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German Pages [321] Year 2018
Peter Payer
DER KLANG der GROSSTADT eine geschichte des hörens wien 1850–1914
Peter Payer
Der Klang der Großstadt Eine Geschichte des Hörens. Wien 1850–1914
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Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung
Der Autor dankt folgenden Institutionen für die Förderung der Arbeit an diesem Buch: Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 7-Kultur/Referat Wissenschafts- und Forschungsförderung, Magistratsabteilung 22-Umweltschutz/Referat Lärmschutz), Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien, Österreichische Forschungsgemeinschaft, Kulturhauptstadt Linz 2009, Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Jubiläumsfonds der Stadt Wien für die Österreichische Akademie der Wissenschaften.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2018 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien, Kölblgasse 8–10, A-1030 Wien Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: »Praterstern, um 1910«; © WienMuseum Korrektorat: Volker Manz, Kenzingen Einbandgestaltung : hawemannundmosch, Berlin Satz : Michael Rauscher, Wien
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-20080-2
Für Hannes, meinen Zwillingsbruder
Inhalt
Vorwort .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Vergangenes Hören .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Gehörsinn und seine Stellung in der Hierarchie der Sinne .. Der Wandel zur »Lo-fi-Lautsphäre« .. . . . . . . . . . . . . . . . Die wissenschaftliche Erforschung des Hörens .. . . . . . . . . . Zur Phänomenologie des Lärms .. . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Hörraum Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderungen der urbanen Lautsphäre .. . . . . . . . . . . . Die »Brandung der Großstadt« . . . . . . . . . . . . . . . . Akustischer Tagesablauf: Verlust der Stille .. . . . . . . . . Säkularisierte Stimmen: Das Läuten der Kirchenglocken .. Die Geräusche der Straßenbahn: Signum des Urbanen .. . Klangkollisionen: Tier versus Maschine . . . . . . . . . . . Das Verschwinden von »Kaufrufen« und Straßenmusik .. . Versuch einer akustischen Topografie . . . . . . . . . . . . . . Zentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innenbezirke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Industrieareale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agrarische Gebiete .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturnahe Waldlandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Parkanlagen, Friedhöfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heurigenorte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergnügungszentren .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bahnhofsvorplätze .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Militärgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
Konfrontationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Lärm und Großstadtkritik . . Hygiene der Straße . . . . Nervengift . . . . . . . . . Akustische Erziehung . . .
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Kampf und Flucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Lärmschutzbewegung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theodor Lessings »Antilärmverein« in Wien . . . . . . . . . »Wiener Lärm« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motorgeknatter und Hupensignale .. . . . . . . . . . . . . . Fahrradgeklingel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peitschenknallen und Kutschergeschrei . . . . . . . . . . . . Straßenbahngeläute und Lokomotivpfiffe . . . . . . . . . . . Gekreisch von Straßen- und Stadtbahn . . . . . . . . . . . . Klappern von Eisenstangen und Rollbalken . . . . . . . . . . Wagengerassel und Pferdegetrappel . . . . . . . . . . . . . . Baustellenlärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kindergeschrei und Hundegebell .. . . . . . . . . . . . . . . Kaufrufe und Marktgeräusche . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesang und Gejohle .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Werkelmannplage« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grammophonmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaviergeklimper .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klopfkanonaden .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Städtevergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Geräuschloses Pflaster« .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektroauto und Elektrobus .. . . . . . . . . . . . . . . . . . Gummireifen, Korkstein, Doppeltüren .. . . . . . . . . . . . Antiphon und Ohropax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Regelungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Städtebau und Stadtplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentliche Ruhehallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Telefonzellen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Sommerfrische als akustisch motivierte Fluchtbewegung ..
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Inhalt
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Apologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Der künstlerisch-ästhetische Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
Konjunkturen der Lärmdebatte und Renaissance des Hörens .. . . . . . . . . . 227 Anmerkungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Register .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Zum Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
»Mein Ohr steht auf der Straße wie ein Eingang.« Robert Musil
Vorwort
Vorneweg ein Aviso : Die Lektüre dieses Buches erfordert ein Ablegen vertrauter Hörgewohnheiten, eine Bereitschaft, sich auf neue Hörerlebnisse einzulassen. Dabei kann es zu einer vorübergehenden Stimulierung Ihrer akustischen Fantasie kommen, bis hin zu einer gesteigerten, möglicherweise nicht immer angenehmen Sensibilität gegenüber akustischen Reizen. Ich selbst befand mich bisweilen in der paradoxen Situation, beim Schreiben über Lärm gleich mehreren störenden Geräuschen ausgesetzt zu sein, die ich zuvor keineswegs derart intensiv wahrgenommen hatte. Das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz wird gerade bei der Erforschung dieses Themas zu einer der wichtigsten Voraussetzungen. Der »belauschte Lärm« (Ulrich Holbein) gibt – so scheint es – seine Geheimnisse nicht ohne Opfer preis. Dass nicht nur die individuelle, sondern auch die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für unsere akustische Umgebung Veränderungen unterliegt, soll mit dem vorliegenden Buch gezeigt und insbesondere anhand des komplexen Verhältnisses von Stadt und Lärm näher untersucht werden. Meine Beschäftigung damit begann bereits im Jahr 2000 und wurde seither sukzessive vertieft und erweitert. Sie versteht sich als Fortsetzung meiner bisherigen Arbeiten im Schnittbereich von Sinnes- und Stadtgeschichte – exemplarisch dargestellt anhand der Großstadtwerdung Wiens. Die flüchtige Welt der akustischen Erscheinungen erweist sich allerdings als nicht gerade leicht zu fassender Forschungsgegenstand. Nur allzu gut haben wir uns mittlerweile an die weitgehende Lautlosigkeit der Geschichte gewöhnt. Zudem haben sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert die Geräusche unserer urbanen Umwelt und parallel dazu unsere Hörgewohnheiten auf zum Teil dramatische, jedenfalls nachhaltige Weise zu wandeln begonnen. Kurzum : Wir alle sind erst dabei zu lernen, was die Geschichte der auralen Kultur uns über die Gesellschaft und ihre Entwicklung zu sagen hat. Und dies auch im Bewusstsein der Gefahr, dass es sich dabei um die künstliche Isolierung eines Sinns handelt und dabei die stets vorhandene Interdependenz aller Sinne aus analytischen Gründen weitgehend außer Acht gelassen werden muss. Ziel und Hoffnung der folgenden Seiten ist es, eine bewusstere Beschäftigung mit unserer akustischen Umwelt zu stimulieren – für vergangene Zeiten genauso wie für die aktuelle Befindlichkeit. Für zur Verfügung gestellte Materialien, wertvolle Hinweise und Anregungen bedanke ich mich herzlich bei Wolfram Aichinger, Peter Androsch, Christoph Bernhardt, Karin Bijsterveld, Julia Danielczyk, Helga Dirlinger, Peter Donhauser, Anne Ebert, Ernst
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Vorwort
Gerhard Eder, Julia Encke, Brigitte Felderer, Gerhard Fürnweger, Gerhard Geissler, John Goodyear, Marcus Gräser, Sibylle Grün, Hans Christian Heintschel, Mirko Herzog, Thomas Hofmann, Christian Klösch, Heinrich Kren, Helmut Lackner, Matthias Lenzt, Lutz Muster, Lisa Noggler-Gürtler, Martina Nußbaumer, Hannes Payer, Gerd Pichler, Susanne Pils, Ingrid Prucha, Alexander Reisenleitner, Petra Schneider, August Schick, Gabriele Schuster-Klackl, Christian Stadelmann, Hannes Steil, Georg Vasold, Hubert Weitensfelder, Verena Winiwarter, Susana Zapke und Chris Zintzen-Bader. Ein ganz besonderer Dank gebührt schließlich meiner Familie, Barbara und Lena, als stets präsente Begleiterinnen auf meinem Weg des Forschens und Schreibens. Sie sind der Resonanzboden, der auch dieses Buch zum Erklingen brachte. Möge das Ergebnis wohlwollend Gehör finden ! Peter Payer Wien und Küb, Frühjahr 2018
Einleitung
An einem schönen Sommertag des Jahres 1907 unternahm der renommierte Dramaturg und spätere Direktor des Wiener Burgtheaters Alfred Freiherr von Berger (1853–1912) ein ebenso bemerkenswertes wie simples Experiment. Er begab sich in den Garten seines Hauses in Unter St. Veit, einem Wiener Stadtteil, der – wie er betonte – gemeinhin als ruhig galt,1 und begann die ihn umgebende »Stille« akustisch zu analysieren. Minutiös registrierte er die Geräusche der Großstadt, ganz so, »wie man gelegentlich das Trinkwasser, das man täglich genießt, chemisch und bakteriologisch untersuchen lässt«. Dabei nahm Berger folgende »Hauptgeräusche als teils gleichzeitig, teils in rascher Aufeinanderfolge sich ereignend« wahr : Drei Musikkapellen, eine sehr nahe, eine etwas weiter, eine ganz fern ; zwei bellende Hunde, einer in tiefer, einer in hoher Stimmlage ; einen winselnden Hund ; Wagengerassel ; Glockengeläute ; das Schwirren und Tuten zweier Automobile ; das Zwitschern vieler Spatzen ; zwei Klaviere ; eine singende Dame ; ein Mikrophon, das abwechselnd ein Orchesterstück und ein gesungenes englisches Lied vorführte ; den Schrei eines Pfaus ; das entfernte Gebrüll der wilden Tiere in der Schönbrunner Menagerie ; die Sirenen aus mindestens drei verschieden entfernten Fabriken ; das heulende Wimmern eines elektrischen Motorwagens ; das Rädergerassel und Bremsengekreisch eines Stadtbahnzuges ; das Pfeifen und Pusten der Rangierlokomotiven der Westbahn ; das Metallgeräusch der aneinanderstoßenden Puffer ; das Rauschen des Windes in den Bäumen ; einen Papagei ; das wüste Geschrei der die Gäule eines Lastwagens antreibenden Kutscher ; das Dengeln einer Sense ; Trompetensignale aus einer Kaserne ; Ausklopfen von Teppichen und Möbeln ; das Pfeifen eines Vorübergehenden ; das Zischen des Wasserstrahls, mit dem der Nachbargarten begossen wird ; eine Drehorgel ; die Glockenschläge und das dumpfe Rollen der Dampftramway.2
Das Erlauschen einer derartigen Vielzahl an unterschiedlichen akustischen Eindrücken kann als unmittelbarer Ausdruck der zunehmenden Dichte und Komplexität großstädtischen Lebens gelesen werden. Das Nebeneinander von modernen und vormodernen Arbeits- und Lebensrhythmen zeichnet sich ebenso deutlich ab wie die sukzessive Ausbreitung einer zunehmend technisierten Stadtzivilisation in ihr immer weniger naturbelassenes Umland. Ein typischer »Großstadtwirbel« war entstanden, wie der Journalist und Schriftsteller Felix Salten (1869–1945) die neue urbane Geräuschkulisse nannte.3 Die penibel durchgeführte Hörprobe verweist aber auch paradigmatisch auf die gestiegene Aufmerksamkeit, die die Großstadtmenschen zur Jahrhundertwende ih-
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Einleitung
rer akustischen Umgebung entgegenbrachten. Die rasanten sozialen, technischen und wirtschaftlichen Veränderungen, denen Wien im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ausgesetzt war, hatten eine Fülle an neuen Geräuschen entstehen lassen, die von der Bevölkerung erst adaptiert werden mussten. Neue Modalitäten der Aufmerksamkeit bildeten sich heraus, die gesamte auditive Kultur der Stadt veränderte sich. Bergers Sensibilität für Fragen der akustischen Reizung spiegelt den zeitgenössischen Lärm-Diskurs wider, der – zumindest in bürgerlich-liberalen Kreisen – relativ heftig geführt wurde. In Europa wie in Amerika waren Lärmschutzbewegungen entstanden, die auf die gesundheitlichen Folgen des Lärms aufmerksam machten. Medizinische Fachblätter und führende Tageszeitungen brachten ausführliche Berichte über die neuen akustischen Verhältnisse in den Großstädten. Ärzte und Psychiater sahen sich mit den Auswirkungen der Lärmüberflutung ebenso konfrontiert wie städtische Gesundheitsbeamte und Hygieneinspektoren, die eine deutliche Zunahme an diesbezüglichen Beschwerden registrierten. Ingenieure, Architekten und Städtebauer suchten nach Möglichkeiten der Lärmreduktion, in Vorträgen und auf Tagungen über Hygiene und Gesundheitspflege wurde der Lärm bzw. dessen Vermeidung zum wichtigen Thema. Die vorliegende Arbeit will die gesellschaftlichen Hintergründe dieser Entwicklung erhellen und am Beispiel der Stadt Wien untersuchen, wie sich die Geräuschkulisse des öffentlichen Raumes und parallel dazu die akustische Wahrnehmung der Bevölkerung veränderte. Das Hauptinteresse richtet sich dabei auf jene unerwünschten Geräusche, die unter dem Begriff »Lärm« zusammengefasst werden. Der Untersuchungszeitraum von 1850 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs umfasst jene historische Periode, in der Wien sich zur modernen Großstadt und letztlich viertgrößten Metropole Europas mit über zwei Millionen Einwohnern entwickelte. Die ungeheure Dynamik dieser Jahrzehnte, die mit der Demolierung der Basteien ihren visuell wie akustisch eindrucksvollen Anfang nahm, veränderte nicht nur das Stadtbild nachhaltig, sie ließ auch eine neue Gesundheitsorientierung entstehen, die nicht ohne Auswirkungen auf die Rezeption des Lärms bleiben sollte. Die Modernisierung und Großstadtwerdung Wiens verlangte neue Strategien im Umgang mit dem Lärm, die – so meine These – im Wesentlichen bis heute aktuell sind. Wohl hat es bereits früher einzelne Klagen über Lärm und auch Maßnahmen zu seiner Verminderung gegeben,4 erstmalig wurde nun jedoch der Lärm von einem individuellen zu einem gesellschaftlichen Problem, das von führenden sozialen Klassen und hier insbesondere dem Bürgertum auf breiter Basis diskutiert wurde. Die Geschichtswissenschaft betritt bei der Erforschung des Lärms noch immer Neuland. Als Pioniere auf diesem Gebiet können die US-amerikanischen Umwelthistoriker Raymond W. Smilor und Lawrence Baron angesehen werden, die sich um 1980 erstmals mit historischen Formen des Kampfes gegen den Lärm beschäftigten5 und deren Forschungen inzwischen von Kollegen wie Warren Bareiss oder Peter A. Coates fortgeschrieben wurden.6
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Abb. 1: »Biedermeiers Klage«, Karikatur, 1891
Im deutschen Sprachraum war es zu jener Zeit lediglich die Medizingeschichte, die sich dieses Themas annahm (Siegfried Krömer, Erich Neisius).7 Die deutsche historische Umweltforschung konzentrierte sich lange Zeit auf die klassischen Problemfelder der Luft- und Gewässerverunreinigung. Erst seit Mitte der 1990er-Jahre entstanden erste größere Publikationen. So analysierte der Sozialhistoriker Klaus Saul in einer grundlegenden Studie den Kampf gegen die »Lärmpest« im Deutschen Kaiserreich,8 Hans-Joachim Braun gab einen kurzen Überblick über die Lärmbekämpfung in der Zwischenkriegszeit.9 Matthias Lentz, Richard Birkefeld und Martina Jung, Michael Toyka-Seid sowie jüngst John Goodyear und vor allem Daniel Morat stellten Zusammenhänge zwischen Stadtentwicklung und Lärm in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen.10 Sie alle ermöglichen interessante Vergleiche von Wien mit deutschen Städten, insbesondere mit Berlin, und auch zu einigen französischen Städten liegen mittlerweile relevante Studien von Olivier Balay, Olivier Faure und Jean-Pierre Gutton vor.11 Einen wertvollen Vergleich bieten auch die Arbeiten der niederländischen Technikhistorikerin Karin Bijsterveld, die sich seit einigen Jahren intensiv mit symbolischen
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Einleitung
Aspekten des Sounds beschäftigt, mit dessen Bedeutung für die zentrale Narration und Identität von Städten sowie mit der europäischen und nordamerikanischen Lärmschutzbewegung.12 Letzterer widmete sich auch Emily Thompson in ihrem Buch »The Soundscape of Modernity«, einer vor allem technisch-architektonische Aspekte behandelnden Studie zur amerikanischen Hör-Kultur zwischen 1900 und 1933.13 Eine kurze, an den »cultural studies« orientierte Geschichte des Lärms, seiner Definition, Wahrnehmung und Bedeutung für die verschiedenen Gesellschaftsschichten präsentierte schließlich Peter Bailey, der vehement für eine stärkere Beachtung dieser »sozialen Energie« plädiert, denn noise is a specific historic phenomenon that can signify more than outrage. It is an expressive and communicative resource that registers collective and individual identities, including those of nation, race and ethnicity (…) ; it is a ready form of social energy, with the power to appropriate, reconfigure or transgress boundaries ; it converts space into territory, often against the social odds.14
Diese Anregung aufgreifend, werden im Folgenden nicht – wie bisher zumeist – die sozialen Bewegungen gegen den Lärm im Mittelpunkt stehen, vielmehr soll eine breite kulturwissenschaftliche, die akustische Produktion mit der Rezeption verknüpfende Analyse geboten werden. Neben den oben genannten Autoren wird dabei von einer Akustikforschung ausgegangen, wie sie bereits Ende der 1960er-Jahre vom kanadischen Komponisten Murray R. Schafer in seinem Soundscape-Projekt über die Veränderung von Klanglandschaften entwickelt15 wurde – ein Ansatz, der in Europa zunächst vor allem aufseiten der Sozialgeschichte und der historischen Anthropologie vorangetrieben wurde (Alain Corbin, Max Ackermann, Dietmar Kampfer, Christoph Wulf, Monika Dommann).16 Im anglo-amerikanischen Sprachraum entstanden parallel dazu zahlreiche kulturwissenschaftlich fundierte »Sound Studies«17, denen mittlerweile auch im deutschen Sprachraum einschlägige Publikationen folgten.18 Als durchaus wegweisend kann die im Jahr 2013 erschienene, von Gerhard Paul und Ralph Schock initiierte Großstudie zur Soundgeschichte des 20. Jahrhunderts gelten. Der darin von den Herausgebern formulierte Grundsatz liegt auch dem vorliegenden Werk zugrunde : »Töne, Klänge und Geräusche sind uns (…) nicht nur Quellen für etwas ; vielmehr sehen wir in ihnen eigenständige Themen der Betrachtung.«19 Gleichsam als Ergänzung dazu sollen nunmehr erstmals Sound- und Stadtgeschichte umfassend verschränkt werden. Am Beispiel der Großstadt Wien wird gezeigt, wie sich die urbane Geräusch- bzw. Lärmkulisse veränderte, wie diese Veränderungen von der Bevölkerung wahrgenommen und bewertet wurden und welche Auswirkungen sie auf die Stadtentwicklung und die Gestaltung des öffentlichen Raumes hatten. Eine zentrale, auch zivilisationshistorisch bedeutsame Frage, die es dabei zu beantworten
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gilt, ist jene nach der Art der akustischen Sensibilitätsveränderung : Haben sich die Toleranzschwellen tendenziell eher mehr in Richtung Abstumpfung und Gewöhnung verschoben, wie dies etwa Corbin vermutet ?20 Oder ist im Gegenteil eine gesteigerte Empfindlichkeit und Reizbarkeit gegenüber Lärm zu verzeichnen ? Entsprechend der Komplexität des Phänomens Lärm wird eine möglichst vielfältige, interdisziplinär orientierte Quellengrundlage herangezogen, die uns zumindest indirekt Aufschluss über die affektive Dimension des Auralen erlaubt : Beiträge in Tageszeitungen und Fachzeitschriften, Stadtschilderungen und Reiseberichte, Autobiografien und andere Selbstzeugnisse aufmerksamer »Ohrenzeugen«, Anstands- und Benimmbücher, Verwaltungsberichte, Gesetzestexte sowie Hand- und Lehrbücher der Psychologie, Medizin, Hygiene, Physik, Architektur und des Städtebaus. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Stadtbeobachtungen und Erfahrungsberichten der Journalisten. Rolf Lindner hat darauf hingewiesen, dass gerade deren Erzeugnisse eine überaus ergiebige Quelle für urbanistische Fragestellungen darstellen : Keine andere zeitgenössische Berufsgruppe verfügt über ein vergleichbares Spektrum an Anschauungswissen über die Großstadt ; keine andere Gruppe ist sich des ungleichzeitigen Nebeneinanders von Menschen unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft derart bewusst ; und keine andere Gruppe ist gleichsam schon von Berufs wegen in die Großstadt als Urbanitätslabor eingebunden. Journalisten sind, so Lindner, ein exemplarisches Produkt dieses Labors, als Reflektoren ebenso wie als Protagonisten.21 Ergänzt um die Analyse von Quellenbeständen aus dem Stadtarchiv Hannover, wo sich u. a. zahlreiche Wien betreffende Dokumente der frühen Antilärmbewegung befinden, galt es, den Versuch einer Stadtgeschichte aus akustischer Perspektive zu unternehmen und die vielschichtigen Transformationsprozesse der Moderne und ihre Auswirkungen auf den Alltag aus einer neuen Sicht zu analysieren. Nicht zuletzt soll damit auch die österreichische Stadtgeschichtsforschung, die sich im letzten Jahrzehnt in eine breite, kulturwissenschaftlich und interdisziplinär orientierte Richtung entwickelt hat, um eine wesentliche Facette bereichert werden.22 Wobei gerade die »Musikstadt Wien« ein überaus lohnendes Objekt für eine historische Untersuchung von »noise scapes« darstellt, wie bereits Roman Horak und Siegfried Mattl feststellten.23 Am Beginn stehen zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen zur Problematik der Erforschung vergangener Hörgewohnheiten. Dabei soll deutlich gemacht werden, dass es in diesem Bereich der Sinnesgeschichte stets nur um eine – kontextbezogene – Annäherung, nie aber um eine objektive Rekonstruktion gehen kann. Gerade die Frage, ab wann ein Geräusch als Lärm wahrgenommen wird, setzt spezielle soziale und psychische Dispositionen voraus. Des Weiteren werden die beträchtlichen Umwälzungen der Lautsphäre im 19. Jahrhundert dargelegt, ebenso wie das leidenschaftliche Interesse der Zeit an Fragen des Hörens, das sich nicht zuletzt in der Entstehung der Akustik als eigener Wissenschaft widerspiegelt.
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Einleitung
Abb. 2: Musikstadt Wien: Ansichtskarte, um 1900
Im Anschluss daran werden die Grundzüge des Wandels der Wiener Geräuschkulisse skizziert. Welche Geräusche verschwanden allmählich gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus der Stadt, welche neuen kamen hinzu, wie breiteten sich diese aus ? Was waren die physisch-materiellen Voraussetzungen für diese Veränderungen ? Die Großstadtwerdung Wiens wird insbesondere in ihren baulichen und infrastrukturellen Aspekten beleuchtet ; deren Auswirkungen auf die akustischen Verhältnisse werden dargelegt, sodass damit auch einige wichtige quantitative Eckdaten vorliegen. Vor diesem Hintergrund wird in einem zentralen Kapitel der soziale Aspekt der Lärmfrage untersucht. Zu einem unüberhörbaren Kennzeichen großstädtischen Lebens geworden, wird die Auseinandersetzung mit dem Lärm als gesellschaftlich-kulturelle Konstruktion begriffen, als Teil jenes mächtigen Diskurses, in dem sich Momente der Kultur- und Zivilisationskritik mit jenen des Klassenkampfes und der vielfach empfundenen Überreizung der Sinne trafen. Bürgerliche Hygiene- und Gesundheitsbewegungen sowie die Entdeckung der »Nervosität« als der Krankheit des modernen Stadtmenschen ließen eine auditive Wahrnehmungskultur entstehen, in der Ruhe zur obersten Bürgerpflicht erhoben wurde. Am Beispiel des Verschwindens von Straßenhändlern und Straßenmusikern wird gezeigt, wie das Verhalten im öffentlichen Raum reglementiert und diszipliniert wurde, bis sich schließlich weite Bereiche der Stadt gleichermaßen akustisch wie sozial gereinigt präsentierten. Den gereizten Nerven des
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Großstädters, der dem Lärm und der Hektik in seiner Sommerfrische – im Reisegepäck stets eine beträchtliche Portion Zivilisationskritik – zu entkommen suchte, werden die Apologeten der modernen Zeit (Künstler, Literaten, Musiker) gegenübergestellt, denen der Lärm zum Inbegriff der Urbanität geworden war. In einem weiteren Kapitel werden die Auswirkungen der internationalen, insbesondere der deutschen Lärmschutzbewegung auf Wien analysiert, wobei deren Initiator, dem Publizisten und Kulturphilosophen Theodor Lessing (1872–1933), besondere Aufmerksamkeit gilt. Er entfaltete auch in Wien eine breite Agitationstätigkeit und fand in den beiden Schriftstellern Hugo von Hofmannsthal und Alfred Hermann Fried prominente Befürworter seines Kampfes. Die hier getroffenen Maßnahmen zur Verminderung der Lärmbelästigung werden beschrieben und ihre Auswirkungen auf die (sozial)räumliche Entwicklung der Stadt untersucht. Mehrmals aufgegriffen wird das Verhältnis von Musik und Lärm, eingedenk der Tatsache, dass gerade Musiker und Komponisten zu den sensibelsten »Ohrenzeugen« ihrer Zeit gehören. Abschließend wird ein Ausblick auf das 20. und frühe 21. Jahrhundert unternommen, indem die entstandenen akustischen Sensibilitäten auf ihre Nachhaltigkeit untersucht und wichtige neue Entwicklungstendenzen dargelegt werden. Dass die akustische Umweltverschmutzung ein virulentes Problem darstellt, steht außer Zweifel. Lärm ist zu einer der wichtigsten Krankheitsursachen unserer Zeit geworden, zu einem der häufigsten Auslöser für Stress, Schlaflosigkeit und Bluthochdruck und zum – nach dem Rauchen – zweitgrößten Risikofaktor für Herzinfarkt. In ganz Europa sind heute geschätzte 125 Millionen Menschen andauerndem Verkehrslärm ausgesetzt.24 Besonders dramatisch stellt sich die Situation in den Ballungsräumen dar, wo der Kfz-Verkehr längst zum allerorts wahrnehmbaren »Grundrauschen« gehört. Jede größere Stadt hat mittlerweile ein eigenes Amt für Lärmbekämpfung eingerichtet ; Lärmkataster werden erstellt und eigene Lärmschutzzonen verordnet ; verschiedenste technische Maßnahmen werden erprobt, bis hin zur Einführung von so verheißungsvoll klingenden Neuerungen wie »Flüsterasphalt«. Experten warnen vor der »Verlärmung« ganzer Stadtteile und der Ausbreitung von »Lärmghettos«, Gebieten also, in denen der Lärm eine derartige Dominanz erreicht, dass er zum hemmenden sozioökonomischen Entwicklungsfaktor wird. Nicht zuletzt verdeutlicht auch die steigende Anzahl der Menschen, die am Wochenende der Stadt entfliehen, die Dringlichkeit des Problems. Neben den gesundheitlichen Faktoren wird zunehmend auch die ökonomische Dimension des Lärms deutlich : Im Jahr 2003 berechnete der »Verkehrsclub Österreich«, dass der Wertverlust von Häusern, Wohnungen und Grundstücken durch Lärmbelastung allein in Österreich rund 1,14 Milliarden Euro pro Jahr beträgt. Pro Dezibel Lärmbelastung sinkt der Wert von Immobilien um ein Prozent.25 Auf internationaler Ebene ist seit Ende der 1990er-Jahre eine verstärkte Sensibilisierung für Fragen der Lärmbelästigung festzustellen. So verabschiedete die EU im
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Einleitung
November 1996 die Richtlinie »Future Noise Policy«. Seit 1998 wird jährlich ein internationaler »Tag gegen Lärm« (Noise Awareness Day) ausgerufen – ein Vorhaben, das zumindest einmal im Jahr die mediale Aufmerksamkeit für Lärm zu bündeln versucht. Bisheriger Höhepunkt waren zweifellos die Aktivitäten der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. Als »Europäische Kulturhauptstadt« des Jahres 2009 stellte sie mit ihrem Projekt »Hörstadt« erstmals die Akustik der Stadt in den Mittelpunkt zahlreicher kultureller und politischer Veranstaltungen – mit großem Erfolg und auch international positivem Feedback. Im Jahr 2013 schließlich wurden in Umsetzung einer EU-weiten Richtlinie und als weitere Innovation strategische Umgebungslärmkarten veröffentlicht, die österreichweit der Bewertung und Bekämpfung von Lärm dienen. Wie konstatierte die Hamburger Wochenzeitschrift »Die Zeit« unmissverständlich : »Der Lärm kriecht in die letzten Winkel, zerstört Oasen der Ruhe, verkürzt Schlaf und Regenerationszeiten. Gleichsam gottgegeben wird er von vielen als eine unabänderliche Begleitmusik der modernen Industriegesellschaft hingenommen. Früher waren Schwefeldioxid oder Ruß nicht hinwegzudenken, heute ist es Lärm. (…) Die Gesellschaft ist auf dem besten Wege, vor einem Phänomen zu kapitulieren, das sie selbst geschaffen und zum Teil auch selbst gewollt hat. Ein Leben ohne Lärm gibt es nicht mehr : Er ist überall.«26
Annäherung Vergangenes Hören Mit dem allgemeinen Trend zur Sinnlichkeit, der seit den 1990er-Jahren immer mehr Bereiche unserer »Erlebnisgesellschaft« (Gerhard Schulze) erfasst – von Theatern und Museen bis hin zu Shopping- und Wellness-Zentren –, begann auch aufseiten der historischen Wissenschaften eine intensivierte Auseinandersetzung mit der Geschichte der Sinne. Autoren wie Diane Ackerman, David Howes, Constance Classen, Robert Jütte oder Waltraud Naumann-Beyer legten umfassende Überblicksstudien über europäische und außereuropäische Kulturen vor, zahlreiche Monografien untersuchen die sich wandelnden Gebrauchsweisen des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens und Tastens, Ausstellungen und Symposien vermitteln das Thema einer breiten Öffentlich keit.27 Angesichts der Erkenntnis, dass Sinneserfahrungen zu den frühesten und elementarsten Welterfahrungen des Menschen gehören, findet mittlerweile eine mehr ganzheitlich orientierte Forschung statt, die deutlich weniger von der verbreiteten Dominanz des Sehsinns geprägt ist. Die visuellen Vergangenheitsbilder werden um akustische, olfaktorische, geschmackliche und haptische Bilder ergänzt und erweitert, die neue Aufschlüsse über historische Lebenswelten, Wertvorstellungen oder auch soziale und kulturelle Verbindungs- und Grenzlinien versprechen. Die Gesamtheit der von einer Gesellschaft gemachten Sinneserfahrung wird als konstitutiv für die Herausbildung homogener Gefühlslagen und sozialer Verhaltensformen erkannt.28 Ausgegangen wird dabei von einer grundsätzlichen Historizität menschlicher Sinneswahrnehmungen. Sie werden nicht mehr ausschließlich als biologisch determiniert begriffen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch als Produkt unterschiedlicher gesellschaftlicher Verhältnisse – eine Einsicht, die bereits Walter Benjamin (1892–1940) in seinem berühmten Aufsatz über »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit« formulierte : Innerhalb großer geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Sinneswahrnehmung. Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert – das Medium, in dem sie erfolgt –, ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt.29
Der aktuelle historische Forschungsstand ist allerdings durchaus unterschiedlich, wie Robert Jütte in seiner grundlegenden »Geschichte der Sinne« betont. So überwiegen bislang eindeutig historische Studien über den Seh, Gehör- und Geruchssinn, während
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der Tast- und der Geschmackssinn eher selten die Aufmerksamkeit der Historiker gefunden haben.30 Für die in den letzten Jahren deutlich zunehmende Beschäftigung mit der Genese des Hörens, die mittlerweile als »Acoustic Turn« bzw. »Aural Turn« bezeichnet wird,31 erweist sich rückblickend das 19. Jahrhundert als besonders ergiebig. Das Wissen über die Funktionsweise des Ohres nahm in dieser Epoche rapide zu, während gleichzeitig die bisherigen Hörgewohnheiten im Zuge der industriellen Revolution und der damit einhergehenden Urbanisierung zutiefst irritiert und erschüttert wurden. Es war vor allem die Großstadt, dieses große Labor der Moderne, in der die gewohnten Formen der Aufmerksamkeit auf den Prüfstand kamen. Hier begannen sich die tradierten Wahrnehmungsmuster am frühesten aufzulösen und umzuformen. Die von Gottfried Korff benannte »innere« Urbanisierung, also das »Handeln, Denken und Fühlen im Urbanisierungsprozess«, modifizierte die psychosoziale Befindlichkeit des modernen Stadtmenschen nachhaltig.32 Ein neues Regime der Sinne entstand.33 Der Literaturwissenschaftler Heinz Brüggemann hat die in zahlreichen zeitgenössischen Texten beschriebenen Wahrnehmungskollisionen in den Metropolen untersucht und dabei u. a. auf den Schock hingewiesen, den der ohrenbetäubende Lärm bei vielen Stadtbesuchern auslöste. Erst allmählich bildete sich ein neues, der urbanen Situation angepasstes Wahrnehmungsvermögen heraus, das seinen Niederschlag schließlich auch in neuen literarischen Darstellungsformen fand.34 Deutlicher und rascher als an anderen Orten der Gesellschaft manifestierten sich in der Großstadt die Entwicklungstendenzen, aber auch die Probleme einer Zivilisation, deren kollektive Affekte und Mentalitäten sich erkennbar zu verschieben begannen. Die Analyse dieses Prozesses aus akustischer Sicht birgt ein beträchtliches, noch weitgehend unerforschtes Erkenntnispotenzial, betont der Kulturwissenschaftler Christoph Wulf : »Das Klappern von Pferdehufen und das Scheppern von Milchkannen gehören für die Städter unserer Tage zu einer vergangenen Welt. Mit der industriellen, der elektromechanischen und der elektronischen Revolution entstehen bis dahin unbekannte Geräusche (…), deren Analyse im Zusammenhang mit einer historischanthropologischen Erforschung des Zivilisationsprozesses interessante Erkenntnisse verspricht.«35 Auf einer etwas konkreteren Ebene ist zu erwarten, dass sich in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um die Ausbreitung der neuen Geräusche zentrale Konflikte und Bruchlinien des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts widerspiegeln : die soziale Kluft zwischen Bürgertum und Arbeiterklasse, der damit verbundene Kampf um politische und symbolische Macht, der Diskurs über zunehmende Verfeinerung oder Abstumpfung der Sinne, über Fortschrittsoptimismus und Technikeuphorie versus Kulturpessimismus und Zivilisationskritik, aber auch über die vielfältigen Reize der anonymen Großstadt versus die Sehnsucht nach überschaubarer ländlicher Idylle.
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Abb. 3: Großstadt-Feeling: Wien-Praterstern, um 1910
Dabei stellt die Erforschung der Historizität der akustischen Wahrnehmung ein Vorhaben dar, das es von mehreren wissenschaftlichen Disziplinen aus durchzuführen gilt. Bereits Theodor Lessing wies in seiner 1908 erschienenen Kampfschrift gegen den Lärm auf die verschiedenen Zugangsweisen zu dieser Thematik hin, für die sich, wie er meinte, neben der Physiologie und der Psychologie notwendigerweise auch die Tonpsychologie, die Musikwissenschaft, die Otologie (Ohrenheilkunde), die Psychophysik, die Hygiene, die Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie die Philosophie interessieren.36 Auch Lessings Zeitgenossen Walter Benjamin, Siegfried Kracauer oder Georg Simmel machten die offensichtlichen Veränderungen der Wahrnehmung im Kontext der modernen Großstadt zum Gegenstand ihrer Untersuchungen. Die Bemühungen dieser Pioniere der kulturwissenschaftlichen Stadtforschung können als ein frühes Phänomen der reflexiven Moderne (Ulrich Beck) verstanden werden, die sich über die Bedingungen und Risiken ihrer eigenen Herkunft, Ausdifferenzierung und Dynamik ein Bewusstsein zu verschaffen suchte. Die eine konkrete Stadt konstituierenden Töne, Bilder oder Zeichen werden dabei als Artikulationen ihrer Repräsentation verstanden, die uns über soziale Schichtungen, Macht- und Geschlechterverhältnisse oder ökonomische Ungleichheiten Aufschluss geben. Und nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang auch Auskunft darüber zu erwarten, welche Bedeutung der akustischen
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Wahrnehmungskultur in der urbanen Lebenswelt für die Herausbildung von Identität und kulturellem Zusammenhalt zukommt.37 Der geschilderten Fülle an interessanten Fragestellungen an die Wahrnehmung der akustischen Welt von gestern steht aufseiten des überlieferten Quellenkorpus eine relativ schwierige Situation gegenüber. So ist zunächst und vor allem zu bedenken, dass jedes akustische Ereignis unmittelbarste Gegenwart ist, also ein extrem flüchtiges Phänomen, das bis zur Erfindung von technischen Aufnahmegeräten keine Spuren hinterließ. Oder, um es mit den Worten von David Lowenthal, einem frühen Erforscher der Geschichte der Umweltwahrnehmung, zu sagen : »Nichts von dem, was unser menschliches Ohr vernimmt, ist alt.«38 Zwar gibt es eine lange Tradition der Beschreibung und Weitergabe bestimmter Töne mithilfe der menschlichen Sprache und des bis ins Mittelalter zurückreichenden Systems der Notenschrift, die Entwicklung von Techniken zur Konservierung und Reproduktion von Schallwellen erfolgte allerdings erst im 19. Jahrhundert. Es war der französische Forscher Edouard-Leon Scott de Martinville (1817–1879), der im Jahr 1860 die erste Tonaufzeichnung auf einem von ihm entwickelten »Phonautographen« durchführte.39 1877 konstruierte der Multi-Erfinder Thomas Alva Edison (1847–1931) einen »Phonographen«, mit dem Töne aufgezeichnet und wiedergegeben werden konnten. Danach folgten noch Jahrzehnte der technischen Weiterentwicklung, bis um 1900 ausgereiftere Aufnahme- und Wiedergabeapparate in größerer Zahl zur Verfügung standen.40 (Eine der ältesten erhaltenen Tonaufnahmen stammt übrigens von Kaiser Franz Joseph, aufgenommen im August 1903 in Bad Ischl. Sie befindet sich im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem 1899 gegründeten, ältesten Schallarchiv der Welt.) Die Möglichkeit, Töne zu konservieren und anschließend wiederzuerwecken, ist – Lowenthal zufolge – auch ein häufiges Thema in der fantastischen Literatur. Zumeist wird dabei auf die treffende Metapher vom Einfrieren vergangener Töne und von ihrem späteren Auftauen zurückgegriffen. So staunt bereits Rabelais’ Figur Pantagruel auf einer Segelfahrt am Rande des Eismeers über einen großen Lärm, ohne dass irgendetwas zu sehen wäre : Kanonendonner, Kugelpfeifen, Ächzen und Geschrei, Geklirr von Streitäxten und Pferdewiehern – die Geräusche einer großen Schlacht, die im vorigen Winter hier stattfand, waren in der eisigen Luft erstarrt und tauten erst jetzt zu Hörbarkeit auf. Und auch der Baron von Münchhausen erzählt von einem Winter, der so kalt war, dass die Töne im Horn eines Jägers einfroren und erst im Tauwetter des Frühlings wieder zu vernehmen waren.41 Generell gilt somit : Bei der historischen Analyse akustischer Phänomene ist man in der Regel auf indirekte Quellen angewiesen, wobei sich neben normativen Texten (Gesetze und Verordnungen, Anstands- und Benimmbücher, Gesundheitsratgeber etc.) vor allem medizinische, hygienische und philosophisch-ästhetische Abhandlungen, literarische Beschreibungen (v. a. Stadtschilderungen und Reiseberichte) sowie sogenannte
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Ego-Dokumente (Briefe, Tagebücher, Autobiografien) als besonders ergiebig erweisen. Sie alle liefern zwar nur bruchstückhafte, kaum quantifizierbare Informationen, stellen letztlich aber wertvolle Hinweise dar, die zumindest Annäherungen an eine vergangene Kultur des Hörens ermöglichen. Bei der konkreten Interpretation der Quellen sind nach Alain Corbin »strenge Vorsichtsmaßnahmen« zu beachten :42 Die Aufstellung eines Inventars vergangener Geräusche allein, wie dies etwa Guy Thuillier für ein französisches Dorf im Nivernais Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte,43 scheint wenig zielführend, gibt sie doch noch keinen Aufschluss über den damaligen Gebrauch des Gehörsinns, der sich jedenfalls ganz wesentlich von unserem heutigen Gebrauch unterscheidet. Unverzichtbar ist es, mit zu berücksichtigen, welche kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung dem Hören zu bestimmten Zeiten im Vergleich mit den übrigen Sinnen zukommt, wie sich das Hören in die geltenden Vorstellungen über die Rangordnung der Sinne einfügt und welcher wissenschaftliche Kenntnisstand über die Funktionsweise des Hörens existiert. Weiters ist zu bedenken, dass die überlieferten Quellen oft gerade nicht von den alltäglichen Geräuschen sprechen, die bereits zur Gewohnheit geworden sind. Es gilt, die Normen aufzuspüren und geltende Toleranzschwellen auszuloten, nach denen die Trennung zwischen dem Gesagten und Ungesagten festgelegt wurde, wobei das Ungesagte keineswegs immer auch das Unbemerkte bedeuten muss. Nachdrücklich ist bei der Erkundung der komplexen Welt des Akustischen an die Worte des französischen Historikers und Erforschers der europäischen Mentalitäten, Georges Duby (1919–1996), zu erinnern : »Und vor allem muss man in Rechnung stellen, was niemals geschrieben wurde, das Nichtgesagte aufspüren, das Schweigen ausdeuten und noch anderen, flüchtig-geheimen Spuren nachgehen, die Bedeutung von Zeichen im weitesten Sinn entdecken, die geringfügigsten Hinweise aufnehmen.«44 Einen von der Umweltschutzbewegung her kommenden Zugang beschreitet Murray R. Schafer (geb. 1933), Begründer des »Akustikdesigns« und der »Klangökologie« (Lehre von den Wechselwirkungen zwischen Mensch und akustischer Umwelt)45. Wenngleich sein Ansatz – am ausführlichsten dargelegt in seiner kulturhistorischen Studie »Klang und Krach« – aus heutiger Sicht als allzu konservativ und modernitätsskeptisch bezeichnet werden muss,46 so führte er doch ein begriffliches Instrumentarium in die Klangforschung ein, das sich für die historische Analyse als recht brauchbar erweist. So prägte er u. a. den Begriff der »Lautsphäre« als einer Schallumwelt, die die spezifischen Geräusche eines Ortes charakterisiert, wobei er generell zwischen drei Arten von Geräuschen unterscheidet : Grundtöne, die von Geografie, Klima und Fauna bestimmt werden und als ständig präsentes Hintergrundgeräusch vielfach nicht mehr bewusst wahrgenommen werden ; Signallaute, die klar konturierte Übermittler bestimmter Botschaften, insbesondere auch Warnzeichen darstellen (Glockenläuten, Sirenenton) ; Orientierungslaute, die als charakteristische Geräusche besondere Beachtung finden und Erkennbarkeit vermitteln.47
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Schafers Beschreibung der Veränderungen der einzelnen Lautsphären (er unterscheidet eine natürliche, ländliche, städtische, vor- und nachindustrielle Lautsphäre) berücksichtigt allerdings, wie der Schweizer Sozialpsychologe Alexander M. Lorenz zu Recht anmerkt, zu wenig den sozialhistorischen Kontext und lässt die Rezeptionsseite weitgehend außer Acht.48 Daran anknüpfend kann festgestellt werden, dass eine fundierte Analyse des historischen Umgangs mit Geräuschen idealerweise aus zwei Richtungen erfolgt : Zum einen gilt es, die jeweils herrschenden akustischen Rahmenbedingungen abzustecken. Der Historiker nimmt dabei die Rolle eines »Ohrenzeugen« ein, der – in Anlehnung an eine Formulierung Elias Canettis49 – hört, was es zu hören gibt, alles gut einsteckt und nichts vergisst. Dieser Rekonstruktionsversuch muss nicht immer anhand von Zeitzeugenberichten geschehen. So kann man sich beispielsweise der Ausbreitung des Straßenbahngeräusches in der Stadt auch über die zunehmende Verdichtung des Streckennetzes annähern. Zum anderen ist anhand der oben beschriebenen Quellen jenen Diskursen nachzugehen, die zu bestimmten Zeiten über das Hören auftauchen. Die daraus ableitbaren Wahrnehmungs- und Sensibilitätsveränderungen, nach Lucien Febvre eines der lohnendsten Felder der Geschichtsforschung,50 sind sodann kritisch zu interpretieren. Wobei stets auch mitbedacht werden muss, dass sich akustische Eindrücke mit den Mitteln der Sprache von vornherein nur näherungsweise beschreiben lassen. Der Gehörsinn und seine Stellung in der Hierarchie der Sinne »Mit der Zeit ward das Gehör mein liebster Sinn.« Sören Kierkegaard, 1843
Aus anthropologischer Sicht weist der Gehörsinn zahlreiche Besonderheiten auf, die ihn von den anderen Sinnen unterscheiden.51 So ist das mit rund 18.000 Sinneszellen ausgestattete Ohr das weitaus sensibelste aller Sinnesorgane. Der menschliche Hörbereich reicht bei jungen Erwachsenen von 16 bis 20.000 Schwingungen pro Sekunde (Hertz), beträgt also mehr als zehn Oktaven. Insgesamt können damit je nach Lautstärke und Frequenz bis zu 300.000 Töne unterschieden werden, womit das akustische Wahrnehmungsfeld um ein Vielfaches größer ist als beispielsweise das visuelle, das lediglich eine Oktave beträgt.52 In der menschlichen Entwicklung stellt das Ohr jenes Sinnesorgan dar, das als erstes voll ausgebildet und funktionsfähig ist. Bereits viereinhalb Monate nach der Befruchtung der weiblichen Eizelle hat das innere Hörorgan, die Cochlea (Schnecke), ihre endgültige Größe erreicht, während alle anderen Teile des Körpers noch bis zum 17. oder 18. Lebensjahr wachsen. Der Fötus hört die Stimme der Mutter, ihr Atmen, ihren
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Blutkreislauf, ihre Darmtätigkeit. Von ferne hört er die Stimme anderer Personen, vernimmt er angenehme und unangenehme Geräusche, auf die er zu reagieren in der Lage ist. Über den Gehörsinn treten wir als Erstes mit unserer Umwelt in Kontakt ; über ihn werden wir angesprochen, bevor wir geboren werden ; mit ihm hören wir andere, bevor wir sie sehen, riechen oder berühren. Und dies andauernd und ununterbrochen. Denn im Gegensatz zu anderen Sinnesorganen ist das Ohr jederzeit empfänglich und nicht willkürlich verschließbar. Eine ständig aktivierte Alarmanlage : Akustisch sind wir immer wach, auch während des Schlafes, und selbst wenn wir die Ohren mit künstlichen Hilfsmitteln verstopfen, ist noch das Rauschen unseres Blutes vernehmbar. Erst mit dem Tod endet auch die Fähigkeit zu hören, wobei das Ohr zumeist jener Sinn ist, der als letzter verlöscht. Die Wahrnehmung von Geräuschen und Tönen begleitet den Menschen somit über die längste Zeitspanne seines Lebens hinweg. Der Soziologe und Philosoph Georg Simmel (1858–1918) spricht in diesem Zusammenhang vom Ohr als dem »schlechthin egoistischen Organ, das nur nimmt, aber nicht gibt«, diesen Egoismus allerdings damit büße, dass es dazu verurteilt sei, alles zu nehmen, was in seine Nähe kommt. Erst mit dem Mund, mit der Sprache, zusammen erzeuge das Ohr den innerlich einheitlichen Akt des Nehmens und Gebens.53 Damit wird der Gehörsinn zu dem sozialen Sinn. Wir hören einander zu, lernen dadurch selber sprechen und letztlich auch verstehen. Wir vernehmen Wörter und lernen ihre Bedeutungen. Wir sind der Stimme und ihrem Ausdruck zutiefst affektiv verbunden, nehmen im Zuhören bewusst oder unbewusst etwas vom innersten Wesen des Gegenübers wahr. Schon für Johann Gottfried Herder (1744–1803), der sich in seiner berühmten, 1772 veröffentlichten »Abhandlung über den Ursprung der Sprache« intensiv mit dem Wesen und der Wirkung des Hörens auseinandersetzte, war das Ohr die eigentliche Tür zur Seele : Das Gehör allein, ist der Innigste, der Tiefste der Sinne. Nicht so deutlich, wie das Auge ist es auch nicht so kalt ; nicht so gründlich wie das Gefühl ist es auch nicht so grob ; aber es ist so der Empfindung am nächsten, wie das Auge den Ideen und das Gefühl der Einbildungskraft. Die Natur selbst hat diese Nahheit bestätigt, da sie keinen Weg zur Seele besser wußte, als das Ohr und – Sprache.54
Etwas griffiger formulierte einige Jahrzehnte später der deutsche Arzt Dr. Johann Trampel in seinem populären Ratgeber zur richtigen Pflege der Ohren : »Durch das Auge vernehmen wir nur die äußere Gestalt des Menschen, durch das Ohr seine innere Stimme.«55 Da der Gehörsinn rückbezüglich ist, hört der Sprechende sich selbst, wodurch es dem Menschen überhaupt erst ermöglicht wird, nach-denklich zu sein. Die elementaren Vorgänge der Selbstwahrnehmung und Selbstvergewisserung werden in
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entscheidendem Maße von der Fähigkeit zu hören bestimmt, wodurch diese eine zentrale Rolle für die Herausbildung von Subjektivität und Sozialität spielt. Die jeweils spezifische Art der Aneignung und Sondierung der sozialen wie der übrigen Umwelt spiegelt sich wider in den verschiedenen Ausdrücken, die im Deutschen für die Wahrnehmung akustischer Ereignisse existieren : horchen, lauschen, vernehmen, hören (inklusive der Spezifikationen zuhören, anhören, abhören, hinhören, herhören, weghören, umhören, überhören, verhören, hineinhören, heraushören). All diese Worte bringen unterschiedliche Formen der auralen Aufmerksamkeit zum Ausdruck, eine mehr oder weniger starke Gerichtetheit und Intentionalität.56 Auch die Zahl der auf das Hören bezogenen Worte und Metaphern ist groß : hörig sein, gehorsam, gehorchen, gehören, Angehöriger, jemand erhören, aufhören, Verhör, vom Hörensagen, Hören und Sehen vergehen, etwas nur mit halbem Ohr hören, das Gras wachsen hören, etwas läuten hören, hör mal !, etwas lässt sich hören, von sich hören lassen, etwas von jemandem zu hören kriegen etc. Entsprechend den einzelnen Arten des Hörens unterscheidet der Architekt und Geograf Pascal Amphoux, der die komplexe Wahrnehmung gegenwärtiger städtischer Klangwelten erforscht, ein dreiteiliges Modell : das Klang-Milieu, die »Mitte« unseres Daseins, in der das absichtslose, rein orientierende Hören dominiert ; die Klang-Umwelt, in der ein Austausch, ein Zu- und Hinhören stattfindet ; sowie die Klang-Landschaft als Sphäre des Horchens, des verstehenden, auch ästhetisch bewertenden Hörens.57 Über die mehr oder weniger bewusste Wahrnehmung unserer akustischen Umgebung wachsen wir in eine Kultur hinein, entwickeln wir ein Gefühl von Vertrautheit und Beheimatung. Dies trifft auch auf die räumliche Verortung zu. Hören ist die akustische Mitteilung von Bewegung – in der Zeit genauso wie im Raum, dessen Dreidimensionalität auf diese Weise erfahr- und erlebbar wird. Welch wichtige Funktion den Ohren für die Entwicklung von Raumgefühl und Raumbewusstsein zukommt,58 wird deutlich, wenn wir unsere Augen einmal bewusst schließen oder uns in völliger Dunkelheit bewegen.59 Sofort wird man sich der Fähigkeit unserer Ohren bewusst, mehrere Schallquellen gleichzeitig zu orten, Richtungen und Entfernungen zu schätzen, Reflexionsvermischungen zu interpretieren. Parallel dazu entsteht ein akustisches Bild des Raumes, in dem die Schallereignisse stattfinden, werden Informationen über die Ausdehnung und materielle Beschaffenheit der Umgebung vermittelt.60 Dabei kann das Ohr – im Unterschied zum Auge – auch Dinge erfassen, die sich hinter dem Kopf befinden, oder auch »um die Ecke hören« – und dies bei Tag und Nacht. Roland Barthes hat in einem Essay über das Zuhören auf diesen wichtigen Aspekt, der auch für unsere Themenstellung von Bedeutung ist, hingewiesen : Das Zuhören, das auf dem Hören aufbaut, ist durch das Erfassen von Entfernungsgraden und die regelmäßige Rückkehr der Schallerregung vom anthropologischen Standpunkt aus der
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eigentliche Sinn für Raum und Zeit. Beim Säugetier wird das Territorium durch Gerüche und Laute abgesteckt ; beim Menschen ist – was oft unterschätzt wird – die Aneignung des Raumes ebenfalls schallbedingt : Der häusliche Raum, der Wohnraum (ungefähres Gegenstück zum tierischen Territorium) ist ein Raum vertrauter, wiedererkannter Geräusche, die zusammen eine Art häusliche Symphonie bilden.61
Barthes verweist auf Franz Kafka (1883–1924), der – für Geräusche überaus sensibel – in einer kurzen Erzählung seine häusliche Lautkulisse beschrieb, unter der er bisweilen zutiefst litt : Ich sitze in meinem Zimmer im Hauptquartier des Lärms der ganzen Wohnung. Alle Türen höre ich schlagen, durch ihren Lärm bleiben mir nur die Schritte der zwischen ihnen Laufenden erspart, noch das Zuklappen der Herdtüre in der Küche höre ich, (…) aus dem Ofen im Nebenzimmer wird die Asche gekratzt. (…) Die Wohnungstür wird aufgeklinkt und lärmt wie aus katarrhalischem Hals, öffnet sich dann weiterhin mit dem kurzen Singen einer Frauenstimme und schließt sich mit einem dumpfen männlichen Ruck, der sich am rücksichtslosesten anhört.62
Eine ähnliche Funktion kommt den Geräuschen im öffentlichen Raum der Stadt zu, seien sie nun negativ oder positiv konnotiert. Auch die äußere, sämtliche Wohnungen und Gebäude umgebende akustische Hülle ist wesentlich an der Entstehung eines Gefühls der Vertrautheit und Wiedererkennung beteiligt. Die Orientierung in der Stadt erfolgt zu einem nicht unwesentlichen Teil über das Gehör, teils bewusst in der konkreten Reaktion auf akustische Signale, teils unbewusst im Empfinden einer Umgebung als angenehm oder unangenehm.63 Auch das Ausmaß der Identifikation der Bewohner mit ihrer Stadt wird durch das Hören entscheidend (mit)geprägt, womit es für die real-topografische, aber auch die sinnlich-emotionale Verortung im urbanen RaumZeit-Gefüge konstitutiv ist. Gerne wird der akustischen die visuelle Wahrnehmung gegenübergestellt, ein Vergleich, der sich insbesondere für die nach den Möglichkeiten der Erkenntnis fragende Philosophie als besonders instruktiv erwies (und in dem auch auf die Wichtigkeit der gegenseitigen Ergänzung beider Sinne hingewiesen wird). So bezeichnete etwa Arthur Schopenhauer (1788–1860) »das Gesicht als Sinn des Verstandes, welcher anschaut, das Gehör als Sinn der Vernunft, welche denkt und vernimmt«64. Und noch ein Unterschied war für Schopenhauer – auch er übrigens ein überaus lärmgeplagter Zeitgenosse – von zentraler Bedeutung : Das Gesicht ist ein aktiver, das Gehör ein passiver Sinn. Daher wirken Töne störend und feindlich auf unsern Geist ein, und zwar um so mehr, je thätiger und entwickelter dieser ist :
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Sie zerreißen alle Gedanken, zerrütten momentan die Denkkraft. Hingegen gibt es keine analoge Störung durch das Auge, keine unmittelbare Einwirkung des Gesehenen, als solchen, auf die denkende Thätigkeit (…) ; sondern die bunteste Mannigfaltigkeit von Dingen, vor unsern Augen, lässt ein ganz ungehindertes, ruhiges Denken zu. Demzufolge lebt der denkende Geist mit dem Auge in ewigem Frieden, mit dem Ohr in ewigem Krieg.65
Wolfgang Welsch, ein Philosoph unserer Tage, fasst die typologischen Unterschiede zwischen Sehen und Hören folgendermaßen zusammen :66 Bleibendes – Verschwindendes : Sehen hat mit Beständigem, dauerhaft Seiendem zu tun, Hören hingegen mit Flüchtigem, Vergänglichem, Ereignishaftem. Während das Auge die Tendenz hat, die Dinge statisch und unveränderlich wahrzunehmen, kann das Ohr die Dynamik zeitlicher Genese erfassen. Unsere Sensibilität für die Welt des Hörbaren ist dadurch völlig anders geprägt, auch was die Auswirkung akustischer Ereignisse wie Lärm betrifft. Sichtbares ist dauerhaft, während Hörbares vorübergehend ist und im wörtlichen Sinn eine verschwindende Größe darstellt. Nicht zuletzt aus diesem Grund besitzt das Sehen eher eine Affinität zu Erkenntnis und Wissenschaft, das Hören hingegen zu Glaube und Religion. Distanzierung – Eindringlichkeit : Hören wie Sehen sind Fernsinne, aber das Sehen ist der eigentliche Sinn für Distanz. Im Sehen halten wir Abstand zu den Dingen, halten sie an ihrem Ort fest und können sie dadurch objektivieren. Das Hören lässt die Dinge ein, ist unser Sinn für Verbundenheit mit der Welt, gekennzeichnet von Unmittelbarkeit und Eindringlichkeit. Affektlosigkeit – Passibilität : Sehend halten wir die Welt fern und sind damit, wie bereits Immanuel Kant feststellte, körperlich »am wenigsten affiziert«67. Das Hören hält nichts fern, lässt alles ein, berührt uns zutiefst in unserem Innersten. Der Hörende ist verletzlich, ausgesetzt und durch die Unmöglichkeit des Verschließens der Ohren ständig den Geräuschen seiner Umgebung ausgeliefert. Hören ist ein Sinn extremer Passibilität, dem akustischen Andrang kann man nicht entrinnen. Individualität – Sozietät : Sehen ist Ausdruck der Individualität, der souveränen Weltbetrachtung. Hören hingegen ist, wie bereits erwähnt, weit mehr mit unserer sozialen Existenz verbunden, mit der Entwicklung und dem Gebrauch der Sprache, dem (An)Erkennen des Anderen.68 Im Verlauf des abendländischen Zivilisationsprozesses wurde die ursprüngliche Dominanz des Gehörsinns sukzessive zurückgedrängt zugunsten des Sehsinns. Untersuchungen zeigen, dass der heutige Mensch die für ihn relevanten Informationen zu 80 Prozent durch das Auge und zu rund 13 Prozent durch das Ohr aufnimmt, während sich die übrigen Sinne den Rest teilen. Die »Hypertrophie« des Auges ist zu einem viel zitierten Kennzeichen unserer Kultur geworden.
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Abb. 4: Scherzkarte, um 1900
Es war vor allem die Schrift, die zum Vehikel der Durchsetzung des Sehens gegenüber dem Hören wurde. Ihre Verbreitung förderte logozentrische Denkformen und Abstraktionsprozesse mit deutlichen Affinitäten zum Sehen. Schon die vorsokratischen Denker zogen das Sehen dem Hören vor. »Augen sind genauere Zeugen als Ohren«, heißt es etwa bei Heraklit,69 und auch im berühmten »Höhlengleichnis« von Platon wird das Sehen als das Medium der Erkenntnis propagiert. Selbst ein Mythos wie »Narziß und Echo« lässt sich als Ausdruck der Spannung zwischen Hören und Sehen begreifen, die allmählich zugunsten des Sehens aufgelöst wird. Mit dem Verschwinden der alten Mythen und der Durchsetzung der Rationalität als neuer Macht geriet das Hören aufgrund seiner engen Verbindung mit dem Gehorchen in Misskredit. An die Stelle des gehorchenden Subjekts trat der selbstbestimmte Mensch, für den das aktive Sehen weit wichtiger wurde als das passive Hören.70 Wie stellt sich nun im 19. Jahrhundert die Hierarchie der Sinne konkret dar ?71 Hier ist zunächst einmal anzumerken, dass die uns heute geläufige Zahl der Sinne bereits seit der Antike existiert. Es war Aristoteles (384–322 v. Chr.), der erstmals fünf Sinne unterschied und damit erstmals auch den Tastsinn als eigenen Sinn auffasste, im Unterschied etwa zu Platon (428–348 v. Chr.), der nur vier Sinne kannte. In seiner Schrift »Über die Seele« stellte Aristoteles jeden Sinn einzeln dar und erklärte, dass es keinen weiteren Sinn geben könne (z. B. für die Wahrnehmung der Bewegung, wie immer wieder behauptet wurde), da mit den beschriebenen fünf alles Wahrnehmbare ausreichend aufgenommen werden könne, ohne dass irgendein Mangel bestehe. Damit waren Art und Zahl der Sinne auch die folgenden Jahrhunderte über gültig festgeschrieben. Die
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kanonische Zahl Fünf, eine magische und heilige Zahl, die sich auch in anderen Kulturen wiederfindet, blieb bis heute bestehen. Sämtliche Bestrebungen, ihre Zahl auf mehr als fünf zu erhöhen, erwiesen sich letztlich als wenig erfolgreich : Dabei handelte es sich zumeist um Varianten des Tastsinns bzw. um den berühmten »sechsten« Sinn (als Sinn für das Übernatürliche, bei manchen Autoren auch für die Schönheit oder für den Geschlechtstrieb). Daneben gab es auch immer wieder Versuche, die Sinne nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren. Es entstanden Einteilungen in eher spirituelle Sinne (Sehen und Hören) und eher körperliche Sinne (Geschmack, Geruch, Tasten), in besondere Sinne (denen ein eigenes Organ zugewiesen ist) und allgemeine Sinne (wie den Tastsinn, der über den ganzen Körper verteilt ist), in unmittelbare Sinne (bei denen die Gegenstände direkt an die jeweiligen Organe herangeführt werden) und mittelbare Sinne (die über ein Medium – Luft oder Wasser – mit dem Objekt in Kontakt treten), in Sinne mit doppelten Organen (jeweils zwei Körperöffnungen bei Geruch, Gesicht und Gehör) und Sinne mit einfachen Organen, oder in Sinne, die mehr der Nützlichkeit dienen (Tastsinn und Geschmack als bei der Nahrungsaufnahme unverzichtbar), und jene zur bloßen Annehmlichkeit. Der Vergleich der Funktionsweisen bzw. Fähigkeiten der einzelnen Sinne und deren unterschiedliche gesellschaftliche Bewertung führten schließlich zu einer ausgeprägten Hierarchisierung der Sinne. Diese lässt sich als kulturelles Konstrukt begreifen, aber auch als Ergebnis der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschengeschlechts (aufrechte Körperhaltung, Leistungssteigerung des Gehirns) und der technologischen Veränderungen im Laufe des Zivilisationsprozesses (Übergang von der Oralität zur Literalität, Ausbreitung der Literalität als Folge der Erfindung des Buchdrucks). Die »klassische« Rangordnung, wie sie mit Aristoteles beginnt, wird von den sogenannten »höheren« zu den »niederen« Sinnen gereiht : Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, Getast. Diese Einteilung war im Laufe der Jahrhunderte nicht unumstritten, denn auch der Gehörsinn und der Tastsinn wurden bisweilen als höchster Sinn angesehen. Die Vorrangstellung des Gesichtssinnes setzte sich letztlich durch, wobei dies in der philosophischen Tradition u. a. damit begründet wurde, dass dem Sehen mit der Entwicklung des aufrechten Ganges eine zentrale Rolle zukomme, die Augen vergleichsweise am meisten Gegenstände erfassen könnten, selbst in den größten Entfernungen, und die Wahrnehmung über den Gesichtssinn eindeutig den höchsten Erkenntniswert besitze, da sie die objektivste sei. Der Gehörsinn nimmt als zweiter höherer Sinn ebenfalls eine bedeutende Stellung ein, von manchen Philosophen und insbesondere Theologen wird er – wie erwähnt – sogar über den Gesichtssinn gestellt, was in erster Linie mit seiner zentralen Rolle in der Welt des Glaubens und der religiösen Praxis begründet wird. Er gilt als Sinn der Vermittlung und des Erkennens der göttlichen Wahrheit. Schon bei Paulus hieß es : »Der
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Glaube kommt aus dem Hören, das Hören aber aus dem Wort Christi.«72 In den mittel alterlichen Klosterbauten gab es einen eigenen Hör- bzw. Zuhörraum (Auditorium ; auch Parlatorium, d. h. Sprechraum der Mönche) ;73 und auch das frühchristliche Symbol für Gott-Vater war bezeichnenderweise ein akustisches, nämlich die vom Himmel herabdröhnende Donnerstimme.74 Die Vorstellung von der Empfängnis Gottes durch das Ohr spiegelt sich wider in der Architektur der Kirchenbauten, die dezidiert auf eine Verstärkung des spirituellen Hörerlebnisses ausgerichtet sind. So weisen etwa romanische und gotische Kirchen eine ganz spezifische Akustik auf : Steinerne Böden, Decken, Wände und Säulen reflektieren die Schallwellen besonders stark, wodurch sich eine lange Nachhallzeit gerade bei tieferen, dunkleren Tönen ergibt. Dies führt zu einer Klangverschmelzung und in weiterer Folge zu einer Veränderung des Zeitgefühls. Der Eindruck feierlicher Würde entsteht, das Gefühl des »Aus-der-Welt-Seins« verstärkt sich.75 Die eminente sakrale Komponente des Hörens und deren Wandel, ja Auflösung im Zuge der Säkularisierung stellt denn auch einen wesentlichen mentalen Hintergrund dar für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den veränderten Umgebungsgeräuschen. Auf der Ebene des Lärms bedeutet dies, dass der – später noch genauer erläuterte – »heilige Lärm« in zunehmendem Maße vom »profanen Lärm«, der sich insbesondere im städtischen Milieu ausbreitete, Konkurrenz erhielt und verdrängt wurde. Hinzuweisen ist schließlich auch darauf, dass der Kultivierung des Gehörsinns eine eigene Gattung künstlerischer Produktion gewidmet ist, was dessen zentrale kulturelle Leitfunktion weiter unterstreicht. Doch zurück zur Hierarchie der Sinne. Zwischen den Fernsinnen Sehen und Hören und den beiden Nahsinnen Schmecken und Fühlen nimmt der Geruchssinn eine Mittelstellung ein, die seit der Antike wenig umstritten ist. Dem entspricht auch der Grad der Wahrnehmung, die im Vergleich zu Ersteren als gröber, zu Letzteren als feiner eingestuft wird. Am unteren Ende der Skala stehen der Geschmackssinn, der sich zunehmend als ästhetische Kategorie etabliert, und der Tastsinn. Letzterer wurde vereinzelt noch bis in die frühe Neuzeit als oberster und wichtigster Sinn eingestuft, da er den ganzen Körper und somit auch jedes einzelne Sinnesorgan betreffe und eine herausragende Rolle im Erkenntnisprozess spiele, wie überhaupt die haptische Erfassung der Welt schon bei der Nahrungsaufnahme für das Überleben des Menschen von zentraler Bedeutung sei. Diese führende Stellung kehrte sich erst in ihr völliges Gegenteil, als der Tastsinn in der jüdisch-christlichen Tradition zunehmend mit sündhaftem Tun (Wollust, ungezügeltem Geschlechtstrieb) in Verbindung gebracht wurde. Das Zeitalter der »Aufklärung« beschleunigte die Aufspaltung der einzelnen Sinne. Ihre sowohl im philosophisch-naturwissenschaftlichen als auch im künstlerisch-ästhetischen Diskurs immer wieder beschworene Einheit (Synästhesie) wurde endgültig zerstört ; analog zur voranschreitenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung kristallisierte
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sich die Trennung und Isolierung der Sinne immer deutlicher heraus. Sie wurden zu »Instrumenten« der Wahrnehmung, zu »Werkzeugen« der Weltaneignung. Die auf Naturbeherrschung abzielende Wissenschaft feierte den Triumph des Auges, das sich, wie Michel Foucault in seinen Arbeiten nachwies, endgültig als Hüter und Quelle der Wahrheit etablierte. »Aufklärung« bedeutete per se, die Augen zu öffnen. Der Schweizer Literaturwissenschaftler Peter Utz, der den damaligen Sinnesdiskurs anhand ausgewählter literarischer Werke untersuchte, weist auf Schillers »Wilhelm Tell« hin, in dem die Apfelschuss-Szene zum paradigmatischen Bild wird, das die Vorherrschaft des Auges, aber auch die Kritik daran und die damit verbundenen Gefahren auf den Punkt bringt. Auf der Bühne regiert die Augen-Kunst. »Am Auge des Schützen Tell«, so Utz, »hängt Leben und Tod. Vor aller Augen muß sein Auge leisten, was alle zusammen nicht vermöchten.«76 Die Hierarchie der Sinne war an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im Wesentlichen fixiert, lediglich die Bedeutung der niederen Sinne wurde bisweilen unterschiedlich eingestuft. Die privilegierte Stellung der höheren, oft auch als »edel« bezeichneten Sinne blieb unangefochten. Auch für Immanuel Kant (1724–1804), der sich in seiner 1798 erschienenen »Anthropologie in pragmatischer Hinsicht« ausführlich mit der Rangordnung der Sinne beschäftigte, galt der Sinn des Gesichts als der edelste unter den Sinnen. Jener des Gehörs sei allerdings aufgrund seiner eminenten sozialen Bedeutung am wenigsten zu ersetzen : Welcher Mangel oder Verlust eines Sinnes ist wichtiger, der des Gehörs oder des Gesichts ? – Der erstere ist, wenn er angeboren wäre, unter allen am wenigsten ersetzlich ; ist er aber nur später, nachdem der Gebrauch der Augen (…) schon kultiviert worden, erfolgt, so kann ein solcher Verlust (…) noch wohl notdürftig durchs Gesicht ersetzt werden. Aber ein im Alter Taubgewordener vermißt dieses Mittel des Umgangs gar sehr ; (…) so wird man schwerlich einen, der sein Gehör verloren hat, in Gesellschaft anders als verdrießlich, mißtrauisch und unzufrieden antreffen. Er sieht in den Mienen der Tischgenossen allerlei Ausdrücke von Affekt oder wenigstens Interesse und zerarbeitet sich vergeblich, ihre Bedeutung zu erraten, und ist also selbst mitten in der Gesellschaft zur Einsamkeit verdammt.77
Ein sensorielles Modell hatte sich etabliert, das die Folie abgab zur gesellschaftlichen Deutung und Interpretation sinnlicher Wahrnehmungen – auch in Form von Kritik, die sich vor allem aufseiten der Kunst immer wieder an einer derart rigorosen Fragmentierung und Hierarchisierung der Sinne entzündete. Deutlich lässt sich beispielsweise in der Literatur eine Häufung synästhetischer Formen feststellen, mit der auf die isolierte Dominanz des Auges und die manifeste Verhärtung der Sinnesgrenzen reagiert wird. Schon die Werke eines Novalis, E. T. A. Hoffmann oder Clemens Brentano sind, wie Utz anschaulich belegt, geprägt von der romantischen Sehnsucht nach einer Wieder-
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herstellung der verlorenen Totalität. In Novalis’ »Heinrich von Ofterdingen« heißt es programmatisch : »Alle Sinne sind am Ende Ein Sinn. Ein Sinn führt wie Eine Welt allmählich zu allen Welten.«78 Wie nahe etwa Gehör und Gefühl ursprünglich beieinanderliegen, zeigt sich deutlich, so wird argumentiert, in der sprachlichen Beschreibung von Klängen als »hart«, »rau«, »weich« oder »glatt«. Und auch zwischen Auge und Ohr wird eine enge Verbundenheit postuliert, wie sie Brentano in seinem berühmten Gedicht »Abendständchen« ausdrückt, das mit der imperativischen Aufforderung einsetzt, zu »hören« : Hör, es klagt die Flöte wieder, Und die kühlen Brunnen rauschen. Golden wehn die Töne nieder, Stille, stille, laß uns lauschen ! Holdes Bitten, mild Verlangen, Wie es süß zum Herzen spricht ! Durch die Nacht, die mich umfangen, Blickt zu mir der Töne Licht.79
Der literarische Diskurs über die Sinne setzt sich das ganze 19. Jahrhundert über fort. Er findet sich in Charles Baudelaires berühmtem Gedichtzyklus »Les Fleur du Mal« (mit dem Sonett »Correspondances«, einem Schlüsselwerk für die ästhetischen Anschauungen des Dichters) ebenso wie später bei Rainer Maria Rilke, in dessen Kunst dem Hören eine zentrale Bedeutung zukommt.80 Auch in anderen Bereichen zeichnete sich ein ähnlicher Paradigmenwechsel in der Sinneshierarchie ab, wie beispielsweise in der neu entstehenden Psychoanalyse. Bewusst wechselte Sigmund Freud (1856–1939) den Wahrnehmungsraum. Statt des Visuellen rückte er das Auditive in den Mittelpunkt, das Sprechen und Zuhören. Die Sehnsucht nach einer anderen Ordnung der Sinne offenbart nur allzu deutlich die Defizite von Fortschritt und Modernisierung. Und sie spiegelt sich demzufolge auch wider in einer massiven Kritik an der großstädtischen Geräuschkulisse, dem – wie viele meinten – wohl sinnfälligsten Ausdruck für die herrschende Missachtung und Vernachlässigung eines der wichtigsten Sinnesorgane.
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Der Wandel zur »Lo-fi-Lautsphäre« »Das Geräusch des neunzehnten Jahrhunderts, das wir zuerst hören, wenn wir uns seelisch darauf konzentrieren, ist (…) das Donnern eines Eisenbahnzuges, der das Granitmassiv e ines Schneegebirges im Tunnel durchquert, das Pfeifen von Dampfmaschinen, das Singen des W indes in Telegraphendrähten und der sonderbare heulende Laut, mit dem der elektrische Straßenbahnwagen an seiner Leitung hängend daherkommt.« Wilhelm Bölsche, »Hinter der Weltstadt«, 1901
Die auralen Eindrücke des Berliner Schriftstellers Wilhelm Bölsche (1861–1939) fokussieren paradigmatisch die einschneidenden akustischen Veränderungen, denen die europäische Zivilisation im Gefolge von Industrialisierung und Technisierung unterworfen war. Das hereinbrechende Maschinenzeitalter verdrängte die bis dahin dominierenden natürlichen Laute und ersetzte diese durch künstliche, maschinell erzeugte Geräusche. Nach einer Schätzung Schafers setzte sich die neu entstehende Lautsphäre nur noch zu rund 30 Prozent aus Natur- und Menschenlauten und zu 70 Prozent aus Werkzeug- und Maschinengeräuschen zusammen, während das Verhältnis in der vorindustriellen Epoche noch 90 zu 10 Prozent betragen hatte.81 Es waren insbesondere die akustischen Emanationen der Fabriken und der neuen Verkehrsmittel Eisenbahn, Straßenbahn und Automobil, die sowohl in der Stadt als auch auf dem Land eine für alle wahrnehmbare neue Geräuschkulisse entstehen ließen. Der stampfende, ununterbrochene Laut der Dampfmaschine wurde zum unüberhörbaren Symbol der neuen Zeit. Lokomotiven verbreiteten, schnaufend und zischend, die Botschaft vom Sieg des Kapitals. Anstelle der Kirchenglocken und Posthörner, die bisher den Rhythmus des Lebens bestimmt hatten, gaben nun die Dampfpfeifen den Takt an. Die neuen Klänge dehnten sich in bislang unberührte Gegenden aus, zum Leidwesen nicht weniger ruhesuchender Naturfreunde, die ihre romantischen Idealvorstellungen von ländlicher Idylle aufs Äußerste gefährdet sahen82 : Wir stehen auf der Anhöhe und schauen ins Tal. Rings tiefe Stille ; auf dem Felde nebenan arbeiten einige Leute, man hört sie kaum. Das verworrene Geräusch des Dorfes drunten dringt nur gedämpft herauf. Da, plötzlich, durchschneidet gellend ein widerwärtiger Laut den Naturfrieden. Die Dampfpfeife der Fabrik dort am Flusse hat das Signal zur Frühstückspause gegeben.83
Die hier beschriebene rurale »Hi-fi-Lautsphäre«, in der die einzelnen Laute wegen des umgebenden niedrigen Geräuschpegels noch relativ deutlich zu unterscheiden sind, wurde, so Schafer, mit der voranschreitenden Urbanisierung immer weiter zurückgedrängt. Eine typisch städtische »Lo-fi-Lautsphäre« breitete sich aus, in der die
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einzelnen akustischen Signale in einer überdichten, sich ständig überlagernden Laut anhäufung untergingen : Der klare Laut wurde vom ausufernden Breitbandgeräusch verdeckt, die »akustische Perspektive« verschwand. Im Zentrum der Stadt gab es keine Entfernung mehr, nur Gegenwart. Alle Geräusche waren in gleicher Weise gedämpft, und um die gewöhnlichsten Laute hörbar zu machen, mussten sie zunehmend verstärkt werden.84 Der renommierte Wiener Musikkritiker Richard Batka (1868–1922) beschrieb die neue Lautkulisse denn auch treffend als fortwährendes »Tohuwabohu« : Stelle dich einmal gegen Mittag an eine belebte Straßenkreuzung der Großstadt : da poltert, kollert, knarrt, läutet, pfeift, schreit, tollt es oft durcheinander, daß man den Lärm als körperlichen Schmerz empfindet. Und weil sich jeder einzelne über die andern zu Gehör bringen will, lizitieren einander die Krawallmacher immer mehr in ein Tohuwabohu hinauf, ohne doch ihren eigentlichen Zweck zu erreichen.85
Ähnlich charakterisierten auch andere Zeitgenossen die neue metropolitane Geräusch kulisse als »schauerliche Schallsinfonie« und »wirren Lärmsalat«.86 Während die vergleichsweise ruhigere Umgebung der »Hi-fi-Lautsphäre« es gestattete, weit in die Ferne zu lauschen, verkümmerte die Fähigkeit des Weithörens in der Stadt allmählich. Erst mit räumlichem Abstand und der Wahrnehmung des urbanen Geräuschgemenges aus der Entfernung konnte man wieder an Differenzierungsvermögen gewinnen. Die im Zuge der »industriellen Verstädterung« rapide wachsenden Großstädte bemächtigten sich akustisch des Raumes, immer mehr Menschen lebten in urbanen Geräuschkulissen. Während es zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Europa erst 16 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern gegeben hatte, waren es zur Jahrhundertmitte bereits 43 und 1910 schon 156. Europaweit stieg der Anteil der Bevölkerung in Städten mit über 5.000 Einwohnern von 19 auf 36 Prozent.87 Wenngleich die Stadt von jeher ein Hort der Hektik und Betriebsamkeit, der lauten Menschenansammlungen und ständig wiederkehrenden Verkehrsgeräusche war, so erlangte der Lärm doch nunmehr eine neue Dimension und Qualität. Er wurde zum Inbegriff des urbanen Lebens, zur Signatur der modernen Zeit und dauerhaften Begleitmusik einer zunehmend technisierten Zivilisation : »Der Lärm ist eine Begleiterscheinung unseres Lebens geworden, unzertrennlich wie der Schatten, den unser Körper im Sonnenstrahl wirft«, formulierte ein Zeitgenosse prosaisch.88 Dementsprechend stiegen auch die Klagen über die »Lärmplage« in signifikanter Weise, sodass der Lärm in der Hierarchie der städtischen Umweltbelastungen hinter den (unangefochten an der Spitze stehenden) Gerüchen schon bald den zweiten Platz einnahm.89 Dabei stellte er charakteristischerweise eine Querschnittsmaterie dar, die sich in allen Lebensbereichen manifestierte : vom Wohnalltag über den öffentlichen Raum bis hin zur Arbeitswelt.90 »Kein Zeitalter seit Erschaffung der Welt hat soviel
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und so ungeheuerlichen Lärm gemacht wie das unsrige«, empörte sich 1879 die weitgereiste Schriftstellerin und Journalistin Emmy von Dincklage (1825–1891) : (…) weshalb erlaubt man, daß ein elendes Fuhrwerk, etwa ein Hundewagen, mit einigen geleerten Blechkannen der Milchverkäufer zehn Minuten lang alles Reden und Hören, alles Denken und Studieren, alles Ruhen und Musizieren einer ganzen Straße übertönt, unser Trommelfell unnatürlich erschüttert, uns in unliebsame Nervenerregungen und zornige Aufwallung versetzt, die Gesunden verdrießlich und die Kranken noch kranker macht, weshalb ist das ganz in Ordnung ? Und der Hundewagen steht nicht allein da, ihm folgen alle möglichen Karren, schellene Tramway-Fuhrwerke, knarrende Kohlenwagen, Rollwagen und zahlreiche Vehikel, die alle eigens construiert scheinen, um möglichst viel und durchdringenden Spektakel zu machen !91
Die Intensivierung des Verkehrs, die generelle Vervielfachung und Verdichtung der Aktivitäten im öffentlichen Raum verstärkten den akustischen Gegensatz zwischen Stadt und Land. Bis in die Nacht hinein waren die Geräusche der Großstadt zu hören, deren Zusammensetzung und damit Wirkung sich zudem entscheidend veränderte. Denn die maschinell erzeugten Laute waren monoton und kontinuierlich, ohne Individualität und die in der Natur üblicherweise ausgeprägten Phasen des Entstehens, Anschwellens und Verklingens. Schafer spricht in diesem Zusammenhang von flach verlaufenden Schallwellen oder Wanderwellen.92 Die anhaltenden, mehr oder weniger abrupt beginnenden und endenden Laute, von der industriellen Revolution eingeführt und der Elektrotechnik ausgeweitet, verkörpert im Rhythmus der Dampfmaschinen wie im Brummen der Motoren, wurden zum dauerhaften Grundton der Zivilisation. Parallel dazu kam es auch zu einer generellen Erhöhung der Lautstärke. Dies lässt sich in der Stadt anhand jener Signaltöne nachvollziehen, die eingesetzt wurden, um vor Gefahren zu warnen. So wurde etwa in Wien der Ausbruch eines Brandes seit dem 16. Jahrhundert durch einen Wächter im Stephansturm kundgetan, der aus voller Kehle – verstärkt durch ein Sprachrohr – »Feuer ! ! !« brüllte. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts hob sich dieses Signal nicht mehr deutlich genug ab vom übrigen akustischen Milieu im Herzen der Stadt, sodass man es schließlich 1855 abschaffte und – natürlich auch aus Gründen der schnelleren Nachrichtenübermittlung – eine direkte telegrafische Verbindung von der Türmerstube zur Zentral-Löschanstalt am Hof einrichtete. Der Feuerwächter versah übrigens noch bis Ende 1955 seinen Dienst im Turm zu St. Stephan. Auch die Einsatzfahrzeuge mussten sukzessive ihre Signalstärken erhöhen. Die bislang üblichen Trompeten- und Glockensignale wurden allmählich vom jaulenden Klang der Sirene abgelöst.93 Das eindrucksvollste Indiz für die Erhöhung des Geräuschpegels in der Stadt ist wohl die Verminderung der akustischen Reichweite der Kirchenglocken. Sie stellten
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Abb. 5: Das nicht mehr verwendete Sprachrohr in der Türmerstube des Stephansdoms, 1930er-Jahre
über Jahrhunderte hinweg das wichtigste öffentliche Kommunikationsmedium dar, deren lauter harmonischer Klang weithin ausstrahlte. In August Strindbergs 1879 veröffentlichtem Roman »Das rote Zimmer« begibt sich der Protagonist gleich zu Beginn auf einen nahen Stadthügel in Stockholm, von wo er dem Lärm der unter ihm liegenden Stadt lauscht. Dabei dringen u. a. die charakteristischen Töne der einzelnen Kirchenglocken an sein Ohr : Jetzt läutete die Katharinen-Kirche sieben Uhr, und die Marien-Kirche sekundierte ihr mit ihrem milzsüchtigen Sopran, und die Große Kirche und die Deutsche Kirche fielen mit ihren Bässen ein, und bald erzitterte der ganze Raum von dem Klang aller sieben Glocken der Stadt. Als aber eine nach der andern verstummte, hörte man noch in weiter Ferne die letzte ihr friedvolles Abendlied singen ; die hatte einen höheren Klang, einen reineren Ton und ein rascheres Tempo als die anderen – das ist schon so !94
Rund hundert Jahre später konnte man, wie ein Hörversuch Schafers ergab, an der gleichen Stelle nur noch drei Kirchenglocken vernehmen, wobei eine von ihnen nahezu unhörbar war.95 Es sei an dieser Stelle nochmals betont, dass derartige Vergleiche natürlich
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nur grobe Anhaltspunkte liefern, ist doch zu berücksichtigen, dass die Ohren Strindbergs und seiner Zeitgenossen an ein völlig anderes akustisches Milieu gewöhnt waren. Zudem gab es selbstverständlich auch schichtspezifisch unterschiedliche Sensibilitäten. Zumindest in der bürgerlichen Wahrnehmung tauchten aber jedenfalls bereits ab Mitte des 19. Jahrhunderts Klagen über die Zunahme der Lautstärke in den Städten auf. So beschwerte sich der führende deutsche Kulturhistoriker und Begründer der deutschen Volkskunde Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897), dass die Choräle der Turmbläser, die in vielen protestantischen Gegenden Deutschlands bislang dreimal am Tag ertönten und nun immer häufiger aus finanziellen Gründen abgeschafft würden, in der Lärmkulisse der Großstädte längst auch ihre Berechtigung verloren hätten : »In den lärmenden großen Städten verliert das Blasen vom Thurme freilich seinen Sinn«, monierte er und sah darin auch einen Rückschlag für die musikalische Erziehung des Volkes.96 Diese Tendenz sollte sich in der Folge noch weiter verstärken : Der Berliner Stadtbaumeister Georg Pinkenburg konstatierte zur Jahrhundertwende, dass man im Getöse der Hauptverkehrsstraßen oft nicht einmal mehr sein eigenes Wort verstehe ;97 Ohrenärzte beschwerten sich darüber, dass es in ihren Praxen trotz geschlossener Fenster mittlerweile viel zu laut sei, um ordentliche Hörprüfungen durchführen zu können ;98 und auch für die Physiologen war es zunehmend schwerer, eine geeignete »camera silenta« für ihre Hörversuche zu finden.99 In London erhoben sich Klagen, dass der Verkehrslärm bereits die Dinnerkonversation unmöglich mache.100 Welch enorme Intensität die Straßengeräusche hier schon Ende des 19. Jahrhunderts angenommen hatten, präzisierte der englische Architekt H. B. Creswell am Beispiel des Kutschenverkehrs. In seinen Erinnerungen schrieb er : Der Krach überstieg alle Vorstellungen. Das Donnern von Unmassen eisenbeschlagener Hufe auf dem Kopfsteinpflaster aus Granit, das ohrenbetäubende Getrommel von Wagenrädern, die von einem Pflasterstein zum nächsten hüpften wie Stöcke entlang eines Zauns, das Quietschen, Knarren, Klappern und Kreischen der Fahrzeuge selbst, das Rasseln der Pferdegeschirre und das Klirren und Schallen von wer weiß was sonst, verstärkt durch Geschrei und Gebell vereinigte sich zu einem Höllenlärm, der jede Vorstellung übersteigt. Es hatte mit so etwas Schäbigem wie ›Geräusch‹ nichts mehr gemein : Es war eine Tonlawine.101
Die zwangsweise Gewöhnung an immer intensivere akustische Reize ließ auch die Schallintensität der Musik ansteigen. Der Wiener Musiksoziologe Kurt Blaukopf (1914–1999), der als einer der ersten die Wechselwirkungen zwischen akustischem Milieu und Musikproduktion untersuchte, weist auf den Wandel der musikalischen Hörgewohnheiten hin, der sich u. a. in der technischen Weiterentwicklung der Instrumente widerspiegelt. So war das Klavier noch zur Zeit Mozarts ein leicht transportabler Kasten, dessen zarter Ton kaum bis ins Vorzimmer drang, während sich das mo-
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derne Pianoforte hundert Jahre später als gewichtiges Instrument mit »schleudernder Kraft« darstellte. Die Steigerung der Lautstärke ermöglichte auch eine neue Dynamik. Während bis ins 18. Jahrhundert hinein die sogenannte Terrassendynamik, d. h. eine ruckweise Veränderung der Lautstärke, vorherrschte, bürgerte sich nun ein kontinuierliches An- und Abschwellen der Lautstärke (Crescendo und Decrescendo) ein. Die Erweiterung und Verfeinerung des instrumentalen Apparates (Ventilhörner, Ventiltrompeten, Schlagzeug, Celesta, Glocken etc.) und die damit möglichen vielfältigen Instrumentalkombinationen prägten wesentlich das zeitgenössische Klangideal, das sich für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts als noch deutlich leiser rekonstruieren lässt. Hört man heute Beethovens »Eroica« am Ort ihrer ersten Aufführung, dem Palais Lobkowitz, und in der historischen Aufführungspraxis gemäßer kleiner Besetzung, erscheint dieses Klangbild unseren Ohren, so Blaukopf, ausgesprochen dünn und keineswegs erstrebenswert.102 Ähnlich hatte bereits Richard Strauss (1864–1949) empfunden, der anlässlich einer von ihm dirigierten Aufführung von Beethovens Fünfter Symphonie meinte : Ich bringe in Beethoven eben den Schmiß hinein und fühle seine Größe, seine Wucht und sein Temperament. Ich sehe dabei weniger auf die Schönheit des Tons im Orchester als darauf, daß der Feuergeist Beethovens zu Worte kommt. Was wir jetzt von ihm hören, ist Zuckerwasser. Freilich muß ich immer schwitzen, um das herauszukriegen. Denn die Instrumentation Beethovens entspricht nicht der Größe seiner Intentionen, wenigstens nicht für die heutige Zeit, wo die Ohren durch mein Orchester so verdorben sind.103
Auch für den erwähnten Wilhelm Heinrich Riehl, selbst ein eifriger Musiker, waren die sich im 19. Jahrhundert drastisch wandelnden Hörgewohnheiten mehr als frappierend. Er registrierte »ungeheure Gegensätze des musikalischen Ohres binnen eines Jahrhunderts«. Die Lieblingsklangfarbe des 18. verhalte sich zu der des 19. Jahrhunderts »wie matt angelaufenes Gold zu glänzend polirtem«. Dasselbe Orchestertutti, das vor siebzig Jahren noch überwältigend großartig geklungen habe, klinge jetzt einfach nur kräftig, weshalb man »zur Aufhellung unseres auf diesem Punkt verdunkelten Ohres« die Streichinstrumente oft doppelt besetzen müsse, um dieselbe Wirkung wie früher mit einfacher Besetzung zu erzielen. Ein objektives Indiz für die Zunahme der Lautstärke sieht Riehl in der sukzessiven Erhöhung der Orchesterstimmung, anschaulich demonstrierbar am Beispiel des großen (achtfüßigen) C, das – zeitgenössischen Berechnungen zufolge – im Jahre 1739 noch mit 118 Schwingungen pro Sekunde aufgeführt wurde, 1776 waren es bereits 125 und 1822 schließlich 136–138 Schwingungen pro Sekunde.104 Der in seinen Anschauungen ausgesprochen konservative Riehl, der auch über seine musikalischen Beurteilungen hinaus zu einer Romantisierung vorindustrieller Lebens-
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zusammenhänge neigte, sah bzw. hörte diese Entwicklung mit Wehmut, empfand sie als unwiederbringlichen Verlust. Er konstatierte ein früher weit ausgeprägteres Sensorium für feine Nuancen und rhythmische Subtilitäten, während für das »überreizte moderne Ohr« vieles flach, farblos und leer klinge. Die Musik, so Riehl, die man heutzutage der Jugend »mit dem rhythmischen Dreschflegel in die Ohren paukt«, und die »grellen und unvorbereiteten Dissonanzen, die wir jetzt häufig für sehr wirkungsreich halten«, hätten vor hundert Jahren noch für »ohrenzerreißend« gegolten.105 Mit dem generellen Ansteigen des Lautstärkepegels begann im 19. Jahrhundert auch auf physiologischer Ebene eine nachhaltige Veränderung. Die Hörschwelle, also jener Schalldruck, der erforderlich ist, um einen Gehöreindruck hervorzurufen, erhöhte sich allmählich und setzte damit einen folgenschweren Kreislauf in Gang. Denn der Verlust der Empfindlichkeit für leisere Töne wurde nun selbst wieder, etwa in der elektroakustisch verstärkten Musik des 20. Jahrhunderts, zum wesentlichen Motiv für eine Erhöhung der Lautstärke.106 Diese Entwicklung sollte sich durch die rasche Verbreitung neuer mobiler Tonträger weiter beschleunigen und – so meinen manche – zu einer generellen »Regression des Hörens« führen.107 Die wissenschaftliche Erforschung des Hörens »Welcher denkende Mensch sollte auch kein Interesse, kein Verlangen haben zu erfahren, wie es denn zugeht, daß wir überhaupt – und daß wir so vielerlei hören, d. h. einzusehen, worin eigentlich die Vorgänge bestehen, die dieser wunderbar mannichfaltigen und bedeutungsvollen Erscheinungswelt zu Grunde liegen – und welches der Mechanismus jenes Organes ist, das uns dieselbe aus seinen materiellen Elementen so zu sagen hervorzaubert ?« Johann Nepomuk Czermak, 1873
Die Wissenschaft interessierte sich im 19. Jahrhundert in besonderem Maße für den Vorgang des Hörens. Geprägt vom empiristisch-naturwissenschaftlichen Fortschrittsdenken untersuchten insbesondere die sich etablierenden Disziplinen der Akustik, Physiologie und Psychologie die Vielzahl an akustischen Phänomenen und deren Wahrnehmung durch den Menschen. Mit der Fülle an neuen Erkenntnissen schufen sie die Grundlagen für unsere heutige Vorstellung vom Hören. Die Akustik als Wissenschaft von der Erzeugung, Ausbreitung und Wahrnehmung des Schalles (griech. akoustikós = das Gehör betreffend) konnte um 1800 bereits auf grundlegende Erkenntnisse zurückgreifen.108 So war bekannt, dass sich der Schall stets kugelförmig von der Schallquelle weg ausbreitet. Isaac Newton hatte die Schallausbreitung 1687 als Schwingung kleinster Teilchen eines elastischen Mediums erklärt, wodurch Verdichtungen und Verdünnungen entstünden, die sich als Wellen fortpflanzen. Dass die Wahr-
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nehmung des Schalles an ein ihn übertragendes Medium gebunden ist, hatten Versuche mit einer im Luftvakuum befindlichen und somit unhörbaren Glocke bewiesen. Mit der für unser Thema wichtigen Frage der Akustik von öffentlichen Plätzen hatte sich ein berühmter Zeitgenosse Newtons, der deutsche Jesuit und Universalgelehrte Athanasius Kircher (1602–1680), beschäftigt. In seinem Werk »Phonurgia Nova« verband er seriöse wissenschaftliche Studien mit bemerkenswerten, durchaus modern anmutenden Fantasien. So erdachte er u. a. eine raffinierte Abhöranlage, ein System von Schalltrichtern, mit denen die Geräusche von der Straße auf »sprechende Statuen« im Inneren der Häuser umgeleitet werden konnten. Auch der Beginn des für die akustische Forschung so bedeutsam werdenden 19. Jahrhunderts wird durch das Erscheinen zweier einflussreicher Bücher markiert :109 Der englische Physiker und Mathematiker Thomas Young publizierte im Jahr 1800 sein Hauptwerk »Theory of Sound and Light« ; zwei Jahre später veröffentlichte der deutsche Physiker Ernest F. F. Chladni »Die Akustik«, ein umfangreiches Lehrbuch, das den damaligen Wissensstand zusammenfasste und auch zahlreiche neue Erkenntnisse enthielt. Chladni selbst gelang es erstmals, tönende Schwingungen sichtbar zu machen, indem er Sand auf die Oberfläche eines schwingenden Körpers streute. Die dabei entstehenden geometrischen (Chladni)Figuren bezauberten selbst Napoleon, der einen Preis für die vollständige Erklärung dieses Phänomens aussetzte, den die bedeutende Mathematikerin Sophie Germain 1816 gewann. Wissenschaftlerkollegen wie Michael Faraday, George Gabriel Stokes, Charles Wheatstone, Jean-Baptiste Joseph Fourier, Georg Simon Ohm oder Christian Doppler trieben in den folgenden Jahrzehnten die akustische Forschung voran. Sie alle waren als Physiker und Mathematiker auch auf den Gebieten der Optik, des Magnetismus, der Elektrizität oder der Thermodynamik tätig, wo sie sich ebenfalls mit Wellenerscheinungen befassten und dabei zahlreiche Beobachtungen und Fragestellungen auf die Akustik übertrugen. Dabei untersuchten sie u. a. die unterschiedliche Schallgeschwindigkeit in Gasen, Flüssigkeiten und Festkörpern (man berechnete, dass sich der Schall im Wasser vier Mal, in Eisen siebzehn Mal so schnell ausbreitet wie in der Luft), unternahmen sie weitere Experimente zur Visualisierung von Schallwellen und versuchten sie Phänomene der Beugung und Reflexionen zu erklären. Die Vielzahl der gewonnenen Erkenntnisse wurden in Fachblättern und in zunehmendem Maße auch in populärwissenschaftlichen Zeitschriften verbreitet.110 Die verfügbaren technischen Hilfsmittel waren noch relativ bescheiden. Neben der menschlichen Stimme und dem menschlichen Ohr arbeiteten die frühen Akustiker in erster Linie mit Musikinstrumenten, schwingenden Saiten und Platten, Glocken und Stimmgabeln, weshalb denn auch die Analyse musikalischer Klänge im Mittelpunkt stand. Die Sirene als erste künstliche, nicht musikalische Schallquelle wurde 1819 von Charles Cagniard de la Tour erfunden. Sie bestand im Wesentlichen aus zwei
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mit Löchern versehenen Scheiben, die – zur Rotation gebracht – einen Ton erzeugten. Um 1840 von Heinrich Wilhelm Dove technisch verbessert, sollte sie in der Folge als »Dove-Sirene« in der Akustik wie auch in der Arbeitswelt des Fabrikzeitalters eine wichtige Rolle spielen. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde durch drei herausragende Forscherpersönlichkeiten geprägt, die in den 1860er- und 70er-Jahren ihre Hauptwerke zur Akustik veröffentlichten und damit die Blütezeit dieser Disziplin einleiteten : Hermann von Helmholtz, John Tyndall und Baron Rayleigh ( John William Strutt). Der deutsche Naturforscher Hermann von Helmholtz (1821–1894), bereits mit 28 Jahren Professor für Physiologie, später auch für Anatomie und Physik, gilt als einer der vielseitigsten Gelehrten seiner Zeit, der auf zahlreichen Gebieten Pionierarbeit leistete. Als wichtigstes Ergebnis seiner akustischen Forschungen erschien 1863 das Buch »Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik«. Helmholtz wurde damit zum Begründer der modernen akustischmusikalischen Forschung und zur führenden Autorität in Fragen des Hörens, an der sich alle anderen auf diesem Gebiet tätigen Wissenschaftler orientierten. Das Buch, bis heute ein Standardwerk der Akustik, erreichte 1913 bereits die sechste Auflage, 1877 war es erstmals ins Englische übersetzt worden. Im Vorwort schrieb Helmholtz über sein Anliegen : Bisher ist von der Lehre vom Schall fast nur der physikalische Teil ausführlich behandelt worden, d. h. man hat die Bewegungen untersucht, welche tönende, flüssige oder luftförmige Körper ausführten, wenn sie einen dem Ohr vernehmbaren Schall hervorbrachten. (…) Neben der physikalischen besteht eine physiologische Akustik, welche die Vorgänge im Ohr selbst zu untersuchen hat.111
Der Erforschung dieser Vorgänge reicht bis in das 16. Jahrhundert zurück, dem eigentlichen Beginn der anatomischen Erkundung des Ohres, ermöglicht durch die Sektion des menschlichen Körpers, die in der Spätantike und im Mittelalter aus religiösen Gründen verboten gewesen war und nun ihre Legitimation durch die medizinische Forschung erhielt. Sukzessive begann sich damals das lange im Spekulativen verbliebene Gebiet des Hörens zu erschließen :112 Bereits das erste vollständige Lehrbuch zur Anatomie des menschlichen Körpers, 1543 von Andreas Vesalius veröffentlicht, enthielt eine in ihren Grundzügen bis heute gültige Beschreibung des Ohres mit seiner Dreiteilung in Außen, Mittel- und Innenohr. Von den drei Gehörknöchelchen waren bereits Hammer und Amboss bekannt, Giovanni Fillippo Ingrassia entdeckte kurz darauf den Steigbügel. Es folgten genaue Beschreibungen des Trommelfells, der Schnecke (Cochlea), der Bogengänge und des Ovalen Fensters durch Gabriele Faloppio, und Bartholomeo Eustachio entdeckte die »tuba auditiva« zwischen Mittelohr und
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Abb. 6: Führender AkustikExperte: Hermann von Helmholtz, 1894
Rachenraum (Eustachsche Röhre). Der Arzt Volcher Koyter, Verfasser des ersten, ausschließlich dem Gehör gewidmeten Buches, gewann 1570 die bis heute gültige Ansicht über die Funktion des äußeren Ohres als reflektierendes Organ, über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen als Schallüberträger sowie über die anschließende Leitung der Gehörimpulse durch den »nervus acusticus« in das Gehirn. In den folgenden beiden Jahrhunderten wurden die anatomischen und physiologischen Kenntnisse über das Ohr durch so bedeutende Mediziner wie Joseph du Verney, Antonio Maria Valsava, Johann Friedrich Cassebohn, Giovanni Batista Morgagni oder Antonio Scarpa weiter verfeinert, sodass die Struktur des Außen- und Mittelohres schon bald ausreichend erforscht war ; weniger gut bekannt war jedoch der Aufbau und die Funktion des Innenohres. Zwar hatte schon Domenico Cotugno 1760 die Behauptung aufgestellt, dass die Cochlea nicht wie bisher angenommen mit Luft, sondern mit Wasser gefüllt sei (der Anatom Philipp Friedrich Meckel konnte dies kurz danach auch nachweisen), wie hier jedoch eine Hörempfindung hervorgerufen wird, diese Frage blieb nach wie vor offen. Ihre Klärung oblag nun insbesondere der Physiologie, die sich im 19. Jahrhundert von einer Hilfswissenschaft der Anatomie zu einer eigenen Wissenschaftsdiszip-
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lin entwickelte. Ausgehend von einer neuen, naturwissenschaftlich-mechanischen Konzeption des organischen Körpers ging sie daran, sämtliche Lebensvorgänge zu erforschen. Als ihr eigentlicher Begründer gilt Johannes Müller (1801–1858), Inhaber eines Lehrstuhls für Anatomie und Physiologie in Berlin und Verfasser eines epochemachenden Handbuches der Physiologie (1834/37), ein Werk, das – wie später einmal bemerkt wurde – »wie ein Lärmzeichen hereinbrechenden Sturms auf die junge medizinische Welt Deutschlands wirkte.«113 Müller, der sich in zwei Schriften speziell mit sinnesphysiologischen Fragen beschäftigte, formulierte u. a. das »Gesetz der specifischen Sinnesenergie«, das großen Einfluss auf die weitere Forschung ausüben sollte. Es beruhte auf der Annahme, dass jede Nervenart (Seh, Hör, Riechnerv etc.) eine ihr innewohnende spezifische Energie besitze, die sich nicht weiter physikalisch definieren lasse. Wird ein wie immer gearteter (elektrischer, chemischer oder mechanischer) Reiz auf einen bestimmten Sinn ausgeübt, so empfindet dieser nicht den Reiz selbst, sondern nur das ihm eigene »Empfindbare«, also z. B. hell/dunkel, laut/leise. Nicht die Qualitäten der Objekte, die von außen auf einen Sinn wirken, werden also an das Empfindungszentrum weitergeleitet, sondern die verschiedenen Sinnesenergien. Aus der Schule Müllers gingen u. a. Emil Du Bois-Reymond, Hermann von Helmholtz, Ernst Brücke und Carl Ludwig hervor, vier befreundete, äußerst einflussreiche Wissenschaftler, die in ihren physiologischen Laboratorien unermüdlich sezierten, vermaßen, experimentierten. Für sie war die Physiologie schlichtweg die »Königin der Naturwissenschaften«. Neue Instrumente und Messtechniken wurden entwickelt. Augenspiegel, Ophthalmometer und Spectrophotometer, allesamt von Helmholtz im Zuge seiner optischen Studien erfunden, Ohrenspiegel und Audiometer, Olfaktometer und Aestesiometer waren nur einige der Werkzeuge, deren man sich nun rege bediente. Der Psychophysiker Gustav Fechner führte den wichtigen Begriff der »Reizschwelle« in die Sinnesphysiologie ein, worunter er diejenige Intensität eines Reizes verstand, bei welcher derselbe eine gerade noch merkbare Empfindung auslöst. Den kleinsten merkbaren Unterschied der Intensität zweier Reize nannte er »Unterschiedsschwelle«. Er entdeckte das nach ihm benannte Fechnersche Gesetz, wonach die Stärke der Empfindung proportional dem Logarithmus der Reizstärke wächst. Diese Erkenntnis war bahnbrechend, definierte sie doch die sinnliche Wahrnehmung als Abfolge von in ihrer Intensität wechselnden Größen, die sich quantitativ messen lassen. Das menschliche Empfinden stellte sich damit als weitgehend berechenbar dar. Dass die Physiologie derart erfolgreich und, wie Philipp Sarasin und Jakob Tanner betonen, zur mächtigen Leitwissenschaft des 19. Jahrhunderts werden konnte, hängt mit dem Glauben an den industriellen Fortschritt durch wissenschaftlich angeleitete Naturbeherrschung ebenso zusammen wie mit der Einsicht, dass wirtschaftlich-wis-
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senschaftliche Leistungskraft zur wichtigen Grundlage nationaler Machtpolitik geworden war. Zudem war der neue (kognitive, experimentelle) Zugang zur menschlichen ›Natur‹ mit der Schaffung wirkungsmächtiger Vorstellungen und einleuchtender Metaphern verbunden (…). Physiologische Leitbegriffe und Konzepte wurden außerhalb der Universitäten und im nichtmedizinischen Bereich aufgegriffen ; zentrale Begriffe und Modelle der aufstrebenden Wissenschaftsdisziplin (wie etwa Zellen, Nerven, Organismus, Kreislauf, Regulation, Rückkopplung) flossen in gesellschaftswissenschaftliche Theorien, literarische Traditionen und populärwissenschaftliche Vorstellungswelten ein.114
Unter Übernahme der Labormethoden und experimentellen Praktiken der Chemie und Physik war ein neues Bild des menschlichen Körpers entstanden, der sich als System genau bestimmbarer Reaktions-Mechanismen darstellte, als thermodynamische Maschine mit chemisch beschreibbaren Teilen, deren nach physikalischen Prinzipien koordinierte Bewegungen durch Elektrizität induziert werden. Das dahinterliegende Denkmodell war nun nicht mehr die anatomische Wachsmoulage, auf der man sehen konnte, wie der Körper ist, sondern eine aus Federzügen, Metallgestängen und elektrischen Schaltungen gebaute Maschine.115 Was den physiologischen Diskurs über das Hören betrifft, so wurde dieser Mitte des Jahrhunderts durch neue anatomische Entdeckungen vorangetrieben, insbesondere jene des italienischen Arztes Alfonso Corti, der 1851 die nach ihm benannten Endorgane der Hörnerven, das Cortische Organ, in der Cochlea identifizierte. Nach wie vor blieb jedoch ungeklärt, was genau in der Cochlea geschieht. Diesem Problem widmete sich nun Hermann von Helmholtz. In seiner »Lehre von den Tonempfindungen« untersuchte er die Zusammenhänge zwischen den physiologischen Vorgängen und musikalisch-ästhetischen Empfindungen, womit er erstmals die Gebiete der physikalischen und physiologischen Akustik mit jenen der Musikwissenschaft und Ästhetik vereinte. Dabei ging er zunächst vom Ton als der akustischen Grundeinheit aus, definiert als Schwingung, die nicht weiter zerlegt werden kann. Mehrere zusammengesetzte Töne bezeichnete er als Klang bzw. Geräusch, je nachdem, ob es sich um eine regelmäßigperiodische oder unregelmäßige Aufeinanderfolge von Schallwellen handelt. Mithilfe der von ihm erfundenen Resonatoren, gläsernen oder metallenen Hohlkugeln mit bestimmter Eigenfrequenz, konnte er einzelne Töne eines Klanges verstärken und somit isolieren und einzeln studieren. In der Folge entwickelte Helmholtz seine revolutionäre Resonanztheorie, mit der er den Vorgang des Hörens analog dem Funktionieren eines Klaviers zu erklären versuchte. Demnach fungieren die in der Basilarmembran des Cortischen Organs angeordneten Fasern als Resonatoren, wobei – ähnlich einzeln
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Abb. 7: Das Zentrum des Hörens: Schnecke und Bogengänge nach H. v. Helmholtz, 1865
angeschlagenen Klaviersaiten – stets nur diejenigen zur Schwingung angeregt werden, deren Eigenfrequenz mit der in das Ohr dringenden Schallfrequenz übereinstimmt, wodurch ein Impuls an den Hörnerv weitergeleitet und schließlich eine Hörempfindung ausgelöst wird. Das Bild vom Ohr als organischem Instrument entsprach den Vorstellungen der Physiologie und deren Verwissenschaftlichung und »Instrumentalisierung« des menschlichen Körpers. Dass man dabei ausgerechnet das Klavier zur Erklärung heranzog, ist, so der Musikwissenschaftler Wolfgang Scherer, auch Resultat der führenden Rolle, die es im damaligen Musikleben innehatte : »Gute 100 Jahre Musikerziehung an Hand von Klaviaturen genügen – und das Klavier ist nun buchstäblich in den Körper eingeschrieben.«116 Nicht zufällig sollte gerade dieses Instrument auch in der Lärmdiskussion eine wichtige Rolle spielen. Johann Nepomuk Czermak, renommierter Professor für Physiologie in Prag, fasst die Metapher vom organischen Klavier in einem 1868 gehaltenen Vortrag nochmals bildhaft zusammen : Könnten wir jede Saite des Klaviers mit einem akustischen Nerven so verbinden, daß derselbe erregt würde und den entsprechenden einfachen Ton empfände, sobald die Saite in Schwingung geriete, so hätten wir begreiflicherweise ein Organ geschaffen, das zur Wahrnehmung der Tonhöhen und Klangfarben geeignet wäre. Ein solches Miniaturklavier mit Nerven ist aber in der Tat die Schnecke, die wir im Ohre haben. Die 3000 auf verschiedene Töne abgestimmten Corti’schen Stäbchen entsprechen nämlich den Klaviersaiten, und es ist jedes Stäbchen mit akustischen Nerven verknüpft.117
Die Resonanztheorie erwies sich als überaus einflussreich. Das einprägsame Bild vom »Schnecken-Klavier« im Ohr wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch populär. Es findet sich in der akustisch-musikalischen Fachliteratur ebenso wie in gängigen Zeitschriften und Journalen. Erst zur Jahrhundertwende sollten sich im Zuge der Verbreitung neuer technischer Medien wie Telefon oder Phonograph allmählich andere Vorstellungen von der Funktionsweise des Ohres durchsetzen.
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Doch zurück zu Hermann von Helmholtz’ wegweisendem Buch. Während er im ersten und zweiten Teil des Werkes isolierte Schallphänomene untersuchte (Obertöne, Klangfarben, Kombinationstöne, Schwebungen, Konsonanz und Dissonanz), wandte er sich im dritten Teil dem musikalischen Gebrauch zu. Dabei trennte er die natürlichen, physiologischen Voraussetzungen deutlich von den gesellschaftlich determinierten Prägungen. Er hielt fest, daß das System der Tonleitern, der Tonarten und deren Harmoniegewebe nicht bloß auf unveränderlichen Naturgesetzen beruht, sondern daß es zum Teil auch die Konsequenz ästhetischer Prinzipien ist, die mit fortschreitender Entwickelung der Menschheit einem Wechsel unterworfen gewesen sind und ferner noch sein werden.118
Die Historizität des musikalischen Geschmacks, von akustisch-ästhetischen Empfindungen generell – wozu auch der Lärm zu zählen ist –, war für Helmholtz evident. Er strebte die Lösung musikhistorischer Fragen nicht allein aus der Sicht des Naturwissenschaftlers an ; sorgfältig unterscheidend zwischen Naturgesetzen und ästhetischen Prinzipien, spürte er den gesellschaftlich-kulturell bedingten Motiven für den Wandel dieser Prinzipien nach. In der europäischen Musikgeschichte bedeutete dies einen entscheidenden Bruch, eine Verabschiedung vom bislang dominierenden eurozentrischen Fortschrittsmodell, das alles Kunstgeschehen der europäischen Vergangenheit ebenso wie das in außereuropäischen Regionen als Vorstufe zu jener Vollkommenheit auffasste, von der man meinte, dass sie Europa letztlich auszeichne. Ein reger wissenschaftlicher Austausch wie auch eine enge persönliche Freundschaft verbanden Hermann von Helmholtz und den irischen Physiker John Tyndall (1820– 1893), der an der berühmten »Royal Institution« in London lehrte. Er veröffentlichte 1867 ein weiteres wichtiges Werk zur Akustik unter dem schlichten Titel »On Sound«. Das Buch erlangte sogleich eine große Verbreitung (1895 erschien bereits die sechste Auflage, zwei Jahre nach seiner Erstveröffentlichung war es von Helmholtz unter dem Titel »Der Schall« ins Deutsche übersetzt worden). Der außergewöhnliche Erfolg der Schrift beruhte auf den exzellenten sprachlichen und didaktischen Fähigkeiten Tyndalls. In einzelne »Vorlesungen« gegliedert, führte er mithilfe von anschaulich erklärten Versuchen in die faszinierende Welt der Akustik ein und macht sie so auch für Laien nachvollziehbar und verständlich. Auf die Kritik, er verwende für seine Darlegung fast ausschließlich experimentelle Methoden, erklärte er, dass es ihm gerade darum gehe, auch weniger vorgebildete Leser anzusprechen und deren Interesse für den »zauberhaften Reiz der physikalischen Wissenschaft« zu erwecken : »Mein Ziel war es stets ebenso sehr anzuregen, wie zu belehren.«119 Im Unterschied zu Helmholtz beschäftigte sich Tyndall weniger mit speziellen musikalisch-ästhetischen Fragestellungen, er gab vielmehr – sechs Jahrzehnte nach
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Chladni – erneut einen fundierten Überblick über das gesamte Feld der Akustik. Unter anderem erläuterte er dabei das Phänomen der Interferenzen und die damit zusammenhängende, bereits von Young beobachtete Tatsache, dass ein Ton durch einen anderen gleichsam ausgelöscht werden kann – ein Umstand, der heute erfolgreich in der Lärmbekämpfung angewandt wird, wo man einen spezifischen Lärm durch einen entsprechenden Anti-Lärm zu neutralisieren versucht. In der vierten, stark erweiterten Auflage präsentierte Tyndall auch neueste Forschungsergebnisse über die Ausbreitung des Schalls in der Atmosphäre, insbesondere über die Auswirkungen des Nebels. Da dieses Problem für den Schiffsverkehr von größter Relevanz war, hatte er eine Versuchsanordnung mit riesigen Nebelhörnern und Sirenen an der Küste installiert. Je nach Wetterverhältnissen registrierte er größte Schwankungen der akustischen Wahrnehmung, wofür seiner Meinung nach unsichtbar in der Luft schwebende »akustische Wolken« verantwortlich seien. Insgesamt lag die Bedeutung Tyndalls aber weniger in seinen eigenen Forschungen als in seiner kreativen und inspirierenden Persönlichkeit. Während viele seiner Methoden heute überholt sind, sind seine Schlüsse daraus oft durchaus noch gültig. Unbestritten sind auch seine überragenden Fähigkeiten als Lehrer und Volksbildner, als welcher er einen wertvollen Beitrag zur Popularisierung der Akustik leistete. Als eine der beeindruckendsten Figuren in der Geschichte dieser Wissenschaft gilt Tyndalls gut zwanzig Jahre jüngerer Kollege und Nachfolger an der »Royal Institution« : John William Strutt (1842–1919), seit 1873 Baron Rayleigh. Einer reichen aristokratischen Familie entstammend, hatte er Mathematik und Physik in Cambridge studiert. Hier war er auch erstmals mit den Schriften von Helmholtz in Berührung gekommen, worauf er mit eigenen akustischen Forschungen begann, die bis zu seinem Tode beträchtliche 128 publizierte Artikel umfassen sollten. Seine diesbezüglich wichtigste Arbeit war das zweibändige Werk »The Theory of Sound«, erschienen 1877/78 (dt. »Die Theorie des Schalles«, 1880). In einer umfangreichen Rezension in der englischen Zeitschrift »Nature« erklärte Helmholtz, dass damit erstmals eine umfassende und kohärente Theorie zum Phänomen des Schalles vorliege, unter Zuhilfenahme der Mathematik, die Rayleigh brillant anzuwenden verstehe. 1894 erschien das Werk in einer vollständig überarbeiteten und ergänzten zweiten Auflage, die auch neueste Forschungsergebnisse aus dem Feld der Elektroakustik enthielt. Rayleigh erwies sich aber nicht nur als Großmeister der akustischen Theorie, er führte in seinem privaten Labor in Terling/Essex auch zahlreiche experimentelle Arbeiten durch, etwa zur Richtungswahrnehmung oder zur Messung der Hörschwelle, wofür er ein neues Instrument, die später sogenannte »Rayleigh-Scheibe«, erfand. Daneben befasste er sich mit Phänomenen der Optik, der Elektrizität oder der Natur der Gase (u. a. entdeckte er das Edelgas Argon, wofür er 1904 den Nobelpreis erhielt). Meist arbeitete er gleichzeitig an verschiedenen Problemen, übertrug Lösungen und
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Ideen auf mehrere Forschungsfelder, die er auf diese Weise erfolgreich erweiterte und fortführte. Entscheidende Impulse erhielt die akustische Forschung von den zahlreichen Entdeckungen und Erfindungen auf dem Gebiet des Elektromagnetismus, die zur Konstruktion neuer technischer Geräte zur Messung des Schalls wie auch zu seiner Übertragung führten. Telegraf, Telefon und Phonograph revolutionierten den Alltag gleichermaßen wie die Wissenschaft. Insbesondere Letzterer eröffnete völlig neue Möglichkeiten, konnte man mit ihm doch erstmals Schallereignisse speichern und – relativ originalgetreu – wiedergeben. In Fortführung der Gedanken von Helmholtz und Rayleigh entwickelte sich die Spezialdisziplin der psychologischen Akustik, die die Wirkung unterschiedlichster Klänge, Geräusche und Laute auf den Menschen analysierte. Zentrum der Forschung war Berlin, wo 1898 das erste Musikpsychologische Institut der Welt gegründet wurde. Die Leitung hatte der Philosoph und Psychologe Carl Stumpf (1848–1936) inne, Verfasser des zweibändigen Standardwerkes »Tonpsychologie« (1883/90). Mit seinem Forscherteam machte er sich daran, die von musikalischen, physikalischen oder menschlichen Instrumenten erzeugten Schwingungen in Echtzeit auszumessen, zu vergleichen, zu analysieren. Ausgedehnte Versuchsreihen wurden angestellt um die Ökonomie der akustischen Reizverarbeitung zu ergründen. Wie Scherer anmerkt, gab es kaum ein akustisches Ereignis, das in dieser Pionierphase nicht aufgezeichnet und untersucht worden wäre : Sprachlaute, Instrumentalklänge, Geräusche, Menschen, Tiere, Maschinen : die ganze akustische Umwelt war Gegenstand der Forschung.120 Auch die Vorstellungen vom Hören veränderten sich grundlegend im Zeitalter der Elektrizität. An die Stelle der mechanischen Klaviatur traten Bilder von elektrischen Impulsen, Reizbahnen und Nervenleitungen. Helmholtz’ Resonanztheorie, zu Beginn noch als genialer Wurf gepriesen, hielt den neuesten Erkenntnissen nicht mehr Stand. Vielfach kritisiert und modifiziert – u. a. von Ernst Mach, auch er ein Grenzgänger zwischen Physik, Physiologie und Psychologie, der selbst zahlreiche Hörversuche anstellte121 –, erhielt sie 1886 durch die »Telefontheorie« von William Rutherford Konkurrenz, der zufolge das Ohr wie ein Telefon die Schallereignisse an das Gehirn vermittle, selbst aber keinerlei analytische Funktion wahrnehme. Im Wettstreit der Theorien sollte schließlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg der entscheidende Durchbruch gelingen, als Georg von Békésy, Spezialist für Akustik beim ungarischen Telefondienst, im Jahr 1961 seine bahnbrechende »Wanderwellen-Theorie« publizierte. Allerdings ist festzuhalten, dass nach wie vor – trotz modernster elektronischer Forschungsmethoden – nicht restlos geklärt ist, wie das Hören in all seinen Einzelheiten funktioniert. Die Geschichte des Ohres bleibt damit genau genommen noch immer eine »Geschichte der Spekulation«.122
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Die Akustik als Wissenschaft verlor im Laufe des 20. Jahrhunderts ihre Einheitlichkeit, zerfiel in einzelne, hochspezialisierte Teilgebiete wie Bauakustik, Elektroakustik, Psychoakustik oder musikalische Akustik. Gleichzeitig entstand eine neue, in der Praxis immer wichtiger werdende Subdisziplin : die Lärmforschung. Zur Phänomenologie des Lärms Während sich die vier primären Schallereignisse »Ton«, »Klang«, »Geräusch« und »Knall« physikalisch relativ eindeutig definieren lassen123, handelt es sich bei »Lärm« um ein weitaus komplexeres Phänomen, das mit physikalischen Kriterien allein nicht ausreichend zu erklären ist. Die relative Bandbreite dieses Begriffs resultiert allein schon daraus, dass bei der Verarbeitung akustischer Eindrücke stets auch Bewertungen und Vergleiche mit bisherigen Erfahrungen einfließen. Diese bestimmen wesentlich mit, was als Lärm wahrgenommen wird. Grundsätzlich können, so der Freiburger Sozialwissenschaftler Stephan Marks, drei Arten von Lärm-Begriffen unterschieden werden :124 Der psychologische Lärmbegriff geht von der Sicht der Rezipienten aus. Lärm wird dabei als unerwünschter oder störender Schall verstanden, womit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass es genau genommen kein objektives Definitionskriterium gibt und fast jedes Schallereignis subjektiv als Lärm wie auch als Nicht-Lärm erlebt werden kann – je nach Situation, Tageszeit, Kultur, Alter, Geschlecht oder Milieuzugehörigkeit. Auch die Art und Intensität der uns umgebenden Geräuschkulisse, der sogenannte »Grundgeräuschpegel«, den wir meist gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, spielt hierbei ebenso eine entscheidende Rolle wie die Einstellung zur Geräuschquelle und deren Einstufung als vermeidbar bzw. sinnvoll. Der naturwissenschaftliche Lärmbegriff versteht unter Lärm schlicht lauten Schall. Dabei ist zu bedenken, dass die Lautstärke zwar ein wesentliches Moment darstellt, allerdings können auch leise Geräusche (wie der berühmte tropfende Wasserhahn) durchaus belästigend und störend wirken, wie umgekehrt auch relativ laute Geräusche (man denke etwa an Meereswellen) angenehm und erholsam sein können. Angesichts der beträchtlichen qualitativen Unterschiede zwischen den einzelnen Geräuschquellen werden daher in der Praxis der naturwissenschaftlichen Lärmforschung, die in erster Linie auf objektive Messbarkeit abzielt, neben der Lautstärke auch Tonhöhe, Art des Schalles, Einwirkungsdauer, Häufigkeit und Tageszeit berücksichtigt. Der ökologische Lärmbegriff definiert Lärm als akustische Umweltverschmutzung, als Verunreinigung der Luft durch Schallenergie. Den Naturgeräuschen werden dabei die vom Menschen, seinen Werkzeugen und Maschinen verursachten Geräusche gegenübergestellt. Nicht berücksichtigt wird dabei allerdings, dass auch Naturgeräu-
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Abb. 8: Lärm als Protest: Karikatur von William Hogarth, 1741
sche subjektiv als störend erlebt werden können. Berühmtes Beispiel ist der Philosoph Immanuel Kant, der sich durch das Krähen eines Hahnes derart gestört fühlte, dass er diesen kaufte und bei einem Festmahl mit Freunden verspeiste. Allen drei beschriebenen Facetten begegnen wir in der Auseinandersetzung mit dem Lärm zur vorvorigen Jahrhundertwende : »Unerwünschtes und unnützes Geräusch«, »unangenehmes Geräusch«, »überflüssiges Geräusch«, »lauter Gestank« oder »akustischer Schmutz« waren bereits damals gängige Formulierungen zur Charakterisierung des Lärms. Die folgenden Ausführungen nehmen auf diese unterschiedlichen Aspekte Bezug, wenngleich der Lärm als psychologisches Phänomen, geformt von sozialen und kulturellen Kräften, im Zentrum der Untersuchung steht. Als solches erfuhr er in der westlichen Kultur eine spezifische Ausprägung, eine enge Konnotation – so Peter Bailey – mit Unordnung und Unsinn. In Anlehnung an Mary Douglas’ Definition von Schmutz als »Materie am falschen Platz«,125 könnte man Lärm treffend als »Geräusch am falschen
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Platz« bezeichnen. Hinsichtlich ihrer sozialen Funktion gibt es nach Bailey drei Typen von Lärm : Lärm als Ausdruck von Fröhlichkeit, als Ausdruck von Verwirrung und als Ausdruck von Bedrohung.126 Der letztgenannte – zentrale – Aspekt manifestiert sich paradigmatisch in der Kriegsführung, wo Schlachtgeschrei, Trommelwirbel oder laute Musik seit jeher als strategische Mittel eingesetzt werden ; in populären Protestformen, von der sogenannten »Katzenmusik« bis hin zum »Krawall«127 und zur skandierenden Menge von Demonstranten ; und nicht zuletzt in traditionellen Riten der Angstabwehr, worin etwa diverse Fastnachtsbräuche, das Abbrennen von Feuerwerken und Böllern zu Silvester oder vermutlich auch das Zerschlagen von Geschirr am Polterabend ihren Ursprung haben. Das Gemeinsame all dieser sozialen Konfigurationen ist ihr Moment der Irritation, das Überschreiten einer gewohnten Grenze, die Infragestellung einer bestehenden Ordnung. Lärm, so lässt sich generalisierend feststellen, verweist also stets auf etwas »Außer-Ordentliches«. Dabei meint Lärm nicht einfach nur die totale Negierung von Sinn und Bedeutung. Er verweist vielmehr auf die Möglichkeit der Generierung neuer Bedeutungen und Sinnzusammenhänge.128 Spätestens mit der Französischen Revolution etablierte sich eine Tradition, große gesellschaftliche Veränderungen als Lärm darzustellen, als eine alles überspülende Flut an Geräuschen und Geschrei. Lärm begleitete und charakterisierte die Massenbewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts. Er wurde zum unüberhörbaren Ausdruck der sich formierenden »Massenseele« (Gustave Le Bon), zum akustischen »Ornament der Masse« (Siegfried Kracauer). Auch Elias Canetti sollte später die Besonderheit der Masse an ihrem Schrei begreifen lernen ; u. a. erkannte er deutliche Lautanalogien zwischen dem Lärm in einem Fußballstadion und der Erstürmung des Wiener Justizpalastes im Jahr 1927.129 Wie mächtig Lärm sein kann, zeigt sich auch in dem von Murray R. Schafer beschriebenen Phänomen des »Heiligen Lärms«. Besonders laute furcht- und respekteinflößende Geräusche wurden in vielen Gesellschaften als »Stimme« einer göttlichen Instanz verstanden. Dazu gehörten Naturlaute wie Donner, mit dessen Kraft oberste Gottheiten wie Zeus und Thor ausgestattet waren, Vulkanausbrüche und Sturmgeräusche, aber auch die lärmende Inbrunst bei religiösen Gesängen und Tänzen oder das Läuten der Kirchenglocken und der dröhnende Klang des Orgelspiels. Der »Heilige Lärm« stellte ein gesellschaftliches Tabu dar, war von jeder Kritik ausgenommen, wodurch der ihn produzierenden Gemeinschaft die Autorität zukam, ihn ohne Zensur auszuüben.130 Schafer vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass die Macht des »Heiligen Lärms« mit der industriellen Revolution von der spirituellen auf die profane Welt überging, von den Göttern und Priestern gewissermaßen auf die Industriellen und ihre Maschinen, die nun ihrerseits unzensiert Lärm produzieren durften. Darin sei, so Schafer, ein wesentlicher Grund für das lange Zeit unbeachtet gebliebene Problem
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des Industrielärms zu sehen. Dies stellt allerdings aus heutiger Sicht eine wohl allzu simplifizierende Analogie dar, die andere wichtige Faktoren ausblendet, u. a. auch die Tatsache, dass – wie weiter unten gezeigt wird – Lärm erst relativ spät mit technischen Mitteln messbar und damit objektiver überprüfbar wurde. Unbestritten ist jedoch, dass es in unseren kulturellen Deutungsmustern auch wichtige positive Assoziationen mit lauten Geräuschen gibt, wie Stärke, Aktivität, Kontrolle oder Männlichkeit. Diese heben sich dann auch deutlich von jenen des akustischen Gegenbilds – der Stille – ab, die traditionellerweise eher als Ausdruck von Respekt, Passivität, Weisheit und Weiblichkeit gilt. Karin Bijsterveld fasst das vielschichtige symbolische Bedeutungsfeld der Klänge und Geräusche, das bei der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Lärm stets wirkungsmächtig mitschwingt, folgendermaßen zusammen : Das Grundmuster dieser Symbolik besteht darin, dass, wie Anthropologen und Historiker gezeigt haben, laute Geräusche im Falle einer positiven Bewertung mit Eigenschaften versehen wurden wie Macht, Stärke, Fortschritt, Wohlstand, Energie, Dynamik, Männlichkeit und Kontrolle. Doch die gleichen Geräusche wurden, wenn sie unerwünscht waren und man sie somit als ›Lärm‹ bezeichnete, als absichtliche Störung der sozialen Ordnung angesehen, verursacht oft von jenen, die in der Hierarchie tiefer standen. (…) Das Recht, Lärm zu machen, war lange Zeit das Privileg der Mächtigen, während Menschen von niedrigerem Rang (Frauen, Kinder, Diener) zur Ruhe angehalten wurden oder unter Verdacht standen, die soziale Ordnung absichtlich durch Lärm zu stören. (…) Lärm verwies auf Konflikt und Komplexität, Rohheit, Wildheit, Primitivität, Irrationalität, abschreckendes Benehmen und Rache. (…) Lärm bedeutete Chaos, Stille bedeutete Ordnung.131
Diese tief verwurzelten kulturellen Zuschreibungen und Hierarchien spiegelt auch die Etymologie des Wortes Lärm wider : Das seit frühneuhochdeutscher Zeit als »lerman« oder »larman« bezeugte Substantiv leitet sich von »Alarm« ab, das seinerseits auf das italienische »allarme« zurückgeht, entstanden durch Zusammenziehung aus dem Ruf »all’arme !«, d. h. »zu den Waffen !« (lat. arma = Waffen). Lärm war somit zunächst ein Ausdruck aus dem militärischen Bereich, wo sich auch weitere zusammengesetzte, heute allerdings nicht mehr gebräuchliche Ausdrücke herausbildeten : »Lärmplatz« (Ort, an dem die Soldaten unter Waffen treten), »Lärmbläser« und »Lärmschläger« (Trompeter bzw. Tambour, der den Aufruf zum Sammeln gibt), andere »Lärmzeichen« wie »Lärmschuss«, »Lärmfeuer«, »Lärmglocke« etc. Die zentrale appellative Funktion von Lärm und seine enge Verknüpfung mit Gefahr ging in der Folge von der militärischen auf die zivile Welt über. Hier bildete sich die allgemeinere Bedeutung »Zusammenlauf einer Menge, feindliche Zusammenrottung« sowie später »wildes Geschrei oder Geräusch, Tosen, Getöse« heraus. Seit dem 17. Jahrhundert findet man die Formen »der Lärm« und »der/das Lärmen« in den Wörterbüchern verzeichnet.132
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Wie dieses Derivat aus der Kriegssprache allmählich in die bürgerliche Alltagssprache übernommen wurde, sei anhand zweier Beispiele verdeutlicht. In Johann Heinrich Zedlers 1732–1754 erschienenem »Universal-Lexikon« dominiert noch der soldatische Kontext, wobei der Aspekt der Unordnung besonders betont wird : Lärmen, ist die Versammlung derer Soldaten in einer Festung oder in einem Lager bey einem unvermutheten feindlichen Angrieffe. Weil bey einer solchen unvermutheten Versammlung nicht alles so ordentlich zugehet, als wenn man sich darauf mit guter Musse vorbereiten kann, so nimmt der Feind manch Mahl Gelegenheit, von dieser Unordnung Nutzen zu ziehen, und greiffet eine Armee oder Festung bey Nacht-Zeit, oder doch zu einer solchen Zeit an, da sie in vollkommener Sicherheit zu seyn vermeynen, und sich nichts weniger als eines Angrieffes versehen.133
Bisweilen gab es auch ein sogenanntes »blindes Lärmen« : Die Generäle suchen ihre Soldaten manch Mahl dadurch auf die Probe zu stellen, wie sie sich in einem unvermutheten Angrieffe verhalten würden, und ob sie die gehörige Hertzhafftigkeit und Wachsamkeit dabey beweisen. Sie stellen deswegen an eine von den Wachen heimlichen Befehl, bey Nachte Feuer zu geben, und dadurch in dem Lager Lärmen zu machen, damit sie daraus wahr nehmen können, ob sie geschwinde und ordentlich zugleich in ihrer Zubereitung zu einem Treffen seyn würden.134
Ein halbes Jahrhundert später definierte der renommierte deutsche Sprachforscher und Lexikograf Johann Christoph Adelung (1732–1806) dann bereits Lärm allgemein als 1) ein jeder lauter, beschwerlicher Schall, ingleichen aus mehrern solchen Arten des Schalles zusammen gesetztes Getöse, auch ein heftiger Zank, Streit. 2) ein mit einem verworrenen Geschreye verbundener Auf- oder Zusammenlauf mehrerer.135
»Unerwünschtheit« bzw. »Lästigkeit« setzten sich in der zivilen Welt als entscheidende Definitionskriterien durch.136 Ein stark von bürgerlichen Moral- und Wertvorstellungen geprägter Lärmbegriff entstand, der nicht zuletzt der Identitätsstiftung und Abgrenzung, insbesondere unteren Bevölkerungsschichten gegenüber, diente. »Lärm ist das Geräusch der anderen«, notierte der Schriftsteller Kurt Tucholsky später einmal und brachte damit diesen zentralen Aspekt der Lärmrezeption auf den Punkt.137 Nur am Rande sei angemerkt, dass in anderen europäischen Sprachen mitunter wesentliche Bedeutungsnuancierungen festzustellen sind. So bedeutet das englische »noise« sowohl »Lärm« als auch »Geräusch« (hergeleitet von lat. nausea = Seekrankheit). Definitionen von »noise« als »unerwünschtem Laut« gehen im »Oxford Eng-
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lish Dictionary« bis ins 13. Jahrhundert zurück. Schon damals waren in vielen Städten Englands Gesetze erlassen worden, die die Niederlassung von Hufschmieden wegen des von ihnen verursachten Lärms auf bestimmte Bezirke beschränkten.138 Als ein erster Versuch, Lärm als Gesamtes in den Griff zu bekommen, gleichsam Ordnung in die Unordnung zu bringen, kann dessen Zerlegung in Einzelphänomene, benannt nach den jeweiligen Verursachern, gewertet werden. Bereits die erwähnte Schriftstellerin Emmy von Dincklage unterschied 1879 den »Straßen, Natur, Massenund Gewohnheitslärm« streng vom »Hauslärm«, den sie seinerseits in »Vocal-Lärm« und »Instrumental-Lärm« unterteilte.139 Insbesondere der Straßenlärm stellte mit der zunehmenden Diversifizierung der Verkehrsmittel ein immer komplexer werdendes akustisches Gebilde dar, das es zunächst einmal analytisch zu erfassen galt. Eine Ende der 1920er-Jahre in New York, der damals wohl lautesten Stadt der Welt, eingesetzte Kommission zur Lärmbekämpfung verzeichnete insgesamt acht verschiedene Quellen des Stadtlärms, denen auf unterschiedlichste Weise zu Leibe gerückt werden sollte. Heute spricht man im Allgemeinen von fünf Hauptkategorien : Verkehrslärm, Gewerbe- und Industrielärm, Nachbarschaftslärm, Freizeitlärm, Baulärm. Die per se äußerst schwierige (und genau genommen nur näherungsweise mögliche) quantitative Erfassung des Lärms – auch dies letztlich ein Versuch seiner »Domestizierung« – gelang erst mit der Erfindung geeigneter technischer Geräte. Bereits 1882 entwickelte Baron Rayleigh das erste praktikable Instrument zur Messung der akustischen Intensität, mit dem nunmehr nachvollziehbar überprüft werden konnte, ob ein subjektiver Höreindruck eine objektive Grundlage besaß. Und auch Professor Max Rubner (1854–1932), Leiter des Hygienischen Instituts an der Berliner Universität, erfand in der Folge eine Art Lärmmesser, mit dem die Zahl der Stoßwellen bestimmt werden konnte, die in einer bestimmten Zeiteinheit auf das Gehörorgan treffen.140 Doch erst die Entwicklung der Telefontechnologie, die die Trennung verschiedener Frequenzen ermöglichte, und der Radioröhre, mit der man leise Signale verstärken konnte, ermöglichten es, verschiedene Geräusche und damit Lärm adäquat zu messen. Mitte der 1920er-Jahre wurden in den USA die ersten modernen Apparate vorgestellt : Zunächst das noch relativ subjektive »audiometer«, bei dem eine Testperson in einem Ohr den Umgebungsgeräuschen, im anderen einem Standardsignal lauschte, dessen Intensität man so lange variierte bis es von den Umgebungsgeräuschen überlagert wurde. Eine weit objektivere Lärmmessung war mit einem »acousti-meter« oder »noise-meter« möglich. Dabei wurden die Geräusche mit einem Mikrophon aufgenommen, in ein elektrisches Signal umgewandelt, verstärkt und das Ergebnis sodann auf einer Messskala anzeigt. Von 1926 bis 1930 führte man mit derartigen Geräten erstmals flächendeckende Lärmmessungen in New York, London und Chicago durch.141 Als Maßeinheit diente ab 1925 »Dezibel« (deci-Bell), benannt nach Alexander Graham Bell, dem Erfinder des Telefons und Begründer der Elektroakustik. Dabei handelt
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es sich um einen relativen Wert – der Schalldruck eines Schallereignisses (P) wird verglichen mit dem Schalldruck des leisesten Schalls, den ein junger »durchschnittlicher« Mensch bei 1000 Hz wahrnimmt (P0) –, jedoch im Maßstab des dekadischen Logarithmus, um die große Bandbreite des menschlichen Hörvermögens mit zu berücksichtigen (Schalldruckpegel Lp = 10 log (P²/P0²) [in dB]). Eine Steigerung um 10 dB entspricht damit etwa einer Verdoppelung der Lautstärke. Die gesamte Skala reicht von 0 dB (Hörschwelle) bis 130 dB (Schmerzgrenze), wobei ein normales Gespräch ca. 60 dB erreicht, ein schwerer Lkw ca. 90 dB, ein Presslufthammer ca. 110 dB. Später wurde zusätzlich eine Frequenzbewertung eingeführt, welche die geringere Empfindlichkeit des menschlichen Ohres für leise tiefe und hohe Töne berücksichtigt, woraus der heute zumeist verwendete »A-bewertete Schalldruckpegel« dB(A) entstand. Da die neue Lärmeinheit aufgrund ihrer komplizierten Berechnung für Laien relativ schwer nachvollziehbar war – bis heute ein wesentlicher Kritikpunkt daran142 –, wurden bereits kurz nach ihrer Einführung in einigen amerikanischen Städten Informationskampagnen gestartet. In New York machten renommierte Tageszeitungen wie die »New York Times« die Bevölkerung mit der Bedeutung von »Dezibel« vertraut ; die Kommission zur Lärmbekämpfung verschickte aufklärende Fragebögen, die gemeinsam mit Hunderten Messdaten die Grundlage zur Erstellung der weltweit ersten Lärmkarten bildeten.143 Einen Sonderweg beschritt Deutschland, wo man zunächst lange Zeit nicht den Schalldruck, sondern die Lautstärke, ausgedrückt in der Einheit »Phon« zur Lärmmessung verwendete. Der Dresdner Physiker und Elektroakustiker Heinrich Barkhausen hatte 1926 einen nach amerikanischem Vorbild konstruierten »Schallmesser« entwickelt, der später von anderen, verbesserten Geräten abgelöst wurde.144 Für die im Folgenden untersuchten Jahrzehnte bis zum Ersten Weltkrieg bleibt das Fehlen einer exakten Lärmmessung festzuhalten – ein Umstand, der die Beurteilung der psychischen und sozialen Auswirkungen des Lärms entscheidend mitbestimmte und auch seine kulturelle und ökonomische Bewertung prägte.
Hörraum Wien Rahmenbedingungen Zwei Parameter bestimmen den Klang eines Raumes : seine – vor allem bauliche – Ausgestaltung und die Art der darin stattfindenden Lautereignisse. Beides änderte sich in Wien seit Mitte des 19. Jahrhunderts grundlegend. Schon rein flächenmäßig erweiterte sich die Stadt innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten beträchtlich. Im Jahr 1850 wurden die Vorstädte eingemeindet ; 1857, wenn auch vergleichsweise später als in anderen europäischen Hauptstädten, wurde mit dem Abbruch der Befestigungsanlagen begonnen und damit die räumliche Voraussetzung für die Verschmelzung der Altstadt mit den neuen Stadtteilen geschaffen. 1890/92 folgte die Eingemeindung der außerhalb des Linienwalls gelegenen Vororte, 1904 jene der Gebiete jenseits der Donau. In Zahlen ausgedrückt wuchs die Grundfläche der Stadt von 55,4 km2 (1850, nach Eingemeindung der Vorstädte) auf 275,9 km2 (1910). Dem entsprach eine gewaltige Steigerung der Einwohnerzahlen, die im gleichen Zeitraum von 431.147 auf 2,031.498 emporschnellten. Die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien stellte damit hinter London (7,3 Mio.), Paris (2,9 Mio.) und Berlin (2,1 Mio.) die viertgrößte Metropole Europas dar.145 Diese Entwicklung zur Großstadt ging einher mit der Generierung neuer administrativer Einheiten, dem Ausbau der technischen Infrastruktur, der Erschließung und zunehmenden Verdichtung des Stadtraumes. Trotz der sich ab den 1890er-Jahren enorm beschleunigenden metropolitanen Entwicklung blieb Wien jedoch durch eine recht klar überschaubare, dreifach abgestufte und annähernd kreisförmige hierarchische Raum-Struktur charakterisiert : Im Zentrum die Innere Stadt, Sitz des Hofes und zahlreicher Behörden, Standort von Banken und Firmenzentralen, Wohngebiet der Oberschicht. Jenseits des Donaukanals der 2. Bezirk und außerhalb der Ringstraße die Bezirke 3 bis 9, angelagert an die Innere Stadt, mit überwiegend bürgerlicher Wohnbevölkerung, stark durchmischt mit Handels- und Gewerbestandorten. Außerhalb der Gürtelstraße (ehemals Linienwall) stellten die ursprünglichen dörflichen Siedlungskerne entlang des Wienflusses und nördlich davon bis Hernals eine zunehmend urbanisierte Zone mit zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben und einem hohen Anteil an Arbeiterbevölkerung dar. Nur die landschaftlich reizvolleren nordwestlich gelegenen Vororte wie Währing, Döbling oder Grinzing behielten ihren Charakter als Erholungsgebiete, wurden Wohngegenden der Mittel- und Oberschicht. Markante, von Industriebetrieben geprägte Arbeiterbezirke entwickelten sich nur im Umfeld der Eisenbah-
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Abb. 9: Die Ringstraße nahe Burgtheater, um 1890
nen : im Süden das vom 4. Bezirk abgetrennte Favoriten, im Norden die vom 2. Bezirk abgetrennte Brigittenau, im Osten Simmering sowie jenseits der Donau Floridsdorf.146 Diese relative Kompaktheit und Homogenität des Stadtraumes wurde durch den 1893 beschlossenen Bauzonenplan weiter festgeschrieben, eine der ersten stadtplanerischen Maßnahmen, mit denen Art und Höhe der Verbauung im gesamten Stadtgebiet geregelt wurde. So waren zentrumsferne, im Umfeld der Bahnen gelegene Zonen des 10., 11., 2., 19., 20. und (später) 21. Bezirks vorrangig für Industrieanlagen vorgesehen ; in den stadtfernen, locker verbauten und grünraumreichen Gebieten der Bezirke 12 bis 19 beschränkte man die Bauhöhe auf drei Geschoße ; die gürtelnahen Bereiche sowie die Bezirke 1 bis 9 blieben Mischgebiete mit einer maximalen Bauhöhe von vier bis fünf Geschoßen.147 Akustisch relevant sind nun insbesondere die sukzessive Versiegelung des Untergrundes und das Anwachsen der geschlossenen Verbauung. Die Verkehrsflächen dehnten sich zwischen 1870 und 1913 von 2,7 auf 15,7 Millionen Quadratmeter aus ; davon waren bereits 57 Prozent gepflastert (1870 : 43 Prozent), wobei sich deutlich ein zentrifugales Gefälle feststellen lässt : Während der Pflasterungsgrad in der Innenstadt beachtliche 92 Prozent betrug, verzeichnete man im daran anschließenden Bereich der
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Bezirke 2 bis 9 rund 81 Prozent und in der Zone der Bezirke 10 bis 21 erst 49 Prozent.148 Gleichzeitig vermehrte sich die Zahl der Gebäude von rund 12.000 (1880) auf 41.000 (1910) ; zwei Drittel davon wiesen mehr als zwei Geschosse auf. Pro Jahr wurden von der Behörde im Durchschnitt mehr als 500 Bewilligungen für Neubauten erteilt und an die 800 Bewilligungen für Zubauten, Umbauten und Aufstockungen.149 Gewaltige Mengen an Ziegeln waren dafür notwendig, hergestellt in den Fabriken von Alois Miesbach und Heinrich Drasche, den führenden Ziegelproduzenten der Monarchie. Allein im Rekordjahr 1872 wurden von der Wiener Bauwirtschaft rund 330 Millionen Stück verbraucht.150 Während die Häuserzahl in der Innenstadt aufgrund der bereits bestehenden, fast vollständigen Flächenauslastung im Wesentlichen konstant blieb (eine Raumgewinnung war hier nur durch Aufstockung möglich, weshalb die Gebäude im Laufe des 19. Jahrhunderts im Durchschnitt um ein Geschoß höher wurden), vervielfachte sie sich vor allem in den ehemaligen Vorstädten und Vororten. An den barocken, schon seit dem Manufakturzeitalter stark verdichteten Vorstadtkranz gliederte sich in der Gründerzeit ein zweiter, wesentlich breiterer Ring geschlossener Verbauung an. Gleichzeitig wurde auch der alte Baubestand in einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß umgeprägt. Nicht weniger als drei Viertel des vor 1840 vorhandenen Bestandes an Wohnhäusern in der Innenstadt und den Vorstädten wurden abgerissen und neu aufgebaut. In den neu erschlossenen peripheren Vorortbereichen entstanden gleichsam auf der grünen Wiese eintönige Mietskasernenviertel im Rasterschema.151 Kommunale Großprojekte wie die Regulierung von Donau, Donaukanal und Wienfluss sowie die Anlage der Ringstraße ermöglichten die Erschließung bislang untergenutzter Stadtgebiete, wodurch sich der Anteil der unverbauten Flächen weiter reduzierte. So glich Wien in weiten Teilen einer riesigen Baustelle, und diese »Demolierung zur Großstadt«, um ein berühmtes Diktum von Karl Kraus zu zitieren, hinterließ denn auch überall ihre akustischen Spuren. Unter dem Einfluss der steigenden Bodenpreise nahm die Intensität des Umbaus vor allem in der Endphase der Gründerzeit schlagartig zu. Neue Bauweisen und die laut Bauordnung bestehende Möglichkeit zur maximalen Flächenausnutzung (bis zu 85 Prozent der Parzelle) trieben die Gebäude auch in den äußeren Bezirken immer weiter in die Höhe. Ein Beispiel : Gab es 1890 im 15. Bezirk noch 215 ebenerdige Häuser, so sank ihre Zahl bis zum Jahr 1914 auf 63. Die vierstöckigen Häuser verzeichneten im selben Zeitraum eine Zunahme von 58 auf 141.152 Eine steinerne Stadtlandschaft entstand, mit zum Zentrum hin immer tiefer werdenden »Straßenschluchten« und einer eigenen Raumakustik, bei der die Schallimpulse von den Begrenzungswänden der U-förmigen Straßenräume vielfach gebrochen und reflektiert wurden. So war neben dem Direktschall stets auch ein diffuses Schallfeld
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wahrnehmbar, dessen Intensität nach oben hin zunahm, ehe es über die Stadtoberkante entwich. Ein relativ hoher Grundgeräuschpegel und der bereits erwähnte Verlust der akustischen Trennschärfe waren die Folgen, beides Wahrnehmungen, die bereits von den Zeitgenossen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts gemacht wurden und die belegen, dass in der Bevölkerung schon bald Erklärungen für die veränderte Akustik in der Großstadt gesucht wurden. So bemerkte etwa der Publizist August Silberstein (1827–1900) in seiner 1873 veröffentlichten Beschreibung von Wien, dass die hohen Häuser der Stadt den Schall »zusammenhalten und verstärken«153 ; sein Kollege Heinrich Werner (1870–1927) sprach gar von Wien als einem »steinernen Gefäße, (…) aus dem der Lärm nicht mehr entweichen kann«154 ; und ganz ähnlich entwarf auch die bereits erwähnte Emmy von Dincklage das treffende Bild vom schwer entrinnbaren Gefängnis, das mehr oder weniger jede Stadt in akustischer Hinsicht darstelle : Die wild erregten Luftwellen toben und branden gegen die Hausmauern, jagen vor- und rückwärts, einen Ausweg suchend, wie die Gewässer in einem Canal und erlauben niemandem, ihnen zu entgehen, der nicht etwa in einem Luftballon in stillere Regionen aufsteigt.155
Wesentlichen Anteil am Zustandekommen solcher Eindrücke hatten die enorme Steigerung der Verkehrsdichte und die dadurch hervorgerufene Potenzierung der Verkehrsgeräusche. Die zunehmende Trennung von Wohn- und Arbeitsstätten sowie die spezifische Verteilung von Konsum, Dienstleistungs, Freizeit- und kulturellen Angeboten bewirkten eine immer häufigere Ortsveränderung großer Teile der Bevölkerung. Die erhöhte Mobilität drückt sich beispielhaft an der durchschnittlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsmittel aus, die sich in Wien zwischen 1870 und 1910 von 20 auf 131 Fahrten pro Kopf und Jahr steigerte.156 Während im innerstädtischen Nahverkehr noch lange Zeit die Fußgänger dominierten, stand für die Zurücklegung größerer Distanzen schon bald eine Vielzahl an pferdegezogenen Wagen zur Verfügung. Im Wien des Jahres 1900 zählte man allein 998 Fiaker, 1794 Einspänner, 1159 Lohnkutscher und 735 Stellwagen.157 Vor allem in der Altstadt registrierte man immer wieder beträchtliche Staus, da »die engen gekrümmten Straßen (…) von Fußgängern, Equipagen und Fiakern bereits derart angefüllt waren, daß schon der Omnibusdienst in denselben mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen« hatte.158 Die seit 1817 auf den Straßen der Stadt verkehrenden Stellwagen, später »Omnibusse« genannt, waren als regelmäßiger Liniendienst an genau festgelegten Strecken unterwegs. Ihre Etablierung als Massenverkehrsmittel scheiterte jedoch daran, dass sie aufgrund der geringen Kapazitäten nicht genügend preiswert, aber auch – infolge der vielfach noch schlechten Straßenverhältnisse – zu unbequem waren. Dies gelang erst der 1865 in Betrieb genommenen Pferdetramway, dem ersten schienengebundenen Verkehrsmittel Wiens (eine Art Vorläufer hatte bereits für kurze Zeit
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im Biedermeier als Verbindung vom Donaukanal in die Brigittenau existiert), sowie der ab den 1880er-Jahren eingeführten Dampftramway. Ab der Jahrhundertwende kam es im Zuge der Kommunalisierung und sukzessiven Elektrifizierung der Straßenbahn sowie mit der Fertigstellung der von Otto Wagner konzipierten Stadtbahn zu einer weiteren Verdichtung des innerstädtischen Liniennetzes. Zur gleichen Zeit begannen sich auch bereits der motorisierte Verkehr und das sich als Individualverkehrsmittel steigender Beliebtheit erfreuende Fahrrad bemerkbar zu machen. Jedes dieser Fahrzeuge brachte seine Spezifika ein in den immer vielstimmiger werdenden Chor der Straßengeräusche, an den sich alle Zeitgenossen – nolens volens – zu gewöhnen hatten. Die Straße entwickelte sich zum herausragenden Schau- und Hör-Platz der Moderne. Sie repräsentierte die Großstadt schlechthin, wurde zum unverkennbaren Symbol für das Anbrechen einer neuen Zeit. Ihre radikal gewandelte materielle und metaphorische Realität stellte denn auch eine zentrale Figur bei allen Stadtbeschreibungen dar. So bemerkte etwa der Wiener Schriftsteller und Essayist Robert Michel (1876– 1957), der lange Zeit in der Provinz gelebt hatte und 1910 erstmals wieder nach Wien zurückkehrte : »Alle die ›bequemen Verkehrsmittel‹ und manche andere ›Errungenschaften‹ der letzten Jahre bewirken, daß es einem der Großstadt Entwöhnten in den ersten Tagen hier vorkommt, als sei er in ein Narrenschloß geraten.« Um mit der ungewohnten Reizintensität, die sich ihm als Fußgänger darbot, fertig zu werden, unternahm er an einem der verkehrsreichsten Orte Wiens, der Kreuzung der Kärntnerstraße mit dem Ring, einen bemerkenswerten Selbstversuch : »Wenn es mir gelang, diese Stelle auch nur einmal zu überschreiten, ohne jedwede Inanspruchnahme der Nerven und des Gehirns, so mußte ich doch für alle Zukunft gefeit sein.« Zur Unterstützung las er ein Buch, das ihm »innere Festigkeit« und »sicheren Halt« bieten sollte. Lesend stieg er vom Trottoir hinunter auf die Ringstraße, bemerkte aber schon nach ein paar Zeilen, wie ein anwachsendes Lärmen in die Ohren drang. Besonders stark war das Gebrüll eines Kutschers, so als neigte er sich von der Höhe seines Kutschbockes ganz tief zu mir herab ; und das Läuten einer Elektrischen klang vollends, als wäre meine Ohrmuschel die Glocke selbst.
Unbeeindruckt las und schritt Michel weiter, ehe er seine Lektüre endgültig unterbrechen musste : Es war, als ginge ein ungeheuer belfernder Hund gegen meine Wade los ; so nahe war mir ein Auto an den Leib gerückt. Dabei gurgelten, dröhnten und zischten Laute, wie ich sie gutturaler und mißtöniger noch nie von einem Auto vernommen hatte. Allen Lärm wie einen Knoten durchschneidend, ging scharf und hoch der Aufschrei einer Hysterischen.
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Einem Unfall nur knapp entgangen, ging er deutlich verunsichert weiter. Der Lärm flaute allmählich ab, lesend erreichte er das andere Trottoir, wobei er sich vor Freude über sein gelungenes Experiment sogar noch ein Stück in die Kärntnerstraße »hineinlas«.159 Wenngleich die Übung geglückt war, so hatte Michel doch am eigenen Leib erfahren, dass die Straße längst nicht mehr nur den Fußgängern gehörte, sich zahlreiche andere Verkehrsteilnehmer ihrer – auch akustisch – bemächtigt hatten. So waren der Gebrauch und die Schärfung des Gehörs nicht zuletzt aus Gründen der Sicherheit und des Selbstschutzes zu einem der wichtigsten Sinne in der Stadt geworden. Der folgende, von Richard Birkefeld und Martina Jung formulierte Zusammenhang zwischen Stadt- und Verkehrsentwicklung lässt sich ohne Zweifel auch auf Wien übertragen : »Die Verkehrsdynamik revolutionierte nicht nur das Stadt- und Straßenbild und beeinflusste nicht nur das politische, wirtschaftliche und kulturelle städtische Leben, sondern zwang dem Einzelnen Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen auf, die seine bis dato privaten, beruflichen oder wie auch immer gearteten Bewegungen im öffentlich-städtischen Raum entindividualisierten, vermassten, verbilligten und erleichterten, (…) aber auch den damit verbundenen Geräuschaufwand verstärkten.« Der Verkehrslärm wurde zum hörbaren Erkennungszeichen der Großstadt, zur »sinnlich wahrnehmbaren Signifikanz der Moderne«.160 Wien war »groß und laut« geworden, das war für viele Zeitgenossen mehr als evident.161 Veränderungen der urbanen Lautsphäre Die »Brandung der Großstadt«
Je größer die Stadt anwuchs, umso mehr entzogen sich ihre Einzelheiten der Wahrnehmung. Die Ungeheuerlichkeit der Großstadt mit all ihrer Opulenz und Vielfalt ließ sich immer schwerer mit den Sinnen fassen. Ihre bislang möglichst vollständige topografische Beschreibung wurde, wie Susanne Hauser in ihrer Wahrnehmungsgeschichte der Stadt ausführt, abgelöst von einer »kompetenten Selektion«, einer Schilderung subjektiv ausgewählter Eindrücke und Szenerien, wie sie erstmals der französische Schriftsteller Louis-Sébastien Mercier (1740–1814) in seinem berühmten zwölfbändigen Monumentalwerk »Tableau de Paris« (1782–1788) vorlegte.162 Nach diesem Vorbild erschien 1842–1844 auch das Sammelwerk »Wien und die Wiener«, in dem acht Autoren die Stadt und ihre Bewohner in insgesamt dreißig Beiträgen aus unterschiedlichster Perspektive beschrieben. Zur Einführung schilderte Adalbert Stifter (1805–1868), Initiator und Hauptautor des Projekts, den Lesern seine Eindrücke vom Turm der Stephanskirche herab, denn nur noch aus der Distanz, von
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Abb. 10: Das Wiener Häusermeer: Panorama von Gustav Veith, um 1873
einem Turm oder Berg aus, war die Totalität der Stadt einigermaßen fassbar, ihre Physiognomie somit erkenn- und darstellbar.163 Angesichts der sich ins schier Unendliche ausdehnenden Masse an Häusern sprach Stifter euphorisch vom »Häusermeer«, das sich zu seinen Füßen erstrecke, und von der »Riesenscheibe, die da wogt und wallt und kocht und sprüht und sich ewig rührt in allen ihren Teilen«.164 Mit dem Bild vom »Häusermeer« war eine zentrale Metapher für die neue, panoramatische Wahrnehmung der Großstadt gefunden, in der sich die Erfahrung der Entgrenzung des Raumes ebenso ausdrückt wie das Aufgehen individueller Befindlichkeit in einer homogenen, amorphen Masse. Dieser Eindruck sollte sich in der Folge noch bedeutend verstärken, wie der Schriftsteller und Historiker Reinhard E. Petermann (1859–1932) feststellte, der über die Entwicklung Wiens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts resümierte : Seither hat sich die Stadt nicht nur durch enormes Wachstum zum wahren Häusermeer entwickelt, sondern dieses erscheint auch um so ungegliederter und uferloser, als die Altstadt mit den alten Bezirken und diese mit den neuen zu einem, in keiner Richtung mehr schärfer begrenzten Ganzen verwuchsen. Zudem ist auch das umgebende Wienerbecken durch Wachstum der Orte, dichtere Verbauung und Schaffung von industriellen und sonstigen Anlagen der mannigfaltigsten Art, so reich an auffälligen Punkten geworden, daß selbst der ›Ortskundige‹ auf einen der dominierenden Höhenpunkte versetzt, Mühe hat, sich zurechtzufinden.165
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Der Einzelne erschien in der Großstadt, so empfanden es viele, nur noch wie ein »Tropfen im Ozean«, fortgerissen vom Strom der Massen.166 Er wurde von der ausufernden urbanen Umwelt beherrscht und überwältigt, hatte sich ihr – mehr oder weniger angstvoll – zu ergeben. Die optische Nivellierung der Wahrnehmung und ihre Bezugnahme zur Metapher des Meeres und des Ozeans fand auch auf der akustischen Ebene ihre Entsprechung. Die Bezeichnung von der »Brandung der Großstadt« tauchte auf, von einem deutlich vernehmbaren »Brausen« und »Rauschen« war die Rede, was den Eindruck einer andauernden, diffusen, scheinbar unaufhaltsam hin und her wogenden Geräuschkulisse vermittelte. Schon Adalbert Stifter hatte »ein einziges dichtes, dumpfes, fortgehendes Brausen« registriert, das tagsüber unausgesetzt durch ganz Wien gehe.167 Über das Aufgehen des Einzelnen in der Lautheit der Massen, den auch in akustischer Hinsicht zu bemerkenden Verlust der individuellen Souveränität, meinte er von seinem die Stadt überragenden Horchposten aus : Sie alle, die du unten so winzig wandeln siehst, sie reden, grüßen sich, es schallt das Pflaster unter ihrem Fußtritte, aber wir hören es nicht, es ist stumm unter dem allgemeinen Brausen, wie wenn die dunkle Herde der Grundeln in der Tiefe des Wassers, das ober ihnen wallt, ein und aus durch die Gassen und Tore ihrer großen, feuchten steinernen Stadt schlüpfet.168
Der akustische Eindruck des Maritimen gewann in der Folge weiter an Plastizität. So berichtete der Berliner Dichter und Journalist Julius Rodenberg (1831–1914) anlässlich seines Besuches der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 : »Dumpf, aus weiter Ferne, vernimmt man das Rauschen und Brausen des Wiener Lebens wie einen Ocean.«169 Und ganz ähnlich erhoben später noch unzählige andere Wienkenner das »Getöse« zum akustischen Charakteristikum der Stadt. Erst an den Rändern, dort, wo – wie Peter Altenberg formulierte – »das Häusermeer abfließt«170, verebbte das Brausen und Tosen allmählich. Hier fanden sich bisweilen noch kleine Oasen, in die, so Vincenz Chiavacci, »kein Laut von der Brandung der Großstadt« eindrang.171 Die Metapher vom Meeresrauschen, die wohl aufs Deutlichste die Entstehung der urbanen Massengesellschaft widerspiegelt und sich demzufolge auch bei der Beschreibung anderer Großstädte findet,172 drückt, so Gabriele Henkel, eine generelle Verschiebung in der literarischen Stadtwahrnehmung im Übergang vom Realismus zum Naturalismus aus : weg vom visuell dominierten »Guckkastenbild« mit seinen klar abgegrenzten Einzelausschnitten hin zum akustisch dominierten »Lautbild«, in dem der polyphone Lärm der Großstadt eingefangen wird.173 Wie Heinz Brüggemann gezeigt hat, wirkte die alle Sinne überwältigende Metropole, ob um 1800 London und Paris oder um 1900 Berlin und Wien, stets wie ein Schock, der – auch literarisch – erst einmal bewältigt werden musste. Es war eine völ-
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lig neue Erfahrung des Einzelnen mit der Masse, eine Erfahrung der Aufhebung der Grenzen der Person, des Körpers gegenüber dem vielstimmigen, vielarmigen Wesen großstädtischer Menge, eine Erfahrung der Anonymität und des Verlusts eigenmächtiger Zeit- und Handlungsperspektiven.174 Georg Simmel erkannte darin ein sinnliches Charakteristikum der Großstadt, insofern man hier zwar viele Menschen sehen, ihre Individualität aber hörend nicht mehr unterscheiden konnte.175 Vor allem für vom Lande Zugewanderte, die die Laute des Dorfes oder der Kleinstadt noch im Ohr hatten, war die neue Lautsphäre überaus gewohnheitsbedürftig. Etwa für den Mitte der 1880er-Jahre als Wandergeselle nach Wien kommenden Ferdinand Hanusch, dem »das große Häusermeer, aus dem der Großstadtlärm dumpf herüberdrang« sogleich »Schrecken und Entsetzen« einflößte : Nun war ich in diesem großen Ameisenhaufen selbst eine Ameise … Die großen Häuser, die großen Auslagen, die vielen Menschen, die an mir vorübereilten ohne sich um mich zu kümmern, die dahinrasenden Fiaker und die auf dem Pflaster polternden Omnibusse, die Pferdetramway mit ihrem Geklingel und die schimpfenden Fuhrwerkleute, alles das erzeugt einen solchen Lärm, den der Großstädter wohl gewöhnt, der aber auf den zum erstenmale in eine Großstadt Kommenden so niederdrückend wirkt, daß er den letzten Rest von Muth verliert, weil es ihm unmöglich scheint, sich in diesem Leben und Treiben zurechtzufinden.176
Verunsicherung und Orientierungslosigkeit, aber auch Staunen und Bewunderung prägten die Auseinandersetzung mit einer Lautsphäre, deren Dichte und Intensität man bisher nur aus dem Bereich der Natur, der wogenden, überschäumenden Gewalt der Elemente, gekannt hatte. Akustischer Tagesablauf: Verlust der Stille
Noch bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts war der Rhythmus des großstädtischen Lebens relativ ausgeprägt, unterschieden sich darin noch relativ deutlich Phasen des Lärms von jenen der Stille. Dies geht u. a. aus jenen spezifisch bürgerlichen Stadtschilderungen hervor, in denen Wiens pulsierendes Leben über 24 Stunden hinweg nachgezeichnet und dabei euphorisch die Vitalität und ökonomische Potenz der Stadt gepriesen wird. Bereits 1810 erschien eine derartige Beschreibung mit dem Titel »Tag und Nacht in Wien«177, August Silberstein setzte dieses Genre 1873 mit »Wien’s Erwachen und Entschlummern« fort. Darin charakterisiert er den akustischen Ablauf eines Tages in idealtypischer Weise wie folgt :178 4 Uhr morgens : Die »Linie« wird geöffnet, jene fortifikatorische und fiskalische Stadtgrenze, die Wien seit 1704 in Form eines Walls, an den Hauptstraßen von Gittertoren durchbro-
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chen, umgibt. Durch sie zieht ein Heer an Bauern, Händlern und Fuhrleuten, allesamt aus den Vororten und den Dörfern der Umgebung stammend, auf die Stadt zu. Neben den Linienämtern »rollen die Wagen in großen Schaaren ab, und durch die Hauptstraßen nächst den Linien, welch still und fast lautlos gelegen, tönt es dumpf, rasselt es, klappert es, wiehern die Pferde (…). Da hört mancher Schläfer den Ton und sagt sich : vier Uhr Morgens ist es !« In der Innenstadt werden erste Handwagen und Karren zu den Märkten und Markthallen gefahren. Man vernimmt ein »vereinzeltes Klappern der Körbe, Bütten, Fässer auf dem Pflaster der Stadt«, ein »Schleifen und Trappen der Tritte einzelner Träger und Wanderer in den leeren Gassen«. Die Kaffeehäuser, die Bäcker- und Branntweinläden öffnen ihre Lokale, die Greisler »schlagen klappernd die Ladenthüren auf«, bei den Tabakläden »klirren die Glasscheiben ihrer Türen, läuten die Glöckchen an denselben wie an denen der Greisler durch die morgendliche Stille«. 5 Uhr : »Jetzt läutet es an den Kirchenthürmen in die Morgenluft. Das ist die erste Frühmesse, und eine Menge von Menschen horchet auf dieses erste städtische Zeichen des internen Lebens.« Die Hausmeister öffnen die Haustore : »Diese rollen und ächzen in den schweren Angeln, man hört sie allmälig weithin«. Die Dienstboten gehen nach Milch, Brot, Schnaps, Kaffee oder Zeitungen ; Arbeiter und Arbeiterinnen kommen aus den Häusern und von der »Linie« herein, mit »schweren Tritten, (…) schwellen oft zu sichtbaren Zügen und stärkeren Mengen dort an, wo eine Fabrik ist oder deren mehrere große sich befinden«. »Nahe den Bahnhöfen hört man häufigeres Pfeifen und Stoßen der Lokomotive. (…) Die Wagen aller Art machen sich allmälig mehr auf den Hauptstraßen zu Bahnhöfen und Schiffahrtsplätzen mit Lärm bemerkbar. Auf den Schienen der Tramway kommt mit Schellengeklingel allmälig ein und der andere Wagen herbeigegleitet. Die Bier- und Weinwagen rollen zu den Wirthshäusern und Hotels schwer über das Pflaster – sie müssen bis 9 Uhr verschwunden sein.« Aus den Kasernen marschieren und reiten Soldaten, »ihr gleichartiges Vorwärtsbewegen wird gehört. Nur selten klappert die Trommel den Schritt-Takt oder bläst die Trompete, denn vor 8 Uhr soll nicht gelärmt werden«. 6 bis 7 Uhr : »Von den vielen Kirchenthürmen läutet es jetzt nochmals.« Aus den Häusern hört man die »Takte des Kleiderklopfens und Teppichschlagens«. Die Kinder gehen zur Schule, Angestellte in ihre Büros und Geschäfte. »Das Crescendo des Lärmens einer Großstadt ist im immer mehr vernehmbaren Anschwellen.« 8 Uhr : Die Geschäfte sperren auf : »Jetzt klappern in allen Straßen die Schlösser, Stangen, Riegel, eisenbeschlagenen Thüren der Laden, Schlüssel und Schautafeln.« Immer mehr
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Wagen rollen in die Büros, unzählige Omnibusse und Tramways fahren durch die Straßen. »Wien ist vollends erwacht, Wien ist in Thätigkeit ! (…) Jetzt wimmelt die Million Menschen mit ungeheuerem Getöse im vollends lebendigen Wien !« Aus den Fabriken und Handwerksstuben hört man die Massen »hämmern, rasseln, toben, klappern bei Dampf- und Handmaschinen« ; tausende Fahrzeuge rollen »tosend durch das Häusermeer. (…) Die Pferde allein, welche die Wagen ziehen, die Reitenden, die Soldaten zudem, tragen, dürften an zwanzigtausend zählen. (…) Ihre eisenbeschlagenen Hufe klappern.« 12 Uhr : »Die Mittagsglocken läuten dann ; die Vorstädte harren auf den ersten Schlag St. Stefans, und sämmtliche Glocken schlagen dann darein.« Mittags- und Essenspause für viele Arbeiter und Kaufmannsfamilien, Massen eilen durch die Straßen. Eine kurze Mittagsstille breitet sich aus. 14 bis 15 Uhr : »Das Treiben Wien’s dauert fort, das Crescendo ist zur höchsten Kraft angeschwellt, Kanonen donnern einer hohen Persönlichkeit ins Grab, jubelnde Militärmusiken und Trauermärsche machen sich bei abwechselnden Zügen vernehmbar.« 16 bis 17 Uhr : In der Innenstadt schließen die Ämter und Büros, hier beginnt es allmählich stiller zu werden. Auf den Baustellen wird die Arbeit beendet, die Fabriken sperren, die Arbeitermassen strömen wieder hinaus in die Peripherie. 19 Uhr : Die Läden werden geschlossen : »Die Summe der Schlösser und Riegeln, welche Morgens zwischen sieben und acht Uhr geklappert und gerasselt, klappert und rasselt allmälig wieder. (…) Das ungeheuere, lärmende Wien ist im Abnehmen, das Decrescendo macht sich entschieden bemerkbar.« Nur im Umfeld der Wirts- und Kaffeehäuser, Theater und sonstigen Vergnügungsstätten machen bisweilen »die Wagen, welche Gäste dazu fahren, (…) einen ohrenbetäubenden Lärm«. 21 Uhr : »Die Schellen der Tramwaypferde klirren dann noch einmal lebhaft, um die Zeit, wenn sich die Theater leeren. Da rollen noch einmal, wie neuerweckt, Wagen aller Art schleunig und lärmend über das Pflaster … jetzt wirds allmälig stiller und stiller. Aus einzelnen Wirthshausthüren und Fenstern in den Vorstädten kann man Lachen, Instrumentalklänge, Gesänge, wirre Stimmen heraushören. Die stille Straße nimmt derlei Lärm schon mit Aufmerksamkeit auf.« Die dünnen Schellen der kleinen Läden, in denen die Dienstboten ihrer Herrschaft noch schnell etwas besorgen, »tinkeln hörbar, ihre Thüren klappern häufig auf und zu.«
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22 Uhr : Die Hausmeister besorgen die Nachtsperre : »Die Individuen mit den Schlüsseln horchen der Straße entlang, in die Luft hinauf, ob es von der nächsten Kirchenuhr noch nicht schlägt. Es ist bereits stille genug, um dies zu hören, sogar scharf und deutlich in seinen einzelnen Schlägen. (…) Mit dem ersten Schlage ächzen, knarren, rollen die Hausthore wieder in den Angeln – es ist das wesentlichste deutlichste Geräusch in der Ruhe – die schweren Schlösser und Hausschlüssel klappern – die Straße wird dann plötzlich stille.« Mit jeder Viertelstunde wird es stiller. »Tritte werden auf dem Pflaster hörbar, einzelne Wagen unterscheidbar. (…) Dumpf öffnen und schließen sich fernhingehörte einzelne Thore. (…) Der dünne Strahl der öffentlichen Brunnen plätschert stetig leise, hörbar in den Stein verrinnend.« »Wie aus weiter Ferne vernimmt man das gedämpfte Pfeifen der Locomotive, die Nachtzüge gehen und versuchen wenig Lärm nahe der Stadt zu machen. Zuweilen nur zucken mehrere Wagen hintereinander über das Straßenpflaster. (…) Ueber der Stadt lagert es wie ein schweres Athmen.« 24 Uhr : »Es ist ruhig geworden. (…) Die Thurmuhren schlagen scharf und deutlich begränzt zwölf Uhr.« Nur ein »geringes Klappern der Laternengläser« macht sich beim Löschen der Straßenbeleuchtung bemerkbar. »Die Stadt ist dunkel, liegt massig brütend und mit dumpfer Stille.« Deutlich geht aus Silbersteins Schilderung hervor, wer die wichtigen akustischen Zäsuren setzt : die Linienämter und die Hausmeister mit ihrer Öffnungs- und Sperrtätigkeit sowie die Vertreter der katholischen Kirche mit dem Läuten der Kirchenglocken. Der davon geprägte akustische Tagesgang modifizierte sich allerdings in den folgenden Jahrzehnten in zwei wesentlichen Punkten : Zum einen kam es schon allein durch den Anstieg an Menschen und Fahrzeugen zu einer Erhöhung der Tageslautstärke. Immer dichter wurde beispielsweise der Verkehr von der »Linie« stadteinwärts ; in den 1880er-Jahren passierten hier bereits sieben Millionen ( !) Fuhrwerke jährlich.179 Zum anderen begannen sich mit der Aufhebung der räumlichen auch die akustischen Grenzen zu verwischen. Dies hatte sich bereits nach der Demolierung der Basteien bemerkbar gemacht, nun war es nach der Eingemeindung der Vororte und der Abtragung des Linienwalls im Jahr 1894 (die Linienämter wurde hinaus an die neue Stadtgrenze verlegt) erneut der Fall. Zwar blieb die Berufspendelwanderung der Bauern, Händler und Arbeiter zwischen den ehemaligen Vororten und der Innenstadt nach wie vor aufrecht, sie verteilte sich allerdings à la longue zeitlich wie räumlich und verlor damit von ihrem schubartigen Charakter – wie generell die Erleichterung und Erhöhung der interurbanen Mobilität in akustischer Hinsicht zu einer relativen Nivellierung und Verbreiterung der Lärmspitzen führte.
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Abb. 11: Regulatoren der Stadtakustik: Hausmeister, Foto: Otto Schmidt, um 1900
Die Anwesenheit der üblichen Stadtgeräusche verlängerte sich damit tendenziell immer weiter in die Mittagszeit (noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Mittagsstille weit ausgeprägter, war es zwischen 13 und 14 Uhr auf den Straßen der Innenstadt »ganz still und einsam«180) und in die Abend- und Nachtstunden hinein. Letzteres korrespondierte mit dem sukzessiven Ausbau der öffentlichen Beleuchtung. Schon Silberstein schien es, als »brenne« abends über der Stadt »ein Häusermeer und lichte den Himmel mit grellem Scheine«181. Die Zahl der öffentlichen Gaslaternen vermehrte sich Jahr für Jahr : 1900 waren es rund 37.800, 1913 bereits 44.700, mehr als die Hälfte davon waren »halbnächtige« Flammen, die um 24 Uhr gelöscht wurden (im Unterschied zu den »ganznächtigen«). Zusätzlich kam es ab der Jahrhundertwende von kommunaler Seite her zu einer Forcierung der elektrischen Straßenbeleuchtung. 1902 erstrahlte die Ringstraße erstmals in elektrischem Licht, sechs Jahre später brannten in der Hauptstadt bereits mehr als 1000 Bogenlampen.182 Der nächtlichen Ausdehnung des öffentlichen wie privaten Lebens stand jedoch eine mächtige »Institution« entgegen : die Hausmeister.183 Nach wie vor hatten Mietparteien keinen eigenen Haustorschlüssel und mussten vor der Torsperre um 22 Uhr in ihren Wohnungen sein oder, falls sie später heimkehrten, dem Hausmeister für seine
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Zusatzdienste das berühmte »Sperrsechserl« zahlen – ein Bußgeld, dessen Entrichtung man jedoch möglichst zu vermeiden trachtete. Sämtliche Veranstaltungen waren denn auch so terminiert, dass man rechtzeitig sein Heim erreichen konnte. Dass zehn Uhr nachts den offiziellen Schluss des öffentlichen Lebens markierte, daran hatten sich die Wiener zwangsläufig seit Jahrzehnten gewöhnt. Die Konsequenzen daraus beschrieb der Schriftsteller Otto Friedländer (1889–1963) folgendermaßen : In Wien gibt es kein Nachtleben. Der Wiener geht um zehn Uhr schlafen. Um zehn Uhr wird das Haustor gesperrt. Niemand hat den Haustorschlüssel. Wer nach zehn Uhr kommt, muß läuten und Sperrsechserl zahlen und natürlich auf der finsteren, kalten Straße warten, bis der Herr Wotruba oder Nowotny, oder wie er heißt, mit einer flackernden Kerze in der Hand, notdürftig in einen Schlafrock gehüllt, in seinen Pantoffeln daherschlurft. (…) Kurzum, der Wiener weiß, warum er nicht gern nach zehn Uhr nach Hause kommt – übrigens nicht nur wegen der Unbequemlichkeit und wegen des Sperrsechserls, sondern auch wegen seines guten Rufes, denn es ist keine gute Nachrede, wenn es von jemandem heißt, daß er oft nach zehn Uhr nach Hause kommt.184
Gegen diese Form der hausmeisterlichen Allmacht begann sich zunehmend Widerstand zu regen, insbesondere aufseiten des Bürgertums, das die privaten Freiheiten dermaßen eingeschränkt sah, dass die Entwicklung Wiens zur modernen Großstadt unmöglich schien. Längst stellte das »Sperrsechserl« nur noch ein unzeitgemäßes »Hindernis des Nachtverkehrs« dar.185 Der Stadtplaner Henri D’Avigdor prophezeite unmissverständlich, Wien werde so lange kleinstädtisch und provinziell bleiben, wie die »Hausmeisterwirthschaft« nicht abgeschafft werde.186 Das »Hausmeister- und Sperrstund-G’frett« wurde zur entscheidenden Großstadtfrage erklärt, die Forderung nach einem eigenen Hausschlüssel für alle Mieter, wie dies bereits in vielen europäischen Metropolen der Fall war, beherrschte die politische Diskussion.187 Von den Gegnern wurden Argumente der Sicherheit und Aufrechterhaltung von »Ruhe und Ordnung« ins Treffen geführt, aber auch der Umstand, dass das Sperrgeld für die Hausmeister eine wichtige Einnahmequelle darstellte, beides Argumente, mit denen sich die in der Stadtregierung stark vertretenen Hausbesitzer lange Zeit durchsetzten. Die Abschaffung des Sperrgeldes und den Anspruch auf einen eigenen Hausschlüssel verlangte schließlich auch Viktor Adler, der darin einen der wichtigsten Schritte zur politischen Emanzipation des Proletariats sah.188 Es sollte allerdings noch bis 1922 dauern, ehe der freie Zugang zum Haus für alle Bewohner Realität wurde. Die Verfügungsgewalt über den Hausschlüssel, der zum Symbol für die Freiheit der Bürger, zum »Scepter des freien Mannes«, geworden war,189 erschien umso dringender, als die Stadt immer weiter in die Nacht hinein aktiv zu werden begann. Unter dem Zwang von Industrialisierung und Urbanisierung hatte sich in der Großstadt generell,
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so der deutsche Kulturwissenschaftler Joachim Schlör, eine neue Einstellung der Menschen zur Nacht als Zeit der Arbeit und Betriebsamkeit herausgebildet. Geschäftiges Treiben herrschte nicht nur in den Vergnügungsstätten : Auf den Gleisstrecken wurden Reparaturen durchgeführt, auf der Straße waren Pflasterer und Asphaltierer tätig – die Nacht wurde zum Reparaturbetrieb des Tages ; gearbeitet wurde in den Bahnhöfen, den Telefon- und Postämtern, bei der Kanalisation, der Straßenreinigung, in den Markthallen, bei der Polizei, im Nachtwachdienst, bei der Feuerwehr, in den Spitälern, den Warenhäusern, den Zeitungsdruckereien etc.190 Das Bild der schlafenden Stadt, wie es noch Silberstein skizziert hatte, stimmte immer weniger. Die Schlaflosigkeit der großen Stadt, ihr kontinuierlicher Betrieb, wurde zum Symbol für die neue Zeit. Dies machte sich nicht zuletzt auf akustische Weise bemerkbar, weshalb der Wiener Arzt Wilhelm Stekel bereits 1905 warnte : »Tief in die Stunden des Schlafes hinein tönt der Lärm fort. Das Rasseln der Wagen, das Sausen und Stöhnen der Elektrischen, sie beschäftigen unser Gehirn auch im Schlafe.«191 Zunehmend verschwammen die akustischen Kontraste zwischen Tag und Nacht ; immer kürzer wurden die Phasen der Stille, die in weiten Bereichen aus dem Klangrepertoire der Stadt verschwanden. Pascal Amphoux bezeichnete diese allgemein zu beobachtende Tendenz als »Medialisierung« der Stadtakustik, als Entwicklung zu einer kontinuierlichen und mittleren Klangumwelt, ohne herausragende Lärmspitzen und mit immer weniger Ruhezeiten.192 Wenngleich es eine »absolute« Stille wohl niemals gab und diese vielmehr – wie schon Carl Stumpf nachwies – ein relatives Phänomen ist, das in besonderem Maße von der ortsüblichen Geräuschkulisse und den damit in Zusammenhang stehenden Hörgewohnheiten abhängt,193 so wurde die spezifisch »urbane Stille« doch allmählich zur kostbaren Rarität. Nicht zufällig proklamierte Alfred Freiherr von Berger bereits 1909, wie übrigens auch Theodor Lessing, das »Recht auf Stille«, das es wieder durchzusetzen gelte : »Was der Großstädter Stille nennt, das ist ein Gemisch aller möglichen Geräusche, an das er sich so gewöhnt hat, daß er es gar nicht mehr hört, welches also Stille für ihn ist.«194 Eine richtige Stille, so Berger weiter, sei mittlerweile so gut wie unbekannt, ja man brauche oft sogar einen gewissen Geräuschpegel, um sich wohlzufühlen. Sei der Stadtmensch dennoch einmal mit der Lautlosigkeit seiner Umgebung konfrontiert, werde dies sogleich als Schock empfunden, wie sich bei einem gelegentlichen Ausflug ins Hochgebirge zeige : Da empfindet man die lautlose Stille, die einen, als ob man eine hohle Muschel ans Ohr hielte, das klingende und sausende Geräusch des eigenen Blutumlaufes vernehmen läßt, als etwas heimlich Aufregendes. Und Schallerscheinungen, die man sonst gar nicht hören würde, wie das Rascheln eines dürren Ahornblattes, das zur Erde taumelnd, an die Äste stößt, scheinen so laut, daß man zusammenfährt.195
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Ein Blick in die Memoirenliteratur zeigt, dass Ruhe und Stille von der städtischen Realität in das Feld der Erinnerung übergingen, sorgsam gehütet – und nicht selten nostalgisch verklärt – als Empfindung aus längst vergangenen Tagen.196 Erhalten blieb lediglich die spezifische Stille an Sonn- und Feiertagen, wie sie sich vor allem in der Innenstadt bemerkbar machte : keine völlige Lautlosigkeit, aber eine deutlich wahrnehmbare Minderung des sonst üblichen Straßenlärms, die eine eigentümliche Stimmung hervorrief. Für den renommierten Wiener Feuilletonisten Eduard Pötzl (1851–1914) war dies ein Zeichen des Innehaltens und der Andacht : Es war jenes gedämpfte Feiertagsgeräusch von Schritten und Rädern, wie es (…) an schönen Sonntagen von der Straße aus des Morgens an unser Ohr dringt : Abgeflauter Alltag, sordinierte Vergnügungslust, Stimmung zur Andacht ! (…) Da schlich sie (…), die große Stille, durch die gewaltigen Straßen, deren Asphaltboden sonst unter der Wut des Verkehres zittert. Wie oft habe ich den Graben, Kohlmarkt und den Stephansplatz an sonntäglichen Sommernachmittagen gesehen und die erhabene Ruhe bewundert, die zu solcher Zeit über ihnen liegt, wie ein wahrer Gottesfrieden.197
Beendet wurde der akustische Ausnahmezustand an Sonn- und Feiertagen traditionellerweise mit dem Geläute der Kirchenglocken, deren Klang sich über ganz Wien ausbreitete : Das war ein wundervoller Schlußakkord zu der sanftausklingenden Stadteinsamkeit. In den Lüften droben flogen die Glockentöne von den fernsten Kirchen zusammen und stürzten sich in die leeren Gassen herab, sie füllend mit feierlichen, dumpfen Klängen wie mit einem Hymnus auf die unvergängliche Macht und Schönheit der alten Kaiserstadt.198 Säkularisierte Stimmen: Das Läuten der Kirchenglocken
Glockentöne gehörten zu den eindringlichsten Geräuschen in der Stadt. Mehr oder weniger deutlich übertönten sie den Lärm des geschäftigen Lebens, waren sie den ganzen Tag, das ganze Jahr über im Stadtraum präsent. Gemeinsam mit der Orgel war die Glocke bis zum Beginn der Industrialisierung der unangefochten lauteste Tonerzeuger. Dies und ihre harmonisch genau abgestimmte Klangfarbe, die sich bisweilen aus bis zu fünfzig Einzeltönen zusammensetzt, ließ sie zum komplexen Kommunikationsmedium werden, mit dem auch große Entfernungen überbrückt werden konnten. Geistliche und weltliche Herrschaftsträger bedienten sich denn auch intensiv der Glocken und verbreiteten mit ihnen ihre jeweils zentralen Klangbotschaften. Für die Menschen waren Glocken lange Zeit eines der wichtigsten Symbole ihrer kollektiven Identität. Wie Alain Corbin in einer detailreichen Studie gezeigt hat, gab
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es zu kaum einem anderen Klang eine derart tiefe emotionale Verbundenheit. Das Glockenläuten bestimmte den Kommunikations- und Arbeitsrhythmus der Bevölkerung, es orientierte ihren Raum- und Zeitsinn und regulierte ihr soziales Verhalten, sowohl im weltlichen als auch im kirchlichen Bereich. Dabei manifestiert sich die enorme kulturelle und politische Symbolkraft der Glocken nicht zuletzt in der Schärfe der Konflikte, die sich um die Verfügungsmacht des Läutens entzündeten.199 Seit dem Mittelalter war es in Europa zu einer enormen Verdichtung des religiösen und profanen Glockengeläutes gekommen, ein immer dichteres Klangnetz breitete sich über das Land und über die Städte aus. Die Zahl und Größe der Glocken geriet zum Index für die Größe und Bedeutung einer Ansiedlung. In Frankreich sagte man, »eine Stadt ohne Glocken ist wie ein Blinder ohne Stock«, und verdeutlichte damit die essenzielle Bedeutung der Glocken für die urbane Identität.200 Dabei hatte das christlich geprägte »Glockeneuropa« (Friedrich Heer) spätestens seit den beiden Türkenbelagerungen ein unumstrittenes Zentrum : die katholische Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Mehrere Hundert Glocken hingen um 1900 in den Wiener Kirchtürmen, wobei die meisten von ihnen aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammten.201 Jede von ihnen bot akustische Orientierung, markierte ein spezifisches »Klangterritorium«, das der Bevölkerung zutiefst vertraut war. Wie Schilderungen von Reisenden und Stadtbesuchern belegen, wurde die enorme Vielzahl der vernehmbaren Glockentöne sogar zu so etwas wie dem akustischen Erkennungszeichen der Stadt. Wiens bekannteste und berühmteste Glocke war jene im Südturm des Stephansdomes, aufgrund ihres tiefen Klanges im Volksmund »Pummerin« genannt.202 Sie war 1711 von Johann Achamer aus türkischen Kanonen gegossen worden, die man 28 Jahre zuvor bei der erfolgreichen Verteidigung der Stadt erbeutet hatte. Mit einem Durchmesser von 3,16 Meter und einem Gewicht von 22.511 Kilogramm inklusive Klöppel und Joch stellte sie die größte Glocke Österreichs und die zweigrößte in ganz Europa dar.203 Zu hören war sie allerdings nur zu besonderen Anlässen, die in einem »Läutplan« genau festgelegt waren, nämlich zu Heiligabend, Stephanitag, Jahresschlussandacht, Jahreswechsel, Osternachtfeier, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Fronleichnam, Maria Himmelfahrt und Allerseelen. Die relativ seltene Vernehmbarkeit, das mächtige Klangvolumen sowie die beinahe mythische Aufladung schon von Beginn ihrer Herstellung an ließ die »Pummerin« zu einem zentralen identitätsstiftenden Symbol für die Stadt und letztlich für ganz Österreich werden. Im Alltag des 19. Jahrhunderts weit häufiger zu hören waren die zahlreichen anderen Glocken des Stephansdomes, wobei sie entweder als Einzel, Teil- oder Vollgeläut (alle zusammen) erklangen. Wie beeindruckend dieses Klangensemble zuweilen gewesen sein muss, belegt eine Schilderung Julius Rodenbergs :
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Abb. 12: Klangsignatur der Stadt: »Pummerin« im Stephansdom, um 1900
Diese Glocken zu hören ist für mich eins der stärksten Anziehungsmittel in Wien. Wenn ich sie vernehme, so geht mir das Herz über, und es ist gar nicht zu sagen, wie oft ich hierher komme oder wie viele Umwege ich mache, um wieder einmal zu lungern und zu träumen im Schatten von Sanct-Stephan. (…) Zuweilen kommt Orgelschall aus dem Dom, und wenn die Thüren geöffnet werden, ein Luftzug kühl und mit dem Erdgeruch der Vergangenheit. Und nun beginnt das Geläute – jeder Ton erzählt mir von alten Tagen – mich durchzittert mit jeder Schwingung der mächtigen Glocke ein Gefühl, wie begnadet dieses Wien, wie reich, wie heimatlich theuer dem deutschen Herzen – (…) und nicht länger mehr fühl’ ich mich ein Fremder in der Stadt am Donaustrande, die so voll ist von Geschichte, von Musik und Poesie.204
Wenngleich in diesen Worten des deutschen Schriftstellers viel Empathie und Nationalstolz mitschwingt, so erahnt man doch jenes hohe Ausmaß an Identifikation, das der Klang der Glocken zu erzeugen imstande war. Wesentlichen Anteil daran hatte die Ästhetik und Harmonie der Töne, insbesondere jene des sogenannten »Schlagtones« und der »Summtöne«. Als komplexes, exakt gestimmtes Musikinstrument,205 das nicht selten von einem berühmten Meister nach den Vorgaben des abendländischen Klangideals angefertigt wurde, bestand der eigentliche religiöse Zweck der Glocken
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denn auch darin, die Allgegenwart Gottes zu verkünden und den Zusammenhalt der christlichen Gemeinschaft zu stärken. Wie häufig erklangen nun diese »sakralen Stimmen« in Wien ? Laut katholischem Läuteritus ertönte zunächst einmal täglich – morgens, mittags und abends – das sogenannte »Angelusläuten«, mit dem die Kirche an besondere Stationen im Leben Jesu erinnerte (Auferstehung, Leiden, Menschwerdung). Dazu kamen jeden Freitagnachmittag das »Freitagsläuten«, mit dem man der Todesstunde Jesu gedachte, sowie die mehrmaligen Aufrufe zum Gottesdienst, jeweils unterschiedlich intoniert an Werktagen, Sonn- und Feiertagen und hohen kirchlichen Festtagen. Zu diesem turnusmäßigen, jährlich unveränderten Gebrauch der Glocken gesellte sich jener zu besonderen kirchlichen Anlässen, wie Geburt, Taufe, Hochzeit oder Begräbnis. Und auch zahlreiche profane Botschaften wurden mittels Glocken über die Stadt verbreitet, wie die Warnung vor Sturm, Feuer oder gefährlichen Angriffen, Aufrufe zu Versammlungen, zum Schließen der Wirtshäuser oder – immer wichtiger werdend – die akustische Anzeige der Uhrzeit.206 Es war ein »akustischer Kalender«, wie Murray R. Schafer treffend formulierte, der sich mithilfe der Glocken im Alltag etabliert hatte.207 Nur in der vorösterlichen Karwoche, auch »Stille Woche« genannt und dem Gedächtnis an Leiden und Sterben Jesu gewidmet, blieben die Glocken stumm. Zwischen Gründonnerstag und Karsamstag fliegen sie, so der Volksglaube, nach Rom, um den Segen des Papstes zu erhalten, und ihr Läuten wird durch Klappern oder Ratschen ersetzt. All den genannten Funktionen waren spezifische, oftmals auch von unterschiedlichen Glocken erzeugte Töne zugeordnet. Abermals sei dies am Beispiel des Stephansdomes verdeutlicht. Hier wurde etwa der Ausbruch eines Brandes mithilfe der sogenannten »Feuerin« kundgetan, die »Kantnerin« gemahnte an Werktagen an die Segensandacht, die »Fehringerin« wurde als Hochamtsglocke geläutet, das »Zügenglöcklein« begleitete Sterbende, die »in den letzten Zügen« lagen, zwei »Uhrschellen« verkündeten die Zeit, die »Bieringerin« wiederum gab die abendliche Sperrstunde der Bierschenken im Umkreis des Domes bekannt, was ihr bei der Bevölkerung die scherzhafte Bezeichnung »Gurgelabschneiderin« einbrachte.208 Die enorme Vielzahl der Anlässe und die komplizierten Läutschemata sowohl der katholischen Kirche209 als auch der anderen christlichen Religionen waren Teil eines heute kaum mehr nachvollziehbaren Codes. Selbst bei einfachen Pfarrkirchen, die meist nur wenige Glocken aufwiesen, ergaben sich zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten. Dies mussten Außenstehende erst erlernen, wie Viktor Faltis feststellte, der als Bub im Mai 1900 mit seinen Eltern in den Wiener Vorort Grinzing übersiedelte. Gemeinsam mit seinem Freund Franzl erstieg er den Turm der Grinzinger Pfarrkirche, um die dort hängenden Glocken zu erkunden – ein Abenteuer der besonderen Art :
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Nun standen wir vor den Glocken und betrachteten sie mit ehrfurchtsvollem Staunen. Ihre Stimmen kannten wir ja gut, weil sie täglich herunterriefen. Nun lernten wir ihre mächtigen metallenen Leiber kennen. Still hingen sie da und bewegungslos, immer aber bereit, zu klingen und zu rufen. (…) Stolz klopfte Franzl mit dem Fingerknöchel auf die Größte der Glocken. »Dös is die Knödelglock’n. Die wird um elfe g’läut, wann die Hauer vom Weingarten rein zum Essen kuma solln. Und dös’, er wies auf die zweitgrößte Glocke, ›is dö Mehlspeisglock’n ; dö wird um zwölfe in drei Gsätzln g’läut. Dö hat den schönsten Klang, und ma hört’s am weitesten.« Und als wollte sie ihre schöne Stimme zeigen, hob sich der mächtige Hammer seitlich und schlug gewaltig auf sie los : einmal, zweimal. Es war halb zwölf. Die große Glocke zeigte die Stunden an, die kleinere die Viertelstunden. (…) Franzl zeigte uns noch die Gebetsglocke, die früh, mittags und abends zum »Angelus« geläutet wird. Und das Zwerglein unter den Riesen, das Sterbeglöcklein, »Ziemglöckl« genannt, das beim Ableben eines Mannes dreimal, einer Frau zweimal, bei einem Kind einmal geläutet wurde.210
Deutlich zeigt sich auch hier, wie intensiv der Alltag selbst in einer kleinen Pfarrei durch Glockenzeichen strukturiert war und welch differenzierte Botschaften, etwa mithilfe des Sterbeglöckchens, verbreitet werden konnten. Dabei waren alle regelmäßigen Glockensignale stets auch Zeitsignale, an denen sich die Bevölkerung orientierte. Sie folgten allerdings nicht mehr wie früher dem Sonnenstand, dem sich ändernden Verlauf des Tages und der Nacht, sondern gaben seit der Durchsetzung der mechanischen Zeitmessung fixe »Uhrstunden« an. Immer mehr wurde das Großstadtleben damit von einem rational-abstrakten 24-Stunden-Rhythmus bestimmt – und der Schlag der Glocken gab den Takt dazu an. Wie in Grinzing war es mittlerweile auch in den anderen Kirchen die Uhrglocke, die im ausgehenden 19. Jahrhundert am häufigsten ertönte. Die allmähliche Umdeutung der Glockensignale zu schlichten Zeitsignalen war Ausdruck jener allgemeinen Säkularisierungstendenzen, die sich, so Corbin, auf der Ebene des Glockenläutens besonders heftig manifestierten. Der Zugriff auf die Glocken und die Art, wie geläutet werden durfte, wurden zum Gegenstand eines erbitterten Ringens zwischen Klerus und weltlicher Macht. Die Kirche verlor allmählich ihr Läutemonopol, die zivile Gewalt begann sich von der sensorischen Beeinflussung der Kirche zu emanzipieren. Dies geschah mit der Verbreitung der glockengeschlagenen Uhrzeit, aber auch mit Initiativen zur Begrenzung der kirchlichen Läutkompetenz, insbesondere in der Stadt, wo sich die Vielzahl der Läutensembles oft auf verwirrende Weise überlagerte. Klarheit der Signale, Ordnung der Botschaften und strenge Ausgewogenheit zwischen religiösem und zivilem Läuten wurden im 19. Jahrhundert zu wichtigen Zielen der Staatsmacht.211 Wenngleich historische Forschungen dazu für Österreich beziehungsweise Wien bislang fehlen, kann auch hier eine ähnliche Entwicklung angenommen werden. Die voran-
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schreitende »Desakralisierung des Tages« (Corbin) war nicht mehr aufzuhalten. Bereits im Jahr 1872 sah sich der Priester und Schlosskaplan im niederösterreichischen Persenbeug, Johann von M. Haberl, zu einer aufrüttelnden Predigt genötigt. Anlässlich der Einweihung der neuen Glocken in der Pfarrkirche von St. Oswald erinnerte er eindringlich an die »Lehren und Mahnungen«, die von den »heiligen Stimmen« der Glocken ausgehen. Um der verbreiteten Meinung, dass das Volk »derlei Sachen« nicht mehr brauche und sie zum Teil auch gar nicht mehr verstehe, entgegenzuwirken, gab er seinem Publikum Unterricht über die verschiedenen kirchlichen Anlässe zum Geläute und bemerkte : Denn alle Tage rufen die Glocken, und öfters im Tage rufen die Glocken, Jahr aus Jahr ein rufen – alle Tage die Glocken : sie mahnen also, daß wir mit Eifer, mit anhaltendem Eifer, mit Ausdauer Gott lieben, daß wir nie ermüden, nie aufhören sollen Gott zu lieben, daß wir Gott lieben sollen alle Tage, das ganze Jahr, das ganze Leben.212
Und mit deutlichem Hinweis auf die seiner Meinung nach besonders prekären Verhältnisse in den Städten fuhr er fort : Das Volk auf dem Land ist wohl in dieser Hinsicht nicht so gottlos, wie – das Volk an anderen Orten ; aber es fängt schon an, es zu werden. Eine gar traurige Beobachtung macht man, selbst in den Landkirchen, beim Nachmittagsgottesdienste. Oede und leer sind da in vielen Orten die Gotteshäuser, voll aber und bevölkert sind die Unterhaltungsplätze, die Spielhäuser, die Kegelbahnen und andere Orte, die ich nicht mit Namen nennen will.213
Wenngleich die Modernisierung der Gesellschaft, wie neuere kulturwissenschaftliche Analysen zeigen, nicht notwendigerweise linear mit ihrer Säkularisierung verbunden ist, so zeigt sich doch deutlich, dass die Religion in ihrer institutionalisierten Form ebenso an Bedeutung für die individuelle Lebensgestaltung verlor wie an Legitimität, was ihre politischen und kulturellen Hegemonialansprüche betraf.214 Diese Tendenz, die in der Stadt besonders rasch voranschritt, war aber nur ein Grund für die schwindende religiöse Bedeutung des Glockengeläutes. Ein mindestens ebenso wichtiger Faktor war die zunehmende Diversifizierung der städtischen Lautsphäre. Laufend gebar das Industriezeitalter neue Geräusche, die in Konkurrenz zueinander standen und dazu beitrugen, dass die Glockentöne ihren Nimbus der Einzigartigkeit verloren. Immer mehr gerieten sie in den Hintergrund, auch gegenüber den visuellen Botschaften, die sich in der Stadt – im Unterschied zum Land – rasant vervielfachten, man denke etwa an die Fülle an Plakaten und Ankündigungen, an Zeitungen bis hin zu den zahlreichen Zifferblättern der Kirchturmuhren. All dies führte zu jenem Wandel in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und Beurteilung des Glockengeläutes, den Anton Wildgans in einem Gedicht treffend charakterisierte :
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Sie bauen noch immer Symbole aus Stein in den längst entgötterten Himmel hinein, tun Glocken in die Gestühle. Die künden mit ihrem bronzernen Mund eine Sprache, die keinem Menschen mehr kund, und fremd für unsere Gefühle.215 Die Geräusche der Straßenbahn: Signum des Urbanen
Von all den ineinander verschobenen Klängen gab es einen Geräuschkomplex, der die Großstadt wie kein anderer repräsentierte : das Rollen und Rattern, Quietschen und Klingeln der Straßenbahn, die sich zum städtischen Verkehrsmittel par excellence entwickelte. Mit dem Abbruch der Stadtmauern und der wachsenden Ausdehnung der Stadt hatte sich die infrastrukturelle Notwendigkeit der stärkeren Anbindung des Umlandes an die Innenstadt ergeben. Nicht nur administrativ waren die eingemeindeten Vorstädte und Vororte zunehmend stärker auf das Zentrum hin ausgerichtet, auch die unterschiedliche sozioökonomische Entwicklung innerhalb des Stadtgebietes und die dadurch hervorgerufenen Pendlerbewegungen verlangten nach einem leistungsfähigen und billigen Verkehrsmittel, mit dem auch größere Distanzen in relativ kurzer Zeit bewältigt werden konnten. Durch eine Anbindung an das Eisenbahnnetz sollten zudem die über die Bahnhöfe einströmenden Personen und Güter besser auf das Stadtgebiet verteilt werden.216 Mit der Anlage der Ringstraße war es möglich, die bisher radial auf und durch das Zentrum ausgerichteten Verkehrsströme um die Innere Stadt zu lenken. Damit war eine Umfahrungsmöglichkeit mit Verteilerfunktion geschaffen, die die Voraussetzung darstellte für die Errichtung eines leistungsfähigen Tramwaynetzes. Um die Pferdekraft besser zu nutzen, kamen zunächst auf Schienen gezogene Wagen zur Anwendung, eine bereits im Überlandverkehr erprobte Technologie, bei der aufgrund des niedrigen Rollwiderstandes ein Pferdepaar mehr als fünfzig Passagiere ziehen konnte. Neben dieser beträchtlichen Vergrößerung der Transportkapazität bot die Pferdebahn auch den Vorteil einer ruhigeren, von weniger Erschütterungen beeinträchtigten Fahrt. Für ihre Übertragung auf den innerstädtischen Bereich war es allerdings notwendig, die Schienen auf Straßenniveau abzusenken, da aus Platzgründen keine eigenen abgegrenzten Verkehrswege möglich waren und die Straßen auch für andere Verkehrsteilnehmer benutzbar bleiben mussten. Am 4. Oktober 1865 war es so weit : Die erste Pferdestraßenbahn Wiens nahm vom Schottentor nach Hernals ihren Betrieb auf. Die Strecke führte über die Universitätsstraße, Alserstraße, Ottakringer Straße, Taubergasse und Hernalser Hauptstraße
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Abb. 13: Pferdestraßenbahn bei der Aspernbrücke, um 1894
bis zur Remise Wattgasse ; die Fahrzeit betrug rund zwanzig Minuten (später war sie allerdings infolge des Gegenverkehrs und nur neun Ausweichplätzen stets deutlich länger). Betreiber war eine Schweizer Baufirma, die sich 1868 mit mehreren Partnern zur »Wiener Tramway Gesellschaft« zusammenschloss und fortan ihr Netz innerhalb des Linienwalls ausbaute. 1869 wurden die Linien Schottenring–Ringstraße–Aspernbrücke und Stubenring–Landstraßer Hauptstraße–St. Marxer eröffnet, weitere Linien folgten. 1872 ließ die liberale Stadtregierung eine zweite, ebenfalls auf privater Basis gegründete »Neue Wiener Tramway Gesellschaft« zu, deren Wägen in den Vororten außerhalb des Linienwalls verkehrten. Neben der Pferdestraßenbahn nahm 1882 erstmals auch eine Dampftramway ihren Betrieb auf. Sie kam allerdings wegen befürchteter Belästigungen und Gefährdungen (Rauch, Funkenflug, Lärm) nur außerhalb des damaligen Stadtgebietes zum Einsatz und hatte generell mehr den Charakter einer Lokalbahn. Betreiber war die »Dampftramway Gesellschaft Krauss & Comp.«, die eine »südliche Linie« von Hietzing nach Mödling und eine »nördliche Linie« von der Stefaniebrücke am Donaukanal (heute Salztorbrücke) über Floridsdorf nach Stammersdorf bzw. Großenzersdorf einrichtete. Der Ausbau des Straßenbahnnetzes ging zwar aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten und anhaltender Kontroversen mit der Stadtverwaltung zunächst langsamer voran als erwartet, seine Gesamtlänge stieg aber letztlich von 22 Kilometer (1870) auf immerhin 171 Kilometer (1903) ; die Zahl der beförderten Personen erhöhte sich im gleichen Zeitraum von rund 12.600 auf beachtliche 80,5 Millionen.217 Damit war die
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Pferdetramway zu einem urbanen Massenverkehrsmittel geworden, das nicht nur im gelegentlichen Ausflugs- und Freizeitverkehr eine Rolle spielte, sondern in zunehmendem Maße auch im täglichen Geschäfts- und Berufsverkehr – und somit auch in der akustischen Alltagswahrnehmung der Bevölkerung. Schon von Weitem waren die charakteristischen Laute der Pferdetramway zu vernehmen : das Hufgetrappel der Pferde, das Rumpeln und Rattern der Wagen, das metallische Quietschen der Räder, das sich vor allem beim Bremsen und bei der Fahrt in Weichen und Kurven bemerkbar machte, das Glockenläuten des »Conducteurs«, der Beginn und Ende des Aufenthalts an einer Haltestelle markierte, die Signalpfeife des Waggonführers, mit der er das Gleis von Fußgängern und Fuhrwerken frei zu machen versuchte. Am eindringlichsten aber war wohl das ständige Klingeln der am Zaumzeug der Pferde angebrachten Glöckchen, das als Dauerwarnton für die übrigen Verkehrsteilnehmer gedacht war und der Pferdetramway schon bald den Spitznamen »Glöckerlbahn« einbrachte.218 Die Dampftramway wiederum wurde aufgrund ihres markanten Geräusches im Volksmund »Pemperlbahn« genannt (von pempern = schlagen, klopfen). All diese Geräusche verbreiteten sich mit zunehmend vertrauter Regelmäßigkeit im Stadtgebiet, dehnten sich zeitlich – Betriebszeit war 6 bis 22.30 Uhr – und räumlich von der Innenstadt bis in die Außenbezirke aus. Dabei waren es vor allem die zentralen Verbindungs- und Ausfallsstraßen, die sich zu klingenden Hauptadern des Tramwaynetzes entwickelten. Wenngleich die infrastrukturelle Anbindung der eingemeindeten Orte in der Praxis keineswegs so geregelt und systematisch durchgeführt werden konnte wie seitens der Stadtverwaltung gewünscht, so wurden die Geräusche der Pferdetramway doch zum akustischen Leitsymbol für die zusammenwachsende Stadt. Unüberhörbar signalisierten sie den Anschluss an die Großstadt, wie sich Felix Salten am Beispiel von Währing erinnert : Aber ich weiß sehr genau, wann dieser Umschwung begonnen hat. Eines Tages kam die Tramway heraufgeklingelt und fuhr mitten durch Währing. Es gab Straßen, die von Schienen durchzogen wurden, es gab Haltestellen. Man war einfach wie in Wien. Diese Tramway, die hin und her klingelte, bis tief in die Nacht hinein, sogar bis zehn Uhr, hat den ganzen Ort aufrebellt.219
Die räumliche Integration des Wiener Stadtgebietes wurde schließlich durch die zur Jahrhundertwende in Angriff genommene Elektrifizierung und Kommunalisierung der Straßenbahn und den in der Folge deutlich beschleunigten Ausbau des Netzes weiter vorangetrieben. Die Straßenbahn begann das gesamte Verkehrswesen – real wie akustisch – zu strukturieren. Die Anwendung der elektrischen Energie für den Antrieb von schienengebundenen Fahrzeugen bedeutete eine Revolution im innerstädtischen Verkehr. Leichte Wägen mit
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Abb. 14: Elektrische Straßenbahn am Franz-Josefs-Kai, um 1900
großer, mühelos regulierbarer Antriebskraft bewirkten eine enorme Steigerung der Kapazitäten. Im Unterschied zur Pferdetramway war die elektrische Straßenbahn zudem wesentlich sauberer, bequemer und vor allem auch schneller : Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit erhöhte sich von fünf bis acht auf nunmehr zwölf Kilometer pro Stunde.220 Wiens erste elektrische Straßenbahn verkehrte 1897 zwischen dem Nord- und dem Westbahnhof – relativ spät im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten, fuhr doch beispielsweise in Berlin schon 1881 die erste »Elektrische«. Im Ringen der Metropolen um Prestige und Modernität war Wien deutlich unter Zugzwang geraten. Denn gerade der Straßenbahn kam als sicht- und hörbares Zeichen für Urbanität und großstädtischen Charakter, so Peter Wilding, ein hoher symbolischer Wert zu.221 Die in der christlich-sozialen Ära unter Bürgermeister Karl Lueger (1844–1910) vorangetriebene Liquidierung bzw. Übernahme der privaten Tramwaygesellschaften durch die Gemeinde Wien stellte eine wesentliche Voraussetzung für die rasche Elektrifizierung der bisherigen Strecken dar, die in ihren Grundzügen bereits 1903 abgeschlossen werden konnte. Im selben Jahr, am 26. Juni, fuhr auch die letzte Pferdetramway durch die Stadt. Neue übersichtliche Linienbezeichnungen, eine neue komfortablere Wagenserie sowie eine einheitliche und niedrige Tarifgestaltung ließen die Elektrische endgültig zum leistungsfähigen Massenverkehrsmittel werden. Bis 1913 wurde das Streckennetz auf 244 Kilometer ausgebaut, die Fahrgastzahlen schnellten auf jährlich 322,6 Millionen in die Höhe.222
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Die zunehmende Verdichtung des Netzes, vor allem aber die gesteigerte Geschwindigkeit verbesserte die Erreichbarkeit der Stadtrandgebiete und trug damit wesentlich zur Erweiterung der Wohngebiete Richtung Peripherie bei. Die lautstarke Ankunft der ersten Elektrischen wurde hier wie ein Volksfest gefeiert. Beispielsweise im kleinen Weinhauerort Grinzing, wo sich der dort aufgewachsene Viktor Faltis erinnerte : Die Häuser des Unterörtels wurden beflaggt, Tafeln mit »Hoch die Straßenbahn« in die Fenster gestellt, und halb Grinzing wartete vor dem Cernygasthaus auf die Elektrische. Von dort aus konnte man nämlich weit in die Allee hineinsehen. (…) Die Elektrische kam laut klingelnd, mit Laub und Fähnchen geschmückt, die Grinzinger Allee daher. Die Leute jubelten und winkten. Der Wagenzug fuhr in weitem Bogen in den Ort hinein. Begrüßt von einer Schrammelkapelle, fuhr er zur Endstation und machte Halt. (…) Es war ein großer Tag für unseren Ort. Und groß war die Überraschung für nicht wenige Wiener, die aus Neugier die neue Strecke benützten, an deren Ende sie den reizenden Ort vor sich liegen sahen.223
Das »gellende Läuten der elektrischen Straßenbahn« klang, so empfand es auch der Arbeiterdichter Alfons Petzold (1882–1923), wie ein »Gruß der Großstadt«224, der von nun an die Grenzen der expandierenden Metropole markierte. Die weit draußen, im noch ländlich geprägten Umland verankerten Endstationen waren der manifeste Ausdruck dieser Erweiterung, ihre Speerspitze, ihr Grenzposten. Hier konnte man einen letzten Rest von Urbanität in sich aufnehmen, ehe visuell wie akustisch eine völlig andere, noch weitestgehend dörflich geprägte Welt begann. Die Straßenbahn wurde zum Begleiter bei diesem Übertritt, wie der Schriftsteller und Feuilletonist Ludwig Hirschfeld (1882–1942) anlässlich einer Spazierfahrt nach Grinzing feststellte : Wenn man an der Endstation die Straßenbahn verläßt, so ist das keine gewöhnliche und gleichgiltige Sache, wie drin in irgend einem hastigen, lauten Bezirke das Aussteigen. Es ist vielmehr eine richtige Ankunft mit allen dazugehörigen Eindrücken und Gefühlen. Man hat eine längere und beschwerliche Reise hinter sich, und nun ist man da, am Ziele. Weiter geht’s nicht mehr ; die Tramwayschienen hören plötzlich auf, die eisernen Masten verschwinden, der ganze lärmende Mechanismus der großen Stadt bleibt zurück. Und sie selbst scheint schon weit hinter einem zu liegen, wie die undeutliche Erinnerung an ein schwüles Jugenderlebnis, das mehr und mehr verblaßt.225
Allerdings : Die Geräusche der Elektrischen unterschieden sich mittlerweile doch recht deutlich von jenen der Pferdetramway, die eigentlich noch ein vormoderner, präindustrieller Klangkörper, ein akustisches Zwitterwesen vor dem endgültigen Durchbruch des Maschinenzeitalters gewesen war. An die Stelle von Pferdegetrappel und Glöckchengebimmel war das Motorengeräusch getreten, und durch die höhere Geschwindigkeit
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Abb. 15a, b: Die Ausbreitung der Straßenbahngeräusche in der Stadt: Liniennetz 1873 und 1903
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wurde das Rattern und Sausen, Kreischen und Quietschen der Straßenbahnwaggons erst so richtig dominant. Alfred Freiherr von Berger sprach denn auch treffend vom »Wimmergeheul der Elektrischen«226, Wilhelm Bölsche – wie bereits erwähnt – vom »sonderbar heulenden Laut, mit dem der elektrische Straßenbahnwagen an seiner Leitung hängend daherkommt«227. Zu diesen Fahrgeräuschen gesellten sich die bekannten Glockentöne beim An- und Abfahren aus den Haltestellen, neuartige Trompetenstöße, die seit 1908 die allzu schrillen Signalpfeifen ersetzten, sowie vor allem zu Beginn noch sehr häufige Knalllaute, hervorgerufen durch elektrische Entladungen in den Oberleitungen. Nur im Ringstraßenbereich war die Stromversorgung aus ästhetischen Gründen über Bodenleitungen erfolgt, wobei die häufige Umschaltung zwischen Ober- und Unterleitung ebenfalls recht charakteristische Laute verursachte : »Wenn das kurbelnde Geräusch ertönt, findet sich ein vorstädtischer Passagier auf der vorderen Plattform gewöhnlich zu der Bemerkung veranlasst : ›Gleich werd’n m’r jausnen. Kaffee reib’n tun s’ scho.‹«228 Dieser gesamte mechanisch-technische Geräuschkomplex war es, der zum »klassischen« akustischen Zitat der modernen Großstadt avancierte, zu einem Lautgemenge, das nur hier und nirgends sonst anzutreffen war. An- und abschwellend durchlief es die Großstadt von frühmorgens bis spätabends. Und es sollte sich in Wien noch bis Ende der 1920er-Jahre steigern, als der Höhepunkt des Ausbauprogramms erreicht war und die Stadt das dichteste Straßenbahnnetz Europas aufwies (Gesamtlänge 1928 : 318 Kilometer)229. Klangkollisionen: Tier versus Maschine
Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmende Mechanisierung und Motorisierung des gesamten Verkehrsgeschehens bewirkte eine der nachhaltigsten Veränderungen der urbanen Lautsphäre : Soziale und animalische Geräusche wurden zunehmend von mechanisch bedingten Geräuschen überlagert. Da das Verschwinden der von Menschen hervorgerufenen Laute in einem eigenen Kapitel ausführlich dargestellt wird, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die Ablösung der animalischen Antriebskraft durch die Maschine (Dampfmaschine, Benzin- bzw. Elektromotor) und die sich daraus ergebenden auralen Adaptionsprobleme der Verkehrsteilnehmer. In Bezug auf Letzteres ist zunächst ein frühes, recht eigentümlich klingendes Verkehrsmittel zu erwähnen : der »musikalische Omnibus«. Bei dieser Wiener Spezialität, die in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts vom Schottentor nach Döbling verkehrte, war an der linken Seite des Kutschbocks eine Kurbel angebracht, die mit einer Drehorgel in Verbindung stand. Betätigte der Kutscher die Kurbel, erklangen posthornähnliche Töne, die sich zu verschiedenen Melodien zusammenfügten. Die das übliche Pferdegetrappel und Wagengerassel übertönende Musikmaschine stieß bei den Zeit-
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genossen allerdings auf wenig Gegenliebe. Die »schnarrenden Töne wie von einem halb zersprungenen Posthorn« wurden schlicht als Geschmacklosigkeit empfunden, weshalb diese »außerordentliche Erscheinung« schon bald wieder aus dem Straßenbild verschwand.230 Ob als Omnibus, Einspänner, Fiaker oder Lohnkutsche, als einzelnes Zug- oder Reittier, das Pferd blieb bis zur Jahrhundertwende das bevorzugte Fortbewegungs- und Transportmittel, das demzufolge auch im Straßenraum akustisch stark präsent war.231 Auch die ersten Tramways hatten sich wie erwähnt seiner Zugkraft bedient und damit die Zahl der in der Stadt verkehrenden Tiere bedeutend vergrößert. Allein der Pferdebestand der »Wiener Tramway Gesellschaft« stieg von 400 (1869) auf 3800 (1897).232 Insgesamt erhöhte sich die Zahl der in Wien gemeldeten Nutzpferde zwischen 1880 und 1900 von rund 11.000 auf beachtliche 42.000 (ohne Militärpferde und Hof ).233 Eine nicht zu überhörende animalische Klangspur hinterließ lange Zeit auch das durch die Straßen der Stadt getriebene Schlachtvieh. Riesige Tierherden bewegten sich von den Bahnhöfen zu den Schlachthäusern, die ab 1851 in Gumpendorf und St. Marx (hier befand sich auch der zentrale Viehmarkt) in Betrieb genommen wurden. Die Durchzugsgebiete waren zumeist der 2., 3., 4., 5. und 9. Bezirk, wo man wöchentlich das Gebrüll und Gestampfe von Ochsen, Schweinen, Schafen oder Kälbern vernehmen konnte. Alfred Freiherr von Berger erinnert sich, dass die auf dem Rennweg »von slovakischen Treibern in Zwillichkitteln geleiteten Schweineherden und schwerfälligen Büffelgespanne« eine – übrigens auch geruchlich überaus eindringliche – »asiatische Stimmung« verbreiteten.234 Wie viele Tiere sich jährlich durch die Straßen wälzten, verdeutlicht die Importquote des Jahres 1871. Allein in diesem Jahr gelangten 149.360 Ochsen, 376.800 Schweine, 208.469 Schafe und 169.336 Kälber auf den Wiener Markt, wobei der überwiegende Teil der Tiere aus der ungarischen Reichshälfte stammte.235 Zwei Jahre später, 1873, dem Jahr der Wiener Weltausstellung, wurde dem Viehtrieb durch die Stadt nicht zuletzt aus Gründen der Repräsentation ein Ende gesetzt. Der Anblick der geruchs- und lärmintensiven Herden entsprach keinesfalls mehr dem Selbstverständnis einer modernen Metropole. Eigene Gleisverbindungen wurden geschaffen, auf denen das Vieh künftig in speziellen Waggons von den Bahnhöfen direkt zu den Schlachthöfen – in den 1880er-Jahren entstanden weitere Anlagen in Nußdorf, Hernals und Meidling – gebracht werden konnte. Lediglich an den Rändern der Stadt war man noch vereinzelt mit dem Durchzug von Ochsen konfrontiert, wenngleich sich auch hier Widerstand bemerkbar machte. So etwa im proletarischen Favoriten, wo der Journalist Max Winter (1870–1937) auf die Gefährlichkeit der auch von Kindern als Spielplatz verwendeten »Viehtriebstraßen« aufmerksam machte.236 Die Zeit von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg kann als die eigentliche Konstituierungsphase der Motorisierung des Straßenverkehrs bezeichnet werden. Die sausende und tosende »Fahrmaschine«, das künstlich geschaffene »wildgemachte
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Unorganische«, so ein Zeitgenosse polemisch, begann die Stadt zu beherrschen.237 Auf das sukzessive Vordringen der Straßenbahn in die Stadtlandschaft wurde bereits hingewiesen. Hatte die Pferdetramway – auch in akustischer Hinsicht – noch ein Zwitterwesen zwischen Tier und Maschine dargestellt, verkörperte die Elektrische nunmehr den Klang und die Kraft der puren Maschine. Die völlig neuen Geräusche stellten sich allerdings als Problem für die vielen weiterhin auf der Straße verkehrenden Pferde dar. Nicht selten wurden die Tiere nervös, begannen sie zu scheuen und sich unberechenbar zu verhalten. Ein alteingesessener Grinzinger Stellwagenfahrer bemerkte über den anfangs immer wieder auftretenden Konflikt mit der Elektrischen auf gut Wienerisch : Wo die Tramway fahrt, do hab’ i oft mei’ Gfrett. Dös ane Roß, dös handliche, dös zur rechten Hand, da Fritzl, hat si’ ja scho’ a bißl gewöhnt an den Tamtamkasten, aber die Rosl, dös stattliche Roß, dös zur linken Hand, is a narrisch’s Viech. Kaum kummt ihr der Kasten in die Näh’, wackelt’s scho’ mit dem Schädel und fangt z’hupfen an und macht schließlich den Fritzl a narrisch. Und dö Führer von der Kraxen hab’n eana Hetz dran, wenn dö Roß zum Zappeln anfangen, und treten no’ fest auf dö Glock’n, daß dö Viecher ganz narrisch werden.238
Nicht immer gingen solche Begegnungen glimpflich aus, auch schwere, sogar tödliche Zwischenfälle waren zu verzeichnen. Für größtes Aufsehen sorgte jenes tragische Unglück, das im Sommer 1894 ein Mitglied des Kaiserhauses ereilte. Erzherzog Wilhelm, Sohn von Erzherzog Karl und Henriette von Nassau-Weilburg, residierte wie gewöhnlich den Sommer über in Baden bei Wien, wo die hiesige Tramwaygesellschaft gerade ihren Betrieb von Pferdekraft auf Elektrizität umstellte. Vorsorglich ging der 67jährige Wilhelm daran, seine Pferde an die neue Geräuschkulisse zu gewöhnen. Schon eine Woche vor der feierlichen Eröffnung der Elektrischen ließ er seine Tiere einen Probezug begleiten, was ohne Probleme vor sich ging. Zwei Wochen danach wollte Wilhelm sein Übungsprogramm fortsetzen. Er bestieg seinen Fuchswallach und begab sich zur Bahnabfahrtsstelle. Als sich eine Elektrische näherte, machte der vom Lärm erschreckte Wallach einen kräftigen Sprung vorwärts und warf seinen Reiter ab. Dieser verfing sich mit einem Fuß im Steigbügel und wurde vom davongaloppierenden Pferd noch einige Meter mitgeschleift, ehe er bewusstlos liegen blieb. Für den am Kopf schwer verletzten Erzherzog gab es keine Rettung mehr, er starb nur wenige Stunden später. Die Schreckensnachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Kaiser Franz Joseph I. brach seinen Sommerfrischenaufenthalt in Bad Ischl ab, die Zeitungen brachten große Berichte über das so unglückliche Ereignis, das den aktuellen akustischen Umbruch auf den Straßen so drastisch zu Bewusstsein brachte.239 Auch bei einer anderen revolutionären Erfindung jener Jahre zeigte sich dieselbe Problematik : dem Automobil. Schon die ersten Versuchsfahrten von Siegfried Marcus
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Abb. 16: Todessturz von Erzherzog Wilhelm, Illustrirtes Wiener Extrablatt, 31.7.1894
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(1831–1898), der 1870 in seiner Werkstatt in der Mariahilfer Straße einen von einem Benzinmotor angetriebenen Handwagen konstruiert hatte, erwiesen sich als überaus laut, weshalb sie denn auch behördlich verboten wurden.240 Auch Marcus’ zweites, 1888/89 konstruiertes Benzinautomobil verbreitete eine beachtliche Lautstärke, ebenso wie jenes »pferdelose Vehikel«, das im September 1892 durch die Straßen Wiens donnerte. Seine Besitzer waren Siegfried Graf Wimpffen und Hans Graf Wilczek jun., die sich gemeinsam einen französischen Serpollet-Dampfwagen angeschafft hatten. Der 1800 Kilogramm schwere Koloss war mit Koks zu befeuern (die Grafen waren damit »Chauffeure« in der ursprünglichen Bedeutung, also Heizer) und wies eisenbeschlagene Räder auf, die auf dem Kopfsteinpflaster einen gewaltigen Lärm verursachten.241 Doch dies war zunächst noch eine viel bestaunte Einzelerscheinung. Erst vier Jahre später sollte der wirkliche Startschuss für die Verbreitung des Automobils in Wien fallen. Im November 1896 fuhr der erste fabrikmäßig erzeugte Benzin-Motorwagen durch die Stadt, ein »Daimler-Peugeot«, erworben vom k. u. k. Hofwagenfabrikant Ludwig Lohner. Andere folgten diesem Beispiel, wie Carl Oplatek, Besitzer einer Maschinenfabrik im 18. Bezirk, der seit Juli 1897 eine »Benz-Victoria« durch die Straßen lenkte. In seinen Erinnerungen berichtete er, welch unglaubliches Staunen – bis hin zum Schock – das neue Fahrzeug nicht zuletzt aufgrund seiner enormen Geräuschentwicklung bei den übrigen Verkehrsteilnehmern, egal ob Mensch oder Tier, auslöste : Meine täglichen Fahrten in den verschiedenen Stadtteilen, mit Ausnahme des ersten Bezirkes, dessen Befahren verboten war, erregten gewaltiges Aufsehen. Wo immer ich mit dem Automobil erschien und stehenblieb, war es sofort von einer drängenden Menschenmenge umringt, die nicht früher wich, bis der Wagen sich in Bewegung setzte. Der Lärm der Victoria war so stark, daß in Entfernungen von einem halben Kilometer das Nahen des Automobils angekündigt wurde. Es mußte mit größter Vorsicht gefahren werden, da alle entgegenkommenden oder überholten Pferde scheuten, wobei das Stehenbleiben mit dem Auto zu deren Beruhigung nicht genügte, sondern auch der Motor abgestellt werden mußte.242
Das Scheuwerden der Pferde war auch in diesem Fall – neben der erhöhten Geschwindigkeit (Höchstgeschwindigkeit war 15 km/h) – eines der größten Probleme. Zahlreiche Unfälle waren darauf zurückzuführen, und dies obwohl es in den von der Wiener Polizeidirektion erteilten Fahrbewilligungen unter Punkt 3 ausdrücklich hieß : »Der Lenker des Wagens hat auf die ihm entgegenkommenden Reit- und Wagenpferde zu achten, und wenn er ein Stutzigwerden (Scheuwerden) derselben wahrnimmt, mit der Fahrt so lange einzuhalten, bis jede Gefahr beseitigt ist.«243 Vor allem zwischen Pferdefuhrwerken und Autos gab es noch längere Zeit beträchtliche Konflikte. Viele der frühen Automobilisten mussten feststellen, dass es schlichtweg nicht möglich war, mit dem Auto – selbst in langsamstem Tempo – an einem Pferd vorbeizufahren. Scheuende
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Tiere sprangen gegen die Wagen, versperrten die Straße, gingen rückwärts oder rasten ängstlich kreuz und quer.244 Auch der international anerkannte französische Publizist Charles-Louis Baudry de Saunier, einer der eifrigsten Propagandisten des neuen Fortbewegungsmittels, kommt in seinen viel beachteten Schriften auf die Problematik der akustischen Beeinträchtigung zwischen Tier und Maschine zu sprechen. In seinem auch auf Deutsch erschienen Standardwerk »Grundbegriffe des Automobilismus« stellt er die unüberbietbaren Vorzüge des »Benzinmotors« jenen des »Hafermotors« gegenüber. Auf die verbreitete Meinung, dass das Automobil den Pferden Angst mache, erwidert er : Und die Eisenbahnen, die Tramways, die Fässer, die Schiebkarren, die auf den Strassen herumliegenden Papiere u.s.w.? Die Pferde lassen sich, wie uns scheint dressiren. Jeder Pferdebesitzer hat somit nichts Anderes zu thun, als seine Thiere zu lehren, sich nicht mehr vor den Automobilen zu fürchten. Wir haben schon sehr lebhafte, nervöse Pferde gesehen, die sich dran gewöhnten, ihren Hafer aus dem Koffer eines Benzinwagens, dessen Motor functionirte, zu fressen.«245
Unisono verwiesen die Automobilisten auf den Gewöhnungseffekt, der sich früher oder später einstellen werde. Um dem nachzuhelfen, bediente man sich mitunter eigenwilliger Hilfsmittel. So montierte ein erfinderischer Autolenker einfach einen Pferdekopf an der Front seines Wagens, in der Hoffnung, damit die Gäule friedlich zu stimmen.246 Zeitungen und Automobilzeitschriften veröffentlichten Verhaltenshinweise für Autobesitzer. So riet die »Neulengbacher Zeitung« im August 1901 : Empfehlenswerth ist es zunächst, sofort nach Beziehung einer Remise diejenigen Pferde, denen man voraussichtlich öfter begegnen muß, an die neue Maschine zu gewöhnen. Man wird leicht Gelegenheit haben, die Fuhrwerke der Nachbarschaft einmal im Schritt oder vor einem Haus stehend zu finden, und man fahre dann langsam und vorsichtig in die Nähe derselben. Sobald die Pferde auch nur leise Zeichen der Angst wahrnehmen lassen, bringe man den Wagen zum Stehen, steige aus und nähere sich mit beruhigendem Zurufen, klopfe die Pferde mit der flachen Hand am Halse und reiche ihnen ein Stück Zucker oder Brod. (…) In einer derartigen Lection kann man oft den Pferden die Scheu vor Automobilen gänzlich benehmen und sich wie auch andere Automobilisten damit für die Zukunft viele Unannehmlichkeiten und Aufenthalte ersparen.247
Derartige Maßnahmen würden zudem auch wesentlich dazu beitragen, das schlechte Image der Automobilisten in der Öffentlichkeit zu korrigieren.248 Im Detail stellte sich der Klang der ersten Autos mit Explosionsmotor als Abfolge unterschiedlichster Laute dar : vom anfänglichen »Puff, puff, puff« über unterdrück-
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tes Hüsteln bis hin zu einer Serie von lauten Knatter- und Knallgeräuschen. Doch es waren nicht nur neuartige, technische Töne, die nun weithin zu hören waren, auch die beinahe ständigen Hupsignale, mit denen die Fahrer den Weg frei zu machen versuchten, gehörten schon bald zum charakteristischen Erscheinungsbild des Automobils. Sie brachten ihm den lautmalerischen Spitznamen »Töfftöff« ein, wobei gerade diese Signale die Pferde besonders häufig erschreckten. So raste im April 1904 ein vor dem Hotel Beatrix geparkter Einspänner aufgrund eines plötzlichen Hupensignals völlig unvorbereitet in ein nahe gelegenes Auslagenfenster.249 Der Machtkampf auf der Straße war auch in akustischer Hinsicht evident. Ein Anpassungs- und Verdrängungsprozess hatte begonnen, aus dem das Auto schließlich als Sieger hervorgehen sollte. Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass die Lösung des Problems tatsächlich nur eine Frage der Zeit war. Über die vergleichsweise viel stärker motorisierte Großstadt Berlin hieß es bereits 1909, dass sich hier längst kein Pferd mehr nach einem Auto umsehe.250 In Wien setzte sich das Auto vergleichsweise langsam durch. Die Gründe dafür lagen nicht nur in den extrem hohen Kosten für Anschaffung und Betrieb eines Fahrzeugs, sondern auch in dem zunächst nur langsamen Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur. Anfang März 1910 waren in Wien 2545 Autos registriert.251 Das Image der Lenker stellte sich, wie in anderen Städten, als nicht gerade positiv dar. Die gefahrene Geschwindigkeit war meist höher als erlaubt, und so waren die Autofahrer häufig als rücksichtlose Rüpel und »Wildlinge« verschrien, die zahlreiche Unfälle verursachten. Noch war das Auto weit mehr luxuriöses Freizeit- und Sportgerät denn alltagstaugliches Verkehrsmittel.252 Der Cottbuser Technikhistoriker Günter Bayerl weist darauf hin, dass sich Autofahren zu jener Zeit noch völlig anders darstellte als heute. Wer immer ein Auto lenkte, musste vielfältige Qualifikationen und Kenntnisse aufweisen : umfangreiches technisches Wissen, spezifisches Koordinationsvermögen bei hoher Geschwindigkeit und schlechten Straßenverhältnissen, hohe Konzentrationsfähigkeit, geräteangepasstes, relativ bewegungsloses Sitzen, aber auch Ertragen von Schmutz und Wetterunbill, von Spott und Anfeindungen der übrigen Verkehrsteilnehmer, von häufigen Gefahrensituationen und Auseinandersetzungen mit Polizei, Ämtern und Behörden.253 Neben einem trainierten visuellen Wahrnehmungsvermögen war besonders auch eine verfeinerte akustische Sensibilität vonnöten, wie der renommierte Automobilist Lord Montagu of Beaulieu 1906 in einem Vortrag erklärte. Ein zuverlässiger Fahrer müsse demnach ein guter Mechaniker »mit mechanischem und musikalischem Ohr« sein : »Sowie die Maschine nach Öl verlangt, wird sich der Motor schon selbst melden ; er klopft, knirscht und knittert innerlich, bis seinem Wunsch gewillfahrt wird.«254 Die ungewohnt hohe Geschwindigkeit in Verbindung mit dem nur allzu deutlichen Gestank und Lärm ließ die Metapher vom wilden Tier entstehen, vom »Tier, das brül-
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Abb. 17: Grußpostkarte, um 1900
lend durch das Land rast«255. In den kollektiven Bildern und Vorstellungen vom Auto war das Animalische somit noch lange präsent. Gemäß dem italienischen Literaturhistoriker Attilio Brilli war es seit den Anfängen der Motorisierung eine weit verbreitete rhetorische Übung, die verborgenen tierischen Anlagen des Automobils zu enthüllen. In einer magischen Deutung der technologischen Wirklichkeit wurde das Automobil als Geschöpf zwischen der mechanischen Welt und dem Tierreich interpretiert. Ungeheuer aller Art, mechanische Saurier, geflügelte Pegasusse, Zentauren und Hippogryphe bevölkerten denn auch die Autoliteratur der ersten Jahre.256 Und noch geraume Zeit später sprach etwa der Wiener Schriftsteller Heimito von Doderer vom »Knurren der Motoren«.257 Weitaus weniger Fahrgeräusche verursachte das sich seit den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts verbreitende Fahrrad. Das erste, noch ein Hochrad, tauchte 1880 in Wien auf, sieben Jahre später zählte man bereits 600 lizenzierte Radfahrer (seit 1885 waren Nummerntafeln und Radfahrprüfungen vorgeschrieben). Wie beim Auto stellte auch das Fahrrad zunächst noch ein exklusives Sportgerät dar, ehe es zum leistbaren Alltagsgerät für breite Bevölkerungsschichten wurde. Mit der technischen Weiterentwicklung zum leichter handhabbaren Niederrad und der Ausstattung mit luftgefüllten
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Gummireifen setzte in den 90er-Jahren ein regelrechter Fahrradboom ein. Dabei kann die Benutzung des Fahrrads, so der Historiker Joachim Radkau, durchaus als erste Einübung in eine individuelle Temposucht interpretiert werden, die letztlich vom Auto aufgenommen und fortgesetzt werden sollte.258 Vor allem die Arbeiterklasse verwendete das Fahrrad immer häufiger für berufliche Zwecke ; Frauen entdeckten die emanzipatorischen Vorzüge des neuen Gefährts, mit dem sie sich nun frei und unabhängig auf den Straßen bewegen konnten. 1896 waren bei der Wiener Polizei bereits 13.000 Radfahrer gemeldet, für das Jahr 1900 wird die Zahl der tatsächlichen Radfahrer auf beachtliche 70.000 geschätzt.259 Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer ging weniger von der Geschwindigkeit als von der geringen Geräuschentwicklung der Fahrräder aus, weshalb zu Beginn nur das Fahren auf ausgewählten Straßen gestattet war und man per Gesetz zum intensiven Gebrauch der Klingel angehalten wurde. In der Anfang Jänner 1893 in Kraft getretenen »Fahrordnung für Radfahrer im Wiener Polizei-Rayon« hieß es : »Der Radfahrer hat erforderlichenfalls insbesondere bei Wendungen und Straßenkreuzungen zur Warnung der Passanten vom Glockensignale ausgiebigen Gebrauch zu machen.«260 Sämtliche Lenker mussten eine Prüfung absolvieren, um einen »Erlaubnisschein« zu erhalten ; an den Rädern wurden verpflichtend Nummerntafeln angebracht. Die rasante Steigerung des Radverkehrs ließ die Verordnung nach nur fünf Jahren obsolet erscheinen. 1898 wurden Nummerntafeln und Prüfung abgeschafft und alle Straßen Wiens für Radfahrer freigegeben. Kurzfristig tauchten sogar Überlegungen auf, eine Spur der Ringstraße, die sogenannte Reitallee, in einen Radweg umzuwandeln.261 Die lauten Glockensignale führten allerdings in immer größerem Maße zu Irritationen bei den übrigen Straßenbenützern, wie ein Zeitgenosse bemerkte : In allen Straßen und Gassen klingelt es von den schnarrenden und klirrenden Glocken der Radfahrer, und ein ganz neues Bild ist es, das der großstädtische Verkehr durch das Eindringen des Fahrrades in denselben bekommen hat. Die schmucken, flinken Fahrzeuge sausen wie die Pfeile vorüber, und die Fußgänger müssen ganz curios Acht geben, wollen sie im Gewühl der Straße nicht die unerwünschte Bekanntschaft mit dem Fahrrade machen.262
Technisch gesehen, kamen ganz unterschiedliche Modelle zum Einsatz : von Glocken mit einfachem, doppeltem oder Triller-Schlag, die an der Lenkstange nahe dem Handgriff befestigt waren und rasch mit Daumen oder Zeigefinder betätigt werden konnten, über Radläuferglocken mit Zugvorrichtung bis hin zu sogenannten Revolverglocken. Letztere sollten wirksamen Schutz gegen Hunde bieten, indem sie durch Druck auf einen Hebel rasch hintereinander mehrere Schüsse aus Platzpatronen abfeuerten.263 Die motorisierte Version des Fahrrades, das sogenannte »Kraftrad«, hatte sich – obwohl technisch bereits ausgereift – noch nicht wirklich durchgesetzt, was in e rster
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Linie an der im Vergleich mit dem Automobil doch deutlich geringeren Repräsenta tionswirkung lag. 1914 gab es erst 748 Motorräder in Wien.264 Dem standen in jenem Jahr bereits 3858 Automobile sowie 3035 elektrisch betriebene Straßenbahnwagen gegenüber265 – die modernen Ikonen des urbanen Straßenverkehrs. Wie rasch die traditionellen Pferdegespanne verschwanden, verdeutlicht die Entwicklung bei den Fiakern und Einspännern. Deren Zahl hatte sich innerhalb von vierzehn Jahren von 2792 (1900) auf 1029 (1914) um mehr als die Hälfte reduziert, während umgekehrt 1722 motorisierte Taxis hinzugekommen waren.266 Die Ablösung des Pferdegetrappels durch das Motorengeknatter war nur noch eine Frage der Zeit. Wesentlich früher hatte die Gewöhnung an die neuen Geräusche der Dampfmaschine begonnen, die im Verkehrswesen zunächst auf dem Wasserweg eingesetzt wurde. Bereits 1817 machte die »Carolina«, ein dampfbetriebenes Vorspannboot, ihre Probefahrt auf der Donau, ohne jedoch eine nennenswerte Anzahl an Nachfolgern zu finden. Erst der 1829 gegründeten »Ersten Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft« (DDSG) gelang es durch den Einsatz modernster Technik, die Dampfschifffahrt auf der Donau zu etablieren und ihr den Charakter eines Experiments zu nehmen. Am 17. März 1830 brach das Dampfschiff »Franz I.« unter großer Anteilnahme der Wiener Bevölkerung zur ersten Fahrt nach Budapest auf – der Startschuss für eine Entwicklung, die die DDSG zum weltweit größten Binnenschifffahrtsunternehmen machen sollte, das Ende 1893 u. a. 154 Raddampfer, 25 Schrauben- und acht Kettenschiffe besaß. Ausflugsfahrten auf dem Wasser erfreuten sich zunehmender Beliebtheit, auch beim Feuilletonisten Johannes Ziegler (1835–1907), der gewissenhaft die dazugehörigen Begleitgeräusche notierte : das Brummen des Dampfkessels, das aus dem Maschinenraum dröhnte, und das polternde Aufschlagen der Schaufelräder auf dem Wasser.267 Die Verbreitung derartiger Schiffslaute blieb jedoch im Wesentlichen auf ein relativ eng begrenztes Gebiet – die unmittelbare Umgebung von Donau und Donaukanal – beschränkt, ganz anders als beim Einsatz der Dampfmaschine im Schienenverkehr. Nachdem 1832 die erste kontinentaleuropäische Eisenbahnstrecke von Budweis über Linz nach Gmunden eröffnet worden war, fuhren bereits fünf Jahre später erste Versuchszüge von Floridsdorf nach Deutsch-Wagram. Das Eisenbahnzeitalter erfasste den Wiener Raum : 1838 wurde die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn eröffnet ; in einer ihrer Werkstätten entstand 1840 die erste österreichische Dampflokomotive »Patria«. Weitere Linien folgten : Südbahn (1842), Ostbahn (1846), Kaiserin-ElisabethWestbahn (1858), Verbindungsbahn (1859), Kaiser-Franz-Josefs-Bahn (1870), Nordwestbahn (1872), Donauuferbahn (1876), Aspangbahn (1881) sowie die erwähnten Dampftramway-Strecken (1882).268 Wie die Eisenbahn in ihren Anfangsjahren akustisch erlebt worden sein mag, deutet Peter Rosegger (1843–1918) in seiner kurzen Erzählung »Als ich das erstemal auf dem Dampfwagen saß« an. Deutlich wird hier erneut die Metapher vom wilden Tier
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bemüht : »Auf der eisernen Straße heran kam ein kohlschwarzes Wesen. Es schien anfangs stillzustehen, wurde aber immer größer und nahte mit mächtigem Schnauben und Pfustern und stieß aus dem Rachen gewaltigen Dampf aus.«269 Derartige Bilder gerieten zu Stereotypen in der literarischen Verarbeitung des neuen Verkehrsmittels, wobei es vor allem die Lokomotive war, die ob ihrer gewaltigen Erscheinung beeindruckte.270 Auch die Schriftstellerin Gina Kaus (1893–1985) machte in ihrer Kindheit, die sie in Wien nahe dem Donaukanal verbrachte, eine ähnliche Erfahrung. Auch ihr erschienen die Gewölbe der Stadtbahn wie ein »Eingang zur Unterwelt, (…) und es kam ab und zu, unter ungeheurem Getöse, ein Sprühregen Höllenfeuer hervor, gefolgt vom Höllenhund mit den hundert glühenden Augen.«271 Die Fremdheit des übermächtig lauten Gestampfes, die schrillen Signale und Pfiffe gerieten zu den neuen »Weckrufen« des Maschinenzeitalters272 – und irritierten Menschen wie Tiere. Der Aquarellist Leander Ruß hielt diese akustischen Nebenwirkungen der Industrialisierung im Jahr 1847 auf einem berühmten Gemälde fest, das scheuende Pferde neben einem Zug der Südbahn zeigt. Und noch Jahrzehnte später kam es gerade auf dieser Strecke zu gefährlichen akustischen Beeinträchtigungen, wie das »Illustrirte Wiener Extrablatt« im September 1895 berichtete : Auf nicht gewöhnliche Weise ist dieser Tage während einer Feldübung ein Dragoner verunglückt. Der Dragoner wurde mit einem Auftrage vom Rosenhügel nach Atzgersdorf gesendet und mußte, um dahin zu gelangen, den Südbahnviaduct beim Atzgersdorfer Teiche passieren. Kaum war er in den Bogen des Viaductes eingeritten, als ein Lastzug darüber fuhr. Das Pferd wurde scheu und stellte sich auf die Hinterfüße, wobei der Reiter mit solcher Gewalt mit dem Kopfe an die Decke des Viaductes gestoßen wurde, daß er mit einer klaffenden Kopfwunde bewußtlos vom Pferde stürzte.273
Eine akustische Besonderheit stellten die Geräusche der 1874 eröffneten Zahnradbahn auf den Kahlenberg dar. Die kleine Lokomotive kletterte »schnaufend und spuckend« den Berg hinauf, ließ bisweilen ihre »scharfen Pfiffe« ertönen, während ständig Klapperlaute zu vernehmen waren : »Es klapperte seltsam, wenn das Zahnrad die Zähne in seine Schiene schlug, die als breiter löchriger Eisenstrang in der Mitte des Gleises dahinlief.«274 Der in den 1890er-Jahren forcierte Bau von Schleppgleisen zu Produktions- und Lagerstandorten brachte eine weitere Ausbreitung der klassischen Zuggeräusche. Nicht weniger als 72 derartige Gleise wurden vom Beginn der Eisenbahnära bis Ende 1919 im Wiener Raum verlegt, 50 davon ab 1890.275 Waren die frühen Bahnhöfe und Trassen nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen noch am Rande des damaligen dichtverbauten Stadtgebietes gelegen, wurde mit der Errichtung der Stadtbahn ein intraurbanes Verkehrsmittel geschaffen, das die Geräusche der
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Eisenbahn mitten in die Stadt brachte. Die von 1898 bis 1902 sukzessive eröffneten Teilstrecken der Vororte, Gürtel, Wiental- und Donaukanallinie umfassten gemeinsam mit dem Verbindungsbogen zur Donauuferbahn eine Gesamtlänge von beachtlichen 38 Kilometer.276 Die – trotz heftiger Widerstände – nicht im elektrischen Betrieb, sondern mit Dampflokomotiven geführte Stadtbahn verteilte ihre akustischen Emanationen über die ganze Stadt. Insbesondere die 1901 fertiggestellte Donaukanallinie brachte die typischen Zuggeräusche in unmittelbare Nähe zum Herz der Metropole. Einen aural wie visuell besonders beeindruckenden Knotenpunkt stellte das Gelände des ausgebauten »Centralbahnhofs Heiligenstadt« dar, wie ein Redakteur des »Neuen Wiener Tagblattes« feststellte : Hier die Tiefbahn, das Schienengewirre des Bahnhofes, dann die Bogenflucht der Curve, drüben die einschwenkende Hochbahn der Gürtellinie, weiter draußen die Curve der Vorortelinie – das Alles strebt dem Centralbahnhof Heiligenstadt zu, wohin von der anderen Seite her auch noch die in den Stadtbahnverkehr einbezogene Donauuferbahn mündet. Es ist jetzt schon ein schier ununterbrochenes Hin und Her von Zügen, das nach der Eröffnung der Donaucanallinie sich noch wesentlich verstärkt.277
Immer mehr Züge umfingen, durchkreuzten und durchquerten die Stadt. An ihren gleichmäßigen Rhythmus, ihre »brausenden, ratternden und knautschenden Töne« begann man sich allmählich zu gewöhnen, wenngleich nach wie vor ein gewisser Respektabstand angebracht war. Eduard Pötzl bringt die anhaltende Ambivalenz gegenüber der Eisenbahn, deren Klänge nur aus sicherer Entfernung zu genießen waren, in einer seiner Skizzen deutlich zum Ausdruck : Da trägt der Luftzug die Geräusche von der Eisenbahn herüber : die hellen Glockensignale, das gedämpfte Dröhnen des noch fernen Zuges, endlich das Schnauben und Poltern des herannahenden Kolosses, dessen grelles Pfeifen oft wie ein Angstschrei vor dräuenden Gefahren klingt. Ich unterscheide deutlich an der hochmütigen Wut der unsichtbar vorübersausenden Lokomotive, daß sie einen Eilzug führt. (…) Aber bald vernehme ich ein bedächtigeres Rollen, ein gemütliches Gequicke, eine Kindertrompete als Signal – aha, ein Stadtbahnzug.278
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 20 Kilometer pro Stunde verbreiteten die vergleichsweise gemächlich dahinrollenden Dampfzüge der Stadtbahn ihre typischen Geräusche noch bis Mitte der 1920er-Jahre. Erst mit ihrer Elektrifizierung und Neueröffnung 1925 gehörten die bislang gewohnten Stadtbahngeräusche endgültig der Vergangenheit an. Noch vor dem Ersten Weltkrieg konnte man in Wien die Bekanntschaft mit einem anderen neuen Maschinengeräusch machen. Am 23. Oktober 1909 fand in Simme-
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Abb. 18: Stadtbahn beim Josefstädter Gürtel, um 1918
ring erstmals ein Schauflug des französischen Flugpioniers Louis Bleriot (1872–1936) statt. Auf dem ältesten Flugfeld der Stadt, der Simmeringer Haide, versammelten sich tausende Neugierige, um dem ersten geglückten Motorflug in Wien beizuwohnen. Der Redakteur der »Neuen Freien Presse« berichtete seinen Lesern euphorisch über die akustische Erscheinung des »Aeroplans«, das sich beim Start noch als wildes »Schlachtroß«, in der Luft jedoch als ruhig dahinschwebende »Libelle« – auch hier wieder die bekannte Tiermetapher – präsentierte : Wild, ungestüm knattert die Maschine los, wie ein Schlachtroß der Heldensage, das aufwiehert, ehe es fortstürmt. Dann gleitet das Gefährt leicht und anmutig über den grünen Plan. Einen kurzen Augenblick weiß man nicht : gehört es noch der Erde an oder ist es schon ein Geschöpf der Luft ? Bis es mit einem Male emporsteigt, kühn, stolz, als müßte es so sein. Man hält den Atem an, deutlich hört man das Herz pochen, indessen das Fahrzeug nun hoch in der Luft dahinzieht mit edler Ruhe wie auf einer vorgeschriebenen Bahn. Diese wunderbare Ruhe überrascht, verwirrt. (…) Und zwischen Sonne und Mond schwebt die Libelle hin und her, hin und her … Es ist merkwürdig, es ist wunderbar : man gewöhnt sich daran. Man kennt jetzt das regelmäßige Knattern des Motors, wie man das Zwitschern der Schwalben kennt. Man hört beinahe zu staunen auf.279
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Bestens vertraut erscheinen hier bereits die Motorengeräusche, die – sich rasch in der Entfernung verlierend – keineswegs mehr als irritierend oder gefährlich erlebt werden. Start- und Landegeräusche der Flugzeuge verlagerten sich in der Folge von der Simmeringer Haide ins jenseits der Donau gelegene Aspern, wo im Juni 1912 ein neues Flugplatzgelände eröffnet und die »I. Internationale Flugwoche« abgehalten wurde. In der kurzen Zeit bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs sollte sich der Flugplatz Aspern zum wichtigsten Luftfahrtzentrum in Österreich entwickeln.280 Im Juni 1913 kam auch erstmals ein »Zeppelin« nach Wien. Das neuartige Luftschiff überflog Schloss Schönbrunn, um den Kaiser zu begrüßen, um schließlich auf dem Flugfeld Aspern zu landen, wo es von einer begeisterten Menschenmenge empfangen wurde. Zahlreiche weitere Zeppelinüberflüge folgten. Jahre später sollte der Schriftsteller Alfred Polgar (1873–1955) die Motorengeräusche des Luftschiffes treffend mit den Worten charakterisieren : »(…) sein tiefes Dröhnen schleifte wie eine breite, weiße Schleppe durch die Stadt.«281 Das Verschwinden von »Kaufrufen« und Straßenmusik
Weithin hörbare Spuren ihrer geschäftigen Tätigkeit hinterließen über viele Jahrzehnte hindurch auch die unzähligen ambulanten Gewerbetreibenden, die – lautstark ihre Waren und Dienstleistungen anpreisend – von Haus zu Haus zogen. Dabei lassen sich nach Hubert Kaut generell vier Gruppen unterscheiden : Die Kleinwarenverkäufer als größte Gruppe priesen die Stoffe, Bekleidung, Lebensmittel, Haushalts- und Toilettenartikel an – allesamt Dinge, die, da es erst wenige stationäre Geschäfte gab, auf diese Weise direkt zu den Konsumenten gelangten. Daneben boten Hand- und Tagwerker ihre Dienstleistungen an, wie Scherenschleifer, Rastelbinder, Holzhauer oder Handsägenfeiler. Schausteller und Unterhaltungskünstler veranstalteten spezielle Vorführungen, unter ihnen Taschenspieler, Gaukler, Tierbändiger oder Musikanten. Und schließlich gab es auch noch die sozial am tiefsten stehende Gruppe der Trödler, Aschenhändler, Lumpen- und Abfallsammler, deren Ansehen schon nahe bei den Bettlern angesiedelt war.282 All diese Hausierer, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit eine Lizenz vom Wiener Magistrat benötigten, machten durch einen speziellen, für jede Berufsgruppe unterschiedlichen »Kaufruf« auf sich aufmerksam. Dieser basierte zumeist auf einer bestimmten Melodie und war als akustische Signatur schon von Weitem erkennbar.283 So konnte man etwa häufig das typische »Bandel, Zwirn, kafts !« des aus dem Waldviertel zugewanderten »Bandelkramers« hören, das »Messer, Schar schleifen !« des Messer- und Scherenschleifers, das »Salamini ! Kesö !« des aus dem Trentiner Gebiet stammenden »Salamudschimannes«, der Salami und Käse feilbot, das »Haderlump ! Haderlump !« des Hadern- und Lumpensammlers, das »Lavendel kafts !« des Lavendelweibs oder
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das »An Oschn ! An Oschn !«, das der Aschenmann ausrief und das als Refrain des Aschenlieds in Ferdinand Raimunds Zauberspiel »Der Bauer als Millionär« zu großer Popularität gelangte. Derartige »Kaufrufe«, deren Vielfalt hier nur beispielhaft angedeutet werden kann, gehörten in allen europäischen Städten zur auralen Charakteristik des Straßenbildes.284 Als »Les Cris de Vienne« hatten die Wiener Rufe seit 1775, als Johann Christian Brand erstmals Zeichnungen unter diesem Titel veröffentlichte,285 in zahlreiche künstlerisch-literarische Darstellungen Eingang gefunden.286 Sie prägten das Leben auf der Straße, wurden zu einem sinnlich wahrnehmbaren Zeugnis des Vielvölkerstaates der k. u. k. Monarchie. Die Metropole Wien erhielt mit ihnen ein unverwechselbares Flair, wie Eduard Pötzl bemerkte : Das Wiener Straßenbild bietet Erscheinungen, die so recht geeignet sind, selbst dem flüchtigen Beobachter die stark ausgeprägte Subjectivität des Wieners darzuthun. Ich meine nicht die Figuren, die auch in anderen Großstädten auf der Bildfläche herumwimmeln (…). Ich meine vielmehr Diejenigen, die außerhalb Wiens überhaupt nicht vorkommen oder doch in wesentlich veränderter Form. Der »Kästenbrater« wird wohl kaum irgendwo sein ›Maroni, Maroni arrostiti, bratene Aepfel !‹ so schreien wie bei uns. Der »Zwiefelkrawat«, Kotzenhändler und die kurzgeschürzte und hochgestiefelte Slovakin mit der »Spielelei« haben gleichfalls die österreichische Hauptstadt zu ihrem ausschließlichen Geschäftsbetrieb auserkoren ; das Hadernweib, der Lumpensammler, das Lavendelweib, unter traditionellem Singsang die duftige Waare ausrufend, der »Krawat« mit Glas- und Holzgegenständen, der »Rastelbinder«, welcher zerbrochene Geschirre durch Drahtnetze zusammenfügt, sie Alle gedeihen nur in der Wiener Luft (…).287
Pötzl bezieht sich hier insbesondere auf die Vorstädte, die zum Haupttätigkeitsgebiet der Hausierer geworden waren und wohin sich nunmehr auch gerne die Feuilletonisten begaben auf ihrer Suche nach dem wahren, unverfälschten Leben in der Großstadt. »Von der Gasse herein, kam jeden Augenblick ein anderer Cri«, notierte auch Vincenz Chiavacci (1847–1916),288 ebenfalls ein eifriger Chronist des Wiener Vorstadtalltags. Hier, wo die Masse der Zuwanderer ihre neue Heimat fand, pulsierte das Leben anders, herrschten auch sinnlich völlig andere Eindrücke wie in der bürgerlich-aristokratisch geprägten Innenstadt. Wie Wolfgang Maderthaner und Lutz Musner gezeigt haben, blieb gerade das Alltagsleben in den Vorstädten lange Zeit weit mehr oral geprägt. Eine eigenständige – und auch widerständige – Lebenswelt entwickelte sich, die im Alltag, bei Festen und Feiern an die ländlichen Traditionen der Zuwanderer anknüpfte : Zentrum und Peripherie sind auch über die Achsen von schriftlicher und mündlicher Kultur stratifiziert. Während das Zentrum Macht durch Schriftgewalt ausübt, bleiben die Äußerun-
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Abb. 19: Wiener Kaufrufe (»Les Cris de Vienne«), um 1860
gen der Vorstadt in ihrer Eigensinnigkeit und vorgeblichen Geschichtslosigkeit als dissonante Stimmen im öffentlichen Raum präsent. Die Kultur des mündlichen Austausches und der narrativen Überlieferung ist soziale Benachteiligung und Behinderung ebenso wie lokaler Schutzmantel einer oral artikulierten Lebensform, die in Dialekt, Volkslied und Straßenslang, in Witz, Spott und Zote ihre eigene Identität schafft und sich gegen die Vereinnahmungen des Zentrums zur Wehr setzt (…).289
Zum bunten Treiben in der Vorstadt gehörten auch die allerorts anzutreffenden Straßenmusiker : Sänger, Gitarristen, Harfenisten, Geiger, Ziehharmonika- und Dudelsackspieler, Leier- und Werkelmänner. Dabei handelte es sich zumeist um kranke, zu anderem Erwerb unfähige Personen, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts eine sogenannte »Bettel-Musik-Lizenz« erhielten. Allerdings kamen die Musiker nicht selten in den Verdacht, gefährliche Vagabunden und Landstreicher zu sein. Die Behörde gab ihre Erlaubnisscheine in der Folge nur noch an musikalisch gut beleumdete Personen aus, was im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer Trennung und Aufspaltung der Aufführungsorte führte. Die sogenannten »Volkssänger« zogen in die Lokale und
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Vergnügungsetablissements ein. Die Straßen und Höfe blieben die Domäne der Musik für die armen Leute.290 Einer der populärsten Musikanbieter war schon bald der Werkelmann. Die Zahl jener Personen, die in der Öffentlichkeit ihre Drehorgel erklingen ließen, stieg aus zwei Gründen besonders rasch an. Zum einen benötigte man für die Ausübung dieses Berufes keine musikalischen Vorkenntnisse, zum anderen gab es seit Beginn des 19. Jahrhunderts mobile Geräte mit Fahrgestell, die die Arbeit bedeutend erleichterten und den Aktionsradius für die Werkelmänner entscheidend vergrößerten. Da die Nachfrage nach derartigen Instrumenten stetig stieg, entstanden schon bald eigene Werkel-Leihanstalten, wie jene von Karoline Pippich, die in Ottakring zur lokalen Berühmtheit avancierte.291 Meist wurde das Geschäft des Werkelspielens von zwei Personen ausgeübt : Vom Werkelmann selbst, der die Musik auf seinem Instrument mittels Kurbeln erzeugte, und vom »Führer«, der es schob und die Spenden einsammelte. In den Höfen der Wohnhäuser löste zuweilen eine Darbietung die andere ab, wie uns Vincenz Chiavacci überliefert : Zuerst kam der Invalide mit dem einen Arm, mit dem er die Orgel drehte. Sein Begleiter war ein sehr höflicher Mann, der unablässig grüßend die Kappe schwang, sein »Habe die Ehre« in jedes offene Fenster hineinbrüllte und dazwischen »danke ergebenst« schrie, wenn die Kreuzer herausgeflogen kamen. (…) Dann kam der wällische Werkelmann ; der spielte schmachtende Opernarien ; das war wieder fürs Gemüt. Dann kam wieder einer mit Werkeltschinellen und einem Affen, der in rotem Röckchen auf dem Werkel tanzte und allerlei Kunststücke ausführte.292
Im Unterschied zu den meisten anderen Straßenmusikern konnte man den Werkelmann nicht nur in der Vorstadt, sondern sehr häufig auch in der Innenstadt antreffen, etwa in der schmalen Naglergasse, die für ihre lautstarken musikalischen Darbietungen bekannt war. Musikhistorisch betrachtet kommt dem Werkelmann eine wesentliche Funktion zu, da er bis zur Erfindung des Grammophons für viele der einzige Musiklieferant war. Sein Repertoire bestand zumeist aus Operettenliedern oder Walzern und Ländlern von Strauß oder Lanner, womit er großen Anteil an der Popularisierung dieser Musikstücke hatte, die sich mit seiner Hilfe im Volk verbreiteten. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begannen die Auftritte der Straßenmusiker und händler jedoch deutlich seltener zu werden. Im Einzelhandel setzte mit der lange geforderten und 1859 endlich durchgesetzten Liberalisierung der Gewerbeordnung (in Deutschland bereits 1807 !) eine Umstrukturierung ein, die nachhaltige Auswirkungen auf die Wanderhändler hatte. Die Gewerbeordnung gab das Handelsgeschäft bis auf wenige konzessionierte Branchen vollkommen frei, wodurch die Zahl der Geschäfte
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mit fixen Standorten rapide anstieg. Schon bald entstanden erste Filialnetze. So besaß Julius Meinl im Jahr 1914 bereits 44 Lebensmittelgeschäfte in Wien, in der ganzen Habsburgermonarchie 114.293 Auch das Kaufhauswesen etablierte sich mit entsprechender Verzögerung. Nach dem Vorbild von Paris, wo bereits 1852 das weltweit erste Warenhaus namens »Bon Marché« eröffnet worden war, fassten die neuen Konsum- und Dienstleistungszentren ab 1865 in Wien Fuß (Haashaus, Maison Zwieback, Herzmansky, Gerngroß). Während sich die ersten Häuser fast ausschließlich auf den Textilbereich konzentrierten, boten spätere schon bald eine breite Palette an Waren an (Stafa, 1911).294 Wie in den Kleinbetrieben galten hier nunmehr fixe Preise, die Waren waren genau beschriftet und gekennzeichnet. Das bisher übliche Feilschen und seine zugehörigen Rituale gehörten damit der Vergangenheit an. Die kapitalistische Neuorganisation der Warenverteilung ließ die Existenzbasis für die Angehörigen der »Kaufruf«-Berufe immer schmäler werden. Ein Betroffener brachte im Gespräch mit Max Winter die Situation auf den Punkt : »Ich weiß, wie viel’s g’schlagen hat. Das ganze Glumpert is nix mehr wert, was von der Straßen lebt.«295 Hinzu kam, dass auch die Behörden zunehmend rigorose Verbote erließen. Bereits seit 1852 schränkten kaiserliche Patente den Hausierhandel empfindlich ein, etwa nur für »österreichische Untertanen über dreißig Jahre«. Und schließlich reduzierte auch die liberalismusfeindliche christlichsoziale Wiener Stadtregierung die Zahl der von ihr vergebenen Lizenzen kontinuierlich. Dahinter verbargen sich nicht zuletzt starke antisemitische Tendenzen, waren doch viele der Hausierer jüdische Zuwanderer, die mit dem politisch mächtiger werdenden, konservativ dominierten Kleinbürgertum konkurrierten.296 Das Marktkommissariat wurde angewiesen, streng gegen unbefugten Haushierhandel vorzugehen. Im Jahr 1886 erteilte der Wiener Magistrat nur noch 940 Bewilligungen für Hausierer.297 Viele waren bereits als Arbeiter in die Fabriken abgewandert, andere versuchten vom Klein- zum Großhandel zu wechseln oder selbst ein kleines Geschäftslokal zu betreiben. Das allmählich völlige Verschwinden der Wanderhändler rief als Gegenbewegung einen Boom an bildlichen und literarischen Darstellungen hervor, in denen sie noch ein letztes Mal zu »klassischen« Wiener Volkstypen stilisiert wurden.298 Auch die Wissenschaft machte sie nun erstmals zum Thema : Ignaz Schwarz, Professor der bildenden Künste, legte eine schmale kunsthistorische Arbeit über sie vor,299 und in einer »Historischen Ausstellung der Stadt Wien« konnte man anhand von zahlreichen Abbildungen die einstige Vielfalt an Typen bestaunen.300 Ihr vielfach antiquiertes Erscheinungsbild und ihre eigentümlichen Rufe hatten sie zur idealen Projektionsfläche für die Sehnsucht nach der alten, gemütlichen und weniger lauten Stadt werden lassen, die Wien einst für viele gewesen zu sein schien. Der Feuilletonist Josef August Lux (1871–1947) schrieb 1910 im »Neuen Wiener Tagblatt«
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über das Lavendelweib : »Das arme Weiblein ist fast schon ein Stück Legende, eine freundliche Spukgestalt. Man sieht es so selten, man hört nur seinen Klagegesang. Er scheint aus zeitlichen Fernen herzukommen, aus den Fernen der Vergangenheit, aus den Fernen unsrer eigenen Kindheit.«301 Die nostalgische Rückschau auf das biedermeierliche »Alt-Wien«302 verklärte die noch wenigen vernehmbaren Rufe der Straßenhändler zu verzaubernden Melodien.303 Das Lavendelweib avancierte zum Inbegriff für die »gute alte Zeit«. Über Jahrzehnte hinweg kommt dieser Figur eine herausragende Bedeutung sowohl im Feuilleton als auch in der biografischen Literatur zu. Das mag nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass sich in diesem Falle auch ein besonders angenehmer Duft in der Erinnerung festschrieb.304 Dass die Rufe der Straßenhändler immer öfter als Klagelaute interpretiert wurden, diesen Eindruck hatte auch der Schriftsteller Joseph Roth (1894–1939), dem die »wehklagenden Rufe der Straßenhändler« auffielen, die »das Wild der großen Städte sind« – in den Straßenschluchten herumstreifend, verfolgt, gejagt.305 Und auch Elias Canetti sollte sich später besonders für die Vielzahl der »akustischen Masken« interessieren, die ihm auf der Straße begegneten.306 Eine vergleichbare Entwicklung lässt sich für die vielen Straßenmusiker feststellen, deren Gesänge und Melodien ebenfalls aus dem Stadtraum verschwanden. Um die verbreitete Bettelei einzudämmen, wurden auch hier die Lizenzen seit 1852 nur noch unter strengsten Auflagen, befristet auf ein Jahr, vergeben.307 Lediglich die Bedürftigsten und Ärmsten wurden damit bedacht. Waren die Namen der Musiker zumeist unbekannt geblieben, so erlangten nun die letzten von ihnen zumindest lokale Berühmtheit : Paul Oprawil ging als letzter Harfenist in die Geschichte der Stadt ein – er war blind geboren und starb 1900 im Alter von fast 84 Jahren in Hernals ;308 Franz Deckmayer, ehemals als »Greaner Tonl« berühmt, starb 1898 als letzter Wiener Leiermann.309 Auch die Zahl der Werkelmänner hatte sich zwischen 1838 und 1914 von 800 auf 100 reduziert.310 Unter dem Titel »Der letzte Werkelmann« schrieb Josef Hornig 1911 ein sentimentales Abschiedslied auf die vom Aussterben bedrohte Figur : »Pfiat Gott, du alter Werkelmann, Dein’ Zeit, die ist vorbei, Geh’ spiel uns g’schwind zum Abschied noch A Walzermelodei Un werkel’ uns zum letzten Gruß A Weanealied ganz keck. Pfürt Gott, du alter Werkelmann, Du alter Drahanek.311
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Allerdings : Als einziger Straßenmusikant überlebte der Werkelmann bis heute – wenn auch nur mehr als Touristenattraktion. Nach wie vor symbolisiert seine Musik wie keine andere »Alt-Wiener Gemütlichkeit«. Versuch einer akustischen Topografie Die sukzessive Vergrößerung des Wiener Stadtgebietes ging einher mit der Einverleibung neuer Geräusche, die von nun an zum fixen Repertoire des metropolitanen Klangbildes gehörten. Sieht man vom Geläute der Kirchenglocken und den – allerdings erst sporadisch auftretenden – Flugzeuggeräuschen ab, die sich mehr oder weniger über die ganze Stadt ausbreiteten, hatte sich zur Jahrhundertwende ein heterogenes Muster an unterschiedlichen Geräuschzonen herausgebildet. Deren Charakteristik, bestimmt vor allem von der städtebaulichen und sozioökonomischen Struktur, soll im Folgenden exemplarisch anhand ausgewählter akustischer Impressionen dargelegt werden. Dabei handelt es sich in erster Linie um bürgerliche Stadtwahrnehmungen, aus denen vor allem eines spricht : Die Sehnsucht nach Ruhe und Stille, nach einer weniger urbanen und mehr naturnahen Lautsphäre, wie man sie meist nur noch an den Rändern der Großstadt finden konnte. Zentrum
Der von der »prunkvollen lärmdurchrasten Ringstraße«312 umgürtete Innenstadtbereich stellte mit der kaiserlichen Hofburg, den Palais von Adel und Großbürgertum, den großen Banken und Versicherungen sowie den unzähligen Kanzleien, Geschäften und Lokalen ein höchst betriebsames Stadtzentrum dar. Brennpunkte des Lebens waren der Stephansplatz und der Graben sowie die Bereiche um die neu errichteten Vergnügungsstätten Burgtheater und Oper. Hier machte sich, wie ein Zeitgenosse versicherte, vor allem abends das lautstärkste Treiben bemerkbar : Hinter der Oper, auf dem Albrechtsplatz, herrscht in den Abendstunden ein wahres Tohuwabohu. Fünf Straßen münden hier ein ; von allen Seiten sausen Autos heran, tutend in allen Tonarten ; dazu die »Elektrische«, Zwei- und Einspänner, Lastwagen und sonstige Fuhrwerke. So oft ich diesen Platz überschreite, habe ich ein Gefühl der Erleichterung, wenn ich ihn im Rücken habe.313
Auch an der Vorderseite der Oper, an der verkehrsreichen Ringstraße, war es nicht weniger leise. Akustisch wie visuell war dies ein besonders prestigeträchtiger Ort, einer der wichtigsten Repräsentationsräume der Bourgeoisie, der sich denn auch in vielen
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Wien-Darstellungen findet, von der Literatur (man denke nur an die berühmte »SirkEcke« in Karl Kraus’ »Die letzten Tagen der Menschheit«) bis hin zu den ersten Dokumentarfilmen der Gebrüder Lumière.314 Daneben gab es aber noch zahlreiche abgelegene Gassen, Plätze und Höfe, oft mit jahrhundertealten Gebäuden und dementsprechendem Flair. Etwa die Mölkerbastei, eine akustische Oase, über die Ludwig Hirschfeld schrieb : »Wenn jetzt nicht unten die Autos schreien und die Straßenbahn rumoren würde, könnte man meinen, hier halte die Zeit den Atem an, hier sei es noch immer gestern.«315 Auf seinem »empfindsamen Spaziergang« durch die Innenstadt entdeckte Hirschfeld noch so manch stille Flecken : die nur selten betretene, »winklige, lautlose Gasse« des Mölkersteigs ; »stille, stimmungsvolle Höfe« in der Bäckerstraße : »Der Schritt, das Wort, klingt hier ganz anders als draußen« ; und noch einige andere »vergessene Winkel«, wie die Domgasse, den Franziskanerplatz oder den Passauer Platz mit der Kirche Maria am Gestade.316 Ein besonderes akustisches Ereignis fand jeden Tag zur Mittagszeit im inneren Burghof, auf dem Franzensplatz, statt : die sogenannte »Burgmusik«, dargeboten von einer Militärmusikkapelle, die die zwischen ein und zwei Uhr vorgenommene Ablöse der kaiserlichen Burgwache begleitete. Dieses bei der Bevölkerung äußerst beliebte Konzert war, so Eduard Pötzl, »für die Wiener das, was die Concerte auf dem Markusplatze für die Venetianer sind.«317 Schon von Weitem hörte man die Kapelle, wenn sie mit klingendem Spiel in die Innenstadt marschierte. Auch Ludwig Hirschfeld erinnerte sich : Wenn es auf der Uhr eins schlug, hörte man von draußen schon die große Trommel der Kapelle, mit der die neue Wache heranmarschierte. Darauf erhob der Schnarrposten sofort sein berühmtes Wehgeschrei : Geweeehr heraaaus ! Unter der Wölbung des Schauflertores (…) brechen sich die Marschklänge dröhnend, um im Freien plötzlich aufzujubeln (…). Dann kam die feierliche Handlung der Fahnenübergabe, das Brausen der Volkshymne, der getrommelte und geblasene Generalmarsch, wobei es alle Zuhörer ein bißchen durchschauerte. Und während der eigentlichen langwierigen Ablösung gab die Kapelle ein Promenadenkonzert, spielte Polkas und Walzer, bis dann die alte Wache mit einem sehr vergnügten Marsch abmarschierte (…).318
Hunderte Menschen begleiteten sodann die Kapelle auf ihrem Weg zurück in die Kaserne, darunter auch so legendäre Wiener Gestalten wie die »Pülcher« (junge, arbeitslose Burschen). Mit dem Ende der Monarchie verschwand die »Burgmusik« – für viele Wiener und Wienerinnen eine drastische Zäsur im akustischen Erscheinungsbild der Stadt. Auch der Schriftsteller Alfred Polgar sprach anklagend von einem der letzten »Eigenheitszüge«, die Wien damit verloren habe, von einem harten »Abstrich an unserem Spezi-
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Abb. 20: Die allseits beliebte »Burgmusik«, Ansichtskarte, um 1900
alitätenbesitz. Wir haben ihn bis heute nicht verschmerzt. Beim Durchschreiten des Burgtores öffnet sich im Wiener Herzen ein Loch, durch das, kalt und hart, der Wind der Trübsal pfeift.«319 Innenbezirke
Im bürgerlich geprägten Bereich der ehemaligen Vorstädte waren die Geräusche der zahlreichen kleinen, zumeist in den Hinterhöfen situierten Handwerks- und Gewerbebetriebe ein häufiger Begleiter. Alfons Petzold begann in einem derartigen Werkstättenhof auf dem Schottenfeld im Bezirk Neubau seine erste Lehre, inmitten des Lärms von Bandmacher, Klaviertischler, Taschner, Buchbinder- und vielen anderen Werkstätten : »Unter, über, vor und neben uns hämmerte, ratterte und sägte es aus jedem Fenster heraus.«320 Nur selten konnte man hier, wie auch im benachbarten Bezirk Josefstadt, noch ruhige Höfe finden. Hirschfeld kannte einige von ihnen auf dem St. Ulrichsplatz, in der Neustift- und Piaristengasse : stille, verträumte Höfe, bisweilen ganz ländlich aussehend, mit Ziehbrunnen, alten Bäumen, Efeu und wildem Wein an den Wänden.321 Der für die Sinne eindringlichste Straßenzug war wohl die Mariahilfer Straße. Wenngleich Wien hinsichtlich der Modernisierung des Einzelhandels weit hinter Paris oder Berlin nachhinkte, so hatte sich die Mariahilfer Straße doch bereits zu jenem Zentrum entwickelt, an dem sich die Dynamik der kapitalistischen Warenzirkulation visuell wie akustisch auf einprägsame Weise manifestierte. Angesichts der hier stets
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anzutreffenden Menge an Menschen bezeichnete sie nicht nur Max Winter treffend als die größte Geschäftsstraße Wiens, in der man (…) den Pulsschlag der Zeit fühlt, in der man gedrängt und geschoben wird, wenn man nicht selbst drängt oder schiebt, die jahraus, jahrein vom frühen Morgen bis spät abends nur ein Gesicht zeigt – die verzerrten Züge der Hast, wie jede Geschäftsstraße sonst irgendwo in der Welt. Die Hast des Erwerbes, die Jagd nach dem Geld gibt der Geschäftsstraße ihren Charakter. Das ist die Alltäglichkeit, dieses Lärmen und Hasten, dieses Stoßen und Drängen (…).322 Industrieareale
In den industriellen Zentren außerhalb des ehemaligen Linienwalls dominierte der Lärm der Fabriken, oft vermischt mit jenem der Bahnhöfe, um die herum sie entstanden waren.323 Der Prozess der Industrialisierung beschleunigte sich in Wien vor allem ab der Jahrhundertwende beträchtlich, allein die Zahl der »fabriksmäßigen Betriebe« stieg laut Statistik von 1260 (1902) auf 2177 (1913) an.324 Auch die bislang still und ruhig dagelegene Simmeringer Haide war schon bald umgeben von zahlreichen Industriebetrieben, deren Sirenenklänge weithin in die Ferne strahlten. Heinrich Werner, Feuilletonist beim »Neuen Wiener Tagblatt«, sprach 1911 von einem »Chor der Fabriksnebelhörner«, der abends, bei Arbeitsschluss, »rundum in der Ebene zu tuten anfängt«.325 Und ein Kollege von ihm registrierte einige Jahre später bei einer Erkundungsfahrt vom Stadtzentrum hinaus nach Simmering : Die Fahrt wird lärmend, Großstadtbetriebsamkeit bricht ein, Eisenbahngeleise durchkreuzen den Weg, Schwerfuhrwerke, Spediteurwagen, Lasten, von dampfenden Pinzgauern vorwärtsgestampft, ziehen daher. (…) Das Rasseln rollender Waggons, die Pfiffe der Lokomotive, ein Gewirr tosender und tobender Geräusche. (…) Fabriken, die Wahrzeichen der Peripherie, wachsen auf und strecken ihre Schlote wie Leuchttürme empor. Hinter hellerleuchteten Fenstern rumort und surrt rastlos die ewige Tätigkeit der unvermeidlichen Maschinen in die leblose Nacht.326
Auch für Max Winter, der in vielen seiner Artikel auf die katastrophalen Zustände in Wiens Proletarierbezirken hinwies, gehörten die Geräusche der Fabriksirenen und der Eisenbahn, der andauernde Lieferverkehr und die aus den Fabrikhallen dringenden Laute der Maschinen zur auralen Charakteristik der neuen Industrieareale. Besonders eindringlich war dies etwa in der Dresdner Straße im Brigittenauer Industrieviertel Zwischenbrücken zu vernehmen :
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Die Spediteurstraße. So könnte man die Dresdner Straße noch nennen, denn durch diese Straße nimmt nicht nur die Hälfte aller Postfuhrwerke Wiens rumpelnd und polternd ihren Weg, hier haben auch große Spediteure, die Transportgesellschaft, Leinkauf und die Firma Caro und Jelinek ihren Sitz, die Omnisbuswagen fahren auch hier durch ins Depot, und endlich wirken das viele Fuhrwerk, das zu den Hadernhändlern Bunzl und Biach und zu den vielen Fabriken geht, und auch die Elektrische an dem greulichen Straßenkonzert mit, das sich die viel geplagten Bewohner der Dresdner Straße gefallen lassen müssen. Was nicht von der Straße kommt, das gellt von den beiden Rangirbahnhöfen, der Nord- und der Nordwestbahn, herüber. Das Pfeifen der Lokomotiven, das Aufschlagen der Waggonpuffer beim Verschieben, das sich verklingend der ganzen Reihe mittheilt, das Rollen der Räder – das gibt zusammen mit dem Straßenlärm ein Konzert, wie es beleidigender nicht gedacht werden kann. Und so geht es fort, Tag und Nacht.327
Auf ähnliche Zustände traf Winter, der ein besonders aufmerksamer Chronist städtischer Geräusche und – wie noch gezeigt wird – engagierter Kämpfer gegen die Lärmplage war, in Favoriten : Hier hob schon in den Morgenstunden ein »polterndes und lärmendes Frühkonzert« an, »durch alle Gassen rast der Lärm der Industrie« ;328 nicht anders als in Meidling, Floridsdorf oder Ottakring.329 Zwischen den eigentlichen Fabrikstandorten gab es aber durchaus noch ausgedehnte, stillere Bereiche, öde und staubige Straßenzüge, wie sie etwa der slowenische Dichter Ivan Cankar in seinen literarischen Wien-Skizzen eindrucksvoll schildert. In sie drang dann nur von ferne »das dumpfe Maschinenstampfen aus den Fabriken, die klingenden, raschen Schläge eines Hammers auf Stahl«.330 Agrarische Gebiete
Mit der Eingemeindung von Floridsdorf als 21. Wiener Bezirk (er umfasste damals auch den erst später davon abgetrennten 22. Bezirk) waren neben wichtigen industriellen Komplexen auch weite landwirtschaftlich geprägte Flächen zur Stadt hinzugekommen. Zwei Jahre zuvor, im Juli 1902, erkundete Max Winter das zukünftige Wiener Gemeindegebiet jenseits der Donau. Nach unbequemer zweistündiger Fahrt kam er auf einem Wochenmarkt mit »Ferkelgequitsche, Gänsegeschnatter und Hühnergegacker« an, sehr erfreut über die zahlreichen ruralen Laute, die ihm als willkommene Abwechslung zum üblichen Großstadtlärm erschienen : Eine Symphonie beruhigender Geräusche schlägt an mein Ohr. Sie läßt mich beinahe vergessen, daß ich in Wien bin. Ich mische mich in das Marktgetriebe, höre das Feilschen und Anpreisen, (…) und immer ruhiger wird es in meinem Innern. Ich träume mich in den Urlaub
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hinein. Irgendwo weit draußen wähne ich mich, entrückt dem Lärm der Großstadt, entrückt ihrem nervenzerstörenden Treiben.331
Die kleinen, rein agrarischen Gemeinden wie Eßling, Aspern, Hirschstetten oder Breitenlee lagen isoliert, jede für sich, inmitten der endlos scheinenden Weite des Marchfeldes, wo »die Wachtel in der Gerste lockt und ruft und den Wanderer narrt«.332 Ähnlich ging es Eduard Pötzl, der bei seinem Besuch von Kagran aufmerksam registrierte, wie fern die »tosende Stadt« plötzlich war und wie überdeutlich sich das »Schwirren des elektrischen Motors« der Straßenbahn und das Summen der im Wind bewegten Telegrafendrähte von der herrschenden Stille abhob : »Da und dort bellte ein Hund dazwischen. Sonst lag eine breite und behäbige Schweigsamkeit über dem Dorfe.«333 Aber auch diesseits der Donau existierten noch große landwirtschaftliche Flächen, etwa an den Ausläufern von Favoriten und Simmering : »Hier versickert die Stadt, das Land beginnt mit Meierhöfen und Hahnengeschrei und Stallgeruch und Ochsen, die zum St. Marxer Henkertod traben, und schwergestiefelten, pfeifendampfenden GroßEnzersdorfer Bauern.«334 Naturnahe Waldlandschaften
In der Lobau, so sagte man, beginnt der Dschungel, die Wildnis. Die weiten Augebiete der Donau waren geprägt von den vielfältigen Lauten der Natur, vom Gesang der Vögel und dem Röhren der Hirsche, vom Geräusch des dahinströmenden Wassers, der vom Wind bewegten Sträucher und Bäume. Eine Welt für sich, weit abseits der Großstadt, breitete sich aus, mit bisweilen wohltuender Stille, wie Ferdinand von Saar (1833–1906) in seinem Gedicht »Auf der Lobau« verklärt formulierte : Tiefe Stille. Lautlos zieht vorüber, gespaltenen Laufs, Der breite Donaustrom, Leis bespülend dicht grünendes Ufergezweig. Kaum zum Lispeln bewegt, Schimmern im Sonnenglanz Die Erlen und Silberpappeln, Die, aufgewuchert zu lieblicher Wildnis, hochalmige Wiesenflucht umschatten. Manchmal nur ertönt der kurze Schrei Des Reihers, der einsam die Luft durchkreist ; Hörbar fast Wird des Falters Flügelschlag
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Und der Odem des Rehs, Das friedlich grast Wie in weltferner Sicherheit.335
Nicht anders stellte es sich den Besuchern der relativ naturbelassenen Teile des oberen Praters dar, wo, wie schon Julius Rodenberg bemerkte, »stille Wiesen und Waldeinsamkeiten uns – ich weiß nicht wie weit von Wien zu versetzen scheinen.«336 Deutlich kultiviertere Naturerfahrungen konnte man hingegen im Wienerwald machen, der den Wienern »Ruhe auf saftigen Wiesen und unter schattigen Bäumen« gewährte.337 Von Josef Schöffel in einer spektakulären Pressekampagne in seinem Bestand gerettet, war die »grüne Seele Wiens«338 zum wichtigsten Naherholungsgebiet der Wiener geworden, mit einer dementsprechend ausgebauten Infrastruktur an Wanderwegen, Gaststätten und Aussichtswarten.339 Vom sonntäglichen Ausflugslärm abgesehen, war der Wienerwald unter der Woche fast menschenleer, wie Ludwig Hirschfeld beim Besuch des Krapfenwaldls erfreut feststellte. Nur wenige Geräusche der Zivilisation drangen an sein Ohr : Auf den Wiesen wird jetzt Heu gemäht, und bei einem solchen Geräusche wird man sich der Stille erst deutlich bewußt, die diesen Winkel der großen Stadt erfüllt. Ein Wiener Gemeindebezirk, wo kein Laut zu hören ist, als der schlichte Klang des Dengelns und das monotone Lied der Grillen. Menschenstimmen, Glockengeläute und Bahngeräusch dringen gleichsam mühselig hier herein, wie aus einer anderen Welt.340
Ganz ähnlich genoss der an Tuberkulose tödlich erkrankte Alfons Petzold in Dornbach, im Gastgarten eines am Waldrand gelegenen Ausflugslokals, die wohltuende Nachmittagsstille. Auch für ihn war es ein kurzes Eintauchen in eine andere Welt : Und diese unerhörte Ruhe ! Nur ein süßer, leiser Ton lag nicht enden wollend in der Luft, der Gesang vieler Vögel, von denen man aber keinen sah. Schon wenn in der entfernten Schankstube ein Glas klirrte, schien hier alles zusammenzuzucken. Die große, böse Stadt mit ihrem Lärm und Gestank mußte wohl tausend Meilen von hier liegen. Ich hörte keinen ihrer frechen Schreie, so angestrengt ich auch lauschte.341 Parkanlagen, Friedhöfe
Bereits vor deren Fertigstellung lobte ein Zeitgenosse die neuen, entlang der Ringstraße projektierten Parkanlagen, nach deren Fertigstellung man endlich sagen könne : »In Wien giebt es einen Ort von Wagengerassel ferne, vom Staube frei, von Trommlern und Trompetern verschont, wo man ruhig dahin schlendern kann, um sich von des
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Tages Mühen zu erholen.«342 Zu den bereits seit 1819 existierenden Anlagen des Volksgartens (erster öffentlicher Park von Wien) und des Burggartens (dem Kaiserhaus vorbehalten) kamen in der Folge die ausgedehnten Areale des Stadtparks (1862/63) und des Rathausparks (1872/73) hinzu. Grüne Oasen wie diese fungierten als wohltuende »Inseln im Meere der Großstadt«.343 In ihnen konnte man sich, so der Gartenkenner und Kunstkritiker Arthur Roessler (1877–1955), »vom grauen Steingewirre der enormen Häusermasse« erholen, an den dargebrachten Konzerten erfreuen oder einfach nur den »vorlauten Spatzen« und »raschelnden, knisternden Blättern« lauschen.344 Waren die Parkanlagen zudem von einer Mauer umgeben, wie die alten aristokratischen Barockgärten des Belvedere, der Palais Schönborn, Liechtenstein oder Schwarzenberg, wirkten sie noch weit mehr als verträumte Oasen inmitten des dichtverbauten Stadtgebietes. Dies traf insbesondere auf den geheimnisvollen Schwarzenbergpark zu, den eine »klingende und schwere Stille« durchzog : Wie verzaubert liegt der stille Garten da mit seinem verlassen ruhenden Schloß (…) ; als hätte das laute und rege Leben hier keine Geltung, sondern nur die Träumerei und Kontemplation. Und wirklich : das Leben braust draußen an den hohen Mauern vorbei, es findet den versteckten Weg nicht, der durch ein dunkles und kühles Schwibbogentor hereinführt.345
Derart abgeschottet von der akustischen Umwelt waren Parks wie diese allerdings nur noch selten, wie Roessler selbst zugab, verirrte sich doch auch in den Schwarzenbergpark bisweilen »der schrill metallische Ton der angeschlagenen Warnglocke von den Trams«.346 Ähnliches galt für die viel kleineren »Beserlparks« in den neuen Gründerzeitvierteln, aber auch für die am Stadtrand gelegenen großen Parkanlagen wie Schönbrunn, Augarten, Türkenschanzpark oder Prater. Besonders der altehrwürdige Schönbrunner Park hatte sich, wie Alfred Freiherr von Berger beklagt, mit dem Näherrücken der Stadt akustisch einigermaßen verändert, wenn nunmehr das Pfeifen und Fauchen der Stadtbahn, das wimmernde Geheul der elektrischen Wagen, die zudringlichen Glockenschläge der Dampftramway, die Sirenentöne naher und ferner Fabriken, das Schnurren und Knattern der Automobile und hundert andere Geräusche in die Stille des Parkes dringen, wo sonst nur ab und zu das ferne Brüllen der wilden Tiere und die Hietzinger Turmuhr zu hören war.347
Auch die alten, ebenfalls als Parkanlagen gestalteten Biedermeier-Friedhöfe von Währing, Matzleinsdorf, Hundsthurm und St. Marx hatten mittlerweile einiges von ihrem auralen Rückzugscharakter verloren ; und über die »fliederumbuschte Ziegelmauer« des Schmelzer Friedhofes drang ebenfalls bereits, so erinnerte sich Alfons Petzold, dem das Areal zum Kinderspielplatz geworden war, »der Lärm rastlosen Groß-
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Abb. 21: Oase der Ruhe: Blick vom Volksgarten auf den Burgring, um 1900
stadttreibens, der die harte, aufdringliche Trommelmelodie des nüchternen Daseins in die Träume des Buben warf.«348 Der Friedhof als »Ruhe-Stätte« und Ort der Stille war so noch am ehesten in dem weit außerhalb der Stadt gelegenen, 1874 eröffneten Zentralfriedhof Realität.349 Heurigenorte
In den ehemaligen Vororten im Nordwesten der Stadt, malerisch an den Ausläufern des Wienerwaldes gelegen, umgeben von Weinbergen, waren die dörflichen Strukturen noch weitgehend erhalten. Etwa in Grinzing, das laut Hirschfeld »im Gemüte und im Wesen« ländlich geblieben war und das sich auch in akustischer Hinsicht deutlich von den innerstädtischen »steinernen Gemeindebezirken« unterschied : Hier ist alles vormärzlich friedlich und ruhig. So ruhig, daß man selbst die zirpenden, schüchternen Töne, die aus einem Fenster dringen, ganz deutlich vernimmt – ah, da spielt
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gewiß jemand auf einem Spinett einen Lanner-Walzer. (…) Ein Wagen läßt alles besorgt die Köpfe heben und der Schlag der Kirchturmuhr ist ein Ereignis, auf das jeder neugierig hinhorcht.350
Auch in Nußdorf, Sievering oder Döbling gab es noch so manch »verschwiegene Gassen, in denen man beim Durchwandeln nichts hört als den Klang des eigenen Schrittes«351, so Hirschfeld, der in seinen Skizzen immer wieder das laute mit dem stilleren Wien verglich. Besonders deutlich wurden die Kontraste von jenen erlebt, die von der Innenstadt hinauszogen. So erinnert sich etwa Viktor Faltis : »Die Stille auf der Straße war für uns Stadtbuben ungewohnt und bedrückend.«352 Nur in der warmen Jahreszeit stellte sich die Geräuschkulisse der Weinhauerorte völlig anders dar. Dann wurde man abends auf Schritt und Tritt von Heurigenmusik umfiedelt : »Das war der Anfang einer Zeit, in der es an schönen Sommerabenden aus allen Höfen und Gärten in Grinzing zu klingen und singen begann. Eine Zeit, in der Gesang und Musik den Ort wie eine zauberhafte, klingende Wolke umgaben.«353 Dass gerade diese Stadtregion ein besonderes »akustisches Image« aufwies, eine eigene, tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankerte »Stimmung«, belegt auch Alfred Freiherr von Berger, der in seinen Memoiren schrieb : Ein Wiener Ohr braucht nur aufmerksam und ruhig, wie man eine Stimmgabel anklingen läßt, die angestammten Namen der Wiener Vorstädte und Vororte auszusprechen, um der mit ihren Namen verschmolzenen Stimmungen, wenigstens im allgemeinen, inne zu werden : Nußdorf – Grinzing – Sievering – Döbling – Dornbach. Bei jedem dieser Namen wird ein nur einigermaßen geschulter Selbstbeobachter die paar Sensationen und Urvorstellungen angeben können, die durch ihren Klang geweckt und dem Auftauchen über die Schwelle des Bewußtseins nahe gebracht werden. In ihrem vorgefühlten Akkord ist die Stimmung des betreffenden Ortes angedeutet.354 Vergnügungszentren
Eine akustische Besonderheit stellten die traditionellen Orte des (Volks)Vergnügens dar, handelt es sich doch dabei um lokale, relativ eng begrenzte Gebiete mit – zumindest temporär – relativ hoher Lautstärke. Hier ist vor allem der Prater zu nennen, bei dem in zeitgenössischen Beschreibungen immer wieder von einer »betäubenden« Geräuschkulisse die Rede ist, die ihn zum unübertroffen lautesten Platz von Wien machte. Dabei zerfiel der Prater akustisch in zwei völlig unterschiedliche Teile : den Nobel- und den Wurstelprater. Kernstück des Nobelpraters waren die Prateralleen, nach Stefan Zweig das »Wiener Nationalheiligtum« schlechthin,355 der bevorzugte Corso von Aristokratie und Groß-
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bürgertum. Hier bewegten sich an schönen Tagen ungeheure Massen an Fußgängern und Kutschen, deren schier endloses Gerassel und Getöse sich, wie schon Rodenberg bemerkte, vermengte mit der weithin schallenden Musik aus den angrenzenden Vergnügungslokalen : Der ganze Prater (ist) vollgepfropft mit Wagencolonnen, eine dicht neben der andern (…) und dazu das dumpfe Rollen, in welches jetzt Musik schallt – wir sind beim ersten Kaffeehause angelangt, und in das Brausen und Branden der ungeheuern Menschenwoge klingen, mit Pauken, Becken und Glocken die scharfgezeichneten Rhythmen von Beethoven’s Türkenmarsch aus den »Ruinen von Athen«.356
Wenngleich die Musik bisweilen als ziemlich aufdringlich empfunden wurde,357 so gehörte sie doch an diesem Ort zur Standardkulisse, wie auch bei den Praterfesten (Läufer- und Pferderennen, Maifahrten, spezielle Kaiser, Schützen- und Musikfeste), zu denen noch größere Menschenmassen pilgerten. Etwas differenzierter, wenngleich nicht minder laut, verhielt es sich im nahen, zwischen Hauptallee und Ausstellungsstraße gelegenen Wurstelprater, »der sich schon von weitem durch den hundertfältigen Wirrwarr von möglichen und unmöglichen Geräuschen bemerkbar machte«.358 Von der Innenstadt kommend, durchschritt man zunächst das große Eisenbahnviadukt, eine, so Felix Salten in seinem Buch »Wurstelprater«, optische wie akustische Scheidelinie, die das dahinterliegende überlaute Treiben abtrennte von der übrigen Stadt : Allen entgegen dringt der Lärm des Wurstelpraters ; und über dem Gewühl der Menge schlagen seine Wellen zusammen. Das Schreien der Ausrufer, gellendes Glockenklingeln, das Heulen der Werkel, schmetternde Fanfaren, dröhnende Paukenschläge. Und ein sonniger Himmel wölbt sich licht und klar hoch über dem Brausen und Toben (…).359
Damals wie heute war der Lärm integraler Bestandteil des Vergnügens, gehörte er unabdingbar zum ersehnten Erlebnis des Außerordentlichen. Die einzelnen Attraktionen erzeugten ein chaotisches Gemisch an lautstarken Geräuschen. Zu den von Salten ausführlich geschilderten Ankündigungen der Ausrufer kamen mit zunehmender Technisierung der Lärm der Maschinen und Motoren sowie elektrisch verstärkte stimmliche und musikalische Äußerungen. Letztere werden in Saltens Beschreibung des Wurstelpraters übrigens völlig ausgeblendet. Neuere kulturwissenschaftliche Analysen interpretieren seinen Essay denn auch als rückwärtsgewandten Versuch, den Wurstelprater als utopischen Ort darzustellen, als Stück »Alt-Wien«, an dem sich das »zeitlos Populare« manifestiert, das allen Transformationen der Moderne standhält.360 Gerade die Geräusche der technischen Attraktionen waren aber nicht immer zur Freude der
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Besucher, die etwa die »elektrisch betriebenen Riesenmusikapparate« als extrem »ohrenbetäubend« erlebten.361 Eine ähnliche Massen-Freizeitkultur – laut, grell und freizügig, eine Gegenwelt zur normalen Ordnung – hatte sich in etwas kleinerer Form im sogenannten »Böhmischen Prater« am Favoritener Laaerberg entwickelt oder – als anderes prominentes Beispiel – in Neulerchenfeld. In dem ehemaligen Vorort knapp außerhalb der »Linie«, der aufgrund seiner enormen Konzentration an Gaststätten schon im Biedermeier als »Des Heiligen Römischen Reiches größtes Wirtshaus« bezeichnet wurde, vergnügten sich tausende Wiener an den Darbietungen der Kapellen und Volkssänger, deren Klänge im Sommer die Gastgärten und umliegenden Straßen erfüllten. Der Ort war, wie Rodenberg feststellte, ein Mittelding zwischen einer Fabrikstadt und einem Dorf mit einer lärmenden Bevölkerung und vielem Staub, beides am Alltag und am Sonntag. (…) Haus an Haus ein Wirtshaus oder wenigstens eine Kneipe mit Lokalsängerinnen, Musikanten und langen, qualmigen Gaststuben, die voll von zechenden Menschen sind. (…) Da singt es und da klingt es durch die ganze Nacht ; da schallt Saitenspiel aus Kellern und aus Lauben.362 Märkte
Als wichtigste Warenumschlagplätze gehörten die Märkte zu den Brennpunkten des städtischen Lebens, an denen es stets lebhaft und laut zuging. So etwa auf den täglich abgehaltenen Viktualienmärkten der Innenstadt – am Hohen Markt, Am Hof, auf der Freyung, am Tiefen Graben und am Judenplatz –, wo sich bereits in der Nacht, bei der Anlieferung der Waren, besonders aber am Vormittag ein unüberhörbarer Lärm bemerkbar machte, ebenso wie auf den beiden größten Obst- und Gemüsemärkten der Stadt : dem Schanzelmarkt am Donaukanal und dem Naschmarkt auf der Wieden. Über das beständige Gewühl und Stimmengewirr am Naschmarkt notierte Vincenz Chiavacci im Jahr 1895 (damals befand sich der Markt noch auf dem Gelände des Resselparks, erst mit der Wienflusseinwölbung etablierte er sich entlang der Wienzeile) : Das farben- und stimmenreiche Treiben des Marktlebens läßt sich schwer schildern. Es ist ein lebendes Bild mit melodramatischer Begleitung. (…) Welch’ betäubendes Durcheinander von Stimmen. (…) Nur schwer winden wir uns durch das Gewimmel von sparsamen Hausfrauen, Köchinnen, Greißlern, Lehrbuben, Buttenträgerinnen und Dienstmännern, »Kummen S’her, was kaufen S’ denn ?« ruft uns die dicke Kapäunlerin an, wenn wir einen verwunderten Blick auf die ›wuzerlfetten‹ Poulards- und Entenleichen werfen. »Kriag’ i was z’lösen ?« fragt eine Andere, die Topfen und Butter, Honig und Schmalz feilbietet. Mit allerlei Schmeichelnamen
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Abb. 22: Betäubendes Durcheinander von Stimmen: Naschmarkt, um 1900
locken sie ihre Kunden, die Köchinnen werden mit »Schatzerl« angeredet, »gnä’ Frau« und »Euer Gnaden« wird, mit Nachsicht der dazu gehörigen Toilette, jede Frau genannt.363
Auch auf den Märkten in den übrigen Bezirken wurden die Waren nicht minder lautstark angepriesen, wurde gefeilscht, gescherzt, geschrien und gestritten. Eine diesbezüglich legendäre Figur waren die sogenannten »Fratschlerinnen«, Marktweiber, die sich durch ihren schlagfertigen Witz und ihre schrankenlose Grobheit auszeichneten, womit sie zum dankbaren Sujet vieler Wiener Humoristen wurden. Sie ließen, so Chiavacci, jeden, der ihren Zorn freventlich herausfordert, unbarmherzig über die Klinge ihrer scharfen Zunge springen. Wer vergleichende Sprachstudien liebt, der suche sich eine vertrauenserweckende Sibylle mit einem großen »Kebelzahn« aus und mache eine abfällige Bemerkung über ihre Waare. Ein entzückendes Füllhorn der saftigsten und originellsten Schimpfwörter wird sich über sein Haupt ergießen und nur in schleuniger Flucht wird er Rettung vor dem gewaltigen Cataract von Invectiven und schmückenden Beiwörtern finden, womit ihn die Pythia des Standels überschüttet.364
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Neben Lebensmitteln wurde auch Vieh, Holz oder Trödel auf Märkten gehandelt ; daneben gab es auch periodisch abgehaltene Kirtags- und Christkindlmärkte, die ebenfalls ihre fixen Standorte und spezifischen Lautkulissen hatten. Seit 1865 wurden große Märkte verstärkt in abgeschlossene Innenräume verlagert. Nach Pariser Vorbild entstanden mehrere Markthallen : die mehrfach erweiterte Zentralmarkthalle in der Invalidenstraße, der Zentralviehmarkt in St. Marx, der überdachte Zentralfischmarkt bei der Salztorbrücke am Donaukanal und insgesamt sechs Detailmarkthallen (Nußdorferstraße, Phorusplatz, Zedlitz, Stadion, Burg- und Esterházygasse). Letztere fanden allerdings nie so richtig Zustimmung bei der Wiener Bevölkerung, die eindeutig offene Märkte bevorzugte. Bahnhofsvorplätze
Zu einem weiteren markanten Stimmenzentrum mutierten die Bahnhöfe. Durchwegs am Rande des dichtverbauten Stadtgebietes gelegen, stellten sie wichtige Scharniergelenke zwischen zwei Verkehrssystemen, dem Fern- und dem Lokalverkehr, dar.365 Von hier aus wurden die Ankommenden über die Stadt verteilt, was insbesondere den Vorplätzen ein spezielles akustisches Gepräge verlieh. Denn trotz des Ausbaus der Straßenbahn waren hier zur Jahrhundertwende immer noch unzählige Stellwägen im Einsatz. Deren Kutscher boten den Reisenden lautstark ihre Dienste an, wie Vincenz Chiavacci am Beispiel des Südbahnhofs bemerkte : Gleich vor der Bahnhofshalle empfängt den Reisenden ein Wortschwall der verschiedenen Fuhrwerksbesitzer. (…) Die Stellwagenconducteure machen den Fremden sofort mit den Namen der einzelnen Bezirke vertraut, indem sie diese in ohrenbetäubendem Durcheinander den Ankommenden zurufen : »Wieden, Margarethen, Matzleinsdorf, Mariahilf, Alsergrund, Praterstraße, Leopoldstadt, Landstraße, Stefansplatz !«366 Militärgebiete
Der seit Beginn des 19. Jahrhunderts auf dem Josefstädter Glacis befindliche »Exerzierund Paradeplatz« des Militärärars blieb auch nach dem Abbruch der Basteien noch längere Zeit in Verwendung. Erst 1870 wurde er aufgelassen und an den Stadterweiterungsfonds zur Verbauung übergeben. Vorangegangen waren dem heftige politische Kontroversen und auch immer wieder vorgebrachte Beschwerden über die unzumutbare Belästigung durch Trompeter und Trommler, die »die vorübergehenden guten Gehöre durch ihre Dissonanzen in nervöse Aufregung versetzen.«367 Als Ersatz dafür entstand auf der noch weitgehend unverbauten Schmelz ein großflächiges Aufmarschund Übungsgelände, wo sich fortan die »Kriegsklänge«, bestehend aus Trompetenfan-
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faren, Paukenschlägen und Trommelwirbeln, zackigen Befehlstönen, Marschschritten und Pferdegetrampel, ungehindert ausbreiten konnten. Einmal im Jahr fand hier vor dem Kaiser die Frühjahrsparade statt, das höchste militärische Schauspiel der Monarchie und ein lautstarkes Spektakel, zu dem Massen an Zuschauern strömten. Schon am Morgen zogen die Soldaten, begleitet vom Takt der Marschmusik, aus ihren Kasernen zur Schmelz hinauf. Die eigentliche Parade konnte man bei ungünstigen Windverhältnissen allerdings oft besser sehen als hören, wie Felix Salten anmerkt : Über das weite Feld hin ziehen die Truppen, rücken jetzt in langen Linien auf, mit wehenden Fahnen, die sich von fern nur wie das Tanzen kleiner Wimpel ausnehmen, und mit klingendem Spiel. Aber man hört nichts von der Musik. Der Wind hebt das Schmettern von neun Regimentskapellen auf und zerstreut diesen riesigen Schall wie das Singen eines Kindes ; er nimmt diese Klänge, löst sie auf und trägt sie zu den Wäldern hinüber, die das laute Tönen einschlürfen. Nur das Schlagen der großen Trommeln hört man, und es klingt wie ein feierlich taktmäßiges Teppichklopfen im Freien.368
Auch für den Ottakringer Karl Ziak (1902–1987) gehörten die durch die Straßen marschierenden Truppen zu den einprägsamsten Jugenderinnerungen. Wenngleich der Alltag, wie er betonte, wesentlich anders aussah, war die Schmelz doch auch ein wichtiges Erholungs- und vor allem Spielgelände, wo sich die Kommandos für die exerzierenden Rekruten mit dem Indianergeheul spielender Kinder und dem Geflüster sich ins Gras kuschelnder Liebespaaren mischten.369 Ab 1911 wurden die südlichen und östlichen Teile der Schmelz zur Verbauung freigegeben, womit sich das »Jugendparadies Wiens«370 mit seiner eigenwilligen Lautkulisse allmählich dem Ende entgegenneigte.
Konfrontationen
»Das Leben einer Großstadt kann nicht auf Filzsohlen einherschleichen.« Neue Freie Presse, 4.9.1907
Lärm und Großstadtkritik Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kann die Einstellung der Bevölkerung gegenüber der urbanen Welt als weitgehend unentschieden und ambivalent bezeichnet werden. Erst die rasante Beschleunigung des Stadtwachstums ab der Jahrhundertmitte führte zur Entstehung einer populär und massenwirksam ausformulierten Stadtkritik. Bedrohliche Bilder von der Unnatur der Stadt kamen auf, von Menschengewühl und Anonymität, Technisierung und Oberflächlichkeit, Dekadenz, Krankheit, Hektik – und Lärm.371 Die Stadtkritik entwickelte sich um 1900 zur Großstadtkritik, eingebettet in eine breite Auseinandersetzung mit der modernen Zivilisation und ihren ökologischen und sozialen Umwälzungen. Lärm wurde dabei vor allem in dreierlei Hinsicht zum Thema : als Gegenstand der Hygiene, die immer mehr Lebensbereiche durchdrang und als transnationale Reformbewegung wirkungsmächtige Handlungsanleitungen zur Gesundung der Metropolen propagierte ; als Symptom der überreizten Nerven des Großstadtmenschen und seiner vermeintlich auffallend gesteigerten Nervosität ; und als sinnliches Gegenbild zu einem bürgerlichen Erziehungs- und Verhaltensideal, das mit zunehmender Intensität um das Phänomen der »Ruhe« kreiste. Hygiene der Straße
Lärm macht krank. Diese Tatsache rückte zunehmend ins Bewusstsein der Bevölkerung. Offenkundig wurde dies zunächst an einschlägig belasteten Berufsgruppen, wie der deutsche Fabrikarzt Friedrich Röpke in seiner wegweisenden, 1902 erschienenen Studie darlegte. Kesselschmiede, Soldaten, Telefonistinnen, Lokführer oder Heizer wiesen infolge ihrer beruflichen Tätigkeit überdurchschnittlich häufig Lärmschädigungen auf, und auch bei den Webern gab es, so Röpke, kaum jemand, der nach zwei Jahren noch normal hören konnte.372 Zwar standen in der Gewerbehygiene nach wie vor Staub, Gestank, Chemikalien oder Unfälle im Zentrum der Aufmerksamkeit, die schädlichen Folgewirkungen des Lärms waren jedoch von nun an, durch arbeitsmedizinische Untersuchungen wissenschaftlich weitgehend abgesichert, nicht mehr zu bagatellisieren.
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Wer zum ersten Mal in eine große Fabrik komme, so bemerkte auch der deutsche Arzt Gerhard Heilig 1908, der sei zunächst von nichts so überwältigt wie von der »Unsumme akustischer Reize«, und es sei kaum vorstellbar, wie es Menschen jahrelang in »diesem Brausen und Tosen, diesem Hämmern und Pochen« aushielten.373 Und der Lärm in den Fabriken drang hinaus auf die Straße – ein Umstand, auf den die über die Gesundheitsverhältnisse der Stadt wachenden Hygieniker und Ärzte nun ebenfalls verstärkt hinwiesen. Wie in Deutschland war es auch in Wien das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts, in dem sich der medizinisch-hygienische Lärmdiskurs entfachte. In den regelmäßig veröffentlichten »Jahresberichten des Wiener Stadtphysikates« wurde die Lärmbelästigung durch Gewerbe- und Industriebetriebe ab den 1880er-Jahren zum Thema. Einzelne Lärmsünder wie Buchdruckereien, Kesselschmieden, Schlossereien oder Maschinenfabriken waren allerdings zunächst noch im Verbund mit anderen Umweltbeeinträchtigungen angeführt. Erst ab dem Jahr 1894 ging man dazu über, Lärm als eigene Rubrik innerhalb des Gesamtkomplexes der »sanitären Übelstände« auszuweisen. Die Sanitätsbehörden erkannten Lärm als spezifisches Problemfeld und versuchten dieses nunmehr statistisch zu erfassen. In den Jahren 1894 bis 1906 waren es demnach durchschnittlich 40 bis 50 Betriebe pro Jahr, die von den Sanitätsaufsehern wegen ungebührlicher Lärmerregung angezeigt wurden.374 Betroffen davon war u. a. die renommierte »Neue Freie Presse«, deren Druckmaschinen ohrenbetäubenden Lärm verursachten, über den sich die Anrainer insbesondere in der Nacht heftig beklagten : Bei einem von 4 bis 6 Uhr früh abgehaltenen behördlichen Lokalaugenscheine wurde festgestellt, daß der durch den Gang der Rotationsmaschinen in den Druckereiräumen der Zeitung verursachte Lärm in derartig intensiver Weise auf die Straße dringt, daß hiedurch eine über das Maß des Zulässigen hinausgehende Belästigung der Nachbarschaft und Störung der Nachtruhe erfolgt.375
Deutlich lässt sich ab der Jahrhundertwende eine Intensivierung der Lärmdebatte feststellen. Auch die »Österreichische Gesellschaft für Gesundheitspflege«, 1881 unter dem Vorsitz des Arztes Theodor Billroth (1829–1894) nach deutschem Vorbild gegründet, begann sich nunmehr in ihren Vorträgen und Publikationen nicht nur mit den Geruchs, Wasser- und Bodenverhältnissen, sondern verstärkt mit Lärm auseinanderzusetzen. Dabei richtete die einflussreiche Vereinigung – ihre Mitglieder waren Ärzte, Architekten, Ingenieure, Chemiker, Verwaltungsbeamte – ihre Aufmerksamkeit vor allem auf den Bereich der »Straßenhygiene«, dieses »für das Leben so bedeutungsvolle Capitel«.376 Straßen erschienen als lebenswichtige Schlagadern der modernen Metropolen, von denen das Funktionieren des großstädtischen Lebens zutiefst abhing. Ihr Zustand in sanitärer Hinsicht war nun, so diagnostizierten die Wiener Hygieniker,
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nicht nur von den bekannten Staubproblemen bestimmt, sondern immer häufiger von der Ausbreitung des Lärms. Dieser sei mittlerweile ohrenbetäubend und stelle für Verkehrsteilnehmer wie für Anrainer eine unzumutbare gesundheitliche Beeinträchtigung dar. Letztere würden überdies auch indirekt geschädigt, insofern sie durch das lärmbedingt erzwungene Schließen der Fenster und Türen die notwendige Durchlüftung ihrer Wohnung vernachlässigten.377 In der von der Vereinigung herausgegebenen Monatsschrift wurden einschlägige Vorträge und Artikel deutscher Arztkollegen abgedruckt, um die Dringlichkeit der Lärmfrage zu dokumentieren und Lösungsansätze zu diskutieren, die diesbezüglich bereits in anderen Städten, insbesondere Deutschlands, bestanden. »Gefahr droht von der modernen Stadtstraße unseren Ohren«, resümierte ein Vortragender einmal mehr.378 Intensiv diskutierte man die Ursachen des Straßenlärms, von den Verkehrsteilnehmern bis hin zum Straßenbelag, und die möglichen Wege zu dessen Reduktion. Heinrich Adler, Wiener Arzt und Chefredakteur der Monatsschrift, forderte im Mai 1909 unmissverständlich, den Lärm genauso ernst zu nehmen wie den viel diskutierten Staub.379 Denn Staub und Lärm waren aus ärztlicher Sicht die bedrohlichsten Ingredienzien der modernen Straße. Anschaulich zogen die Hygieniker Parallelen zwischen beiden : Was der Staub für die Lungen, das sei der Lärm für die Ohren. Die Folgen daraus wurden in den zeitgenössischen Medien auch verbal ähnlich dramatisiert, insofern schon bald Schreckensbilder von der »Lärmseuche« oder »Lärmpest« auftauchten, die sich in der Großstadt beinahe ungehindert ausbreite. Aus medizinischer Sicht galt es klarzustellen : »Wenn auch den Geräuschen nicht die Dignität einer Infektionskrankheit zukommt, so sollte die Hygiene sie doch nicht als etwas Gleichgültiges betrachten und den Kampf gegen dieselben aufnehmen.«380 Hygienisches Gedankengut hielt Einzug in den Massenmedien, die entscheidend zur Popularisierung desselben beitrugen. Zur Lärmfrage als speziellem Bereich der Gesundheitspflege erschienen ab 1905 zahlreiche größere Artikel in Tages- und Wochenzeitungen. So warnte etwa der Arzt Wilhelm Stekel in einer ausführlichen Analyse der »Hygiene der Straße« vor der allzu leichten Gewöhnung an die Geräusche : Ebensowichtig als die Frage der Staub- und Rauchentwicklung, vielleicht noch wichtiger ist die Frage des Straßenlärms. Die meisten Menschen merken ja gar nicht den Lärm, der auf der Straße herrscht. Man bedenke das Rollen der verschiedenen Wagen, der Elektrischen, der Automobile, das Läuten der Radfahrer, all die tausend Stimmen der Menschen, ihr Lachen, Schreien, Rufen, die vereint jenes merkwürdige Summen hervorbringen, für das wir Großstädter bereits taub sind, das aber jedem, der vom Lande kommt, sofort auffällt. (…) Wir Großstädter sind die Opfer des Straßenlärms. (…) Krieg dem Lärm ! (…) Eine gesunde Straße ! muß die Losung werden.381
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Abb. 23: Gesundheitsgefahr durch Straßenlärm: Opernkreuzung, um 1900
Ähnliche Debatten konnte man in »Die medizinisch-hygienische Zeit« lesen, der wöchentlichen Beilage zur liberal-konservativen Tageszeitung »Die Zeit«. In enger Bezugnahme auf aktuelle Diskussionen der »Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege« erschienen auch hier in immer dichteren Abständen Berichte über die »Geräuschplage« und die »armen Ohren« des Großstädters«.382 Gewichtige Unterstützung kam besonders in Wien vonseiten der medizinischen Wissenschaft. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Ohrenheilkunde (Otologie) als selbstständiges Fachgebiet der Medizin entstanden, nicht zuletzt auch das ein Indiz für das allgemein gestiegene Interesse an Fragen des Hörens. Schon bald entwickelte sich Wien zum führenden Zentrum der neuen Wissenschaft. Die Ohrenärzte Joseph Gruber (1827–1900) und Adam Politzer (1835–1920) gründeten 1873 im Allgemeinen Krankenhaus die weltweit erste Ohrenklinik, an der zahlreiche weitere Kapazitäten wie Victor Urbantschitsch (1847–1921) wirkten. In ihren Lehrbüchern schärften sie die Sensibilität für die Wichtigkeit gesunder akustischer Verhältnisse, wenngleich zunächst eindeutig die schon erwähnten Berufskrankheiten im Mittelpunkt standen und weniger der Lärm der Straße.383 Ohrenärzte begannen Praxen zu eröffnen und schalldichte Zimmer für ihre Untersuchungen einzurichten, die sich – so ein lärmgeplagter Zeitgenosse bedauernd – leider nicht jeder leisten konnte.384 So war die Großstadt gleichzeitig Zentrum der Analyse wie der Kritik des Lärms. Seine Ausbreitung hatte aus medizinisch-hygienischer Sicht eindeutig epidemisches
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Potenzial, wie der deutsche Arzt Robert Koch (1843–1910), Nobelpreisträger und anerkannte Autorität für Infektionskrankheiten, in seinem letzten Lebensjahr bestätigte : »Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest.«385 Nervengift
Eine wesentliche Neubewertung erfuhr der Lärm durch das »Zeitalter der Nervosität«, das, so der deutsche Historiker Joachim Radkau in seiner grundlegenden Studie, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts anbrach.386 Ein sich intensivierender Nervendiskurs hielt Einzug in die Massenmedien, in populärwissenschaftliche Schriften und Vorträge, in Literatur und Film. »Wir sind nervös geworden«, verkündete ein Zeitgenosse apodiktisch.387 Willy Hellpach (1877–1955), deutscher Psychologe und mit seinem Werk »Nervosität und Kultur« einer der Haupttheoretiker des neuen Zeitgefühls, sah darin ein unsanftes Aufrütteln aus der bisherigen Behaglichkeit : Ueber uns aber kam der Kapitalismus – die Industriekultur – das Zeitalter des Verkehrs – oder wie man es nennen will : nicht bloß mit gewaltigem Rumor und Radau, sondern mit einer eisigen Brise, die unsere in romantischer Gemütlichkeit gewärmten Glieder erstarren ließ – und wir wurden die Epoche der Nervosität.388
Nervenschwäche und »Neurasthenie« wurden als typische Krankheiten des modernen Menschen diagnostiziert, hervorgerufen durch den technisch-ökonomischen Wandel und die zunehmende Beschleunigung in allen Lebensbereichen. Im Jahr 1880 hatte der amerikanische Neurologe George M. Beard (1839–1883) sein Buch »Neurasthenia« publiziert und damit den wegweisenden Ausdruck für das neue Krankheitsbild geschaffen. Im deutschen Sprachraum war es der Pathologe und Neurologe Wilhelm Erb, der 1893 mit seinem Werk »Ueber die wachsende Nervosität unserer Zeit« die Nervendebatte weiter vorantrieb. Die »Neurasthenie«, definiert als nervös bedingter Reiz- und Erschöpfungszustand, wurde zur verbreiteten, am häufigsten diagnostizierten Volkskrankheit. Angespannt, leicht erregbar, chronisch überanstrengt und geräuschempfindlich, so präsentierte sich der Neurastheniker seinen Mitmenschen.389 Wenngleich das Neurasthenie-Konzept, wie Matthias Lentz betont, terminologisch relativ unscharf blieb, wurde es gerade dadurch zur erfolgreichen Projektionsfläche für verschiedenste Zeiterscheinungen, zu denen nicht zuletzt der Lärm gehörte. Eine breite publizistische Diskussion entstand über die Folgen der Belastung und Überlastung der Nerven, die bis kurz vor 1914 andauerte und dabei den Lärmdiskurs entscheidend vorantrieb.390 Hauptort des Geschehens war die moderne Großstadt, die zum Synonym wurde für Reizüberflutung und permanente Attacke auf alle Sinne. Nicht von ungefähr nahm ge-
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rade hier die Zahl der Spezialärzte für Nervenleiden rasant zu.391 Ständig wechselnde Eindrücke, Informationen und Reize erzeugten ein Ambiente, das mitunter schwer zu bewältigen war, wie ein Zeitgenosse beklagte : Der Mensch von heute muß tausend Dinge wissen, tausend Dinge gleichzeitig überdenken, tausend Sinneseindrücke, die auf ihn gleichzeitig einstürmen, verarbeiten. Ist er’s nicht imstande, dann ist er seiner Zeit nicht gewachsen, er bleibt zurück und kommt – wenn überhaupt – als letzter ans Ziel.392
Eine nur schwer verarbeitbare Überreizung der Sinne konstatierte auch Georg Simmel, der sich in seinem später berühmt gewordenen Vortrag »Die Großstädte und das Geistesleben« mit den veränderten Bedingungen der urbanen Wahrnehmung beschäftigte. Er stellte eine deutliche »Steigerung des Nervenlebens« fest, hervorgerufen durch den »raschen und ununterbrochenen Wechsel äußerer und innerer Eindrücke«.393 Und auch der Historiker Karl Lamprecht (1856–1915) registrierte eine unverkennbar erhöhte »Reizsamkeit«.394 Beschleunigung, Fragmentierung und Kontrastwirkung – die Charakteristika moderner Wahrnehmung395 – manifestierten sich im Visuellen genauso wie im Akustischen. Dabei wirkten sich die diffusen, einander überlagernden Einzelgeräusche – so die Meinung vieler Ärzte – besonders schädigend auf die Nerven aus, insofern sie diese in permanente Erregung versetzten : Jedes Geräusch ist schwingende Luft. Alle diese Geräusche erzeugen ein Zittern und Vibrieren der Luft, diese Geräuschwellen dringen auf uns ein. Sie dringen durch das Trommelfell in unser Gehirn ein, sie teilen sich ihm mit, sie lassen es mitschwingen und bringen es so in eine beständige Erregung.396
Die allzu häufige Stimulierung der Nerven durch die Schallwellen wurde als akute Gesundheitsgefahr angesehen. Sie begleite den Menschen durch die »Hetzjagd des Lebens«,397 verzehre seine Nervenkräfte und verringere die Lebenskraft. Auch in der Nacht schwäche sie den Menschen durch häufige Störung des für die Regeneration so wichtigen Schlafes. Mit einer derartigen Kausalkette wurde dem Lärm eine auch für Laien nachvollziehbare, direkte Einflussnahme auf psychische und physische Konditionen zuerkannt. Er erhielt eine neue Brisanz und avancierte zum schleichenden »Nervengift«, zum im Alltag dauerpräsenten »Feind«, wie der Neurologe Otto Dornblüth (1860–1922) im Mai 1909 in der »Monatsschrift für Gesundheitspflege« ausführte : Als ein schlimmer Feind der Gesundheit muß der Lärm bezeichnet werden. Viel zu lange ist die Auffassung dabei stehen geblieben, daß der Lärm nur eine Unannehmlichkeit, vielleicht
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nur eine Plage allzu Empfindlicher bedeute. Bei genauerer Betrachtung läßt sich aber nicht verkennen, daß tatsächlich die Gesamtheit darunter leidet. Auch der Lärm, der gar nicht ins Bewußtsein tritt, nimmt unnütz Nervenkräfte in Anspruch, die besser für andere Zwecke ausgenützt werden würden. (…) Endlich ist nicht zu bezweifeln, daß der Lärm mindestens eine sehr große Anzahl von Menschen aufregt und nervös macht, auch wenn sie sich dessen nicht bewußt sind.398
Die scheinbar evidenten Zusammenhänge zwischen Nervosität und Lärmempfindlichkeit erwiesen sich allerdings als zwiespältig. Letztlich musste die Frage, ob häufige Lärmbelastung Nervosität hervorrufe oder es sich bei der Lärmempfindlichkeit um ein bloßes Symptom der Nervosität handle, unbeantwortet bleiben. Denn tatsächlich ging, wie Radkau betont, das Nervositätsargument bei Lärmklagen immer wieder auf gleiche Weise hin und her : Die Betroffenen klagten, der Lärm mache sie nervös ; die Lärmerzeuger entgegneten, die Kläger seien nervös.399 Ein Schema, das – wie noch gezeigt wird – auch häufig im publizistischen Diskurs auftauchte. Eine zweifellos zentrale Bedeutung kam dem Nervositäts-Lärm-Konzept bei der öffentlichen Dauerdiskussion um die moderne Großstadt zu. Diese war es, so meinten nicht wenige Experten, die entscheidend zum Anstieg des Nervositätspegels beitrug. Nicht zufällig publizierten zwei deutsche Nervenärzte, der erwähnte Otto Dornblüth und sein Kollege Albert Eulenburg (1840–1917), im Jahr 1902 unabhängig voneinander Schriften mit dem sprechenden Titel : »Nervenhygiene in der Großstadt«. Und auch der Berliner Nervenarzt Albert Moll (1862–1939) legte eine Untersuchung vor über den »Einfluss des großstädtischen Lebens und des Verkehrs auf das Nervensystem«. Das Thema lag im Trend, wobei sich die meisten Autoren darüber einig waren, dass das laute Großstadtleben trotz aller neuen Errungenschaften der Stadthygiene eine besondere Belastung der Nerven mit sich bringe. Bei der Analyse der Ursachen für die gestiegene Nervosität meinte etwa der Psychiater August Cramer : Bei weitem die wichtigere Rolle spielen die akustischen Reize. (…) Namentlich im großstädtischen Leben (wird) eine Menge von akustischen Reizen produziert, die vermeidbar sind. Der Höllenlärm, der heute in den belebten Straßen der Großstädte vorhanden und für empfindliche Individuen sicher schädlich ist, läßt sich bei gutem Willen wohl verringern.400
Andere bezeichneten den Großstadtlärm gar als eine »Vergewaltigung des Nervensys tems«.401 Die diesbezügliche Kritik an der Großstadt entsprang jedoch im Regelfall keineswegs einem plumpen antimodernistischen oder antiurbanen Vorurteil. Im Gegenteil : Ein grundsätzliches Ja zur Großstadt schuf erst den Freiraum für eine weitere differenzierte Auseinandersetzung mit dem Großstadtleben.402
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Abb. 24: Nervosität als Zeiterscheinung: Karikatur, 1888
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Wie evident die Zusammenhänge zwischen Nervenreizung und dem zunehmend komplexer werdenden Leben in der Großstadt waren, fiel besonders jenen auf, die nach längerer Pause wieder in die Stadt zurückkehrten. Unisono wurde der gestiegene Lärm als erste und eindrucksvollste Veränderung wahrgenommen. So notierte der Kunsthistoriker und Publizist Ludwig Abels im Juni 1899, als er nach fünfjähriger Abwesenheit nach Wien zurückkehrte : »So kam es, dass ich, noch ehe ich alle die in Zeitungen gerühmten Neuerungen, Stadtbahn, Secession, Neubauten, Jubiläums-Ausstellung, kennenlernte, den Wandel der Wienerstadt an meinen Gehörnerven erfuhr.«403 Ob der dramatische akustische Wandel dazu führte, dass die Ohren der Großstädter tendenziell sensibler wurden, wie manche behaupteten, oder im urbanen »Nervenstahlbad« (Eduard Pötzl) eher abstumpften, diese Frage wurde heftig diskutiert und schien besonders schwierig zu beantworten. War der von Georg Simmel beschriebene neue Typus des blasierten, distanziert-intellektuellen »Großstadtmenschen« schon eine Form der Gewöhnung an die gesteigerte Intensität der urbanen Lautsphäre ? Oder war, wie andere meinten, ein nervös bedingter, »in psychischer Hinsicht unendlich verfeinerter Menschenschlag« im Entstehen ?404 Mit Augenzwinkern charakterisierte jedenfalls Eduard Pötzl die »Stadtmenschen« in einem gleichnamigen Gedicht : »Empfindsam und gleich wieder höhnisch, / Der Leichtsinn mit Schwermuth gepaart, / Beschaulich und doch neurasthenisch / So wunderlich ist ihre Art !«405 Pötzl und zahlreiche andere Wiener Schriftsteller und Journalisten veröffentlichten ironisch-humoristische Berichte über das zunehmend nervöse Alltagsleben in der Stadt. Wenn auch mitunter allzu satirisch verarbeitet, so geht doch deutlich daraus hervor, wie breit die Diskussion bereits zur Jahrhundertwende geführt und wie tiefgreifend der psychisch-sinnliche Wandel empfunden wurde. Gekonnt persifliert etwa Pötzl in »Der Tag eines Nervösen« einen sich über jede Kleinigkeit aufregenden Neurastheniker, der sich im Beruf, beim Arzt oder auf der Straße vom Lärm und den vielen Menschen malträtiert fühlt.406 Journalistenkollege Ludwig Hirschfeld beklagt im »Notizbuch eines Nervösen«, dass aus dem täglichen Verkehr der Menschen »ein unliebenswürdiges und gereiztes Gedränge geworden (ist), in dem einer dem anderen unbekümmert auf die Nerven tritt«.407 Und Paul Busson (1873–1924) wiederum kommt in »Die Plagen des täglichen Lebens« zu der Erkenntnis : Es ist schwer, Mensch zu sein, noch schwerer Mensch zu bleiben, wenn die zerfaserten, gequälten Nervenenden zucken. Es entsteht allmählich eine dumpfe kochende Wut im Innern, die jeden Moment zur Explosion gebracht werden kann. Lärm, Gerüche, Püffe und Belästigungen aller Art werden wie aus dem Füllhorn einer bösen Fee ausgegossen auf ein einziges Haupt. Es gibt keine Flucht.«408
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Nervosität war, so lässt sich nicht zuletzt aus diesen Bemerkungen herauslesen, nicht nur eine Krankheit, sondern auch eine Modeerscheinung geworden. Der zeitgeistige Stadtbürger gab sich nur allzu offenkundig geschäftig, gehetzt und nervös : »Leider ist heutzutage auch die Nervosität schon zur Mode geworden, und gewisse hypermoderne Kulturmenschen gefallen sich darin, die Allüren der Nervosität geflissentlich zur Schau zu stellen.«409 Wenngleich nicht übersehen werden darf, dass die zunehmende Beschleunigung des Alltagslebens einer weit verbreiteten Erfahrung entsprach und durchaus reale Grundlagen hatte. Hinter der oft stereotypen Floskel vom »Hasten und Jagen« verbarg sich Ende des 19. Jahrhunderts die von immer breiteren Bevölkerungsschichten verspürte Gewissheit, dass die Behäbigkeit der alten Zeit endgültig der Vergangenheit angehörte. Verhaltensweisen unter dem Primat einer produktivitätsfördernden Zeitersparnis hatten sich in Gesellschaft und Ökonomie durchgesetzt und waren binnen einer Generation zur zweiten Natur des Menschen geworden.410 Der Nervenkult des Fin de Siècle, die Zelebrierung und Pathologisierung gesteigerter Empfindsamkeit411 fand auch Ausdruck in einer Vielzahl neuer Medikamente, die gegen Nervosität auf den Markt kamen. Heilmittel mit Namen wie »Nervosin«, »Lecikola«, »Sanatogen« oder »Biocitin« sollten dem Körper jene Nervensubstanz zurückgeben, die er »durch die tausenderlei Ueberanstrengungen des modernen Lebens« eingebüßt hatte.412 Von derartigen medikamentösen Behandlungen abgesehen, galt bei der Behandlung nervöser Störungen aber vor allem ein akustischer Faktor als entscheidend : Ruhe. Das absichtsvolle Heraustreten aus dem Lärm des Alltags wurde von den Ärzten als wichtigster Schritt zur Gesundung des Nervensystems angesehen.413 Kuranstalten und Sanatorien, die Ende des 19. Jahrhunderts in großer Zahl von öffentlichen und privaten Bauträgern errichtet wurden, befanden sich denn auch stets außerhalb der Städte, in ruhiger, abgeschiedener Lage. Allein in Deutschland gab es um 1900 bereits 500 private »Nervenanstalten«.414 Und auch in und bei Wien entstanden zahlreiche Heilstätten für Nervenkranke und Neurastheniker wie das »Cottage Sanatorium« in Währing oder das »Sanatorium Purkersdorf« im nahe gelegenen Wienerwald, beide in gesundheitsfördernder Grün- und Ruhelage. Denn nur mithilfe der Natur, so die gängige Meinung, konnte man die verlorene Nervenkraft wiedergewinnen, weshalb denn auch der Naturheil-Boom und die moderne Naturschutzbewegung, gleichsam als Kehrseite der Nervositätsdebatte, einen ersten Boom erlebten.415 Zur europaweit größten Anlage avancierte die »Niederösterreichische Landes-Heilund Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke«, die im Oktober 1907 nach Plänen von Otto Wagner am Steinhof, am Wiener Stadtrand, eröffnet wurde. Das weitläufige Areal umfasste insgesamt 60 Pavillons und stellte gleichsam eine gebaute Antithese zum lärmenden Zentrum der Metropole dar. Umgeben von Wald und Wiesen erschien die Anlage beinahe als idyllische »Gartenstadt« und die Pavillons als »die größten
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(…) und schönsten ihrer Art«.416 Die Patienten waren von der Umgebung durch eine 4,2 Kilometer lange Mauer abgeschnitten, die – so die Kulturwissenschaftlerin Christiane Zintzen – real wie symbolisch das Abschotten und Verdrängen des vermeintlich Pathologischen anzeigt. In ihrer Funktion als »Lärmschutzwand« sollte die Mauer zudem mithelfen, dass keine Geräusche hinein- oder – mindestens genauso wichtig – herausdrangen.417 Ihr vordringlichster Zweck war es, wie betont wurde, die Kranken vor unliebsamen Eindringlingen zu schützen. Sie sollten buchstäblich in Ruhe gelassen werden, rechnete man doch mit einer großen Zahl an Neugierigen und allein an Sonntagen mit bis zu 2.000 Besuchern.418 Für die Lärmgeplagten war »Steinhof« bald eine fixe Adresse, wie ein Zeitgenosse ironisch anmerkte : »Bedauernswerter Mensch (…), wenn du nicht Baumwolle in den Ohren hast oder von Gott mit dem Schlaf eines Murmeltieres gesegnet bist ! Du mußt, eh du willst oder nicht, nervös werden ; und wenn du es schon bist, dann bestelle dir rechtzeitig in Steinhof ein Zimmer.«419 Eine bevorzugte Ruhelage bot auch der bekannte Erholungsort Semmering, der nur zwei Bahnstunden von Wien entfernt lag. Hier, auf tausend Meter Seehöhe, eröffnete 1909 das »Kurhaus Semmering«, eine ganz modern ausgestattete Heilanstalt und mit insgesamt 190 Zimmern eines der damals größten Häuser seiner Art. Bei ganzjährigem Betrieb war man u. a. auf die Behandlung von nervösen Großstädtern spezialisiert. Größtmögliche Geräuschlosigkeit war angesagt, sämtliche Zimmer wiesen gepolsterte und somit schallisolierte Türen auf. Den Patienten war per Hausordnung lautes Sprechen und Möbelrücken verboten, insbesondere auf den Balkonen und Liegehallen galt es, jede Ruhestörung zu vermeiden. Wohlsituierte Prominenz aus dem Wiener Intellektuellen- und Künstlermilieu, darunter Peter Altenberg, Arthur Schnitzler oder Raoul Auernheimer, fand sich in dem Haus ein, das sich als ideale Verbindung von Nobelhotel und Kuranstalt verstand.420 Akustische Erziehung
Die gestiegene Aufmerksamkeit, die das Bürgertum spätestens seit der Aufklärung den Sinnen und damit auch dem Hören entgegenbrachte, hatte eine pädagogische Reformbewegung entstehen lassen, in deren Zentrum die Modellierung der Sinneswahrnehmung stand. Die Vervollkommnung des Menschen, so der französische Philosoph Jean Jacques Rousseau (1712–1778), hänge nicht zuletzt von einer Verfeinerung der Sinne ab. Im deutschen Sprachraum waren es einflussreiche Pädagogen wie Johann Heinrich Campe (1746–1818), Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) oder Johann Christoph Gutsmuths (1759–1839), die eine intensive Sinnesschulung propagierten. Diese etablierte sich im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts als Standardprogramm bürgerlicher Erziehung und hatte damit auch entscheidende Auswirkungen auf die Rezeption urbaner Lebenswelten.421
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Bürgerliche Erziehungsratgeber, Anstands- und Benimmbücher plädierten einhellig dafür, das Hörvermögen so früh wie möglich zu sensibilisieren und zu fördern. Schon Kleinkindern könne man etwa das leise Ticken einer Uhr oder das Klingen verschiedener Münzen näherbringen, Schulkinder könnten auf ihren Exkursionen gemeinsam mit dem Lehrer Übungen im Nah- und Fernhören abhalten und die Stimmen der Vögel und anderer Tiere unterscheiden lernen. Es galt, aufmerksam zu sein und sich für die Anforderungen des Lebens auch in sinnlicher Hinsicht zu rüsten. Forciertes »planmäßiges« Sinnestraining also, wie der Schriftsteller und Pädagoge Daniel Gottlieb Schreber (1808–1861) betonte : »Was die Gymnastik für das Muskelsystem ist, das sind diese Übungen für die Sinnesorgane.«422 Angesichts der Tatsache, dass man insbesondere in der Stadt »von einem Chaos von Tönen, Klängen und sogenannten ›Lebensgeräuschen‹ umgeben« sei,423 war dies auch ein bewusster Willensakt zur Aneignung und Erkenntnis der Welt. Selbst wenn man einmal krank im Bett liege, solle man die Zeit nutzen und sich im Hören üben. In einem Ratgeber für den Schulunterricht, erschienen im Jahr 1912, hieß es : Willi ist krank und muß im Bett liegen. Wie ist das langweilig ! (…) Einzig die Ohren können ihn noch ein bißchen unterhalten ; sie teilen ihm mit, was draußen auf der Straße geschieht, sagen ihm, wenn die Mutter die Treppe heraufkommt, verkünden ihm, daß der Vater zur Haustür hereinkommt. Die Ohren müssen den Kranken unterhalten, im Hören kann er sich in der langen Liegezeit gehörig üben.424
In seiner Fantasie könne sich der Kranke vertraute Situationen mit ihren unterschiedlichen Geräuschen vorstellen, von der Turnhalle in der Schule, dem Lastwagen auf der Straße bis zum Waschtag zu Hause oder dem stürmischen Wetter zur Nachtzeit ; die Vielfalt der sprachlichen Bezeichnungen dazu sei bemerkenswert, von »klingen«, »knacken«, »rascheln« und »krachen« bis hin zu »knirschen« oder »donnern«.425 Akustische Eindrücke verbal differenziert wiedergeben zu können, war inhärenter Bestandteil der umfassenden Sinnesbildung. So erinnerte sich etwa Josef August Lux, wie er als Kind gelernt hatte, aufmerksam den vielfältigen Geräuschen des Waldes zu lauschen, die auf ihn eine ganz unheimliche Wirkung ausübten. Jahrzehnte später rekonstruierte der gelernte Journalist seine damaligen Eindrücke sprachlich versiert : (…) man horchte auf die Stimmen der Vögel, die in den Kronen der Bäume saßen wie in den sinnvoll verschlungenen Kapitälen eines Domes (…). Man horchte und horchte. Bald redete der Wald wie eine Orgel, dann fing er zu ticken an wie eine Uhr, dann ging er mit dumpfem Schritt, dann fing er leise und verdächtig zu pfeifen an, dann brach er in ein Hohngelächter aus, in ein lawinenartiges Sausen und Brausen und schließlich in ein Gebrüll, als ob er voll reißender Bestien steckte.426
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Die sich herausformenden Charakteristika des bürgerlichen Habitus – Effizienzstreben, Fleiß, Rationalität, Ordnungswille – finden sich somit auch in der Erziehung der akustischen Wahrnehmung. Dabei ging es einerseits um ein gesteigertes Differenzierungsvermögen für Töne und Geräusche, andererseits auch um die Fähigkeit des bewussten Ausblendens und Verarbeitens derselben. Sich abzuhärten und an unvermeidliche Geräusche zu gewöhnen, auch das sollte zu einer bürgerlichen Tugend werden, wie Otto Dornblüth empfahl : »Eine gute Art der Willensübung ist, sich gegen Geräusche mit Willen unempfindlich zu machen. Auch sehr empfindliche Menschen können das.« Schon den Schülern könne in der Klasse beigebracht werden, sich nicht ablenken zu lassen von den Geräuschen des Nachbarn oder dem Lärm der Straße, der durch das Fenster hereindrang. Mit trainierter »Willenskraft« seien Aufmerksamkeit, Konzentration und Leistungsfähigkeit unabhängig von etwaigen Störgeräuschen zu erhalten.427 So die Theorie. Realiter war es natürlich relativ schwer, sich innerlich völlig abzuschotten und akustisch unempfindlich zu machen. Gerade das intellektuell tätige Bildungsbürgertum litt in besonderem Maße unter Lärmbelästigung, Klagen über Ruhestörung haben in dieser sozialen Schicht eine lange Tradition. Goethe, Schiller, Kant, Schopenhauer, Richard Wagner oder Robert Schuhmann, sie alle wetterten heftig gegen die allzu aufdringlichen Geräusche ihrer Umgebung. Ob das Krähen eines Hahns, das Läuten der Kirchenglocken, das Peitschenknallen und Wagengerassel auf der Straße oder das Geschrei spielender Kinder, all diese Geräusche wurden als extrem störend und als Anschlag auf die geistige Schaffenskraft empfunden.428 Ruhe – im Sinne von Ungestörtheit, aber auch in politischer Hinsicht – geriet zu einer ersehnten Utopie, die ganz oben stand auf der bürgerlichen Werteskala. Dies drückte sich nicht zuletzt in der Maxime »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht« aus, die im 19. Jahrhundert zum geflügelten Wort geworden war. Dessen Ursprünge gehen auf eine Verhaltensvorschrift für die Einwohner Berlins bei der Belagerung durch die Franzosen im Jahr 1806 zurück. Nach der Niederlage der Deutschen bei Jena ließ Graf von der Schulenburg-Kehnert, Stadtkommandant von Berlin, auf einem Anschlagzettel verlautbaren : »Der König hat eine Bataille verloren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht.« Der anschließende kampflose Einzug Napoleons in Berlin und die politischen Folgen davon wurden vom Schriftsteller Willibald Alexis (1798–1871) Jahrzehnte später in einem großen »vaterländischen Roman« literarisch verarbeitet. Titel : »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht«. Im Jahr 1852 erschienen, erlebte das überaus populäre Buch sogleich zahlreiche Auflagen. »Ruhe« fungierte darin als Schlüsselbegriff zur Charakterisierung des Bürgertums, im sozialen, aber auch im politisch-ökonomischen Sinne : »Und im Grund genommen, was ist es denn, was ein guter Bürger braucht ? Ruhe und Ordnung, Handel und Wandel. Dafür zahlt er seine Steuern.«429 Der Wunsch nach politischer und sozialer Stabilität ging Hand in Hand mit jenem nach akustischer Kalmierung. Lärm störte die bürgerliche Ordnung, irritierte und stand
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Abb. 25: Einer der herausragendsten Konzertsäle der Stadt: Bösendorfer-Saal, um 1900
den politischen Emanzipationsbemühungen der aufstrebenden Klasse diametral entgegen. Deren kulturelles Selbstverständnis zielte auf eine Neuordnung der akustischen Verhältnisse – auch im musikalischen Sinne. Seit dem Biedermeier waren Hausmusik und insbesondere das Klavierspiel zu einem zentralen Bestandteil bürgerlichen Lebensstils geworden. Der musikalischen Schulung des Gehörs und der Verfeinerung des musikalischen Geschmacks kam eine zunehmend wichtige identitätsbildende Rolle zu. Das individualisierte ästhetische Musikhören trat an die Stelle des öffentlichen Spektakelgenusses. Zu diesem Zweck entstanden eigene, ausschließlich dem konzentrierten Musikgenuss gewidmete Konzertsäle, die es in dieser Form vorher nicht gegeben hatte. So wurde in Wien ab den 1830er-Jahren im Gebäude der Gesellschaft der Musikfreunde in den Tuchlauben konzertiert, ab 1870 stand dafür das neue Musikvereinsgebäude am Karlsplatz zur Verfügung, dessen »Goldener Saal« bald zu den akustisch herausragendsten Konzertsälen der Welt zählte. 1913 wurde als zweite große Aufführungsstätte
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das Konzerthaus in der Lothringerstraße eröffnet. Daneben widmete man sich auch in den Salons einzelner Klaviererzeuger der Musikpflege, wie im Streicher-Saal auf der Landstraße oder im aufgrund seiner Akustik legendären Bösendorfer-Saal in der Herrengasse, benannt nach Ludwig Bösendorfer, dem renommiertesten Klavierfabrikanten der Monarchie.430 An diesen Orten bildete sich ein musikalisches Rezeptionsverhalten heraus, das vom Respekt vor dem aufgeführten Stück und von seiner Achtung als autonomes Kunstwerk geprägt war – und das als Voraussetzung vor allem eines benötigte : Stille. Denn nur bei Stille konnte das musikalisch gebildete Publikum die vom Komponisten entwickelten Motive und Themen mitverfolgen und ihnen aufmerksam und mit Genuss lauschen.431 Das Sprechen während der Aufführung wurde verboten und auch das bis dahin übliche Klatschen zwischen den einzelnen Sätzen. Die Aufforderung zum gewünschten Hörverhalten gab der Dirigent unmittelbar vor Beginn des Konzerts durch mehrmaliges Klopfen seines Stabs – unausgesprochen und eindringlich, für jedermann hör- und dekodierbar : »Er klopft und die Stille des tiefsten Respects tritt in dem Riesensaale ein.«432 Um sich besser auf das Hören konzentrieren zu können, wurde die Beleuchtung reduziert und der Zuhörerraum verdunkelt – eine Strategie, die bereits in den 1890er-Jahren durchgehend angewandt wurde und sich auch in der Wiener Staatsoper etablierte, wo Direktor Gustav Mahler (1860–1911) die Verdunkelung einführte und das Kartenspielen in den Logen untersagte.433 Sein Versuch, auch die Claque, die in seinen Ohren zur unziemlichen »Klatschsucht« ausgeartet war, abzuschaffen, erwies sich allerdings als nicht nachhaltig.434 Die führenden Musikkritiker der Zeit, allen voran Eduard Hanslick (1825–1904), von den Wienern ehrfurchtsvoll »Der Zar« genannt, fungierten als musikalische Leitfiguren und Erzieher einer ganzen sozialen Klasse. Als musikalischer Chefkritiker der »Neuen Freien Presse« wurde Hanslick zu einer mächtigen Instanz im Wiener Kulturleben. Er lehrte nebenbei Ästhetik und Geschichte der Tonkunst an der Wiener Universität, verfasste zahlreiche Schriften zu musikästhetischen Fragen und engagierte sich als Juror bei Musikwettbewerben und Ausstellungen. Zwar war er, wie der Historiker Peter Gay betont, in seinen Ansichten durchaus konservativ, bisweilen sogar engstirnig, für seine Leser waren seine über Jahrzehnte hinweg regelmäßig erscheinenden Rezensionen jedoch zuverlässige Orientierungspunkte bei der Herausbildung ihres musikalischen Geschmacks.435 Stille und Distanziertheit dem Bühnengeschehen gegenüber, Reglementierung und Disziplin bestimmten somit die bürgerlichen Hörnormen, im Konzertsaal und in der Oper ebenso wie im Theater436 und später im Kino437. Die zentrale Wertschätzung der Stille dehnte sich auch auf andere Lebensbereiche aus : So lernte man im Laufe des 19. Jahrhunderts schweigend zur Kirche zu gehen, sich bei der Fahrt in der Straßenoder Eisenbahn gegenüber den Mitreisenden still zu verhalten, ebenso wie im Aufzug
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oder beim Essen um den Mittagstisch.438 Vor allem Letzteres sei, so Eduard Pötzl ironisch, ein besonders andächtiger Moment, der vom Alltag herausgehoben und dementsprechend zelebriert gehöre : Beim Essen aber sollte heilige Stille herrschen und die ganze Aufmerksamkeit auf eine zweckmäßige Ernährung des Körpers gerichtet sein. Wenn man ein Automobil mit Benzin, eine Lampe mit Petroleum füllt, wird in der Regel sorgsam geschwiegen, damit nichts daneben geht. Bei der Füllung der menschlichen Maschine jedoch geht es ohne unnötiges Gerede nie ab (…).439
Es war die Stille des Schweigens, der in der Moderne, wie Christoph Asendorf gezeigt hat, eine völlig neue Rolle zukam. So spiegelte das Schweigen einerseits die Reduktion gesellschaftlicher Kommunikation unter den Lebensbedingungen der modernen Großstadt wider. Der Verzicht auf die Sprache passte sich den neuen Bedingungen des sozialen Verkehrs an. Wo Menschen wie Waren zirkulierten, war die Sprache als Verkehrsmedium obsolet geworden. Die permanent sich verändernde Umwelt brachte die Menschen zum Verstummen und beförderte den Augensinn und die Kommunikation über optische Signale. Andererseits entwickelte sich in der bürgerlichen Kunst und Ästhetik das »bedeutende Schweigen« als ideale Kommunikation, die sich jenseits der Sinne und Sprache vollzog. Sprachlosigkeit wurde zum Garanten der inneren Erfahrung und zum Beleg eines gemeinsamen Kunstverständnisses. Dabei knüpfte man an traditionelle religiöse und mystische Erfahrungen an, wie dies auch Maurice Maeterlinck (1862–1949) in seinem Essay »Das Schweigen« formulierte : »Sobald die Lippen schlafen, erwachen die Seelen und begeben sich an die Arbeit«.440 Die selbst erzeugte Stille fungierte als innere Strategie gegen das ständige Aufeinanderprallen anonymer Massen und als Ausgleich zu den von diesen erzeugten Geräuschemanationen. Diese machten sich nicht zuletzt in den modernen Wohnformen bemerkbar, weshalb auch das Verhalten dort von Zurückhaltung und Ruhe gekennzeichnet sein sollte, wie Otto Dornblüth mahnte : Der wohlerzogene Mensch vermeidet es schon jetzt, auf Korridoren und Treppen zu sprechen, die der allgemeinen Benützung dienen und das Geräusch in die anliegenden Räume tragen ; allmählich muß das zur allgemeinen Gewohnheit werden. Der Wohlerzogene schließt jede Tür leise, auch wenn es nicht eigens angeschrieben steht, er dämpft seine Schritte überall und spricht nie lauter als nötig ist. Aber die Ausnahmen von der Wohlerzogenheit überwiegen jetzt noch sehr, das muß zugegeben werden !«441
Deutlich spricht aus solchen Bemerkungen das Bemühen um akustische Disziplinierung als Akt der Abgrenzung zu den lautstarken Äußerungen des als abgestumpft
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geltenden Proletariats. Die lange Zeit vergeblichen Mühen des Bürgertums, politisch an die Macht zu kommen, wurden durch kulturelle Verfeinerungs- und soziale Abgrenzungsstrategien kompensiert. In ausgesuchten Hörreservaten, zu Hause oder im Konzertsaal, versuchte man seine Hörempfindungen zu veredeln und sich abzuschotten vom als bedrohlich oder zumindest beeinträchtigend empfundenen Lärm der Außenwelt. Der französische Komponist und Musikkritiker Hector Berlioz (1803–1869) hatte dafür das – utopische – Idealbild geliefert : In seiner 1852 veröffentlichten Novelle »Euphonia oder die musikalische Stadt« beschreibt er eine deutsche Kleinstadt, deren Bewohner sich ausschließlich ihrer musikalischen Vervollkommnung widmen. Sie singen und spielen Instrumente ; wer keinen Sinn für musikalischen Ausdruck besitzt, muss die Stadt verlassen, die auch in ihrer architektonischen Gestaltung nach Kriterien der Musikästhetik angelegt ist.442 In Wien veröffentlichten aufmerksame bürgerliche Ohrenzeugen wie Eduard Pötzl oder Ludwig Hirschfeld Skizzenbücher mit Titeln wie »Leises Leben« oder »Die klingende Stadt«.443 Beides sind Plädoyers für die Etablierung einer spezifisch bürgerlichen Wahrnehmungskultur und gegen die zunehmend »verwilderten Ohren« des Großstadtmenschen, die, so Pötzl, heutzutage regelrecht angezogen würden vom überbordenden Lärm der Straße ebenso wie vom »furchtbaren Getöse« manch moderner Abendunterhaltungen : Ich wundre mich über die Menschen, zumal über die Großstadtmenschen. Was die für ein Leben führen, ist mir unbegreiflich, obwohl ich selbst mitten unter ihnen wandle und auch nicht in Großmugl, sondern in Wien geboren bin. Insbesondere in den letzten Jahren habe ich den Eindruck empfangen, daß die meisten Leute schwerhörig sein müssen, weil sie immer dorthin drängen, wo der größte Lärm ist. Es genügt ihnen nicht, daß sie tagsüber bei ihren Straßengängen von den Sirenen der Automobile angebrüllt, von den schrillen Fußglocken der Elektrischen erschreckt, von den Kondukteurtrompeten angeblasen und von den lieblichen Motorrädern angeknattert und angepufft werden ; nein, des Abends, wenn sie Ruhe haben könnten, stürzen sie sich freiwillig in Vergnügungen, die so geräuschvoll sind wie ein Dampfhammer. Da macht man Richard Strauß den Vorwurf, daß seine Musik ein furchtbares Getöse sei. Ja, was soll er denn tun, wenn die Leute es so haben wollen ? Soll er diesen verwilderten Ohren, in denen der Lärm des Straßenlebens noch nachgellt, wenn sie das Theater betreten, sanft etwas vorsäuseln wie ein Stieglitz, damit sie ihn auslachen oder gar auspfeifen ?444
Gegen derartige Verhältnisse galt es aufzutreten, sich zu wehren gegen die offenkundige Tendenz zur Verrohung und Abstumpfung des Hörsinns, dem jede Fähigkeit zum verfeinerten Lebens- und Kunstgenuss abhanden zu kommen schien. Es war ein sym-
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Abb. 26: Humoristische Skizzen von Eduard Pötzl, Buchcover, 1910
bolischer Kampf zwischen Zivilisation und Wildnis, den das Bürgertum hier auf dem Feld des Akustischen führte, zwischen den mühsam errungenen Fortschritten moderner Kultur und den immer wieder hervorbrechenden Manifestationen des Primitiven, mit denen man sich gerade in der Großstadt auf so mannigfaltige Weise konfrontiert sah.445 Wildheit und Barbarei, unberechenbar und roh, waren wirkungsmächtige Feindbilder eines bürgerlichen Metropolenverständnisses, das auf Reglementierung der Massen, Kontrolle der Affekte und Verfeinerung der Sitten ausgerichtet war. »Der heutige Kulturmensch muß seine Empfindungen beherrschen können und nicht wie ein Trunkener hemmungslos seinen Gefühlen freien Lauf lassen«, forderte ein 1913 erschienener Wegweiser für großstädtisches Benehmen. Und weiter : »Jedermann hat sich und seinen Nebenmenschen zuliebe alles zu vermeiden, was das in der Großstadt ohnehin hochgespannte Nervensystem überreizen könnte. Lärmen, Schreien, Aufsehen hervorrufen, öffentliches Aergernis, sinnloses Drängen, Verkehrsunkenntnis sowie Außerachtlassen der zu beobachtenden Vorschriften, machen sich in der Großstadt weit unangenehmer fühlbar als in einer kleinen Provinzstadt.«446 Die Lösung des Lärmproblems geriet zum Gradmesser für den Erfolg der Zivilisierungsbemühungen. Denn schon Arthur Schopenhauer stellte unmissverständlich fest :
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Konfrontationen
Ganz civilisiert werden wir erst seyn, wann auch die Ohren nicht mehr vogelfrei seyn werden und nicht mehr Jedem das Recht zustehn wird, das Bewußtseyn jedes denkenden Wesens, auf tausend Schritte in die Runde, zu durchschneiden mittelst Pfeifen, Heulen, Brüllen, Hämmern, Peitschenknallen, Bellenlassen u. dgl.447
Kampf und Flucht Lärmschutzbewegung Vorläufer
Um 1900 erreichte der Diskurs über Wien eine bisher ungekannte Intensität. Umfassend und kontrovers wurde die Großstadtwerdung in all ihren Facetten kommentiert, von der Architektur und der Veränderung des Stadtbildes über den Verkehr und den Ausbau der technischen Infrastruktur bis hin zu Kultur, Alltagsleben und dem unüberhörbaren akustischen Wandel der Metropole.448 Dabei war es der Wiener Volkskundler Michael Haberlandt (1860–1940), der als einer der ersten ausführlich über den Lärm als kulturelles Phänomen der Moderne reflektierte. In seiner im Jahr 1900 veröffentlichten Essaysammlung »Cultur im Alltag« beschrieb er die neue Alltagskultur, die sich für ihn in der Reklame, im Fahrrad, im Bad, im Kartenspiel, in der Feuerbestattung oder auch im Lärm manifestierte. Dabei sah er besonders in Letzterem einen »untrüglichen Maßstab der von einer Gesellschaft erreichen Cultur« : Je mehr Lärm vertragen wird, desto größer die Barbarei. Eine innerlich verfeinerte Welt ist der geschworene Feind jener anderen Unreinlichkeit, jenes lauten Gestankes, der Lärm heißt. Jede feinere Cultur hält sich seufzend Ohren und Nase zu in dem Toben der Geräusche dieser Welt.449
Beklagenswerte Kulmination dieser Entwicklung war für Haberlandt die »entsetzliche, nie endende Kakophonie des Großstadtlärmes, welcher der moderne Culturmensch hilflos, schutzlos preisgegeben ist«.450 Die Geräuschkulisse der Metropole, deren rapide Veränderung der Musikliebhaber Haberlandt in Wien persönlich miterlebt hatte, empfand er als kulturelle Bedrohung, die zu einer Verrohung des Kulturmenschen und letztlich zum Niedergang der Zivilisation führe : Wir prahlen von wachsender Cultur, von fortschreitender Verfeinerung des Menschen, und der Lärm und Tumult um uns Unglückliche schwillt fortwährend an – und niemand, der empört die Thür zuschlüge und es dem Gesindel auf den Kopf zusagte, dass es elendes Lärmgesindel sei ! Wahrlich, man bekommt den übelsten Begriff, das allerschlechteste Vorurtheil von unserer vielgepriesenen Cultur (…), wenn man bedenkt, wie in unserer großartigen Civilisation alles seine sanfte Schonung, seinen tapferen Schutz findet, nur nicht unsere Ruhe, der Mutterschoß aller höheren Geistigkeit.451
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Kampf und Flucht
Die Lärmproblematik war für Haberlandt unzweifelhaft eine soziale Frage. So beklagte er vor allem den »muthwilligen« und »überflüssigen Lärm« des Pöbels, der mit lautstarken Rufen, mit Peitschenknallen, Hundegebell oder Kindergeschrei die Straßen beherrsche. Eine Änderung dieses Verhaltens konnte seiner Meinung nach nur durch eine möglichst bald einsetzende Bewusstseinsbildung erreicht werden. Erziehung war für Haberlandt, selbst ganz dem bürgerlichen Ideal der Aufklärung verpflichtet – er gründete den »Verein für Österreichische Volkskunde« und das »Österreichische Museum für Volkskunde«, dessen Direktor er ab 1911 war –, der einzig sinnvolle Weg zur akustischen »Entpöbelung unserer Kultur« : Immer mehr Lärm und immer weniger Rücksicht auf die anderen, die Geistigen ! Wie wenig allgemein ist noch das Gefühl, dass alles Laute, Grelle, Tumultuöse Pöbelart, Wildenmanier sei ; alles Vornehme dagegen still, gedämpft, wie auf Teppichen wandelnd. In diesem Punkte fehlt es uns noch ganz an der Erziehung. In jeder Schule sollte als elftes Gebot gelehrt werden : Du sollst nicht lärmen.452
Ähnlich, wenngleich (noch) nicht so dramatisch, beurteilte auch Eduard Pötzl die Lärmverhältnisse in Wien. Wie Haberlandt hatte auch er die akustischen Veränderungen in seiner Heimatstadt in den vergangenen Jahrzehnten aufmerksam verfolgt, um dann im Jahr 1900 seine Eindrücke in einer Skizze mit dem schlichten Titel »Großstadtlärm« zu publizieren. Darin beschrieb er eindringlich den emotionalen Schock und die Irritation, die sich besonders bei der Rückkehr in die Stadt nach längerer Abwesenheit einstellten : Wer nach einem Landaufenthalte von etlichen Wochen nach Wien zurückkehrt, den erfaßt in den ersten Stunden eine Art aufgeregten Taumels. Er fühlt sich inmitten aller Geräusche, die auf ihn einstürmen, unsicher wie ein Betrunkener. Mögen auch seine Nerven durch irgend eine Cur wesentlich gekräftigt sein, er wird zuweilen von einem geradezu herzbeklemmenden Schreck gepackt. (…) Das bohrt und hämmert an den Nerven und foltert sie, daß man sich unter die Erde flüchten möchte, um nur eine Minute wieder Schweigen um sich zu haben.453
Immer schwerer könne man, so Pötzl, dem Lärm entkommen, der sich unaufhaltsam in den Straßen, aber auch in den Höfen und Wohnhäusern ausbreite. Mit spitzer Feder schildert er die akustischen Penetrationen, wobei er in seiner Argumentation Bezug nimmt auf den aktuellen Nervendiskurs – den er später noch bedeutend weiterführen wird –, um am Ende doch noch versöhnlich auszuklingen : »Es gilt zu warten. Bald wandeln sich dem so anpassungsfähigen Ohre die lästigen Einzelheiten der Geräusche wieder um, zu dem eintönigen Sausen, als welches der Stadtmensch im Laufe der Zeit den Lärm seiner Umgebung empfindet (…).«454
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Abb. 27: Einflussreiche Publikation: Lessings Kampfschrift gegen den Lärm, 1908
Wichtigste Meinungsbildner jener Jahre waren die großen Tageszeitungen, die seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Wiens modernes Pressewesen begründeten, darunter so bedeutende Blätter wie die »Neue Freie Presse«, Das »Neue Wiener Tagblatt«, die »Arbeiter-Zeitung«, die »Wiener Abendpost« oder die »Zeit«.455 Wenngleich in ihren politischen Ausrichtungen unterschiedlich – von fortschrittlich über liberal bis konservativ –, hatte sich in allen ein neues, bei den Lesern zunehmend beliebtes Format etabliert : das Feuilleton. Und im Feuilleton war es auch, wo der Lärm von nun an verstärkt zum Thema wurde (auch Pötzls Bericht erschien ursprünglich als solches). Meist waren es bekannte Schriftsteller und Journalisten, die hier – geistreich und gewandt – die verschiedensten Aspekte bürgerlichen Lebens kommentierten, von den neuesten Trends in Theater, Literatur und Musik bis hin zu Reiseberichten und aktuellen Fragen der Stadtentwicklung.456 Einer von ihnen war der bereits erwähnte Alfred Freiherr von Berger, studierter Jurist, anerkannter Schriftsteller, Dramaturg, Professor für Philosophie und Ästhetik an der Universität Wien (und knapp vor Lebensende für zwei Jahre auch Direktor des Wiener Burgtheaters). Als regelmäßiger Feuilletonist der »Neuen Freien Presse« wies er in seinem 1907 erschienenen programmatischen Artikel »Das Recht auf Stille« in aller
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Deutlichkeit auf die rechtliche Seite der Lärmproblematik hin : »Bin ich verpflichtet, in meinem Bewußtsein beliebige Tonempfindungen, die ich nicht haben will, hervorbringen zu lassen ? Gibt es kein Recht auf Stille ?« Auch Berger hatte den dramatischen Wandel Wiens als Ohrenzeuge miterlebt und sich gerade in den vergangenen Jahren immer intensiver mit seiner akustischen Umgebung beschäftigt. Prophetisch mahnte er : »Die Geräuschfrage, das fühle ich an meinen Nerven, ist wichtiger als sie scheint (…).«457 Mit solch eindringlichen Appellen war der Boden bereitet für den Kampf gegen den Lärm jenseits literarischer und journalistischer Glossen. Gesellschaftliche Bewegungen entstanden, zusammengeschlossen in Vereinen und Bündnissen, deren Sympathisanten konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms propagierten. Die Vorbilder dazu kamen aus den USA und Großbritannien. In New York hatte 1906 Julia Barnett-Rice (1860–1929), Ärztin und Gattin eines wohlhabenden Verlegers, die »Society for the Suppression of Unnecessary Noise« gegründet und einen aufsehenerregenden Feldzug gegen den Lärm in ihrer Heimatstadt gestartet.458 Zwei Jahre später wurde auch in London ein »Street Noise Abatement Committee« ins Leben gerufen. Vor allem die New Yorker Initiative wurde auch in Wien rezipiert – nicht ohne ironische Untertöne allerdings. So mokierte sich der deutsche Schriftsteller und Kritiker Oskar Blumenthal (1852–1917) im Feuilleton der »Neuen Freien Presse« über die seiner Meinung nach überflüssige und zum Scheitern verurteilte Bewegung : »Ich bin wirklich neugierig, welche Mittel die kluge Amerikanerin ersinnen wird, um ihre Liga zur Bekämpfung des Großstadtlärms wirksam ins Leben zu führen. (…) Ich fürchte, daß Mistreß Rice Unerreichbarem nachstrebt, wenn sie zur Verzärtelung unserer Nerven die allzu sonoren Atemzüge der Großstadt sänftigen will. Denn wie das Pendel seine Schwingungen nicht absolut tonlos vollziehen kann, so wird auch das Uhrwerk des Großstadtlebens nicht arbeiten, ohne daß uns sein lärmvoller Gang in die Ohren dröhnt. (…) Das Konzert der Straße ist uns bei unserer täglichen Arbeit eine aufmunternde Begleitung geworden, wie die Marschmusik für den Soldaten – und gerade aus dem Kreischen und Tosen um uns her erlauscht unser geschärftes Ohr manches von dem Besten und Wertvollsten, was die Zeit uns zu sagen hat. (…) Wir ertragen den Großstadtlärm, weil er uns etwas zu sagen hat – und darum, meine gnädigste Mistreß Rice, nehmen Sie Abstand von Ihren Beglückungsplänen ! Denn Lärm ist Leben, und die tonlose Stadt würde uns als die tote Stadt gelten.459
Doch nicht alle Großstädter waren bereits, wie es Blumenthal ausrückte, »lärmhart« geworden, und der Aufruf zur Bündelung der Kräfte im Kampf gegen den Lärm fand zunehmend auch in Deutschland und Österreich Gehör. In Wien rief Max Winter im Mai 1908 als einer der ersten zum konkreten Aktivismus auf : »Wir müssen dem Lärm begegnen wollen, wir müssen ihn als einen Schädiger der Großstadtmenschen erkennen und dann als solchen bekämpfen. (…) Es ist Zeit, dass wir auf Abwehr sinnen !«460
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Theodor Lessings »Antilärmverein« in Wien
Der entscheidende Schritt zur Formierung einer Lärmschutzbewegung ging von Deutschland aus. Initiator war der Publizist und Kulturphilosoph Theodor Lessing, seit 1907 Privatdozent für Philosophie an der Technischen Hochschule in Hannover. Nachdem er bereits zwei einschlägige Artikel veröffentlicht hatte,461 legte er 1908 das Buch »Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens« vor. Darin fasste er die zeitgenössischen Diskussionen in ihren vielfältigen historischen, sozialen, ökonomischen und psychologischen Aspekten zusammen und entwickelte daraus – in enger Anlehnung an Schopenhauer – eine Philosophie des Lärms, interpretiert als kulturelle Degenerationserscheinung. Auf der Ebene des Individuums war der Lärm seiner Meinung nach nichts anderes als ein Narkotikum, mit dem der moderne Mensch sich zu betäuben und die Nichtigkeit seiner eigenen Existenz zu verdrängen suchte. Auf gesellschaftspolitischer Ebene sah Lessing im Lärm – wie schon viele bürgerliche Zeitgenossen vor ihm – in erster Linie eine spezifische Art des Klassenkampfes : Der Lärm nun ist das primitivste und plumpeste, zugleich aber das allgemeinste und verbreitetste Mittel der Bewußtseinssteuerung. (…) Er ist ursprünglich nur verfeinertes Faustrecht und die Rache, die der mit den Händen arbeitende Teil der Gesellschaft an dem mit dem Kopfe arbeitenden nimmt, dafür, daß der ihm Gesetze gibt. (…) Der wohlerzogene, kultivierte Mensch wird sich (…) immer und überall durch Schweigen und durch Feindschaft gegen undisziplinierte, laute Lebenshaltung auszeichnen. Kultur ist Entwicklung zum Schweigen.462
Das Buch verstand sich allerdings weniger als theoretisches Werk, sondern – wie im Untertitel deutlich gemacht – als »Kampfschrift« und Signal zu umfassenden Aktivitäten gegen den Lärm. Als Verfechter einer »Philosophie der Tat«463 hatte Lessing mit besonderem Interesse Barnett-Rices Initiative in New York verfolgt, ehe er nun selbst im Oktober 1908 den »Deutschen Lärmschutzverband« gründete, der unter der populäreren Bezeichnung »Antilärmverein« sogleich für mediales Aufsehen sorgte.464 Sitz des Vereins war Lessings Privatwohnung in Hannover, Stolzestraße 12A, wo er den »Kampf zur Befreiung von Lärm« zu organisieren gedachte. Noch im November des Jahres rief er eine eigene Vereinszeitschrift ins Leben, die in ihrem Titel die Programmatik der Initiative auf den Punkt brachte : »Der Antirüpel/Das Recht auf Stille. Monatsblätter zum Kampf gegen Lärm, Roheit und Unkultur im deutschen Wirtschafts, Handels- und Verkehrsleben«.465 In der ersten Ausgabe des Heftes gab Lessing sich euphorisch, wenngleich er sich der Schwierigkeit der Aufgabe durchaus bewusst war :
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Gewiß, heute sind wir noch in der Defensive ! Wir kämpfen, wenn wir die Roheit, die Rüpelhaftigkeit, die uns umgibt, beanstanden (…) nur um unsere Existenz. Wir sind die »leidende Minorität« inmitten schreiender, feilschender, roh sich überlärmender Millionen. Aber wir wenigen von heute sind die vielen von morgen ! Wir fühlen am deutlichsten, wohin die Entwicklung der Massen steuert.466
Eine durchaus elitäre und missionarische Haltung also, der es auf pragmatischer Ebene zunächst einmal darum ging – wie schon Freiherr von Berger formuliert hatte –, das »Recht auf Stille« als bürgerliches Menschenrecht zu begreifen und durchzusetzen. Mit der Vereinszeitschrift erhielten Lärmgeplagte erstmals eine mediale Plattform, die ihre Beschwerden veröffentlichte und ausführlich über mögliche rechtliche Schritte informierte. Zudem bot der Verein bei Eingaben an amtliche Stellen seine Unterstützung an, Beschwerdekarten mit der Aufschrift »Ruhe ist vornehm« wurden verbreitet, »Blaue Listen« erstellt, die auf ruhige Unterkünfte hinwiesen, sowie »Schwarze Listen«, die unverbesserliche Lärmsünder anprangerten. In zahlreichen in- und ausländischen Städten konnte Lessing Sympathisanten für seinen Kampf gewinnen, neben Hannover v. a. in Berlin, Hamburg, Frankfurt/Main, München, Bremen, Dresden, Leipzig oder Köln. Auch in Wien entstand im Jahr 1909 eine eigene Ortsgruppe unter der Leitung des Vertrauensmannes Dr. Robert Stiaßny, der in seiner Funktion von Dr. Eduard Ritter von Liszt und Alfred Hermann Fried unterstützt wurde.467 Wie in anderen Ortsgruppen war das Wiener Führungsteam durchgehend bildungsbürgerlicher Herkunft. Robert Stiaßny (1862–1917) war Kunsthistoriker an der Universität Wien, wo er sich vor allem mit der Kunst des Mittelalters beschäftigte, und wohnte in Wien-Währing und später in Wien-Döbling. Eduard Ritter von Liszt (1867–1961), Cousin des berühmten Komponisten und Klaviervirtuosen Franz Liszt, war Jurist, arbeitete als Bezirksrichter und Privatdozent, wohnhaft und lebte im Schottenhof in der Wiener Innenstadt. Er verfasste 1913 ein kleines Pamphlet mit dem Titel »Schutz unseren Nerven !«,468 ; ab 1925 war er als Universitätsprofessor in Graz tätig. Alfred Hermann Fried (1864–1921) war engagierter Pazifist, Gründer der Zeitschriften »Die Waffen nieder !« (gemeinsam mit Bertha von Suttner) und »Die Friedens-Warte« und wohnte in Wien-Alsergrund. Mehrere Jahre hatte er in Berlin verbracht, ehe er 1903 nach Wien zurückkehrte. Hier veröffentlichte der vielbeschäftigte Publizist u. a. einen interessanten Städtevergleich »Wien – Berlin«469 ; neben seiner Tätigkeit für die Friedensbewegung und den »Antilärmverein« war er auch Mitglied bei den Freimaurern, der Wiener Soziologischen Gesellschaft und der Esperantobewegung. 1911 erhielt er für sein pazifistisches Wirken den Friedensnobelpreis.470
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Nach einem durchaus hoffnungsvollen Beginn entwickelte sich die Wiener Ortsgruppe jedoch nur äußerst zäh. Lediglich 35 Mitglieder verzeichnete sie im Oktober 1910, womit Wien eindeutig hinter Berlin lag und insgesamt nur die sechstgrößte Mitgliedergruppe aufwies (die Gesamtanzahl aller Mitglieder des »Antilärmvereins« betrug bescheidene 1085 ; immerhin drei Mitglieder gab es auch in Graz).471 Wie in den anderen Städten waren es vor allem Ärzte, Juristen, Schriftsteller, Künstler, Architekten und Ingenieure, die in Wien dem Verein beitraten, darunter der Dichter Franz Karl Ginzkey, die Musiklehrerin Helene von Baußnern, Ingenieur Friedrich Kittner, Fabrikant Max Friedmann (er förderte den Verein auch mit einem Geldbetrag) oder der Soziologe und Kunstförderer Felix Freiherr von Oppenheimer.472 Prominentestes Mitglied war der bekannte hypersensible Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal (1874–1929), ein enger Freund Oppenheimers. In einem Brief schrieb er an Lessing : »Ihren Feldzug halte ich für notwendig und nützlich im höchsten Grade. Ich leide aufs Peinlichste unter Geräuschen und in einer Weise, die meine Arbeit oft gefährdet, obwohl ich auf dem Lande lebe, um Ruhe zu finden.«473 Lessing schätzte Hofmannsthals »erlesene Stubenkultur der Bücher und Nerven«474 und war stolz auf den berühmten Fürsprecher seiner Bewegung, dessen Brief er sogleich in der Vereinszeitung veröffentlichte. Hofmannsthal hatte die Großstadt verlassen und wohnte seit 1901 im barocken »Fuchsschlössel« samt zugehörigem Garten in Rodaun südlich von Wien. Der »noble Graf von Rodaun« – beim Abendessen herrschte Frackzwang – war derart lärmempfindlich, dass er während seiner Arbeitszeit sogar seiner Familie spezielle »Ruhebestimmungen« verordnete.475 In der Großstadt, und ganz besonders in Wien, sah er in erster Linie ein Zentrum der Kultur, mit großer Vergangenheit, berühmten Bauwerken und wertvollen Kunstschätzen. Hofmannsthal liebte sie ihrer Schönheit und Geschichtsträchtigkeit willen, nahm jedoch ansonsten eine deutlich ablehnende Haltung den modernen Metropolen gegenüber ein, die er in seinen Werken denn auch immer wieder mit Menschenmassen, Lärm, Schnelllebigkeit, Chaos und Entfremdung in Verbindung brachte : »Die riesenhafte Großstadt reißt an sich, experimentiert, verbraucht und wirft weg.«476 Die Reaktionen der Wiener Öffentlichkeit auf die »Antilärmbewegung« waren, wie in Deutschland,477 durchaus ambivalent. Seit dem Beginn von Lessings Feldzug hatte sich in den Zeitungen die Diskussion über Lärm deutlich intensiviert. Dabei gab es zum einen die Gruppe jener, die es überschwänglich begrüßten, dass nun endlich etwas gegen die »Lärmseuche« unternommen werde. So meinte der Schriftsteller und Theaterdirektor Adam Müller-Guttenbrunn (1852–1923) : »Schach dem Lärm ! Es ist nur zu begrüßen, daß sich endlich ein Bund dagegen zu bilden beginnt.«478 Und auch der bereits erwähnte Freiherr von Berger stellte im Juli 1909 zufrieden fest – nicht ohne sich auch als Urheber der Bewegung zu reklamieren :
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Abb. 28: Einer der prominentesten Lärmgegner in Wien: Hugo von Hofmannsthal in seiner Villa in Rodaun, 1901
Meine Klagen über die Unbilden, welche in den großen Städten und ganz besonders in Wien unserem Gehörorgan angetan werden, fanden lauten, vielstimmigen und lang anhaltenden Widerhall, und dem Ausdruck »Recht auf Stille« sind schnell Flügel gewachsen, auf welchen er sich weithin in die Lande, überall hin, wo man unter der Lärmplage leidet, verbreitete. Die mehr und mehr anwachsende, neuestens auch in Vereinsform betriebene Bewegung gegen die tausendfachen lästigen Nebengeräusche unseres städtischen Kulturlebens hat sich, wie ich aus verschiedenen Veröffentlichungen ersehe, seiner ebenfalls bemächtigt. Ich freue mich darüber, denn, wie fast jeder Gehirnarbeiter, empfinde ich tief die Berechtigung dieser Bewegung.479
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Die Gründung eines Vereins gegen den Lärm sei mehr als notwendig und eine »gute Sache«, hieß es in Leserbriefen an die Zeitungen. Ein Erfolg der Bewegung wäre überaus wünschenswert, wenngleich man sich doch auch, wie selbst Sympathisanten warnten, vor Übertreibungen hüten müsse.480 Letzteres bekräftigten auch die Gegner der »Antilärmbewegung«, die in Lessing und seinen Anhängern schlicht neurotische, übersensible Fanatiker sahen, die sich dem Fortschritt der Zeit widersetzten. Sie wurden als verweichlichte Zeitgenossen denunziert, denen die Kraft zum Leben und damit zum Ertragen des Lärms fehle. An den Lärm, so argumentierte man, könne man sich bei etwas gutem Willen durchaus gewöhnen. Schon bei der Rezension von Lessings Lärm-Buch481 fehlte es nicht an Polemik gegenüber dem Verfasser, der als »Lärmprofessor«, als übernervöser, überheblicher Intellektueller mit ausgeprägtem Geltungsbedürfnis verunglimpft wurde. Auch der österreichische Journalist und Schriftsteller Julius von Ludassy (1858–1922) bezeichnete ihn als »geistvollen Sonderling (…), voll von vornehmen Schrullen und Eigenheiten«. Für den »armen Theodor« habe er nur einen Rat übrig : »Er fahre nach Neuyork, heirate die wackere Miß Rice und gebe selbst, was er verlangt – Ruhe.«482 Satirische Blätter wie der »Figaro« nahmen sich dankbar des Themas an, karikierten die Bestrebungen der »Antilärmiten« als übertrieben-fantastische Maßnahmen, an deren Ende das geräuschlose Krachen der Semmeln stehe und der Verzicht auf das Malen mit schreienden Farben, sodass bald Totenstille herrsche, aus der man nur manchmal aufgeschreckt werde, »wenn der Antilärmverein zur Popularisierung seiner Ideen die Lärmtrommel rührt«.483 Polemische Unterstellungen finden sich auch in so manchen Antwortschreiben prominenter Wiener Persönlichkeiten, die Lessing um Beitritt zu seinem Verein gebeten hatte. So erklärte Otto Eisenschitz (1863–1942), Schriftsteller und Dramaturg am Wiener Bürgertheater, kategorisch : Ihr Feldzug gegen den Lärm ist nicht notwendig und nützlich. Im Gegenteil, er ist kleinlich, überflüssig, zwecklos und unsinnig ! (…) Wer viel in freier Luft ist und viel badet, der ist nicht nervös. Der schläft gut und leidet also unter keinem Lärm. Ich liebe den großstädtischen Lärm. Ich liebe jeden Lärm, der auf ein freies, reges, temperamentvolles, lustiges, heiteres Leben schließen läßt. Der Lärm des großstädtischen Betriebes ist mir Bedürfnis. (…) Ihrem Verein trete ich nicht bei. Bedaure, nein, bin, Gottlob !, gesund !484
Trotz der zahlreichen Anfeindungen kämpfte Lessing unermüdlich für seine Sache.485 Gerade in Wien betrieb er eine besonders intensive Agitation. Er publizierte drei große Zeitungsartikel (in der » Zeit«, der »Arbeiter-Zeitung« und der »Neuen Freien Presse«)486 und kam 1911 persönlich für zwei Vorträge in die Stadt. Auf Einladung der »Österreichischen Gesellschaft zur Bekämpfung der Rauch- und Staubplage« refe-
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rierte er am 15. März im Hörsaal des Hygienischen Instituts der Universität Wien über die Ziele der »Antilärmbewegung«.487 Die Veranstaltung wurden laut Presseberichten mit großem Beifall aufgenommen, wobei man auch hier mit ironischem Unterton bemerkte : »Nicht mit Händeklatschen, sondern durch Tücherschwenken dankten die Zuhörerinnen, die gelehrige Schüler waren, dem Vortragenden.«488 Zwei Wochen später sprach Lessing am 29. März im »Wissenschaftlichen Klub« über die »Psychologie des Lärms«,489 die – so seine Überzeugung – nirgendwo besser studiert werden könne als in Wien.490 Diesmal hatte er sich eine besondere Einleitung ausgedacht. Er breitete mehrere Kinderspielzeuge auf seinem Vortragstisch aus – Blasinstrumente, Klappern, Glocken –, die er der Reihe nach in Betrieb setzte. Die ohrenbetäubenden Geräusche demonstrierten für ihn eindrucksvoll die Fülle des überflüssigen Lärms, wie er in den Wohnungen anzutreffen war, aber genauso in den Straßen der Stadt. Dermaßen wachgerüttelt, lauschte das Auditorium dem Vortrag mit wachem Interesse. Die abschließende Reaktion war dementsprechend : »Der Vortragende erntete reichen, ehrlichen Beifall.«491 Wenngleich Lessings Verein in relativ kurzer Zeit eine hohe mediale Resonanz erlangt hatte, konnte er doch nicht genügend Sympathisanten für sein Anliegen gewinnen und so ausreichend politische Durchschlagskraft erlangen. Zu sehr war der Lärm für viele zu einer unabdingbaren »Begleitmusik« der Großstadt geworden, zu einem durchaus positiv besetzten Symbol für Modernität und Fortschritt. Und hartnäckig beharrten manche sogar auf ihr »Recht auf Lärm«, wie der renommierte Journalist Edmund Wengraf (1860–1933), Chefredakteur der »Zeit«, der in einem ausführlichen Essay im April 1911 darlegte : Ich weiß, man inszeniert jetzt eine geräuschvolle Bewegung gegen das Geräusch. (…) Jeder gebildete Zeitgenosse ist verpflichtet, nervös zu sein, also auch verpflichtet, sich dieser Bewegung anzuschließen. (…) Gestehen wir’s doch offen : wir Großstadtmenschen, die wir uns ein philosophisches Air geben und über den angeblich unsere Denkarbeit störenden Straßenlärm seufzen, können tatsächlich ohne diesen Straßenlärm nicht leben. Er ist die geistige Anregung unserer Tage und die einwiegende Musik unserer Nächte. Er gehört zu dem Milieu, das uns durch Gewohnheit unentbehrlich geworden ist. Und er klingt uns im Ohr nach, wenn wir, von illustrierten Reiseführern verlockt, in die Stille der Wälder und Berge hinausflüchten, und er mahnt mit dem wehmütig süßen Schall einer Heimatglocke die Flüchtlinge zu baldiger Rückkehr. Schämen wir uns nicht, es zuzugeben : wir grüßen ihn wie einen alten Freund, wenn wir wiederkehren. Uns ist nicht anders zumute, als dem heimkehrenden Sohn der Berge, wenn er das Alphorn wieder hört (…).492
Die notorische Geldnot und die anhaltend geringe Anzahl an aktiven Mitgliedern führte Mitte des Jahres 1911 zu Veränderungen in der Führung und letztlich zum
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Ende des »Antilärmvereins«. Lessing, der das Zentralbüro drei Jahre lang gleichsam als Einzelkämpfer geführt hatte und nur zeitweilig von zwei Sekretärinnen unterstützt worden war, musste erkennen, dass sich der dafür notwendige Zeitaufwand mittlerweile enorm gesteigert hatte. Hin und her gerissen zwischen der aufreibenden Arbeit für den Verein und seinen philosophischen Ambitionen, entschied er sich schließlich für Letztere. Bevor er zu einer Vortragsreise nach Amerika aufbrach, legte er im Juni 1911 die Leitung des Vereins zurück. In der letzten Ausgabe des »Antirüpel« resümierte er nicht ohne Wehmut : Indem ich von der mir ans Herz gewachsenen Schöpfung Abschied nehme – ans Herz gewachsen wie ein Sorgenkind, trotz vieler Bitterkeit und Enttäuschung – mag ich nicht viel Worte machen, sondern nur sagen, daß ich allen, die die neue soziale Idee unserer Liga verstanden und sie unterstützten, herzlich danke und darum bitte, den Männern, die diese Idee künftig aufnehmen und weiterführen werden, Vertrauen und Hilfe entgegenzubringen. Unsere Sache kam noch zu früh, wird sich aber immer wieder melden und wird siegen.493
Neben Vortragsreisen war Lessing in den kommenden Jahren für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Unmittelbar vor und nach dem Ersten Weltkrieg veröffentlichte er seine beiden Hauptwerke »Philosophie als Tat« (1914) und »Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen« (1919). Es folgten erneut intensive publizistische Aktivitäten und die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit. Zunehmend war er jedoch als Jude radikalen antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten flüchtete Lessing in die Tschechoslowakei. Dort wurde er in Marienbad am 30. August 1933 von einem sudetendeutschen Nationalsozialisten angeschossen und erlag am folgenden Tag seinen schweren Verletzungen.494 Mit seiner ausgeprägten journalistischen Passion, seiner anhaltenden Gesellschaftskritik und Integration von aktuellen Zeitproblemen in die Philosophie hatte Lessing zeitlebens eine außergewöhnliche Position inne, wie sein Biograf Rainer Marwedel anmerkt : Theodor Lessing schrieb für die Zeitung. Er lebte eine Philosophie der praktischen Vernunft und suchte die Wirksamkeit seiner Ideen im Licht öffentlicher Kontroversen. Abweichend von der Tradition der deutschen Kathederphilosophie, wanderte Lessing auf den schmalen Pfaden einer auf Welt und Gesellschaft bezogenen Philosophie, verarbeitete er Anregungen aus fachangrenzenden Wissensgebieten und bemühte sich um ein verständliches Schreiben. Die von den Junghegelianern im 19. Jahrhundert vorangetriebene Verschmelzung von philosophischer Reflexion und politischer Gegenwartskritik hat Lessing zu seiner Zeit (…) fortgesetzt durch (…) die Überwindung des Gegensatzes von Akademie und Lebenswelt, von Wissenschaft und Zeitung, von Gelehrsamkeit und Feuilleton.495
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Abb. 29: Theodor Lessing, um 1920
Die letztendliche Motivation seines Tuns hatte Lessing selbst in den – posthum erschienenen – »Lebenserinnerungen« folgendermaßen zusammengefasst : »Immer wollte ich richtigstellen, aufklären, verständlich machen, ethisch auswerten bis zum Letzten.«496 Etwas von diesem Anspruch hatte er 1911 an seinen Nachfolger beim »Antilärmverein« weiterzugeben versucht. Hermann Hasse, Doktor der Staatswissenschaften, übernahm die Geschäftsführung des Vereins, dessen Sitz nach Berlin verlegt wurde. Hasses Versuche, den Verein noch stärker als soziale Bewegung zu positionieren und sich gemeinsam mit anderen Länderorganisationen zu einer internationalen Lärmschutzbewegung zusammenzuschließen, erwiesen sich allerdings als nur mäßig erfolgreich.497 Der Verein und die Ortsgruppen lösten sich noch vor dem Ersten Weltkrieg auf. Ähnliche Probleme hatten auch die Aktivisten in den anderen europäischen Staaten, wenngleich die Diskussionen hier durchaus langlebiger waren. In Großbritannien etwa veröffentlichte der schottische Arzt Dan McKenzie noch 1916 ein Werk mit dem Titel »The City of Din. A Tirade against Noise«, in dem er den Lärm der Großstadt, seine Entstehungsbedingungen und gesundheitlichen Folgen ausführlich analysierte und seine Überzeugung ausdrückte, »that there is no reform in the world of today which is at once so necessary and so easy to accomplish as this one«.498
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Was waren letztlich die entscheidenden Gründe für das Scheitern der Lärmschutzbewegung ? In erster Linie war es wohl eine zu große Fokussierung auf bürgerlichintellektuelle Bevölkerungskreise, ein zu elitärer Zugang, der das Entstehen einer Massenbewegung verhinderte. Eine Verankerung in der Arbeiterschaft war so gut wie nirgends gelungen, obwohl gerade sie in ihrem Fabrikalltag de facto weitaus größeren Lärmbelästigungen ausgesetzt war.499 Die einseitige soziale Ausrichtung des Vereins ging einher mit einer Individualisierung und Personalisierung der Lärmerzeuger. Es waren die unbotmäßigen Geräusche der Mitmenschen, die wichtiger erschienen als jene, die durch Ökonomie und Technik hervorgerufen wurden. Ganz im Unterschied zur US-amerikanischen Lärmschutzbewegung, die weit ökonomiezentrierter und weniger philosophisch und klassenkämpferisch argumentierte und gerade deswegen auch deutlich erfolgreicher war. Sie stellte Lärm als ineffizienten und unproduktiven Faktor dar und konnte somit, wie Raymond Smilor und Lawrence Baron analysiert haben, deutlich besser mit seiner Gefahr für Entwicklung und Wohlstand argumentieren als Lessings kulturpessimistische Stoßrichtung. Zudem wurden in den USA auch die Gefahren des Lärms für öffentliche Sicherheit und Gesundheit weitaus stärker betont und die Auswirkungen auf Kranke und insbesondere Kinder – Miss Rice hatte selbst sechs Kinder – hervorgehoben.500 Die Persönlichkeit Lessings, der als Einzelgänger, kritischer Querkopf, »Feminist« und Anti-Kapitalist verrufen war, schien dem politisch-ökonomischen Establishment in Deutschland und Österreich wohl häufig als zu wenig vertrauenswürdig. Dabei verstand Lessing sich selbst zwar als Skeptiker, aber durchaus als Fortschrittsfreund, und er wollte im »Antilärmverein« absolut keinen Bund von Nervenkranken oder simplen Technikfeinden sehen. Gerade die Technik konnte seiner Meinung nach mithelfen, viele der Probleme zu lösen. So bekannte er einmal : »Ich glaube nicht an Gott, aber ich glaube an das Wasserklosett.«501 Ein generelles Handikap war schließlich das bereits erwähnte Fehlen objektiver Messungen und Vergleichsdaten, sodass subjektive Eindrücke von Einzelnen oder bestimmten sozialen Gruppen ein deutliches Übergewicht erhielten. Trotz all dieser Einschränkungen kommt Lessing und seinen Anhängern in den Ortsgruppen zweifellos das Verdienst zu, in umfassender Weise auf die Notwendigkeit des Lärmschutzes aufmerksam gemacht zu haben. Lärm war durch ihre Hilfe erstmals – national wie übernational – zu einem medial breit rezipierten Thema geworden. Auf lange Sicht gesehen waren manche daher durchaus optimistisch, wie der Wiener Historiker Reinhard E. Petermann formulierte : Vorläufig leben wir noch in einer Kulturperiode des Lärms (…). Aber in nicht zu ferner Zeit wird wieder – geistig wie physisch – eine Kulturperiode der Ruhe folgen. Mit dieser Hoffnung erfüllt uns nicht nur die Geschichte, welche die Menschheit in allen ihren Strebungen und
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Zuständen beständig von Extrem zu Extrem pendelnd zeigt, sondern auch die Mannigfaltigkeit der Ansätze, mit denen die Antilärmbewegung schon heute ihren Gegnern zu Leibe rückt. Heute sind diese noch die Herren, und der Ruheliebende ist ihnen gegenüber fast rechtlos. Das muß denn doch wieder einmal anders werden.502
»Wiener Lärm« Worauf bezogen sich nun im Detail die Beschwerden, die in Wien in Zeitungen und Zeitschriften vorgebracht und an den »Antilärmverein« herangetragen wurden ? Wie in anderen Großstädten betrafen sie in erster Linie den Verkehrslärm. Es war der »Moloch Verkehr«, der sich, so Reinhard E. Petermann, zum »grausamen Despoten unserer Zeit« entwickelte und mit seinen »unaufhörlichen disharmonischen Geräuschen (…) Unruhe in die Gemüter« brachte.503 Die Lautstärke und große Bandbreite des Verkehrslärms, sein oft unvermutetes Einsetzen, seine Rhythmuslosigkeit und Unberechenbarkeit wurden als besonders störend erlebt.504 Man sprach von einem »Höllenkonzert« auf der Straße505 und bemerkte, dass auch das Tempo der Verkehrsteilnehmer seit Ende des 19. Jahrhunderts sichtlich gestiegen war : »Ein anderes Tempo, ein neuer Rhythmus scheint die Straßen zu beherrschen. (…) Man fährt jetzt nicht nur viel rascher in Wien, man geht auch viel eiliger, geschickter, weil sich die Menschen immer den Fuhrwerken anpassen.«506 Insbesondere nachdem Freiherr von Berger 1907 in der »Neuen Freien Presse« seinen ersten großen Artikel über das »Recht auf Stille« veröffentlicht hatte, erschienen in dieser, wie auch in anderen Zeitungen, regelmäßig Beschwerdebriefe, die das gesamte Panorama der problematisierten Geräusche erkennen lassen. Motorgeknatter und Hupensignale
»Von allen Enden und Ecken sausen die huppenden, schnarrenden, Staub aufwirbelnden und qualmenden Automobilmaschinen daher«, konstatierte Michael Freiherr von Pidoll (1851–1941), einer der schärfsten Kritiker des beginnenden Automobilismus.507 Der Pädagoge und hochrangige Ministerialbeamte brachte 1912 eine Streitschrift mit dem Titel »Der heutige Automobilismus« heraus, die er als »Protest und Weckruf« verstanden wissen wollte, als Warnung vor den Gefahren des sich auch akustisch immer aufdringlicher gebärdenden Fahrzeugs.508 Dabei waren es einerseits die ungewohnten Geräusche des Explosionsmotors, die für beträchtlichen Unmut sorgten. Eindringlich beklagte Pidoll das »Pusten, (…) Rasseln, Schwirren, Sausen und Brummen der Motoren« und die extrem lauten »schussartigen Explosionen«, die die ganze Umgebung erschreckten und selbst durch geschlossene Doppelfenster drangen.509 Auch für Max
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Abb. 30: Störende Hupgeräusche: Scherzkarte, um 1900
Winter klangen die Explosionsgeräusche des Benzinmotors wie »Gewehrschüsse«, und bei jedem Kolbenstoß schien es ihm, als würde »eine Schaufel Sand auf die Erde geworfen«.510 Zum Lärm der Motoren gesellten sich die markanten, weithin vernehmbaren Hupsignale, mit denen die Chauffeure die Fahrbahn frei zu machen versuchten. Zwar waren anfangs auch Glocken in Gebrauch, schon bald hatten sich jedoch – ihrer größeren Reichweite wegen – Hupen und Kornetten in den verschiedensten Ausführungen durchgesetzt. Der Klang der Autohupe geriet zum Synonym für das gesamte Fahrzeug, war, so ein Zeitgenosse, innerhalb kürzester Zeit »innig mit der Vorstellung eines Automobils verschmolzen«.511 Die eindringlichen Töne wurden für viele zum Hauptpunkt der Kritik. Lessing sprach spöttisch vom »Töff-Töff-Ohr«, das sich bei den nachfolgenden Generationen herausbilden werde,512 und auch für Pidoll stellten die Hupsignale eine noch nie dagewesene, misstönende Attacke auf die Ohren des Großstädters : Von allen Seiten, an jedem Ort und zu jeder Zeit fährt die Huppe des Automobilisten in der Großstadt auf ihre Opfer los. Scharf, schneidend, schrill wie ein Pfiff, dumpf wie eine Posaune,
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ein Nebelhorn, oder erschütternd wie eine Petarde. Bald schmettert sie wie eine Trompete, bald kreischt und ächzt sie, fünfzigfach verstärkt, wie ein Lastwagen mit gesperrten Rädern, wie das Rücken eines schweren Möbels. Im besten Falle gleicht sie dem Fauchen, Knurren und Bellen eines heiseren Hundes, oder dem Brüllen eines Kindes. Eine ganze Skala, ein Wettgeheul der häßlichsten, durchdringendsten, immer wiederholten Mißtöne, eine Insultierung und Vivisektion des Ohrs und der Nerven, die sie mit brutaler Rücksichtslosigkeit auf Kilometerweite trifft, beleidigt und peinigt.513
Pidoll rechnete vor : Ein Auto stoße auf einer nur zehnminütigen Fahrt mindestens 50 Hupsignale aus, wovon jedes Mal 50 bis 100 Menschen betroffen seien, was eine Störung von 2500 bis 5000 Personen ergebe. Tausende unbeteiligte Menschen befänden sich somit ständig im Zustand der Alarmierung. Und dies ohne Unterlass, bei Tag und Nacht, in der Innenstadt genauso wie am Stadtrand : Nicht bloß in frequenteren Straßen, auch in abgelegenen Regionen der Stadt ist es schon gegenwärtig kaum mehr möglich, die Fenster offen zu halten, wenn man nicht jeden Augenblick durch die laut kreischenden Huppensignale aufgeschreckt werden will. Insbesondere bei Nacht ! Jeder Hygieniker weiß, wie wertvoll das Offenhalten der Fenster für die Gesundheit ist.514
Schon 1909 hatte Pidoll, von Beginn an Sympathisant des »Antilärmvereins«, an die Gesellschaft deutscher Nervenärzte appelliert, eine Aktion gegen den Straßenlärm und hier insbesondere gegen das Hupen der Automobile einzuleiten.515 Ganz ähnlich argumentierte der deutsche Autokritiker Emil Jung, der in einer ebenfalls viel gelesenen Streitschrift von der »lärmenden, rasselnden Bewegung« des Automobils sprach und seiner »höchst unästhetischen, farzenden Signalgebung.«516 Jung trat für ein gesetzlich verankertes »Recht auf Ruhe« ein, wie dies auch die Proponenten der deutschen und österreichischen Lärmschutzbewegung taten. Im Allgemeinen beschwerten sich die Anhänger des »Antilärmvereins« jedoch weniger über den generellen Lärm der Fahrzeuge als vielmehr über das rücksichtslose Verhalten der Chauffeure. Dies entsprach der Ideologie der Lärmschutzbewegung, die den sozialen Gebrauch der Technik weit kritischer beurteilte als die Technik selbst. Dabei blendete sie auch gerne aus, dass es sich hierbei keineswegs um Geräusche handelte, die vom Pöbel hervorgebracht wurden, waren doch Autos noch lange Zeit ein Privileg der Oberschicht. 517 Dass es beim Gebrauch des Automobils durchaus akustisch relevante Standesunterschiede gab, konnte man beispielsweise in Berlin studieren, wo das noble, elfenbeinfarbene Fahrzeug Kaiser Wilhelms II. durch ein melodisches Trompetensignal mit besonderem Zweiklang auffiel.518 »Bald hie – bald da !« übersetzte der Volkswitz dieses
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Abb. 31: Hupmanie: Karikatur, 1908
Hupensignal des häufig im Auto fahrenden »Reisekaisers«.519 Im Gegensatz dazu war der Klang des habsburgischen Automobils weniger durch die Hupe als durch markante Auspuffgeräusche charakterisiert. Denn das Kaiserautomobil der Marke Gräf & Stift wies ein eigenes Pedal auf, das berühmt gewordene »Kracherl«, mit dem der Auspuff zwecks Leistungssteigerung geöffnet werden konnte. Dies kam vor allem bei Überlandfahrten zur Anwendung und hatte eine deutliche Erhöhung der Lautstärke zur Folge.520 Dessen ungeachtet, entzündete sich die Kritik in Wien vor allem am viel zu frühen und vorauseilenden Gebrauch der Hupe. Nur allzuoft konnte man feststellen, wie ein Zeitgenosse im Dezember 1911 beklagte, dass »schon zweihundert Meter vor der Kreuzung zum Ergötzen der Hausbewohner und Passanten das Getute beginnt. Auch bei Fahrten um die Straßenecke wird nicht die geringste Rücksicht auf die Passanten genommen. Getutet wird unaufhörlich (...).«521 Noch von der Ferne waren die zahlreichen Hupen der Automobile deutlich zu hören, die durch die Stadt dröhnten und »schrummten wie Büffelhörner«.522 Unweigerlich drängten sich für manche bedrohliche Assoziationen mit den Geräuschen einer brüllenden, durch die Straßen getriebenen Rinderherde auf.523 Als kleinen Erfolg konnte die Antilärmbewegung verbuchen, dass die E rrichtung einer Garage für dreihundert Autos in Wien-Landstraße, Beatrixgasse, von der städ-
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tischen Behörde aufgrund der zu erwartenden Lärmbelästigung untersagt wurde, obwohl die Baubewilligung schon erteilt worden war.524 Und auch gegen den Betrieb einer Versuchsanstalt für Kraftfahrzeuge in Wien-Alsergrund legte man Protest ein.525 Doch nicht nur Passanten und Anrainer erlebten den von den Autos produzierten Lärm als störend und belästigend, auch für die Chauffeure selbst könnte er sich schon bald als gesundheitsschädlich erweisen, wie der Arzt Dr. Notthaft warnte : »Durch die lang angespannte Aufmerksamkeit, die das Führen eines Automobils erfordert, den ständigen Lärm des Motors und des Huppens, kommt es leicht zu einer zerebralen Neurasthenie, die ihrerseits eine langsame Abnahme der Erektionsfähigkeit bedingt und schließlich zur vollständigen Impotenz führen kann.«526 Fahrradgeklingel
Das um 1900 technisch ausgereifte, mit Kettenantrieb und Gummireifen ausgestattete Fahrrad fiel in Wiens Straßen vor allem durch sein Geklingel auf. Gerade die ansonsten relative Geräuschlosigkeit der Rad fahrenden Fortbewegung – auch sie wurde als Gefahrenmoment »viel verklagt«, wie Michael Haberlandt festhielt527 – kontrastierte extrem mit der oft überraschend und schockartig eingesetzten Klingel, mit der die Radbenutzer die Fahrbahn freizuhalten versuchten. So sehr diese das »schnelle Dahinfliegen«, die bequeme Beförderung, das Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit genossen,528 so sehr nervten sie ihre Umgebung mit der häufigen Betätigung ihrer Glocken. Deren Klänge galten als überaus »schrill«529 und wurden vor allem von den Fußgängern als eine grobe Belästigung erlebt, wie Eduard Pötzl reklamierte : Auch den Radfahrern kann der Vorwurf nicht erspart werden, daß sie durch muthwilligen Gebrauch der Klingel viel zu der unleidlichen Lärmhaftigkeit unserer Straßen beitragen. Eine große Anzahl von Radfahrern arbeitet immerzu mit der schrillen Schelle, um im Falle eines Mißgeschickes sagen zu können : ich habe ja ohnehin geklingelt ! In Wirklichkeit aber sollte das Warnungssignal weit seltener angewendet werden und der Radfahrer vielmehr durch geschicktes, umsichtiges Manövriren freie Bahn suchen. Daher die starke Abneigung der Passanten gegen die Radfahrerklingel. Der durch Mark und Bein gehende Ton erbittert den Fußgänger förmlich, weil dieser jedesmal zusammenfährt, wenn er ihn in großer Nähe vernimmt.530
Auch die Radfahrer selbst mussten sich an das häufige Läuten erst gewöhnen, wie am Beispiel Gustav Mahler, seit 1897 Operndirektor in Wien, deutlich wird. Mahler hatte das Radfahren 1895 in Hamburg erlernt und seine Begeisterung dafür nach Wien mitgenommen, wo er sich nun damit schwertat, im unübersichtlichen Verkehr
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Abb. 32: Radfahrer in der Wipplingerstraße, 1908
der Großstadt andauernd die Glocke zu betätigen. Allzu sensibel war sein Gehör, um dieses Erfordernis ohne weiteres erfüllen zu können, wie er in einem Brief mitteilte.531 Unterschiedlichste Lösungen wurden vorgeschlagen, unter anderem von dem bereits erwähnten Juristen und Schriftsteller Emil Jung, der die grassierende »Radfahrseuche« genauestens auf ihre akustischen Nebenwirkungen hin analysierte. Er forderte für die Pedalritter stets ausreichendes Abstandhalten von den Fußgängern. Sei dies gewährleistet, könne man sämtliche Räder mit einer Dauerklingel ausstatten, die nur dann ruhen sollte, wenn das Rad still stand.532 Eine Idee, die letztlich unrealisiert blieb, die aber veranschaulicht, wie schwierig es selbst für Lärmgegner war, Sicherheits- und Lärmaspekte auf der Straße in Einklang zu bringen. Peitschenknallen und Kutschergeschrei
Schon Arthur Schopenhauer sah sich zu einer berühmt gewordenen Tirade gegen das nervenerschütternde Peitschenknallen veranlasst,533 und auch in Wien musste man 1861 feststellen, dass »der Mißbrauch des Schnalzens mit der Peitsche von Seiten der
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Fuhrleute wieder auf eine für Kinder und nervenschwache Personen höchst bedauerliche Weise überhand genommen hat.«534 Es war die Person des Kutschers, an dessen rohem und wildem Verhalten sich noch Jahrzehnte später die Gemüter entzündeten. Auch Michael Haberlandt klagte vehement über das »infame Klatschen« der Peitsche : »Welch urzeitlicher Behelf ? Sind wir denn anders als Kirgisen ?«535 Theodor Lessing empfand es schlicht als »niederträchtig«, »brutal« und »schändlich«,536 und ebenso erging es Freiherr von Berger.537 Die kurzen, explosionsartigen Geräusche, die »wie Messer in dein Trommelfell schneiden«,538 wurden als physische Attacke auf die Ohren erlebt. Das häufig hinzukommende Geschrei beim Antreiben der Tiere tat ein Übriges, um die Kutscher und Fuhrleute, so Eduard Pötzl, zu den auffälligsten Lärmerregern in der Stadt zu machen : Ein erheblicher Procentsatz des ganzen Straßenlärms ist überhaupt nur auf die Kutscher zurückzuführen, die hier beständig auf dem Kriegspfade sind wider einander und sich fast nicht in die Augen schauen können, ohne gleichzeitigen wilden Ausbruch des in ihrer Brust stets angesammelten Grolles, der uns freihlich ganz unbegreiflich ist. Unter den Kutschern wieder sind es die Postkutscher, die wie Furien des Straßenlärmes herumrasen. Es ist keine Uebertreibung, wenn man sie für den nervenerschütterndsten Inhalt des Stadtgeräusches verantwortlich macht.539
Selbst am Standplatz, also nicht nur während der Fahrt, wurden die lautstarken Unterhaltungen der Kutscher als störend erlebt, vor allem nachts und im Innenstadtbereich wie am noblen Graben.540 Straßenbahngeläute und Lokomotivpfiffe
Es waren vor allem die Signallaute, die aufgrund ihrer Häufigkeit, Plötzlichkeit und Lautstärke als besonders störend empfunden wurden. Sie erschienen den Zeitgenossen als »übertrieben« und »lächerlich« und ertönten beständig, so die Klage, »von allen Seiten, von rechts und links, von vorn und hinten« : Fort mit den vielen mutwilligen und unnötigen Signalen ! Dann werden die Wiener lernen, wie man auf der Straße zu gehen und zu stehen hat ; dann wird sich jeder selbst warnen, ohne Läuterei, Pfeiferei und Schreierei. (…) Wir brauchen den unnötigen Straßenlärm nicht, auch nicht die mutwillige Störung unserer Nachtruhe, um daran gemahnt zu werden, daß Wien eine Großstadt ist – das wissen wir ohnehin. 541
Besonders störend erschienen die »schrillen, unaufhörlichen Glockenschläge« der Straßenbahn. Max Winter empörte sich heftig gegen das »ewig gellende Tschin-Tschin !«,
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das von der Fußglocke des Motorführers ausging und sämtliche Straßenbahnen Wiens beständig begleitete.542 Dem »Antilärmverein« wurde 1910 mitgeteilt, dass man in Wien einen Antrag auf gänzliches Verbot der Fußglocke eingebrachte habe.543 Einen ebenfalls viel beklagten Übelstand stellten die bei jeder Haltestelle ertönenden Pfeifsignale dar, mit der der Beiwagenkondukteur dem Fahrer das Zeichen zum Losfahren gab. Als »Geräuschattentat« und »wahre Quelle des Mißvergnügens« wurden sie erlebt, vor allem dann, wenn die Pfiffe inmitten der Fahrgäste abgegeben wurden.544 Die Warnpfiffe der Lokomotiven, die diese beim Verschieben der Waggons ausstießen, waren weitere weithin hörbare Störsignale, die nicht selten bis in die Nacht hinein ertönten, wie Heinrich Adler reklamierte : In warmen Sommernächten, wenn die Fenster offen bleiben, wecken sie in brüsker Weise den Schläfer und nun folgt mit kurzen Unterbrechungen Pfiff auf Pfiff. Zwei bis drei Bezirke weit sind diese nächtlichen Signale zu hören, wenn der Tageslärm der Straße bereits verstummt ist. Muß das sein ?545 Gekreisch von Straßen- und Stadtbahn
Das Geräusch von Stahl, der in Bremsbewegung aufeinandertrifft, war offensichtlich eines der unangenehmsten des neuen Zeitalters. Quietschende und kreischende Schienengeräusche quälten die Ohren von Fahrgästen, Passanten und Anrainern. Freiherr von Berger sprach plastisch vom durchdringenden »Wimmergeheul der Electrischen«,546 andere registrierten ein »geradezu ohrenzerreißendes Gekreisch« und »entsetzliches Bremsgeschrill«.547 Im internationalen Vergleich schien das Ausmaß in Wien sogar einzigartig, wie ein Zeitgenosse beteuerte : »Die Straßenbahnen machen so viel mir aus anderen Ländern bekannt ist, nirgends einen derartigen Lärm wie in Wien.«548 Zu besonderer Berühmtheit gelangten die Straßenbahngeräusche vor dem Hotel Sacher. Ab April 1907 nämlich wurde die Linie 63 mit einer Schleife rund um das Opernhaus geführt und eine Haltestelle direkt vor dem Eingang des renommierten Hotels eingerichtet. Das ohrenbetäubende Quietschen der bremsenden und anfahrenden Wagen erregte sogleich das Missfallen der Hotelbesitzerin Anna Sacher. Ihre Gäste, vor allem jene im sogenannten Damensalon sowie im Braunen Salon, konnten mitunter ihr eigenes Wort nicht mehr verstehen, weshalb Sacher sich empört an Bürgermeister Karl Lueger wandte. Da beide jedoch eine stadtbekannte Antipathie verband, verlief das Gespräch ergebnislos und das Hotel hatte sich mit den neuen Geräuschverhältnissen abzufinden.549 Neben der Straßenbahn war auch die Wiener Stadtbahn berüchtigt für ihre Lärm erregung :
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Was soll es z. B. heißen, wenn wir auf der Wiener Stadtbahn einem Verkehre begegnen, welcher die Fahrgäste nötigt, sich bei der Einfahrt in die Stationen die Ohren zuzuhalten, um so das nervenerregende, Mark und Bein durchdringende Gekreische beim jeweiligen Bremsen des Zuges wenigstens einigermaßen zu mildern ? Gibt es keine Aufsichtsbehörde, welche diesem groben Unfug zu steuern hätte, der nicht nur gesundheitsschädlich ist, sondern zudem für die Bahn eine wesentliche Verringerung ihrer Einnahmen bedeutet, da sich jeder nicht mit ausnahmsweise guten Nerven beglückte Fahrgast mehr als einmal überlegen wird, ein solches Verkehrsmittel außer dem Falle dringendster Notwendigkeit überhaupt zu benützen.550
Selbst aus der Ferne waren die Bremsgeräusche deutlich zu vernehmen, quietschten sie »markerschütternd aus der Nebelwolke hervor«, wie Adam Müller-Guttenbrunn feststellte, dem das Geräusch der Stadtbahnbremse gar zum »Symbol des grandiosen Wiener Gesamtlärms« wurde.551 Die Beschwerden über den Lärm, wie auch jene über das mäßige Fahrtempo und die enorme Rauchentwicklung in den Tunnels, ließen die Stadtbahn zum »vielgeschmähten Aschenbrödel unserer Verkehrsmittel« werden, über das die Wiener Bevölkerung so manche Witze machte.552 Klappern von Eisenstangen und Rollbalken
Zu den immer wieder heftig beklagten Metallgeräuschen gehörten auch jene von Eisenstangen, die beim Fuhrwerkstransport auf den holprigen Straßen hart aneinander schlugen.553 Nur allzu oft waren sie nicht ausreichend mit Lappen oder Stroh gedämpft, was Max Winter zu der ironischen Bemerkung veranlasste, dass bei den Wienern das Stroh eher in den Köpfen bleibe, als dass es zwischen die Eisenstangen gebettet werde.554 Bisweilen kam es sogar vor, dass die Stangen für den Wagen viel zu lang waren und auf dem Pflaster nachschleiften – ein Ärgernis für die gesamte Umgebung : Da fährt ein mit Eisenstangen beladener Wagen durch die Straße –, der Wagen viel zu kurz, die Eisenstangen so lang, daß sie hinten auf dem Pflaster schleifen, aufschnellend und aneinander anschlagend. Ein Heidenlärm, weit und breit zu hören ! Die Passanten schimpfen und die Wachleute schweigen dazu.555
Einem weiteren gefürchteten Metallgeräusch konnte man in den Geschäftsstraßen begegnen : Das lautstarke Öffnen und Schließen der eisernen Rollbalken schreckte Passanten auf, erschien als »Getöse«, das einem geradezu »um die Ohren fliegt«556, und als »donnerartiges Gepolter«557. Wie man dem »Antilärmverein« mitteilte, wurde in der Wiener Innenstadt ein Antrag auf stärkere Kontrolle dieser bisher so vernachlässigten Lärmquelle eingebracht.558
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Abb. 33: Firmeninserat, 1883
Wagengerassel und Pferdegetrappel
Ein beinahe omnipräsentes Hintergrundgeräusch erzeugten die unzähligen Fuhrwerke mit dem Poltern und Rumpeln ihrer Wagenräder, dem Knarren und Quietschen der Kutschen, dem Gerassel der Pferdegeschirre und dem Getrappel der eisenbeschlagenen Hufe auf dem Kopfsteinpflaster. Für Max Winter war dies ein Geräuschmix, der, etwa in der stark befahrenen Favoritenstraße, »leider normal ist«. Beständig konnte man hier das »Knarren, Knacken, Rumpeln und Poltern der Räder« und das »Getrappel und schwere Niedersetzen der Pferdehufe« vernehmen.559 Auch andere empfanden die vielen Fuhrwerke regelrecht als »Attentate auf die Nerven«, die – insbesondere bei wildem Fahrstil – viel zum Straßenlärm beitrugen : »Wie oft kann man sehen, wie zum Gaudium der Kutscher Trab oder Galopp gefahren wird, wobei das Granitpflaster wie mit
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einem Hammer bearbeitet und abgerieben wird.«560 Über den vor allem in der Nacht extremen Straßenlärm in der Gumpendorfer Straße teilte ein geplagter Zeitgenosse dem »Antilärmverein« mit : Nachts ist nicht zu schlafen möglich, und wenn man erst nach Stunden abgespannt einnickt, wird man kurz darauf wieder plötzlich ermuntert, und zwar durch irgendein unnötiges Geräusch. Bis ½ 1 Uhr fährt die Elektrische, dann kommen Lowries auf Holzrädern die Mariahilferstraße herunter und machen auf dem Pflaster donnerähnlichen Lärm. Dann folgt der moderne Wasserwagen mit der schweren Maschine. Inzwischen ist es früh und da beginnt die Tagesordnung des Lärmes.561
Eine besonders unangenehme Belästigung stellten die frühmorgendlichen Liefertransporte dar. Bierwägen mit rumpelnden Fässern, Sodawasserwägen mit aneinander schlagenden Flaschen, vor allem aber die Milchwägen weckten durch das weithin hörbare »Scheppern der Kannen (…) erbarmungslos alle Schläfer auf«. Und auch der für die Abfallentsorgung zuständige »Mistbauer« brachte mit dem permanenten Ausklopfen von Mistkisten regelmäßig »eine ganze Gasse in Aufruhr«.562 Baustellenlärm
Da ganz Wien über Jahrzehnte hinweg einer riesigen Baustelle glich, wo sich Schuttberge türmten und an unzähligen Orten aufgegraben, um- und neu gebaut wurde, war auch der Baustellenlärm ein häufiges Thema. »Was wird in Wien nicht alles gebaut, nicht alles auf offener Straße gearbeitet ? (…) Das Hämmern und Klopfen nimmt kein Ende«, klagte Eduard Pötzl 1895.563 Vor allem die Arbeitsgeräusche der Handwerker – nur bei Großprojekten kamen lärmintensive Maschinen zum Einsatz – sowie der Zu- und Abtransport von Baumaterialien sorgten für eine ständige Geräuschkulisse. »Es gärt in Groß-Wien«, schrieb der prominente Kunstkritiker Ludwig Hevesi (1843–1910) und spielte damit auf die ungeheure Dynamik des Stadtumbaus an ;564 und dieser Gärungsprozess hinterließ beinahe überall seine akustischen Spuren. Etwa an der Großbaustelle des Wienflusses, der reguliert, in ein steinernes Bett gezwängt und teilweise überdacht wurde, mit beträchtlichem Einsatz von Maschinen und unzähligen Arbeitern : Hier »pusten gewaltige Krähne, Pumpen und Maschinen und tönt es wieder vom Schlag des Hammers und der Kelle«.565 Nicht zu vergessen die Straße, deren voranschreitende Pflasterung mit enormen akustischen Belästigungen verbunden war. Das eindringliche Hämmern und Klopfen der Pflasterer glich einem permanenten Stakkato, mussten die Granitwürfel doch nicht nur einmal verlegt, sondern regelmäßig ausgebessert und erneuert werden. Für großen Unmut unter der Bevölkerung sorgte schließlich auch das wiederholte Aufreißen der
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Straße für das Verlegen von Leitungen, sei es für Wasser, Strom, Gas, Kanalisation oder Telefon. Nicht nur Max Winter beschwerte sich über »immer und ewig aufgerissene Straßen«566 ; auch im Volksmund hieß es dazu nur noch lakonisch : Wenn ma a Straßen fertig glaubt Leg’ns die Gas- und Wasserleitung. Kaum sind’s fertig, heißt’s glei d’rauf : Nichts auf Erden dauert ewig, das ist schon der Welten Lauf ! Auf ’n Canal hab’n wir vergessen Darum reiss’n ma wieder auf !567
Auch das Verlegen und Auswechseln schadhafter Straßenbahngleise ging häufig mit beträchtlichen Lärmbelästigungen einher. So beschwerte sich ein Bewohner aus WienLeopoldstadt beim »Antilärmverein« über die nächtlichen Gleisarbeiten Am Tabor : »Mit großer Vehemenz wird auf die Eisenschienen losgeschlagen, dann wieder werden solche mit aller Wucht auf die Erde geworfen. Ich bin gesund und finde absolut keine Ruhe. Was sollen da die nervenkranken Leute tun, deren es ja leider in unserem Zeitalter die Menge gibt ? Mein Schlafzimmer liegt nach der Straße hinaus, aber man hört das Getöse auch im Hoftrakte.«568 Kindergeschrei und Hundegebell
Immer wieder rief das Geschrei der auf der Straße spielenden Kinder und Jugendlichen, das von April bis November nachmittags, nach der Schule, in so manchen stillen Gassen einsetzte und als »Höllenlärm« gebrandmarkt wurde, Empörung hervor.569 Schon Lessing hatte dies als akustisches Übel erkannt,570 und auch Michael Haberlandt zeigte keinerlei Verständnis in dieser Hinsicht : Die liebe Jugend, die Kinder ! Man lasse einmal diese süßen Kleinen so nach unseren Augen stechen, so auf unsere Finger zielen, als sie uns mit Schreien, mit Pfeifen und Trompeten die Ohren zerreißen, und wir werden außer uns sein vor Entrüstung ! Aber bloß Lärmen ? Jugend will sich doch austoben.571
Ähnlich verhielt es sich mit Hundegebell, das insbesondere während der Nacht zum »mörderischen Gekläff« avancierte.572 Der Wiener Vertrauensmann des »Antilärmvereins«, Eduard Ritter von Liszt, machte sich die Mühe mitzuzählen und konnte einmal einen Hund 134 Mal ohne Pause bellen hören.573 Beim Verein ging eine Beschwerde über eine »Hundeplage« ein, die sich auf das Bellen in den Hundespitälern der k. k.
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militärärztlichen Hochschule in Wien-Landstraße bezog.574 Hunde, das waren für Michael Haberlandt nichts anderes als wilde, lärmende Gefährten : »Hundegebell rechts und links, von geplagten Zughunden an der Leine, von frechen Kötern hinter allem, was rollt und läuft, uns in die Ohren geschrien. Bellende, heulende Hunde unsere Gefährten und Genossen ! … Wildenleben !«575 Kaufrufe und Marktgeräusche
Auch gegenüber den Kaufrufen der umherziehenden Straßenhändler war die akustische Intoleranz inzwischen deutlich gestiegen, trugen sie doch, so Max Winter, entscheidend bei zu jenem Stimmengewirr auf den Straßen, das den Lärm in Wien so unerträglich machte.576 Theodor Lessing hatte sich gegen diese seiner Meinung nach veraltete Form des Handels besonders empört : Eine große Kategorie von Geräuschen der Straße stammt von Formen des Handels, die überhaupt nicht mehr in das moderne Städtebild hineingehören. Es ist ein Widersinn, Lebensmittel und Artikel, die in jeder Straße zu kaufen sind, öffentlich ausschreien zu lassen. Obst, Kartoffeln, Torf, Kohle, Felle, Lumpen, Eis, Eiswasser, Gemüse – das alles wird heute in den meisten Städten noch durch »fliegende Händler« verkauft. Diese Art des Handels muß vollkommen verschwinden.577
Eine akustische Spezialität waren die Rufe der Zeitungsjungen, die täglich gegen den Lärm der Straße ankämpften und die neuesten Ausgaben ihrer Blätter anpriesen. Ihre »gellenden Reklamerufe«, die jedes Gespräch auf der Straße unterbrachen, stießen nun ebenfalls auf Ablehnung.578 Die Anrainer der zahlreichen Marktplätze gehörten zu den lärmgeplagtesten Bewohnern Wiens. Insbesondere in der Innenstadt protestierten sie immer wieder gegen die Rufe der Verkäufer und Marktarbeiter, die sich mit dem Lärm der zahlreichen Transportfuhrwerke mischten und bereits früh in der Nacht einsetzten.579 Adam Müller-Guttenbrunn beschrieb das nächtliche Treiben auf einem innerstädtischen Markt : Aus der Renngasse, aus der Teinfaltstraße, aus der Schottengasse flutet das Leben heran, die schweren ländlichen Wagen rattern auf dem Pflaster, und das Gesurre von tausend halblaut sprechenden Menschen schwillt immer höher an. Offenbar hat jeder einzelne das Gefühl, daß er nicht lärmen dürfe, aber die Gesamtheit tut es.580
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Gesang und Gejohle
Zu den in der Öffentlichkeit missbilligten Äußerungen der menschlichen Stimme zählten auch die lautstarken Gesänge betrunkener Passanten, die durch die Straßen der Vergnügungszentren zogen. »Randalierende Nachtschwärmer« machten sich lautstark bemerkbar ;581 vor allem der Heurigenort Grinzing entwickelte sich, wie manche Bewohner klagten, zu einem Zentrum des Lärms. Hilfesuchend wandte man sich an den »Antilärmverein« : Das liebliche Grinzing ist seit einiger Zeit die Stätte eines kaum noch menschlich zu nennenden Gelärmes und Gebrülles. Abend um Abend erheben sich in den Straßen kreischende Weiberstimmen und Lärmszenen, die der Macht der Polizeiorgane vollkommen trotzen. Das Erstaunliche dabei ist, daß das gefeierte schönere Geschlecht die stärksten Schreihälse stellt. Zahlreiche ruhebedürftige Bewohner Grinzings und Heiligenstadts bitten um Schutz ihrer gequälten Nerven.582
Ähnlich unzumutbar empfanden die Anrainer der Rotenturmstraße die Gesänge von Studenten, die, angeheitert aus dem Prater kommend, »johlend« und »schreiend« heimwärts wanderten. Überhaupt scheint es aufgrund des nächtlichen Lärms in der Innenstadt schlicht unmöglich gewesen zu sein, vor vier Uhr einzuschlafen.583 Und auch in der Josefstadt erregte ein Mädchen Aufsehen, das auf dem nächtlichen Heimweg lautstark die Operettenmelodie »Hupf, mein Mäderl !« sang.584 Ernüchtert hatte Lessing schon 1901 notiert : »Jede Stadt macht besonderen Lärm : der Berliner macht ›Radau‹ und ›randaliert‹, die Münchner wollen eine ›Gaudi‹, die Wiener veranstalten eine ›Hetz‹.«585 Die »Hetz« manifestierte sich auch in den zahlreichen »Gasthausmusiken«, die in den Innenräumen der Lokale und im Sommer in deren Gastgärten erklangen, sehr zum Leidwesen der Anrainer. So beschwerte sich ein Nachbar eines Wirtshauses auf der Wieden : »(…) zweimal wöchentlich hat die Nachbarschaft das recht zweifelhafte Vergnügen, die zwischen vier- und dreistöckigen Hausmauern doppelt lärmende Musik anzuhören – gestern nur bis Mitternacht, manchmal aber auch bis 1 Uhr und länger.«586 Ähnliches ereignete sich regelmäßig bei einem Lokal in der Kohlmessergasse, wo »zu allen Musikstücken der Text von den Gästen kräftig mitgesungen« wird werde und bisweilen auch »kleine Krawalle« vorkämen, oder bei einem kleinen Wirtshaus in der Domgasse, wo man »bis in den Morgen unentwegt fortspielt.«587
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Abb. 34: Werkelmann-Plage, Karikatur, 1877
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»Werkelmannplage«
Mit zunehmendem Groll reagierte man auf die musikalischen Darbietungen der Straßenmusiker. Insbesondere die Werkelmänner wurden von der Bevölkerung heftig beklagt. Zwar waren sie schon früher als »fatale Ohrenschinder«588 und als »patentirte Banditen und ehemalige Vaterlandsvertheidiger, die das Recht haben, jedermann durch unausgesetztes Ableiern des ›Radetzky-Marsch‹ oder des ›Höher Peter‹ zu Tode zu quälen«589, verrufen gewesen. Nun war der Widerstand gegen ihre Musik jedoch noch deutlich angewachsen. Selbst der städtische Magistrat registrierte »vielfache Klagen des Publikums«.590 In den Satirezeitschriften wurde eifrig diskutiert, wie damit umzugehen sei, wenn »die nervöse Menschheit von dieser Werkelpest zur Verzweiflung getrieben wird ?«,591 und so manche bösen Witze entstanden über die »kurbeldrehenden Philharmoniker«.592 Für Michael Haberlandt war es schlicht unverständlich, dass der Bettler mit einem schauerlichen Lärmkasten ein ganzes Stadtviertel akustisch verpesten darf. (…) Es gilt ein paar Krüppel zu versorgen, traurige allzuviele, und die Behörden verpfänden, ja verrathen ihnen die Arbeits- und Seelenruhe der ganzen Stadt und lassen sie gegen unsere armen Ohren los, man weiß es schaudernd, womit ! … Ist das Cultur ?593
Es war die großstädtische Bebauung mit Vorderhaus, Seitenflügel, Querhaus und Hof, die nun als idealer Resonanzraum für die Drehorgel fungierte.594 Zum Leidwesen der Bewohner, die sich zunehmend nach einem »werkelsicheren Haus« sehnten ;595 immer mehr Häuser hielten denn auch ihre Tore vor den »ambulanten Folterknechten und ihren Marterwerkzeugen« verschlossen.596 Es galt sich zu befreien, so der Journalist Johannes Ziegler, von den »brüllenden, pfeifenden und gurgelnden Tönen« der Drehorgel, die nicht selten gleich mehrfach in den Höfen erklangen : »Es dauert nicht lange, so kommt die zweite, die dritte, die vierte, und alle zusammen vollführen dann eine Musik von wirren Tönen. (…) Es ist scheußlich !«597 Selbst vom Stephansturm aus könne man noch aus den Tiefen der Häuser und Höfe das »Gegurgel vieler Drehorgeln« hören.598 Ähnlich heftige Beschwerden gab es gegen die Musik des Leiermannes, der mit seinem Leierkasten, einer Art Violine, die beim Spielen quer über den Schoß gelegt wurde, klagende, oft jämmerlich anmutende Töne erzeugte. Ihm setzte Ferdinand von Saar in einem Gedicht ein Denkmal, wenngleich auch er attestierte, dass die Töne »kunstgeübte Ohren« verletzten und man sich diese oft zuhalten müsse.599 Grammophonmusik
Das 1887 von Emil Berliner erfundene Grammophon, eine Vorform des Plattenspielers, ausgestattet mit großem Schalltrichter und angetrieben durch ein Feder-
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werk, erregte die Gemüter der Lärmgegner in besonderem Maße. Als neues Gerät zur Musikwiedergabe war es knapp nach der Jahrhundertwende zur Serienproduktion gereift und erlangte auch in Wien enorme Popularität. Siegfried Mattl hat darauf hingewiesen, dass das Grammophon – gemeinsam mit Postkarte, Rohrpost, Telefon, Kino und Radio – zu jenen neuen Medien gehörte, die die Umgestaltung der Metropole wesentlich vorantrieben und völlig neue Kommunikationsstrukturen etablierten : Das Raum-Zeit-Gefüge der Stadt löste sich auf, die Grenzen zwischen öffentlich und privat verschwammen. Musikkonsum wurde zeit- und ortlos, die mechanische Musik begann die traditionelle bürgerliche Hausmusik abzuwerten.600 Ungewohnte Töne erklangen, vielfach auch außerhalb der Wohnungen, was zu heftigen Protesten gegen Hausbewohner führte, die sich »stundenlang bei offenem Fenster« mit einem Grammophon vergnügten.601 In Wien-Josephstadt stellte man bei der Bezirksvertretung einen Antrag auf Verbot derartiger Praktiken,602 in WienLandstraße kam es – wie dem »Antilärmverein« mitgeteilt wurde – im Juni 1909 zu einem aufsehenerregenden Prozess, bei dem ein Musiker angeklagt wurde, da er sich mit einer Schrotflinte gegen die plärrende Grammophonmusik seines Nachbarn zur Wehr gesetzt hatte.603 Die Gegner bezeichneten die Töne aus dem neuen Automaten als »schnarrend«, »quäkend« und »bäend« und monierten, dass sie »das Gehirn bis zur Verzweiflung kratzen«.604 Mit der Entwicklung von handlichen, leichter tragbaren Grammophonen wurden diese auch gerne zu Sonntagsausflügen in den Wienerwald mitgenommen, was zahlreiche Naturliebhaber, unter ihnen Ludwig Hirschfeld, empörte : »Das ist nämlich die neueste volkstümliche Mode : statt der bieder raunzenden Ziehharmonika nimmt man jetzt diese schreckliche Musikmaschine mit – unbegreiflich.«605 Satirezeitschriften thematisierten die zunehmende Omnipräsenz des Gerätes : »Oh, dieses Grammophon – Es gibt keine Rettung !«606 Theodor Lessing klagte, dass man heutzutage selbst im »tiefsten, weltfernsten Alpental« mit Sicherheit einem Grammophon begegne,607 und auch Eduard Pötzl konnte es sich nicht verkneifen, auf den neuen Trend mit einem Gedicht zu reagieren : Ich glaube, jeder Wilde kennt Bereits das neue Instrument, Das unverschämt mit seinem Schall Das Ohr belästigt überall. (…) Kaffeemühl halb und halb Trompete, sieht man das Malefizgeräte Verbreitet schon in allen Reichen, Es ist ihm nicht mehr auszuweichen.608
»Wiener Lärm«
Abb. 35: Grammophon-Plage, Karikatur, 1909
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Auch gegen andere Musikautomaten regte sich nicht selten Widerstand. So protestierte ein Bewohner der Währinger Straße gegen ein Orchestrion, das vor dem Eingang eines Kinematografentheaters aufgestellt war. Von frühem Nachmittag bis spätabends erklangen ohrenbetäubende Musikstücke ; diese »über sich ergehen lassen zu müssen, das ist zu viel.«609 Klaviergeklimper
Hauptkonkurrent des Grammophons war das Klavier, das in den bürgerlichen Haushalten zu einem Modeinstrument geworden war und, glaubt man den Klagen der Lärmgegner, sich gerade in der Musikstadt Wien nahezu seuchenartig ausbreitete – mit weitreichenden akustischen Konsequenzen. Es herrschte Empörung darüber, dass man sich durch Klavier spielende Nachbarn »täglich krankquälen lassen muß«610 und das Klavier mittlerweile »der Willkür jedes Dilettanten preisgegeben« sei.611 Freiherr von Berger klagte vehement über das »scheußliche Geklimper«, das ihn vom Arbeiten abhalte.612 Beim »Antilärmverein« gingen zahlreiche Beschwerden ein, wobei ein Wiener apodiktisch feststellte : »Tatsächlich ist das Klavier (…) das allgemeinste und weitestverbreitete Musikinstrument, von welchem die allerhäufigsten Störungen herrühren.«613 Über kaum eine andere häusliche Lärmquelle gingen die Wogen der Empörung derart hoch, würden doch die Nerven dadurch nahezu permanent gereizt : Ich frage, wie kommt ein ruhiger, steuerzahlender Staatsbürger dazu, seine ohnehin durch den Beruf überangestrengten Nerven noch dadurch auf die Folter spannen zu lassen, daß es dem oder jenem beliebt, stundenlang (…) das Klavier zu mißhandeln, wochen, ja sogar jahrelang tagaus, tagein ein und dasselbe Stück zu spielen. Da müssen selbst Nerven so stark wie Stricke leiden, geschweige denn die sensitiven Nerven eines musikalisch empfindenden Menschen.614
Ein Wiener Nervenarzt bestätigte die Gefährlichkeit des Instruments und berichtete von einem Prozess gegen einen Mörder, dessen Tat möglicherweise durch das Klavierspiel ausgelöst worden sei.615 Als gewichtige Autorität empörte sich schließlich auch Eduard Hanslick in einem berühmt gewordenen »Brief über die Clavierseuche«, dass ganze Straßenzüge mit entsetzlichen Misstönen überflutet würden. Eine »unbarmherzige moderne Stadtplage« habe um sich gegriffen : Die Qualen, die wir täglich durch nachbarlich klimpernde Dilettanten oder exercierende Schüler erdulden, sind in allen Farben oft genug geschildert. Ich glaube allen Ernstes, daß unter den hunderterlei Geräuschen und Mißklängen, welche tagsüber das Ohr des Großstädters zermartern und vorzeitig abstumpfen, diese musikalische Folter die aufreibendste ist.616
»Wiener Lärm«
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Sämtliche Beschwerdeführer wussten sich einer Meinung mit dem Gründer der Antilärmbewegung, der ebenfalls eine verbreitete »Klavierpest« registriert hatte. Das überflüssige Klavierspielen war auch für Theodor Lessing nichts anderes als »gröbster Unfug«.617 So sehr das Klavier in konstruktionstechnischer und künstlerischer Sicht einen Höhenflug erlebte,618 so sehr angefeindet wurde sein boomender häuslicher Gebrauch. Hanslicks Kollege Max Kalbeck (1850–1921), Musikkritiker beim »Neuen Wiener Tagblatt«, veröffentlichte schließlich im »Antirüpel« eine wahre Suada gegen das Folterinstrument : Welchen Namen gebe ich der satanischen Erfindung eines von Gott abgefallenen Engels ? Das mit tausend und abertausend arglistig abgestuften Graden der Pein ausgerüstete Folterwerkzeug, den von unsauberen Geistern der Plage wimmelnden Jammerbehälter, den gefühlsleeren, mitleids- und erbarmungslosen Seelenzwinger, die unerschöpfliche, eine Legion von Nervenübeln enthaltende musikalische Pandorabüchse, die von tönenden Dolchen starrende, jederzeit mit unentrinnbarer Umarmung drohende hölzerneiserne Jungfrau, das fürchterliche Instrument, auf welchem der Teufel und seine Großmutter an Sonn- und Feiertagen vierhändig spielen, um den Himmel zu verhöhnen und die Hölle noch heißer zu machen …, wer erkennt in diesen schwachen, weit hinter der furchtbaren Wirklichkeit zurückbleibenden Bildern nicht das sogenannte Hausklavier ?619 Klopfkanonaden
Zur Kategorie des häuslichen Lärms, der von den Höfen bis auf die Straße drang, gehörte auch das häufig vernehmbare Klopfen von Teppichen, Möbeln und Kleidern. Für Lessing war dies schlicht die »heimtückische, gemeinste Lärmart«, eine »kontinuierliche Kanonade«, denn angesichts der Größe vieler Miethäuser galt : »Irgendwo wird immer geklopft (…)«.620 Eduard Pötzl bezeichnete das diesbezügliche Reinemachen verständnislos als »Ungewitter«, das insbesondere vor den Festtagen losbreche : Das wüthende Klopfen der Teppiche, Möbel, Betten und Kleider übertönt das Straßengeräusch und bringt den männlichen Theil der Bevölkerung, sofern er nicht in Gestalt von Dienstmännern und Hausdienern an dem gräßlichen Werke selbst thätig ist, zur Verzweiflung. (…) Alles rennet, wettert, fluchet – doch der Höllenlärm schweigt nicht eher, bis der meiste Staub und Schmutz ausgetauscht sind.621
Selbst in den sonst relativ ruhigen Villenvierteln in Baumgarten oder Döbling sei, was das Klopfen betraf, geradezu eine »wilde Anarchie zu beklagen« : »Von früh bis spät wird zu jeder beliebigen Zeit geklopft, namentlich im Frühling und Sommer. Da es keine Höfe gibt, schallt es von einem Ende zum andern. (…) Jeder Dienstbote, jeder
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Hausmeister haut drauf los, wann es ihm beliebt (…).«622 Auch Felix Salten empfand dies als kulturelle Schande und empörte sich zutiefst, dass derartige Unsitten nach wie vor existierten und die Dienstboten in den Villenvierteln »morgens, mittags, abends mit ihrem Pracker Gedanken, Nerven und Gemüt zerdreschen dürfen.«623 Fasst man die Palette der Lärmbeschwerden zusammen, zeigt sich, dass zwei wesentliche Gruppen an Alltagsgeräuschen ausgeblendet blieben. So gab es wenig bis gar keine Klagen über das Geläute der Kirchenglocken. Obwohl Lessing diesen Geräuschkomplex durchaus in sein persönliches Lärmregister aufgenommen hatte,624 spielte er in Wien keine nennenswerte Rolle. Im Unterschied übrigens zu Frankreich, wo – wie Corbin gezeigt hat – das Ertönen der städtischen Glocken insbesondere zur Morgenzeit ab den 1860er-Jahren zunehmend als Belästigung empfunden wurde und gar die Rede von der »Glockenfolter« aufkam.625 Die Ursachen dafür mögen in einem stärkeren identifikatorischen Bezug zu Glocken im katholischen Wien liegen. Die sakrale Konnotation des Läutens scheint noch relativ intakt gewesen zu sein, sodass die Toleranzschwellen deutlich höher waren als in anderen, stärker protestantisch geprägten Ländern. Darauf deutet auch die Zuschrift in einer Wiener Zeitung hin, in der auf Lessings Glockenbeschwerde entgegnet wurde, dass deren Glockenläuten letztendlich Musik sei und dies das praktische Leben – berechtigten Traditionen gemäß – gleichsam heiligend verwalte.626 Ebenso über weite Strecken toleriert wurde von den Wienern der Lärm der Gewerbebetriebe und Fabriken. Lediglich die überlauten Signalpfeifen mancher im innerstädtischen Gebiet gelegenen Produktionsstätten erhitzten bisweilen die Gemüter der Anrainer.627 Davon abgesehen waren Fabrikgeräusche durchaus positiv konnotiert. Sie wurden als akustische Begleiterscheinung der ökonomischen Existenz angesehen und galten als weitgehend unvermeidlich. So meinte Michael Haberlandt : (…) die Geräusche und der Schall der Arbeit sind es nicht, die uns weh thun. Das Lied des Hammers, der Schrei der Säge, das Pochen und Rammeln der Werkstatt, das Stampfen der Maschinen wird schließlich ertragen : wir leben doch um diesen Preis.628
Eindeutig waren es die akustischen Emanationen der unteren Bevölkerungsschichten – ihre Schreie und Rufe, ihr unzivilisiertes Verhalten bis hin zum unbegabten Klavierspielen –, die am häufigsten beklagt wurden. So verbargen sich hinter der Auseinandersetzung mit dem Lärm in Wahrheit ein Klassenkampf und eine sozialräumliche Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Territorien der Großstadt. Deutlich zeigt die regionale Herkunft der Beschwerden, dass diese sich überdurchschnittlich häufig auf den Lärm in bürgerlichen Innenstadtbezirken bezogen, wo auch der Großteil der Sympathisanten des »Antilärmvereins« wohnte : auf die Innere Stadt, Leopoldstadt, Josefstadt, auf Mariahilf, Währing oder Alsergrund. In letztgenanntem
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Bezirk befand sich im Übrigen mit dem Allgemeinen Krankenhaus ein stadthygienisch besonders sensibler Ort, an dem der Straßenlärm noch störender als sonst empfunden wurde.629 Entschieden versuchten die Lärmgegner ihre Bezirke akustisch »sauber« zu halten und sich auch auf der Ebene des Hörens abzugrenzen von den Arbeitervierteln außerhalb der Gürtellinie, deren vermeintliche Gefahr und Pathologie sich nicht zuletzt im Umgang mit dem Lärm manifestiere. Städtevergleich So manche Zeitgenossen fragten sich : War Wien lauter, geräuschvoller, lärmverseuchter als andere Großstädte ? Schon Theodor Lessing bemerkte, dass man nirgendwo sonst die psychologische Wirkung des Lärms besser studieren könne als in Wien.630 Andere bezeichneten Wien schlicht als »die nervöseste Großstadt des Kontinents«631 und beklagten, dass der Verkehrslärm hier lauter und »weit unerträglicher« sei als beispielsweise in London.632 Folgende Gründe wurden dafür genannt : das in keiner anderen europäischen Hauptstadt mehr so häufig verwendete Steinpflaster, im Unterschied zu Asphalt- und Holzstöckelpflaster ; die relativ geringe Straßenbreite und die große Dichte der Verbauung ; die nach wie vor oberirdisch verlaufende Straßenbahn, wohingegen während es etwa in London, Paris oder Berlin bereits Untergrundbahnen existiertengab ; der weitgehend ungeregelte Straßenverkehr, der zum permanenten Signalgeben animiere ; die vergleichsweise heterogene Funktionsnutzung in den einzelnen Stadtteilen und schließlich die ausgeprägte Tendenz der Wiener zum mutwilligen und rücksichtslosen Lärmen.633 Vor allem Letzteres wurde mehrmals als spezifischer Wiener Beitrag zur großstädtischen Geräuschkulisse hervorgehoben. Eduard Pötzl ärgerte sich darüber, dass in »keiner Stadt des Continents« so viel unnützer Lärm erzeugt werde wie in Wien, wo die Menschen bemüht seien, »ihr Erdenwallen so laut als möglich zu betonen, gleichsam, als fürchteten sie, sonst übersehen zu werden.«634 Felix Salten empörte sich über das in Wien so häufige »erbarmungslose Peitschenknallen«, das »rohe, tief verhaßte ›Höööh !‹ ›Ueüüööh !‹ der Kutscher«, die vielen Hupsignale der Autofahrer und vor allem über die enormen Beeinträchtigungen durch die Straßenbahn : »In keiner Großstadt ist das Glockenzeichen, das Sausen, Heulen, Wimmern und Stöhnen der elektrischen Straßenbahn so überlaut, so mutwillig lästig wie in Wien.« Es sei schlichtweg »die Rücksichtslosigkeit, die uns regiert.«635 Und auch Schriftstellerkollege Max Winter argumentierte in diese Richtung und konstatierte angesichts des auf den Wiener Straßen ständig anzutreffenden Geschreis, »in einer Stadt der Rücksichtslosen zu sein, (…) in
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der alle glauben, ein Recht auf möglichst größten Lärm zu haben, und in der alle diese Lärmfreiheit unverschämt nützen.«636 Winter sprach denn auch von einem eigenständigen »Wiener Lärm«, ebenso wie Adam Müller-Guttenbrunn, für den sich die typische Klangfarbe desselben allerdings nicht direkt auf der Straße, sondern erst aus der Distanz offenbarte. Erst wenn man das Zentrum der Stadt verließ und etwa im Währinger Cottageviertel in die Höhe emporstieg, konnte man, so Guttenbrunn, die Wiener Mischung aus Brausen und Stampfen, Hämmern und Schmieden, Tuten, Pfeifen und Rollen vernehmen.637 Eine ähnliche Wahrnehmung von der Höhe aus machte Robert Musil, der den metropolitanen Klang in ein berühmt gewordenes literarisches Bild fasste. Gleich zu Beginn seines Romans »Der Mann ohne Eigenschaften« imaginierte er Wiens Geräuschkulisse des Jahres 1913 als Vielzahl von Einzelsignalen, die aufgingen im großen Soundscape der Moderne mit ihrer abstrakten Dynamik und die in Summe ein durchaus charakteristisches Lautbild ergaben : Hunderte Töne waren zu einem drahtigen Geräusch ineinander verwunden, aus dem einzelne Spitzen vorstanden, längs dessen schneidige Kanten liefen und sich wieder einebneten, von dem klare Töne absplitterten und verflogen. An diesem Geräusch, ohne daß sich seine Besonderheit beschreiben ließe, würde ein Mensch nach jahrelanger Abwesenheit mit geschlossenen Augen erkannt haben, daß er sich in der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien befinde. (…) Wie alle großen Städte bestand sie aus Unregelmäßigkeit, Wechsel, Vorgleiten, Nichtschritthalten, Zusammenstößen von Dingen und Angelegenheiten, bodenlosen Punkten der Stille dazwischen, aus Bahnen und Ungebahntem, aus einem großen rhythmischen Schlag und der ewigen Verstimmung und Verschiebung aller Rhythmen gegeneinander, und glich im ganzen einer kochenden Blase, die in einem Gefäß ruht, das aus dem dauerhaften Stoff von Häusern, Gesetzen, Verordnungen und geschichtlichen Überlieferungen besteht.638
Aufgrund der städtebaulichen Spezifika mochten aufmerksame Zeitgenossen durchaus hörbare Unterschiede zu anderen Millionenstädten erkannt haben. Weitgereiste Journalisten wie Max Winter stellten bei Aufenthalten in anderen europäischen Großstädten gerne auditive Vergleiche an. Als Winter im Jahr 1900 anlässlich der Weltausstellung Paris aufsuchte, interessierte er sich neben der Effizienz der städtischen Infrastruktur, der Gestaltung des öffentlichen Raumes und dem Funktionieren des Handels in besonderem Maße für das akustische Erscheinungsbild der französischen Metropole. In mehreren Artikeln in der »Arbeiter-Zeitung« veröffentlichte er seine Vergleichsstudien und stellte bezüglich des Lärms fest, dass dieser sich in den Pariser Straßen ganz anders anhöre als in Wien. So könne man, obwohl das Verkehrsaufkommen in Paris zehnfach höher sei, generell einen »gedämpfteren Grundton« feststellen. Grund seien die vielen Straßen mit Holzstöckel- und Asphaltpflasterung und die beachtliche
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Abb. 36: Rücksichtsloses Lärmen: Grinzing, Scherzkarte, um 1900
Verbreitung unbeschlagener Pferdehufe, aber auch die tausenderlei mehr Stimmen des Straßenhandels.639 Im harten Wettbewerb der Metropolen, bei dem Wien sich nicht zuletzt über den Stand der eigenen Entwicklung klar zu werden versuchte, blickte man stets auch nach Berlin, der traditionellen Rivalin unter den deutschen Großstädten. Hier fiel der Vergleich aus akustischer Sicht ambivalent aus. Während die einen ironisch feststellten, dass man, aus Berlin kommend, nahezu immun gegen jede Art des Straßenlärms sei,640 verliehen andere Berlin die »Palme der Geräuschlosigkeit« angesichts der dort existierenden breiten Straßen und konsequenten polizeilichen Maßnahmen.641 Verglichen mit Wien war Berlin in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zweifellos die modernere und – mit Blick nach Übersee – bereits stärker amerikanisierte Metropole.642 Tatsächlich lagen die künftigen Referenzorte nunmehr in den USA, wo Städte wie Chicago und New York emblematisch die Urbanität der Neuen Welt verkörperten. Wie der Historiker Marcus Gräser gezeigt hat, rekurrierte der Großstadtdiskurs im Visuellen vornehmlich auf Chicago, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit enormer Schnelligkeit zur zweitgrößten Metropole des Landes herangewachsen war und mit seinen Wolkenkratzern, Schlachthöfen und sonstigen kapitalistischen Insignien als Fluchtpunkt und Endstadium einer modernen Metropole galt. In Deutschland galt das dynamische Berlin als europäisches Chicago, Wien hinkte deutlich hinterher.643
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Akustisch gesehen war in den Debatten eindeutig New York als größte Metropole der USA und Geburtsstätte der Antilärmbewegung die führende Referenzstadt. In den diskutierten Rankings über die lautesten Städte der Welt lag New York stets unangefochten an der Spitze.644 Dabei ist jedoch zu bedenken, dass nur die wenigsten die USA aus persönlichem Erleben kannten. Zu ihnen zählte der Wiener Wirtschaftsexperte Alexander Dorn, der sich fünf Wochen lang an der amerikanischen Ostküste aufhielt und dabei u. a. New York und Philadelphia besuchte. Nach seiner Rückkehr berichtete er im Frühjahr 1900 in mehreren Vorträgen über seine Reise. Der erste Eindruck von New York war auch für ihn »eine kolossale Bewegung von Menschen, ein Gedränge, ein Lärm«. Zu Letzterem trug die Hochbahn (»elevated railway«) entscheidend bei, die – auf eisernen Stützkonstruktionen fahrend – einen »Höllenlärm« verursachte.645 Auch in Wien begann, wenngleich weit schwächer als in Berlin, ein Amerikanismusdiskurs, der die Stadt als Metropole von amerikanischer Betriebsamkeit projizierte. So verspürte der Journalist Karl Marilaun bereits 1913 den »ruhelosen Atem eines amerikanisch sich gebärdenden Jahrhunderts. (…) Autohupen, Stadtbahnlokomotiven, abertausend Fabrikssirenen, der sausende Tanz der Maschinen, zerstören die altväterliche Behaglichkeit, die man dieser Stadt so lange nachsagen durfte.«646 Der Amerikanisierung wurde in Wien indes deutlich defensiver und bis zu einem gewissen Grad auch melancholischer begegnet als im vitalen Berlin. Das altväterliche, stark historisch konnotierte Wien sah sich in seinem Selbstverständnis weit eher als ein »Damm und Bollwerk wider den eindringenden Amerikanismus«.647 Großstädte wie New York oder Chicago waren bei vielen Wiener Autoren aus dem bürgerlichen Milieu angstbesetzt, lösten Zerstörungs- und Untergangsfantasien aus – auch im Akustischen. Schon 1908 hatte Hermann Bahr festgestellt, Wien sei »eine kleine Stadt, die zu groß wird und Angst davor kriegt«.648 Gegenmaßnahmen Immer dringender wurden wirksame Strategien zur Eindämmung des Lärms gesucht. Dabei schien der Spielraum hierfür relativ beschränkt, wie der Berliner Stadtbauinspektor Georg Pinkenburg in einer einschlägigen, 1903 veröffentlichten Studie unmissverständlich feststellte. Vor allem den Straßenlärm konnte man seiner Meinung nach bestenfalls verringern, keinesfalls aber völlig beseitigen.649 Ähnlich desillusioniert, die scheinbare Machtlosigkeit der städtischen Gesundheitsbehörden kennzeichnend, äußerte man sich auch in Wien. Hier prognostizierte das Stadtphysikat über den Straßenlärm, dass »dessen erfolgreiche Bekämpfung in Großstädten wohl für lange Zeit nur ein frommer Wunsch bleiben dürfte.«650 Nichtsdestoweniger wurde eine Fülle von
Gegenmaßnahmen
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baulichen, technischen, juristischen und planerischen Maßnahmen diskutiert und – mehr oder weniger erfolgreich – erprobt. »Geräuschloses Pflaster«
Als eine der wenigen großflächig wirksamen Maßnahmen hatte sich die Befestigung des Straßenuntergrundes mit sogenanntem »geräuschlosem Pflaster« (Asphalt- bzw. Holzstöckelpflaster) anstelle des holprigen und lauten Kopfsteinpflasters bewährt. Im Unterschied zu anderen Städten setzte sich seine Anwendung in Wien allerdings nur zögernd durch. Bereits 1838 war in der Wiener Innenstadt erstmals eine Probeasphaltierung vorgenommen worden, die jedoch nicht zufriedenstellend ausgefallen war. Weitere Versuche mit asphaltierten Gehsteigflächen folgten 1839 am Getreidemarkt, 1840 im Jesuitenhof und auf der Wasserkunstbastei, 1844 sowie erneut 1846 beim Gundelhof am Bauernmarkt. Sie zeitigten allesamt nicht das gewünschte Ergebnis und trugen nicht wenig zum Gelächter der Bevölkerung bei, die sich über das klebrige und zu wenig witterungsbeständige Material mokierte.651 Erst im Jahr 1872 ging man, im Zuge der Vorbereitungsarbeiten zur Wiener Weltausstellung, daran, auch Fahrbahnflächen mit Asphalt zu belegen. Die stark befahrene Kärntnerstraße sowie die Johannesgasse wurden mit Naturasphalt versehen. Doch auch diesem Unternehmen war keine Dauerhaftigkeit beschieden, und die Straßendecken mussten fast jedes Jahr ausgebessert und schließlich zur Gänze wieder entfernt werden.652 Deutlich hatte sich gezeigt, wie sehr Wien in dieser Angelegenheit hinter anderen Großstädten wie London, Paris oder Berlin zurücklag, weshalb denn auch ab den 1870er-Jahren eine immer heftigere Diskussion um die »Pflasterungsfrage« entbrannte. Während die Gegner des Asphaltpflasters seine geringe Witterungsbeständigkeit und die besonders bei nassem Wetter erhöhte Rutschgefahr für Pferde und Fuhrwerke betonten, wiesen die Befürworter auf die hygienischen Vorteile der fugenlosen Oberfläche, seine leichtere Reinigung und nicht zuletzt seine deutlich geringere Lärmerzeugung hin.653 Auch in den folgenden Jahrzehnten wurde die »geräuschlose Pflasterung« nur behutsam vorangetrieben, obwohl längst unstrittig war, dass asphaltierte Straßen auf »die ohnehin genug angegriffenen Nerven des Großstädters in hohem Maße beruhigend« wirkten.654 Gemäß einer Statistik aus dem Jahr 1892 waren in Wien erst rund 55 Straßenkilometer mit Asphalt belegt (im Unterschied zu 771 Kilometer in Berlin).655 Auch die »Österreichische Gesellschaft für Gesundheitspflege« nahm sich nunmehr des Themas an und wies in ihren Schriften auf die eindeutigen akustischen Vorzüge des Asphaltpflasters hin. In einem im März 1902 auf der Jahresversammlung des Vereins gehaltenen Vortrag hob Dr. Konrad Rumpf erneut die »nervenhygienische Notwen-
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digkeit« des Asphaltpflasters hervor und plädierte eindringlich dafür, den im europäischen Vergleich eklatanten Rückstand so rasch wie möglich aufzuholen : Wenn man die Entwicklung überschaut, welche im Laufe weniger – etwa zwanzig – Jahre die Frage des geräuschlosen Pflasters, oder vielmehr, sagen wir es gerade heraus : die Frage des Asphaltpflasters genommen hat, wie dasselbe, von schüchternen Versuchen ausgehend, gegenwärtig bereits die grossen, verkehrsreichen Hauptstraßen der Grossstädte erobert hat, so wird man nicht umhin können, anzuerkennen, dass wir uns inmitten einer grossartigen Umwälzung befinden, wie solche sich im Laufe der Jahrhunderte auf allen Gebieten des menschlichen Schaffens vollzogen haben, und wird die Ueberzeugung nicht von sich weisen können, dass die Tage der seit geschichtlicher Zeit datierenden Herrschaft des Steines gezählt sind. Andere grosse Städte haben diese Erkenntnis bereits gewonnen, wir Wiener aber wollen auch zu ihr gelangen.656
Längst hatte sich unter Experten die Überzeugung durchgesetzt, dass Geräuscharmut aus hygienischer wie aus städtebaulicher Hinsicht zu den wichtigsten Kriterien für ein modernes Straßenpflaster gehöre (neben Verkehrssicherheit, Sauberkeit, Geruchs- und Staubfreiheit).657 Als die Zeitungen vermeldeten, dass auch die Wiener Ringstraße zumindest teilweise mit geräuschlosem, glattem Pflaster versehen werden solle, vermerkte ein Zeitgenosse zufrieden, dass ihr dies wohl eindeutig »zur Zierde und zum Vortheile gereichen würde«.658 Hier, wie auch auf den anderen bereits asphaltierten Straßen, mag man, wie Konrad Rumpf feststellte, nunmehr wieder »getrost lustwandeln, ohne fürchten zu müssen, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen könnte«.659 Das Ausmaß der Asphaltpflasterung war zu einer zentralen Großstadtfrage geworden, zu einem Kennzeichen für Fortschritt und Modernität. Internationales Vorbild war Paris, wo um 1900 bereits mehr als 30 Prozent aller Verkehrsflächen asphaltiert waren,660 während es in Wien des Jahres 1907 erst 1,7 Prozent (171.000 m2) waren.661 Als Grund für den derart geringen Anteil gab die Wiener Stadtverwaltung die leichtere Beschaffung der Granitsteine aus den kommunalen Steinbrüchen an, deren lange Lebensdauer und geringere Erhaltungskosten. Angesichts der häufigen Straßenaufgrabungen sei das Aufreißen und Neuverlegen des Granitpflasters zudem mit deutlich weniger Übelständen verbunden. »Es besteht aber die Absicht, in den nächsten Jahren geräuschvermindernde Pflasterungen in großer Ausdehnung auszuführen, schon deshalb, weil das Verlangen nach denselben infolge des beständig zunehmenden Verkehres immer größer wird.«662 Die Stärke des Wiener Asphaltbelags betrug im Regelfall vier bis fünf Zentimeter, wobei ausschließlich Stampfasphalt verwendet wurde. Um die Rutschgefahr zu verringern, hatten die Straßen eine maximale Steigung von 17 Promille aufzuweisen ; nur
Gegenmaßnahmen
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Abb. 37: Pflasterungsarten, um 1900: Kopfsteinpflaster (oben) und »geräuschloses Pflaster« (Mitte, unten)
bei Straßen mit geringem Verkehrsaufkommen durfte die Steigung bis zu 20 Promille betragen.663 Noch geräuschmindernder als das Asphalt- war das Holzstöckelpflaster, das seit 1875 auf den Straßen der Stadt verlegt wurde und mit dem auch Steigungen bis zu 30 oder sogar 40 Promille bewältigt werden konnten. Aufgrund der höheren Elastizität des Holzes war die Fahrbahn angenehm und »nahezu geräuschlos« zu befahren ; vor allem das Pferdegetrappel wurde deutlich gedämpft. Doch wenn das Holzpflaster in
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Sachen Lärmdämmung auch alle anderen Pflasterarten übertraf, erschien es aus hygienischer Sicht recht problematisch, mit seinen zahlreichen Fugen und seiner relativ starken Abnützung. Ende des Jahres 1907 waren denn auch erst 1,4 Prozent der Wiener Verkehrsflächen (133.700 m2) mit einem Holzpflaster versehen.664 Bevorzugt verlegt wurde es in besonders ruhebedürftigen Zonen, vor Schulen und Krankenhäusern. Hier hatte man bislang zu diesem Zweck Stroh auf die Straße gestreut, in anderen europäischen Städten auch Torf oder Sand.665 An die Strohverteilung als lärmmindernde Maßnahme konnte sich noch die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Rosa Mayreder (1858–1938) erinnern. Als Kind, bürgerlich aufgewachsen im 1. Bezirk, Landskrongasse, war sie in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung immer wieder mit dem ungewöhnlichen Dämmstoff konfrontiert gewesen : Wenn ein wohlhabender Einwohner krank war, ließ er die Straße vor seiner Wohnung mit Stroh bestreuen ; überdies stand ein Polizeimann Wache, damit die Wagen im Schritt vorüberfuhren, und die Gouvernante dämpfte unsere Äußerungen über dieses interessante Begebnis mit der Mahnung : »Kinder, nicht so laut, hier ist jemand krank.« Behutsam und doch vergnügt stapften wir durch das Stroh mit seinem friedlichen Landgeruch ; es war ein Genuß mit einem kleinen Schauder darin.666
Noch im Jahr 1906 wurden Straßen in der Innenstadt auf diese Art gedämpft, wie eine Beschwerde über die nachlässige Entsorgung der dicken Strohschichten belegt.667 Offenkundig ziemlich ungleich war die räumliche Verteilung des »geräuschlosen Pflasters«. Aristokratisch-bürgerlich dominierte Stadtviertel waren eindeutig bevorzugt gegenüber vorstädtischen Arealen, wie manche Kritiker feststellten. So empörte sich etwa Wilhelm Stekel : »Es liegt eine ungeheure soziale Ungerechtigkeit darin, daß die vornehmen Straßen mit Asphalt und Holzstöckelpflaster belegt und meistens vom Tramwayverkehr verschont sind. Draußen, wo die Paläste aufhören, wo die Zinskasernen beginnen, da ist die Region des holprigen Pflasters.«668 Und auch Max Winter beklagte wiederholte Male, dass proletarische Vorstädte wie Favoriten stark benachteiligt wären und hier nur ein kleines Stück der Favoritenstraße, vor dem Bezirksgericht und dem danebengelegenen erzherzoglichen Palais, mit dem »nervenschonenden Pflaster« ausgestattet sei. Die »gewöhnlichen Sterblichen« hätten von diesem Segen somit nichts.669 In klassenkämpferischer Manier kritisierte er die Wiener Stadtverwaltung ob ihrer einseitigen Vorgangsweise und legte dar, warum welche Straßenzüge bevorzugt würden : Auch der Herzog von Cumberland, der etwa sechs Wochen alljährlich in seinem Penzinger Palais zubringt, ist denen beigestellt, deren Nerven zu schonen sind. Aber alle übrigen Wiener, alle von der misera plebs contribuens [das arme steuerzahlende Volk, Anm. P. P.] werden von
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den Herren am grünen Tisch auf Roßnerven eingeschätzt, denen man vor die Fenster das holperige Granitwürfelpflaster setzen darf, über das die Wagen um so lärmender humpeln und rasseln, je schwerer sie sind oder je schneller sie fahren. Nur die Straßen der Innern Stadt, in denen sich die wichtigsten Staats, Landes- und Stadtämter befinden, die Herrengasse, Wipplingerstraße und der Dr. Karl Luegerplatz (…) haben Asphaltpflaster und die paar wichtigsten Geschäftsstraßen Kärntnerstraße, Graben, Kohlmarkt. Alle Seitengassen haben auch hier schon wieder das nerventötende harte Granitwürfelpflaster und rasselnd fallen darauf die Räder des Fuhrwerks, wenn sie von der glatten Fläche des Asphalts in eine Seitengasse abbiegen. Die Ausnahmen und ganz besonders die »hoher« Geburt zuliebe gesetzten erweisen, daß Verwalter Wiens ganz gut wissen, welches Pflaster die Großstadt braucht.670
Die Verlegung des »geräuschlosen Pflasters« war – zumindest in den Anfangsjahren – eine zutiefst soziale Frage. Erst in den folgenden Jahrzehnten sollte der Asphalt in allen Stadtbereichen zum bevorzugten Straßenbelag werden und schließlich auch das Holzstöckelpflaster verdrängen. Die automobile Fortbewegung hatte ihren idealen Untergrund gefunden, und der Asphalt war auf dem besten Wege, zum mythisch aufgeladenen »Stoff der Großstadt« zu werden.671 Elektroauto und Elektrobus
»Haben die Techniker es zustandegebracht, so viel Lärm in der Welt zu machen, so müssen sie auch das Genie besitzen, ihn wieder zu bekämpfen«, forderte ein lärmgeplagter Zeitgenosse im November 1908.672 Es war die technische Lösung des Lärmproblems, in die man zunächst die größten Hoffnungen setzte. Auch Michael Haberlandt urteilte fortschrittsgläubig : »Pfui über die faule Technik, die uns keine geräuschlosen Fahrbahnen, keine lautlos rollenden Räder aufzwingt !«673 Erneut stand der komplexe Bereich des Verkehrs im Mittelpunkt, bei dem man – abgesehen von den oben erwähnten Straßenbelägen – zahlreiche neue Erfindungen ausprobierte. Schon in den Anfangsjahren der Automobilisierung, als noch unentschieden war, welche Antriebsart sich künftig durchsetzen würde, kamen Elektrofahrzeuge auf den Markt, die deutlich lärmreduzierter waren als die mit Benzin oder Dampf angetriebenen Wagen. In Wien gehörte die Firma Lohner zu den Pionieren auf diesem Gebiet, hatte Ludwig Lohner doch »die volle Sympathie des Publikums, welches für alles Electrische schwärmt«, erkannt.674 In den Jahren 1897 bis 1899 konstruierte er gemeinsam mit Belá Egger zwei Prototypen. Die Probefahrt des ersten »Egger-Lohner-Elektromobils«, vom Firmensitz in der Porzellangasse aus gestartet, war, so Lohner, aus akustischer Sicht durchaus bemerkenswert, fuhr man doch »ohne Scheppern, Gestank und gelegentliches Krachen, wie man es von den Benzinwagen gewohnt ist, geruch- und geräuschlos, nur mit einem feinen metallischen Glockenklang«. Lohner war optimis-
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tisch, dass das »Weltdorf Wien« damit den Anschluss an die führenden Großstädte mit Elektroautomobilen erlangen könnte, gleich hinter New York, Paris und London.675 Vor allem in den USA waren Elektrofahrzeuge zur Jahrhundertwende bereits weit verbreitet, allein in New York fuhr die Hälfte der Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb.676 Auf der 1899 in Berlin abgehaltenen »Internationalen Motorwagenausstellung« wurden die Vorteile klar herausgestrichen : Während die Motorfahrzeuge mit Benzin, Dampfbetrieb u. s. w. gleichsam den bürgerlichgewerblichen starken und kräftigen Typus derjenigen Beförderungsmittel repräsentieren, die gebaut werden, um wiederholten und starken Stössen widerstehen zu können, um schwere Lasten zu transportieren, lange Strecken auf Landsträssen mit mehr oder minder gutem Pflaster zurückzulegen, haben die elektrisch betriebenen Fahrzeuge die vornehmere Aufgabe zu erfüllen, in verkehrsreichen Strassen grösserer Städte geräusch- und geruchlos zu verkehren, angenehmer, bequemer und schneller, als es das beste Pferdegespann im Luxuswagen zu leisten im stände wäre.677
Lohners Prototypen, von denen nur wenige Stück gebaut wurden, erwiesen sich jedoch noch als zu störungsanfällig, die Motoren und Akkumulatoren erzielten noch nicht die gewünschten Leistungen. Auch Leopold Graf Kolowrat, in den 1890er-Jahren einer der ersten Fahrer mit einem Elektroautomobil, war von den anhaltenden Problemen seines Fahrzeugs enttäuscht. Jahre später erinnerte er sich : Damals waren der Lärm und der Geruch eines Autos noch eine so peinliche Sache, daß man mir riet, es mit den zarten, geruchlosen und geräuschlosen elektrischen Wagen zu versuchen. Besonders ein seither verstorbener Erfinder von Akkumulatoren versprach mir großartige Erfolge seiner Erfindung und hauptsächlich seinetwegen kaufte ich statt eines Benzinwagens einen elektrischen Wagen, der mir aber unbeschreiblichen Kummer verursachte. (…) In der Tat bin ich unzählige Mal stolz zu Roß mit meinem elektrischen Wagen aus der Umgebung Wiens zurückgekehrt. Es war dies der erste in Wien laufende private elektrische Wagen. Ehre seinem Andenken !678
Erst das von Lohner gemeinsam mit Ferdinand Porsche konstruierte Nachfolgemodell, das 1900 auf der Pariser Weltausstellung vorgestellte »Lohner-Porsche-Elektromobil, Modell Nr. 27«, schien überzeugend. Es wies als Innovation einen Radnabenmotor auf, erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 32 Kilometer pro Stunde und eine Fahrleistung von 50 Kilometer mit einer Batterieladung. Von der Fachwelt gelobt und mehrfach ausgezeichnet, sollte es mit seiner einfachen Bedienung, seiner Gestanks- und Lärmreduktion als idealer Stadtwagen fungieren. Als solcher wurde es denn auch von Lohner beworben, der schon bald weitere verbesserte Modelle dieses Typs auf den
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Abb. 38: Lohner-Porsche-Elektromobil für den Stadtverkehr, Werbebild, um 1900
Markt brachte.679 Eines seiner zentralen Verkaufsargumente für diese Stadtwagen hieß : »Die Einzigen dauernd geräuschlosen.«680 Doch der Absatz stockte. Der vergleichsweise hohe Anschaffungspreis, die weiterhin zu geringe Reichweite und der ausschließliche Nutzen im Stadtverkehr waren aus Sicht der potenziellen Abnehmer Nachteile, die den Vorteil der Geräuscharmut keineswegs aufwogen. Bis zum Jahr 1906 konnten nur einige Hundert »Lohner-Porsche« im In- und Ausland verkauft werden, ehe sich in Wien, wie in anderen Städten auch, das aus technischen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Gründen überlegene Benzinautomobil endgültig durchsetzte. Auch die erstmalige Erfindung von elektro- und benzinbetriebenen Hybridfahrzeugen konnte an dieser Entwicklung nichts ändern. Was der Nachwelt allerdings in Erinnerung blieb, war die doch relative Lautlosigkeit der neuen Fahrzeuge. Noch Jahre später charakterisierte der renommierte Feuilletonist und Schriftsteller Raoul Auernheimer das Elektromobil als »lautlos wie auf Filzsohlen vorüberschleichend«.681 Ebenfalls in diese Richtung wirken sollte die Elektrifizierung des Omnibusses, und zwar nicht über Oberleitung wie bei der Straßenbahn (wenngleich es auch solche Versuche gab), sondern mittels Batterie. Vorreiter war Berlin, wo im Frühjahr 1898 weltweit erstmalig ein Batteriebus durch die Straßen fuhr. In Wien fanden ab 1907 Probe-
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fahrten mit Elektrobussen statt, doch erst im Spätwinter 1912 kam es zur Installierung eines geregelten Linienverkehrs. Am 1. März des Jahres erfolgte die offizielle Eröffnung der ersten elektrischen Buslinie Stephansplatz–Volksoper. Unter größtem Publikumsinteresse rollten die Fahrzeuge der »Österreichischen Daimler-Tudor-OmnibusGesellschaft« durch die Stadt, »sanft und geräuschlos«, wie man staunend feststellte. Passanten blieben stehen und blickten den Elektrobussen bewundernd nach, die Plätze in den Fahrzeugen wurden regelrecht gestürmt. Einstiegstelle war das Churhaus am Stephansplatz, von wo sich die Wagen über den Graben Richtung Währinger Straße und Volksoper bewegten.682 Allein am ersten Tag wurden 6500 Personen befördert.683 Insgesamt sieben Busse wurden in Betrieb gestellt, vier Reservewagen standen zusätzlich für Notfälle in einer Garage in der Michelbeuerngasse zur Verfügung. Jeder Wagen wies 13 Sitz- und 5 Stehplätze auf, die Fahrgeschwindigkeit betrug 12 bis 15 Kilometer pro Stunde, die Fahrzeit von einer Endstelle zur anderen rund zehn Minuten. Das Chassis und die elektrische Ausrüstung stammten von der »Österreichischen Daimler-Motoren A.G.« in Wiener Neustadt, die Batterien von der »Akkumulatoren-Fabrik-A.G.« in Wien, die Karosserie steuerte Hofwagenfabrikant Lohner bei. Das Innere der Wagen stellte sich als geräumig und bequem dar. Es gab ein Raucher- und ein Nichtraucherabteil, die Beleuchtung war selbstverständlich elektrisch. Der Antrieb erfolgte über in die Vorderräder eingebaute Motoren, die Batterie war an der Unterseite des Fahrzeugs angebracht. Die Reichweite einer Ladung sollte rund vierzig Kilometer betragen. Zum »Auftanken« fuhr man in eine nach dem neuesten Stand der Technik ausgerüstete Ladestation, die in den Stadtbahnbögen am Währinger Gürtel untergebracht war.684 Die ersten Fahrgäste kamen sich, so ein zeitgenössischer Beobachter, wie »Pioniere des Fortschrittes« und »Vorkoster großer Menschheitserrungenschaften« vor. Feierlich und stolz genossen sie die Fahrt und die stille Verehrung, die die Passanten dem neuen Fahrzeug entgegenbrachten.685 Für die Wiener Bevölkerung war der geräuscharme Elektrobus eine neue Sehenswürdigkeit und Sensation. Wenn er auch nur auf einer vergleichsweise kurzen Strecke verkehrte, so war ein derartiges Fahrzeug doch erstmals für alle benutzbar (der Fahrpreis betrug leistbare 16 Heller für Erwachsene und 14 Heller für Kinder). Dies war ganz nach den Vorstellungen der Gemeinde Wien, die die Konzessionärin und Betreiberin der Linie war und die oben genannte OmnibusGesellschaft, die die Fahrzeuge bereitstellte, nach Kilometerleistung entlohnte. Wien hatte, so die Hoffnung, endlich mit anderen Metropolen, allen voran Berlin, Paris und London, gleichgezogen und damit einen wesentlichen Rückstand auch hinsichtlich des Fremdenverkehrs aufgeholt.686 Und so manche blickten auch zu Hotels in der Schweiz und in Italien, die ihren Gästen schon seit Längerem elektrische Omnibusse des »ruhigen Ganges« wegen anboten.687
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Abb. 39: Einfahrt eines Elektrobusses in die Ladestation am Währinger Gürtel, 1912
Die Wiener Fahrzeuge waren in der Folge gut ausgelastet – ein Umstand, den ein Satireblatt mit den Worten erklärte : Im neuen Elektromobil-Omnibus ist die fabelhafte Frequenz auf drei Ursachen zurückzuführen. Erstens, weil die Wagen erfahrungsgemäss von der Damenwelt bevorzugt werden. Zweitens, weil die Herren trotz der zu engen Sitzplätze sich ebenfalls in die Wagen drängen ; drittens aus den beiden angeführten Gründen.688
Die hohen Erwartungen an die neue Technik erfüllten sich jedoch auch in diesem Fall nicht. Der Betrieb der doch relativ kleinen Elektrobusse erwies sich für die Stadt Wien als unrentabel und zu teuer.689 Geräuschlosigkeit und Sauberkeit waren letztlich zu schwache Argumente für eine Fortsetzung oder gar Ausweitung des Linienverkehrs. Zwar führte man im Juli 1914 noch Versuche mit größeren Wägen durch, die ein Obergeschoss und insgesamt 33 Sitzplätze aufwiesen, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrach auch diese Ambitionen.690 Gummireifen, Korkstein, Doppeltüren
Als nachhaltig wirksame Wohltat für die Ohren erwies sich die Bestückung der Fahrzeugräder mit luftgefüllten Gummireifen anstelle der bisher üblichen Bereifung aus Vollgummi, Metall oder Holz. In den Jahren 1888/89 vom britischen Tierarzt John
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Boyd Dunlop (1840–1921) und dem französischen Industriellen Edouard Michelin (1859–1940) erfunden,691 verbreitete sich die pneumatische Gummibereifung ab den 1890er-Jahren auch in Wien. Fahrräder,692 Autos und Fiaker wurden damit ausgestattet. Letztere, von den Wienern »Gummiradler« genannt, waren im Preis etwas teurer als die herkömmlichen Lohnkutschen, dafür aber besonders begehrt, da sie eine deutlich angenehmere Fahrt ermöglichten. Die Neuartigkeit des exklusiven Gefährts fand sogleich in Kunst und Populärkultur ihren Niederschlag. Volkslieder nahmen sich des Themas an, der Wiener Schriftsteller Richard Österreicher (1881–1966) widmete ihm ein eigenes Lustspiel (»Gummiradler«, 1907), und auch Heimito von Doderer hob später in einem seiner historischen Romane den »leise hüpfenden Gummiradler« als zeitgenössische Besonderheit hervor.693 Doch die neuen Reifen waren nicht unumstritten. So beklagte man, dass sie bei schlechtem Wetter den Straßenkot in alle Richtungen wegschleuderten ; die Fahrzeughalter beschwerten sich über allzu hohe Investitionskosten ; Passanten wiesen auf das Fehlen des gewohnten Warngeräusches und die dadurch erhöhte Gefährdung im Straßenverkehr hin. Max Winter reagierte mit Unverständnis auf die Kritik an der segensreichen Erfindung, die seiner Meinung nach zusammen mit dem glatten Asphaltpflaster von der Stadtregierung gesetzlich verordnet gehörte : Um wie viel näher sind doch wir Wiener der Türkei ! Wir verwünschen noch die Gummiradler statt der Stadtväter, die diesen Fortschritt in der Richtlinie der Schonung unserer Nerven hemmen. Achtet doch einmal auf das Gepolter eines Einspänners alten Stils, der ohne »Wurstradeln«, ja selbst ohne Gummireifen über dem Eisenbeschlag des Rades daherkommt ! Löst das von ihm erzeugte Geräusch von dem übrigen Lärm der Straße und ihr werdet auch die Gummireifen preisen.694
Winter sah sich hier einer Meinung mit Georg Pinkenburg, der ebenfalls dafür plädierte, Gummireifen für alle Fuhrwerke einzuführen, und seine Hoffnung ausdrückte, »daß dem Rade mit Gummieinlage die Zukunft gehört.«695 Ebenfalls deutlich lärmmindernd wirkte sich die technische Verbesserung der Wagenfederung aus, insbesondere bei den bisher oft völlig ungefederten Lastfuhrwerken. Um auch das Getrappel der Zugtiere etwas zu dämpfen, experimentierte man – aller dings soweit bekannt nur in deutschen Städten – damit, Hanfstricke in die Hufe der Pferde zu legen.696 Und nicht zuletzt war auch die Erfindung von leiseren bzw. einstatt mehrtönigen Hupen ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung der so störenden Signalgeräusche. Die schrillen Signalpfeifen der Straßenbahn wurden im Frühjahr 1907 durch spezielle Trompeten ersetzt, die mit einem abnehmbaren Mundstück ausgestattet und somit auch hygienischer zu gebrauchen waren. Sie sollten eine deutlich »angenehmere
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Abb. 40: Werbekarte für Dunlop-Reifen, um 1900
Nuance in den Straßenlärm bringen«,697 eine Erwartung, die jedoch nicht alle teilten. So konstatierte Max Winter unmissverständlich : »Qual ist es ja noch immer.«698 Und die Satirezeitschrift »Wiener Luft« reimte voller Spott : »Die Kondukteure brauchen nicht mehr pfeifen ; / Sie können blasen nun zum Amtsgebrauch. / Anstatt mit Blei die Lippen zu benetzen, / Wird nun ein Blech an ihren Mund geführt, / Anstatt mit gellem Pfiff uns zu entsetzen, / Wird mit Trompeten unser Ohr ruiniert.«699 Dem schwierigen Komplex der Fahrgeräusche begegneten die Techniker mit einer effizienteren Verklammerung der Schienenstöße (nach dem Falk’schen oder Goldschmidt’schen Verfahren). Dies sollte das von den Gleisverbindungen verursachte Rattern, Stoßen und Kreischen minimieren. Im Straßenbahnwagen selbst versuchte man durch geeignete Isoliermaterialien und korrekte Fensterverschlüsse die Lärmeinwirkung so weit wie möglich zu reduzieren.700 Für die in Wien wie in anderen Metropolen teils in Hochlage verkehrende Stadtbahn erwiesen sich Viadukte aus Stein statt aus Eisen als akustisch vorteilhafter, ebenso wie die Verlegung der Geleise in einer genügend starken Kiesbettung.701 Die Störgeräusche im Inneren der Abteile sollten durch vermehrte Verwendung von Holz sowie verbesserte Wagenfederungen und Drehgestelle minimiert werden. Von einem »wirk-
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lich ruhigen Fahren« war man aber, so die Klage eines Zeitgenossen, noch weit entfernt.702 Und schließlich hatte auch die zur Jahrhundertwende in Angriff genommene Elektrifizierung der Straßen- und Stadtbahnen einen lärmmindernden Effekt, der sich für Passanten wie für Anrainer wohltuend bemerkbar machte und in Wien 1903 bzw. 1925 abgeschlossen war. Der noch verbliebene Lärm der Straßenbahnen könnte schließlich, so die Hoffnung, durch Umwandlung derselben zu Untergrundbahnen in die Tiefe versenkt werden. Große Erwartungen setzte man auf die visuelle Neuorganisation einzelner Stadtbereiche. Optische Signale sollten an die Stelle von akustischen treten, Pfiffe, Rufe, Glockenschläge, Sirenen und Hupsignale tendenziell durch Aufforderungen, die allein mit den Augen zu erkennen waren, ersetzt werden, wie sich dies bereits auf Bahnhöfen, in Telefonämtern und in Aufzugsanlagen ansatzweise etabliert hatte.703 Bezüglich des Eisenbahnbetriebs war England das große Vorbild, wo man bereits in den 1870erJahren fast durchgehend auf optische Signale umgestellt hatte. So stellte der deutsche Eisenbahnpionier Max Maria von Weber (1822–1881), der kurze Zeit auch in Wien wirkte, auf einer Studienreise nach England anerkennend fest : Fast lautlos, mit unfehlbarer Sicherheit durch die bewährtesten Signale und Weichenstellapparate geleitet, gleiten die Hunderte von Zügen aus und ein. Kein lautes Signal, kein Läuten, Klingeln, Pfeifen, nichts von all den gellenden Tönen, die man auf dem Kontinente zur Beherrschung des Betriebes für nötig hält, durch welche die Nachbarschaft der Bahnhöfe für den feiner organisierten Teil der Großstädter fast unbewohnbar wird, durchbricht hier das majestätische Brausen des großen Verkehrszentrums. Nichts verkündete hier die gewaltige Bewegung, als das dumpfe, leise, aber fast ununterbrochene Dröhnen der aus und einfahrenden Züge.704
Auch bei der Straßenbahn ging die Entwicklung in eine ähnliche Richtung. Die nach wie vor störenden Trompetenstöße galt es letztlich durch eine Abfolge von lautlos zu betätigenden Signalscheiben zu ersetzen. Erste Vorschläge dazu wurden von den städtischen Technikern bereits 1908 gemacht, die Umsetzung dauerte allerdings noch einige Zeit.705 Großflächige Auswirkungen waren bei Änderungen der Straßenverkehrsorganisa tion zu erwarten. Im Jahr 1913 wurde das bisher weitgehend unreglementierte Verkehrsgeschehen durch neue Fahr- und Gehordnungen reguliert, die u. a. streng ab gegrenzte Bereiche für Fußgänger und Fahrzeuge vorsahen. Hinweisschilder, Bodenmarkierungen und Verkehrsampeln sollten künftig die akustische Beruhigung des Straßenraumes vorantreiben, was in Wien allerdings erst ab Mitte der 1920erJahre in größerem Stil umgesetzt wurde. Ein weiterer Bereich der »Antilärmtechnik« betraf die Wohnräume, die es mit verschiedensten Maßnahmen zu kalmieren galt. Hinsichtlich der Baumaterialien erwies
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sich vor allem Korkstein als geeignetes Produkt zur Schallisolierung der Wände, Decken und Fußböden.706 Die wichtigste Produktionsstätte dafür befand sich in Mödling bei Wien. Hier war im Jahr 1884 die erste Korksteinfabrik der Monarchie gegründet worden, die sich schon bald zu einem Großunternehmen entwickelte mit weiteren Standorten in Ungarn und Böhmen. Die industriell gefertigten Dämmmaterialien und Leichtbaustoffe dienten der Wärme- und Kälteisolierung, aber auch explizit der Schalldämmung, wozu insbesondere die Korksteinmarken »Emulgit« und »Reform« herangezogen wurden. Zwischenwände und Decken konnten damit effizient gegen Schallübertragung isoliert werden, wie sich bereits bei einigen Hotels (etwa dem renommierten Hotel Erzherzog Johann am Semmering) sowie bei Büro- und Schulgebäuden gezeigt hatte.707 Auch die neue »Handels- und Gewerbekammer für Nieder-Österreich in Wien«, nach Plänen von Ludwig Baumann 1907 am Stubenring eröffnet und durchwegs mit modernster Gebäudetechnik ausgestattet, legte für ihre Büros größten Wert auf Schallschutz. Für sämtliche Zwischendecken wurden patentierte Eisenbetondecken der Fa. G. A. Wayss jun. verwendet, die sich durch »bisher unerreichte Schalldichtigkeit« auszeichneten.708 Andere Firmen wiederum bewarben den Einbau von »Schlagdämpfern« zur Verhinderung des oft allzu lauten Türzuschlagens oder von Vorrichtungen gegen das lästige Rütteln der Fenster.709 Der Einbau von Doppelfenstern, in die gegebenenfalls schalldämpfende Polster gelegt werden konnten, war bereits weitgehend Standard, Doppeltüren hingegen waren bislang fast ausschließlich in Hotels verbreitet. In Wien hatte das anlässlich der Wiener Weltausstellung errichtete Hotel Métropole am Franz-Josefs-Kai, mit mehr als dreihundert Zimmern eines der größten und mondänsten Häuser der Stadt, erstmals Doppeltüren, die sogar teilweise gepolstert waren. Anlässlich der Eröffnung im April 1873 hieß es dazu : »Die Thüren der einzelnen Zimmer sind doppelt angebracht – ein Vorzug, den jeder Reisende, der nächtliche Ruhe wünscht, hoch genug veranschlagen wird.«710 Bei der Verlegung von Böden plädierten Ingenieure dafür, die Dielen nicht direkt auf die Trägerbalken zu nageln, sondern auf in Schüttungsmaterial eingebettete Spurleisten.711 Die Böden sollten schließlich noch mit dicken Teppichen belegt werden, wie dies Kaiser Franz Joseph in seinem Arbeitszimmer in der Hofburg vorbildhaft vorexerzierte : »Dichte dunkle Teppiche bedecken den Boden des Schreibzimmers. (…) Kein lauter Stundenschlag, noch weniger ein hörbarer Tritt darf hier ertönen. Die größte Geräuschlosigkeit ist neben strenger Pünktlichkeit die Hauptbedingung zur Erwerbung für die Zufriedenheit des Kaisers.«712 Zur Eindämmung der häuslichen Klaviermusik entwickelte die Wienerin Helene von Baußnern, Pianistin und Mitglied des »Antilärmvereins«, einen speziellen Tondämpfer, der sich an allen Instrumenten leicht anbringen ließ. Vom »Antilärmverein« als »einzige zweckentsprechende Spezialität in ihrer Art« gelobt, wurde seine Anwen-
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dung von den Klaviererzeugerfirmen, so die Klage, allerdings weitgehend ignoriert.713 Ganz im Gegensatz zum »Zentralverband der Hausbesitzervereine von Wien und Umgebung«, der in seinen neuen Hausordnungen dringend die Verwendung eines Klaviertondämpfers empfahl.714 Als Ergänzung zu den auch immer wieder beklagten Geräuschen von Klingeln und Glockenzügen wurde zur Jahrhundertwende in manchen Gebäuden eine frühe Form der Gegensprechanlage installiert. Die Räume zwischen den Geschossen waren durch Sprachrohre miteinander verbunden, deren Enden jeweils ein aus der Wand ragendes Mundstück aufwiesen. Dieses war in manchen Fällen zusätzlich durch eine kleine Pfeife oder Trompete verschlossen, die abgenommen und betätigt werden konnte, um ein Gespräch anzukündigen.715 Da das elektrische Läutesystem insbesondere in den Hotels der Kurorte immer öfter als Belästigung empfunden wurde, gingen manche Betriebe zu optischen Signalen über, was – so ein Fachbuch für das moderne Hotelwesen – »nicht dringend genug empfohlen werden kann«. Dabei riefen die Gäste die Bedienung nicht durch Glocken, sondern durch Lichtsignale herbei, mit je unterschiedlichen Farben für Kellner, Hausdiener oder Zimmermädchen. Einige Großhotels in Berlin hatten dieses System zur Jahrhundertwende bereits erfolgreich implementiert, ob es auch in Wien zur Anwendung kam, ist allerdings unklar.716 Die Disziplin der Bauakustik steckte zur Jahrhundertwende noch in den Kinderschuhen. Der »Österreichische Ingenieur- und Architekten-Verein« gründete im Januar 1898 aber immerhin einen eigenen »Ausschuss zur Untersuchung der Schalldichte bei Deckenkonstruktionen«. Ausgerüstet mit einem einfachen Gerät, das vier verschieden starke Glockentöne erzeugte, suchte man zahlreiche Gebäude auf. Hier postierte man im jeweils darunterliegenden Geschoss einen Horcher und erhielt so wertvolle Anhaltspunkte, etwa zu den schallisolierenden Auswirkungen unterschiedlicher Beschüttungsdicken.717 Das erste wirkliche Schallmessgerät (»Tonometer«) wurde in Österreich erst 1905 konstruiert, womit sodann deutlich exaktere Versuchsreihen und praktische Studien zur Effizienz konkreter Isoliermaterialien wie Kork möglich waren.718 Auch Hans Christian Nußbaum, Professor für Hygiene in Hannover und einer der führenden Protagonisten der jungen Fachrichtung, legte Architekten nahe, bei der Bauart eines Hauses die unterschiedlichen Ausbreitungsarten des Schalles in Form von Luft- und Bodenschall zu berücksichtigen. Auf seinen Vorträgen, die ihn u. a. nach Wien führten, gab er zahlreiche Anregungen zur Verbesserung des gebäudebezogenen Schallschutzes und plädierte zudem dafür, Häuserblocks mit großzügigen Innengärten auszustatten und sämtliche Wohn- und Schlafräume weg von der Straße hin zum Hof zu orientieren.719 Das architektonische Ideal eines perfekt schallisolierten Gebäudes befand sich in New York, Manhattan, direkt am Hudson River : Die »Villa Julia«, geräumiger
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Wohnsitz der Lärmschutzpionierin Julia Barnett Rice, war eigens nach akustischen Kriterien errichtet worden, mit extradicken Türen und schallisolierten Wänden. Es waren jene Wohn- und Arbeitsräume, von denen die US-amerikanische Lärmschutzbewegung ihren Ausgang nahm.720 In Europa sollte sich die Bauakustik letztlich erst nach dem Ersten Weltkrieg zu einer wissenschaftlich anerkannten Disziplin entwickeln, Hand in Hand mit einer Popularisierung und Weiterentwicklung einschlägiger Techniken.721 Bemerkenswert ausgespart wurden in den öffentlichen Diskussionen der Jahrhundertwende Lärmschutztechniken im Fabrik- und Büroalltag. Zwar tauchten mitunter Vorschläge für eine Schallisolierung schwerer Produktionsmaschinen auf, die auf Unterlagen aus Filz, Kork oder Gummi gestellt werden sollten, oder für die Implementierung von »elastischen Stoßdämpfern«.722 Und auch die amerikanische Erfindung von angeblich »geräuschlosen Schreibmaschinen« verfolgte Theodor Lessing aufmerksam,723 doch fehlen umfassende Ausführungen zu diesem Themenkomplex. Die grundlegende Änderung der Antriebstechniken – Elektromotoren statt Dampfmaschinen – und die sich daraus ergebenden akustischen Konsequenzen wurden nur am Rande registriert. Gerade die sich besonders rasch wandelnden Techniken des Produktionssektors legten jene optimistische Einschätzung nahe, die auch der Frankfurter Ingenieur N. Stern vertrat : »Die Technik, die also zum Lärm geführt hat, führt auch zu dessen Stagnierung und führt schließlich wieder heraus. (…) In technischer Hinsicht ist also alles im Fluß (…) und man kann Vertrauen zu den Erfolgen haben.«724 Antiphon und Ohropax
Deutlich effizienter als viele der oben genannten Maßnahmen waren individuelle Schutzvorrichtungen, die ab Mitte der 1880er-Jahre auf den Markt kamen.725 Am bekanntesten wurde zunächst das »Antiphon«, eine kleine Kugel mit Bügel, die man im Ohr applizierte. Sein Erfinder, der deutsche Hauptmann a. D. Maximilian Pleßner, pries es als »Apparat zum Unhörbarmachen von Tönen und Geräuschen«, wie er in einer Werbebroschüre, die er »allen Leidensgenossen« widmete, mitteilte. Als überzeugter Angehöriger des bürgerlichen Standes gelte es, so Pleßner fanatisch, aufzutreten gegen den Lärm des Pöbels und die akustische »Mißhandlung der Gebildeten durch die Ungebildeten, der Gesitteten durch die Rohen, der Erwachsenen durch die Unmündigen, der der Gesamtheit Nützlichsten durch die der Menschheit Entbehrlichsten«. Mit seinem »Antiphon« könne er endlich eine Erfindung vorlegen, »mittelst deren Jedermann in den Stand gesetzt wird, böswillig oder unabsichtlich erzeugte akustische Unflätereien sich vom Leibe zu halten.«726 Klar hatte Pleßner erkannt, dass vor allem die Bewohner der Städte zunehmend das Bedürfnis verspürten, sich gegen die zahlreichen »akustischen Projektile« auf den Stra-
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ßen zu wehren, sich vom »akustischen Schmutz« zu befreien und »inmitten von Geräuschen Stille um sich her zu schaffen«.727 Die aus Metall oder Hartgummi bestehende Kugel des »Antiphons« schloss den Gehörgang luftdicht ab und konnte anschließend mit dem Bügel in der Ohrmuschel befestigt werden. Zur Optimierung der Passform wurden unterschiedliche Größen und Längen angeboten. Ein im Bügel befindliches Loch diente zum Aufhängen an einem Karabinerhaken, mit dem ein Antiphonpaar an einer Uhrkette befestigt und damit stets bereitgehalten werden konnte. Eine Uhr war es auch, mit der kontrolliert wurde, ob das »Antiphon« richtig eingesetzt war : Der Ohrverschluss war dann als gelungen zu betrachten, wenn das Ticken einer ans Ohr gehaltenen – aber nicht angedrückten ! – Taschenuhr nicht mehr zu hören war.728 Nach dem Willen seines Erfinders sollte das neue Instrument vor allem als Mittel zur Wiedererlangung der Nachtruhe angewandt werden, als Hilfe bei lästigen Schnarchgeräuschen729 und dem oft unzumutbaren Lärm auf Reisen, bei häufiger Penetration durch Musikinstrumente, aber auch bei Schießübungen und ohrenbetäubenden Tätigkeiten von Schmieden, Böttchern oder Arbeitern in Maschinenfabriken.730 Nervenschonend und zudem relativ kostengünstig, fand das »Antiphon« zahlreiche Interessenten – auch in Wien. Zu den frühesten und bekanntesten gehörte der Schriftsteller Peter Altenberg (1859–1919), der als akustisch sensibler Zeitgenosse galt und in seinen Skizzen immer wieder auch kleine »Hörfunde« literarisch verarbeitete.731 Von seinem Arzt wegen »Übererregbarkeit des Nervensystems« zum Neurastheniker erklärt, verfasste Altenberg sogleich ein Loblied auf die neue Erfindung : Antiphon ! Hartgummi-Kugel mit Stahl-Bügel ! Getreuer Behüter tiefen von selbst endenden Schlafes ! Helfer der Natur selbst, die liebevoll an der Nacht-Arbeit ist, die Schäden des Tages wiederherzustellen ! Das Ohr verschliessest du und den Nerven gibst du den Frieden bewusster Sicherheiten. Sei gesegnet ! Zu kaufen in den Läden für chirurgische Instrumente. In Wien bei Breuer, I., Führichgasse.732
Insbesondere für nervöse Menschen gehörte das »Antiphon«, wie Altenberg Jahre später rückblickend bemerkte, schon bald zu den unentbehrlichen Dingen : Der »nervöse Mensch« erfindet sich, entdeckt gleichsam von selbst, aus seinem Selbsterhaltungs-Triebe, in der Not, jene Dinge, die ihm sein mühsameres Leben, sein komplizierteres, erleichtern helfen. Im Anfang war – – – das Antiphon ! (…) Man verschloß abends damit die Ohren. Anti-phon = gegen die Geräusche ! 733
Eine ähnliche Erleichterung empfand wohl auch der von seinem Wesen her nicht weniger komplexe Komponist Hugo Wolf (1860–1903), ebenfalls hypersensibel und
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Abb. 41: Ohrverschluss mittels Kugel auf einem Metallbügel: Antiphon, 1903
geräuschempfindlich, ins Psychotische gesteigert bis zu seinem Tod in einer Nervenheilanstalt. Rosa Mayreder, die Wolf in langjähriger Freundschaft verbunden war und für ihn das Libretto zur Oper »Der Corregidor« verfasste, erinnerte sich später, dass ihn bei Konzertaufführungen sogar das Ticken einer Uhr aus der Fassung brachte.734 In seiner Wohnung in einem Wiener Zinshaus litt Wolf besonders unter dem Lärm der Nachbarn, sodass er fast ständig »Antiphone« in den Ohren trug : Er war gegen Geräusche so empfindlich, daß er, wenn er arbeitete, gewöhnlich einen Apparat trug, durch den er sich künstlich schwerhörig machte. Dieser Apparat, sein Antiphon, bestand aus zwei silbernen Kugeln, die genau den Ohreingängen angepaßt und mit Spangen versehen waren, um das Tiefergleiten zu verhindern. Sogar während der Nacht bediente er sich des Antiphons, so leise war sein Schlaf.735
Zu den Unterstützern und Förderern von Hugo Wolf zählte im Übrigen auch Michael Haberlandt, der im Frühjahr 1897 den ersten Wiener Hugo-Wolf-Verein gründete und dem die Lärmproblematik, wie erwähnt, ebenfalls bestens vertraut war.736
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Der zunehmenden Verbreitung des »Antiphons« wurde aber auch mit Spott und Ironie begegnet. So entwarf Eduard Pötzl eine witzige Büroszene, in der sämtliche Angestellte inklusive des Chefs »Antiphonerln« tragen und somit eine ordentliche Kommunikation unmöglich machen. Eine »stille Wut gegen den Urheber dieser Folterwerkzeuge« stellte sich ein, die einem ständig das Gefühl vermittelten, »als ob jemand im Begriffe stehe, mir die Ohren aus dem Kopf zu drehen«.737 Es war die Handhabung des neuartigen »Schalldämpfers«, die sich letztlich als zu umständlich erwies. Seine Fixierung im Ohr erzeugte unangenehme Druckgefühle oder misslang schlicht und einfach. Vor allem in der Nacht fiel das »Antiphon« häufig heraus, wie auch Peter Altenberg eingestehen musste : »Wenn man erwachte, fand man das Antiphon im Bette, unter dem Kopfpolster, unter dem Bette oder nirgends. Aber im Ohre äußerst selten. Es wäre geeignet gewesen, aber es war es nicht.«738 Auch Georg Pinkenburg kritisierte, dass es bestenfalls im Sitzen oder auf dem Rücken liegend zu gebrauchen sei.739 Und selbst Theodor Lessing bedauerte, dass diese Vorrichtungen derart unpraktikabel seien.740 Die Erfahrungen der ersten beiden Jahrzehnte demonstrierten unmissverständlich : Das »Antiphon« war »lästig und unvollkommen«.741 Eine neue Erfindung versprach Abhilfe : »Ohropax«, vom Berliner Apotheker Maximilian Negwer im Jahr 1907 der Öffentlichkeit vorgestellt. Negwer (1872–1943) war 1900 aus Schlesien in die deutsche Hauptstadt zugewandert, wo er im darauffolgenden Jahr eine Apotheke eröffnete. Hier bot der erfinderische Drogist neben dem üblichen Sortiment auch Eigenkreationen an, wie das Fleckenwasser »Helgalin« oder spezielle Hustenbonbons. Auf der Suche nach neuen Produkten stieß er auf das Thema Lärmschutz – eine Marktlücke, wie er sogleich erkannte. Die zündende Idee dafür entdeckte er, angeblich über Anregung von Freunden, in der griechischen Mythologie : Wie Homer in der Odyssee berichtete, verschloss Held Odysseus die Ohren seiner Gefährten mit Wachs, um so dem Gesang der betörenden Sirenen zu widerstehen. So unternahm Negwer Versuche mit Bienenwachs, musste jedoch bald feststellen, dass das Material schnell ranzig und bröckelig wurde und Hautreizungen hervorrief. Nach jahrelangem Experimentieren fand er schließlich die optimale Zusammensetzung : Baumwollwatte, getränkt in einer Mischung aus Vaseline und Paraffinwachs.742 Im Unterschied zu Pleßners Vorrichtung entpuppten sich Negwers geschmeidige Wachs-Watte-Kügelchen als leicht handhabbare und überaus wirksame Produkte. Sie passten sich ideal jedem Gehörgang an, erzeugten kein Druckgefühl, hielten in jeder Lage, waren hautverträglich und ließen sich rückstandsfrei wieder herausnehmen. Wenngleich in jenen Jahren auch andere mit Wachsbaumwollmischungen experi mentierten,743 sollte sich letztlich Negwers Erfindung durchsetzen. Er schloss seine Apotheke und gründete im Herbst 1907 die »Fabrik pharmazeutischer und kosmetischer Spezialitäten Max Negwer« in Berlin-Schöneberg. Hier erzeugte er fortan neben
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Abb. 42: Ohropax-Blechdose, um 1912
diversen Salben, Tinkturen und Riechsäckchen auch die neuartigen »Ohropax Geräuscheschützer«. Im Herbst des Folgejahres erhielten sie ihre berühmt gewordene Verpackung : Kleine Blechdosen, bestückt mit sechs Paar Wachskugeln, käuflich erwerbbar zum Preis von 1 Mark.744 Die Ohrstöpsel etablierten sich erfolgreich auf dem Markt, und als im Ersten Weltkrieg auch die Soldaten damit ausgestattet wurden, war der Durchbruch endgültig geschafft.745 Zu den ersten Anhängern des neuen Produkts gehörte in Wien erneut Peter Altenberg. Nach seinen unglücklichen Erfahrungen mit dem »Antiphon« notierte er euphorisch : Vor 3 Jahren brachte der Apotheker Max Negwer in Berlin die absolut idealen OhrVerschlüsse, Geräusche-Schutz, Ohropax, Ohr-Friede, in den Handel. Es waren knetbare Wachs-Watte-Kugeln. Man schlief damit sogar fest, wenn vor dem natürlich offenen Fenster ein Kutscher seine Pferde eindringlich und mit belebenden Worten ersuchte, sich in Trab zu setzen, wozu sie momentan freilich nicht ganz in Stimmung waren.746
Auch Franz Kafka gehörte zu den vorbehaltlosen Anhängern des neuen Wundermittels.747 In seinen Briefen kam er gleich mehrmals darauf zu sprechen. »Für den Tageslärm habe ich mir aus Berlin (…) eine Hilfe kommen lassen, Ohropax, eine Art Wachs von Watte umwickelt«, teilte er seiner Freundin Felice im Juni 1915 mit.748 Und Jahre später gestand er unumwunden ein : »Ohne Ohropax bei Tag und Nacht ginge es gar nicht.«749 Gesetzliche Regelungen
Mit juristischen Mitteln gegen den Lärm vorzugehen, stellte – wie schon Theodor Lessing analysierte – ein nicht gerade einfaches Unterfangen dar. In seiner Kampfschrift
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ging er sowohl grundsätzlich als auch in Form von Fallbeispielen ausführlich auf diese Frage ein, um letztlich einzugestehen, dass der Lärm eine zu hohe subjektive Komponente aufweise, die es – zumindest bisher – verhindert habe, ein geeignetes juristisches Instrumentarium zu entwickeln : »Die Störung durch Lärm und Geräusch gehört zu einer Gruppe von Delikten, der die Jurisdiktion schlechterdings nicht beikommen kann. Ich möchte sie ›hygienische Delikte‹ nennen. (…) Alles dieses sind ethische, nicht aber juridische, sind moralische, nicht aber legalisierte Delikte.«750 Sprachliche Hilfskonstruktionen, die Bezug nehmen auf Empfindungen von »normalen Durchschnittsmenschen«, auf »Ortsüblichkeit« oder »Gewöhnlichkeit«, belegten seiner Meinung nach anschaulich die Schwierigkeiten, das Phänomen juristisch in den Griff zu bekommen. Nichtsdestoweniger war die Lärmproblematik für Lessing, ebenso wie für seine Mitstreiter, zuallererst eine (Menschen)Rechtsfrage, was denn auch in der von ihm gebrauchten Formulierung vom »Recht auf Stille« zum Ausdruck kam. Rein faktisch bot die zeitgenössische Gesetzeslage eine Fülle von Möglichkeiten, um gegen den Lärm vorzugehen. Davon wurde auch, wie Klaus Saul für Deutschland gezeigt hat, ausführlich Gebrauch gemacht. Die Behörden nahmen sich in vielfältiger Weise der Lärmgeschädigten an, handelte es sich doch bei den Verwaltungsbeamten um die gleiche soziale Schicht, um »Kopfarbeiter«, die sich gestört fühlten bei ihrer Arbeit und der Nachtruhe.751 »Der rechtliche Schutz des Gehörs« wurde, wie der deutsche Jurist Hermann Beuttenmüller in seinem gleichnamigen, 1908 erschienen Standardwerk feststellte, in zahlreichen Gesetzesmaterien thematisiert, vom Strafgesetzbuch und von der Gewerbeordnung über Bezirks- und ortspolizeiliche Vorschriften bis hin zum Bürgerlichen Gesetzbuch.752 Auch in Österreich war die diesbezügliche Gesetzeslage ähnlich vielfältig. Die Gewerbeordnung von 1859, von ihrem Grundgedanken her äußerst liberal, in den 1870erund 1880er-Jahren jedoch zunehmend verschärft, schrieb lärmbezogene Betriebsbewilligungen vor. So war laut § 25 die Genehmigung einer Betriebsanlage bei jenen Gewerben zwingend notwendig, die »durch ungewöhnliches Geräusch die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen geeignet sind«.753 Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), im Jahr 1812 in Österreich als wichtigste Kodifikation des Zivilrechts in Kraft getreten und in den Jahren 1914 bis 1916 teilnovelliert, bot die Möglichkeit, sich im Falle des Vorliegens einer Besitzstörung gegen Lärm zur Wehr zu setzen (§ 339). Immer wieder wurden denn auch Prozesse in diesem Sinne angestrebt, zumeist gegen unbotmäßige Nachbarschaftsgeräusche in Form von Hundegebell, Klavierübungen oder Grammophonmusik. Einiges mediales Aufsehen erregte der sogenannte »Nachtigallenprozess« des Jahres 1910, bei dem sich mehrere Bewohner eines Miethauses in Graz über den nächtlichen Gesang einer Nachtigall beschwerten, die von einem Mitbewohner in einem bei offenem Fens-
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ter stehenden Käfig gehalten wurde. Das Grazer Gericht verurteilte den Tierhalter dazu, seinen Vogel nachts innerhalb der Wohnung zu verwahren. Dieser legte jedoch Berufung beim Verwaltungsgericht ein. Der Prozess wurde nach Wien verlegt, mit dem Ergebnis, dass der Angeklagte recht bekam und man die ursprüngliche Verfügung wegen Unverhältnismäßigkeit wieder aufhob. In der Begründung hieß es, dass »die Freiheit jedes einzelnen in seiner Wohnung eine große ist, und daß man die Freiheit nur dann einschränken kann, wenn der in der Wohnung verursachte Lärm einen ungewöhnlichen Grad erreicht.«754 Genauer geregelt wurde der Nachbarschaftslärm nunmehr auch in den Hausordnungen. So erließ der »Zentralverband der Hausbesitzervereine von Wien und Umgebung« Ende 1908 neue Hausordnungen, in denen er die Verwendung von Klavierdämpfern in der Zeit vor 9 Uhr früh und nach 10 Uhr abends vorschrieb.755 Die überwiegende Mehrzahl der gesetzlichen Lärmregelungen betraf jedoch den Straßenverkehr. So gab es bereits bei den 1898 in Kraft getretenen Verordnungen der Wiener Verkehrs- und Straßenpolizei spezielle »Vorschriften zur Hintanhaltung des Straßenlärms, sowie einige verkehrspolizeiliche Vorschriften«, in denen u. a. Folgendes festgelegt wurde : – Jeder zum Befahren öffentlicher Straßen dienende Wagen muß so eingerichtet sein und verwendet werden, daß jede Belästigung durch Lärm möglichst vermieden werde. – Wagen, welche nicht auf Federn ruhen oder in Federn hängen, desgleichen solche Wagen, welche nach ihrer Bauart bei schnellerer Bewegung ein stärkeres Geräusch verursachen, dürfen, sie mögen beladen oder unbeladen sein, nur im Schritte fahren. Wagenketten sowie andere locker hängende Wagenbestandteile müssen straff gespannt, beziehungsweise befestigt werden. – Eisenbahnschienen, Traversen, Stabeisen, Eisenklammern, eiserne Schließen, Eisen- und Blechplatten, Metallrohre, Blechkübel und Blechkannen, leere Fässer, Butten und andere bei Bewegung des Wagens Lärm verursachende Gegenstände müssen während der Fahrt auf Stroh oder anderes geeignetes Material gebettet und in gleicher Art voneinander geschieden sein, oder es müssen die einzelnen Teile der Ladung derart fest zusammengebunden oder sonstwie aneinander gepreßt werden, daß stärkeres Geräusch vermieden wird. (…) – Eine Belästigung der Umgebung durch das geräuschvolle Abstemmen von Eisenträgern, Schienen etc. auf öffentlichen Orten ist verboten. – Rollbalken sind so herzustellen und beim Schließen und Öffnen so zu behandeln, daß sie kein belästigendes Geräusch verursachen.756
Geschwindigkeitsbeschränkung, korrekte Befestigung des geladenen Gutes sowie in weiterer Folge auch Einschränkungen beim Gebrauch von Warnsignalen (Hupen, Klingeln, Pfeifen, Peitschenknallen) waren die Hauptansatzpunkte, mit denen man den
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Lärm der Straße zu regulieren gedachte. Bei Übertretung der Vorschriften drohte eine Geldstrafe bis zu 200 Gulden oder bis zu 14 Tage Arrest.757 Ein »allgemeines Huppenverbot in der Stadt« wurde zwar bereits diskutiert, allein man erkannte, dass es »für absehbare Zeit noch ein Unding ist.«758 Darüber hinaus gab es Regelungen, in denen Hausierern untersagt wurde, ihre Waren durch allzu lärmende Glockenzeichen zu vertreiben. Und auch die musikalischen Darbietungen der Werkelmänner wurden rigoros eingeschränkt. Ihr Spiel war seit 1884 in der Innenstadt verboten, ebenso auf der Straße und im Hausflur. In den Höfen war es ausschließlich nach 12 Uhr mittags erlaubt, mit dem unbedingten Ende um 18 Uhr (im Winter) bzw. 20 Uhr (im Sommer). An besonderen Festtagen und an Karfreitagen war ihr Spiel nunmehr generell verboten.759 In völligem Gegensatz zu den zahlreichen gesetzlichen Möglichkeiten stand jedoch das tatsächliche Einschreiten der Behörden. Denn de facto hatte man als Betroffener nach wie vor nur eine geringe Chance, sich auf juristischem Weg gegen unzumutbaren Lärm zu wehren. Allzu nachsichtig und lax interpretierten die Behörden die Frage der Lärmbelästigung, wie Kritiker betonten, unter ihnen Eduard Ritter von Liszt, selbst Jurist und Mitglied des »Antilärmvereins« : Gesetzgebung und Behörde gehen in ihrem Bestreben zur Erreichung wirklicher oder eingebildeter Ziele oft genug ganz rücksichtslos vor. Rücksichtslosen Ruhestörern gegenüber aber ergehen sie sich in zartester Scheu, in einem sonst ganz ungeahnten Respekt vor der menschlichen Freiheit. (…) Aber es ist denn doch nicht einzusehen, (…) weshalb gerade immer nur allein der ruhebedürftige, friedliebende Mensch seine Rechte aufgeben soll, während Gesetzgebung wie Behörde sich geradezu ängstlich hüten, rohe und rücksichtlose Ruhestörer zur Befolgung der einfachsten Anstandspflichten zu verhalten.760
Um wirkungsvoller gegen Lärm vorgehen zu können, plädierten manche für die Einführung eines Paragrafen gegen »groben Unfug«, wie es ihn in Deutschland gab. Doch in Wirklichkeit war die Situation im nördlichen Nachbarland nicht anders. Denn die Laxheit der Behörden, die auch hier nur in absolut eindeutigen Fällen einschritten, resultierte nicht zuletzt aus dem Mangel an wissenschaftlichen und praktischen Untersuchungen, anhand derer Lärmschädigungen exakt nachvollzogen werden konnten.761 So blieben letztlich ein relativ großzügiger Interpretationsspielraum und eine Fülle an Einzelmaßnahmen, die eine systematische und grundlegende juridische Auseinandersetzung mit der Lärmproblematik erschwerten.
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Unter dem Eindruck des enormen Städtewachstums tauchten ab den 1870er-Jahren Forderungen nach einer Gesamtplanung urbaner Agglomerationen auf. Reinhard Baumeister (1833–1917), Ingenieur in Karlsruhe, veröffentlichte 1876 seine wegweisende Publikation »Stadt-Erweiterungen in technischer, baupolizeilicher und wirthschaftlicher Beziehung« – die Gründungsschrift des modernen Städtebaus. Darin wies er erstmals auf die Notwendigkeit einer umfassenden Planung hin, wollte man die Personenund Güterzirkulationen effizienter organisieren und die grenzenlose Ausbreitung der Stadt verhindern. Neben den Technikern schlossen sich bald auch die Hygieniker den Forderungen nach einem rational gestalteten und funktionell definierten Stadtraum an. Ende des 19. Jahrhunderts war die Stadtplanung somit, wie die Architekturhistorikerin Eve Blau analysierte, von zwei Grundgedanken beherrscht. Erstens gab es die Vorstellung, es handle sich bei der auf die Bewältigung der Expansion ausgerichteten Planung nicht um ein architektonisches, sondern um ein technisches Problem. Dementsprechend konzentrierten sich die Erweiterungspläne auf die technische Infrastruktur : Verkehr, sanitäre und hygienische Einrichtungen. Von grundlegender Bedeutung für dieses Konzept der »Ingenieurplanung« war die Erfindung der Zoneneinteilung, mit deren Hilfe die Stadt rational hinsichtlich ihrer Funktionen analysiert werden konnte. Der zweite zentrale Gedanke war die Vorstellung von Stadt als biologischem Organismus mit Systemen, die zusammenarbeiten müssen, um ihn gesund zu erhalten. Dazu diente vor allem der Regulierungsplan, der die Stadt erstmals in ihrer Gesamtheit berücksichtigte, wesentliche infrastrukturelle Netzwerke definierte (Stadtbahn, Straßenbahn, Abwasser, Gas, Elektrizität, Trinkwasser), einzelne Bestandteile analysierte (Straßen, Häuserblöcke, öffentliche Räume, Grünanlagen) und schließlich alle Teile in rationeller Manier auf einem (theoretisch) unendlich erweiterbaren Stadtraster neu anordnete.762 Eine möglichst saubere Trennung der Wohn, Industrie- und Erholungsgebiete gehörte auch bei der Wiener Stadtplanung zu den Grundprinzipien, seit Otto Wagner 1892/93 seinen Generalregulierungsplan vorgestellt hatte und erstmals ein moderner Bauzonenplan für die gesamte Stadt ausgearbeitet worden war. Als hygienischer Grund für die forcierte räumliche Entflechtung der Stadtfunktionen wurde zwar vor allem eine Verringerung der Belastung mit Staub und üblen Gerüchen genannt, immer stärker kam allerdings auch der Lärm als Argument zum Tragen. So forderte etwa Arthur Schattenfroh (1869–1923), Professor für Hygiene an der Universität Wien, »daß von den hauptsächlich für das Wohnen bestimmten Stadtteilen das Gros der mit Lärm und Luftverschlechterung verbundenen gewerblichen Betriebe ferngehalten« werden sollte.763 Große lärmintensive Betriebe sollten an den Stadtrand verlagert, Grünräume als Ruhegebiete erhalten werden. Letzteres gelang durch den 1905 geschaffenen »Wald-
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und Wiesengürtel«, der wichtige Regenerationszonen für die geplagten Nerven des Großstädters sicherte. Und auch bei der Erstellung von Bebauungsplänen und Bauordnungen wurde der Schallschutz allmählich zu einem beachteten Thema.764 Für Otto Wagner (1841–1918), der Wien als Architekt und Stadtplaner wie kein anderer prägte, standen allerdings zweckmäßige und ästhetische Überlegungen eindeutig im Vordergrund. In seiner 1911 erschienenen programmatischen Studie »Die Großstadt« entwarf er die Vision einer modernen Metropole, die sich auf einem gleichförmigen Raster, aufgespannt zwischen Radial- und Ringstraßen, erstreckt, mit Luftreservoirs in Form von Plätzen und Parks und der dazugehörigen öffentlichen Infrastruktur. Ihm ging es bei der Lösung der Städtebaufrage zuallererst um die »peinliche Erfüllung des Zweckes« und die Herstellung einer ansprechenden »Stadtphysiognomie«, die entscheidend sei für das Wohlbefinden der Bewohner.765 Aspekte der Akustik spielten bei den klar visuell dominierten Überlegungen Wagners eine untergeordnete Rolle ; sie kamen lediglich bei Lokalen und Restaurants vor, die als Ruheinseln im geschäftigen Strom des Straßenverkehrs fungierten : Die nicht unterbrochene Kette einer mit schönen Läden (…) geschmückten Radialstraße, welche die Menge hastig durcheilt, andere Straßen, die sich für den Bummel eignen (…), eine Anzahl schöner und guter Restaurants, welche leibliche Befriedigung und Ruhe bringen, Plätze, auf welchen sich auf hoher künstlerischer Stufe stehende Bauwerke oder Monumente etc. dem Beschauer überraschend bieten und manches kaum zu nennende Andere ; diese sind es in erster Linie, welche der Stadt die einnehmende Physiognomie verleihen. Kommen hiezu die besten Verkehrsmittel, eine einwandfreie Straßenreinigung, die allen Komfort umfassende, jeder sozialen Stellung Rechnung tragende Unterkunft, so sind damit die Hauptbedingungen eines günstigen Großstadteindruckes für die künstlerisch indifferente Allgemeinheit angeführt.766
Anders dagegen Camillo Sitte (1843–1903), Architekt und Direktor der Wiener Staatsgewerbeschule, dessen städtebauliche Lehre von einer deutlich umfassenderen Wahrnehmung der Stadt ausging. Musikalisch gebildet – Sitte spielte in seiner Freizeit Cello und war ein begeisterter »Wagnerianer« –, hatte er eine besondere Sensibilität für akustische Fragen der Stadtgestaltung entwickelt. In seiner zum Bestseller avancierten Schrift »Der Städte-Bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen«, 1889 erschienen und sogleich in mehreren Auflagen verbreitet, wandte er sich vehement gegen das Schablonen-Denken, gegen Rechteck- und Radialsysteme und eine Überbewertung technisch-funktionaler Aspekte. Eine künstlerisch gelungene Gestaltung hatte sich für ihn – gemäß der »Schönheit und Behaglichkeit alter Städte« – am menschlichen Maßstab zu orientieren, an harmonischen Proportionen, an malerischen Unregelmäßigkeiten statt an stumpfen geometrischen Wiederholungen – und nicht zuletzt auch
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Abb. 43: Wiener Bauzonenplan, 1893
an der Miteinbeziehung akustischer Gegebenheiten. Als Beispiel diente ihm der Platz vor der Votivkirche, der leer und groß wirke und »allen Unbilden von Wind und Wetter, Sonnenhitze und Staub, so wie dem Lärm der Straßen und dem ewigen TramwayGeklingel in geradezu unerträglicher Weise ausgesetzt ist«. Zu seiner gestalterischen Sanierung schlägt Sitte die flankierende Verbauung des Platzes vor sowie in der Mitte die Errichtung eines Atriums, wo man sich wettergeschützt und »befreit vom Tumult der Straße« an schattigen Ruheplätzen erholen könne.767 Auch der Bereich der Ringstraße vor der Universität gehörte seiner Meinung nach beruhigt, ebenso jener vor dem Parlament und vor dem Burgtheater, wo »das TramwayGeleise knapp vorüber(geht) mit einer jede feinere Empfindung geradezu verletzenden Aufdringlichkeit«. Die bauliche Einfassung des bislang freien Rathausplatzes und die Verlegung der Straßenbahngeleise in die heutige Reichsratsstraße schienen Sitte die probaten Mittel zur ästhetischen und akustischen Verbesserung dieses so wichtigen Stadtabschnitts.768
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Intensiver und differenzierter als andere befasste sich Sitte mit Fragen der sensuellen Raumwahrnehmung. Er rezipierte die moderne Wahrnehmungspsychologie und übernahm den Begriff der »Empfindungen« aus dem naturwissenschaftlichen Diskurs seiner Zeit. Er studierte die Schriften von Hermann von Helmholtz, Gustav Theodor Fechner (1801–1887) und Ernst Mach (1838–1916), und er betätigte sich auch empirisch als Stadtforscher. Regelmäßig bestieg er für seine Studien den jeweils höchsten Turm der Stadt, um von hier aus die Umgebung auf sich wirken zu lassen und in ihrer Gesamtheit zu analysieren.769 Doch eine derart generalistische Herangehensweise blieb die Ausnahme. Wenn Aspekte des Lärmschutzes in die zeitgenössische Stadtplanung eingingen, dann am ehesten in der Grünraumplanung. Schon 1896 hatte Josef Stübben (1845–1936), Architekt und Stadtbaurat von Köln, in seiner Schrift »Hygiene des Städtebaus« für die Anlage von nach außen hin abgeschlossenen Gärten plädiert, ohne Fahrwege und mit für alle zugänglichen »Ruheinseln« : Besonders diejenigen dieser Gartenplätze, welche nur durch einzelne, verschließbare Thüren und Thore zugänglich sind und so einen angenehmen, von Straßenlärm und Straßenverkehr abgeschlossenen Aufenthalt gewähren, sind von hohem gesundheitlichen Nutzen. Sie sind eigentliche »Erholungsplätze«.770
Ähnlich argumentierte einige Jahre später auch der deutsche Architekt und Stadtplaner Martin Wagner (1885–1957) in seiner 1915 approbierten Dissertation »Das sanitäre Grün der Städte«. In seinen konzeptionellen Überlegungen, die heute als die historisch erste Freiflächentheorie gelten, trat Wagner für eine adäquate Ausgestaltung von Grünflächen ein, die im Falle von innerstädtischen Parks und Spielplätzen nicht zuletzt aus Gründen des Lärmschutzes von zentraler Bedeutung seien.771 In Wien hatten sich vor allem jene öffentlichen Parks, die im Zuge der Umgestaltung der Ringstraßenzone errichtet worden waren, als akustische Erholungsräume bewährt – und als bürgerliche Repräsentationsorte, in denen die Ruhe zum gewichtigen Argument werden sollte. Dies zeigte sich etwa an den Diskussionen, die um die Standorte für Denkmäler berühmter Komponisten entbrannten. Bereits 1872 war das Schubertdenkmal im Stadtpark errichtet worden, bei dessen Enthüllung Eduard Hanslick den ruhigen und beschaulichen Standort hervorhob : »Endlich einmal ein Monument, das man nicht nur betrachten kann, ohne überritten und überfahren zu werden, sondern das den Beschauer freundlich zum bequemen Verweilen einladet.«772 Als 1896 das Mozartdenkmal am verkehrsreichen Albrechtsplatz (heute Albertinaplatz) errichtet wurde, schien dies so manchen Kritikern als absolute Fehlentscheidung,773 während das 1905 im Rathauspark errichtete Lanner-Strauß-Denkmal von Bürgermeister Karl Lueger höchstpersönlich gelobt wurde :
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Es freut mich auch, daß dieses Denkmal an einer Stelle sich befindet, die nicht von dem allgemeinen Getriebe der Großstadt berührt wird. Strauß und Lanner gehören nicht in die Ringstraße, sie gehören nicht auf einen Platz, wo das geschäftige Straßenleben lärmt, sie gehören auf einen Platz wie der hier von Gärtnerhand geschaffen ist, und hier werden beide Statuen erst recht zur Geltung kommen.774
Wenn Sitte in seinen Überlegungen die »Einstreuung von Naturbildern« als Mittel gegen das »Getöse der Großstadt« konzipierte,775 so nahm er damit bewusst Bezug auf die englische Gartenstadtbewegung, die vom britischen Sozialreformer Ebenezer Howard (1850–1928) als Antwort auf die unwirtlichen Lebensbedingungen in den Großstädten initiiert worden war. Howards einflussreiches, 1898 erschienenes Buch »Tomorrow. A peaceful path to real reform« (erst die zweite Auflage trug den Titel »Gardencities of tomorrow«) propagierte die Gründung von dezentralen Kleinstädten mit ausgedehnten Grünflächen und Parks, die durch leistungsfähige öffentliche Verkehrsmittel mit der Zentralstadt verbunden waren. Auch hier spielte somit die Entmischung der Stadtfunktionen eine zentrale Rolle, wie u. a. der bereits erwähnte Ingenieur Stern bemerkte, der empfahl, »Geschäfts- und Lärmviertel und Ruhe- und Wohnviertel zu trennen. Dadurch, daß Verkehrseinrichtungen hierzu vorhanden sind, ist dieser Weg geöffnet. Sobald man also im Geschäfts- und Lärmviertel sein Tagewerk vollendet hat, soll man möglichst schnell der Ruhe der Gartenwohnung zueilen.«776 Doch während die Gartenstadtbewegung in Deutschland rasch Fuß fassen konnte, fand sie in Österreich nur geringen Zuspruch. Der deutsche Publizist Hans Kampffmeyer (1876–1932) versuchte die Ideen in Wien populär zu machen,777 letztlich sollten diese aber erst nach dem Ersten Weltkrieg in konkrete Projekte münden.778 Gleichsam als Wiener Variante der Gartenstadtbewegung entstand Ende des 19. Jahrhunderts die bürgerliche Cottagebewegung. Im Jahr 1872 durch eine Initiative des Architekten Heinrich von Ferstel (1828–1883) gegründet, ging es dem »Wiener Cottage Verein« darum, gesündere und für den Mittelstand leistbare Wohnformen anzubieten. In einem abgegrenzten Areal in den westlichen Vorstadtbezirken Währing und Döbling wurden dazu zunächst fünfzig Ein- und Zweifamilienhäuser, sogenannte Cottages, mit ausgedehnten Gärten und Alleen errichtet. In den Statuten des Vereins verpflichtete sich jedes Mitglied, auf die übrigen Cottagebesitzer Rücksicht zu nehmen, den Genuss der freien Aussicht und der frischen Luft nicht zu beeinträchtigen sowie keinem Gewerbe nachzugehen, das mit üblen Gerüchen oder Lärm verbunden sei.779 An die Stelle der einfachen Häuser traten aber schon bald luxuriöse V illenanlagen, sodass sich das Cottagegebiet zu einem begehrten Wohnviertel der reichen Oberschicht entwickelte. Um 1900 war es zum ersten großangelegten Villenviertel der Monarchie avanciert, dessen Gebäude den Bürgerfamilien nicht nur im Sommer, sondern das ganze Jahr hindurch als Wohnsitz dienten. Eine gesunde, natürliche Umgebung
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abseits der Hektik und des Lärms der Großstadt und gleichzeitig die Vorteile der städtischen Kultur in unmittelbarer Nähe, das hatte sogleich viele Interessenten angezogen. Unter ihnen auch Schriftsteller wie Arthur Schnitzler, der im April 1903 von seiner Innenstadtwohnung ins Cottageviertel übersiedelte. Zunächst zog er in ein Haus in der Spöttelgasse (heute Edmund-Weiß-Gasse) Nr. 7. »Neue Wohnung, wunderschön durch Ruhe«, notierte er in seinem Tagebuch unmittelbar nach dem Einzug.780 Im Juli 1908 bezog er schließlich eine Villa in der nahe gelegenen Sternwartestraße Nr. 71, wo er bis zu seinem Tod leben sollte.781 Die Sehnsucht nach ruhigen, begrünten Erholungsräumen floss auch in andere städtebauliche Reformideen jener Zeit ein, beispielsweise in die Schrebergartenbewegung, eine Initiative zur Anlage von gesundheitsfördernden Kleingärten, benannt nach dem Leipziger Arzt Daniel Moritz Gottlieb Schreber (1808–1861). Im September 1909 wurde Wiens erster Schrebergartenverein am Ameisbach gegründet, sieben Jahre später gab es bereits dreizehn derartige Vereine in der Stadt mit insgesamt 2000 Mitgliedern. Der Einfluss zeigte sich aber auch in der bürgerlichen Reformbewegung des Heimatschutzes, die sich ebenfalls in jener Zeit in Wien etablierte und zu deren Mitgliedern u. a. Michael Haberlandt gehörte oder Josef August Lux.782 Letzterer schwärmte, wie sein Kollege, besonders vehement von der Stille der Vorstadtgassen – im Gegensatz zum Zentrum, wo der Trubel selbst die genussvolle Rezeption von Bauwerken und Denkmälern beeinträchtige. Für die Neugestaltung von Plätzen empfahl Lux ein probates akustisches Gegenmittel : die Anlage von Brunnen. Die rhythmische Monotonie des strömenden Wassers gleicht die disharmonischen Straßengeräusche aus. Sie webt ein feines, gleichmaschiges Tonnetz durch den zerstückten und abgerissenen Lärm, bindet und verebnet, nimmt seine Härten und trägt ihn im ruhigen Flusse, gebändigt und besänftigt, fort. Und sinkt die Stille der Nacht auf den Stadtplatz herab, dann tönt sie wie sanfte, einlullende Musik.783
Auch Eduard Pötzl, ebenfalls prominentes Mitglied der Heimatschutzbewegung, vermisste »den schönen Begriff der Ruhe«, der dem modernen Großstädter allmählich verloren gehe.784 Er plädierte für die Anlage einer speziellen großstädtischen Ruhezone, die er in Anlehnung an ein aquatisches Phänomen »Kehr« nannte : Wer aufmerksam am Ufer eines reißenden Stromes, wie unsrer Donau, die dahineilenden Wassermassen beobachtet, wird bemerken, daß an manchen Uferstellen die Randflut plötzlich abbiegt und sich seitwärts in eine Art Bucht ergießt, in der sie dann just entgegengesetzt zum Hauptstrom rückwärts fließt, um sich mit ihm an einer Stelle, die sie schon einmal passiert hat, wieder zu vereinigen. Diese sonderbare Erscheinung heißt die »Kehr«.
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An einer solchen Kehre des gewaltigen Lebensstromes, der durch die Großstadt dahinschießt, haben meine Gesinnungsgenossen und ich uns niedergelassen. Auch wir müssen ja viele Stunden am Tage da draußen in dem Wirbel mitschwimmen. Aber dann kommt doch der Augenblick, da wir ausreißen können und in der Kehre seitwärts und rückwärts ziehen, wo es ruhiger wird und die tosende Flut uns nichts mehr anhaben kann. (…) Aber (…) keine Feindschaft mit euch, die ihr im Lärme lebt ! Lasset nur auch uns ungestört bei unserm leisen Leben in der lärmentrückten Kehre an der schönen blauen Donau !785
Zusammenfassend ist somit auch für Wien der Analyse von Christoph Bernhardt zuzustimmen, dass die Lärmfrage in der damaligen Stadtplanung eine – im Vergleich mit anderen Umweltfaktoren – noch deutlich untergeordnete Rolle spielte. Allerdings war sie ein wesentlicher Motor für die räumliche Entflechtung der Stadtfunktionen, mit zunehmendem Bedeutungsgewinn in den folgenden Jahrzehnten.786 Öffentliche Ruhehallen
Schon in den Jahren kurz nach 1900 tauchte der Vorschlag auf, in den stillen Vierteln der Großstädte eigene Gebäude zu schaffen, in denen sich die vom Lärm Bedrängten erholen können. »Solche Vorschläge sind als Zeichen der Zeit bedeutungsvoll«, erkannte der deutsche Schriftsteller Carl Falkenhorst unmissverständlich.787 Robert Sommer, Nervenarzt in Gießen, entwickelte sodann erstmals einen konkreten Plan zur Errichtung »öffentlicher Ruhehallen«. Den durch Lärm, Hektik und Nervosität belasteten Stadtbewohnern sollte, schlug er vor, ein akustischer Rückzugsraum geboten werden : »Die sozial-prophylaktische Aufgabe besteht darin, in der Hast und Unruhe des modernen Lebens Ruhegelegenheiten zu schaffen, die eine Gelegenheit zu kurzdauerndem Ausruhen und zur Erholung der Nervenkraft bieten.« Schon eine halbe bis eine Stunde Ruhe wäre imstande, »das ermüdete Nervensystem wieder aufleben zu lassen und den Erschöpften (…) wieder arbeits- und genußfähig zu machen.«788 Im Jahr 1911, auf der großen Hygiene-Ausstellung in Dresden, präsentierte Sommer seinen Prototyp. Im Königlichen Garten ließ er ein Gebäude aufstellen, das aus zwei großen Höfen bestand, um die jeweils fünf Einzelkabinen – streng nach Geschlechtern getrennt – angeordnet waren, plus Toilettenanlagen und Räume für das Wartepersonal. Nach Bezahlung einer geringen Eintrittsgebühr konnten die Besucher eine Stunde lang in bequemen Liegestühlen Platz nehmen, im Freien oder im Innern die Ruhe genießen, schlafen oder die Zeit mit Lektüre verbringen. Anders formuliert : Ausgestellt wurde in diesem Pavillon erstmals nichts anderes als – Stille.789 Der Erfolg sprach für sich : »Vorzügliche Einrichtung«, »ausgezeichnete Idee«, so versicherten die Ausstellungsbesucher. »Man staunt, daß Derartiges erst so spät zur Einführung gelangt. Sollte überall anzutreffen sein zum Wohle der Menschheit.«790
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Angesichts des überwältigend positiven Feedbacks erweiterte Sommer sein ursprüngliches Konzept. Im folgenden Jahr, auf der Städteausstellung in Düsseldorf, stellte er Pläne für einen weit größeren Pavillon vor. Dessen repräsentative Architektur sollte die steigende gesellschaftliche Bedeutung der Sehnsucht nach Stille widerspiegeln. Unermüdlich propagierte er sein Vorhaben. Er verfasste eine Werbeschrift für alle Interessierten und die Stadtverwaltungen, denen er seine neue Einrichtung anbot. Denn seiner Überzeugung nach hatten nicht nur die Besucher von Großausstellungen, sondern letztlich alle durch Lärm, Hektik und Nervosität belasteten Großstädter ein Recht auf »öffentliche Ruhehallen«. Auch in Wien wurde Sommers Idee rezipiert. Ein Wiener Arzt zeigte sich begeistert von dem Dresdner Gebäude,791 und im »Neuen Wiener Journal« hieß es lobend : Es hat sich also deutlich gezeigt, daß die Einrichtung der Halle offenbar einem wirklichen Bedürfnis entspricht, und es ist als ein Fortschritt der praktischen Hygiene mit Dank zu begrüßen, daß der Plan einer öffentlichen Schlaf- und Ruhehalle bei dieser Gelegenheit zur Durchführung gekommen ist. Hoffentlich wird die Halle zum Modell zahlreicher Einrichtungen gleicher Art werden.792
Robert Sommer war in Wien kein unbekannter. Schon Theodor Lessing hatte ihn und seine segensreiche Erfindung bei seinem Vortrag im Wissenschaftlichen Klub in höchsten Tönen gelobt.793 Sommer selbst hielt sodann im November 1912 in der Urania mehrere Vorträge über psychohygienische Fragen.794 Auf seine Ruhe-Initiative reagierte man in Wien wie auch in den Verwaltungen anderer Städte mit Vorbehalt. Zu gering erschien den meisten doch die Nachfrage, und an die neuen akustischen Verhältnisse werde man sich wohl gewöhnen. Es liege, so der Tenor der Antworten, kein wirkliches Bedürfnis vor.795 Die Ausnahme war Berlin. Hier kam es 1913, allerdings von der Konkurrenz, zu einer zumindest kurzfristigen Weiterführung von Sommers Idee : Eine Unter den Linden ansässige Firma namens Siesta GmbH vermietete stundenweise kleine Ruhezellen.796 Der Traum des Arztes Robert Sommer, »öffentliche Ruhehallen« in sämtlichen Großstädten Deutschlands zu errichten, blieb Utopie. Mehr als zehn Jahre später zog der Begründer der Psychohygiene, der sich auch politisch intensiv engagierte,797 nochmals Bilanz. In einem Artikel in der »Wiener Medizinischen Wochenschrift« führte er das Scheitern seiner Idee auch auf fachinterne Entwicklungen zurück. Seiner Meinung nach hatte er damals als Einziger den wirklichen psychohygienischen Wert der Ruhe erkannt. Unterstützung habe er weder von hygienischen noch von psychiatrischen Fachorganisationen erfahren. Die Psychohygiene als eigene Disziplin sei letztlich in Europa noch viel zu wenig anerkannt gewesen.798
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Abb. 44a, b: Ruhehalle in Dresden, Außen- und Innenansicht, 1911
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Telefonzellen
Öffentlich zugängliche Ruheorte beschränkten sich in der Folge auf gesellschaftlich bereits seit Längerem akzeptierte Räume des Innehaltens und der Andacht, sei es religiös, medizinisch oder geistig motiviert wie bei Kirchen, Friedhöfen, Krankenhäusern oder Bibliotheken. Ein wirklich neuer Akustikraum kam dann, wenn auch nicht sehr groß und mit spezifischer Ausstattung, kurz nach der Jahrhundertwende hinzu : die Telefonzelle. Schon Alfred Polgar erkannte die wahrnehmungsspezifische Essenz dieser urbanen Innovation : »Aber ist denn das Wesentliche einer Telephonzelle das Telephon ? Nein, das Wesentliche sind die vier Wände. Die Enge. Die Ruhe im Lärm.«799 In Wien hatte der Ausbau des Telefonnetzes in den 1880er-Jahren begonnen. 1886 wurden erstmals Versuche mit einer »Isolierzelle« gemacht, die die »nöthige Ruhe« für ein Telefongespräch zwischen Wien und Brünn gewährleistete.800 Die Idee wurde auch die folgenden Jahre über weiter verfolgt, wenngleich es nicht an Unbehagen fehlte gegenüber einer sich ausbreitenden Telefonierwut, einer – wie die Zeitschrift »Wiener Caricaturen« im Jahr 1891 klagte – »entsetzlichen Verallgemeinerung der Telephonplage, daß an allen Straßenecken, auf allen Plätzen es dem Nächstbesten dem’s beliebt, möglich gemacht werden solle, an einen Telephon-Kiosk heranzutreten und (…) irgend einen, ihm vielleicht ganz fremden, arglosen Mitbürger aus seiner Ruhe herauszutelephonieren.«801 Internationaler Spitzenreiter war die schwedische Hauptstadt Stockholm, wo bereits unzählige öffentliche Sprechzellen des »Rikstelephons« existierten und von der Bevölkerung intensivst genutzt wurden.802 Kurz nach der Jahrhundertwende setzte die Verbreitung der Telefonzelle auch in Wien ein. In Bahnhöfen, Postämtern und Lokalen wurden öffentliche Sprechstellen aufgestellt, der Außenbereich – Straßen, Plätze und Parks – sollte folgen. Technische Voraussetzung dafür war der Münzfernsprecher, der unter der Bezeichnung »Telephonautomat« vom Wiener Ingenieur Robert Bruno Jentzsch (1852–1912) erfunden worden war. Die von ihm gemeinsam mit Stephan Bergmann gegründete »Telephonautomaten-Gesellschaft m. b. H.« hatte von der staatlichen Postverwaltung die Erlaubnis zur gewinnbringenden Aufstellung derartiger Apparate – ein Telefonat kostete 20 Heller – erhalten.803 Am 17. August 1903 ging das erste Gerät am Wiener Südbahnhof in Betrieb. Noch im selben Jahr folgten weitere im Nordbahnhof, im Westbahnhof, im Franz-Josefs-Bahnhof, im Café Central in der Herrengasse und in einem Vergnügungsetablissement in der Prater Hauptallee. Ende des Jahres 1907 waren in ganz Wien bereits 42 Münzfernsprecher im Einsatz. Sie waren in eigenen Häuschen installiert, für die sich schon bald die Bezeichnung »Telefonzelle« etablierte. Sie direkt im Straßenraum aufzustellen, war jedoch schwieriger als erwartet. Zu groß waren anfangs die Bedenken, sie würden das Stadtbild verschandeln. Ab etwa 1909 konnten die Widerstände des Magistrats und der Bezirksvertretungen, aber auch der Konkurrenz
Gegenmaßnahmen
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Abb. 45: Telefonzelle an der Ringstraße nahe Urania, um 1920
befürchtenden Kaffeehausbesitzer überwunden werden. Die ersten im Freien aufgestellten Telefonzellen befanden sich, noch dezent kaschiert, im Stadtpark unter einer Trauerweide, unter Stadtbahnbögen oder in Durchhäusern. Die vornehme Ringstraße war noch längere Zeit tabu. Erst 1912 konnte durch eine Änderung im Design – die Zelle war als eleganter achteckiger »Kiosk« gestaltet – auch dieser Stadtbereich miteinbezogen werden. Am Franzensring (heute Universitätsring), Ecke Schottengasse, entstand die erste derartige Zelle, die bald zum Standardtyp werden sollte.804 Ihre Gesamtzahl vermehrte sich in der Folge rasant. Insgesamt 408 Telefonzellen, im Innen- wie im Außenbereich, waren im Jahr 1914 im Wiener Stadtgebiet regis triert.805 Die überwiegende Mehrzahl davon befand sich im innerstädtischen Bereich, allein im 1. Bezirk standen mehr als 50 öffentliche Fernsprechautomaten.806 Die Konstruktion der Telefonzellen änderte sich zwar im Laufe der-Jahre, Schalldichtheit war jedoch von Beginn an eines der obersten Kriterien. Einerseits war dies technisch bedingt, um eine von Hintergrundgeräuschen möglichst unbeeinträchtigte Kommunikation zwischen den Gesprächsteilnehmern zu gewährleisten, andererseits wurde die Privatsphäre berücksichtigt, insofern die gesprochenen Worte nicht nach
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außen dringen sollten. Die frühen Modelle bestanden denn auch – ähnlich wie jene in Berlin – zu einem wesentlichen Teil aus dicken, mit Holz verschalten Wänden, einer ebensolchen Tür und einem kleinen Glasfenster. Die Verschalungen waren mit einer Mischung aus Lehm und Sägespänen ausgestopft. Der kleine Innenraum – er war etwa 185 cm hoch, 150 cm tief und 110 cm breit – war mit dünner Pappe, Filz und leichtem Baumwollstoff oder einer Tapete verkleidet. Akustisch bedeutete dies : Eine Zelle ist so schalldicht, dass selbst laut im Innern gerufene Worte bei gespannter Aufmerksamkeit einer aussen dicht an der Zelle stehenden Person nicht verständlich sind. In mässigem Tone gesprochene Worte sind aussen überhaupt fast gar nicht hörbar. Der im Innern der Zelle Eingeschlossene hört ebensowenig etwas vom Geräusche der Aussenwelt und kann demnach ungestört mit irgend einem Theilnehmer sich unterhalten.807
Anfang August 1904 wurde im großen Saal des Haupttelegrafenamtes eine modifizierte Version der Sprechzelle ausprobiert. Diese bestand aus einem Eisengerüst und Wänden aus Torfstein, der in Form von Platten mit Gipsmörtel auf hölzernen Leisten befestigt war. Gleich mehrere Vorteile seien damit, wie es hieß, zu erzielen : »Der künstlich hergestellt Torfstein ist ungemein leicht, feuersicher und, was für die Telephonzelle von besonderem Werte ist, fast gänzlich schalldicht.« Gleich mehrere große Tageszeitungen berichteten über diese Probeanlage. Sollte das Modell sich bewähren, würden künftig alle Telefonzellen auf diese Weise konstruiert.808 Auch in den folgenden Jahren gingen die Versuche zur größtmöglichen Dämpfung der Geräusche weiter. Neue Materialien wurden erprobt, darunter Kork, Blech und schließlich Eternit.809 Hergestellt wurden die Anlagen im Wesentlichen von zwei Wiener Firmen : Bernhard Seethaler, »Alleiniger Specialist in Sachen Telephonzellen«, 12. Bezirk, Pachmüllergasse 20, sowie von Johann Josef Mayer, 7. Bezirk, Lindengasse 15.810 Eine originalgetreue Telefonzelle der Firma Seethaler, aus Holz und mit gepolsterter Tür, ist im Übrigen noch heute im Postmuseum in Küb am Semmering zu sehen. Die Benutzung einer Telefonzelle war in Paragraf 40 der 1910 vom Handelsministerium erlassenen »Telefonordnung« genau geregelt. So durften die öffentlichen Fernsprechautomaten grundsätzlich von allen benutzt werden, außer bei Gefahr der Übertragung einer ansteckenden Krankheit. Die gleichzeitige Benutzung einer Sprechstelle durch mehrere Personen war untersagt, man durfte jedoch während des Gesprächs mit anderen anwesenden Personen verkehren.811 Auch Georg Schall wies in seiner Schrift über das Großstadtbenehmen auf den richtigen Umgang mit den Telefonzellen hin. Ihre genauen Standorte seien praktischerweise auf Tafeln oberhalb der meisten pneumatischen Briefkästen angeführt. Bei den Apparaten selbst befinde sich eine kurze Gebrauchsanleitung, die Benutzungsdauer sei
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auf zehn Minuten beschränkt. Die Vermittlung eines Gesprächs, so der Autor, habe möglichst unhektisch und ruhig zu geschehen : Wünscht man zu sprechen, so ruft man die Telephonzentrale durch ein einmaliges kräftiges Aufläuten auf, indem man die am Apparate befindliche Kurbel rasch herumdreht. Hierauf sind die Hörapparate sofort ans Ohr zu legen. Wiederholtes Aufläuten in kurzen Zwischenräumen ist zwecklos und behindert das Melden der Zentrale. Nach Meldung der Beamtin ist die Nummer zu nennen, auf die Wiederholung zu achten und diese allenfalls richtigzustellen. Die Nummer ist klar und deutlich, ohne zu schreien, auszusprechen.812
Es dauerte allerdings eine Weile, bis sich die adäquate Verwendung der Sprech- und Ruhezelle bei der Bevölkerung durchgesetzt hatte. Immer wieder gab es Beschwerden über Personen, die zu lange telefonierten, und auch der Betrieb schien nicht immer störungsfrei gelaufen zu sein. Zudem kamen häufig Fälle von Vandalismus vor, Automaten wurden aufgebrochen und das Kleingeld wurde gestohlen.813 Das waren allesamt Vorgänge, die sich auch in anderen Städten zeigten, die jedoch die Verbreitung der Telefonzellen keineswegs grundsätzlich verhinderten.814 In akustischer Hinsicht fungierten die neuen Straßenmöbel nicht zuletzt als Erziehungsinstitute, mit deren Hilfe man das gemäß bürgerlichen Moralvorstellungen richtige Verhältnis zwischen Intimität und Öffentlichkeit lernen konnte. Die Sommerfrische als akustisch motivierte Fluchtbewegung Wien hatte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend enger mit seiner Umgebung verklammert. Ein intensivierter Austausch auf allen Ebenen – sozial, ökonomisch, kulturell, infrastrukturell – charakterisierte schon im Biedermeier eine saisonale, vom Bürgertum getragene Wanderbewegung in Form von »Landpartien« und Sommeraufenthalten.815 Ein – auch in anderen Städten zu beobachtender – Boom, der sich gegen Ende des Jahrhunderts weiter verstärkte und schon bald die Bezeichnung »Sommerfrische« erhielt.816 Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes wurden sodann neue touristische Räume erschlossen und auch weit entfernte Gegenden miteinbezogen. Für Wien kamen etwa die Bereiche Semmering-Rax-Schneeberg hinzu, das Salzkammergut, aber auch kleinere Täler wie das Piesting- und das Kamptal. Die so in Gang gebrachte Entwicklung hatte beachtliche Veränderungen zur Folge. Nicht nur, dass mit Einheimischen und Gästen völlig unterschiedliche soziale Schichten aufeinandertrafen, auch die Natur wurde mit den Sommerfrischlern, wie sie bald genannt wurden, in eine gepflegte und domestizierte Form gebracht, die Stadt begab sich im großen Stil aufs Land. Rasch gegründete Verschönerungs- und Fremdenver-
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kehrsvereine schufen adäquate Infrastrukturen, eine eigene Sommerfrischen-Architektur mit Villen und Landhäusern begann das jeweilige Ortsbild zu prägen. Und die Sommerfrischen-Bewegung gewann an gesellschaftlicher Breite. Angehörige des aufsteigenden Großbürgertums (aus Industrie, Bankwelt, Beamtenschaft, Ärzte und Universitätsprofessoren) wurden zu prominenten Trägern dieser Übersiedelung auf Zeit, aber zunehmend auch die gehobene Mittelklasse. Für alle merkbar wurde Wien im Sommer leerer. Man registrierte deutlich weniger Einwohnerinnen, insbesondere Dienstmägde, und fühlte sich zuweilen wie in einer fremden Stadt.817 Um 1900 schätzte man die Anzahl der Stadtflüchtlinge in der »Saison« auf 100.000 bis 150.000 Personen.818 Die Millionenmetropole reichte, so gesehen, viele Hunderte Kilometer weit ins Land hinein, hatte ihre Ausleger – der Historiker Hanns Haas spricht treffend von »urbanen Enklaven«819 – im Hochgebirge und an den Seen, verbreitete dort ihre Kultur und ihren Lebensstil. Wie sehr die Sommerfrische insbesondere in den Jahren um 1900 bis zum Ersten Weltkrieg boomte, ist auch daran zu erkennen, dass sich immer mehr Orte mit diesem Etikett zu schmücken begannen. Der Landesverband für Fremdenverkehr in Wien und Niederösterreich gab im Jahr 1908 einen eigenen Führer über die »Sommerfrischen, Kurorte und Höhenstationen« heraus, der zwei Jahre später bereits in der vierten Auflage erschien und insgesamt 528 ( !) Orte in Niederösterreich verzeichnete.820 Die moderne Großstadt und die bürgerliche Gesellschaft, deren reibungsloses Funktionieren in beiden Fällen kontrollierten Abläufen, diszipliniertem Verhalten und strikten Affektregulierungen zu verdanken war, benötigten ein Ventil, eine Projektionsfläche, einen Sehnsuchts- und Ruheort, wie es die Sommerfrische gleichsam auf utopische, fast schlaraffenlandähnliche Weise darstellte. Dem großstädtischen Lärm zu entkommen, stellte dabei ein zentrales, wenn auch nicht das einzige Motiv dar, wie die folgende ärztliche Definition zeigt : »Unter Sommerfrische verstehen wir in erster Linie Orte, die durch gute, reine Luft, Ruhe, Wald usw. den Zweck verfolgen, den Städtern Erholung und Erfrischung und vor allen Dingen Beruhigung ihrer Nerven zu gewähren.«821 Ein sommerliches »Verlangen nach Ruhe, nach stillen Stunden ohne Lärm« konstatierte auch der Arzt Wilhelm Stekel. Die Menschen zog, so Stekel, »das Bedürfnis nach Ruhe hinaus in die stillen fernen Orte, wo die Luft so wenig schwingt, wo alle Geräusche verhallen und der Mensch ohne Störung den Stimmen seines Innern lauschen kann.«822 Und auch Theodor Lessing war der festen Überzeugung : Die Erholung, welche der Städter immer und immer wieder im Gebirge, auf dem Lande, am Meere sucht, ist wesentlich eine Erholung seiner vom Ohr aus erschöpften Nerven. Was dieser Lärm bedeutet, merkt er meistens erst, wenn er ihm eine Zeitlang entrückt war.823
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Abb. 46: Sommerliches Verlangen nach Ruhe: Grußkarte, um 1900
Die akustischen Projektionen in die Sommerfrische, auf den dort herrschenden Frieden für die Ohren waren stark und mächtig und nicht frei von Klischees, wie in einem ironischen Gedicht der Satirezeitschrift »Muskete« deutlich wird : Sommerfrische … wie trauliches Locken Klingt es, wie ferne Dorfkirchenglocken, Wie Waldesrauschen und Morgenstille Und wie ein großer, heiliger Wille Zu ewigem Frieden, zu göttlicher Güte. Die Sehnsucht nach der Alleinsamkeit : Fort aus der tollwütig rasenden Zeit ! Zurück zur Natur ! Ausruhen und träumen, Auf Blumen gebettet, beschattet von Bäumen.824
Zweifellos gab es immer mehr »Streber nach Ruhe«825 und dem trugen auch die Sommerfrischenorte Rechnung. So bewarb sich der Semmering mit seiner »ernsten Ruhe des Hochgebirges« als das »wunderbare Stahlbad für den erschöpften Großstädter«.826
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Der kleine Ort Prein an der Rax galt als ruhigster Ort in der Umgebung von Reichenau. In Zell am See lockte der Gebirgssee mit seiner »stillen Pracht«. Schon in den 1860erJahren hatte es mehrere Wiener Familien dorthin gezogen auf der Flucht vor dem Lärm der Straßen in ihrer Heimatstadt.827 Der Wechsel der Lautsphäre, die vermeintlich beschauliche Ruhe auf dem Land korrespondierte mit der Naturästhetik jener Zeit, die das Kleinräumige, Niedliche, Friedvolle und Milde bevorzugte. Die Berge umrahmten das harmonische Bild des ruhigen Verweilens auf Aussichtswarten, Ruhebänken, Veranden und Balkonen, allesamt Plätze zum Hineinhorchen in die Stille. Die in der Sommerfrische zunehmend perfektionierte Inszenierung der Natur hatte somit eine zentrale akustische Komponente, die anleitete zur stillen Betrachtung der Umgebung, zur bewussten Wahrnehmung des Waldesrauschens, der von nah herüberklingenden Wasserfälle oder der Wellen, die leise ans Seeufer plätscherten. Johann Strauß (Sohn) etwa, regelmäßiger Gast in Bad Ischl und prominenter »Ohrenzeuge«, schrieb einmal ganz begeistert an Alexander Girardi : »Mein Aufenthalt hier ist vollkommen nach meinen Wünschen. Erstens permanentes Regenwetter ! – das lebhafte Rauschen des nah liegenden Baches unendlich sympathisch, und im geheizten Zimmer Noten schreiben !«828 Die Ruhe der Sommerfrische schätzen insbesondere Schriftsteller und Musiker, die in ihren Werken und Korrespondenzen zahlreiche Belege für die vor Ort verspürte akustische Erholung hinterließen. Bekannt ist erneut Peter Altenberg, der von der Stille am Semmering und auf der Rax schwärmte oder schlicht von Gmunden am Traunsee als seiner »Ruhe-Idylle« ;829 Raoul Auernheimer äußerte sich in einem Brief an Arthur Schnitzler geradezu euphorisch über die »köstliche Luft und noch köstlichere Stille«, die am Semmering herrsche ;830 Anton Wildgans war in Mönichkirchen am Wechsel ganz beglückt über sein »Mansardenzimmer, das über allem Lärm in wunderbarer Friedlichkeit thront«.831 Und Jakob Wassermann, seit 1904 in Altaussee auf Sommerfrische, hielt in seinen Tagebucheintragungen fest : »Die Städter (…) haben eine närrische Vorliebe für das, was sie Ruhe nennen.«832 Im gleichen Ort wohnte auch Hugo von Hofmannsthal. Wie bereits erwähnt, hatte er schon in seiner Wiener Wohnung eigene »Ruhebestimmungen« während seiner Arbeitszeit verordnet, und auch in seinen Sommerwohnungen im Ortsteil Obertressen, den er seit 1896 fast jedes Jahr aufsuchte, war Stille oberstes Gebot. Um jeglichen Lärm fernzuhalten, ließ er sich in seinem Arbeitsraum sogar Doppeltüren einbauen. Umso entnervter war er dann, als einmal Kuhglocken läuteten – allzu nahe an seinem offenen Fenster, das er sogleich wütend zuschlug und dabei zertrümmerte. Um Ähnliches in Zukunft zu vermeiden, musste der Leitkuh fortan beim Ein- und Austrieb die Glocke verstopft werden.833 Eine ähnliche Lärmempfindlichkeit legte auch Gustav Mahler an den Tag, gleichsam Inbegriff des akustisch motivierten Stadtflüchtlings. Auf seiner Suche nach einer absolut
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Abb. 47a, b, c: Gustav Mahlers Sommerhäuschen in Steinbach, Maiernigg und Toblach, um 2014
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ruhigen Arbeitsstätte hatte er sich für den Sommer in Steinbach, direkt am Ufer des Attersees, ein eigenes kleines Komponierhäuschen errichten lassen. Es sollte der perfekte Gegenentwurf zu seiner mondän-lauten Großstadtwelt sein. Als es fertiggestellt war, berichtete er im Juni 1894 in einem Brief euphorisch : »Mein Häuschen (auf der Wiese), neu gebaut, ein idealer Aufenthalt für mich ! Kein Laut in der weiten Runde ! Umgeben von Blumen und Vögeln (welche ich nicht höre, sondern nur sehe).«834 Mahler durfte in dem Häuschen – es bestand aus einem einzigen Raum und war spartanisch nur mit Tisch, Sessel, Ofen und Stutzflügel eingerichtet – von nichts und niemandem gestört werden. Wie seine mitreisende Freundin Natalie Bauer-Lechner berichtete, versuchte man lärmende Nachbarskinder durch Verteilen von Naschwerk und Spielzeug von dem Häuschen fernzuhalten ; wandernde Musikanten wurden mit einem Geldbetrag zum Weiterziehen animiert ; Nester von Raben wurden abgenommen ; Hunde, Katzen, Hühner und Gänse eingesperrt oder bisweilen sogar gekauft und verzehrt ; pfeifende und singende Landarbeiter wurden durch Trinkgeld und Überredungskunst zum Schweigen angehalten und gebeten, ihre Sensen und Sicheln nicht in Hörweite zu dengeln.835 Drei Sommer hindurch, von 1894 bis 1896, weilte Mahler in Steinbach, dann war er zum Ausziehen gezwungen (der Pächter des dazugehörigen Gasthofes hatte gewechselt, und mit dem Nachfolger erwies sich die Zusammenarbeit als schwierig). Mittlerweile Direktor an der Wiener Hofoper, ließ Mahler in Maiernigg am Wörthersee ein ähnliches Häuschen im Wald errichten. Auch hier verbrachte er viele Sommer intensiv arbeitend (1900 bis 1907) – nicht nur zur Freude seiner Familie, wie sich Alma Mahler erinnerte : »Unsere Sommerferien waren ausschließlich seiner Arbeit und seinem Wohl gewidmet. Seiner Ruhe ! Alles ging auf Zehenspitzen. Die armen Kinder durften weder laut lachen, noch schreien.«836 In späteren Jahren, Mahler hatte seine Stellung an der Oper gekündigt und war in New York engagiert, folgte noch ein drittes Komponierhäuschen in Altschluderbach bei Toblach im Pustertal (1908 bis 1910).837 In allen drei Refugien waren Symphonien und andere Musikstücke entstanden, in denen Mahler – längst hatte er die Beinamen »Ferienkomponist« und »Sommer frischenkomponist« erhalten – u. a. die ländlichen Geräusche seiner jeweiligen Umgebung verarbeitete. Zur Empörung so mancher Zeitgenossen ertönten bei der Uraufführung seiner Stücke Posthörner, Kuhglocken, krähende Hähne oder Vogel stimmen. Der Wiener Karikaturist Theodor Zasche stellte dies in einer berühmt gewordenen Zeichnung dar.838 Die Erhabenheit der Natur und der Sommerfrischen- Landschaft mitsamt der Vielfalt ihrer Geräusche war stets eine wesentliche Inspirationsquelle für Gustav Mahler gewesen, was denn auch in einem überlieferten Bonmot gipfelte, einem Ausspruch, den er gegenüber einem zu Besuch gekommenen Freund äußerte : »Sie brauchen gar nicht mehr hinzusehen – das habe ich schon alles wegkomponiert.«839
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Nun war Mahler in seiner auditiven Sensibilität und Durchlässigkeit gewiss eine Ausnahmeerscheinung (wenngleich Musiker generell als empfänglicher für die Geräusche ihrer Umgebung gelten können, wie auch das Beispiel Johannes Brahms (1833– 1897) zeigt, der in seinen Sommerfrischen-Domizilen in Bad Ischl und Mürzzuschlag stets ein ganzes Stockwerk mietete, um vor nachbarschaftlichem Lärm, insbesondere Klavierspiel, sicher zu sein840). Jedenfalls aber waren die Ohren in der Sommerfrische mit einem akustisch anderen Ambiente als in der Stadt konfrontiert. Die Beeinflussung war dabei durchaus wechselseitig, denn so wie Mahler mit seinen Kompositionen viele ländliche Geräusche in die Konzertsäle der Großstädte brachte, nahmen umgekehrt auch die Sommerfrischler neue Töne mit aufs Land. Zu denken ist dabei gar nicht so sehr an die Geräuschemanationen der Automobile, die sich damals erst eine begüterte Minderheit leisten konnte, als vielmehr an die Mode des Tennissports, die sich in bürgerlichen Kreisen zunehmend verbreitete. In vielen Sommerfrischenorten wurden für die Gäste Tennisplätze errichtet, und die gedämpften Töne der vom Racket getroffenen Bälle avancierten immer häufiger zur akustischen Signatur der Sommerfrischengesellschaft. Es war ein neues Geräusch, das sich saisonal etablierte und in die traditionelle Lautsphäre des Ortes eindrang. Mitunter weithin hörbar, wie Heimito von Doderer sich erinnerte, dessen Familie ab August 1903 den neu errichteten Riegelhof in Prein an der Rax bewohnte. In seinem Roman »Die Strudlhofstiege« sollte der Schriftsteller später formulieren : Hier, vom Platze, klang, mit den kleinen Unterbrechungen, welche das Spiel mit sich brachte, das gespannte und zugleich rundvoll-weiche Paff-Paff der Schläger und Bälle, ein Ton, der frischen und doch schon sehr warmen Luft verwandt und zugleich ihre Weiträumigkeit mit dem jedesmaligen Widerhall noch schmeckbarer machend.841
Und an anderer Stelle beschrieb er den neuen Laut als »ein sonniges unbekümmertes Geräusch, in welchem der Ton von den im Rahmen gespannten Darmsaiten mitklang. Und wieder. Und hin und her.«842 Nicht nur im Feld des Akustischen wird somit klar, dass es über weite Strecken eine künstliche, extra für das Stadtpublikum errichtete und inszenierte Welt war, die im Sommer erstand und im Winter gleichsam in einen Dornröschenschlaf fiel. Treffend spricht Doderer denn auch von einer »zivilisierten Sommerfrische« im Gegensatz zur wirklich unberührten Natur.843 Und es war auch noch in einem anderen Sinne eine (Selbst)Täuschung. Denn von Ruhe war nur allzu oft nichts zu bemerken. Die Geräusche der Landarbeit, vor allem der Tiere auf dem Bauernhof, forderten so manche großstädtische Ohren heraus. In einem launigen Feuilleton beschrieb Eduard Pötzl die ihn quälenden »Landplagen« : Es begann mit einer Grille in seinem Schlafraum,
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sie zirpte unbekannt wo in selbigem Zimmer Nacht für Nacht ihr sanftes Lied, das mich beinahe rasend machte. (…) Ein Kettenhund bellt in der Nachbarschaft in Pausen von zwei, drei Minuten. Nach jedem Gebell wird er um einiges heiserer, bis er zuletzt sein Geheul gewissermaßen bloß flüstert. Doch gerade das quält mich am meisten. (…) Weiter unten im Dorfe röhrt eine Kuh nach ihrem Kalb, das verkauft worden ist. Der Schmerzenlaut der unglücklichen Mutter hallt weithin durch die Nacht, wieder und immer wieder. (…) Endlich, endlich kräht der Hahn in unsrem Hühnerhof. Was ? … Erst ein Uhr und das Rabenvieh kräht schon ? Nun habe ich genug. Noch in dieser Nacht habe ich beschlossen, den Landplagen zu entfliehen (…) – es ist zu viel der Natur für einen Großstädter.844
Auch Lessing äußerte sich ähnlich und sah sich außerstande, derartigen Tieren gegenüber die notwendige akustische Adaptionsleistung zu vollbringen.845 Was de facto auch deswegen schwierig war, da der niedrige Gesamtgeräuschpegel des Ortes die Einzelgeräusche weit deutlicher als in der Stadt hervortreten ließ. Die Arbeitsrhythmen waren vielfach andere als in der Stadt. Frühmorgens waren oft schon die ersten Tätigkeiten der Einheimischen zu vernehmen, zu einer Zeit, zu der – wie ein Sommergast klagte – »jeder vernünftige Mensch noch in den Federn ruht.«846 Hinzu kam, dass die Erwartungshaltung der Gäste, in der Sommerfrische endlich Ruhe zu finden, überdurchschnittlich groß war und damit die akustische Sensibilität in den Tourismusorten generell in die Höhe getrieben wurde. So konstatierte der Wiener Schriftsteller und Journalist Edmund Wengraf : »Ich habe nie und nirgends so viel nervöse, unruhige, unbefriedigte Menschen getroffen, wie gerade auf Sommerreisen.«847 In der Realität war es paradoxerweise oft genau umgekehrt : Stellt man – etwas vereinfacht – Stadt und Land im Sommer akustisch einander gegenüber, war eine deutliche Lärmumkehr zu erkennen. Die Sommerfrische erwies sich mit ihren vielen Gästen und den ungewohnten Lauten der Natur mitunter als unruhiger als die still und entleert zurückgelassene Großstadt. Zufrieden stellte ein Daheimgebliebener etwa über Wien fest : »Aber eines Vortheiles genießen wir wenigstens in der sommerlich todten Stadt : Sie ist ruhiger geworden. Wo man sonst vom tausendstimmigen Straßenlärm halb taub wurde, ist es nun still und stumm. Unsere Nerven können sich von all dem Geräusch erholen, das sie bisher erduldet, und deswegen ist Wien mit seiner Sonnengluth ein verhältnismäßig gesunder Aufenthalt.«848 Die Lärmwolke der Stadt, war – bildlich gesprochen – aufs Land gezogen, was sich in stark frequentierten Orten unüberhörbar bemerkbar machte. Etwa in Payerbach, einem der frequentiertesten Zielorte für die Wiener Sommerfrischler. Hier standen auf dem Platz und der Straße vor dem Bahnhof oft bis zu 160 ( !) Pferdekutschen für den Weitertransport der Ankommenden bereit. Die meisten davon gehörten Großfiakern aus Wien, die ihre Pferdewagen hier saisonal verwendeten und im Herbst sodann wieder in die Stadt überstellten. Die Fahrer der Kutschen akquirierten dermaßen
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Abb. 48: Bahnhofsvorplatz in Payerbach, Foto: Fritz Benesch, 1913
lautstark ihre Kunden, dass die Gemeinde im Mai 1901 eine Kundmachung erließ, in der sie »das Anschreien und Anbetteln von Seite der Fiaker und Kutscher, sowie das goschenreißende Lärmen derselben sowohl am Standplatz selbst, als auch in der Bahnhofsrestauration« strengstens verbot.849 Dass der Wirbel und Trubel generell im Ort zugenommen hatte, veranlasste einige Jahre zuvor schon Daniel Spitzer (1835–1893) zu der ironischen Bemerkung, dass man vom »geräuschvollen Treiben in den Voralpen« oft nur allzu gerne wieder zurück in die »Einsamkeit des Operntheaters« entfliehe.850 Selbst beim Wandern und Spazierengehen im Wald hatte man mitunter mit beträchtlichen akustischen Belästigungen zu rechnen, wie Pötzl monierte : Stürzen sich die erholungsbedürftigen Städter während des Sommeraufenthaltes nicht neuerdings in allerlei kreischende Lustbarkeiten, und ist es nicht das erste Zeichen des Wohlgefühles abgerackerter Ausflügler, daß sie in der Waldeinsamkeit zu plärren beginnen wie brünftige Esel ?851
War der akustische Erholungswert der Sommerfrische also genau genommen eine Fiktion ? Die zahlreichen, oft satirisch untermalten Reportagen über nicht eingelöste Erwartungen legen diese Interpretation zumindest nahe.852 Kritiker wie Pötzl argumentierten ebenfalls in diese Richtung und meinten süffisant, dass letztlich die Sommerfrischen »sich von einem Wiener Kaffeehaus nur durch die schlechtere Bedienung und die höheren Preise unterscheiden.«853 Die Vermischung beider Welten zu einem
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urban-ruralen Amalgam war für eingefleischte Großstädter keinesfalls erstrebenswert, wie Journalistenkollege Wengraf an sich selbst erkannte : Habe ich am Ende gar keine besondere Sehnsucht nach der köstlichen Stille des Waldes ? (…) Mich überkommt ein unwiderstehliches Heimweh nach dem Ringstraßenkorso, nach den Auslagen der Kärntnerstraße, nach meinem Stammcafé am Graben, nach meiner täglichen Tarockpartie, ganz hinten im letzten Spielzimmer. (…) Wochen- und monatelang Natur, das halte ich alter Großstädter nicht aus.854
Manche waren also erleichtert, nach ihrer Rückkehr wieder in die vertraute akustische Umgebung eintauchen zu können.855 Mit der urbanen Geräuschkulisse kamen sie, wie es schien, leichter zurecht als mit den ungewohnten Landgeräuschen. Und selbst aus medizinischer Sicht war die akustische Seite des Sommerfrischenaufenthalts jedenfalls zu relativieren, wie die Ärzte warnten : »Man glaube nicht, daß die vierwöchige Sommerruhe (…) ausgleichen kann, was ein Jahr geschadet hat.«856
Apologien Der künstlerisch-ästhetische Diskurs Auf völlig entgegengesetzte Weise reagierte die künstlerische Avantgarde auf die veränderten akustischen Umweltbedingungen. August Endell (1871–1925), deutscher Jugendstilarchitekt und Herausgeber der Kunstzeitschrift »Pan«, verfasste eine Streitschrift mit dem Titel »Die Schönheit der großen Stadt«, in der er vehement für eine positive Einstellung gegenüber den urbanen Geräuschwelten plädierte. Während man den Lauten der Natur und des Landes genügend Aufmerksamkeit entgegenbringe, würden die metropolitanen Lautsphären, so seine Überzeugung, viel zu wenig gewürdigt : Man muß nur einmal hinhören und den Stimmen der Stadt lauschen. Das helle Rollen der Droschken, das schwere Poltern der Postwagen, das Klacken der Hufe auf dem Asphalt, das rasche scharfe Stakkato des Trabers, die ziehenden Tritte des Droschkengaules, jedes hat seinen eigentümlichen Charakter, feiner abgestuft als wir es mit Worten wiederzugeben vermögen. Wir unterscheiden, ohne recht zu wissen wie, sicher die Gefährte voneinander, wir brauchen die Augen nicht dazu. Diese Geräusche sind uns vertraut wie alte Bekannte. Oft freilich allzu laut, betäubend in nächster Nähe. Aber fast immer schön, wenn sie sich entfernen und allmählich leiser werdend in der Ferne verklingen.857
Es war vor allem der Variantenreichtum des Straßenlärms, der Endells Ohren betörte, wobei zu den oben beschriebenen Pferdewagen und Kutschen immer häufiger die Geräusche von maschinengetriebenen Fahrzeugen erklangen : Wie vielfältig sind die Stimmen der Automobile, ihr Sausen beim Herannahen, der Schrei der Huppen, und dann, allmählich hörbar werdend, der Rhythmus der Zylinderschläge, bald rauschend, bald grob stoßend, bald fein in klarem Takte, metallisch klingend. (…) Wie wundervoll braust der satte, dunkle Ton einer Trambahn in voller Fahrt, rhythmisch gegliedert durch das schwere Stampfen des Wagens, dann allmählich hineinklingend das harte Schlagen auf den Schienen, das Klirren des Räderwerkes, das Schlirren der Rolle und das lang nachzitternde Zischen des Zuführungsdrahtes. Stundenlang kann man durch die Stadt wandern und ihren leisen und lauten Stimmen zuhören (…).858
Ganz ähnlich berauschten sich auch die italienischen Futuristen am Klang der neuen Zeit. Begeistert von Maschinen und Motoren, von Geschwindigkeit und Krieg, ver-
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herrlichten sie das Getöse der Welt im industriellen, gesellschaftlichen und politischen Umbruch. In ihren musikalischen Konzepten verwarfen sie die herkömmliche, am bürgerlichen Geschmack orientierte Musiktradition. Nun galt es, den Geräuschen des Alltags zu ihrem Recht zu verhelfen.859 Luigi Russolo (1885–1947), wichtigster musikalischer Revolutionär der Bewegung, veröffentlichte 1913 sein bahnbrechendes Manifest »L’arte dei rumori« (Die Kunst der Geräusche), in dem er das Brummen und Dröhnen der Maschinen, die gellenden Schreie der Menschen und Tiere als neue musikalisch-ästhetische Qualitäten feierte : »Wir Futuristen haben die Harmonie der großen Meister sehr geliebt (…), aber jetzt verspüren wir einen weit größeren Genuss, wenn wir im Geist die Geräusche der Straßenbahn, des Explosionsmotors, der Wagen und der lärmenden Menge kombinieren.«860 Die künstliche, zunehmend technisierte Lautsphäre der Großstadt mit ihren Fabriken und neuen Verkehrsmitteln wurde für ihn zum Inbegriff einer akustisch revolutionierten Welt : Wenn wir eine moderne Großstadt mit aufmerksameren Ohren als Augen durchqueren, dann werden wir das Glück haben, den Sog des Wassers, der Luft oder des Gases in den Metallröhren, das Brummen der Motoren, die zweifellos wie Tiere atmen und beben, das Klopfen der Ventile, das Auf und Ab der Kolben, das Kreischen der Sägewerke, die Sprünge der Straßenbahn auf den Schienen, das Knallen der Peitschen und das Rauschen von Vorhängen und Fahnen zu unterscheiden. Wir haben Spaß daran, den Krach der Jalousien der Geschäfte, der zugeworfenen Türen, den Lärm und das Scharren der Menge, die verschiedenen Geräusche der Bahnhöfe, der Spinnereien, der Druckereien, der Elektrizitätswerke und der Untergrundbahnen im Geiste zu orchestrieren.861
Um sein Konzept in die Praxis umzusetzen, baute Russolo spezielle Geräuschinstru mente, die er als »intonarumori« (Lärmtöner) bezeichnete. Dabei handelte es sich um solide Holzkisten unterschiedlicher Größe, die mit Schalltrichtern, Kurbeln und Hebeln versehen waren und verschiedenste Klänge durch Zufuhr von mechanischer und zum Teil auch elektrischer Energie erzeugten. Entwickelt wurden zunächst vier Haupt-Geräusch-Maschinen : der Knaller, der Heuler, der Summer und der Knisterer. Schon das erste Konzert am 2. Juni 1913 in Modena wurde zu einem aufsehenerregenden Spektakel, das von den einen enthusiastisch gefeiert, von anderen völlig abgelehnt wurde. Weitere Konzerte folgten, bei denen u. a. Eigenkompositionen wie »Das Erwachen einer Stadt« oder »Treffen der Flugzeuge und Automobile« aufgeführt wurden. Wenn auch die Aufführungen mitunter in Handgreiflichkeiten und Straßenschlachten ausarteten, seine Instrumente entwickelte Russolo unverdrossen weiter. Insgesamt baute er etwa fünfzig weitere »Lärmtöner«.862 Mit seinen Versuchen, Lärm und Geräusch in die Musik zu integrieren, war er zu einem Pionier einer Stilrichtung ge-
Der künstlerisch-ästhetische Diskurs
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worden, der im Laufe des 20. Jahrhunderts noch zahlreiche weitere Komponisten und Musiker folgen sollten.863 Vor allem die russische Revolutionsmusik propagierte schon bald ein grundlegend neues Verhältnis zum Lärm. In proletarischer, streng antibürgerlicher Haltung wurden auch hier die Geräusche der Großstadt, der Rhythmus der Maschinen und – besonders markant – die weithin hörbaren Fabrikssirenen musikalisch verarbeitet. Lärmorchester führten eigens komponierte Lärmsymphonien und Lärmopern auf, ohrenbetäubende Lärmfestspiele wurden veranstaltet.864 Eine derartige Verherrlichung der neuen akustischen Konditionen fehlte bei Wiens Intellektuellen und Künstlern. Zwar hatte bereits Eduard Strauß (1835–1916) die Dynamik moderner Verkehrsmittel in seine Kompositionen integriert und die Geräusche der Eisenbahn in seinen Stücken effektvoll verarbeitet (»Mit Dampf !«, »Bahn-frei«, »Ohne Bremse«), ebenso wie Johann Strauß (Sohn) (1825–1899), der der modernen Technik und den Bestrebungen zur Stadterweiterung zahlreiche musikalische Denkmale in Walzer- und Polkaform setzte (»Telegramme«, »Telegraphische Depeschen«, »Durchs Telephon«, »Elektro-magnetische Polka«, »Demolirer-Polka«, »Groß-Wien«, »Neu-Wien«, »Vergnügungszug«) bis hin zu Gustav Mahler, der allerdings weit lieber die Laute der Natur als jene der Stadt belauschte.865 Doch eine strikt positive bis euphorische Zuwendung zur Wiener Lautsphäre kam zunächst weniger von den Einheimischen als von außen. Vorreiter war der dänische Schriftsteller Johannes Vilhelm Jensen (1873–1950), der bei seinem Wienbesuch eine Fahrt mit dem Riesenrad unternahm und dabei die akustische Qualität der Metropole entdeckte. In seinem 1901 veröffentlichten Essay »Die Maschinen« postulierte er : »Hört, wie diese Stadt, wie diese gewaltige Stadt dort unten singt ! Das sind Verse aus Eisen, Reime aus Stahl und Stein, das sind Rhythmen, die zum Himmel steigen. Die Naturkräfte dichten.«866 Die Wiener Bevölkerung selbst sollte erst später, in den Jahren knapp nach dem Ersten Weltkrieg, die akustischen Reize der großstädtischen Moderne für sich entdecken. So verfasste der Schriftsteller und Historiker Edgar Weyrich in seinem »Heimatbuch« über Wien ein eigenes Kapitel über die »Stadt der Geräusche«, in dem er ausführlich Endells Eindrücke zitiert, unverkennbar mit dem Ziel, auch den Wiener Lesern die akustische Bandbreite urbanen Lebens näherzubringen.867 Die Freude am Entdecken von immer neuen akustischen Effekten, das Staunen über die verwirrende Gleichzeitigkeit schier unendlich vieler Laute, das Gefühl des Eingebettetseins in den polyphonen Klangkörper der Großstadt, all das wurde schon bald auch international von anderen Kunstrichtungen aufgegriffen, deren Produktionen hier nur kurz angedeutet werden können. Der Lärm der Großstadt, allen voran ihr kraftvoll beschleunigter Rhythmus, fand Eingang in die Werke der expressionistischen Lyrik (insbesondere bei Gerrit Engelke868), in das neu entstehende Genre des »Großstadtromans« (Robert Musils »Der Mann ohne Eigenschaften«, Alfred Döblins »Berlin
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Apologien
Abb. 49: »Oesterreichischer Verband gegen die Lärmplage«, Plakat, 1937
Alexanderplatz«), in die bildende Kunst (Umberto Boccionis »Der Lärm der Straße dringt in das Haus«, George Groß’ »Das Tempo der Straße« und »Metropolis«, Otto Möllers »Straßenlärm«, Hugo Scheibers »Auf der Straßenbahn«) oder den sich Anfang der 1930er-Jahre etablierenden Tonfilm (Walther Ruttmanns »Berlin – Die Sinfonie der Großstadt«). »Symphonie der Großstadt« war dann auch der Titel eines langen Artikels in der illustrierten Zeitschrift »Wiener Bilder«, der 1930 die Entwicklung nochmals, wenngleich angereichert mit einer Portion Skepsis für die an klassischen Harmonien geschulten Wiener Ohren, zusammenfasste : Es ist gewiß die wahrhaft atonale Musik … Wer kann denn aus den tausendfältigen schrillen Dissonanzen des Großstadtlärms eine einheitliche Melodie heraushören ? Man muß ein geübtes Ohr haben, um das Gewirr des Straßenlärms als Hörspiel der Weltstadt zu vernehmen. Jede Stadt hat ihre eigene unnachahmliche Melodie. (…) So klingt dennoch der tausendfältige Mißklang des Straßenlärms zu einer Harmonie zusammen. Und so entsteht die Symphonie der Großstadt.869
Ausblick Konjunkturen der Lärmdebatte und Renaissance des Hörens Während des Ersten Weltkriegs waren sämtliche Bemühungen um Minderung des Alltagslärms zum Erliegen gekommen, erst die sich langsam wieder erholenden Ökonomien rückten diesen erneut ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Auslöser dafür war die veränderte Akustik der Straße im Gefolge der zunehmenden Motorisierung des Verkehrs. Allerdings war noch in den 1920er-Jahren das Automobil in Wien vergleichsweise wenig verbreitet. Die sozialdemokratische Stadtregierung setzte bei der Bewältigung des Massenverkehrs nicht auf das Auto, sondern auf den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Erst die Abschaffung der Kraftwagenabgabe 1933 bewirkte einen spürbaren Zuwachs der Fahrzeuge. Die Anzahl der in Wien gemeldeten Autos stieg bis zum Jahr 1938 auf rund 24.000.870 Immer deutlicher entwickelte sich die Straße vom Lebensraum zum Verkehrsraum. Zwar hatte man erfolgreich die akustischen Emanationen der Menschen von der Straße verdrängt, das Auto begann jedoch schon bald weit größere Lärmprobleme zu verursachen. Immer lauter wurden die Beschwerden, erneut entbrannte in den Zeitungen eine heftige Debatte um die »Plage des Großstadtlärms«. Maßnahmen wurden gefordert, um dem Großstädter »ein Mindestmaß an Ruhe zu gewährleisten, das seine ohnehin abgespannten Nerven notwendig brauchen«.871 Es war die bekannte Lärm- bzw. Nervositätsdebatte, die wieder auflebte und für steigenden Unmut in der Bevölkerung sorgte. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen die Hupsignale der Automobile und Motorräder, die sich nun in immer größeren Teilen der Stadt bemerkbar machten. Längst waren etwaige Gewöhnungseffekte, an die die Fahrzeuglenker seit jeher gerne appellierten, durch die beträchtliche Zunahme der Fahrzeuge zunichtegemacht. Im Jahr 1936 begann der Wiener Magistrat Maßnahmen zur flächendeckenden Eindämmung der Hupgeräusche zu überlegen. Der entscheidende Punkt war die Sicherheit. War sie auch ohne Hupen zu gewährleisten ? Eigene Versuchsfahrten wurden unternommen, Erfahrungen aus dem Ausland eingeholt. Für den weitgereisten Fürst Ulrich Ferdinand Kinsky (1893–1938) war die Sache eindeutig. Er trat für ein absolutes Hupverbot ein. Hupen erschien ihm eine »veraltete und völlig überflüssige Gepflogenheit«.872 Auf der Ebene der Stadtplanung wurde die Trennung der Funktionen weiter vorangetrieben, gemäß dem Vorbild der von Le Corbusier initiierten »Charta von Athen« (1933). In ihr wurde die Ideologie der Generierung möglichst homogener Stadtberei-
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che nunmehr international verankert, wobei sie in Wien erst nach 1945 in größerem Umfang umgesetzt werden sollte. Der deutlich bemerkbare Anstieg der akustischen Intoleranz führte abermals zur Gründung von Lärmschutzorganisationen, in den USA wie in Europa. In Deutschland entstand 1930 ein »Fachausschuß für Lärmminderung«, in Großbritannien 1933 die »Anti-Noise League«, und in Österreich wurde 1934 der »Österreichische Verband gegen die Lärmplage« gegründet. Doch erneut blieben die Erfolge der Organisationen, deren Aktivitäten sich in weit stärkerem Ausmaß als zur Jahrhundertwende auf die Minderung des Verkehrslärms konzentrierten, bescheiden. Immerhin konnte man mit medienwirksamen Kampagnen zumindest kurzfristig ein Bewusstsein dafür schaffen, dass der Lärm in den Städten die Gesellschaft in ihrer Gesundheit und in ihrer ökonomischen Effizienz zutiefst beeinträchtigte.873 Nach dem Zweiten Weltkrieg und den entbehrungsreichen Jahren des Wiederaufbaus setzte erneut eine Motorisierungswelle ein, die wirkliche Automobilisierung Wiens begann. Die Zahl der in Wien gemeldeten Kraftfahrzeuge stieg bis 1960 auf 160.000, zehn Jahre später waren es bereits 356.000.874 Angesichts einer derart rasanten Entwicklung gaben die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Lärms erneut Anlass zur Diskussion. Mit Bedauern diagnostizierte der Wiener Arzt Robert R. Kramer eine mittlerweile viel zu starke Abstumpfung gegenüber den Geräuschen des Alltags : Der Großstadtmensch erschrickt zwar, wenn hinter ihm eine Autohupe zu toben beginnt, verzieht schmerzlich das Gesicht, sobald die Straßenbahn in einer Kurve kreischt, und möchte am liebsten jeden Straßensänger erwürgen ; die mannigfaltigen anderen Geräusche indessen dringen nicht mehr in sein Bewußtsein, weil er unter ihnen groß geworden ist und das feinere Gefühl längst eingebüßt hat. Nachts reißt ihn das wiehernde Gelächter junger Menschen unter seinem Fenster aus dem schönsten Schlaf, raubt ihm der jähe Knall einer Fehlzündung vielleicht für Stunden die Ruhe, ärgert ihn sogar die nachbarliche Unterhaltung jenseits der dünnen Zimmerwand ; Ärger wie Lärm nagen so im trauten Verein an seiner Gesundheit.875
Den einzelnen Problemen des Lärms werde, so Kramer, nach wie vor viel zu wenig Beachtung geschenkt, wobei sich neben dem Auto- auch der Fluglärm immer stärker bemerkbar mache : »Das 20. Jahrhundert fügte mit dem ins gigantische gesteigerten Verkehr neue Lärmquellen hinzu. Denken wir bloß an die Flugtechnik ! Einen Vorgeschmack erhalten wir Tag für Tag durch das Dahinbrausen der Maschinen.«876 Mit der Zunahme des Verkehrs häuften sich die Klagen der Bevölkerung, wie auch die »Rathaus-Korrespondenz«, offizielles Presseorgan der Stadt Wien, unmissverständlich feststellte.877 Seitens der Stadtverwaltung begann man nunmehr die aktuelle Lärmsituation möglichst exakt zu erheben. Die damit beauftragte »Bundesversuchsanstalt für Kraftfahrzeuge« führte 1954 erstmals im gesamten Stadtgebiet Messungen mit-
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tels eines »Phonmeters« durch. Im November desselben Jahres wurden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert. Der in einer »Lärmkarte« eingezeichnete »Phonspiegel Wiens« wies genau jene Hauptdurchzugsstraßen aus, an denen die Belästigungen – wie nicht anders zu erwarten – am größten waren, allen voran Ring- und Gürtelstraße, Mariahilfer Straße, Floridsdorfer Spitz, Lastenstraße und Wiental. Am ruhigsten war es in Schönbrunn und in der Freudenau. Auch über die Geräuschentwicklung im Tagesverlauf konnte man wichtige Erkenntnisse gewinnen. Regelmäßig zeigten sich die höchsten Lärmspitzen zur Stoßzeit um 9 Uhr vormittags und um 18 Uhr abends.878 Abermals setzte man verstärkt auf Aufklärung und Information. Dies tat auch der »Österreichische Arbeitsring für Lärmbekämpfung« (ÖAL), der 1958 nach deutschem Vorbild gegründet wurde und als parteiunabhängige Organisation bis heute existiert. Erklärtes Ziel war es, mit Bewusstseinsbildung eine Verhaltensänderung zu erreichen. Eine »Lärmfreie Woche« wurde ausgerufen, in der die Bevölkerung auf die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Lärms und die Möglichkeiten seiner Bekämpfung aufmerksam gemacht wurde. Doch trotz umfangreicher Plakataktionen und eindringlicher Rundfunkansprachen konnten auch diesmal so gut wie keine nachhaltigen Effekte dieses Werbefeldzuges registriert werden. In der Zeitung »Neues Österreich« kommentierte man ironisch : Gestern ging die »Lärmfreie Woche« zu Ende. Akustisch allerdings hatte man davon nichts gemerkt. Die Mopedfahrer waren mit ihren »Schlurfraketen« um die Häuserblocks geknattert wie ehedem, die Heurigenbesucher hatten um keinen Grad leiser als sonst gejohlt, die hydraulischen Bremsen der städtischen Nachtautobusse das gleiche nerventötende Quietschen erzeugt und die Radioapparate waren auch nicht auf Zimmerlaustärke geschaltet worden. (…) die »Lärmfreie Woche« war nichts als ein Versprechen geblieben, ein Versprechen, das nicht gehalten wurde.879
Forderungen nach mehr Effizienz der von der Polizei gestellten »Lärmpatrouillen« tauchten auf, nach einer stärkeren Bestrafung von »Lärmsündern« – und nach der Verabschiedung eines umfassenden Lärmschutzgesetzes, war der Lärmschutz doch bisher in zahlreichen verstreuten Rechtsmaterien (Gewerbeordnung, Straßenverkehrsordnung etc.) geregelt.880 Wesentliche gesetzliche Veränderungen gab es sodann vor allem im Bereich der Gewerbehygiene, wo Lärmschwerhörigkeit ab 1962 in allen Branchen als Berufskrankheit entschädigungspflichtig wurde.881 Und auch im Straßenverkehr konnte endlich eine immer wieder geforderte Maßnahme durchgesetzt werden : Am 1. Oktober 1966 trat im gesamten Stadtgebiet von Wien während des Tages und der Nacht ein allgemeines Hupverbot in Kraft, das sich – so hoffte man – auf »die Ohren aller Wiener wohltätig auswirken« werde.882
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Ausblick
Das allgemein gestiegene Umweltbewusstsein führte 1972 zur Gründung einer eigenen Magistratsabteilung für Umweltschutz (MA 22) mit einem eigenen Referat »Lärmbekämpfung und Schallschutz«. Damit war die Frage des Lärmschutzes endgültig in der Stadtverwaltung institutionalisiert. In der Folge konnte durch zahlreiche stadtplanerische Maßnahmen zumindest eine strukturelle Verbesserung der Lärmsituation erreicht werden, etwa durch Wohnstraßen (seit 1985), Straßenrückbau (seit 1986), Tempo-30-Zonen (seit 1989) sowie die Errichtung von Fußgängerzonen. Zudem waren die Kraftfahrzeuge selbst inzwischen deutlich leiser geworden als noch zur Jahrhundertwende. Die in jüngster Zeit wiederentdeckte Elektromobilität stellt die akustischen Verhältnisse auf der Straße nochmals ganz anders dar, ist jedoch in Wien bislang äußerst gering verbreitet. Nichtsdestoweniger scheint das Bewusstsein zuzunehmen, dass das Akustische ein zentraler Teil der Stadtwirklichkeit ist, den die Menschen ganz unmittelbar spüren und miteinander teilen.883 Ein wesentlicher Anstoß dazu kam von der oberösterreichischen Hauptstadt Linz. Hier wurde im Kulturhauptstadtjahr 2009 unter der Leitung des Musikers und Komponisten Peter Androsch ein öffentlicher Ruheort installiert : In einem ehemaligen Lichtspieltheater im Zentrum der Stadt entstand der »Ruhepol Centralkino«, ein ausschließlich der Stille gewidmeter Raum. Knapp hundert Jahre nach Sommers Erstversuch ist dies somit erneut ein architektonisches Statement für einen bewussteren Umgang mit unserer akustischen Umgebung. Dass dieser Ruheraum ausgerechnet in einem ehemaligen Kino errichtet wurde, erscheint retrospektiv als paradigmatische Weichenstellung. Der »Schau-Platz« avancierte zum »Hör-Platz«. War das 20. Jahrhundert durch die Popularisierung der Massenmedien Fotografie und Film geprägt, so scheint das 21. Jahrhundert sich wieder mehr der akustischen Wahrnehmung zuzuwenden. Manche Zeitdiagnostiker sprechen gar von einer Renaissance des Hörens. »Ruhepol Centralkino« war gemeinsam mit einem im Mariendom installierten Raum der Stille ein großer Erfolg. Mehr als 40.000 Besucher wurden gezählt. All dies war Teil des umfassenden Projekts »Hörstadt«, in dessen Rahmen auch »Das akustische Manifest« und ein Reiseführer durch die Welt des Hörens entstanden, das Museum »Akustikon« gegründet sowie breitenwirksame Maßnahmen gegen Zwangsbeschallung ergriffen wurden. Der örtliche Gemeinderat verabschiedete schließlich die »Linzer Charta zur Stadtentwicklung und Stadtgestaltung in akustischem Sinne«. Darin wird der akustische Raum erstmals explizit als elementarer Bestandteil unseres Lebensraumes anerkannt und nicht zuletzt als politischer Raum definiert ; Bau, Verkehrs- und Raumentwicklungsprozesse werden ganz wesentlich auch als akustische Prozesse verstanden. »Hörstadt« ist bis heute unter der Leitung von Peter Androsch als Forschungs- und Beratungsstelle tätig und aufgrund ihrer umfassenden Herange-
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Abb. 50: Werbeplakat für citySTILLE, 2015
hensweise mittlerweile bewährte Anlaufstelle für Architekten, Stadtplaner und alle an akustischen Gestaltungsfragen Interessierte.884 Auch in Wien zeigen sich erste Ansätze zur Trendumkehr, zur Besinnung auf die essenzielle Notwendigkeit der Verankerung von Ruhe im Klangbild der Stadt. Die Wiener Verkehrsbetriebe ermahnen zu einem rücksichtsvollen Gebrauch des Handys in öffentlichen Verkehrsmitteln. Bereits 2006 wurde in Wien-Margareten ein kleiner »Ruhe- und Sinnesgarten« eingerichtet. In einem eigenen Stadtführer werden »Wiener Orte der Stille« beschrieben, an denen sich besonders gut innehalten lässt, von Kirchen über Klöster bis hin zu Friedhöfen und Parkanlagen.885 Und in Wien-Leopoldstadt eröffnete 2015 ein kleines Zentrum namens citySTILLE, in dem man sich auch in der Mittagspause kurz erholen kann. Auf wissenschaftlicher Ebene sind auditive Architektur und Stadtplanung an den Universitäten zum Thema geworden, international werden Tagungen und Symposien dazu veranstaltet.886 Kulturwissenschaftler sprechen vom Trend zur »Re-Oralisierung«,
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der sich in der anhaltenden Konjunktur von Hörbüchern ausdrückt oder in der Verbreitung von Mobiltelefonen, die letztlich zur Wiedereinführung der menschlichen Stimme in den öffentlichen Raum führte.887 Stellt sich abschließend die Frage, ob es vergleichbare zivilisationshistorische Konstellationen gibt, die – vor hundert Jahren genauso wie heute – ein steigendes Bedürfnis nach Ruhe hervorrufen. An erster Stelle sind hier wohl grundlegende ökonomischtechnologische Veränderungsprozesse zu nennen. Waren es zu Robert Sommers Zeiten Industrialisierung und Mechanisierung, die zu einer völligen Neuordnung der akustischen Umgebung führten, so sind es heute die Freizeitgesellschaft und die Digitalisierung, die unseren Alltag akustisch neu zu strukturieren beginnen. Damals wie heute ist dies eine Herausforderung für unsere Ohren. Ob sie sich erneut erfolgreich anzupassen vermögen – und sei es auch nur an die mittlerweile durch Kopfhörer vermittelten, von der Umgebung entkoppelten und zur Gänze individualisierten Soundscapes der Stadt –, bleibt abzuwarten. Auf dass wir nicht einmal, wie Kurt Tucholsky befürchtete, am Ende unseres Lebens sagen müssen : »Es war ein bißchen laut !«888
Anmerkungen
Einleitung 1 Berger wohnte seit 1894 in der Villa Hohenfels, Hietzinger Hauptstraße 31. Das 1890/91 errichtete Gebäude benannte er nach seiner Frau, der bekannten Burgschauspielerin Stella von Hohenfels. 2 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 25.8.1907, S. 10. 3 Salten, Felix : Das österreichische Antlitz. Essays. Berlin 21910, S. 248. 4 Vgl. dazu Barbey, Rainer/Daiber, Jürgen (Hg.) : Du sollst nicht lärmen ! Gesammelte Proteste von Seneca bis Gernhardt. Stuttgart 2014. 5 Smilor, Raymond W.: Cacophony at Thirty-fourth and Sixth. The Noise Problem in America, 1900–1930. In : American Studies 18/1977, S. 23–38 ; ders.: Confronting the Industrial Environment : The Noise Problem in America, 1893–1932. Austin, Diss., 1978 ; ders.: Personal Boundaries in the Urban Environment : The Legal Attack on Noise : 1865–1930. In : Evironmental Review 3/1979, S. 24–36 ; ders.: Toward an Environmental Perspective : The Anti-Noise Campaign, 1893–1932. In : Melosi, Martin V. (Hg.) : Pollution and Reform in American Cities, 1870–1930. Austin, London 1980, S. 135–151 ; Baron, Lawrence : Noise and Degeneration : Theodor Lessing’s Crusade for Quiet. In : Journal of Contemporary History, Vol. 17, Nr. 1/1982, S. 165–178. 6 Bareiss, Warren : Noise Abatement in Philadelphia, 1907–1966 : The Production of a Soundscape. Pennsylvania 1990 ; Coates, Peter A.: The Strange Stillness of the Past. Toward an Environmental History of Sound and Noise. In : Environmental History, Vol. 10, Nr. 4/2005, S. 636–665. 7 Krömer, Siegfried : Lärm als medizinisches Problem im 19. Jahrhundert. Mainz, med. Diss., 1981 ; Neisius, Erich : Geschichte der arbeitsmedizinischen Lärmforschung in Deutschland. Frankfurt/Main, med. Diss., 1989. Vgl. auch die frühe, allerdings nur kursorische Behandlung des Themas bei Wiethaup, Hans : Lärmbekämpfung in historischer Sicht. In : Zentralblatt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz, Nr. 16/1966, S. 120–124. 8 Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 151–192 ; fast identisch nochmals veröffentlicht als Saul, Klaus : »Kein Zeitalter seit Erschaffung der Welt hat so viel und so ungeheuerlichen Lärm gemacht …« – Lärmquellen, Lärmbekämpfung und Antilärmbewegung im Deutschen Kaiserreich. In : Bayerl, Günter/ Fuchsloch, Norman/Meyer, Torsten (Hg.) : Umweltgeschichte – Methoden, Themen, Potentiale. Münster, New York, München, Berlin 1996, S. 187–217. 9 Braun, Hans-Joachim : Lärmbelastung und Lärmbekämpfung in der Zwischenkriegszeit. In : Bayerl, Günter/Weber, Wolfhard (Hg.) : Sozialgeschichte der Technik. Ulrich Troitzsch zum 60. Geburtstag (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 7). Münster, New York, München, Berlin 1998, S. 251–258. 10 Lentz, Matthias : »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht«. Lärm, Großstadt und Nervosität im Spiegel von Theodor Lessings »Antilärmverein«. In : Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Bd. 13/1994, S. 81–105 ; Birkefeld, Richard/Jung, Martina : Die Stadt, der Lärm und das Licht. Die Veränderung des öffentlichen Raumes durch Motorisierung und Elektrifizierung. Seelze 1994 ; Toyka-Seid, Michael : Die Stadt und der Lärm. Aspekte einer modernen Beziehungsgeschichte. In : ders./Iggers, Georg G./Schott, Dieter/ Seidler, Hanns H. (Hg.) : Hochschule – Geschichte – Stadt. Festschrift für Helmut Böhme. Darmstadt
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Anmerkungen
2004, S. 307–318 ; Toyka-Seid, Michael : Noise Abatement and the Search for Quiet Space in the Modern City. In : Schott, Dieter/Luckin, Bill/Massard-Guilbaud, Geneviève (Hg.) : Resources of the City. Contributions to an Environmental History of Modern Europe. Aldershot 2005, S. 215–229 ; Toyka-Seid, Michael : Von der »Lärmpest« zur »akustischen Umweltverschmutzung«. Lärm und Lärmwahrnehmung als Themen einer modernen Umweltgeschichte. In : Herrmann, Bernd (Hg.) : Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium 2008–2009. Göttingen 2009, S. 253–276 ; Morat, Daniel : Zwischen Lärmpest und Lustbarkeit. Die Klanglandschaft der Großstadt in umwelt- und kulturhistorischer Perspektive. In : Herrmann, Bernd (Hg.) : Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium 2009– 2010. Göttingen 2010, S. 173–190 ; Goodyear, John : Escaping the Urban Din. A Comparative Study of Theodor Lessing’s »Antilärmverein« (1908) und Maximilian Negwer’s »Ohropax« (1908). In : Feiereisen, Florence/Hill, Alexandra Merley (Hg.) : Germany in the Loud Twentieth Century. An Introduction. Oxford, New York 2012, S. 19–34 ; Morat, Daniel (Hg.) : Sounds of Modern History. Auditory Cultures in 19th- and 20th-Century Europe. New York, Oxford 2017. 11 Balay, Olivier/Faure, Olivier : Lyon au XIXe siècle. L’environnnement sonore et la ville. Lyon 1992 ; Balay, Olivier : L’espace sonore de la ville au XIXème siècle. Lyon 2003 ; Gutton, Jean-Pierre : Bruits et sons dans notre histoire. Paris 2000. 12 Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age. Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900–40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 37–70 ; Bijsterveld, Karin : Mechanical Sound. Technology, Culture and Public Problems of Noise in the Twentieth Century. Cambridge 2008 ; Pinch, Trevor/Bijsterveld, Karin (Hg.) : The Oxford Handbook of Sound Studies. Oxford 2012 ; Bijsterveld, Karin (Hg.) : Soundscapes of the Urban Past. Staged Sound as Mediated Cultural Heritage. Bielefeld 2013. 13 Thompson, Emily : The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002, S. 115–168. 14 Bailey, Peter : Breaking the Sound Barrier : A Historian Listens to Noise. In : Body & Society, Vol. 2, No. 2/1996, S. 49–66, S. 63. Vgl. dazu auch das umfangreiche Kompendium des Kulturhistorikers und Schriftstellers Hillel Schwartz : Making Noise. From Babel to the Big Bang & Beyond. New York 2011. 15 Schafer, Murray R.: Die Schallwelt in der wir leben (= Rote Reihe 30). Wien 1969 ; ders.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988. 16 Kamper, Dietmar : Vom Hörensagen. Kleines Plädoyer für eine Sozio-Akustik. In : ders./Wulf, Christoph (Hg.) : Das Schwinden der Sinne. Frankfurt/Main 1984, S. 112–114 ; Wulf, Christoph (Hg.) : Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Bd. 2, Heft 1–2/1993 : Das Ohr als Erkenntnisorgan ; ders.: Ohr. In : ders. (Hg.) : Vom Menschen. Handbuch Historische Anthropologie. Weinheim, Basel 1997, S. 459–464 ; Corbin, Alain : Zur Geschichte und Anthropologie der Sinneswahrnehmung. In : ders. (Hg.) : Wunde Sinne. Über die Begierde, den Schrecken und die Ordnung der Zeit im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1993, S. 197–211 ; Corbin, Alain : Die Sprache der Glocken. Ländliche Gefühlskultur und symbolische Ordnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1995 ; Ackermann, Max : Die Kultur des Hörens. Wahrnehmung und Fiktion. Texte vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Nürnberg 2003 ; Dommann, Monika : Antiphon. Zur Resonanz des Lärms in der Geschichte. In : Historische Anthropologie, Heft 1/2006, S. 133–146. 17 Johnson, James H.: Listening in Paris. A Cultural History. Los Angeles, London 1995 ; Smith, Bruce R.: The Acoustic World of Early Modern England. Attending to the O Factor. Chicago 1999 ; Douglas, Susan : Listening In. Radio and the American Imagination. New York 1999 ; Kahn, Douglas : Noise Water Meat. A History of Sound in the Arts. Cambridge 1999 ; Smith, Mark M.: Listening to NineteenthCentury America. Chapel Hill 2002 ; Thompson, Emily : The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002 ; Sterne, Jonathan :
Einleitung
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The Audible Past. Cultural Origins of Sound Reproduction. Durham 2003 ; Bull, Michael/Back, Les (Hg.) : The Auditory Culture Reader. Oxford, New York 2003 ; Picker, John : Victorian Soundscapes. New York 2003 ; Rath, Richard Cullen : How Early America Sounded. Ithaca, New York 2003 ; Smith, Mark M. (Hg.) : Hearing History. A Reader. Athen, London 2004 ; Earlmann, Veit (Hg.) : Hearing Cultures. Essays on Sound Listening, and Modernity. Oxford, New York 2004 ; Cazelles, Brigitte : Soundscape in Early French Literature. Turnhout 2006 ; Bull, Michael : Sound Moves. iPod Culture and Urban Experience. London, New York 2007 ; Keizer, Garret : The Unwanted Sound of Everything We Want. A Book about Noise. New York 2010 ; Schwartz, Hillel : Making Noise. From Babel to the Big Bang & Beyond. New York 2011 ; Feiereisen, Florence/Hill, Alexandra Merley (Hg.) : Germany in the Loud Twentieth Century. An Introduction. Oxford 2012 ; Pinch, Trevor/Bijsterveld, Karin (Hg.) : The Oxford Handbook of Sound Studies. Oxford 2012 ; Birdsall, Carolyn : Nazi Soundscapes. Sound, Technology and Urban Space in Germany, 1933–1945. Amsterdam 2012 ; Hendy, David : Noise. A Human History of Sound and Listening. London 2014 ; Gandy, Matthew/Nilsen, Bj (Hg.) : The Acoustic City. Berlin 2014. 18 Vgl. dazu die folgenden Arbeiten des Berliner Historikers Daniel Morat sowie die von Holger Schulze beförderte Publikationsreihe »Sound Studies« : Morat, Daniel (Hg.) : Sounds of Modern History. Auditory Cultures in 19th- and 20th-Century Europe. New York, Oxford 2017 ; ders.: Zur Geschichte des Hörens. Ein Forschungsbericht. In : Archiv für Sozialgeschichte 2011, S. 695–717 ; Mißfelder, JanFriedrich : Period Ear. Perspektiven einer Klanggeschichte der Neuzeit. In : Geschichte und Gesellschaft, Heft 1/2012, S. 21–47 ; Schulze, Holger (Hg.) : Sound Studies. Bd. 1 : Traditionen – Methoden – Desiderate. Eine Einführung. Bielefeld 2008 ; Spehr, Georg (Hg.) : Funktionale Klänge. Hörbare Daten, klingende Geräte und gestaltete Hörerfahrungen (= Sound Studies 2). Bielefeld 2009 ; Schulze, Holger (Hg.) : Gespür – Empfindung – Kleine Wahrnehmungen. Klanganthropologische Studien (= Sound Studies 3). Bielefeld 2011 ; Schoon, Andi/Volmar, Axel (Hg.) : Das geschulte Ohr. Eine Kulturgeschichte der Sonifikation (= Sound Studies 4). Bielefeld 2012. Eine ausgezeichnete Zusammenfassung zum internationalen Forschungsstand zur Geschichte des Hörens bietet Müller, Jürgen : »The Sound of Silence«. Von der Unhörbarkeit der Vergangenheit zur Geschichte des Hörens. In : Historische Zeitschrift, Bd. 292/2011, S. 1–29. 19 Paul, Gerhard/Schock, Ralph (Hg.) : Sound des Jahrhunderts. Geräusche, Töne, Stimmen 1889 bis heute. Bonn 2013, S. 13. Vgl. dazu auch das ein Jahr später erschienene, im Inhalt etwas reduzierte Werk : dies. (Hg.) : Sound der Zeit. Geräusche, Töne, Stimmen – 1889 bis heute. Göttingen 2014. 20 Corbin, Alain : Die Sprache der Glocken. Ländliche Gefühlskultur und symbolische Ordnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1995, S. 402. 21 Lindner, Rolf : Walks on the Wild Side. Eine Geschichte der Stadtforschung. Frankfurt/Main, New York 2004, S. 119. 22 Vgl. dazu u. a. Vocelka, Karl : Die österreichische Stadtgeschichtsforschung zur frühneuzeitlichen Epoche. Leistungen – Defizite – Perspektiven. In : Pro Civitate Austriae. Informationen zur Stadtgeschichtsforschung in Österreich. Neue Folge, Heft 5/2000, S. 23–34 ; Wietschorke, Jens : Von der Großstadtvolkskunde zur kulturwissenschaftlichen Stadtforschung. In : Österreich in Geschichte und Literatur (ÖGL), Heft 2/2012, S. 146–154. 23 Horak, Roman/Mattl, Siegfried : »Musik liegt in der Luft …« Die »Weltkulturhauptstadt Wien«. Eine Konstruktion. In : dies./Maderthaner, Wolfgang/Musner, Lutz (Hg.) : Stadt. Masse. Raum. Wiener Studien zur Archäologie des Popularen. Wien 2001, S. 164–239, S. 207. Vgl. dazu auch Zapke, Susana/ Schmidl, Stefan (Hg.) : Partituren der Städte. Urbanes Bewusstsein und musikalischer Ausdruck. Bielefeld 2014 ; Bernold, Monika : Sound City. Auditive Kulturen, Regulierungen und Design von Urbanität. In : Schwarz, Werner Michael/Zechner, Ingo (Hg.) : Die helle und die dunkle Seite der Moderne. Festschrift für Siegfried Mattl zum 60. Geburtstag. Wien 2014, S. 222–229.
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Anmerkungen
24 European Environment Agency (Hg.) : Noise in Europe 2014 (= EEA Report, Nr. 10/2014), S. 5. 25 Jedes Dezibel zerstört Vermögen. In : Die Presse, Immobilien, 21.6.2003, S. 1. 26 Müller, Peter/von Schmude, Marcus : Laut, das sind die anderen. In : Die Zeit. Dossier, Nr. 33/2001, S. 9. Annäherung 27 Als wichtigste Überblickswerke seien genannt : Ackerman, Diane : Die schöne Macht der Sinne. Eine Kulturgeschichte. München 1991 ; Howes, David (Hg.) : The Varieties of Sensory Experience. A Sourcebook in the Anthropology of the Senses. Toronto 1991 ; ders.: Sensual Relations. Engaging the Senses in Culture and Social Theory. Michigan 2003 ; Classen, Constance : Worlds of Sense. Exploring the Senses in History and Across Cultures. London 1993 ; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Der Sinn der Sinne (= Schriftenreihe Forum, Bd. 8). Göttingen 1998 ; Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace. München 2000 ; Naumann-Beyer, Waltraud : Anatomie der Sinne im Spiegel von Philosophie, Ästhetik , Literatur (= Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte 19). Wien, Köln, Weimar 2003 ; Diaconu, Mădălina : Tasten, Riechen, Schmecken. Eine Ästhetik der anästhesierten Sinne. Würzburg 2005 ; Hamilton, Anne/Sillem, Peter (Hg.) : Die fünf Sinne. Von unserer Wahrnehmung der Welt. Frankfurt/Main 2008 ; Diaconu, Mădălina/Baier, Karl (Hg.) : Sinneskulturen (= Polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren 22). Wien 2009. 28 Vgl. Aichinger, Wolfram : Sinne und Sinneserfahrung in der Geschichte. Forschungsfragen und Forschungsansätze. In : ders./Eder, Franz X./Leitner, Claudia (Hg.) : Sinne und Erfahrung in der Geschichte. Innsbruck, Wien, München, Bozen 2003, S. 9–28 ; Kuhn, Bärbel/Windus, Astrid (Hg.) : Geschichte für Augen, Ohren und Nasen. Sinnliche Wahrnehmungen in der Geschichte (Fortbildung Geschichte. Ideen und Materialien für Unterricht und Lehre, Bd. 8). St. Ingbert 2016 ; Purnell, Carolyn : The Sensational Past. How the Enlightenment Changed the Way We Use Our Senses. New York, London 2017. Auch in der Ethnographie sollte die Erforschung des Hörens vor dem Hintergrund eines holistischeren Verständnisses von sinnlichen Lebenswelten künftig eine wichtigere Rolle spielen. Vgl. Bendix, Regina : Symbols and Sound and Sentiment : Notizen zu einer Ethnographie des (Zu)Hörens. In : Brednich, Rolf Wilhelm/ Schmitt, Heinz (Hg.) : Symbole. Zur Bedeutung der Zeichen in der Kultur. New York, München, Berlin 1997, S. 42–57 ; Menardi, Herlinde/Berger, Karl C. (Red.) : Ton um Ton. Ausstellungskatalog Tiroler Volkskundemuseum Innsbruck. Innsbruck 2012 ; Scharfe, Martin : Die Welt wird lauter mit jedem Tag. Lärm – eine vernachlässigte Dimension in Kultur und Kulturwissenschaft. In : Eberhart, Helmut/Berger, Karl/Wilding, Regina (Hg.) : Volkskunde aus der Mitte. Festschrift für Olaf Bockhorn zum siebzigsten Geburtstag. Wien 2013, S. 83–103. 29 Benjamin, Walter : Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt/Main 1975, S. 17. 30 Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace. München 2000, S. 22. 31 Vgl. Meyer, Petra Maria (Hg.) : Acoustic Turn. München 2008 ; Müller, Jürgen : »The Sound of Silence«. Von der Unhörbarkeit der Vergangenheit zur Geschichte des Hörens. In : Historische Zeitschrift, Bd. 292/2011, S. 26–29. Schon Emily Thompson formulierte 2002 die optimistische Einschätzung : »The reverberations of aural history within the larger intellectual framework of historical studies are just beginning to be heard, but the successes already accomplished speak well for the future of this approach.« (The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002, S. 9–10.) 32 Korff, Gottfried : Mentalität und Kommunikation in der Großstadt. Berliner Notizen zur »inneren« Ur-
Annäherung
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banisierung. In : Großstadt. Aspekte empirischer Kulturforschung. Hg. im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde. Berlin 1985, S. 343–361. 33 Vgl. Cowan, Alexander/Steward, Jill (Hg.) : The City and the Senses. Urban Culture Since 1500. Bodmin 2008 ; Morat, Daniel : Die Stadt und die Sinne. Sinnesgeschichtliche Perspektiven auf Urbanisierung und Großstadterfahrung. In : Informationen zur modernen Stadtgeschichte, Nr. 2/2012, S. 23–28 ; Diaconu, Mădălina : Sinnesraum Stadt. Eine multisensorische Anthropologie. Wien, Berlin 2012 ; Beck, Robert/ Krampl, Ulrike/Retaillaud-Bajac, Emmanuelle (Hg.) : Les cinq sens de la ville. Du Moyen Age à nos jours. Tours 2013. 34 Brüggemann, Heinz : »Aber schickt keinen Poeten nach London !« Großstadt und literarische Wahrnehmung im 18. und 19. Jahrhundert. Texte und Interpretationen. Reinbek bei Hamburg 1985. 35 Wulf, Christoph : Das mimetische Ohr. In : Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie. Bd. 2, Heft 1–2/1993 : Das Ohr als Erkenntnisorgan, S. 9–14, S. 9. 36 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 1. 37 Vgl. Musner, Lutz : Warum sollen die Kulturwissenschaften Stadtforschung betreiben ? In : dérive. Zeitschrift für Stadtforschung, Nr. 5/2001, S. 17. 38 Lowenthal, David : Auf der Suche nach verlorenen Tönen. Können die Tonlandschaften unserer Vorfahren rekonstruiert werden ? In : Unesco-Kurier, Nr. 11/1976, S. 15–21, S. 15. 39 Müller, Jürgen : »The Sound of Silence«. Von der Unhörbarkeit der Vergangenheit zur Geschichte des Hörens. In : Historische Zeitschrift, Bd. 292/2011, S. 10. 40 Die Edison-Kompanie betrieb eine offensive Vermarktung ihres Produktes. So gab es u. a. mobile Aufnahmestudios an der Straßenecke, Demonstrationsvorführungen auf Jahrmärkten, die Einführung einer Automatenbox für die Wirtschaft und eines Heimgerätes für Jedermann. Den Sieg auf dem Musikgerätemarkt sollte allerdings Emil Berliner davontragen, der 1887 das »Grammophon« und später die Schallplatte erfand. Vgl. Kuchenbuch, Thomas : Die Welt um 1900. Unterhaltungs- und Technikkultur. Stuttgart 1992, S. 57–58. 41 Lowenthal, David : Auf der Suche nach verlorenen Tönen. Können die Tonlandschaften unserer Vorfahren rekonstruiert werden ? In : Unesco-Kurier. Nr. 11/1976, S. 20. 42 Corbin, Alain : Zur Geschichte und Anthropologie der Sinneswahrnehmung. In : ders. (Hg.) : Wunde Sinne. Über die Begierde, den Schrecken und die Ordnung der Zeit im 19. Jahrhundert. Stuttgart 1993, S. 197–211. 43 Thuillier, Guy : Pour une histoire du quotidien au XIXe siècle en Nivernais. Paris, Den Haag 1977, S. 230–244. 44 Duby, Georges : Die neue Geschichtswissenschaft. In : Meyer, Martin (Hg.) : Dreißig Beiträge zur Kultur der Moderne. München, Zürich 1988, S. 28–32, S. 31. 45 Zu den Pionieren der Klangökologie gehören neben Schafer auch Barry Truax, Hans Ulrich Werner sowie Pascal Amphoux, der sich insbesondere mit den unterschiedlichen Geräuschqualitäten von Städten befasst. Zur Rezeption von Schafers Ansatz in Österreich vgl. Unesco-Kurier. Nr. 11/1976 : Die Erforschung neuer Tonlandschaften ; Mark, Desmond : Der Mensch im Spannungsfeld der neuen akustischen Umgebung. In : Benedikt, Erich/Hartwig, Gertrud/Klaus, Walter (Hg.) : Der Mensch im Spannungsfeld zeitgenössischer künstlerischer Bestrebungen (Beiträge zur Lehrerfortbildung, Bd. 20). Wien 1977, S. 21–31. 46 Schafer engagierte sich u. a. für ein Museum, in dem vom Verschwinden bedrohte Geräusche aufbewahrt werden sollten (das Geklingel alter Registrierkassen, das Rubbeln von Wäsche auf einem Waschbrett, das Butterstampfen im Fass, das Abziehen des Rasiermessers auf dem Streichriemen, das Zischen einer Kerosinlampe, das Quietschen von ledernen Satteltaschen, das Geräusch einer altmodischen Kaffeemühle,
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Anmerkungen
das Klappern der Milchkannen auf dem Pferdefuhrwerk, das Zufallen und Verriegeln eines schweren Tors etc.). Vgl. dazu das 1998 in Micheldorf/Oberösterreich eröffnete Museum »Klangwelten PyhrnEisenwurzen. Soundscapes of the Region« – ein europaweit erstmaliger Versuch, die typischen Geräusche einer Region auszustellen, vom Rauschen der Flüsse und von den Geräuschen auf einem Bauernhof bis hin zum Klang der Kirchenglocken und zum Dröhnen der eisenverarbeitenden Betriebe. 47 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 12– 17. 48 Vgl. Lorenz, Alexander M.: Klangökologie aus sozialwissenschaftlicher Sicht und Chancen für eine klangökologische Rezeptionsforschung. In : Forum Klanglandschaft (Hg.) : Klanglandschaft wörtlich. Akustische Umwelt in transdisziplinärer Perspektive. Basel 1999/2010, S. 33–40. 49 Canetti, Elias : Der Ohrenzeuge. München 1974, S. 49. 50 Febvre, Lucien : Sensibilität und Geschichte. In : ders.: Das Gewissen des Historikers. Berlin 1988, S. 91– 107. 51 Vgl. Wulf, Christoph : Das mimetische Ohr. In : Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Bd. 2, Heft 1–2/1993 : Das Ohr als Erkenntnisorgan, S. 9–14. 52 De facto hört der Mensch nicht nur mit dem Ohr. Der ganze Körper nimmt Schwingungen auf, »hört« manche Frequenzen sogar früher als das Ohr bzw. auch solche, die das Ohr gar nicht wahrnehmen kann. 53 Simmel, Georg : Exkurs über die Soziologie der Sinne. In : ders.: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt/Main 31999, S. 730 (EA 1908). 54 Zit. nach Utz, Peter : Das Auge und das Ohr im Text. Literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit. München 1990, S. 24. 55 Trampel, Dr. Johann : Wie erhält man sein Gehör gut, und was fängt man damit an, wenn es fehlerhaft geworden ist ? Hannover 21824, S. VI–VII. 56 Vgl. im Englischen : to hear und to listen, im Französischen : ouïr, écouter und entendre. 57 Amphoux, Pascal : Die Zeit der Stille. Urbanität und Sozialität. In : Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören (= Schriftenreihe Forum, Bd. 2). Göttingen 1994, S. 93–95. 58 Vgl. dazu Blesser, Barry/Salther, Linda-Ruth : Spaces Speak, Are You Listening ? Experiencing Aural Architecture. Cambridge 2007. 59 Vgl. dazu das international erfolgreiche Ausstellungsprojekt »Dialog im Dunkeln«. Die Ausstellungsbesucher betreten einen völlig abgedunkelten Raum, in dem sie sich, unter Anleitung von blinden Guides, mithilfe ihres Gehör, Tast- und Geruchssinns zu orientieren versuchen. Dabei sind verschiedene, realen Situationen nachempfundene Stationen zu passieren (Straßenkreuzung, Park, Supermarkt etc.). Die Ausstellung war seit 1989 weltweit in zahlreichen Städten zu sehen, darunter auch mehrmals in Wien. 60 Vgl. Aschoff, Volker : Über das räumliche Hören. In : Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfahlen, Heft 138/1964, S. 7–49. 61 Barthes, Roland : Zuhören. In : Kuhn, Robert/Kreutz, Bernd (Hg.) : Das Buch vom Hören. Freiburg 1991, S. 56. 62 Kafka, Franz : Großer Lärm (1912). In : ders.: Erzählungen. Leipzig 1978, S. 237. Ähnlich sensible Registrierungen der Nachbargeräusche finden sich bei Robert Musil, Joseph Roth oder Kurt Tucholsky : vgl. Musil, Robert : Hellhörigkeit. In : ders.: Nachlaß zu Lebezeiten. Reinbek bei Hamburg 1962, S. 32–33 ; Roth, Joseph : Ein Mensch hat Langeweile. In : ders.: Die zweite Liebe. Geschichten und Gestalten. Köln 1993, S. 84–88 (EA 1929) ; Tucholsky, Kurt : Schutz vor Schall (1928). In : ders.: Gesammelte Werke, Bd. 6. Reinbek bei Hamburg 1976, S. 22–24. 63 Zur räumlichen Orientierung von Blinden und der damit verbundenen Frage der Einheit von Seh, Hörund Tastweite vgl. Saerberg, Siegfried-Heinz-Xaver : Blinde auf Reisen. Über eine »andere« Lebenswelt
Annäherung
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(= Studien zur qualitativen Sozialforschung 13). Wien, Köln 1990, S. 139–154. Zur Fortbewegung von Blinden im Stadtraum von Wien vgl. Troyer, Ulrich : 1 Hörspiel für Architektinnen. Wien 2001. 64 Schopenhauer, Arthur : Ueber die Sinne. In : ders.: Die Welt als Wille und Vorstellung II, 1. Teilband. Zürich 1977, S. 35–42, S. 38 (EA 1844). 65 Ebd. 66 Welsch, Wolfgang : Auf dem Weg zu einer Kultur des Hörens ? In : Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Bd. 2, Heft 1–2/1993 : Das Ohr als Erkenntnisorgan, S. 94–96. 67 Kant, Immanuel : Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Hg. von Karl Vorländer. Hamburg 1980, S. 50 (EA 1798). 68 Zur Philosophie des Hörens vgl. auch Gadamer, Hans-Georg : Über das Hören. In : Vogel, Thomas (Hg.) : Über das Hören. Einem Phänomen auf der Spur. Tübingen 1998, S. 197–205 ; Nancy, Jean-Luc : Zum Gehör. Zürich-Berlin 2010. 69 Zit. nach Mayr, Franz : Wort gegen Bild. Zur Frühgeschichte der Symbolik des Hörens. In : Kuhn, Robert/ Kreutz, Bernd (Hg.) : Das Buch vom Hören. Freiburg 1991, S. 16. 70 Wulf, Christoph : Das mimetische Ohr. In : Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie, Bd. 2, Heft 1–2/1993 : Das Ohr als Erkenntnisorgan, S. 11–12. Zum neuzeitlichen Paradigmenwechsel, der dem Auge die Vorherrschaft vor dem Ohr brachte, und dessen Auswirkungen auf die Kunst vgl. die ausgezeichnete Arbeit von Chapeaurouge, Donat de : »Das Auge ist ein Herr, das Ohr ein Knecht«. Der Weg von der mittelalterlichen zur abstrakten Malerei. Wiesbaden 1983. 71 Die folgenden Ausführungen beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace. München 2000, S. 29–83. 72 Zit. nach Chapeaurouge, Donat de : »Das Auge ist ein Herr, das Ohr ein Knecht«. Der Weg von der mittelalterlichen zur abstrakten Malerei. Wiesbaden 1983, S. 4. 73 Vgl. Braunfels, Wolfgang : Abendländische Klosterbaukunst. Köln 1969, S. 124–126. 74 Mayr, Franz : Wort gegen Bild. Zur Frühgeschichte der Symbolik des Hörens. In : Kuhn, Robert/Kreutz, Bernd (Hg.) : Das Buch vom Hören. Freiburg 1991, S. 22. 75 Wenzel, Horst : Hören und Sehen, Schrift und Bild. Kultur und Gedächtnis im Mittelalter. München 1995, S. 105–106. 76 Utz, Peter : Das Auge und das Ohr im Text. Literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit. München 1990, S. 79. 77 Kant, Immanuel : Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Hg. von Karl Vorländer. Hamburg 1980, S. 55 (EA 1798). 78 Zit. nach Utz, Peter : Das Auge und das Ohr im Text. Literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit. München 1990, S. 217. 79 Zit. nach ebd., S. 233. Hier findet sich auch der literaturhistorisch bedeutsame Hinweis, dass das Gedicht ursprünglich in einem anderen literarischen Kontext erschien, wodurch sein Anspruch, die romantische Synästhesie modellhaft zu repräsentieren, erst richtig zur Geltung kommt. 80 Vgl. Mattenklott, Gert : Gehörgänge. Erkennen durch die Stimme. In : Benthien, Claudia/Wulf, Christoph (Hg.) : Körperteile. Eine kulturelle Anatomie. Reinbek bei Hamburg 2001, S. 68–70. 81 Schafer, Murray R.: Die Schallwelt in der wir leben (= Rote Reihe 30). Wien 1969, S. 13. 82 Vgl. Marx, Leo : The Machine in the Garden. Technology and the Pastoral Ideal in America. London, New York 1994. 83 Der Kunstwart. Halbmonatsschau für Ausdruckskultur auf allen Lebensgebieten, Heft 2/Okt. 1907, S. 235. 84 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 59.
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Anmerkungen
85 Der Kunstwart. Halbmonatsschau für Ausdruckskultur auf allen Lebensgebieten, Heft 13/April 1908, S. 47. 86 Der Straßenlärm. In : Kleine Presse. Frankfurt/Main, 6.4.1910, o. S. 87 Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 1 : Industrie. Wien 1991, S. 269. 88 Berliner Tageblatt, 2.2.1908. 89 Massard-Guilbaud, Geneviève : Einspruch ! Stadtbürger und Umweltverschmutzung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. In : Bernhardt, Christoph (Hg.) : Umweltprobleme in europäischen Städten des 19. und 20. Jahrhunderts. Münster, New York, München, Berlin 2001, S. 67–85. Geneviève MassardGuilbaud stellt das folgende, wohl auch für andere europäische Länder gültige Ranking in der Wahrnehmung städtischer Umweltprobleme auf : Gerüche, Lärm, Rauch, Wasserverschmutzung, Staub (S. 75–80). 90 Vgl. Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 151–192. 91 Zit. nach ebd., S. 154. 92 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 106–-109. 93 Für diese Informationen danke ich Heinrich Krenn, Kustos des Wiener Feuerwehrmuseums. Vgl. auch Bouzek, Helmut : Wien und seine Feuerwehr. Geschichte und Gegenwart. Wien 1990. 94 Strindberg, August : Das rote Zimmer. Augsburg 1959, S. 6–7. 95 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 224. 96 Riehl, Wilhelm Heinrich : Culturstudien aus drei Jahrhunderten. Stuttgart 1859, S. 337. 97 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 6. 98 Siebenmann, F.: Ueber gesundheitliche Schädigungen durch Lärm. In : Baseler Nachrichten, 4.12.1910, S. 2. 99 Bachrach, D.: Über die Hörschärfe zu verschiedenen Tageszeiten. In : Zeitschrift für Sinnesphysiologie, Bd. 49/1914, S. 100. 100 Bailey, Peter : Breaking the Sound Barrier : A Historian Listens to Noise. In : Body & Society, Vol. 2, No. 2/1996, S. 57. 101 Zit. nach Lowenthal, David : Auf der Suche nach verlorenen Tönen. Können die Tonlandschaften unserer Vorfahren rekonstruiert werden ? In : Unesco-Kurier. Nr. 11/1976, S. 17, 21. 102 Blaukopf, Kurt : Hexenküche der Musik. Teufen/St. Gallen, Wien o. J. (1956), S. 45–48. 103 Zitiert nach ebd., S. 51. 104 Riehl, Wilhelm Heinrich : Culturstudien aus drei Jahrhunderten. Stuttgart 1859, S. 82–88. 105 Ebd., S. 92–97. 106 Blaukopf, Kurt : Musik im Wandel der Gesellschaft. Grundzüge der Musiksoziologie. München, Zürich 1982, S. 267. 107 Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace. München 2000, S. 313. 108 Zu den Vorstellungen und Theorien über das Hören in Antike, Mittelalter und Frühneuzeit vgl. Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace. München 2000, S. 29–64. 109 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Beyer, Robert T.: Sounds of Our Times. Two Hundred Years of Acoustics. New York 1999 ; Ullmann, Dieter : Chladni und die Entwicklung der Akustik von 1750– 1860. Basel 1996.
Annäherung
241
110 Vgl. u. a. Der Schall. In : Der Oesterreichische Zuschauer. Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben, Nr. 49/1838, S. 489–492. 111 Helmholtz, Hermann von : Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik. Braunschweig 61913, S. 5 (EA 1863). 112 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Karst, Karl : Geschichte des Ohrs. Eine Chronologie. In : Kunstund Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören. Göttingen 1994, S. 45–57. 113 Zit. nach Schipperges, Heinrich : Moderne Medizin im Spiegel der Geschichte. Stuttgart 1970, S. 241. 114 Sarasin, Philipp/Tanner, Jakob (Hg.) : Physiologie und industrielle Gesellschaft. Studien zur Verwissenschaftlichung des Körpers im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 1998, S. 25, 30. 115 Ebd., S. 26–27. Vgl. dazu auch Sarasin, Philipp : Reizbare Maschinen. Eine Geschichte des Körpers 1765–1914. Frankfurt/Main 2001. 116 Scherer, Wolfgang : Hörsturz 1900. Die Decodierung des musikalischen Hörens. In : Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören. Göttingen 1994, S. 388–400, S. 392. 117 Zit. nach ebd., S. 392–393. 118 Helmholtz, Hermann von : Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik. Braunschweig 61913, S. 386 (EA 1863). 119 Tyndall, John : Der Schall. Bearbeitet von A. v. Helmholtz u. Cl. Wiedemann. Braunschweig 31897, S. VIII. 120 Scherer, Wolfgang : Hörsturz 1900. Die Decodierung des musikalischen Hörens. In : Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören. Göttingen 1994, S. 391. 121 Vgl. v. a. Mach, Ernst : Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen. Jena 21900, S. 169–205 (EA 1885). Dieses Buch war überaus einflussreich, erschien bis 1922 schon in neun Auflagen und wurde ins Englische, Italienische, Russische, Ungarische und Spanische übersetzt. 122 Karst, Karl : Geschichte des Ohrs. Eine Chronologie. In : Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören. Göttingen 1994, S. 45. 123 Ton : einfachstes Schallereignis, das durch eine harmonische Sinusschwingung verursacht wird ; Klang : Gemisch von Tönen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache der Frequenz des tiefsten im Tongemisch vorhandenen Tones, des sog. Grundtones, sind ; Geräusch : Gemisch zahlreicher Töne rasch wechselnder Frequenzen ; Knall : eine schlagartig einsetzende, sehr kurz andauernde mechanische Schwingung kurzer Amplitude. 124 Marks, Stephan : Es ist zu laut ! Ein Sachbuch über Lärm und Stille. Frankfurt/Main 1999, S. 9–11. 125 Douglas, Mary : Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu. Berlin 1985. 126 Bailey, Peter : Breaking the Sound Barrier : A Historian Listens to Noise. In : Body & Society, Vol. 2, No. 2/1996, S. 50–53. 127 Ein im Zusammenhang mit den Unruhen von 1830 und 1848 aufgekommener Ausdruck für »Aufruhr, Lärm«, der wahrscheinlich auf das ältere volkssprachliche Wort »crawallen« (lärmen) zurückgeht, das seinerseits aus dem mlat. »charavallium« (= Katzenmusik, Straßenlärm) entstand. Vgl. Duden-Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. Mannheim, Wien, Zürich 1989, S. 385. 128 Vgl. dazu Attali, Jacques : Noise. The Political Economy of Music. Manchester 1985. 129 Ackermann, Max : Die Kultur des Hörens. Wahrnehmung und Fiktion. Texte vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Nürnberg 2003, S. 269.
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Anmerkungen
130 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 70– 72, 104. 131 Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age : Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900–40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 44, 60–61 (Übersetzung P. P.). Vgl. dazu auch den populärwissenschaftlichen Versuch einer kleinen Kulturgeschichte des Lärms von Geisel, Sieglinde : Vom Lärm und der Sehnsucht nach Stille. Berlin 2010. 132 Grimm, Jakob und Wilhelm : Deutsches Wörterbuch. Bd. 12. München 1984, S. 202–207 (EA 1885). 133 Zedler, Johann Heinrich : Großes vollständiges Universal-Lexikon. Bd. 16. Graz 1982, S. 201 (EA 1737). 134 Ebd., S. 202. 135 Adelung, Johann Christoph : Kleines Wörterbuch der deutschen Sprache. Bd. 2. Wien 1823, S. 19. 136 Vgl. Schick, August : Das Konzept der Belästigung in der Lärmforschung. Berlin, Riga u. a. 1997. 137 Vgl. dazu Tucholsky, Kurt : Traktat über den Hund, sowie über Lerm und Geräusch. In : ders.: Das Lächeln der Mona Lisa. Berlin 1929, S. 137–153. 138 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 235, 314. Daneben existieren noch zahlreiche andere Ausdrücke für Lärm, die jeweils spezifische Aspekte betonten, wie »din« (im Sinne von Getöse), »row, racket« (Spektakel), »clamour, hubbub, hullaballoo« (Geschrei), »broil« (Streit), »bustle« (Unruhe), »uproar, tumult, riot« (Aufruhr). 139 Zit. nach Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 155. 140 Berliner Tageblatt, 2.2.1908. 141 Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age : Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900–40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 52 ; Thompson, Emily : The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002, S. 144–157. 142 Vgl. dazu sowie zu anderen Kritikpunkten Marks, Stephan : Es ist zu laut ! Ein Sachbuch über Lärm und Stille. Frankfurt/Main 1999, S. 64–73. Vgl. auch Hoffmann, Heinz/Lüpke, Arndt von : 0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel. Einführung in die Grundbegriffe und die quantitative Erfassung des Lärms. Berlin 1993. 143 Thompson, Emily : The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002, S. 158–162. 144 Martin, R.: Geschichte der Schallbewertung. In : Zeitschrift für Lärmbekämpfung 38 (1991), S. 151– 157. Hörraum Wien 145 Czeike, Felix : Historisches Lexikon Wien. Bd. 2. Wien 1993, S. 483 ; Bd. 1. Wien 1992, S. 355. 146 Meißl, Gerhard : Hierarchische oder heterarchische Stadt ? Metropolen-Diskurs und Metropolen-Produktion im Wien des Fin-de-siècle. In : Horak, Roman/Maderthaner, Wolfgang u. a. (Hg.) : Metropole Wien. Texturen der Moderne. Bd. 1. Wien 2000, S. 284–375, S. 286–287. 147 Ebd., S. 288. 148 Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 800.
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149 Feldbauer, Peter : Stadtwachstum und Wohnungsnot. Determinanten unzureichender Wohnungsversorgung in Wien 1848 bis 1914. Wien 1977, S. 292–294. 150 Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 1 : Industrie. Wien 1991, S. 333. 151 Vgl. dazu Bobek, Hans/Lichtenberger, Elisabeth : Wien. Bauliche Gestalt und Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Graz, Köln 1966. 152 Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 713. 153 Silberstein, August : Die Kaiserstadt am Donaustrand. Wien und die Wiener in Tag- und Nachtbildern. Wien 1873, S. 55. 154 Werner, Heinrich : Rückkehr in die Stadt. In : Neues Wiener Tagblatt, 2.10.1911, S. 1. 155 Zit. nach Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 154. 156 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 850. Vgl. dazu auch Békési, Sándor : Die befahrbare Stadt. Über Mobilität, Verkehr und Stadtentwicklung in Wien 1850–2000. In : Pro Civitate Austriae. Informationen zur Stadtgeschichtsforschung in Österreich. Neue Folge, Heft 9/2004, S. 3–46. 157 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 865. 158 Zit. nach ebd. 159 Michel, Robert : Großstadtstudien. In : Die Zeit, 11.11.1910, S. 1–2. Wie schwierig die Überquerung der Hauptverkehrsstraßen mittlerweile in vielen Großstädten geworden war, belegt eine ähnliche Beschwerde aus Berlin : »Die elektrischen Wagen und die Trams bilden eine ununterbrochene Linie. Wagen aller Art, Droschken, Drei- und Zweiräder zu Hunderten fahren neben, vor, hinter- und oft aufeinander, das Läuten aller dieser Vehikel, das Rasseln der Räder ist ohrzerreißend, der Übergang der Straßen ein Kunststück für den Großstädter, eine Pein für den Provinzler.« Zit. nach Moser, Ulrike : Gesichter der Großstadt. In : Deutschland um 1900. Geoepoche. Magazin für Geschichte, Nr. 12/2004, S. 158. 160 Birkefeld, Richard/Jung, Martina : Die Stadt, der Lärm und das Licht. Die Veränderung des öffentlichen Raumes durch Motorisierung und Elektrifizierung. Seelze 1994, S. 31. 161 Hirschfeld, Ludwig : Wo sind die Zeiten … Zehn Jahre Wien in Skizzen. Wien, Berlin 1921, S. 16. 162 Hauser, Susanne : Der Blick auf die Stadt. Semiotische Untersuchungen zur literarischen Wahrnehmung bis 1910. Berlin 1990, S. 95–105. 163 Auch die noch junge Fotografie bediente sich im Übrigen des Blicks von der Höhe. Vom Stephansturm herab aufgenommene Panoramafotos, um 1850 entstanden, gehören heute zu den ältesten fotografischen Dokumenten Wiens. Vgl. dazu Limbeck-Lilienau, Elisabeth : Die Stadt im Überblick. Die frühe Fotografie und der neue städtische Raum. In : dies./Fellner, Manuela/Holzer, Anton (Hg.) : Die Schärfung des Blicks. Josef Petzval : Das Licht, die Stadt und die Fotografie. Ausstellungskatalog des Technischen Museums Wien. Wien 2003, S. 60–93. 164 Stifter, Adalbert : Aussicht und Betrachtungen von der Spitze des St. Stephansturmes. In : ders.: Aus dem alten Wien. Zwölf Erzählungen. Frankfurt/Main 1986, S. 11–39, S. 11. Ganz ähnlich beschreibt Friedrich Tietz drei Jahrzehnte später den Blick vom Stephansturm auf die »Riesenscheibe« und »wirre
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Anmerkungen
Krystallisation, in deren starren Ecken und Furchen ein wimmelndes Leben sich bewegt«. Tietz, Friedrich : Wien bei Tag und Nacht. Culturbilder. Berlin 1873, S. 10. 165 Petermann, Reinhard E.: Wiener Aussichtspunkte. In : Österreichische Rundschau, Bd. IV/1905, S. 88. 166 Vgl. Hauser, Susanne : Der Blick auf die Stadt. Semiotische Untersuchungen zur literarischen Wahrnehmung bis 1910. Berlin 1990, S. 114–116. 167 Stifter, Adalbert : Aussicht und Betrachtungen von der Spitze des St. Stephansturmes. In : ders.: Aus dem alten Wien. Zwölf Erzählungen. Frankfurt/Main 1986, S. 17. 168 Ebd., S. 35. 169 Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 112. Vgl. dazu auch Payer, Peter : Aufbruch zur Weltstadt. Julius Rodenberg und sein Buch »Wiener Sommertage« (1875). In : Wiener Geschichtsblätter, Heft 2/2009, S. 29–59. 170 Altenberg, Peter : Die Lebensmaschinerie. Feuilletons. Leipzig 1988, S. 210. 171 Chiavacci, Vincenz : Die neue Stadt. In : ders.: Geschichten aus Alt-Wien. Wien, München 1973, S. 37–46, S. 39. 172 Zum Beispiel Berlin : Hier bemerkte die Schriftstellerin Ina Seidel, dass ihr das »niemals verstummende Selbstgespräch der Stadt wie Brandungsgeräusch zum Bewußtsein« kam (zit. nach Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/ Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 156) ; Max Kretzer schrieb 1883 in seiner frühen Skizze »Auf der Straße« vom »ewigen Getöse und Branden der Menschenmassen, die den Wellen des Meeres gleich auf- und abwogen« (zit. nach Henkel, Gabriele : Geräuschwelten im deutschen Zeitroman. Epische Darstellung und poetologische Bedeutung von der Romantik bis zum Naturalismus. Wiesbaden 1996, S. 268). 173 Henkel, Gabriele : Geräuschwelten im deutschen Zeitroman. Epische Darstellung und poetologische Bedeutung von der Romantik bis zum Naturalismus. Wiesbaden 1996, S. 224–226. 174 Brüggemann, Heinz : »Aber schickt keinen Poeten nach London !« Großstadt und literarische Wahrnehmung im 18. und 19. Jahrhundert. Texte und Interpretationen. Reinbek bei Hamburg 1985, S. 27. 175 Simmel, Georg : Exkurs über die Soziologie der Sinne. In : ders.: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt/Main 31999 (EA 1908). 176 Zit. nach Maderthaner, Wolfgang/Musner, Lutz : Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Frankfurt/Main, New York 1999, S. 46. 177 Tag und Nacht in Wien. Ein angenehmes Gemählde für Einwohner und Fremde. Wien 1810. 178 Silberstein, August : Wien’s Erwachen und Entschlummern. In : ders.: Die Kaiserstadt am Donaustrand. Wien und die Wiener in Tag- und Nachtbildern. Wien 1873, S. 52–64. 179 Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien für das Jahr 1885. Wien 1887, S. 316. 1871, in dem Jahr der ersten systematischen Verkehrszählung in Wien, waren auf der inneren Währinger Straße im Durchschnitt erst etwas mehr als 2400 Fahrzeuge pro Werktag registriert worden. Vgl. Békési, Sándor : Die befahrbare Stadt. Über Mobilität, Verkehr und Stadtentwicklung in Wien 1850–2000. In : Pro Civitate Austriae. Informationen zur Stadtgeschichtsforschung in Österreich. Neue Folge, Heft 9/2004, S. 31. 180 Tag und Nacht in Wien. Ein angenehmes Gemählde für Einwohner und Fremde. Wien 1810, S. 17. 181 Silberstein, August : Wien’s Erwachen und Entschlummern. In : ders.: Die Kaiserstadt am Donaustrand. Wien und die Wiener in Tag- und Nachtbildern. Wien 1873, S. 61. 182 Delacher, Hermann : Als in Wien das Licht anging … Denkwürdiges & Kurioses aus vergangenen Tagen. Wien 2000, S. 144–146. 183 Zur Geschichte dieses Wiener Originals vgl. Payer, Peter : Der Hausmeister. Eine aussterbende Respektsperson. Ausstellungskatalog. Wien 1995. 184 Friedländer, Otto : Letzter Glanz der Märchenstadt. Wien, München 1969, S. 173.
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185 Fried, Alfred H.: Wien – Berlin. Ein Vergleich. Wien, Leipzig 1908, S. 101. 186 D’Avigdor, Elim Henri : Das Wohlsein der Menschen in Großstädten. Mit besonderer Rücksicht auf Wien. Wien 1874, S. 206. 187 Sallmayer, Hermann : Hausmeister- und Sperrstund-G’frett. Wien 1880. 188 Arbeiterzeitung, 21.10.1921, S. 6. 189 Sallmayer, Hermann : Hausmeister- und Sperrstund-G’frett. Wien 1880, S. 6 ; vgl. dazu auch Brachvogel, Carry : Der Hausschlüssel. In : Die Zeit, 5.3.1906, S. 1–3 ; Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 294. 190 Schlör, Joachim : Nachts in der großen Stadt. Paris, Berlin, London 1840–1930. München 1991, S. 91– 93. Zur Situation in Wien vgl. Strobl, C./Wilhelm, A.: Wien bei Nacht. Momentbilder aus dem Nachtleben der Großstadt. Wien o. J. (1892). 191 Stekel, Wilhelm : Hygiene der Straße. In : Wiener Bilder, Nr. 32/1905, S. 19. 192 Amphoux, Pascal : Die Zeit der Stille. Urbanität und Sozialität. In : Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.) : Welt auf tönernen Füßen. Die Töne und das Hören. Göttingen 1994, S. 87. 193 »Hingegen scheint die Erfahrung allerdings gegen die absolute Stille zu zeugen. In tausend Fällen, wo wir durchaus keine Gehörsempfindungen zu haben glauben, zeigt aufmerksamere Beobachtung oder das Eintreten noch grösserer Stille (…) den Irrtum. Die Unterschätzung kleiner Schallstärken und das Überhören constanter Geräusche (…) bedingen die Täuschung. (…) Was dem Städter (…) als Stille gilt, ist von der ländlichen Stille ebenso verschieden, wie diese wiederum von der in der Wüste oder im Luftballon. Auch die Abendstille ist tiefer als die Tagesstille (entferntes, diffuses Tagesgeräusch).« Stumpf, Carl : Tonpsychologie. Bd. 1. Hilversum, Amsterdam 1965, S. 380–382 (EA 1883/90). Vgl. dazu auch Corbin, Alain : Histoire du silence. De la Renaissance à nos jours. Paris 2016. 194 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 2. 195 Ebd. 196 Vgl. dazu u. a. Mayreder, Rosa : Das Haus in der Landskrongasse. Jugenderinnerungen. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Käthe Braun-Prager. Wien 1948, S. 29 ; Chiavacci, Vincenz : Aus der stillen Zeit. Wiener Roman aus den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Wien 1914 ; Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 73 (EA 1920). 197 Pötzl, Eduard : In stillen Gassen. In : ders.: Leises Leben. Neue Skizzen. Wien 1910, S. 33–34. Vgl. dazu auch Ziegler, Johannes : Die stille Stadt. In : ders.: Wiener Stadtgänge. Aus dem Skizzenbuche einer Theerjacke. Wien 1897, S. 37–49. 198 Ebd., S. 39. 199 Corbin, Alain : Die Sprache der Glocken. Ländliche Gefühlskultur und symbolische Ordnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1995. 200 Ebd., S. 23. 201 Bandion, Wolfgang J.: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien 1989 ; Weissenbäck, Andreas/Pfundner, Josef : Tönendes Erz. Die abendländische Glocke als Toninstrument und die historischen Glocken in Österreich. Graz, Köln 1961, S. 580. Ein Großteil der alten Glocken war den Türkenbelagerungen 1529 und 1683 zum Opfer gefallen. 202 Sehr häufig wurden Glocken nach ihrem Klang benannt. So gab es etwa in Bremen eine Glocke namens »Brummer«, in Merseburg eine »Schnurre«, in Erfurt eine »Schreier«, in Bamberg eine »Bemperle«. Vgl. Sartori, Paul : Das Buch von deutschen Glocken. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde. Berlin, Leipzig 1932, S. 20. 203 Czeike, Felix : Historisches Lexikon Wien. Bd. 4. Wien 1995, S. 615. Die größte Glocke Europas befindet sich im Kölner Dom (25.000 kg), die größte Glocke der Welt ist der »Zar Kolokol« (Glockenkaiser)
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Anmerkungen
in Moskau (200.000 kg). Diese Glocke läutete allerdings nie, da sie schon beim Guss im Jahr 1734 sprang. 204 Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 118. 205 Als öffentliche Musikinstrumente stehen Glocken daher auch ex lege unter Denkmalschutz. Vgl. dazu insbesondere Kramer, Kurt (Hg.) : Glocken in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur Glockenkunde. Hg. vom Beratungsausschuß für das deutsche Glockenwesen. 2 Bde. Karlsruhe 1986/1997. 206 Vgl. dazu Sartori, Paul : Das Buch von deutschen Glocken. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde. Berlin, Leipzig 1932, S. 45–134 ; Dohrn-van Rossum, Gerhard : Die Geschichte der Stunde. Uhren und moderne Zeitordnungen. München 1995, S. 185–201. 207 Schafer, Murray R.: Klang und Krach. Eine Kulturgeschichte des Hörens. Frankfurt/Main 1988, S. 75. Auch in der Literatur spiegelt sich die generelle Präsenz der Glocken im Alltag, etwa in Wilhelm Raabes 1882 erschienenem Roman »Fabian und Sebastian«, in dem kein einzelnes Geräusch so häufig auftaucht wie das Schlagen der Glocke oder der Uhr. Vgl. dazu Henkel, Gabriele : Geräuschwelten im deutschen Zeitroman. Epische Darstellung und poetologische Bedeutung von der Romantik bis zum Naturalismus. Wiesbaden 1996, S. 227. 208 Czeike, Felix : Historisches Lexikon Wien. Bd. 2. Wien 1993, S. 555. 209 Ein Beispiel mit vier bis sechs Glocken findet sich in Weissenbäck, Andreas/Pfundner, Josef : Tönendes Erz. Die abendländische Glocke als Toninstrument und die historischen Glocken in Österreich. Graz, Köln 1961, S. 84–86. 210 Faltis, Viktor : Grinzing 1900. Wien, Zürich, München 1973, S. 30. 211 Corbin, Alain : Die Sprache der Glocken. Ländliche Gefühlskultur und symbolische Ordnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1995, S. 158–199. 212 Haberl, Johann von M.: Die Glocken und deren heiliger Lehr- und Mahnruf. Festrede gehalten bei Gelegenheit der Aufziehung der neuen Kirchenglocken am 5. August 1872 in der Pfarrkirche St. Oswald. Wien 1872, S. 12–13. 213 Ebd., S. 14. 214 Suppanz, Werner : Säkularisierung als Modernisierung. In : newsletter MODERNE. Zeitschrift des Spezialforschungsbereichs »Moderne – Wien und Zentraleuropa um 1900«, Sonderheft 1/2001, S. 16– 21. 215 Zit. nach Ringel, Erwin : Eine neue Rede über Österreich. In : ders.: Die österreichische Seele. 10 Reden über Medizin, Politik, Kunst und Religion, Wien 1984, S. 7–45, S. 44. 216 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 866–888. 217 Ebd., S. 870, 886. 218 Vgl. u. a. Ziak, Karl : Von der Schmelz auf den Gallitzinberg. Gang durch die Gassen meiner Kindheit und durch die Geschichte Ottakrings. Wien, München 1969, S. 171. 219 Salten, Felix : Spaziergang in der Vorstadt. In : ders.: Das österreichische Antlitz. Essays. Berlin 21910, S. 122. 220 Die jeweilige Höchstgeschwindigkeit betrug 10 bzw. 25 km/h. Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 882. Schon früh vermarktete man die neuen visuellen Qualitäten der erhöhten Geschwindigkeit. So wurden in Wien bereits kurz nach der Jahrhundertwende Straßenbahn-Exkursionen für Touristen entlang genau festgelegter Routen angeboten. Vgl. Horak, Roman/Mattl, Siegfried : »Musik liegt in der Luft …« Die »Weltkultur-
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hauptstadt Wien«. Eine Konstruktion. In : dies./Maderthaner, Wolfgang/Musner, Lutz (Hg.) : Stadt. Masse. Raum. Wiener Studien zur Archäologie des Popularen. Wien 2001, S. 177–179. 221 Wilding, Peter : Technik und Urbanität : Der Ausbau der technischen Infrastruktur als Leitmotiv städtischer Modernisierung in Wien und Graz um 1900. In : Uhl, Heidemarie (Hg.) : Kultur – Urbanität – Moderne : Differenzierungen der Moderne in Zentraleuropa um 1900. Wien 1999, S. 243–286, S. 257. Die Etablierung der elektrischen Straßenbahn ging international gesehen überaus rasch vor sich. Im Jahr 1900 war sie bereits in 52 Städten anzutreffen. Vgl. Matzerath, Horst (Hg.) : Stadt und Verkehr im Industriezeitalter. Wien 1996, S. 13. 222 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 886. 223 Faltis, Viktor : Grinzing 1900. Wien, Zürich, München 1973, S. 98–99. 224 Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 398 (EA 1920). 225 Hirschfeld, Ludwig : Spaziergang durch Grinzing. In : ders.: Wir kennen uns. Gemütliche, gereizte und nachdenkliche Skizzen aus Wien. Wien 1909, S. 125. 226 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 2. 227 Bölsche, Wilhelm : Hinter der Weltstadt. Friedrichshagener Gedanken zur ästhetischen Kultur. Leipzig 1901, S. 6. 228 Hirschfeld, Ludwig : Tramwayelend. In : ders.: Das sind Zeiten ! … Gut und schlecht gelaunte Skizzen. Wien, Leipzig 1913, S. 51. 229 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 886. 230 Weis, D. B.: Wien’s Merkwürdigkeiten mit ihren geschichtlichen Erinnerungen, und einigen Ausflügen in die nahen reizenden und schönen Umgebungen. Wien 1836, S. 56 ; Pötzl, Eduard : Wien. Bd. 2 : AltWiener Studien. Leipzig o. J., S. 129–130. 231 Vgl. dazu McShane, Clay/Tarr, Joel : The Horse in the City. Living Machines in the Nineteenth Century. Baltimore 2007. 232 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 867. 233 Rigele, Brigitte : Sardellendragoner und Fliegenschütz. Vom Pferd im Alltag der Stadt. Ausstellungskatalog des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Heft 45/1995, S. 14. 234 Berger, Alfred Freiherr von : Buch der Heimat. Bd. 2. Berlin 1910, S. 64. 235 Heintschel, Hans-Christian : Naturgerüche. In : ders./Payer, Peter/Schwarz, Werner Michael : Der Duft der Stadt. Beiträge zu einer Geruchsgeschichte von Wien. Wiener Geschichtsblätter, Heft 1/1996, S. 8. 236 Winter, Max : Rund um Favoriten. Eine Skizze aus dem Leben der Enterbten. Teil II. In : ArbeiterZeitung, 17.12.1901, S. 5. 237 Willkomm, A.: Zur Ethik des Straßenverkehrs. In : Ethische Kultur. Halbmonatsschrift für ethischsoziale Reformen, Nr. 22/1911, S. 171. 238 Zit. nach Faltis, Viktor : Grinzing 1900. Wien, Zürich, München 1973, S. 127. 239 Grieser, Dietmar : Außen Zink, innen Samt. In : Die Presse, spectrum, 10.7.1999, S. IV. 240 Viktor Tischler : Das erste Marcus-Automobil. In : Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 41/1904, S. 13–15. Vgl. auch ebd., Nr. 43/1904, S. 26. 241 Seper, Hans : Österreichische Automobilgeschichte 1815 bis heute. Wien 1986, S. 24. 242 Ebd., S. 26.
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Anmerkungen
243 Zit. nach ebd., S. 147. 244 Vgl. Theobald Harmsen : Das Automobil. Gemeinverständliches über seine Anwendung. Ratschläge für Fußgeher und Pferdelenker. In : Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 7/1904, S. 7–8. 245 Saunier, Charles-Louis Baudry de : Grundbegriffe des Automobilismus. Wien, Pest, Leipzig 1902, S. 11–12. Sauniers unbändiger Fortschrittsglauben mündet schließlich in kämpferische Polemik : »Jedoch deshalb, weil schlechte Pferde sich vor allein rollenden Fahrzeugen fürchten, schlussfolgern, dass den Motorwagen nur ein Eintagsleben beschieden sei, heisst den Pferden Sitz und Stimme im Ministerrath zumuthen, heisst den falschen Glauben haben, dass eine Regierung, wie stark sie immer sei, eine wenn auch nur unblutige, mechanische Revolution aufhalten könne, wenn die richtige Stunde dieser Revolution einmal geschlagen hat« (S. 12). 246 Wachtel, Joachim (Hg.) : Facsimile Querschnitt durch frühe Automobilzeitschriften. Wien, München, Bern 1970, S. 8. Auch von C. S. Rolls, einem der beiden Begründer der Rolls-Royce-Werke, gibt es ein frühes Foto, das ihn am Steuer eines Panhard zeigt, umgeben von Feuerwehrleuten, die Pferde am Halfter halten, um sie mit dem Geräusch des Motorwagens vertraut zu machen (ebd.). 247 Stadler, Ernst von : Ueber das Verhalten des Automobilisten gegenüber den Pferden. In : Neulengbacher Zeitung, 31.8.1901, S. 4. Für diesen Hinweis bedanke ich mich bei Christian Stadelmann. 248 »Weiters wird es aber auch Sache eines jeden wahren Automobilisten sein müssen, dem neuen Verkehrsmittel, wo immer möglich, die Sympathien des Publicums zu erwerben, um so in der öffentlichen Meinung ein Gegengewicht gegen die Mißgunst der Feinde des Automobils zu gewinnen« (ebd., S. 3). 249 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 27/1904, S. 26–27. 250 Der Kunstwart. Halbmonatsschau für Ausdruckskultur auf allen Lebensgebieten, Heft 12/März 1909, S. 321. 251 Czeike, Felix : Historisches Lexikon Wien. Bd. 1. Wien 1992, S. 213. 252 Vgl. dazu Payer, Peter : »Huppend, schnarrend, qualmend«. Zur Wahrnehmung und Kritik des Automobils um 1900. In : Technisches Museum Wien (Hg.) : Spurwechsel. Wien lernt Auto fahren. Ausstellungskatalog des Technischen Museums Wien. Wien 2006, S. 40–49 ; Czabaun, Jutta : Die Reaktionen der Bevölkerung auf den frühen Automobilismus in Österreich. Wien, phil. Dipl.-Arb., 2008. 253 Bayerl, Günter : Die Erfindung des Autofahrens : Technik als Repräsentation, Abenteuer und Sport. In : ders./Weber, Wolfhard (Hg.) : Sozialgeschichte der Technik (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 7). Münster, New York, München, Berlin 1998, S. 317–329, S. 329. 254 Zit. nach Wachtel, Joachim (Hg.) : Facsimile Querschnitt durch frühe Automobilzeitschriften. Wien, München, Bern 1970, S. 12. 255 Ebd., S. 7. 256 Brilli, Attilio : Das rasende Leben. Die Anfänge des Reisens mit dem Automobil. Berlin 1999, S. 152. 257 Doderer, Heimito von : Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der-Jahre. Wien 1958, S. 14. Zur Bedeutung und Funktion der akustischen Signale in Doderers Romanen und Erzählungen vgl. Schneider, Karl Heinrich : Die technisch-moderne Welt im Werk Heimito von Doderers. Frankfurt/ Main, Bern, New York 1985, S. 156–174. 258 Radkau, Joachim : Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte. München 2011, S. 80. 259 Sandgruber, Roman : Cyclisation und Zivilisation. Fahrradkultur um 1900. In : Ehalt, Hubert Ch./ Heiß, Gernot/Stekl, Hannes (Hg.) : Glücklich ist, wer vergißt … ? Das andere Wien um 1900. Wien, Köln, Graz 1986, S. 287. Vgl. dazu auch Grill, Martin : »Fin de cycle«. Fahrradkultur im Wien Arthur Schnitzlers. Wien, phil. Diss., 1988 ; Békési, Sándor : Fahr-Rad in Wien ? Zum historischen Verhältnis von Stadt und muskelgetriebenem Zweirad. In : dérive. Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 13/2003, S. 21–26 ; Hachleitner, Bernhard/Marschik, Matthias/Müllner, Rudolf/Zappe, Michael (Hg.) : Motor bin ich selbst. 200 Jahre Radfahren in Wien. Wien 2013.
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260 Fahrordnung für Radfahrer im Wiener Polizei-Rayon. Wien 1892, S. 12. 261 Ein Radfahrweg längs der Ringstraße. In : Neue Freie Presse, 13.12.1906, S. 12. 262 Wiener Bilder, Nr. 47/1896, S. 7. 263 Vgl. Lessing, Hans-Erhard (Hg.) : Fahrradkultur. Der Höhepunkt um 1900. Reinbek bei Hamburg 1982, S. 193–194. 264 Angelmahr, Helmut : Transport : Die Überwindung der Distanzen. In : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2 : Dienstleistungen. Wien 1991, S. 892. 265 Ebd., S. 886, 892. 266 Ebd., S. 865. 267 Ziegler, Johannes : Wasserfahrt. In : ders.: Wiener Stadtgänge. Aus dem Skizzenbuche einer Theerjacke. Wien 1897, S. 98. 268 Vgl. dazu Kos, Wolfgang/Dinhobl, Günter (Hg.) : Großer Bahnhof. Wien und die weite Welt (= Katalog zur 332. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2006. 269 Rosegger, Peter : Als ich das erstemal auf dem Dampfwagen saß. In : ders.: Waldheimat. Erinnerungen aus der Jugendzeit. Bd. 1 : Kindesjahre. 21. Aufl., Leipzig 1905, S. 229. 270 Vgl. dazu die berühmte Eisenbahn-Schilderung in Gerhard Hauptmanns 1888 veröffentlichter Novelle »Bahnwärter Thiel« : »Durch die Geleise ging ein Vibrieren und Summen, ein rhythmisches Geklirr, ein dumpfes Getöse, das, lauter und lauter werdend, zuletzt den Hufschlägen eines heranbrausenden Reitergeschwaders nicht unähnlich war. Ein Keuchen und Brausen schwoll stoßweise fernher durch die Luft. Dann plötzlich zerriß die Stille. Ein rasendes Tosen und Toben erfüllte den Raum, die Geleise bogen sich, die Erde zitterte – ein starker Luftdruck – eine Wolke von Staub, Dampf und Qualm, und das schwarze, schnaubende Ungetüm war vorüber. So wie sie anwuchsen, starben nach und nach die Geräusche« (zit. nach Henkel, Gabriele : Geräuschwelten im deutschen Zeitroman. Epische Darstellung und poetologische Bedeutung von der Romantik bis zum Naturalismus. Wiesbaden 1996, S. 179). 271 Kaus, Gina : Der Donaukanal. In : dies.: Die Unwiderstehlichen. Kleine Prosa. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Hartmut Vollmer. Oldenburg 2000, S. 167. 272 Guy de Maupassant verglich die Pfiffe der Lokomotive mit dem morgendlichen Krähen des Hahnes : »Die ersten Lokomotiven kamen aus dem Schuppen und holten pfeifend die ersten Züge. Andere in der Ferne stießen immer wieder schrille Schreie aus, als wollten sie, wie die Hähne auf dem Land, die Welt wecken« (Bel Ami. Augsburg 1959, S. 110 [EA 1885]). Hans Christian Anderson wiederum fühlte sich beim aggressiven Ton der Signalpfeife an den hässlichen Todesschrei eines Schweins erinnert : »(…) sie klingt nicht hübsch, sie hat viel Ähnlichkeit mit dem Schwanengesang des Schweins, wenn ihm das Messer in den Hals dringt« (zit. nach Lang, Rudolf W.: Reisen anno dazumal – Literarische Notizen. München 1985, S. 389). 273 Illustrirtes Wiener Extrablatt, 1.9.1895, S. 21. 274 Faltis, Viktor : Grinzing 1900. Wien, Zürich, München 1973, S. 55–56. Die Eisenbahn wurde im Volksmund sogleich »Ruckerlbahn« genannt. Ein einprägsamer Klang dürfte auch das Quietschen in den Kurven gewesen sein : »(…) bringt die Reibung bei Kurven ein Geräusch hervor, das dem Zwitschern von vielen tausend Spatzen gleicht« (zit. nach Niel, Alfred : Wiener Eisenbahnvergnügen. Wien, München 1982, S. 103). 275 Meißl, Gerhard : Die Produktion von Stadtraum im Eisenbahnzeitalter. Am Wiener Beispiel vom Vormärz bis zum Ersten Weltkrieg. In : Niederstätter, Alois (Hg.) : Stadt. Strom – Straße – Schiene. Die Bedeutung des Verkehrs für die Genese der mitteleuropäischen Städtelandschaft. Linz 2001, S. 83. 276 Vgl. dazu jüngst Fogarassy, Alfred (Hg.) : Otto Wagner – Die Wiener Stadtbahn. Berlin 2017. 277 Neues Wiener Tagblatt, 21.7.1901, S. 6.
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Anmerkungen
278 Pötzl, Eduard : Abschied von der Stadtbahn. In : ders.: Stadt und Land. Allerlei Studien und Stimmungen. Wien 1908, S. 53. 279 Neue Freie Presse, 24.10.1909, S. 3. 280 Vgl. Prigl, Hubert : Bekannte und unbekannte Flugplätze und Flugplatzprojekte in Wien von 1909 bis heute. In : Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Bd. 57/58. Wien 2002, S. 203–204 ; Mattl-Wurm, Sylvia/Reuter, Markus (Red.) : »Schwerer als Luft«. 100 Jahre Motorflug in Wien. Ausstellungskatalog der Wienbibliothek im Rathaus. Wien 2009. 281 Polgar, Alfred : Der Zeppelin (1929). In : ders.: Musterung (= Kleine Schriften, Bd. 1). Hg. von Marcel Reich-Ranicki und Ulrich Weinzierl. Reinbek bei Hamburg 2004, S. 405. 282 Kaut, Hubert : Kaufrufe aus Wien. Volkstypen und Straßenszenen in der Wiener Graphik von 1775 bis 1914. Wien, München 1970, S. 5–6. Zur Klassifikation und Vielfalt des Straßenhandels vgl. auch die bahnbrechende ethnografische Studie von Henry Mayhew, »London Labour and the London Poor« (1861/62). Mayhew weist u. a. darauf hin, welch bedeutenden volkswirtschaftlichen Faktor die Ökonomie der Straße darstellte. Seiner Schätzung nach gab es um 1850 in London rund 30.000 Straßenhändler (Lindner, Rolf : Walks on the Wild Side. Eine Geschichte der Stadtforschung. Frankfurt/Main, New York 2004, S. 56). 283 Ein bemerkenswerter Versuch, einzelne Rufe in Notenschrift zu übertragen, findet sich in : Wien wie es ist. Zweiter Theil. Leipzig, Löwenberg 1833, S. 52–55. Zur Problematik von Wahrnehmung, Wirkung und Transkription der Kaufrufe vgl. Schaller-Pressler, Gertraud : Kaufrufe als Phänomen der Volksmusik. In : Kos, Wolfgang (Hg.) : Wiener Typen. Klischees und Wirklichkeit (= Katalog zur 387. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2013, S. 166–169. 284 Vgl. dazu Müller, Silvia : Die Märkte der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Wien, phil. Dipl.Arb., 1987, S. 133–139 ; Golzar, Elisabeth : Bilder führen durch den Klang der Stadt. In : Kos, Wolfgang (Hg.) : Wiener Typen. Klischees und Wirklichkeit (= Katalog zur 387. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2013, S. 32–39. 285 Johann Christian Brand : Zeichnungen nach dem gemeinen Volke besonders Der Kaufruf in Wien. Etudes prises dans le bas peuple et principalement Les Cris de Vienne. Wien 1775. 286 Zu den »Cris de Vienne« zählten auch die Rufe der Nachtwächter, die damals bereits für heftige Beschwerden sorgten und entsprechend in den 1780er-Jahren verboten wurden. Vgl. dazu Chvojka, Erhard (Red.) : Dem Glücklichen schlägt keine Stunde … oder … Wie die Vorstellung von der »Wiener Gemütlichkeit« entstand (= Katalog zur 280. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien). Wien 2001, S. 63–64. 287 Eduard Pötzl : Von der Straße. In : Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart. Prag, Wien, Leipzig 1895, S. 46–47. 288 Chiavacci, Vincenz : Ausgestorbene und aussterbende Wiener Volkstypen. In : Österreichische Rundschau, Bd. 12/1907, S. 230. 289 Maderthaner, Wolfgang/Musner, Lutz : Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Frankfurt/Main, New York 1999, S. 47. 290 Frei, Anna Elisabeth : Die Wiener Straßensänger und musikanten im 19. und 20. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Großstadtvolkskunde. Wien, phil. Diss., 1978, S. 55. Zur Figur des mittellosen Straßenmusikanten vgl. auch Franz Grillparzers 1848 veröffentlichte Erzählung »Der arme Spielmann«. 291 »Baronin« Karoline Pippich war in der Branche überaus beliebt. Bei ihrem Tod im Jahr 1912 gaben ihr rund 1500 Personen, zumeist Werkelmänner und deren Angehörige, das letzte Geleit zum Ottakringer Friedhof. Vgl. Krammer, Otto : Vom Wiener Werkelmann. In : ders.: Wiener Volkstypen. Von Buttenweibern, Zwiefel-Krowoten und anderen Wiener Originalen. Wien 1983, S. 137–138. Vgl. dazu auch Grosch, Nils : Drehorgel, Orgellied und die Eroberung des öffentlichen Raums durch populäre Musik
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im 19. Jahrhundert. In : ders./Widmaier, Tobias (Hg.) : Populäre Musik in der urbanen Klanglandschaft. Kulturgeschichtliche Perspektiven. Münster, New York 2014, S. 47–63. 292 Chiavacci, Vincenz : Ausgestorbene und aussterbende Wiener Volkstypen. In : Österreichische Rundschau. Bd. 12/1907, S. 231. Wie hoch im Biedermeier die Frequenz der Wandermusiker und -händler in den Höfen der Wiener Vorstadt war, belegt die Schilderung eines französischen Reiseschriftstellers aus dem Jahre 1827. In seiner angemieteten Wohnung habe er allein an einem Vormittag einen Drehorgelspieler, einen Glasscherben und Eisensammler, einen Schleifer, eine Lumpensammlerin, einen Hadernsammler, einen Kessel- und Pfannenflicker und eine Sängerin samt Harfenisten vernommen. (Wien wie es ist. Leipzig 1827, S. 42-46) 293 Meißl, Gerhard : Vom Stadtgewölb zum Urban Entertainment Center. Zur Entwicklung des Detailhandels seit dem Beginn der Industrialisierung. In : Historische Sozialkunde. Geschichte – Fachdidaktik – Politische Bildung, Nr. 2/2003, S. 26–33, S. 29. 294 Lehne, Andreas : Wiener Warenhäuser 1865–1914. Mit Beiträgen von Gerhard Meißl und Edith Hann. Wien 1990 ; Peterle, Astrid (Hg.) : Kauft bei Juden ! Geschichte einer Wiener Geschäftskultur (Ausstellungskatalog des Jüdischen Museums Wien). Wien 2017. 295 Winter, Max : Wiener Straßenhandel. Eine Umfrage auf der Straße. In : Arbeiter-Zeitung, 7.4.1901, S. 14. 296 Keller, Fritz : Behördliche Einschränkungen des Hausiererhandels von 1848 bis zum »Wirtschaftswunder«. Eine rechtshistorische Skizze nach Unterlagen aus dem Archiv des Wiener Marktamtes. In : Wiener Geschichtsblätter, Nr. 1/2003, S. 32–54. 297 Müller, Silvia : Die Märkte der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Wien, phil. Dipl.-Arb., 1987, S. 138. Ab 1. Januar 1911 war nur noch jenen Personen die Ausübung des Hausierhandels im Stadtgebiet gestattet, die aus den im Hausierpatent 1852 aufgelisteten Gegenden stammten oder zumindest seit 1. Januar 1908 in Wien sesshaft waren und seit damals den Hausierhandel in Wien befugterweise ausübten. Vgl. Keller, Fritz : Behördliche Einschränkungen des Hausiererhandels von 1848 bis zum »Wirtschaftswunder«. Eine rechtshistorische Skizze nach Unterlagen aus dem Archiv des Wiener Marktamtes. In : Wiener Geschichtsblätter, Nr. 1/2003, S. 36–37). 298 So z. B. Schlögl, Friedrich : Von alten und neuen Sachen, Figuren und Dingen. In : ders.: Wienerisches. Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau (= Gesammelte Schriften, Bd. 3). Wien, Pest, Leipzig o. J. (1893), S. 345–357 ; Hirschfeld, Ludwig : Das verschwindende Wien. In : ders.: Das sind Zeiten ! … Gut und schlecht gelaunte Skizzen. Wien-Leipzig 1913, S. 83–84. Vgl. dazu auch Krammer, Otto : Wiener Volkstypen. Von Buttenweibern, Zwiefel-Krowoten und anderen Wiener Originalen. Wien 1983. Zum Vergleich mit Berlin vgl. Brandler, Gotthard (Hg.) : Eckensteher. Blumenmädchen. Stiefelputzer. Berliner Ausrufer und Volkstypen. München 1989. 299 Schwarz, Ignaz : Der Wiener Kaufruf von Brand. Ein Beitrag zur Wiener Ikonographie. Wien 1911. 300 Schlögl, Friedrich : Von alten und neuen Sachen, Figuren und Dingen. In : ders.: Wienerisches. Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau (= Gesammelte Schriften, Bd. 3). Wien, Pest, Leipzig o. J. (1893), S. 345. 301 Lux, Josef August : Das Lavendelweib. In : Neues Wiener Tagblatt, 24.6.1910, S. 1. 302 Kos, Wolfgang/Rapp, Christian (Hg.) : Alt-Wien. Die Stadt, die niemals war (= Katalog zur 316. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2004. 303 Beim akustischen Vergleich von Jahrhundertwende und Biedermeier dominierte das Bild von der »hastenden, lärmenden Gegenwart« und dem »Wirbel unserer Tage«. Vgl. Eugenie Benisch-Darlang im Vorwort zu dem von ihr herausgegebenen Buch : Gräffer, Franz : Alt-Wiener Miniaturen. Wien 1912, S. XII ; Paul Wertheimer im Vorwort zu dem von ihm herausgegebenen Buch : Gräffer, Franz : AltWiener Guckkasten. Wien 1912, S. 6.
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Anmerkungen
304 Vgl. dazu u. a. Lavendl kaft’s ! In : Neues Wiener Tagblatt, 10.7.1894, S. 4 ; Lux, Josef August : Das Lavendelweib. In : Neues Wiener Tagblatt, 24.6.1910, S. 2 ; Hirschfeld, Ludwig : Wien. Was nicht im Baedeker steht. München 1927, S. 166–167 ; Busta, Christine : Den Gassenrufern der Kindheit. In : Wien im Gedicht. Eine Auswahl von Helmut Leiter. Wien 1967, S. 126 ; Merkel, Inge : Das andere Gesicht. Frankfurt/Main 1985, S. 28. 305 Roth, Joseph : Ein Mensch hat Langeweile. In : ders.: Die zweite Liebe. Geschichten und Gestalten. Köln 1993, S. 84 (EA 1929). 306 Vgl. Canetti, Elias : Der Ohrenzeuge. Fünfzig Charaktere. München 1974. Canetti berichtet, dass er Mitte der 1920er-Jahre durch die Vorträge von Karl Kraus »das Hören erlernt(e)«. Kraus erschloss ihm »eine Dimension der Welt, von der man bis dahin nichts geahnt hatte, und da es um die Verbindung von Sprache und Menschen ging, in all ihren Varianten, war es vielleicht die bedeutendste, jedenfalls die reichste«. Fortan streifte er mit Vorliebe durch die Straßen von Wien, um die verschiedensten Stimmen in sich aufzunehmen. Canetti, Elias : Die Fackel im Ohr. Lebensgeschichte 1921–1931. Frankfurt/Main 1982, S. 208, 210. 307 Frei, Anna Elisabeth : Die Wiener Straßensänger und musikanten im 19. und 20. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Großstadtvolkskunde. Wien, phil. Diss., 1978, S. 118. 308 Ebd., S. 56. 309 Chiavacci, Vincenz : Ausgestorbene und aussterbende Wiener Volkstypen. In : Österreichische Rundschau, Bd. 12/1907, S. 232. 310 Czeike, Felix : Historisches Lexikon Wien. Bd. 5. Wien 1997, S. 616. 311 Zit. nach Frei, Anna Elisabeth : Die Wiener Straßensänger und musikanten im 19. und 20. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Großstadtvolkskunde. Wien, phil. Diss., 1978, S. 188. 312 Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 71 (EA 1920). 313 Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8. 314 Vgl. Mattl, Siegfried : Wien im Film : A Sense of Place. Von Lumière bis Maskerade, in : Eugen Antalovsky Eugen/Horwath, Alexander (Hg.) : Imagining the City. Dokumentation einer Veranstaltung im Rahmen der Wiener Wissenschaftstage 2003. Wien 2003, 14-16. 315 Hirschfeld, Ludwig : Das verschwindende Wien. Empfindsamer Spaziergang. In : ders.: Das sind Zeiten ! … Gut und schlecht gelaunte Skizzen. Wien, Leipzig 1913, S. 76. 316 Ebd., S. 76–81. 317 Pötzl, Eduard : Von der Straße. In : Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart. Prag, Wien, Leipzig 1895, S. 54. 318 Hirschfeld, Ludwig : Wien. Was nicht im Baedeker steht. München 1927, S. 158–159. 319 Polgar, Alfred : Trinkgeldphantasie (1920). In : ders.: Taschenspiegel. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Ulrich Weinzierl. Wien 1979, S. 101. 320 Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 97 (EA 1920). 321 Hirschfeld, Ludwig : Das verschwindende Wien. Empfindsamer Spaziergang. In : ders.: Das sind Zeiten ! … Gut und schlecht gelaunte Skizzen. Wien, Leipzig 1913, S. 81. Noch im Biedermeier dominierten, so der Journalist und Wienkenner Siegfried Weyr, völlig andere Geräusche. Da es damals in den Vorstädten noch zahlreiche ausgedehnte Gärten gab, könne man »ruhig sagen, daß die alten Wiener das Rauschen der Bäume von der Wiege bis zum Grabe begleitet hat.« Weyr, Siegfried : Wien. Eine Stadt erzählt. Wien, Hamburg 1984, S. 249. 322 Winter, Max : Die Mariahilferstraße. In : Arbeiter-Zeitung, 25.12.1903, S. 15. 323 Vgl. dazu Meißl, Gerhard : Industrie und Eisenbahn in Wien. Von den Anfängen bis 1938. Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 5/1987.
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324 Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 1 : Industrie. Wien 1991, S. 414. 325 Werner, Heinrich : Rückkehr in die Stadt. In : Neues Wiener Tagblatt, 2.10.1911, S. 1. 326 Fahrt nach Simmering. In : Neues Wiener Tagblatt, 1.11.1918, S. 3. 327 Winter, Max : Ein Tag in Zwischenbrücken. Teil II. In : Arbeiter-Zeitung, 28.10.1902, S. 5. 328 Winter, Max : Rund um Favoriten. Eine Skizze aus dem Leben der Enterbten. Teil I. In : ArbeiterZeitung. 14.12.1901, S. 5. 329 Winter, Max : Ein Tag in Ottakring. Wie das Volk lebt. Teil I. In : Arbeiter-Zeitung, 16.10.1901, S. 4. An die Lautkulisse im Ottakring zur Jahrhundertwende erinnerte sich Jahrzehnte später auch der Volksbildner und Verleger Karl Ziak, dem als jungem Buben häufig die »Musik der Arbeit« entgegentönte. Vgl. Ziak, Karl : Von der Schmelz auf den Gallitzinberg. Gang durch die Gassen meiner Kindheit und durch die Geschichte Ottakrings. Wien, München 1969, S. 64. 330 Cankar, Ivan : Vor dem Ziel. Literarische Skizzen aus Wien. Klagenfurt 1994, S. 130. Generell spielen in den Erzählungen von Cankar, der mehrere Jahre in Ottakring gelebt hatte, allerdings weit mehr geruchliche (Staub, Dunst) als aurale Eindrücke eine Rolle. Vgl. dazu Schober, Katharina Anna : Die Wiener Erzählungen von Ivan Cankar. Wien, phil. Dipl.-Arb., 1993 ; Simonek, Stefan : Die Wiener Moderne und die slawischen Literaturen der Donaumonarchie. In : newsletter MODERNE. Zeitschrift des Spezialforschungsbereichs »Moderne – Wien und Zentraleuropa um 1900«, Heft 2/2001, S. 6–9. 331 Winter, Max : Bilder aus dem XXI. Bezirk. In : Arbeiter-Zeitung, 13.7.1902, S. 7. 332 Ebd. 333 Pötzl, Eduard : Gruß aus Kagran. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 38– 39. 334 Fahrt nach Simmering. In : Neues Wiener Tagblatt, 1.11.1918, S. 3. 335 Saar, Ferdinand von : Sämtliche Werke. Bd. 2 : Gedichte. Leipzig 1908, S. 84. 336 Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 221. 337 Graudenz, Walther : Ottakring und Umgebung sowie seine Bewohner in Wort und Bild. Wien 1904, S. 9. 338 Pötzl, Eduard : Leises Leben. Neue Skizzen, Wien 1910, S. 12. 339 An einer von ihnen, der 1899 eröffneten Jubiläumswarte in Ottakring, konnte man auf einer Tafel den bezeichnenden Spruch lesen : »Wer Stärkung sucht für seine müden Sinne, / Wer sich nach Ruhe sehnt, nach Trost und Licht – / Besteige dieser Warte stolze Zinne / Und schau’ dem Wienerwald in das Gesicht.« Zit. nach Wenzel, Walter : Aussichtswarten im Wienerwald. Baden 2002, S. 5. 340 Hirschfeld, Ludwig : Abschied vom Cobenzl. In : ders.: Wir kennen uns. Gemütliche, gereizte und nachdenkliche Skizzen aus Wien. Wien 1909, S. 117. 341 Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 473 (EA 1920). 342 Dr. A. Z.: Wien, wie es sein sollte. Ein Weihnachtbaum-Angebindlein zu Nutz und Frommen eines jeden erwachsenen Wiener Kindleins, insbesonderheit ein Neujahrs-Zuschriftlein an den eben verbleichenden und wieder auferstehenden Gemeinderath dieser Reichshaupt- und Residenzstadt. Wien 1860, S. 5. 343 Auernheimer, Raoul : Die Reise nach Wien. In : Neue Freie Presse, 14.4.1907, S. 2. 344 Roessler, Arthur : Von Wien und seinen Gärten. Wien 1946, S. 13, 19, 86 (EA 1909). 345 Ebd., S. 63. 346 Ebd., S. 64. 347 Berger, Alfred Freiherr von : Buch der Heimat. Bd. 2. Berlin 1910, S. 73. 348 Petzold, Alfons : Das rauhe Leben. Roman. Graz, Wien, Köln 1979, S. 73 (EA 1920).
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Anmerkungen
349 Auch in anderen europäischen Großstädten wurden sogenannte »Zentralfriedhöfe« realisiert, die sich bewusst unterschieden von den alten Friedhöfen, die den Ansprüchen keineswegs mehr genügten : »So boten die vormaligen Friedhofsanlagen ein Bild trostlosester Landschaft (…) und nicht im geringsten das stimmungsvolle Bild der Ruhe und des Friedens, das uns an der Stätte des Todes umfangen und mit seinen Schrecken aussöhnen soll.« Im Gegensatz dazu ist der »moderne, landschaftliche Zentralfriedhof (…) eine Stätte erhabenen weihevollen Friedens und seelischer Ruhe geworden (…), dessen landschaftliche Schönheit und stimmungsvolle Ruhe auch solche Besucher anziehen, die noch nicht wie andere ihr Liebstes hier haben betten müssen.« Gienapp, Emil : Der moderne, landschaftliche Zentralfriedhof in Groß- und Industriestädten. Leipzig 1908, S. 5, 8. 350 Hirschfeld, Ludwig : Spaziergang durch Grinzing. In : ders.: Wir kennen uns. Gemütliche, gereizte und nachdenkliche Skizzen aus Wien. Wien 1909, S. 130–132. 351 Hirschfeld, Ludwig : Spaziergang durch den Herbst. In : ders.: Die klingende Stadt. Skizzen aus dem lauten und aus dem stilleren Wien. Wien 1912, S. 30. 352 Faltis, Viktor : Grinzing 1900. Wien, Zürich, München 1973, S. 15. 353 Ebd., S. 40. 354 Berger, Alfred Freiherr von : Buch der Heimat. Bd. 2. Berlin 1910, S. 65. 355 Zweig, Stefan : Praterfrühling. Eine Novelle. In : ders.: Brennendes Geheimnis. Erzählungen. Frankfurt/ Main 1987, S. 200–215, S. 204. 356 Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 222–223. 357 »Diese militärischen und zivilistischen Kapellen setzen eine Art künstlerischen Ehrgeiz darein, möglichst gleichzeitig zu spielen oder wenigstens unmittelbar nacheinander. Und während das rechte Trommelfell noch vom letzten Paukenschlag nachzittert, wird das linke schon von einem lieblichen Waldhornsolo gekitzelt. Alle Kapellen haben fast dasselbe Programm ; zuerst eine Ouvertüre von Auber oder Bellini, dann ein Marsch vom Herrn Kapellmeister oder einem Kollegen, dann ein Walzer, und nun löst ein Potpourri, ein Tongemälde das andere ab, und wenn die Zuhörer einem langwierigen Stück brav gelauscht haben und Beifall klatschen, werden sie durch eine lustige Draufgabe belohnt.« Hirschfeld, Ludwig : Pratersonntag. In. ders.: Wir kennen uns. Gemütliche, gereizte und nachdenkliche Skizzen aus Wien. Wien 1909, S. 151–152. 358 Zweig, Stefan : Praterfrühling. Eine Novelle. In : ders.: Brennendes Geheimnis. Erzählungen. Frankfurt/ Main 1987, S. 211. 359 Salten, Felix : Wurstelprater. Wien, München, Zürich 1973, S. 5–6 (EA 1911). 360 Mattl, Siegfried/Müller-Richter, Klaus/Schwarz, Werner Michael (Hg.) : Felix Salten : Wurstelprater. Ein Schlüsseltext zur Wiener Moderne. Wien 2004. Zur bürgerlichen Projektion des Praters als ursprüngliche, volksnahe akustische Gegenwelt zum künstlich-maschinellen Lärm der übrigen Großstadt vgl. Cowan, Michael : Kino und Klanglandschaft im Wiener Prater um 1910. In : Dewald, Christian/ Schwarz, Werner Michael (Hg.) : Prater Kino Welt. Der Wiener Prater und die Geschichte des Kinos. Wien 2005, S. 253–264. 361 Schermann : Der Wurstelprater. In : Arbeiter-Zeitung, 17.7.1910, S. 2. Vgl. dazu Poser, Stefan : Die vergnügliche Industrialisierung ? Die Technik, der Jahrmarkt und das Erlebnis des Außerordentlichen. In : Alemannia Studens, 8 (1998), S. 107–121. 362 Rodenberg, Julius : Wiener Sommertage. Leipzig 1875, S. 238–239. Vgl. dazu Ziak, Karl : Des Heiligen Römischen Reiches größtes Wirtshaus. Der Wiener Vorort Neulerchenfeld. Wien, München 1979. 363 Chiavacci, Vincenz : Marktleben. In : Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart. Prag, Wien, Leipzig 1895, S. 32–33. 364 Ebd., S. 37. Zur Geschichte des »Standelweibes« vgl. Löffler, Klara : Das Standelweib im Ensemble
Konfrontationen
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der Volkstypen. In : Kos, Wolfgang (Hg.) : Wiener Typen. Klischees und Wirklichkeit (= Katalog zur 387. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2013, S. 222–227. 365 Vgl. dazu Békési, Sandor : Die Tradition der Randlage. Wiener Bahnhöfe im Verkehrsnetz der Stadt. In : Kos, Wolfgang/Dinhobl, Günter (Hg.) : Großer Bahnhof. Wien und die weite Welt (= Katalog zur 332. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2006, S. 110–119. 366 Zit. nach ebd., S. 112. 367 Dr. A. Z.: Wien, wie es sein sollte. Ein Weihnachtbaum-Angebindlein zu Nutz und Frommen eines jeden erwachsenen Wiener Kindleins, insbesonderheit ein Neujahrs-Zuschriftlein an den eben verbleichenden und wieder auferstehenden Gemeinderath dieser Reichshaupt- und Residenzstadt. Wien 1860, S. 5. Auch die Bewohner der damals noch existierenden Stubentorbastei beklagten sich beim Gemeinderat über die lautstarken Trommel- und Trompetenübungen, die im Stadtgraben vor dem Stubentor abgehalten wurden : »In neuerer Zeit finden diese Exerzitien öfter statt als früher, mehr als 200 Tambours und Trompeten erscheinen täglich zweimal daselbst und werden durch volle 6 Stunden im Trommeln und Trompeten eingeübt, wodurch ein kaum erträglicher Lärm entsteht. Die Bewohner der Häuser der Stubenthorbastei glauben ein Recht auf die Berücksichtigung ihrer Bitte schon deshalb zu haben, weil sie in Mehrzahl diese entlegene Stadtgegend zum Domizil wählten, hoffend, dort in ungestörter Ruhe leben zu können.« Vorstadt-Zeitung, 12.11.1862, S. 2. 368 Salten, Felix : Frühjahrsparade. In : ders.: Das österreichische Antlitz. Essays. Berlin 21910, S. 235. 369 Ziak, Karl : Von der Schmelz auf den Gallitzinberg. Gang durch die Gassen meiner Kindheit und durch die Geschichte Ottakrings. Wien, München 1969, S. 11. 370 Winter, Max : Schmelzbummel. In : Arbeiter-Zeitung, 25.9.1913, S. 2. Konfrontationen 371 Engeli, Christian : Die Großstadt um 1900. Wahrnehmung und Wirkungen in Literatur, Kunst, Wissenschaft und Politik. In : Zimmermann, Clemens/Reulecke, Jürgen (Hg.) : Die Stadt als Moloch ? Das Land als Kraftquell ? Wahrnehmungen und Wirkungen der Großstädte um 1900. Basel, Boston, Berlin 1999, S. 21–51, S. 22. 372 Röpke, Friedrich : Die Berufskrankheiten des Ohres und der oberen Luftwege. Wiesbaden 1902. Vgl. dazu auch Krömer, Siegfried : Lärm als medizinisches Problem im 19. Jahrhundert. Mainz, med. Diss., 1981 ; Jütte, Robert : Kranke und gefährdete Sinne im 19. Jahrhundert. In : Aichinger, Wolfram/Eder, Franz X./Leitner, Claudia (Hg.) : Sinne und Erfahrung in der Geschichte. Innsbruck, Wien u. a. 2003, S. 193–212, S. 196–200. 373 Zit. nach Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000, S. 227–228 (EA 1998). 374 Jahresberichte des Wiener Stadtphysikates, erschienen 1867 bis 1910 (vgl. insbesondere die Statistiken in JB 1894–96, S. 3 ; JB 1900–1902, S. 2 ; JB 1903–1906, S. 2). 375 Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit und über die Gesundheitsverhältnisse in den Jahren 1903 bis 1906. Wien 1910, S. 21. 376 Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 9–10/1902, S. 207. 377 Ebd., S. 194. 378 Die Hygiene der Straße. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 1/1906, S. 26.
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Anmerkungen
379 H. A.: Wiener Straßenlärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 92. 380 Gesundheitsstörungen durch Geräusche. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 12/1905, S. 290. 381 Stekel, Wilhelm : Hygiene der Straße. In : Wiener Bilder, Nr. 32/1905, S. 19. 382 Ausführlich z. B. am 29.2.1908, S. 14 ; oder am 14.3.1908, S. 14. 383 Vgl. u. a. Gruber, Joseph : Lehrbuch der Ohrenheilkunde mit besonderer Rücksicht auf Anatomie und Physiologie. Wien 1888 ; Politzer, Adam : Lehrbuch der Ohrenheilkunde. Stuttgart 41902 (EA 1878) ; ders.: Geschichte der Ohrenheilkunde. 2 Bde. Stuttgart 1907 ; Urbantschitsch, Victor : Lehrbuch der Ohrenheilkunde. Wien 51910 (EA 1880). 384 Zur Hygiene des Ohres. In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beilage von »Die Zeit«, 6.3.1910, S. 13. 385 Zit. nach Wolfbauer, Rudolfine : Lärm ist out ! Lärmschutz ist in. Hg. vom Umweltdachverband ÖGNU. Wien 1999, S. 45. 386 Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000 (EA 1998) ; vgl. auch Hofer, Hans-Georg : Nervenschwäche und Nervenstärke. Der Umgang mit der Nervosität 1880–1920. Graz, phil. Diss., 2000. 387 Vom Nervösen. In : Die Zeit, 25.11.1910, S. 13. 388 Hellpach, Willy : Nervosität und Mode. In : Neue Freie Presse, 6.4.1905, S. 21. Vgl. auch ders.: Nervosität und Kultur. Berlin 1902. 389 Zur literarischen Verarbeitung des Neurasthenikers vgl. u. a. Huysmans, Joris-Karl : Gegen den Strich (franz. OA 1884) ; Mirbeau, Octave : Nie wieder Höhenluft oder Die 21 Tage eines Neurasthenikers (franz. OA 1901). 390 Lentz, Matthias : »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.« Lärm, Großstadt und Nervosität im Spiegel von Theodor Lessings »Antilärmverein«. In : Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Bd. 13/1994, S. 86–90. 391 Saul Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 159. 392 Vom Nervösen. In : Die Zeit, 25.11.1910, S. 13. 393 Simmel, Georg : Die Großstädte und das Geistesleben. In : Petermann, Theodor (Hg.) : Die Großstadt. Vorträge und Aufsätze zur Städteausstellung. Jahrbuch der Gehe-Stiftung, Bd. IX. Dresden 1903, S. 185–206, S. 186. 394 Lamprecht, Karl : Deutsche Geschichte. 2. Ergänzungsband, 1. Hälfte. Freiburg 1903, S. 262. 395 Vgl. dazu u. a. Lowe, Donald M.: History of Bourgeois Perception. Chicago 1982 ; Asendorf, Christoph : Batterien der Lebenskraft. Zur Geschichte der Dinge und ihrer Wahrnehmung im 19. Jahrhundert. Gießen 1984 ; ders.: Ströme und Strahlen. Das langsame Verschwinden der Materie um 1900. Gießen 1989 ; Becker, Sabina : Urbanität und Moderne. Studien zur Großstadtwahrnehmung in der deutschen Literatur 1900–1930. St. Ingbert 1993. 396 Stekel, Wilhelm : Hygiene der Straße. In : Wiener Bilder, Nr. 32/1905, S. 19 ; vgl. dazu auch ders.: Nervöse Leute. Wien 1911 ; ders.: Das nervöse Herz. Hygienische Zeitfragen, Bd. 9. Wien 1913. 397 Schonung der Nerven. In : Die Zeit, 6.1.1906, S. 16. 398 Dornblüth, Otto : Der Schutz gegen Lärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 89. 399 Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000, S. 224. 400 Zit. nach Lentz, Matthias : »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.« Lärm, Großstadt und Nervosität im Spie-
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gel von Theodor Lessings »Antilärmverein«. In : Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Bd. 13/1994, S. 88. 401 Zur Hygiene des Ohres. In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beiblatt von »Die Zeit«, 6.3.1910, S. 13. 402 Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000, S. 335. 403 Abels, Ludwig : Das neue Wien. In : Die Zeit, Nr. 247/1899, S. 205. 404 Vom Nervösen. In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beiblatt von »Die Zeit«, 25.11.1910, S. 13. 405 Pötzl, Eduard : Stadtmenschen. Ein Wiener Skizzenbuch. Wien 21895, o. S. (S. 3). 406 Ebd., S. 36–46. 407 Hirschfeld, Ludwig : Notizbuch eines Nervösen. In : Wo sind die Zeiten … Zehn Jahre Wien in Skizzen. Wien, Berlin 1921, S. 101. 408 Busson, Paul : Die Plagen des täglichen Lebens. In : Neues Wiener Tagblatt, 18.5.1909, S. 3. 409 Von der Nervosität : In : Die Zeit, 15.3.1912, S. 14. 410 Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000, S. 204 ; vgl. auch Lackner, Helmut : »Das alte System der Großväter« und die neue Zeit. Zeitverdichtung und Beschleunigung während der Industrialisierung. In : Katzinger, Willibald (Hg.) : Zeitbegriff, Zeitmessung und Zeitverständnis im städtischen Kontext. Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas, Bd. 17. Linz 2002, S. 81–105 ; Borscheid, Peter : Das Tempo-Virus. Eine Kulturgeschichte der Beschleunigung. Frankfurt/Main, New York 2004. 411 Vgl. auch Glaser, Hermann : Sigmund Freuds Zwanzigstes Jahrhundert. Seelenbilder einer Epoche. Materialien und Analysen. Frankfurt/Main 1979, S. 51–168. 412 Nerven-Heilmittel. In : Die Zeit, 8.5.1910, S. 24 ; Gesunde Nerven. In : Neues Wiener Tagblatt, 16.3.1911, S. 5. 413 Dr. Ehrenwall : Die Ruhe als Heilmittel. In : Technik und Hygiene. Beiblatt zu den »Technischen Monatsheften«, Jg. 3/1912, S. 87–90. 414 Radkau, Joachim : Das Zeitalter der Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck und Hitler. München 2000, S. 114. 415 Radkau, Joachim : Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte. München 2011, S. 68–69. 416 N. N.: Die neuen Landesheil- und Pflegeanstalten. In : Neue Freie Presse, 6.10.1907, S. 13. Architektonisches Vorbild war die 1902 eröffnete Anstalt in Mauer-Oehling bei Amstetten. Vgl. Gabriel, Eberhard/Gamper, Martina (Hg.) : Psychiatrische Institutionen in Österreich um 1900. Wien 2009 ; Jäger-Klein, Caroline/Plakolm-Forsthuber, Sabine (Hg.) : Die Stadt außerhalb. Zur Architektur der ehemaligen Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalten für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof in Wien. Basel 2015. 417 Zintzen, Christiane : Am Steinhof. Anamnese und Amnesie. Vortrag am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften Wien (IFK), 3.12.2001. 418 N. N.: Die neue Landesheilanstalt für Geisteskranke. In : Neues Wiener Journal, 6.10.1907, S. 4. 419 T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8. 420 Vgl. Harriet, Elisabeth-Joe (Hg.) : Ich bin auf Kur am Semmering. Ein Erinnerungsband an das Kurhaus Semmering und seine berühmten Gäste. Klosterneuburg 2011. Zum Gebäude selbst vgl. Der Architekt. Wiener Monatshefte für Bauwesen und dekorative Kunst, 1909, S. 14–15, Tafeln 13, 57–59. 421 Jütte, Robert : Geschichte der Sinne. Von der Antike bis zum Cyberspace, München 2000, S. 172–185. 422 Zit. nach Rutschky, Katharina (Hg.) : Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung. Wien, Berlin 1977, S. 468. 423 Schweiger-Lerchenfeld, Amand von : Unsere fünf Sinne. Wien, Leipzig 1909, S. V.
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Anmerkungen
424 Gansberg, Fritz : Viel Lärm. Eine Übungsreihe für den Sprachunterricht. In : Zeitschrift für den deutschen Unterricht, hg. v. Dr. Otto Lyon, 26. Jg., 1912, S. 551. 425 Ebd., S. 551–558. 426 Lux, Josef August : Das Lavendelweib. In : Neues Wiener Tagblatt, 24.6.1910, S. 1. 427 Dornblüth, Otto : Hygiene der geistigen Arbeit. Berlin 1908, S. 34–35. 428 Saul Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 153–154. Vgl. dazu v. a. Schopenhauer, Arthur : Ueber Lerm und Geräusch. In : ders.: Parerga und Paralipomena. Kleine philosophische Schriften, Bd. 2. Leipzig 31874, S. 678–682 (EA 1851). 429 Alexis, Willibald : Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Bd. 2. Recklinghausen 1996, S. 192 (EA 1852). 430 Der Bösendorfer-Saal wurde 1872 im ehemaligen Liechtensteinpalais eröffnet. Die fürstliche Reitschule war umgebaut worden und bot insgesamt 588 Personen Platz. Der Saal wies eine exzellente Akustik auf. 1913 wurde das Gebäude abgebrochen, zwei Jahrzehnte später auf dem Areal das Hochhaus Herrengasse errichtet. Zum Klang des Saales vgl. Loos, Adolf : Das Mysterium der Akustik. In : ders.: Trotzdem. 1900–1930. Wien 1982, S. 116 (EA 1931) ; Meglitsch, Christina : Beiträge zum Wiener Klavierbau im 19. Jahrhundert und zur Entwicklung der Konzertsäle in Wien unter besonderer Berücksichtigung des Bösendorfer- und Ehrbar-Saales. Wien, Diss., Univ. f. Musik u. darst. Kunst, 2003. 431 Zu den soziopolitischen Hintergründen dieser Entwicklung vgl. Johnson, James H.: Listening in Paris. A Cultural History. Berkeley, Los Angeles, London 1995, S. 228–236. Schon Ende des 18. Jahrhunderts hatte der deutsche Schriftsteller Wilhelm Heinrich Wackenrode das neue Hördispositiv in seiner Novelle »Das merkwürdige musikalische Leben des Tonkünstlers Joseph Berlinger« literarisch verewigt : »Wenn Joseph in einem großen Konzerte war, so setzte er sich, ohne auf die glänzende Versammlung der Zuhörer zu blicken, in einen Winkel und hörte mit eben der Andacht zu, als wenn er in der Kirche wäre, – ebenso still und unbeweglich, und mit so vor sich auf den Boden sehenden Augen. Der geringste Ton entschlüpfte ihm nicht, und er war von der angespannten Aufmerksamkeit am Ende ganz schlaff und ermüdet.« Wackenrode, Wilhelm Heinrich/Tieck, Ludwig : Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin 1797, S. 233. 432 Teuber, Oskar : In Wiener Concert-Sälen. In : Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart. Prag, Wien, Leipzig 1895, S. 280–292, S. 284. 433 Zum Hörverhalten in der Oper vgl. Müller, Sven Oliver : Hörverhalten als europäischer Kulturtransfer. Zur Veränderung der Musikrezeption im 19. Jahrhundert. In : Stachel, Peter/Ther, Philipp (Hg.) : Wie europäisch ist die Oper ? Die Geschichte des Musiktheaters als Zugang zu einer kulturellen Topographie Europas. Wien, München 2009, S. 198–212 ; ders.: Das Publikum macht die Musik. Musikleben in Berlin, London und Wien im 19. Jahrhundert. Göttingen 2014. 434 Vgl. dazu Offenthaler, Eva : Das korrigierte Bühnenstück. Streiflichter zur Geschichte der Claque an den Wiener Bühnen. Teil 2. In : Wiener Geschichtsblätter, Heft 3/2013, S. 235–252, S. 238–241. 435 Gay, Peter : Das Zeitalter des Doktor Arthur Schnitzler. Innenansichten des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 2002, S. 290–292. 436 Vgl. Greisenegger-Georgila, Vana : Theater von der Stange. Wiener Ausstattungskunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wien 1998. 437 Vgl. Cowan, Michael : Kino und Klanglandschaft im Wiener Prater um 1910. In : Dewald, Christian/ Schwarz, Werner Michael (Hg.) : Prater Kino Welt. Der Wiener Prater und die Geschichte des Kinos. Wien 2005, S. 253–264.
Kampf und Flucht
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438 Ackermann, Max : Die Kultur des Hörens. Wahrnehmung und Fiktion. Texte vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Nürnberg 2003, S. 261, 269. 439 Pötzl, Eduard : Bei Tisch. In : ders.: Zeitgenossen. Satiren und Skizzen aus Wien. Wien 51905, S. 52. 440 Zit. nach Asendorf, Christoph : Batterien der Lebenskraft. Zur Geschichte der Dinge und ihrer Wahrnehmung im 19. Jahrhundert. Gießen 1984, S. 129. Zur Bedeutung von Stille und Schweigen für die Disziplinierung und Zivilisierung des modernen Subjekts vgl. auch Corbin, Alain : Histoire du silence. De la Renaissance à nos jours. Paris 2016. 441 Dornblüth, Otto : Der Schutz gegen Lärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 91. 442 Vgl. Fliedner, Hans-Jürgen : Euphonia, die musikalische Stadt. Skizzen, Bilder und Pläne zu einem utopischen Architekturprojekt. Coburg 1998. 443 Pötzl, Eduard : Leises Leben. Neue Skizzen. Wien 1910 ; Hirschfeld, Ludwig : Die klingende Stadt. Skizzen aus dem lauten und aus dem stilleren Wien. Wien 1912. 444 Pötzl, Eduard : Das leise Leben. In : ders.: Leises Leben. Neue Skizzen. Wien 1910, S. 1–2. 445 Vgl. Kopp, Kirstin/Müller-Richter, Klaus (Hg.) : Die »Großstadt« und das »Primitive«. Text – Politik – Repräsentation. Stuttgart, Weimar 2004. 446 Schall, Georg : Großstadt-Benehmen. Nützliche Winke und Ratschläge. Wien 1913, S. 6, 76. Vgl. dazu auch Key, Ellen : Die Kunst, zu hören. Einige Bemerkungen. In : Die Zeit. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft, Wissenschaft und Kunst, Nr. 299/1900, S. 183–185. 447 Schopenhauer, Arthur : Ueber die Sinne. In : ders.: Die Welt als Wille und Vorstellung II, 1. Teilband. Zürich 1977, S. 41 (EA 1844). Kampf und Flucht 448 Vgl. Meissl, Gerhard : Klavier klimpern oder Fußball spielen. Alt-Wien versus Neu-Wien im Fin-desiècle. In : Kos, Wolfgang/Rapp, Christian (Hg.) : Alt-Wien. Die Stadt, die niemals war (= Katalog zur 316. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2004, S. 198–207. 449 Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 177–183, S. 177. 450 Ebd. 451 Ebd., S. 177–178. 452 Ebd., S. 182. 453 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 64, 73–74. 454 Ebd., S. 74. 455 Vgl. Sagl, Hermann : Wiener Tageszeitungen 1890–1914. In : Scheichl, Sigurd Paul/Duchkowitsch, Wolfgang (Hg.) : Zeitungen im Wiener Fin de Siècle. Wien, München 1997, S. 268–275. 456 Vgl. Lengauer, Hubert : Das Wiener Feuilleton nach 1848. In : Kauffmann, Kai/Schütz, Erhard (Hg.) : Die lange Geschichte der Kleinen Form. Beiträge zur Feuilletonforschung. Berlin 2000, S. 102–121. 457 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 25.8.1907, S. 10. 458 Vgl. Smilor, Raymond W.: Toward an Environmental Perspective : The Anti-Noise Campaign, 1893– 1932. In : Melosi, Martin V. (Hg.) : Pollution and Reform in American Cities, 1870–1930. Austin, London 1980, S. 141–145 ; Thompson, Emily : The Soundscape of Modernity. Architectural Acoustics and the Culture of Listening in America, 1900–1933. Massachusetts 2002, S. 120–130. 459 Blumenthal, Oskar : Das Konzert der Straße. In : Neue Freie Presse, 7.2.1907, S. 2.
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Anmerkungen
460 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 3. 461 Lessing, Theodor : Ueber den Lärm. In : Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift, Nr. 97/1901, S. 71–84 ; ders.: Noch einiges über den Lärm. In : Nord und Süd, Nr. 103/1902, S. 330–339. 462 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 11, 20. 463 Vgl. Lentz, Matthias : Eine Philosophie der Tat, eine Tat der Philosophie. Theodor Lessings Kampf gegen den Lärm. In : Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Heft 3/1998, S. 242–264. 464 Vgl. Baron, Lawrence : Noise and Degeneration. Theodor Lessing’s Crusade for Quiet. In : Journal of Contemporary History, Nr. 1/1982, S. 165–178 ; Lentz, Matthias : »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht«. Lärm, Großstadt und Nervosität im Spiegel von Theodor Lessings »Antilärmverein«. In : Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Nr. 13/1994, S. 81–105 ; Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 151–192. 465 Auf der Suche nach der öffentlichkeitswirksamsten Bezeichnung wurde der Titel der Zeitschrift mehrmals geändert : Der Antirüpel/Antirowdy/Das Recht auf Stille (Nr. 1/November 1908), Das Recht auf Stille/Das Antirüpelchen/Der Antirowdy (Nr. 2/Dezember 1908), Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy (Nr. 3–12/Januar–Dezember 1909), Der Antirüpel/Recht auf Stille (Nr. 1–11, Januar–Dezember 1910 ; Nr. 1–6, Januar–Juni 1911). Zur internen Titeldiskussion vgl. Recht auf Stille/Der Antirüpel/ Antirowdy, Nr. 3/Januar 1909, S. 33–34. 466 Der Antirüpel. Nr. 1/1908, S. 4. 467 Der Antirüpel/Recht auf Stille. Nr. 4/1909, S. 75 ; Nr. 5/1909, S. 98 ; Nr. 6/1909, S. 118 ; Nr. 9/1909, S. 171 ; Nr. 11/1910, S. 56. 468 Liszt, Eduard Ritter von : Schutz unseren Nerven ! Sonderabdruck. Bielitz 1913. 469 Fried, Alfred H.: Wien – Berlin. Ein Vergleich. Wien, Leipzig 1908. 470 Zur Biografie vgl. Göhring, Walter : Verdrängt und Vergessen. Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried. Wien 2006 ; Tuider, Bernhard : Alfred Hermann Fried. Pazifist im Ersten Weltkrieg – Illusion und Vision. Saarbrücken 2010 ; Schönemann-Behrens, Petra : Alfred H. Fried. Friedensaktivist – Nobelpreisträger. Zürich 2011. In den genannten Werken finden sich allerdings keine Hinweise auf Frieds Mitgliedschaft beim »Antilärmverein«. An seinem Wohnhaus in 1090 Wien, Widerhofgasse 5, wurde 2011 eine Gedenktafel angebracht. 471 Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 11/Dezember 1910, S. 57. 472 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 4/1909, S. 61, 65 ; Nr. 10/1909, S. 177 ; Nr. 12/1909, S. 247. 473 Zit. nach Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 4/1909, S. 53. 474 Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2725c, S. 12. 475 Raufereien zwischen den Kindern wurden sogleich unterdrückt, unangenehme Poststücke vorsorglich abgefangen. Vgl. Grieser, Dietmar : Hugo von Hofmannsthal. Das Fremdenbuch. In : ders.: Alte Häuser – Große Namen. Ein Wien-Buch. St. Pölten, Wien 1988, S. 188. Vgl. auch Weinzierl, Ulrich : Hofmannsthal. Skizzen zu seinem Bild. Wien 2005, S. 72–75. 476 Zit. nach Pleister, Michael : Das Bild der Großstadt in den Dichtungen Robert Walsers, Rainer Maria Rilkes, Stefan Georges und Hugo von Hofmannsthals. Hamburg 1982, S. 219. Über Wien schrieb Hofmannsthal : »(…) und doch ist diese Stadt so sehr besonders ! Die wundervolle, unerschöpflich zauberhafte Stadt mit dieser rätselhaften, weichen, lichtdurchsogenen Luft ! Und unterm traumhaft hellen Frühlingshimmel diese schwarzgrauen Barockpaläste mit eisernen Gittertoren und geschnörkelten Moucharabys [Gitter, Anm. P. P.], mit Wappenlöwen und Windhunden, großen, grauen steinernen ! (…) Und in der Abenddämmerung diese faszinierenden Winkel und Sackgassen, in denen die vorübergehenden Menschen plötzlich ihr Körperliches, ihr Gemeines verlieren und wo von einem
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Stück roten Tuchs, vor ein schmutziges Fenster gehängt, unsäglicher Zauber ausgeht ! (…) Und alles das, soviel Größe und soviel Reiz, soviel liebliche Anmut, so sehnsüchtige Durchblicke, so konzentrierte sinnreiche Schönheit, alles das, so wahr, so wirklich, so gegenwärtig und so tiefsinnig (…)« (S. 246). Zu Hofmannsthals Passion für Alt-Wien vgl. auch Klaffenböck, Arnold : Literarische Positionen zu AltWien. In : Kos, Wolfgang/Rapp, Christian (Hg.) : Alt-Wien. Die Stadt, die niemals war (= Katalog zur 316. Sonderausstellung des Wien Museums.) Wien 2004, S. 219–224. 477 Vgl. dazu Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2483–2554 : Anti-Lärm-Verein (Zeitungsausschnitte). 478 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 3. 479 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 1. 480 Marriot, Emil : Antilärmverein. In : Neues Wiener Tagblatt, 11.10.1908, S. 1–3.; N. N.: Der Lärm der Großstadt. In : Neues Wiener Abendblatt, 12.11.1908, S. 6 ; N. N.: Der Anti-Rüpel. In : Neues Wiener Tagblatt, 29.11.1908, S. 13. 481 Vgl. dazu die Artikelsammlung im Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2555. 482 Ludassy, Julius von : Lärm. In : Neues Wiener Tagblatt, 7.3.1908, S. 1–3. 483 N. N.: Der Antilärmverein. In : Figaro. Humoristisches Wochenblatt, Nr. 40/1908, S. 630. 484 Zit. nach Recht auf Stille/Der Antirüpel. Nr. 6/1909, S. 110. 485 Neben vielen kleineren Veröffentlichungen erschienen größere Artikel in : Die Zukunft. Hg. von Maximilian Harden. Bd. 64/1908, S. 437–442 ; Dokumente des Fortschritts. Internationale Revue, Nr. 10/1908, S. 954–961 ; Zeitschrift für Psychotherapie und medizinische Psychologie, Bd. 1/1909, S. 77–87 ; Der Wanderer, Nr. 6/1911–1912, S. 309–312. 486 Lessing, Theodor : Gegen den Lärm. In : Die Zeit, 26.8.1908, S. 1–2 ; ders.: Experimentelle Versuche über den Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 9.11.1909, S. 1–2 ; ders.: Die Psychologie des Lärms. In : Neue Freie Presse, 7.6.1911, S. 1–3. 487 Österreichische Vierteljahresschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Heft 1–2/1911, S. 231 ; Neuigkeits-Welt-Blatt, 15.3.1911, S. 10 ; Illustrirtes Wiener Extrablatt, 15.3.1911, S. 2–3. 488 N. N.: Das Recht auf Stille. In : Neues Wiener Tagblatt, 16.3.1911, S. 3 ; N. N.: Die Antilärmbewegung. In : Neue Freie Presse, 16.3.1911, S. 1. 489 Monatsblätter des Wissenschaftlichen Klubs in Wien, Nr. 6/1911, S. 43. Ein Abdruck des Vortrags wurde unter dem Titel »Die Empfindlichkeit des Ohres« veröffentlicht in : ebd., Nr. 7–8/1911, S. 52–54. 490 Lessing, Theodor : Die Psychologie des Lärms. In : Neue Freie Presse, 7.6.1911, S. 1. 491 N. N.: Die Psychologie des Lärms. In : Neues Wiener Journal, 30.3.1911, S. 4–5 ; N. N.: Die Psychologie des Lärms. In : Neue Freie Presse, 30.3.1911, S. 1. 492 Wengraf, Edmund : Das Recht auf Lärm. In : Die Zeit, 30.4.1911, S. 1–2. 493 Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 6/1911, S. 30. 494 Zur Biografie vgl. Marwedel, Rainer : Theodor Lessing 1872–1933. Eine Biographie. Darmstadt, Neuwied 1987. 495 Ebd., S. 309. 496 Lessing, Theodor : Einmal und nie wieder. Lebenserinnerungen. Mit einem Vorwort von Hans Mayer. Gütersloh o. J. (ca. 1969), S. 406 (EA 1935). 497 Hasse, Hermann : Die internationale Lärmschutzbewegung. Gautzsch bei Leipzig 1914. 498 McKenzie, Dan : The City of Din. A Tirade against Noise. London 1916, S. III. 499 Ein Kritikpunkt, der bereits von einigen Zeitgenossen Lessings eingebracht wurde. So bemerkte der deutsche Schriftsteller Karl Nötzel über den »Antilärmverein« : »Wir lenken hiermit seine Aufmerksamkeit auf die Millionen Männer und Frauen, die gezwungen sind, Tag für Tag von morgens bis
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Anmerkungen
abends in ununterbrochenem ohrenzerreißenden Lärm ihre Arbeit zu verrichten. (Fast in allen Montagewerkstätten, vor allem aber in Eisenwalzwerken, in Nägelfabriken, in allen Maschinen- und Schlossereifabriken, in Webereien und Spinnereien. Ueberhaupt wäre es interessant und eine Aufgabe des Antilämvereins, diejenigen Großbetriebe ausfindig zu machen, wo kein Lärm herrscht.)« Nötzel, Karl : Die Reklame und die Antilärmbewegung. In : Ethische Kultur. Halbmonatsschrift für ethisch-soziale Reformen, Nr. 22/1911, S. 173. 500 Smilor, Raymond W.: Toward an Environmental Perspective : The Anti-Noise Campaign, 1893–1932. In : Melosi, Martin V. (Hg.) : Pollution and Reform in American Cities, 1870–1930. Austin, London 1980, S. 142–144 ; Baron, Lawrence : Noise and Degeneration : Theodor Lessing’s Crusade for Quiet. In : Journal of Contemporary History, Vol. 17, Nr. 1/1982, S. 174–175. 501 Zit. nach Marwedel, Rainer : Theodor Lessing 1872–1933. Eine Biographie. Darmstadt, Neuwied 1987, S. 322. 502 Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 3. 503 Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 2. 504 Vgl. Bendikat, Elfi : Umweltverschmutzung durch Verkehrsemissionen am Beispiel von Berlin und Paris 1900–1930. In : Bernhardt, Christoph (Hg.) : Umweltprobleme in europäischen Städten des 19. und 20. Jahrhunderts. Münster, New York, München, Berlin 2001, S. 183–209, S. 194. 505 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7. 506 Hirschfeld, Ludwig : Die klingende Stadt. Skizzen aus dem lauten und aus dem stilleren Wien. Wien 1912, S. 1–2. 507 Pidoll, Michael Freiherr von : Der heutige Automobilismus. Ein Protest und Weckruf. Wien 1912, S. 4. 508 Vgl. Payer, Peter : »Das Stadtbild von Wien ist traurig verändert«. Michael Freiherr von Pidolls Kritik des beginnenden Automobilismus. In : Wiener Geschichtsblätter, Nr. 4/1998, S. 221–232 ; ders.: »Huppend, schnarrend, qualmend«. Zur Wahrnehmung und Kritik des Automobils um 1900. In : Technisches Museum Wien (Hg.) : Spurwechsel. Wien lernt Auto fahren. Ausstellungskatalog des Technischen Museums Wien. Wien 2006, S. 40–49 ; Czabaun, Jutta : Die Reaktionen der Bevölkerung auf den frühen Automobilismus in Österreich. Wien, phil. Dipl.-Arb., 2008. 509 Pidoll, Michael Freiherr von : Der heutige Automobilismus. Ein Protest und Weckruf. Wien 1912, S. 3. 510 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7 ; ders.: Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 3. 511 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 1/1904, S. 36. 512 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 50. Lessing sprach auch von »Riesenautos, Achthundertpfünder, die ›jeden Rekord nehmen‹, stöhnen, ächzen, quietschen, hippen und huppen. (…) Niemals hat sich der Mensch mit mehr Gelärm (…) über die Erde bewegt« (S. 45). 513 Pidoll, Michael Freiherr von : Der heutige Automobilismus. Ein Protest und Weckruf. Wien 1912, S. 3. 514 Ebd., S. 8–9. 515 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 12/1909, S. 237. 516 Jung, Emil : Radfahrseuche und Automobilen-Unfug. Ein Beitrag zum Recht auf Ruhe. München 2 1902, S. 29–30. Der Jurist und Schriftsteller Dr. Emil Jung (1861–1935), dessen Werk 1902 sogleich drei Auflagen erlebte, forderte, ähnlich wie Pidoll, eine strikte Regulierung des Autoverkehrs : Geschwindigkeitsbegrenzungen, Nummernschilder, Ausbildung und Führerschein sowie die Einrichtung von autofreien Gebieten in den Städten. 517 Bijsterveld, Karin : Mechanical Sound. Technology, Culture and Public Problems of Noise in the Twentieth Century. Cambridge 2008, S. 47.
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518 Moser, Ulrike : Gesichter der Großstadt. In : Deutschland um 1900. Geoepoche. Magazin für Geschichte, Nr. 12/2004, S. 162. 519 Ketterl, Eugen : Der alte Kaiser. Wie nur Einer ihn sah. Der wahrheitsgetreue Bericht des Leibkammerdieners Kaiser Franz Josephs I. Wien, München, Zürich, Innsbruck 1980, S. 96. Eine musikalische Transponierung des kaiserlichen Hupensignals findet sich zu Beginn des 1910 veröffentlichten Automobil-Marsches »Hurrah ! Der Kaiser kommt« Vgl. Lachende Musik. Ein Album der beliebtesten und zeitgemässen Operetten, Tänze, Lieder und Märsche in Originalausgaben. Berlin o. J. (um 1900), S. 77–79. 520 Vgl. Ortner, Christian M./Ilming, Thomas : Das Auto von Sarajewo. Der geschichtsträchtigste Oldtimer der Welt. Schleinbach 2014, S. 93, 119. 521 T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8. 522 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 2. 523 Blumenthal, Oskar : Das Konzert der Straße. In : Neue Freie Presse, 7.2.1907, S. 2. 524 Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 7/1910, S. 40. 525 Ebd., Nr. 1/1911, S. 7. 526 Die Zeit, 13.10.1911, S. 14. Eine köstliche Persiflage auf das enervierende Zeitalter der Autohupe ist der Jahrzehnte später entstandene US-amerikanische Spielfilm der beiden Komiker Laurel und Hardy »Saps at Sea« (dt. Dick und Doof auf hoher See ; 1940). Laurel und Hardy arbeiten in einer Fabrik, in der Hupen produziert und gestimmt werden, ein belastender Job, bei dem täglich Arbeiter mit Nervenzusammenbruch ins Spital eingeliefert werden. Auch Hardy reagiert zunehmend genervt auf alle Töne aus Hupen und Hörnern. Er bekommt vom Arzt absolute Ruhe und einen Urlaub am Meer verordnet. 527 Haberlandt, Michael : Das Fahrrad. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 131. 528 Vgl. Wiener Bilder, Nr. 42/1898, S. 7. 529 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Presse, 11.7.1909, S. 3. 530 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 67. Vgl. dazu auch Pötzl, Eduard : Radfahren. In : ders.: Wiener Zeitbilder. Ausgewählte Humoresken und Skizzen. Stuttgart o. J. (1897), S. 109–111. 531 Kubik, Reinhold/Trabitsch, Thomas (Hg.) : Gustav Mahler und Wien : »Leider bin ich ein eingefleischter Wiener«. Ausstellungskatalog. Wien 2010, S. 259. 532 Jung, Emil : Radfahrseuche und Automobilen-Unfug. Ein Beitrag zum Recht auf Ruhe. München 21902, S. 33. Zur Ambivalenz des Klingelverhaltens vgl. auch Burckhard, Max : Philosophie des Fahrrades. In : Die Zeit. Wiener Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft, Wissenschaft und Kunst, Nr. 300/1900, S. 202. 533 Schopenhauer, Arthur : Ueber Lerm und Geräusch. In : ders.: Parerga und Paralipomena. Kleine philosophische Schriften, Bd. 2. Leipzig 1874, S. 678–682 (EA 1851). 534 Vorstadt-Zeitung, 11.8.1861, o. S. (S. 3). 535 Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 181. 536 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 41-42. 537 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 3. 538 Busson, Paul : Die Plagen des täglichen Lebens. In : Neues Wiener Tagblatt, 18.5.1909, S. 1. 539 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 66. 540 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 30.8.1907, S. 6 ; 8.9.1907, S. 11.
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Anmerkungen
541 T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12. 1911, S. 8. 542 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 2. 543 Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 2/1910, S. 12. 544 Neue Freie Presse, 28.6.1907, S. 12 ; 31.8.1907, S. 6. 545 H. A.: Wiener Straßenlärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 91–92. 546 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 2. 547 Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 2. 548 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 30.8.1907, S. 6. 549 Czernin, Monika : Anna Sacher und ihr Hotel. Im Wien der Jahrhundertwende. München 2014, S. 164–165. Zur Streckenführung der Linie 63, die von 1907 bis 1959 verkehrte, vgl. Lehnhart, Hans : Eingestellte Straßenbahnlinien in Wien. Wien o. J. (um 1983), S. 43–45. 550 Jung, Emil : Radfahrseuche und Automobilen-Unfug. Ein Beitrag zum Recht auf Ruhe. München 2 1902, S. 45. 551 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 2. 552 Bosshardt, B. G.: Die Wiener Stadtbahn. In : Neue Freie Presse, 9.4.1907, S. 19. Zum Thema Stadtbahn und Großstadtwahrnehmung vgl. Wessely, Katharina : Die Stadtbahn als Großstadtkino. Zur Wahrnehmungsveränderung in Wien im 19. Jahrhundert. Wien 2009. 553 Vgl. u. a. Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 6–7 ; N. N.: Hupf, mein Mäderl !. In : Prager Tagblatt, 31.7.1910 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2725). 554 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7. 555 T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8. 556 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 64. 557 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 4.9.1907, S. 6. 558 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 171. 559 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7. 560 T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8. 561 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 171. 562 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 1–2. Vgl. auch Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 170. 563 Pötzl, Eduard : Auf dem Bau. In : Wienerstadt. Lebensbilder aus der Gegenwart. Prag, Wien, Leipzig 1895, S. 67–72, S. 67. 564 Zit. nach Klaffenböck, Arnold : Sehnsucht nach Alt-Wien. Texte zur Stadt, die niemals war. Wien 2005, S. 79. Zur Veränderung der besonders intensiv umgebauten Innenstadt vgl. Kassal-Mikula, Renata : Alt-Wien unter dem Demolierungskrampen. Wiens Innenstadt nach 1848. In : Kos, Wolfgang/Rapp, Christian (Hg.) : Alt-Wien. Die Stadt, die niemals war (= Katalog zur 316. Sonderausstellung des Wien Museums). Wien 2004, S. 46–61. 565 Wiener Bilder, Nr. 19/1898, S. 9. 566 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7. 567 Zit. nach Lang, Michaela : »Unser Wien wird all’weil größer …« Die Großstadtwerdung Wiens im Spiegel von Flugblattliedtexten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wien, phil. Dipl.-Arb., 2000, S. 128.
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Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 170. Ebd., S. 1. Lessing, Theodor : Gegen den Lärm. In : Die Zeit, 26.8.1908, S. 1. Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 181. Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 2. Liszt, Eduard Ritter von : Schutz unseren Nerven ! Sonderabdruck. Bielitz 1913, S. 3. Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 7/1909, S. 133. Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 181. Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 3. Vgl. dazu auch ders.: Wiener Straßenhandel. Eine Umfrage auf der Straße. In : Arbeiter-Zeitung, 7.4.1901. 577 Theodor Lessing : Gegen den Lärm. In : Die Zeit, 26.8.1908, S. 1. 578 Vgl. Blumenthal, Oskar : Das Konzert der Straße. In : Neue Freie Presse, 7.2.1907, S. 1. 579 Bauer, Werner T.: Die Wiener Märkte. 100 Märkte, von Naschmarkt bis Flohmarkt. Mit einer umfassenden Geschichte des Marktwesens in Wien. Wien 1996, S. 109. 580 Ignotus (= Müller-Guttenbrunn, Adam) : Nächtlicher Heimweg. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.3.1908, S. 2. 581 Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 3. 582 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 170. 583 Ebd., S. 171. 584 N. N.: Hupf, mein Mäderl !. In : Prager Tagblatt, 31.7.1910 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2725). 585 Lessing, Theodor : Ueber den Lärm. In : Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift, Nr. 97/1901, S. 80. 586 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 30.8.1907, S. 6. 587 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 4.9.1907, S. 6. 588 Wien wie es ist. Leipzig 1827, S. 42. 589 Masaidek, Franz F.: Wien und die Wiener aus der Spottvogelperspektive. Wien’s Sehens, Merk- und Nichtswürdigkeiten. Wien 1873, S. 73. 590 Scherber, Ferdinand : Das Werkel. In : Neues Wiener Tagblatt, 3.5.1906, S. 3. 591 N. N : Zur Werkelfrage. In : Wiener Luft. Beiblatt zum Figaro, Nr. 43/1885, o. S. 592 Just : Werklers Leiden. In : Neues Wiener Tagblatt, 25.3.1888, S. 5. Vgl. auch Wiener Luft. Beiblatt zum Figaro, Nr. 18/1896, o. S. (S. 3). 593 Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 179, 181. 594 Vgl. Elste, Martin : Organisiertes Getöse. Das Sujet »Stadt« in der Musik und die Musik in der Stadt. In : Wagner, Günther (Hg.) : Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. Stuttgart, Weimar 2001, S. 115. 595 N. N.: Der Lärm der Großstadt. In : Neues Wiener Abendblatt, 12.11.1908, S. 6. 596 N. N.: Moderne Barbarei. In : Das Vaterland, 5.7.1863, S. 3. 597 Ziegler, Johannes : Stimmungen des Tages. In : ders.: Wiener Stadtgänge. Aus dem Skizzenbuche einer Theerjacke. Wien 1897, S. 122. Vgl. auch Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 30.8.1907, S. 6.; H. A.: Wiener Straßenlärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 92. 598 Ziegler, Johannes : Wien, von oben gesehen. In : ders.: Wiener Stadtgänge. Aus dem Skizzenbuche einer Theerjacke. Wien 1897, S. 61.
266
Anmerkungen
599 Saar, Ferdinand von : Für den Leiermann. In : ders.: Sämtliche Werke. Bd. 2 : Gedichte. Leipzig 1908, S. 165–166. 600 Vgl. Mattl, Siegfried : Wiener Paradoxien : Fordistische Stadt. In : Horak, Roman/Maderthaner, Wolfgang u. a. (Hg.) : Metropole Wien. Texturen der Moderne. Bd. 1. Wien 2000, S. 22–96, S. 54–57. 601 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 2. 602 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 8/1909, S. 152. 603 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 11/1909, S. 220–221 ; Nr. 12/1909, S. 245. 604 Scherber, Ferdinand : Das Werkel. In : Neues Wiener Tagblatt, 3.5.1906, S. 3. 605 Hirschfeld, Ludwig : Landpartie (1913). In : ders.: Wo sind die Zeiten … Zehn Jahre Wien in Skizzen. Wien, Berlin 1921, S. 27. 606 Figaro. Humoristisches Wochenblatt, Nr. 33/1909, S. 521. 607 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 15. 608 Pötzl, Eduard : Das Kropfwerkel. In : ders.: Landsleute. Kleine Beobachtungen eines Wieners. Wien 3 1899, S. 18. 609 Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 170. 610 N. N.: Der Lärm der Großstadt. In : Neues Wiener Abendblatt, 12.11.1908, S. 6. 611 Scherber, Ferdinand : Das Werkel. In : Neues Wiener Tagblatt, 3.5.1906, S. 3. 612 Berger, Alfred Freiherr von : Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 11.7.1909, S. 4. 613 Heider, Ritter von : Die Musikfrage. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 162. Vgl. auch Schneegans, Ludwig : Hausmusik. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 8/1909, S. 143. 614 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 31.8.1907, S. 5. 615 N. N.: Klavierspiel und Verbrechen. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 9/1909, S. 161. 616 Hanslick, Eduard : Ein Brief über die »Clavierseuche«. In : Aus neuer und neuester Zeit. Der modernen Oper IX. Teil. Musikalische Kritiken und Schilderungen. Berlin 1900, S. 163–164. Auch auszugsweise abgedruckt in Recht auf Stille/Der Antirüpel, Nr. 4/1909, S. 65. 617 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 68, 71. 618 Vgl. Meglitsch, Christina : Clavierland Wien. Beiträge zum Wiener Klavierbau im 19. Jahrhundert und zur Entwicklung der Konzertsäle in Wien unter besonderer Berücksichtigung des Bösendorfer- und Ehrbar-Saales. Wien, Diss., Univ. f. Musik u. darst. Kunst, 2003. 619 Max Kalbeck, Wehe den Tausenden … In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 5/Mai 1911, S. 22–23. 620 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 57, 60. 621 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 70–71. 622 Das Recht auf Stille. In : Neue Freie Presse, 4.9.1907, S. 6 ; 8.9.1907, S. 11. 623 Salten, Felix : Die Macht über Wien. In : Neue Freie Presse, 21.6.1914, S. 3. 624 Vgl. Lessing, Theodor : Kirchenglocken. Eine Klage. In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 4/1910, S. 24 ; ders.: Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 50. 625 Corbin, Alain : Die Sprache der Glocken. Ländliche Gefühlskultur und symbolische Ordnung im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1995, S. 406–415. 626 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 50. 627 N. N.: Der Straßenlärm in Wien. In : Neue Freie Presse, 30.8.1906, S. 9. Der Wiener Magistrat hatte die Anwendung von Signalpfeifen zwar ab 1. Juli 1900 verboten, die Verfügung wurde allerdings von der Statthalterei sistiert (ebd.).
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Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 178. Vgl. Müller, Rudolf : Spitalschande. In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 4/1910, S. 22–23. Lessing, Theodor : Die Psychologie des Lärms. In : Neue Freie Presse, 7.6.1911, S. 1. T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22. 12.1911, S. 8. 632 Petermann, Reinhard E.: Die Lärmplage. In : Neues Wiener Tagblatt, 8.7.1912, S. 1 ; N. N.: Es gibt nur a Kaiserstadt … In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 5/1911, S. 23 ; Salten, Felix : Die Macht über Wien. In : Neue Freie Presse, 21.6.1914, S. 3. 633 N. N.: Es gibt nur a Kaiserstadt … In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 5/1911, S. 23 ; Lessing, Theodor : Die Psychologie des Lärms. In : Neue Freie Presse, 7.6.1911, S. 1 ; T. F. G.: Straßenlärm und Straßenverkehr. Zuschrift eines Wieners. In : Neues Wiener Tagblatt, 22.12.1911, S. 8 ; N. N.: Gegen den Großstadtlärm. In : Neues Wiener Journal, 15.12.1910, S. 5–6 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2516). 634 Pötzl, Eduard : Großstadtlärm. In : ders.: Mitbürger. Neueste Skizzensammlung. Wien 1900, S. 64. 635 Salten, Felix : Die Macht über Wien. In : Neue Freie Presse, 21.6.1914, S. 2–4. 636 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 3. 637 Müller-Guttenbrunn, Adam : Lärm. In : Wiener Abendpost, 10.9.1908, S. 2. 638 Musil, Robert : Der Mann ohne Eigenschaften. Bd. 1. Reinbek/Hamburg 1987, S. 9–10. 639 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7 ; ders.: Pariser Spaziergänge IV. In : Arbeiter-Zeitung, 29.7.1900, S. 6. 640 Blumenthal, Oskar : Das Konzert der Straße. In : Neue Freie Presse, 7.2.1907, S. 1. 641 N. N.: Gegen den Großstadtlärm. In : Neues Wiener Journal, 15.12.1910, S. 5–6 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2516). 642 Zum Imagediskurs von Wien und Berlin vgl. Meißl, Gerhard : Hierarchische oder heterarchische Stadt ? Metropolen-Diskurs und Metropolen-Produktion im Wien des Fin-de-siècle. In : Horak, Roman/Maderthaner, Wolfgang u. a. (Hg.) : Metropole Wien. Texturen der Moderne. Bd. 1. Wien 2000, S. 308–328. 643 Gräser, Marcus : Imagination und Interesse. Die Chiffre »Chicago« in den Wiener und Berliner Urbanitätsdebatten 1890–1930. Vortrag am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien, 20.1.2003. Unveröffentlichtes Manuskript. 644 Blumenthal, Oskar : Das Konzert der Straße. In : Neue Freie Presse, 7.2.1907, S. 1 ; N. N.: Gegen den Großstadtlärm. In : Neues Wiener Journal, 15.12.1910, S. 5–6 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2516). 645 Dorn, Alexander : Ein Amerika-Feuilleton. In : ders.: Amerikanisches. Fünf Vorträge. Wien 1900, S. 99–132, S. 107, 112. 646 Marilaun, Karl : Die demolierte Gemütlichkeit, 1913, zit. nach Klaffenböck, Arnold : Sehnsucht nach Alt-Wien. Texte zur Stadt, die niemals war Wien 2005, S. 130–131. 647 Servaes, Franz : Wien. Brief an eine Freundin in Berlin. Leipzig 1908, S. 133. 648 Bahr, Hermann : Tagebuch. In : Morgen. Wochenschrift für deutsche Kultur, Nr.5/1908, S. 151. Vgl. dazu Gräser, Marcus : Angst vor Amerika ? Knappe Bemerkungen zur Rolle eines Deutungsmusters in Wien um 1900. In : Deutschmann Peter/Munz, Volker/Pavlenko, Olga (Hg.) : Konfliktszenarien um 1900 : politisch – sozial – kulturell. Österreich-Ungarn und das Russische Imperium im Vergleich. Wien 2011, S. 289–298. 649 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 6. 650 Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit und über die Gesundheitsverhältnisse
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Anmerkungen
in den Jahren 1900 bis 1902. Wien 1905, S. 114. Für eine deutlich optimistischere Einschätzung zur Wirksamkeit der Londoner Lärmschutzmaßnahmen vgl. McKenzie, Dan : The City of Din. A Tirade against Noise. London 1916, S. 105–111. 651 Der Oesterreichische Zuschauer. Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben, Nr. 85/1839, S. 867–868 ; Nr. 2/1840, S. 18–19 ; Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben, Nr. 32/1844, S. 337. Zum Spott über die missglückten Asphaltierungsversuche des Jahres 1846 vgl. Stadelmann, Christian : Asphalt. Seine Wiener Geschichte. In : Technisches Museum Wien (Hg.) : Spurwechsel. Wien lernt Autofahren. Ausstellungskatalog. Wien 2006, S. 31–39, S. 32. 652 Stadelmann, Christian : Asphalt. Seine Wiener Geschichte. In : Technisches Museum Wien (Hg.) : Spurwechsel. Wien lernt Autofahren. Ausstellungskatalog. Wien 2006, S. 33. 653 Hölder, Alfred : Die Pflasterungsfrage in Wien. Wien 1877, S. 36. 654 Zur Wahl von Asphalt, Holz- oder Steinpflaster. In : Wiener Bauindustrie-Zeitung, Nr. 38/1885, S. 469. 655 Schubarth, Ernst Otto : Über geräuschloses Pflaster, insbesondere über Asphalt-Pflaster. Wien 1892, o. S. 656 Rumpf, Konrad : Ueber Strassenpflege vom hygienischen Standpunkte. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege, Nr. 9–10/1902, S. 196–197. Vgl. auch ders.: Eine kommende Wiener Frage. Auf Grund eigener Beobachtungen und technischer Studien zusammengestellt. Wien 1901. 657 Bendikat, Elfi : Umweltverschmutzung durch Verkehrsemissionen am Beispiel von Berlin und Paris 1900–1930. In : Bernhardt, Christoph (Hg.) : Umweltprobleme in europäischen Städten des 19. und 20. Jahrhunderts. Münster, New York, München, Berlin 2001, S. 202. 658 Illustrirtes Wiener Extrablatt, 30.4.1905, S. 19. 659 Rumpf, Konrad : Eine kommende Wiener Frage. Auf Grund eigener Beobachtungen und technischer Studien zusammengestellt. Wien 1901, S. 11. 660 Swetz, Alexander : Straßenbau und Straßenpflege. In : Reiseberichte über Paris, erstattet von den nachstehenden Beamten des Stadtbauamtes. Bd. VI, Wien 1901, S. 230. 661 Trnka, Leopold : Der I. Internationale Straßen-Kongreß in Paris 1908. Wien 1910, S. 26. 662 Trnka, Leopold : Der I. Internationale Straßen-Kongreß in Paris 1908. Wien 1910, S. 27. 663 Ebd., S. 33. 664 Ebd., S. 26, 35, 44–45. 665 Vgl. Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age : Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900–40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 66. 666 Mayreder, Rosa : Das Haus in der Landskrongasse. Jugenderinnerungen. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Käthe Braun-Prager. Wien 1948, S. 29. 667 Eine Beschwerde aus der Innern Stadt. In : Neue Freie Presse, 23.10.1906, S. 9. 668 Stekel, Wilhelm : Hygiene der Straße. In : Wiener Bilder, Nr. 32/1905, S. 19. Vgl. dazu auch Geräuschloses Pflaster in der Innern Stadt. In : Neue Freie Presse, 28.3.1906, S. 11. 669 Winter, Max : Pariser Spaziergänge III. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 7 670 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 1. Vgl. dazu auch ders.: Berliner und Wiener Pflaster. In : Arbeiter-Zeitung, 5.3.1914, S. 8-9. 671 Vgl. dazu Stadelmann, Christian : Asphalt. Seine Wiener Geschichte. In : Technisches Museum Wien (Hg.) : Spurwechsel. Wien lernt Autofahren. Ausstellungskatalog. Wien 2006, S. 38 ; Wörner, Simone : Asphalt – Stoff der Großstadt. In : Hengartner, Thomas/Rolshoven, Johanna (Hg.) : Technik – Kultur. Formen der Veralltäglichung von Technik – Technisches als Alltag. Zürich 1998, S. 121–139. 672 Der Anti-Rüpel. In : Neues Wiener Tagblatt, 29.11.1908, S. 13. 673 Haberlandt, Michael : Vom Lärm. In : ders.: Cultur im Alltag. Gesammelte Aufsätze. Wien 1900, S. 181.
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674 Zit. nach Lohner, Wilhelm : Lohner-Automobile. Graz 1989, S. 25. 675 Technisches Museum Wien/Archiv, Teilnachlass Lohner Werke, FI-08 (BPA-015370) : Abschriften aus dem Kopierbuch Ludwig Lohners, das seine Korrespondenz von 1897 bis 1904 enthält. Schriftstück Nr. 249, ca. Nov./Dez. 1898. 676 Zur Entwicklungsgeschichte des Elektroautos im internationalen Vergleich vgl. Mom, Gijs : The Electric Vehicle. Technology and Expectations in the Automobile Age. Baltimore, London 2004. 677 Polytechnisches Journal, Bd. 314/1899, S. 183. 678 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 51–52/1906, S. 9. 679 Lohner, Wilhelm : Lohner-Automobile. Graz 1989, S. 44–59, 72–97. 680 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 20/1904, S. 6. 681 Auernheimer, Raoul : Laurenz Hallers Praterfahrt. Erzählung aus dem vergangenen Wien. Berlin 1926, S. 51 (EA 1913). Zur weiteren Soundgeschichte des Automobils vgl. Bijsterveld, Karin/Cleophas, Eefje/ Krebs, Stefan/Mom, Gijs : Sound and Safe. A History of Listening Behind the Wheel. New York 2014. 682 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 10/1912, S. 13. 683 Neues Wiener Tagblatt, 3.3.1912, S. 6. 684 Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 10/1912, S. 14–18. 685 Neue Freie Presse, 3.3.1912, S. 10. 686 Vgl. Neues Wiener Tagblatt, 27.2.1912, S. 7. 687 Neue Freie Presse, 15.12.1912, S. 48. 688 Wiener Caricaturen, Nr. 11/1912, S. 11. 689 Der Morgen, 21.10.1912, S. 2. 690 Wiener Zeitung, 16.7.1914, S. 6. 691 Dunlops Erfindung geht, so eine Anekdote, auf den für ihn unerträglichen Krach zurück, den das vollgummibereifte Dreirad seines Sohnes machte. 692 Vgl. dazu Euhus, Walter : Die Geschichte der Fahrradbereifung (= Schriftenreihe zur Fahrradgeschichte, Bd. 4). Langhagen 2003. 693 Doderer, Heimito von : Die Wasserfälle von Slunj. Roman No 7. München 1975, S. 70. Vgl. auch Schnitzler, Arthur : Lieutenant Gustl. Berlin 1906, S. 41. 694 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 2. 695 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 13. 696 Ebd. 697 N. N.: Das Ende der Straßenbahnpfeifchen. In : Neue Freie Presse, 31.8.1907, S. 6. 698 Winter, Max : Wiener Lärm. In : Arbeiter-Zeitung, 20.5.1908, S. 2. 699 Lucifer : Die Signaltrompete. In : Wiener Luft. Beiblatt zum Figaro, Nr. 36/1907, S. 535. 700 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 14–16. 701 Ebd., S. 17–18. 702 Ist ein ruhiges Fahren auf der Eisenbahn möglich ? In : Die Zeit, 26.2.1909, S. 13. 703 Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age : Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900-40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 48. 704 Zit. nach N. Stern : Lärm und Technik. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 10/1909, S. 198. Vgl. dazu auch Dornblüth, Otto : Der Schutz gegen Lärm. In : Monatsschrift für Gesundheitspflege. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 5/1909, S. 90–91. 705 N. N.: Optische Abfahrtssignale bei der Straßenbahn. In : Neue Freie Presse, 4.9.1908, S. 9.
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Anmerkungen
706 Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 4/1911, S. 18. Vgl. dazu Luegers Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften. Hg. von E. Frey, Bd. 5, 3. Aufl., Berlin, Leipzig 1928, S. 806. 707 Korksteinfabrik AG (Hg.) : Beiträge zur Isolierungs-Technik. Sonderdruck. Wien 1911, S. 3–5, 20–21. Zur Geschichte des Unternehmens vgl. Stadler, Gerhard A.: Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte – Technik – Architektur. Wien, Köln, Weimar 2006, S. 473–476. 708 Die Handels- und Gewerbekammer für Nieder-Österreich in Wien. Erinnerungsschrift anlässlich der Vollendung des neuen Handelskammergebäudes. Wien 1907, S. 26. 709 Vgl. u. a. Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 2/1909, S. 32 ; Nr. 12/1909, S. 248. 710 Neue Freie Presse, 20.4.1873, S. 7. 711 Hasse, Hermann : Die internationale Lärmschutzbewegung. Gautzsch bei Leipzig 1914, S. 21–22. 712 Herzig, Max (Hg.) : Viribus Unitis. Das Buch vom Kaiser. Budapest, Wien, Leipzig 1898. 713 Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 9/1909, S. 162. 714 Zur Antilärmbewegung. In : Neues Wiener Tagblatt, 24.12.1908, S. 5. 715 Krämer, Josef : Sprachrohre ; Haus- und Zimmertelegraphen. In : Handbuch der Architektur. Teil 3, Band 3, Heft 2 : Die Hochbau-Constructionen. Darmstadt 1892, S. 200–202. 716 Damm-Etienne, Paul : Das Hotelwesen. Leipzig 1910, S. 63. 717 Demski, Georg : Bericht des Ausschusses über die Untersuchung der Schalldichte bei Deckenkonstruktionen. In : Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Nr. 17/1903, S. 260–262. 718 Vgl. dazu Bericht über den Vortrag von Ing. Braikowich über »Schalldämpfende Konstruktionen im Hochbau«. In : Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Nr. 4/1911, S. 61–62. 719 Die armen Ohren. In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beilage von »Die Zeit«, 14.3.1908, S. 14–15 ; Nußbaum, Hans Christian : Bedeutsame Ansprüche an Bebauungspläne und Bauordnungen. In : Zeitschrift für öffentliche Gesundheitspflege, Heft 2–3/1914, S. 138–142. Vgl. dazu auch Nußbaum, Hans Christian : Leitfaden der Hygiene für Techniker, Verwaltungsbeamte und Studierende dieser Fächer. München, Berlin 1902 ; Haenel, H.: Die Wohnung und der Lärm. In : Die Umschau. Übersicht über die Fortschritte und Bewegungen auf dem Gesamtgebiet der Wissenschaft und Technik, Nr. 41/1911, S. 845–847 ; Weisbach, Franz : Bauakustik. Schutz gegen Schall und Erschütterungen. Berlin 1913. 720 Schwartz, Hillel : Beyond Tone and Dezibel : The History of Noise. In : The Chronicle of Higher Education, 9.1.1998, S. B8. 721 Zu jenen Personen, die in den 1920er-Jahren eine unbedingte Verbesserung der Akustik im Wohnbau forderten, gehörte auch Kurt Tucholsky : »Unsere Häuser sind fürs Auge gebaut. Da sind zwei, drei, vier Zimmer – aber es ist gar nicht wahr – sie sind nur für das Auge da. Das Ohr wohnt in einem einzigen Raum : nämlich in einem Haus, dessen gesamte Geräusche es in sich aufsaugen muß. (…) Was mancher von uns durch Zufall hat, das sollten alle haben : Ruhe, eine wirklich abgeschlossene Wohnung und Schutz vor Schall.« Tucholsky, Kurt : Schutz vor Schall (1928). In : ders.: Gesammelte Werke, Bd. 6. Reinbek bei Hamburg 1976, S. 22, 24. 722 Boye, Rudolf : Isolierung von Geräuschen. In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 5/1910, S. 31–32 ; Korksteinfabrik AG (Hg.) : Beiträge zur Isolierungs-Technik. Sonderdruck. Wien 1911, S. 55–56. 723 Berliner Lokalanzeiger, 13.1.1911 (Stadtarchiv Hannover, Nachlass Theodor Lessing, Nr. 2544). 724 N. Stern : Lärm und Technik. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 10/1909, S. 197. 725 Zur Vielfalt der angebotenen Artikel vgl. Goodyear, John : Escaping the Urban Din. A Comparative Study of Theodor Lessing’s »Antilärmverein« (1908) und Maximilian Negwer’s »Ohropax« (1908). In : Feiereisen, Florence/Hill, Alexandra Merley (Hg.) : Germany in the Loud Twentieth Century. An Introduction. Oxford, New York 2012, S. 22–24.
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726 Pleßner, Maximilian : Das Antiphon. Ein Apparat zum Unhörbarmachen von Tönen und Geräuschen. Rathenow o. J. (1885), S. 6, 8. Vgl. dazu auch Dommann, Monika : Antiphon. Zur Resonanz des Lärms in der Geschichte. In : Historische Anthropologie, Heft 1/2006, S. 133–134. 727 Pleßner, Maximilian : Das Antiphon. Ein Apparat zum Unhörbarmachen von Tönen und Geräuschen. Rathenow o. J. (1885), S. 7, 10, 12. 728 Ebd., S. 26–35. 729 Den »schwergeprüften Lebensgefährtinnen aller Bettakustiker« widmete Pleßner folgendes Gedicht : »Über allen Stuben / Ist Ruh, / Vom Lärm der Buben / Spürest du / Kaum einen Hauch ; / Dein Gatte schnarcht schlummernd im Bette. / Balde, ich wette / Schlummerst du auch.« Ebd., S. 23. 730 Ebd., S. 39. 731 Innerhofer, Roland/Polt-Heinzl Evelyne : Peter Altenberg – prophetischer Asket mit bedenklichen Neigungen. Wien 2011, S. 49. 732 Altenberg, Peter : Prodromos. Berlin 51919, S. 78 (EA 1906). Vgl. dazu auch Altenberg, Peter : Sanatorien für Nervenkranke. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 11/1909, S. 213. 733 Altenberg, Peter : Geräuscheschutz. In : ders.: Vita ipsa. Berlin 1918, S. 306. 734 Werner, Heinrich (Hg.) : Hugo Wolf. Briefe an Rosa Mayreder. Mit einem Nachwort der Dichterin des »Corregidor«. Wien, Berlin, Leipzig, München 1921, S. 112. Auch sein Freund Friedrich Eckstein erinnerte sich an Wolf als einen »stets Ruhebedürftigen« und einen Menschen, der »stets auf der Flucht vor (…) unerträglichen Geräuschen« war. Eckstein, Friedrich : Alte unnennbare Tage. Erinnerungen aus siebzig Lehr- und Wanderjahren. Hamburg 2010, S. 170, 177. 735 Ebd., S. 132. Die von Wolf fein säuberlich in einer kleinen Schachtel aufbewahrten »Antiphone« befinden sich heute im Wien Museum (Nachlass Hugo Wolf, Inv.nr. 44.035/2). 736 Aigner, Thomas/Danielczyk, Julia/Mattl-Wurm, Sylvia/Mertens, Christian/Rainer, Christiane (Hg.) : Hugo Wolf. Biographisches. Netzwerk. Rezeption. (Ausstellungskatalog der Wienbibliothek im Rathaus.) Wien 2010, S. 197. 737 Pötzl, Eduard : Die »Antiphonerln«. In : ders. (Hg.) : Wien. Bd. 1 : Skizzen. Leipzig o. J., S. 72–76. 738 Altenberg, Peter : Geräuscheschutz. In : ders.: Vita ipsa. Berlin 1918, S. 307. 739 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 22. 740 Lessing, Theodor : Ueber den Lärm. In : Nord und Süd. Eine deutsche Monatsschrift, Nr. 97/1901, S. 80. 741 Vom Lärm. In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beilage von »Die Zeit«, 5.10.1912, S. 11. 742 http://www.ohropax.de/2-0-geschichte.html ; Zugriff am 15.4.2011. 743 Pinkenburg, Georg : Der Lärm in den Städten und seine Verhinderung (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, 3. Supplement-Band, 1. Lieferung). Jena 1903, S. 23. 744 Ebd. 745 Leider gibt es für die Frühzeit keine genauen Absatzzahlen. Für die 1930er-Jahre gehen firmeninterne Schätzungen von einer jährlichen Produktionsmenge von 200.000 bis 300.000 12er-Dosen aus (Brief des derzeitigen Geschäftsführers Michael Negwer an den Autor, 22.1.2003). Im Jahr 1924 wurde der Standort des Unternehmens von Berlin nach Potsdam verlegt, nach dem Zweiten Weltkrieg nach Frankfurt/Main und schließlich nach Bad Homburg, wo der Familienbetrieb mit knapp dreißig Beschäftigten und zwei High-Tech-Fertigungsstraßen bis heute ansässig ist. Aktuelle jährliche Produktionsmenge : ca. 25 Millionen Wachskugeln, Tendenz leicht steigend. Weltweiter Marktanteil : 5 Prozent. Vgl. Goldschmitt, Wolf H.: Künstliche Ruhe. In : Die Welt – Welt Online, 11.2.2006. 746 Altenberg, Peter : Geräuscheschutz. In : ders.: Vita ipsa. Berlin 1918, S. 307.
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Anmerkungen
747 Zu Kafkas Verhältnis zu Lärm und Stille vor dem Hintergrund der damaligen Zeit vgl. Daiber, Jürgen : Franz Kafka und der Lärm. Klanglandschaften der frühen Moderne. Münster 2015. 748 Brief an Felice vom 5.6.1915. In : Kafka, Franz : Briefe an Felice. Frankfurt/Main 1967, S. 632. 749 Brief von Ende Juli 1922. In : Kafka, Franz : Briefe 1902–1924. Frankfurt/Main 1958, S. 398. 750 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 73. 751 Saul, Klaus : Wider die »Lärmpest«. Lärmkritik und Lärmbekämpfung im Deutschen Kaiserreich. In : Machule, Dittmar/Mischer, Olaf/Sywottek, Arnold (Hg.) : Macht Stadt krank ? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996, S. 161–162. 752 Beuttenmüller, Hermann : Der rechtliche Schutz des Gehörs. Karlsruhe 1908, S. 3. 753 Die Gesundheitsverhältnisse in den Gewerbebetrieben (= Volksschriften der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege, Nr. 10). Wien 1899, S. 19. 754 Nachtigallen im Käfig. In : Der Antirüpel/Recht auf Stille, Nr. 7/1910, S. 39. 755 Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 3/1909, S. 45. 756 Gorup von Besánez, Ferdinand Freiherr (Hg.) : Wiener Verkehrs- und Straßenpolizei. Eine Sammlung der darauf bezüglichen Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen etc. Wien 1907, S. 579–581. 757 Ebd., S. 581 ; Fahrvorschriften und Verkehrsregeln für Fußgänger. Wien 1911. 758 Vgl. Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 1/1904, S. 35–36 ; Nr. 3/1904, S. 30–31 ; Nr. 8/1904, S. 41–42. 759 Ebd.; Scherber, Ferdinand : Das Werkel. In : Neues Wiener Tagblatt, 3.5.1906, S. 3 ; Krammer, Otto : Wiener Volkstypen. Von Buttenweibern, Zwiefel-Krowoten und anderen Wiener Originalen. Wien 1983, S. 138. 760 Liszt, Eduard Ritter von : Schutz unseren Nerven ! Sonderabdruck. Bielitz 1913, S. 11–12. 761 Ascher, Louis : Die Rauch- und Geräuschplage vom sanitätspolizeilichen und zivilrechtlichen Standpunkt. Berlin 1914, S. 19. 762 Blau, Eve/Platzer, Monika (Hg.) : Mythos Großstadt. Architektur und Stadtbaukunst in Zentraleuropa 1890–1937. München, London, New York 1999, S. 16–17. 763 Schattenfroh, Arthur : Hygiene des Städtebaues und des Wohnhauses. In : Zeitschrift für öffentliche Gesundheitspflege, Heft 2–3/1914, S. 90. 764 Nußbaum, Hans Christian : Bedeutsame Ansprüche an Bebauungspläne und Bauordnungen. In : Zeitschrift für öffentliche Gesundheitspflege, Heft 2–3/1914, S. 138–142. Schattenfroh plädierte u. a. für die Errichtung von Hochhäusern, da bei ihnen aufgrund der größeren Entfernung vom Straßenniveau weniger Staub- und Lärmbelastung gegeben sei ; Vgl. Schattenfroh, Arthur : Hygiene des Städtebaues und des Wohnhauses. In : Zeitschrift für öffentliche Gesundheitspflege, Heft 2–3/1914, S. 90. 765 Wagner, Otto : Die Großstadt. Eine Studie über diese. Wien 1911, S. 2, 4. 766 Ebd., S. 5. 767 Sitte, Camillo : Der Städte-Bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen. Ein Beitrag zur Lösung moderner Fragen der Architektur und monumentalen Plastik unter besonderer Beziehung auf Wien. Wien 2 1889, S. 161–162. 768 Ebd., S. 164–174. 769 Vgl. dazu Wilhelm, Karin : Städtebautheorie als Kulturtheorie – Camillo Sittes »Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen«. In : Musner, Lutz/Wunberg, Gotthart/Lutter, Christina (Hg.) : Cultural Turn. Zur Geschichte der Kulturwissenschaften. Wien 2001, S. 89–109 ; Reiterer, Gabriele : AugenSinn. Zu Raum und Wahrnehmung in Camillo Sittes Städtebau. Salzburg, München 2003. 770 Stübben, Josef : Hygiene des Städtebaus (= Handbuch der Hygiene, hg. v. Theodor Weyl, Bd. 4). Jena 1896, S. 420.
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771 Wagner, Martin : Das sanitäre Grün der Städte, ein Beitrag zur Freiflächentheorie. Berlin, Diss. d. Techn. Hochschule, 1915. 772 Neue Freie Presse, 18.5.1872, S. 1. 773 Hevesi, Ludwig : Tilgner’s Mozart Denkmal. In : Fremden-Blatt, 21.4.1896, S. 13. 774 Enthüllung des Lanner-Strauß-Denkmals. In : Die Zeit, 21.6.1905, S. 3. Zur Auswahl der lärmfreien Standorte im Kontext antiurbaner und antimoderner Strömungen vgl. Nußbaumer, Martina : Musikstadt Wien. Die Konstruktion eines Images. Freiburg im Breisgau, Berlin, Wien 2007, S. 142–143. 775 Zit. nach Wilhelm, Karin : Städtebautheorie als Kulturtheorie – Camillo Sittes »Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen«. In : Musner, Lutz/Wunberg, Gotthart/Lutter, Christina (Hg.) : Cultural Turn. Zur Geschichte der Kulturwissenschaften. Wien 2001, S. 106. 776 N. Stern : Lärm und Technik. In : Recht auf Stille/Der Antirüpel/Antirowdy, Nr. 10/1909, S. 197. 777 Kampffmeyer, Hans : Die Gartenstadtbewegung. Leipzig 1909. 778 Vgl. Posch, Wilfried : Die Wiener Gartenstadt-Bewegung. Wien 1981. 779 Vgl. Müller, Hermann : Das Wiener Cottageviertel, seine Entstehung und Entwicklung. Wien 1906 ; Schweitzer, Renate : Die Cottage-Anlage in Wien-Währing. Ein Beispiel früher Siedlungsplanung. In : Wiener Geschichtsblätter, Nr. 82/1967, S. 240–252. 780 Zit. nach Simon, Anne-Catherine : Schnitzlers Wien. Wien 2002, S. 102. 781 Zur Geschichte des Hauses vgl. Brunnbauer, Heidi : Im Cottage von Währing/Döbling … Interessante Häuser – interessante Menschen. Bd. 1. Gösing 2003, S. 85–91. 782 Vgl. Békési, Sandor : Heimatschutz und Großstadt. Zu Tradition und Moderne in Wien um 1900. In : Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, Heft 1/2009, S. 94–130. 783 Lux, Joseph August : »Wenn du vom Kahlenberg …« Das künstlerische Stadtbild Wiens, wie es war und wird. Wien, Leipzig 1907, S. 78. 784 Pötzl, Eduard : Stadtsommer. In : ders.: Wiener. Wien 1906, S. 5. 785 Pötzl, Eduard : Das leise Leben. In : ders.: Leises Leben. Neue Skizzen. Wien 1910, S. 10–13. 786 Bernhardt, Christoph : Umweltprobleme in der neueren europäischen Stadtgeschichte. In : ders. (Hg.) : Umweltprobleme in europäischen Städten des 19. und 20. Jahrhunderts. Münster, New York, München, Berlin 2001, S. 16–17. 787 Falkenhorst, C.: Stadtlärm. In : Agramer Zeitung, 12.7.1904, S. 2. 788 Sommer, Robert : Öffentliche Ruhehallen. Halle an der Saale 1913, S. 11–12. 789 Führer durch die Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 und durch Dresden und Umgebung. Berlin 1911, S. 21 ; Seiring, Georg/Fraenkel, Marta (Hg.) : 10 Jahre Dresdner Ausstellungsarbeit. Dresden 1931, S. 197–198. 790 Sommer, Robert : Öffentliche Ruhehallen. Halle an der Saale 1913, S. 22–23. 791 Ebd., S. 24. 792 Neues Wiener Journal, 10.10.1911, S. 8. 793 Neue Freie Presse, 30.3.1911 (Abendblatt), S. 1 ; 7.6.1911, S. 2. Vgl. dazu auch Der Antirüpel, Nr. 6/1910, S. 34 ; Nr. 8/1910, S. 41–42. 794 Der Montag, 4.11.1912, S. 8 ; Neues Wiener Journal, 6.11.1912, S. 6–7 ; Neue Freie Presse, 7.11.1912, S. 13. 795 Sommer, Robert : Öffentliche Ruhehallen. Halle an der Saale 1913, S. 25–28. 796 Hasse, Hermann : Die internationale Lärmschutzbewegung. Gautzsch bei Leipzig 1914, S. 21. 797 Zur Biografie vgl. Benedum, Jost : Robert Sommer (1864–1937). Der volkstümliche Gießener Geheimrat. In : Gießener Universitätsblätter, Nr. 1/1989, S. 33–42. 798 Sommer, Robert : Zu dem internationalen Kongreß für psychische Hygiene. In : Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 18/1925, S. 1060–1061.
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Anmerkungen
799 Polgar, Alfred : In der Telephonzelle (1919). In : ders.: Musterung (= Kleine Schriften, Bd. 1). Hg. von Marcel Reich-Ranicki und Ulrich Weinzierl. Reinbek bei Hamburg 2004, S. 283. 800 Wiener Zeitung, 26.7.1886, S. 2. 801 Wiener Caricaturen, Nr. 43/1891, S. 2. 802 Vgl. Tyrolt, Rudolf : Im Land der hellen Nächte, in : Neue Freie Presse, 20.9.1909, S. 3. 803 Neue Freie Presse, 26.5.1907, S. 13. 804 Kainz, Christine : Österreichs Post. Vom Botenposten zum Postboten. Wien 1995, S. 142–146. 805 Ebd., S. 146. 806 Wiener Postbuch. Hg. von der K. k. Post- und Telegraphen-Direktion für Österreich unter der Enns. Wien 1912, S. 133–137. 807 Grawinkel, C.: Die allgemeinen Fernsprecheinrichtungen der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphen-Verwaltung. Berlin 1882, S. 131. 808 Neue Freie Presse, 3.8.1904, S. 9 ; Das Vaterland, 3.8.1904, S. 5 ; Reichspost, 4.8.1904, S. 4. 809 Vgl. Österreichische Zeitschrift für Verwaltung, 28.7.1910, S. 3. 810 Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Handels- und Gewerbe-Adreßbuch für die k. k. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien, Bd. 1, 1914, S. 1553. 811 Verordnung des Handelsministeriums vom 24. Juli 1910 betreffend die Kundmachung einer Telephonordnung und eines Telephontarifes. In : Wiener Zeitung, 29.7.1910, S. 8. 812 Schall, Georg : Großstadt-Benehmen. Nützliche Winke und Ratschläge. Wien 1913, S. 60–61. 813 Das Vaterland, 15.9.1909, S. 6 ; 5.1.1910, S. 5 ; Deutsches Volksblatt, 26.1.1910, S. 8 ; 17.12.1913, S. 21 ; Arbeiter-Zeitung, 27.11.1911, S. 4 ; 21.7.1913, S. 4 ; Der Morgen. Wiener Montagblatt, 2.12.1912, S. 9 ; Neues Wiener Tagblatt, 21.7.1912, S. 10 ; Die Neue Zeitung, 22.7.1914, S. 4. 814 Hersen, C./Hartz, R.: Die Fernsprechtechnik der Gegenwart. Braunschweig 1910, S. 626. Zur Geschichte der Telefonzelle in Deutschland vgl. Behme, Rolf/Kemp, Klaus u. a.: Telefonzelle. Flüchtiger Ort der Worte (= Archive des Alltags, Bd. 8). Dortmund 1998. 815 Vgl. Czeike, Felix : Landpartien und Sommeraufenthalte. Die Entwicklung vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In : Wiener Geschichtsblätter, Heft 2/1988, S. 41–64 ; Csendes, Peter : »Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande …« Landpartie und Tourismus im Biedermeier. In : Bürgersinn und Aufbegehren. Biedermeier und Vormärz in Wien 1815–1848. Ausstellungskatalog des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien 1988, S. 471–473 ; Rigele, Brigitte : Mit der Stadt aufs Land. Die Anfänge der Sommerfrische in den Wiener Vororten. In : Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 42/1994. 816 Vgl. Grimm, Jakob/Grimm, Wilhelm : Deutsches Wörterbuch. Bd. 16. Leipzig 1905, S. 1526. 817 Vgl. Auernheimer, Raoul : Großstadtsommer. In : Neue Freie Presse, 30.7.1911, S. 2 ; Wilhelm, Sigmund : Wien im Sommer (1912). In : Wicha, Rudolf (Hg.) : Sommerfrischlereien. Heitere Erzählungen, Possen und Verse rund um die Sommerfrische von einst und jetzt. Wien 1979, S. 7–10. 818 Petermann, Eduard : Wiener Spaziergänge und Ausflüge. in : Neues Wiener Tagblatt, 1.5.1908, S. 1. 819 Haas, Hanns : Die Sommerfrische – Ort der Bürgerlichkeit. In : Stekl, Hannes/Urbanitsch, Peter/ Bruckmüller, Ernst/Heiss, Hans (Hg.) : »Durch Arbeit, Besitz, Wissen und Gerechtigkeit«. Bürgertum in der Habsburgermonarchie II. Wien, Köln, Weimar 1992, S. 364–377, S. 368. 820 Landesverband für Fremdenverkehr in Wien und Niederösterreich (Hg.) : Sommerfrischen, Kurorte und Höhenstationen. Wien 1910. Vgl. dazu auch Illustrierter Wegweiser durch die österreichischen Kurorte, Sommerfrischen und Winterstationen. Heft : Wien und Wienerwald. Wien 1909–1914 ; Das Wienthal und seine Sommerfrischen. Wien 1903. 821 Dr. W. K.: Über Gesundheit in der Sommerfrische. In : Die Zeit, 11.7.1909, S. 17. 822 Stekel, Wilhelm : Hygiene der Straße. In : Wiener Bilder, Nr. 32/1905, S. 19.
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823 Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 28. Den heilsamen Vorgang der allmählichen akustischen Entwöhnung von der Großstadt schildert auch Kurt Tucholsky in seiner 1912 veröffentlichten Erzählung »Rheinsberg« : »Noch brausten und dröhnten in ihnen die Geräusche der großen Stadt, der Straßenbahnen, Gespräche waren noch nicht verhallt, der Lärm der Herfahrt, (…) der Lärm ihres täglichen Lebens, den sie nicht mehr hörten, den die Nerven aber doch zu überwinden hatten, der eine bestimmte Menge Lebensenergie wegnahm, ohne dass man es merkte. (…) Aber hier war es nun still, die Ruhe wirkte lähmend, wie wenn ein regelmäßiges, langgewohntes Geräusch plötzlich abgestellt wird.« Tucholsky, Kurt : Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte. Reinbek bei Hamburg 1954, S. 20. 824 La Hire, Sommerfrische. In : Die Muskete. Humoristische Wochenschrift, 12.6.1914, S. 2. 825 Petermann, Eduard : Wiener Spaziergänge und Ausflüge. in : Neues Wiener Tagblatt, 1.5.1908, S. 3. 826 Landesverband für Fremdenverkehr in Niederösterreich (Hg.) : Festschrift zur Fünfzigjahrfeier der Semmeringbahn. Wien 1904, S. 19–21. 827 Haas, Hanns : Die Sommerfrische – eine verlorene touristische Kulturform. In : ders./Hoffmann, Rober/Luger, Kurt (Hg.) : Weltbühne und Naturkulisse. Zwei Jahrhunderte Salzburg-Tourismus. Salzburg 1994, S. 67–76, S. 68–69. 828 Zit. nach Rapp, Christian/Rapp-Wimberger, Nadia : Bad Ischl. Mit und ohne Kaiser. Wien 2016, S. 110. 829 Altenberg, Peter : Gmunden. In : ders.: Mein Lebensabend, Berlin 1919, S. 237. 830 Brief von Raoul Auernheimer an Arthur Schnitzler, 17.6.1917, zit. nach Girardi, Claudia : Pegasus auf Berg- und Talfahrt. Dichter und Dichtung zwischen Rax und Semmering. Wien, Köln, Weimar 1997, S. 129. 831 Brief von Anton Wildgans an Friedrich Freiherr von Haymerle, 11.6.1911, zit. nach Kos, Wolfgang/ Krasny Elke (Hg.) : Schreibtisch mit Aussicht. Österreichische Schriftsteller auf Sommerfrische. Wien 1995, S. 138. 832 Wassermann, Jakob : Tagebuch aus dem Winkel. München 1987, zit. nach Grieser, Dietmar : Nachsommertraum im Salzkammergut. Eine literarische Spurensuche. Frankfurt/Main, Leipzig 1996, S. 55. 833 Erken, Günther : Hofmannsthals Chronik. Beiträge zu einer Biographie. In : Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, Bd. III/1980, S. 239–313. 834 Zit. nach Grieser, Dietmar : Nachsommertraum im Salzkammergut. Eine literarische Spurensuche. Frankfurt/Main, Leipzig 1996, S. 32. 835 Ebd., S. 33–36. 836 Mahler-Werfel, Alma : Gustav Mahler. Erinnerungen. Frankfurt/Main 2011, S. 140. 837 Vgl. Lanz, Josef/Partsch, Erich Wolfgang (Hg.) : Gustav Mahler in Toblach. Brixen 2005. 838 Vgl. Illustrirtes Wiener Extrablatt, 25.11.1900. In der Bildunterschrift heisst es : »In der Symphonie (Nr. 1, Anm. P. P.) unseres Hofoperndirectors, welche dem Publicum letzten Sonntag zum ersten Male zu Gehör gebracht wurde, haben sich, wie die Musikreferenten erschüttert berichteten, die verschiedensten Imitationen von Naturlauten und anderen Klängen ein unheimliches Rendezvous gegeben. Das Krähen des Hahnes, Kukukrufen, Rindergebrüll, Glockengeläute, schrille Pfiffe werden zu musikalischen Effecten ausgenützt. Unser Zeichner Theodor Zasche hat nun versucht, die Phantasie, die dieses wildbewegte Werk schaffen konnte, zu versinnbildlichen.« 839 Zit. nach Brusatti, Otto : Alles schon wegkomponiert. Wien, Köln, Weimar 1997, S. 172. 840 Musil, Stefan : Die »Tasten-Vampyre« von nebenan. Belästigung durch nachbarliches Klavierspiel einst und jetzt. In : Österreichische Musikzeitschrift, Heft 3/2014, S. 53. 841 Doderer, Heimito von : Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre. Wien 1958, S. 177.
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Anmerkungen
842 Ebd., S. 173. Vgl. dazu auch Girardi, Claudia : Heimito von Doderers Preinblicke. Eine Lesereise mit alten und neuen Ansichten. Wien 2007, S. 86, 90. 843 Zit. nach Girardi, Claudia : Heimito von Doderers Preinblicke. Eine Lesereise mit alten und neuen Ansichten. Wien 2007, S. 43. 844 Pötzl, Eduard : Landplagen. In : Neues Wiener Tagblatt, 15.8.1908, S. 2–3. 845 Vgl. Lessing, Theodor : Der Lärm. Eine Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens. Wiesbaden 1908, S. 56. 846 Habakuk : Der Genosse aus Wildwest. Der ruhige Landaufenthalt. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 6. 847 Wengraf, Edmund : Das Recht auf Lärm. In : Die Zeit, 30.4.1911, S. 2. 848 Wiener Sommerbilder. In : Neue Freie Presse, 15.7.1883, S. 1. 849 Zit. nach Pap, Robert : Wiedergefundenes Paradies. Sommerfrischen zwischen Reichenau & Semmering. St. Pölten, Wien 1996, S. 197. 850 Ebd., S. 193. 851 Eduard Pötzl : Das leise Leben. In : ders.: Leises Leben. Neue Skizzen. Wien 1910, S. 3. 852 Vgl. u. a. Habakuk : Der Genosse aus Wildwest. Der ruhige Landaufenthalt. In : Arbeiter-Zeitung, 22.7.1900, S. 6 ; Robitschek, Kurt : In der Sommerfrische. In : Figaro. Humoristisches Wochenblatt, Nr. 22/1910, S. 344 ; Pötzl, Eduard : Die Landwohnung. Ideale Forderungen eines Wiener Sommerfrischlers (1908). In : Wicha, Rudolf (Hg.) : Sommerfrischlereien. Heitere Erzählungen, Possen und Verse rund um die Sommerfrische von einst und jetzt. Wien 1979, S. 19–21. 853 Pötzl, Eduard : Landplagen. In : Neues Wiener Tagblatt, 15.8.1908, S. 1. 854 Wengraf, Edmund : Das Recht auf Lärm. In : Die Zeit, 30.4.1911, S. 1–2. 855 Vgl. Weruer, Heinrich : Rückkehr in die Stadt. In : Neues Wiener Tagblatt, 2.10.1911, S. 1–2. 856 Schonung der Nerven ! In : Die medizinisch-hygienische Zeit. Beilage von Die Zeit, 6.1.1906, S. 16. Apologien 857 Endell, August : Die Schönheit der großen Stadt. Stuttgart 1908, S. 31–32. 858 Ebd., S. 32–33. 859 Vgl. Schmidt-Bergmann, Hansgeorg : Futurismus. Geschichte, Ästhetik, Dokumente (= rowohlts enzyklopädie 535). Reinbek bei Hamburg 1993. 860 Russolo, Luigi : Die Geräuschkunst. In : Benesch, Evelyn/Brugger, Ingried (Hg.) : Futurismus. Radikale Avantgarde (Ausstellungskatalog des CA-BA Kunstforum). Wien 2003, S. 270–272, S. 271. 861 Ebd. Vgl. dazu auch Lamprecht, Wolfgang : krook – kraak : Tönende Manifeste. Über die Musik und die Geräuschkunst im Futurismus. In : ebd., S. 101–109 ; Lista, Giovanna : Klang und Polyphonie der Stadt bei den Futuristen. In : Maur, Karin von (Hg.) : Vom Klang der Bilder. Die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Ausstellungskatalog. München 1985, S. 380–383 ; Russolo, Luigi : Die Kunst der Geräusche. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Johannes Ullmaier. Mainz 2000 ; Mechtler, Peter : Die Veränderungen der Soundscapes der Städte durch die Verkehrsmittel um 1910 und ihr Einfluss auf die Arbeit des futuristischen Künstlers Luigi Russolo. Wien, Diss., Univ. f. Musik u. darst. Kunst, 2007. 862 Lamprecht, Wolfgang : krook – kraak : Tönende Manifeste. Über die Musik und die Geräuschkunst im Futurismus. In : Benesch, Evelyn/Brugger, Ingried (Hg.) : Futurismus. Radikale Avantgarde (Ausstellungskatalog des CA-BA Kunstforum). Wien 2003, S. 105–106. 863 Man denke etwa an Arseni Awaraamows »Symphonie der Sirenen«, Georg Antheils »Ballet Mecha-
Ausblick
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nique«, Eric Saties »Parade«, Edgar Vareses »Ionisation«, John Cages »4,33«, Pierre Schaeffers »Concert de bruit«, Luigi Nonos »La fabbrica illuminata« bis hin zur elektronischen Popmusik der 1960er-Jahre, zur heutigen Computermusik und zur »Noise Music«. 864 Fülöp-Miller, René : Geist und Gesicht des Bolschewismus. Darstellung und Kritik des kulturellen Lebens in Sowjet-Russland. Zürich, Leipzig, Wien 1926, S. 244-246. Zum berühmtesten Werk wurde zweifellos Arseni Awaraamows »Symphonie der Sirenen« (1922). In weiterer Folge vgl. auch Georg Antheils »Ballet Mechanique«, Eric Saties »Parade«, Edgar Vareses »Ionisation«, John Cages »4,33«, Pierre Schaeffers »Concert de bruit«, Luigi Nonos »La fabbrica illuminata« bis hin zur elektronischen Popmusik der 1960er-Jahre, zur heutigen Computermusik und zur »Noise Music«. 865 Vgl. Schmitz, Rainer/Ure, Benno : Tasten, Töne und Tumulte. Alles, was Sie über Musik nicht wissen. München 2016. 866 Jensen, Johannes Vilhelm : Die Maschinen (1901), in : ders.: Die neue Welt. Essays. Berlin 1908, S. 14. 867 Weyrich, Edgar : Wien geschildert von Künstlern der Feder und des Stiftes. Zweiter Teil : Wiener Landschaft (Wahrzeichen und Schönheiten). Wien 1924, S. 17–18. 868 Vgl. Morawietz, Kurt/Riha, Karl/Vaßen, Florian : Zwischen Wolken und Großstadtrauch. Warum Engelke lesen ? Hannover 1992 ; Göbel, Helmut, »In der Asphaltstadt bin ich daheim«. Die große Stadt in der Lyrik des 20. Jahrhunderts. In : Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Nr. XI/1999 (= Sonderband : Lyrik des 20. Jahrhunderts), S. 155–174. 869 Dr. Sz.: Symphonie der Großstadt, in : Wiener Bilder, Nr. 22/1930, S. 2–3. Ausblick 870 Angelmahr, Helmut : Transport. Die Überwindung der Distanzen, in : Chaloupek, Günther/Eigner, Peter/Wagner, Michael : Wien. Wirtschaftsgeschichte 1740–1938. Teil 2, Wien 1991, S. 893. 871 Neue Maßnahmen gegen die Lärmplage, in : Neue Freie Presse, 29.9.1936, S. 3. 872 Kinsky, Ulrich Ferdinand : Die Wiener Lärmplage, in : Neue Freie Presse, 2.10.1936, S. 5. 873 Bijsterveld, Karin : The Diabolical Symphony of the Mechanical Age. Technology and Symbolism of Sound in European and North American Noise Abatement Campaigns, 1900–40. In : Social Studies of Science, 31/1 (Feb. 2001), S. 50–51. 874 Bürger, Klaus : Die Entwicklung des Wiener Verkehrswesens von 1960 bis 1991. Wien, phil. Dipl.-Arb. 1992, S. 85. 875 Kramer, Dr. Robert R.: Großstadtsymphonie – gesundheitsschädlich. Warum Kampf gegen den Lärm ?, in : Arbeiter-Zeitung, 19.6.1951, S. 5. 876 Ebd. 877 Straßenlärm wird leiser werden, in : Rathaus-Korrespondenz, 13.9.1950. 878 Blick in die Wiener »Lärmkarte«, in : Neues Österreich, 26.11.1954, S. 3. 879 »Lärmfreie Woche« – ein Versager, in : Neues Österreich, 31.5.1959, S. 10. 880 Vgl. Chorherr, Thomas : Der Lärm und das Gesetz, in : Die Presse, 20.10.1960, S. 1–2. 881 Vgl. Kind, Martin : Lärmrecht. Grundlagen zum österreichischen Lärmschutz. Wien 1999. 882 Vgl. Die Presse, 28.6.1966, S. 4 ; Arbeiter-Zeitung, 28.6.1966, S. 6. 883 Vgl. Böhme, Gernot : Die Atmosphäre einer Stadt. In : Breuer, Gerda (Hg.) : Neue Stadträume. Zwischen Musealisierung, Medialisierung und Gestaltlosigkeit. Frankfurt/Main-Basel 1998, S. 149–162. 884 Vgl. Androsch Peter/Sedmak, Florian : Hörstadt. Reiseführer durch die Welt des Hörens. Wien 2009. 885 Sindemann, Katja : Wiener Orte der Stille. Wo in Wien die Ruhe herrscht. Wien 2006. 886 Vgl. u. a. Stahl, Heiner : Stadt als Anordnung von Sound und Lärm. Das Auditorische als Ressource der
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Anmerkungen
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Bildnachweis A1 Telekom Austria AG, Bildarchiv : Abb. 45. Allgemeine Automobil-Zeitung, Nr. 10/1912 : Abb. 39. Figaro. Humoristisches Wochenblatt, Nr. 2/1908 : Abb. 31. Figaro. Humoristisches Wochenblatt, Nr. 33/1909 : Abb. 35. Fliegende Blätter, Nr. 2240/1888 : Abb. 24. Helmholtz, Hermann von : Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik. Braunschweig 1865 : Abb. 7. Kaut, Hubert : Kaufrufe aus Wien. Volkstypen und Straßenszenen in der Wiener Graphik von 1775 bis 1914. Wien, München 1970 : Abb. 19. Krobot, Walter/Slezak, Josef Otto/Sternhart, Hans : Straßenbahn in Wien. Vorgestern und übermorgen. Wien 1983 : Abb. 15a, 15b. Major, John (Hg.) : Hogarth Moralized. London 1841 : Abb. 8. Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv und Grafiksammlung : Abb. 11. Sammlung Peter Payer : Abb. 1-5, 12, 14, 16, 20-22, 25-27, 30, 32-33, 37, 40–44, 46–48, 50. Sammlung Walter Obermaier : Abb. 17, 23, 36. Technisches Museum Wien, Bildarchiv : Abb. 38. Wien Museum, Bildarchiv : Abb. 10, 28. Wienbibliothek im Rathaus, Bildarchiv : Abb. 49. Wiener Linien, Bildarchiv : Abb. 9, 13, 18. Wiener Luft. Beiblatt zum Figaro, Nr. 29/1877 : Abb. 34. Wikimedia Commons : Abb. 6, 29. Der Verlag dankt den Inhabern der Rechte für die Genehmigung zum Abdruck der Bilder. Sollten darüber hinaus nachweisliche Rechteansprüche bestehen, bitten wir um Mitteilung.
Register Personen Abels, Ludwig 130 Ackerman, Diane 23 Ackermann, Max 18 Adelung, Johann Christoph 58 Adler, Heinrich 124, 161, Adler, Viktor 74 Alexis, Willibald 134 Altenberg, Peter 68, 132, 194, 196, 197, 216 Amphoux, Pascal 30, 75 Androsch, Peter 13, 230 Aristoteles 33, 34, Asendorf, Christoph 137 Auernheimer, Raoul 132, 185, 216 Bahr, Hermann 178 Bailey, Peter 18, 55, 56 Balay, Olivier 17 Bareiss, Warren 16 Barkhausen, Heinrich 60 Barnett-Rice, Julia 144 f. Baron, Lawrence 16, 153 Barthes, Roland 30, 31 Batka, Richard 39 Baudelaire, Charles 37 Bauer-Lechner, Natalie 218 Baumeister, Reinhard 201 Baußnern, Helene von 147, 191 Bayerl, Günter 94 Beard, George M. 126 Beaulieu, Lord Montagu of 94 Beck, Ulrich 25 Beethoven, Ludwig van 43 Békésy, Georg von 53 Benjamin, Walter 23, 25 Berger, Alfred Freiherr von 15 f., 75, 88, 89, 114, 116, 143, 144, 146, 147, 154, 160, 161, 172 Berlioz, Hector 138 Bernhardt, Christoph 13, 207 Beuttenmüller, Hermann 198 Bijsterveld, Karin 13, 17, 57
Billroth, Theodor 123 Birkefeld, Richard 17, 66 Blau, Eve 201 Blaukopf, Kurt 42, 43 Bleriot, Louis 100 Blumenthal, Oskar 144 Boccioni, Umberto 226 Bois-Reymond, Emil Du 48 Bölsche, Wilhelm 38, 88 Bösendorfer, Ludwig 136 Brahms, Johannes 219 Brand, Johann Christian 102 Braun, Hans-Joachim 17 Brentano, Clemens 36 f. Brücke, Ernst 48 Brüggemann, Heinz 24, 68 Busson, Paul 130 Campe, Johann Heinrich 132 Canetti, Elias 56, 106 Cassebohn, Johann Friedrich 47 Chiavacci, Vincenz 68, 102, 104, 118 ff. Chladni, Ernest F. F. 45 ff., 52 Classen, Constance 23 Coates, Peter A. 16 Corbin, Alain 18 f., 27, 76, 80, 174 Corbusier, Le 227 Corti, Alfonso 49 Cotugno, Domenico 47 Cramer, August 128 Creswell, H. B. 42 Czermak, Johann Nepomuk 44, 50 D’Avigdor, Henri 74 Deckmayer, Franz 106 Dincklage, Emmy von 40, 59, 64 Döblin, Alfred 225 Doderer, Heimito von 95, 188, 219 Dommann, Monika 18 Doppler, Christian 45
308 Dorn, Alexander 178 Dornblüth, Otto 127 f., 134, 137 Douglas, Mary 55 Dove, Heinrich Wilhelm 46 Drasche, Heinrich 63 Duby, Georges 27 Dunlop, John Boyd 188 f. Edison, Thomas Alva 26 Egger, Belá 183 Eisenschitz, Otto 149 Endell, August 223, 225 Engelke, Gerrit 225 Erb, Wilhelm 126 Eulenburg, Albert 128 Eustachio, Bartholomeo 46 Falkenhorst, Carl 207 Faloppio, Gabriele 46 Faltis, Viktor 79, 86, 116 Faraday, Michael 45 Faure, Olivier 17 Febvre, Lucien 28 Fechner, Gustav 48, 204 Ferstel, Heinrich von 205 Fourier, Jean-Baptiste Joseph 45 Franz Joseph I., Kaiser 90 Freud, Sigmund 37 Fried, Alfred Hermann 21, 146 Friedländer, Otto 74 Friedmann, Max 147 Gay, Peter 136 Germain, Sophie 45 Ginzkey, Franz Karl 147 Girardi, Alexander 216 Gräser, Marcus 14, 177 Groß, George 226 Gruber, Joseph 125 Gutsmuths, Johann Christoph 132 Gutton, Jean-Pierre 17 Haas, Hanns 214 Haberl, Johann von M. 81 Haberlandt, Michael 141 ff., 158, 160, 165 f., 169, 174, 183, 195, 206
Register
Hanslick, Eduard 136, 172 f., 204 Hanusch, Ferdinand 69 Hasse, Hermann 152 Hauser, Susanne 66 Heer, Friedrich 77 Heilig, Gerhard 123 Hellpach, Willy 126 Helmholtz, Hermann von 46 ff., 51, 53, 204 Henkel, Gabriele 68 Heraklit 69 Herder, Johann Gottfried 29 Hevesi, Ludwig 164 Hirschfeld, Ludwig 109, 113, 115 f., 130, 138, 170 Hoffmann, E. T. A. 36 Hofmannsthal, Hugo von 21, 147 f., 216 Holbein, Ulrich 13 Horak, Roman 19 Hornig, Josef 106 Howard, Ebenezer 205 Howes, David 23 Jensen, Johannes Vilhelm 225, 227 Jentzsch, Robert Bruno 210 Jung, Emil 156, 159 Jung, Martina 17, 66 Jütte, Robert 23 Kafka, Franz 31, 197 Kalbeck, Max 173 Kampfer, Dietmar 18, 111 Kampffmeyer, Hans 205 Kant, Immanuel 32, 36, 55, 134 Kaus, Gina 98 Kaut, Hubert 101 Kierkegaard, Sören 28 Kinsky, Ulrich Ferdinand 227 Kircher, Athanasius 45 Kittner, Friedrich 147 Koch, Robert 126 Kolowrat, Leopold Graf 184 Korff, Gottfried 24 Koyter, Volcher 47 Kracauer, Siegfried 25, 56 Kramer, Robert R. 228 Krömer, Siegfried 17
309
Personen
Lamprecht, Karl 127 Le Bon, Gustave 56 Lentz, Matthias 17, 126 Lessing, Theodor 8, 25, 143, 145, 147, 149 f., 153, 174 Lindner, Rolf 19 Liszt, Eduard Ritter von 146, 165, 200 Lohner, Ludwig 92, 183 ff. Lorenz, Alexander M. 28 Lowenthal, David 26 Ludassy, Julius von 149 Ludwig, Carl 48 Lueger, Karl 85, 161, 204 Lux, Josef August 105, 133, 206 Mach, Ernst 53, 204 Maderthaner, Wolfgang 102 Maeterlinck, Maurice 137 Mahler, Alma 218 Mahler, Gustav 136, 158, 216 ff., 225 Marcus, Siegfried 90, 92 Marilaun, Karl 178 Marks, Stephan 54 Martinville, Edouard-Leon Scott de 26 Marwedel, Rainer 151 Mattl, Siegfried 19, 170 Mayreder, Rosa 182, 195 McKenzie, Dan 152 Meckel, Philipp Friedrich 47 Mercier, Louis-Sébastien 66 Michel, Robert 65 f. Michelin, Edouard 188 Miesbach, Alois 63 Moll, Albert 128 Möller, Otto 226 Morat, Daniel 17 Morgagni, Giovanni Batista 47 Mozart, Wolfgang Amadeus 42 Müller-Guttenbrunn, Adam 147, 162, 166, 176, 201 Müller, Johannes 48 Musil, Robert 11, 176, 225 Musner, Lutz 102 Naumann-Beyer, Waltraud 23 Negwer, Maximilian 196 ff.
Neisius, Erich 17 Newton, Isaac 44 f. Novalis 36 f. Nußbaum, Hans Christian 192 Ohm, Georg Simon 45 Oplatek, Carl 92 Oppenheimer, Felix Freiherr von 147 Oprawil, Paul 106 Paul, Gerhard 18 Paulus 34 Pestalozzi, Johann Heinrich 132 Petermann, Reinhard E 67, 153 f. Petzold, Alfons 86, 109, 113 f. Pidoll, Michael Freiherr von 154 ff. Pinkenburg, Georg 42, 178, 188, 196 Platon 33 Pleßner, Maximilian 193, 196 Polgar, Alfred 101, 108, 210 Politzer, Adam 125 Porsche, Ferdinand 184 f. Pötzl, Eduard 76, 99, 102, 108, 112, 130, 137 ff., 142 f., 158, 160, 164, 170, 173, 175, 196, 206, 219, 221 Radkau, Joachim 96, 126, 128 Riehl, Heinrich 42 ff. Rilke, Rainer Maria 37 Rodenberg, Julius 68, 77, 113, 117 f. Roessler, Arthur 114 Röpke, Friedrich 122 Rosegger, Peter 97 Roth, Joseph 106 Rousseau, Jean Jacques 132 Rubner, Max 59 Russolo, Luigi 224 Rutherford, William 53 Ruttmann, Walther 226 Saar, Ferdinand von 112, 169 Sacher, Anna 161, 164 Salten, Felix 15, 84, 117, 121, 174 f. Sarasin, Philipp 88 Saul, Klaus 17, 198 Saunier, Charles-Louis Baudry de 93
310 Scarpa, Antonio 47 Schafer, Murray R. 18, 27, 38, 40 f., 56, 79 Schall, Georg 212 Schattenfroh, Arthur 201 Scheiber, Hugo 226 Scherer, Wolfgang 50, 53 Schlör, Joachim 75 Schnitzler, Arthur 132, 206, 216 Schock, Ralph 18 Schöffel, Josef 113 Schopenhauer, Arthur 31, 134, 139, 145, 159 Schreber, Daniel Moritz Gottlieb 133, 206 Schulenburg-Kehnert, Graf von der 134 Schulze, Gerhard 23 Schwarz, Ignaz 105 Silberstein, August 64, 69, 72 f., 75 Simmel, Georg 25, 29, 69, 127, 130 Sitte, Camillo 202 ff. Smilor, Raymond W. 16, 153 Sommer, Robert 207 ff., 230, 232 Spitzer, Daniel 221 Stekel, Wilhelm 75, 124, 182 Stiaßny, Robert 146 Stifter, Adalbert 66 ff. Stokes, George Gabriel 45 Strauß, Eduard 225 Strauß, Johann (Sohn) 216, 225 Strauss, Richard 43, 138 Strindberg, August 41 f. Strutt, John William (Baron Rayleigh) 46, 52 Stübben, Josef 204 Stumpf, Carl 53, 75 Tanner, Jakob 48 Thompson, Emily 18 Thuillier, Guy 27 Tour, Charles Cagniard de la 45
Register
Toyka-Seid, Michael 17 Trampel, Johann 29 Tucholsky, Kurt 58 Tyndall, John 46, 51 f. Urbantschitsch, Victor 125 Utz, Peter 36 Valsava, Antonio Maria 47 Verney, Joseph du 47 Vesalius, Andreas 46 Wagner, Martin 204 Wagner, Otto 65, 131, 134, 201 f., 204 Wassermann, Jakob 216 Weber, Max Maria von 190 Welsch, Wolfgang 32 Wengraf, Edmund 150, 220, 222 Werner, Heinrich 64, 110 Wheatstone, Charles 45 Wilczek, Hans Graf jun. 92 Wildgans, Anton 81, 216 Wilhelm II., Kaiser 156 Wilhelm, Erzherzog 90 f. Wimpffen, Siegfried Graf 92 Winter, Max 89, 105, 110 f., 144, 155, 160, 162 f., 165 f., 175 f., 182, 188 f. Wolf, Hugo 194 f. Wulf, Christoph 18, 24 Young, Thomas 45, 52 Zasche, Theodor 218 Zedler, Johann Heinrich 58 Ziak, Karl 121 Ziegler, Johannes 97, 169
Orte Albrechtsplatz 107, 204 Allgemeines Krankenhaus 125, 175 Altaussee 216 Am Tabor 165 Aspern 101, 112
Augarten 114 Bäckerstraße 108 Bad Ischl 26, 90, 216, 219 Baden bei Wien 90
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Orte
Baumgarten 173 Belvedere 114 Berlin 17, 48, 53, 58, 61, 68, 85, 94, 109, 134, 146 f., 152, 156, 175, 177 ff., 184 ff., 192, 196 f., 208, 212, 225 f. Böhmischer Prater 118 Bösendorfer-Saal 135 f. Breitenlee 112 Brigittenau 62, 65 Burggarten 114 Burghof 108 Chicago 59, 177 f. Cottage Sanatorium 131 Döbling 61, 88, 116, 146, 173, 205 Domgasse 108, 167 Donau 61 ff., 97, 101, 111 f., 206 f. Donaukanal 61, 63, 65, 83, 97 f., 118, 120 Dornbach 113, 116 Dresden 146, 207, 209 Dresdner Straße 110 f. Düsseldorf 208 Eßling 112 Favoriten 62, 89, 111 f., 182 Favoritenstraße 163, 182 Floridsdorf 62, 83, 97, 111 Floridsdorfer Spitz 229 Franz-Josefs-Bahnhof 210 Franzensring 211 Franziskanerplatz 108 Freudenau 229 Glacis 120 Gmunden 97, 216 Graben 76, 107, 118, 160, 183, 186, 222 Graz 146 f., 198 Grinzing 61, 79 f., 86, 115 f., 167 f., 177 Gumpendorf 89 Gumpendorfer Straße 164 Gürtelstraße 61, 229 Handels- und Gewerbekammer für Nieder-Österreich in Wien 191
Hannover 19, 145 f., 192 Haupttelegrafenamt 212 Heiligenstadt 99, 167 Hernals 61, 82, 89, 106 Herrengasse 136, 183, 210 Hirschstetten 112 Hotel Erzherzog Johann 191 Hotel Métropole 191 Hotel Sacher 161 Innenstadt 62 f., 70 ff., 76, 82, 84, 102, 104, 108, 116 ff., 146, 156, 162, 166 f., 179, 182, 200 Jena 134 Josefstadt 109, 167, 174 Kagran 112 Kahlenberg 98 Kamptal 213 Kärntnerstraße 65 f., 179, 183, 222 Kohlmessergasse 167 Konzerthaus 136 Küb am Semmering 212 Kurhaus Semmering 132 Landskrongasse 182 Landstraße 120, 136, 157, 166, 170 Lastenstraße 229 Lindengasse 212 Linz 22, 97, 230 Lobau 112 London 42, 51, 59, 61, 68, 144, 175, 179, 184, 186 Maiernigg 217 f. Mariahilfer Straße 92, 109, 229 Meidling 89, 111 Modena 224 Mödling 83, 191 Mölkersteig 108 Mönichkirchen 216 Mürzzuschlag 219 Musikvereinsgebäude 135 Naglergasse 104 Naschmarkt 118 f. Neubau 109
312 Neulerchenfeld 118 Neustiftgasse 109 New York 59 f., 144, 177 f., 184, 192, 218 Niederösterreichische Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke 131 Nordbahnhof 210 Nußdorf 89, 116 Oper 107, 136, 195, 218 Ottakring 104, 111 Pachmüllergasse 212 Paris 61, 66, 68, 105, 109, 175 f., 179 f., 184, 186 Passauer Platz 108 Payerbach 220 f. Piaristengasse 109 Piestingtal 213 Porzellangasse 183 Prater 113 f., 116 ff., 167, 210 Prater Hauptallee 117, 210 Praterstern 4, 25 Prein 216, 219 Rathauspark 114, 204 Rathausplatz 203 Rax 213, 216, 219 Rennweg 89 Ringstraße 61 ff., 65, 73, 82 f., 96, 107, 113, 180, 203, 205, 211 Rodaun 147 f. Rotenturmstraße 167 Salzkammergut 213 Sanatorium Purkersdorf 131 Schmelz 120 f. Schneeberg 213 Schönbrunn 101, 114, 229 Schottengasse 166, 211 Schottentor 82, 88
Register
Schwarzenbergpark 114 Semmering 132, 191, 212 f., 215 f. Sievering 116 Simmering 62, 110, 112 Simmeringer Haide 100 f., 110 St. Marx 89, 114, 120 St.-Ulrichs-Platz 109 Stadtbahn 65, 98 ff., 114, 130, 161 f., 189, 201 Stadtpark 114, 204, 211 Steinbach 217 f. Stephansdom, Stephanskirche 41, 66, 78 Sternwartestraße 206 Streicher-Saal 136 Stubenring 83, 191 Südbahnhof 120, 210 Toblach 217 f., 218 Türkenschanzpark 114 Unter St. Veit 15 Volksgarten 114 f. Vorort 79, 118 Vorstadt 103 f. Währing 61, 84, 114, 131, 146, 174, 205 Währinger Gürtel 186 f. Währinger Straße 172, 186 Westbahnhof 85, 210 Wieden 118, 120, 167 Wiener Cottage 205 Wienerwald 113, 131, 170 Wienfluss 61, 63, 164 Wiental 99, 229 Wurstelprater 116 f. Zahnradbahn 98 Zentralfriedhof 115
Zum Autor Peter Payer Geb. 1962, MMag. Dr. Phil., Historiker, Stadtforscher, Publizist. Führt ein Büro für Stadtgeschichte und arbeitet als Autor für zahlreiche Fachmedien und Zeitungen. Kurator im Technischen Museum Wien (Sammlungsbereich Alltag, 2007–2013 Leitung). Forschungsschwerpunkt : Stadt-, Alltags-, Sinnesgeschichte. Vorstandsmitglied des Vereins für Geschichte der Stadt Wien und des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Lebt in Wien und Küb am Semmering. Publikationen (Auswahl) Auf und Ab. Eine Kulturgeschichte des Aufzugs in Wien (2018). Wien – Die Stadt und die Sinne. Reportagen und Feuilletons um 1900 (Hg., 2016). Die synchronisierte Stadt. Öffentliche Uhren und Zeitwahrnehmung, Wien 1850 bis heute (2015). Der Donaukanal. Die Entdeckung einer Wiener Stadtlandschaft (gem. mit Judith Eiblmayr, 2011). Hungerkünstler. Eine verschwundene Attraktion (2002). Unentbehrliche Requisiten der Großstadt. Eine Kulturgeschichte der öffentlichen Bedürfnisanstalten von Wien (2000). Der Gestank von Wien. Über Kanalgase, Totendünste und andere üble Geruchskulissen (1997). www.stadt-forschung.at [email protected]
DAS ÜBERLEBEN DES MENSCHEN UND SEIN FRAGILES RECHT AUF BEWOHNBARE FREIRÄUME
Marie-Theres Tinnefeld Überleben in Freiräumen 12 Denk-Stücke 2018. 136 S. mit 5 s/w- und 12 farb. Abb., gebunden. € 25,– D | 26,– A ISBN 978-3-412-50997-2
In 12 Denk-Stücken präsentiert Marie-Theres Tinnefeld Räume der Landschaft und des Gartens als wirkmächtige Überlebensräume in unsicheren Zeiten. Sie skizziert sie im historischen Spiegel des Rechts auf Privatheit und Meinungsfreiheit sowie im Gesamtsystem von Politik und Ökologie. Die raumbezogene Erinnerungskultur von Frauen, Verfolgten, Emigranten und Asylsuchenden wird wachgerufen, neue Stadtlandschaften werden erforscht und unterschätzte Überwachung und Hassrede in dunklen digitalisierten Räumen in Frage gestellt. Es geht um das Überleben des Menschen und sein fragiles Recht auf bewohnbare Freiräume. Kunstvolle Landschaftsfotografien von Loni Liebermann und meisterhafte Porträtfotos von Stefan Moses begleiten die Texte optisch.
HISTORISCHE FAKTEN, MALERISCHE ANSICHTEN, AKTUELLE TENDENZEN UND ZUKUNFTSVISIONEN DES GRÜNEN LINZ
NORDICO Stadtmuseum Linz Andrea Bina | Klaudia Kreslehner Barbara Veitl Stadtoasen Linzer Gärten, Parks und Plätze 2018. 387 S. mit 253 s/w- und farb. Abb., gebunden. € 29,– D | 30,– A ISBN 978-3-205-20798-6
Das Buch begibt sich auf die Spuren der Linzer Freiräume und fächert historische Fakten, malerische Ansichten, aktuelle Tendenzen und Zukunftsvisionen der Linzer Gärten, Parks und Plätze auf. Neben großen und geschichtsträchtigen Orten wie etwa dem Volksgarten kommen auch kleinere und unbekanntere Plätze zu Wort. Die reich bebilderte, übersichtliche Darstellung im attraktiven Stadtführer-Format bietet Überblick über rund 100 ausgewählte Stadtoasen und vermittelt in 20 Essays Wissenswertes zum Thema. Parkporträts, Natur in der Stadt, Raumplanung, Gartenarchitektur, Geschichte und Zukunft der Grünflächen sind nur einige der aufgegriffenen Inhalte. Zeitgenössische Fotografien von Gregor Graf sowie historische Abbildungen aus der NORDICO-Sammlung veranschaulichen die Entwicklung vom Grün in der Stadt.
VOM ELDORADO UNBESCHWERTER LEBENSLUST ZUR METROPOLE AM BETTELSTAB
Edgard Haider Wien 1918 Agonie der Kaiserstadt 2017. 418 S. mit 125 s/w- und 32 farb. Abb., gebunden. € 29,– D | 30,– A ISBN 978-3-205-20486-2
Alltag in Wien im Schicksalsjahr 1918: Der Historiker Edgard Haider begibt sich erneut auf Spurensuche in die vom Ersten Weltkrieg gezeichnete Großstadt. Ist diese zu Jahresbeginn noch Kaiserstadt und Zentrum der Habsburgermonarchie, so wird sie Monate später nach Zusammenbruch des Reiches zur Hauptstadt einer zum Kleinstaat geschrumpften Republik. Ein Jahr, das die Stadt und ihre Bevölkerung vor enorme Herausforderungen stellt. Kenntnisreich beleuchtet Edgard Haider anhand zahlreicher Dokumente das gesellschaftliche und kulturelle Leben in Wien 1918: Einst Eldorado der Gaumenfreuden und unbeschwerter Lebenslust, ist die Kaiserstadt zu einer Metropole am Bettelstab herabgesunken.
PREISGEKRÖNTE STUDIE ZUM AUFSTIEG DES »URBANEN PASSAGIERS«
Stefan Höhne New York City Subway Die Erfindung des urbanen Passagiers 2017. 383 S. mit 42 s/w- und 22 farb. Abb., gebunden. € 50,– D | 52,– A ISBN 978-3-412-50422-9
Die Eröffnung der ersten großstädtischen Untergrundbahnen um 1900 markiert zugleich den Aufstieg eines zentralen Subjekttypus der Moderne: des urbanen Passagiers. Anhand der New Yorker Subway, des größten städtischen Transitsystems des 20. Jahrhunderts, analysiert Stefan Höhne die historischen Dynamiken der Wissensformen, Steuerungstechniken und Erfahrungswelten ihrer Passagiere. Er zeigt, dass sich in den Wechselwirkungen zwischen Mensch und Maschine zentrale Kulturtechniken der Moderne herausbilden, die sowohl auf Zumutungen und Strapazen der industriellen Massenkultur reagieren wie auch neue Erfahrungswelten und Freiheiten bereithalten. Als besonders innovative wie originelle Studie wurde diese Arbeit mit dem Forschungspreis der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung (gsu) ausgezeichnet.
EIN UMFASSENDER BLICK AUF WOHNUNGS-, VERKEHRS- UND SIEDLUNGSBAUTEN IM STÄNDESTAAT
Andreas Suttner Das schwarze Wien Bautätigkeit im Ständestaat 1934-1938 2017. 288 S. mit 95 s/w- Abb., franz. broschiert. € 38,– D | 40,– A ISBN 978-3-205-20292-9
Der österreichische Ständestaat versuchte von 1934 bis 1938 die international einzigartige, kommunale Bauphase des Roten Wien zu marginalisieren. Im Zentrum der urbanen Baustrategie für Wien stand die autogerechte Verkehrsstadt, die aus nationalen und internationalen Beispielen schöpfte. Der forcierte Straßen- und Brückenbau wurde durch Assanierungsstrategien unterstützt. Diese sollten mittels Reaktivierung privater Finanzierungsmuster und der Schaffung eigener gesetzlicher Grundlagen bewältigt werden. Andreas Suttner geht in diesem Buch umfassend auf Wohnungs-, Verkehrs- und Siedlungsbauten sowie die jeweiligen Strategien ein. Ergänzt wird deren Darstellung anhand der für die sogenannte Österreich-Ideologie wichtigen Kirchen, Denkmäler und geplanten Monumentalbauten der Einheitspartei Vaterländische Front.
NEUE PERSPEKTIVEN AUF WELTBEKANNTE GEBÄUDE
Lil Helle Thomas Stimmung in der Architektur der Wiener Moderne Josef Hoffmann und Adolf Loos 2017. 409 S. mit 95 s/w-Abb., franz. broschiert. € 53,– D | 55,– A ISBN 978-3-205-20527-2
Die Architekten Josef Hoffmann und Adolf Loos setzen sich zeitgleich mit dem Unbehagen gegenüber der eigenen Zeit und den beiden Topoi Ästhetizismus und Psychologismus auseinander. Während Hoffmann im Zuge dessen eine Gestaltpsychologie entwickelt, formt Loos hingegen den Grundsatz einer ökonomischen bzw. ethischen Kulturästhetik aus. Trotz dieser ungleichen Kunstanschauungen ähneln sich die Bauten auf frappierende Weise. Diese erstaunlich widersprüchliche Konstellation wird mittels des zeitgenössischen Phänomens der Stimmung in der Wiener Moderne untersucht. Die Betrachtung von Raum-, Blick- und Bewegungsregie sowie die Analyse der vom Architekten intendierten Bewohner eröffnen neue Perspektiven für die weltbekannten Gebäude – wie das Sanatorium Purkersdorf und das Haus am Michaelerplatz.