. Ferner hierzu Staudinger-Lorenz, § 812 BGB Rz. 27 mwN. 1107 Vgl. dazu jurisPK BGB-Martinek, § 812 BGB Rz. 85, 98 ff. und Stadler/Bensching, Jura 2002, 438, 444. 1108 In diese Richtung Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 815 ZPO Rz. 8, § 819 ZPO Rz. 5 und Gloede, MDR 1972, 291, 293. 1109 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 470; Büchler, JuS 2011, 779, 780. Gegen einen Rechtsgrund offenbar auch Stein/Jonas-Münzberg, § 771 ZPO Rz. 85. 1110 Dazu schon Stein, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 95 f. Vgl. auch Büchler, JuS 2011, 779, 780 zur sogleich folgenden „Vollstreckungskraft“. 1111 BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1881; Stadler/Bensching, Jura 2002, 438, 444. 1112 S. dazu oben 2. Kapitel, IV. 1. a). 1113 Musielak/Voit, GK ZPO, Rz. 1184; Herberger, JA 2018, 256, 261. 1114 Böhm, Ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung und materielle Ausgleichsansprüche, S. 19 f. in Anlehnung an die Rechtkraft. 1115 So Günther, AcP 178 (1978), 456, 464, der einen Schutz vor bereicherungsrechtlichem Zugriff aber nur bei Gutgläubigkeit des Vollstreckungsgläubigers annimmt.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
schützende Zuordnungsfunktion. Nach dieser Betrachtungsweise verliert der ursprüngliche Eigentümer also auch jeglichen Ausgleichsanspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger, wenn er die Erhebung der Drittwiderspruchsklage versäumt. Infolgedessen ist er auf Ansprüche gegen den Schuldner beschränkt. So nachvollziehbar das Anliegen ist, mit der Verfahrensbeendigung eine rechtssichere Verteilung herbeizuführen, so wenig überzeugt die Konstruktion eines gänzlichen, durch die Verwertung erfolgenden Rechtsverlusts aufseiten des Sicherungsnehmers. Wie bereits erwähnt ist es gar nicht Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens, über die finale Güterzuordnung zu entscheiden.1116 Das Versäumnis, die Drittwiderspruchsklage zu erheben, kann deshalb ebenso wenig wie die Durchführung der Verwertung zu einer materiellen „Vollstreckungskraft“ führen.1117 Zusammenfassend ist für die Rechte des Sicherungsnehmers nach Verwertung der Sache Folgendes festzuhalten: Das deutsche Recht lässt einen Zugriff auf die verwertete Sache nur dann zu, wenn der Eigentumsübergang gescheitert oder dem Ersteher grobes Fehlverhalten vorwerfbar ist. In aller Regel aber verbleibt dem Sicherungsnehmer, der das Eigentum verloren hat, nur ein Anspruch aus der Nichtleistungskondiktion gegen den Vollstreckungsgläubiger, der auf „Herausgabe des Nettoerlöses“1118 gerichtet ist.1119 2. Kanadisches Recht Den folgenden Ausführungen ist voranzustellen, dass den kanadischen Literaturquellen zur Vorrangbegründung nur ein deutlich geringerer Fundus zur Vorrangrealisierung gegenübersteht. Der Grund hierfür, so die Ausgangsthese dieses Abschnitts, dürfte in der grundsätzlichen Vollstreckungsfestigkeit des security interest liegen. Nach Darstellung dieses wichtigen Merkmals des kanadischen Sicherungsrechts (a)) soll die Möglichkeit eines stay of enforcement auf Betreiben des Sicherungsnehmers untersucht werden (b)). Anschließend sind die Gegenrechte des Vollstreckungsgläubigers (c)) und die Auswirkungen eigener Vollstreckungsmaßnahmen des secured creditor (d)) zu diskutieren.
1116
Gaul, AcP 173 (1973), 323, 327, 340; Palandt-Sprau, § 812 BGB Rz. 44 f., 111. Der BGH (Urteil v. 02.07.1992, Az. IX ZR 274/91, in: NJW 1992, 2570, 2573) lehnt die Rechtsfigur der materiellen „Vollstreckungskraft“ ausdrücklich ab. S. aus der Literatur ebenso Schuschke/Walker-Raebel, Anhang zu § 771 ZPO Rz. 3. 1118 Ähnlich wie die Wendung „Eigentum am Erlös“ lässt die Formulierung „Herausgabe des Nettoerlöses“ sprachliche Präzision vermissen. Richtig erscheinen – bei Barzahlung des Erlöses – die Begriffspaare „Eigentum an den Geldwertzeichen des Erlöses“ bzw. „Herausgabe von Eigentum und Besitz an den Geldwertzeichen des Nettoerlöses“. Da sich die erstgenannten Varianten aber gänzlich etabliert haben, werden sie auch hier verwendet. 1119 S. zu diesem Anspruchsinhalt Jäckel, JA 2010, 357, 363; Staudinger-Lorenz, § 816 BGB Rz. 12. Vgl. ferner Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 473 ff. zu der Konstellation, dass der Vollstreckungsschuldner selbst den gepfändeten Gegenstand erwirbt. 1117
V. Realisierung des Vorrangs
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a) Vollstreckungsfestigkeit und Perpetuierung des security interest Ungeachtet der sehr unterschiedlichen Vorrangbegründung gilt im Judgment Enforcement Law der kanadischen Provinzen übergreifend: Der Vollstreckung eines Gläubigers unterliegt das schuldnerische Vermögen – und nur dieses.1120 Demgemäß erwirbt ein Ersteher bei der Verwertung von Sicherungsgut, an dem ein vorrangiges security interest besteht, allein den title des Schuldners, während das Sicherungsrecht bestehen bleibt.1121 Für das common law und die damit verbundene Rechtslage in Provinzen, die das Vollstreckungsrecht noch nicht modernisiert haben, folgt dies aus der Anwendung des Nemo-dat-Prinzips. Schon in der grundlegenden Supreme-CourtEntscheidung Jellet v. Wilkie1122 führte der Chief Justice of Canada aus: „No proposition of law can be more amply supported by authority than that which the respondents invoke as the basis of the judgment under appeal, namely, that an execution creditor can only sell the property of his debtor subject to all such charges, liens and equities as the same was subject to in the hands of his debtor.“1123
In Konformität mit dieser Judikatur bestimmt Section 18 des Executions Act in Ontario, dass seizure und sale allein die schuldnerischen Rechte berühren, dementsprechend der sheriff auch nur zu deren Übertragung fähig ist.1124 Durch das Erfordernis der perfection bzw. der registration eines security interest erfährt der Nemo-dat-Grundsatz freilich eine Qualifikation dahingehend, dass sich der Sicherungsnehmer erst ab diesem Zeitpunkt auf den Vorrang respektive die Immunität seines Rechts gegenüber Vollstreckungsmaßnahmen berufen kann.1125 In dieser Beziehung verwirklicht sich die durch Section 72 OPPSA angedeutete Fortgeltung der principles of law and equity, solange diese den PPSA-Regeln nicht widersprechen.1126 Den neueren Vollstreckungsstatuten der Provinzen Alberta, New Brunswick und Saskatchewan ist das gleiche Ergebnis ohne Rückgriff auf Common-law-
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Vgl. oben 2. Kapitel, IV. 2. a), b). Studniberg, 49 Can. Bus. L. J. (2010), 425; Upenieks/van Kessel, Enforcing Judgments and Orders, S. 15, 18. 1122 Jellet v. Wilkie, [1896] 26 S. C. R. 282. 1123 Ibid. (para. 4). S. auch Re Zimmermann (1956), 6 D. L. R. (2d) 215 und Bank of Montreal v. Wolchansky (1986), 2 A. C. W. S. (3d) 225 zur Anwendung dieser Regel. 1124 „The sheriff may seize and sell any equitable or other right [...] of the execution debtor [...], and, […] the sale conveys whatever equitable or other right [...] the debtor had“. In 1454495 Ontario Inc. v. J=Systems Inc. (2002), 111 A. C. W. S. (3d) 1139 bestätigt das Gericht, dass zwischen Section 18 des Executions Act und Section 20 des OPPSA kein Spannungsverhältnis besteht, da die Vollstreckung das security interest nicht tangiert. 1125 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 376. Vgl. dazu auch McLaren, The OPPSA, S. 200 ff. 1126 Dazu schon oben 2. Kapitel, II. 2. b). 1121
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Prinzipien zu entnehmen.1127 Denn die darin enthaltenen Formeln wie „the enforcement debtor’s exigible property“ zur Reichweite von binding effect und enforcement charge verdeutlichen zunächst, dass allein das schuldnereigene Vermögen von der Vollstreckung erfasst wird.1128 Ihre Verwirklichung finden diese Bestimmungen dann in dem Umstand, dass beim Verkauf nur subordinierte interests erlöschen, vorrangige hingegen nicht.1129 Aus den vorstehenden Erläuterungen ergibt sich, dass ein vorrangiges security interest die Verwertung des Sicherungsgegenstandes übersteht, sie dafür aber nicht unbedingt verhindert.1130 Die Beständigkeit des security interest befreit den Sicherungsnehmer demnach von der Notwendigkeit, seine Rechtsposition durch Intervention zu schützen. Konstruktiv ist all dies möglich, da bei der Bestellung einer PPSA-Sicherheit immer nur ein hypothekarisches Sicherungsrecht, nie aber der legal title des Schuldners übertragen wird.1131 Letzterer kann weiterhin Vollstreckungsgegenstand sein, ohne dass das security interest davon tangiert wird. b) Stay of enforcement Auf den ersten Blick mag sich die Erörterung einer Vollstreckungsintervention erübrigen, da der Sicherungsnehmer keinen Rechtsverlust im Zuge der Vollstreckung zu befürchten hat. Allein: Diese Annahme ließe außer Acht, dass es für den gesicherten Gläubiger noch andere Gründe als den Erhalt seines security interest geben kann, eine Verwertung des Gegenstandes abzuwehren. Namentlich der Verhaltensmaßstab der commercial reasonableness hat einige Gerichte dazu veranlasst, dem Antrag eines vorrangigen Gläubigers auf
1127 Vgl. dazu Cuming/Layh, The SEMJA – Commentary and Analysis, S. 323 und Dunlop/Buckwold, Debt Recovery in Alberta, S. 726 ff. 1128 Die zitierte Formulierung entstammt Section 33 (2) (a) ACEA. S. auch Section 28 (1) NBEMJA („all of the present and after-acquired personal property of the judgment debtor“) und Section 22 (1) SEMJA („any exigible property of the judgment debtor“). 1129 Vgl. Section 34 (2) ACEA („Where an interest in property is subordinate to a writ, (a) the property is subject to writ proceedings to the same extent that the property would have been if the subordinate interest did not exist, and (b) a person who acquires the property as a result of writ proceedings acquires the property free of the subordinate interest“) in Verbindung mit Section 48 (j) ACEA („[W]hen property is sold, (i) the buyer obtains only the interest in the property (A) of the enforcement debtor, and (B) of any other person with an interest in the property who has consented to the sale or disposition of the interest, and (ii) the sale of the property does not adversely affect the rights or interest of any other person in the property“). Parallel dazu lassen Section 67 NBEMJA und Section 103 (2), (3) SEMJA nur rangniedrigere interests durch den Verkauf erlöschen. 1130 Dazu Alligator Group v. Telalert Inc. (1999), 252 A. R. 369 (para. 6 f.) und 1454495 Ontario Inc. v. J=Systems Inc. (2002), 111 A. C. W. S. (3d) 1139 (para. 17). 1131 Innovation Credit Union v. Bank of Montreal, [2010] 3 S. C. R. 3 (para. 43); Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 117–119.
V. Realisierung des Vorrangs
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Aussetzung der Vollstreckung eines nachrangigen Gläubigers stattzugeben.1132 In der Rechtsprechung wird dabei nicht einmal mehr zwischen gesicherten und ungesicherten (Vollstreckungs-)Gläubigern unterschieden, sondern allein zwischen vor- und nachrangigen.1133 Die bereits aufgezeigte Parallelisierung der policies in Judgment Enforcement Law und Personal Property Law hat eine solche Praxis begünstigt.1134 Taugliche Rechtsgrundlagen für ein stay of enforcement wegen Verstoßes gegen die commercial reasonableness ergeben sich aus den reformierten Vollstreckungsstatuten und den PPSAs. Die neuen Judgment Enforcement Acts in Alberta und Saskatchewan enthalten etwa Bestimmungen, nach denen das zuständige Gericht Anordnungen zur Unterbindung einer Vollstreckungsmaßnahme erlassen kann.1135 Diese Ermächtigungsnormen fungieren als Generalklauseln zum Schutz solcher Personen, die ein interest am Vollstreckungsgegenstand geltend machen können. In der konkreten Anwendung auf den hier interessierenden Konflikt haben die Gerichte dem Antrag des Sicherungsnehmers auf ein stay of enforcement dann entsprochen, wenn eine Verwertung dem Schuldner nur Nachteile zugefügt und dem judgment creditor keine Erlösaussichten geboten hätte.1136 Unter solchen Vorzeichen erweise sich die Vollstreckung als wirtschaftlich unvernünftig (commercially unreasonable), so das richterliche Verdikt.1137
1132
Vgl. bspw. Andrews v. Mack Financial (Can.) Ltd. (1987), 8 A. C. W. S. (3d) 213 und Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 102. Zum Maßstab der commercial reasonableness McLaren, Secured Transactions in Personal Property (CED), §§ 210 ff. 1133 Besonders deutlich wird dies im Urteil Alligator Group v. Telalert Inc. (1999), 252 A. R. 369, wo das Gericht die Erwägungsgründe aus Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), aaO heranzieht, obwohl im erstgenannten Sachverhalt gesicherter und Vollstreckungsgläubiger, im zweitgenannten Sachverhalt hingegen zwei gesicherte Gläubiger konkurrierten. Die Entscheidung Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), aaO beruht ihrerseits auf Erwägungen aus dem Urteil Hamilton Brothers Corp. v. Royal Trust Corp. of Canada (1991), 29 A. C. W. S. (3d) 497, dem ein Konflikt zwischen Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger zugrunde lag. 1134 Hierzu schon oben 2. Kapitel, IV. 3. b). 1135 Vgl. Section 5 (2) (d) ACEA („stay enforcement of rights“) und Section 114 (c) SEMJA („staying the enforcement or exercise of rights“). 1136 S. dazu Hamilton Brothers Corp. v. Royal Trust Corp. of Canada (1991), 29 A. C. W. S. (3d) 497 (para. 3, 8 ff. noch auf Grundlage der damals geltenden Section 29 (5) (a) des Seizures Act Albertas) und Alligator Group v. Telalert Inc. (1999), 252 A. R. 369 (para. 10). Vgl. auch 1454495 Ontario Inc. v. J=Systems Inc. (2002), 111 A. C. W. S. (3d) 1139, wo das Ontario Superior Court of Justice den Interventionsgrund in der Sache anerkennt (para. 18, 21), aber aufgrund anderer prozessualer Rechtslage dem Antrag nicht stattgibt. 1137 Hierzu anschaulich Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 102 (para. 16 ff.).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Gemäß Section 46 (1) ACEA steht ferner dem Schuldner die Möglichkeit einer objection gegen die Vollstreckung offen.1138 Dem Vortrag gesicherter Gläubiger, dieser Behelf sei auch ihnen zu gewähren, blieb die Gefolgschaft richtigerweise versagt.1139 Erstens ist der Normwortlaut klar auf Vollstreckungsschuldner beschränkt. Zweitens scheidet eingedenk des historischen Hintergrundes der objection eine analoge Anwendung aus. Im früheren Recht der Provinz Alberta sollte diese Interventionsmöglichkeit es dem angerufenen Gericht als Reaktion auf die Great Depression ermöglichen, einen unverschuldet zahlungsunfähigen Schuldner zu schützen, indem die Vollstreckung ausgesetzt und neue Rückzahlungsmodalitäten mit dem Vollstreckungsgläubiger vereinbart wurden.1140 Diese Interessenlage unterscheidet sich deutlich vom regulären Konflikt zwischen secured creditor und judgment creditor. In Provinzen, deren Vollstreckungsrecht keinerlei Ermächtigungsnormen enthält, verbleibt dem gesicherten Gläubiger noch die Berufung auf eine Generalklausel, die in sämtlichen PPSAs enthalten ist.1141 Diesem Tatbestand zufolge können Gerichte solche Anordnungen treffen, die zum Schutz von Personen mit einem interest am Sicherungsgegenstand notwendig sind.1142 Dass der secured creditor zu diesem Personenkreis gehört, ist evident. Jedoch lassen die entscheidenden Gerichte bei der Ausübung ihrer judicial discretion wie schon im Vollstreckungsrecht einige Zurückhaltung walten. In den Grundsatzurteilen zum stay of enforcement auf Basis der genannten PPSA-Klauseln manifestiert sich dies etwa dergestalt, dass vor allzu leichtfertigen Eingriffen in
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Section 46 (1) ACEA: „Where an enforcement debtor wishes to object to a seizure of personal property, the enforcement debtor must within 15 days from the day that [...] the seizure documents are served [...] serve a notice of objection in the prescribed form on the agency that carried out the seizure“. Im noch nicht proklamierten NBEMJA ist ebenfalls eine Rechtsgrundlage für die objection enthalten, die nicht nur dem Schuldner zusteht (Section 63 (1) NBEMJA: „A person who claims to own or have an unregistered interest in any property seized by the sheriff, or who objects to a seizure for any other reason, shall notify the sheriff and the judgment debtor without delay”). Die Auswirkungen dieser Norm bleiben abzuwarten, sollten aber nicht der wünschenswerten Angleichung von Personal Property Law und Judgment Enforcement Law zuwiderlaufen. 1139 Vgl. Alligator Group v. Telalert Inc. (1999), 252 A. R. 369 (para. 4 f.) und Winans, Execution (Western) (CED), § 252. 1140 Wood, 34 Alta. L. Rev. (1996), 783, 786. S. a. Edmonton Credit Co. v. Walsh, [1942] 3 W. W. R. 438, wo das Gericht die mit dem Krieg assoziierten Härten auszugleichen suchte. 1141 Vgl. beispielhaft Section 67 (1) (e) OPPSA: „Upon application to the Superior Court of Justice by [...] a secured party [...] the court may [...] make any order necessary to ensure protection of interests of any person in the collateral, but only on terms that are just for all parties concerned”. Ähnlich die Parallelvorschriften in Section 64 (e) APPSA, Section 63 (2) (e) NBPPSA und Section 63 (2) (e) SPPSA. 1142 Zur Reichweite der Bestimmung McLaren, The OPPSA, S. 510 ff. und Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 546 f.
V. Realisierung des Vorrangs
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das gesetzlich vorgezeichnete Vollstreckungsregime gewarnt wird.1143 Die richterliche Skepsis gegenüber intervenierenden Anordnungen achtet also das gesetzgeberische Ziel einer klar geregelten Vorrangabfolge und ihrer rechtssicheren Anwendung.1144 Während die rechtliche Grundlage je nach Provinz variieren mag, liegt die sachliche Rechtfertigung einer Intervention wie angedeutet stets in einem Verstoß gegen die commercial reasonableness. Bei diesem objektivierten Verhaltensmaßstab handelt es sich um eine Direktive für die Rechtsausübung der involvierten Parteien, die sich am Verhalten eines vernünftigen Wirtschaftsteilnehmers orientiert.1145 Die nähere Bestimmung der commercial reasonableness obliegt den Gerichten und wird vor allem dort relevant, wo eine Verwertung des gepfändeten Gegenstandes wirtschaftlich unsinnig wäre. Paradigmatisch ist die Konstellation, dass der besagte Gegenstand weniger wert ist als die gesicherte Forderung des secured creditor. Daraus ergeben sich für den Vollstreckungsgläubiger nämlich zwei mögliche Szenarien. Erstens (so der Grundsatz): Der judgment creditor bemüht sich um die Verwertung des Sicherungsgegenstandes, wird hierbei indes kaum Erfolg haben, da ein potentieller Ersteher vom Kauf eines Gegenstandes, der über seinen Wert hinaus mit einem security interest belastet ist, oft zurückschrecken dürfte.1146 Oder zweitens: Der Sicherungsnehmer stimmt einem Erlöschen des security interest zu, verlangt hierfür aber den Vorrang am Erlös.1147 In diesem Fall kann der Vollstreckungsgläubiger den Gegenstand zwar verwerten lassen, ohne dass das security interest bestehen bliebe. Aufgrund der Wertverhältnisse erhielte er 1143 So etwa in Andrews v. Mack Financial (Canada) Ltd. (1987), 8 P. P. S. A. C. 110, wo es in para. 35 heißt: „[Section 69 SPPSA] was not designed to permit a trial judge to rewrite or change the substance of the contractual rights between the parties“. Ähnlich bereits Clarkson Co. Ltd. v. Chrysler Credit Canada Ltd. (1984), 3 P. P. S. A. C. 275, wo das Gericht schon für ein vorübergehendes Aussetzen der Vollstreckung zur Klärung (!) des Vorrangs „appropriate grounds“ verlangt (para. 13). 1144 S. dazu GE Capital Canada Acquisitions Inc. v. Dix Performance (Trustee of) (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 197 (para. 14–16) und Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 10 f., 51 f. 1145 Hierzu statt vieler McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 9.02 [1]. Aus der gerichtlichen Praxis etwa Copp v. Medi-Dent Service (1991), 2 P. P. S. A. C. (2d) 114 (Verkauf ohne vorherige Schätzung und öffentliche Bekanntgabe verstößt gegen Gebot der commercial reasonableness) und Coward v. Rich (1995), 9 P. P. S. A. C. (2d) 236 (Verstoß gegen die commercial reasonableness durch gesicherten Gläubiger, der die von einem anderen Gläubiger betriebene Verwertung torpediert). 1146 Eindrücklich Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 87 („unsaleable“) und Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 102 (para. 20: „This assumes that a purchaser for the collateral could be found who would buy it subject to this charge, a highly unlikely event“). Zur ähnlichen Situation im US-amerikanischen Recht Byrne/Murphy/Vukowich, 77 Geo. L. J. (1989), 1905, 1920 („notoriously low price“). Ihnen zustimmend Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733, 735. 1147 Zu einer solchen discharge sogleich unter 2. Kapitel, V. 2. c) ausführlicher.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
aber nichts vom erzielten Erlös, da hiervon zunächst der gesicherte Gläubiger zu befriedigen wäre.1148 Ein dem Vollstreckungsgläubiger zustehender Überschuss ist nicht zu erwarten, wenn die Höhe der gesicherten Forderung den Wert des veräußerten Gegenstandes übersteigt.1149 Dem wirtschaftlich Denkenden mag sich die Frage aufdrängen, wozu der judgment creditor in solch einer Situation überhaupt den belasteten Gegenstand pfänden lassen sollte. Tatsächlich mag er die Vollstreckung aber nicht (nur) zu kommerziellen Zwecken betreiben, sondern etwa um den Schuldner zu schädigen, zu diskreditieren oder einzuschüchtern. Dass die Gerichte gegen solches Gebaren unter Verweis auf die commercial reasonableness allerdings vorgehen können, ist anerkannt.1150 Für den Vollstreckungsgläubiger bedeutet dies: Dort, wo seine Vollstreckung von vornherein auf Fruchtlosigkeit hinausläuft, kann der secured creditor intervenieren. Ein zweiter anerkannter Interventionsgrund eröffnet sich dem secured creditor, wenn er ein wirtschaftliches Interesse am Verbleib des Sicherungsgegenstandes beim Schuldner hat. Beispielsweise mag dem Sicherungsnehmer ein security interest am gewerblichen Fuhrpark des Schuldners eingeräumt worden sein. Pfändet der judgment creditor nun Teile des Fuhrparks, die zur Fortführung des schuldnerischen Unternehmens benötigt werden, hat der Sicherungsnehmer ein veritables Interesse, dies zu unterbinden.1151 Es sei an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass die Vollstreckung dem judgment creditor in der dem Beispiel zugrundeliegenden Entscheidung überdies keinen Erlös versprochen hätte.1152 Daher muss sich noch zeigen, ob die Gerichte das isolierte Interesse am schuldnerischen Besitz für hinreichend erachten, um dem secured creditor ein stay of enforcement zu gewähren. c) Gegenrechte des judgment creditor Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich ein geradezu düsteres Bild für den nachrangigen judgment creditor. Er kann zwar die Vollstreckung in einen 1148 Für Veräußerungen über den besicherten Gegenstand ergibt sich dies aus Section 25 (1) OPPSA, wonach das security interest grundsätzlich am Gegenstand fortbesteht, im Falle einer Zustimmung des secured creditor zur Verfügung indes am Gegenstand erlischt und sich am Erlös fortsetzt, vgl. dazu Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 485 ff. und oben schon 2. Kapitel, III. 2. b) bb). 1149 Royal Bank v. Malfair (2002), 111 A. C. W. S. (3d) 749 (para. 17). Dazu auch McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 10.02 [2] [a]. 1150 Hamilton Brothers Corp. v. Royal Trust Corp. of Canada (1991), 29 A. C. W. S. (3d) 497 (para. 8); 1454495 Ontario Inc. v. J=Systems Inc. (2002), 111 A. C. W. S. (3d) 1139; Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 87. 1151 So lagen die Dinge in Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 102. S. auch Buckwold, aaO, 83 zum Interesse des gesicherten Gläubigers daran, dem Schuldner den Besitz des Sicherungsgegenstandes zu erhalten. 1152 Holnam West Materials Ltd. v. Canadian Concrete Ltd. (1994), aaO (para. 6).
V. Realisierung des Vorrangs
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Gegenstand betreiben, an dem ein vorrangiges security interest besteht. Sobald sich der Zugriffsgegenstand aber als geringerwertig als die gesicherte Forderung erweist, droht ihm die Intervention des secured creditor. Selbst wenn die Sache mehr Wert ist als die besagte Forderung, zeigt sich in der Praxis, dass Käufer auf Auktionen vom Erstehen „belasteter“ Gegenstände Abstand nehmen und – wenn überhaupt – nur sehr geringe Beträge dafür bieten.1153 Als ersten (einvernehmlichen) Ausweg aus dieser Misere steht dem judgment creditor die Möglichkeit offen, mit dem secured creditor ein Erlöschen des security interest (discharge) zu vereinbaren und dem Sicherungsnehmer im Gegenzug den Vorrang am Verwertungserlös zuzubilligen.1154 Dieses Vorgehen erhöht die Attraktivität des gepfändeten Gegenstandes für potentielle Käufer, ist aber zumindest im Ausgangspunkt vom Einverständnis des Sicherungsnehmers abhängig. Wenn dieser einer discharge nicht zustimmt, erhebt sich die Frage, ob der judgment creditor ihn, den Sicherungsnehmer, zur Freigabe des Gegenstandes bestimmen kann. Um diese Frage zu beantworten, ist eine kurze Einführung in die Rechtsverhältnisse der Parteien untereinander ratsam. Zunächst gilt es festzuhalten, dass die PPSAs dem Schuldner nach dem Eintritt des Sicherungsfalles (default) das right to redeem einräumen.1155 Der Sicherungsgeber und nachrangige Inhaber eines interest können den belasteten Gegenstand also „auslösen“, solange der Gläubiger ihn noch nicht verwertet oder endgültig an Erfüllungs statt einbehalten hat.1156 Hierzu müssen sie dem Sicherungsnehmer die Erfüllung aller mit dem Gegenstand besicherten Forderungen und die Zahlung bereits aufgewendeter Verwertungskosten anbieten. Die Rechtsfolge der redemption besteht im Erlöschen des security interest, mithin in der Befreiung des belasteten Gegenstandes vom Sicherungsrecht. Da eine redemption allerdings erst dann in Betracht kommt, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist und dem nachrangigen Gläubiger ein Rechtsverlust infolge der Verwertung droht, interessieren für die Gegenrechte des judgment creditor vor allem solche Behelfe, die vom default unabhängig sind.
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Vgl. zum Ganzen Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80 ff. und aus US-amerikanischer Perspektive Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733 ff. 1154 S. zu dieser Möglichkeit Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 678 f. An dieser Stelle ist erneut auf Section 25 (1) OPPSA hinzuweisen, die dieselbe Rechtsfolge für Verfügungen über den Sicherungsgegenstand anordnet. Vgl. ferner McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 6.01 [3] zur priority an den proceeds. 1155 Section 66 (1) OPPSA: „At any time before the secured party [...] has disposed of the collateral [...], any person entitled to receive notice under subsection 63 (4) may, unless the person has otherwise agreed in writing after default, redeem the collateral by tendering fulfilment of all obligations secured by the collateral […]”. S. entsprechend Section 63 (1) APPSA, Section 62 (2) NBPPSA und Section 62 (1) SPPSA. 1156 S. McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 15.05 und MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 455 ff. zu den Einzelheiten der redemption.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Somit verdient die allgemeine Verhaltensmaxime der commercial reasonableness auch an dieser Stelle Aufmerksamkeit, denn sie muss der secured creditor gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger ungeachtet des Sicherungsfalles einhalten.1157 Daraus hat Tamara M. Buckwold jüngst abgeleitet, dass der Vollstreckungsgläubiger seinerseits auf Grundlage der Generalklausel in den PPSAs1158 die Auslösung des Gegenstandes anstoßen kann, indem er dem Sicherungsnehmer die Zahlung der ausstehenden Forderungssumme samt etwaigen Zinsen und Gebühren anbietet.1159 Handelt der secured creditor also wirtschaftlich unvernünftig, wenn er die angetragene Zahlung und die damit verbundene discharge ablehnt? Nach Buckwolds Auffassung lässt sich diese Frage nur unter Beachtung des zugrundeliegenden Sicherungsgeschäfts beantworten. Einfach gelagert sei der Fall, dass der Schuldner eine feste Summe schulde. Dann würde der Sicherungsnehmer unvernünftig handeln, wenn er die Zahlung der ausstehenden Darlehenssumme inklusive vereinbarter Zinsen und Gebühren ablehne. Komplizierter lägen die Dinge, soweit das security interest auch künftige Forderungen sichere und future advances1160 umfasse. Dem Sicherungsnehmer hier die discharge aufzwingen, hieße einerseits, ihn seiner Aussichten auf einkalkulierte Erträge zu berauben. Andererseits bestimmen die PPSAs, dass dem Sicherungsnehmer ab Kenntniserlangung vom „interest“ des Vollstreckungsgläubigers für future advances kein Vorrang mehr zukommt.1161 Daher differenziert Buckwold wie folgt: Übersteige der Wert des Sicherungsgegenstandes die Summe aus gesicherter Forderung des secured creditor und ungesicherter Forderung des judgment creditor, so verbleibe ein Restwert, für den der gesicherte Gläubiger zulässigerweise future advances gewähren könne. Aus dieser Position dürfe er nicht verdrängt werden.1162 Anders verhalte es sich, wenn der Gegenstandswert die Forderungssummen (Addition aus gesicherter Forderung des secured creditor und ungesicherter Forderung des judgment creditor) unterschreite.1163 Dann nämlich verbleibe kein Restwert des Sicherungsguts, mit 1157 Zur Universalität des Verhaltensmaßstabs Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 86 ff. und Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 52 ff. 1158 Gemeint sind Section 67 (1) (e) OPPSA und ihre Entsprechungen, die eine rechtliche Grundlage für richterliche Anordnungen bilden (s. o. 2. Kapitel, V. 2. b)). Vgl. auch McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 9.02 [1] [a] zu solchen Anordnungen zwecks Einhaltung der commercial reasonableness. 1159 So Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 96 ff. in Reaktion auf das stellenweise fragwürdige Urteil Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117 (dazu sogleich näher). 1160 Zum Begriff der future advances s. o. 2. Kapitel, IV. 2. b). 1161 Ibid. 1162 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 96 f. 1163 Bleibt der Gegenstandswert nicht nur hinter den addierten Forderungssummen, sondern schon hinter der Forderung des Sicherungsnehmers zurück, verhält es sich hingegen
V. Realisierung des Vorrangs
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dem der gesicherte Gläubiger future advances sichern könne. Es sei ihm daher verwehrt, vorrangige future advances zu gewähren und seinen Vorrang zu „verlängern“. In einer solchen Situation verstieße der Sicherungsnehmer gegen die commercial reasonableness, würde er sich für das Angebot des Vollstreckungsgläubigers unzugänglich zeigen, das Sicherungsgut gegen Zahlung der ausstehenden Forderungssummen freizustellen, so Buckwold. Besonders schwierig sei schließlich der Umgang mit Sicherungsgegenständen, die der Schuldner zur Fortführung seines wirtschaftlichen Betriebs benötige. Auch hier wird eine wertmäßige Unterscheidung vorgeschlagen.1164 Erneut sei die Vollstreckung auszusetzen, wenn die Forderungshöhe des secured creditor den Sachwert übersteige. Denn in dieser Konstellation sei – wie gesehen1165 – kein Erlös für den judgment creditor zu erwarten. Sofern der Wert des Sicherungsguts die Forderungshöhe des secured creditor übersteige, müsse das security agreement darauf hin untersucht werden, ob die Parteien eine Gewährung von future advances erwogen hätten. Wann immer dies der Fall sei, müsse der Betrieb des Schuldners aufrechterhalten und die zur discharge führende Zahlung nicht angenommen werden. Andernfalls nämlich entzöge man dem gesicherten Gläubiger die Möglichkeit zur profitablen Gewährung von future advances, die vertraglich vorgesehen war. Umgekehrt stehe einer discharge nichts entgegen, sobald der Sicherungsnehmer keine über die ursprüngliche Darlehenssumme hinausgehende Kreditgewährung intendiere. Er könne durch die Verwertung des Gegenstandes befriedigt werden und sei daher gehalten, der discharge zuzustimmen.1166 Zusammenfassen lässt sich Buckwolds Ansatz mit der Formel, dass der secured creditor gegen die commercial reasonableness verstößt, wenn er die ihm angebotene discharge ablehnt, obwohl seine Forderung erfüllt wird und ihm keine future advances entgehen. Diese Formel harrt noch ihrer richterlichen Affirmation. Dass in der kanadischen Rechtswissenschaft bisher kaum eine vertiefte Befassung mit diesem Komplex stattgefunden hat, dürfte am verfahrensmäßigen Aufwand einer erzwungenen discharge und am abschreckenden Effekt eines eingetragenen security interest liegen. Der Vollstreckungsgläubiger wird zumeist das Einvernehmen des Sicherungsnehmers zur Auslösung des Gegenstandes suchen oder (bei ausbleibendem Erfolg) auf einen anderen Vermögenswert zugreifen. Manche Gerichte haben es bei alldem für geboten erachtet, dem nachrangigen Vollstreckungsgläubiger für die Kosten der Pfändung einen Befriedigungsvorrang zuzusprechen, wenn der einvernehmlich vom security interest befreite wie unter 2. Kapitel, V. 2. b) beschrieben: Dann ist nicht die discharge, sondern ein stay of enforcement die wirtschaftlich vernünftige Maßnahme. 1164 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 97 f. 1165 Vgl. die Grundkonstellation unter 2. Kapitel, V. 2. b). 1166 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 98.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Gegenstand verwertet wird.1167 Im Verkaufsfall würden also zuerst dem judgment creditor die Kosten von seizure and sale ersetzt, dann der secured creditor in Höhe seiner gesicherten Forderung befriedigt und ein schließlich verbleibender Mehrerlös wiederum an den judgment creditor ausgekehrt. Den zitierten Entscheidungen liegt die Erwägung zugrunde, dass der secured creditor bei einer konsensualen discharge die Verwertungskosten nicht auf den judgment creditor abwälzen können soll.1168 Konstruierbar war der partielle Vorrang des nachrangigen Gläubigers hinsichtlich der Verwertungskosten nur unter, gelinde gesagt, selektiver Heranziehung sekundierender Normen und Autoritäten.1169 Überzeugender ist freilich die Aufrechterhaltung der von PPSA und Judgment Enforcement Law vorgesehenen Vorrangfolge, wonach der Inhaber eines perfected security interest, der der Verwertung zugestimmt hat, prioritär zu befriedigen ist.1170 d) Eigene Vollstreckungshandlung des secured creditor Die bisher dargestellten Behelfe sind unabhängig vom Eintritt des Sicherungsfalles. Dabei gilt es aber zu beachten, dass Schuldner und Gläubiger die Bedingungen des default – ganz im Sinne der von den PPSAs umfassend gewährten Gestaltungsfreiheit1171 – selbst bestimmen können.1172 Daher besteht die Möglichkeit, im security agreement festzulegen, dass Vollstreckungsmaßnahmen Dritter den Sicherungsfall auslösen.1173 Erneut erhellt ein Blick auf die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien den Zweck einer solchen Vereinbarung. 1167 S. Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117 und Father & Son Investments Inc. v. Maverick Brewing Corp. (2007), 12 P. P. S. A. C. (3d) 102. 1168 Bereits die Annahme eines „Abwälzens“ ist fraglich, da es der judgment creditor ist, der sehenden Auges die Vollstreckung in einen „belasteten“ Gegenstand initiiert. 1169 In Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117 (para. 20, 23 f.) berücksichtigt das Gericht nicht die Entscheidung des British Columbia Supreme Court (s. folgende Fußnote) und wendet Section 60 (1) APPSA fälschlicherweise als Vorrangregel an (vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 654: „It is crucial to recognize that this scheme of distribution is a procedural rule and not a priority rule”). 1170 Jacobs v. Laumaillet (2010), 17 P. P. S. A. C. (3d) 272; Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 105–107. S. a. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 421 f. zum Parallelproblem bei Vollstreckung eines nachrangigen secured creditor. 1171 S. dazu oben 2. Kapitel, II. 2. b), 3. b). 1172 Vgl. hierzu die Definition des default in Section 1 OPPSA: „[T]he failure to pay or otherwise perform the obligation secured when due or the occurrence of any event whereupon under the terms of the security agreement the security becomes enforceable“. 1173 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 623 („institution of execution“). Im General Security Agreement der Bank of Montreal ist diese Variante des default bereits standardmäßig enthalten, vgl. Ziffer 9 (c) des Vertragsdokuments (abgedruckt bei Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 659 ff.).
V. Realisierung des Vorrangs
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Mit dem Eintritt des default ist der secured creditor nämlich dazu berechtigt, das Sicherungsgut zwecks eigener Verwertung in Besitz zu nehmen.1174 Auf diese Weise könnte er also grundsätzlich weitere Vollstreckungsbemühungen des judgment creditor unterbinden. Ob dem vorrangigen secured creditor ein solches „better right to possession” stets zusteht, er die Sache also auch zum Nachteil eines nachrangigen, vollstreckungswilligen Gläubigers herausverlangen kann, ist im kanadischen Recht weitgehend ungeklärt. Wenn dieses Problem überhaupt in der Literatur zur Sprache kommt, dann im Kontext konkurrierender gesicherter Gläubiger und unter Rekurs auf US-amerikanische Quellen.1175 Schließlich wartet der Official Comment zu Article 9 UCC inzwischen mit einer klaren Stellungnahme auf, die dem vorrangigen secured creditor die Inbesitznahme erlaubt.1176 Sachlich überzeugt dieser Ansatz, denn er stattet den vorrangigen Gläubiger mit dem Recht aus, die weitere Verwertung zu koordinieren. Eine solche Befugnis ist auch im kanadischen Recht zu befürworten, da Part V der PPSAs eine Reihe von Verwertungsmodi enthält, die mit dem security interest verbunden sind und dessen Stellenwert mitbeeinflussen. Denn: „[R]emedies define the value of rights“1177. Bei der Ausübung dieser Verwertungsbefugnisse ist der secured creditor freilich weiterhin gehalten, die commercial reasonableness zu beachten. Demnach hat er auf eine zügige, gewissenhafte Verwertung hinzuwirken. Verstößt er hiergegen, ist er dem judgment creditor zum Ausgleich finanzieller Nachteile verpflichtet.1178 1174 Section 62 (1) (a) OPPSA: „[T]he secured party has, unless otherwise agreed, the right to take possession of the collateral by any method permitted by law”. Parallel dazu Section 58 (1) (a) APPSA und Section 58 (2) SPPSA. Zur Inbesitznahme durch den secured creditor s. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 435 ff. 1175 Vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 674 ff. Zum nämlichen Problem im US-amerikanischen Recht Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733 ff. 1176 S. Official Comment zu Article 9 UCC (Section 9-609 UCC, 5:): „Conflicting rights to possession among secured parties are resolved by the priority rules of this Article. Thus, a senior secured party is entitled to possession as against a junior claimant“. Zur konkreten Anwendung dieser Regel Dayka & Hackett, LLC v. Del Monte Fresh Produce N.A., Inc., 76 UCC Rep. Serv. 2d 637 (Ariz. Ct. App. 2012) (para. 22); Sepinuck, Practice Under Article 9 of the Uniform Commercial Code, S. 594. 1177 Worthington, Equity, S. 46. S. a. Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 216 f. zu den gesetzgeberischen Anliegen, die Part V der PPSAs verwirklicht („Uniformity of Remedy“, „Freedom of Contract“, „Avoidance of Unnecessary Restrictions“). 1178 Ergänzend zur generalklauselartigen Ermächtigungsgrundlage in Section 67 (1) OPPSA bestimmt Section 67 (2) OPPSA, dass eine Verletzung des Commercialreasonableness-Standards eine Kompensationspflicht auslöst („Where a person fails to discharge any duties or obligations imposed upon the person by Part V […], the person to whom the duty or obligation is owed has a right to recover compensation for any loss or damage suffered because of the failure“). Vgl. etwa Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 551 f. zu diesen Ansprüchen. Parallel dazu Section 67 (1) APPSA, Section 66 (2) NBPPSA und Section 65 (5) SPPSA.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
e) Zusammenfassung und Stellungnahme Da die Praktiken zur Realisierung des Vorrangs in Kanada noch nicht vollständig geklärt sind und die gerichtlichen Anordnungen zur Einhaltung der commercial reasonableness in unterschiedliche Richtungen gehen können, soll hier der Versuch unternommen werden, eine taugliche Handhabe zu skizzieren. Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen ist die unbestrittene Festigkeit des security interest gegenüber Verwertungsmaßnahmen nachrangiger Gläubiger. Mithilfe der in den PPSAs gewährten Auskunftsrechte vermag der judgment creditor nähere Informationen zum security interest in Erfahrung zu bringen.1179 Auf dieser Grundlage kann er entscheiden, ob er den sheriff überhaupt zu seizure and sale eines „belasteten“ Gegenstandes anweist. Hiervon dürfte der judgment creditor oft absehen, da die sogenannten „subject-to sales“1180 regelmäßig zu unwirtschaftlichen Resultaten führen. Entschließt er sich (gegebenenfalls notgedrungen1181) dennoch zu einer solchen Verwertung, dann kann aus Gründen der commercial reasonableness eine Abweichung vom normierten Grundsatz – dem „subject to-sale“ – geboten sein. Die richterliche Anordnung einer zwangsweisen discharge des Sicherungsguts stellt eine solche Abweichung dar.1182 Sie sollte unter dem Leitsatz stehen, dass der secured creditor nur dann gegen die commercial reasonableness verstößt, wenn seine wirtschaftlichen Interessen auch bei einem Wegfall des Sicherungsguts, das der judgment creditor verwerten will, vollständig gewahrt bleiben. Dabei mit Tamara M. Buckwold1183 von den Gegenstandswerten (Forderungshöhe versus Wert der Sicherungsgegenstände) auszugehen, hat den scheinbaren Vorzug einer klaren Richtschnur. Leider ist schon die Bewertung des Sicherungsgutes mit Unsicherheiten verbunden, von Prognosen zum möglichen Erlös ganz zu schweigen. Zudem lautet die PPSA-Generalklausel zu gerichtlichen Anordnungen: „the court may […] make any order necessary to ensure protection of the interests of any person in the collateral, but only on terms that are just for all parties concerned“1184. Eingedenk des letzten Halbsatzes gilt es zu berücksichtigen, dass die PPSAs dem secured creditor einen Katalog an 1179
S. dazu oben 2. Kapitel, III. 2. b) aa), 3. a), b). Der Begriff bezieht sich auf den Rechtserwerb des Erstehers: „[A] buyer takes subject to security interests that have priority over a writ“ (Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 85). S. a. Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733, 735. 1181 Wenn am einzigen werthaltigen Gegenstand des Schuldners oder an seinem gesamten Vermögen ein security interest besteht, dann bleibt dem judgment creditor keine andere Wahl, als auf belastetes Vermögen zuzugreifen. 1182 Ein stay of enforcement würde auf Antrag und zugunsten des Sicherungsnehmers ergehen, sodass es keine seinen Vorrang kompromittierende Wirkung hätte. 1183 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80 ff. 1184 Section 67 (1) OPPSA. Ähnlich Section 64 (e) APPSA, Section 63 (2) (e) NBPPSA und Section 63 (2) (e) SPPSA. 1180
V. Realisierung des Vorrangs
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remedies zubilligen, der nicht durch allzu bereitwillige gerichtliche Intervention außer Kraft gesetzt werden darf. Außerdem gilt es, das essentielle Regelungsziel der PPSAs, nämlich secured lending zu fördern, bei der Entscheidung von Vorrangfragen zu achten.1185 Denn eine erleichterte discharge würde den Wert des security interest schmälern. Vor diesem Hintergrund sind neben der Gegenüberstellung von gesicherter Forderungshöhe und Wert des Sicherungsguts auch weitere (wirtschaftliche) Aspekte von Belang.1186 Dass dem secured creditor keine Erwerbsaussichten entzogen werden dürfen, wie sie bei längerfristigen Sicherungsgeschäften oft eingeplant sind, betont auch Buckwold unter Hinweis auf future advances.1187 Darüber hinaus sollten etwaige Verwertungsrechte, die der Sicherungsnehmer sich vertraglich hat einräumen lassen, in die Kalkulation miteinbezogen werden. Ferner hat der Sicherungsnehmer ein legitimes Interesse am Erhalt von Sicherungsgut, das der Schuldner zur gewerblichen Betätigung benötigt oder nur durch einen Sanierungskredit des secured creditor anschaffen konnte. Sachgerecht erscheint es zudem, den judgment creditor auf freie Vermögenswerte des Schuldners zu verweisen, wofern solche bestehen.1188 Eine sehr niedrige ausstehende Forderungssumme kann hingegen dafür sprechen, den gesicherten Gläubiger zur Freistellung des Gegenstandes anzuhalten. In diesem Fall schwinden nämlich die über eine Zahlungssicherung hinausgehenden Interessen des secured creditor und seine Schutzwürdigkeit gegenüber einer Auslösung des Sicherungsguts. Kurzum: Nur dann, wenn dem secured creditor weder wirtschaftliche Nachteile noch Einbußen an rechtlich geschützten Positionen drohen, ist ihm die discharge zuzumuten. Die so gefasste Formel berücksichtigt, dass in die Beurteilung der commercial (!) reasonableness zahlreiche Faktoren einfließen. Soweit danach eine 1185 Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 191 f.; Duggan, Secured Transactions in Personal Property, S. 23; Wood, 13 O. U. C. L. J. (2014), 49, 65. 1186 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 682 verlangen ebenfalls eine „sound commercial justification“ für die Interventionen und heben folgende Kriterien hervor: „the conduct of the parties, the potential prejudice to the secured party if the relief is granted, and the potential harm to the debtor or third parties, if it is not“. S. a. Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 549 f. zu den Kriterien für die Ausübung der discretionary powers unter Section 67 (1) OPPSA. 1187 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 97 ff. 1188 Eine ähnliche Rücksichtnahmepflicht gilt unter gesicherten Gläubigern gemäß der equitable doctrine of marshalling. Diese Doktrin besagt (vereinfacht), dass ein vorrangiger gesicherter Gläubiger, der ein security interest an mehreren Gütern des Schuldners hat, bei der Vollstreckung auf einen nachrangigen Sicherungsnehmer Rücksicht nehmen muss, der nur über ein security interest an einem Gegenstand des Schuldners verfügt. Hierzu statt vieler McGhee et al., Snell’s Equity, S. 960 ff. Zur Anwendbarkeit der Doktrin seit Inkrafttreten der PPSAs Cuming, 55 Can. Bus. L. J. (2014), 179, 203 ff. und Wood, 56 Can. Bus. L. J. (2014), 31, 66 ff.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
zwangsweise discharge angezeigt ist, steht dies in Einklang mit dem Konzept des security interest als primär forderungssicherndes Rechtsgeschäft,1189 mit der historischen Bedeutung der priority als vor allem finanziellem Vorrangstatus1190 und mit dem Anliegen, auch Vollstreckungsgläubigern realistische Verwertungsaussichten zu eröffnen.1191 3. Vergleich Der Vergleich ist erneut auf das Wechselspiel von Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungsrecht bezogen, diesmal aber unter dem Vorzeichen der Realisierung des Verwertungsvorrangs. Hierbei interessiert zunächst, ob und inwieweit das vom ungesicherten Gläubiger durchgeführte Vollstreckungsverfahren den Vorrang des Sicherungsnehmers stören kann (a)). Daraufhin werden die Kriterien, die in beiden Rechtsordnungen darüber entscheiden, ob sich die Priorität des gesicherten Gläubigers verwirklicht, verglichen (b)). Abschließend ist anhand eines typischen Konfliktverlaufs zu untersuchen, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Regelungsmodelle haben (c)). a) Gegenstand und Auswirkungen des Vollstreckungsverfahrens Anlässlich des nachstehenden Unterabschnitts sind folgende Begriffe einzuführen und zu erklären: grundsätzlicher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens, Zugriffsobjekt und Verwertungsobjekt. Als „grundsätzlicher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens“ gilt dabei die Vermögensmasse, die die jeweilige Rechtsordnung zur Befriedigung der Gläubiger des Vollstreckungsschuldners vorsieht. Das „Zugriffsobjekt“ beschreibt den Gegenstand, auf den der Pfändungsakt des Vollstreckungsorgans gerichtet ist. Demgegenüber bezeichnet der Begriff „Verwertungsobjekt“ den Gegenstand, der im Rahmen der Versteigerung übertragen wird. Für den Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gilt im deutschen Recht die Vorgabe, dass nur schuldnereigenes Vermögen dem Zugriff der Gläubiger unterliegt.1192 Insofern ergibt sich zunächst eine Parallele zum Vollstreckungsrecht der kanadischen Provinzen.
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Der dienende Charakter des security interest spiegelt sich in dessen Definition wider, die maßgeblich durch die forderungssichernde Funktion bestimmt wird, vgl. o. 2. Kapitel, II. 2. a) und MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 79 f. 1190 S. o. 2. Kapitel, I. 2. b). 1191 Vgl. Gleixner/LeBlanc/Morisset, 63 U. N. B. L. J. (2012), 280, 281 und die Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 15 zur Wichtigkeit eines funktionierenden Vollstreckungssystems. 1192 BGH, Urteil v. 05.11.1953, Az. IV ZR 95/53, in: BGHZ 11, 37, 41; Gaul, in: Canaris, Claus-Wilhelm et al. (Hrsg.), FG BGH III, S. 521; Nikolaou, Der Schutz des Eigentums an beweglichen Sachen Dritter bei Vollstreckungsversteigerungen, S. 1.
V. Realisierung des Vorrangs
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Die Ähnlichkeiten enden allerdings, sobald man das Zugriffs- und das Verwertungsobjekt einbezieht. Gemäß § 808 Abs. 1 ZPO kann der Gerichtsvollzieher jene Sachen pfänden, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden. Zugriffsobjekt einer Vollstreckung sind also alle in der tatsächlichen Gewalt des Schuldners befindlichen Sachen.1193 Als Übertragungsobjekt einer Verwertung dient hingegen das Eigentum an der gepfändeten Sache. Pfändungsund Verwertungsverfahren können also Rechtspositionen tangieren, die nicht zum Schuldnervermögen gehören. Obwohl Besitz und Gewahrsam heute anerkanntermaßen keine Gewähr mehr für die Inhaberschaft des Vollrechts bieten, wird die Inkongruenz zwischen grundsätzlichem Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens, Zugriffs- und Verwertungsobjekt hingenommen. Denn wie erwähnt soll dem Gerichtsvollzieher nicht die komplizierte Prüfung der Rechtsverhältnisse an der in Beschlag genommenen Sache überantwortet werden (Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens).1194 Im kanadischen Recht mag der sheriff zwar ebenfalls Gegenstände pfänden, die mit einem security interest belastet sind. Jedoch führen Beschlagnahme und Verwertung nur zur Übertragung der Rechtsmacht, die dem Schuldner selbst zugestanden hat.1195 Anders gewendet: Das Zugriffsobjekt der seizure und das Übertragungsobjekt des sale sind mit dem Gegenstand der Vollstreckung identisch. Es handelt sich dabei stets um die equity bzw. das interest des Schuldners, zumeist also den title. Auch dieses Modell setzt eine Prüfung der Vermögenszugehörigkeit des gepfändeten Gegenstandes durch den sheriff nicht voraus. Zu beachten sind dabei Section 20 (1) OPPSA und die korrespondierenden Parallelnormen, die ein verwertungsbedingtes Unterliegen des security interest erst mit Eintritt der perfection bzw. der registration verhindern.1196 Ab diesem Zeitpunkt gehen die Risiken des Vollstreckungsverfahrens auf den judgment creditor und den Ersteher über. Ersterer läuft Gefahr, den Gegenstand infolge der Belastung nicht verkaufen zu können, zweiterem droht der Entzug des Gegenstandes, wenn der Sicherungsnehmer sein fortbestehendes security interest geltend macht. Daher realisiert sich der Vorrang des secured creditor mit Eintritt der perfection bzw. der registration gewissermaßen selbst. In diesem Kontext der Risikoverteilung ist die Aussage, das deutsche Vollstreckungsrecht erfülle keine Zuteilungsfunktion,1197 zu präzisieren. Formell führen die Verwertungstatbestände wie gezeigt sehr wohl zur Übertragung des Eigentums vom Sicherungsnehmer auf den Ersteher.1198 Allein: Diese Normen 1193
Zum Gewahrsamsbegriff OLG Stuttgart, Urteil v. 29.11.2011, Az. 12 U 85/10, abrufbar über juris; Zöller-Herget, § 808 ZPO Rz. 5. 1194 Vgl. dazu Wieczorek/Schütze-Lüke, § 808 ZPO Rz. 16 und oben 2. Kapitel, IV. 1. a). 1195 Bishop v. Traders Finance Corp. (1966), 56 D. L. R. (2d) 685 (para. 14); Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 36 f. 1196 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. a) bb), cc). 1197 Gaul, AcP 173 (1973), 323, 327, 340; Palandt-Sprau, § 812 BGB Rz. 44 f., 111. 1198 2. Kapitel, IV. 1. b).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
zielen nicht auf eine materiell ausgleichslose, das heißt: finale, Zuordnung. Folgeansprüche sind also durchaus denkbar. Wie gesehen trifft den Ersteher nur in Fällen vorsätzlichen Fehlverhaltens das Risiko der Haftung.1199 Im Regelfall ist der Sicherungsnehmer daher auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger verwiesen. Hieraus ergibt sich eine weitere Folge für die Risikoverteilung, denn der vormals gesicherte Gläubiger trägt nun das Insolvenz- und Entreicherungsrisiko des Vollstreckungsgläubigers – einer Person also, mit der er womöglich nie Kontakt hatte. Ganz folgenlos bleibt indes auch der Zugriff eines judgment creditor auf das Sicherungsgut nach kanadischem Recht nicht. Durch den Erwerb der equity des Schuldners gelangt der Vollstreckungsgläubiger in eine Rechtsposition, in der er vom secured creditor die Einhaltung der commercial reasonableness verlangen kann.1200 Der durch die seizure erworbene title des Schuldners vermittelt also neben dem nachrangigen Verwertungsrecht auch einen dienenden Status, der den Weg zur discharge ebnen kann. Auf diese Weise verläuft der Konflikt allein zwischen secured creditor und judgment creditor. So bleibt festzuhalten, dass die Auswirkungen des Vollstreckungsverfahrens im deutschen Recht von einer anderen Qualität sind als die Folgen der seizure eines Gegenstandes, an dem ein security interest besteht: Hier der Verlust des dingliches Rechts gegen Erwerb eines Ausgleichsanspruchs, dort der Erhalt des Sicherungsrechts bei Ausweitung eines Verhaltensmaßstabs, der unter Umständen zur Auslösung des Gegenstandes verpflichten kann. b) Kriterien für Realisierung und Relativierung des Vorrangs Nachdem aufgezeigt worden ist, dass und wie der Vorrang des gesicherten Gläubigers in beiden Rechtsordnungen realisiert und relativiert werden kann,1201 sind nachfolgend die Kriterien für Grund und Grenze der Prioritätsverwirklichung zu vergleichen. Im sich anschließenden ersten Unterabschnitt erfahren daher die Gründe zur Umsetzung des Vorrangs ihre gebührende Würdigung. Danach sind die vorgebrachten Gesichtspunkte zur Einschränkung der Realisierungsmöglichkeiten zu beleuchten. In beiden Abschnitten wird der Versuch unternommen, für Realisierungs- und Relativierungsgründe gemeinsame Topoi zu identifizieren. Im Rahmen der Realisierungsgründe liegt zunächst die Bezugnahme auf das Sicherungsgeschäft nahe. Dieses verbrieft immerhin das Vorrangrecht. Und tatsächlich bildet es den Haupttopos zur Beantwortung der Frage, wie der Vorrang des Sicherungsnehmers zu verwirklichen ist. Der Übersichtlichkeit halber 1199
S. o. 2. Kapitel, V. 1. b), c). S. o. 2. Kapitel, V. 2. c). 1201 Die Ausführungen unter 2. Kapitel, V. 1., 2. haben gezeigt, dass der Vorrangrealisierung in beiden Rechtsordnungen auch Hürden entgegenstehen können. Hierauf bezieht sich die Gegenüberstellung von Realisierung und Relativierung. 1200
V. Realisierung des Vorrangs
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unterscheiden die folgenden Ausführungen zwischen dem Gegenstand der Übertragung und dem Inhalt der Parteiabrede. „Gegenstand der Übertragung“ meint das jeweils übertragene Recht, also das Sicherungseigentum respektive das security interest. Beim Sicherungseigentum ist meist von einer „formellen“ oder „juristischen“ Betrachtung die Rede, wenn seine Wirkungen als Interventionsrecht diskutiert werden: Das Sicherungseigentum habe – genau wie Güterverschaffungseigentum – Vollrechtscharakter.1202 Vertreter der Unstatthaftigkeit von § 771 Abs. 1 ZPO führen hingegen (wenn auch nicht immer offen) eine andere Betrachtungsweise, die funktionelle, wirtschaftliche oder materielle, ins Feld.1203 Wie gesehen1204 beruht auch dies auf plausiblen Erwägungen, das Sicherungseigentum im Konfliktstadium zu restringieren, ist mangels legislativen Plazets aber derzeit abzulehnen. Eben deshalb bleibt es bei der profanen, man könnte sagen: funktionsblinden, Feststellung, dass der Übertragungsgegenstand „Sicherungseigentum“ als dingliches Vollrecht die Vollstreckungsintervention des Rechtsinhabers gestattet. Metaphorisch gesprochen geht im kanadischen Recht mit dem security interest ein stick aus dem bundle of rights des Schuldners auf den gesicherten Gläubiger über.1205 Dieses property right behauptet sich ab vollzogener perfection gegenüber Dritten, indem es am Gegenstand fortbesteht. Dem so konstruierten Sicherungsrecht wohnt eine auf die Verwertung isolierte Rechtsmacht inne. Anders als im deutschen Recht gilt dies im Innenverhältnis zwischen Schuldner und gesichertem Gläubiger und im Außenverhältnis, ohne dass hierzu fragwürdige Deutungen des übertragenen Rechts1206 nötig wären. Die transferierte Rechtsmacht dient nach alldem in beiden Rechtsordnungen als Argument, den Vorrang des gesicherten Gläubigers umzusetzen. Neben diesem Gegenstand der Übertragung kann auch der Inhalt Parteiabrede die Vorrangrealisierung argumentativ stützen. Tatsächlich bezieht sich eine sehr prominente Begründung zur Gewährung der Drittwiderspruchsklage auf diesen Aspekt. Es ist das Argument, die intendierte Übertragung des Verwertungsrechts sei solchermaßen zu achten, dass dem Sicherungsnehmer im Konflikt die Entscheidungsgewalt über Zeit und Art 1202 S. schon die Formel des Reichsgerichts (RG, Urteil v. 09.04.1929, Az. VII 536/28, in: RGZ 124, 73, 74), wonach aus dem fiduziarischen Charakter des Sicherungseigentums nicht zu schließen sei, dass es mit „geringerer dinglicher Kraft begabt“ ist als gewöhnliches Eigentum. Vgl. ferner Wellenhofer, Sachenrecht, § 15 Rz. 37 und Musielak/Voit-Lackmann, § 771 ZPO Rz. 19. 1203 Einen Überblick über die unterschiedlichen Betrachtungsweisen geben Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 87 f. und Reich, AcP 169 (1969), 247, 251 ff. 1204 Vgl. dazu oben 2. Kapitel, V. 1. a) aa). 1205 Zur Bundle-of-rights-Metapher s. Worthington, Equity, S. 57 f. und aus jüngerer Zeit Baron, 82 U. Cin. L. Rev. (2014), 57 ff. 1206 S. dazu unten 3. Kapitel, IV. 2. c) aa).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
der Verwertung erhalten bleibt.1207 Der Vollstreckungsgläubiger könnte gewissermaßen die Parteivereinbarung torpedieren, wenn man den Sicherungsnehmer auf die Vorzugsklage gemäß § 805 Abs. 1 ZPO vertröstete.1208 Dann nämlich hätte er die Verwertung (unabhängig von der Fälligkeit seiner Forderung) hinzunehmen. Das Sicherungsgeschäft würde also entgegen der vertraglichen Abrede durch den Vollstreckungszugriff eines Dritten aufgelöst. Im kanadischen Recht liegen die Dinge mit Blick auf den Inhalt des Sicherungsgeschäfts anders. Der von Tamara M. Buckwold vorgeschlagene Ansatz würdigt die Befugnis des secured creditor, über die Modalitäten der Verwertung zu entscheiden, kaum.1209 Problematisch ist daran nicht so sehr, dass die Position des gesicherten Gläubigers auf ein monetäres Interesse reduziert wird. Kritik verdient aber die Beschränkung des monetären Interesses auf die Rückzahlung der geschuldeten Summe und mögliche future advances. Ob es die zahlungssichernde Funktion des security interest rechtfertigt, das eigene Realisierungsinteresse des Sicherungsnehmers bei der commercial reasonableness außer Acht zu lassen, erscheint fragwürdig.1210 In der kanadischen Rechtsprechung herrscht die Überzeugung vor, das Gericht dürfe nicht gleichsam das security agreement neu schreiben.1211 Bedeutet aber das Außerachtlassen der vertraglich zugebilligten oder von Part V der PPSAs bereitgestellten Verwertungsmethoden nicht sogar eine Annihilation des security agreement? Es bleibt zu hoffen, dass die kanadischen Gerichte diese Frage bejahen und den Inhalt der Parteiabrede hinreichend schützen. Dies ist zumal dann geboten, wenn die Eigenverwertung des secured creditor ökonomisch sinnvoll ist. Auch dem Eintritt des Sicherungsfalls bzw. des default kann hinsichtlich der Realisierung des Vorrangs eine Bedeutung zukommen. Für das deutsche Recht vertreten einige Literaturstimmen die Ansicht, dass die Verletzung der schuldnerischen Pflicht zur Anzeige einer Pfändung des Sicherungsguts den Sicherungsfall auslöst.1212 Mit dem Eintritt des Sicherungsfalles stände dem Eigentümer dann der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB 1207 Vorgebracht etwa von BeckOK ZPO-Preuß, § 771 ZPO Rz. 18 und Prütting/Gehrlein-Scheuch, § 771 ZPO Rz. 19. 1208 Vgl. statt vieler Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 208 f. 1209 Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80 ff. 1210 2. Kapitel, V. 2. e). 1211 Andrews v. Mack Financial (Can.) Ltd. (1987), 8 A. C. W. S. (3d) 213 (para. 33: „[T]he section does not authorize the court to rewrite or change the substance of an agreement entered into between the parties“). S. auch Rapid Transit Mix Ltd. v. Commcorp Financial Services Inc. (1998), 13 P. P. S. A. C. (2d) 164 (para. 38: „I have grave doubts that s. 64 can be used to take away contractual or statutory rights where the result would be any real prejudice to any person“). 1212 Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 219, 230; Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 77. BeckOGK BGB-Klinck, § 930 BGB Rz. 125 verneint bei Verletzung der Benachrichtigungspflicht zwar den Eintritt des Sicherungsfalles, bejaht aber einen Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers.
V. Realisierung des Vorrangs
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zur Verfügung. Letztlich läuft diese Konstruktion indes ins Leere, da mit Beginn der Vollstreckung der spezielle Rechtsbehelf des § 771 Abs. 1 ZPO statthaft ist.1213 Ob der default die Realisierung des Vorrangs dergestalt beeinflusst, dass der secured creditor ein „absolute right to possess the collateral“1214 erwirbt, muss im kanadischen Recht noch geklärt werden. Angesichts der prononcierten Bedeutung der Vertragsfreiheit und der secured party’s remedies in Part V der PPSAs spricht im Einklang mit dem zum Inhalt des Rechtsgeschäfts Gesagten viel dafür, den Vorrang des Sicherungsnehmers auch durch die Entscheidungsbefugnis über die Verwertungsmodalitäten zu verwirklichen. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen sich der gesicherte Gläubiger eine bestimmte Verwertungsmethode vertraglich hat einräumen lassen. Denn dieser Zusicherung kann eine wirtschaftliche Bedeutung zukommen. Begehrt der secured creditor also, seine vereinbarte Befugnis auszuüben, so sollte die commercial reasonableness nur dann als Korrektiv zur Anwendung kommen, wenn die Verwertung durch den (nachrangigen!) judgment creditor aufgrund besonderer Umstände (Expertise, Ressourcen) einen höheren Erlös verspricht. Denn verwertet werden muss der Gegenstand im Fall des default ohnehin. Für ein Besitzrecht des Sicherungsnehmers spricht schließlich, dass der sheriff bei einer Verwertung nur die Rechtsposition übertragen kann, die der Schuldner im Zeitpunkt der seizure innehat. Mit dem Eintritt des Sicherungsfalles verliert der Schuldner aber sein Besitzrecht an den secured creditor. Dieses Resultat darf durch die Vollstreckung nicht unterlaufen werden.1215 Ferner klingt das Motiv der Schutzherrschaft in beiden Rechtsordnungen an, wenn die Rechtsbehelfe des Sicherungsnehmers in Rede stehen. Teleologie und Systematik der Drittwiderspruchsklage geben keine Anhaltspunkte dafür, dass § 771 Abs. 1 ZPO dem Schutz des Sicherungsgebers vor „betriebszerstörender Einzelvollstreckung“1216 um seinetwillen dient. Typischerweise handelt es sich bei der Erhaltung des schuldnerischen Besitzes um einen bloßen Reflex des Realisierungsinteresses, das der gesicherte Gläubiger verfolgt.1217 Für das kanadische Recht kann auch zur Bedeutung des Schutzaspekts noch keine abschließende Antwort formuliert werden. Im Grundsatzurteil Holnam 1213
BGH, Urteil v. 25.02.1987, Az. VIII ZR 47/86, in: NJW 1987, 1880, 1882; Schuschke/Walker-Raebel, § 771 ZPO Rz. 7. 1214 So die Formulierung bei Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733, 736. Siehe auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 675. 1215 Vgl. zu diesem Gedankengang aus US-amerikanischer Perspektive General Motors Acceptance Corp. v. Stotsky, 303 N. Y. S. 2d 463 (Sup. Ct. 1969) und Frisch, 33 Buff. L. Rev. (1984), 149, 155 f. 1216 Lange, NJW 1950, 565, 569. 1217 Soergel-Henssler, § 930 BGB Anh. Rz. 132. Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 128 spricht von „Sanierungs-“ und „Erhaltungsinteresse“.
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
West Materials v. Canadian Concrete Ltd.1218 untersagte das zuständige Gericht einem nachrangigen Gläubiger die Vollstreckung. Dieser hatte wie erwähnt in Fahrzeuge vollstrecken wollen, welche der Schuldner zur Fortführung seines Unternehmens benötigte. Unter Anführung sämtlicher Urteile, die hierzu im PPSA-Kontext bis dato ergangen waren, gelangte das Alberta Court of Queen’s Bench zu folgenden Ergebnissen: „To stay [the junior creditor’s] seizure would effect a commercially reasonable result in this case. [The debtor] would be allowed to continue in business; the [senior creditor] would not have its debt jeopardized by the potential failure to secure complete repayment via any forced liquidation.“1219
Und schließlich: „In conclusion, I stay the seizure because failure to do so would effect the commercially unreasonable result of forcing an operating business into liquidation against the wishes of its senior creditor, where the applicant creditor would not receive any of the funds generated by the sale of the seized collateral.“1220
Diese Formeln sind auch für die Darstellungen in der Literatur symptomatisch, denn dort werden die Gründe für eine Intervention ebenfalls kombiniert vorgebracht.1221 Nach Untersuchung der Realisierungskriterien ist nun den Gesichtspunkten nachzugehen, die demgegenüber die Möglichkeiten zur Umsetzung des Vorrangs relativieren können. Eine erste Abschwächung der mit dem Vorrang assoziierten Rechtsmacht kann sich aus der funktionalen Betrachtung der Sicherungsrechte ergeben. Für manchen deutschen Rechtswissenschaftler reichen der Zweck der Sicherungsübereignung und ihre Nähe zum Besitzlosenpfandrecht noch immer hin, dem Sicherungsnehmer die Erhebung einer Drittwiderspruchsklage zu versagen.1222 Selbst einige Stimmen, die mit der herrschenden Meinung eine Anwendbarkeit von § 771 Abs. 1 ZPO befürworten, kokettieren mit Überlegungen zur Einschlägigkeit der Klage auf vorzugsweise Befriedigung.1223 1218
Holnam West Materials v. Canadian Concrete Ltd. (1994), 8 P. P. S. A. C. (2d) 102. Ibid. (para. 13). 1220 Ibid. (para. 22). 1221 Vgl. etwa Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 675 f. und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 9.02 [1] [a], § 15.01 [1]. 1222 Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 771 ZPO Rz. 25 („Die Sicherungsübereignung ist im Gegensatz zum sonstigen mittelbaren Besitz im Grunde ein Scheingeschäft, ein Besitzlosenpfandrecht, das eine wirtschaftliche Lücke des BGB ausfüllt“); Wieling, Sachenrecht, § 18 (S. 261: „Richtig und konsequent ist es, den Treunehmer auch hier [scil. in der Einzelvollstreckung] wie einen Pfandgläubiger zu behandeln und ihm das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus § 805 ZPO zu geben“). 1223 Vgl. etwa Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 32 („Konsequent wäre es freilich, dem Sicherungseigentümer – entsprechend der Rechtslage in der Insolvenz – nur ein Recht auf 1219
V. Realisierung des Vorrangs
209
Im kanadischen Recht äußert sich der funktionale Zugang zum security interest besonders dort, wo die Vorrangdurchsetzung auf ein monetäres Rückzahlungsinteresse beschränkt wird.1224 Anders als im deutschen Recht stößt eine am Zweck des Sicherungsrechts orientierte Ausformung des Vorrangs hier jedoch auf geringere Bedenken. Denn wie die Ausführungen zur Konstruktion des security interest verdeutlicht haben, ist diesem property right die funktionale Betrachtung geradezu inhärent.1225 Eine stärkere Akzentuierung dieser Betrachtungsweise liegt somit auch im Konfliktstadium nahe. Darüber hinaus kann der Umfang des Sicherungsrechts eine den Vorrang schmälernde Wirkung entfalten. Für das deutsche Recht genügt ein Blick auf den Eintritt einer nachträglichen Übersicherung, beispielsweise infolge der teilweisen Tilgung der Forderung. Dieses Ereignis gibt dem Schuldner einen Freistellungsanspruch und dem Vollstreckungsgläubiger die Arglisteinrede gegen eine vom Sicherungsnehmer erhobene Drittwiderspruchsklage an die Hand.1226 Sogar zum vollständigen Verlust des Vorrangs führt die anfängliche Übersicherung.1227 Ebenso spielt der Umfang der Sicherungsübertragung regelmäßig eine Rolle bei der Beurteilung von Sittenverstößen nach § 138 Abs. 1 BGB („Gläubigerbenachteiligung“).1228 Auch im kanadischen Recht kann die Reichweite des Sicherungsrechts für die Vorrangrealisierung relevant werden. Dazu ein Beispiel: Angenommen, der secured creditor lässt sich ein security interest am gegenwärtigen und künftigen Vermögen des Schuldners bestellen. Die Höhe seiner gesicherten Forderung bleibt dabei weit hinter dem Wert der Sicherungsgüter zurück. Begehrt nun ein ungesicherter Gläubiger wegen einer vergleichsweise niedrigen Forderung Zugriff auf einen Gegenstand, der vom security interest erfasst ist, werden sich die Gerichte unter dem Gesichtspunkt der commercial reasonableness vermutlich zur Anordnung einer discharge nur allzu bereit zeigen. Denn auch bei Freigabe des betroffenen Gegenstandes erscheint die vollständige
vorzugsweise Befriedigung zu geben“). Ferner Soergel-Henssler, § 930 BGB Anh. Rz. 132 („Anstelle der aus systematischen Gründen zu erwartenden Klage aus ZPO § 805…“). 1224 S. dazu Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 83 f. In der Rechtsprechung scheint mitunter die Vorstellung zu bestehen, die priority beschränke sich auf eine vorrangige Befriedigung aus dem Erlös, vgl. etwa Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117. Siehe zu diesem Trugschluss auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 675 f., 678 f. 1225 Dazu oben 2. Kapitel, II. 2. a), b). 1226 S. o. 2. Kapitel, V. 1. a) bb). 1227 Hierbei handelt es sich um eine weitere Fallgruppe der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB, vgl. BGH, Urteil v. 30.10.1990, Az. IX ZR 9/90, in: NJW 1991, 353, 354 und MüKo BGB-Armbrüster, § 138 BGB Rz. 101. 1228 S. dazu oben 2. Kapitel, III. 1. a), 3. a).
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Befriedigung des secured creditor gewiss. Einen echten Vorrangverlust wegen umfassender Besicherung sieht das kanadische Recht hingegen nicht vor. Schließlich kann die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens den Vorrang eines Sicherungsnehmers beeinflussen. Nach deutschem Recht bewirkt die Ablieferung der Sache einen originären Eigentumserwerb des Erstehers.1229 Anders gesagt: Mit dem Abschluss des Vollstreckungsverfahrens endet das auf die übereignete Sache und den Erlös bezogene Verfolgungsrecht des Gläubigers. Demgegenüber bleibt das perfected security interest von seizure and sale unberührt.1230 Damit geht auch das Risiko, vom Sicherungsnehmer in Anspruch genommen zu werden, auf den Ersteher über. Rechtspolitisch ist dies dadurch zu rechtfertigen, dass mit dem Personal Property Registry ein dem Käufer zugängliches Verzeichnis vorhanden ist. Daraus, dass der Erwerber sich über die bestehenden Rechte am versteigerten Gegenstand informieren kann, folgt, dass er sich hierüber informieren muss, wenn er einer überraschenden Konfrontation mit dem Sicherungsnehmer vorbeugen will. Diese konsequente Umsetzung der Risikoverteilung in Kanada unterscheidet sich von der Handhabe in den USA. Dort haben Gerichte (vereinzelt und auf Grundlage entsprechender Sonderregeln zur Vollstreckung1231) vertreten, das security interest am Sicherungsgut erlösche durch die Veräußerung im Verwertungsverfahren.1232 In den Begründungen klingt dabei vor allem das Bestreben an, die Erzielung eines angemessenen Verkaufspreises bei der Versteigerung zu ermöglichen, weniger hingegen das Anliegen, klare Zuteilungsverhältnisse herzustellen.1233 Diesem Zweck sollen schließlich schon die öffentlichen Register dienen. Eine Sonderrolle bei der Vorrangrelativierung nehmen Auslösungsgesuche des Vollstreckungsgläubigers ein, die mit dem Angebot verbunden sind, die
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S. o. 2. Kapitel, IV. 1. b). S. o. 2. Kapitel, V. 2. a). 1231 Abweichend von Section 9-315 (a) UCC („Except as otherwise provided […] a security interest […] continues in collateral notwithstanding sale, lease, license, exchange, or other disposition thereof unless the secured party authorized the disposition free of the security interest“) können die Bundesstaaten Normen erlassen, die ein Erlöschen des security interest durch die Veräußerung im Vollstreckungsverfahren vorsehen. Vgl. dazu Frisch, Lawrence’s Anderson on the Uniform Commercial Code, § 1-103:303 Execution – Secured Transactions und Hayes, 81 Ind. L. J. (2006), 733, 735. 1232 Maryland Nat. Bank v. Porter-Way Harvester Mfg. Co., 300 A.2d 8 (Del. 1972). In Computer Sciences Corp. v. Sci-Tek, Inc., 367 A.2d 658, 661 (Del. Super. Ct. 1976) schließt sich das Gericht dem vorangegangenen Urteil des Supreme Court an und hält fest, dass der Erlös nach der Vorrangfolge zu verteilen ist. Überaus kritisch zur ersten Entscheidung Justice, 30 Bus. Law. (1975), 433, 437 ff. 1233 Maryland Nat. Bank v. Porter-Way Harvester Mfg. Co., 300 A.2d 8, 12 (Del. 1972): „Chattels sold at an execution sale should be sold free and clear of all encumbrances in order to ensure the highest price and to stimulate bidding“. 1230
V. Realisierung des Vorrangs
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gesicherte Forderung vorzeitig zu erfüllen. Auf sie ist im folgenden Unterabschnitt einzugehen. c) Der Konfliktverlauf im Vergleich Das gewonnene Bild ist gleich doppelt zwiegespalten. Einerseits konnte eine Mehrzahl gemeinsamer Topoi für Realisierungs- und Relativierungsgründe gefunden werden, andererseits variieren Gewicht und Legitimität dieser Gründe zwischen den Rechtsordnungen stark. Und einerseits bestehen innerhalb des Haupttopos zur Vorrangrealisierung, der Rechtsnatur des Sicherungsrechts, gravierende Unterschiede, die historisch gewachsen und in der Konstruktion deutlich erkennbar sind. Andererseits halten beide Rechtsordnungen Generalklauseln bereit, die die Position des Vollstreckungsgläubigers auf ähnliche Weise verbessern können. Wie sich all dies praktisch auswirkt, soll durch einen Vergleich der typischen Abläufe des Konflikts eruiert werden. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Situation, dass der Sicherungsnehmer seinen Vorrang durch Erfüllung des Übereignungstatbestandes bzw. der Voraussetzungen von perfection oder registration begründet hat. Im deutschen Recht, das heimliche Sicherungsrechte zulässt und einen formalisierten Vollstreckungszugriff vorsieht, sind Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger auf den Hinweis des Schuldners angewiesen, dass ein gepfändeter Gegenstand sicherungsübereignet ist. Andernfalls bleibt der Konflikt unbemerkt, während die Verwertung der Sache vorangetrieben wird. In Kanada kann der judgment creditor hingegen über das Personal Property Registry einsehen, welche Zugriffsgegenstände eine Auseinandersetzung mit dem secured creditor befürchten lassen – und so vorab einen Konflikt verhindern. In beiden Rechtsordnungen empfiehlt sich angesichts drohender Prozesskosten und frustrierter Verwertungsbemühungen der Versuch, eine einvernehmliche Lösung zu finden, wenn der Vollstreckungsgläubiger auf (möglicherweise) belastete Gegenstände zugreifen will. Bei entsprechendem Ausgleich von Zins- und Gebührenverlust kann die Auslösung oder discharge für den gesicherten Gläubiger sogar attraktiv sein, da er über die volle Darlehenssumme früher als erwartet wieder disponieren kann. Die gütliche Reduktion des Vorrangs auf einen finanziellen Ausgleich ist daher in beiden Rechtsordnungen naheliegend.1234 Gerät der Konflikt dennoch auf die nächste Eskalationsstufe, da eine Verständigung zwischen gesichertem und ungesichertem Gläubiger gescheitert oder von vornherein unterblieben ist,1235 steht nach der deutschen 1234
Vgl. Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 83. Für das deutsche Recht empfiehlt Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 216 die außergerichtliche Lösung des Konflikts. 1235 Im deutschen Recht ist zu beachten, dass ein Vollstreckungsgläubiger, der infolge des Kontakts mit dem Sicherungsnehmer um die Vermögensfremdheit eines gepfändeten
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2. Kapitel: Funktionaler Vergleich
Rechtsordnung die Einschaltung der Gerichte an. Sofern dem gesicherten Gläubiger nämlich an einer Vorrangrealisierung durch Erhaltung seines Sicherungsrechts gelegen ist, muss er aktiv werden und die Drittwiderspruchsklage erheben, wenn der ungesicherte Gläubiger die Zwangsvollstreckung initiiert. Demgegenüber hat der secured creditor seine Rechtsposition bereits dadurch gesichert, dass er die Voraussetzungen von perfection oder registration seines security interest erfüllt hat. Er muss daher nicht klageweise intervenieren. Die vorstehenden Untersuchungen haben aber gezeigt: Weder die Erhebung der Drittwiderspruchsklage noch die Perpetuierung des security interest schützt den Sicherungsnehmer endgültig. Als Gegenrechte von Vollstreckungsgläubiger und judgment creditor kommen insbesondere die Arglisteinrede und ein Antrag auf Einhaltung der commercial reasonableness in Betracht, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Erfüllung der gesicherten Forderung anbietet. Sachliche Grundlage für die jeweiligen Behelfsmaßnahmen ist das Vorbringen, dass der Sicherungsnehmer sich mit der Weigerung einer Auslösung treuwidrig oder wirtschaftlich unvernünftig verhält. Bei der Beurteilung des Gläubigerverhaltens gleichen sich die Erwägungen wie gesehen. Ob allerdings auch deren Gewichtung übereinstimmt, bleibt abzuwarten: Während im deutschen Recht viel für eine zurückhaltende Anwendung von § 242 BGB spricht, muss sich in Kanada noch zeigen, ob die Gerichte bei der discharge auch Interessen des Sicherungsnehmers berücksichtigen, die über Darlehensrückzahlung, Zinsen und eventuelle future advances hinausgehen. Denkbar ist nämlich, dass kanadische Gerichte trotz ähnlicher Interessenlage der Parteien geringere Hürden an die Anordnung einer discharge knüpfen als deutsche Gerichte an die Arglisteinrede. Dies könnten sie mit einem Hinweis auf die im Personal Property Law akzentuierte forderungssichernde Funktion des security interest begründen. Sollte das in der deutschen Literatur betonte „Erhaltungsinteresse“1236 des Sicherungseigentümers für das kanadische security interest deshalb aber unbeachtlich bleiben? Wie gesehen beruht der Schutz vor einer Vorfälligkeitsauslösung nach deutschem Recht in erster Linie auf Normen aus dem Darlehensrecht und der wirtschaftlichen Erwägung, dem Sicherungsnehmer dürfe kein finanzieller Verlust entstehen.1237 Genau diese Gesichtspunkte können auch bei der commercial reasonableness Berücksichtigung finden. In letzter Konsequenz kommt es also darauf an, wie die Gerichte die bestehenden Parteiinteressen im jeweiligen Ansatz gewichten. Gegenstandes weiß, neben § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB bestehende Ansprüche auslöst, wenn er die Sache gleichwohl verwerten lässt (vgl. §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667; §§ 687 Abs. 2, 678 BGB). Außerdem kann er sich nicht auf eine Entreicherung berufen (§§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB). Für all das besteht im kanadischen Recht kein Anlass. 1236 Becker-Eberhard, AcP 185 (1985), 429, 465 f.; Boehmer, Einführung in das Bürgerliche Recht, S. 241; Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105, 128. 1237 Dazu oben 2. Kapitel, V. 1. a) bb).
V. Realisierung des Vorrangs
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d) Zwischenfazit zur Realisierung des Vorrangs Der letzte Vergleichsabschnitt hat gezeigt, auf welche Weise die unterschiedlichen Regelungsansätze Vorrangrealisierung und -relativierung sowie Risikoverteilung und Prozessführungslast beeinflussen. Im deutschen Recht steht dem Sicherungsnehmer nach vorzugswürdiger Ansicht grundsätzlich die Möglichkeit offen, die Verwertung zu unterbinden. Rechtsprechung und Literatur erkennen aber unter anderem über § 242 BGB Gegenrechte des Vollstreckungsgläubigers an, die ihm Zugriffsmöglichkeiten erhalten. Im kanadischen Recht ist eine Intervention des secured creditor zur Erhaltung des Sicherungsrechts nicht notwendig. Dennoch ist es dem gesicherten Gläubiger möglich, die Verwertung zu verhindern, wenn sie unwirtschaftlich wäre. Da zugleich die Verwertung einer „belasteten“ Sache für den judgment creditor unattraktiv sein kann, sehen die PPSAs auch für ihn Gegenrechte vor, die sich aus dem Verhaltensmaßstab der commercial reasonableness ergeben.
Kapitel 3 Kapitel 3: Normative Bewertung
Normative Bewertung I. Vorabbemerkung I. Vorabbemerkung
Die Brauchbarkeit jeder Bewertung steht und fällt mit den ihr zugrunde gelegten Kriterien. Vor der eigentlichen Evaluation sind daher übergeordnete Maßstäbe zu formulieren, die ein normatives Urteil über den betrachteten Gegenstand erlauben. Schon dieses Vorhaben mag aus rechtsphilosophischer bzw. rechtsethischer Sicht kühn erscheinen.1 Verkompliziert wird das Unterfangen hier (vermeintlich) noch durch die Wahl der untersuchten Vergleichsordnungen, dem deutschen Recht einer- und dem kanadischen Recht andererseits. Eben dies sollte der einleitende Satz dieser Abhandlung durch Variation eines Bonmots von Blaise Pascal andeuten: Was diesseits des Atlantiks als gerecht gilt, muss nicht auch jenseits als gerecht empfunden werden.2 Ist die Bemühung um eine einheitliche normative Bewertung der Konfliktlösungsansätze damit von vornherein zum Scheitern verurteilt? In den folgenden Abschnitten soll der Versuch unternommen werden, den Leser vom Gegenteil zu überzeugen. Der Zugang zu einer normativen Bewertung wird dabei über gemeinsame Regelungsziele gesucht, die die Rechtsordnungen miteinander teilen (II.). Denn wie die Vergleichsmethode ist auch die Bewertung (genauer: die Wahl ihrer Kriterien) gegenstandsabhängig. Übereinstimmende Regelungsziele geben – als übergeordnete Direktiven für die konkrete Ausgestaltung zur Lösung des untersuchten Konflikts – das Programm der Evaluation vor. Erweisen sich diese Ziele als legitim (III.), kann ihre Verwirklichung anhand normativer Kriterien untersucht werden (IV.), um ein Urteil darüber zu erlangen, welchem Regelungsansatz der Vorzug zu geben ist. 1 Auf die Debatten um In- und Gehalt des Gerechtigkeitsbegriffs kann hier nur verwiesen werden. S. dazu Mahlmann, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie, S. 48 ff. (beginnend bei Aristoteles‘ Nikomachischer Ethik) und Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), S. 34 ff. Lesenswert auch Gröschner, in: Hilgendorf, Eric/Joerden, Jan C. (Hrsg.), Handbuch Rechtsphilosophie, S. 418 ff. 2 Angespielt wurde damit auf Pascals „Gedanken“, in denen es heißt: „Drei Breitengrade werfen die ganze Jurisprudenz über den Haufen; ein Meridian entscheidet über die Wahrheit; […] Eine schöne Gerechtigkeit, deren Grenze ein Fluß ist! Was auf der einen Seite der Pyrenäen Wahrheit, ist auf der anderen Irrtum“ (Pascal, Gedanken, S. 157).
II. Gemeinsame Ziele der Rechtsordnungen
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Was die Funktion als tertium comparationis für den Vergleich ist, sollen diese aus den Regelungszielen abgeleiteten Kriterien als Richtschnur für die Bewertung sein. Ihre Gewichtung ist ebenso Gegenstand des Resümees wie die abschließende Stellungnahme zur vorzugswürdigen Lösung des hier untersuchten sozialen Konflikts (V.).
II. Gemeinsame Ziele der Rechtsordnungen II. Gemeinsame Ziele der Rechtsordnungen
In Umsetzung der methodischen Vorgabe, mit dem Vergleich den Grundstein für die Bewertung zu legen, gilt es im Folgenden, das Vorliegen gemeinsamer Regelungsziele unter Rückgriff auf das vorangestellte Kapitel zu erforschen. Die Gegenüberstellung der beiden Rechtsordnungen hat funktionale Äquivalente im Kreditsicherungsrecht (Sicherungseigentum und security interest) und im Zwangsvollstreckungsrecht (Pfändungspfandrecht und interest/enforcement charge) offenbart. Im sozialen Konflikt stehen sie sich als rechtlich (mehr oder weniger) institutionalisierte Pole, als Rechtspositionen des Sicherungsnehmers und des Vollstreckungsgläubigers, gegenüber. Diese gemeinsame Struktur impliziert die Existenz ähnlicher Ziele, die den jeweiligen Rechtspositionen zugrunde liegen – kein Realisierungsinteresse wird grundlos geschützt. Bereits im ersten Vergleichsabschnitt, jenem zur historischen Entwicklung also, hat sich in beiden Rechtsordnungen das Anliegen gezeigt, eine Kreditsicherung zu ermöglichen und zu fördern, die den Bedürfnissen des modernen Wirtschaftslebens gerecht wird. Für die Verfasser des BGB war dies der Grund, die besitzlose Sicherungsübereignung überhaupt zu tolerieren,3 für die Gesetzgeber der kanadischen Provinzen der Anlass, die PPSAs zu erlassen.4 Mit Blick auf die Konstruktion der Sicherungsrechte und ihren Bestellungsvorgang wurde dann deutlich, welch ähnlichen Problemen die Rechtsetzer und -anwender hier wie dort begegnet sind – und wie unterschiedlich sie diese zu bewältigen versuch(t)en.5 Ein erstes gemeinsames Regelungsziel liegt mithin in der Ermöglichung und Förderung kreditsichernder Rechtsgeschäfte, die keinen unmittelbaren Besitz des Sicherungsnehmers voraussetzen. Angelegentlich der Vorrangbegründung und -realisierung hat daraufhin das Regelungsziel einer effektiven Zwangsvollstreckung an Kontur gewonnen. Auch dieses verfolgen die Gesetzgeber beider Rechtsordnungen – in jüngerer Zeit sogar mit größerem Nachdruck als die weitere Ausgestaltung des 3
2. Kapitel, I. 1. c). 2. Kapitel, I. 2. c). 5 S. dazu oben 2. Kapitel, II., wobei an die Stichworte „Publizität“, „Benachteiligung Dritter“, „Risikoverteilung“, „Gestaltungsfreiheit“, „Formalismus“ und „Funktionalismus“ erinnert sei. 4
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Kreditsicherungsrechts.6 Es schützt im sozialen Konflikt die Position des ungesicherten Gläubigers, der nach Erstreiten eines obsiegenden Urteils um die Realisierung der ihm zugesprochenen Verwertungsbefugnis bemüht ist.
III. Legitimität der verfolgten Ziele III. Legitimität der verfolgten Ziele
Nachdem damit gemeinsame Ziele der beiden Rechtsordnungen identifiziert sind, können diese auf ihre Legitimität oder „Gerechtigkeit“ hin untersucht werden. Es ist der Ort, an dem Werturteile des Verfassers – unabhängig vom Glauben an eine „reine“ Rechtsvergleichung – nicht mehr vermeidbar sind, ihre Leugnung schlechthin unredlich wäre. Denn: „Werturteile sind nicht der (wissenschaftlichen) Erkenntnis, sondern nur des Bekenntnisses fähig“7. Es gilt also, nachfolgend das „Bekenntnis“ zur Legitimität der Regelungsziele abzulegen und immerhin zu begründen (erster Wertungsvorgang). Für die Förderung kreditsichernder Rechtsgeschäfte sprechen vor allem zwei Erwägungen. Besonders gewichtig ist dabei die Überlegung, dass die Bestellung von Sicherungsrechten durch Vertrag8 einen Ausfluss privatautonomer Lebensgestaltung darstellt.9 Die Gewährung solcher Gestaltungfreiheiten entspricht einem Rechtsverständnis, das von der Selbstbestimmung und -verantwortung des Individuums ausgeht.10 Damit ist gewiss noch keine Aussage über den inhaltlichen Wert des konkreten Rechtsgeschäfts getroffen. Wie gesehen können Sicherungsrechte dazu geeignet und bestimmt sein, Dritte in ihren Interessen zu schädigen.11 Im Ausgangspunkt allerdings handelt es sich um konsensuale Verfügungen über dingliche Rechtspositionen, um ein Gebrauchmachen von der „Verfügungsfreiheit“ also. Solche Rechtsgeschäfte sind nicht per se verwerflich, sondern dienen der freien Güterverteilung – hier zur 6 Vgl. neben 2. Kapitel, IV. etwa die Aufsätze von Vollkommer, NJW 2012, 3681 ff. und Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71 ff. zu den Neuerungen. 7 So paraphrasiert Petraschek, KritV 27 (1935), 135 eine der Grundthesen Gustav Radbruchs, die dieser in Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), S. 15 f. näher ausführt. 8 Da hier die abstrakte Freiheit, dingliche Rechte (Eigentum, security interest) zu übertragen, in Rede steht, kommt es auf Strukturprinzipien des Sachenrechts (etwa das Numerusclausus-Prinzip) zunächst nicht an. Diese nämlich betreffen den konkreten Inhalt der gewährten Verfügungsfreiheit, vgl. Staudinger-Heinze, Einleitung zum Sachenrecht Rz. 110 zur insofern wichtigen Unterscheidung zwischen Abschluss- und Gestaltungsfreiheit. 9 Hierzu sehr prägnant Möllers, Juristische Methodenlehre, § 1 Rz. 102. Vgl. ferner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, S. 1 ff. sowie (spezieller) Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 21 f. („[D]as oberste Kriterium bleibt aus den dargelegten Gründen unter dem Grundgesetz die Freiheit des Individuums“) und McCormack, Secured Credit, S. 11 ff. (zu „freedom of contract“ und „property rights“). 10 Hirsch, in: Kube, Hanno et al. (Hrsg.), FS für Kirchhof, S. 1191, 1192. Ähnlich Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 191 f. 11 S. dazu oben 2. Kapitel, III. 3. a), b).
III. Legitimität der verfolgten Ziele
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Sicherung einer Forderung – und sind daher grundsätzlich zu ermöglichen. Wenn im Einzelfall ein die Institution missbrauchendes, drittschädigendes Rechtsgeschäft vorliegt, ist dem durch Unwirksamkeitsgründe zu begegnen.12 Die Zulassung kreditsichernder Rechtsübertragungen kann man aus utilitaristischer Sicht ferner aufgrund wohlfahrtsmaximierender Effekte befürworten. Diese überaus kontroverse Feststellung stützt sich auf die ökonomische These, dass Kreditsicherung das Ausfallrisiko des Gläubigers und dadurch die Zinslast des Schuldners verringert,13 insgesamt also eine effiziente14 Ressourcenallokation fördert.15 Dem wird zuweilen entgegengehalten, dass etwaige Kosteneinsparungen zwischen Schuldner und gesichertem Gläubiger durch die Schlechterstellung ungesicherter Gläubiger wieder aufgehoben würden.16 Da der Streit unter Ökonomen weiterhin ungeklärt ist,17 erschiene eine Festlegung an dieser Stelle beinahe anmaßend. Solange es jedenfalls möglich ist, durch Kreditsicherung eine nutzbringende Güterverteilung herzustellen, hat die Berufung auf wohlstandsfördernde Wirkungen aber durchaus ihre Berechtigung. Dies gilt umso mehr angesichts der Beobachtung, dass ein funktionierendes Mobiliarsicherungsrecht den Aufschwung einer Volkswirtschaft begünstigt.18 Auch das Regelungsziel eines effektiven Vollstreckungsverfahrens verfolgen die Gesetzgeber in Deutschland und Kanada aus guten Gründen. Denn der ungesicherte Gläubiger, der den rechtlich vorgesehenen Realisierungsmodus respektiert, ist auf die hoheitliche Durchsetzung seines Interesses angewiesen. 12
Ibid. Ferner aus deutscher Perspektive Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 233 f. und zu Fraudulent Conveyances statt vieler Springman, Frauds on Creditors: Fraudulent Conveyances and Preferences, S. 1-8 ff. 13 Carlson, 80 Va. L. Rev. (1994), 2179, 2212 f. So im Ergebnis wohl auch McCormack, Secured Credit, S. 15 ff. Grundlegend hierzu Armour, 5 E. C. F. R. (2008), 3 ff. und Jackson/Kronman, 88 Yale L. J. (1979), 1143 ff. 14 Der Effizienzbegriff ist von zentraler Bedeutung für die ökonomische Analyse des Rechts (vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 41 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 14 ff.). Er wird unter 3. Kapitel, IV. 2. a) näher zu beleuchten sein. 15 Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, S. 31 betonen ferner eine Senkung der Informations- und Kontrollkosten des Sicherungsnehmers. Harris/Mooney, 80 Va. L. Rev. (1994), 2021, 2030 weisen mit Recht darauf hin, dass Kreditsicherung die Gewährung von Kapital oft nicht bloß ver- und begünstigt, sondern überhaupt erst ermöglicht. 16 Jackson/Kronman, 88 Yale L. J. (1979), 1143, 1153 ff. gehen etwa davon aus, dass die Zinsersparnis gegenüber dem gesicherten Gläubiger dadurch aufgehoben wird, dass ungesicherte Gläubiger als Konsequenz höhere Zinsen verlangen. Eine Kostenreduktion ergebe sich aber aus dem verringerten Kontrollaufwand des secured creditor (s. Jackson/Kronman, aaO, 1155 f.). Kritisch auch LoPucki, 80 Va. L. Rev. (1994), 1887 ff. 17 Für einen Überblick zum aktuellen Meinungsstand s. Hoffmann, Prioritätsgrundsatz und Gläubigergleichbehandlung, S. 292 ff. Ausführlicher dazu Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 66 ff. und McCormack, Secured Credit, S. 15 ff. 18 Kieninger, WM 2005, 2353, 2354; McCormack, aaO; Merrill/Smith, Property – Principles and Policies, S. 801.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
„[E]in Rechtssatz ohne Rechtszwang ist ein Widerspruch in sich selbst, ein Feuer, das nicht brennt“19. Das Vollstreckungsverfahren muss aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit20 daher gewährleisten, dass der Vollstreckungsgläubiger die Befriedigung erlangen kann, die ihm zusteht.21 Dies gilt in verfahrensmäßiger Dimension, durch Bereitstellung prozeduraler Instrumente, und in quantitativer Dimension, durch Ermöglichung weitgehender Gläubigerbefriedigung aus dem haftenden Schuldnervermögen. Nur ein so gestaltetes Vollstreckungsrecht sichert die Akzeptanz der Rechtssubjekte gegenüber dem staatlichen Gewaltmonopol. So konstatiert die Law Reform Commission of Nova Scotia: „An enforcement system that is unduly complicated or costly, or that simply fails to deliver results, is certain to undermine the confidence of the public and foster cynicism about the administration of justice. Put simply, it is the responsibility of the state – part and parcel of the duty to maintain and promote the rule of law – to uphold its courts’ judgments with strong and effective enforcement action.“22
Als Zwischenfazit ist damit festzuhalten, dass die beiden identifizierten Regelungsziele legitim sind. Da nun jeweils ein Ziel dem Interesse jeweils einer Konfliktpartei, gesichertem oder ungesichertem Gläubiger, dient, markieren die Regelungsanliegen auf abstrakter Ebene das Spannungsverhältnis, das die Rechtsordnungen bei der Konfliktlösung zu bewältigen haben. „Bewältigen“ heißt dabei nicht, den Widerstreit der Ziele zu verklären – dies wäre sinnlos – oder ihn aufzulösen – dies wäre illusorisch. „Bewältigen“ bedeutet, dass der Konflikt in einer angemessenen (gerechten) Weise entschieden wird. Dass also auf dem Kontinuum zwischen den Interessen des Sicherungsnehmers und jenen des ungesicherten Gläubigers ein Ausgleichspunkt gefunden wird, ohne etwa die schutzwürdigen Interessen Dritter außer Acht zu lassen.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
1. Benennung von Bewertungskriterien Auf den Nachweis und die Legitimation gemeinsamer Regelungsziele kann nun die Aufstellung der Kriterien folgen, die eine normative Bewertung der Lösungsansätze erlauben. Auch die Wahl dieser Kriterien setzt Wertungen 19
v. Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 250 f. S. für die deutsche Rechtsordnung BVerfG, Beschluss v. 27.04.1988, Az. 1 BvR 549/87, in: NJW 1988, 3141 und Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 15 für die kanadische Rechtsordnung. 21 Wie hier Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.1 f. aus deutscher und British Columbia Law Institute, Report on the Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act, S. 1 f. aus kanadischer Perspektive. 22 Law Reform Commission of Nova Scotia, Enforcement of Civil Judgments (Final Report), S. 15. 20
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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voraus, über die nachfolgend Rechenschaft abzulegen ist (zweiter Wertungsvorgang). Welche Kriterien sind also heranzuziehen, um zu bestimmen, inwieweit beide Rechtsordnungen die legitimen Regelungsziele verwirklichen? Bei einem Widerstreit ökonomischer Realisierungsinteressen liegt es nahe, den Realisierungsgrad der (wirtschaftlichen) Belange aller Beteiligten in die Bewertung einzubeziehen.23 Hierfür halten die Methoden der „ökonomischen Analyse des Rechts“ wichtige Hilfestellungen bereit. Ein erstes Bewertungskriterium ergibt sich damit aus der weitreichenden Befriedigung von (wirtschaftlichen) Einzelinteressen. Funktionierende Kreditsicherungs- und Zwangsvollstreckungssysteme sind zudem nur dort denkbar, wo ein rechtssicheres Normengefüge besteht.24 Neben klaren Rechtsregeln und vorhersehbaren Verfahrensausgängen schließt dies auch den Rechtsfrieden nach Beendigung des Vollstreckungsverfahrens und die Gewähr verlässlicher Sicherungsinstitute mit ein. Als zweites Bewertungskriterium ist mithin die Rechtssicherheit heranzuziehen. In engem Zusammenhang damit steht die innere Widerspruchsfreiheit eines Regelungsansatzes. Denn nur kohärente Regelungen ermöglichen die Herausbildung einer belastbaren Dogmatik und beschleunigen die Festigung einer stringenten Rechtsprechung. Um es mit einem Modewort der (neueren) Rechtswissenschaft25 zu sagen: Die Konsistenz eines Regelungsansatzes dient als drittes Kriterium zur Bewertung seiner Brauchbarkeit. Die ersten beiden Kriterien weisen dem Anschein nach Parallelen zu zwei Teilbereichen der triadischen Rechtsidee (Gerechtigkeit, Rechtssicherheit und Zweckmäßigkeit) Gustav Radbruchs auf.26 Und tatsächlich dient die Befriedigung (legitimer) wirtschaftlicher Belange im Zivilrecht der Gerechtigkeit. Das zweite Bewertungselement ist ausdrücklich der Rechtssicherheit verschrieben. Doch gebraucht Radbruch diesen Begriff in einem Sinne, der vom hier einschlägigen abweicht.27 Auch die Konsistenz als drittes Kriterium ist einem eigenen Gedanken, dem der inhaltlichen Stimmigkeit, verschrieben. Vor übereilten Gleichsetzungen mit Radbruchs Rechtsidee sei daher gewarnt. Da sämtliche genannten Kriterien gemeinsamen Regelungszielen dienen, überrascht es nicht, dass zwischen ihnen zahlreiche Zusammenhänge
23 Ähnlich verfährt die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht bei der Festlegung von „objectives“, vgl. UNCITRAL, Legislative Guide on Secured Transactions, S. 20 ff. Dazu auch Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 189. 24 S. hierzu Kieninger, WM 2005, 2353, 2354; UNCITRAL, aaO, S. 21. 25 Lesenswert hierzu die Kolumne Karsten Schmidts, JuS-aktuell 04/2015, 41. 26 Zu diesen Bestandteilen der Rechtsidee s. Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), S. 73 ff.; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 389 ff. 27 S. Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), S. 73 zur Rechtssicherheit („Unverbrüchlichkeit“, „Stetigkeit“) einerseits und 3. Kapitel, IV. 2. b) andererseits.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
bestehen.28 Dennoch sind die folgenden Abschnitte mit dem Ziel verfasst, unnötige Wiederholungen zu vermeiden. Schließlich bleibt zu betonen, dass die Gewichtung der Bewertungsparameter in den beiden Rechtsordnungen differiert. Denn nur so kann eingehalten werden, was im Rahmen der Forschungsmethode versprochen29 und wofür im Vergleichskapitel der Boden bereitet wurde: die Berücksichtigung rechtshistorischer, -kultureller und dogmatischer Eigenheiten in den untersuchten Legalordnungen, kurzum: des Kontextes. Um die teils widerstreitenden Elemente zu koordinieren und ein einheitliches Bewertungsergebnis zu ermöglichen, müssen hier aber freilich eigenständige Gewichtungen und Abwägungen stattfinden. Da dies einen separaten, dritten Wertungs- und Harmonisierungsvorgang darstellt, ist dieser Arbeitsschritt in den letzten und resümierenden Abschnitt der Bewertung ausgelagert. 2. Erfüllung der Bewertungskriterien a) Realisierung ökonomischer Individualinteressen Dass in der Überschrift auf das Begriffspaar „ökonomische Analyse“ verzichtet wird, geschieht mit Bedacht. Denn bereits die Andeutung einer einheitlichen Methode würde die Mannigfaltigkeit ökonomischer Methoden im Recht verschleiern.30 Selbst wenn man eine Ausrichtung am Ziel ökonomischer Effizienz als gemeinsamen Nenner der ökonomischen Methoden akzeptiert: Eine allein daran orientierte Bewertung muss sich die Frage nach ihrer Aussagekraft über den Gerechtigkeitsgehalt einer Regelung vorhalten lassen.31 Anders als teilweise behauptet erweist sich die ökonomische Analyse des Rechts
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Den Nexus zwischen ökonomischen Gesichtspunkten und der Rechtssicherheit veranschaulicht etwa die Wendung „commercial certainty and predictability“ in der kanadischen Literatur (Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 51). Die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung steht wiederum in Wechselbeziehung mit der Rechtssicherheit. So verortet v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 252 sie sogar in einem Strukturprinzip der Rechtssicherheit, der „Erkennbarkeit des Rechts“. Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 17 leitet die Forderung nach Widerspruchsfreiheit aus dem Gleichheitssatz und „somit aus einem der obersten Rechtswerte, nämlich aus dem Gerechtigkeitsgebot“ ab. Ähnlich Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 204. Zweigert, in: Bettermann, Karl August/Zeuner, Albrecht (Hrsg.), FS für Bötticher, S. 443, 444, 449 warnt angesichts der Relativität des Gerechtigkeitsbegriffs und seines Inhalts schließlich davor, das Systemdenken zu überfrachten und sich „logizistischen Selbsttäuschungen“ hinzugeben. 29 Gemeint ist neben der Anerkennung verschieden gewichteter Bewertungskriterien auch die Trennung von Funktion(sanalyse) und Bewertung. 30 Reimer, Juristische Methodenlehre, Rz. 497 f.; van Aaken, in: Bungenberg, Marc et al. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, S. 1, 2. 31 S. etwa Hoffmann, Prioritätsprinzip und Gläubigergleichbehandlung, S. 293; Rühl, in: Krüper, Julian (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, S. 223, 231 ff.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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gleichzeitig nicht als wertungsfrei, sondern führt über das Effizienzkriterium auf subtile Weise eigene Werturteile in den Evaluationsprozess ein.32 Und doch verspricht die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte und Denkmethoden hier einigen Nutzen – gerade ergänzend zur rechtsvergleichenden Untersuchung.33 Denn erstens ist die ökonomische Analyse in ihrer normativen34 Dimension mit der Bewertung unterschiedlicher Verteilungssituationen befasst. Hierbei liefert sie neben dem Effizienzkriterium zentrale Begrifflichkeiten und Argumentationsmuster, die auch für die juristische Betrachtung einen Erkenntnisgewinn versprechen.35 Zweitens lassen sich den Interessen der Beteiligten noch andere Regelungsziele gegenüberstellen. Die (ökonomische) Effizienz muss also nicht alleiniger Maßstab der Bewertung sein.36 Drittens erscheint es mit Blick auf die gemeinsamen Regelungsziele und den zivilrechtlichen Bewertungsgegenstand gerechtfertigt, die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten in die normative Bewertung einzubeziehen. Allein auf diese Weise ist ein Urteil über die gerechte Lösung des Konflikts möglich. Nach dieser Vorrede drängt sich eine nähere Gegenüberstellung der gehegten und realisierten Interessen aller Beteiligten auf. aa) Interessen des gesicherten Gläubigers Es versteht sich von selbst, dass Kreditgeber ein Interesse an weitgehender Gestaltungsfreiheit und Flexibilität hinsichtlich des Sicherungsgeschäfts hegen. Je größer der rechtlich gewährte Spielraum, desto umfassender sind die Handlungsrechte (property rights37), die der Sicherungsnehmer zu erwerben imstande ist. Diese Handlungsrechte sind nicht sachbezogen, sondern betreffen die Rechte und Pflichten zwischen Wirtschaftssubjekten.38 Der Blick auf die 32 Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, S. 68; Müller, in: Buckel, Sonja/Christensen, Ralph/Fischer-Lescano, Andreas (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, S. 351, 370. 33 Dazu Faust, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 837, 845 ff. Vgl. auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 14 f. zu den ähnlichen Gefahren und Erträgen, die Rechtsvergleichung und ökonomische Analyse des Rechts bergen. 34 Die Unterscheidung von normativer und positiver (analytischer und empirischer) Dimension entspricht Max Webers Scheidung von „Werturteil“ und „Erfahrungswissen“, vgl. dens., Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904), 22, 36, 73 f. Hierzu auch Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 4 f. 35 Reimer, Juristische Methodenlehre, Rz. 499 nennt neben der Effizienz beispielhaft „property rights“, „Transaktionskosten“ und „Informationen“. 36 Ähnlich Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, S. 5 f. Siehe auch van Aaken, in: Bungenberg, Marc et al. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, S. 1, 31, die für einen „wirklichkeitsorientierte[n]“ und „formale[n] Effizienz[begriff]“ plädiert. 37 Im Kontext der ökonomischen Analyse des Rechts kommt dem Begriff „property rights“ eine andere Bedeutung zu als im Property Law. 38 Laudenklos, in: Rückert, Joachim/Seinecke, Ralf (Hrsg.), Methodik des Zivilrechts, S. 471, 480; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 69 f.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
deutsche Rechtsordnung hat die Wandelbarkeit der Sicherungsübereignung offenbart. Von der sicherungsweisen Übertragung eines Einzelgegenstandes hin zur antizipierten Übertragung revolvierender Sachbestände: Die von der Kautelarpraxis ersonnene und von der Rechtsprechung in den Grenzen des § 138 Abs. 1 BGB gebilligte Ausweitung des Sicherungsrechts ermöglicht überaus flexible Gestaltungen.39 Das kanadische security interest steht dem in keiner Hinsicht nach. Man denke nur an allumfassende Sicherungsgeschäfte im Wege des general security agreement. Hinzu kommt die Möglichkeit, ein nachrangiges security interest zu bestellen und damit die schuldnerische Kreditgrundlage noch weiter auszuschöpfen.40 Ein solches Vorgehen ist bei sicherungsweisen Vollrechtsübertragungen naturgemäß ausgeschlossen. Dass der functional approach auf Rechtsfolgenseite dabei keine Restriktion der Gestaltungsfreiheit darstellt, konnte ebenfalls gezeigt werden.41 Von großer Bedeutung ist für den Sicherungsnehmer ferner der Bestandsschutz seiner Vorrangposition. Hierbei lassen sich ein Erhaltungs- und ein Durchsetzungsinteresse unterscheiden. Ersteres betrifft das Anliegen, die eigene Rechtsposition nicht unvorhergesehen durch Akte Dritter (Vollstreckung, aber auch Erwerb) zu verlieren; zweiteres umschreibt das Interesse, das Sicherungsrecht im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zu behaupten. Für das Sicherungseigentum lässt sich konstatieren, dass seine Festigkeit gegen Vollstreckungsmaßnahmen Dritter erst die „Brauchbarkeit“42 als Sicherungsmittel begründet. Dies setzt freilich voraus, dass der Sicherungsnehmer Kenntnis von der Vollstreckungsmaßnahme erlangt. Da im Falle einer Verwertung regelmäßig der Eigentumsverlust des gesicherten Gläubigers eintritt, ist sein Erhaltungsinteresse nur insoweit geschützt, als der Schuldner es durch Anzeige der Pfändung zulässt. Wenn der Sicherungsnehmer aber auf entsprechenden Hinweis die Drittwiderspruchsklage erhebt, stehen seine Chancen (bei maßvoller Kreditsicherung) gut, das Vollstreckungsbegehren auszustechen (Durchsetzungsinteresse).43 Im kanadischen Recht ist ein unbemerkter Verlust des security interest ab der perfection ausgeschlossen, das Erhaltungsinteresse mithin maximal geschützt. Denn das vollstreckungsfeste Sicherungsrecht kann nur erlöschen, wenn der judgment creditor eine gerichtliche Anordnung beantragt, die zur discharge führt. Dieser Vorgang vollzieht sich unter zwingendem Einbezug des secured creditor. Die Reichweite des Durchsetzungsinteresses, die von der richterlichen Handhabe der commercial reasonableness abhängt, ist im kanadischen Recht noch nicht abschließend geklärt. Festzuhalten ist aber, dass dem Schutz des 39
S. o. 2. Kapitel, II. 1., III. 1., 3. Dies heben etwa Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 389 f. und Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 218 ff. hervor. 41 Dazu oben 2. Kapitel, II. 3. b). 42 Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 44 Rz. 23. 43 Vgl. oben 2. Kapitel, V. 1. a) bb). 40
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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Durchsetzungsinteresses auch beim hypothekarischen security interest nichts entgegensteht, wenn für den secured creditor mit dem Erhalt des Sicherungsrechts ein wirtschaftlicher Belang verbunden ist. Neben dem Bestandsschutz ist dem Kreditgeber daran gelegen, die Transaktionskosten möglichst gering zu halten. „Transaktionskosten sind […] Kosten, die mit dem Herbeiführen einer Entscheidung verbunden sind“44. Unter den Begriff der „Entscheidung“ fallen soziale Arrangements wie etwa Sicherungsgeschäfte. Auf den ersten Blick mag die Sicherungsübereignung, die formlos und ohne Publizierung vollzogen werden kann, hier dem security interest überlegen sein. Bei genauerer Betrachtung erweist sich dies jedoch als Trugschluss. Erstens werden der Sicherungsvertrag und die zugehörige Übereignung in praxi regelmäßig schriftlich fixiert.45 Zweitens ist bei der Abfassung dieser Dokumente darauf zu achten, dass Sicherungswert und Forderungshöhe nicht in einem (groben) Missverhältnis stehen, denn die anfängliche Übersicherung führt zur Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB.46 Gleichzeitig mahnt das Bestimmtheitserfordernis eine präzise Bezeichnung des Sicherungsgegenstandes an.47 Unter Umständen muss der Sicherungsnehmer zudem die schuldnerische Vermögenslage überprüfen.48 Drittens dürfte das Sicherungseigentum aufgrund seiner Unbeständigkeit bei Übertragungen an Dritte höhere Kontrollkosten hervorrufen als das security interest. Immerhin kann der besitzende Schuldner jedem gutgläubigen Dritten das Eigentum am Sicherungsgut verschaffen (§§ 929 S. 1, 932 ff. BGB),49 von der Verwertung im Vollstreckungsverfahren hier ganz zu schweigen. Das kanadische Recht sieht für das attachment bzw. die Drittwirksamkeit zwar die Schriftform50 und für die perfection das notice filing vor. In Anbetracht der Gebräuchlichkeit schriftlicher security agreements und der niedrigen Registrierungskosten von umgerechnet etwa 5 € pro Jahr51 relativiert sich dieser finanzielle Aufwand jedoch. 44 So die prägnante Definition von Laudenklos, in: Rückert, Joachim/Seinecke, Ralf (Hrsg.), Methodik des Zivilrechts, S. 471, 479. Ähnlich Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, S. 56. 45 Reich, Die Sicherungsübereignung, S. 64 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Neuere Rechtsentwicklungen, S. 32. 46 Wann genau eine anfängliche Übersicherung vorliegt, ist weiterhin offen. Der IX. Senat nimmt eine Einzelfallbetrachtung vor (BGH, Urteil v. 12.03.1998, Az. IX ZR 74/95, in: NJW 1998, 2047). Ähnlich Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1112. Zu abweichenden Ansichten und Unsicherheiten bei der Bestimmung s. MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 33 und BeckOGK BGB-Klinck, § 930 BGB Rz. 151 ff. 47 S. dazu o. 2. Kapitel, III. 1. b) aa). 48 2. Kapitel, III. 3. a). 49 Auf diese Gefahr weisen etwa Baur/Stürner, Sachenrecht, § 56 Rz. 3 und SchulzeSchulte-Nölke, § 930 BGB Rz. 26 hin. 50 Vgl. oben 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3) zu den evidentiary requirements. 51 In Ontario werden pro Jahr 8 CAD für eine Eintragung fällig, wie sich aus Section 1.1. Regulation 345/97 (Ontario) ergibt.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Bei komplexen Transaktionen dürften die mit der Publikation verbundenen Kosten kaum ins Gewicht fallen. Auch der praktische Mehraufwand hält sich in Grenzen, da das financing statement über ein Standardformular via Internet an die Registerdatenbank übermittelt werden kann.52 Eng damit verbunden ist ein Anliegen des Sicherungsnehmers, das als Entstehungsinteresse bezeichnet werden kann. In beiden Rechtsordnungen erwirbt der Sicherungsnehmer nur dann ein dingliches Recht, wenn der Sicherungsgeber eine entsprechende Verfügungsberechtigung innehat.53 Angesichts der Üblichkeit, ja standardmäßigen Vereinbarung,54 von weitreichenden Sicherungsübertragungen im Wirtschaftsverkehr kann es aufwändig sein, die „freien“ Vermögensgüter des Schuldners zu ermitteln. Im deutschen Schuldnerverzeichnis gemäß §§ 882b ff. ZPO sind bloß solche Personen eingetragen, die die Abgabe einer Vermögensauskunft pflichtwidrig unterlassen haben oder ausweislich ihres Vermögensverzeichnisses nur über sehr geringe Haftungswerte verfügen.55 Eine Auskunft ist daher allein über „illiquide[…] Wirtschaftsteilnehmer[…]“56 zu erlangen. Inwiefern einzelne Vermögenswerte ansonsten solventer Kreditnehmer belastet sind, kann mit dem Schuldnerverzeichnis nicht ermittelt werden. Durch diese Unsicherheiten entstehen weitere Informationskosten, die ein Register zu vermeiden imstande ist.57 Denn eine am Schuldnernamen orientierte Suche fördert entweder die an dessen Vermögenswerten bestellten Sicherungsrechte zutage – dann weiß der Sicherungsnehmer um deren potentielle Belastung. Oder die Datenbank enthält keinen Vermerk über bestehende security interests – dann kann der Sicherungsnehmer darauf vertrauen, dass die Vermögensgegenstände des Schuldners nicht belastet sind. Besteht dennoch ein security interest eines Dritten, so kann dieser es dem Sicherungsnehmer mangels Publizierung nicht entgegenhalten.58 Gleiches gilt übrigens für die Vorrangposition eines Vollstreckungsgläubigers, soweit das lokale Judgment Enforcement Law dessen filing ermöglicht.59 Die im Personal 52
Dazu ausführlich oben 2. Kapitel, III. 2. b) bb) Inkurs: Das Registersystem im Detail. S. o. 2. Kapitel, III. 1. b) cc) für das deutsche beziehungsweise 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (2) für das kanadische Recht. 54 Zur Branchenüblichkeit verschiedener Sicherungsinstrumente s. MüKo BGB-Oechsler, Anh. §§ 929–931 BGB Rz. 58 f., zu ihrer standardmäßigen Vereinbarung in AGB vgl. Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 18 f. 55 Zu den Einzelheiten s. o. 2. Kapitel, IV. 1. a), b). 56 So die Formulierung in BT-Drucks. 16/10069, S. 1. 57 In diese Richtung auch v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 162. 58 Vgl. dazu Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 107 f.; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 231 f. 59 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. a) cc). Es sei aber erwähnt, dass auch im traditionellen Vollstreckungssystem Ontarios eine Execution Search im lokalen Enforcement and Writs Office möglich ist. Dies ist indes mit mehr Aufwand verbunden als ein Einblick in das Personal Property Registry und gibt nur Aufschluss über writs im jeweiligen county, vgl. dazu Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 10 f. 53
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
225
Property Registry enthaltenen Informationen können also für den „werdenden“ Sicherungsnehmer einen erheblichen Informationswert haben. Namentlich in der deutschen Literatur finden sich schließlich Hinweise, dass Sicherungsnehmer mitunter die Geheimhaltung ihrer Sicherungsrechte wünschen.60 Was zunächst paradox klingen mag, erklärt sich mit der Abneigung mancher Kreditgeber, den Umfang der von ihnen verlangten Sicherheiten preiszugeben. Roman Guski zeigt zudem auf, dass der Warenkreditgeber im deutschen Recht von der Publizitätslosigkeit einer globalen Sicherungszession des Geldkreditgebers sogar profitiert, da die BGH-Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit umfänglicher Sicherungszessionen ihre Grundlage verlieren würde, wenn die Sicherungszession offenkundig wäre.61 bb) Interessen des Vollstreckungsgläubigers Dem Vollstreckungsgläubiger dürfte zunächst an Information gelegen sein, um fruchtlose Verwertungsversuche zu vermeiden. Für ihn gilt im deutschen Recht das soeben Gesagte entsprechend: Ein Blick in das Schuldnerverzeichnis offenbart nur zahlungsunfähige oder -unwillige Wirtschaftsteilnehmer. Besonders misslich kann der Informationsmangel werden, wenn ein Sicherungseigentümer dann die Drittwiderspruchsklage erhebt. Zwar wird die Kostentragungspflicht des Vollstreckungsgläubigers (Beklagter, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO)62 durch § 93 ZPO entschärft. Demzufolge muss der Beklagte die Prozesskosten nicht tragen, wenn er die Klage nicht veranlasst hat und er den geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt. Für Fälle der Sicherungsübereignung ist eine Klageveranlassung durch den Beklagten erst dann anzunehmen, wenn er das gepfändete Sicherungsgut auf den Nachweis des Interventionsrechts hin nicht freigibt.63 Gleichwohl kostet ihn der fruchtlose Vollstreckungsversuch Zeit und finanzielle Ressourcen (Transaktionskosten), ohne dass seine Forderung erfüllt würde. Die Personal Property Registries enthalten demgegenüber Hinweise auf eventuell bestehende Sicherungsrechte von Dritten.64 Auf der Grundlage einer database search ist der judgment creditor imstande, weitere 60
Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 91; Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht, S. 74 ff.; Simitis, AcP 171 (1971), 94, 119. 61 Guski, aaO. Zur „Vertragsbruchlehre“ des BGH s. unten 3. Kapitel, V. 2. a) cc). 62 Für die Streitwertbemessung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 62 S. 1 GKG, 6 ZPO grundsätzlich der Wert der Forderung, wegen derer die Vollstreckung betrieben wird, maßgeblich (BGH, Beschluss v. 09.02.2017, Az. IX ZR 142/16, BeckRS 2017, 101937). Nur dann, wenn der objektive Verkehrswert der gepfändeten Gegenstände unter der Forderungshöhe liegt, ist der Sachwert heranzuziehen (Zöller-Herget, § 3 ZPO Rz. 16). 63 Baumbach/Lauterbach/Albers-Hartmann, § 93 ZPO Rz. 82; Saenger-Gierl, § 93 ZPO Rz. 22. Vgl. ferner BeckOK ZPO-Wolf, § 93 ZPO Rz. 76 zur Möglichkeit des Beklagten, erst nach der Beweisaufnahme, die zum Nachweis des Eigentums führt, anzuerkennen. 64 Auf dieses Merkmal des notice filing machen bspw. Kieninger, ZEuP 2016, 201, 210 und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 5.03 [1] aufmerksam.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Nachforschungen anzustellen und von den eingetragenen Sicherungsnehmern Informationen zu verlangen, die für sein weiteres Vorgehen entscheidend sein dürften.65 Für Vollstreckungsgläubiger fragt sich schließlich nicht nur, welche Gegenstände belastet sind, sondern auch, wie hoch die ausstehende Forderungssumme ist. Dieser Faktor beeinflusst nämlich die Aussichten auf eine discharge des Sicherungsrechts.66 So kann der judgment creditor das Risiko einer fruchtlosen Pfändung sehr viel verlässlicher kalkulieren als es der Vollstreckungsgläubiger im deutschen Recht zu tun vermag. Über das Informationsbedürfnis hinaus teilen Vollstreckungsgläubiger und Sicherungsnehmer das Erhaltungsinteresse. Den einmal begründeten Vorrangstatus sind schließlich beide zu wahren bestrebt. Im deutschen Recht wird dieses Interesse anerkannt, wie § 808 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO zeigt. Gepfändete Sachen sind nur in schuldnerischem Gewahrsam zu belassen, sofern dies die Befriedigung des Gläubigers nicht gefährdet. Gleichzeitig ist die Pfändung durch Pfandsiegel oder -anzeige kenntlich zu machen.67 Außerdem führt die Beschlagnahme zu einem Verfügungsverbot des Schuldners, das nur Raum für einen gutgläubigen Erwerb durch Dritte lässt.68 Da sich die Sicherungsübereignung aber regelmäßig nach §§ 929 S. 1, 930 BGB vollzieht und eine Übergabe (§ 933 BGB) unterbleibt, wird das Pfändungspfandrecht immerhin nicht durch eine nachträgliche Sicherungsübertragung tangiert. Kautelarischen Versuchen, die Übergabe durch Einschaltung von Besitzdienern oder -mittlern zu konstruieren, ist kein Erfolg beschieden.69 Im kanadischen Recht vollzieht sich der Bestandsschutz über Konfliktregelungen wie Section 20 (1) OPPSA. Ein security interest unterliegt (je nach Provinz) vor perfection oder registration der Vorrangposition des Vollstreckungsgläubigers, wenn letzterer den vorgesehenen Tatbestand zur Begründung der priority erfüllt hat.70 Auf Fragen des gutgläubigen Erwerbs kommt es damit nicht an; dem Vollstreckungsgläubiger droht kein Verlust des einmal gesicherten Vorrangstatus. Des Weiteren spielt noch der Aufwand des Vollstreckungsgläubigers zur Vorrangbegründung eine wichtige Rolle. Namentlich die zeitlichen und finanziellen Umstände, die die Erlangung des prioritären Status bereitet, 65 S. 2. Kapitel, III. 2. b) aa) (3), 3. a), b) zu den Auskunftsrechten des (judgment) creditor aus Section 18 (1) OPPSA und den Parallelnormen in anderen PPSAs. 66 Dazu Buckwold, 61 Can. Bus. L. J. (2018), 80, 96 ff. und oben 2. Kapitel, V. 2. c), e). 67 Zu den Einzelheiten der Kenntlichmachung s. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 333 ff.; Wieczorek/Schütze-Lüke, § 808 ZPO Rz. 42 ff. 68 S. o. 2. Kapitel, IV. 1. a). 69 Vgl. zu diesen Praktiken Baur/Stürner, Sachenrecht, § 52 Rz. 19. Ihnen ist zweierlei entgegenzuhalten: erstens handelt es sich um Umgehungsgeschäfte; zweitens ist unter diesen Umständen stark an der Gutgläubigkeit des Erwerbers zu zweifeln (Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 63; Staudinger-Wiegand, § 933 BGB Rz. 33). 70 Dazu Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 494 ff.; Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 508 ff.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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interessieren an dieser Stelle. Gemäß § 753 ZPO hat der Gläubiger nach deutschem Recht einen Vollstreckungsantrag zu stellen.71 Seit dem 01.04.2016 hält die GVFV72 dafür ein Formular bereit, welches zwingend zu verwenden ist (§ 753 Abs. 3 ZPO). Auf dieser Grundlage pfändet der Gerichtsvollzieher dann jene beweglichen Sachen, welche sich im Schuldnergewahrsam befinden. Die zur Zwangsvollstreckung notwendigen Kosten fallen dem Schuldner zur Last und sind zugleich mit dem vollstreckten Anspruch beizutreiben (§ 788 Abs. 1 ZPO). Für die (vorrangbegründende!) Pfändung muss dann erst das Organ „Gerichtsvollzieher“ tätig werden – ein außerhalb der Gläubigersphäre liegender Faktor. In den kanadischen Provinzen hängt die zeitliche Realisierbarkeit stark vom einschlägigen Judgment Enforcement Law ab. Das klassische Modell Ontarios, das vom judgment creditor die Pfändung des Sicherungsguts vor der perfection verlangt („causes the collateral to be seized“), dürfte dem deutschen Recht kaum überlegen sein.73 Erst die modernen Vollstreckungsmodelle versprechen einen Vorteil bei der Vorrangbegründung. Analog zum security interest gilt nämlich, dass eine prioritätswahrende notice74 schnell und kostengünstig im Register eingetragen werden kann. In Saskatchewan und New Brunswick muss nicht einmal das Vollstreckungsverfahren angestrengt werden, sodass der obsiegende Gläubiger direkt nach dem Erstreiten des Urteils zur Sicherung seines Vorrangs imstande ist.75 Schließlich hängt die Position eines Vollstreckungsgläubigers stark von den Realisierungsaussichten seines Befriedigungsinteresses ab. Damit ist nicht seine Durchsetzung gegen den Sicherungsnehmer gemeint; diese wurde bereits thematisiert. Es geht vielmehr um sein Interesse an freiem, das heißt unbelastetem Schuldnervermögen, in das er vollstrecken kann. Mit der weitreichenden Besicherung, die das deutsche und das kanadische Recht zulassen, geht allerdings das Risiko einher, dass nur geringe Haftungsmassen für Vollstreckungsgläubiger verbleiben. Gerade im kommerziellen Kontext dürften die Realisierungsaussichten hinsichtlich typischer Sicherungsgüter (Warenlagerbestände, Fuhrparks) daher schlecht stehen. Vermutlich hat dieser Umstand den Attraktivitätsverlust der Vollstreckung in bewegliches Vermögen insbesondere im deutschen Recht sogar mitverursacht.
71
Zum Verfahrensablauf Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 209 ff. Gerichtsvollzieherformular-Verordnung v. 28.09.2015 (BGBl. 2015 I S. 1586), geändert durch Artikel 8 des Gesetzes v. 21.11.2016 (BGBl. 2016 I S. 2591). 73 Zu den Nachteilen dieses Regimes Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 471 f. 74 Der Begriff „notice“ steht hier generisch für sämtliche Eintragungen. In Provinzen mit modernisierten Vollstreckungsregimes sind ein writ of enforcement, eine notice of judgment oder ein judgment einzutragen (s. o. 2. Kapitel, IV. 2. a) cc)). 75 Ausführlich dazu oben 2. Kapitel, IV. 2. a) cc) (2), (3). 72
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3. Kapitel: Normative Bewertung
cc) Interessen des Schuldners Als vertragliches Gegenüber des Sicherungsnehmers hegt auch der Schuldner ein Interesse an umfassender Gestaltungsfreiheit bei der Bestellung des Sicherungsrechts. Je stärker er die eigene Kreditgrundlage ausschöpfen kann, desto wahrscheinlicher ist die Kreditgewährung durch einen zu sichernden Gläubiger. Das deutsche Recht gewährt dem Schuldner hierzu viele Freiheiten. Zwar zieht die Rechtsprechung dem Sicherungsgeschäft insbesondere durch die Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB gewisse Grenzen.76 Jedoch hat ihre ansonsten wohlwollende Haltung zu antizipierten Übertragungen und revolvierenden Sachbeständen es ermöglicht, mit der Sicherungsübereignung praktisch alle schuldnerischen Vermögenswerte als Kreditgrundlage zu verwenden.77 Spiegelbildlich zum Sicherungsnehmer verfügt also auch der Sicherungsgeber über ein großes Maß an Handlungsrechten („property rights“). Für das kanadische Personal Property Law ergibt sich ein ähnliches Bild. Die PPSAs sind von der policy bestimmt, Sicherungsgeschäfte zu fördern, indem sie flexible Vertragsgestaltungen ermöglichen.78 Dies gilt auch für den Grad, in dem ein Schuldner sein Vermögen sicherungsweise belasten kann. Es sei hier nur an standardmäßige Klauseln wie „all Debtor’s present and after-acquired personal property“79 erinnert. Noch verbliebene Werte kann der Schuldner durch die Bestellung eines nachrangigen junior security interest ausschöpfen.80 Damit ist zugleich auf das schuldnerische Interesse an der Erhaltung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit angespielt. Die deutsche Gerichtspraxis sieht weitreichende Sicherungsübertragungen nicht per se als Übel an,81 ahndet aber in einzelnen Fällen den Machtmissbrauch durch Sicherungsnehmer.82 Der kanadischen Rechtsordnung ist die Sorge vor einem situativen Monopol eines Sicherungsnehmers ebenfalls bekannt.83 Als Schutzmechanismen fungieren hier indes gesetzliche Regelungen zum Konfliktstadium, namentlich das Verfügungspotential des Schuldners im üblichen Geschäftsbetrieb (ordinary 76
2. Kapitel, III. 1., 3. a). So auch Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 207, 209. Vgl. ferner Gehrlein, MDR 2008, 1069, 1070 ff. zu den zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten. Kritisch zur „Perpetuierung der Sicherheit“ Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 94, 123. 78 Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 191 f., 194; Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 6. 79 S. o. 2. Kapitel, III. 2. a). 80 Dazu Kieninger, WM 2005, 2353, 2358. 81 Vgl. BGH, Urteil v. 24.06.1958, Az. VIII ZR 205/57, in: NJW 1958, 1133 und OLG Köln, Urteil v. 09.01.2002, Az. 13 U 22/01, in: WM 2003, 1070. S. a. Gehrlein, MDR 2008, 1069, 1073 und Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1132b. 82 Paradigmatisch ist hierbei die Fallgruppe der „wirtschaftlichen Knebelung“ des Sicherungsgebers, vgl. BGH, Urteil v. 19.03.1998, Az. IX ZR 22/97, in: NJW 1998, 2592, 2595. 83 S. schon oben 2. Kapitel, III. 3. a) und ausführlich Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 439 ff. 77
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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course of business) und die super-priority von purchase-money security interests. So kann der Schuldner neue Sachwerte erlangen, die haftungsrechtlich dem Anschaffungsfinancier zugeordnet sind – unabhängig von einem bereits bestehenden security interest, das after-acquired property umfasst. Soweit ersichtlich hat dieses Modell nicht zu beklagenswerten Zuständen wegen wirtschaftlich handlungsunfähiger Schuldner geführt. Es verdeutlicht vielmehr, dass sich umfassende Sicherungsrechte des Gläubigers und wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit des Schuldners nicht zwingend ausschließen. Wie der Sicherungsnehmer ist auch der Schuldner auf die Vermeidung von Mehrfachverfügungen bedacht. Denn erstens läuft er Gefahr, bei Zahlungsverzug mit mehreren Gläubigern in Konflikt zu geraten. Zweitens ist davon auszugehen, dass gesicherte Gläubiger das Risiko von Mehrfachverfügungen einpreisen – also höhere Zinsen oder umfangreichere Sicherung verlangen.84 Dort, wo solche Verfügungen möglich sind, drohen dem Sicherungsnehmer nämlich das Scheitern des Rechtserwerbs und ein späterer Verlust seiner Sicherheit. Beide Risiken können sich im deutschen Recht verwirklichen. Ulrich Drobnig gab schon 1968 zu bedenken, dass vielen Gewerbetreibenden kaum bewusst sei, welchen Gläubigern (zumeist Kreditinstituten) sie bereits Sicherungsrechte verschafft haben.85 Die bereits damals hohe Anzahl an versehentlich mehrfach übertragenen Sicherungsgegenständen bestärkt diese These.86 Auch heute noch kommt es häufig zu Konflikten aufgrund mehrfacher Übertragung des Sicherungsguts.87 Im kanadischen Recht kann sich der Sicherungsnehmer hingegen auf den drittwirksamen Erwerb und Bestand seines security interest verlassen.88 Das Register stiftet in diesem Zusammenhang eine Sicherheit, die auch dem Schuldner zugutekommt. Denn erst auf dieser Publikationsgrundlage ist er zur Bestellung eines verlässlichen Sicherungsrechts imstande. Dessen ungeachtet kann dem Schuldner auch an der Geheimhaltung von Sicherungsrechten gelegen sein. Jedenfalls wird ein entsprechendes Interesse für die deutsche Rechtslage oft betont.89 Dabei ist der Bezugspunkt der Geheimhaltung nicht immer klar benannt. In Betracht kommt das Sicherungsgeschäft 84
Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 287 f.; v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 163. 85 Drobnig, in: Ziegel, Jacob S./Foster, William F. (Hrsg.), Aspects of Comparative Commercial Law: Sales, Consumer Credit, and Secured Transactions, S. 368, 372. 86 Vgl. die Statistik bei Gotzmann, Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession, S. 108 in Bezug auf Mehrfachabtretungen. 87 Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 267. S. dazu auch Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 16, 1142. 88 Vgl. schon oben 3. Kapitel, IV. 2. a) aa). 89 S. beispielhaft Baur/Stürner, Sachenrecht, § 56 Rz. 3. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Neuere Rechtsentwicklungen, S. 136 f. verdeutlicht, dass ein Geheimhaltungsinteresse bezüglich der Kreditsicherungsrechte angesichts der Kenntnis um das Ausmaß von Fremdfinanzierungen kaum noch begründbar ist.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
selbst oder die Liquidität des Schuldners. Welche Gegenstände sicherungsübereignet sind, ist im deutschen Recht mangels Publizität nicht erkennbar (sicherungsrechtsbezogene Geheimhaltung). Sogar Vereinbarungen, eine Sicherungsübereignung zu verheimlichen, sind zulässig.90 Durch das Schuldnerverzeichnis hat der Gesetzgeber hingegen das auf die Zahlungsfähigkeit bezogene Geheimhaltungsinteresse dem Verkehrsschutz untergeordnet (liquiditätsbezogene Offenkundigkeit). Im kanadischen Recht verhält es sich anders. Das Personal Property Registry weist mögliche Sicherungsrechte aus, gibt aber keinen belastbaren Hinweis auf die Liquidität des Schuldners.91 Zu deren Ermittlung kann die Konsultation der zahlreichen weiteren Register92 einen Beitrag leisten, nicht aber abschließende Gewissheit geben. Von vergleichbarem Aussagegehalt über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dürften Eintragungen im Schuldnerverzeichnis und im Bankruptcy-Register sein. Beide können ihre Warnfunktion freilich erst dann entfalten, wenn bereits ein Eintrag erfolgt ist, obwohl der Schuldner bereits vorher illiquid sein kann. dd) Interessen des Publikums Als vierter Personenkreis, der ein Interesse an Informationen hegt, ist schließlich noch das Publikum zu erwähnen. Für prospektive Gläubiger – auf diese kommt es an dieser Stelle an – können zwei Gegenstände des Informationsinteresses unterschieden werden: Information über die Solvenz des Schuldners und Information über die Haftungsgrundlage (unbelastete Vermögenswerte also). Hierfür gilt das bereits zum gegenläufigen Schuldnerinteresse an Geheimhaltung Gesagte.93 ee) Efficiency revisited Lohnt es sich, auf dieser Grundlage eine Aussage darüber zu treffen, welcher der Regelungsansätze effizienter ist? Um dies zu beantworten ist eine nähere Begriffsbestimmung nunmehr unumgänglich. Als erste Annäherung an den Effizienzbegriff eignet sich der Ausgangspunkt, dass Effizienz (positiv) auf eine nutzenmaximierende, „optimale“ Güterallokation und (negativ) auf die Vermeidung von Ressourcenverschwendung hinwirkt.94 Um die (Vertei-
90 Zur sog. „Geheimhaltungsklausel“ Ring/Grziwotz/Keukenschrijver-Meller-Hannich, § 930 BGB Rz. 69, 73. 91 Dazu schon oben 2. Kapitel, III. 3. b). 92 Im Rahmen der debt collection steht dem Gläubiger die Einsicht in diverse Register offen, vgl. hierzu Bennett, Bennett on Creditors’ and Debtors’ Rights and Remedies, S. 8 ff.; Olivio, Debtor-Creditor Law and Procedure, S. 18 ff. 93 S. zuvor 3. Kapitel, IV. 2. a) cc). 94 Reimer, Juristische Methodenlehre, Rz. 499; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. XXXIII.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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lungs-)Effizienz verschiedener Situationen (Arrangements) zu bewerten, haben sich freilich präzisere Ansätze etabliert. Ein erstes Effizienzkriterium geht auf den italienischen Soziologen und Ökonomen Vilfredo Pareto zurück.95 Zur Veranschaulichung des Pareto-Kriteriums sind zwei fiktive Arrangements gegenüberzustellen: Wenn in Arrangement 1 mindestens ein Individuum besser und kein Individuum schlechter steht als in Arrangement 2, dann ist Arrangement 1 Pareto-superior gegenüber Arrangement 2. Ein Arrangement, in dem kein Individuum bessergestellt werden könnte, ohne dass zugleich mindestens ein anderes Individuum einen Nachteil erlitte, ist Pareto-effizient.96 Eingedenk der multipolaren Interessenlage, die soeben aufgezeigt wurde, offenbart sich eine grundlegende Schwäche des Pareto-Kriteriums: Zustandsveränderungen, in denen eine Umverteilung ausschließlich begünstigend wirkt, sind rar. Nahezu jede Besserstellung der einen Partei bedeutet einen Nachteil für ihr Gegenüber. Das Effizienz-Kriterium der Ökonomen Nicholas Kaldor und John R. Hicks97 greift diesen Aspekt auf. Es ermöglicht eine Aussage über die Vorzugswürdigkeit verschiedener Verteilungssituationen auch dann, wenn sich eine Zustandsveränderung auf bestimmte Individuen nachteilig auswirkt. Nach dem Kaldor-Hicks-Kriterium ist Arrangement 1 gegenüber Arrangement 2 vorzugswürdig, wenn die in Arrangement 1 begünstigten Individuen die Einbußen der Benachteiligten kompensieren könnten und ihnen nach Entschädigung der „Verlierer“ noch ein Gewinn verbliebe.98 Dem Ansatz liegt die überzeugende Prämisse zugrunde, dass Güterallokation kein Nullsummenspiel ist. KaldorHicks-effizient ist ein Zustand, wenn kein anderes Arrangement zu größerer Nutzenmehrung nach Abzug der Einbußen führt.99 Zur Erfüllung des Kriteriums genügt dabei die Möglichkeit einer Kompensation der benachteiligten Wirtschaftssubjekte; ob der Gesetzgeber eine Entschädigung tatsächlich einführt, ist eine politische Entscheidung.100 So verstanden scheint das Kaldor-Hicks-Kriterium auf eine bloße Saldierung von Vor- und Nachteilen hinauszulaufen. Genau an dieser Stelle, bei den zu saldierenden Posten also, offenbart sich indes der Schwachpunkt des Kriteriums. Denn die kardinale Messung von „Nutzen“ und der interpersonelle 95 S. Wagener, in: Kurz, Heinz D. (Hrsg.), Klassiker des ökonomischen Denkens II, S. 26 ff. zu Leben und Werk Vilfredo Paretos. 96 Sehr prägnant van Aaken, in: Bungenberg, Marc et al. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, S. 1, 24. Ausführlicher Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, S. 49 f. 97 Vgl. Kaldor, 49 The Econ. J. (1939), 549 ff. und Hicks, 49 The Econ. J. (1939), 696 ff. 98 Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 70 f.; Posner, Economic Analysis of Law, S. 14 ff. 99 Rühl, in: Krüper, Julian (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, S. 223, 228 f. Ausführlich dazu Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 51 ff. 100 S. dazu Müller, in: Buckel, Sonja/Christensen, Ralph/Fischer-Lescano, Andreas (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, S. 351, 357; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, S. 33 f.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Nutzenvergleich gelten seit Lionel Robbins, einem offenkundigen Anhänger Max Webers,101 als unwissenschaftlich. Robbins argumentierte, dass erstens „Nutzen“ nicht durch eine numerische Einheit (kardinal) quantifiziert werden könne.102 Es sei lediglich eine Aussage über die Reihenfolge von Präferenzen möglich (ordinale Messung). Zweitens wies er darauf hin, dass einem Urteil über den interpersonellen Nutzen nicht belegbare Fakten, sondern Werturteile zugrunde liegen: „[W]hen I make interpersonal comparisons […] my judgments are more likely judgments of value than judgments of verifiable fact.“103 In der Wirtschaftswissenschaft haben sich Robbins‘ Thesen rasch durchgesetzt;104 das Kaldor-Hicks-Kriterium kann sogar als Antwort darauf gesehen werden.105 Soweit der Nutzen nämlich monetär bewertet wird, liegt der Saldierung von Vor- und Nachteilen immerhin eine einheitliche Messgröße zugrunde. Bei der (monetären) Bewertung und Aggregation des Nutzens können indes auf subtile Weise eigene Werturteile in die Effizienzbestimmung Einzug halten.106 Uwe Kischel weist zudem darauf hin, dass sich bestimmte Rechtswerte einer (zumal generalisierenden) Monetarisierung entziehen; er nennt beispielhaft Freiheit und Rechtssicherheit.107 Angesichts der abschließend vorzunehmenden Wertung erscheint der Versuch einer monetären Kosten-NutzenAnalyse daher wenig sinnvoll. Betrifft diese – wie hier – gar eine Vielzahl von Personen, so ist eine praktikable Lösung ohnehin nicht ersichtlich.108 Entfällt damit der Zweck der vorstehenden Seiten? Mitnichten. Denn wie angedeutet sollte die Untersuchung der ökonomischen Gesichtspunkte vor 101 Bezugnehmend auf Max Weber tritt auch Lionel Robbins für eine klare Trennung von positiven und normativen Wissenschaften, von Erfahrungswissen und Werturteil ein, vgl. Robbins, An Essay on the Nature & Significance of Economic Science, S. 91, 148 und M. Weber, in: Winckelmann, Johannes (Hrsg.), Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, S. 451 ff. zur Wertfreiheit der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften. 102 Robbins, aaO, S. 137 ff. 103 Robbins, 48 The Econ. J. (1938), 635, 640 f. 104 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 45 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 28 f. 105 So ist es kein Zufall, dass die Beiträge von Robbins, Kaldor und Hicks allesamt in kurzer Folge in The Economic Journal erschienen sind. Kaldor und Hicks griffen ausdrücklich Robbins‘ Bedenken auf (vgl. Kaldor, 49 The Econ. J. (1939), 549; Hicks, 49 The Econ. J. (1939), 696, 697). 106 S. dazu ausführlich und unter verschiedenen Gesichtspunkten van Aaken, in: Bungenberg, Marc et al. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, S. 1, 24 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 52; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, S. 62 f. 107 Kischel, Rechtsvergleichung, Rz. 80 ff. 108 Vgl. van Aaken, in: Bungenberg, Marc et al. (Hrsg.), Recht und Ökonomik, S. 1, 25 zu Mehrpersonenverhältnissen im Verwaltungsrecht. Siehe auch das Fazit bei Polinsky, An Introduction to Law and Economics, S. 174: „Despite what has been said, there undoubtedly will be instances in which it will be very difficult or impossible to arrive at reasonable values for certain costs or benefits“.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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allem den Blick für das Abwägungsmaterial öffnen. Robbins bekundet denn auch im Anschluss an seine Bedenken zum interpersonellen Nutzenvergleich: „[Economics] can make clear to us the implications of the different ends we may choose. It makes it possible for us to will with knowledge of what it is we are willing. It makes it possible for us to select a system of ends which are mutually consistent with each other.“109
In eben diesem Sinne werden die verschiedenen ökonomischen Interessen sowie Erwägungen zu Verschwendungseffekten, Transaktions- und Informationskosten in die abschließende Bewertung einfließen: als Einzelbegehren,110 deren Gewicht davon abhängt, inwieweit sie den als legitim erkannten Regelungszielen entsprechen. Die ökonomische Rechtsanalyse dient hier mithin als vorbereitendes Erkenntnismittel, nicht als finales Bewertungsmittel. ff) Risikoverteilung und ökonomische Rechtsanalyse – ein Gedankenspiel In Anwendung der so umrissenen Funktion ökonomischer Denkmuster soll abschließend ein Blick auf die Risikoverteilung zwischen den Parteien, die in den hier untersuchten Konflikt involviert sind, geworfen werden. Immerhin ist die Risikoallokation ein wiederkehrender Ansatzpunkt der ökonomischen Rechtsanalyse – insbesondere im Delikts- und Vertragsrecht.111 Die auf diesen Feldern entwickelten Verteilungsmodelle sollen hier herangezogen werden, um die Auswirkungen der unterschiedlichen Regelungsmodelle unter einem weiteren (wirtschaftlichen) Gesichtspunkt zu illustrieren. Versteht man nämlich die mit der besitz- bzw. publizitätslosen Kreditsicherung verbundenen Risiken112 als externalisierte Kosten, so stellt sich hier gleichermaßen die Frage, wer diese im Falle eines Ausgleichskonflikts tragen soll. Besonders prominente Allokationsregeln sind dabei das vor allem im
109 Robbins, An Essay on the Nature & Significance of Economic Science, S. 152. Ähnlich Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 2: „Die Berücksichtigung wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse ermöglicht damit eine Rationalisierung von vagen Interessenabwägungen […]“. 110 Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 4 verwendet für die Parteiinteressen den Begriff der „Begehrensvorstellungen“, der aufgrund seiner negativen Konnotation im Schadensrecht hier vermieden wird (vgl. BGH, Urteil v. 11.11.1997, Az. IV ZR 376/96, in: NJW 1998, 810, 812 f. zu Begehrensvorstellungen und Neurosen bei psychischen Folgeschäden). 111 Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 99 ff., 149 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 159 ff. 112 Insbesondere die Vorwürfe der Irreführung Dritter und der klandestinen Auszehrung des Schuldnervermögens, aber auch die Risiken einer fehlschlagenden Vollstreckung und unerkannter Mehrfachverfügungen sind an dieser Stelle zu nennen, vgl. oben 2. Kapitel, I. 3., III. 3. und 3. Kapitel, IV. 2. a) aa), bb).
234
3. Kapitel: Normative Bewertung
Umweltrecht etablierte Verursacherprinzip („the polluter pays“)113 und die auf Guido Calabresi zurückgehende Figur des cheapest cost avoider.114 In beiden untersuchten Rechtsordnungen dürften Schuldner und Gläubiger – und unter diesen primär der um Sicherung bedachte Gläubiger – als „Verursacher“ der skizzierten Risiken anzusehen sein. Gleichwohl tragen im deutschen Recht Dritte die besagten Risiken:115 bei Pfändung bereits sicherungsübereigneter Sachen trifft den Vollstreckungsgläubiger die Ausgleichsgefahr; hinsichtlich unerkannter Mehrfachverfügungen muss der nachfolgende Sicherungsnehmer befürchten, dass der Rechtserwerb misslingt, weil der Schuldner das Eigentum bereits sicherungsweise übertragen hat. Diese am Sicherungsgeschäft Unbeteiligten kämen als Verursacher nur in Betracht, wenn man ihre Rechtshandlungen als neue Gefahrenquelle verstünde (und damit gerade nicht mehr auf die spezifischen Risiken publizitätsloser Sicherung abstellen würde). Im kanadischen Recht obliegen hingegen dem gesicherten Gläubiger – aufgrund der Registerlösung – die mit der Publizitätslosigkeit verbundenen Risiken. Erst wenn er diese durch das filing gebannt hat, gehen die Gefahren auf Vollstreckungsgläubiger und nachfolgende Sicherungsnehmer über. Wer die verursachten Risiken unter dem geringsten Kostenaufwand vermeiden kann, ist pauschal kaum zu beantworten. Für das deutsche Recht spricht viel dafür, dass der Schuldner durch sorgsame Beobachtung seiner Haftungsgrundlage und präzise Information Dritter die besagten Risiken am günstigsten vermeiden könnte. Da die rechtlichen Rahmenbedingungen im kanadischen Recht andere sind, weicht auch die Möglichkeit günstiger Kostenvermeidung vom deutschen Ansatz ab: vermöge der Registrierung können alle mit der Heimlichkeit verursachten Risiken durch den Aufwand der Kosten für das filing pariert werden. Hierzu wären Schuldner und Gläubiger gleichermaßen imstande; wie gesehen obliegt die Publikation im Personal Property Security Law indes dem Gläubiger. Die PPSAs verlagern die Risiken also auf den cheapest cost avoider, der zugleich als Hauptverursacher anzusehen ist – eine Symbiose der beiden erörterten Verteilungsmodelle.
113
S. dazu Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 63 ff. (mit einer Fundamentalkritik an vereinfachtem Verursachungsverständnis) und – aus öffentlich-rechtlicher Perspektive – Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, passim. 114 Nach diesem Ansatz soll grundsätzlich die Partei das Risiko abwenden, die dies unter dem geringsten Kostenaufwand tun kann. Grundlegend dazu Calabresi, The Costs of Accidents, S. 136 ff.; Demsetz, 1 J. Legal Stud. (1972), 13, 28. Calabresi selbst erwog die Erstreckung seiner zum tort law aufgestellten Thesen auf das property law, vgl. dens./Melamed, 85 Harv. L. Rev. (1972), 1089 ff. 115 Diese Lösung wird mitunter als „pollutee pays principle“ bezeichnet, vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 248.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
235
b) Rechtssicherheit Wer von Gerechtigkeitskriterien spricht, darf zur Rechtssicherheit nicht schweigen.116 Sie ist ein Attribut der Rechtsordnung, das sämtliche Beteiligten betrifft und aufgrund seiner ubiquitären Geltung eigenständig behandelt wird. So wichtig die Rechtssicherheit als Bewertungskriterium ist,117 so facettenreich und unscharf nimmt sich bisweilen die Verwendung des Begriffs aus.118 Für den hier interessierenden Konflikt kann „die Rechtssicherheit“ präzisiert werden. Mit Blick auf die Regelungsziele funktionierender Kreditsicherungs- und Vollstreckungsregimes lassen sich drei Teilaspekte benennen: Klarheit119, Vorhersehbarkeit120, Rechtsfrieden121.122 An diesen drei Ausprägungen der Rechtssicherheit sind nachfolgend die Konstruktion und die Entstehung von Vorrangpositionen (a)) sowie die Lösung von Vorrangkonflikten (b)) zu messen. Eine weitere (separate) Subdimension der Rechtssicherheit betrifft die Beständigkeit der Vorrangposition in grenzüberschreitenden Sachverhalten (c)). Dieser Teilaspekt weist eine begriffliche Nähe zum Bestandsinteresse des Vorranginhabers123 auf. Und doch ist er hier richtig verortet, da das Regelungsziel beständiger Sicherungsrechte über das Individualinteresse des Sicherungsnehmers hinausgeht. Wenn Sicherungsgeschäfte dem Kreditgeber nämlich keine zuverlässige Rechtsposition verschaffen, gefährdet dies die Durchführung transnationaler Finanzierungen. Dies wiederum kann sich als Hemmnis für das überindividuelle Ziel eines funktionierenden Freihandels erweisen. Da das Risiko eines Rechtsverlusts bei Verbringung des Sicherungsguts ins
116 Zum diffizilen Verhältnis zwischen Rechtssicherheit und Gerechtigkeit schon Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), S. 73 f. und Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 444 ff. Zum „Beitrag der Rechtssicherheit zur Gerechtigkeit“ aufschlussreich v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 645 ff. 117 S. zum deutschen Recht BeckOK GG-Huster/Rux, Art. 20 GG Rz. 181 und Gall, The Canadian Legal System, S. 430 zum kanadischen Recht. 118 In seiner Habilitationsschrift sieht v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 2 den Topos „Rechtssicherheit“ aufgrund seiner allgegenwärtigen Verwendung sogar dekonstruiert. 119 „Rechtsklarheit“ (legal clarity oder legal certainty) soll die hinreichende Erkennbarkeit und Bestimmtheit von Sollenssätzen umschreiben. 120 Unter „Vorhersehbarkeit“ (predictability) ist die Berechenbarkeit eines Verfahrensausgangs zu verstehen. Die (sinnvolle) Trennung von certainty und predictability nach ihrem Bezugspunkt (rules einerseits, outcomes andererseits) schreibt Clayton Bangsund, 57 Can. Bus. L. J. (2015), 184, 198 (Fn. 66) seinem akademischen Ziehvater Roderick Wood zu. 121 Mit „Rechtsfrieden“ soll ein Zustand umschrieben werden, der sich aus dem Abschluss eines Verfahrens ergibt und eine Stabilität des (Verteilungs-)Zustandes gewährt. 122 Zu weiteren Ansätzen, die den Begriff durch Benennung von Strukturelementen näher konturieren, s. v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 104 ff.; Ávila, Certainty in Law, S. 200 ff.; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 437 ff. 123 Dazu oben 3. Kapitel, IV. 2. a) aa), bb).
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Ausland sogar innerhalb des Europäischen Binnenmarkts zu beklagen ist,124 sollte dieser Punkt nicht unterschätzt werden. Rechtssicherheit im hier interessierenden Sinne betrifft also kurz gesagt die Eigenschaft einer Legalordnung, den handelnden Subjekten einen verlässlichen Rechtsrahmen zur Verfügung zu stellen. aa) Konstruktion und Entstehung der Vorrangposition Im deutschen Recht ist vor allem die Vorrangposition des gesicherten Gläubigers mit Unsicherheiten verknüpft. Denn Konstruktion und Entstehung des Sicherungseigentums bergen einige Fallstricke, die die Attraktivität des Rechtsgeschäfts mindern können. Beispielsweise stellt die Sittenwidrigkeitskontrolle einen Unsicherheitsfaktor dar. Die in richterlichen Entscheidungen aufgestellten Restriktionen lassen allzu oft nicht erkennen, aufgrund welcher rechtspolitischen Erwägung einem Sicherungsgeschäft die Wirksamkeit versagt wird,125 was die Vorhersehbarkeit des Verfahrensausgangs beeinträchtigt. Ohnehin erscheinen gerichtliche Urteile über die Sittenwidrigkeit von Sicherungsgeschäften kaum geeignet, Normierungsdefizite zu überbrücken und die Entwicklung des Kreditsicherungsrechts dauerhaft und verlässlich zu steuern.126 Gleichzeitig berühren die Erstreckungsformen des Sicherungseigentums auf empfindliche Weise das Numerus-clausus-Prinzip. Dieses soll wie oben erwähnt die Wirtschaftsteilnehmer vor der Konfrontation mit bisher unbekannten dinglichen Rechten schützen.127 Wenn also der numerus clausus der Klarheit im Rechtsverkehr dient,128 so entfaltet er eine drittschützende Wirkung. Wie gesehen stellt „das (Sicherungs-)Eigentum“ für sich genommen keinen neuen dinglichen Typus dar. Die stetige Umformung der sicherungsweisen Vollrechtsübertragung hat das Institut aber derart weit von seinem ursprünglich
124
Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 30 ff. S. a. v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 2, wonach Grenzen „wie Fallbeile“ wirken. 125 S. dazu oben 2. Kapitel, III. 1. a), 3. a). 126 Ähnlich Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 221. Ein Blick in die Kommentarliteratur offenbart die kasuistische Wirrnis, s. beispielhaft BeckOK BGB-Kindl, § 930 BGB Rz. 27 ff. In der Bewertung wie hier Koller, JZ 1985, 1013, 1015 f. („vermitteln den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit“, „[v]erwirrend“, „[w]enig durchsichtig“), Koziol, AcP 212 (2012), 1, 30 f. („kaum vorhersehbare Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit“) und Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 29 („Glücksspiel“). 127 Dazu statt vieler Staudinger Eckpfeiler-Klinck, T. Sachenrecht Rz. 11. 128 Müller/Gruber, Sachenrecht, § 1 Rz. 12 mit Rz. 14 zur Sicherungsübereignung; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 2 Rz. 16.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
237
sanktionierten Grundtypus entfernt,129 dass angesichts der eigenen Dogmatik des Rechtsinstituts von einer dinglichen Sonderform die Rede sein muss. Die Drittschutzdimension des Numerus-clausus-Prinzips findet im Kreditsicherungsrecht damit kaum Verwirklichung, obwohl die Sicherungsübereignung eben bei Vollstreckungsversuchen Dritter zu Konflikten führt.130 In Gestalt eines Sicherheitenverbundes, der eine gleichsam nahtlose Sicherung gewährleistet, relativiert das Rechtsgeschäft zudem die in §§ 946 ff. BGB vorgesehene dingliche Zuordnung. Auch diese Normen dienen der Klarheit dinglicher Rechtsverhältnisse;131 ihre Untergrabung bedeutet eine weitere Abweichung von der gesetzlichen Zuteilungsanordnung.132 Insgesamt erweist sich die Sicherungsübereignung damit als der Rechtsklarheit abträgliches Institut. Für das kanadische Recht verdienen beide Vorrangpositionen, die des gesicherten und die des ungesicherten Gläubigers, unter dem Gesichtspunkt der Rechts(un)sicherheit Erwähnung. Einige Ungewissheit ist zunächst mit dem functional approach der PPSAs verbunden. Namentlich die Frage, ob überhaupt ein security interest vorliegt, hat sich in der gerichtlichen Praxis allzu oft als klärungsbedürftig erwiesen.133 Mitunter bedienen sich Schuldner und Gläubiger aus steuerlichen Gründen etwa der Vertragsform lease, um ein Sicherungsgeschäft abzuschließen, das funktional einem Sicherungskauf gleicht.134 Dann müssen die Gerichte im Einzelfall entscheiden, ob ein (registrierungsbedürftiges!) security interest vorliegt oder nicht. Hierzu untersuchen sie den Vertragsinhalt auf Hinweise darauf, dass es sich um ein zahlungssicherndes Rechtsgeschäft („secures payment“135) handelt.136 Obwohl die kanadischen Gerichte dabei auf einen breiten Fundus an US-amerikanischen Urteilen zurückgreifen können, stellt der funktionale Ansatz noch heute einen
129 Lüke, Sachenrecht, § 1 Rz. 30 ordnet das Sicherungseigentum denn auch als „Erweiterung“ des dinglichen Kanons ein. S. ferner MüKo BGB-Gaier, Einl. SachenR Rz. 11, der das Sicherungseigentum zu den „Durchbrechungen“ des Typenzwangs zählt. 130 S. dazu Wilhelm, Sachenrecht, Rz. 16 mit Hinweis auf Vollstreckungskonflikte. 131 MüKo BGB-Füller, § 946 BGB Rz. 1; jurisPK BGB-Vieweg/Lorz, § 946 BGB Rz. 2. 132 Kritisch daher insbesondere Staudinger-Wiegand, Anhang zu §§ 929–931 BGB Rz. 44. S. auch Drobnig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 51. DJT I, S. F 44 ff. zu typischen Komplikationen bei Verarbeitungsklauseln. 133 S. dazu schon oben 2. Kapitel, II. 3. b) und ferner MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 9 f. und S. 82 f. mit einem Versuch, die praktische Handhabe des functional approach zu erleichtern. 134 GATX Corporate Leasing Inc. v. William Day Construction Ltd. (1986), 8 P. P. S. A. C. 188 (para. 78); Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 127. 135 Zu diesem Passus und seiner Bedeutung s. o. 2. Kapitel, II. 2. a), b). 136 Vgl. bspw. Re Smith Brothers Contracting Ltd. (1998), 13 P. P. S. A. C. (2d) 316 (para. 67); Re 843504 Alberta Ltd. (2011), 19 P. P. S. A. C. (3d) 1 (para. 59) und Burke, 48 Can. Bus. L. J. (2009), 289, 292 ff. zu den einzelnen Faktoren.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Unsicherheitsfaktor dar.137 Man mag für den hier interessierenden Konflikt einwenden, dass das funktionale Äquivalente zur Sicherungsübereignung die chattel mortgage ist und deren Subsumtion unter den Begriff des security interest unzweifelhaft gelingt. Die prinzipiellen Unsicherheiten, die der functional approach mit sich bringt, räumt dieser Hinweis allerdings nicht aus. Soweit es die Vorrangposition des judgment creditor anbelangt, besteht vor allem in Provinzen mit dem klassischen Modell Ontarios einige Unsicherheit. Dies hängt mit dem Tatbestand „causes the collateral to be seized“ und seiner uneinheitlichen richterlichen Auslegung zusammen.138 Indem die modernen Vollstreckungssysteme in Alberta, New Brunswick und Saskatchewan auf den Zeitpunkt des filing abstellen, beheben sie diesen Missstand.139 Trotz unterschiedlicher Konzeptionen und Abstimmungen mit dem Personal Property Law kommen diese Provinzen bezüglich der Vorrangbegründung des judgment creditor zu gleichen Ergebnissen.140 Ob sie dabei das Writ-System preisgeben oder aufrechterhalten, eine enforcement charge explizit vorsehen oder nicht, hat insofern keine Relevanz. Entscheidend ist allein, wann der judgment creditor seine Position durch Registrierung festigt. Dieser einfache wie klare Mechanismus trägt erheblich zur Rechtssicherheit bei. bb) Lösung von Vorrangkonflikten Dass dem Sicherungsnehmer im deutschen Recht trotz Vollendung des Erwerbstatbestandes ein Rechtsverlust droht, ist bereits nachteilig aufgefallen.141 Es stört den Rechtsfrieden darüber hinaus, wenn ein ungesicherter Gläubiger das Vollstreckungsverfahren ordnungsgemäß durchführen und im Anschluss dennoch Ausgleichsansprüchen des Sicherungsnehmers ausgesetzt sein kann.142 Da im deutschen Recht weder ein Mobiliarsicherheitenregister über möglicherweise „belastete“ Vermögenswerte Auskunft gibt, noch die Verwertung eines Gegenstandes zum Ausschluss von Ausgleichsansprüchen führt,143 137 S. etwa jüngst Re Crate Marine Sales Ltd. (2015), 3 P. P. S. A. C. (4th) 360 (para. 19 ff.); Fast Labour Solutions (Edmonton) Ltd. v. Kramer’s Technical Services Inc. (2016), 6 P. P. S. A. C. (4th) 117 (para. 1 ff.) und Re Connacher Oil and Gas Limited (2017), 7 P. P. S. A. C. (4th) 352 (para. 11 ff.). Die von Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 574 ff. vorgebrachten Probleme bestehen daher fort. 138 Dazu oben 2. Kapitel, IV. 2. a) bb). 139 2. Kapitel, IV. 2. a) cc). 140 So auch Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 98; Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 266 f. 141 2. Kapitel, IV. 1. b). 142 2. Kapitel, V. 1. c). 143 Ibid. Aus dem Gedanken einer „stabilisierende[n] Funktion des Vollstreckungsverfahrens“ (Günther, AcP 178 (1978), 456, 464) speist sich das (rechtspolitische) Postulat einer „materiellen Vollstreckungskraft“ (dazu Böhm, Ungerechtfertigte Zwangsvollstreckung und materielle Ausgleichsansprüche, S. 19 f.).
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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sind (Ausgleichs-)Konflikte zwischen dem Inhaber eines heimlichen Sicherungsrechts und dem Initiator des formalisierten Vollstreckungsverfahrens geradezu im System angelegt. Als unsicher stellt sich zudem ein Lösungsansatz dar, bei dem durch nachträgliche Rückdatierung von Vertragsdokumenten eine frühere Erlangung des Vorrangstatus vorgetäuscht werden kann. Eben dies ist bei der Sicherungsübereignung der Fall, denn für den Vorrang kommt es auf den Übertragungszeitpunkt an.144 Die Parteien können den Vertrag sogar so weit vordatieren, dass eine Sicherungsübertragung nicht mehr in die Anfechtungsfristen des § 3 Abs. 1 S. 1 AnfG fällt.145 Anders verhält sich dies freilich in den kanadischen Provinzen, die im Konfliktfall auf den Zeitpunkt des notice filing abstellen.146 Dieser Ansatz steigert neben der Rechtsklarheit also auch den Schutz vor betrügerischen Rückdatierungen. Wenn in vielen Provinzen allerdings die perfection (und damit auch das attachment) eines security interest nötig ist, um den Vorrang gegenüber ungesicherten Gläubigern zu behaupten,147 so sind Bedenken angebracht. In diesen Provinzen ist es nämlich für den gesicherten Gläubiger im Konfliktfall doch wieder von Vorteil, das Datum des security agreement zu manipulieren, wenn sich herausstellt, dass ein ungesicherter Gläubiger die Pfändung nach dem filing, aber vor dem attachment bewirkt hat. Da die Information ungesicherter Gläubiger bereits mit dem filing gewährleistet ist, erscheint es auch aus Verkehrsschutzgründen nicht geboten, auf die perfection abzustellen. Gleichzeitig dürfte so mancher Sicherungsnehmer überrascht sein, dass die advance registration ihn gegenüber anderen gesicherten, nicht aber gegenüber vollstreckenden ungesicherten Gläubigern schützt. Bei alldem bringt die Registerlösung nicht nur Erleichterungen mit sich: Namentlich der Umgang mit (Tipp-)Fehlern bei Eintragungen und Suchanfragen ist von einiger Brisanz.148 Stellt dies aber einen Unsicherheitsfaktor beim Umgang mit Vorrangkonflikten dar? Angesichts der klaren Formel zur Feststellung eines grundlegend irreführenden Fehlers (materially misleading error)149 wird man dies verneinen können. Auch aus Gründen einer angemessenen Risikoverteilung ist es nicht angezeigt, gegenüber fehlerhaften Eintragungen und Suchanfragen allzu große Kulanz walten zu lassen: Ius (civile) vigilantibus
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S. dazu oben 2. Kapitel, IV. 1. b). Kritisch zu dieser Lösung auch Kieninger, ZEuP 2016, 201, 208. 145 Darauf weist Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 390 f. mit Recht hin. S. etwa OLG Hamburg, Urteil v. 09.05.2001, Az. 8 U 8/01, in: NZI 2001, 424 zu einem Sachverhalt, in dem offenbar die Übertragung einer Grundschuld (erfolglos) vordatiert wurde. 146 2. Kapitel, IV. 2. b). Zu den Vorteilen eines solchen Ansatzes statt vieler Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 470 f. 147 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. b), 3. a). 148 2. Kapitel, III. 2. b) bb) Inkurs: Das Registersystem im Detail. 149 Ibid.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
scriptum est!150 Von dem, der sich einen Verwertungsvorrang sichern oder nach bestehenden security interests suchen will, ist Sorgfalt bei der Eingabe von debtor name bzw. serial number zu erwarten. Wer hingegen die richtigen Daten eingibt, muss geschützt werden – genau zu diesem Resultat führt die Formel der kanadischen Rechtsprechung in einem System, das nur exakt mit der Suchanfrage übereinstimmende Ergebnisse anzeigt. Schließlich könnte man noch auf den Gedanken verfallen, in dem Maßstab der commercial reasonableness eine Gefahr für die Rechtssicherheit zu sehen. Auf seiner Grundlage können Gerichte den gesicherten Gläubiger immerhin zur Auslösung des Sicherungsguts verpflichten.151 Allerdings verhindert der oben vorgeschlagene Umgang mit der commercial reasonableness,152 dass dem secured creditor ein Nachteil entsteht. Es verhält sich also wie mit § 242 BGB im Rahmen der Arglisteinrede: Nicht die Generalklausel selbst führt zur Unsicherheit, sondern deren vorschnelle Anwendung. cc) Grenzüberschreitende Sachverhalte Mit zunehmenden internationalen Wirtschaftsverflechtungen mehren sich grenzüberschreitende Finanzierungen und damit verbundene (dingliche) Sicherungsgeschäfte. Angesichts stark divergierender Sachenrechtsordnungen steht das Recht in Fällen mit Auslandsberührung vor der schwierigen Aufgabe, den Erhalt und die Anerkennung dinglicher Rechtspositionen zu koordinieren. In dieser Angelegenheit beansprucht die Situsdoktrin praktisch weltweit Geltung,153 auch in Deutschland154 und in Kanada155. Sie besagt, dass für dingliche Rechtsänderungen das Statut anwendbar ist, in dessen Geltungsbereich sich die
150 „Das (Zivil-)Recht ist für die Wachsamen geschrieben“. Der Passus findet sich schon in den Digesten (D. 42, 8, 24) und ist der kanadischen Rechtsprechung (R. v. Honey (2005), 69 W. C. B. (2d) 100) durchaus geläufig. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Formel bereits aufgegriffen (BVerfG, Beschluss v. 24.03.1976, Az. 2 BvR 804/75, in: NJW 1976, 1391, 1394). Eingehend zu diesem Rechtsgrundsatz und seiner heutigen Bedeutung Willems, R. I. D. A. 60 (2013), 341 ff. 151 2. Kapitel, V. 2. c). 152 2. Kapitel, V. 2. e). 153 Schimansky/Bunte/Lwowski-Welter, § 26 Rz. 123; Schönemann, Sicherungseigentum im grenzüberschreitenden Verkehr, S. 180. 154 Der zuvor gewohnheitsrechtlich anerkannte Grundsatz ist nunmehr in Art. 43 Abs. 1 EGBGB normiert, vgl. schon BGH, Urteil v. 20.03.1963, Az. VIII ZR 130/61, in: NJW 1963, 1200 zur gewohnheitsrechtlichen Geltung und BeckOK BGB-Spickhoff, Art. 43 EGBGB Rz. 1 zur Normierung im Jahr 1999. 155 Für ein security interest in goods richten sich validity, perfection und the effect of perfection or non-perfection nach dem Statut, in dem die Sache sich befindet (Section 5 (1) OPPSA; Parallelvorschriften in sämtlichen PPSAs). Zu Einzelheiten und Ausnahmen McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 8.01 [1]; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 91 ff.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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betroffene Sache im Zeitpunkt der Rechtsänderung befindet.156 Wird die Sache in eine andere Jurisdiktion verbracht, so tritt ein Statutenwechsel ein. Dabei sollen „wohlerworbene Rechte“ zwar grundsätzlich anerkannt werden.157 Soweit ein Sicherungsrecht aber nicht in den Kanon der dinglichen Rechte des Neustatuts einzuordnen ist oder gar dessen ordre public widerspricht, drohen empfindliche Rechtseinbußen. Die Anwendung der lex rei sitae ist daher – zumal im Europäischen Binnenmarkt – nicht unproblematisch,158 hier aber aufgrund ihrer grundsätzlichen Geltung dennoch maßgeblich. Nun unterscheiden sich die konkrete Anwendung der Situsdoktrin, ihre Ausnahmen und die Anerkennungspraktiken der Länder mitunter erheblich.159 Da eine international-privatrechtliche Untersuchung aller in Betracht kommenden Konstellationen indes jeden Rahmen sprengen würde, ist an dieser Stelle eine generalisierende Skizze angezeigt. Diese soll aus den folgenden drei Fallvarianten bestehen.160 Erstens erscheint eine Aufrechterhaltung des Sicherungsrechts dort aussichtsreich, wo geringe inhaltliche Unterschiede zwischen den Sachenrechtsordnungen bestehen (erste Fallvariante). Zweitens bereiten Statutenwechsel selten Probleme, wenn der Sicherungsgegenstand aus einer Sachenrechtsordnung mit strengen Anforderungen (etwa an die Publizität des Sicherungsrechts) in eine Rechtsordnung verbracht wird, die besonderes geringe Anforderungen eben hieran stellt (zweite Fallvariante). Erhebliches Konfliktpotential bergen hingegen, drittens, die umgekehrten Fälle eines Statutenwechsels vom permissiveren ins strengere Recht (dritte Fallvariante). Die Attribute „permissiv“ und „streng“ können sich neben Publizitäts- und Formvorschriften auch auf den inhaltlichen Gestaltungsspielraum und die Anerkennungspraxis einer Rechtsordnung beziehen.
156 Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 30 ff.; Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung, § 7 Rz. 4. 157 Erman-Hohloch, Art. 43 EGBGB Rz. 1; Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 9 f. 158 Dies belegte schon die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (KOM 2003/68), in der Wirtschaftskreise (Ziffer 3.1.2) und Rechtslehrer (Ziffer 3.1.5) auf Risiken und erhöhte Informationskosten bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften hingewiesen haben. Hierzu auch v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 468 („desastrous effect“). 159 S. hierzu v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 94 ff. Ausnahmen enthalten bspw. Art. 45 f. EGBGB und Section 6 f. OPPSA (respektive deren Parallelvorschriften). Vgl. auch Erman-Hohloch, Art. 43 EGBGB Rz. 21a und Staudinger-Mansel, Art. 43 EGBGB Rz. 1249 ff. zum Streit um die herrschende Transpositionslehre Hans Lewalds (dazu ders., Das deutsche internationale Privatrecht, S. 184 ff.). 160 Ähnlich Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 33 f., die „strengeres“ und „milderes“ Recht unterscheidet. S. hierzu auch Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 9 f.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Das deutsche Kreditsicherungsrecht kann in Anbetracht der Zulassung und Ausweitung des Sicherungseigentums getrost als liberal bezeichnet werden.161 Dies gilt für den Umfang der Besicherung ebenso wie für Form- und Publizitätsanforderungen. Damit geht einher, dass ausländische Sicherungsnehmer selten mit einem Rechtsverlust rechnen müssen, wenn eine Sache, an der sie ein Sicherungsrecht bestellt haben, in den Geltungsbereich des BGB verbracht wird (zweite Fallvariante). Im Gegenteil: Der BGH zeigt sich in seiner Rechtsprechung bemerkenswert anerkennungsfreundlich.162 Ein kanadisches security interest dürfte nach der perfection daher – wie sein US-amerikanisches Pendant – beim Grenzübertritt anerkannt und in deutsches Sicherungseigentum überführt werden.163 Lediglich der floating charge nachempfundenen security interests am Gesamtvermögen einer Gesellschaft könnte aufgrund ihrer Unbestimmtheit die Anerkennung versagt bleiben.164 Wird eine Sache, die nach §§ 929 S. 1, 930 BGB sicherungsübereignet worden ist, hingegen ins Ausland verbracht, so droht dem gesicherten Gläubiger in vielen Fällen ein Rechts- und Vorrangverlust. Die Konstruktion einer publizitätslosen Vollstrechtsübertragung zu Sicherungszwecken, die das deutsche Recht ermöglicht, ist den meisten Rechtsordnungen nämlich fremd. Aus diesem Grund sind Fälle, in denen das Sicherungseigentum in eine Rechtsordnung mit ähnlich geringen Publizitätsanforderungen gelangt, rar (erste Fallvariante). In Europa kennt soweit ersichtlich nur die griechische Rechtsordnung ein entsprechendes Institut.165 International geht der Trend eher zu funktional bestimmten Sicherungsrechten, die in einem Register zu publizieren sind.166 Bei Verbringung des Sicherungsguts in Rechtsordnungen mit solchen strengeren Form- und Publizitätserfordernissen (dritte Fallgruppe) ist zunächst zu 161
Dazu oben 2. Kapitel, I. 1. c), III. 1. b) dd), 3. Kapitel, IV. 2. a) aa), cc). S. etwa BGH, Urteil v. 20.03.1963, Az. VIII ZR 130/61, in: NJW 1963, 1200 (Anerkennung eines besitzlosen französischen Registerpfandrechts); BGH, Urteil v. 11.03.1991, Az. II ZR 88/90, in: NJW 1991, 1415 (Anerkennung einer italienischen Autohypothek und Transposition in deutsches Sicherungseigentum). Hierzu auch v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 344 f. 163 Zu Anerkennung und Transposition des security interest gemäß Article 9 UCC s. OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.07.2000, Az. 9 U 159/99, in: WM 2003, 584, 585, wo das Gericht geradezu schulmäßig die Voraussetzungen von attachment und perfection prüft und bejaht. S. ferner Palandt-Thorn, Art. 43 EGBGB Rz. 5 zur Anerkennung des security interest. 164 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 64 Rz. 130; Kieninger et al., Security Rights in Movable Property in European Private Law, S. 526. 165 Vgl. Art. 1034, 977 GrZGB. Hierzu auch Kieninger, WM 2005, 2353, 2357 f.; Krimphove, Das Europäische Sachenrecht, S. 195. 166 Dies belegen neben den PPSAs in Australien (2009) und Neuseeland (1999) auch internationale Reformprojekte wie etwa der Legislative Guide on Secured Transactions der UNCITRAL und die Cape Town Convention on International Interests in Mobile Equipment. Zu diesen und weiteren Reformtendenzen s. Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 199 ff. und Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 81 ff. 162
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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untersuchen, ob die lex rei sitae anwendbar ist und sie das Sicherungseigentum überhaupt anerkennt, was mitunter nicht der Fall ist.167 Erscheint eine Anerkennung hingegen möglich, so bleiben die Voraussetzungen des Belegenheitsstatuts zu prüfen. Dies wird nachfolgend an der kanadischen Rechtsordnung veranschaulicht. Für sie ergibt sich aus den Eingangsbestimmungen der PPSAs, dass zunächst das Recht des Belegenheitsortes, an dem sich das attachment des Sicherungsrechts ereignet hat, über die Wirksamkeit und den Vorrang gegenüber Dritten entscheidet (validity, perfection, effect of perfection).168 Dabei ist auf ein funktionales Äquivalent zum attachment169 abzustellen, wenn der lex rei sitae originis das Konzept des attachment fremd ist.170 Hat ein vergleichbarer Entstehungsschritt stattgefunden, muss untersucht werden, ob das Sicherungsrecht auch als perfected anzusehen ist.171 Wenn ein der perfection entsprechender Tatbestand erfüllt ist, wird das Sicherungsrecht beim Grenzübertritt für einen beschränkten Zeitraum geschützt, in dem der gesicherte Gläubiger die perfection im Sinne des am neuen Belegenheitsort anwendbaren PPSA vornehmen kann (grace period).172 Fehlt es jedoch an einem Äquivalent zur perfection, so kommt ein Sicherungsnehmer nicht in den Genuss der Gnadenfrist. Stattdessen muss er seinen Status sofort durch die perfection des Rechts sichern.173 Im Konfliktfall ist deshalb entscheidend, ob das ausländische Sicherungsrecht beim Grenzübertritt als perfected security interest eingestuft werden kann. Ist dies beim deutschen Sicherungseigentum also der Fall? Das funktional bestimmte security interest Kanadas dürfte eine Integration des Sicherungseigentums wohl zulassen.174 Immerhin ist auch dessen 167 Der österreichische OGH (Urteil v. 14.12.1983, Az. 3 Ob 126, 127/83, in: IPRax 1985, 165; nunmehr anders unter Verweis auf die unionsrechtlichen Grundfreiheiten: OGH, Beschluss v. 23.01.2019, Az. 3 Ob 249/18) hat die Exszindierungsklage (Drittwiderspruchsklage) eines Sicherungseigentümers abgewiesen, da die in Deutschland vereinbarte Sicherungsübereignung in Österreich geltende Publizitätsvorschriften umgehe und daher unwirksam sei. Kritisch dazu Rauscher, Internationales Privatrecht, Rz. 1592, der aber offenbar eine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen den ordre public annimmt. Auch in der Begründung zustimmend hingegen Reich, Das stille Pfandrecht, S. 74. Zu weiteren Rechtsordnungen, die dem Sicherungseigentum ablehnend begegnen Schimansky/Bunte/LwowskiGanter, § 95 Rz. 15 f.; Soergel-Henssler, Anh. § 930 BGB Rz. 128. 168 Vgl. Section 5 (1) OPPSA und die Parallelvorschriften in Section 5 (1) APPSA; Section 5 (1) NBPPSA; Section 5 (1), (1.1) SPPSA. 169 Das attachment bezeichnet die Entstehungsvoraussetzung eines security interest, durch die das Sicherungsrecht inter partes begründet und gegenüber Dritten vollstreckbar wird, s. o. 2. Kapitel, III. 2. b) aa). 170 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 8.01 [1]; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 93 f. 171 Vgl. Section 5 (2) OPPSA und die entsprechenden Parallelvorschriften. 172 Ibid. 173 Vgl. Section 5 (4) OPPSA und die entsprechenden Parallelvorschriften. 174 So auch Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 564 zum security interest gemäß Article 9 UCC und zum Sicherungseigentum.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
dogmatisches und funktionales Äquivalent, die chattel mortgage, im security interest aufgegangen.175 Ein dem attachment vergleichbarer Entstehungsschritt kann ohne Weiteres mit Erfüllung des Übereignungstatbestandes nach §§ 929 S. 1, 930 BGB angenommen werden. Indes mag es scheinen, als sei das Vorliegen eines der perfection entsprechenden Tatbestandes bei der Sicherungsübereignung abzulehnen. Deren vorrangsichernde Bestellung erfolgt immerhin uno actu und ohne jede Offenkundigkeit – ein in den PPSA-Provinzen historisch verpönter Vorgang.176 Und doch ist davon auszugehen, dass das Sicherungseigentum dort mit Vollendung des Übertragungstatbestandes als perfected security interest im Sinne der lex rei sitae originis anerkannt wird. Denn für diese Einordnung sind die Wirkungen und Rechtsfolgen des Entstehungstatbestandes maßgeblich, nicht etwaige Publizitätserfordernisse.177 Der entscheidende Effekt der perfection besteht darin, dem Sicherungsnehmer die stärkste Rechtsposition zu verschaffen, die das security interest vermitteln kann: seine priority gegenüber Dritten.178 Früh hat die kanadische Judikatur ganz in diesem Geiste auch publizitätslose Sicherungsrechte als nach dem Altstatut „perfected“ anerkannt, solange der Gläubiger nur den Vorrang gegenüber Dritten erlangt hatte.179 Die provinziellen Gesetzgeber haben diese Praxis mittlerweile der Klarheit halber in den PPSAs festgeschrieben.180 Ein Sicherungseigentümer würde daher von der angesprochenen grace period profitieren, wenn das Sicherungsgut in eine PPSA-Provinz gelangt. Dennoch sollte er sich um die Registrierung seines Rechts bemühen, wenn er den Vorrang gegenüber Dritten wahren möchte. Denn erstens kommt die grace period im Konfliktfall nur zum Tragen, wenn später tatsächlich eine perfection stattfindet.181 Zweitens endet die Gnadenfrist 60 Tage nach einem Grenzübertritt ohne Kenntnis des gesicherten Gläubigers bzw. 15 Tage nach seiner Kenntniserlangung davon.182 Drittens und schließlich ist der Sicherungsnehmer auch während der grace period nicht vollumfänglich geschützt: Gegenüber einem gutgläubigen Käufer
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S. o. 2. Kapitel, II. 2. a). Dazu ausführlich oben 2. Kapitel, I. 2., 3. a). 177 So schon Baxter, 3 Can. Bus. L. J. (1978), 57, 69 f.; Catzman et al., Personal Property Security Law, S. 45. S. a. MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 468. 178 Zu diesem (Begriffs-)Verständnis oben 2. Kapitel, III. 2. b) bb). S. ferner Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 296 f. 179 In Re Bedard (1983), 3 P. P. S. A. C. 29 befand der entscheidende Richter, dass ein in der Provinz Québec entstandenes und dort nicht zu registrierendes Sicherungsrecht das Äquivalent zur perfection erfüllt, wenn es dem Sicherungsnehmer einen Vorrang vor Dritten einräumt. Dieser Rechtsauffassung ist der Ontario Supreme Court bald darauf gefolgt, s. Bank of Nova Scotia v. Gaudreau (1984), 4 P. P. S. A. C. 158 (para. 75 f.). 180 Vgl. Section 8 (2) OPPSA und die Parallelvorschriften in anderen PPSAs. 181 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 8.02 [1] [a]; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 96. 182 Vgl. Section 5 (2) OPPSA und die Parallelvorschriften in anderen PPSAs. 176
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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oder Leasingnehmer, der vor der PPSA-gemäßen perfection ein interest am Sicherungsgut erwirbt, hat der gesicherte Gläubiger das Nachsehen.183 Der vorstehende Abschnitt hat schon einige Befunde zur kanadischen Rechtsordnung vorweggenommen. Diese muss hinsichtlich ihrer Publizitätsanforderungen als streng gelten, zeigt in Sachen inhaltliche Gestaltungsfreiheit und Anerkennung aber eine sehr liberale Haltung. Damit stehen die Aussichten auf Anerkennung und Durchsetzung eines security interest in einer permissiven Rechtsordnung – wie am deutschen Recht exemplifiziert – gut (zweite Fallgruppe). Zudem dürfte es die Anerkennung auch in strengeren Rechtsordnungen erleichtern, dass das kanadische Sicherungsrecht hypothekarisch ausgestaltet und zu publizieren ist (dritte Fallvariante).184 Das Verdikt, gegen den ordre public des Belegenheitsstatuts zu verstoßen oder mit dessen dinglichem Kanon unvereinbar zu sein, droht dem security interest im Gegensatz zur Sicherungsübereignung daher wohl kaum.185 Vorteilhaft wirkt sich für den Inhaber eines kanadischen security interest schließlich die steigende Zahl ähnlich gestalteter Secured Transactions Regimes aus (zweite Fallvariante). Zwischen den kanadischen Provinzen ist eine hohe Kompatibilität gegeben, die sich auch im Rechtsverkehr mit den USA verzeichnen lässt.186 Ähnliches gilt für Neuseeland und Australien, die PPSAs nach dem kanadischen Vorbild erlassen haben.187 Bei Berührung mit diesen Rechtsordnungen gestaltet sich die wechselseitige Anerkennung unproblematisch. Gleichwohl ist dem secured creditor in all diesen Fällen eine Publizierung seines Sicherungsrechts am neuen Belegenheitsort ebenso dringlich zu empfehlen wie dem Sicherungseigentümer. Dabei bleibt aber immerhin anzunehmen, dass Wirtschaftsteilnehmer aus dem anglokanadischen Rechtskreis angesichts der historischen Bedeutung von 183 Ibid. Danach gilt die Ausnahme vom Schutz des Sicherungsnehmers in Ontario nur, wenn es sich beim Erwerber um einen Verbraucher handelt. 184 Mit diesen Merkmalen entspricht das security interest den momentanen Entwicklungstendenzen in anderen Rechtsordnungen, s. dazu Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 207 ff. Vgl. auch die Vorschläge bei Gullifer, in: dies./Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 505, 516 ff. und die Bestimmungen im Draft Common Frame of Reference zu den Principles of European Contract Law (v. Bar/Clive/Schulte-Nölke, Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – DCFR, S. 447 ff.). Deren Ähnlichkeiten mit den kanadischen PPSAs hinsichtlich Entstehungsvoraussetzungen, Publizität und Vorrang sind frappierend. 185 Die von Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 801, 804, 807 gezeigten Exempel zur Anerkennung des security interest nach Article 9 UCC in anderen Rechtsordnungen legen diesen Schluss ebenfalls nahe. 186 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 49 f.; Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 564. 187 S. Brown, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 145 ff. und (komparativ) Duggan, 35 Melb. U. L. Rev. (2011), 865 ff. zum PPSA in Australien sowie Gedye, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 115 ff. zum PPSA in Neuseeland.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Publizierungserfordernissen besonders für die Registrierungsbedürftigkeit von Sicherungsrechten sensibilisiert sind. c) Innere Widerspruchsfreiheit Ein Regelungsansatz ohne innere Stimmigkeit schafft Rechts-Unordnung188 und erschwert die Bewältigung des von ihm zu lösenden Konflikts. Diese Aussage dürfte zunächst konsensfähig sein. Sobald aus ihr aber rechtspolitische, -ästhetische oder gar rechtliche Konsequenzen gezogen werden, offenbart sich ein Meinungsspektrum, das in seiner Bandbreite vielleicht sogar noch jenes zur Rechtssicherheit übertrifft. Es reicht vom Gebot der Widerspruchslosigkeit eines juristischen Einzelaktes189 über die „logisch-systematische Widerspruchsfreiheit“190 von Gesetzen und Teilrechtsgebieten191, von Niklas Luhmanns „Konsistenz des Entscheidens“192 über die (eine?) Systemgerechtigkeit193 bis hin zur Einheit194 oder Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung, der das BVerfG gelegentlich verfassungsrechtliche Weihen verliehen hat.195 Drei Präzisierungen sind ob dieser (Be-)Deutungsvielfalt angezeigt. Die erste betrifft den Referenzbereich der Widerspruchsfreiheit. Von einer pluralistischen Rechtsordnung – zumal im europäischen Mehrebenensystem – völlige Einheit zu verlangen, wäre vermessen. Auch Teilrechtsgebieten können unterschiedliche Wertungen zugrunde liegen, unterschiedliche Behandlungen von Rechtsinstituten mithin legitim sein.196 „Consistency of treatment is not in 188 Dazu v. Arnauld, Rechtssicherheit, S. 252 ff.; Reimer, Methodenlehre, Rz. 5; Schmidt, in: ders. (Hrsg.), Vielfalt des Rechts – Einheit der Rechtsordnung?, S. 9, 11. 189 Ein in sich widersprüchlicher Urteilstenor führt beispielsweise zur Unwirksamkeit des Urteils (= Einzelakt), s. BGH, Urteil v. 04.04.2014, Az. V ZR 110/13, in: NJW-RR 2014, 903, 904; Musielak/Voit-Musielak, § 313 ZPO Rz. 13. 190 Kunz/Mona, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie, Rechtssoziologie, S. 219. Zum Verhältnis zwischen Logik und Recht etwa Joerden, Logik im Recht, S. V („Hassliebe“). 191 S. bspw. Wieacker, Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 63 zum Arbeitsauftrag der Ersten Kommission bei der Schaffung des BGB („innere Wahrheit und Folgerichtigkeit des Privatrechts“). 192 Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 227 ff. S. zu diesem Ansatz Seelmann/Demko, Rechtsphilosophie, S. 153 ff. 193 Dazu Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 19 ff. S. a. Peine, Systemgerechtigkeit, der zunächst die Ambivalenz des Begriffs aufzeigt (S. 80 ff.) und für einen behutsamen Umgang mit ihm wirbt (S. 102 ff.). 194 Zum Begriff Engisch, Einheit der Rechtsordnung, S. 2 ff. und Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 142 ff. 195 S. BVerfG, Urteil v. 07.05.1998, Az. 2 BvR 1991-95 u. 2004-95, in: NJW 1998, 2341, 2342, wo das BVerfG das Gebot einer widerspruchsfreien Rechtsordnung im Rechtsstaatsprinzip verortet. Mit Recht kritisch zu der Entscheidung Schmidt, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris II, S. 1353 ff.; Sendler, NJW 1998, 2875 ff. 196 Man denke nur an die unterschiedliche Behandlung des Sicherungseigentums in der Einzelvollstreckung und in der Insolvenz (s. o. 2. Kapitel, V. 1. a)). Ähnlich verhält es sich
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itself a sufficient justification“197. Die hier untersuchte Widerspruchsfreiheit bezieht sich daher isoliert auf die „wertungsmäßige[…] Folgerichtigkeit und innere[…] Einheit“198 des Regelungsansatzes zum Konflikt zwischen Sicherungsnehmer und (Einzel-)Vollstreckungsgläubiger. Kanadische Literaturstimmen verwenden dafür die Begriffe „internal consistency“199 oder „internal coherence“200 – auch und gerade im hier relevanten Kontext.201 Eine zweite Klarstellung gilt dem Gegenstand des Widerspruchs. Oben wurden bereits das Wechselspiel der Sicherungsrechte mit übergeordneten Werten und Prinzipien,202 die Positionen der konkurrierenden Gläubiger203 und die Konkordanz von Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht204 thematisiert. Hier nun geht es um die innere Stimmigkeit bei der Handhabe, die Untersuchung von Wertungswidersprüchen205 und Argumentationsschwächen im Operieren mit den widerstreitenden Vorrangpositionen. Von Interesse sind damit die gesetzgeberische Rechtsgestaltung und die höchstrichterlich vorgezeichnete Rechtspraxis im Konfliktfall. Um es als Frage zu formulieren: Kann man Rechtssetzer und -anwender beim Wort nehmen oder ist ihnen widersprüchliches Verhalten anzukreiden?206 Drittens und schließlich bleibt der Impetus, die Konsistenz überhaupt als Bewertungskriterium einzuführen, zu präzisieren: Aus dem Befund innerer Widersprüche soll keine Rechtsfolge, womöglich gar die Verfassungswidrigkeit eines Ansatzes abgeleitet werden. Dem Verfasser ist stattdessen am
übrigens mit der enforcement charge im Recht Saskatchewans: Sie verliert in der Insolvenz ihre Vorrangwirkung, s. dazu Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 95 f. 197 Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 275. 198 So Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 13 ff., 155 und Schmidt, in: Heldrich, Andreas et al. (Hrsg.), FS für Canaris II, S. 1353, 1357. 199 Lee, 47 Can. B. Rev. (1969), 420, 421. 200 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 52. Wohl weitergehend fordert Macdonald, 43 Can. Bus. L. J. (2006), 240, 253 unter der Überschrift „Coherence with Public Policy“ eine gelungene Integration des Kreditsicherungsrechts „into the overall logic of debtor-creditor relationships“. 201 S. Ziegel, 38 Can. Bus. L. J. (2003), 321, 322 zum OPPSA und Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 86 ff. zum Judgment Enforcement Law. 202 2. Kapitel, II. 1. b), 2. b). 203 2. Kapitel, IV. 1., 2. 204 2. Kapitel, IV. 3. a), b). 205 Dass es bei der Untersuchung des Rechts auf Wertungswidersprüche (oder axiologische Widersprüche) ankommt, ergibt sich aus einem Verständnis des Rechts als „teleologische Ordnung“, s. dazu Canaris, Systemdenken und Systembegriff, S. 21 f.; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 4. Ferner Engisch, Einheit der Rechtsordnung, S. 1, der die Rechtsdogmatik als „Wertungswissenschaft par excellence“ bezeichnet. 206 Lerche, Übermass und Verfassungsrecht, S. 273 spricht anschaulich von einem venire contra factum proprium legislatoris, will aus dessen Verbot (mit Recht) aber nicht die Konsequenz einer Bindung des Gesetzgebers ziehen.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
rechtspolitischen Desiderat einer widerspruchsfreien und belastbaren, in sich stimmigen Konfliktlösung gelegen. Damit besteht einerseits ein Bedürfnis nach widerspruchsfreier Konfliktlösung, andererseits aber ein Spannungsfeld zwischen widerstreitenden Regelungszielen. Die nur scheinbare Ungereimtheit ist ausgeräumt, wenn man sich erneut den Referenzrahmen des Widerspruchs vergegenwärtigt: Nicht antinomische Regelungsziele sollen ihrer Gegenläufigkeit beraubt, sondern Konfliktlösungen stimmig gestaltet werden – durch rechtlich institutionalisierte Positionen (aa), bb)) und einen zugehörigen Bewältigungsmechanismus (cc)). Denn Prinzipien und Interessen mögen konfligieren; vom Gesetzgeber aber ist eine stringente Koordination dieser Prinzipien und Interessen zu erwarten. aa) Konstruktion des Sicherungsrechts Für die Konstruktion des Sicherungseigentums ergeben sich einige Friktionen, die bereits bei der Befassung mit den sachenrechtlichen Prinzipien zutage getreten sind.207 Besonders unstimmig nimmt sich die Argumentation bei Zulassung und Ausgestaltung der Sicherungsübertragung aus. Dies verdeutlicht ein Blick auf die Bemühung des Trennungsprinzips. Bei der Zulassung der Sicherungsübertragung hatten die Väter des BGB noch den „Grundsatz der Unabhängigkeit der Eigenthumsübertragung von ihrem Rechtsgrunde“208 betont. Zur Feststellung der Unwirksamkeit des Übereignungstatbestandes wegen sittenwidriger Sicherungsabrede dienen hingegen Verstöße auf der schuldrechtlichen Ebene – ganz gleich, welche begriffliche Verbrämung diesem Vorgang zuteilwird.209 Auch im Vollstreckungsstadium schlägt der Rückgewähranspruch auf die (dingliche) Drittwiderspruchsberechtigung durch, da die herrschende Meinung beides über § 242 BGB verknüpft.210 Ähnlich problematisch verhält es sich mit dem (einheitlichen) Eigentumsbegriff des BGB. Das Reichsgericht hat früh die formale Eigentümerstellung des Sicherungsnehmers ernst genommen und daraus die Aktivlegitimation zur Drittwiderspruchsklage abgeleitet.211 Es bedeutet aber eine Relativierung des einheitlichen Eigentumsbegriffs, wenn zugleich immer wieder von einer „Verdinglichung“ der Position des Sicherungsgebers die Rede ist.212 Im Falle einer unbedingten Vollrechtsübertragung ist solch eine Stellung nicht konstruierbar. 207
S. o. 2. Kapitel, II. 1. b). Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626. Ausführlich dazu oben 2. Kapitel, I. 3. a), III. 1. b) aa). 209 S. dazu 2. Kapitel, III. 1. a), b). Wie hier etwa Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 96 („[…] durchbricht das Abstraktionsprinzip […]“) und Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, § 4 Rz. 17 („Durchbrechung“). 210 S. o. 2. Kapitel, V. 1. a) bb). 211 RG, Urteil v. 09.04.1929, Az. VII 536/28, in: RGZ 124, 73, 74. 212 Gegen solche Ansätze auch Gaul, in: Huber, Ulrich/Jayme, Erik (Hrsg.), FS für Serick, S. 105 ff. und Henssler, AcP 196 (1996), 37, 72. 208
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Beim Abgleich der gesetzgeberischen Erwägungen zur Zulassung des Rechtsinstituts mit dessen Wirkungen stellt sich ebenfalls kein positives Bild ein. Karl Larenz und Claus-Wilhelm Canaris sahen – bei objektiv-teleologischer Auslegung – den Widerspruch zwischen Anerkennung der Sicherungsübereignung einerseits und Erhaltung des Faustpfandprinzips andererseits als „so kraß [an], daß seine Hinnahme zu einer gravierenden Inkonsistenz innerhalb des Sachenrechts führt“213. Tatsächlich sind die oben214 erwähnten Passagen zum Übergabeerfordernis bei Pfandrechtsbestellung und Übereignung215 kaum in Einklang zu bringen. Zwar verlange „die Sicherheit des Verkehres eine äußere Erkennbarkeit bestehender Pfandrechte“216 und verbiete sich die Zulassung des Besitzkonstituts bei Verpfändungen, weil dieses ansonsten „vielfach benutzt werden würde, um geheime, die Sicherheit des Verkehres [...] beeinträchtigende Pfandrechte zu schaffen“217. Zu eben dieser Gefahr infolge einer Sicherungsübereignung heißt es dann aber, es fehle an einem „praktischen Bedürfniß“218 für ein Verbot der Übertragung mittels constitutum possessorium. Kaum zu leugnen ist schließlich, dass ein zentrales Argument für die Zulassung der Sicherungsübertragung gegenüber der Mobiliarhypothek (Verhinderung konkurrierender Rechte219) angesichts der modernen Sicherungspraxis kaum verfängt. Kurzum: Was immer das Faustpfandprinzip vermeiden sollte, kann durch die Sicherungsübereignung verwirklicht werden. Auch für das security interest wurde bereits auf Probleme hingewiesen.220 Diese ergeben sich aus dem unitary approach, der jedem Sicherungsgeschäft eine hypothekarische Natur verleiht. Ein solcher Vorgang lässt sich bei der chattel mortgage noch durch „Re-Charakterisierung“ des transferierten Rechts erklären: Der Sicherungsgeber verschafft dem Sicherungsnehmer anstelle des title eine statutory charge.221 In Fällen, in denen eine solche korrektive Betrachtung oder Umdeutung nicht möglich ist, gerät der einheitliche Ansatz 213 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 234. Von „Inkonsequenz“ spricht Koziol, AcP 212 (2012), 1, 28 anlässlich der analogen Anwendung von Pfandrechtsvorschriften, die ausgerechnet bei Publizitätsanforderungen unterbleibt. 214 2. Kapitel, I. 1. c) am Ende. 215 Dies gilt auch dann, wenn man dem Übergabeerfordernis beim Pfandrecht keinerlei Publizitätswirkung zumisst, sondern es mit der Aufgabe belegt, den Sicherungsnehmer vor nachträglichen Verfügungen des Sicherungsgebers zu schützen (so Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 354 f.). Denn derartige Verfügungen drohen wie gesehen auch bei der Sicherungsübereignung. 216 Protokolle, S. 4169 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 913 f. 217 Motive, S. 801 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 447. 218 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626. Ähnlich schon Motive, S. 335 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 186. 219 Protokolle, S. 3689 = Mugdan, Materialien, Band III, S. 626 f. 220 2. Kapitel, II. 2. a). 221 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 122; Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 31 f.
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jedoch an seine Grenzen. Ein Beispiel hierfür bildet der conditional sale, bei dem sich der Verkäufer einer Sache den title bis zur Kaufpreiszahlung vorbehält.222 Der Schuldner (Sicherungsgeber) überträgt dabei gerade kein interest, das in eine hypothekarische Form überführt werden könnte; dieser Bestellungsmodus des Sicherungsrechts weicht also deutlich vom Konzept des security interest im Sinne der PPSAs ab.223 Dessen ungeachtet beziehen die Regelwerke den conditional sale ausdrücklich in ihren Anwendungsbereich mit ein.224 Bei Betonung des funktionalen Ansatzes der PPSAs mag man dies freilich wieder als „consistent“225 und narrativ kohärent226 ansehen. Denn für den substance test, bei dem der Rechtsanwender den Inhalt der Parteivereinbarung auf zahlungssichernde Elemente hin überprüft,227 kommt es nicht auf die Rechtsform an. Um den conditional sale aber in das PPSA-System einzugliedern, wird fingiert, dass der Sicherungsnehmer den title bereits übertragen und vom Schuldner zur Sicherung der Forderung ein hypothekarisches security interest zurückerhalten habe. Unter anderem solche Konstruktionspirouetten sind es, die kritische Stimmen an einem rein funktionalen Ansatz rügen.228 Überbetonen sollte man die Kritikpunkte aber auch nicht, da sie teils auf antiquierten und funktionsblinden Vorstellungen von security interests beruhen.229
222 Zu solchen Transaktionen Birks, English Private Law, S. 420 f. mit der klassischen Einordnung, dass eine retention of title nicht als security interest zu behandeln ist. Anschaulich dazu Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567, 614 („security – it is necessarily by grant rather than by reservation of ownership“). 223 So auch MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 118. Der UCC trägt diesem Umstand Rechnung und legt fest: „The retention or reservation of title by a seller of goods [...] is limited in effect to a reservation of a “security interest.““ (Section 1-201 (b) (35) UCC). 224 S. Section 2 (a) OPPSA und die Parallelvorschriften in den anderen PPSAs. 225 McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 3.01 [1] [a] [ii] [B]. Auch Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 124 rechtfertigen den Einbezug des conditional sale mit einer funktionalen Betrachtung. 226 Der Begriff soll hier die stimmige Einbindung von security interests in den narrativen Kontext der PPSAs beschreiben. In einem anderen Sinne freilich Jackson, Law, Fact and Narrative Coherence, passim; Sobota, ARSP 77 (1991), 243, 246 ff. 227 Zur Anwendung des substance test s. 356447 B.C. Ltd. v. Canadian Imperial Bank of Commerce (1998), 13 P. P. S. A. C. (2d) 155; Haibeck v. No. 40 Taurus Ventures Ltd. (1991), 12 P. P. S. A. C. (2d) 126 (bzgl. eines conditional sale); Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 59 f. 228 Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, sämtliche Schwachstellen des functional approach zu diskutieren. Zu weiteren Kritikpunkten s. etwa Bridge et al., 44 McGill L. J. (1999), 567 ff.; Davies, 24 Legal Stud. (2004), 295 ff. (aus englischer Perspektive); Tabac, 50 Md. L. Rev. (1991), 408 ff. (zu Article 9 UCC). 229 Das gilt insbesondere für das überkommene Dogma, wonach Sicherungsrechte „by grant rather than by reservation of ownership“ (Bridge et al., aaO, 614) entstehen.
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
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bb) Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers Das deutsche Recht kleidet die Position des Vollstreckungsgläubigers in die Form des Pfändungspfandrechts (§ 804 Abs. 1 ZPO). Die herrschende Ansicht,230 die darin ein gemischtes Rechtsinstitut privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Natur sieht, vermag nicht nur argumentativ zu überzeugen,231 sondern gewährleistet auch eine stimmige Ausgestaltung dieser Rechtsstellung. Denn der Gläubiger erlangt nur dann ein materielles Verwertungsrecht, wenn die gepfändete Sache dem Schuldner gehört. Dass er bei einer „übergriffigen” Vollstreckung in fremdes Vermögen gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB herausgabepflichtig ist, erscheint daher bereicherungsrechtlich korrekt.232 Ob die Risikoverteilung dabei befriedigt, ist eine andere Frage. Für die kanadische Rechtsordnung sind einmal mehr die jeweiligen Regelungsansätze im Judgment Enforcement Law der Provinzen zu unterscheiden. Das Modell Ontarios fußt im Wesentlichen auf zwei Leitgedanken. Im Vollstreckungsrecht ist dies erstens die klassische Überzeugung, dass der judgment creditor auch mit erfolgter seizure kein interest am gepfändeten Gegenstand erwirbt.233 Zweitens liegt dem Personal Property Law Ontarios die Idee des Wandels von property rights hin zu priority rules zugrunde.234 Dass das Kreditsicherungsrecht für die Rechtsposition des judgment creditor überhaupt relevant ist, folgt aus dem systematischen Regelungsstandort des Konflikts in Section 20 (1) (a) (ii) OPPSA. Bei dieser Norm handelt es sich (getreu dem zweiten Leitgedanken) um eine priority rule, doch kommt diese (entgegen dem ersten Leitgedanken) eben nicht ohne den Begriff des „interest“ eines Vollstreckungsgläubigers aus. Dieser Zwiespalt ist symptomatisch für die Grenzen eines Ansatzes, der den Konflikt allein durch Vorrangregeln lösen soll und dabei auf eine formale Einordnung der Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers verzichtet. Eben hier drängt sich die enforcement charge Saskatchewans als eleganter Lösungsweg auf. Das Charge-Modell ist prinzipiell geeignet, die Rangfolge von interests plausibel zu erklären. Allein fehlt es bisher an einer klaren Einordnung der enforcement charge. So bejahen manche Stimmen etwa einen Inrem-Effekt der enforcement charge, lehnen ihre Einordnung als proprietary 230 BGH, Urteil v. 02.07.1992, Az. IX ZR 274/91, in: NJW 1992, 2570, 2573; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 391–393; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 50 Rz. 46 ff.; Musielak/Voit-Becker, § 804 ZPO Rz. 4; Thomas/Putzo-Seiler, § 804 ZPO Rz. 2. 231 Zum Streitentscheid s. o. 2. Kapitel, IV. 1. a). 232 Hierzu oben 2. Kapitel, V. 1. c) ee). 233 So schon Ross v. Dunn (1889), 16 O. A. R. 552; Dunlop, Creditor-Debtor Law in Canada, S. 511 f.; MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 321. 234 Vgl. Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 495 und McLaren, Secured Transactions in Personal Property, § 7.00 [1]. Kritisch zu diesem Wandel Davies, 24 Legal Stud. (2004), 295, 311 f.
252
3. Kapitel: Normative Bewertung
interest jedoch ab,235 wodurch letztlich die Funktion (Sicherung des Befriedigungsvorrangs) die Charakterisierung (kein property right) beeinflusst. Auf diese Weise rückt die enforcement charge nämlich wieder in Richtung des überkommenen Binding-Konzepts.236 Andere Quellen bedienen sich einer Terminologie, die ausdrücklich über die Rechtsfolgen des binding effect hinaus geht und die enforcement charge in den Bereich der Realsicherheiten überführt.237 Das Klärungspotential, das die Einführung der enforcement charge birgt, wird daher (noch) nicht ausgeschöpft. Von allen kanadischen Provinzen enthält das Judgment Enforcement Law Saskatchewans dennoch das vorzugswürdige Modell. Denn mit der Anerkennung einer enforcement charge hat es allen anderen Provinzen einen wichtigen ersten Schritt voraus, soweit es die Schaffung einer echten Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers als rangfähiges interest anbelangt. Ferner ist der SEMJA (Saskatchewan) beispielsweise dem ACEA (Alberta) regelungstechnisch überlegen. Das dort einschlägige Modell238 suggeriert eine eigen- und vollständige Lösung des Konflikts im Vollstreckungsrecht. Tatsächlich aber ist der Gehalt einiger zentraler Begriffe im Judgment Enforcement Law Albertas nur durch einen Rückgriff auf das Personal Property Law zu erfassen.239 Der Verweis des SEMJA auf den SPPSA und die Integration der enforcement charge in die priority rules des SPPSA240 beugen hingegen nicht nur dem trügerischen Schluss vor, man könne die Rangfolge ohne Blick in den PPSA bestimmen; sie verhindern vielmehr auch ungewollte Abweichungen in den Vorrangstatus von security interest und enforcement charge. cc) Bewältigung des Konfliktstadiums Es erleichtert die Untersuchung des Konfliktstadiums, auch an dieser Stelle Vorrangbegründung und -realisierung voneinander zu scheiden. 235
So Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 94 ff. Ähnlich Cuming/Layh, The SEMJA – Commentary and Analysis, S. 100 f. 236 Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 95. 237 Cuming, 66 Sask. L. Rev. (2003), 255, 264 ff. („Thus the judgment creditor is a chargee, i. e., someone who holds the real rights arising under the charge”) und MacDougall, Canadian Personal Property Security Law, S. 321 („property claim“). Vgl. auch British Columbia Law Institute, Report on the Uniform Civil Enforcement of Money Judgments Act, S. 75, wo es heißt: „the priority of an enforcement charge in relation to other interests in the property“. 238 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. a) cc) (1). 239 So heißt es in Section 35 (2) (a) ACEA: „[A] security interest [...] has priority over a writ [...] if at the time the writ is registered [...] the security interest is perfected or registered“. Die Anforderungen an perfection und registration ergeben sich allerdings allein aus dem APPSA. S. hierzu auch Buckwold/Cuming, Modernization of Saskatchewan Money Judgment Enforcement Law – Final Report, S. 44 f. 240 Ausführlich dazu oben 2. Kapitel, IV. 2. a) cc) (3).
IV. Benennung und Erfüllung der Bewertungskriterien
253
Im deutschen Recht bemisst sich die Erlangung des Vorrangs grundsätzlich nach der zeitlichen Priorität.241 Diese Regel gilt für Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger gleichermaßen; sie bereitet unter dem Gesichtspunkt der Stimmigkeit keine Bedenken. Dem Sicherungsnehmer zur Realisierung seines Vorrangs die Erhebung der Drittwiderspruchsklage zu gestatten,242 ist unter formalen und teleologischen Gesichtspunkten ebenfalls folgerichtig. Wenn einige Literaturstimmen dies als einen „konzedierte[n] Systembruch[…]“243 oder gar als „eine der juristischen Logik spottende Erscheinung“244 geißeln, so zeugt dies davon, dass sie einen breiteren Referenzbereich für die Widerspruchsfreiheit zugrunde legen. Meist sind mit dem Urteil einer „systemwidrigen“ Einordnung nämlich Hinweise auf die insolvenzrechtliche Bestimmung des § 51 Nr. 1 InsO verbunden.245 Wie oben angemerkt246 sind solche auf Parallelisierung zielenden Schlussfolgerungen problematisch. Sie beruhen auf der Prämisse einer rechtsgebietsübergreifenden Einheit, die sicher ein Desiderat, nicht aber ein belegbares Faktum ist. Der Gesetzgeber hat mit § 51 Nr. 1 InsO vielmehr eine punktuelle Ausgestaltung des Sicherungseigentums vorgenommen. Ähnlich verhält es sich mit § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO247 und § 246 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 HGB248, die das Sicherungseigentum wirtschaftlich dem Sicherungsgeber zurechnen bzw. diese Zurechnung voraussetzen. All diese Einzelnormen sind eher ein Beleg für die Kontextabhängigkeit des Rechtsinstituts „Sicherungseigentum“, das zwischen Vollrecht und besitzlosem Pfandrecht changiert. Auf Grundlage der genannten Sondernormen nun für die Vollstreckungsebene einen Gleichlauf zu fordern, ist nicht angezeigt. Die Gegenansicht läuft Gefahr, „den Gegenstand der
241
Ausführlich dazu oben 2. Kapitel, IV. 1. 2. Kapitel, V. 1. a). 243 Soergel-Henssler, § 930 BGB Anh. Rz. 132. 244 Lorentz, Der Verzicht auf die Sicherheit, S. 22. 245 S. etwa Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rz. 32; MüKo ZPO-Schmidt/Brinkmann, § 771 ZPO Rz. 29. Ähnlich Schuschke/Walker-Raebel, § 771 ZPO Rz. 21, der neben dem Kontrast zu § 51 Nr. 1 InsO die Schaffung vollstreckungsrechtlich vinkulierten Eigentums moniert. In eine ähnliche Richtung geht es, wenn Soergel-Henssler, § 930 BGB Anh. Rz. 132 § 805 ZPO als „aus systematischen Gründen zu erwartenden“ Rechtsbehelf einordnet und auf die bereits dem Sicherungsgeber zugestandene Drittwiderspruchsklage hinweist. 246 2. Kapitel, V. 1. a). 247 Dort heißt es in Satz 2: „Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen“. 248 „[I]st ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen“. S. MüKo HGB-Ballwieser, § 246 HGB Rz. 35 ff. dazu, dass sicherungsübereignete Sachen solche Vermögensgegenstände darstellen. 242
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Rechtswissenschaft mit ihrer Arbeitshypothese zu verwechseln“249 und darüber die unterschiedlichen Regelungsanliegen in Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrecht zu kaschieren.250 De lege lata ist die Ernstnahme des formellen Eigentums in der Zwangsvollstreckung daher nur konsequent.251 Für die Folgeansprüche des Sicherungsnehmers wegen eines Rechtsverlusts durch die Verwertung der Sache gilt das Nämliche. Wie gesehen252 entscheidet auch im kanadischen Recht die zeitliche Priorität darüber, welcher Gläubiger den Vorrang für sich begründet. Im Kreditsicherungsrecht modifizieren perfection und registration den Nemo-dat-Grundsatz dahingehend, dass der Gläubiger erst mit Eintragung des security interest wirklich gesichert ist.253 In den Fällen der advance registration handelt es sich genau genommen sogar um eine Vorab-Reservierung der priority: Ein Sicherungsrecht, mit dem die Sache belastet ist, muss noch nicht einmal entstanden sein.254 Dies geht mit den gesetzgeberischen Anliegen, im Konfliktfall einfach bestimmbare Zeitpunkte gegenüberzustellen und die Publizierung zu akzentuieren, konform. Auch unter dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit erscheint es daher befremdlich, wenn in vielen Provinzen eine Registrierung nicht ausreicht und zudem die Voraussetzungen der perfection erfüllt sein müssen,255 damit der Sicherungsnehmer den Vorrang gegenüber Vollstreckungsgläubigern behauptet. Die Unstimmigkeit ergibt sich dabei aus der Divergenz zwischen der residual priority rule, wonach im Konflikt zwischen gesicherten Gläubigern der Filing-Zeitpunkt maßgeblich ist,256 und der priority rule für den Konflikt zwischen gesichertem und ungesichertem Gläubiger, die an die 249 So Grimm, AcP 171 (1971), 266 pointiert in seiner Rezension von Claus-Wilhelm Canaris‘ Schrift „Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz” zur Gleichsetzung von „Recht“ und „System“. 250 Zu den Gründen und Begründungen, das Sicherungseigentum in § 51 Nr. 1 InsO einem besitzlosen Pfandrecht gleichzusetzen s. MüKo InsO-Ganter, § 51 InsO Rz. 5 ff. In den Gesetzgebungsmaterialien heißt es zur Absonderungsberechtigung des Sicherungsnehmers: „Mit dieser Einordnung wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Sicherungsübertragung bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Pfandrecht nähersteht als dem Eigentum“ (BTDrucks. 12/2443, S. 125). 251 Dazu gehört auch ein reflektierter Umgang mit der Dolo-agit-Einrede bzw. mit dem Wegfall der Drittwiderspruchsberechtigung bei Tilgung der Forderung. 252 2. Kapitel, IV. 2. 253 Ibid. 254 Cuming/Walsh/Wood, Personal Property Security Law, S. 327 ff.; Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 371 ff. 255 S. dazu Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 471 (Fn. 71); McLaren, The OPPSA, S. 202. Ziegel/Denomme, The OPPSA – Commentary and Analysis, S. 161 übersehen dies entweder oder sie gehen von der gerichtlichen Bereitschaft aus, „perfected“ wie „registered“ zu lesen. Angesichts der Legaldefinition in Section 19 OPPSA („A security interest is perfected when [...] it has attached [...] and [...] all steps required for perfection [...] have been completed [...]“) erscheint die letztgenannte Annahme sehr fragwürdig. 256 Vgl. Section 30 (1) Nr. 1 OPPSA und die entsprechenden Parallelvorschriften.
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
255
perfection anknüpft.257 Alberta und Saskatchewan vermeiden diese Friktionen wie erläutert auf unterschiedliche Weise.258 Ebenso variieren die für die Vorrangposition des judgment creditor maßgeblichen Zeitpunkte in den PPSA-Provinzen.259 Akzeptiert man die Vorteile einheitlicher Begründungstatbestände für den Vorrang,260 so stellt sich die Angleichung von Personal Property Law und Judgment Enforcement Law in Alberta und Saskatchewan, wo stets der Filing-Zeitpunkt entscheidet, als vorteilhaft dar. Die Registrierung der Rechtsposition fungiert dann als universelles Instrument zur Vorrangbegründung für gesicherte und ungesicherte Gläubiger. Auf Ebene der Vorrangrealisierung ergibt sich bei einem Modell, das Sicherungsrechte vollstreckungsfest und Verwertungsrechte übertragungsfest gestaltet, nur wenig Regelungsbedarf. Wenn die PPSAs und das neuere Judgment Enforcement Law etwaige Interventionen des Sicherungsnehmers auf Fälle beschränken, in denen eine Fremdverwertung gegen die commercial reasonableness verstieße,261 steht dies in Einklang mit den Direktiven des Personal Property Law. Denn ab der Erfüllung seiner Publizierungsobliegenheiten hat der secured creditor keinen Rechtsverlust mehr zu befürchten; schutzwürdig ist er nur dort, wo ihm die Fremdverwertung einen finanziellen Nachteil zuzufügen droht. Auch die Befugnis des Vollstreckungsgläubigers, eine discharge gegen vollständige finanzielle Befriedigung des Sicherungsnehmers zu erwirken,262 gliedert sich stringent in den legislativen Rahmen ein. Immerhin ist sie eine Manifestation der zahlungssichernden Funktion des security interest, eine Bestätigung des functional approach auf Konfliktebene also.
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
In diesem letzten Unterabschnitt findet mit der Gewichtung (1.) der Bewertungskriterien ein dritter Wertungsvorgang statt. Neben diesem die Entscheidung (2.) für einen Regelungsansatz vorbereitenden Schritt enthalten die folgenden Zeilen eine Zusammenfassung des Bewertungsabschnitts, da sie die wichtigsten Ergebnisse kurz rekapitulieren.
257
Vgl. Section 20 (1) (a) (ii) OPPSA und die entsprechenden Parallelvorschriften. Alberta bezieht neben „perfected“ auch den Status „registered“ in die priority rule der Section 35 (2) ACEA ein, wohingegen in Saskatchewan durch Integration der enforcement charge in das PPSA-Gefüge die residual priority rule „first to register wins“ (Section 35 (1) SPPSA) auch für den hier interessierenden Konflikt gilt, s. dazu oben 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (1), (3) und Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 102. 259 S. o. 2. Kapitel, IV. 2. a). 260 Dazu sogleich unter 3. Kapitel, V. 1. c). 261 S. o. 2. Kapitel, V. 2. b). 262 S. o. 2. Kapitel, V. 2. c). 258
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3. Kapitel: Normative Bewertung
1. Gewichtung der Vorzüge und Nachteile a) Wirtschaftliche Interessen An dieser Stelle ist es nun angezeigt, bloße Begehrlichkeiten und Animositäten der Parteien von normativ schutzwürdigen Interessen zu trennen. Zurückzugreifen ist dabei auf Harry Westermanns Unterscheidung von Interessen und „rechtspolitischen Zielsetzungen“263. Schutzwürdig erscheinen Interessen dann, wenn die rechtspolitischen Zielsetzungen (also obige Regelungsziele) ihnen diesen Status verleihen und ihre weitestgehende Verwirklichung somit zum tauglichen Bewertungskriterium erstarkt. Bei welchen Interessen von Sicherungsnehmer, Vollstreckungsgläubiger, Schuldner und Publikum dies der Fall ist, sind die folgenden Zeilen zu zeigen bestimmt. Für den Sicherungsnehmer erscheinen die Gestaltungsfreiheit, das Entstehungs- und Bestandsinteresse sowie das Interesse an niedrigen Transaktionskosten schutzwürdig. All diese Belange stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Regelungsziel, eine günstige und verlässliche Bestellung von Kreditsicherheiten zu ermöglichen. Dieses Regelungsziel wiederum konnte auf die Gewährleistung der Privatautonomie – ein hochwertiges Rechtsgut – zurückgeführt werden. Während die umfassende Besicherung im deutschen Recht (bei prinzipieller Möglichkeit) einige Tücken birgt, gewähren die PPSAs weitreichende Gestaltungsfreiheit und lassen nachrangige Besicherungen konstruktiv zu. Ferner ermöglichen die Register eine sichere Bestellung und Erhaltung von security interests, wohingegen beim Sicherungseigentum ein gutgläubiger Erwerb regelmäßig ausgeschlossen (§ 933 BGB), ein Rechtsverlust durch Verfügung des oder Vollstreckung beim nichtberechtigten Sicherungsgeber indes möglich ist. Die Publikationskosten eines security interest fallen derweil kaum ins Gewicht – gerade bei einem Vergleich mit den Grundbuchkosten im deutschen Immobiliarsachenrecht.264 Sehr wohl aber senkt das Register die Informations- und Kontrollkosten des (prospektiven) Sicherungsnehmers. Sofern dieser eine Geheimhaltung von Sicherungsrechten begehrt, ist sein Anliegen nicht schutzwürdig. Denn das Verbergen bestehender Rechte schadet einer rechtssicheren Kredit- und Vollstreckungspraxis, steht also eher in Widerspruch zu den Regelungszielen als ihnen zu dienen. Soweit (legitime) datenschutzrechtliche Belange im Vordergrund stehen, sind eine sichere Ausgestaltung des Publizitätsträgers und die Beschränkung der Einsichtsbefugnis durchaus möglich.265
263
Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 4. 264 Dies betont etwa Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 386. 265 Als Vorbild könnte dabei das Schuldnerverzeichnis gemäß §§ 882b ff. ZPO dienen, s. dazu schon oben 2. Kapitel, IV. 1. a).
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
257
Aufgrund des Regelungsziels einer effektiven Zwangsvollstreckung sind die Interessen des Vollstreckungsgläubigers an sicherer Entstehung und Erhaltung seiner Vorrangposition, an Information über belastete Vermögenswerte des Schuldners sowie an realistischen Verwertungsaussichten legitim. Das deutsche Recht gibt dem Vollstreckungsgläubiger keine verlässliche Informationsquelle, anhand derer er konkret nachvollziehen könnte, welche Gegenstände des Schuldners mit vorrangigen Sicherungsrechten belastet sind. Da bei der Pfändung schuldnerfremder Sachen kein Pfändungspfandrecht entsteht und der Vollstreckungsgläubiger im Verwertungsfall zum Ausgleich verpflichtet ist, wiegt dieser Malus schwer. Im kanadischen Recht verhüten die Register dagegen eine für den Vollstreckungsgläubiger überraschende Konfrontation mit (drittwirksamen) security interests. Soweit neuere Modelle eine Begründung des Verwertungsvorrangs durch Registereintrag ermöglichen, erleichtern sie dem Vollstreckungsgläubiger außerdem die Sicherung seiner legitimen Befriedigungsinteressen. In beiden Rechtsordnungen hat die Liberalisierung des Kreditsicherungsrechts jedoch die Aussichten von Vollstreckungsgläubigern, sich durch die Verwertung schuldnerischer Mobilien zu befriedigen, geschmälert. An dieser Stelle geraten die Regelungsziele also in einen Konflikt, der im Rahmen der abschließenden Entscheidung aufzugreifen sein wird.266 Dass schließlich dem Schuldner an weitreichender Gestaltungsfreiheit bei gleichzeitiger Erhaltung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit und an der Vermeidung von Mehrfachverfügungen gelegen ist, geht mit dem Ziel, die Kreditvergabe und -sicherung zu erleichtern, konform. Auch hier kann sich indes ein Zielkonflikt ergeben, wenn der Schuldner durch allzu weitreichende Übertragungen seine ökonomische Handlungsfreiheit einbüßt, worauf ebenfalls noch einzugehen sein wird.267 Nicht schutzwürdig erscheint hingegen das schuldnerische „Geheimhaltungsinteresse“. Auf die Gefahren heimlicher Sicherungsrechte wurde bereits hingewiesen. Zu erinnern ist ferner, dass eine Publikation von bestellten Sicherungsrechten keinen belastbaren Schluss auf die Solvenz des Schuldners zulässt, damit weit weniger „invasiv“ ist als oft behauptet wird. Dies gilt umso mehr in einem System, das das notice filing dem document filing vorzieht. Außerdem mutet die Forderung, heimliche Sicherungsrechte aufrecht zu erhalten, paradox an, wenn im modernen Wirtschaftsverkehr ohnehin von weitgehenden Sicherungsübertragungen auszugehen ist und ausgegangen wird. Selbst wenn man ein Interesse an Geheimhaltung anerkennt, dürften die Zugewinne an Information und Sicherheit im Rechtsverkehr diese Einbuße überwiegen. Diesen Schluss legt die Argumentation zur Zulässigkeit des Schuldnerverzeichnisses,268 das wesentlich sensiblere Daten über den Schuldner enthält, nahe. 266
Dazu sogleich 3. Kapitel, V. 2. a) cc). Ibid. 268 S. dazu oben 2. Kapitel, IV. 1. a). 267
258
3. Kapitel: Normative Bewertung
Aufseiten des Publikums ist jedenfalls dem Interesse, nicht über die Solvenz oder die verfügbare Haftungsgrundlage des Schuldners getäuscht zu werden, eine Berechtigung zuzusprechen. Die Rechtsordnung sollte daher vor allem betrügerischen Praktiken, die Fehlvorstellungen über die genannten Faktoren hervorzurufen bestimmt sind, Vorschub leisten. Insgesamt sind angesichts der Regelungsziele für den Sicherungsnehmer die Gestaltungsfreiheit und für den Vollstreckungsgläubiger die unbeschwerliche Vorrangbegründung als normativ besonders schutzwürdige Interessen anzuerkennen. Gleiches gilt für den Bestandsschutz des einmal erlangten Vorrangs. b) Rechtssicherheit Auch die Rechtssicherheit muss bei der Durchsetzung von Befriedigungsinteressen als wichtiges Bewertungskriterium gelten. Ohne sie sind eine funktionierende Kreditpraxis und eine effektive Zwangsvollstreckung kaum denkbar. Wie gesehen bereiten im deutschen Recht vor allem das heimliche Sicherungsrecht, seine unvorhergesehene Ausweitung und die fehlenden legislativen Weichenstellungen, der drohende Rechtsverlust des Sicherungsnehmers und die Ausgleichspflicht auch des redlichen Vollstreckungsgläubigers einige Probleme. Michael Adams gelangte in seiner Analyse daher zu dem Ergebnis, dass die Sicherungsübereignung zwar den Kreis tauglicher Sicherungsgüter um solche Sachen, die im Schuldnerbesitz verbleiben müssen, erweitere; Rechtsunsicherheit und Betrugspotential würden diesen Effekt jedoch wieder aufwiegen.269 Ganz so desperat erscheint die Lage aus praktischer Perspektive freilich nicht.270 Der Gewinn an Rechtssicherheit, den die „doppelte Registerlösung“ im modernisierten Recht einiger kanadischer Provinzen mit sich bringt, ist indes kaum von der Hand zu weisen. Auch im internationalen Rechtsverkehr zeigt sich ein registriertes und hypothekarisch ausgestaltetes Sicherungsrecht der publizitätslosen Vollrechtsübertragung überlegen. Mit dem functional approach verhält es sich wiederum diffizil: Eine (gänzlich) zweckorientierte Bestimmung von Sicherungsrechten mag der internationalen Rechtsentwicklung entsprechen, birgt im Einzelfall aber neues Konfliktpotential. c) Innere Widerspruchsfreiheit Verglichen mit den als legitim eingestuften Individualinteressen und der Rechtssicherheit kommt der Widerspruchsfreiheit des Regelungsansatzes geringeres Gewicht zu.
269
Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 277 f. Brinkmann, in: Gullifer, Louise/Akseli, Orkun (Hrsg.), Secured Transactions Law Reform, S. 339, 344 f. weist auch darauf hin, dass die Sicherung von Krediten nach dem deutschen Modell im Großen und Ganzen funktioniert. 270
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
259
Dennoch stören die Wertungs- und Argumentationsschwächen, die dem Sicherungseigentum namentlich infolge der Diskrepanz von Form und Funktion, infolge seiner unvorhergesehenen Ausbreitung und infolge des Mangels an klaren gesetzgeberischen Vorgaben eigen sind, das Bild eines stimmigen Rechtsinstituts. Während die Position des Vollstreckungsgläubigers durch das Pfändungspfandrecht überzeugend ausgestaltet ist, werden auf der Konfliktebene noch immer Stimmen laut, die aus der Funktion des Sicherungseigentums Folgerungen für die Rechtsbehelfe des Sicherungsnehmers herleiten wollen. Die Friktionen, die functionalism und unitary approach im kanadischen Kreditsicherungsrecht hervorrufen, betreffen in erster Linie title-based securities, insbesondere den conditional sale. Eine einheitliche Regelung ist also keine Gewähr für konstruktive Stimmigkeit. Im kanadischen Judgment Enforcement Law verspricht allein die enforcement charge Saskatchewans eine Ausformung der Vorrangposition des Vollstreckungsgläubigers, die ähnlich überzeugend ist wie das deutsche Pfändungspfandrecht. Ein weiterer Vorzug der modernen Ansätze zum Judgment Enforcement Law erschließt sich mit Blick auf die Regelungsziele. Diese verleihen den Realisierungsinteressen von gesichertem Gläubiger und Vollstreckungsgläubiger eine normative Schutzwürdigkeit; bei ersterem zur Gewährleistung der Privatautonomie, bei zweiterem zur Effektivierung der Zwangsvollstreckung. Daher spricht viel für eine Angleichung der Begründungstatbestände („levelling the playing field“271). Saskatchewan verfolgt diese Idee durch Integration der enforcement charge in das PPSA-System am konsequentesten. Mit einer solchen doppelten Registerlösung korrespondiert eine Risikoverteilung, die es in die Sphäre des um den Vorrang bemühten Gläubigers verlagert, sein Realisierungsinteresse zu festigen. Dass hierbei tatbestandlich „Waffengleichheit“ gilt und der Publikation stets rangordnende Wirkung zukommt, ist unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz zu begrüßen. 2. Entscheidung a) Ausgestaltung des Sicherungsrechts Bezüglich des Sicherungsrechts ist für drei Subkategorien zu entscheiden, welche Ausgestaltung vorzugswürdig erscheint. Diese Kategorien betreffen Konstruktion, Publizität und Umfang des Sicherungsrechts. aa) Konstruktion des Sicherungsrechts Als grundsätzliche Konstruktionsform ist ein hypothekarisch ausgestaltetes Sicherungsrecht zu präferieren. Es wird der beschränkten Rechtsmacht, die die Parteien übertragen wollen, inhaltlich gerecht und verhindert Unstimmigkei271
Cuming, 30 B. F. L. R. (2015), 457, 472.
260
3. Kapitel: Normative Bewertung
ten, die eine (quasi-)fiduziarische Vollrechtsübertragung mit sich bringt. Wer etwa der ganzen Janusköpfigkeit des Sicherungseigentums ansichtig werden will, der muss sich nur Rolf Sericks Sentenz zur „Schwankungsbreite […] zwischen Vollrecht und Pfandrecht“272 vor Augen führen. bb) Publizität des Sicherungsrechts Ein Publikationserfordernis – namentlich in Gestalt des notice filing – ist ausdrücklich zu befürworten. Dieses Urteil stützt sich auf drei Zwecke des Mobiliarsicherheitenregisters und verschließt sich gegen drei Fehlvorstellungen über solche Register. Nach hier vertretener Ansicht erfüllt die Publikation insbesondere die Funktionen,273 die Entstehung eines Sicherungsrechts nach außen zu dokumentieren (Erkennbarkeit im Rechtsverkehr), den Vorrang anhand klarer, nicht manipulierbarer Tatbestände zu regeln (Ordnungsfunktion) und besitzlosen Sicherheiten den Weg aus der rechtspolitischen Missbilligung zu weisen (akzeptanzstiftende Wirkung). Alle drei Funktionen sind für den hiesigen Untersuchungsgegenstand von Relevanz: In Verbindung mit einem Auskunftsrecht für qualifizierte Dritte (insbesondere Titelgläubiger) kann die Dokumentation des Sicherungsrechts dafür sorgen, den hier untersuchten Konflikt an einem Verwertungsgegenstand von vornherein zu umgehen. Denn der informierte Titelgläubiger dürfte in aller Regel von dem Versuch, vorrangig belastete Gegenstände zu verwerten, absehen. Kommt es doch zum Wettstreit der Realisierungsinteressen, so erleichtern die Registrierungszeitpunkte es, deren Rangfolge zu bestimmen. Damit bleibt noch der Inhalt der „akzeptanzstiftenden Wirkung“ zu präzisieren. Gemeint ist damit das Potential von registrierten Sicherungsrechten, ein historisch tradiertes Unbehagen gegenüber besitzlosen Vorrangrechten auszuräumen. Ist die Belastung des Schuldnervermögens einzutragen, scheidet eine Täuschung über konkrete Haftungsgegenstände aus. Nicht leisten kann das Register – und hier liegt der Übergang zu den Fehlvorstellungen über das notice filing – eine allgemeine haftungsrechtliche Legitimation besitzloser und umfassender Sicherheiten. Zwar können künftige Gläubiger bestehende Rechte in der Regel über das Register einsehen und ihre Kreditvergabe entsprechend justieren; dieser Denkansatz vom informierten Gläubiger versagt indes bei Forderungsinhabern, die von vornherein oder typischerweise nicht vom Registereintrag profitieren. Man denke etwa an Deliktsgläubiger, die vor der Rechtsgutsverletzung nicht das Register einsehen
272
Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 97 ff.; ders., Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Neuere Rechtsentwicklungen, S. 51, 148. Zustimmend etwa Becker-Eberhard, AcP 185 (1985), 429, 455. 273 Ähnliche Zwecke identifizieren Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 387 ff. und Buckwold, 80 Sask. L. Rev. (2017), 71, 101.
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
261
konnten. Oder an Arbeitnehmer, die ungesichert in Vorleistung treten. Gleiches gilt typischerweise für Handwerker. Zu einer realistischen Erwartungshaltung gegenüber dem Register gehört auch die Erkenntnis, dass die eingetragenen Sicherheiten keine belastbare Aussage über die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zulassen. Ein dritter Irrtum betrifft die Kosten zur Implementierung eines Notice-filing-Registers. Der Kosteneinwand begleitet die Diskussion um ein Mobiliarsicherheitenregister in Deutschland seit jeher,274 verliert jedoch mit der fortschreitenden Digitalisierung an Plausibilität. Anschaulich macht dies ein Blick auf das PPSA-Register in Neuseeland, das nach kanadischem Vorbild eingerichtet wurde. Dort sanken die administrativen Kosten derart schnell, dass auch die Registergebühren zur Vermeidung eines Einnahmenüberschusses reduziert werden mussten.275 Suchanfragen kosten nunmehr 1,15 NZD bzw. 2,3 NZD,276 was etwa 0,69 € bzw. 1,39 € entspricht. cc) Umfang des Sicherungsrechts Zwei bereits aufgezeigte Zielkonflikte eröffnen sich bei der Frage des legitimen Umfangs von Sicherungsrechten. Umfassende Sicherungsübertragungen können legitime Interessen des Vollstreckungsgläubigers und des Schuldners beeinträchtigen. Während in Kanada eine Koordination dieser Interessen auf legislativer Ebene erfolgt ist, sind es Unterkategorien dieser Zielkonflikte, die in der Sittenwidrigkeitsrechtsprechung des BGH diffus interagieren („wirtschaftliche Knebelung“ und „Gläubigergefährdung“). Die folgenden Zeilen sollen die Überlegenheit eines Ansatzes zeigen, der nach dem hier vorgeschlagenen Muster umfängliche Sicherungen ausdrücklich zulässt. Denn, so die These: Ein differenzierter Regelungsansatz pariert die typischen Sorgen gegenüber besitzloser, umfassender Besicherung und entwirrt die zu § 138 Abs. 1 BGB referierten Fallstricke. Soweit es den Vollstreckungsgläubiger anbelangt, steht vor allem die Sorge vor verringerten Realisierungsaussichten einer umfänglichen Besicherung entgegen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sicherungsübertragene Mobilien nicht die einzigen Vermögenswerte des Schuldners sein müssen. Zudem besteht die Möglichkeit einer Auslösung des Sicherungsguts, wenn dem Sicherungsnehmer dadurch kein wirtschaftlicher Nachteil droht. Bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung kann der vollstreckungswillige Gläubiger das 274 S. schon Drobnig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 51. DJT I, S. F 59. Lwowski, in: Kieninger, Eva Maria/Eidenmüller, Horst (Hrsg.), The Future of Secured Credit in Europe, S. 174, 179 befürchtet zudem Kosten für Kreditinstitute, die bei der Schulung des Personals anfallen und an Kreditnehmer weitergegeben werden. 275 Darauf weisen Gedye, 43 Can. Bus. L. J. (2006), 208, 221 und Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 211 f. hin. 276 Vgl. Section 21 (1) (b) New Zealand Personal Property Securities Regulations 2001.
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Sicherungsgeschäft ferner anfechten und die vermeintlich belasteten Gegenstände verwerten. Der Zielkonflikt wird also nur dann relevant, wenn der Schuldner nicht zahlungsunwillig, sondern gänzlich zahlungsunfähig ist, über keine weiteren pfändbaren Vermögenswerte verfügt, eine Auslösung des Gegenstandes fehlschlägt und den Parteien des Sicherungsvertrags kein Benachteiligungsvorsatz anzulasten ist. Die Parteiautonomie generell und vorauseilend einzuschränken, um einer solchen Situation Herr zu werden, wirkt unverhältnismäßig. Dies gilt zumal spezifische Regelungen im Insolvenzrecht für den Krisenfall mildere und gleich geeignete Mittel bereitstellen können. Hierzu muss der Gesetzgeber vor allem ein effektives Anfechtungsrecht gewährleisten. Wenn besonders schutzwürdigen Gläubigergruppen dann immer noch Nachteile drohen, kann deren Privilegierung im Insolvenzverfahren erwogen werden.277 Zu bedenken ist ferner, dass bei einer Insolvenzverschleppung strafrechtliche Tatbestände (§§ 283 ff. StGB) erfüllt sein können, die abschreckend wirken dürften. Diese Aspekte betreffen allesamt ungebührliche Kriseninterventionen; sie sollten weder die grundsätzliche Zulässigkeit weitreichender Sicherungsgeschäfte ausschließen, noch zu einer unsicheren Sittenwidrigkeitskontrolle führen. Für die verlässliche Anerkennung von umfassenden Sicherheiten spricht zudem, dass es ineffizient wäre, einen festen „Bodensatz“ schuldnerischer Haftungswerte für den Krisenfall vorzuhalten. Diese Vermögenswerte könnten genauso zur Kreditsicherung eingesetzt werden und dem Schuldner so neue Liquidität verschaffen. Auf diese Weise ließen sich überdies die Sanierungsaussichten eines schuldnerischen Unternehmens erhöhen. Auch im Übrigen wird ein Ansatz, der die Bestellung umfänglicher Sicherheiten zulässt, den Belangen des Schuldners gerecht. So begibt sich der Schuldner bei Bestellung eines hypothekarischen Sicherungsrechts nicht des Eigentums an einer Sache. Er kann diese mithin (wenn auch belastet) weiterveräußern oder nachrangige Rechte daran bestellen. Zum Schutz des Rechtsverkehrs ist ein lastenfreier Erwerb bei Veräußerungen im üblichen Geschäftsbetrieb denkbar, wobei der Vorrang des Sicherungsnehmers nach dem Verlust des Sicherungsrechts am vom Schuldner erzielten Erlös fortbestehen sollte. Schließlich erleichtert eine gesetzlich vorgesehene super-priority die Akquise neuer Vermögensgegenstände. Von einer solchen Regel profitieren freilich neben dem Schuldner gerade Warenkreditgeber bzw. Anschaffungsfinanciers, deren Schutz in der deutschen Rechtsordnung ebenfalls über § 138
277 Die Legitimität insolvenzspezifischer Verteilungsregeln verteidigt etwa v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 264 ff. Sie dürften einem generellen carve-out insofern überlegen sein, als sie keine pauschale Quote für „die ungesicherten Gläubiger“ festlegen, sondern gezielt gefährdete Personenkreise schützen.
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
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Abs. 1 BGB konstruiert wird und zahlreiche Debatten befeuert hat.278 Eine klare gesetzliche Vorrangregel im Stile der super-priority ist einer richterlich statuierten Rücksichtnahmepflicht des Sicherungsnehmers – nichts anderes bewirkt die Sittenwidrigkeitsrechtsprechung des BGH an dieser Stelle279 – überlegen. b) Ausgestaltung der Position des Vollstreckungsgläubigers Hinsichtlich der Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers sind ebenfalls die Teilbereiche Konstruktion, Publizität und Umfang zu unterscheiden. aa) Konstruktion der Position des Vollstreckungsgläubigers Bezüglich der Konstruktion erscheint es sinnvoll, auch dem Vollstreckungsgläubiger ein beschränkt-dingliches Recht zu verleihen. Zur Begründung des damit verbundenen Vorrangs sollte nach Erstreiten des obsiegenden Urteils ein Eintrag im Mobiliarsicherheitenregister ausreichen. Denn es ist ineffizient, wenn zur Entfaltung der Vorrang- und Pressionswirkung eine Sache erst gepfändet werden muss. Neben dem vorrangsichernden Recht selbst übernimmt der Vollstreckungsgläubiger eine Position, aus der heraus er den Sicherungsnehmer zur Freigabe des Gegenstandes anhalten kann, wenn dessen wirtschaftliche Belange dadurch nicht verletzt werden. Eine solche Auslösungspraxis beugt der vollständigen Liquidation des Schuldnervermögens vor, da nominell belastete, aber den Sicherungszweck „überschießende“ Sicherungsgüter grundsätzlich dem Zugriff des Vollstreckungsgläubigers unterliegen, ohne dass dabei die innere Stimmigkeit des Sicherungsrechts aufzugeben ist.280 Bei konkurrierenden beschränkt-dinglichen Rechten tritt also keine vollstreckungsrechtliche Vinkulierung des Gegenstandes ein; der Vollstreckungsgläubiger behält gegenüber dem Schuldner einen Hebel, während die Rechtsposition des Sicherungsnehmers mit dem primären Zweck der monetären Sicherung kongruiert. Vorteilhaft ist diese Konstruktion schließlich, weil beschränkt-dingliche Rechte miteinander in echter Rangfolge stehen können, während dem Schuldner das Vollrecht verbleibt.
278 Zur „Vertragsbruchlehre“ als Unterfall der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB grundlegend BGH, Urteil v. 03.04.1959, Az. VII ZR 19/58, in: NJW 1959, 1533, 1535 f. und Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 1655 ff. 279 S. dazu BGH, Urteil v. 28.11.1968, Az. VII ZR 155/66, in: NJW 1969, 415, 416 („gehalten, auf eine bestimmte Gruppe von möglichen Zessionaren, die Warenkreditgeber, Rücksicht zu nehmen, wie das im Verhältnis vom Waren- und Geldkreditgeber gefordert werden kann“) und Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 88. 280 Zu den Unstimmigkeiten, die Dolo-agit-Einrede und Auslösungspraktiken im deutschen Recht hervorrufen, s. o. 2. Kapitel, V. 1. a) bb).
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3. Kapitel: Normative Bewertung
bb) Publizität der Position des Vollstreckungsgläubigers Für die Publizität sprechen im Wesentlichen die gleichen Gründe, die zur Registrierung des Sicherungsrechts angeführt wurden.281 cc) Umfang der Position des Vollstreckungsgläubigers Auch beim Umfang der Rechtsposition des Vollstreckungsgläubigers ist für einen Gleichlauf mit dem Sicherungsrecht zu plädieren. Nach dem Obsiegen im Prozess und der Publikation des Realisierungsinteresses erscheint es legitim, dem Vollstreckungsgläubiger einen weitreichenden Verwertungsvorrang zuzugestehen. c) Mechanismus zur Konfliktlösung Mit den befürworteten Ausgestaltungen der Rechtspositionen geht die Möglichkeit einher, die Konfliktlösung so zu organisieren, dass eine angemessene Risikoverteilung erfolgt. Den Parteien des hier interessierenden Konflikts, Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger, obliegt die Festigung ihres Vorrangs durch einen Akt, der gänzlich in ihrer Sphäre liegt: der Registrierung. Während das Vollstreckungsorgan die materiell-rechtliche Lage nicht prüfen muss, ist der Ersteher gehalten, das Register vor dem Erwerb des Vollstreckungsgegenstandes zu konsultieren; ein Aufwand, der bei internetbasiertem notice filing durchaus zumutbar ist. Das prozessuale Institut der Interventionsklage wird damit zwar nicht obsolet, da auch andere Fälle denkbar sind, in denen eine schuldnerfremde Sache verwertet wird. Die überaus praxisrelevanten Fälle, in denen das Verwertungsverfahren besitzlose Sicherungsrechte zum Erlöschen bringt, werden allerdings gelöst. Folglich sind bei der hier vorgeschlagenen Lösung auch Ausgleichsansprüche des Sicherungsnehmers, die durch einen Rechtsverlust im Vollstreckungsverfahren entstehen, entbehrlich. Zugleich dürfte die vorgeschlagene Lösung durch die Gegenüberstellung von fixen Registrierungszeitpunkten das Risiko unberechtigter Interventionen282 senken. 3. Resümee Die hier favorisierte Ausgestaltung des Sicherungsrechts beruht auf der Prämisse, dass Vertrags- und Verfügungsfreiheit die Einräumung des Verwertungsvorrangs gegenüber anderen Gläubigern in der Singularvollstreckung legitimieren. Zugleich erleichtert das vorgeschlagene Modell es dem Vollstreckungsgläubiger, seinen Vorrangstatus zu sichern. In ihrer Verbindung ermöglichen diese Ansätze einen weitgehenden Schutz legitimer (Befriedigungs-)In281 282
3. Kapitel, V. 2. a) bb). S. zu diesem Problem Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, S. 1 ff.
V. Gewichtung, Entscheidung und Resümee zur Bewertung
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teressen und eine angemessene Risikoverteilung. Sie gewährleisten zudem eine rechtssichere Konfliktlösung und die innere Stimmigkeit des Regelungsansatzes. Nur dort, wo der gesicherte Gläubiger – gegenüber dem Schuldner – eine vertragliche Disparität missbraucht oder – gegenüber (potentiellen) Vollstreckungsgläubigern – besonders rücksichtslos agiert, sollte ihm ein Rechtsverlust wegen Sittenverstoßes drohen. Letztgenannte Fälle sind angesichts der Tatbestände im Anfechtungsrecht mit äußerster Zurückhaltung zu behandeln, um nicht neue Unsicherheiten heraufzubeschwören. Allein dann kommt der Sittenwidrigkeitskontrolle die Funktion zu, die sie legitimerweise zu bekleiden hat: die Funktion eines „auf Extremfälle beschränkte[n] Minimalschutz[es]“283. Die teils „irrationalen Entscheidungskriterien“284 und „irreguläre[n] Rechtsund Gerechtigkeitspostulat[e]“285, die der derzeitigen Sittenwidrigkeitsrechtsprechung immanent sind, können durch den hier vorgeschlagenen Ansatz eines publizierten Sicherungsrechts weitestgehend verdrängt werden. Dies gilt insbesondere für den Makel der „Undurchsichtigkeit“, der noch heute allzu oft mit dem Vorwurf sittenwidrigen, weil täuschenden, Verhaltens verknüpft ist und mit dem zulässigen Umfang von Kreditsicherheiten verbunden wird.286 Ob sich das hypothekarische Sicherungsrecht dabei in einem formalen oder funktionalen Modell bewegt, kann offenbleiben, denn der hier befürwortete Ansatz ist mit beiden Regelungsmodellen kompatibel. Für das kanadische Recht überrascht dies nicht weiter, da die Unterschiede zur dortigen lex lata – dies gilt insbesondere für Saskatchewan – gering sind. Doch auch im deutschen Recht wären vollstreckungsfeste, eingetragene Sicherungsrechte kein Novum. Beispielhaft sei auf das Registerpfandrecht an „Luftfahrzeugen“ (§ 1 LuftRG) und die Schiffshypothek im Schiffsregister (§ 8 Abs. 1 S. 1 SchiffRG) hingewiesen.287 Das Bestehenbleiben von eingetragenen dinglichen Rechten ist ebenfalls aus der Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen bekannt.288 In diesen Regelungskomplexen finden sich überdies eintragbare Rechtspositionen zur Sicherung des Vorrangs eines Vollstreckungsgläubigers. 283
Canaris, AcP 184 (1984), 201, 236. Wüst, in: Rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz (Hrsg.), FS für Wilburg, S. 257, 259. 285 Picker, JuS 1988, 375, 380. 286 S. etwa Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 78 f.; Koller, JZ 1985, 1013 ff.; Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten, S. 24 f.; Wüst, in: Rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz (Hrsg.), FS für Wilburg, S. 257, 264 ff. Für zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung s. Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 40 ff. 287 Einführend zum Registerpfandrecht an Luftfahrzeugen Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270 ff. bzw. zur Schiffshypothek Grädler/Zintl, RdTW 2013, 95 ff. 288 S. dazu Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 935, 1418; Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Stumpe, § 52 ZVG Rz. 2 ff. 284
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3. Kapitel: Normative Bewertung
Für Immobilien und Schiffe ist dies die Zwangshypothek gemäß § 867 Abs. 1 S. 1 ZPO respektive § 870a Abs. 1 S. 1 ZPO.289 Angelehnt daran sieht auch § 99 Abs. 2 S. 1 LuftRG die Eintragung eines „richterliche[n] Registerpfandrecht[s]“290 für Flugzeuge vor. Völlig unerheblich ist das zugrundeliegende Modell freilich nicht, denn mit Funktionalismus und Formalismus gehen jeweils eigene Herausforderungen einher, die bei der Umsetzung des Regelungsansatzes zu berücksichtigen sind. Für den functional approach bedeutet dies erstens, dass über die registrierungsbedürftigen Rechtsgeschäfte Klarheit bestehen muss, und zweitens, dass funktionale Eigenheiten bestimmter Sicherungsrechte (dies gilt namentlich für Anschaffungsfinanzierungen291) im Regelwerk ihren Niederschlag finden müssen. Im Formalismus ist darauf zu achten, alle Typen von Kreditsicherungsrechten dem Registerzwang zu unterwerfen. Zugleich ist sämtlichen Versuchen, die Publizität durch geschickte Formwahl zu umgehen, von vornherein jede Erfolgsaussicht zu nehmen, insbesondere durch die strenge Einhaltung des Numerus-clausus-Prinzips292 und durch Umgehungsverbote. Die Kardinalsfragen, die bei der Umsetzung des Regelungsansatzes stets zu beantworten sind, lauten daher: Welche Rechtsinstitute bedürfen der Registrierung, um dem gesicherten Gläubiger einen Verwertungsvorrang gegenüber Dritten zu sichern? Welche Rechte hat der Sicherungsnehmer, wenn ein Dritter in das Sicherungsgut vollstreckt? Und welche (Gegen-)Rechte hat der Dritte, um sein Realisierungsinteresse zu befriedigen? Regelungstechnisch verspricht die Integration präzise bestimmter Rechtspositionen in ein klares Vorranggefüge ein stimmiges Konzept, das all diese Fragen verlässlich beantwortet. Das Ziel muss daher lauten, property rights und priority rules aufeinander abzustimmen.
289 Zu den Einzelheiten s. BeckOK ZPO-Riedel, § 870a ZPO Rz. 5 f. und Zöller-Seibel, § 867 ZPO Rz. 1 ff. 290 Melzer/Haslach, 52 ZLW (2003), 582, 588. Schladebach/Kraft, BKR 2012, 270, 273 übernehmen diesen Begriff. 291 So auch Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 215 f., 223. Aus kanadischer Perspektive Duggan/Ziegel, Secured Transactions in Personal Property, S. 333 ff. 292 Zur Verkehrsschutzfunktion, die das Numerus-clausus-Prinzip dann einnehmen kann, Aschenbrenner, Die Sicherungsübereignung, S. 75 f. und Füller, in: Faber, Wolfgang/Lurger, Brigitta (Hrsg.), Rules for the Transfer of Movables, S. 197, 206 f.
Schlussbemerkungen „Auch der eben geschlossene Abschnitt ist für meinen Geschmack viel zu sehr angeschwollen, und nur zu ratsam will es mir scheinen, mich nach der ausharrenden Geduld des Lesers zu fragen.“1 Schlussbemerkungen
Eine Kurzparaphrase der vorstehenden Kapitel soll ihm daher erspart bleiben. An dieser Stelle kann für eine Zusammenfassung der Vergleichsabschnitte auf die Zwischenfazite oben verwiesen werden;2 die grundlegenden Thesen des Verfassers sind aus dem abschließenden Bewertungsabschnitt ersichtlich.3 Was es hier noch auszusprechen gilt, das ist der Schlussappell für einen Regelungsansatz, der den sozialen Konflikt zwischen Sicherungsnehmer und Vollstreckungsgläubiger löst, indem er die rechtlich institutionalisierten Befriedigungsinteressen über ein Register koordiniert. Im Ruf nach einer solchen doppelten Registerlösung hallt nicht bloß das diffuse rechtspolitische Postulat nach mehr Publizität wider. Es ist vielmehr gerade das Bedürfnis nach einem interessengemäßen, rechtssicheren und in sich stimmigen Bewältigungsmechanismus für den untersuchten Konflikt, das dazu einlädt, sich zu dem vorgeschlagenen Modell zu bekennen. Bei alldem war die vorstehende Abhandlung weder als Philippika auf das deutsche Recht noch als Eloge auf den kanadischen Ansatz angelegt. Sie dürfte aber gezeigt haben, warum viel für den präferierten Lösungsmodus spricht – und so zur „Kenntnis der Bedeutung des Gewollten“4 beigetragen haben. Selbst wenn die Gewichtungen und Bewertungen des Verfassers also nicht geteilt werden, konnte immerhin ein dialektisches Gegengewicht zur deutschen Lösung vorgestellt werden, dessen Berücksichtigung in der Reformdiskussion um ein neues Mobiliarsicherungsrecht lohnend erscheint. Neben den Unterschieden im konkreten Regelungsansatz wurde auch offenbar, wie stark der gesetzgeberische Habitus im Kreditsicherungsrecht dies- und jenseits des Atlantiks divergiert: Das kanadische Personal Property Law
1
Th. Mann, Doktor Faustus, S. 51. 2. Kapitel, I. 3. c), II. 3. c), III. 3. c), IV. 3. c), V. 3. d). 3 3. Kapitel, V. 2., 3. 4 M. Weber, Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904), 22, 26. 2
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Schlussbemerkungen
zeichnet sich – getreu seiner Prägung durch legal borrowing5 – als wandelbare und vom Gesetzgeber aktiv gestaltete Materie aus, wohingegen die deutsche Rechtsordnung auf diesem Gebiet bisher eher als lending system6 und änderungsresistent gilt. Fraglich erscheint hierzulande insbesondere die Bereitschaft, überkommene Strukturen des Sachenrechts zu überdenken. In Kanada ermöglichte eben diese Bereitschaft substantielle Reformen des Personal Property Law und des Judgment Enforcement Law.7 Es sei daher der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass nicht nur der konkrete Lösungsansatz, sondern auch der dortige regulatorische Umgang mit dem Kreditsicherungsrecht hierzulande Beachtung findet. Zwar sind bereits zahlreiche Vorschläge zur Reform des deutschen Kreditsicherungsrechts im Orkus des Vergessens verschwunden; jedoch erscheint es angesichts der Möglichkeiten einer fortschreitenden Digitalisierung, der Zunahme internationaler Handelsverflechtungen und der wissenschaftlichen Durchdringung moderner Regelungsansätze im Ausland zunehmend wahrscheinlich, dass die Argumente für eine (doppelte) Registerlösung verstärkt reflektiert und neu evaluiert werden. So könnte der Ruf nach Reform allmählich beim Gesetzgeber Gehör finden – womöglich auch und gerade auf supranationaler Ebene. Als Beitrag hierzu möchte der Verfasser die vorliegende Abhandlung verstanden wissen.
5 S. etwa Gall, The Canadian Legal System, S. 24 ff. zum legal borrowing im verfassungsrechtlichen Kontext und Girard, Bora Laskin, S. 541, der legal borrowing als „fundamental feature of Canadian Law“ bezeichnet. 6 Allgemein zum deutschen Recht als lending system etwa Graziadei, in: Reimann, Mathias/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 441, 450 f.; speziell zum Einfluss der deutschen auf die US-amerikanische Rechtswissenschaft Riesenfeld, in: Reimann, Mathias (Hrsg.), The Reception of Continental Ideas in the Common Law World 1820–1920, S. 89 ff. 7 Wood, 34 Alta. L. Rev. (1996), 783, 784.
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Sachregister
Sachregister Absonderung 176 f., 253 f. Abstraktionsprinzip 60, 90 f., 248 advance registration 71 f., 161 f., 239, 254 f. after-acquired goods 35 f., 97 f., 101 f., 123, 128, 228 f. Akzeptanz gegenüber Vorrangrechten 44, 49 f., 52 f., 76, 124 f., 260 Akzessorietät – im deutschen Recht 57, 82 f., 89 f., 178 – im kanadischen Recht 99 f., 128 f. Anfechtungsrecht – außerhalb der Insolvenz 91 f., 116 f., 119 f., 177, 239 – im deutschen Recht 91 f., 116 f., 119 f., 177, 239 – im kanadischen Recht 116–119 – innerhalb der Insolvenz 118 f., 262 Anschaffungsfinanzierungen 79 f., 123 f., 169, 229, 262 f., 266 – siehe auch purchase-money security interest Article 9 UCC 4, 40–42, 67–70, 81, 124, 129, 199 attachment – Begriff 66, 99, 106 f. – Voraussetzungen und Fehlerfolgen 99–107 – Wirkungen 106, 151, 161 f., 165 Ausgestaltung des Sicherungsrechts – im deutschen Recht 26–28, 55–62, 74 f., 171–177, 205 f. – im kanadischen Recht 40 f., 63–73, 75 f., 188–190, 205 f. Ausgleichsansprüche des Sicherungsnehmers 183–188, 203 f., 234, 238 f.
Auskunftsrecht qualifizierter Dritter 105, 112 f., 117 f., 127–130, 200, 260 Auslösung 179–181, 195–197, 200–202, 211 f. – siehe auch redemption Begründung des Vorrangs – im deutschen Recht 122, 124 f., 131–142, 158, 160 f. – im kanadischen Recht 122, 124, 127, 146–157, 161 f. Besitzmittlungsverhältnis 14, 26 f., 44 f., 56, 84, 92–94 Bestandsschutz 3 f., 141 f., 189 f., 222 f., 226, 258 – siehe auch Vollstreckungsfestigkeit Bestimmtheitsanforderungen – im deutschen Recht 88 f., 93, 118, 126, 223, 242 – im kanadischen Recht 98, 103–105, 110 f., 117 f. Bewertung, normative – Entscheidung 259–264 – Gewichtung 255–259 – Kriterien 214 f., 218–221, 230–236, 246–248 – Methode 9 f., 214 f. – Resümee 264–266 bill of sale 33, 48 f. binding effect 143–147, 151–153, 156, 162, 165, 190 – siehe auch seizure bundle of rights 75 f., 108, 205 Catzman Committee 40–42, 53, 67–69 certainty 73, 168, 220, 235 – siehe auch Rechtssicherheit
296 chattel mortgage 31–33, 35–38, 48 f., 64 f., 71, 117, 168, 238 cheapest cost avoider 233 f. commercial reasonableness 72, 169 f., 190–194, 196–202, 206 f., 209 f., 212 f., 240 common law 3, 36, 72 f., 75, 81, 101, 189 control 102, 146 f. crystallization 34 f., 38, 64 f. default 29, 33, 195, 198 f., 206 f. description, siehe Bestimmtheitsanforderungen im kanadischen Recht Digitalisierung 6, 67, 109, 112, 132, 261, 268 – siehe auch Register, digitale document filing 67, 127, 257 – siehe auch Register, digitale; Register, nicht-digitale doppelte Registerlösung 5 f., 150–155, 258 f., 267 f. Drittwiderspruchsklage 27 f., 92, 171–182, 185–188, 205–209, 222, 225, 248, 253 f. Drittwirksamkeit, siehe Exklusivität Effizienz 6, 217, 220 f., 230–233, 262 f. – siehe auch ökonomische Analyse Einigung 56 f., 87–92, 138, 161 enforcement charge 153–155, 159–163, 166, 169, 190, 215, 251 f., 259 equity 31, 33–36, 72 f., 77, 101 f., 144, 189 evidentiary requirements 80, 98, 102–107, 117 f., 127, 161 excludability, siehe Exklusivität execution creditor, siehe Vollstreckungsgläubiger Exklusivität 3 f., 66, 107, 115, 130 f., 171–177, 189 f., 244 f. Faustpfand – im deutschen Recht 17–19, 24, 84, 135 – im englischen/kanadischen Recht 29, 31–33, 64
Sachregister Faustpfandprinzip 17–19, 21, 26, 43–45, 47, 50 f., 249 fiducia 12–17, 20, 59, 74 f. fiduziarisches Geschäft 24 f. financing statement 67 f., 72, 109–115, 127, 130, 224 first in time, better in law, siehe Prioritätsprinzip floating charge 34–36, 38, 64 f., 69, 242 fraudulent conveyance 30–32, 47, 52 f., 96, 100, 116 f. fraus legis 25 functional approach 41, 53, 73 f., 222, 237 f., 258 f., 266 future advances 157, 196 f., 201 future goods, siehe after-acquired goods general security agreement 97 f., 222 Gestaltungsfreiheit 71 f., 77–81, 97 f., 221 f., 228, 256 f. Gläubigergefährdung 8, 45 f., 49–53, 84–86, 119–122, 261 f. – siehe auch Sittenwidrigkeit hypotheca 15–17, 63 Individualinteressen – des gesicherten Gläubigers 3 f., 221–225, 235 f., 256 – des Publikums 230, 258 – des Schuldners 228–230, 257 – des Vollstreckungsgläubigers 4, 225–227, 257 innere Widerspruchsfreiheit 219, 246–255, 258 f. Institutionsmissbrauch 51 f., 87 f. Irreführung über Kreditwürdigkeit 46, 48, 61, 65, 125–130, 156 – siehe auch Nexus zwischen Heimlichkeit und Unlauterkeit judgment creditor 5, 7, 66 f., 105, 129, 142, 145, 147 f., 150–157, 159–162, 191–201, 211–213, 225–227 – siehe auch Vollstreckungsgläubiger Judgment Enforcement Law – Einführung 5 f., 142–146
Sachregister – Rechtslage in Alberta 150 f., 154, 156 f., 165 f., 189–192, 238, 252 – Rechtslage in New Brunswick 152 f., 165 f., 189 f., 227, 238 – Rechtslage in Ontario 146–149, 156, 159, 161 f., 189, 227, 238, 251 – Rechtslage in Saskatchewan 143, 153–157, 159–162, 166, 189–191, 227, 238, 251 f., 255, 259 Klage auf vorzugsweise Befriedigung 172–176, 180, 208 Konsistenz, siehe innere Widerspruchsfreiheit Kontext, normativer 8 f., 55, 77–81, 126, 173–177, 220 legal realism, siehe Rechtsrealismus legal transplants, siehe Rechtsübernahme Legitimation des Vorrangs, siehe Begründung des Vorrangs lex rei sitae, siehe Situsdoktrin materially misleading error 113–115, 239 f. Mehrfachverfügungen 46, 229, 234, 257 Mobiliarhypothek 17–19, 27, 44 f., 74 f., 249 Nemo-dat-Prinzip 35 f., 73, 100 f., 105, 165, 189, 254 Nexus zwischen Heimlichkeit und Unlauterkeit 49–51, 85, 124 f. – siehe auch Irreführung über Kreditwürdigkeit notice filing 5 f., 102 f., 105, 124, 127, 239, 257, 260 f., 264 – siehe auch Register, digitale Numerus-clausus-Prinzip 59, 62, 236 f., 266 Offenkundigkeit, siehe Publizität ökonomische Analyse 220–234 – siehe auch Effizienz perfection – Begriff 107 f., 122, 127
297
– siehe auch Register, digitale – Voraussetzungen und Fehlerfolgen 66, 71 f., 108–115 – Wirkungen 75 f., 152, 155–157 Personal Property Security Acts – Anwendungsbereich 63–66, 76, 96 f., 146 – Genese 6 f., 39–43, 68–70, 76 – Prinzipien 53, 70–73 – und Rechtsübernahme 6, 40–42, 68–70, 267 f. Pfändung – nach der Sicherungsübereignung 137–142, 203 f., 211 f., 222 – ~spfandrecht 134–136, 141, 158, 162, 164, 251, 259 – vor der Sicherungsübereignung 131–136, 226 – Wirksamkeitsvoraussetzungen 132–136 pignus 13–15, 17 pledge, siehe Faustpfand im englischen/kanadischen Recht polluter pays principle, siehe Verursacherprinzip predictability 73, 168, 235 – siehe auch Rechtssicherheit presumption of false wealth, siehe Irreführung über Kreditwürdigkeit Prioritätsprinzip – im deutschen Recht 62, 131, 135, 138, 160 f., 164, 253 – im kanadischen Recht 73, 131, 147–150, 152, 161 f., 168 f., 254 f. priority – Begriff 37, 75 f., 107 f., 202 – ~ rules 71 f., 75 f., 107 f., 154, 156, 162, 165, 251 f. – siehe auch Vorrang property right(s) 3 f., 71, 160, 205, 221, 228 Publizität – Bedeutung im deutschen Recht 43–47, 60–62, 125 f., 167 – Bedeutung im kanadischen Recht 47–49, 72, 127–130, 165, 168, 244–246 – ~sprinzip 60–62
298 – ~szwecke 48–50, 127, 129 f., 168, 260 f. purchase-money security interest 79 f., 123 f., 169, 228 f. – siehe auch Anschaffungsfinanzierungen; super-priority Recht, veräußerungshinderndes 27 f., 171–177 Rechtspositionen, konfligierende 158–163, 252 Rechtsrealismus 1, 41 Rechtssicherheit – als Bewertungskriterium 219, 235 f., 258 – bei der Lösung des Vorrangkonflikts 73, 123 f., 168, 238–240 – hinsichtlich der Vorrangposition 78 f., 236–238, 262 – in grenzüberschreitenden Sachverhalten 240–246 – siehe auch certainty; predictability Rechtstransfer, siehe Rechtsübernahme Rechtsübernahme 6, 40–42, 68–70, 81, 267 f. Rechtsvergleichung, funktionale 7–10 redemption 31, 33 f., 195 – siehe auch Auslösung Regelungsziele, gemeinsame 214–219, 256–259 Register, digitale – für Rechtspositionen des Vollstreckungsgläubigers 5 f., 150–155, 161 f., 168, 264 – für Sicherungsrechte 1, 5 f., 42 f., 67 f., 109–115, 260 f. – siehe auch Digitalisierung; document filing; notice filing; perfection Register, nicht-digitale 32, 38 f., 48 f. – siehe auch document filing; notice filing right to redeem, siehe redemption rights in the collateral 100–102, 106 f. Risikoverteilung 165, 203 f., 210, 233 f., 239 f., 251, 259, 264 f. Sachgesamtheiten 34, 77, 84, 88, 178 f. Sachverhalte, grenzüberschreitende 240–246
Sachregister Scheingeschäft 20–25, 50 f., 118 – siehe auch Umgehungsgeschäft Schuldnerverzeichnis 131 f., 137, 163, 167, 224 f., 230, 257 secured creditor 3f., 155–157, 189–194, 198–202, 221–225, 234 – siehe auch Sicherungsnehmer security agreement 67 f., 80, 96–98, 102–105, 117 f., 127–129, 206, 239 security interest – Anerkennung in anderen Rechtsordnungen 242, 245 – Ausgestaltung 40 f., 63–66, 71 f., 160, 189 f., 221–225, 228 f. – Begriff 63–66 – Entstehungs- und Wirksamkeitsvoraussetzungen 66, 96, 99–119, 122–124, 156 f. – Legitimation 124, 127, 155 f. – Publikation 67 f., 72, 108–115 – Vollstreckungsfestigkeit 188–190, 222 f., 255 seizure 144–146, 156, 162, 165, 189, 203 f., 207, 251 – siehe auch binding effect sheriff 143–147, 153, 156, 168, 189, 203, 207 Sicherheitenverbund 77 f., 95 f., 236 f. Sicherungsabrede, siehe Sicherungsvertrag Sicherungseigentum – Anerkennung in anderen Rechtsordnungen 242–245 – Ausgestaltung 55–62, 136, 138–140, 171–177, 221–225, 228 f., 236 f., 242, 248 f. – Begriff 55 f. – Entstehungs- und Wirksamkeitsvoraussetzungen 82, 87–95, 116, 119–122, 137–140 – Entwicklung 77 f., 95 f., 236 f. – Interventionsrecht 27 f., 171–177, 222 – Legitimation 122, 125, 140 f. – Verlust 141 f., 170 f., 222, 238 Sicherungsnehmer 3 f., 137–142, 171–188, 221–225 – siehe auch secured creditor
Sachregister Sicherungsübereignung, siehe Sicherungseigentum Sicherungsvertrag 83–87, 90–94, 179, 223 Simulation, siehe Scheingeschäft Sittenwidrigkeit 51 f., 84–87, 90 f., 119–122, 177, 225, 236, 261–263 – siehe auch Gläubigergefährdung Situsdoktrin 240 f. stay of enforcement 190–194 subject to-sale 193, 200 super-priority 79 f., 123 f., 169, 228 f., 262 f. – siehe auch purchase-money security interest title 29, 31, 33, 63 f., 71, 145, 189 f., 203 f., 249 f., 259 Transaktionskosten 223–227, 256 Trennungsprinzip 45, 60, 87, 248 Treuhand 58 f., 83, 89 f. Twyne’s Case 29 f., 47, 72, 107 Typenzwang, siehe Numerus-claususPrinzip Umgehungsgeschäft 25 f., 43–45, 50 f., 62, 78 – siehe auch Scheingeschäft unitary approach 53, 79, 81, 249 f. value 31, 99 f., 106, 155 Verfügungsberechtigung des Schuldners 94 f., 133, 136, 138, 160 f., 224 Verknüpfung von Kreditsicherungs- und Vollstreckungsrecht 5 f., 150, 163–170, 238, 259 Verstrickung 133–136, 141, 182 Vertrag mit Lastwirkung für Dritte 51 Vertragsfreiheit, siehe Gestaltungsfreiheit
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Verursacherprinzip 233 f. Vollstreckungsfestigkeit – Bestehen bei security interest 188–190, 222 f., 255 – Fehlen bei Sicherungseigentum 141 f., 170 f., 222, 238 – siehe auch Bestandsschutz Vollstreckungsgläubiger – Rechtsstellung im deutschen Recht 131–136, 158–161, 163 f., 177–181, 225–227 – Rechtsstellung im kanadischen Recht 142–157, 159–163, 194–198, 200–202, 225–227 – siehe auch judgment creditor Vollstreckungsvereitelung 46, 50, 53, 57, 91 f., 116 f. Vollstreckungsverfahren – Auswirkungen auf bestehende Sicherungsrechte 141 f., 155, 170 f., 202–204, 222 f. – Effektivität 135 f., 149, 215–218, 257–259 – im deutschen Recht 131–136 – im kanadischen Recht 142–155 Vorrang – Begründung 122, 124 f., 127, 131–142, 146–158 – Realisierung 170–177, 183–194, 204–208 – Relativierung 169, 177–182, 208–212 – siehe auch priority Wohlfahrtsmaximierung 217 writ of execution 143–145, 148, 150 f., 165 Zwangsvollstreckung, siehe Vollstreckungsverfahren