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German Pages 405 Year 2010
JOSEF B R Ü D E R L / P E T E R PREISENDÖRFER/ROLF ZIEGLER
Der Erfolg neugegründeter Betriebe
Betriebswirtschaftliche Schriften Heft 140
Der Erfolg neugegründeter Betriebe Eine empirische Studie zu den Chancen und Risiken von Unternehmensgründungen
Von Josef Brüderl, Peter Preisendörfer und Rolf Ziegler 3., erweiterte Auflage
Duncker & Humblot • Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
1. Auflage 1996 2. Auflage 1998 Alle Rechte vorbehalten © 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0523-1035 ISBN 978-3-428-12611-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 © Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort zur dritten, erweiterten Auflage Existenzgründungen und Buchpublikationen haben mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Wie unsere Studien zeigen, ist Anfangserfolg ein guter Prädiktor für längerfristige Überlebenschancen. Die erste Auflage dieses Buches erschien 1996 und war bereits nach gut einem Jahr vergriffen, so daß eine zweite, unveränderte Auflage möglich wurde. Trotz dieses „Anfangserfolges" waren wir freudig überrascht, als nach zehn Jahren der Verlag Duncker und Humblot anbot, eine dritte Auflage erscheinen zu lassen. Ein Grund, den ursprünglichen Text zu überarbeiten, besteht unseres Erachtens nicht, und so sind die ersten elf Kapitel ein unveränderter Nachdruck. Dagegen bringen die drei neuen Kapitel im Anhang eine wesentliche Erweiterung der Fragestellung, der Datenbasis und der empirischen Befunde. Wir sind dem Verleger, Dr. Florian Simon, dafür dankbar, daß er diesen Vorschlag bereitwillig aufgriff. Das erste Anhangkapitel untersucht den Überlebensprozeß neuer Betriebe in drei konjunkturell unterschiedlich gelagerten Gründungskohorten: der Jahre 1985/86, 1990/91 und 1993/94 auf der Basis aller 145.784 Gewerbean- und -abmeldungen im Bereich der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Diese Meldedaten wurden uns von der IHK zur Verfügung gestellt, die das Projekt auch finanziell unterstützte. Für die Kooperationsbereitschaft sind wir der IHK und vor allem Herrn Dr. Konrad Zipperlen zu besonderem Dank verpflichtet. Bei den umfangreichen Datenorganisationsarbeiten ging es vor allem um den Abgleich mit den Interviewdaten der Münchner Gründerstudie, der wegen der Vergabe einer systemfreien Identifikationsnummer nicht mehr direkt möglich war. Die aufwendigen Datenverknüpfungs- und -bereinigungsarbeiten sowie die Auswertungen für einen internen Ergebnisbericht wurden von Werner Fröhlich durchgeführt. Die jetzigen Analysen sollen klären, ob Kohortenunterschiede und nachhaltige Wirkungen des Gründungskontextes bestehen und worauf sie zurückzufuhren sind. Es geht also um die Frage, ob die grundlegenden Mechanismen, die wir in der Münchner Gründerstudie gefunden haben, zeitlich stabil sind. Die zwei weiteren Anhangkapitel verwenden zusätzlich Daten der „Leipziger Gründer Studie" . Bereits kurz nach der Wende entschieden wir uns, eine vergleichende Panelstudie einer Gründungskohorte in den Neuen Bundesländern durchzuführen. Wir wählten die Region Leipzig, weil aus der Evaluations-
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Vorwort zur 3. Auflage
tätigkeit von Rolf Ziegler im Wissenschaftsrat und in der Gründungskommission „Soziologie" gute Kontakte zur Universität Leipzig bestanden, an der übrigens auch in der DDR noch solide empirische Sozialforschung betrieben worden war, und weil die Struktur der Region - ein zentraler Ort und ein größeres Umland - relativ gute Vergleichsbedingungen mit München und Oberbayern schuf. Eine entscheidende Voraussetzung für das Gelingen war die nachhaltige Unterstützung seitens der Handwerkskammer sowie der Industrie- und Handelskammer Leipzig, die uns nicht nur das vollständige Daten- und Adressenmaterial einer Gründungskohorte von 4.162 Betrieben im Jahr 1991 zur Verfügung stellten, sondern auch später das Meldegeschehen dieser Betriebe bis zum Jahre 2002 zugänglich machten. Dafür sind wir beiden Kammern und insbesondere der Hauptgeschäftsführerin der HWK, Frau Sigrid Zimmermann, sowie den Hauptgeschäftsführern der IHK, Herrn Hans-Dieter Manegold und Frau Rita Sparschuh, zu großem Dank verpflichtet. Für die Analysen wurden uns Anfang dieses Jahres von allen drei Kammern zusätzlich die Daten der sog. „Konjunkturbarometer" übergeben. Wir danken dafür auch den Mitarbeitern, die diese Daten aus zum Teil nicht mehr leicht zugänglichen Archiven verfügbar gemacht haben: Frau Dipl.-Ing. Annemarie Pfeil von der HWK Leipzig, Herrn René Schumann von der IHK Leipzig und Herrn Dr. Thomas Schleiermacher von der IHK für München und Oberbayern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft forderte das Leipziger Projekt in den Jahren 1992 bis 1996 durch Sachbeihilfen für beide Forschergruppen in Leipzig und München. Projektleiter in München waren Peter Preisendörfer und Rolf Ziegler, Mitarbeiter waren Thomas Hinz und Christoph Bühler. In Leipzig übernahm Steffen H. Wilsdorf die Leitung und sicherte in einer kritischen Situation die Fortführung und den erfolgreichen Abschluß des gesamten Projektes. Mitarbeiter waren Frigga Dickwach und Siegfried Siebenhüner. Die Konzeption der „Leipziger Gründerstudie" beruht auf den Erfahrungen des Münchner Vorläuferprojektes; soweit möglich wurden identische Erhebungsinstrumente verwendet. Selbstverständlich erforderten die besondere Situation nach der Wende und das andere Design - begleitendes Panel vs. einmalige, retrospektive Befragung - Änderungen und Anpassungen des methodischen Prozedere. Eine Besonderheit war die Entwicklung eines Netzwerkmoduls, das in der abschließenden Befragung eingesetzt wurde. Dieser Teil wurde besonders von Christoph Bühler betreut, der in seiner Dissertation ausführlich über die Ergebnisse berichtet. Die Verantwortung für die Erhebungen - insgesamt wurden 2.636 schriftliche und 1.366 mündliche Interviews durchgeführt - lag in den Händen des Leipziger Teams. Datenerfassung und Analysen erfolgten in München. 187 Handwerksbetriebe und 437 IHK-Unternehmen konnten wiederholt befragt werden. Thomas Hinz hat in seiner 1998 erschienenen Monographie die Ergeb-
Vorwort zur 3. Auflage
nisse der Leipziger Studie, auch im Vergleich zur Münchner Erhebung, umfassend dargestellt. Diese Arbeit wurde mit einem Förderpreis der LudwigMaximilians-Universität München ausgezeichnet. Alle im Rahmen der Münchner und Leipziger Gründerstudien erschienenen Publikationen haben wir im Anhang in einem besonderen Verzeichnis zusammengestellt. Das zweite Kapitel des Anhangs enthält - auf dem Hintergrund einer Beschreibung des Gründungsgeschehens „von unten" in den neuen Bundesländern - eine vergleichende Analyse der Erfolgs- und Überlebenschancen der ost- und westdeutschen Neugründungen. Worin Unterschiede bestehen und worauf sie beruhen, ist die zentrale Forschungsfrage. Die Ergebnisse dieses Kapitels belegen, daß trotz einiger Besonderheiten der Marktsituation nach der Wende die grundlegenden Mechanismen auch regional stabil sind. Im letzten, dritten Kapitel wird untersucht, ob frühes Wachstum die längerfristigen Überlebenschancen fordert, auch unabhängig davon, ob es zu erwarten war oder nicht. Wir danken allen Beteiligten, nicht zuletzt den zahlreichen Gründerinnen und Gründern, die durch ihre bereitwillige Mitarbeit diese beiden Forschungsprojekte ermöglicht und gefordert haben. Auch die Daten der Leipziger Gründerstudie wurden dem Zentralarchiv für empirische Sozialforschung, Köln, übergeben und stehen dort allen interessierten Forschern für Sekundäranalysen zur Verfügung.
Mannheim / Mainz / München, im Juni 2007
Josef Brüderl, Peter Preisendörfer, Rolf Ziegler
Vorwort zur zweiten Auflage Für Betriebsgründer ist die Möglichkeit der Geschäftserweiterung nach relativ kurzer Zeit eine willkommene Chance und ein Zeichen unternehmerischen Erfolgs. Für Buchautoren ist es ebenso erfreulich, wenn nach gut einem Jahr alle Exemplare der ersten Auflage vergriffen sind und eine zweite Auflage möglich wird. Wir sind dem Verlag Duncker & Humblot für dieses Angebot sehr zu Dank verpflichtet. Ein Anlaß, die Geschäftsidee unserer „Münchner Gründerstudie" zu ändern, besteht nicht, und so handelt es sich bei der zweiten Auflage um einen unveränderten Nachdruck. Wir sind allen Lesern für hilfreiche Kommentare und wertvolle Anregungen dankbar und möchten zu konstruktiver Kritik auffordern und ermuntern. München und Rostock, im Januar 1998
Josef Brüderl, Peter Preisendörfer, Rolf Ziegler
Vorwort zur ersten Auflage Das vorliegende Buch ist das Resümee der langjährigen Arbeiten der Autoren über die Erfolgsaussichten neugegründeter Betriebe. Im Rückblick könnte man diese „Münchner Gründerstudie" selbst als Beispiel einer Existenzgründung auffassen, bei der - wenn der Anschein nicht trügt - eine Reihe von Erfolg verheißenden Faktoren vorlag. Die beteiligten Personen verfügten nicht nur über allgemeines Humankapital in der empirischen Sozialforschung, sondern auch über spezifische „Branchenerfahrung", die sie in einem Vorläuferprojekt anhand der in Oberbayern in den 80er Jahren erfolgten Gewerbemeldungen erworben hatten. Neben der Kenntnis der einschlägigen Literatur wurde mit diesem Vorläuferprojekt vor allem eine Datenbasis geschaffen, die ein in der Gründungsforschung seltenes Forschungsdesign ermöglichte: Aus der Grundgesamtheit aller Gewerbeanmeldungen der Jahre 1985 und 1986 im Bereich der Industrie- und Handelskammer von München und Oberbayern wurde eine Stichprobe gezogen, und die ausgewählten 1849 Unternehmensgründer wurden im Frühjahr 1990 retrospektiv über den Verlauf ihrer Existenzgründung mündlich befragt. Wir beschränkten uns also nicht auf die zum Erhebungszeitpunkt noch bestehenden Betriebe und konnten dadurch den
Vorwort zur . Auflage
sogenannten „Survivor-Bias" vermeiden, der das Bild schönt und keine stichhaltigen Aussagen über den Erfolg neugegründeter Betriebe zuläßt. Daß wir unser - in zugegeben unbescheidener Selbsteinstufung - „innovatives Gründungskonzept" verwirklichen konnten, lag sicher auch an der Einbindung in ein günstiges Umfeld. Die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern hat uns als „Lieferant" mit der Ausgangsdatenbasis versorgt. Dafür bedanken wir uns beim Hauptgeschäftsführer der IHK, Herrn Professor Dr. Wilhelm Wimmer, und insbesondere bei Herrn Dr. Konrad Zipperlen, der uns aus der Praxis der Existenzgründungsberatung wichtige Informationen vermittelte. Das für den Erfolg einer Neugründung im Bereich der empirischen Sozialforschung unerläßliche Fremdkapital stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft zur Verfügung, die das Projekt mit einer Sachbeihilfe (Zi 207/7) in den Jahren 1989 bis 1991 gefördert hat. Den Gutachtern der DFG danken wir für den Vertrauensvorschuß; vor allem möchten wir uns bei unserer „Kreditsachbearbeiterin", Frau Helga Hoppe, für die aufgeschlossene, stets hilfreiche Betreuung herzlich bedanken. Schließlich aber nicht zuletzt gilt unser Dank den befragten Gründern, die uns ihre Zeit opferten und bereitwillig Auskunft über sich und ihren Betrieb, über ihren Erfolg und ihre Schwierigkeiten gaben, ohne daß dies eine für sie rentable, ökonomische Transaktion gewesen wäre. Die Bedingungen der „Kreditvergabe" durch die DFG erforderten eine gründliche Planungsphase und ein ausgearbeitetes Konzept, beides Faktoren, die nach unseren Befunden die Erfolgschancen verbessern. Dazu zählt auch die „Startgröße" einer Neugründung: die Münchner Gründerstudie war kein „EinMann-Betrieb". Neben den Autoren dieses Buches, die für die Konzeption der Studie verantwortlich zeichnen, waren es vor allem Monika Jungbauer-Gans und Walter Kiefl sowie Rudolf Schüßler, Gabriele Wiedenmayer und Frauke Wilkens, die zum Gelingen beigetragen haben. Allen Mitarbeitern und auch den studentischen Hilfskräften (Axel Baumann, Christoph Bühler, Elisabeth Hahn, Thomas Hinz, Christian Löb, Alexander Milanovic und Robert Weikinger) möchten wir für ihren ideenreichen und tatkräftigen Einsatz herzlich danken. Es macht Spaß, mit einem solchen Team zu arbeiten. Daß eine solche - mit DFG-Fremdkapital und mit Eigenkapital des Instituts für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München finanzierte - „manund woman-power" notwendig war, hing auch mit der Entscheidung zusammen, so wenig „out-sourcing" wie möglich zu betreiben. Nur die Durchführung der Interviews wurde dem Interviewerstab der Firma Foerster & Thelen, Bochum, übertragen. Kontaktaufnahme mit den Befragten und Feldsteuerung erfolgten jedoch in Zusammenarbeit mit dem Leiter des Interviewerstabes durch die Projektgruppe vor Ort in München. Es bestätigte sich wieder die Erfahrung, daß auch bei größeren, standardisierten Befragungen die aktive Mitarbeit der Primärforscher in allen Phasen eines Projektes für die
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Vorwort zur . Auflage
Qualität der Daten, die Ausschöpfimg der Stichprobe und das bei der Auswertung hilfreiche Hintergrundwissen ausschlaggebend ist. Erfolgsfördernd ist nach unseren Ergebnissen auch die Tatsache, daß ein Betrieb zu Vollerwerbszwecken gegründet wird. Für einige Mitarbeiter war dies in besonderem Maße der Fall. Monika Jungbauer-Gans hat in ihrer inzwischen veröffentlichten Dissertation die besonderen Probleme von Frauen als Unternehmerinnen untersucht und konnte sich dabei zunutze machen, daß mit unseren Daten ein stringenter Vergleich der Erfolgschancen der von Frauen und Männern neugegründeten Betriebe möglich ist. Peter Preisendörfer hat für dieses Buch mit seiner Habilitationsschrift an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität wesentliche Vorarbeiten geleistet. Eine Reihe von Einzelanalysen wurde bereits in nationalen und internationalen Zeitschriften veröffentlicht. Auf Grund dieser Publikationen wurde der Forschungsgruppe der „bifego-Gründungsforschungspreis 1993" verliehen. Ein in der Zeitschrift für Soziologie 1992 erschienener Artikel von Monika Jungbauer-Gans und Peter Preisendörfer wurde mit dem Thyssen-Preis ausgezeichnet. Wir freuen uns über diese Anerkennung, die unsere Arbeiten gefunden haben. Schließlich haben Monika Jungbauer-Gans und Walter Kiefl auf der Grundlage der Münchner Gründerstudie zwei „Ratgeber für die Praxis" veröffentlicht. Das vorliegende Buch ist jedoch keine bloße Kompilation der bisherigen Einzelpublikationen, sondern eine systematische, umfassende Darstellung der theoretischen und methodischen Konzeption der Münchner Gründerstudie. Als abschließender Erfahrungsbericht enthält es eine Fülle von neuen, weiterführenden und differenzierteren Analysen und Ergebnissen. Wir haben uns bemüht, die Befunde sprachlich und in der tabellarischen bzw. graphischen Darstellung so zu präsentieren, daß sie - so hoffen wir - auch für diejenigen nachvollziehbar und verständlich sind, die mit den zum Teil komplexen Analyseverfahren nicht vertraut sind. Das methodische Instrumentarium sollte ein (notwendiges) Hilfsmittel sein, um inhaltliche Fragestellungen adäquat beantworten zu können, aber keine Kommunikationsbarriere bilden. Die Daten der Münchner Gründerstudie wurden dem Zentralarchiv für empirische Sozialforschung, Köln, übergeben und stehen dort allen interessierten Forschern für Sekundäranalysen zur Verfugung. München, im Oktober 1995
JosefBrüderl, Peter Preisendörfer, Rolf Ziegler
Inhaltsverzeichnis I.
Einführung 1. Gründe für das Interesse an Kleinbetrieben 2. Einordnung der Thematik in die aktuelle Forschungslandschaft 3. Ziele und Vorgehen der Arbeit
11 11 13 16
II.
Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Gründungsforschung 1. Allgemeine theoretische Perspektiven a) Ökonomische Forschungstradition: Betriebsgründer als „dynamische Unternehmer" im Sinne Joseph Schumpeters? b) Soziologische Forschungstradition: Max Webers „protestantische Leistungsethik" und deren Fortführungen 2. Bereichsbezogene „Leitlinien-Theorien" a) Personenzentrierte Ansätze b) Betriebliche Ansätze und die Idee des „organizational imprinting" c) Umfeldbezogene Ansätze 3. Spezifischere Theorien a) Skizze des Spektrums spezifischerer Theorien b) Humankapitaltheorie c) Perspektive sozialer Netzwerke d) Transaktionskostenansatz e) Organisationsökologie
27 33 33 36 38 41 41 45 51 55 59
HI.
Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis 1. Grundgesamtheit und Stichprobe 2. Adressenaktualisierung und Durchführung der Erhebungen 3. Probleme der Ausschöpfung 4. Oberbayern als Untersuchungsregion
67 67 69 72 75
IV.
Das Sozialprofil von Unternehmensgründern 1. Theoretische Vorüberlegungen: Wer gründet neue Betriebe? 2. Demographische Merkmale und soziale Herkunft 3. Humankapital und beruflicher Hintergrund 4. Unternehmerische Einstellungen
79 79 82 85 88
V.
Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen 1. Indikatoren und Meßziffern betrieblichen Erfolgs 2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen 3. Korrelationen der Erfolgskennziffern
20 21 22
91 91 93 102
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VI.
Inhaltsverzeichnis
Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs-und Überlebenschancen 106 1. Spektrum der im Basismodell untersuchten Erfolgsdeterminanten 106 2. Statistische Verfahren zur Analyse des Überlebens- und Erfolgsprozesses .... 110 3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen 114
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren 1. Humankapitalressourcen des Untemehmensgründers a) Detailhypothesen zur Humankapitaltheorie b) Indirekte Selektionseffekte von Humankapital 2. Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk a) Operationale Erfassung der Netzwerkunterstützung b) Netzwerkunterstützung und betrieblicher Erfolg 3. Frauen als Unternehmerinnen a) Humankapitalausstattung von Gründerinnen und Gründern b) Art der von Frauen und Männern gegründeten Betriebe c) Erfolgschancen von Frauen- im Vergleich zu Männerbetrieben d) Sind Gründerinnen infrauentypischen Branchen erfolgreicher? 4. Weitere personenbezogene Merkmale 5. Die Bedeutung von Vorbereitungs- und Planungsaktivitäten a) Ausmaß der Gründungs Vorbereitung und-planung b) Erfolgsrelevanz von Vorbereitung und Planung
122 123 123 128 131 133 134 138 139 142 146 149 153 160 162 164
VIII. Erweiterungen des Basismodells II: Betriebsbezogene Erfolgsfaktoren 1. Kapitalausstattung der Betriebe a) Höhe und Zusammensetzung des Startkapitals b) Startkapital und Eigenkapitalquote als Erfolgsdeterminanten 2. Effekte einer staatlichen Gründungsfinanzierung a) Welche Gründer und Betriebe werden bevorzugt gefördert? b) Staatliche Förderung und betrieblicher Erfolg 3. Firmenübernahmen im Vergleich zu originären Neugründungen 4. Gründung mit oder ohne Geschäftspartner? 5. Vollerwerbs-versus Nebenerwerbsgründungen 6. Betriebliche Strategien
167 168 168 170 174 176 181 183 188 194 199
IX.
Erweiterungen des Basismodells III: Umfeldbezogene Erfolgsfaktoren 204 1. Einflüsse der regionalen Ansiedlung der Betriebe 205 2. Anbindung einer Gründung an einen anderen Betrieb 209 3. Struktur des Lieferanten- und Kundenkreises 212 4. Markt-und Branchencharakteristika 216 5. Interaktionen der Branchencharakteristika mit betrieblichen Strategien 227 6. Branchenspezifische Disaggregationen des betrieblichen Erfolgsprozesses.... 234
X.
Ergänzende Problemstellungen 1. Beschäftigungsdynamik und betriebliches Überleben 2. Effekte betrieblichen Wandels auf die Erfolgschancen 3. Gründe für die Auflösung von Betrieben 4. Betrieblicher Erfolg im Lichte der ergänzenden Erfolgskennziffern
242 243 256 266 272
Inhaltsverzeichnis
XL
Schluß 1. Gesamtskizze der empirischen Befunde 2. Beschränkungen der Untersuchung 3. Desiderata für die künftige Gründungsforschung
276 276 280 283
Anhang A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen - ein Kohortenvergleich 1. Einleitung 2. Die Datengrundlage 3. Betriebliche und persönliche Merkmale der Unternehmensgründungen a) Betriebliche Merkmale b) Eigenschaften der Gründungspersonen 4. Überlebenschancen der Existenzgründungen im Kohorten vergleich a) Der Überlebensprozeß in den drei Gründungskohorten b) Betriebsspezifische Ergebnisse c) Persönliche Merkmale der Gründungspersonen 5. Multivariate Analyse der Einflußfaktoren in den drei Kohorten 6. Ursache und Nachhaltigkeit der Kohorteneffekte 7. Schlußbemerkung
288 288 291 294 296 298 301 302 305 308 311 315 318
A-IL Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen in Ost- und Westdeutschland - ein Vergleich 1. Einleitung 2. Die Ausgangslage 3. Interesse und Bereitschaft zu beruflicher Selbständigkeit in den alten und neuen Bundesländern nach der Wende 4. Die Entwicklung der Neugründungen im Spiegel der Gewerbestatistik 5. Die Datenbasis der Münchner und Leipziger Gründerstudien 6. Die Gründer und ihre Betriebe - ein deskriptiver Vergleich a) Das Sozialprofil der Gründer b) Merkmale der Betriebsgründungen 7. Vergleichende Analyse der Gründungsdynamik in Ost und West 8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
324 326 330 332 332 336 342 345
A-in. Anfangserfolg und längerfristige Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen 1. Einleitung 2. Die Erfolgsdeterminanten des Basismodells 3. Zur Messung des Anfangserfolges betrieblicher Neugründungen 4. Frühes Wachstum und längerfristiger Erfolg 5. Schlußfolgerungen
354 354 355 357 361 366
322 322 323
Verzeichnis der Publikationen zu den Münchner und Leipziger Gründerstudien... 368 Literaturverzeichnis 373 Namenverzeichnis 391 Sachverzeichnis 395
I. Einführung Die vorliegende Arbeit ist eine empirische Studie über die Erfolgsaussichten neugegründeter Betriebe. Wir werden uns im folgenden ausfuhrlich mit verschiedenen Aspekten von Erfolg und Mißerfolg von Neugründungen beschäftigen. Besonders breiten Raum werden wir der Identifizierung von erfolgsbestimmenden Faktoren widmen. Da Betriebs- bzw. Unternehmensgründungen in der Regel klein und bescheiden ausfallen, kann man die hauptsächliche Thematik der Studie auch in der folgenden Fragestellung zusammenfassen: Von welchen Faktoren hängt der Erfolg neugegründeter Kleinbetriebe ab?
1. Gründe für das Interesse an Kleinbetrieben Nach einem jahrzehntelangen Rückgang der Zahl der beruflich Selbständigen in fast allen westlichen Industrieländern deutet sich seit etwa Mitte der 70er Jahre eine Trendwende an, die vielfach bereits als „Renaissance der Selbständigen" 1 gedeutet wird (dazu z.B. Bögenhold 1987; Sengenberger und Loveman 1987; Steinmetz und Wright 1989; Leicht und Stockmann 1993; Pfeiffer 1994). In mehreren Ländern kann die Selbständigenquote einen zum Teil deutlichen Aufschwung verzeichnen, und die Betriebsgrößenstrukturen folgen nicht mehr der wohlbekannten Regelhaftigkeit einer Verschiebung hin zu größeren Einheiten (Acs und Audretsch 1993). Wenngleich im einzelneil noch nicht ausgemacht ist, ob es sich dabei tatsächlich um eine „strukturelle Trendwende" handelt, sind Erklärungen für den „Strukturbruch" schnell zur Hand. Tertiarisierung der Wirtschaft, flexible Spezialisierung, hochleistungsfähige Kleintechnologien, Deregulierung von Märkten, betriebliche Auslagerungsstrategien, Streben nach stärker selbstbestimmten Arbeitsformen, sich ausdifferenzierende Konsumenten wünsche sind einige Stichworte in der Debatte. Trotz eines gelegentlich gegenteiligen Eindrucks ist auch in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften ein beträchtlicher Teil der Erwerbstätigen in Kleinbetrieben beschäftigt (dazu z.B. Granovetter 1984). Mithin stellt die Arbeit in kleinbetrieblichen Einheiten eine zentrale Erfahrung in der Erwerbsund Lebensbiographie eines großen Teils der Bevölkerung dar. Hinzu kommt,
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I. Einführung
daß speziell durch Betriebsgründungen regelmäßig neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Vor allem in Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktlage findet das Potential neugegründeter Betriebe, zusätzliche Arbeitsplätze bereitzustellen, eine besondere Beachtung. Über Prozesse der Neugründung und des Absterbens von (zumeist kleinen) Betrieben vollzieht sich ein wesentlicher Teil des wirtschaftlichen Strukturwandels (dazu z.B. Joos 1987). Der ständige Zustrom neuer Betriebe in die verschiedenen Sektoren der Wirtschaft stellt eine Herausforderung für die jeweils etablierten Betriebe dar. Er wirkt Tendenzen zur Konzentration wirtschaftlicher Macht entgegen, trägt zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs bei und ist notwendige Voraussetzung für einen „dynamischen Kapitalismus" (Kirchhoff 1994). Neugegründete Kleinbetriebe versuchen vielfach, nichtabgedeckte Marktnischen zu besetzen, indem sie neue Produkte und Dienstleistungen anbieten. Für die Konsumenten wird dadurch die Vielfalt des Angebots gesteigert, und auch spezielle Verbraucherwünsche können „kundennah" befriedigt werden. Der kleinbetriebliche Sektor kann als Experimentierfeld für unternehmerische Talente und als Bereich zur Einübung unternehmerischer Qualifikationen angesehen werden. Wenngleich die individuelle Wahrscheinlichkeit des Übergangs vom „Klein-" zum „Großunternehmer" sicherlich gering ist, dürfte sich ein beträchtlicher Teil der später „potenten Unternehmer" aus der großen Zahl der kleinen Selbständigen rekrutieren. Die Möglichkeit, eine eigene wirtschaftliche Existenz in Form eines selbständigen Betriebes aufzubauen, eröffnet zudem für bestimmte soziale Gruppen die Chance zu sozialem Aufstieg. So gehört der Weg von der Lehrlingsausbildung, zum Gesellen, hin zum selbständigen Handwerksmeister seit langem zu den „klassischen Pfaden" vertikaler Mobilität. In anderen Fällen kann die Gründung eines Kleinbetriebes auch ein Weg aus der Arbeitslosigkeit sein (Kaiser und Otto 1990). Schließlich darf die politische Bedeutung des Kleinunternehmertums nicht unterschätzt werden. Auf der ideologischen Ebene können Vorstellungen wie etwa die Idee des „being one's own boss" als zentrale Bestandteile des modernen „Geistes des Kapitalismus" gedeutet werden. In der konkreten Umsetzung auf das „politische Alltagsgeschäft" läßt sich argumentieren, daß die kleinen Selbständigen aufgrund ihrer besonderen sozialen Lage und der damit verbundenen politischen Werthaltungen und Orientierungen tendenziell als Stütze und stabilisierendes Element einer liberalen Wirtschaftsordnung fungieren. Die voranstehende Zusammenstellung einiger Gründe, die - mit Blick auf aktuelle Diskussionszusammenhänge - eine wissenschaftliche Beschäftigung
2. Einordnung der Thematik
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mit (neugegründeten) Kleinbetrieben rechtfertigen, verweist bereits darauf, daß die Thematik der Untersuchung in mehrere Bereiche der sozialwissenschaftlichen Forschung hineinreicht. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien im folgenden die wichtigsten Forschungszweige, die sich der Thematik neugegründeter Betriebe und kleiner Selbständiger zuwenden, kurz resümiert.
2. Einordnung der Thematik in die aktuelle Forschungslandschaft Die Arbeitsmarktforschung hat Kleinbetriebe und kleinbetriebliche Neugründungen vor allem unter dem Aspekt ihres Potentials zur Schaffung neuer Arbeitsplätze seit Ende der 70er Jahre „wiederentdeckt". Den Ausgangspunkt bildeten dabei die Arbeiten von Birch (1979, 1987), der für die USA die Behauptung aufstellte, daß im Zeitraum 1969-1976 zwei Drittel aller netto neu hinzugekommenen Arbeitsplätze von Betrieben mit 20 und weniger Beschäftigten bzw. von neugegründeten Betrieben geschaffen wurden. Die von Birch im Jahr 1979 vorgelegten Befunde haben eine geradezu hektische Folgeforschung in Gang gesetzt (vgl. Eckart et al. 1987; Fritsch und Hull 1987; Storey und Johnson 1987; König 1994; Storey 1994: Kap. 6). Wenngleich dabei einige Mängel der Birch-Studie aufgezeigt wurden, so scheint sich insgesamt doch ein relativer Konsens dahingehend herauszukristallisieren, daß Kleinbetriebe und kleinbetriebliche Neugründungen zumindest seit Mitte der 70er Jahre einen nennenswerten positiven Beitrag zur Schaffung neuer Arbeitsplätze leisten. Dieser Konsens hat auf der anderen Seite die Diskussion über die Qualität der in kleinen Betrieben neugeschaffenen Arbeitsplätze stimuliert. Nicht nur für die USA wird dabei vielfach behauptet, daß es sich zum großen Teil um sogenannte „low quality jobs" handelt (Rainnie 1989; Brown et al. 1990; Audretsch 1995: Kap. 5). Anders als in der Arbeitsmarktforschung, in der die Beschäftigung mit kleinbetrieblichen Neugründungen aktuell einen regelrechten Boom erlebt, bilden Selbständige, neue Betriebe und Unternehmensgründer ein regelmäßiges Thema der sogenannten „Entrepreneurship-Forschung". Als Begründer dieser Forschungsrichtung wird in der Regel Schumpeter (1952) mit seinem Konzept des dynamischen (neue Kombinationen durchsetzenden) Unternehmers angesehen. Sieht man einmal von eher randseitigen Themen der EntrepreneurshipForschung ab, lassen sich im wesentlichen zwei Forschungsschwerpunkte unterscheiden: (1) Auf der einen Seite stehen sozialhistorische und kulturvergleichende Studien über die Entwicklung und Ausbreitung des Unternehmertums und dessen Rolle im Prozeß der wirtschaftlichen Entwicklung (z.B.
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I. Einführung
Wilken 1979). Dabei geht es um die Frage, unter welchen wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen sich das freie Unternehmertum herausbilden und durchsetzen kann bzw. konnte, oder auch um die Frage, inwieweit sich das freie Unternehmertum als eigenständige Antriebskraft im Prozeß der industriellen Entwicklung einstufen läßt. (2) Sehr viel zahlreicher sind auf der anderen Seite die Versuche, individuelle Eigenschaften und „die Persönlichkeit" erfolgreicher Unternehmer aufzudecken. In der Tat hat sich die Entrepreneurship-Forschung relativ einseitig auf die Person des Unternehmers und Betriebsgründers konzentriert, d.h. auf deren individuelle Dispositionen, mehr oder weniger stabile Persönlichkeitseigenschaften, Charakterzüge u.ä. (für einen Überblick Klandt 1984). Das Spektrum der Arbeiten reicht dabei von vielgelesenen Biographien erfolgreicher Unternehmer, über Betriebsfallstudien, bis hin zu repräsentativen Breitenuntersuchungen. Die soziologische Ungleichheits- und Mobilitätsforschung hat sich mit den kleinen Selbständigen schon immer ziemlich schwer getan. Mobilitätsstudien behandeln die Selbständigen zumeist als eine Kategorie neben vielen und stellen normalerweise ein überdurchschnittliches Maß an „Selbstrekrutierung" im Bereich der Selbständigen fest (für einen Überblick Bögenhold 1985, 1989). In der modernen Schichtungsforschung werden die kleinen Selbständigen häufig unter den etwas verfänglichen Etiketten der „petty bourgeoisie" oder des „mittelständischen Kleinbürgertums" abgehandelt (Pappi 1981; Scase und Goffee 1982; Bechhofer und Elliott 1985; Bögenhold 1992). Stark vereinfacht lassen sich zwei Traditionen und Orientierungen bezüglich der ambivalenten Klassenlage der kleinen Selbständigen unterscheiden: (1) Die marxistisch inspirierte Klassentheorie sieht die kleinen Selbständigen tendenziell als „Anachronismus" und prognostiziert einen (relativen) Bedeutungsschwund dieser Klasse im Zuge der industriellen Entwicklung. Eingeschlossen zwischen die beiden großen Blöcke von Arbeit und Kapital, wird eine schrittweise Ausdünnung der Zwischenlage der kleinen Selbständigen behauptet, wobei deren Eingliederung in die Arbeiterklasse erfolgen soll. 1 (2) Demgegenüber
1
Bei dieser Sichtweise entsteht das Problem, „the stubborn, almost incomprehensible persistence of the stratum in all industrial capitalist societies" (Bechhofer und Elliott 1976: 75) zu erklären. Bögenhold (1992) verweist darauf, daß die Marxsche Prognose des Niedergangs der kleinen Selbständigen vielfach von Vertretern der „bürgerlichen Soziologie" geteilt wurde. Auch bei Theodor Geiger (1955) z.B. findet sich - mit dem Argument eines steigenden Kapitalbedarfs bei der Begründung einer selbständigen Existenz - die These einer Reduktion der selbständigen Erwerbsarbeit. Frühzeitig aber gab es auch Stimmen (z.B. Gustav Schmoller 1959), die davor gewarnt haben, den kleinbetrieblichen Sektor vorschnell als „Restposten" des Wirtschaftslebens zu betrachten.
2. Einordnung der Thematik
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erwarten Protagonisten der postindustriellen Gesellschaft (Bell 1979) eher eine zunehmende Bedeutung der kleinen Selbständigen, wobei speziell die sogenannten alternativen Selbständigen ein beträchtliches Interesse auf sich gezogen haben. Hier werden zum Teil die Argumente vorgetragen, die bereits oben als Erklärungen für die jüngste Trendwende bei der Zahl der Selbständigen angedeutet wurden. Von Bedeutung erscheint in diesem Zusammenhang auch die aktuelle soziologische Diskussion um die Tendenzen zur Individualisierung biographischer Muster sowie zur Entstandardisierung der Erwerbsarbeit (Beck 1986: Kap. V und VI). Vermehrte Versuche zur beruflichen Selbständigkeit lassen sich zum einen als Ausfluß einer Herauslösung aus traditionellen Bindungen und zum anderen als aktive Bemühungen zur Gestaltung einer beruflichen Wahlbiographie sehen. Insgesamt hat die Debatte um die Renaissance der Selbständigkeit zweifellos das Interesse der Schichtungsforschung an den Selbständigen stark belebt. Die Organisationsforschung - insbesondere auch die deutsche Industrie- und Betriebssoziologie - war lange Zeit geradezu gefangen vom Bild der hierarchisch strukturierten, formalisierten, zentralisierten und mehr oder weniger bürokratischen Großorganisation (für einen Überblick zum folgenden vgl. z.B. Scott 1992). Im Gefolge von Max Webers Bürokratietheorie wurde hauptsächlich das interne Funktionieren und die interne Strukturierung großer Organisationen untersucht. Auch mit dem Übergang von den sogenannten „closed system" zu den „open system models", z.B. in Form der Kontingenztheorien, wurde die Fixierung auf Großorganisationen zunächst weitgehend beibehalten. Erst in jüngster Zeit scheint sich hier eine Veränderung der Perspektive durchzusetzen. Speziell im Rahmen des organisationsökologischen Ansatzes (Überblicke geben Hannan und Freeman 1989; Ziegler 1995) wird die gesamte Bandbreite von Organisationen ins Blickfeld genommen. Allein aufgrund der bloßen Verteilungen unterschiedlicher Organisationsgrößen treten damit kleine Betriebe und Organisationen und deren Dynamik stärker in den Vordergrund. Weiterhin deutet sich in der Organisationsforschung eine gewisse Rehabilitierung der sogenannten Lebenszyklus-Modelle von Organisationen an (für Übersichten z.B. Kimberly und Miles 1980; Whetten 1987). Da der Lebenszyklus einer Organisation mit der Gründung beginnt und im ungünstigen Fall mit der Auflösung endet, erscheinen diese Modelle für die Untersuchung von Kleinbetrieben und deren Entwicklung von unmittelbarem Interesse. Auch in der ökonomischen Forschung und dabei vor allem im Bereich der Industrieökonomik
(z.B. Scherer und Ross 1990) werden zahlreiche Problem-
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I. Einführung
Stellungen bearbeitet, die für die Untersuchung von Kleinbetrieben und kleinen Selbständigen zweifellos wichtig erscheinen. Da an dieser Stelle noch nicht in die Detaildiskussion eingetreten werden soll, seien lediglich einige der einschlägigen Forschungsfelder in Stichworten aufgeführt: Fragen des Wettbewerbs und der Unternehmenskonzentration, Probleme des Marktzutritts und der Marktzutrittsbarrieren, Überlegungen zur minimalen und/oder optimalen Betriebsgröße, die These positiver Skalenerträge (economies of scale), Theorien der Unternehmung, Entscheidungskalküle zum Schritt in die berufliche Selbständigkeit u.a.m. Obwohl im Rahmen ökonomischer Analysen vielfach in sich schlüssige (mathematische) Modelle vorgelegt werden, hinkt die empirische Umsetzung in vielen Fällen noch immer beträchtlich hinterher. Literatur „Last but not least" darf die umfangreiche betriebswirtschaftliche zu Betriebsgründungen und kleinen Selbständigen nicht unerwähnt bleiben. In der Tat fließen die meisten der reichlich vorhandenen praktischen Ratgeber zur Selbständigkeit und Existenzgründung („Wie mache ich mich selbständig?") aus der Feder von Betriebswirten. Daneben stehen zahlreiche empirische Studien, 2 die sich direkt mit den Risiken und Chancen neugegründeter Betriebe auseinandersetzen und deren Ergebnisse wesentliche Fragestellungen der vorliegenden Arbeit inspiriert haben. Folgen wir den Ergebnissen einer Erhebung von Müller-Böling und Klandt (1990), sind - in der Reihe ihrer Nennung - die wichtigsten Felder der betriebswirtschaftlichen Gründungsforschung der Gründungsprozeß, der Gründungskontext, Strukturmerkmale der gegründeten Betriebe, die Gründerperson und der Gründungserfolg. 3
3. Ziele und Vorgehen der Arbeit Im folgenden soll noch etwas genauer auf die Ziele und Anliegen der vorliegenden Untersuchung eingegangen werden. In ihrem Kern ist die Arbeit eine empirische Studie. Es werden die Ergebnisse und Befunde einer empirischen Erhebung präsentiert, die die Untersuchung der Erfolgs- und Überlebenschancen neugegründeter Kleinbetriebe als unmittelbaren Gegenstand hatte. Angesichts des in der Gründungsforschung vielbeklagten Defizits an fundierten
2
Für die Bundesrepublik Deutschland kann hier insbesondere auf die Publikationsreihe des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung verwiesen werden. 3
Die Arbeiten von Szyperski und Nathusius (1977) und Klandt (1984) wurden in der Erhebung von Müller-Böling und Klandt (Befragung von rund 300 „Gründungsexperten") als die beiden wichtigsten deutschsprachigen Publikationen im Forschungsfeld eingestuft.
3. Ziele und Vorgehen der Arbeit
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und brauchbaren empirischen Informationen über neugegründete Betriebe (Müller-Böling 1984; Fritsch und Hull 1987; Klandt und Münch 1990) erscheint dieses Anliegen allein für sich genommen bereits hinreichend. Allerdings beschränkt sich die Arbeit nicht nur auf eine Analyse des durch die eigene Erhebung vorgegebenen Datenmaterials. Indem an zahlreichen Stellen Vergleiche mit den Ergebnissen anderer Studien angestellt werden, soll gleichzeitig ein Überblick über den Stand der Gründungsforschung gegeben werden. Da sich die Gründungsforschung im Schnittfeld mehrerer Disziplinen bewegt, ist dies keineswegs eine leichte Aufgabe. Daneben beansprucht die nachstehende Arbeit in zwei Bereichen einen genuinen Beitrag zur Gründungsforschung: zum einen auf der Ebene der Erhebungs- und Auswertungsmethoden und zum anderen auf der theoretischen Ebene. Was zunächst den „Methodenbereich " anbelangt, versuchen wir es in zweifacher Hinsicht „besser zu machen" als vergleichbare Vorgängerstudien: (1) In ihrem Forschungs- und Erhebungsdesign leiden die meisten Studien im Bereich der Gründungsforschung daran, daß sie - abgesehen von oft sehr kleinen und nicht-repräsentativen Stichproben - ausschließlich sogenannte „Survivor"-Betriebe betrachten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt werden eine Reihe von mehr oder weniger jungen und noch bestehenden Betrieben untersucht, und retrospektiv wird die Entwicklung dieser Betriebe nachvollzogen. Dabei fallen diejenigen Betriebe, die nur für kurze Zeit bestanden und zum Erhebungszeitpunkt bereits wieder aufgegeben wurden, systematisch aus der Stichprobe (für vier beliebig ausgewählte Beispiele solcher Untersuchungen: Hunsdiek und May-Strobl 1986; Weitzel 1986; Picot et al. 1989; Fritsch 1990). Aufgrund dieses „Survivor-Bias" wird tendenziell ein zu positives Bild der Erfolgschancen neugegründeter Betriebe gezeichnet, da gerade die „Problemfälle" der kurzlebigen Betriebe unberücksichtigt bleiben. (2) Hinsichtlich der statistischen Analysetechniken bewegt sich die bundesdeutsche und auch die internationale Gründungsforschung bislang auf einem recht bescheidenen Niveau. Es dominieren schlichte Grundauszählungen der jeweiligen Erhebungen und elementare bivariate Analysen. Obwohl der Wert dieser Techniken keineswegs unterschätzt werden darf, wird damit das Datenmaterial in der Regel nicht effizient ausgeschöpft. Hinzu kommt, daß bei Betriebsmerkmalen starke Interkorrelationen bestehen. Solange sie lediglich auf bivariaten Aufgliederungen basieren, dürfen daher (als Vermutungen über Kausalzusammenhänge formulierte) Aussagen wie z.B. „Fehlschläge bei Firmenübernahmen im Vergleich zu Neugründungen niedriger", „Kleine Firmen sterben schneller", „Person des Gründers der dominierende Erfolgsfaktor" nur mit Vorsicht hin-
2 Brüderl u. a.
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I. Einführung
genommen werden. In der vorliegenden Arbeit sollen auch elaboriertere, multivariate statistische Analyseverfahren zum Einsatz kommen, die sich an den Standards der modernen Ökonometrie orientieren. Für die Gründungsforschung ist nicht nur ein Defizit an brauchbaren, über angemessene Erhebungsdesigns und adäquate statistische Analysetechniken gewonnene, empirische Informationen zu beklagen. Zusätzlich wird allgemein diagnostiziert (Eckart et al. 1987; Mugler und Plaschka ein „ Theoriedefizit" 1987; Picot et al. 1989; Fritsch 1990). In dieser Arbeit soll deshalb der Versuch gemacht werden, auch Ansatzpunkte und Perspektiven für eine theoretische Vertiefung der Forschung über den Erfolg neugegründeter Betriebe aufzuzeigen. Diese Aufgabenstellung wird dabei nicht in dem Sinne verstanden, daß eine neue (mehr oder weniger synkretistische) „eigene Theorie" in die Diskussion eingebracht werden soll. Die Theoriearbeit konzentriert sich vielmehr auf zwei Aufgaben: (1) Im ersten Schritt soll das Spektrum möglicher Theorien sorgfältig sondiert werden. Das Ergebnis dieser Sondierung wird der Vorschlag von vier spezifischen Theorien sein, die als „aussichtsreiche Kandidaten" für eine theoretische Fundierung der Gründungsforschung eingestuft werden. (2) Bevor die vorgeschlagenen Theorien, die noch immer so allgemein sind, daß sie ein breites Anwendungsfeld haben, in die empirische Arbeit umgesetzt werden können, bedarf es einer problemspezifischen Ausarbeitung. Die problemspezifische Ausarbeitung einer Theorie, d.h. der Transfer auf das gewählte Forschungsproblem, ist - was häufig verkannt wird - keineswegs nur ein Problem der Operationalisierung, sondern durchaus ein eigenständiges Stück „Theoriearbeit". Um Theorien in einem bestimmten Kontext anwenden zu können, sind - bevor überhaupt an Operationalisierung gedacht werden kann - in der Regel eine ganze Reihe von Zusatzannahmen und Brückenhypothesen notwendig. Für die Theorien, die hier als spezifische Theorien für die Gründungsforschung vorgeschlagen werden, soll diese „Überbrückungsarbeit" in dieser Studie als Theoriebeitrag geleistet werden. Im Vorgehen gestaltet sich die Arbeit wie folgt: Kapitel II ist der Theorieteil der Arbeit. Mit der Abfolge „allgemeine theoretische Perspektiven", „bereichsbezogene Leitlinien-Theorien" und „spezifischere Theorien" wird dabei das Theorienspektrum zunehmend auf die Problemstellung einer theoriegeleiteten, prognostischen Erfolgseinschätzung zentriert. Während es bei den allgemeinen theoretischen Perspektiven noch in erster Linie um eine Einordnung der Thematik in die ökonomische und soziologische Theorietradition geht, werden als „Leitlinien-Theorien" Ansätze bezeichnet, die Hinweise auf die Richtung geben, in die die Gründungsforschung bei der Suche nach prognosti-
3. Ziele und Vorgehen der Arbeit
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sehen Erfolgsfaktoren gehen sollte. Da sich aber auch diese Leitlinien-Theorien als noch zu wenig differenziert erweisen, werden im Endeffekt mit der Humankapitaltheorie, der Perspektive sozialer Netzwerke, dem Transaktionskostenansatz und der Organisationsökologie vier spezifische Theorien als theoretische Basis für die Gründungsforschung vorgeschlagen. Für diese Theorien werden problemspezifische Konkretisierungen erarbeitet, die eine empirische Umsetzung tatsächlich möglich machen. In Kapitel III wird dann die empirische Datenbasis der Untersuchung erläutert. Es handelt sich um eine im Jahr 1990 durchgeführte Befragung von 1.849 Personen, die in den Jahren 1985/86 im Kammerbezirk der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern ein Gewerbe angemeldet hatten. Die Darstellung der Ergebnisse der Studie gliedert sich in sieben Teilkapitel. Kapitel IVbeschäftigt sich mit der Frage „Wer gründet neue Betriebe?" und kann als eine Art Vorspann und Exkurs gesehen werden. Dieses Kapitel ist deshalb vergleichsweise kurz gehalten, weil es den Aspekt der Gründungsaktivität und nicht den im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehenden Aspekt des Gründungserfolgs betrifft. Der zentralen Thematik der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen sind die Kapitel V-X gewidmet. Nachdem in Kapitel V zunächst Probleme der Messung des Erfolgs neugegründeter Betriebe erörtert und deskriptive Ergebnisse zu den erhobenen Erfolgskennziffern vorgestellt wurden, werden in Kapitel VI die Konstruktionsschritte und empirischen Prüfergebnisse für ein „Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen" dargelegt. Vom Anspruch her soll dieses Basismodell eine Zusammenfassung der wichtigsten Erfolgsdeterminanten neugegründeter Betriebe geben. Die nachfolgenden Kapitel VII-IX liefern Erweiterungen und Vertiefungen des Basismodells, wobei diese sowohl von theoretischen Interessen als auch von Informationsbedürfnissen der Praxis motiviert sind. Die verschiedenen Erweiterungen erstrecken sich auf Detailanalysen des Wirkungsmechanismus bestimmter Komponenten des Basismodells, auf die Überprüfung zusätzlicher Einflußfaktoren und auf Ausdifferenzierungen der Kausalstruktur des Basismodells. In Kapitel V I I setzen die Erweiterungen bei Merkmalen und Verhaltensweisen der Person des Gründers an, in Kapitel VIII bei betrieblichen Merkmalen und in Kapitel IX bei verschiedenen Charakteristika des Umfeldes einer Betriebsgründung. In Kapitel X werden schließlich noch eine Reihe von Spezialanalysen sowie einige zusätzliche Informationen nachgereicht. Das Schlußkapitel XI gibt unter anderem Anregungen für die weitere Forschung im Bereich betrieblicher Neugründungen.
2*
I I . Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Gründungsforschung Die bisherige Gründungsforschung und speziell auch die Forschung über den Erfolg neugegründeter Betriebe ist gekennzeichnet durch eine bunte Vielfalt von empirischen Studien. Dabei läßt sich, wenn man die Studien genauer durchsieht, eine eindeutige Dominanz der Empirie vor der Theorie konstatieren. Da die einschlägigen empirischen Arbeiten auf recht heterogenen Populationen beruhen, in ihrer Mehrheit auf kleinen und nicht-repräsentativen Stichproben basieren und oft noch mit dem Problem des Survivor-Bias belastet sind, ergibt sich ein Gesamtbild des „Stands der Dinge", das reichlich verwirrend ist. Klandt und Münch (1990: 177) formulieren dies vorsichtig in der Form: „Viele empirische Arbeiten entstehen aus spontanen Ideen der Forscher mit Ad-hoc erstellten Meßinstrumenten und »anfallenden 4 Stichproben, was eine Vergleichbarkeit und Integration der Forschungsergebnisse mit anderen Untersuchungen erschwert und zum Teil unmöglich macht. Die Gründungsforschung bietet daher einer Empirismuskritik viele Anhaltspunkte". Mugler und Plaschka (1987: 174) bekennen deutlicher: „Hinsichtlich der Konzeption der Arbeiten ist überwiegend eine ad hoc geleitete Vorgangsweise feststellbar. Darunter sind Forschungsdesigns zu verstehen, die eine Anhäufung vielzähliger, meist in keinem kausalen Zusammenhang stehender Beobachtungen vornehmen". Und nach wie vor dürfte die Feststellung von Müller-Böling (1984: 20 f.) gelten: „So ist zu konstatieren, daß der Stand der empirischen Gründungsforschung im Hinblick auf den Informationsgehalt und die Glaubwürdigkeit derzeit noch nicht sehr hoch eingeschätzt werden kann". Die aus diesen und ähnlichen Äußerungen hervorgehende Frustration über das „Verwirrspiel der empirischen Evidenzen" hat im ersten Schritt bewirkt, daß die Klage über das Theoriedefizit zu einem Standardargument in der einschlägigen Forschung wurde, ohne daß man sich freilich ernsthaft auf die Suche nach anwendbaren Theorien begab. Erst in jüngster Zeit lassen sich Anzeichen für vermehrte Anstrengungen in Richtung einer theoriegeleiteten Forschung beobachten. Hierbei ist anzumerken, daß - bei einer realistischen Einschätzung des Forschungsfeldes - das Ziel wohl nicht darin bestehen kann, eine „geschlossene Theorie der Unternehmensgründung" zu konzipieren. An-
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
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gesichts der Vielzahl möglicher Problemstellungen wird und sollte man mit bescheideneren Ansprüchen antreten. Akzeptiert man die Forderung nach einer breiteren theoretischen Fundierung der Gründungsforschung, entsteht die unvermeidliche Anschlußfrage, welche Theorien bzw. welcher Typus von Theorien denn nun hilfreich sein könnte. Da hinsichtlich dessen, was eine Theorie ausmacht und wie eine Theorie aussehen sollte, in den Sozial Wissenschaften keineswegs ein Konsens besteht, lassen sich klare und allgemein anerkannte Kriterien für den Auswahlprozeß von Theorien nicht benennen, so daß hinter den „Theorievorschlägen" eines Autors oder einer Autorengruppe letztlich wohl stets eine ¡subjektive Komponente steckt. In Anbetracht dieser Ausgangssituation wird für den nachstehenden Sondierungsprozeß von Theorien, die für die Gründungsforschung und speziell für das Problem der Untersuchung der Erfolgschancen neugegründeter Betriebe fruchtbar sein könnten, das folgende, relativ offene zweistufige Vorgehen gewählt: (1) Im ersten Schritt {Abschnitt II. 1) soll die Fixierung auf die eigentliche Fragestellung, nämlich welche Faktoren für den Erfolg von Betriebsgründungen ausschlaggebend sind, zunächst einmal etwas gelockert werden, und ein Blick auf die ökonomische und soziologische Forschungstradition zur Rolle, zum Stellenwert und zur Motivation unternehmerischen Händeins geworfen werden. (2) Erst im zweiten Schritt (Abschnitte II.2 und II.3) soll dann der Sondierungsprozeß ganz von der Fragestellung möglicher Erfolgsdeterminanten neugegründeter Betriebe gesteuert werden. Ausgangspunkt dabei werden die Ergebnisse der zahlreichen empirischen Studien zu den Erfolgschancen neugegründeter Betriebe sein, und es wird gefragt, welche Theorien die unterschiedlichen Befunde systematisieren könnten.
1. Allgemeine theoretische Perspektiven Der wohl entscheidende Grund für das nicht nur aktuell, sondern seit langem bestehende wissenschaftliche Interesse an Betriebsgründungen, beruflich Selbständigen und Unternehmern ist deren wichtige Funktion im Wirtschaftsleben. Obwohl bereits einleitend zu dieser Arbeit die Vermutung geäußert wurde, daß die Wahrscheinlichkeit des Übergangs vom „Kleingründer" zum „potenten Unternehmer" gering ist, läßt sich auf der anderen Seite nicht bestreiten, daß auch die Betriebe, die heute zu den führenden Unternehmen zählen, in der Regel auf „Anfänge im Kleinen" zurückblicken kön-
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
nen. Je nach wirtschaftlicher Ausgangssituation dürfte zudem die „Saatbeetfunktion kleinbetrieblicher Neugründungen" (Boswell 1972: Kap. 1), d.h. die Rolle kleiner Firmen als Initialzündungen für größere und große Finnen in der Zukunft, beträchtlich variieren. Zumindest von den Hoffnungen und Erwartungen her sind Betriebsgründungen in hohem Maße mit den Vorstellungen von Unternehmertum, unternehmerischer Initiative und unternehmerischem Risiko verknüpft. Von daher erscheint es sinnvoll, bei der Suche nach einer theoretischen Fundierung der Forschung zu den Erfolgschancen neugegründeter Kleinbetriebe einen Blick auf die ökonomische und soziologische Forschungstradition zum Unternehmertum und unternehmerischen Handeln zu werfen.
a) Ökonomische Forschungstradition: Unternehmer"
Betriebsgründer
als „dynamische
im Sinne Joseph Schumpeters?
Das zentrale Thema der ökonomischen Forschungstradition zum Unternehmertum ist die Frage nach den Funktionen unternehmerischen Handelns im wirtschaftlichen Produktionsprozeß. Da sich in der Geschichte der Ökonomie sehr viele Autoren mit der Rolle des Unternehmers beschäftigt haben, würde es den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, in chronologischer Folge die Vorstellungen der einzelnen Autoren bzw. Schulen darzustellen. In Anlehnung an die Überblicksarbeit von Barreto (1989) sei statt dessen auf die vier „Hauptfunktionen des Unternehmers" eingegangen, wie sie in der ökonomischen Literatur wiederholt und zu verschiedenen Zeitpunkten mit unterschiedlicher Akzentuierung auftauchen. Diese vier Funktionen sind: (1) Koordination, (2) Bewältigung von Ungewißheit, (3) Arbitrage und (4) Innovation. 1 Als Beispiel für die Betonung der Koordinatorfunktion des Unternehmers greift Barreto (1989: 6 ff.) auf die Arbeiten von Jean-Baptiste Say zurück. Für Say besteht die wesentliche Aufgabe des Unternehmers darin, die verschiedenen produktiven Leistungen zu kombinieren und zu koordinieren. Ausgehend von den drei klassischen Produktionsfaktoren „Boden", „Arbeit" und „Kapital" stuft Say den Faktor „Arbeit" zunächst als Hauptinput des Produktionsprozesses ein. Für den Produktionsfaktor „Arbeit" (human industry) wird sodann eine Dreiteilung in wissenschaftliche, unternehmerische und ausführende Leistungen vorgeschlagen. Die unternehmerischen Leistungen stellen
1 Neben Barreto (1989) stützen sich die nachstehenden Ausführungen, soweit nicht auf die Originalliteratur zurückgegriffen wird, auf die beiden Überblicksarbeiten von Hébert und Link (1982, 1989).
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
23
gemäß Say die wichtigste Kategorie des Arbeitseinsatzes dar. Der Unternehmer führt die verschiedenen Produktionsfaktoren zusammen, organisiert, leitet und überwacht den Produktionsprozeß, trifft die notwendigen Entscheidungen und kann insgesamt als „central processing unit" einer Firma gesehen werden. Als Gegenleistung für seine Koordinationsarbeit erhält der Unternehmer eine Entlohnung, die sich nach den üblichen Prinzipien von Angebot und Nachfrage bestimmt, wobei die Knappheit des Angebots an unternehmerischen Talenten nach Say bewirkt, daß der Unternehmerlohn in der Regel deutlich über der Entlohnung der anderen Produktionsfaktoren liegt. Exemplarisch für die zweite Funktion des Unternehmers, die Barreto (1989: 33 ff.) unter der Überschrift Jhe entrepreneur as uncertainty-bearer" behandelt, kann die Arbeit von Frank H. Knight (1921) stehen. Wenngleich die Elemente der Ungewißheit und des Risikos auch schon bei Say und anderen Autoren angesprochen werden, hat Knight die Komponente der Ungewißheit ganz in den Mittelpunkt seiner funktionalen Charakterisierung des Unternehmers gestellt. Ausgangspunkt bei Knight ist eine Kritik der „heroischen" Informationsannahmen der klassischen ökonomischen Theorie. Nach diesen Annahmen verfügen alle Marktteilnehmer über vollständige Information, so daß (bei Erfüllung einiger weiterer Bedingungen) allein der Preismechanismus die Allokation der Ressourcen steuert und der Produktionsprozeß gleichsam automatisch auf die jeweiligen Marktsignale reagiert. Im „Idealmodell" der ökonomischen Theorie bleibt kein Raum für von Unternehmern abschöpfbare Gewinne, denn im Gleichgewicht schrumpft der Gewinn auf Null, und unternehmerische Leistungen werden allein nach ihrem Grenzprodukt entlohnt. Knight hält dem entgegen, daß Ungewißheit und unvollständige Information ein zentraler Bestandteil des Wirtschaftslebens sind und daß es eines Akteurs bedarf, der die Bewältigung dieser Ungewißheit auf sich nimmt. Genau dies ist die Rolle des Unternehmers. Er ist derjenige, der Mutmaßungen über die Entwicklung der Konsumentenwünsche anstellt, der entscheidet, was und wieviel zu welchem Zeitpunkt produziert und angeboten wird, und der im ungünstigen Fall auch für Fehlentscheidungen geradestehen muß. Wichtig für Knight ist die Unterscheidung zwischen Risiko und Ungewißheit. Während Risiko als Zufallsvariable mit einer bekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ausgänge definiert wird, sind im Fall von Ungewißheit die Wahrscheinlichkeiten für die Ausgänge völlig unbekannt. Nicht der Umgang mit Risiko, sondern das Agieren in einer Situation von Ungewißheit ist für Knight der Kern unternehmerischen Handelns. Den konkreten Modus der Bewältigung von Ungewißheit durch unternehmerische Entscheidungen umschreibt Knight dergestalt, daß der Unternehmer seine Arbeitskräfte und die anderen Produktionsfaktoren in der
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Regel mit einem im voraus festgelegten Entgelt entlohnt und daß die Differenz zwischen den Kosten und dem Erlös für das, was produziert und verkauft wurde, ihm als „Profit" für die Bereitschaft zur Absorption der Ungewißheit zufließt. Während Knight mit seinem Unternehmerkonzept bei den Informationsannahmen der ökonomischen Theorie ansetzt, gehen diejenigen Konzeptionen, die auf die Arbitragefunktionen des Unternehmers abstellen, gleichsam eine Stufe höher, indem sie die Existenz von Marktungleichgewichten von Anfang an unterstellen. In der Tradition der österreichischen Schule, die seit langem das „Gleichgewichtsdenken" in der Ökonomie attackiert und ihr Hauptaugenmerk auf das prozessuale Marktgeschehen richtet, hat speziell Israel Kirzner (1973, 1979) mehrere Arbeiten vorgelegt, die den Unternehmer als „arbitrageur and equilibrating agent" charakterisieren. Für Kirzner ist es nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall, daß sich Märkte im Ungleichgewicht befinden; und dies bedeutet, daß Ressourcen suboptimal eingesetzt werden, daß den Konsumenten überhöhte Preise abverlangt werden und bestimmte Unternehmen hohe Gewinne erwirtschaften. Je weiter sich ein Markt vom Gleichgewicht entfernt hat, umso höher ist nach Kirzner der Anreiz zu unternehmerischer Initiative, die darauf abzielt, Gewinngelegenheiten auszunutzen, und damit bewirkt, daß sich der Markt in Richtung Gleichgewicht bewegt, ohne daß ein solches Gleichgewicht je erreicht wird. Die Essenz unternehmerischen Handelns ist für Kirzner die Fähigkeit, Gewinnmöglichkeiten wahrzunehmen und auf der Basis dieser Wahrnehmungen entsprechend zu handeln. „Alertness to profit opportunities" ist das zentrale Definitionselement von Kirzners findigem Unternehmer. Die funktionale Rolle unternehmerischen Handelns ist Arbitrage in einer Situation des Marktungleichgewichts. Interessant nun ist, daß auch Autoren, die sich der neoklassischen Tradition der Ökonomie verpflichtet fühlen, zum Teil zu einer ähnlichen Charakterisierung der Unternehmerfunktion gelangen. So z.B. definiert Theodore Schultz (1975, 1980), der „elements of a theory of entrepreneurship" vor dem Hintergrund der Humankapitaltheorie zu entwickeln versucht, unternehmerisches Handeln vor allem über eine Komponente, nämlich über „the ability to deal with economic disequilibria". Nicht die Hinführung des Marktes zum Gleichgewicht, sondern gerade umgekehrt die Auslösung von Ungleichgewichten ist in der Regel die Funktion, die Unternehmern im Sinne von Innovatoren zugeschrieben wird. Als Paradebeispiel hierfür kann der dynamische, neue Kombinationen durchsetzende Unternehmer von Joseph Schumpeter (1952, zuerst 1911) stehen. Da der
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
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Schumpetersche Unternehmer häufig als „Leitfigur" in Arbeiten auftaucht, die sich mit Klein- und Kleinstbetrieben beschäftigen, soll er im folgenden etwas genauer beleuchtet werden: Schumpeters Unternehmerkonzeption ist eingebettet in eine Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, in der ökonomischer Wandel als diskontinuierlicher und radikaler Veränderungsprozeß, als ein Prozeß der schöpferischen Zerstörung gesehen wird. Fünf Momente, die einen sprunghaften Wandel in Gang setzen und damit die Wirtschaft aus ihren gewohnten Bahnen herauswerfen können, werden - subsumiert unter dem Oberbegriff der „Durchsetzung neuer Kombinationen" - von Schumpeter (S. 100 f.) explizit unterschieden: (1) die Herstellung neuer Produkte bzw. neuer Produktqualitäten, (2) die Einführung neuer Produktionsmethoden, (3) die Erschließung neuer Absatzmärkte, (4) die Eroberung neuer Bezugsquellen von Rohstoffen oder Halbfabrikaten und (5) die Reorganisation von Industriezweigen. Als hauptsächlicher Träger und Promotor dieser Veränderungsprozesse fungiert der Unternehmer, der sich über nichts anderes als die Aufgabenstellung der Durchsetzung neuer Kombinationen bestimmt. Unternehmer sind „die Wirtschaftssubjekte, deren Funktion die Durchsetzung neuer Kombinationen ist und die dabei das aktive Element sind" (S. 111). Schumpeter betont, daß sein Unternehmerkonzept zugleich weiter und enger ist als die üblichen. Unternehmer können nicht nur die beruflich Selbständigen sein, und gleichzeitig sind keineswegs alle beruflich Selbständigen Unternehmer. Handwerksmeister, Angehörige freier Berufe, Kleingewerbetreibende und andere auf eigene Rechnung handelnde Wirtschaftssubjekte sind nach Schumpeter nur in Ausnahmefällen Unternehmer. In der kapitalistischen Wirtschaft findet man den Unternehmertypus am ehesten in den oberen Etagen des Managements von Aktiengesellschaften. In anderen Gesellschaftsformationen begegnet man dem Unternehmer z.B. in den Organen einer sozialistischen Planwirtschaft oder als Herren eines Fronhofes. Folgt man dem Grundtenor von Schumpeters Ausführungen zum Unternehmer speziell in der kapitalistischen Wirtschaft, erscheint dieser in der Tat als eine herausgehobene und exzeptionelle Figur. Er ist „der moderne Typus des Industriekapitäns" (S. 115 f.), „der Typus des Führers" (S. 128), „Revolutionär der Wirtschaft" (S. 130) und „Vehikel der Umorganisierung des Wirtschaftslebens" (S. 134). Fast allen Arbeiten in der ökonomischen Forschungstradition zum Unternehmertum ist gemeinsam, daß sie mit der Einführung des Unternehmers als Akteur, der Koordinationsaufgaben übernimmt, Ungewißheit absorbiert, Gewinngelegenheiten entdeckt und Innovationen durchsetzt, kritisch an zentralen Annahmen der in der Ökonomie vorherrschenden neoklassischen Theorieperspektive ansetzen. Tatsächlich ist es so, daß in den ökonomischen
II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
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Gleichgewichtsmodellen ein systematischer Platz für findige, dynamische und mehr oder weniger eigenwillige Unternehmer nicht vorgesehen ist (Kirchhoff 1994). In der „Arrow-Debreu-Walras-Welt" (Picot et al. 1989: 14) der neoklassischen Ökonomie reagieren die gewinnmaximierenden Unternehmer unmittelbar auf Preissignale des Marktes, eine erhöhte Nachfrage induziert eine Erhöhung der Produktion und des Angebots, die Koordinationsprobleme bei der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen werden über relativ, einfache Produktionsfunktionen abgebildet, Ungewißheit wird durch die Annahme vollständiger Information ausgeschlossen und längerfristige Marktungleichgewichte treten nicht auf. Konsequenz dieser Verhaltens- und Informationsannahmen ist die Unterstellung eines unproblematischen „Angebots an unternehmerischen Talenten" (Schultz 1975). Sofern die Marktsignale in die richtige Richtung weisen, wird sich - nach den Modellannahmen - stets eine hinreichend große Zahl von Personen finden, die unternehmerische Initiative ergreifen und den Markt zum Gleichgewicht ohne Gewinne zurückführen. Trotz zahlreicher Einzelbeiträge durchaus namhafter Ökonomen bleibt damit der Unternehmer „a stranger in general equilibrium theory" (Schultz 1975: 833). 2 Aus der voranstehende Skizze der ökonomischen Forschungstradition zum Unternehmertum lassen sich für das Anliegen einer theoretischen Fundierung der Gründungsforschung mehrere Punkte herleiten: Die funktionalen Charakterisierungen des Unternehmers, wie wir sie in der volkswirtschaftlichen Literatur antreffen, geben sicherlich nicht direkt Auskunft über potentielle und empirisch überprüfbare Erfolgsfaktoren neugegründeter Betriebe. Weiterhin wird, was insbesondere am Schumpeterschen Unternehmer deutlich wird, zum Teil ein Unternehmerbild entwickelt, das die Realität des kleinbetrieblichen Sektors wohl nur am Rande trifft. Zweifellos ein Verdienst der Ansätze ist die „Personifizierung" (Picot et al. 1989: 22) der involvierten Akteure. Unternehmer und Betriebsgründer exekutieren nicht nur eine gegebene Produktionsfunktion, sie sind lebendige Personen, die mit unterschiedlichen Ambitionen antreten, vielfaltige Entscheidungen treffen und gestaltend in das Wirtschaftsleben eingreifen. Die Koordinationsaufgabe verlangt finanzielle, personale und soziale Ressourcen, die für die Erfolgschancen einer Gründung (auch wenn diese klein ist) wichtig sind. Ob und inwieweit erfolgversprechende Marktlücken und Gewinngelegenheiten wahrgenommen und ausgeschöpft werden, hängt ab von der sozialen und beruflichen Einbettung der Akteure, von deren
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Sowohl Hébert und Link (1982) als auch vor allem Barreto (1989) arbeiten den historischen Zusammenhang zwischen der Durchsetzung des neoklassischen Modells und dem „allmählichen Verschwinden" des Unternehmers aus der ökonomischen Theorie sehr deutlich heraus.
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
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Informationsniveau und von deren Humankapitalausstattung (was vor allem Schultz 1975, 1980 betont). Schließlich können Betriebsgründungen von mehr oder weniger innovativen Ideen getragen werden, was auf die Bedeutung der jeweiligen Gründungskonzeption hinlenkt. Insgesamt verweisen damit die funktionalen Unternehmerkonzepte der ökonomischen Forschungstradition zum einen auf zentrale Problembereiche der Gründung und Bestandssicherung von Firmen und zum anderen auf grundlegende individuelle und soziale Qualifikationselemente der maßgeblichen Akteure.
b) Soziologische Forschungstradition : Max Webers „protestantische Leistungsethik"
und deren Fortführungen
Anders als die ökonomische Forschungstradition, in der funktionale Charakterisierungen des Unternehmers im Vordergrund stehen, hat die soziologische Forschungstradition ihr Hauptaugenmerk auf die Motivationen für unternehmerisches Handeln gerichtet. Gleichzeitig werden dabei - meist im Sinne von nicht-intendierten Konsequenzen individuellen Handelns - die Folgewirkungen für das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem analysiert. Als paradigmatisch für diese Art des Vorgehens bzw. diesen Typ von Fragestellung kann auch heute noch die grundlegende Arbeit von Max Weber (1981, zuerst 1905) über die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus eingestuft werden. Das Erklärungsproblem, das sich Weber in seiner Protestantismus-Studie stellt, ist die Frage, weshalb der moderne Kapitalismus gerade auf dem Boden des Okzidents entstanden ist. Ohne eine monokausale Erklärung anzubieten, lautet seine zentrale These, daß der Protestantismus (in seinen verschiedenen Denominationen wie Calvinismus, Pietismus, Luthertum usw.) die kapitalistische Wirtschaftsgesinnung wesentlich mit hervorgebracht hat. Max Webers Argumentation, die den Bogen von den religiösen Vorstellungsgehalten des Protestantismus bis hin zu verschiedenen Institutionen des modernen Kapitalismus spannt, ist in sich sehr differenziert und soll und kann an dieser Stelle nicht im Detail nachvollzogen werden. Soweit es um Motivationen für unternehmerisches Handeln geht, verweist Weber bereits in seiner einleitenden Problemskizze (S. 29 ff.) auf die empirische Regelhaftigkeit, daß sich die Unternehmerschaft in den Anfängen des Kapitalismus bevorzugt aus protestantischen Kreisen rekrutierte. Die besondere Prädisposition der Protestanten für unternehmerische Tätigkeiten wird auf konkrete Glaubensinhalte und damit verbundene Maximen für das Alltagsleben und deren Institutionalisierung in sektenförmigen Gemeinschaften mit hoher sozialer Kontrolle zurückgeführt.
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Das Bild des „Idealtypus" des kapitalistischen Unternehmers, das Weber an verschiedenen Stellen seiner Arbeit (v.a. S. 53 ff.) entwirft, trifft den Kern dessen, was auch heute noch weithin mit dem Unternehmerkonzept und unternehmerischen Einstellungen assoziiert wird. „Zeit ist Geld", „rechnerisches Kalkül", „rastlose Berufsarbeit", „Beruf im Sinne von Berufung", „kühle Bescheidenheit", „Verzicht auf eine ostentative Lebensführung", „jedem einzelnen sein Geschick" und „Betonung von Selbständigkeit und Leistung" sind dabei einige der wesentlichen Komponenten.3 Hinsichtlich der motivationalen Basis der kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung (die eine Affinität zu unternehmerischen Tätigkeiten einschließt) diskutiert Weber auch mögliche Alternativerklärungen zur Protestantismus-These. Unterschiede in der Vermögensausstattung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen können seines Erachtens die Unterschiede in der Neigung zu Unternehmertätigkeiten ebensowenig erklären wie einfache Minoritäts-MajoritätsHypothesen. Ein hohes Vermögen kann Anlaß sein, sich bequemem Lebensgenuß zuzuwenden. Und die „aufsteigenden Parvenüs von Manchester und Rheinland-Westfalen" stammten oft aus sehr kleinen und bescheidenen Verhältnissen (S. 55). Zwar ist es richtig, daß sich bestimmte nationale und religiöse Minderheiten aufgrund ihres Ausschlusses von z.B. politisch einflußreichen Stellungen der „Bahn des Erwerbs" zugewandt haben, doch es lassen sich historisch auch zahlreiche Gegenbeispiele anführen. Die Protestanten freilich haben „sowohl als herrschende wie als beherrschte Schicht, sowohl als Majorität wie als Minorität eine spezifische Neigung zum ökonomischen Rationalismus gezeigt" (S. 33). Die Zurückführung der kapitalistischen Wirtschaftsgesinnung und des nüchtern-rationalen Unternehmertums auf „religiöse Ausgangspunkte" (S. 59) ist das erste Glied in Webers Erklärungskette. Im zweiten Schritt beschreibt und analysiert er die Umsetzung dieser Ethik in konkrete Institutionen des modernen Kapitalismus. Die zentrale These dabei lautet, daß sich der moderne Kapitalismus, zum Siege gelangt, von seinen alten Stützen emanzipiert hat (S. 61), daß es der religiösen Fundierung nicht mehr bedarf und daß die institutionelle Absicherung und Verankerung eine dauerhafte Reproduktion der Form der kapitalistischen Unternehmung gewährleistet. Insofern vermutete Weber
3
Es sei angemerkt, daß Schumpeter - ohne sich direkt auf Weber zu beziehen - Elemente des Weberschen Idealtypus fast wörtlich übernimmt: „Der typische Unternehmer fragt sich nicht, ob jede Anstrengung, derer sich unterzieht, auch einen ausreichenden ,Genußüberschuß' verspricht. Wenig kümmert er sich um hedonische Früchte seiner Taten. Er schafft rastlos, weil er nicht anders kann, er lebt nicht dazu, um sich des Erworbenen genießend zu erfreuen" (1952: 137).
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
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schon für seine Zeit: „Solche vom »kapitalistischen Geist' erfüllte Naturen pflegen heute, wenn nicht gerade kirchenfeindlich, so doch indifferent zu sein" (S. 59). Im Lichte dieser Institutionalisierungs-These erscheinen die zahlreichen empirischen Studien (z.B. Lenski 1961) problematisch, die als „Test" von Max Weber Korrelationen zwischen der Konfessionszugehörigkeit und der Neigung zu unternehmerischen Tätigkeiten bzw. zur beruflichen Selbständigkeit berichten. Wie nun wurde die von Max Weber begründete soziologische Forschungstradition zum (kapitalistischen) Unternehmertum fortgeführt? In der Gesamtschau lassen sich wohl zwei wesentliche Versuche einer Verallgemeinerung unterscheiden: die erste Richtung kann unter dem Oberbegriff „kulturelle Ansätze unternehmerischen Handelns" zusammengefaßt werden; die zweite Richtung läuft im Endergebnis auf eine „Psychologisierung" von Webers protestantisch-kapitalistischer Leistungsethik hinaus. Die in der Regel auf Weber aufbauenden kulturellen Ansätze unternehmerischer Motivation und unternehmerischen Handelns (für kurze Übersichten Light 1979; Peterson 1981) sehen religiöse Orientierungen lediglich als einen von mehreren möglichen Bereichen kultureller Vorstellungsgehalte. Im Rahmen der Ansätze wird untersucht, in welcher Weise „kulturelle Codes", gesamtgesellschaftliche Wertvorstellungen und religiöse oder ethnische Gruppenzugehörigkeiten das Unternehmerreservoir und die Erfolgswahrscheinlichkeit von unternehmerischen Tätigkeiten beeinflussen. Die Leitthese der kulturellen Ansätze ist die Vorstellung, „that cultural and psychological characteristics of groups incline adult members toward business enterprise as a mode of achievement" (Light 1979: 32). Unabhängig von der Bedeutung gesamtgesellschaftlicher Wertvorstellungen finden die kulturellen Ansätze ihre hauptsächliche Anwendung in der breiten Forschung über „ethnic entrepreneurship" (dazu z.B. Light 1972; Waldinger et al. 1990). In diesem Forschungsfeld scheint sich freilich inzwischen ein Konsens dahingehend herauszubilden, daß ethnische Gruppen nur dann verstärkt in die berufliche Selbständigkeit drängen, wenn eine ganze Reihe von kulturellen Prämissen vorliegen (neben ökonomischen Motiven dürfte Gruppenkohäsion ein zentraler Faktor sein) und wenn auch ein Mindestniveau an finanziellen Ressourcen verfügbar ist. 4
4
Mit den angesprochenen Elementen läßt sich speziell z.B. für die heutige Situation in den USA recht gut erklären, welche ethnischen Gruppen bei den Selbständigen eher über- bzw. unterrepräsentiert sind (dazu Light 1972; Meyer 1990).
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Interessant mit Rückblick auf Max Weber ist, daß die kulturellen Ansätze in der Regel mit sogenannten „Disadvantage"-Hypothesen unternehmerischer Motivation konkurrieren. Das Spektrum möglicher Benachteiligungen und negativer Erfahrungen, die zum Übergang in die berufliche Selbständigkeit motivieren, wird im Rahmen der Disadvantage-Ansätze allerdings sehr viel breiter gezeichnet als bei Weber. Die Bandbreite reicht von Statusinkonsistenz und Statusgefahrdung, über relative Deprivation und versperrte Aufstiegsmöglichkeiten, bis hin zu speziellen Erfahrungen der Zurückweisung und Ablehnung in der Kindheit (Shapero 1975; Light 1979; Min 1984; Brenner 1987). So eindrucksvoll die Liste der Beispiele, die in der Regel präsentiert werden, oft auch sein mag, es bleiben eine Reihe von Fragen, auf die Vertreter der Disadvantage-Ansätze kaum eine Antwort geben: Je nach Autor werden die angeblich zur Selbständigkeit motivierenden „widrigen Umstände" recht unterschiedlich lokalisiert. Weitgehend unberücksichtigt bleibt, daß berufliche Selbständigkeit auch positiven Anreizen entspringen kann. Bekannt sind ferner zahlreiche Gruppen, die im Zustand der relativen Deprivation verharren und den „Ausweg" der Selbständigkeit nicht gehen. Schließlich fehlt zumeist eine Kontrollgruppe von Nicht-Unternehmern, deren biographische Erfahrungen die „Härten des Lebens", wie sie in Biographien erfolgreicher Unternehmer gerne betont werden, vermutlich etwas relativieren könnten. Der zweite Strang der Fortfuhrung von Max Weber führt mit dem Konzept und der Theorie der Leistungsmotivation von McClelland (1961) in die psychologische und sozialpsychologische Forschung. McClelland beansprucht, die Theorie Max Webers als Spezialfall in eine Theorie höherer Ordnung zu transformieren. Die hohe Betonung von Selbständigkeit, Leistung und beruflicher Arbeit, wie sie Max Weber für den Protestantismus festgestellt hat, kann nach McClelland auch durch andere kulturelle Standards und gesellschaftliche Werthaltungen hervorgebracht werden. Stark vereinfacht lautet dann die Argumentationskette: Die leistungsorientierten kulturellen und gesellschaftlichen Werte und Normen schlagen sich in Erziehungspraktiken nieder, die Leistung und Selbständigkeit als Erziehungsziele in den Vordergrund stellen. Diese Erziehungspraktiken haben eine hohe Leistungsmotivation der Kinder zur Folge. Personen mit hoher Leistungsmotivation bevorzugen unternehmerische Tätigkeiten, da in solchen Tätigkeiten der Erfolg der eigenen Anstrengungen rascher und deutlicher sichtbar wird als in anderen Berufen. Und ein hohes Unternehmerpotential schließlich fördert das wirtschaftliche Wachstum. Zur Überprüfung seiner Theorie analysiert McClelland für zahlreiche Länder u.a. die Lesebücher von Kindern auf darin enthaltene „Leistungsgehalte" und korreliert dann die Ergebnisse mit verschiedenen Indikatoren des Wirtschafts-
1. Allgemeine theoretische Perspektiven
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Wachstums. Obwohl in der ursprünglichen Version McClellands Erklärungsansatz recht weit gespannt ist (von leistungsorientierten kulturellen und gesellschaftlichen Normen bis hin zum Wirtschaftswachstum), wurde der Ansatz in seinen konkreten Anwendungen später dann (vgl. dazu den Überblick bei Klandt 1984: 139 ff.) und zum Teil auch schon bei McClelland selbst (1961: Kap. 6 und 7) deutlich verkürzt. In den Mittelpunkt des Forschungsinteresses trat die These, daß Personen mit hoher Leistungsmotivation („need for achievement") eine Tendenz zu unternehmerischen Tätigkeiten und zur beruflichen Selbständigkeit haben und daß sich Unternehmer und Nicht-Unternehmer im Ausmaß ihrer Leistungsmotivation voneinander unterscheiden. Wiederum sei nun gefragt, was sich aus der hier in breiten Zügen charakterisierten soziologischen (und zum Teil auch psychologischen) Forschungstradition zum Unternehmertum für das Vorhaben einer theoretischen Vertiefung der Gründungsforschung herleiten läßt: Ähnlich wie bei den Unternehmerkonzeptionen der Ökonomen wird die Aufmerksamkeit auf die Ebene der Individuen gelenkt. Hinsichtlich der motivationalen Basis unternehmerischen Handelns wird allerdings keineswegs eine rein individuenzentrierte Sichtweise vorgeschlagen. Max Weber hat die kulturelle (und in seinem Fall speziell die religiöse) Verankerung wirtschaftlichen und unternehmerischen Handelns in den Mittelpunkt gerückt. Damit kommen sowohl gesamtgesellschaftliche Werthaltungen als auch gruppenspezifische Orientierungen ins Spiel. Unternehmerisches Handeln vollzieht sich in einem sozialen Makro- und Mikrokontext, und deshalb muß die soziale Einbettung der handelnden Akteure berücksichtigt werden. Zur sozialen Eingliederung gehören auch die berufliche Plazierung und die beruflichen Perspektiven, wobei speziell die Disadvantage-Ansätze auf Benachteiligungen im Erwerbsleben und auf Problematisierungen des sozialen Status verweisen. Neben der Hinlenkung auf die individuelle Ebene einerseits und die kulturelle Ebene andererseits zieht sich ein weiterer Aspekt gleichsam wie ein roter Faden durch die soziologische Forschungstradition: Max Weber spricht diesen Aspekt an verschiedenen Stellen seiner Arbeit (v.a. S. 59 ff.) als das (scheinbar) „irrationale Element" des rastlosen unternehmerischen Schaffens und Jagens an. Der Webersche Ideal typ des Unternehmers folgt auf der einen Seite in seiner Berufsarbeit nüchtern und kühl einem rechnerisch-rationalen Kalkül, auf der anderen Seite wird er seines Besitzes niemals froh, Arbeit wird Selbstzweck und sein Streben geht - überspitzt formuliert - dahin, „dereinst mit hohem materiellen Gewicht an Geld und Gut belastet ins Grab zu sinken" (S. 60). In gänzlich anderer, aber strukturell ähnlicher Weise wird von den Vertretern der Disadvantage-Hypothesen argumentiert, daß unternehmerischer Erfolg als Entschädigung für
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Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Entbehrungen in der Kindheit, als eine Art Trotzreaktion auf verweigerte Ansprüche oder zur Selbstbildstabilisierung gesucht wird. Derartige Sichtweisen wenden sich klar gegen zu stark vereinfachende „rationale Konzeptionen", die unternehmerisches Handeln allein als ein über Nutzen-KostenErwägungen gesteuertes Entscheidungsverhalten sehen. Mit den skizzierten Perspektiven setzen die ökonomische und soziologische Forschungstradition insgesamt zweifellos bedeutsame theoretische „Richtpunkte" für die Gründungsforschung. Wie jedoch bereits in Abschnitt a) angedeutet, erscheint eine direkte Umsetzung in empirische Arbeiten, zumal wenn diese speziell noch das Anliegen einer prognostischen Erfolgseinschätzung neugegründeter Betriebe im Auge haben, nicht ohne weiteres möglich. Das Hauptproblem besteht darin, daß auf der Ebene dieser allgemeinen theoretischen Perspektiven in der Regel nicht differenziert wird zwischen den zwei grundsätzlichen Problemstellungen der Gründungsforschung: Man kann sich entweder mit Prozessen der Gründung von Betrieben beschäftigen oder mit Prozessen der Bestandserhaltung und des Erfolgs. Es mag zwar sein, daß ein und derselbe Faktor gleichgerichtet sowohl die Gründungsaktivität als auch die Erfolgschancen beeinflußt, in vielen Fällen wird man jedoch nicht davon ausgehen können. Personen mit hoher Leistungsmotivation im Sinne von McClelland etwa mögen eine stärkere Neigung verspüren, in Unternehmerpositionen einzutreten; gleichzeitig könnte eine hohe Leistungsmotivation der Gründungsperson die Erfolgschancen eines Betriebes verbessern. Dies wäre dann ein Beispiel für die gleichgerichtete Wirkung eines Faktors. Nun kann aber nach der Disadvantage-These auch Arbeitslosigkeit das auslösende Moment für einen Übergang in die berufliche Selbständigkeit sein; man wird jedoch kaum vermuten, daß Arbeitslose (mit einem in der Regel ungünstigeren Qualifikationsprofil und ungünstigeren finanziellen Voraussetungen) die erfolgreicheren Unternehmer sind. Mithin ist es notwendig, nach ergänzenden Theorien Ausschau zu halten, die konkret auf die Frage nach den Erfolgschancen neugegründeter Betriebe abstellen. Für den Suchprozeß nach solchen Theorien soll im weiteren - gleichsam umgekehrt zum bisherigen Vorgehen - der Weg „von unten" beschritten werden. Ausgehend von den Befunden vorliegender empirischer Studien zu den Erfolgs- und Überlebenschancen neugegründeter Betriebe wird nach verallgemeinernden und synthetisierenden Theorien mittlerer Reichweite gesucht.
2. Bereichsbezogene „Leitlinien-Theorien"
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2. Bereichsbezogene „ Leitlinien-Theorien" Für eine Systematisierung des Spektrums von Merkmalen, die nach den zahlreichen empirischen Studien die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe beeinflussen, erscheint es sinnvoll, drei breite Gruppen von Faktoren zu unterscheiden (Szyperski und Nathusius 1977; Hunsdiek und May-Strobl 1986; Schüßler und Voss 1988; Müller-Böling und Klandt 1990, 1993): (1) personenbezogene Faktoren, d.h. Faktoren, die sich auf Merkmale und Verhaltensweisen der Person des Unternehmensgründers beziehen; (2) betriebsbezogene Faktoren, d.h. Faktoren, die auf Merkmale des Betriebes zum Zeitpunkt der Gründung abstellen; und (3) umfeldbezogene Faktoren, d.h. Faktoren, die das lokale, branchenspezifische und gesamtwirtschaftliche Umfeld des Betriebes zum Zeitpunkt der Gründung charakterisieren. 5 Abstellend auf diese Dreiteilung wird in der Literatur von personenorientierten, betriebszentrierten und umfeldbezogenen Theorieansätzen gesprochen. Da der theoretische Kern dieser „Ansätze" nicht mehr als die allgemeine Aussage enthält, daß die jeweilige Variablengruppe für den Erfolg einer Neugründung „wichtig" bzw. „besonders wichtig" ist, handelt es sich zunächst einmal eigentlich nur um Heuristiken, die die Zielrichtung für die empirische Analyse vorgeben. In Verbund mit der konkreten empirischen Ausfüllung, den jeweiligen Schwerpunktsetzungen und den vermuteten Mechanismen, über die die Faktoren wirken, kann man gleichwohl von Theorien sprechen, und zwar von Theorien im Sinne von bereichsbezogenen „Leitlinien-Ansätzen". Auf die drei Leitlinien-Ansätze soll in diesem Abschnitt näher eingegangen werden.
a) Personenzentrierte
Ansätze
Daß die Person des Gründers der „zentrale Faktor mit Einfluß auf die Erfolgschancen der Gründung" (Szyperski und Nathusius 1977: 38) ist, bildet die gemeinsame und seit Jahrzehnten bestehende Grundüberzeugung der Entrepreneurship-Forschung, betriebswirtschaftlicher Ansätze und auch der weitverbreiteten Ratgeber-Literatur zur beruflichen Selbständigkeit. Eine
5 Einige Autoren unterscheiden lediglich zwischen endogenen und exogenen bzw. internen und externen Faktoren, die die Entwicklung bzw. den Erfolg eines Betriebes beeinflussen (z.B. Albach et al. 1985: 28 ff.; Fritsch 1990: 71 ff.). Im Fall von kleinbetrieblichen Neugründungen dürfte es aber angebracht sein, die Komponente der Person des Unternehmensgründers separat auszuweisen.
3 Brüdcrl u. a.
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundieng der Grndungsforschung
umfassende Übersicht zu dieser Forschungstradition gibt z.B. die Arbeit von Klandt (1984), der die angeblich relevanten Personenmerkmale des Unternehmensgründers unter zwei Rubriken zusammenfaßt (für weitere Überblicksarbeiten vgl. Brockhaus und Horwitz 1986; Begley und Boyd 1987; Wärneryd 1988; Chell et al. 1991): (1) Merkmalsdimensionen der Person des Unternehmensgründers mit den Unterpunkten dynamische Wesenszüge, Charaktereigenschaften, Fähigkeitswesenszüge, Geschlecht und Alter, momentane Gestimmtheit und physiologisch-morphologische Faktoren; (2) Merkmalsdimensionen des mikrosozialen Umfelds mit den Unterpunkten der privaten, beruflichen und finanziellen Sphäre. Beschränken wir uns auf die erstgenannte Rubrik, ergibt sich bei Klandt weiter: Die dynamischen Wesenszüge reichen von der allgemeinen Antriebsenergie, über die Leistungsmotivation bis hin zu allgemeinen berufsbezogenen Werthaltungen. Die Charaktereigenschaften beziehen sich auf das Machbarkeitsdenken und Cattells „Sixteen Personality Factors". Die Fähigkeitswesenszüge beinhalten u.a. die Intelligenz. Eine „starke Oszillierung" der momentanen Gestimmtheit läßt negative Auswirkungen auf den Gründungserfolg erwarten, und eine robuste Physiologie („somatische Faktoren") ist für den Unternehmensgründer notwendig, damit er über längere Zeitperioden hinweg hart arbeiten kann. Dies ist fürwahr eine äußerst extensive Liste, aber am Ende seiner Arbeit, die auch mit einer eigenen empirischen Erhebung verbunden war, muß Klandt dennoch eine „Dominanz situativer Faktoren" (S. 346) eingestehen. Vor allem von Seiten der Organisationssoziologie werden die personenzentrierten Ansätze kritisiert (Aldrich und Zimmer 1986; Carroll und Mosakowski 1987; Preisendörfer und Voss 1990; Aldrich und Wiedenmayer 1993). Man erinnert sich an die „Leadership"-Forschung, die nach mehr als 30 Jahren intensiver Bemühungen zu der Einsicht gelangen mußte, daß es - unabhängig vom jeweiligen Kontext - wohl keine konsistenten Persönlichkeitsattribute erfolgreicher Führungspersonen gibt. Was von einem Unternehmensgründer an personalen Ressourcen verlangt wird, dürfte je nach Art des gegründeten Betriebes sehr unterschiedlich seirt. Mithin müßte (vielleicht abgesehen von einigen Basisqualifikationen) die Bedeutung der Persönlichkeitsmerkmale in Abhängigkeit von der Art der Betriebsgründung betrachtet werden. 6 Weiter-
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Von demjenigen, der einen Getränkemarkt eröffnet, werden wohl ganz andere Fähigkeiten und Qualifikationen erwartet als von dem Gründer eines „High-Tech"-Betriebes. Zudem wird vielfach vermutet, daß in Abhängigkeit von der Entwicklungsphase, in der sich ein neugegründeter Betrieb befindet, unterschiedliche Arten von Fähigkeiten gefordert werden (vgl. z.B. Begley und Boyd 1987; Cromie 1991).
2. Bereichsbezogene „Leitlinien-Theorien"
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hin haben die personenzentrierten Ansätze Schwierigkeiten mit dem Tatbestand, daß der unternehmerische Status in hohem Maße „transitorischen Charakter" (Carroll und Mosakowski 1987) hat. Es besteht eine beträchtliche Fluktuation des Zustroms und Abstroms aus der Selbständigenrolle. Ein durchaus nennenswerter Anteil der Erwerbstätigen wechselt nach den Ergebnissen von Carroll und Mosakowski im Zuge des Erwerbslebens ein- oder sogar mehrmals von Arbeitnehmerpositionen in die Selbständigenrolle und umgekehrt. Dies ist nur schwer in Einklang zu bringen mit der Unterstellung dauerhafter Unternehmerattribute. 7 Eine hohe Leistungsmotivation z.B. haben vermutlich nicht nur viele Unternehmer, sondern gewiß auch Angehörige anderer Berufsgruppen. Die Dominanz der „Traits-Ansätze" (Aldrich und Wiedenmayer 1993) in der bisherigen Gründungsforschung könnte schließlich ihre Ursache auch darin haben, daß sich individuelle Merkmale von Unternehmensgründern und vor allem soziodemographische Attribute (Geschlecht, Alter, Bildung usw.) - im Unterschied z.B. zu Merkmalen, die das Umfeld von Betrieben charakterisieren - empirisch relativ einfach erheben lassen (Fritsch 1990: 35 ff.). Die moderne Organisationstheorie ist generell skeptisch gegenüber Forschungsbemühungen, die darauf abzielen, „Outcomes" von Organisationen wie z.B. den Erfolg und das Überleben eines Betriebes auf Eigenschaften und Verhaltensweisen einzelner Personen zurückzuführen. Organisationen und deren Akteure werden nicht als „Great-Man-Veranstaltungen" gesehen,8 sondern eher als „politische Entitäten" (March und Olsen 1976), deren Ziele und Aktivitäten das Resultat der Dynamik interner Koalitionen sind. Kontingenztheorien (Lawrence und Lorsch 1967; Thompson 1967) stellen bei der Erklärung der Ergebnisse des Handelns von Organisationen auf das jeweilige Verhältnis der internen Stukturen zu den technologischen Gegebenheiten und den Umweltbedingungen ab. In der Tradition des Ressourcen-Abhängigkeits-Ansatzes (Pfeffer und Salancik 1978) wird versucht, organisatorische Strukturen und Aktivitäten auf Umweltcharakteristika wie „environmental uncertainty", „environmental disturbances" u.ä. zurückzuführen. Und in ähnlicher Weise wird von ökologischen Ansätzen (Aldrich 1979; Hannan und Freeman 1989) betont, daß das Schicksal von Organisationen zentral von den jeweiligen Umweltgegebenheiten beeinflußt wird. Kurz: Die organisationssoziologische For-
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Nach dem Motto: „once an entrepreneur, always an entrepreneur" (Gartner 1988).
Den dynamischen Unternehmer von Schumpeter würde man wohl als Paradebeispiel einer solchen „Great-Man-Konzeption" einstufen.
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
schung lenkt die Aufmerksamkeit eher auf diejenigen Ansätze, die im weiteren als betriebs- und umweltbezogene Leitlinien-Theorien bezeichnet werden. Nimmt man die vorgetragene Kritik an den personenorientierten Ansätzen ernst und versucht einen Transfer auf die Problemstellung der Erfolgs- und Überlebenschancen neugegründeter Kleinbetriebe, wird man insgesamt wohl zu einer Mittelposition tendieren: Die Einwände erscheinen einleuchtend, wenn man - was der Tradition der Organisationssoziologie entspricht - größere betriebliche bzw. organisatorische Einheiten betrachtet. Neugegründete Kleinbetriebe sind aber in der Regel sehr klein, einfach strukturiert und wenig formalisiert. Oft handelt es sich um schlichte Ein-Personen-Firmen. 9 Mithin würde man wohl das Kind mit dem Bade ausschütten, wenn man die Person des Unternehmensgründers gänzlich außer acht ließe. Abgesehen davon, daß in der ökonomischen und soziologischen Forschungstradition die Person des Unternehmers stark betont wird, liefe dies auf eine Ausblendung eines Großteils der bisherigen Forschung hinaus, die in zum Teil durchaus gelungenen empirischen Studien personenbezogene Effekte nachweisen konnte. Akzeptiert man diese Argumentation, entsteht die Anschlußfrage, welche der vielen möglichen personenbezogenen Faktoren in die Analyse eingehen sollten. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, daß spezifischere Theorien (als die allgemeinen Leitlinien-Ansätze) notwendig sind, die eine gezielte Selektion der vermutlich bedeutsamen personengebundenen Merkmale ermöglichen (vgl. dazu Abschnitt 3 dieses Kapitels).
b) Betriebliche Ansätze und die Idee des „organizational imprinting" Die grundlegende Idee der betrieblichen Ansätze ist die Hypothese des „organizational imprinting" (Stinchcombe 1965). Damit ist gemeint, daß strukturelle Setzungen zum Zeitpunkt der Gründung eines Betriebes einen dauerhaften Effekt auf die Entwicklung des Betriebes ausüben. Bei der Errichtung eines Betriebes werden in der Regel Räumlichkeiten beschafft, Arbeitskräfte eingestellt, materielle Investitionen getätigt und interne Routinen festgelegt. All dies läßt sich nicht ohne weiteres rückgängig machen, sondern
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In der Terminologie von Mintzberg (1979: 305 ff.) können neugegründete Kleinbetriebe dem Typ der „simple Organization" zugeordnet werden. Dies sind Organisationen mit einer eher offenen Arbeitsteilung, einer geringen Formalisierung des Verhaltens und einer einfachen Hierarchie, wobei die Entscheidungsbefugnisse in den Händen des „chief executive" zentralisiert sind (ausführlicher dazu Preisendörfer und Voss 1990).
2. Bereichsbezogene „Leitlinien-Theorien"
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bestimmt (so die „Imprinting "-These) für längere Zeit das Schicksal eines Betriebes, da die betrieblichen Basismerkmale zu einer gewissen Stabilität tendieren. 10 Überblickt man nun die einschlägige empirische Forschung, um Hinweise auf vermutlich wichtige „Imprinting "-Faktoren speziell bei kleinbetrieblichen Neugründungen zu finden, stößt man zumeist an oberster Stelle auf das Finanzierungsproblem. Eine Fülle von empirischen Studien belegt, daß Finanzierungsprobleme (zu geringes Startkapital, Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung u.ä.) erstens eine wesentliche Gründungsbarriere und zweitens eine der Hauptschwierigkeiten in der Anfangsphase neugegründeter Betriebe sind (z.B. Mayer und Goldstein 1961; May 1981; Hunsdiekund May-Strobl 1986; Kailer 1986; für Übersichten Meyerhöfer 1982: 28 ff.; Klandt 1984: 124 ff.; Storey 1994: Kap. 7). Eine zu geringe anfängliche Kapitalausstattung wird dann auch vielfach als Hauptgrund für das Scheitern von Betrieben gesehen. Durch ein unzureichendes Startkapital entstehen in der Eingangsphase Liquiditätsprobleme, unvorhergesehene Ausgaben können nur mit Mühe getätigt werden und Finanzierungsmöglichkeiten für notwendige Folgeinvestitionen sind nicht gegeben. Annähernd gleichberechtigt neben den Finanzierungsproblemen steht das (wohl notwendigerweise) etwas diffuse Konzept der Gründungsidee oder auch der Gründungskonzeption (statt vieler Hunsdiek und May-Strobl 1986; Picot et al. 1989). Ein neugegründeter Betrieb kann am ehesten bestehen, wenn er mit seinem Angebot auf eine Marktlücke trifft, ein mehr oder weniger innovatives Produkt anbietet oder ein schon eingeführtes Produkt kostengünstig bereitstellt. Weitere Entscheidungsparameter, die in empirischen Studien der Gründungsforschung regelmäßig diskutiert werden, beziehen sich auf die Differenzierungen „Neugründung versus Firmenübernahme", „Alleingründung versus Partnergründung" und auf den Selbständigkeitsgrad einer Gründung. Die Übernahme eines zuvor schon bestehenden Betriebes hat den Vorteil, daß auf ein bestimmtes Erfahrungswissen zurückgegriffen werden kann, daß es einen mehr oder weniger festen Kundenstamm gibt und daß sich bestimmte Routinen eingespielt und bewährt haben. Auf der anderen Seite beschränkt die Übernahme eines Betriebes den Gestaltungs-
10 Pennings (1980: 135) umschreibt die von Stinchcombe eingeführte Idee des „organizational imprinting" wie folgt: „The creation of a new organization is one of the most salient moments of its life cycle. Organizational birth is salient not only because it is the starting point of that life cycle but also because it is an overriding factor in molding and constraining the organization's behavior during the subsequent stages of its life cycle" (vgl. dazu auch Boeker 1988; Romanelli 1991).
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Spielraum des Gründers, oft ist der Zugang zu den relevanten Informationen der Geschäftstätigkeit des Vorgängers versperrt und tendenziell kommen wohl eher die „schlechten Äpfel" (sprich: Betriebe) auf den Markt. Weitgehend analog ist die Argumentation für das Entscheidungsproblem, ob man auf volle Selbständigkeit oder eher auf eine Anbindung an einen bestehenden Betrieb (z.B. im Franchising-System) setzen sollte. Im Fall von Partnergründungen wird betont, daß sich die Geschäftspartner in ihrem Humankapitalprofil wechselseitig ergänzen können (Stichwort: Techniker und Kaufmann), und auch finanziell kann der Betrieb auf eine solidere Basis gestellt werden (dazu z.B. Szyperski und Nathusius 1977; Picot et al. 1989). Dem steht entgegen, daß Differenzen und Konflikte zwischen den Geschäftspartnern vielfach vorprogrammiert sind und der Handlungsspielraum des einzelnen eingeschränkt wird. Ähnlich wie bei den personenbezogenen Ansätzen wird die Liste der potentiell bedeutsamen betrieblichen Basismerkmale lang und immer länger, je tiefer man sich in die Vielzahl der empirischen Einzelstudien verstrickt (einen Überblick über die Faktoren der „Gründungsstruktur", die in der bisherigen Forschung am häufigsten untersucht wurden, geben Müller-Böling und Klandt 1990, 1993). Mithin kommt man auch im Rahmen der betrieblichen Ansätze nicht umhin, nach spezifischeren Theorien Ausschau zu halten, die die Selektion von Einzelfaktoren zu steuern vermögen. Zusätzlich muß noch auf das Problem verwiesen werden, daß man die personenbezogenen Faktoren und die betrieblichen Merkmale in der Kausalkette wohl nicht einfach additiv nebeneinander stellen kann. Mit welchem Startkapital ein Betrieb eröffnet, von welcher Gründungsidee und -konzeption er getragen wird, ob eine Anbindung an einen anderen Betrieb gewählt wird usw., ist zum Teil auch von Merkmalen der Person des Unternehmensgründers abhängig. Und ebenso kann man die „Gangbarkeit" einer gewählten Betriebsform wohl nicht unabhängig von den jeweiligen Umfeldbedingungen beurteilen, auf die nun übergegangen werden soll.
c) Umfeldbezogene Ansätze Der Grundgedanke der umfeldbezogenen Ansätze läßt sich wie folgt zusammenfassen (dazu z.B. Peterson 1981): Neue Betriebe werden zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten (ökonomischen, sozialen und politischen) Umfeld von bestimmten Personen ins Leben gerufen. Während die Konstellation der Umweltfaktoren die bestehende Gelegenheits- bzw. Opportu-
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nitätsstruktur charakterisiert und die Nachfrageseite nach „unternehmerischen Talenten" ausmacht, verweisen Merkmale der handelnden Personen auf die mehr oder weniger selektive Nutzung der Gelegenheiten und konstituieren die Angebotsseite des Marktes für unternehmerische Tätigkeiten. Da in Abhängigkeit von der Gelegenheitsstruktur der Zustrom zu und der Verbleib in unternehmerischen Positionen sowohl quantitativ als auch qualitativ sehr unterschiedlich sein dürfte, wird empfohlen, den Blick in erster Linie auf die Nachfrageseite zu richten. Eine konkrete Ausformulierung findet diese Perspektive in der industrieökonomischen Forschung („industriell Organization"), nach der die jeweiligen Bedingungen auf dem Produktmarkt, meist konkretisiert über die Bedingungen in einer Branche bzw. einem Industriezweig, entscheidend für die Gründung und den Erfolg von Betrieben sind (als Überblick Storey 1982: Kap. 3; Johnson 1986). Es wird davon ausgegangen, daß in den verschiedenen Sektoren der Wirtschaft stets eine große Zahl potentieller Unternehmer startbereit im Hintergrund steht, die nur darauf warten, daß die Preise der Produkte oder Dienstleistungen die langfristigen Durchschnittskosten übersteigen. 11 Ist dies der Fall, erfolgt ein Zustrom neuer Betriebe und diese können erfolgreich bestehen. Im Rahmen der empirischen Umsetzung dieses Szenarios spielt vor allem die Gewinnspanne in einem Wirtschaftszweig eine wichtige Rolle. Für Wirtschaftszweige, in denen die Gewinnspanne höher liegt als in anderen Wirtschaftszweigen, werden für Neugründungen höhere Erfolgschancen prognostiziert. Als Signaleffekte, die eine Wachstumsbranche anzeigen, werden zudem eine positive Umsatz- bzw. Nachfrageentwicklung und ein Anstieg der Zahl der Beschäftigten in einem Wirtschaftszweig behandelt. Weitere Branchencharakteristika, die in der Diskussion eine Rolle spielen, sind u.a. die durchschnittliche Kapitalintensität, die Bedeutung von „economies of scale", der Konzentrationsgrad bzw. die Wettbewerbsintensität sowie die Innovationsintensität (dazu z.B. Acs und Audretsch 1990; Mahmood 1992; Wagner 1994a; Audretsch 1995). Viel Beachtung hat auch die jeweilige technologische Entwicklung gefunden, wobei speziell für Branchen bzw. Industriezweige mit raschem technischem Fortschritt Möglichkeiten und Chancen für kleinbetriebliche Neugründungen erwartet werden. Prominentes Beispiel hierfür ist die Wachstumsbranche „Mikroelektronik" (dazu z.B. Brittain und Freeman 1980).
11 Unterstellt wird, daß potentielle (bzw. zumindest ein Teil der potentiellen) Unternehmensgründer eine korrekte Vorstellung von den langfristigen Durchschnittskosten haben. Zusätzlich müssen noch die „Markteintrittskosten" in Rechnung gestellt werden.
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Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
Neben den Branchenbedingungen werden auch zahlreiche Faktoren, die das unmittelbare lokale und regionale Nahumfeld eines Betriebes charakterisieren, als Erfolgsfaktoren postuliert. Wohl an erster Stelle steht hier das klassische betriebswirtschaftliche Problem der Standortabhängigkeit. Studien, die speziell auf Möglichkeiten zur Unterstützung von Kleinbetrieben abzielen (z.B. Hull und Hjern 1987), betonen die Bedeutung der staatlichen und regionalen „Förderstruktur", die Möglichkeiten des Zugangs zu Kapital über Banken, staatliche Subventionen in Form von Existenzgründungsbeihilfen, das Vorhandensein eines Beratungsangebots, intermediäre Akteure usw. Die lokale Konkurrenzdichte, die Art der Verkehrsanbindung, die Struktur der Wohnbevölkerung, das Vorhandensein von „Inkubator-Organisationen" und das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte sind Beispiele für weitere Einzelaspekte (Überblicke bei Müller-Böling und Klandt 1993; Vaessen 1993). Auf der dritten Ebene stehen schließlich gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen. Neben der allgemeinen konjunkturellen Lage (und dabei vor allem der Höhe der Arbeitslosigkeit) werden gelegentlich die staatliche Steuerpolitik und die staatliche Geldpolitik (Kapitalmarktzinsen) thematisiert. An dieser Stelle begegnet man dann auch wieder den kulturellen Ansätzen, wie sie bereits in Abschnitt II. 1 .b skizziert wurden. Auch mit Bezug auf die Umweltansätze gelangen wir damit zu dem Ergebnis, daß das Spektrum der möglichen Einflüsse sehr weit gespannt ist. Die Situation wird dadurch erschwert, daß die jeweiligen Faktoren konzeptuell auf unterschiedlichen Ebenen liegen (lokales Nahumfeld, Branchenbedingungen, gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Gegebenheiten). Um die konkreten Mechanismen zu erhellen, über die die Umfeldfaktoren auf den Erfolg eines Betriebes einwirken, müßte zudem noch jeweils nachvollzogen werden, wie diese Bedingungen von den Akteuren perzipiert werden und sich in deren faktisches Verhalten umsetzen. Zusammenfassend zu diesem Abschnitt läßt sich festhalten: Die drei vorgestellten Leitlinien-Ansätze sind zur Gewinnung eines Ein- und Überblicks über das Spektrum der möglichen Determinanten der Erfolgs- und Überlebenschancen neugegründeter Betriebe sicherlich hilfreich. Insgesamt gesehen jedoch vermögen sie, wie bereits mehrfach betont, nicht zu befriedigen. Es fehlt das einigende Band, das die verschiedenen Einzelfaktoren in jedem der drei Bereiche integriert, systematisiert und bezüglich ihrer Bedeutung mehr oder weniger stark gewichtet. Will man angesichts der enormen Bandbreite möglicher Einflußfaktoren, wie sie in diesem Abschnitt wohl deutlich wurde, nicht gänzlich kapitulieren und sich in der empirischen Arbeit nurmehr auf ausge-
3. Spezifischere Theorien
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wählte Einzelaspekte beschränken, erscheint ein Rückgriff auf spezifischere Theorien notwendig, die - unter Aufgabe des Vollständigkeitsanspruchs bestimmte Faktoren in den Vordergrund stellen.
3. Spezifischere Theorien Ausgehend von den drei Bereichen möglicher Einflußfaktoren auf die betrieblichen Erfolgschancen, wie sie durch die Leitlinien-Ansätze des voranstehenden Abschnitts nahegelegt werden, soll im folgenden zunächst das Spektrum der sich anbietenden spezifischen Theorien aufgezeigt werden. Ergebnis dieser Analyse wird der Vorschlag von vier spezifischen Theorien (Humankapitaltheorie, Perspektive sozialer Netzwerke, Transaktionskostenansatz und organisationsökologischer Ansatz) sein, die als „aussichtsreiche Kandidaten" für eine in Zukunft stärker theoriegeleitete Untersuchung der Erfolgschancen neugegründeter Betriebe eingestuft werden. Diese Theorien gilt es dann im zweiten Schritt soweit zu konkretisieren und auszuarbeiten, daß sie tatsächlich in die empirische Arbeit umgesetzt werden können.
a) Skizze des Spektrums spezifischerer
Theorien
Soweit es um die Person des Unternehmensgründers geht, lassen sich - in der theoretischen Diskussion ebenso wie in der empirischen Forschung inhaltliche Schwerpunktsetzungen ausmachen, die weitgehend den disziplingebundenen Denktraditionen folgen: Psychologen tendieren zur Betonung der Rolle von mehr oder weniger dauerhaften Persönlichkeitsdispositionen; Ökonomen konzipieren Verhalten (und in diesem Fall unternehmerisches Verhalten) als subjektiv rationales Entscheidungsverhalten und interpretieren personenbezogene Merkmale im Sinne von Qualifikationsvoraussetzungen; und Soziologen akzentuieren die jeweilige Einbettung der Akteure in ihr mikrosoziales und auch das makrosoziale Umfeld. Gänzlich unabhängig von der fachlichen Orientierung werden von Psychologen, Ökonomen und Soziologen fast standardmäßig eine ganze Reihe von soziodemographischen Merkmalen der Gründungsperson hinsichtlich ihrer „Erfolgsrelevanz" untersucht. Soziodemographische Merkmale (Alter, Geschlecht, Familienstand usw.) haben zwar den Vorteil einer leichten „Erhebbarkeit", solange sie jedoch nicht in eine Theorie eingebunden sind, läßt sich über den Modus ihrer Wirkungsweise oft nur spekulieren, wobei sich in der Regel mehrere Alternativerklärun-
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Griindungsforschung
gen anbieten. Sollte sich z.B. ergeben, daß ältere Betriebsgründer erfolgreichere und überlebensfähigere Betriebe initiieren, so mag dies an deren beruflicher Erfahrung, an beruflichen und sozialen Kontakten oder auch an branchenspezifischen Kenntnissen liegen. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit wäre, daß ältere Gründer ihre Betriebe in der Anfangsphase finanziell besser ausstatten können. Aus der mit soziodemographischen Merkmalen zumeist einhergehenden Schwierigkeit, nicht zwischen verschiedenen Alternativerklärungen diskriminieren zu können, läßt sich die Empfehlung herleiten, auf solche Merkmale nur in Ausnahmefällen und mit Vorsicht zurückzugreifen. Eine theoretisch orientierte Forschung sollte auf einer Ebene ansetzen, auf der sich eine relativ eindeutige Verknüpfung zwischen den jeweiligen personenbezogenen Merkmalen und den betrieblichen Erfolgschancen herstellen läßt. 1 2 Trotz intensiver empirischer Forschungsbemühungen haben die psychologischen Ansätze mit ihrer Betonung von Persönlichkeitsattributen bislang kaum konsistente Ergebnisse erbracht. Aldrich und Zimmer (1986: 14 f.) gelangen ähnlich wie andere Autoren (z.B. Gärtner 1988) - zu der Einschätzung, daß „rigorous empirical research (i.e. research using appropriate comparison groups and other controls) has had trouble identifying any traits strongly associated with entrepreneurship". Mithin scheinen die Einwände, die oben gegen die personenzentrierten Ansätze (in ihren psychologischen Varianten) vorgetragen wurden, sich tatsächlich auch in den empirischen Forschungsergebnissen bemerkbar zu machen. Hinzu kommt, daß die psychologischen Ansätze in sich sehr disparat sind (meist wird ein einziges „Persönlichkeitskonstrukt" in den Vordergrund gestellt), so daß eine halbwegs befriedigende Integration der verschiedenen Ansätze nicht absehbar ist. Schließlich ist auch in der psychologischen Forschung selbst eine Tendenz beobachtbar, die weg von allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen und hin zu kognitiven und situativen Ansätzen führt. All dies läßt es angebracht erscheinen, in der weiteren Gründungsforschung den ökonomischen und soziologischen Ansätzen zur Person des Unternehmensgründers den Vorzug zu geben. Nachdem sich die Ökonomen von einfachen Modellen, in denen der Faktor Arbeit als homogenes Gut betrachtet wird, zunehmend gelöst haben, konzipieren sie personenbezogene Merkmale in der Regel in Sinne von personalen Ressourcen, die Akteure in den Wirtschaftsprozeß einbringen. Ihr Hauptinter-
12 Gleichwohl kann nicht bestritten werden, daß demographische Merkmale wie z.B. das Geschlecht oder die Nationalität der Gründungsperson in der praktischen Diskussion eine wichtige Rolle spielen (mehr dazu in Kapitel VII).
3. Spezifischere Theorien
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esse gilt dabei vor allem solchen Ressourcen, die Individuen - in einem als rational unterstellten Entscheidungskalkül - zwecks wirtschaftlicher Verwertung gezielt erwerben bzw. sich als Qualifikationen aneignen. Die ohne Frage einflußreichste und bedeutsamste Theorie in diesem Zusammenhang ist die Humankapitaltheorie (grundlegend dazu Mincer 1974; Becker 1975). Bereits oben wurde darauf verwiesen, daß einer der „Väter" der Humankapitaltheorie, nämlich Theodore Schultz, in zwei Arbeiten (1975 und 1980) eine Anwendung der Theorie im Bereich der „Entrepreneurship"-Forschung explizit empfiehlt. Deshalb ist eine Anwendung der Humankapitaltheorie innerhalb der Gründungsforschung naheliegend. Die unbestrittenen Erfolge, die Ökonomen bei empirischen Tests der Humankapitaltheorie in verschiedenen Bereichen erzielen konnten, haben namhafte Soziologen (z.B. Bourdieu 1983; Coleman 1990) veranlaßt, dem Humankapitalkonzept das soziologische Konzept des „Sozialkapitals" entgegenzustellen. Dieses Konzept zielt in erster Linie auf die Einbettung der Akteure in ihr mikrosoziales Umfeld. Um den unmittelbaren Handlungszusammenhang und das Beziehungsnetz von Personen zu charakterisieren, bedienen sich Soziologen (unterschiedlichster Ausrichtung) dabei implizit oder explizit am häufigsten der theoretischen „Perspektive sozialer Netzwerke" (grundlegend dazu Granovetter 1985), bei der das Geflecht von sozialen Kontakten betrachtet wird, in das eine (Fokal-)Person eingebunden ist. Aus soziologischer Sicht erscheint eine Anwendung der Netzwerkperspektive innerhalb der Gründungsforschung fast genauso naheliegend, wie es vermutlich die Anwendung der Humankapitaltheorie für Ökonomen ist. Während die Vorschläge der Humankapitaltheorie und der Perspektive sozialer Netzwerke für den Bereich der personenbezogenen Merkmale relativ unproblematisch sind, gestaltet sich die Bandbreite der in Betracht kommenden spezifischen Theorien für den (zweiten) Bereich der betrieblichen Merkmale sehr viel „sperriger". Da der Erfolg neugegründeter Betriebe eine betriebliche Entwicklung im Zeitablauf beschreibt, könnte man in einem ersten Schritt an die von Ökonomen und Betriebswirten diskutierten „Theorien der Unternehmensentwicklung" denken. In einem Überblick über diese Theorien unterscheidet Fritsch (1990: 59 ff.) im wesentlichen vier Gruppen von Ansätzen zur Erklärung und Beschreibung der Entwicklung von Betrieben: (1) Theorien des optimalen Unternehmenswachstums, (2) Ansätze, die auf das Verhalten des Managements abstellen, (3) Lebenszykluserklärungen und (4) Theorien der Unternehmenskrisen und kritischer Wachstumsschwellen. Eine genauere Durchsicht dieser Theorien führt allerdings zu dem Ergebnis, daß diese Theo-
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Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
rien in der Regel nicht das Anliegen einer Erfolgsprognose im Auge haben, sondern eine prozessuale Analyse betrieblicher Entwicklungspfade liefern. Dies bedeutet, daß nicht konstitutive Faktoren zum Zeitpunkt der Gründung, sondern Entscheidungen und Aktivitäten in bestimmten (Problem-)Phasen der jeweiligen betrieblichen Entwicklung im Mittelpunkt des Interesses stehen. Da die dynamischen Theorien der Unternehmensentwicklung als „Theoriekandidaten" für den Bereich der betrieblichen Merkmale kaum einschlägig erscheinen, verbleiben im zweiten Zugriff verschiedene statische Theorien der Unternehmung. Wie oben ausgeführt, wenden sich die funktionalen Unternehmerkonzepte, denen wir in der ökonomischen Forschungstradition begegnen, gegen die in der Neoklassik dominierende „Unternehmenstheorie", in der betriebliche Strukturen und Prozesse über einfache Produktionsfunktionen mit einem gewinnmaximierenden Unternehmer abzubilden versucht werden. Mithin dürfte es sich empfehlen, einen Blick auf die neueren Theorien der Unternehmung zu werfen (für eine Übersicht vgl. z.B. Douma und Schreuder 1991). Die wohl wichtigste theoretische Fortentwicklung in diesem Bereich ist der Transaktionskostenansatz (grundlegend dazu Williamson 1975), dessen anspruchsvolles Erklärungsziel darin besteht, eine Antwort auf die Frage zu geben, weshalb und unter welchen Bedingungen betriebliche (im Sinne von hierarchischen) Strukturen im Unterschied zu marktmäßigen Regulationsmechanismen überhaupt auftreten. Da die Gründung neuer Betriebe gleichbedeutend ist mit der Setzung betrieblicher Strukturen, wobei die jeweiligen Setzungen in Form konstitutiver Merkmale zum Zeitpunkt der Betriebseröffnung mehr oder weniger vorteilhaft sein können, trifft der Transaktionskostenansatz von seiner Grundintention her genau das, was mit einer prognostischen Erfolgseinschätzung angestrebt wird, nämlich eine Einschätzung der Gangbarkeit konkret gewählter Formen bzw. struktureller Merkmale von Betrieben. Da sich der Ansatz auf betriebliche Strukturmerkmale konzentriert, kann und soll er in dieser Arbeit als spezifische Theorie für den Bereich der betrieblichen Basismerkmale neugegründeter Betriebe vorgeschlagen werden. Ähnlich wie im Bereich der betrieblichen Merkmale bietet sich schließlich auch im (dritten) Bereich der Umfeldfaktoren zunächst einmal eine scheinbar breite Palette von Theorieoptionen. Das Hauptaugenmerk wird sich dabei auf verschiedene organisationstheoretische Ansätze richten, da im Rahmen dieser Ansätze die „Umweltabhängigkeit von Organisationen" das zentrale und beherrschende Thema ist. Sowohl die Kontingenztheorien als auch die verschiedenen Varianten des Ressourcen-Abhängigkeits-Ansatzes (für Übersichten Scott 1992) stellen die von der Umwelt ausgehenden Einflüsse auf die Struktur und
3. Spezifischere Theorien
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das Handeln von Organisationen in den Mittelpunkt ihres Interesses. Dasselbe gilt für andere spezifische Theorien, die Scott (1992: Kap. 4) unter dem Oberbegriff der „open system models" behandelt. Blickt man allerdings in die empirische Forschung, die auf der Grundlage dieser Ansätze durchgeführt wurde, stößt man - was die Gründung und den Erfolg von Kleinbetrieben anbelangt weitgehend ins Leere. Gegenstand der Studien sind in der Regel etablierte Großbetriebe bzw. Großorganisationen, deren Probleme und Strategien der Anpassung an eine mehr oder weniger turbulente Umwelt behandelt werden. Eine klare Ausnahme im „Reigen" der organisationstheoretischen Ansätze bildet allerdings der Ansatz der Organisationsökologie (grundlegend dazu Hannan und Freeman 1977, 1989), der in den zurückliegenden Jahren „a rapidly growing body of research and theory" (Scott 1992: 119) hervorgebracht hat. Auf dem Hintergrund einer evolutionären Perspektive analysieren Organisationsökologen die jeweiligen Umfeldbedingungen von Organisationen unter dem Blickwinkel von Selektionsmechanismen, und Gründungs- sowie vor allem Sterbeprozesse von Betrieben werden auf vielfältige Art und Weise zu modellieren versucht. Das Interesse der „organizational ecology" an betrieblichen Überlebens- bzw. Sterbeprozessen, der breite Fundus von unmittelbar einschlägigen empirischen Studien im Rahmen dieses Ansatzes und die dabei ausgeprägte Betonung der Rolle der Umfeldfaktoren lassen es angebracht erscheinen, den Ansatz als spezifische Theorie für den Bereich der Umweltbedingungen vorzuschlagen. Nachdem damit die spezifischen Theorien (Humankapitaltheorie, Perspektive sozialer Netzwerke, Transaktionskostenansatz und organisationsökologischer Ansatz), die für eine theoretische Vertiefung der Gründungsforschung in dieser Arbeit vorgeschlagen werden, aus dem Spektrum der Theorieangebote herausgefiltert wurden, kann und muß im folgenden auf die vier Theorien im einzelnen eingegangen werden. Im Mittelpunkt der Überlegungen werden dabei die theoretischen Probleme und Schwierigkeiten stehen, die sich bei dem Versuch eines Transfers dieser Ansätze auf die konkrete Forschungsfrage der prognostischen Erfolgseinschätzung neugegründeter (Klein-)Betriebe ergeben.
b) Humankapitaltheorie Die Humankapitaltheorie wird im Bereich der arbeitsmarkttheoretischen Forschung in zwei recht verschiedenen Varianten verwendet: Zum einen wird auf der Basis der Theorie, die von der These rationalen Verhaltens ausgeht,
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
das optimale Investitionsverhalten in Humankapital im Lebenszyklus von Personen hergeleitet, wobei die erwartete Ertragsrate der Investitionen als zentraler Steuerungsmechanismus fungiert. Zum anderen wird die Theorie vor allem in empirischen Studien dazu benutzt, um das Einkommen individueller Akteure bzw. beobachtete Einkommensverteilungen zu erklären. Die grundlegende Hypothese dabei ist, daß die jeweilige Ausstattung einer Person mit Humankapitalressourcen einen entscheidenden Einfluß auf das Einkommenspotential und damit auch auf das tatsächliche Einkommen ausübt. Vor allem in dieser zweiten Variante hat sich die Theorie in der bisherigen Forschung als sehr fruchtbar erwiesen (einen Überblick gibt Willis 1986). Allerdings beschränken sich die bisherigen empirischen Anwendungen der Humankapitaltheorie fast ausschließlich auf das Problem der Erklärung des Einkommens abhängig Beschäftigter. Nur in sehr wenigen Fällen wurde die Theorie auf den Kontext der beruflichen Selbständigkeit zu übertragen versucht. Zur Erläuterung der Position, daß ein Rekurs auf die Humankapitaltheorie für die Gründungsforschung Fortschritte bringen könnte, soll deshalb in drei Schritten vorgegangen werden: (1) Durch einen Blick in die empirische Gründungsforschung soll zunächst gezeigt werden, daß die Theorie, wenn auch nicht in formalisierter Form, bereits implizit Anwendung findet. (2) Anschließend werden beispielhaft einige Studien skizziert, die tatsächlich einen Transfer der Theorie auf den Bereich der beruflichen Selbständigkeit erprobt haben. (3) Im dritten Schritt müssen dann die verschiedenen Probleme diskutiert werden, die sich bei einer Anwendung der Theorie auf die Erklärung der Erfolgschancen kleinbetrieblicher Neugründungen ergeben. Zahlreiche empirische Studien der Gründungsforschung haben untersucht, ob und inwieweit personale Ressourcen wie z.B. die schulische und berufliche Bildung des Unternehmensgründers, dessen Berufsbiographie, die berufliche Position unmittelbar vor der Gründung, vorherige Branchenerfahrung, frühere Selbständigkeitsepisoden oder auch der familiäre Hintergrund den Erfolg einer Neugründung beeinflussen (z.B. Mayer und Goldstein 1961; Boswell 1972; Hunsdiek und May-Strobl 1986; Picot et al. 1989; Goebel 1990). Obwohl die Befunde angesichts der Heterogenität der Stichproben keineswegs einheitlich ausfallen, deuten sich relativ häufig durchaus Effekte an. So wird etwa von betriebswirtschaftlicher Seite oft argumentiert, daß eine höhere berufliche Bildung der Gründungsperson tendenziell die Erfolgschancen verbessert; der Wert eines akademisch ausgerichteten Studiums wird jedoch von manchen Autoren eher in Zweifel gezogen (vgl. z.B. Szyperski und Nathusius 1977;
3. Spezifischere Theorien
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Klandt 1984). 13 Als in hohem Maße bedeutsam werden durchgängig branchenspezifische Kenntnisse angesehen. Denjenigen, die in einer Branche gründen, in der sie bislang noch nicht gearbeitet haben, werden geringe Erfolgschancen eingeräumt. Ähnlich oft taucht der Faktor „unternehmerische Erfahrungen und Qualifikationen" auf. Der Weg in die berufliche Selbständigkeit wird als eine Art „Versuchs- und Irrtums verfahren" (Johannisson 1987) bzw. als ein passiver oder aktiver „Lernprozeß" (Jovanovic 1982) gesehen, wobei frühere, auch negative Erfahrungen mit der Selbständigkeit als hilfreich eingestuft werden. Unternehmerische Erfahrungen können auch durch die soziale Herkunft vermittelt werden. Vor allem Laband und Lentz (1985: Kap. 2) haben relativ detailliert die Mechanismen ausgearbeitet, über die elterliche Selbständigkeit den Erfolg von Betriebsgründungen der Nachkommen beeinflussen kann. Die Kinder von Selbständigen haben in der Regel einen direkten Zugang zum Arbeitsplatz ihrer Eltern und erwerben - quasi als Beiprodukt der täglichen Interaktionen - unternehmerische Fähigkeiten und Qualifikationen. Oft fungieren die Eltern oder nahe Verwandte auch als Rollenmodell (vgl. dazu Young 1971; Carroll und Mosakowski 1987; Goebel 1990). Schließlich wird regelmäßig auf die große Bedeutung betriebswirtschaftlich-kaufmännischer Kenntnisse verwiesen, die für die Erledigung der anfallenden Verwaltungsaufgaben, für die Erfolgskontrolle, die strategische Planung usw. unabdingbar erscheinen. Insgesamt zeichnet die empirische Gründungsforschung den potentiell erfolgreichen Unternehmensgründer mit folgendem Humankapitalprofil: Die Person hat Kenntnisse und Erfahrungen in der Branche, in der sie den Betrieb gründet; sie hat in ihrer bisherigen Berufsbiographie bereits frühere Phasen der Selbständigkeit, am besten in der Branche, in der die Gründung beabsichtigt ist; sie kommt aus einem Selbständigen-Haushalt; und sie verfügt über fundierte betriebswirtschaftlich-kaufmännische Kenntnisse. All diese personenbezogenen Faktoren lassen sich im Lichte der Humankapitaltheorie stringenter konzeptualisieren. Ein Versuch der direkten Anwendung der Humankapitaltheorie auf das Problem der Erfolgschancen von Betrieben findet sich bei Bates (1985). Auf der Grundlage von Daten der Kreditauskunftei „Dun and Bradstreet" untersucht Bates die Effekte von Humankapitalressourcen auf die Rentabilität von Betrieben ethnischer Minoritäten in den USA. Da allerdings die „Dun and Bradstreet"-Daten keine Informationen über die Person des Gründers enthalten,
13 In den Worten von Kirschbaum (1990: 82): „Der Unternehmungsgründer ist mehr der Typ, der sich eher auf reale als auf intellektuelle Hindernisse ausrichtet, um sie zu überwinden".
4 8 I I .
Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
geht Bates einen indirekten Weg. Er konstruiert aggregierte Humankapital variablen für unterschiedliche Wirtschaftszweige auf der Basis von Zensusdaten. Anschließend wird die Beziehung zwischen branchentypischem Humankapital, gemessen über die durchschnittliche Zahl der Bildungsjahre der Firmeninhaber, und der Rentabilität der Betriebe analysiert. Das Ergebnis ist ein recht deutlicher Zusammenhang zwischen den beiden Größen. Dieser Befund ist freilich mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren. Da das Humankapital lediglich als Kontextvariable in die Analyse eingeht, besteht die Gefähr eines ökologischen Fehlschlusses (Hummell 1972). In einer neueren Arbeit kann sich Bates (1990a) auf eine reichhaltigere Datenbasis stützen. Hier werden die Überlebenschancen einer Zufallsstichprobe von mehr als 4.000 Betriebsgründungen der Jahre 1976-1982 in den USA untersucht. Die Stichprobe beschränkt sich auf männliche Gründer, wobei Informationen über deren Bildung, vorherige Managementerfahrungen und den familiären Hintergrund (berufliche Selbständigkeit der Eltern) vorliegen. Es zeigt sich, daß die Humankapitalfaktoren und dabei vor allem die Länge der Schulbildung einerseits die finanzielle Grundausstattung der Betriebe (Startkapital) beeinflussen und andererseits deutliche Effekte auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Betriebe haben. Das Alter der Firmengründer ergibt einen nichtlinearen Zusammenhang mit der Bestandsfähigkeit der Betriebe in der Form, daß die Betriebe von jüngeren und älteren Gründern einem höheren Risiko des Scheiterns ausgesetzt sind. Die Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Alter der Firmengründer und den Überlebenschancen der Betriebe vor dem Hintergrund der Humankapitaltheorie war auch das Thema einer Studie von Preisendörfer und Voss (1990). Untersucht werden die Überlebenszeiten aller rund 78.000 kleingewerblicher Neugründungen in München und Oberbayern der Jahre 1980-1984. Genau wie bei Bates zeigt sich ein nichtlinearer Zusammenhang: Betriebe von jungen Gründern haben die kürzesten Überlebenszeiten; mit zunehmendem Alter verbessern sich die Bestandschancen; bei höherem Alter jedoch sinken sie wieder ab. Mit einer Reihe von Zusatzannahmen interpretieren die Autoren dieses Muster, das für fast alle Wirtschaftszweige gilt, analog zu dem aus der Humankapitaltheorie bekannten, konkaven Alters-Einkommens-Profil. Die Schwäche dieser Arbeit allerdings ist, daß das Humankapital der Gründer lediglich über die Proxy-Variable des Alters erfaßt wurde. Eine genauere Erfassung der Humankapitalressourcen, die aufgrund der Datenbasis nicht möglich war, wäre notwendig gewesen, um Alternativerklärungen für die beobachteten Zusammenhänge ausschließen zu können.
3. Spezifischere Theorien
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Da das Explanandum bisheriger Anwendungen der Humankapitaltheorie in der Regel das Einkommen von abhängig Beschäftigten ist, müssen einige zusätzliche Fragen geklärt werden, wenn man die Theorie erfolgversprechend auf den Bereich der beruflichen Selbständigkeit transferieren will. Die zwei wohl wichtigsten Problembereiche dabei sind (vgl. Preisendörfer und Voss 1990; Brüderl et al. 1992): (1) Über welche substantiellen Mechanismen beeinflussen die Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers die Erfolgsund Überlebenschancen eines Betriebes? (2) Wie kann man das Humankapital im Kontext der beruflichen Selbständigkeit konkret erfassen, d.h. welche Aspekte der Humankapitalausstattung erscheinen von besonderer Bedeutung? Die übliche Argumentation in der Humankapitaltheorie ist, daß das Humankapital die Produktivität eines Arbeitnehmers erhöht und daß sich dies aufgrund von Entlohnung nach dem Grenzprodukt in dessen Einkommen niederschlägt. Produktivitätseffekte von Humankapital kann man auch für beruflich Selbständige annehmen. Personen mit einer günstigeren Humankapitalausstattung mögen eher in der Lage sein, einen neugegründeten Betrieb effizient zu organisieren und zu managen. Weiterhin kann man eine höhere Kompetenz im Umgang mit Kunden, Lieferanten und anderen Akteuren unterstellen, die für das Schicksal des Betriebes wichtig sind (Banken, Behörden, Kammerverbände usw.). Zusätzlich kann es sein, daß die Kunden ihre (Kauf-)Entscheidungen auf der Basis von Humankapitalfaktoren des Gründers treffen. Man vertraut eher einem Firmeninhaber, der ein Meisterzertifikat in seinen Geschäftsräumen präsentiert, der einen akademischen Titel vorweisen kann, oder jemandem, von dem man weiß, daß er/sie seit vielen Jahren in der Branche gearbeitet hat. Dies bedeutet, daß sich Humankapital in Form von „Screening" bzw. „positiver Kundendiskriminierung" für den Betrieb bezahlt machen würde (vgl. dazu auch Fredland und Little 1981). Neben den Produktivitätseffekten, die vor allem im Zuge des Betreibens einer Firma wirksam werden, kann man für das Humankapital noch einen zweiten Wirkungsmechanismus annehmen, nämlich Selektionseffekte im Vorfeld der Gründung. Personen mit hohem Humankapital dürften eher in der Lage sein, Betriebe zu gründen, die von vorneherein bessere Erfolgsaussichten haben. Aufgrund ihres höheren Einkommens in vorherigen beruflichen Positionen können sie ihre Gründungen finanziell besser ausstatten.14 Aufgrund ihrer günstigeren beruflichen Plazierung haben sie eher Zugang zu Informatio-
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Der schon genannte Befund von Bates (1990a), daß Personen mit höherer Schulbildung Betriebe mit einem höheren Startkapital initiieren, deutet genau in diese Richtung.
4 Brüderl u. a.
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
nen über erfolgversprechende Marktnischen. Und aufgrund ihrer höheren Bildung fällt es ihnen möglicherweise leichter, die Gründung sorgfaltig vorzubereiten und zu planen und deren Erfolgschancen prospektiv einzuschätzen (Schultz 1975, 1980). Die Vermutung von Selektionseffekten spricht im Grunde nichts anderes als den bereits oben geäußerten Gedanken an, daß personenbezogene Merkmale die Art der Gründung beeinflussen. Nur mit der Spezifikation, daß für Personen mit höherem Humankapital Betriebsgründungen mit günstigeren „a priori" Erfolgschancen postuliert werden. In den herkömmlichen Anwendungen der Humankapitaltheorie wird bei der operationalen Erfassung des Humankapitals in der Regel differenziert zwischen allgemeinem und betriebsspezifischem Humankapital (Becker 1975). Allgemeines Humankapital wird in den gängigen Einkommensfunktionen erfaßt über die Jahre der schulischen Bildung einerseits und die Jahre der Berufserfahrung andererseits. Betriebsspezifisches Humankapital bezieht sich auf Qualifikationen, die zwar für die Arbeit beim derzeitigen Arbeitgeber produktivitätssteigernd sind, nicht jedoch im Fall eines Arbeitgeberwechsels. Mit Blick auf die Komponente des allgemeinen Humankapitals erscheint es sinnvoll, die zwei üblichen Maße auch im Kontext der beruflichen Selbständigkeit zu erproben. Damit ließe sich untersuchen, ob und inwieweit die Ertragsraten für Bildung und Berufserfahrung in abhängigen und selbständigen Berufspositionen ähnlich sind. 1 5 Die Komponente des spezifischen Humankapitals muß jedoch modifiziert werden. Für den Bereich der beruflichen Selbständigkeit schlagen Preisendörfer und Voss (1990) zwei Aspekte von spezifischem Humankapital vor: (1) branchenspezifisches Humankapital und (2) unternehmerisches Humankapital. Mit branchenspezifischem Humankapital ist vor allem gemeint, ob und inwieweit der Unternehmensgründer in seiner bisherigen Berufsbiographie berufliche Erfahrungen in der Branche der Betriebsgründung gesammelt hat. Unternehmerisches Humankapital stellt ab auf Qualifikationen und Fähigkeiten, die speziell für die Ausübung der Unternehmerrolle nützlich sein dürften. Mögliche Indikatoren für das unternehmerische Humankapital sind eigene frühere (positive oder auch negative) Erfahrungen mit der beruflichen Selbständigkeit, Erfahrungen in Vorgesetztenpositionen oder auch eine berufliche Selbständigkeit der Eltern. In der Tat können mit
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Vorliegende empirische Evidenzen, die die Effekte von Bildung und Berufserfahrung auf das Einkommen von Selbständigen im Vergleich zu abhängig Beschäftigten untersuchen, deuten insgesamt (mit einigen Ausnahmen) auf geringere Ertragsraten im Fall von beruflicher Selbständigkeit hin (Rees und Shah 1986; Wit und Winden 1989; Pfeiffer und Pohlmeier 1992; für Erklärungen und Argumente vgl. Fredland und Little 1981; Evans und Jovanovic 1989).
3. Spezifischere Theorien
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der Dreiteilung von allgemeinem, branchenspezifischem und unternehmerischem Humankapital zahlreiche personenbezogene Einzelfaktoren, die in der bisherigen Forschung eher disparat auftauchen, eingefangen und sinnvoll in eine theoretische Perspektive integriert werden. Fassen wir (mit einigen Ergänzungen) die Überlegungen zur Humankapitaltheorie nochmals zusammen: Die generelle These ist, daß die Humankapitalausstattung des Unternehmensgründers, differenziert über die Komponenten des allgemeinen, branchenspezifischen und unternehmerischen Humankapitals, positive Effekte auf die Erfolgschancen einer kleinbetrieblichen Neugründung zeigt. Neben Produktivitätseffekten werden Selektionseffekte des Humankapitals in der Form erwartet, daß Personen mit höherem Humankapital Betriebe mit besseren „a priori" Erfolgsaussichten gründen. Schließlich ließen sich, was an dieser Stelle jedoch nicht vertieft werden soll, aus der Theorie eine Reihe von sehr spezifischen Hypothesen herleiten. So würde man z.B. für die Berufserfahrung des Gründers einen insgesamt zwar positiven Effekt auf die betrieblichen Erfolgschancen prognostizieren, jedoch mit abnehmender Rate (konkaves Profil). Ferner würde die Humankapitaltheorie z.B. vorhersagen, daß vorherige Branchenerfahrung einen umso geringeren Effekt hat, je länger sie zurückliegt (Abschreibungseffekt auf Humankapital). Für Branchen mit raschem technischem Wandel und komplexer Technologie würde man erwarten, daß schulische Bildung die Erfolgschancen relativ stärker beeinflußt als berufliche Erfahrung (dazu Schultz 1980).
c) Perspektive
sozialer Netzwerke
Während die Humankapitaltheorie eine stringent ausformulierte Theorie ist, handelt es sich bei der Perspektive sozialer Netzwerke eher um ein Sammelsurium von Einzelideen, die zum Teil recht unverbunden nebeneinanderstehen. Allen Ansätzen gemeinsam ist aber der Grundgedanke, daß individuelle Akteure nicht als „Monaden" gesehen werden dürfen, sondern als Akteure, die in typische Muster von spezifischen und konkreten sozialen Beziehungen eingebunden sind. Die jeweiligen sozialen Beziehungen, über die eine Person verfügt und die sie aktivieren kann, werden - in Analogie zum Humankapitalkonzept - vielfach auch als „soziales Kapital" eingestuft (Bourdieu 1983; Coleman 1990; Flap 1991). Sieht man nun die Rolle des Unternehmers als die eines Organisators und Koordinators von Ressourcen, läßt sich fast eine direkte Verbindung zwischen dem Konzept des Unternehmers und der Netzwerkperspektive herstellen. Die Organisation und Koordination von Ressourcen erfor4*
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
dert soziale Interaktionen; beim Aufbau eines neuen Betriebes müssen bestehende soziale Kontakte aktiviert und neue soziale Kontakte hergestellt werden; und ein Großteil der unternehmerischen Aktivitäten ist im Grunde nichts anderes als „Beziehungsarbeit". Genau dies ist der Ausgangspunkt des „network approach to entrepreneurship" (Aldrich und Zimmer 1986), der etwa seit Mitte der 80er Jahre als theoretische Perspektive für die Gründungsforschung immer wieder ins Spiel gebracht wird (neben dem Überblick von Aldrich und Zimmer vgl. auch Birley 1985; Aldrich et al. 1987; Carsrud et al. 1987; Johannisson 1987; Zimmer und Aldrich 1987; Aldrich 1989; Aldrich et al. 1989; Bögenhold 1989; Boissevain et al. 1990; Bögenhold und Staber 1994: Kap. VI). Der allgemeinen Netzwerkperspektive folgend wird empfohlen, Betriebsgründer nicht als autonome und isolierte Entscheidungsträger zu sehen, sondern als Akteure, die in ein bestimmtes „Setting" sozialer Beziehungen und Kontakte eingebettet sind. Und die Art der Beziehungen und Kontakte des Unternehmensgründers zu anderen Akteuren im sozialen Umfeld wird als wichtig für die Gründung und den Erfolg eines Betriebes eingeschätzt. Der Ansatz „focuses on entrepreneurship as embedded in a social context, channelled and facilitated or constrained and inhibited by people's positions in social networks" (Aldrich und Zimmer 1986: 14). 1 6 Ähnlich wie bei der Humankapitaltheorie sind nun mindestens zwei Schritte notwendig, wenn man die Netzwerkperspektive tatsächlich erfolgversprechend auf den Kontext betrieblicher Neugründungen transferieren will. Im ersten Schritt müssen die Mechanismen spezifiziert werden, über die Effekte des sozialen Netzwerks wirksam werden. Und im zweiten Schritt stellt sich das Konzeptualisierungs- und Meßproblem, d.h. die Aufgabe der Benennung der relevanten Dimensionen sozialer Netzwerke. In den verschiedenen theoretischen und empirischen Arbeiten zum Netzwerkansatz unternehmerischen Handelns werden eine ganze Reihe von Mechanismen postuliert, über die soziale Kontakte sowohl im Prozeß der Gründung als auch im Prozeß der Aufrechterhaltung eines Betriebes hilfreich sein können. An dieser Stelle sollen nur die wichtigsten kurz angedeutet werden: Soziale Kontakte sind ein wesentlicher Kanal zur Gewinnung von Informatio-
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Neben „egozentrierten Netzwerken", die auf die individuellen sozialen Kontakte des Unternehmensgrunders (als Fokalperson) abstellen, werden gelegentlich auch „Firmennetzwerke" diskutiert. Da für diese Zwecke eine Anwendung des Transaktionskostenansatzes sinnvoller erscheint, soll darauf später (Abschnitt d) eingegangen werden.
3. Spezifischere Theorien
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nen. Dabei wird oft angenommen, daß Informationen über soziale Kontakte und vor allem über sogenannte schwache soziale Bindungen („weak ties") effizienter, nützlicher, weniger redundant, vertrauenswürdiger und exklusiver sind als Informationen aus formellen Quellen (Granovetter 1974). Im Fall von kleinbetrieblichen Neugründungen kann sich diese Informationsfunktion sozialer Kontakte auf neue Geschäftspartner oder Kunden, auf nicht abgedeckte Marktnischen, Strategien von Konkurrenten, kostenlose Beratung u.ä. beziehen. Weiterhin eröffnen soziale Kontakte oft Zugang zu finanziellen Mitteln. Angesichts der notorischen Finanznöte vieler Kleinbetriebe ist dies eine zweifellos wichtige Ressource. Neben finanzieller Unterstützung benötigen Betriebsgründer vielfach auch Unterstützung in Form von un- oder gering bezahlter Mitarbeit von Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder Bekannten. Dies vor allem deshalb, weil sie sich die Einstellung bezahlter Arbeitskräfte (noch) nicht leisten können. Die Anfangsphase eines Betriebes ist häufig gekennzeichnet durch lange Arbeitszeiten des Gründers und oft auch durch Frustrationen aufgrund unerfüllter Erwartungen. In dieser Situation kann soziale und emotionale Unterstützung, z.B. durch den Ehepartner, sehr nützlich sein. Zumindest sollte die Familie nicht von vorneherein gegen die Betriebsgründung opponieren. Schließlich eröffnen sich über soziale Kontakte oft auch auf direktem Weg die ersten Kundenkontakte. Die engen und weitläufigen Bekannten des Gründers treten, allein schon aus Neugierde, als die ersten Kunden auf, und über deren Empfehlungen weitet sich der Kundenkreis schrittweise aus (für die Beschreibung solcher „Schneeballeffekte" s. Bögenhold 1989). Insgesamt enthält diese Skizze recht plausiblen Mechanismen, über die soziale Kontakte und das Netzwerk eines Gründers die Erfolgschancen einer Gründung verbessern können. Bislang wurde recht allgemein von sozialen Kontakten und dem sozialen Netzwerk eines Unternehmensgründers gesprochen. Tatsächlich haben sich die Vertreter der Netzwerkperspektive mit der Spezifikation der relevanten Dimensionen eines Netzwerks sehr viel weniger beschäftigt als mit der - meist auf der Ebene anschaulicher Illustrationen verbleibenden - Benennung von möglichen Mechanismen, über die soziale Kontakte wirken. Überblickt man die vorliegenden empirischen Anwendungen, lassen sich zwei recht unterschiedliche Arten des Vorgehens ausmachen. Ein erster Ansatz stellt ab auf allgemeine Charakteristika des sozialen Netzwerks eines Unternehmensgründers. Ausgehend von der allgemeinen Netzwerktheorie wird angenommen, daß soziale Netzwerke in ihrem Potential zur Bereitstellung von Ressourcen variieren. Im Prinzip werden genau die Dirnen-
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II. Ansatzpunkte für eine theoretische Fundierung der Grndungsforschung
sionen thematisiert, die auch in der sonstigen Forschung über soziale Netzwerke eine Rolle spielen (für einen Überblick Marsden 1990: 453 ff.). Vor allem die Forschungsgruppe um Aldrich (Aldrich et al. 1987; Aldrich et al. 1989; Aldrich 1989) hat eine Reihe von konkreten Anwendungen dieses Vorgehens auf den Kontext kleinbetrieblicher Neugründungen vorgelegt. Eine erste Dimension, die zur Charakterisierung des Netzwerks von Unternehmensgründern regelmäßig verwendet wird, ist dabei die - rein zahlenmäßig definierte Netzwerkgröße („network size"). Unternehmensgründer haben ein mehr oder weniger breites persönliches Netzwerk, wobei sich stets das Problem der genauen Abgrenzung der Reichweite eines Netzwerks stellt. Eine zweite Dimension ist die Vielgestaltigkeit des Netzwerks („network diversity"), meist verstanden in dem Sinn, ob ein Unternehmensgründer soziale Beziehungen zu verschiedenen Arten von Personen unterhält, z.B. zu Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen, mit unterschiedlichem sozialem Status u.ä. Eine damit zusammenhängende Dimension bezieht sich auf die Mischung von starken und schwachen sozialen Bindungen. Nach Granovetters Theorie der „weak ties" wird vermutet: „individuals with few weak ties will be deprived of information from distant parts of the social system and will be confined to the provincial news and views of their close friends" (Granovetter 1983: 202). Diese und andere Dimensionen des sozialen Netzwerks sind aus der allgemeinen Netzwerktheorie bekannt und werden, mit mehr oder weniger starken Modifikationen, auch zur Kennzeichnung des Netzwerks von Unternehmensgründern herangezogen. Der zweite Ansatz betrachtet nicht allgemeine Netzwerkcharakteristika, sondern Netzwerkaktivitäten des Unternehmensgründers in der Gründungs-und Anfangsphase des Betriebes. In welchem Ausmaß wurden bzw. werden schwache soziale Bindungen aktiviert? Wieviel Zeit verwendet der Gründer auf die Pflege bestehender und die Herstellung neuer sozialer Kontakte? Hat der Gründer einen oder mehrere „Mentoren" (Carsrud et al. 1987)? Stützt sich der Gründer eher auf formelle oder eher auf informelle Informationsquellen, z.B. für Zwecke der Beratung (Birley 1985)? Oft auch werden die oben angesprochenen Mechanismen direkt erhoben. Inwieweit arbeiten Familienangehörige, Freunde und Bekannte aktiv in dem neugegründeten Betrieb mit? Hat der Ehepartner ein eigenes Einkommen, auf das notfalls als Reserve zurückgegriffen werden kann? Erhielt der Gründer einen Teil seines Startkapitals aus privaten Finanzquellen? Die über diese Fragen erhobenen Sachverhalte werden mit verschiedenen Erfolgsmaßen der Betriebsgründungen in Verbindung gebracht.
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Je nachdem, ob man die erste oder zweite Vorgehensweise wählt, ergeben sich zum Teil unterschiedliche empirische Implikationen. Stellt man auf allgemeine Netzwerkcharakteristika ab, wird erwartet, daß Unternehmensgründer, die in ein breites und vielgestaltiges Netzwerk eingebunden sind, davon Vorteile haben. Werden jedoch konkrete Netzwerkaktivitäten von Unternehmensgründern betrachtet, sind die Vorhersagen wohl nicht so eindeutig. Die aus empirischen Studien (z.B. in der Forschung über Betriebsgründungen ethnischer Minoritäten) vorliegenden Beschreibungen der Netzwerkaktivitäten von Unternehmensgründern vermitteln insgesamt den Eindruck, daß sich eher diejenigen Gründer um eine Aktivierung und Einbindung ihrer sozialen Beziehungen bemühen, die tendenziell die schlechteren Ausgangschancen haben. Dies ließe sich umsetzen in eine „Kompensationshypothese": Unternehmensgründer, denen es an allgemeinem und spezifischem Humankapital mangelt oder auch an Finanzkapital, sind stärker bemüht, im Zuge der Gründung und bei der Aufrechterhaltung des Betriebes ihre sozialen Kontakte zu nutzen und zu aktivieren. Trifft die Kompensationshypothese zu, dürfte es in empirischen Studien schwierig sein, den vermuteten positiven Effekt von Netzwerkaktivitäten auf die Erfolgschancen einer Gründung nachzuweisen. Sofern vorhanden, wird sich der Effekt nur zeigen, wenn es tatsächlich gelingt, die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Betriebe (durch statistische Kontrolle) konstant zu halten. Die unzulängliche Kontrolle von Drittvariablen könnte ursächlich dafür sein, weshalb die bisherigen empirischen Evidenzen zum „network approach to entrepreneurship" alles andere als ermutigend sind.
d) Transaktionskostenansatz Der Transaktionskostenansatz (Williamson 1975) beschäftigt sich mit der Frage, in welcher Weise institutionelle Regelungen und Organisationsformen wirtschaftlicher Aktivität abhängig sind von den jeweiligen Eigenarten und Besonderheiten der Tauschobjekte und -beziehungen. Institutionelle Regelungen sind z.B. unterschiedliche Arten von Verträgen; Organisationsformen wirtschaftlicher Aktivität z.B. Märkte oder hierarchisch gegliederte Unternehmen; und relevante Eigenarten von Tauschobjekten und -beziehungen z.B. die Häufigkeit des Austauschs zwischen Partnern, die Zahl der möglichen Tauschpartner, die Spezifizität eines Tauschobjekts oder die Unsicherheit aufgrund der allgemeinen Rahmenbedingungen. Ausgehend von den beiden Verhaltensannahmen einer begrenzten Rationalität der Akteure und einer Tendenz zu opportunistischem Verhalten wird behauptet, daß in Abhängigkeit von den
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Besonderheiten einer wirtschaftlichen Leistungsbeziehung unterschiedliche Arten von Institutionen und Organisationsformen effizient sind und daß sich die jeweils effizienten Institutionen und Organisationsformen tatsächlich durchsetzen. Ob bestimmte Institutionen effizient sind, hängt entscheidend von der Höhe der Transaktionskosten ab. Unter Transaktionskosten kann man sich u.a. die Kosten für die Informationsbeschaffung beim Eintritt in eine Tauschbeziehung, die Zeitkosten für die Aushandlung von Vereinbarungen, die Kosten im Fall eines ungünstigen Verhandlungsergebnisses oder die Kontrollkosten für die Überwachung von Verträgen vorstellen. Effizient ist eine Organisationsform dann, wenn sie bei den gegebenen Eigenarten der Tauschbeziehung mit minimalen Transaktionskosten verbunden ist. Wie nun kann man diese zweifellos recht allgemeine Perspektive auf das Problem der Erfolgschancen neugegründeter Kleinbetriebe anwenden? Da der Transaktionskostenansatz eine „Modetheorie" ist, wird er in der Gründungsforschung zwar häufig als möglicher Theorieansatz erwähnt (z.B. Fritsch 1990: 56 ff.; Klandt und Münch 1990: 177; Lazerson 1990), in empirischen Arbeiten jedoch kaum umgesetzt. Die bislang einzige empirische Studie im deutschen Sprachraum, die den Transaktionskostenansatz im Bereich der Gründungsforschung einsetzt, ist eine Studie von Picot et al. (1989) über innovative Unternehmensgründungen. 17 Vorgeschlagen wird in dieser Studie eine prognostisch orientierte Analyse der „Tragfähigkeit" innovativer Betriebsgründungen unter dem Aspekt, ob und inwieweit durch das Vorhaben Transaktionskosten reduziert werden. Im ersten Schritt wird von Picot et al. argumentiert, daß der Transaktionskostenansatz für die Analyse von drei Problembereichen einer Unternehmensgründung hilfreich sein kann: (1) für die Beurteilung der Person des Gründungsunternehmers, (2) für die Bewertung der Gründungsidee, und (3) für die Einschätzung der Gründungsorganisation. Nachdem die Rolle eines Unternehmers als die eines Informations-, Ressourcen- und Marktkoordinators konzipiert wurde, wenden sich Picot et al. der Person des Gründers mit den Fragen zu, ob die notwendigen Qualifikationen für die Erfüllung dieser Funktionen vorliegen und welche konkrete Kombination von Koordinatorfunktionen ein Gründer tatsächlich ausfüllt. Die Einschätzung der Tragfähigkeit der Gründungsidee beinhaltet im wesentlichen eine Untersuchung der spezifischen Anwendervorteile, die mit dieser Idee ver-
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Der Terminus „innovativ", der in der Literatur sehr unterschiedlich definiert wird, bezieht sich bei Picot et al. primär auf die Art der Produkte bzw. Dienstleistungen, die von den Unternehmensgründungen angeboten werden, und nicht auf die Art der Unternehmensorganisation. In diesem Sinne soll der Begriff auch im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit verwendet werden.
3. Spezifischere Theorien
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bunden sind. Schließlich sollen die interne Organisationsstruktur einer Neugründung und die Art der Regulierung der Außenbeziehungen unter dem Aspekt der Transaktionskostenminimierung beurteilt werden. In der empirischen Umsetzung konzentrieren sich Picot et al. vor allem auf die transaktionskostentheoretische Einschätzung der Gründungsidee und der Gründungsorganisation. Somit wird - in der Terminologie von Abschnitt II.2 der Wert des Ansatzes in erster Linie auf Seiten betrieblicher Basismerkmale gesehen. Hierzu entwickeln die Autoren eine ganze Reihe von Einzelfragen, die sich aus dem Transaktionskostenkalkül ergeben und mit denen dann in die empirische Untersuchung der ausgewählten Betriebsgründungen eingetreten wird. Die wichtigsten dieser Fragestellungen sind: Inwieweit werden durch die Gründungsidee Produktions- und Transaktionskosten entweder in dem neugegründeten Betrieb selbst oder auf der Anwenderseite reduziert? Welche Einbindungsformen werden für die verschiedenen sachlichen Ressourcen gewählt (z.B. Eigenproduktion versus Fremdbezug)? Wie werden Arbeitskräfte eingestellt, qualifiziert und kontrolliert? Auf welche Weise wird sichergestellt, daß betriebsspezifisches Know-How nicht verloren geht? Welche Organisationsformen werden für den Vertrieb gewählt? Welche Arten von Verträgen werden geschlossen, und wie stark ist das Ausmaß des „Contracting"? In der Tat zeigen mehrere dieser Dimensionen einen deutlichen Zusammenhang mit dem Gründungserfolg, der in der Studie über ein aus zehn verschiedenen Kennziffern zusammengesetztes Erfolgsmaß erhoben wird. Am Schluß ihrer Arbeit formulieren Picot et al. als Fazit, daß es ein aussichtsreiches Unterfangen ist, über den Transaktionskostenansatz „ein tieferes ökonomisches Verständnis für Gründungszusammenhänge innovativer Unternehmen sowie für die Bestimmung des Gründungserfolges zu erhalten" (S. 258). Trotz des explorativen Charakters der Picot-Studie und trotz verschiedener Einwände, die man im einzelnen gegen die Studie erheben kann (Beispiel: es werden nur „Survivor"-Betriebe untersucht), wird man sich dieser Schlußfolgerung anschließen können, solange innovative und damit tendenziell auch eher größer dimensionierte Unternehmensgründungen der Gegenstand sind. Fraglich aber ist, ob man den Transaktionskostenansatz generell für empirische Studien der Gründungsforschung empfehlen kann. Diese Studien erstrecken sich in der Regel auf eine breite Palette von Betriebsgründungen, wobei innovative Gründungen eher seltene Ausnahmefälle sind. 1 8 Mithin
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Dies gilt zumindest dann, wenn man „innovativ" im Sinne von technologieorientiert versteht. Weitzel (1986: 46) z.B. beziffert - für das verarbeitende Gewerbe der Bundesrepublik -
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entfällt der gesamte Bereich der transaktionskostentheoretischen Einschätzung der Gründungsidee, da sich diese zumeist in herkömmlichen Bahnen bewegt. Weiterhin sind betriebliche Neugründungen in vielen Fällen sehr klein und arbeiten oft ohne abhängig Beschäftigte. Für Entscheidungen wie Eigenproduktion versus Fremdbezug, Modalitäten der Einbindung sachlicher Ressourcen oder auch arbeitsvertragliche Regelungen besteht nur ein sehr geringer Spielraum. Untersucht man eine Ein-Mann-Spedition, eine Imbißstube oder ein im Nebenerwerb betriebenes Schreibbüro, fällt es auch schwer, mit den Kategorien des Informations-, Ressourcen- oder Marktkoordinators (analytisch) an die Gründungsperson heranzutreten. Schließlich sind die im Lichte des Transaktionskostenansatzes relevanten Dimensionen und Merkmale eines Betriebes zum Teil nur über eine aufwendige Detailanalyse des Betriebes erfaßbar, so daß sie für eine prognostische Erfolgseinschätzung (insbesondere wenn diese auch an den Bedürfnissen der Praktiker orientiert sein soll) nur schwer handhabbar sind. Die im voranstehenden angedeutete Einschränkung des Anwendungsbereichs der Transaktionskostentheorie auf innovative und/oder größer dimensionierte Betriebsgründungen erscheint jedoch nicht unbedingt erforderlich. Auch für kleine und nicht-innovative Gründungen dürfte der Ansatz dann eine Reihe von wichtigen Einsichten bringen, wenn man ihn koppelt mit der Analyse „zwischenbetrieblicher Verflechtungen" und mit der Idee von „Firmennetzwerken" (ähnlich Johanson und Mattson 1987; Lazerson 1988, 1990; Fritsch 1990; Young und Francis 1991). Ist eine Betriebsgründung - sei es auf der Lieferanten- oder auf der Abnehmerseite - eng mit einem anderen Betrieb verbunden, werden die kritischen Dimensionen einer Transaktionsbeziehung (Spezifizität der Tauschobjekte, Fristigkeit des Kontrakts usw.) und die Problemkonstellationen (opportunistisches Verhalten, „small numbers bargaining" usw.) virulent, die von Transaktionskostentheoretikern stets betont werden. Wer nur auf einen einzigen Lieferanten zugreifen kann, läuft Gefahr, überhöhte Preise hinnehmen zu müssen; und wer zu 100% als Zulieferer für einen anderen Betrieb tätig ist, kommt im Fall des Abbruchs der Transaktionsbeziehung mit Sicherheit in Schwierigkeiten. Zahlreiche „Spin-off"-Gründungen leben in der Anfangsphase ausschließlich von Aufträgen ihrer Herkunftsfirma, die ihrerseits von den „Spin-offs" abhängig sein kann, und erst im Verlauf der Zeit gelingt eine schrittweise Loslösung (vgl. dazu z.B. Johnsson und Hägg
den Anteil der technologieorientierten Neugründungen an allen jährlichen Unternehmensgründungen auf 2-3%. Hunsdiek und Albach (1985: 2) geben - für die Betriebsgründungen in allen Branchen - eine Schätzung von 3-5%.
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1987). In all diesen Fällen erscheinen transaktionsspezifische Investitionen und deren Absicherung über vertragliche Vereinbarungen in der Tat von zentraler Bedeutung und dürften eine für die prognostische Erfolgseinschätzung wichtige Information sein. Betriebliche Netzwerke von kleinen Industriebetrieben und damit verbundene Synergieeffekte werden z.B. sehr anschaulich von Lazerson (1988, 1990) für die italienische Region um Modena beschrieben: Kleine Betriebe expandieren durch horizontale und vertikale Integration, wobei sie gleichzeitig neue Betriebe initiieren. Und selbst größere Betriebe sind, u.a. mit dem Ziel einer Reduktion der Kontroll- und Überwachungskosten, zu Strategien der Auslagerung der Produktion in (neugeschaffene) Kleinbetriebe übergegangen. Die Untersuchung kompletter Firmennetzwerke und der in diesen Netzwerken bestehenden Abhängigkeitsverhältnisse vor dem Hintergrund des Transaktionskostenansatzes wäre zweifellos ein theoretisch wichtiges Unterfangen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Ansatz beansprucht, das gleichzeitige Bestehen von Betrieben unterschiedlicher Größenordnung in einem bestimmten Umfeld erklären zu können. Allerdings müßte man sich dabei auf eine branchenspezifische, regionale Detailanalyse einlassen, die nicht nur alle Betriebe (Neugründungen und bestehende Firmen), sondern zusätzlich auch noch die anderen, relevanten Akteure in dem ausgewählten Kontext einbezieht.
e) Organisationsökologie Obwohl der Gedanke der Umweltabhängigkeit von Organisationen in der organisationssoziologischen Forschung seit langem verbreitet ist, hat der Ansatz der „organizational ecology" (Hannan und Freeman 1977, 1989; für Überblicksarbeiten Carroll 1984b; Singh und Lumsden 1990; Ziegler 1995) diesem Gedanken eine spezifische Wendung gegeben. Im Unterschied zu theoretischen Ansätzen, die die Adaptation oder Anpassung bestehender Organisationen an ihre Umweltgegebenheiten in den Vordergrund rücken, stellen Organisationsökologen die Anpassungsfähigkeit bestehender Organisationen in Frage und betonen, daß der durch die Umwelt gesteuerte Wandel organisationaler Strukturen vor allem durch Mechanismen der Variation und Selektion vorangetrieben wird. Dies bedeutet, daß Prozesse der Neugründung von Organisationen, die für Variation sorgen, und Prozesse des Absterbens von Organisationen, die Selektionskräfte widerspiegeln, zu den beiden Basisprozessen der Analyse des Wandels organisationaler Strukturen avancieren. Das Ziel der Organisationsökologen besteht dabei nicht in erster Linie darin, das Schicksal einzelner Organisationen und deren Veränderungen nachzu-
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vollziehen. Betrachtet werden vielmehr Populationen von Organisationen, deren Dynamik über die Zeit analysiert werden soll. Wenngleich das Konzept der Organisationspopulation zum Teil unterschiedlich aufgefaßt wird, wird darunter in der Regel eine Gesamtheit von Organisationen einer bestimmten Form verstanden, die man in einem bestimmten Gebiet über einen bestimmten Zeitraum hinweg antrifft. Kurz: Ausgehend von einer dezidiert evolutionären Sichtweise stellen sich Organisationsökologen normalerweise als Aufgabe, Variations- und Selektionsprozesse innerhalb oder auch zwischen Organisationspopulationen und damit Gründungs- und Absterbeprozesse von Organisationen zu untersuchen, wobei in der Regel Beobachtungen über längere Zeiträume hinweg für notwendig erachtet werden. Wiederum muß nun gefragt werden, ob und inwieweit Anwendungsmöglichkeiten dieses Ansatzes für das Problem der Analyse der Erfolgschancen neugegründeter Kleinbetriebe bestehen. Aufgrund der beiden Vorgaben, daß spezifische Populationen von Organisationen in ihrem Reproduktionsprozeß untersucht werden und daß sich diese Untersuchungen auf längere Zeiträume erstrecken sollten, erscheint der Ansatz für empirische Studien der Gründungsforschung auf den ersten Blick wenig einschlägig. Diese Studien beziehen sich, wie bereits mehrfach erwähnt, zumeist auf recht unterschiedliche Arten von Betriebsgründungen und zudem werden diese normalerweise nur für eine kurze Zeitspanne (z.B. für die ersten zwei bis fünf Jahre des Bestehens) auf ihrem Weg begleitet. Dennoch hat sich die Organisationsökologie und insbesondere die umfangreiche empirische Forschung, die mit diesem Ansatz verknüpft ist, sehr intensiv mit Absterbe- bzw. Überlebensprozessen neugegründeter Betriebe beschäftigt und dabei eine Fülle von bedeutsamen Forschungsergebnissen hervorgebracht. Es dürfte sich also lohnen, diese Forschung zu rezipieren und den organisationsökologischen Ansatz (mindestens) als Quelle für Anregungen innerhalb der Gründungsforschung zu verwenden. Im folgenden sollen die wichtigsten Bereiche, für die sich solche Anregungen ergeben, im einzelnen zusammengestellt werden. Neugegründete Betriebe sind vor allem in der Anfangsphase ihres Bestehens einem erhöhten Risiko des Scheiterns ausgesetzt. Diese, von Stinchcombe (1965) als Jiability of newness" bezeichnete These wurde in der organisationsökologisch orientierten Forschung für sehr unterschiedliche Arten von Betriebsgründungen überprüft und kann inzwischen als gut bestätigt gelten (vgl. z.B. Freeman et al. 1983; Singh et al. 1986b; Carroll 1987). Organisationsökologen haben die „liability of newness" vor allem deshalb aufgegriffen, weil sie sich nahtlos einfügt in ihre These, daß strukturelle Trägheit („structural
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inertia") Organisationen einen evolutionären Überlebensvorteil verschafft (Hannan und Freeman 1989: Kap. 4). Organisationen, die ständig ihre internen Routinen umstellen und neue Rollen und Ziele erproben, werden von außen als nicht verläßlich eingeschätzt, was infolge der Umweltabhängigkeit ihr Bestehen gefährdet. In den meisten empirischen Arbeiten wurde die Tfyese der Neulingssterblichkeit dergestalt konkretisiert, daß angenommen wurde, daß mit zunehmendem Alter eines Betriebes das Sterberisiko kontinuierlich sinkt. In einigen neueren Studien (z.B. Staber 1989; Brüderl und Schüßler 1990; Fichman und Levinthal 1991; Storey 1994: 93; Wagner 1994a) zeigt sich jedoch ein umgekehrt U-förmiges Verlaufsmuster des Sterberisikos, d.h. in der unmittelbaren Anfangsphase des Betriebes steigt das Risiko zunächst an und erst nach dem Erreichen eines Maximums sinkt es ab. Diese Art der Konkretisierung der allgemeinen Neulingssterblichkeitsthese - von Fichman und Levinthal (1991) als „liability of adolescence" etikettiert - stützt sich auf zwei Argumente (vgl. Brüderl und Schüßler 1990): (1) Bis man den Erfolg oder Mißerfolg eines Vorhabens einigermaßen verläßlich einschätzen kann, braucht es einige Zeit. Deshalb wird ein rationaler Gründer einige Zeit warten, bis er/sie genügend Information gesammelt hat, um die Qualität des Projekts beurteilen zu können. Erst dann wird ein hoffnungsloses Projekt aufgegeben. Mithin sollte das Sterberisiko unmittelbar nach der Gründung gering sein und erst nach einiger Zeit ansteigen. (2) Neugegründete Betriebe haben bestimmte Startressourcen, die ihnen ein Überleben für eine gewisse Zeit auf jeden Fall ermöglichen. Levinthal (1991) bezeichnet diese Startressourcen als „Organisationskapital" und zeigt mittels eines einfachen Random-Walk-Modells, daß positives Organisationskapital ein umgekehrt U-förmiges Verlaufsmuster des Sterberisikos erzeugt. Organisationskapital kann verschiedener Art sein: Zuerst ist natürlich finanzielles Kapital zu nennen, aber auch soziales Kapital wie Unterstützung von Verwandten oder Vertrauensvorschüsse von interessierten Kunden sollte es neuen Betrieben ermöglichen, einige Zeit auch unter widrigen Umständen auszuhalten. Erst wenn das anfängliche Organisationskapital aufgebraucht ist, wird ein erfolgloser Betrieb aufgelöst. Dieses zweite Argument postuliert somit ebenfalls, daß das Sterberisiko zu Beginn niedrig ist und erst später ansteigt (näheres zu diesem zweiten Argument findet man in Abschnitt X . l ) . Nun nutzt es - im Sinne einer prognostischen Erfolgseinschätzung - einem individuellen Gründer zwar wenig, wenn er/sie weiß, daß der Bestand des Betriebes vor allem in der Anfangsphase prekär ist. Dennoch ergibt sich aus dem Voranstehenden die grundsätzliche Forderung, daß die Erfolgs- und
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Überlebenschancen neugegründeter Betriebe als ein altersabhängiger Prozeß konzipiert und modelliert werden müssen. Indirekt ist die These der Neulingssterblichkeit aber auch für die Aufgabe einer prognostischen Erfolgseinschätzung nützlich, da sich aus ihr weitere Hypothesen herleiten lassen. Zwei solche Hypothesen sind: Trifft die These der erhöhten Neulingssterblichkeit zu, sollten Betriebsgründungen in Form von Firmenübernahmen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben als vollständig neu errichtete Betriebe. Und ähnlich sollten - im Vergleich zu tatsächlich selbständigen Betrieben - Gründungen mit einer Anbindung an einen bestehenden Betrieb (z.B. Franchising-Betriebe, rechtlich unabhängige Zweigbetriebe und Tochterfirmen) bessere Bestandschancen haben. Sowohl Firmenübernahmen als auch Gründungen mit einem bestehenden Betrieb im Hintergrund können nur in einem eingeschränkten Sinn als „neue Betriebe" bezeichnet werden. Mehrere Faktoren, die als ursächlich für die erhöhte Neulingssterblichkeit gesehen werden, treffen auf diese Betriebe nicht zu. Sie können zum Teil auf vorhandene materielle Ressourcen zurückgreifen, vorhandenes Erfahrungswissen nutzen und zum Teil bewährte Routinen übernehmen, so daß die anfanglichen Reibungsverluste geringer sein sollten. Für den Fall von Firmenübernahmen deuten die Ergebnisse einiger empirischer Studien tatsächlich darauf hin, daß deren Bestandsaussichten günstiger sind (z.B. Aldrich et al. 1990; Bates 1990b). 19 Meist in Verbindung mit der „liability of newness" wird von Organisationsökologen die These der „liability of smallness" diskutiert (vgl. z.B. Aldrich und Auster 1986; Brüderl und Schüßler 1990; Fichman und Levinthal 1991). Die These besagt, daß Gründungen mit einer höheren „Startgröße" eher Erfolg haben. „Startgröße" wird in diesem Zusammenhang überwiegend an der Zahl der Beschäftigten zum Zeitpunkt der Gründung oder an der Höhe des Startkapitals gemessen. Daneben sind eine ganze Reihe anderer Größenmaße denkbar. Die Argumente zugunsten der Startgröße stützen sich auf die Vermutungen, daß größere Betriebe leichter eine anfangliche „Durststrecke" überstehen können, daß sie Vorteile beim Zugang zu Fremdkapital (z.B. zur Finanzierung von Folgeinvestitionen) haben, und daß sie eher qualifizierte Arbeitskräfte rekrutieren können. Allerdings lassen sich auch Einwände gegen die „liability of smallness" erheben. Intuitiv plausibel erscheint die Idee, einen Betrieb zunächst klein zu beginnen und ihn dann Schritt für Schritt auszubau-
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Die Vorteile von Firmen, die in die „Fußstapfen" eines zuvor schon bestehenden Betriebes treten, spricht Bates (1990b: 12) sehr anschaulich mit der Wendung an, daß diese Betriebe von einem „process of piggybacking upon existing expertise" profitieren.
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en. Ein Gründer könnte z.B. anfangs in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis verbleiben und auf Beschäftigte in der Neugründung verzichten. Mit dem Einkommen aus der abhängigen Beschäftigung und angesichts der geringen „Overhead"-Kosten sollte eigentlich der Bestand des Betriebes gesichert werden können. Die bisherigen Befunde der organisationsökologischen Forschung sprechen jedoch nicht für diesen schrittweisen Einstieg in die berufliche Selbständigkeit. 20 Neben den verschiedenen „liabilities" haben sich Organisationsökologen mit der Wirkung „betrieblicher Strategien" für Neueinsteiger beschäftigt. Die allgemeine These dabei ist, daß in Abhängigkeit von den jeweiligen Umweltbedingungen unterschiedliche Strategien erfolgversprechend sind. Auf der Basis einer ökologischen Nischentheorie unterscheiden z.B. Hannan und Freeman (1977) zwischen Generalisten- und Spezialisten-Strategien. Generalistisch orientierte Gründungen zielen von ihrem Angebot her auf ein breites Marktsegment, Spezialisten auf ein enges Segment. Angewendet wird diese Differenzierung in einer empirischen Untersuchung der Überlebenschancen von Restaurants in Kalifornien (Freeman und Hannan 1983). Es zeigt sich, daß in Abhängigkeit von der Umweltvariabilität („environmental variability") und der Umweltkörnung („environmental grain") einmal die Spezialisten und einmal die Generalisten Vorteile haben. Akzeptiert man als Maß für die Umweltkörnung die Präsenz bzw. Nichtpräsenz saisonaler Schwankungen, findet speziell die These eine Bestätigung, daß bei hoher Umweltvariabilität Generalisten bei Präsenz und Spezialisten bei Nichtpräsenz saisonaler Schwankungen bessere Überlebenschancen haben. Ebenfalls mit Blick auf die Differenzierung zwischen Generalisten und Spezialisten wird von Carroll (1987: Kap. 7) im Rahmen eines Ressourcen-Teilungs-Modells („resource-partitioning model") behauptet, daß Spezialisten am ehesten in solchen Bereichen gute Erfolgs- und Überlebenschancen haben, die von einigen wenigen Generalisten besetzt sind. Generalisten neigen dazu, ihr Angebot auf den Durchschnittskunden zu konzentrieren und spezifische Nachfrage auszublenden. Dies eröffnet Möglichkeiten und Chancen für in der Regel kleine Spezialisten, in den Markt einzudringen und auf die nichtausgeschöpften Ressourcen zuzugreifen. Eine andere wichtige Unterscheidung bezieht sich auf die Typologie von r- und K-Strate-
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Verwiesen sei aber auf das Konzept der „minimalist organizations", das im Kontext organisationsökologischer Studien gelegentlich diskutiert wird (Halliday et al. 1987; Aldrich et al. 1990). Für minimalistische Organisationen, d.h. für Organisationen mit geringen „initial costs", geringen „maintenancecosts", unterstützenden „reserve infrastructures" und hoher „adaptiveness" werden niedrigere Sterberaten postuliert.
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giert (Brittain und Freeman 1980): r-strategisch angelegte Gründungen versuchen, möglichst schnell in eine Marktnische vorzustoßen; K-Strategen hingegen bemühen sich, indem sie vor allem auf Effizienz setzen, in bereits dicht besetzte Märkte einzudringen. Bei Annäherung an das Niveau der „Marktsättigung" wird in der Regel erwartet, daß K-Strategien die anfangs dominierenden r-Strategien verdrängen. Romanelli (1989) greift diese und andere Differenzierungen auf und unterscheidet betriebliche Einstiegsstrategien über zwei grundlegende Dimensionen: (1) „aggressiveness of a firm's approach to exploiting resources in its environment" und (2) „breadth of the market addressed by a firm". Empirisch untersucht werden diese Strategietypen von Romanelli in einer Studie der Erfolgs- und Überlebenschancen von amerikanischen Computerherstellern, die im Zeitraum 1957-1981 gegründet wurden. Die Autorin gelangt zu dem Ergebnis, daß - obwohl sich in der Gesamttendenz eindeutig für aggressive Spezialisten günstigere Chancen zeigen - die Strategien je nach Nachfragesituation und Wettbewerbsintensität unterschiedlich erfolgreich sind. Ein Rekurs auf die genannten, in der Organisationsökologie ausgearbeiteten Strategietypen könnte der Gründungsforschung helfen, das meist sehr vage Konzept der Gründungsidee oder -konzeption zu konkretisieren und einer empirischen Messung zugänglich zu machen. Da in ihren Modellen „die Umwelt" als zentraler Selektionsmechanismus fungiert, haben sich Organisationsökologen schließlich intensiv mit den Problemen der Spezifikation relevanter Umweltdimensionen auseinandergesetzt. Grundlegend hierbei ist zunächst die Vorstellung einer „carrying capacity" (Hannan und Freeman 1977), d.h. die Umwelt stellt bestimmte Ressourcen bereit, auf die die Betriebe zuzugreifen versuchen. Je nachdem, bis zu welchem Grad die Kapazität bereits ausgeschöpft ist, sind die Erfolgschancen für Neugründungen bzw. für verschiedene Arten von Neugründungen unterschiedlich. Dabei lassen sich konkrete Anschlußhypothesen dazu entwickeln, von welchen Faktoren die Marktkapazität in einem bestimmten Bereich abhängt und welche Prozesse den Zugriff auf die Ressourcen jeweils beeinflussen. Speziell zum letzteren haben z.B. Hannan und Freeman (1988; vgl. auch Hannan und Carroll 1992) ein Dichteabhängigkeitsmodell vorgelegt, das - in Abhängigkeit von der Zahl der bereits bestehenden Organisationen bzw. Betriebe - Probleme der Legitimität und Prozesse des Wettbewerbs in den Vordergrund stellt. Nach dem Modell sind bei geringer Organisationsdichte Probleme der Legitimität und bei hoher Organisationsdichte Prozesse des Wettbewerbs für das betriebliche Gründungs- und Sterbegeschehen zentral. Theoretisch hergeleitet wird die Hypothese, daß mit zunehmender Organisationsdichte die Gründungsrate zunächst steigt und dann sinkt und umgekehrt die Sterberate in der ersten
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Phase sinkt und später steigt. Erwähnt wurde auch schon die Unterscheidung von Freeman und Hannan (1983) zwischen Umweltvariabilität und Umweltkörnung. Als Maß für das Niveau der Umweltvariabilität ließe sich in Anlehnung an Freeman und Hannan etwa die längerfristige Variation des Umsatzes in einer Branche verwenden. Den Grad der Umweltkörnung könnte man über die Präsenz von Saisonschwankungen erfassen oder auch daran, ob und inwieweit in einer Branche die Aufträge typischerweise eher in kleinen oder großen „patches" auf die Betriebe zukommen. In einem Überblick über die verschiedenen Bemühungen zur Strukturierung „der Umwelt" von Organisationen unterscheidet Carroll (1987: Kap. 4-6) die drei großen Bereiche von Jask environmental variables", Jnstitutional environmental variables" und „effects ofthe political environment". Die erste Gruppe bezieht sich auf Faktoren, die direkt mit der Aufgabenstellung eines Betriebes zusammenhängen (z.B. Art des Kundenkreises, konkurrierende Firmen, rechtliche Regelungen); die zweite und dritte Gruppe umfassen Faktoren, die eher indirekt das Schicksal eines Betriebes beeinflussen (z.B. die gesamtwirtschaftliche Lage, das allgemeine Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte, gesellschaftliche Normen, politische Ereignisse). Die Bedeutung der politischen Rahmenbedingungen hebt Carroll vor allem deshalb hervor, weil sich in seinen Untersuchungen sehr verschiedener Organisationspopulationen (Zeitungen, Brauereien, Telefongesellschaften usw.) stets ergibt, daß die politischen Kontextbedingungen offenbar ganz entscheidende Einflüsse ausüben (dazu auch Carroll et al. 1988). Zweifellos könnte die Gründungsforschung profitieren, wenn Umweltcharakteristika, wie sie in der Organisationsökologie ausführlich diskutiert werden, aufgegriffen und empirisch umgesetzt würden. Dasselbe gilt, wie bereits betont, für die drei anderen Forschungsfelder („liability of newness", „liability of smallness", betriebliche Strategien), in denen die Organisationsökologen eine Reihe von interessanten Hypothesen entwickelt und vielfach bereits auch empirisch getestet haben. Abschließend seien die Überlegungen von Kapitel II nochmals stichwortartig zusammengefaßt: Die Gründungsforschung leidet an einem Theoriedefizit, was auch von „Empirikern" zunehmend als ein Problem gesehen wird. Um den Übergang zu einer stärker theoretisch orientierten Forschung zu vollziehen, wurden zwei Wege vorgeschlagen: (1) der Weg „von oben" über eine Rückbesinnung auf die ökonomische und soziologische Forschungstradition zum Unternehmertum und zur Rolle des Unternehmers, und (2) der Weg „von unten", der eine theoretische Synthetisierung auf der Grundlage vorliegender empirischer Evidenzen versucht. Für die besondere Problemstellung der vorliegenden Arbeit, nämlich eine prognostische Erfolgseinschätzung 5 Brüderl u. a.
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neugegründeter Betriebe, konnten aus der ökonomischen und soziologischen Forschungstradition zwar wichtige theoretische Richtpunkte hergeleitet werden, der Weg von unten führte aber insgesamt eher auf inhaltlich konkrete Theorien. Betont wurde, daß eine bloße Systematisierung der Einflußfaktoren der Erfolgschancen nach personen-, betriebs- und umfeldbezogenen Bestimmungsgründen nicht ausreicht, da man ihr nur den Charakter einer Heuristik zuschreiben kann. Notwendig sind spezifische Theorien, aus denen sich überprüfbare Hypothesen herleiten lassen. Unter bewußtem Verzicht darauf, die Liste der sich in diesem Bereich anbietenden Theorien noch um eine weitere, „eigene" Theorie zu verlängern, wurden vier spezifische, auch in anderen Forschungsfeldern bewährte Theorien als „erfolgversprechende Kandidaten" herausgearbeitet. Die Humankapitaltheorie erscheint geeignet, etwas Licht in den dichten Dschungel mutmaßlicher personenbezogener Einflußgrößen zu bringen. Für die betriebs- und umfeldbezogenen Faktoren kann die Gründungsforschung wohl am ehesten wertvolle Anregungen aus der Organisationsökologie beziehen. Der Zwischenbereich des mikrosozialen Umfeldes läßt sich eventuell gewinnbringend mit der Perspektive sozialer Netzwerke angehen. Und insbesondere dann, wenn innovative und/oder größer dimensionierte Betriebsgründungen oder aber Firmennetzwerke mit betrieblichen Verflechtungen untersucht werden, verspricht die Anwendung des Transaktionskostenansatzes zusätzliche Einsichten. Diese vier spezifischen Theorien wurden problemspezifisch soweit ausgearbeitet, daß eine Überprüfung von Hypothesen aller vier Ansätze in empirischen Studien ohne einen allzu großen „TheorieEmpirie-Bruch" möglich und gangbar erscheint. Aufgrund von Restriktionen des Datenmaterials müssen Hypothesen mit Bezug auf den Transaktionskostenansatz in den nachstehenden empirischen Analysen dieser Arbeit weitgehend ausgespart bleiben; gezielt und eingehend überprüft werden können Thesen der Humankapitaltheorie, des organisationsökologischen Ansatzes und der Perspektive sozialer Netzwerke.
I I I . Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis Die Datenbasis dieses Buches ist die „Münchner Gründerstudie", eine im Frühjahr 1990 durchgeführte mündliche Befragung von 1.849 Unternehmensgründern. 1 Da zahlreiche empirische Studien der Gründungsforschung sowohl vom Design als auch der Stichprobe her mit erheblichen Problemen belastet sind, soll das Zustandekommen der Befragungsdaten, die die Grundlage für die nachstehenden Analysen bilden, etwas genauer als sonst üblich dokumentiert werden. Dabei sollen, was für die Einschätzung der Tragfähigkeit der Ergebnisse wichtig ist, die Probleme und möglichen Verzerrungen offen dargelegt werden. 2
1. Grundgesamtheit und Stichprobe Grundgesamtheit der Münchner Studie war der komplette Satz von 28.646 Gewerbeanmeldungen der Jahre 1985 und 1986 im Kammerbezirk der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Die Beschränkung auf Gewerbemeldungen im Zuständigkeitsbereich der IHK bringt es mit sich, daß einerseits Handwerksbetriebe, für die die Handwerkskammern zuständig sind, und andererseits freie Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten usw.)
1 Das Forschungsprojekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in den Jahren 1989 bis 1992 finanziell gefördert (Az: Zi 207/7). 2 Die drei wesentlichen Probleme vieler bisheriger empirischer Arbeiten in der Gründungsforschung sind: (1) die Beschränkung der Untersuchungsgruppe auf bestehende Betriebe („SurvivorBias"), (2) eine unbefriedigende Festlegung der jeweiligen Gmndgesamtheit, und (3) geringe Ausschöpfungsquoten der Stichproben. Die Ursachen für diese Probleme sind dabei sicher nicht bei der mangelnden Kompetenz der jeweiligen Forscher zu suchen, sie liegen vielmehr in der Schwierigkeit der Materie begründet. Für die Bundesrepublik gibt es keine in sich schlüssige Existenzgründungsstatistik (Dahremöller 1987), auf deren Basis die Ziehung von „sauberen" Stichproben neugegründeter Betriebe möglich wäre. Weiterhin sind Unternehmensgründer aus der Sicht des empirischen Sozialforschers, der die Durchführung einer Befragung im Auge hat, aufgrund ihres knappen Zeitbudgets sicherlich eine tendenziell schwierige Zielgruppe. Insbesondere dann, wenn man auch gescheiterte Gründungen einbeziehen will, muß man mit Vorbehalten und Blockaden rechnen, da sich viele der Betroffenen nur ungern an diese „unglückliche biographische Episode" erinnern.
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
von vorneherein ausgeklammert bleiben. Weiterhin handelt es sich - mit Oberbayern als Untersuchungsregion - um eine regional begrenzte Studie. Von ihrem Forschungsdesign her hat die Untersuchung den Charakter einer Kohortenstudie, da die Betriebsgründungskohorte der Jahre 1985/86 in ihrer Entwicklung bis zum Jahr 1990 verfolgt wird. Nachdem die IHK für München und Oberbayern für die Gründungskohorte die Gewerbemeldedaten bereitgestellt hatte,3 konnte aus der Grundgesamtheit eine Zufallsstichprobe gezogen werden. Diese Zufallsstichprobe wurde nach drei Kriterien geschichtet: (1) Aufgrund des Anliegens, auch „gescheiterte" Gründungen zu erfassen, wurde das Kriterium „noch gemeldeter Betrieb versus abgemeldeter Betrieb" als erstes Schichtungskriterium gewählt. Da erwartet wurde, daß die Kooperationsbereitschaft von Gründern inzwischen (März 1989) aufgelöster Betriebe niedriger sein wird, wurden diese deutlich überrepräsentiert. (2) Das zweite Schichtungsmerkmal bezieht sich auf die Dimension „Kleingewerbebetrieb versus Handelsregisterfirma". Als Kleingewerbe gelten alle Rechtsformen, für die - neben der für alle obligatorischen Gewerbeanmeldung - keine zusätzliche Eintragung ins Handelsregister erforderlich ist. Betriebe mit der Pflicht zur Handelsregistereintragung haben zumeist die Rechtsform einer GmbH. Daneben sind mehrere andere Rechtsformen (Vollkaufleute, Kommandit-, offene Handelsgesellschaften usw.) zur Eintragung ins Handelsregister verpflichtet. Die Unterscheidung zwischen Kleingewerbebetrieben und Handelsregisterfirmen ist im wesentlichen ein Größenindikator. Da rund 80% aller Meldefälle Kleingewerbebetriebe sind, wurden Handelsregisterfirmen in der Stichprobe übergewichtet. (3) Schließlich wurde noch eine grobe Wirtschaftszweigzugehörigkeit mit der Dreiteilung „verarbeitendes Gewerbe/Bau", „Handel" und „Dienstleistungen" als Schichtungskriterium gewählt. Das Gros der Gewerbemeldungen fällt in die Bereiche „Handel" und „Dienstleistungen". Neuanmeldungen im verarbeitenden Gewerbe und im (nicht-handwerklichen) Baugewerbe sind demgegenüber vergleichsweise selten. Um auch das verarbeitende Gewerbe und den Bausektor angemessen zu repräsentieren, wurde diesen Betrieben eine höhere Aus wähl Wahrscheinlichkeit zugeordnet.
3 Die (prozeßproduzierten) Gewerbemeidedaten enthalten die Informationen, die die Gründer bei der offiziellen Anmeldung ihres Betriebes beim Gewerbeamt geben (Name und Anschrift der Firma, Datum der Anmeldung, Rechtsform, Wirtschaftszweig usw.). Zudem ist, sofern der Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt abgemeldet wurde, in den Daten das genaue Datum der Abmeldung registriert. Explizit gedankt sei an dieser Stelle Herrn Dr. Zipperlen von der IHK für München und Oberbayern, der viel Zeit für Beratung geopfert hat, die bei der Einarbeitung in die „Tücken" der Gewerbemeidedaten unverzichtbar war.
2. Adressenaktualisierung und Durchführung der Erhebungen
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Zieht man die drei genannten Schichtungskriterien zusammen, ergibt sich eine 2x2x3-Tabelle mit insgesamt zwölf Zellen. Aus jeder dieser zwölf Zellen wurde eine Zufallsstichprobe gezogen, wobei in fünf Zellen aufgrund der Besetzungszahlen die Stichprobe eine Vollerhebung war. Wie sich von den Fallzahlen her die Grundgesamtheit (GG) und die Stichprobe (ST) auf die zwölf Zellen verteilt, ist in Tabelle 3.1 festgehalten. Die Grundgesamtheit in Tabelle 3.1 reduziert sich (von ursprünglich 28.646) auf 28.442 Fälle, da 204 Gründungen für Pretestzwecke ausgewählt wurden. Die Stichprobe umfaßt insgesamt 6.170 Fälle.
2. Adressenaktualisierung und Durchführung der Erhebungen Bei den 6.170 Adressen der Stichprobe handelte es sich um Anschriften aus den Jahren 1985 und 1986, d.h. um Anschriften, die die Gründer bei ihrer Gewerbeanmeldung angegeben hatten. Mithin mußte davon ausgegangen werden, daß zahlreiche Adressen - und speziell solche von Betrieben, die inzwischen wieder abgemeldet waren - nicht mehr aktuell waren. Eine Aktualisierung der Anschriften vor dem Versuch einer Kontaktaufnahme war daher unumgänglich. Hierzu wurde folgendes Vorgehen gewählt: 4 Im ersten Schritt wurden alle 6.170 Adressen in den Adressenkontrollservice (AKS) der Deutschen Bundespost gegeben. Dabei werden von den Briefträgern die auf einer Postkarte notierten Anschriften überprüft und an den Absender zurückgeschickt. Für die in der AKS-Aktion rund 40% „negativen Fälle" wurden im zweiten Schritt die jeweils zuständigen Einwohner- bzw. Gewerbemeldeämter kontaktiert. Ziel der Anfrage war, die neue Anschrift der Zielperson bzw. des Zielbetriebes zu erfahren. War auch dieser Weg erfolglos, wurde im dritten Schritt die Anschrift an eine Wirtschaftsauskunftei weitergeleitet mit der Bitte, aus den Auskunfteiunterlagen die aktuelle Betriebsadresse herauszufinden bzw. Informationen darüber zu liefern, an welche Person man sich für eine Befragung wenden könnte. Für all diejenigen Adressen, die trotz Bundespost, Einwohner- und Gewerbemeldeamt sowie Auskunftei negativ geblieben waren, wurden im letzten Schritt noch spezielle Nachrecherchen angesetzt, über Telefon-, Adreß- und Branchenbücher, bis hin zu Recherchen unmittelbar vor Ort.
4 Für eine ausführlichere Darstellung vgl. Preisendörfer und Ziegler (1990). Dort werden auch detailliert die Probleme erörtert, die im Zuge des vierstufigen, sich über einen Zeitraum von rund vier Monaten erstreckenden Verfahrens der Adressenaktualisierung auftraten.
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
Im Endeffekt konnten über dieses Verfahren 5.129 gültige Anschriften in Oberbayern ermittelt werden (83% von 6.170). Weitere rund 7% gültige Anschriften waren außerhalb von Oberbayern angesiedelt. Aus Kostengründen kam jedoch für diese Teilgruppe eine Kontaktaufnahme zwecks Befragung nicht in Betracht. Wie sich die 5.129 gültigen Anschriften in Oberbayern auf die zwölf Zellen der Grundgesamtheit bzw. Stichprobe verteilen, ist in Tabelle 3.1 mit dem Kürzel A A ( = aktualisierte Adressen) ausgewiesen. Erwartungsgemäß waren die Aktualisierungsbemühungen für die noch bestehenden Betriebe deutlich erfolgreicher als für die abgemeldeten Betriebe (95% versus 76%). Die Kontaktaufnahme mit den 5.129 Gründern bzw. Betrieben, für die gültige Anschriften vorlagen, erfolgte durch ein erstes und gegebenenfalls zweites Anschreiben, wobei die Angeschriebenen ihre Bereitschaft zur Teilnahme an der Befragung durch einen kurzen Antwortbrief mitteilen sollten. Eineinhalb Wochen nach dem zweiten Anschreiben wurde noch eine „Telefonphase" nachgeschaltet, d.h. durch zusätzliche Anrufe wurde versucht, auch noch einige von denjenigen, die auf beide Anschreiben nicht reagiert hatten, zur Teilnahme an der Befragung zu motivieren. Die Adressen derjenigen Fälle, die ihr Einverständnis zur Befragung gegeben hatten, wurden an ein professionelles Umfrageinstitut übermittelt, dessen Interviewer/innen die Befragungen dann durchführten. Auf diese Weise konnten im Zeitraum Februar bis Mai 1990 insgesamt 1.849 Interviews realisiert werden. 5 Wie sich die 1.849 Befragten auf die Zellen des inzwischen bekannten 12er-Tableaus verteilen, geht aus Tabelle 3.1 hervor (BE = durchgeführte Befragungen). Wiederum ergibt sich, daß die Erfolgsquote für die noch bestehenden Betriebe deutlich höher lag als für die abgemeldeten Betriebe (46% realisierte Interviews für die 2.198 angeschriebenen bestehenden Betriebe und 29% für die 2.931 kontaktierten abgemeldeten Betriebe). Zielperson der Befragung war in erster Linie der Gründer des Betriebes. Waren mehrere Personen als Geschäftspartner an der Gründung beteiligt, sollte einer der Gründer bzw. die Gründungsperson mit dem „hauptsächlichen Engagement" interviewt werden. Sofern der oder die Gründer nicht (mehr) in dem Betrieb aktiv waren, wurde versucht, deren aktuelle Anschrift ausfindig
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Bei einer Gewerbeanmeldung frühestens im Januar 1985 und spätestens im Dezember 1986 ergibt sich bis zum Zeitpunkt der Befragung im Februar bis Mai 1990 eine Beobachtungsspanne von minimal 37 und maximal 65 Monaten. Diese Beobachtungsspanne wurde in der Münchner Studie gewählt, da auf der Basis der Erfahrungen bisheriger Untersuchungen in der Regel vorgeschlagen wird, für die Messung des Gründungserfolgs einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren verstreichen zu lassen (vgl. z.B. Mayer und Goldstein 1961; Klandt und Münch 1990: 175).
2. Adressenaktualisierung und Durchführung der Erhebungen
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Tabelle 3.1 Stichprobenplan der Münchner Gründerstudie Noch gemeldete Betriebe
Abgemeldete Betriebe
Kleingewerbebetriebe im verarbeitenden Gewerbe/Bau
GG ST AA BE
323 323 316 146
GG ST AA BE
250 250 189 59
Kleingewerbebetriebe im Handel
GG ST AA BE
5341 400 393 166
GG ST AA BE
4550 1600 1253 363
Kleingewerbebetriebe im Dienstleitungssektor
GG ST AA BE
7348 400 383 174
GG ST AA BE
5778 1600 1236 351
Handelsregisterfirmen im verarbeitenden Gewerbe/Bau
GG ST AA BE
609 400 379 185
GG ST AA BE
40 40 23 6
Handelsregisterfirmen im Handel
GG ST AA BE
1540 400 375 178
GG ST AA BE
156 156 98 32
Handelsregisterfirmen im Dienstleistungssektor
GG ST AA BE
2306 400 352 156
GG ST AA BE
201 201 132 33
Insgesamt
GG ST AA BE
17467 2323 2198 1005
GG ST AA BE
10975 3847 2931 844
Grundgesamtheit (GG), Stichprobe (ST), aktualisierte Adressen (AA), durchgeführte Interviews (BE).
zu machen. Nur in sehr wenigen Ausnahmefällen wurde zugelassen, daß auch eine Person befragt werden konnte, die in einer abhängigen Beschäftigung die Gründungsphase aktiv miterlebt und mitgestaltet hatte. In der praktischen Um-
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
setzung bereiteten diese Vorgaben bezüglich der Zielperson keine ernsthaften Schwierigkeiten. Inhaltlich war das Frageprogramm der weitgehend standardisierten Interviews sehr breit angelegt, so daß eine Interviewzeit von durchschnittlich knapp einer Stunde erforderlich war. Im ersten Teil der Befragung ging es um die Art der Betriebsgründung, um eine retrospektive Erfassung der Begleitumstände, Schwierigkeiten und Probleme in der Gründungsphase, um die Entwicklung des Betriebes im Zeitablauf sowie gegebenenfalls um Gründe für die Einstellung des Betriebes. Der zweite Teil des Interviews wandte sich ausführlich der Person des Gründers zu. Wichtige Themen dabei waren die Berufsbiographie bis zum Zeitpunkt der Gründung, die familiäre Situation, soziale Kontakte und einige wenige Fragen zu gesellschaftspolitischen Einstellungen der Gründer. Aufgrund des in weiten Teilen retrospektiven Charakters der Studie wurden überwiegend „hard facts" und nur am Rande auch ergänzende „subjektive Variablen" erhoben.
3. Probleme der Ausschöpfung Aus dem Voranstehenden geht hervor, daß es einen sehr klaren, zweifachen Selektionsmechanismus zuungunsten der abgemeldeten Betriebe gab. Zum einen konnten für diese Betriebe bzw. deren Gründer weniger Adressen aktualisiert, und zum anderen - bei Vorliegen einer gültigen Anschrift weniger Befragungen realisiert werden. Da dieser doppelte Selektionseffekt von vorneherein erwartet worden war, waren die (laut Gewerbemeidedatei bis Ende März 1989) abgemeldeten Betriebe in der geschichteten Stichprobe deutlich übergewichtet worden. Vergleichen wir nun auf der Basis von Tabelle 3.1 die Anteile der abgemeldeten Betriebe in der ursprünglichen Grundgesamtheit und in der Befragung, ergeben sich Quoten von 39% für die Grundgesamtheit und 46% für die befragte Stichprobe, was darauf hindeutet, daß die abgemeldeten Betriebe in der Befragung eher überrepräsentiert sind. Mithin wurde der doppelte Selektionseffekt offenbar durch den Schichtungseffekt überkompensiert, so daß es gelungen ist, eine „Positivauswahl" zugunsten bestehender Betriebe zu vermeiden. Vergleichsweise stärker als beim Bestandskriterium sind die Abweichungen zwischen Grundgesamtheit und Befragung aufgrund der beiden anderen Schichtungsmerkmale. In der Grundgesamtheit beläuft sich der Anteil der Kleingewerbebetriebe auf 83%, in der Befragung auf 68%. Und während „verarbeitendes Gewerbe/Bau", „Handel" und „Dienstleistungen" in der Grundgesamtheit mit 4%, 41% und 55% vertreten
3. Probleme der Ausschöpfung
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sind, liegen die entsprechenden Quoten in der befragten Stichprobe bei 21%, 40% und 39%. Diese Unterschiede zwischen Grundgesamtheit und Befragung sind zum einen durch den Ausfallmechanismus und zum anderen durch die Schichtung der Stichprobe bedingt. Da wir mit Bezug auf die drei Merkmale „Bestand", „Rechtsform" 6 und „Wirtschaftsbereich" die Verteilung in der Grundgesamtheit kennen, bietet sich die Möglichkeit, die Befragungsdaten entsprechend zu gewichten, wodurch die befragte Stichprobe an die Grundgesamtheit angepaßt wird (man nennt dies auch eine „Design-Gewichtung"). Alle deskriptiven Ergebnisse (univariate und bivariate Verteilungen), die in den nachstehenden Auswertungen berichtet werden, stützen sich auf die gewichteten Befragungsdaten. Die Gewichte ergeben sich unmittelbar für jede Zelle der Tabelle 3.1 als (GG/BE) x (1849/28442). Zum Beispiel geht jeder der 59 abgemeldeten Kleingewerbebetriebe im verarbeitenden Gewerbe/Bau mit dem Gewicht (250/59) x (1849/28442)=0,2755 in die deskriptiven Analysen ein. Diese Gewichtung ist notwendig, weil sonst alle deskriptiven Angaben zugunsten der größeren Neugründungen verzerrt wären, da insbesondere die Handelsregisterfirmen und das verarbeitende Gewerbe in unserer befragten Stichprobe überrepräsentiert sind. Im Fall von multivariaten Analysen wird jedoch auf die ungewichteten Befragungsdaten zurückgegriffen, da für den Fall solcher „Zusammenhangsanalysen" in der statistischen Lehrmeinung nach wie vor umstritten ist, ob und inwieweit nachträgliche Gewichtungen der Daten zu valideren Ergebnissen führen (vgl. DuMouchel und Duncan 1983; Andreß und Popken 1992; Schnell 1993; Winship und Radbill 1994). Bezieht man die 1.849 realisierten Interviews auf die 6.170 Startadressen der Stichprobe, bedeutet dies eine Rücklaufquote von 30%. Auf den ersten Blick liegt diese Rücklaufquote im Bereich dessen, was für „normale Betriebsbefragungen" erwartet wird. Vergleicht man aber mit Studien, die speziell Gewerbemeldedaten als Ausgangsbasis wählten (z.B. Meyerhöfer 1982; Weitzel 1986) und Rücklaufquoten von 10-20 Prozent erzielten, ergibt sich schon ein positiveres Bild. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die obige Angabe von 30% Rücklauf eine konservative Schätzung ist, die stichprobenneutrale Ausfalle nicht in
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Mit Rechtsform ist die Differenzierung zwischen Kleingewerbebetrieben und Handelsregisterfirmen gemeint. „Kleingewerbebetrieb" und „Handelsregisterfirma" sind strenggenommen keine Rechtsformen, sondern Oberbegriffe für Rechtsformen, für die eine Eintragung ins Handelsregister erforderlich ist oder nicht. Zur Vereinfachung wird im weiteren dennoch gelegentlich das Kürzel „Rechtsform" verwendet.
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
Rechnung stellt. Das bekannte Hauptproblem bei einem Rekurs auf Gewerbemeldungen als Grundgesamtheit besteht ja darin, daß diese Daten sehr viel „Überschußmaterial" enthalten (Dahremöller 1987). Eine Detailanalyse auf der Basis unserer Studie (Preisendörfer und Ziegler 1990; Kiefl 1993) zeigt, daß 15-20% aller Meldefälle aus verschiedenen Gründen (Scheinanmeldungen, keinerlei betriebliche Aktivität, Doppelmeldungen, faktisch schon seit langem bestehender Betrieb u.ä.) aus der Zielgruppe einer Befragung von Unternehmensgründern herausfallen. Geht man konservativ von einem Anteil von 15% nicht einschlägiger Adressen aus, so hat unsere bereinigte Stichprobe einen Umfang von 5.245 Gründungen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, daß rund 200 Interviews, die noch hätten geführt werden können, wegen Budgetbeschränkungen des Projekts abgesagt werden mußten. Bezieht man die 2.049 möglichen Interviews auf die bereinigte Stichprobengröße von 5.245, so ergibt sich eine bereinigte Rücklaufquote von 39%. Somit können unsere Bemühungen, mit den „ernsthaften" Betriebsgründern in Kontakt zu treten, insgesamt wohl als recht erfolgreich eingestuft werden. 7 Nicht alle 1.849 Interviews werden allerdings in den empirischen Analysen dieses Buches verwendet. Denn trotz der Vorselektion durch die Anschreiben gelangten einige Gründungen in unseren Datensatz, die nicht zur Grundgesamtheit gehören. 47 Befragte gaben an, daß die Gewerbemeldung zu keinem Zeitpunkt eine betriebliche Aktivität zur Folge hatte. Da diese Gründungen offensichtlich zum oben angesprochenen „Überschußmaterial" zählen, wurden sie ausgeschlossen. Weiterhin gaben 92 der befragten Gründer an, daß ihr Betrieb - trotz einer Gewerbemeldung in den Jahren 1985/86 - entweder vor 1985 oder nach 1986 gegründet wurde. Da sich diese Gruppe nicht in das Kohortendesign der Studie fügt, wurde sie ebenfalls ausgeschlossen. Somit beziehen sich alle Auswertungen dieses Buches auf die verbleibenden 1.710 Interviews.
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Generell hat sich, wie schon in vielen anderen Befragungsstudien, in der Münchner Studie gezeigt, daß - was angesichts des vielbeklagten Trends sinkender Beteiligungsbereitschaft an sozialwissenschaftlichen Umfragen betont werden muß - der Rücklauf nicht eine fixe Größe, sondern in einer gewissen Spannbreite das Ergebnis einer Aufwands-Ertrags-Kalkulation ist. Die hauptsächlichen Verweigerungsgründe in der Münchner Studie waren, wie ebenfalls in vielen anderen Befragungen, die Posten „längere Abwesenheit", „kein Interesse", „Zeitmangel" und „Krankheit" (Preisendörfer und Ziegler 1990).
4. Oberbayern als Untersuchungsregion
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4. Oberbayern als Untersuchungsregion Da es sich bei der Münchner Gründerstudie um eine Untersuchung handelt, die sich auf Oberbayern im Zeitraum 1985-1990 bezieht, seien zum Abschluß dieses dritten Kapitels einige statistische Basisinformationen zur Untersuchungsregion gegeben. Diese Informationen sollen eine Einschätzung ermöglichen, ob und inwieweit man den oberbayerischen Kontext als ein mehr oder weniger „typisches" Umfeld für betriebliche Neugründungen einstufen kann. Im ersten Schritt werden ein paar wesentliche Strukturdaten für Oberbayern berichtet, im zweiten Schritt einige Kennziffern zur wirtschaftlichen Situation im Zeitraum 1985-1990.8 Mit 3,8 Mill. Einwohnern (33% von Gesamtbayern) und 1,9 Mill. Erwerbstätigen ist Oberbayern, das sich von Eichstätt im Norden bis GarmischPartenkirchen und Berchtesgaden im Süden erstreckt, der größte der sieben bayerischen Regierungsbezirke. Mißt man die wirtschaftliche Leistungskraft am Bruttoinlandsprodukt (je Erwerbstätigen), lag Oberbayern bereits im Jahr 1985, also zu Beginn unserer Beobachtungsperiode, mit 79 Tsd. D M sowohl über dem Durchschnitt von Bayern (68 Tsd. DM) als auch über dem Durchschnitt der gesamten Bundesrepublik (69 Tsd. DM). Von seiner Wirtschaftsstruktur her gesehen ist Oberbayern stärker als Bayern und die Bundesrepublik insgesamt auf den Dienstleistungssektor hin orientiert. Nach den Ergebnissen der Volkszählung von 1987 arbeiteten 4,1% der Erwerbstätigen in der Landund Forstwirtschaft, 38,2% in der Industrie und im produzierenden Gewerbe, 17,3% im Handel und Verkehr und 40,4% in den übrigen Wirtschaftsbereichen (zum Vergleich Bayern insgesamt: 5,1%, 44,0%, 16,4% und 34,5%). Fassen wir Handel, Verkehr und die übrigen Wirtschaftsbereiche zusammen, ergibt dies eine Dienstleistungsquote von 57,7%. Die bedeutsamsten Bereiche im Dienstleistungssektor sind das Bank- und Versicherungsgewerbe, Medien und Verlage, das Speditionsgewerbe und nicht zuletzt das Gastgewerbe (Gaststätten und Beherbergung), wobei der Fremdenverkehr (mit 28,9 Mill. Übernachtungen im Jahr 1990) vor allem in der Stadt München und im Süden von Oberbayern eine wichtige Rolle spielt. In seiner industriellen Struktur ist Oberbayern gekennzeichnet durch den Straßenfahrzeugbau (BMW, Audi), die
8 Soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich die Strukturdaten auf das Jahr 1990, also auf das Jahr, in dem die Befragung durchgeführt wurde. Als Quellen wurden verschiedene Jahrgänge des Statistischen Jahrbuchs füir die Bundesrepublik Deutschland, verschiedenen Jahrgänge des Statistischen Jahrbuchs für Bayern und einige Spezialpublikationen des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung verwendet.
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
Elektrotechnik und den Maschinen- und Anlagenbau, in denen zusammen knapp 50% der Industriebeschäftigten tätig sind. Zwei weitere wichtige Industriezweige sind die chemische Industrie im Südosten und Norden von Oberbayern und die Mineralölverarbeitung ebenfalls im Norden (Ingolstadt). In den Raumordnungsberichten der Bayerischen Staatsregierung wird Bayern in der Regel in 18 Planungsregionen untergliedert, und das Gebiet von Oberbayern erstreckt sich auf vier solche Planungsregionen: die Region „Ingolstadt" im Norden, die Region „München" in der Mitte, die Region „Oberland" (um Garmisch-Partenkirchen) im Südwesten und die Region „Südostoberbayern" (um Rosenheim). Nach den in den Raumordnungsberichten zugrundegelegten Kriterien fällt keine der vier oberbayerischen Regionen unter die Kategorie der (insgesamt acht) „strukturschwachen Regionen" in Bayern. Ökonomisch führend bei den vier oberbayerischen Planungsregionen ist der Verdichtungsraum München, gefolgt von Ingolstadt, und mit deutlichem Abstand Südostoberbayern und das Oberland. Trotz dieser (administrativ-planerischen) Vierteilung muß aber betont werden, daß Oberbayern insgesamt die typische Struktur einer Peripherie-Zentrums-Region hat, mit dem Großraum München (rund 2,3 Mill. Einwohner in dieser Planungsregion, 60% von Oberbayern) als dominierender „Drehscheibe". Werfen wir abschließend noch einen Blick konkret auf die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, so sind (was in den Jahresberichten der IHK stets hervorgehoben wird) mehrere Superlative zu registrieren: die „finanzstärkste IHK" im Bundesgebiet, mit einer „sehr hohen Gründungsintensität", mit dem „höchsten Industriebesatz", u.ä. Diese Informationen verweisen darauf, daß Oberbayern weder im bayerischen noch im bundesdeutschen Kontext als eine „repräsentative" Untersuchungsregion gesehen werden kann. Vielmehr handelt es sich um ein Gebiet, das strukturell eindeutig den Charakter einer prosperierenden Wirtschaftsregion zeigt. Hinzu kommt, daß die Münchner Studie mit ihrem Beobachtungszeitraum 1985-1990 auf eine vergleichsweise günstige gesamtwirtschaftliche Periode traf. Nach dem konjunkturellen Tief zu Beginn der 80er Jahre mit Wachstumsraten des realen Bruttosozialprodukts um den Nullpunkt, begann 1983 in der Bundesrepublik ein Konjunkturaufschwung, der zunächst von 1983-1987 mit Wachstumsraten von rund 2% und dann von 1988-1990 mit Wachstumsraten von rund 4% verbunden war. In Bayern und mehr noch in Oberbayern hat sich dieser Konjunkturaufschwung verstärkt niedergeschlagen. Die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts in Bayern lagen im Zeitraum 1985-1990 im Schnitt um 0,5-1,0% höher als im gesamten Bundesgebiet, und für Oberbayern belief sich der Abstand auf 1,0-1,5%. Die relativ günstige gesamtwirtschaftliche Lage im Beobachtungszeitraum 1985-1990 läßt
4. Oberbayern als Untersuchungsregion
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sich auch an den Arbeitslosenquoten ablesen: Nachdem diese im gesamten Bundesgebiet von 1980-1985 von 3,8% auf 9,3%, in Bayern von 3,5% auf 7,7% und in Oberbayern von 2,7% auf 6,2% gestiegen waren, sanken sie in der Periode bis 1990 im gesamten Bundesgebiet auf 7,2%, in Bayern auf 5,1% und in Oberbayern auf 4,2%. Vor allem im Großraum München war der Arbeitsmarkt eher durch einen Arbeitskräftemangel als durch einen Arbeitskräfteüberschuß gekennzeichnet. Nachdem damit klar ist, daß „Oberbayern 1985-1990" weder räumlich noch zeitlich als ein für Bayern oder die gesamte Bundesrepublik typisches Umfeld für betriebliche Neugründungen eingestuft werden kann, ergibt sich die Frage, was dies für die Verallgemeinerbarkeit der Befunde der Münchner Studie bedeuten könnte. Die zwei Teilfragestellungen dabei sind: (1) Ist zu erwarten, daß die besondere Situation von Oberbayern 1985-1990 die Erfolgs- und Überlebenschancen der untersuchten Betriebsgründungen in ihrem Niveau beeinflußt? (2) Ist zu erwarten, daß sich in dem ökonomisch relativ prosperierenden Oberbayern 1985-1990 im Vergleich zu einer (hypothetischen) Kontrastregion die Mechanismen unterscheiden, die die Erfolgschancen betrieblicher Neugründungen beeinflussen? Die naheliegende Hypothese mit Bezug auf die erste Frage ist, daß in einer Region und Zeit wie „Oberbayern 1985-1990" die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe günstiger sind. Für strukturelle Rahmenbedingungen und eine konjunkturelle Situation, die in Richtung Expansion zeigen, läßt sich vermuten, daß dies auch solchen Betrieben ein Überleben erleichtert, die bei einem „härteren Gegenwind" in Schwierigkeiten gekommen wären. Allerdings ist diese Hypothese in der einschlägigen empirischen Forschung nicht unumstritten: Eines der zentralen Ergebnisse der Studie von Birch (1987) ist, daß sich wirtschaftlich aufstrebende und stagnierende Regionen (in den USA) deutlich im Niveau der Gründungsrate von Betrieben, kaum jedoch im Niveau der betrieblichen Sterbequoten unterscheiden. In einer Regionalstudie für die Bundesrepublik gelangt Fritsch (1992) zu dem Ergebnis, daß sich ökonomisch prosperierende Regionen vor allem durch eine hohe „betriebliche Turbulenz" auszeichnen, d.h. durch überdurchschnittliche Gründungs- und Sterberaten von Betrieben gleichzeitig. Aufgrund dieser Studien müßte somit vermutet werden, daß die Betriebe unserer Untersuchung eher weniger Erfolg hatten als im deutschen Durchschnitt. Für die vorliegende Arbeit jedoch ist dieses Problem eher unbedeutend, da die bloße Deskription des Erfolgs der untersuchten Betriebe nur am Rande eine Rolle spielt. Das eigentliche Anliegen ist eine Analyse der Bestimmungsfaktoren der betrieblichen Erfolgschancen.
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III. Die Münchner Gründerstudie als empirische Datenbasis
Damit aber wird die zweite Frage virulent. Leider lassen sich dazu, noch weniger als zur ersten Frage, aus der bisherigen Forschung klare Hinweise herleiten. Unmittelbar einleuchtende und empirisch belegte Gründe, weshalb sich die Mechanismen, die die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe bestimmen, in einem nach einheitlichen Prinzipien gestalteten Wirtschaftsraum regional unterscheiden sollten, dürften wohl kaum bestehen. Eine gewisse Plausibilität hat immerhin folgende Argumentation: Wenn man davon ausgeht, daß günstige Rahmenbedingungen und eine vorteilhafte konjunkturelle Situation in der Lage sind, personelle und strukturelle Schwächen von Betriebsgründungen „zu überspielen", dann sollten in einer Region mit solchen Bedingungen die Einflüsse der Person des Gründers und der betrieblichen Charakteristika eine geringere Rolle spielen. Insofern sollten Effekte, die sich in Oberbayern 1985-1990 zeigen, in einer (hypothetischen) „Normalsituation" noch stärker ausfallen. Dies hieße, daß die in dieser Studie berichteten Effekte der Person des Gründers und der betrieblichen Basismerkmale eher „konservativ" ausfallen. Wichtige Hinweise über die Generalisierbarkeit unserer Ergebnisse erhielte man natürlich, wenn Ergebnisse vergleichbarer Studien vorlägen. Für Deutschland ist uns keine Studie mit dem Design der Münchner Gründerstudie bekannt. Für die USA allerdings existiert eine solche Studie. Bates (1994) präsentiert Ergebnisse für den Überlebensprozeß von in den Jahren 1984-1987 neugegründeten Kleinbetrieben (N = 19.000). Das Design dieser Studie ist weitgehend deckungsgleich mit dem der Münchner Gründerstudie. Bemerkenswerterweise stimmen Bates Ergebnisse (soweit sie vergleichbar sind) mit den in Kapitel V I zu berichtenden Ergebnissen zum Überlebensprozeß fast vollständig überein. Dies kann als deutlicher Hinweis darauf gewertet werden, daß unsere Ergebnisse zu den Mechanismen des Erfolgsprozesses nicht nur für Oberbayern typisch sind.
IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern Im Mittelpunkt des Interesses der vorliegenden Untersuchung stehen die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe. Da aber die Frage „Wer gründet neue Betriebe?" in der Gründungsforschung eine wichtige Rolle spielt, sollen in diesem Einleitungskapitel des empirischen Teils ausgewählte Ergebnisse der Münchner Studie zum Sozialprofil von Unternehmensgründern präsentiert werden. Begonnen wird mit einigen theoretischen Überlegungen zur Frage nach der Motivation zum Übergang in die berufliche Selbständigkeit. Darauf aufbauend werden dann zunächst demographische Charakteristika und Merkmale der sozialen Herkunft der untersuchten Gründer betrachtet; anschließend wird auf deren Humankapitalausstattung und deren beruflichen Hintergrund eingegangen; und zum Schluß werden Aspekte „unternehmerischer Einstellungen" der Firmengründer skizziert.
1. Theoretische Vorüberlegungen: Wer gründet neue Betriebe? Ähnlich wie im Forschungsfeld um den Gründungserfolg dominieren auch im Forschungsfeld um die Gründungsaktivität personenzentrierte Ansätze (für Übersichten Szyperski und Nathusius 1977; Klandt 1984; Gärtner 1988; Aldrich und Wiedenmayer 1993). Das Gros der empirischen Arbeiten beschäftigt sich nicht mit Kontext- und Umfeldbedingungen, die Betriebsgründungen stimulieren oder hemmen, sondern mit Motiven und Merkmalen von Gründern. 1 Weiterhin läßt sich bei einem Überblick über die Forschung feststellen, daß Untersuchungen zur Gründungsaktivität sehr viel zahlreicher sind als Untersuchungen zum Gründungserfolg, was wohl nicht zuletzt darauf
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Auf mindestens drei Forschungsrichtungen trifft dies nicht zu: (1) Industrieökonomische Arbeiten untersuchen die Marktbedingungen als Bestimmungsgründe für Eintritte (z.B. Geroski 1991; Geroski und Schwalbach 1991; Wagner 1994; Audretsch 1995: Kap. 3). (2) Organisationsökologische Studien betrachten die Umfeldbedingungen und die Populationsgröße als primäre Determinanten von Gründungen (z.B. Pennings 1982; Hannan und Carroll 1992). (3) Arbeiten von Regionalforschern untersuchen die Einflüsse regionaler Merkmale auf das Gründungsgeschehen (z.B. Bartik 1989; Bull und Winter 1991; Schmude 1995).
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IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
zurückzuführen ist, daß „Erfolgsstudien" in der Regel mit aufwendigeren Forschungsdesigns verbunden sind. Designerwägungen und nicht so sehr theoretische Gesichtspunke dürften auch der Hauptgrund dafür sein, weshalb die personenbezogene Sichtweise des Gründungsgeschehens die konkurrierende strukturelle Sichtweise dominiert. Auch die Münchner Studie läßt - mit Blick auf das Gründungsgeschehen - von ihrem Datenmaterial her nur personenbezogene Analysen zu und ist insoweit einer Beschränkung unterworfen. Gleichwohl bleibt die Frage, welche theoretischen Ansatzpunkte sich bieten, um den Schritt individueller Akteure in die berufliche Selbständigkeit zu untersuchen. Konzipiert man in Anlehnung an ökonomische Modelle (z.B. Kihlstrom und Laffont 1979; Johnson 1986: Kap. 4; Evans und Jovanovic 1989; Pfeiffer 1994) den Schritt in die Selbständigkeit als rationales Entscheidungsverhalten, kann die allgemeine Aussage formuliert werden, daß ein Wechsel in die berufliche Selbständigkeit nur dann erfolgt, wenn die erwarteten Nettoerträge aus der Selbständigkeit die erwarteten Nettoerträge aus anderen Zeitverwendungen (abhängige Beschäftigung, Arbeitslosigkeit usw.) und die Transferkosten des Wechsels übersteigen. Allein für sich genommen ist diese Aussage zunächst einmal ziemlich trivial und nicht mehr als eine Heuristik. Erst durch die konkrete Ausfüllung der drei Komponenten (Erträge aus der Selbständigkeit, Erträge aus alternativen Zeit Verwendungen, Transferkosten) und durch „Brükkenhypothesen", die die Einzelposten der drei Komponenten mit leichter beobachtbaren Sachverhalten verknüpfen, gelangt man auch zu substantiellen Aussagen. Beginnen wir mit den Transferkosten, ist zunächst der unmittelbare Kapitalbedarf für die Eröffnung eines Betriebes von Bedeutung. Hierbei kann man erwarten, daß Ersparnisse, Vermögenswerte und eine günstige Einkommenslage, die wiederum zum Teil mit dem Bildungs- und Qualifikationsniveau einer Person verknüpft sind, den Übergang in die berufliche Selbständigkeit erleichtern (Evans und Jovanovic 1989; Evans und Leighton 1989). Die Transferkosten beinhalten auch - zumindest bei einer längerfristig geplanten Selbständigkeit - die Kosten für den Erwerb unternehmerischer Qualifikationen. Für diejenigen, die auf Erfahrungen mit der beruflichen Selbständigkeit in ihrem Elternhaus oder auch bereits auf eigene frühere Selbständigkeitsepisoden zurückblicken können, sind die Einstiegsbarrieren aufgrund eines Wissensund Erfahrungsvorsprungs vermutlich geringer. Tatsächlich belegen zahlreiche Studien, daß eine berufliche Selbständigkeit der Eltern (meist des Vaters) die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in die Selbständigkeit erhöht (vgl. z.B. Laband und Lentz 1982: Kap. 2; Hübler 1991; Börsch-Supan und Pfeiffer 1992). Oft auch wird vermutet, daß es den Einstieg in die Selbständigkeit erleichtert, wenn Erwerbstätige in Kleinbetrieben einem Beschäftigungsverhält-
1. Theoretische Vonüberlegungen: Wer gründet neue Betriebe?
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nis nachgehen. In Kleinbetrieben (als „Inkubator"-Einheiten) können potentielle Gründer eher einen Einblick in das gesamte Betriebsgeschehen gewinnen und das Spektrum der Arbeitsanforderungen ist in der Regel breiter gestreut, so daß zum Teil auch direkt unternehmerische Qualifikationen erworben werden können (Scase und Goffee 1982; Johnson 1986: Kap. 6; Goebel 1990). Bei den erwarteten Erträgen aus der Selbständigkeit ist zu bedenken, daß diese für Personen mit höherer Bildung, längerer Berufserfahrung und allgemein höherem Humankapital zwar höher liegen mögen, gleichzeitig sind aber auch die Erträge aus alternativen Zeitverwendungen (abhängige Beschäftigung) höher, so daß sich an dieser Stelle keine klare Prognose herleiten läßt. Dennoch deuten die Ergebnisse der meisten empirischen Studien darauf hin, daß potentielle und tatsächliche Unternehmensgründer von ihrem Bildungsund Qualifikationsniveau her über dem Durchschnitt der erwerbstätigen Bevölkerung liegen (vgl. z.B. Meyerhöfer 1982; Klandt 1984; Ziegler und Hinz 1992). Stellt man speziell auf die Erträge aus alternativen Zeitverwendungen ab, kommt der Schritt in die berufliche Selbständigkeit durchaus auch für Personengruppen in Betracht, die eine eher ungünstige Position auf dem Arbeitsmarkt haben (z.B. für Frauen oder Ausländer), wobei sich für diese Gruppen auch schon eine relativ bescheidene Selbständigkeitsexistenz lohnen kann. Wichtig bei den erwarteten Erträgen aus der Selbständigkeit dürfte noch sein, daß diese in der Regel mit einer höheren Unsicherheit verknüpft sind als die erwarteten Erträge aus abhängigen Beschäftigungsverhältnissen (Pfeiffer 1994). An dieser Stelle wird dann in den ökonomischen Modellen das Konzept der Risikoneigung eingeführt, und naheliegend ist, diese Neigung z.B. mit der Stellung einer Person in ihrem Lebenszyklus in Verbindung zu bringen. 2 Eine etwas anders gelagerte Sichtweise, mit der der Schritt in die berufliche Selbständigkeit häufig angegangen wird, ist der „push-pullframework" (Johnson 1986: 81), der stärker auf die unmittelbaren Motive zum Übergang in die Selbständigkeit abstellt. Stoner und Fry (1982) z.B. unterscheiden zwischen einem „opportunity model of entrepreneurial motivation", bei dem positive Anreizeffekte (Erkennen einer Marktlücke, Streben nach Unabhängigkeit u.ä.) überwiegen, und einem „dissatisfaction model of entrepreneurial motivation", bei dem negative Auslöser (Unzufriedenheit mit der abhängigen Beschäftigung, Arbeitslosigkeit u.ä.) im Vordergrund stehen. In ähnlicher Weise
2
Johnson (1986: 74) verweist darauf, daß es bislang kaum empirische Evidenzen dazu gibt,
ob Firmengründer bzw. Personen, die die Gründung eines Betriebes in Betracht ziehen, die erwarteten (monetären und nichtmonetären) Erträge aus der beruflichen Selbständigkeit im Durchschnitt eher unter- oder eher überschätzen.
6 Briiderl u. a.
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IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
versucht Bögenhold (1987) eine Markierung der kontrastierenden Pole möglicher Motive für den Einstieg in die Selbständigkeit über die vereinfachende Dichotomie von „Gründungen aus der Ökonomie der Selbstverwirklichung" und „Gründungen aus der Ökonomie der Not". Gründer aus der Selbstverwirklichung kommen in der Regel aus gesicherten und gutdotierten beruflichen Positionen, während arbeitslose Gründer bei Bögenhold beispielhaft für die Ökonomie der Not stehen. Mehr oder weniger umfangreiche Motivlisten, über die die Beweggründe für den Übergang in die Selbständigkeit per Befragung erhoben werden, erfreuen sich in der einschlägigen Forschung großer Beliebtheit. Fast alle diese Studien gelangen zu dem Ergebnis, daß der Faktor „Autonomie, Unabhängigkeit, Entscheidungsfreiheit" in der (bekundeten) Motivation eine herausragende Rolle spielt und daß finanzielle Erwägungen und „negative Auslöser" eher zweitrangig sind (für Übersichten Meyerhöfer 1982: 25 ff.; Klandt 1984: 124 ff.; Kuipers 1990: 174 ff.). Allerdings sollte man sich dessen bewußt sein, daß negative Auslöser in der Befragungssituation häufig verschwiegen werden; und es gehört wohl auch nicht zu den sozial erwünschten Antworten, das Einkommens- oder Gewinnmotiv an die erste Stelle zu rücken. Boswell (1972) kommt in seiner Studie immerhin zu der Einschätzung, daß finanzielle Beweggründe fast durchgehend präsent, jedoch schwer trennbar mit anderen wichtigen Anreizen verknüpft sind. Insbesondere qualitativ angelegte Studien (z.B. Mayer und Goldstein 1961) unterstreichen sehr deutlich, daß die individuellen Motive und die mit einer Betriebsgründung verfolgten Ziele im konkreten Einzelfall zumeist äußerst komplex gelagert sind und auch negative Auslöser fast immer mitspielen.3 Insgesamt ergibt sich aus den Ergebnisse der „push-pull-Forschung" aufgrund des empirisch dokumentierten Übergewichts der Zugeffekte eher die Vermutung, daß sich Firmengründer in ihrem Qualifikations-, Einkommens- und Statusprofil positiv von der erwerbstätigen Gesamtbevölkerung abheben.
2. Demographische Merkmale und soziale Herkunft In der Münchner Studie wurden Merkmale und Charakteristika der Gründungspersonen sehr ausführlich erhoben. Aussagekräftig mit Blick auf das Sozialprofil von Unternehmensgründern werden die Ergebnisse aber erst dann,
3
Die Idee von negativen Auslösern führt in ihrer Verallgemeinerung auf die „ Disadvantage Ansätze. Da diese Ansätze bereits in Abschnitt II. 1 .b angesprochen wurden, soll hier nicht nochmals darauf eingegangen werden.
2. Demographische Merkmale und soziale Herkunft
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wenn man sie mit entsprechenden Werten in der Bevölkerung vergleicht. Für den erforderlichen Vergleich greifen wir in diesem und den beiden folgenden Abschnitten auf die Daten der „Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften" (ALLBUS) der Jahre 1980-90 zurück, wobei aus diesen Daten die Befragten aus Oberbayern ausgewählt wurden. 4 Zunächst bezogen auf die demographischen Merkmale „Geschlecht", „Alter" und „Familienstand" ergibt der Vergleich der ALLBUS-Erhebungen mit der Münchner Gründerbefragung folgendes: Der Frauenanteil beläuft sich in der erwerbstätigen Bevölkerung von Oberbayern auf 39%, bei den abhängig Beschäftigten auf 41 % und bei den Selbständigen (in Handel, Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen) auf 27%. Dem steht eine Gründerinnenquote von 32% gegenüber, was besagt, daß die Frauen im Vergleich zu ihrem Anteil in der erwerbstätigen Bevölkerung beim betrieblichen Gründungsgeschehen unterrepräsentiert sind. Die verglichen mit dem Bestand an Selbständigen um 5% höhere Gründerinnenquote deutet in Übereinstimmung mit den Ergebnissen anderer Studien (Assig et al. 1985; Ambos 1989) allerdings daraufhin, daß sich die traditionelle Unterrepräsentanz der Frauen bei den Selbständigen abzuschwächen scheint und daß Frauen verstärkt den Weg in die berufliche Selbständigkeit beschreiten. Das Durchschnittsalter der erwerbstätigen Bevölkerung in Oberbayern liegt bei 40 Jahren, das der abhängig Beschäftigten bei 39 Jahren und das der Selbständigen bei 43 Jahren. Mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren zum Zeitpunkt der Eröffnung ihres Betriebes sind die Gründer deutlich jünger. Im Vergleich zu allen Erwerbstätigen konzentrieren sich die Gründer stärker auf die Altersgruppen bis 40 Jahre: 5 14% sind jünger als 25 Jahre, mehr als die Hälfte, nämlich 53%, gründet im Alter zwischen 25 und
4 Der ALLBUS ist in den Jahren 1980-86 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), ab 1988 von Bund und Ländern über GESIS (Gesellschaft sozial wissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen) finanziert worden. Er wird bei Z U M A (Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen e.V., Mannheim) und beim Zentralarchiv für empirische Sozialforschung (Köln) realisiert. DFG-Antragsteller oder Mitglieder des ALLBUS-Ausschuß waren Klaus Allerbeck, M . Rainer Lepsius, Karl Ulrich Mayer, Walter Müller, Karl Dieter Opp, Franz Urban Pappi, Erwin K. Scheuch und Rolf Ziegler. Die Daten sind beim Zentralarchiv für empirische Sozialforschung erhältlich. Die von uns verwendeten kumulierten Daten der ALLBUS-Erhebungen 1980-90 enthalten mehr als 18.000 Personen. Durch die Beschränkung auf Oberbayern reduziert sich die Fallzahl jedoch auf 1.101. Die für Vergleichszwecke herangezogenen Merkmale der Gründer wurden in der Münchner Studie nach der "ZUMA-Standarddemographie" erhoben, so daß hier tatsächlich ein stringenter Vergleich mit den ALLBUS-Erhebungen möglich ist. 5 Anders als in einigen US-amerikanischen Studien (Fuchs 1982) läßt sich in der Detailanalyse keine Erhöhung der „Selbständigkeitsneigung" bei Annäherung an die Altersruhestandsgrenze feststellen, was wohl nicht zuletzt mit der bei deutschen Arbeitnehmern im Durchschnitt günstigeren sozialen Absicherung im Alter zusammenhängt.
6*
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IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
39, 28% sind zwischen 40 und 54 und nur 5% älter. Das geringere Durchschnittsalter bringt es mit sich, daß bei dem Merkmal „Familienstand" die Ledigenquote der Gründer höher liegt als in der erwerbstätigen Bevölkerung (31 % versus 25%). Die Verheiratetenquoten vergleichen sich mit 60% versus 67%. Bei den Anteilen der Geschiedenen (8% und 7%) und der Verwitweten (jeweils 1%) bestehen keine Unterschiede. Genau 10% der in der Münchner Studie befragten Gründer waren Ausländer, wobei 3% Staatsbürger eines EG-Landes waren und 7% aus einem Nicht-EG-Land kamen. Die stärkste Gruppe unter den EG-Ausländern sind die Italiener, und bei den Nicht-EG-Ausländern stehen die Österreicher an erster und Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit an zweiter Stelle. Die 10%Ausländerquote weicht nur marginal von dem Ausländeranteil in der erwerbstätigen Bevölkerung von Oberbayern ab, der bei rund 12% liegt. 6 Auffallend ist noch die mit im Durchschnitt knapp 17 Jahren recht lange Zeit, die die befragten ausländischen Gründer bereits in Deutschland leben. In ihrer Konfessionszugehörigkeit sind die Gründer (56%) ebenso wie die oberbayerische Erwerbsbevölkerung mehrheitlich katholisch (69%). Ein überraschender Befund ergibt sich bei dem Anteil derer, die keiner Religionsgemeinschaft angehören: 10% in der erwerbstätigen Bevölkerung, 9% bei den abhängig Beschäftigten, 18% bei den Selbständigen und 23% bei den Gründern. Dieser Unterschied unterstützt die in Abschnitt II. 1 .b angesprochene Vermutung von Max Weber, daß die Unternehmer (nachdem sich der Kapitalismus institutionalisiert hat) in kirchlichen bzw. religiösen Angelegenheiten stärker zu „Indifferenz" tendieren. Fragt man die Gründer direkt, welcher „Bevölkerungsschicht" sie sich zurechnen, entscheiden sich 9% für die Unter- bzw. Arbeiterschicht, 69% für die Mittelschicht und 22% für die obere Mittel- bzw. Oberschicht. Dies entspricht weitgehend dem Zuordnungsmuster, dem wir auch bei den Selbständigen im ALLBUS begegnen (13%, 63%, 24%). Gegenüber den abhängig Beschäftigten, die sich mit 31%, 58% und 11% in die drei Gruppen einordnen, besteht hier ein signifikanter Unterschied dergestalt, daß sich die Gründer im sozialen Schichtgefüge höher plazieren.
6 Da sich die ALLBUS-Erhebungen auf Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft beschränken, ist ein genauerer Vergleich an dieser Stelle nicht möglich. Stellt man in Rechnung, daß in der Münchner Studie mehrere Interviews aufgrund von Sprachproblemen nicht geführt werden konnten, läßt sich mit Sicherheit sagen, daß die Ausländer beim betrieblichen Gründungsgeschehen nicht unterrepräsentiert sind.
3. Humankapital und beruflicher Hintergrund
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Für die Untersuchung der sozialen Herkunft der Gründer können wir auf die schulische Bildung und die berufliche Stellung ihrer Väter zurückgreifen. 60% der Väter der Gründer haben Volksschulabschluß, 15% mittlere Reife und 25% Fachhochschulreife oder Abitur. Die väterlichen Schulabschlüsse in der erwerbstätigen Bevölkerung belaufen sich demgegenüber auf 74%, 12% und 14% und bei den Selbständigen auf 68%, 17% und 15%. Demnach kommen die Gründer eher aus höheren Bildungsschichten. Erwartungsgemäß haben die Gründer in Relation zur erwerbstätigen Bevölkerung mit 21 % gegenüber 13% überdurchschnittlich oft einen beruflich selbständigen Vater. 7 Im Bestand der ALLBUS-Selbständigen geben allerdings 28% an, daß ihr Vater beruflich selbständig war. Immerhin 36% der Gründer bekunden, daß ihr Vater in seiner Berufsbiographie, wenn nicht dauerhaft, so doch bereits einoder mehrmals beruflich selbständig war, und bei rund einem Viertel der Gründer mit einem selbständigen Vater stimmte die Gründungsbranche voll oder weitgehend mit dem überein, was auch der Vater tut bzw. tat. Insgesamt bestätigt sich damit die Vermutung, daß eine elterliche Selbständigkeit offenbar die Neigung zu einer Betriebsgründung erhöht. War der Vater hingegen in einer Arbeiterposition, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in die Selbständigkeit vergleichsweise niedrig. Während in der erwerbstätigen Bevölkerung 31% einen Vater in der sozialrechtlichen Stellung eines Arbeiters haben bzw. hatten, sind es bei den Gründern nur 18%.
3. Humankapital und beruflicher Hintergrund Wenden wir uns nun den Bildungsabschlüssen und dem beruflichen Hintergrund der Gründer zu. Hinsichtlich ihres höchsten allgemeinbildenden Schulabschlusses heben sich die Gründer sehr deutlich von den ALLBUS-Vergleichsgruppen ab: 36% der Gründer haben Fachhochschulreife oder Abitur, in der erwerbstätigen Bevölkerung von Oberbayern, bei den abhängig Beschäftigten und bei den Selbständigen sind es jeweils 19%. Demgemäß überrascht es nicht, wenn bei den beruflichen Ausbildungsabschlüssen die Gründer mit 23% überdurchschnittlich häufig auf einen Fachhochschul- oder Universitäts-
7
Erhoben wurde hier die berufliche Stellung des Vaters, als die befragte Person 15 Jahre alt war. Mit „selbständigem Vater" ist gemeint, daß dieser den Status eines Selbständigen in Handel, Gewerbe, Industrie oder Dienstleistungen hatte. Beziehen wir auch die Landwirte und Freiberufler in die Gruppe der Selbständigen ein, steigt die väterliche Selbständigkeit bei den Gründern auf 30% und in der erwerbstätigen Bevölkerung auf 24%.
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IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
abschluß verweisen können. Die Werte für die drei Vergleichsgruppen liegen hier bei 16%, 16% und 14%. Im Vergleich zu allen Erwerbstätigen und zu den abhängig Beschäftigten, nicht aber im Vergleich zu den Selbständigen haben die Gründer auch häufiger einen Berufsfachschulabschluß oder einen Meistertitel (Gründer: 20%, Erwerbstätige: 15%, abhängig Beschäftigte: 14%, Selbständige: 24%). Da in den ALLBUS-Erhebungen nur der höchste berufsbildende Abschluß erfaßt wird, läßt sich leider nicht feststellen, ob die Gründer zusätzlich auch noch öfter eine Lehre absolviert haben. Vielfach in Kombination mit den bereits genannten beruflichen Abschlüssen (Berufsfachschule, Meister, Fachhochschule, Universität) haben immerhin 27% der Gründer eine gewerbliche Lehre und 26% eine kaufmännische Lehre. Zusammenfassend läßt sich damit festhalten, daß die Gründer bei den allgemeinen Humankapitalfaktoren der schulischen und beruflichen Bildung klar über dem Durchschnitt der erwerbstätigen Bevölkerung liegen. Einleitend zum beruflichen Hintergrund der Gründer müssen wir zunächst den Erwerbsstatus betrachten. In der gesamten Bevölkerung von Oberbayern (18 Jahre und älter) sind 55% als Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Arbeitslose) auf dem Arbeitsmarkt, bei den Gründern waren es in der Phase unmittelbar vor der Betriebseröffnung 81%. Beschränken wir uns auf die Erwerbspersonen, ergibt sich für die Gründer, daß 5,6% aus der Arbeitslosigkeit heraus ihren Betrieb initiiert haben. Dem steht eine allgemeine Arbeitslosenquote (in der Befragungssituation der ALLBUS-Erhebungen) von 3,4% gegenüber. Angesichts der niedrigen Zahl von arbeitslosen Gründern und angesichts des geringen Unterschiedes zur allgemeinen Arbeitslosenquote läßt sich (zumindest für den Kontext von Oberbayern in den Jahren 1985-90) mit Sicherheit nicht die Position vertreten, daß Arbeitslosigkeit einen bedeutsamen Auslöser für den Übergang in die berufliche Selbständigkeit darstellt. Dies zumal noch berücksichtigt werden muß, daß 20% der Gründer aus der Arbeitslosigkeit explizit angeben, daß die Arbeitslosigkeit für sie nicht zu den Gründen gehörte, weshalb sie in die Selbständigkeit übergewechselt sind. Für 81% der arbeitslosen Gründer lag die Dauer der Arbeitslosigkeit unter 12 Monaten. Und auch bei der ergänzenden Frage nach einer Arbeitslosigkeitserfahrung in den zurückliegenden zehn Jahren ergeben sich keine Unterschiede zwischen den Gründern und der oberbayerischen Erwerbsbevölkerung. In beiden Gruppen beläuft sich der Anteil derer mit einer oder mehreren Arbeitslosigkeitsepisoden in den letzten zehn Jahren auf 16%. Die Gründer nun, die vor der Eröffnung ihres Betriebes erwerbstätig waren, verteilen sich folgendermaßen auf die verschiedenen beruflichen
Stel-
3. Humankapital und beruflicher Hintergrund
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lungert: 57% waren Angestellte, 25% Selbständige, 10% Arbeiter, 4% Beamte, 3% Freiberufler und 1% Landwirte. Die entsprechende Verteilung der oberbayerischen Erwerbstätigen weicht deutlich davon ab: 45% Angestellte, 12% Selbständige, 26% Arbeiter, 14% Beamte, 2% Freiberufler und 1% Landwirte. Mithin sind die Selbständigen und die Angestellten bei den Gründern überrepräsentiert, die Arbeiter und die Beamten hingegen unterrepräsentiert. Insgesamt 30% der Gründer geben an, daß sie - vor ihrer Gewerbemeldung in den Jahren 1985/86 - bereits eine oder mehrere Gewerbemeldungen hinter sich hatten, wobei diese Meldungen in rund zwei Dritteln aller Fälle in der gleichen oder einer ähnlichen Branche erfolgten. Von denjenigen mit früherer Selbständigkeitserfahrung hatten 79% eine, 14% zwei, 4% drei und 3% mehr als drei Gewerbemeldungen getätigt. Dies deutet in der Tat darauf hin, daß der Übergang in die Selbständigkeit zumindest für eine bestimmte Teilgruppe von Gründern nach dem Muster eines „Trial-and-Error"-Prozesses verläuft. Weiterhin hervorgehoben werden muß, daß 57% der Gründer über einschlägige berufliche Erfahrungen in der Branche ihrer Gründung verfügten, und immerhin 55% geben die Einschätzung, daß sie das, was sie in ihrer Erwerbstätigkeit vor der Gründung getan haben, voll und ganz verwerten konnten. Die groben Kategorien der beruflichen Stellung verdecken noch etwas, daß die Gründer tatsächlich eher aus „gehobenen" beruflichen Positionen kommen. Dies wird dann offenkundig, wenn wir das monatliche Nettoeinkommen in der Position vor der Gründung betrachten. Im Schnitt hatten die Gründer ein persönliches Nettoeinkommen von 3.440 D M und 29% verdienten mehr als 4.000 D M im Monat. In der erwerbstätigen Bevölkerung bzw. bei den abhängig Beschäftigten sind die entsprechenden Vergleichs werte 2.266 D M und 9% bzw. 2.065 D M und 5%. 8 Über den Gründern liegen allerdings die Selbständigen, die im Durchschnitt ein Einkommen von 3.948 D M erzielen und von denen 35% auf über 4.000 D M kommen. Auch bei der ergänzenden Frage danach, ob man in seiner beruflichen Tätigkeit eine Vorgesetztenposition (mit Aufsichtspflichten gegenüber Arbeitnehmern) inne hatte bzw. hat, heben sich die Gründer klar von der erwerbstätigen Bevölkerung ab. 60% der Gründer gegenüber 40% bei allen Erwerbstätigen hatten eine solche Position. Sehen wir die im vorangehenden Abschnitt genannten Merkmale der „Selbständigkeitserfahrung" (vorherige Gewerbemeldungen) und der „Branchener-
8 Da sich die Einkommen der Gründer auf die beiden Jahre 1985/86 und die Einkommen der ALLBUS-Befragten auf den Zeitraum 1980-90 beziehen, haben wir darauf verzichtet, die Einkommen mittels der Inflationsraten auf ein bestimmtes Jahr zu standardisieren.
IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
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fahrung" zusammen mit der „Vorgesetztenerfahrung" als Aspekte unternehmerischen Humankapitals, bleibt festzuhalten, daß sich die Mehrheit der Gründer auf ein solches Humankapital stützen kann. Keine Bestätigung erhalten wir für die Vermutung, daß die Firmengründer zuvor häufiger in Kleinbetrieben beschäftigt waren. 18% der abhängig Beschäftigten in Oberbayern sind in Betriebsstätten mit weniger als 10 Arbeitskräften beschäftigt, 31 % in Betrieben mit 10-49, 37% in Betrieben mit 50-999 und 14% in Betrieben mit 1000 und mehr Arbeitskräften. Die Verteilung bei den Gründern, die vor ihrer Selbständigkeit abhängig beschäftigt waren, weicht mit 22%, 34%, 29% und 15% nicht nennenswert davon ab.
4. Unternehmerische Einstellungen Der Gedanke, daß die kleinen Selbständigen nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im politischen Bereich ein wichtiger Stützpfeiler für eine Gesellschaftsordung sind, die sich der Marktwirtschaft und dem Leistungsprinzip verpflichtet fühlt, ist einer der wesentlichen Gründe für das dauerhafte Interesse an Unternehmensgründungen. 9 Ganz im Sinne von Max Webers Idealtypus des kapitalistischen Unternehmers wird in diesem Zusammenhang vielfach vermutet, daß die Selbständigen und Unternehmensgründer Träger und Promotoren von politischen Einstellungen und Werthaltungen sind, die den „Geist des Kapitalismus" am Leben erhalten. Tatsächlich belegen einige empirische Studien vor allem in England und den USA (für eine Übersicht Aldrich et al. 1986), daß die beruflich Selbständigen und die Inhaber kleiner Betriebe eher ein liberal-konservatives Weltbild haben, daß bei ihnen ein hohes Maß an Skepsis gegenüber staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft besteht und daß individuelle Leistung und Anstrengung stark betont werden. In Anknüpfung an diese Diskussion haben wir in die Münchner Gründerstudie auch einige ALLBUS-Fragen einbezogen, die sich zumindest partiell mit dem Stichwort „unternehmerische Einstellungenin Verbindung bringen lassen. Dies waren zunächst zwei Fragen zur Funktion und Verteilung unternehmerischer Gewinne: (1) „Die Wirtschaft funktioniert nur, wenn die Unter-
9
Für England in den 7()er und 80er Jahren arbeitet z.B. Rainnie (1989) sehr deutlich den Zusammenhang zwischen den politischen Rahmenbedingungen und der ideologischen und finanziellen Förderung von Unternehmensgründungen heraus (ähnlich Brown et al. 1990 für die USA).
4. Unternehmerische Einstellungen
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nehmer gute Gewinne machen. Und das kommt letztlich allen zugute". (2) „Die wirtschaftlichen Gewinne werden heute in der Bundesrepublik im großen und ganzen gerecht verteilt". Dann zwei Fragen zu den Sozialleistungen: (1) „Wenn die Leistungen der sozialen Sicherung (wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitslosenunterstützung und Frührenten) so hoch sind wie jetzt, führt dies nur dazu, daß die Leute nicht mehr arbeiten wollen". (2) „Der Staat sollte seine Leistungen einschränken, z.B. im Gesundheitswesen oder im Bildungsbereich, um seine Sozialausgaben zu verringern". Und schließlich eine Frage zur individuellen im Unterschied zur kollektiven Interessendurchsetzung: „In unserer Gesellschaft muß jeder für sich schauen, daß er auf einen grünen Zweig kommt. Es hilft nicht viel, sich mit anderen zusammenzuschließen, um politisch oder gewerkschaftlich für seine Sache zu kämpfen". Für den Vergleich müssen wir uns hier auf die ALLBUS-Daten aus dem Jahr 1984 beschränken, da die anderen ALLBUS-Erhebungen diese Fragen nicht enthielten. 82% der Gründer stimmen der Aussage zu, daß das Funktionieren der Wirtschaft „gute Gewinne" für die Unternehmer erfordert, bei den abhängig Beschäftigten (in Oberbayern) sind es 66%, so daß also auf dieser Dimension tatsächlich Unterschiede in der erwarteten Richtung bestehen. Hinsichtlich der Einschätzung allerdings, ob und inwieweit die wirtschaftlichen Gewinne gerecht verteilt sind, erweisen sich die Gründer sogar als skeptischer als die abhängig Beschäftigten: Nur 30% der Gründer sehen eine im großen und ganzen gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Gewinne, gegenüber 55% bei den abhängig Beschäftigten. Die überraschend kritische Haltung der Gründer zur Gewinnverteilung rührt möglicherweise daher, daß ein Teil von ihnen mit dem Schritt in die berufliche Selbständigkeit das Anliegen verfolgt, die eigene Position in der Gewinnverteilung zu verbessern. Bei den beiden Aussagen zu den staatlichen Sozialleistungen erhalten wir ebenfalls überraschende Ergebnisse. Während 51 % der abhängig Beschäftigten die Meinung vertreten, daß die Leistungen der sozialen Sicherung dazu führen, daß „die Leute nicht mehr arbeiten wollen", sind es bei den Gründern nur 44%. Wenngleich sich dieser Unterschied im Bereich von Zufallsschwankungen bewegt, erscheint er insofern bemerkenswert, als man in der Grundtendenz wohl ein genau gegenteiliges Ergebnis erwartet hätte. Auf der Skala zur Reduktion versus Beibehaltung der staatlichen Sozialleistungen sind die Gründer im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten stärker polarisiert. 19% der Gründer sprechen sich für eine Einschränkung der Sozialleistungen aus, 20% vertreten eine Mittelposition und 61% plädieren für eine Beibehaltung. Die Verteilung bei den abhängig Beschäftigten ist 9%, 36% und 55%. Mithin
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IV. Das Sozialprofil von Unternehmensgründern
sind einerseits prozentual mehr Gründer gegen eine Reduktion und andererseits aber auch mehr für eine Beibehaltung des Sozialleistungsniveaus. Daß man den Gründern insgesamt kaum ausgeprägte „unternehmerische Attitüden" zuschreiben kann, zeigt sich schließlich auch bei dem Statement zur Interessendurchsetzung. 57% der Gründer gegenüber 49% bei den Arbeitnehmern beziehen die Position, daß „ i n unserer Gesellschaft jeder für sich schauen muß, daß er auf einen grünen Zweig kommt". Dieser geringe Unterschied spricht sicher nicht für die Sichtweise, daß die Gründer im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten eine besondere Bindung an individualistische Strategien der Interessenwahrnehmung haben. Fassen wir die wichtigsten Ergebnisse zum Sozialprofil von Unternehmensgründern auf der Basis der Münchner Studie an dieser Stelle nochmals zusammen: Frauen, nicht aber Ausländer sind unterrepräsentiert; im Vergleich zur erwerbstätigen Bevölkerung sind die Gründer jünger und häufiger ledig; bei der Konfessionszugehörigkeit fällt der hohe Anteil ohne religiöse Bindung auf; die Gründer plazieren sich im sozialen Schichtgefiige höher als die erwerbstätige Bevölkerung; ihre Väter haben eine vergleichsweise hohe Schulbildung und sind bzw. waren überdurchschnittlich oft beruflich selbständig; auch die Gründer selbst haben eine weit überdurchschnittliche schulische und berufliche Bildung; Betriebsgründungen aus der Arbeitslosigkeit spielen nur eine untergeordnete Rolle; zuvor bereits Selbständige und Angestellte sind die bevorzugten Rekrutierungsfelder von Unternehmensgründern; soweit sie vor ihrer Betriebseröffnung erwerbstätig waren, hatten die Gründer ein relativ hohes Einkommen und überdurchschnittlich oft Vorgesetztenpositionen inne; die Mehrheit kann an einschlägige Branchen- und Berufserfahrung anknüpfen; eine bevorzugte Verankerung der beruflichen Biographien in kleinbetrieblichen Kontexten läßt sich nicht feststellen; und auf ausgewählten Einstellungsdimensionen heben sich die Gründer von den abhängig Beschäftigten nicht konsistent in Richtung „unternehmerischer Einstellungen" ab. Dieses Gesamtbild entspricht zwar überwiegend dem, was auch in anderen Studien berichtet wird, dennoch war hier ein gezielter Vergleich mit der erwerbstätigen Bevölkerung, den abhängig Beschäftigten und dem Bestand der Selbständigen möglich, wie er in früheren Studien (wenn überhaupt) nur stellenweise erfolgte.
V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen Das zentrale Erklärungsproblem der empirischen Analysen dieser Arbeit ist „der Erfolg " neugegründeter Betriebe, was ein nicht hinreichend eindeutiges und deshalb klärungsbedürftiges Explanandum ist. Der Erfolg von Betrieben läßt sich bekanntlich über zahlreiche Kennziffern erfassen, so daß im Zuge einer empirischen Erhebung komplexitätsreduzierende Entscheidungen notwendig sind. Um den „Gang dieser Entscheidungen" in der Münchner Studie und speziell für die vorliegende Arbeit zu verdeutlichen, soll im folgenden zunächst kurz das Problem der Erfolgsmessung allgemein und der Umgang mit diesem Problem in der einschlägigen empirischen Forschung diskutiert werden. Anschließend werden die deskriptiven Ergebnisse zu den in der Münchner Studie erhobenen Erfolgsmaßen vorgestellt. Zum Schluß werden noch die korrelativen Zusammenhänge der verschiedenen Erfolgskennziffern betrachtet.
1. Indikatoren und Meßziffern betrieblichen Erfolgs Jede Einschätzung des Erfolgs einer betrieblichen Neugründung erfordert im ersten Schritt die Benennung konkreter Meßziffern, über deren Ausprägungen der Erfolg im Sinne eines Mehr oder Weniger festgestellt werden kann. Für die Entscheidung, welche Erfolgsindikatoren in einer empirischen Studie zweckmäßigerweise herangezogen werden sollten, kann man auf eine umfangreiche betriebswirtschaftliche Literatur zurückgreifen, in der die Vor- und Nachteile verschiedener Kennziffern betrieblichen Erfolgs und betrieblichen Wachstums erörtert werden (Überblicke geben Albach et al. 1985: 123 ff.; Meyer 1994). Grundlegend im Kontext von Untersuchungen neugegründeter Betriebe erscheint zunächst das Bestandsproblem , d.h. die Frage, ob eine Neugründung über eine gewisse Zeitspanne hinweg (z.B. die ersten zwei, drei, vier oder fünf Jahre) überleben kann oder nicht. Bestand bzw. Überleben läßt sich als „Minimalkriterium" betrieblichen Erfolgs ansehen. Wenngleich „NichtÜberleben" nicht ohne weiteres mit Mißerfolg gleichgesetzt werden kann (Beispiel:
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V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
ein Betrieb wird nach zwei Jahren mit Gewinn verkauft) und „Überleben" nicht per se mit Erfolg (Beispiel: ein Betrieb übersteht zwar die ersten fünf Jahre, die Schulden des Gründers zeigen jedoch eine Tendenz nach oben), dürfte in der Regel eine hohe Koinzidenz bestehen (dazu z.B. Cochran 1981). Ein Betrieb, der sehr gut „läuft", wird wohl nur relativ selten verkauft oder aus privaten Gründen eingestellt. Und ebensowenig wird ein Betrieb, der schon fünf Jahre Verluste schreibt, nur in Ausnahmefällen lange weiterbestehen. Mithin kann die Auflösung eines Betriebes als „final manifestation of unsuccessful organizational Performance" (Carroll 1987: 44) eingestuft werden. Neben dem Bestandskriterium kann auf eine ganze Reihe „harter" ökonomischer Indikatoren zurückgegriffen werden, die die Entwicklung eines neugegründeten Betriebes zu charakterisieren vermögen. Wenngleich die Zahl der Kennziffern, die im einzelnen vorgeschlagen werden, sehr groß ist, haben sich doch in der empirischen Forschung zwei Maße als Schlüsselgrößen herauskristallisiert: (1) die Entwicklung der Zahl der Beschäftigten und (2) die Umsatzentwicklung (dazu z.B. Klandt 1984: 97 ff.; Hunsdiek und May-Strobl 1986: 24 ff.; Picot et al. 1989: 73 ff.). Die Veränderung der Zahl der Beschäftigten sagt zwar an sich nichts über die betriebswirtschaftliche Seite eines Unternehmens, trotzdem signalisiert eine Aufstockung des Personals sicherlich indirekt und speziell bei kleinbetrieblichen Neugründungen einen gewissen Erfolg. Ein neugegründeter Betrieb wird seine Beschäftigtenzahl nur dann erhöhen, wenn sich die Auftragslage positiv entwickelt und damit der Einstieg in den Markt gelingt. Aus der Perspektive des Arbeitsmarktes, wo Kleinbetriebe vielfach als „Hoffnungsträger der Beschäftigungspolitik" (Cramer 1987) gelten, wird man ein Mehr an Beschäftigung ohne Einschränkungen als Erfolg einstufen. Auch beim Umsatz läßt sich argumentieren, daß er nur ein Näherungsmaß für betrieblichen Erfolg ist. Allerdings bauen die meisten differenzierteren Kennziffern, die die Betriebswirte verwenden, auf der Höhe des Umsatzes auf. Im Rahmen einer Korrelationsanalyse zahlreicher betrieblicher Wachstumsindikatoren auf der Basis einer empirischen Studie gelangen Albach et al. (1985: 123 ff.) zu dem Ergebnis, daß die Entwicklung des Umsatzes und der Beschäftigtenzahl relativ deutlich mit anderen, komplizierteren Wachstumskennziffern zusammenhängen. Berücksichtigt man die Schwierigkeiten, in einer Befragung genauere betriebswirtschaftliche Kennziffern (Cash-Flow, Umsatzrendite, Break-Even-Distanz usw.) zu erheben, spricht dieses Ergebnis für die Beibehaltung der beiden Schlüsselgrößen der Beschäftigten- und Umsatzentwicklung (vgl. jedoch Storey et al. 1987).
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen
93
Ein weiteres Maß, das auf den ersten Blick wichtig erscheint, nämlich der Gewinn und dessen Veränderung, hat im Rahmen von Untersuchungen neugegründeter Kleinbetriebe einen gravierenden Nachteil: In Abhängigkeit von der Rechtsform sind die Modalitäten der Gewinnberechnung unterschiedlich (Gewinn als Einnahmeüberschuß, Gewinn gemäß Jahresbilanz durch Betriebsvermögensvergleich), so daß Analysen über verschiedene Rechtsformen hinweg (vor allem bei der Gegenüberstellung von Kleingewerbebetrieben und Handelsregisterfirmen) nicht statthaft sind. Zusätzlich zu den Größen „Bestand", „Beschäftigtenentwicklung" und „Umsatzentwicklung", die die Erfolgsmessung auf der Ebene des Betriebes ansetzen, begegnet man in empirischen Untersuchungen noch zahlreichen anderen Erfolgsmaßen, die zum Teil auch auf die Ebene der Gründungsperson gehen. Das Spektrum der Größen reicht dabei von der Dauer der Überwindung der vielzitierten „Durststrecke", über subjektive Einschätzungen der bisherigen oder erwarteten betrieblichen Entwicklung, bis hin zu mehrdimensionalen Zielerreichungsmatrizen. Die konkrete Auswahl der Maße richtet sich dabei zumeist nach der Datenverfügbarkeit. Obwohl gegenüber einigen dieser Maße Skepsis angebracht ist, können sie doch möglicherweise dazu beitragen, ein auf „harten" Indikatoren basierendes Gesamtbild zu ergänzen und zu vervollständigen.
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen Ausgehend von diesem Stand der Diskussion wurden in der Münchner Gründerstudie eine ganze Reihe von Informationen erhoben, die sich im Sinne eines betrieblichen Erfolgsindikators deuten lassen. In der vorliegenden Arbeit werden die Überlebenswahrscheinlichkeit , die Veränderung der Zahl der Beschäftigten und die Umsatzentwicklung als die drei zentralen Erfolgsmaße gewählt. Wie die in der Münchner Studie erfaßten Betriebe im Lichte dieser drei Maße insgesamt abschneiden, wird zuerst dargestellt. Anschließend werden einige Befunde zu fünf weiteren Erfolgskennziffern präsentiert, die in der Studie ergänzend erprobt wurden. 1
1 Nochmals sei an dieser Stelle darauf verwiesen, daß für diese deskriptiven Analysen die gewichteten Befragungsdaten verwendet werden. Durch die Gewichtung der Daten verändert sich die Fallzahl geringfügig von 1.710 auf 1.698, weil die Gewichte auf der Basis der 1.849 durchgeführten Interviews normiert wurden.
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V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
Folgt man den Angaben der Befragten, waren von den in unsere Analyse einbezogenen Betriebsgründungen der Jahre 1985 und 1986 32% bis Anfang 1990 wieder aufgelöst. Da wir für alle Betriebe den genauen Zeitpunkt der Gründung und gegebenenfalls den Zeitpunkt der Auflösung kennen, läßt sich der „betriebliche Absterbeprozeß" noch etwas genauer charakterisieren. 2 Hierzu kann auf Methoden der Sterbetafelanalyse (dazu z.B. Diekmann und Mitter 1984) zurückgegriffen werden. Diese Methoden stellen zum einen die unterschiedliche „Risikozeit" für die Gründungen der Jahre 1985 und 1986 in Rechnung und zum anderen berücksichtigen sie, daß man für die zum Zeitpunkt der Befragung noch bestehenden Betriebe lediglich weiß, daß sie bis dahin noch nicht eingestellt wurden (man spricht hier von sogenannten „zensierten" Fällen). Die zwei wichtigsten Funktionen, die sich mit Methoden der Sterbetafelschätzung ermitteln lassen, sind die Überlebensfunktion und die Risikofunktion. Beginnend vom Zeitpunkt der Gründung gibt die Überlebens funktion den Anteil der jeweils noch bestehenden Betriebe an. Die Risikofunktion informiert (grob gesprochen) über die Wahrscheinlichkeit, daß ein Betrieb im nächsten Zeitintervall aufgelöst wird, unter der Voraussetzung, daß er bis zum Beginn des Zeitintervalls überlebt hat. Für die Gesamtgruppe der Befragten ist in Abbildung 5.1 die Überlebensfunktion und in Abbildung 5.2 die Risikofunktion aufgezeichnet. Aus der Überlebensfunktion läßt sich z.B. ablesen, daß nach zwei Jahren noch 80%,
2 Als Gründungszeitpunkt wird in allen Analysen das von der befragten Person genannte Datum der Gewerbeanmeldung verwendet. 89% der Befragten gaben die Einschätzung, daß der Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung weitgehend mit dem „tatsächlichen Betriebsbeginn" übereinstimmte; 6% terminierten den tatsächlichen Betriebsbeginn früher und 5% später als die offizielle Gewerbeanmeldung. Diese Prozentwerte lassen eine Fixierung des Gründungszeitpunkts am juristischen Kriterium des Meldedatums als angebracht erscheinen (vgl. zu den Auswirkungen verschiedener Definitionen des Gründungszeitpunktes Reynolds und Miller 1992). Zur Terminierung des Auflösungszeitpunktes wird ebenfalls auf das Meldegeschehen rekurriert, d.h. das von der befragten Person genannte Datum der Gewerbeabmeldung wird als Betriebsendedatum gesehen. 79% der Befragten, die ihren Betrieb als aufgelöst deklarierten, gaben die Einschätzung, daß der Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung weitgehend mit dem „tatsächlichen Betriebsende44 übereinstimmte; 17% terminierten das tatsächliche Betriebsende früher und 4% später als die offizielle Gewerbeabmeldung. Mithin ist die Verwendung des Abmeldezeitpunkts (als Betriebsendedatum) etwas problematischer als die Verwendung des Anmeldezeitpunkts (als Betriebsbeginndatum). Mangels besserer Alternativen (es besteht kein Konsens darüber, über welche konkreten Aktivitäten oder Ereignisse man den tatsächlichen Beginn bzw. das tatsächliche Ende eines Betriebes definiert) erscheint ein Rückgriff auf die juristisch bedeutsamen Meldezeitpunkte noch immer die klarste Lösung. Auf die Gründe für die Gewerbeabmeldungen werden wir im späteren Abschnitt X.3 noch etwas genauer eingehen. An dieser Stelle muß dazu lediglich vorweggeschickt werden, daß im Fall einer vom Gründer deklarierten Gewerbeabmeldung in mindestens zwei Dritteln der Fälle tatsächlich von einem wirtschaftlichen Scheitern des Betriebes ausgegangen werden kann.
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen
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Monate seit Gründung Abbildung 5.1: Überlebensfunktion, der Anteil noch bestehender Betriebe nach drei Jahren noch 74%, nach vier Jahren noch 68% und nach fünf Jahren noch 66% der Betriebe aktiv sind. Umgekehrt formuliert bedeutet dies: Nach zwei Jahren sind 20%, nach drei Jahren 26%, nach vier Jahren 32% und nach fünf Jahren 34% der Firmengründungen aufgelöst. Die Risikofunktion in
Monate seit Gründung Abbildung 5.2: Risikofunktion, das monatliche Risiko einer Betriebsauflösung
96
V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
Abbildung 5.2 zeigt ein umgekehrt U-förmiges Verlaufsmuster. Das Risiko der Betriebsauflösung steigt zunächst an, erreicht zwischen dem neunten und zwölften Monat ein Maximum und sinkt dann relativ kontinuierlich ab. Dies ist ein erster Hinweis auf die Gültigkeit der in der Organisationsökologie formulierten These der „liability of adolescence" (mehr dazu in Abschnitt X. 1). Die Werte der Risikofunktion sind zu interpretieren als Wahrscheinlichkeit einer Betriebsauflösung im nächsten Monat, falls der Betrieb bis zum jeweiligen Zeitpunkt überlebt hat. Diese sogenannte „betriebliche Sterberate" beträgt, wie man anhand von Abbildung 5.2 sieht, maximal 1,4% nach 9-12 Monaten. Vergleichen wir die Ergebnisse zum Absterbeprozeß, die auf der Befragung beruhen, mit den Ergebnissen, die wir erhalten, wenn wir die Analyse auf die prozeßproduzierten Gewerbemeldedaten der IHK stützen (d.h. auf die Grundgesamtheit aller 28.646 Gewerbemeldungen der beiden Jahre 1985 und 1986 in München und Oberbayern). Es ergibt sich folgendes: Auch auf der Ebene des offiziellen An- und Abmeldegeschehens zeigt die Risikofunktion einen umgekehrt U-förmigen Verlauf. Die Abmeldequoten nach zwei, drei und vier Jahren liegen mit 30%, 38% und 43% allerdings um rund 10% höher als in der Befragung. Da die Befragungsdaten nach den Grundgesamtheitsinformationen gewichtet wurden, läßt sich diese Abweichung nicht auf Spezifika unserer befragten Stichprobe zurückführen. Vielmehr haben wir hier ein erstes, wichtiges Ergebnis unserer Studie: Offensichtlich verhält es sich so, daß viele Betriebe, die in der Gewerbemeldedatei als abgemeldet registriert sind, in der subjektiven Definition der Gründer faktisch noch bestehen. Oft z.B. werden Betriebe wegen eines Rechtsformwechsels oder wegen einer mehr oder weniger bedeutsamen Änderung des Geschäftsgegenstandes umgemeldet, und diese Ummeldungen werden im Melderegister als Abmeldungen verzeichnet, obwohl sie tatsächlich weitgehend unverändert weiterbestehen (vgl. dazu auch Kiefl 1992, 1993). Für viele vorliegende Studien, die den Absterbeprozeß von Betriebsgründungen allein auf der Basis des Meldegeschehens untersuchen, ergibt sich damit das Problem, daß sie zu einer Überschätzung der Bestandsgefährdung von Betrieben tendieren (ähnlich argumentiert Kirchhoff 1994: Kap. 8). Ob man die genannte Quote von rund einem Drittel von im Zeitraum von fünf Jahren aufgelösten Betrieben als hoch oder niedrig einstuft, bleibt (zumal ja auch der regionale Charakter unserer Studie berücksichtigt werden muß) letztlich Ansichtssache. Für einen prospektiven Unternehmensgründer dürfte und sollte jedoch diese Quote zumindest ein „Warnsignal" sein, das auf die
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen
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Gefahr einer Überschätzung der Möglichkeiten und Perspektiven des eigenen Vorhabens verweist. 3 Die gesamtwirtschaftliche Einschätzung des Sterbeprozesses kann aber durchaus von der Einschätzung auf der Ebene der individuellen Gründer abweichen. Eine hohe betriebliche Sterbequote, gepaart mit einer hohen Gründungsquote, ergibt eine hohe betriebliche Fluktuationsrate, was ein Indiz für raschen wirtschaftsstrukturellen Wandel ist und auf einen hohen Beitrag hindeutet, den der kleinbetriebliche Sektor dazu leistet. Betrachten wir speziell die Situation in Oberbayern im Verlauf der 80er Jahre, stehen den berichteten Sterbequoten jährliche Anmeldezahlen (im IHK-Bereich) zur Seite, die sich von Anfang bis Ende der 80er Jahre von rund 15.000 auf über 30.000 verdoppelt haben. Nach den Ergebnissen von Abschnitt III.4 hat dies die Dynamik der oberbayerischen Wirtschaftsregion offenbar eher gefördert. Die Beschäftigtenzahl der Betriebe wurde für das Jahr der Gründung und für alle Folgejahre bis 1990 bzw. bis zur Betriebsschließung erhoben. 4 Erwartungsgemäß zeigt sich, daß die Betriebe zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung (also im ersten Betriebsjahr 1985 oder 1986) im Durchschnitt recht klein sind. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitskräfte bzw. Beschäftigten beläuft sich auf nicht mehr als 2,2. In 20% der Gründungen arbeitet nur eine Person mit einem Arbeitszeitvolumen unterhalb einer Vollzeitarbeitskraft (weniger als 40 Stunden pro Woche), und in 36% der Gründungen nur eine Person als Vollzeitarbeitskraft (40 Stunden und mehr), so daß also 56% der Betriebe als reine Ein-Personen-Firma starten. 5 93% der Betriebe haben maximal 4 und 96% haben maximal 10 Arbeitskräfte. Spitzenreiter war eine Gründung (in Form einer Firmenübernahme) mit 205 Arbeitskräften. Um die zeitliche Entwicklung
3
Aus anderen empirischen Studien ergeben sich meist höhere Abmeldequoten (für einen Überblick z.B. Carroll 1987: 28 ff.). Dies deutet daraufhin, daß die vergleichsweise günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Oberbayern Ende der 80er Jahre die Überlebenschancen von Neugründungen eher verbessert haben (vgl. die Diskussion in Abschnitt III.4). 4
Gefragt wurde nach der mittleren Beschäftigtenzahl jeden Jahres, wobei die Gründer, sofern sie in dem Betrieb gearbeitet haben, miteingerechnet werden sollten. Arbeitskräfte werden dabei in Form von Vollzeitarbeitskräften ausgedrückt, d.h. Teilzeitkräfte gehen mit 0,5 bzw. entsprechend ihrer wöchentlichen Stundenzahl in die Rechnung ein. Dies bedeutet, daß nicht eine auf die Personenzahl bezogene Betrachtung, sondern eine auf das Arbeitskräftevolumen bezogene Betrachtung gewählt wurde. 15 Befragte gaben nur unvollständige Zeitreihen an, die von uns fortgeschrieben bzw. interpoliert wurden. 5 Eine Ein-Personen-Firma ist demnach eine Firma, in der - in diesem Fall in der personenbezogenen Betrachtung - nur eine Person arbeitet. Im Normalfall handelt es sich bei dieser Person um den alleinigen Gründer der Firma (Gründung ohne Geschäftspartner). Aber auch die Konstellationen einer Gründung mit Geschäftspartner(n), wo trotzdem nur eine Person in der Firma arbeitet, oder einer Gründung ohne Geschäftspartner, wo eine andere Person als der Gründer in dem Betrieb arbeitet, treten auf.
7 Brüderl u. a.
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V. Probleme der Efolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
Jahre seit Gründung Abbildung 5.3: Entwicklung der durchschnittlichen Beschäftigtenzahl
der Beschäftigten zu charakterisieren, sollen zwei Sichtweisen zum Zuge kommen: Zum einen wird die durchschnittliche Beschäftigtenzahl für die in jedem Jahr noch bestehenden Betriebe betrachtet und zum anderen nur für die Betriebe, die mehr als drei Jahre bestanden und somit in der Befragung mindestens für vier Kalenderjahre Beschäftigtenangaben lieferten. Die Durchschnittswerte der Beschäftigung bei Anwendung dieser beiden Sichtweisen sind in Abbildung 5.3 festgehalten. Berücksichtigt man alle Betriebe, die im jeweiligen Jahr noch bestanden, erhöht sich die durchschnittliche Beschäftigtenzahl von 2,2 im ersten auf 3,3 im vierten Jahr. Durch Betriebsaufgaben vermindert sich gleichzeitig die Zahl der Betriebe von ursprünglich 1.698 auf 1.298, also um genau 400 Betriebe. Für die Survivor-Betriebe, die mehr als drei Jahre bestanden, beobachten wir eine Erhöhung der durchschnittlichen Beschäftigtenzahl von 2,5 auf 3,4. Die Beschäftigungsdynamik ist insgesamt also eher als schwach zu bezeichnen. Dies verdeutlicht auch folgende Aufschlüsselung für die Survivors: 9% der Betriebe verringerten ihre Beschäftigtenzahl, 63% blieben konstant und nur 28% stockten ihr Personal in den ersten vier Betriebsjahren auf. Definieren wir als „expansive Senkrechtstarter " Betriebe mit einer durchschnittlichen Beschäftigtenzunahme von mindestens 2 Arbeitskräften pro Jahr, können nur 3% aller Gründungen und 4% der Survivors als solche eingestuft werden. Die Erhöhung der durchschnittlichen Beschäftigtenzahl kommt somit hauptsächlich
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen
99
1000
200
-
Jeweils noch bestehende Betriebe -•-Nur Survivor-Betriebe
0 -I— 1. Jahr
2. Jahr
3. Jahr
4. Jahr
Jahre seit Gründung
Abbildung 5.4: Entwicklung des durchschnittlichen Jahresumsatzes
durch eine relativ kleine Gruppe von besonders expansiven Betrieben zustande. Diese Senkrechtstarter schaffen jedoch eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze (vgl. Abschnitt X. 1) und haben damit langfristig einen erheblichen Einfluß auf die Struktur von Märkten (vgl. auch Kirchhoff 1994; Storey 1994; gegenteiliger Ansicht ist allerdings Geroski 1991). 6 Ebenso wie die Beschäftigung wurde auch der Umsatz der Betriebe auf Jahresbasis erfaßt, wobei wir für Jahre, in denen ein Betrieb weniger als zwölf Monate bestand (was im Gründungsjahr oder im Jahr der Betriebsaufgabe der Fall sein kann), die Umsatzangaben auf das volle Jahr hochgerechnet haben.
6 Auch andere empirische Studien finden nur wenige Senkrechtstarter. Weitzel (1986: 122) z.B. gelangt im Rahmen seiner Untersuchung derBeschäftigungswirkungen von Existenzgründungen zu der Schlußfolgerung: „Als wichtiges Ergebnis bleibt festzuhalten, daß - ohne Berücksichtigung des Arbeitsplatzes des Gründers - wesentliche Beschäftigungswirkungen nur von einem kleinen Teil der Neugründungen ausgehen". Für Betriebsgründungen im verarbeitenden Gewerbe in England beziffert Storey (1982: 22 f.) die Wahrscheinlichkeit, daß ein Betrieb nach 10 Jahren mehr als 100 Arbeitskräfte beschäftigt, auf ganze 0,50-0,75%. Anzumerken aber ist, daß die Quote der Senkrechtstarter wohl entscheidend auch von den jeweiligen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen dürfte. Eine interessante Hypothese mit Blick auf die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe in Osteuropa etwa wäre, daß - nach Öffnung der Märkte - auf der einen Seite die Quote der Senkrechtstarter höher liegt (aufgrund bislang nicht abgedeckter Marktbereiche), auf der anderen Seite aber auch gleichzeitig die Quote der fehlgeschlagenen Gründungen (aufgrund ungünstiger infrastruktureller Voraussetzungen).
7*
100
V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
Ein zusätzliches Problem ergibt sich an dieser Stelle noch dadurch, daß 23% der Befragten die Angabe der Jahresumsätze für ihren Betrieb im Interview verweigerten. Tendenziell sind es eher die Klein- und Kleinstgründungen, deren Gründer die Umsatzangaben zurückhielten. 7 Analog zum Vorgehen bei der Beschäftigung finden sich in Abbildung 5.4 die durchschnittlichen Umsatzwerte der ersten vier Betriebsjahre zum einen für die jeweils noch bestehenden Firmen und zum anderen für die Survivors. Für die jeweils noch bestehenden Betriebe erhöht sich das durchschnittliche jährliche Umsatzvolumen von 410 Tsd. D M im ersten auf 903 Tsd. D M im vierten Jahr. Der Medianwert, der wegen der Rechtsschiefe der Umsatzverteilung vielleicht eine bessere Maßzahl ist, steigt von 50 Tsd. auf 130 Tsd. D M . Die Survivor-Betriebe beginnen mit einem Jahresumsatz von 499 Tsd. D M (Median: 67 Tsd.) und steigern sich auf 930 Tsd. (Median: 130 Tsd.). In der Gruppe der Survivors hat sich der Umsatz vom ersten bis zum vierten Jahr bei 23% verringert; bei 14% ist er konstant geblieben; 16% konnten ihren Umsatz pro Jahr um weniger als 10% steigern; 13% um 10-19%; 18% um 20-49%; 9% um 50-99%; und 7% um 100% und mehr. Insgesamt ist damit bei der Umsatzentwicklung deutlich mehr Bewegung zu verzeichnen als bei der Beschäftigung. 8 Wie schon einleitend erwähnt, enthielt die Münchner Studie noch weitere Informationen, auf die man sich im Sinne von ergänzenden betrieblichen Erfolgsmaßen stützen kann. Da wir (mit Ausnahme von Abschnitt X.4) auf diese Informationen im weiteren Verlauf der Arbeit nicht zurückgreifen werden und ihr Hauptzweck eine Validierung bzw. Absicherung unserer drei Erfolgsmaße „Überleben", „Beschäftigtenentwicklung" und „Umsatzentwicklung" ist, sollen die deskriptiven Ergebnisse dazu im folgenden nur kurz berichtet werden. (1) Geschäftsraumerweiterung: Die Gründer wurden in den Interviews gefragt, ob sie im Verlauf des (bisherigen) Bestehens ihrer Firma ihre Geschäftsräume erweitert haben. 17% geben eine ein- oder mehrmalige Geschäftsraum-
7 Zusätzlich zu den Verweigerern haben 127 Gründer nur unvollständige Umsatzzeitreihen angegeben. Diese Zeitreihen wurden von uns fortgeschrieben bzw. interpoliert. 8 Da viele Befragte ihren Jahresumsatz nicht exakt nannten, sondern mehr oder weniger genaue Schätzungen lieferten, und da die Inflationsraten in unserem Beobachtungszeitraum 1985-90 sehr niedrig lagen, haben wir bewußt darauf verzichtet, (in Vorspiegelung von Genauigkeit) die Inflationsraten aus den Umsatzangaben herauszurechnen. Analysen der Umsatzdynamik, die auch eine Deflationierung der Umsatzangaben der Betriebe in der Münchner Studie erproben, finden sich in Jungbauer-Gans (1993).
2. Deskriptive Ergebnisse zu den Erfolgsmaßen
101
erweiterung an, was als Indiz für betrieblichen Erfolg gesehen werden kann. Zwar kann eine Firma auch florieren, ohne daß die Geschäftsräume erweitert werden (insbesondere dann, wenn bereits die Anfangsausstattung günstig war), aber eine räumliche Ausdehnung spricht insgesamt sicher recht eindeutig für betrieblichen Erfolg. Die Schwäche dieses Indikators ist, daß auch Betriebe, für die sich die Notwendigkeit einer Geschäftsraumerweiterung aus einer ganzen Reihe von möglichen Gründen nicht stellt, als nicht erfolgreich eingestuft werden. Mithin handelt es sich um ein Erfolgsmaß, das die Quote der „Erfolgreichen" tendenziell unterschätzt. (2) Kapitalaufstockung: 14% der Gründer haben im Verlauf des (bisherigen) Bestehens ihrer Firma ein- oder mehrmals „wesentliche Aufstockungen des Anlagen- oder Betriebskapitals" vorgenommen, was sich erneut als Hinweis auf betrieblichen Erfolg interpretieren läßt. Hinsichtlich der Validität dieses Erfolgsindikators dürften ähnliche Einschränkungen wie bei der Geschäftsraumerweiterung gelten. Der Anteil der erfolgreichen Betriebe wird im Lichte dieses Indikators mit Sicherheit zu niedrig angesetzt. (3) Gewinnerzielung: In Kapitel V . l wurde erläutert, daß der offiziell ausgewiesene Jahresgewinn einer Firma aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmodi ein vermutlich unbrauchbarer Erfolgsindikator ist. Dennoch wurde in der Münchner Studie nicht ganz auf die Gewinngröße verzichtet. Den Gründern wurde die bewußt nicht ganz eindeutig formulierte Frage vorgelegt: „Wie lange hat es vom Zeitpunkt der Gewerbemeldung an gedauert, bis sich der neugegründete Betrieb rentiert hat und Gewinne erzielt wurden?". 32% der Befragten antworteten, daß sich der Betrieb „von Anfang an" rentiert hat bzw. Gewinne brachte. Für 33% hat er sich „zu keinem Zeitpunkt" rentiert. Die verbleibenden 35% geben im Durchschnitt eine Zeitspanne von 19 Monaten bis zum Übergang in die „Gewinnzone" an, was sich als Auftreten einer anfänglichen „Durststrecke", wie sie für neugegründete Betriebe häufig behauptet wird (z.B. Mayer und Goldstein 1961; Szyperski und Nathusius 1977; Klandt 1984), deuten läßt. Die 33% der Gründungen, die sich nie rentiert haben bzw. Gewinne brachten, können relativ problemlos als die weniger erfolgreichen Betriebe gesehen werden. Allerdings ist die Einstufung der 67% ohne bzw. mit im Beobachtungszeitraum überstandener Durststrecke als „erfolgreich" gewiß zu optimistisch. (4) Einkommensverbesserung: Bei diesem Erfolgsmaß beschränken wir uns auf diejenigen, die ihren Betrieb zu Vollerwerbszwecken gegründet haben (65%) und die vor ihrer Betriebsgründung hauptberuflich erwerbstätig waren (75%), wodurch fast 50% aller Gründungen aus der Analyse ausgeklammert
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V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
bleiben. An diese Teilgruppe wurde (ähnlich wie bei der Gewinnerzielung) die Frage gerichtet: „Wie lange hat es gedauert, bis Ihr persönliches Einkommen aus dem Betrieb Ihrem früheren Einkommen entsprach oder das frühere Einkommen übertroffen hat?". 38% haben mit dem Betrieb „von Anfang an" ihr früheres Einkommen erreicht bzw. übertroffen. 30% sind „zu keinem Zeitpunkt" an ihr früheres Einkommen herangekommen. Bei den restlichen 32% beläuft sich die durchschnittliche Zeitspanne bis zur Erreichung des früheren Einkommens auf 20 Monate. Mit dem inzwischen geläufigen Unschärfevorbehalt stufen wir die 30%, die ihr früheres Einkommen nie erreicht haben, als die „Erfolgslosen", und die 70%, die ihr Einkommen von Anfang an oder später erreicht haben, als die „Erfolgreichen" ein. Am Ende des Interviews wurde schließlich von (5) Wiederholungabsicht: den Gründern die Information erhoben, ob sie - im Fall einer hypothetischen Zurücksetzung der Uhr - heute nochmals „denselben Betrieb" gründen würden. Für die 57%, die dies bejahten, soll hier eine Tendenz in Richtung Erfolg angenommen werden. Dies ist ein Indikator, auf den (oft in Ermangelung von „hard facts") bereits in mehreren empirischen Studien der Gründungsforschung rekurriert wurde und der summarisch für die subjektive Sicht der involvierten Akteure stehen kann.
3. Korrelationen der Erfolgskennziffern Für die fünf ergänzenden Erfolgsmaße „Geschäftsraumerweiterung", „Kapitalaufstockung", „Gewinnerzielung", „EinkommensVerbesserung" und „Wiederholungsabsicht" gilt ebenso wie für die drei Kriterien „Überleben", „Beschäftigtenentwicklung" und „Umsatzentwicklung", daß es sich um „fehlerbehaftete Näherungsmaße" für betrieblichen Erfolg handelt. Eine Betrachtung der Korrelationen der acht Erfolgsmaße kann uns allerdings dabei helfen, unabhängig von bzw. zusätzlich zu inhaltlichen Gesichtspunkten zu überprüfen, ob und inwieweit unsere Auswahl der drei Maße des Überlebens, der Beschäftigtenentwicklung und der Umsatzentwicklung gerechtfertigt erscheint. Die Korrelationsanalyse wollen wir dadurch vereinfachen, daß wir zunächst einmal alle Erfolgsmaße auf einfache 0/1-Dichotomien reduzieren, wobei die Ausprägung 1 jeweils für betrieblichen Erfolg steht. Dieser Reduktionsschritt führt, wobei Befunde von oben zum Teil wiederholt werden, auf das Ergebnis: 14% der Betriebe haben ihr Kapital aufgestockt; 17% ihre Geschäftsräume erweitert; 22% in den ersten vier Jahren bzw. in der Zeit ihres Bestehens ihre
3. Korrelationen der Erfolgskennziffern
103
Beschäftigtenzahl erhöht; 41 % konnten in den ersten vier Jahren bzw. in der Zeit ihres Bestehens ihren Umsatz jedes Jahr um durchschnittlich 10% oder mehr erhöhen; 9 57% der Gründer würden nochmals denselben Betrieb eröffnen; 67% der Betriebe haben sich entweder von Anfang an oder nach einer gewissen Durststrecke rentiert bzw. Gewinne gebracht; 70% der Vollerwerbsgriinder, die zuvor hauptberuflich erwerbstätig waren, konnten mit dem Betrieb entweder von Anfang an oder nach einer gewissen Zeitspanne ihr früheres Einkommen erreichen oder übertreffen; und 74% der Betriebe haben mehr als drei Jahre überlebt. Diese Auflistung mit „aufsteigender Erfolgsquote" vermittelt einen recht guten Einblick in den Grad der Restriktivität der verschiedenen Erfolgsmaße, wobei auch die Rolle des Überlebenskriteriums als „Minimalkriterium" betrieblichen Erfolgs deutlich sichtbar wird. Gleichzeitig unterstreicht sie, wie schwierig und problematisch einfache (und in der praktischen Diskussion oft erwünschte) Prozentangaben über die „Quote erfolgreicher Unternehmensgründungen" sind. Je nach Meßziffer fallen solche Quoten sehr unterschiedlich aus. Die korrelativen Beziehungen zwischen den acht Erfolgsmaßen werden in der nachstehenden Tabelle 5.1 auf der Grundlage des Pearsonschen Korrelationskoeffizienten (r) betrachtet (da alle Maße dichotom sind, ist r identisch mit dem Kontingenzkoeffizienten ). Alle Korrelationskoeffizienten sind erwartungsgemäß positiv, und die Spannbreite liegt zwischen 0,06 und 0,62. Diese doch beträchtliche Streuweite läßt sich dergestalt interpretieren, daß betrieblicher Erfolg offenbar unterschiedliche Facetten hat. Als Konsequenz für empirische Studien, die sich mit den Erfolgschancen neugegründeter Betriebe beschäftigten, wäre zu fordern, daß diese Studien auf jeden Fall dem methodischen Prinzip der „Mehrfachindikatorisierung" folgen sollten, um die unterschiedlichen Aspekte von Erfolg nicht aus dem Auge zu verlieren. Die niedrigen Korrelationen des Kapitalaufstockungsmaßes mit der Gewinnerzielung, der Einkommensverbesserung und der Wiederholungsabsicht (0,06, 0,06 und 0,10) und die niedrige Korrelation zwischen der Geschäftsraumerweiterung und der Gewinnerzielung (0,07) verweisen auf eine eingeschränkte Brauchbarkeit der beiden Kennziffern „Kapitalaufstockung" und „Gewinnerzielung". Die mit Abstand höchste Korrelation von 0,62 beobachten wir für die Einkommensverbesserung und die Wiederholungsabsicht. Diejenigen, denen es ge-
9
Oben wurden für die Anteile der Betriebe mit Beschäftigungs- und Umsatzzuwachs 28 % bzw. 47% berichtet. Diese (höheren) Werte bezogen sich nur auf die Survivor-Betriebe. Die hier angegebenen Werte sind für alle Betriebe gemeint, womit die im folgenden berichteten Korrelationen nicht auf die Survivor-Betriebe beschränkt sind.
104
V. Probleme der Erfolgsmessung und deskriptive Befunde zu den Erfolgsmaßen
Tabelle 5.1 Die Korrelationsmatrix der acht Erfolgsmaße
Überl. Besch. Umsatz. Gesch. Kap. Gewinn. Eink. Wieder.
Überleben
BeschäftigtenZuwachs
UmsatzZuwachs
Geschäftsraumerw.
KapitalaufStockung
Gewinnerzielung
Einkommens- WiederhoVerbesserung lungsabsicht
(0,26)
0,27
0,24
0,21
0,20
0,33
0,30
0,26
(0,25)
0,33
0,30
0,26
0,16
0,22
0,18
(0,23)
0,27
0,23
0,18
0,20
0,14
(0,21)
0,35
0,07
0,16
0,13
(0,18)
0,06
0,10
0,06
(0,19)
0,26
0,29
(0,27)
0,62 (0,24)
Pearsonsche Korrelationskoeffizienten r. Paarweise berechnet, wodurch die Fallzahl von 649 bis 1.698 schwankt. In der Hauptdiagonale steht die durchschnittliche Korrelation jedes Erfolgsmaßes mit allen anderen (das arithmetische Mittel der sieben jeweiligen Korrelationskoeffizienten).
lingt, mit ihrem Betrieb ihr früheres Einkommen zu erreichen oder zu übertreffen, bekunden verständlicherweise sehr viel häufiger, daß sie nochmals denselben Betrieb gründen würden. Berechnen wir (s. die Diagonale von Tabelle 5.1) die durchschnittlichen Korrelationen jedes Erfolgsmaßes mit allen anderen Maßen, erhalten wir den höchsten Wert für das Kriterium der Einkommensverbesserung. Dieses Erfolgsmaß hat allerdings den Nachteil, daß seine Anwendbarkeit auf die Gruppe der Vollerwerbsgründer, die zuvor hauptberuflich erwerbstätig waren, beschränkt ist. Zudem kommt der höchste Durchschnittswert vor allem durch die hohe Korrelation mit der Wiederholungsabsicht zustande. Die zweithöchste durchschnittliche Korrelation ergibt sich für das Überlebenskriterium, und an dritter Stelle folgt der Beschäftigtenzuwachs. Noch vor dem Umsatzzuwachs steht das subjektive Maß der Wiederholungsabsicht, bei dem allerdings wieder die hohe Korrelation mit der Einkommensverbesserung stark zu Buche schlägt. Die Maße der Geschäftsraumerweiterung, der Gewinnerzielung und der Kapitalaufstockung belegen die drei letzten Rangplätze. Insgesamt liefert das Muster der durchschnittlichen Korrelationskoeffizienten eine auch methodische Unterstützung für die Entscheidung, in unseren Analysen die Erfolgsmaße des Überlebens, der Beschäftigtenentwicklung und der Umsatzentwicklung zu verwenden. Nicht zuletzt wird die zentrale Rolle unterstrichen, die das Über-
3. Korrelationen der Erfolgskennziffern
105
lebenskriterium in der gesamten Diskussion um den Erfolg neugegründeter Betriebe spielt. Eine ergänzende Faktorenanalyse der acht Erfolgsmaße bringt eine zweifaktorielle Lösung, wobei der erste Faktor durch die vier Kennziffern des Überlebens, der Gewinnerzielung, der Einkommens Verbesserung und der Wiederholungsabsicht konstituiert wird und der zweite Faktor durch die vier Indikatoren des Beschäftigtenzuwachses, des Umsatzzuwachses, der Geschäftsraumerweiterung und der Kapitalaufstockung. Während der erste Faktor eher Aspekte des finanziellen Erfolgs eines Betriebes anspricht, stellt der zweite Faktor klar auf die Expansionstendenz eines Betriebes ab. Finanzieller Erfolg und betriebliche Expansion sind zwar sicherlich zum Teil miteinander verknüpft, dennoch lassen sie sich wohl vor allem deshalb als separate Komponenten betrieblichen Erfolgs einstufen, weil viele Gründer mit ihrem Schritt in die berufliche Selbständigkeit von Anfang an nicht die Absicht verbinden, auf einen betrieblichen Expansionskurs einzuschwenken (vgl. dazu auch Storey 1994: 119 f f ) . 1 0 Mit den von uns für die weiteren Analysen ausgewählten Erfolgsmaßen des Überlebens, der Beschäftigtenentwicklung und der Umsatzentwicklung decken wir sowohl „Erfolgsfaktor 1" als auch „Erfolgsfaktor 2" ab. Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit einer empirischen Überprüfung, ob und inwieweit sich der Erfolgsprozeß und dessen Determinanten für die verschiedenen Aspekte betriebliche Erfolgs unterscheiden. Empirische Studien, die mehrere Erfolgskennziffern zu einem einheitlichen und zusammenfassenden Erfolgsmaß aggregieren (z.B. Picot et al. 1989), schließen diese Möglichkeit von vorneherein aus.
10 Birch (1987: 29 ff.) unterscheidet zwischen Gründern im Sinne von „income substitutors" und Gründern im Sinne von „entrepreneurs". Während die Betriebe von „income substitutors" in der Regel klein bleiben und ihren Gründern ein mehr oder weniger befriedigendes Einkommen bescheren, sind es nach Birch vor allem die von „entrepreneurs" initiierten Betriebe, die wirtschaftliche Dynamik entfalten. In der Gruppe der „entrepreneurs" finden sich gemäß Birch auf der einen Seite die berühmt-berüchtigten „success stories", auf der anderen Seite aber auch zahlreiche „sad stories", d.h. Fälle eines tragischen Scheiterns. Die Birch-Differenzierung von „income substitutors" und „entrepreneurs" werden wir in Abschnitt VIII.6 nochmals aufgreifen. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch darauf, daß auch andere Autoren (z.B. Carroll 1987; Kalleberg und Leicht 1991) eine Zweiteilung verschiedener betrieblicher Erfolgsmaße empirisch belegen, die subsumiert unter die beiden Oberbegriffe „survival" und „growth" - nahezu identisch mit unserer Zweiteilung ist.
V I . Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgsund Überlebenschancen In Kapitel II sollte deutlich geworden sein, daß der Erfolg neugegründeter Betriebe, den wir gemäß Kapitel V an den drei Kriterien des Überlebens, der Beschäftigtenentwicklung und der Umsatzentwicklung festmachen wollen, offenbar von sehr vielen Faktoren abhängt. Angesichts der Vielzahl möglicher Einflußgrößen erscheint ein Vorgehen sinnvoll, bei dem wir zunächst einmal ein zusammenfassendes und gleichzeitig überschaubares Basismodell der Bestimmungsfaktoren des Erfolgs neugegründeter Betriebe entwerfen und dieses Modell dann schrittweise ausdifferenzieren. Die Konstruktion und empirische Überprüfung eines solchen Basismodells ist Gegenstand dieses Kapitels. Vom Anspruch her soll das Basismodell die auf der Grundlage unserer theoretischen Diskussion vermutlich zentralen Einflußgrößen enthalten. Die Kapitel VII-X werden sich dann mit einer Fülle von substantiellen Erweiterungen und Vertiefungen des Basismodells beschäftigen. Zunächst werden wir im folgenden das Spektrum der im Basismodell untersuchten Erfolgsdeterminanten beschreiben. Anschließend wird auf die statistischen Verfahren zur Schätzung des Basismodells eingegangen. Im dritten Schritt können dann die Ergebnisse der multivariaten Modellschätzungen präsentiert und erörtert werden.
1. Spektrum der im Basismodeil untersuchten Erfolgsdeterminanten Die Festlegung des Spektrums der Faktoren, die als Bestimmungsgründe des Erfolgs neugegründeter Betriebe im Rahmen des Basismodells untersucht werden, soll in enger Anlehnung an die Ausführungen von Kapitel I I erfolgen. Den Überlegungen aus Abschnitt II.2 wird insoweit gefolgt, als die Dreiteilung in personen-, betriebs- und umfeldbezogene Faktoren als Grobstruktur übernommen wird. Für die Auswahl der Einzelfaktoren innerhalb der drei Bereiche sollen von den spezifischen Theorien aus Abschnitt II.3 die Humankapitaltheorie und der organisationsökologische Ansatz zum Zuge kommen. Aus diesen beiden Ansätzen lassen sich unseres Erachtens am ehesten spezifische Hypothesen herleiten, die empirisch überprüfbar sind.
1. Spektrum der im Basismodell untersuchten Erfolgsdeterminanten
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Soweit es um die Person des Unternehmensgründers geht, beschränkt sich das Basismodell darauf, mehr oder weniger klassische Humankapitalkomponenten einzubeziehen. Die Komponente des allgemeinen Humankapitals der befragten Gründer wird erfaßt über (1) die Jahre der schulischen und beruflichen Bildung und (2) die Jahre der Berufserfahrung. Die Bildungsjahre eines Gründers ergeben sich über eine Summation der Jahre im allgemeinbildenden Schulsystem und der Jahre der Berufsbildung, wobei z.B. eine gewerbliche oder kaufmännische Lehre zur Hälfte als Bildung und zur Hälfte als Berufserfahrung gezählt ist. Die Dauer der Berufserfahrung der Gründer wurde in der Münchner Befragung sehr genau erfaßt. Auf der Basis eines sogenannten Kalenderverfahrens (dazu z.B. Freedman et al. 1988) wurde die komplette Berufsbiographie der Befragten vom Verlassen der Schule bzw. der Universität bis zum Zeitpunkt der Betriebseröffnung in den Jahren 1985 oder 1986 erhoben. Arbeitslosigkeitsepisoden, Phasen der Nichterwerbstätigkeit, Wehrdienstzeiten usw. sind bei der Berechnung der Dauer der Berufserfahrung ausgeschlossen. Im Durchschnitt hatten die in der Münchner Studie befragten Gründer 13,1 Bildungsjahre und 14,5 Berufserfahrungsjahre. Die für das allgemeine Humankapital zu überprüfenden Thesen lauten, daß zum einen die Dauer der schulischen und beruflichen Bildung und zum anderen die Länge der Berufserfahrung des Gründers die Erfolgschancen einer Neugründung verbessern. Zusätzlich zum allgemeinen Humankapital wird das spezifische Humankapital berücksichtigt. Das mit Blick auf eine Betriebsgründung und die speziell gewählte Branche vorhandene unternehmerische Humankapital einer Gründungsperson wird (stark vereinfachend) abgedeckt mit den drei dichotomen Indikatoren: (1) Branchenerfahrung, d.h. ob ein Gründer zuvor schon einoder mehrmals in der Gründungsbranche gearbeitet hat oder nicht, (2) Selbständigkeitserfahrung, d.h. ob ein Gründer in seiner Berufsbiographie bereits eine oder mehrere frühere Selbständigkeitsepisoden hatte oder nicht, und (3) Vorgesetztenerfahrung, d.h. ob ein Gründer in früheren beruflichen Positionen Untergebene hatte oder nicht. 57% der von uns untersuchten Gründer verfügten über Branchenerfahrung, 29% über Selbständigkeitserfahrung und 52% über Vorgesetztenerfahrung. In Analogie zu den Hypothesen zum allgemeinen Humankapital erwarten wir für das spezifische Humankapital, daß Branchen-, Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung den betrieblichen Erfolg positiv beeinflussen. Bei den betrieblichen Merkmalen orientiert sich das Basismodell an den beiden, in der Organisationsökologie formulierten Thesen der „liability of
108
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
newness" und der „liability of smallness". Die erstgenannte These führt auf die Komponente des „Neulingsstatus eines Betriebes", die zweite auf die Komponente der „Gründungsgröße". Die zentrale Variable mit Blick auf den Neulingsstatus eines Betriebes ist das jeweilige Alter der Gründung. Das Betriebsalter hat als mögliche Determinante der Erfolgs- und Überlebenschancen insofern einen besonderen Stellenwert, als es parallel läuft mit dem zeitlichen Prozeß, in dem sich Erfolg bzw. Überleben manifestieren. Mithin kann das Betriebsalter nicht als eine von mehreren Kovariaten (unabhängigen Variablen) in das Basismodell eingehen, es spiegelt sich vielmehr in der Wahl des Modelltyps für die Analyse der Erfolgschancen wider (mehr dazu in Abschnitt VI.2). In Anknüpfung an die Ausführungen von Abschnitt II.3.e kann der Neulingsstatus einer Gründung aber auch durch einen direkten Indikator erhoben werden, nämlich ob es sich bei dem Betrieb um eine vollständige Neugründung handelt oder um eine komplette bzw. partielle Firmenübernahme, d.h. eine Gründung, bei der (in rechtlich neuer Form) Einrichtungen und Kontakte eines zuvor schon bestehenden Betriebes vollständig oder teilweise übernommen wurden. Bei 24%, also rund einem Viertel der in der Münchner Studie untersuchten Betriebe handelte es sich um Firmenübernahmen. Da Firmenübernahmen nur in einem eingeschränkten Sinn als „neue Betriebe" eingestuft werden können, läßt sich aus der allgemeinen Neulingssterblichkeitsthese die zu überprüfende Erwartung herleiten, daß diese Betriebe bessere Erfolgs- und Überlebenschancen haben. Die mit Bezug auf die „liability of smallness" spezifizierte Komponente der Gründungs große soll über vier Aspekte eingefangen werden: das Startkapital, die Zahl der Beschäftigten im ersten Betriebsjahr, den Umsatz im ersten Jahr und die Rechtsform des Betriebes. Das Startkapital erscheint auf den ersten Blick als die konsequenteste Operationalisierung der Gründungsgröße. Ob eine bestimmte Höhe des für eine Gründung aufgebrachten Startkapitals hinreichend ist oder nicht, dürfte allerdings entscheidend von der Art der Betriebsgründung abhängen. Ein Betrag von z.B. 60 Tsd. D M mag eine solide Basis für ein Schreibbüro sein, nicht jedoch für zahlreiche Betriebe im verarbeitenden Gewerbe. Mithin wäre es eigentlich angebracht, das Startkapital einer Gründung auf den jeweiligen Branchendurchschnitt oder auf gängige Richtwerte aus der Praxis zu beziehen. Da aber die Münchner Studie ein breites Spektrum von sehr unterschiedlichen Betriebsgründungen umfaßt, liegen für zahlreiche Betriebstypen weder Branchendurchschnitte noch irgendwelche „Praktiker-Richtwerte" vor, so daß hier die absolute Höhe des Startkapitals, die im Durchschnitt aller Betriebe bei 82 Tsd. D M liegt, verwendet werden
1. Spektrum der im Basismodell untersuchten Erfolgsdeterminanten
109
soll. 1 Wegen der starken Rechtsschiefe seiner Verteilung soll das Startkapital in logarithmierter Form in das Basismodell eingehen.2 Die Verwendung der absoluten Höhe des Startkapitals erscheint nicht zuletzt auch deshalb relativ unproblematisch, weil zusätzlich für die Zahl der Beschäftigten im ersten Betriebsjahr und die Branche kontrolliert wird. Die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten im ersten Betriebsjahr belief sich, wie in Abschnitt V.2 bereits ausgeführt, auf 2,2. Auch die Größe „Beschäftigte zu Beginn" wird logarithmiert, was eine Inspektion der deskriptiven Verteilung nahelegt. Dasselbe gilt für den Umsatz im ersten Jahr, der im Mittel bei 410 Tsd. D M lag (dieser Größenindikator wird nur in den Umsatzgleichungen verwendet). Als viertes Maß für die Startgröße soll schließlich die Rechtsform des Betriebes dienen, und zwar mit der schon bekannten Unterscheidung zwischen Kleingewerbebetrieben (80%) und Handelsregisterfirmen (20%). Betriebe, für die - neben der Gewerbeanmeldung - zusätzlich eine Eintragung ins Handelsregister verlangt wird, sind in der Regel deutlich größer als Firmen ohne Handelsregistereintragung. Die zu überprüfenden Hypothesen lauten, daß Gründungen mit höherem Startkapital, mit mehr Beschäftigten zu Beginn, mit höherem Umsatz und Handelsregisterfirmen günstigere Erfolgs- und Überlebenschancen haben.3 Zweifellos am schwierigsten im Rahmen einer als Befragung angelegten Gründerstudie ist es, das Umfeld der Betriebe angemessen zu charakterisieren. Sofern nicht externe Informationen herangezogen werden, muß man sich auf die Auskünfte der Befragten verlassen und diese sind, vor allem bei einem retrospektiven Design, wo ja viele Betriebe zum Zeitpunkt der Erhebung
1 Ergänzend wurde folgendes Vorgehen erprobt: Die untersuchten Betriebe wurden auf der Basis ihrer Angaben des hauptsächlichen Betriebsgegenstandes in 53 Branchen eingeteilt; für jede Branche wurde das durchschnittliche Startkapital (Median) der Betriebe berechnet; und das Startkapital von Betrieb i wurde auf den Branchendurchschnitt bezogen. Die Ergebnisse mit dieser „adjustierten Startkapital variable" ergaben keinerlei Unterschiede zur „Einfachversion" der absoluten Höhe des Startkapitals, weshalb dieser letztlich der Vorzug gegeben wurde. 2 Für die Betriebe ohne Startkapital wurde, da der Logarithmus von Null nicht definiert ist, ein symbolischer Betrag von 20 D M (Kosten einer Gewerbeanmeldung) veranschlagt. 3 Die Münchner Studie enthält zwei weitere Informationen, die man als Indikatoren für die Startgröße eines Betriebes hätte verwenden können: (1) die Information, ob der Betrieb in der ursprünglichen Absicht des Gründers zu Voll- oder zu Nebenerwerbszwecken gegründet wurde (mehr dazu in Abschnitt VIII.5), und (2) die Information, ob es sich um eine Gründung mit oder ohne Geschäftspartner handelte (mehr dazu in Abschnitt VIII.4). Der Aspekt „Voll- versus Nebenerwerbsgründung" wurde im Basismodell deshalb nicht berücksichtigt, weil er sich in der Beschäftigtenzahl zu Beginn niederschlägt (in Nebenerwerbsgründungen ist zumeist weniger als eine Vollzeitarbeitskraft tätig). Die Dimension „Allein- versus Partnergründung" korreliert recht deutlich sowohl mit der Höhe des Startkapitals als auch mit der Beschäftigtenzahl zu Beginn, denen als „feinstufigeren" Maßen der Vorzug gegeben wurde.
110
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
schon gescheitert sind, mit Sicherheit stark subjektiv eingefärbt. Um solche subjektiven Einfärbungen nicht bereits in das Basismodell einzuführen, beschränken wir uns darauf, das Umfeld der Betriebe über die Branche der Gründung zu beschreiben. Die Gründungsbranche kann als eine Art „catch-allVariable" für die Markt- und Wettbewerbsbedingungen stehen, mit denen sich ein neugegründeter Betrieb auseinandersetzen muß. Konkret arbeiten wir dabei mit einer 11-stufigen Brancheneinteilung: verarbeitendes Gewerbe/Industrie 4%, nichthandwerkliches Baugewerbe 1%, Großhandel 11%, Einzelhandel 25%, Handelsvermittlung 5%, Verkehr/Spedition 9%, Versicherung 7%, Gastgewerbe 8%, Bildung/Verlage 3%, Beratung 18% und sonstige Dienstleistungen 9%. Diese Brancheneinteilung stützt sich nicht auf die Angaben der Befragten im Interview, sondern auf die (in ihrer Systematik) verläßlicher erscheinenden Zuordnungen in der Gewerbemeidedatei. 4 Die 11 Branchen gehen in das Basismodell in Form von 10 Dummy-Variablen ein, wobei der am stärksten besetzte Bereich des Einzelhandels als Referenzkategorie gewählt wurde. Auf der Grundlage von Ergebnissen früherer Studien (z.B. Cochran 1981; Albach 1984; Hunsdiek und May-Strobl 1986) läßt sich vermuten, daß Betriebe im verarbeitenden Gewerbe und in der Baubranche überdurchschnittliche Erfolgsaussichten haben.
2. Statistische Verfahren zur Analyse des Überlebens- und Erfolgsprozesses In diesem Abschnitt werden die statistischen Verfahren erläutert, die wir zur multivariaten Analyse des Überlebens- und Erfolgsprozesses neugegründeter Betriebe einsetzen. Wenden wir uns zunächst dem Überlebensprozeß zu. In Kapitel V wurde bereits die Risikofunktion der Betriebsaufgabe eingeführt (Abbildung 5.2). Diese sogenannte betriebliche „Sterberate" ist sicherlich nicht gleich für alle neugegründeten Betriebe. Sie wird für einige Betriebe höher sein, für andere niedriger. Von welchen Bestimmungsgrößen das Niveau der Sterberate abhängt, ist eine der zentralen Fragen dieses Buches. Mittels der statistischen Verfahren der Ereignisdatenanalyse (Diekmann und Mitter 1984; Blossfeld et al. 1986) kann man eine Antwort auf diese Frage erhalten. Dabei wird im Prinzip ein Regressionsmodell für die Sterberate spezifiziert,
4 Im Interview wurde von den Befragten eine sehr genaue Umschreibung der Art und des Gegenstandes des Betriebes gegeben. Auf der Grundlage dieser Angaben ist es allerdings recht schwierig, eine eindeutige Branchensystematik zu entwerfen.
2. Statistische Verfahren zur Analyse des Überlebens- und Erfolgsprozesses
111
welches Effektschätzer für die Bestimmungsgrößen des Basismodells liefert. Hierfür benötigt man ein Ratenmodell, das die Sterberate aus Abbildung 5.2 gut anpaßt. Diese Bedingung erfüllt das von Brüderl und Diekmann (1995) vorgeschlagene proportionale
log-logistische Modell, welches die Sterberate
r(t) spezifiziert als
X und p sind Parameter, die die Form der Ratenfunktion modellieren. Da uns diese beiden Parameter in den folgenden Abschnitten nicht interessieren, werden wir sie nicht berichten (s. aber Abschnitt X . l ) . Entscheidend ist allerdings der dritte Parameter b, der als Funktion der Einflußgrößen (Kovariaten) x modelliert ist: b = e x p ( a + 0 , x ) . Die Koeffizienten ß sind proportionale Niveaueffekte. Ein negatives ß sagt uns, daß die entsprechende Variable die Sterberate senkt, bei einem positiven ß ist sie höher. Die Koeffizienten können nach der Umformung exp(ß)-l anschaulich als Prozenteffekte auf die Sterberate interpretiert werden. Ein Prozenteffekt von -0,23 der Variable „Firmenübernahme" z.B. bedeutet, daß Firmenübernahmen im Vergleich zu völlig neugegründeten Betrieben eine um 23% geringere Sterberate haben. Die Schätzung der Koeffizienten dieses Ratenmodells erfolgt mit der MaximumLikelihood Methode (mit dem Programm TDA von Rohwer 1994). Als Alternative kann man auch, anstatt die exakte Überlebenszeit zu analysieren, einen dichotomen Überlebensindikator bilden und ein Regressionsverfahren für dichotome abhängige Variablen (z.B. das Probitmodell) einsetzen (diese Verfahren werden z.B. in Brüderl 1995a ausführlich erläutert). Dabei verliert man zwar an Information (der exakte Zeitpunkt der Betriebsauflösung bleibt unberücksichtigt), die Koeffizienten des Modells sind aber anschaulicher zu interpretieren. Wir werden in Tabelle 6.1 sehen, daß beide Verfahren zu identischen Schlußfolgerungen führen, weshalb im Rest dieses Buches das einfachere Probitmodell zur Analyse des Überlebensprozesses eingesetzt wird (außer in Abschnitt X. 1, wo wir den Sterbeprozeß in seinen zeitlichen Aspekten untersuchen werden). Um das Probitmodell verwenden zu können, muß man die Überlebensdauer dichotomisieren: Wir entschieden uns für das Kriterium „mindestens 36 Monate überlebt". Wie schon in Kapitel V berichtet, erfüllen 74% unserer Betriebe dieses Kriterium und 26% nicht. Das binomiale Probitmodell modelliert nun die Wahrscheinlichkeit des Überlebens in Abhängigkeit von Kovariaten als
112
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
P(mindestens 36 Monate überlebt) = «fcOS'x), wobei die Verteilungsfunktion der Standardnormal Verteilung repräsentiert. Die Koeffizienten ß geben an, wie die Kovariaten die Wahrscheinlichkeit des Überlebens beeinflussen. Sie sind allerdings nicht anschaulich zu interpretieren. Deshalb werden in dieser Arbeit nicht die ß-Koeffizienten berichtet, sondern die sogenannten „Einheitseffekte". Ausgehend von der Überlebenswahrscheinlichkeit eines „Normbetriebes", die sich ergibt als $(/Px N ), wird die Überlebenswahrscheinlichkeit errechnet, wenn der Normbetrieb eine Einheit der Kovariate j mehr aufweist: $(j8'x N + ßj). Der Einheitseffekt ist dann die Differenz der beiden Überlebenswahrscheinlichkeiten: $ ( / T x N + Er ist anschaulich zu interpretieren, als die Erhöhung (bzw. Verminderung) der Überlebenswahrscheinlichkeit eines neugegründeten Normbetriebes durch eine zusätzliche Einheit der jeweiligen Kovariate. Als Normbetrieb wählen wir für die gesamte Abhandlung einen Betrieb, der auf allen metrischen Kovariaten den Mittelwert und auf allen Dummies den Wert null annimmt. Dies ist ein Betrieb, dessen Gründer 13,1 Bildungs- und 14,5 Berufserfahrungsjahre und keine Branchen-, Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung hatte, der vollständig neu gegründet wurde, der mit 82 Tsd. D M Startkapital, 2,2 Beschäftigten und einem Umsatz von 410 Tsd. D M begann und bei dem es sich um einen Kleingewerbebetrieb im Einzelhandel handelte. Für diesen Normbetrieb errechnet sich anhand unserer Basismodellschätzungen eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 59%. 5 Ein Einheitseffekt von 0,07 der Variable „Firmenübername" z.B. bedeutet, daß Firmenübernahmen eine um 7 Prozentpunkte höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben. Ihre Wahrscheinlichkeit, mindestens 36 Monate zu überleben, beträgt also 66%, wenn sie ansonsten die Merkmale des Normbetriebes aufweisen. Die zur Berechnung der Einheitseffekte notwendigen ^-Koeffizienten werden ebenfalls mit Maximum-Likelihood geschätzt (mit dem Programm LIMDEP von Greene 1992). Zur Abschätzung der Signifikanz der Effekte werden in den Tabellen und Abbildungen die t-Werte der zugrundeliegenden ^-Koeffizienten berichtet. Zur Untersuchung der Beschäftigten- und Umsatzentwicklung neugegründeter Betriebe wären verschiedene Verfahren denkbar. Man könnte zum Beispiel OLS-Regressionen auf die jährlichen Wachstumsraten der Betriebe schätzen.
5
Diese „Normüberlebenswahrscheinlichkeit" ist insbesondere deshalb niedriger als die Überlebenswahrscheinlichkeit in unserer Stichprobe (welche ja 74% beträgt), weil dem Normbetrieb einige „bestandsfördernde" Züge fehlen (mehr dazu im folgenden Abschnitt).
2. Statistische Verfahren zur Analyse des Überlebens- und Erfolgsprozesses
113
Da dieses Verfahren mit ökonometrischen Komplikationen verbunden ist (Brüderl 1995b), wird es in diesem Buch nicht verwendet (außer in Abschnitt X . l ) . Vielmehr dichotomisieren wir auch bei diesen beiden Prozessen die abhängige Variable. Wir fragen also „Hat sich die Beschäftigtenzahl im vierten Jahr gegenüber dem ersten Jahr erhöht?" und „Ist der Umsatz im Schnitt pro Jahr um mindestens 10% gestiegen?".6 Diese Fragen können natürlich nur für Betriebe beantwortet werden, die mindestens 36 Monate überlebt haben. Mithin beschränken sich die im folgenden berichteten Analysen zur Beschäftigten- und Umsatzentwicklung auf die Betriebe, die bei unserem Überlebensindikator eine Eins aufweisen (die Survivor-Betriebe). Von diesen Survivor-Betrieben zeigten, wie bereits in Kapitel V erwähnt, 28% einen Beschäftigtenzuwachs und 47% einen Umsatzzuwachs von mindestens 10% pro Jahr. Wie oben analysieren wir diese beiden dichotomen abhängigen Variablen mit einem Probitmodell. Für den Normbetrieb ergeben sich Wahrscheinlichkeiten von 40% für einen Beschäftigten- und 51 % für einen Umsatzzuwachs. Aufgrund der Beschränkung der Analysen auf die Survivor-Betriebe hat man es aber mit einem sogenannten Stichprobenauswahl-Problem zu tun (Heckman 1979). Es ist durchaus plausibel anzunehmen, daß insbesondere die schnell wachsenden Betriebe eher überleben. Beschränkt man die Analysen auf die überlebenden Betriebe, so könnten die Koeffizienten eventuell verzerrt sein (Survivor-Bias). Um dieses Problem zu beheben, schätzen wir keine getrennten, binomialen Probits, sondern bivariate Probits (Greene 1992: Kap. 39). Bei diesem Modell wird zugelassen, daß die Fehlerterme der beiden Probitgleichungen korreliert sind. Dadurch gelingt es, den StichprobenauswahlFehler zu beseitigen. Alle im folgenden zu berichtenden Einheitseffekte auf die Erfolgswahrscheinlichkeiten sind deshalb mit dem bivariaten Probitmodell berechnet worden, wobei wir jeweils ein Überlebens- und Beschäftigungsprobit und ein Überlebens- und Umsatzprobit gemeinsam schätzen. Da, wie erwähnt, etwa 22% der Befragten keine Umsatzangaben machten, beruht das Umsatzprobit auf entsprechend geringeren Fallzahlen.
6 Genauer: „Ist lnCUmsatz^UmsatZj) >0,3?". Dies entspricht in etwa einer 35%-igen Umsatzsteigerung vom ersten zum vierten Jahr. Im Text sprechen wir der Anschaulichkeit halber aber etwas ungenau von einem Umsatzzuwachs von 10% pro Jahr. Dieses Kriterium wurde deshalb „strenger" gewählt als beim Beschäftigungszuwachs, weil die Dynamik der Umsatzentwicklung deutlich stärker ausfällt als die der Beschäftigtenentwicklung (vgl. Abbildungen 5.3 und 5.4).
8 Brüderl u. a.
114
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen In diesem Abschnitt sollen nun die Ergebnisse der Schätzungen der multivariaten Basismodelle präsentiert werden. Wie im voranstehenden Abschnitt dargelegt, berichten wir für den Überlebensprozeß die Effekte der Basismodellvariablen sowohl auf die betriebliche Sterberate als auch auf die Wahrscheinlichkeit, daß ein Betrieb mindestens drei Jahre überlebt. 7 Die abhängige Variable beim Beschäftigtenzuwachs ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Betrieb vom ersten bis zum vierten Betriebsjahr seine Beschäftigtenzahl erhöht. Und beim Umsatzzuwachs gilt ein Betrieb dann als erfolgreich, wenn er vom ersten bis zum vierten Jahr eine durchschnittliche jährliche Umsatzsteigerung von mindestens 10% erreicht hat. Die Festlegung des Zeitraums „vom ersten bis zum vierten Betriebsjahr" beim Beschäftigten- und Umsatzzuwachs bringt es mit sich, daß diese Erfolgsmaße nur für diejenigen Betriebe registriert werden können, die mindestens drei Jahre überlebt haben. Indem die Beschäftigung und der Umsatz in der Form bivariater Probitmodelle modelliert werden, kann gleichwohl ein Survivor-Bias vermieden werden. Die Schätzergebnisse findet man in Tabelle 6.1. Die erste Spalte der Tabelle gibt die Ergebnisse des log-logistischen Ratenmodells, wobei die Prozenteffekte der Kovariaten auf die betriebliche Sterberate berichtet werden. Die Spalten zwei und drei enthalten die Ergebnisse des bivariaten Probitmodells für die abhängigen Variablen der Überlebenswahrscheinlichkeit und des Beschäftigtenzuwachses; in Spalte zwei ist dabei notiert, um wieviele Prozentpunkte sich bei den Kovariaten die Wahrscheinlichkeit ändert, daß ein Betrieb mindestens drei Jahre überlebt, und in Spalte drei, um wieviele Prozentpunkte sich die Wahrscheinlichkeit ändert, daß der Betrieb in den ersten vier Jahren seine Beschäftigtenzahl aufstockt. Die vierte Spalte schließlich bringt die Ergebnisse des bivariaten Probitmodells für die abhängige Variable des Umsatzzuwachses; festgehalten sind dabei die Veränderungen der Wahrscheinlichkeit für eine mindestens 10%-ige jährliche Umsatzsteigerung in Abhängigkeit von den Kovariaten. 8 Vergleichen wir zuerst die Ergebnisse in den Spalten eins und zwei. Die Vorzeichen der Effekte sind meist entgegengesetzt, was zu erwarten war, da
7
Bivariate Ergebnisse bezüglich der Überlebenswahrscheinlichkeit werden in Brüderl et al. (1992) berichtet. 8
Auf die Wiedergabe der Gleichung für die Überlebenswahrscheinlichkeit wurde in diesem zweiten bivariaten Probitmodell verzichtet, da sich die Koeffizienten nur marginal von denen im ersten bivariaten Probitmodell unterscheiden.
3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen
115
Tabelle 6.1 Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen log-logist. Modell
bivariates Probitmodell 1
bivariates Probitm. 2
betr. Sterberate
Überleben
Beschäftigtenzuwachs
10% Umsatzzuwachs
Bildung (in Jahren)
-0,06* (3,37)
0,021* (3,80)
0,004 (0,60)
-0,012 (1,87)
Berufserfahrung (in Jahren)
-0,02* (3,13)
0,005* (3,42)
-0,006* (3,35)
-0,007* (3,65)
Branchenerfahrung (l=Ja)
-0,34* (4,45)
0,12* (4,32)
0,10* (2,06)
0,13* (2,81)
Selbständigkeitserfahrung ( l = J a )
0,03 (0,30)
-0,04 (1,30)
0,01 (0,24)
-0,01 (0,25)
Vorgesetztenerfahrung ( l = J a )
-0,06 (0,71)
0,01 (0,43)
-0,04 (1,20)
0,00 (0,09)
Firmenübernahme (l=Ja)
-0,23* (2,16)
0,07 (1,90)
-0,10* (2,89)
-0,18* (4,38)
Startkapital (DM, logarithmiert)
-0,02* (2,49)
0,008* (2,38)
0,012* (2,73)
0,018* (3,54)
Beschäftigte im ersten Jahr (log.)
-0,16* (3,15)
0,057* (3,11)
0,028 (1,50)
0,015 (0,68)
Umsatz im ersten Jahr (log.)
—
—
—
-0,047* (6,35)
Handelsregisterfirma (l=Ja) Branche (1 = Verarbeitendes Gewerbe)
-0,63* (6,30)
0,20* (5,23)
0,11* (2,04)
0,05 (0,95)
-0,63* (5,30)
0,25* (5,49)
0,08 (1,45)
0,00 (0,01)
Branche (1 = Baugewerbe)
-0,59* (2,99)
0,22* (3,25)
-0,02 (0,28)
0,03 (0,36)
Branche ( ^ G r o ß handel)
0,03 (0,21)
0,01 (0,09)
0,03 (0,63)
0,08 (1,29)
Branche ( ^ H a n delsvermittlung)
0,30 (1,35)
-0,02 (0,21)
0,08 (1,03)
0,05 (0,48)
Branche (1 = Verkehr/Spedition)
0,44* (2,32)
-0,11 (1,78)
-0,02 (0.28)
-0,04 (0,49)
Branche ( 1 = Versicherungsgewerbe)
0,19 (1,03)
-0,03 (0,47)
-0,08 (0,87)
-0,10 (0,76)
Branche (1 = Gastgewerbe)
0,09 (0,45)
-0,09 (1,44)
-0,11 (1,23)
-0,15 (1,48)
Branche ( ^ B i l dung/Verlage)
-0,08 (0,32)
0,11 (1,28)
-0,11 (1,15)
0,01 (0,09)
Branche ( ^ B e r a tung)
-0,19 (1,32)
0,05 (0,99)
0,09 (1,61)
0,06 (0,93)
Branche (l=Sonstige Dienstleistungen)
0,01 (0,08)
0,03 (0,47)
-0,06 (0,95)
-0,11 (1,50)
Pseudo-R2
6,6%
15,3%
15,3%
16,2%
Fallzahl
1677
1677
1190
979
* signifikant auf dem 5%-Niveau. t-Werte in Klammern. Konstanten nicht angeführt. PseudoR 2 ist die prozentuale „Likelihood-Verbesserung" gegenüber dem Modell ohne Kovariaten. Bezugsgruppe: keine Branchenerfahrung, keine Selbständigkeitserfahrung, keine Vorgesetztenerfahrung, vollständige Neugründung, Kleingewerbebetrieb, Branche: Einzelhandel. Beim Ratenmodell sind die prozentualen Effekte auf die betriebliche Sterberate angeführt, bei den Probitmodellen die Einheitseffekte auf die jeweilige Wahrscheinlichkeit, ausgehend vom Normbetrieb (s. Text).
8*
116
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
das Ratenmodell die Sterberate modelliert, während das Probitmodell die Überlebenswahrscheinlichkeit betrachtet. Die Beträge der Effekte sind zwar unterschiedlich, was in der unterschiedlichen Metrik der beiden Modelle begründet ist, aber die Schlußfolgerungen aus beiden Modellen sind so gut wie identisch. Berücksichtigt man die Signifikanz, so führen die beiden Modelle nur bei der „Firmenübernahme" und der „Branche: Verkehr/Spedition" zu unterschiedlichen Ergebnissen, wobei das Probitmodell jeweils das „konservativere" Modell ist. Auch deshalb berichten wir im Rest des Buches nurmehr die Schätzungen des Probitmodells. Mit Blick auf die Basismodellkomponente des allgemeinen Humankapitals ergibt sich zunächst recht klar, daß eine höhere schulische und berufliche Bildung und eine längere Berufserfahrung des Gründers die betriebliche Sterberate senken bzw. umgekehrt die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Betriebes erhöhen. Ein zusätzliches Bildungsjahr der Gründungsperson steigert die Wahrscheinlichkeit, daß der Betrieb mindestens drei Jahre überlebt, um gut 2 Prozentpunkte. Hätte der Gründer des Normbetriebes statt 13,1 Bildungsjahren (Abitur) 18 Bildungsjahre aufzuweisen gehabt, so hätte seine Überlebenswahrscheinlichkeit 69% statt 59% betragen. Bei der Berufserfahrung ist der entsprechende Wert 0,5 Wahrscheinlichkeitsprozentpunkte, was bei zehn zusätzlichen Berufserfahrungsjahren bedeutet, daß die Überlebenswahrscheinlichkeit um 5,2 Prozentpunkte steigt. Mithin versetzen - in Übereinstimmung mit der Humankapitaltheorie - ein Mehr an Bildung und Berufserfahrung einen Unternehmensgründer offenbar in die Lage, einen einmal ins Leben gerufenen Betrieb länger aufrechtzuerhalten. Nicht in Einklang mit unseren Ausgangserwartungen stehen die Befunde, daß das Bildungsniveau des Gründers weder die Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigtenzuwachses, noch die Wahrscheinlichkeit eines Umsatzzuwachses signifikant beeinflußt und daß eine längere Berufserfahrung beide Wahrscheinlichkeiten sogar vermindert. Zehn zusätzliche Berufserfahrungsjahre senken die Wahrscheinlichkeit einer Personalaufstockung um 5,5 Prozentpunkte und die Wahrscheinlichkeit eines Umsatzzuwachses um 7 Prozentpunkte. Weshalb Gründer mit zunehmender Berufserfahrung weniger dazu neigen oder in der Lage sind, das Personal ihrer Betriebe aufzustocken und den Umsatz zu steigern, erscheint im Lichte der Humankapitaltheorie nicht ohne weiteres einleuchtend. Möglicherweise induziert eine längere Erfahrung im Berufsleben (mit der ein höheres Alter verbunden ist!) eine eher vorsichtige Grundhaltung, so daß die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte (die ja erfahrungsgemäß eine Reihe von Komplikationen mit sich bringen kann) sehr genau bedacht wird und auch beim Umsatz das Ziel der Expansion nicht im Vordergrund steht.
3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen
117
Von den drei Indikatoren des spezifischen Humankapitals (Branchen-, Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung) bringt allein die Branchenerfahrung des Gründers signifikante Effekte auf die betrieblichen Überlebenschancen, auf die Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigtenzuwachses und auf die Wahrscheinlichkeit einer Umsatzsteigerung. Kann der Gründer auf berufliche Erfahrungen in der Branche seiner Gründung zurückblicken, erhöhen sich die Wahrscheinlichkeiten, daß der Betrieb mindestens drei Jahre überlebt, daß in den ersten vier Jahren die Beschäftigtenzahl steigt und daß im Durchschnitt eine mindestens 10%-ige Umsatzsteigerung pro Jahr realisiert wird, um 12, 10 und 13 Prozentpunkte. Im Feld der sechs personenbezogenen Merkmale unseres Basismodells ist damit die Branchenerfahrung der bedeutsamste Einflußfaktor. Frühere, positive oder auch negative eigene Erfahrungen des Gründers mit der Selbständigenrolle beeinflussen die Bestandschancen und die Expansionstendenz eines Betriebes nicht. Mehrere Gründe könnten für dieses Ergebnis verantwortlich sein (vgl. auch Starr et al. 1993): Zunächst ist nicht auszuschließen, daß Selbständigkeitserfahrung allein über Selektionseffekte wirkt (mehr dazu in Abschnitt VII.l.b). Weiterhin kann man davon ausgehen, daß die Gruppe derjenigen, die bereits eine oder mehrere Selbständigkeitsepisoden hinter sich haben, in sich sehr heterogen ist. Für einige Gründer haben die Erfahrungen der früheren Selbständigkeit sicherlich Lerneffekte mit sich gebracht. Anderen „Wiederholungstätern" dürfte es an den notwendigen Qualifikationen für die Unternehmerrolle und/oder an den erforderlichen finanziellen Voraussetzungen mangeln, und es braucht wohl mehrere Fehlschläge und eine gewisse Zeit, bis dies von den Betroffenen realisiert und subjektiv eingestanden wird. Schließlich deuten Erfahrungen aus unseren Interviews auf eine Gruppe von „Vielgründern" hin. 9 Diese haben oft mehrere Betriebe gleichzeitig, und die An- und Abmeldung von Betrieben ist für sie schon fast Routinetätigkeit. Wenngleich viele ihrer Betriebe sehr kurzlebig sind, werden diese Personen wohl mehrheitlich im Selbständigenstatus verbleiben, auch wenn der von uns untersuchte Betrieb inzwischen aufgelöst wurde. Abweichend von den Befunden zahlreicher anderer Studien (im Überblick Carroll 1987: Kap. 2; vgl. aber auch Bates 1990a) zeigt in der multivariaten Analyse auch die Vorgesetztenerfahrung des Gründers keine signifikanten Einflüsse. Wiederum könnte der Wirkungsmechanismus allein über Selektionseffekte laufen. Zweifellos überraschend ist, daß Vorgesetztenerfahrung auch dann keinen Effekt ergibt, wenn wir diese Variable in einer ergänzenden Analyse folgendermaßen
9
Spitzenreiter in der Befragung war eine Person, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebes, auf den sich das Interview bezog, bereits zehn Gewerbemeldungen hinter sich hatte.
118
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
spezifizieren: Unsere Vermutung war, daß Vorgesetztenerfahrung vor allem dann von Bedeutung ist, wenn der Gründer die Firma nicht allein betreibt, sondern von Anfang an Arbeitskräfte beschäftigt sind. Dies würde bedeuten, daß Vorgesetztenerfahrung als Interaktionseffekt mit der Zahl der Beschäftigten zu modellieren wäre. Aber auch bei dieser Art der Modellierung bleibt die Vorgesetztenerfahrung ohne Einfluß. Der erste Faktor auf Seiten der Betriebscharakteristika im Basismodell ist, ob es sich um eine vollständige Neugründung oder um eine Firmenübernahme handelt. Dabei zeigt sich, daß die Bestandsaussichten von Firmenübernahmen zwar günstiger sind, gleichzeitig aber deren Expansionspotential als geringer zu veranschlagen ist. Zuvor schon bestehende Firmen, die von einer Einzelperson oder einem Gründungsteam übernommen wurden, haben eine um 23% niedrigere Sterberate als vollständig neu errichtete Betriebe, was sich im Sinne der These der erhöhten Neulingssterblichkeit darauf zurückführen läßt, daß sie auf eingespielte interne Routinen und auf einen mehr oder weniger festen Kundenstamm zurückgreifen können. Im Gegenzug sind Firmenübernahmen jedoch eher mit dem Problem von zum Teil schon ausgereizten Expansionsmöglichkeiten konfrontiert; im Vergleich zu originären Gründungen liegt ihre Wahrscheinlichkeit einer Personalaufstockung um 10 und ihre Wahrscheinlichkeit einer Umsatzsteigerung sogar um 18 Prozentpunkte niedriger. Eine Firmenübernahme ist demnach im Vergleich zu einer vollständigen Neugründung zwar eine risikolosere Alternative, es ist aber offenbar schwieriger, einen solchen Betrieb auf Expansionskurs zu bringen. Eine sehr klare Bestätigung im Rahmen des Basismodells findet die organisationsökologische These der „liability of smallness". Alle drei Indikatoren der Gründungsgröße (Startkapital, Beschäftigte im ersten Jahr und Handelsregisterfirma) ergeben signifikant negative Effekte auf die betriebliche Sterberate (zusätzliche Schätzungen zeigen, daß dies auch für den Umsatz gilt). Ein höheres Startkapital, mehr Beschäftigte zu Beginn und eine Gründung mit Handelsregistereintragung senken das Sterberisiko bzw. - umgekehrt formuliert - steigern die betriebliche Lebenserwartung. Insbesondere der Effekt einer Handelsregistereintragung gehört mit zu den stärksten, die wir im Basismodell überhaupt beobachten: Hätte sich der Normbetrieb z.B. als GmbH konstituiert, läge seine Überlebenswahrscheinlichkeit bei 79%. Betriebe mit einer günstigeren finanziellen Ausstattung haben zudem signifikant höhere Wahrscheinlichkeiten, ihre Beschäftigtenzahl in den ersten vier Jahren aufzustocken und pro Jahr ihren Umsatz um mindestens 10% zu steigern. Bei der Beschäftigtenentwicklung erweisen sich auch Handelsregisterfirmen als dynamischer; ihre
3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen
119
Wahrscheinlichkeit einer Personalaufstockung in den ersten vier Jahren liegt um 11 Prozentpunkte höher als die von Kleingewerbebetrieben. Die Wachstumseffekte der Kovariaten „Beschäftigte im ersten Jahr" und „Umsatz im ersten Jahr" sind interessanterweise schwach bzw. sogar negativ. Dies bedeutet, daß größere Neugründungen zumindest keine höhere Wachstumsdynamik aufweisen als die kleinen (wenn man für Startkapital kontrolliert!). Stellt man in Rechnung, daß unsere Größenindikatoren in einer Spannbreite von 0,37 (Startkapital und Beschäftigte im ersten Jahr) bis 0,71 (Beschäftigte und Umsatz im ersten Jahr) miteinander korrelieren, können die Effektstärken in Tabelle 6.1 als eine zweifellos deutliche Unterstützung für die These gewertet werden, daß „größere Gründungen" bessere Erfolgs- und Überlebenschancen haben. Von der Höhe des Startkapitals kann man dabei direkte Effekte auf die betrieblichen Erfolgschancen annehmen. Bei der Zahl der Beschäftigten zu Beginn und bei der Rechtsform wird man vermutlich nicht argumentieren, daß diese per se einen Einfluß ausüben. Dahinter stehen andere Faktoren, über die sich (was hier unterbleiben soll) trefflich spekulieren ließe. Immerhin hat man mit den Indikatoren der Gründungsgröße für die Aufgabe der prognostischen Erfolgseinschätzung betriebliche Basismerkmale, die für die Praxis relativ leicht handhabbar sind. In Abhängigkeit von den Gründungsbranchen , die in unserem Basismodell stellvertretend für die betrieblichen Umfeldbedingungen stehen, beobachten wir in Tabelle 6.1 zunächst, daß - im Vergleich zur Referenzkategorie von Gründungen im Einzelhandel - für Betriebe im verarbeitenden Gewerbe, im Bausektor und in den beiden Dienstleistungsbranchen Bildung/Verlage und Beratung günstigere Überlebenschancen bestehen. In ihrem Bestand im Vergleich zum Einzelhandel stärker gefährdet sind demgegenüber Betriebe in den Bereichen Verkehr/Spedition, Versicherung und Gastgewerbe. Die entsprechenden Überlebenswahrscheinlichkeiten eines Normbetriebes betragen: verarbeitendens Gewerbe 84%, Bau 81 %, Bildung/Verlage 70%, Beratung 64%, sonstige Dienstleistungen 62%, Großhandel 60%, Einzelhandel 59%, Handelsvermittlung 57%, Versicherung 56%, Gastgewerbe 50%, Verkehr/Spedition 48%. Gründungen im Versicherungs- und Gastgewerbe fallen auch bei der Beschäftigten- und Umsatzentwicklung relativ deutlich ab, tendenziell ebenso Speditionsfirmen. Die am ehesten überlebensfähigen Betriebe des verarbeitenden Gewerbes können zwar eher ihre Beschäftigtenzahl steigern, ohne daß dies jedoch mit überdurchschnittlichen Umsatzsteigerungen einhergeht. In der Baubranche und in der Dienstleistungsbranche Bildung und Verlage sind die Koeffizienten für den Fall des Beschäftigtenzuwachses und für den Fall der Umsatzsteigerung unterschiedlich, wobei vor allem der negative Effekt in der
120
VI. Ein Basismodell der betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen
Beschäftigtenzuwachsgleichung bei den Firmen im Bereich Bildung und Verlage auffällt. Beratungsfirmen schneiden auch beim Beschäftigten- und Umsatzzuwachs überdurchschnittlich positiv ab. Handelsvermittler schließlich, die bei der Überlebenswahrscheinlichkeit im Mittelfeld liegen, gehören mit zu den expansivsten Betrieben. Das Gesamtmuster der branchenspezifischen Unterschiede entspricht bei den betrieblichen Überlebenschancen weitgehend unseren Ausgangserwartungen, bei den beiden Expansionsindikatoren der Beschäftigten- und Umsatzentwicklung sind die Befunde allerdings erstaunlich heterogen. 10 Die in Tabelle 6.1 berichtete Kennziffer Pseudo-R2 ermöglicht eine Abschätzung der Erklärungskraft unserer Basismodelle. Mit 6,6%, 15,3% und 16,2% fällt diese Maßzahl eher bescheiden aus. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß dieses sogenannte McFadden Pseudo-R2 eine „konservative" Abschätzung der Erklärungskraft liefert. Das von manchen Autoren empfohlene McKelvey-Zavoina Pseudo-R2 beträgt für die Basisprobitmodelle auf die Überlebenswahrscheinlichkeit 51%, auf die Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigungszuwachses 46% und auf die Wahrscheinlichkeit eines Umsatzzuwachses 47%. Damit dürfte deutlich werden, daß die Erklärungskraft unserer Basismodelle durchaus zufriedenstellend ist. Auch was die Prognose betrifft, sind unsere Basismodelle erfolgreich. Errechnet man für jeden Betrieb anhand der Probitschätzer die drei Wahrscheinlichkeiten, so werden bezüglich des Überlebenskriteriums 74% richtig klassifiziert, beim Beschäftigungszuwachs wird für 69% und beim Umsatzzuwachs für 66% korrekt prognostiziert. Zusammenfassend kann das Profil einer erfolgversprechenden Betriebsgründung im Lichte unseres Basismodells folgendermaßen gezeichnet werden: Die Person des Gründers muß vor allem über vorherige Branchenerfahrung verfügen, und weiterhin sind, soweit es um die Bestandschancen des Betriebes geht, eine höhere schulische und berufliche Bildung sowie eine längere Berufserfahrung der Gründungsperson von Vorteil. Vollständig neu errichtete Betriebe haben im Vergleich zu Firmenübernahmen zwar schlechtere Überlebenschancen, aber wenn sie auf dem Markt Fuß fassen können, steckt in ihnen ein deutlich höheres Expansionspotential. Ein hohes Startkapital, mehr Beschäftigte zu Beginn und eine Handelsregistereintragung gehen mit verbesserten Erfolgsaussichten einher, was sich insbesondere bei der Überlebensfähigkeit zeigt.
10
Zu den Branchen-Dummies in unserem Basismodell sei noch vermerkt, daß man sich bei der Einschätzung der Bedeutung der Branchenzugehörigkeit nicht daran orientieren sollte, ob nun die jeweiligen Dummies signifikant sind oder nicht. Je nach Referenzkategorie, die man wählt, sehen die „Signifikanzen" sehr unterschiedlich aus.
3. Ergebnisse der Basismodellschätzungen
121
Überdurchschnittlich in ihrem Bestand gefährdet sind Gründungen in den drei Bereichen Verkehr/Spedition, Versicherung und Gastgewerbe; Betriebe im Handel liegen im Mittelbereich; und Firmen im verarbeitenden Gewerbe, im Bausektor und in den beiden Dienstleistungsbranchen Bildung/Verlage und Beratung haben eine vergleichsweise hohe Lebenserwartung. Diese Skizze des Profils einer erfolgversprechenden Betriebsgründung scheint im nachhinein (wie so oft in empirischen Studien) nicht „sehr viel Neues" zu bieten. Bedenkt man jedoch die enorme Heterogenität der Befunde der bisherigen Forschung, verdient unser Basismodell mit Sicherheit schon mehr Beachtung. So z.B. werden auf Seiten der Gründungsperson eine ganze Reihe von individuellen Merkmalen der Gründer als „hallmarks of the entrepreneurial personality" (Begley und Boyd 1987: 78) postuliert, ohne daß bislang die Schlüsselrolle von vorheriger Branchenerfahrung offenkundig wurde. Zu den „hallmarks" gehören regelmäßig auch die Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung, die in unserem Modell bei Kontrolle der anderen Faktoren keine direkten Effekte zeigen. Auch das deutlich defensivere Verhalten von Gründern mit längerer Berufserfahrung wird in der bisherigen Forschung nicht diskutiert. Und nirgendwo wird das „Doppelgesicht" von Firmenübernahmen empirisch klar belegt. Indem wir das Basismodell, das uns für die weiteren Analysen einen Satz von unverzichtbaren Kontrollvariablen liefert, in den folgenden Kapiteln VIIIX vielfältig ausdifferenzieren, sollen zusätzliche „erfolgsrelevante Aspekte" eingefangen werden. In Kapitel V I I wird das Basismodell um personenbezogene Bestimmungsgründe betrieblichen Erfolgs erweitert; Kapitel V I I I bringt weitere betriebliche Startcharakteristika ins Spiel; und in Kapitel IX schließlich werden wir uns genauer den umfeldbezogenen Erfolgsfaktoren zuwenden.
V I I . Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren Die Person des Unternehmensgründers wurde im Rahmen des Basismodells über fünf Aspekte der Humankapitalausstattung berücksichtigt. Das „allgemeine Humankapital" wurde dabei mittels der zwei, relativ stark aggregierten Maße der Bildungs- und Berufserfahrungsjahre abgedeckt und das „spezifische Humankapital" mittels der drei, dichotom gehaltenen Indikatoren der Branchen-, Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung. In Abschnitt VII. 1 sollen diese Analysen mit Blick auf den theoretischen Stellenwert der Humankapitaltheorie vertieft werden. Gänzlich ausgeblendet bei der Konstruktion und empirischen Überprüfung des Basismodells blieb (aus noch zu erläuternden Gründen) die Perspektive sozialer Netzwerke. Teilaspekte dieser Theorie in Form von Faktoren der sozialen Netzwerkeingliederung des Gründers werden in Abschnitt VII. 2 eingeführt. Eine weitere offensichtliche „Leerstelle" im Basismodell ist die breite Palette soziodemographischer Merkmale der Gründungsperson. Diese Merkmale wurden vor allem aufgrund der theoretischen Vermutung nicht in das Basismodell aufgenommen, daß die Humankapitalressourcen mögliche „bivariate Anfangseffekte" demographischer Charakteristika absorbieren. Diese Vermutung bedarf einer empirischen Prüfung. Zudem muß es wohl als ein sozialer Tatbestand hingenommen werden, daß sich die öffentliche Diskussion stets bevorzugt an sozial leicht sichtbaren, demographischen Merkmalen (Männer-Frauen, Deutsche-Ausländer) orientiert, so daß jede Analyse, die diesem praktischen Informationsbedürfnis nicht Rechnung trägt, unvollständig bliebe. Exemplarisch für den Typus gruppenspezifischer Analysen auf der Basis soziodemographischer Merkmale werden in Abschnitt VII. 3 die Unterschiede zwischen Betrieben, die von Frauen, und Betrieben, die von Männern gegründet wurden, näher beleuchtet. Abschnitt VII. 4 geht dann auf weitere personenbezogene Merkmale ein. Wichtig bei der Person des Gründers erscheint schließlich noch, daß man nicht nur mehr oder weniger feststehende Merkmale der Akteure, sondern auch deren Verhalten ins Blickfeld nehmen sollte. Von zentraler Bedeutung dürften in diesem Zusammenhang die Aktivitäten des Gründers im Zuge der Vorbereitung und Planung des Betriebes sein. Diese werden in Abschnitt VII. 5 untersucht.
1. Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers
123
1. Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers Die angesprochene Differenzierung der Analyse mit Blick auf die Humankapital theorie soll in zweifacher Weise erfolgen: Gestützt auf eine genauere operationale Erfassung der Humankapitalressourcen der Gründungsperson werden im ersten Schritt einige spezielle Einzelhypothesen, die sich auf der Grundlage der Humankapitaltheorie formulieren lassen, empirisch getestet. Im zweiten Schritt werden dann, in Anlehnung an die Überlegungen aus Abschnitt II.3.b, „indirekte Selektionseffekte" des Humankapitals in die Analyse einbezogen.
a) Detailhypothesen zur Humankapitaltheorie Als bedeutsam für die Erfolgs- und Überlebenschancen eines Betriebes im Rahmen des Basismodells haben sich die schulische und berufliche Bildung, die Dauer der Berufserfahrung und (vor allem) das Vorhandensein von Branchenerfahrung erwiesen. Aus diesem Grund erscheint es lohnenswert, mit genaueren operationalen Erfassungen des Humankapitals der Gründungsperson und mit konkreteren Detailhypothesen bei diesen drei Größen anzusetzen. Gegen die vereinfachende Darstellung der schulischen und beruflichen Bildung des Gründers in Form von Bildungsjahren könnte man einwenden, daß dies (aufgrund einer zu starken Aggregierung) wichtige Teilaspekte unberücksichtigt läßt. Insbesondere mit Blick auf die berufliche Bildung des Gründers werden in der Literatur eine ganze Reihe von Einzelthesen diskutiert und erörtert, so z.B. daß vor allem eine kaufmännische Ausbildung für das Betreiben einer Firma wichtig sei, daß ein Fachhochschulstudium bessere Voraussetzungen biete als ein Universitätsstudium oder daß es vor allem auf eine Kombination von schulischer und berufspraktischer Ausbildung ankomme. Im Rahmen unseres Basismodells können wir solche Thesen überprüfen, indem wir die Kovariate „Bildungsjahre" durch eine Serie von Dummy-Variablen für den höchsten allgemeinbildenden Schulabschluß einerseits und den oder die beruflichen Ausbildungsabschlüsse andererseits ersetzen. Dazu differenzieren wir bei den allgemeinbildenden Schulabschlüssen zwischen Volks-/Hauptschulabschluß, mittlerer Reife/Realschulabschluß und Fachhochschulreife/Abitur. Bei den beruflichen Ausbildungsabschlüssen unterscheiden wir zwischen kein beruflicher Abschluß, gewerbliche/kaufmännische Lehre, Meisten/Fachschulabschluß, (Fach-)Hochschulabschluß und (Fach-)Hochschulabschluß kombiniert mit einer Lehre oder einem Meister-/Fachschulabschluß. Berechnen wir das
124
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren
Tabelle 7.1 Erfolgschancen der Betriebe in Abhängigkeit von der schulischen und beruflichen Bildung der Gründer Überleben
Beschäftigtenzuwachs
10% Umsatzzuwachs
53%
47%
55%
durch mittlere Reife/ Realschulabschluß
0,07* (1,99)
-0,11* (2,78)
-0,04 (0,83)
durch Fachhochschulreife/Abitur
0,09* (2,10)
-0,09 (1,78)
-0,05 (0,80)
durch gewerbliche/ kaufmännische Lehre
-0,02 (0,45)
0,01 (0,15)
0,01 (0,17)
durch Meister/ Fachschulabschluß
-0,01 (0,18)
-0,03 (0,44)
-0,07 (0,96)
durch (Fach-)Hochschulabschluß
0,03 (0,58)
0,06 (0,93)
-0,01 (0,17)
durch (Fach-)Hochschulabschluß mit Lehre oder Meister/Fachschulabschluß
0,22 (1,92)
0,16 (1,80)
-0,14 (1,56)
Whs. des Normbetriebes: Volks/Hauptschulabschluß kein beruflicher Abschluß Veränderung
der Whs.:
* signifikant auf dem 5%-Niveau, t-Werte in Klammern. Sowohl bei den schulischen als auch bei den beruflichen Ausbildungsabschlüssen wird jeweils der höchste Abschluß, den ein Gründer erreicht hat, betrachtet. Die Variablen wurden gemeinsam ins Basismodell eingeführt.
Basismodell mit diesen Dummy-Variablen, so erhalten wir die Ergebnisse in Tabelle 7.1. 1 Aus der Tabelle geht hervor, daß - bei Kontrolle der anderen Basismodellvariablen - ein höherer allgemeinbildender Schulabschluß der Gründer die Überlebenswahrscheinlichkeit der Betriebe signifikant verbessert (um 7 Pro-
1
Für diese Tabelle gilt ebenso wie für die meisten der folgenden Tabellen und Abbildungen: Die Schätzungen beruhen auf dem Basismodell aus Tabelle 6.1, das um die jeweils betrachteten Variablen erweitert wurde. Die Koeffizienten der Basismodell variablen werden nicht mehr berichtet. Es werden die drei Wahrscheinlichkeiten (Whs.) des Normbetriebes berichtet und die Einheitseffekte der betrachteten Variablen.
1. Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers
125
zentpunkte bei mittlerer Reife/Realschulabschluß und um 9 Prozentpunkte bei Fachhochschulreife/Abitur). Die Wahrscheinlichkeiten eines Beschäftigtenund Umsatzzuwachses werden jedoch durch eine höhere Schulbildung tendenziell sogar eher negativ beeinflußt. Das Muster der Einzeleffekte bei den beruflichen Ausbildungsabschlüssen ist sehr heterogen, und keiner der Effekte überschreitet die 5%-Signifikanzschwelle. Immerhin deutet sich an, daß die spezielle Konfiguration eines (Fach-)Hochschulabschlusses verbunden mit einer Lehre oder einem Meister-/Fachschulabschluß die Überlebenschancen der Betriebe deutlich verbessert und auch die Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigtenzuwachses steigert. Akademiker mit zusätzlicher beruflicher Ausbildung sind also besonders erfolgreiche Unternehmensgründer. Auch wenn wir die Untergliederungen der schulischen und beruflichen Ausbildungsabschlüsse noch weiter vertiefen (was in Tabelle 7.1 nicht gezeigt ist), lassen sich keine nennenswerten Unterschiede beobachten z.B. zwischen Gründern mit kaufmännischer versus gewerblicher Lehre, mit Fachhochschulreife versus Abitur, mit Fachhochschul- versus Universitätsabschluß u.ä. Insgesamt erbringt damit der Weg einer Dummy-Modellierung der Bildungsabschlüsse des Gründers gegenüber dem einfachen Basismodell kaum substantiell neue Einsichten. Stabil und unabhängig von der Modellspezifikation stets erhalten bleibt der Befund, daß eine höhere schulische und berufliche Bildung der Gründungsperson zwar die Überlebensaussichten der Betriebe erhöht, nicht aber eines Beschäftigten- und Umsatzzuwachses. deren Wahrscheinlichkeiten Die These eines konkaven Berufserfahrungs-Einkommens-Profils spielt in der theoretischen Diskussion um die Humankapitaltheorie eine wichtige Rolle. Aufgrund eines vermuteten Abschreibungseffekts auf Humankapital und aufgrund einer sich verkürzenden Amortisationszeit für Humankapitalinvestitionen wird erwartet, daß mit zunehmender Berufserfahrung von Arbeitnehmern deren Einkommen zunächst steigt, dieser Anstieg jedoch immer flacher wird und eventuell sogar ins Negative umschlägt. Übertragen auf die beruflich Selbständigen und bezogen auf das Problem der Erfolgs- und Überlebenschancen neugegründeter Betriebe könnte man ein solches konkaves Profil auch für die Berufserfahrung bei Unternehmensgründern vermuten (s. Abschnitt II.3.b). In Abhängigkeit vom Alter der Gründer gelangten bereits frühere Studien (Bates 1990a; Preisendörfer und Voss 1990) zu dem Befund, daß die Bestandschancen von Betrieben, die von Gründern in den mittleren Altersgruppen initiiert werden, vergleichsweise am günstigsten sind. Der These eines konkaven Profils können wir mit unseren Daten direkt nachgehen, indem wir - zusätzlich zum linearen Term der Berufserfahrungsjahre des Gründers - einen quadrierten Term der Berufserfahrung in das Basismodell aufnehmen. In der
126
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren 70
Q
45 40 0
10
20
30
40
Berufserfahrung in Jahren
Abbildung 7.1: Überlebenswahrscheinlichkeit der Betriebe in Abhängigkeit von der Länge der Berufserfahrung der Gründer
Schätzgleichung für die Überlebenswahrscheinlichkeit erhalten wir dabei tatsächlich einen signifikant negativen Effekt für die quadrierten Berufserfahrungsjahre, was bedeutet, daß die Überlebenschancen der Betriebe mit zunehmender Berufserfahrung ihrer Gründer zunächst steigen und dann fallen. Übersetzt in eine Graphik ergibt sich der Verlauf in Abbildung 7.1. Bis zu 29 Berufserfahrungsjahren der Gründer steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit der Betriebe zunächst an und sinkt danach ab. Ein Normbetrieb hat bei null Jahren Berufserfahrung eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 47%, bei 29 Jahren von 68% und bei 40 Jahren von 64%. Neugegründete Betriebe von Gründern mit 20-40 Jahren Berufserfahrung haben somit relativ gute Bestandschancen. Es ist noch anzumerken, daß die erhöhte Gefährdung der Betriebe, deren Gründer mehr als 40 Berufserfahrungsjahre mitbringen, nicht darauf zurückzuführen ist, daß Personen in dieser Gruppe im Beobachtungszeitraum unserer Studie die Altersruhestandsgrenze von 65 Jahren erreicht haben. Zum einen ist die Zahl der Personen, die in unserer Studie tatsächlich die Altersruhestandsgrenze von 65 Jahren überschritten haben, sehr gering, und zum anderen bleibt der Befund eines konkaven Profils auch dann erhalten, wenn wir diese Personen aus der Analyse ausklammern. Keinen konkaven Profilverlauf erhalten wir allerdings beim Beschäftigten- und Umsatzzuwachs. Wir erinnern uns, daß im Basismodell von Tabelle 6.1 der lineare Term der Berufserfahrungsjahre signifikant negative Effekte auf den Beschäftigten- und
127
1. Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers
Branchenerfahrung in der beruflichen Tätigkeit unmittelbar vor der Gündung
Branchenerfahrung nur in früherer beruflicher Tätigkeit 0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
0,12
0,14
Veränderung der Wahrscheinlichkeit Im Vergleich zu Gründern ohne Branchenerfahrung •
Überleben (60%) D Beschäftigtenzuwachs ( 4 1 % ) • U m s a t z z u w a c h s (51%)
Abbildung 7.2: Erfolgschancen der Betriebe in Abhängigkeit von der Branchenerfahrung der Gründer
Umsatzzuwachs zeigte. Bei Erweiterung der Modelle um die quadrierte Berufserfahrung ergeben sich (nicht signifikant) negative Effekte auch für die quadrierten Terme. Eine weitere Spezialhypothese, die sich aus der Humankapitaltheorie herleiten läßt, bezieht sich auf die Branchenerfahrung, die ja die in unserem Basismodell bedeutsamste Humankapitalkomponente für die betrieblichen Erfolgschancen war. Hier könnte man - wiederum mit dem Argument eines Abschreibungseffekts auf Humankapital - vermuten, daß sich eine Branchenerfahrung des Gründers, die zeitlich weiter zurückliegt, weniger deutlich auf die betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen auswirkt als eine Branchenerfahrung unmittelbar vor der Betriebsgründung. Unterteilen wir zur Überprüfung dieser Vermutung die Gründer in die drei Gruppen „keine Branchenerfahrung" (Referenzkategorie), „Branchenerfahrung nur in früheren beruflichen Tätigkeiten" und „Branchenerfahrung in der Tätigkeit unmittelbar vor der Betriebsgründung" und berechnen damit erneut das Basismodell, erhalten wir die Effekte in Abbildung 7.2. 2
2
In dieser und den folgenden Abbildungen werden die Einheitseffekte in bezug auf den Normbetrieb präsentiert (t-Werte in Klammern). Dessen Wahrscheinlichkeiten sind in der Legende aufgeführt.
128
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren
Im Vergleich zu den Gründern ohne Branchenerfahrung haben Gründer, deren Branchenerfahrung weiter zurückliegt, eine um 13 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit des Überlebens ihrer Betriebe, und Gründer mit Branchenerfahrung unmittelbar vor der Betriebseröffnung eine um 11 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit. Mithin zeigt sich auf der Dimension der Überlebenschancen kein Vorteil für die zeitlich aktuellere Branchenerfahrung. Beim Beschäftigten- und Umsatzzuwachs jedoch deutet sich in der Tat an, daß eine Branchenerfahrung unmittelbar vor der Betriebsgründung die Erfolgschancen stärker positiv beeinflußt. Während eine frühere Branchenerfahrung die Wahrscheinlichkeit eines Beschäftigten- und Umsatzzuwachses nur um 3 bzw. 10 Prozentpunkte steigert, wobei die Effekte nicht signifikant sind, sind es - mit signifikanten Effekten - bei einer unmittelbar vorhergehenden Branchenerfahrung 10 bzw. 14 Prozentpunkte. Dies stützt die These aus der Humankapitaltheorie, daß zeitlich weiter zurückliegende Qualifikationen einer „Veralterungstendenz" unterliegen.
b) Indirekte
Selektionseffekte
von Humankapital
Die Humankapitalmerkmale, die betrieblichen Charakteristika und die Umfeldfaktoren wurden in der Kausalstruktur des Basismodells als gleichgeordnete Einflußfaktoren des Erfolgs neugegründeter Betriebe behandelt. Dagegen ließe sich einwenden, daß das Zusammenwirken dieser drei Faktorengruppen in der Realität wohl „etwas komplexer" ist. Mit Bezug auf die Humankapitalressourcen des Gründers wurde in Abschnitt II.3.b bereits argumentiert, daß neben den direkten auch indirekte Effekte des Humankapitals bestehen. Die Argumentation dort war, daß das Humankapital zusätzlich zu direkten Produktivitätseffekten über indirekte Selektionseffekte wirkt. Dies dergestalt, daß Gründer mit höherem Humankapital Betriebe initiieren, die von vorneherein günstigere Erfolgs- und Überlebenschancen haben. Nachdem wir in Kapitel V I gesehen haben, daß die Bestands- und Erfolgschancen einer Gründung ganz entscheidend auch von den betrieblichen Ausgangsmerkmalen (Startkapital, Beschäftigte zu Beginn, Rechtsform und Gründungsart) abhängen, bietet es sich als Prüfmöglichkeit für die Präsenz von indirekten Selektionseffekten der Humankapitalressourcen an, daß wir deren Effekte auf die vier betrieblichen Startcharakteristika des Basismodells untersuchen. Die beiden Merkmale „Startkapital" (logarithmiert) und „Zahl der Beschäftigten im ersten Betriebsjahr" (ebenfalls logarithmiert) sind metrisch skaliert, so daß wir die Einflüsse
1. Humankapitalressourcen des Unternehmensgründers
129
Tabelle 7.2 Betriebliche Startcharakteristika in Abhängigkeit von den Humankapitalressourcen der Gründer OLS-Regression
Probit-Regression
Staltkapital
Beschäftigte
Handelsregister
Übernahme
Bildung (in Jahren)
0,195* (4,90)
0,004 (0,51)
0,020* (8,99)
-0,009* (2,79)
Berufserfahrung (in Jahren)
0,049* (4,01)
0,011* (4,18)
0,003* (4,52)
0,005* (4,74)
Branchenerfahrung (l=Ja)
0,88* (3,66)
0,39* (7,68)
0,15* (8,08)
0,07* (3,21)
Selbständigkeitserfahrung (1 =Ja)
1,41* (5,68)
0,14* (2,79)
0,12* (7,19)
0,07* (3,32)
Vorgesetztenerfahrung (1 =Ja)
1,28* (5,39)
0,31* (6,16)
0,08* (5,30)
-0,01 (0,31)
(Pseudo-) R 2
11,6%
12,5%
18,9%
4,7%
1677
1687
1687
1687
Fallzahl
* signifikant auf dem 5%-Niveau. t-Werte in Klammern. OLS-Regressionen auf die abhängigen Variablen „Startkapital" (logarithmiert) und „Beschäftigte im ersten Betriebsjahr' 4 (logarithmiert). Bei den Probitmodellen sind die Einheitseffekte berichtet, wobei der Normbetrieb mit 9%iger Wahrscheinlichkeit eine Handelsregisterfirma ist und mit 18%iger Wahrscheinlichkeit eine Firmenübernahme.
des Humankapitals auf diese Größen mittels OLS-Regression untersuchen können. Die Variablen „Rechtsform" (mit den zwei Ausprägungen Kleingewerbebetrieb und Handelsregisterfirma) und „Gründungsart" (mit den zwei Ausprägungen Firmenübernahme und vollständige Neugründung) sind dichotom, so daß als statistisches Analyseverfahren auf das binomiale Probitmodell zurückgegriffen werden kann. Die Ergebnisse der Schätzung dieser Modelle finden sich in Tabelle 7.2. Was zunächst die drei Kennziffern für die anfängliche Gründungs große (Startkapital, Beschäftigte und Rechtsform) anbelangt, zeigen sich in der Tabelle sehr starke und deutliche Effekte der Humankapitalfaktoren der Gründerperson. Personen mit einer höheren schulischen und beruflichen Bildung, mit einer längeren Berufserfahrung, mit Branchen-, Selbständigkeitssowie Vorgesetztenerfahrung investieren deutlich höhere Geldbeträge in ihre
9 Brüdcrl u. a.
130
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren
Betriebe, 3 beschäftigen von Anfang an mehr Arbeitskräfte und wählen häufiger eine Rechtsform, die aufgrund des zu erwartenden Geschäftsvolumens eine Handelsregistereintragung erfordert. Wichtig dabei ist, daß es Selektionseffekte des Humankapitals hin zu Betrieben mit günstigeren Erfolgschancen (und „größere Gründungen" haben nach den Ergebnissen von Kapitel V I eindeutig bessere Erfolgschancen) nicht nur für die Bildung, die Berufs- und Branchenerfahrung gibt, sondern auch für die zwei Faktoren „Selbständigkeitserfahrung" und „Vorgesetztenerfahrung", die im Rahmen des Basismodells keinerlei signifikante direkte Effekte auf die betrieblichen Erfolgsmaße erbrachten. So z.B. liegt die Wahrscheinlichkeit, daß eine Handelsregisterfirma gegründet wird, bei denjenigen mit Selbständigkeitserfahrung um 12 Prozentpunkte höher als bei denjenigen ohne Selbständigkeitserfahrung, und bei der Vorgesetztenerfahrung beläuft sich der entsprechende Unterschied auf 8 Prozentpunkte. Mithin können wir schlußfolgern, daß die Humankapitalkomponenten der Selbständigkeits- und Vorgesetztenerfahrung immerhin auf indirektem Weg, d.h. über die Gründungsgröße, zu einer Verbesserung der Erfolgsaussichten betrieblicher Neugründungen beitragen. Die Konsistenz und Stärke der Selektionseffekte von Humankapital mit Blick auf die Gründungsgröße kann in der Tat als überraschend eingestuft werden. Nur einer der insgesamt 15 Koeffizienten in Tabelle 7.2 bleibt unterhalb der 5%-Signifikanzschwelle. Nicht ganz so eindeutig sind die Ergebnisse für die Firmenübernahmen (Spalte 4 von Tabelle 7.2), Zwar läßt sich feststellen, daß Gründer mit einer längeren Berufserfahrung und mit Branchen- und Selbständigkeitserfahrung eher dazu neigen, eine selbständige Existenz auf dem Weg einer Firmenübernahme als auf dem Weg über eine vollständige Neugründung zu beginnen. Aber Personen mit einer höheren schulischen und beruflichen Bildung bevorzugen offenbar originäre Gründungen. Ursächlich hierfür könnte sein, daß Personen mit höherer Bildung eher spezialisierte und/oder innovative Betriebe gründen (mehr dazu in Abschnitt VIII.6), für die sich seltener passende Übernahmeobjekte finden lassen. Daß die Effekte auf der Dimension der Firmenübernahme weniger eindeutig ausfallen als auf der Dimension der Gründungsgröße, spricht nicht gegen, sondern eher sogar für indirekte Selektionseffekte des Humankapitals. Hat sich doch bei der Überprüfung des Basismodells gezeigt, daß Firmenübernahmen mit Blick auf die betrieblichen Erfolgschancen
3 Mit Bezug auf die Bildung entspricht dieser Befund genau dem, was auch Bates (1990a) in seiner Untersuchung von rund 4.000 Betriebsgründungen der Jahre 1976-1982 in den USA findet.
2. Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk
131
durchaus zweischneidig sind. Übernommene Firmen haben zwar bessere Überlebenschancen, nicht aber günstigere Expansionsmöglichkeiten. Insgesamt liefern die Befunde eine recht klare Bestätigung für die These positiver Selektionseffekte der Humankapitalausstattung. Die Bedeutung von Merkmalen der Person des Gründers für das Überleben und den Erfolg wird zum Teil über betriebliche Basismerkmale vermittelt. Die Ergebnisse unterstreichen damit das Potential der Humankapitaltheorie, den Bereich der „Personenmerkmale" des Gründers angemessen zu repräsentieren.
2. Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk Die Perspektive (egozentrierter) sozialer Netzwerke blieb bei der Konstruktion des Basismodells, dessen Komponenten aus der Humankapitaltheorie und der Organisationsökologie hergeleitet wurden, aus zwei Gründen ausgeklammert: Zum einen dürfte klar sein, daß die Faktoren der sozialen Netzwerkeingliederung eines Gründers aufgrund der Schwierigkeiten ihrer Erfassung den Erfordernissen einer prognostischen Erfolgseinschätzung, die sich auch an den Bedürfnissen der Praxis orientieren möchte, wenig entgegenkommen. Zum anderen wurden diese Faktoren in der Münchner Studie eher „beiläufig" und keineswegs systematisch mit Blick auf die „Netzwerktheorie" operationalisiert und empirisch erhoben. Gleichwohl enthält die Münchner Studie immerhin einige diesbezügliche Informationen, die in diesem Kapitel untersucht werden sollen und die im Endergebnis durchaus gewisse Aufschlüsse über den Stellenwert der Theorie vermitteln. Ausgehend von einer Reihe deskriptiver Befunde zur Rolle sozialer Beziehungen im Gründungsprozeß werden im folgenden zunächst die gewählten Operationalisierungen für die „Netzwerkvariablen" vorgestellt. Anschließend kann dann die „Netzwerk-Erfolgshypothese", also ob und inwieweit Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk des Gründers einen Einfluß auf die betrieblichen Erfolgs- und Überlebenschancen zeigen, im Rahmen des Basismodells überprüft werden. Daß soziale Kontakte, familiäre Beziehungen und Unterstützungsleistungen aus dem egozentrierten Netzwerk bei der Gründung von Betrieben eine Rolle spielen, geht aus den Antworten der Gründer auf zahlreiche Einzelfragen in der Münchner Studie hervor. So z.B. geben 38% der Befragten an, daß sie sich im Zuge der Vorbereitung ihrer Betriebsgründung bei ehemals oder derzeit selbständigen Freunden und Bekannten informierten und Ratschläge
9'
1 3 2 V I I . Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren
einholten. 40% haben in der Gründungsphase Gespräche mit anderen Unternehmensgründern zwecks Erfahrungsaustausch geführt. Gefragt, wer sie bei der Betriebsgründung in welchem Ausmaß unterstützt hat, wird volle bzw. weitgehende Unterstützung seitens des Ehe- oder Lebenspartners von 54% angegeben,4 seitens des oder der Geschäftspartner von 18%, Eltern 16%, Freunde 10%, Bekannte 8%, Verwandte 7%, frühere Arbeitgeber 6% und frühere Arbeitskollegen 5%. Von denjenigen, die zum Zeitpunkt der Gründung mit einem Ehe- oder Lebenspartner zusammenlebten, stimmen 81 % voll bzw. weitgehend der Aussage zu, daß ihr Partner den Schritt in die berufliche Selbständigkeit von Anfang an befürwortet hat, 83% der Aussage, daß sie mit ihrem Partner über die betrieblichen Probleme und Schwierigkeiten reden konnten, und 84% der Aussage, daß ihnen ihr Partner emotionalen Rückhalt gab. In 30% der Gründungen, wo die befragte Person einen Ehe- oder Lebenspartner hatte, war dieser in dem Betrieb vollzeit- bzw. teilzeitbeschäftigt, und weitere 33% geben eine regelmäßige oder gelegentliche Mitarbeit des Partners an. Schließlich haben von denjenigen, die zur Finanzierung ihrer Gründung Fremdkapital einsetzten (24% aller Befragten), 14% ein Darlehen von ihrem Lebenspartner, ihren Eltern oder von Verwandten erhalten und weitere 11% ein Darlehen von Freunden oder Bekannten.5 Diese Prozentwerte sprechen für die deskriptive Hypothese der „Netzwerktheorie", daß Unternehmensgründer beim Aufbau ihres Betriebes in einem offenbar beträchtlichen Ausmaß auf ihre sozialen Kontakte und sozialen Beziehungen zurückgreifen. Weiterhin erscheint die Interpretation zulässig, daß die in der praktischen Gründungsforschung (z.B. Szyperski und Nathusius 1977) oft erhobene Forderung, „die Familie müsse voll hinter dem Vorhaben stehen", in der Mehrheit aller Gründungsfälle kein besonderes Problem zu sein scheint.6 Einschränkend ist aber zu vermerken, daß man ähnliche Antworten hinsichtlich sozialer und familiärer Unterstützungsleistungen wohl auch für
4 28% der Befragten hatten zum Zeitpunkt der Betriebsgründung keinen Ehe- oder Lebenspartner und konnten von daher keine Unterstützung erwarten. Betrachtet man nur diejenigen mit Ehe- oder Lebenspartner, steigt die „Unterstützungsquote" auf 68%. Auf die konkrete Art der erhaltenen Unterstützung wurde bei dieser Frage nicht näher eingegangen. 5 Ein Vergleich mit der Studie von Bates (1990a) deutet an dieser Stelle darauf hin, daß Darlehen bzw. Kredite aus privaten Quellen (Familie, Freunde usw.) in den USA offenbar eine sehr viel größere Rolle spielen. 6 Dennoch geben immerhin 19% der Befragten (mit Ehe- oder Lebenspartner) die Einschätzung, daß die Betriebsgründung ihre Partnerschaft „sehr stark" bzw. „stark" belastet hat. Unterschiede zwischen Gründern, die ihren Betrieb aufgeben mußten, und Gründern, deren Betrieb noch aktiv ist, bestehen dabei nicht.
2. Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk
133
andere Lebenslagen, z.B. für abhängige BeschäftigungsVerhältnisse, erwarten würde. Auch Arbeitnehmer fragen Freunde und Bekannte um beruflichen Rat, werden von ihrem Arbeitgeber und von Arbeitskollegen unterstützt und „verarbeiten" berufliche Schwierigkeiten im familiären Kontext.
a) Operationale Erfassung der Netzwerkunterstützung Bevor wir mit der Prüfung der „Netzwerk-Erfolgshypothese" beginnen können, müssen wir die Operationalisierungen unserer „Netzwerkvariablen" erläutern. Wie bereits erwähnt, ging die Perspektive sozialer Netzwerke nur am Rande in die Münchner Befragung ein, so daß wir uns hier mit recht „bescheidenen" Umsetzungen begnügen müssen.7 Erfaßt wurden nicht allgemeine Merkmale der Netzwerkstruktur, in die ein Gründer eingebunden ist (Netzwerkgröße, Vielgestaltigkeit des Netzwerks usw.), sondern verschiedenen Unterstützungsleistungen, die der Gründer in der Anfangsphase des Betriebes aus seinem sozialen Netzwerk erhalten hat. Konkret sollen vier Meßziffern für das Ausmaß der aus dem egozentrierten Netzwerk erhaltenen Unterstützung zum Zuge kommen: (1) ein Index der „Unterstützung durch strong ties", (2) ein Index der „Unterstützung durch weak ties", (3) ein Index der „emotionalen Unterstützung durch den Ehe-/Lebenspartner" und (4) die Information zur unentgeltlichen bzw. bezahlten Mitarbeit des Ehe-/Lebenspartners im Betrieb. In Anlehnung an Granovetter's Theorie des besonderen Nutzens entfernter Bekannter (Granovetter 1973, 1983) mißt der Index der „ Unterstützung durch weak ties" das Ausmaß der Unterstützung, die der Gründer durch schwache soziale Beziehungen erhalten hat, der Index der „ Unterstützung durch strong ties" die Unterstützung durch starke soziale Beziehungen. Als schwache Bindungen werden die Beziehungen zu früheren Arbeitgebern, früheren Arbeitskollegen, Geschäftspartnern und Bekannten eingestuft, als starke Bindungen die Beziehungen zum Ehe-/Lebenspartner, zu den Eltern, Verwandten und Freunden. 8 Das Ausmaß der von diesen Personen(gruppen) erhaltenen Unter-
7
Vergleicht man jedoch mit anderen Studien, die vorgeben, empirische Tests des „network approach to entrepreneurship" zu liefern (zu diesen Studien Abschnitt II.3 c), schneidet die Münchner Studie mit Sicherheit nicht schlechter ab. 8 Die Messung von „weak" und „strong ties" bezieht sich damit in erster Linie auf die Dimension, ob die Unterstützung aus dem beruflichen Umfeld des Gründers kam oder aus dem familiären/privaten Umfeld (für eine ausführliche Diskussion der Operationalisierungsmöglichkeiten und -probleme von schwachen bzw. starken sozialen Bindungen vgl. Marsden und Campbell 1984).
134
VII. Erweiterungen des Basismodells I: Personenbezogene Erfolgsfaktoren
Stützung wurde auf fünfstufigen Skalen (mit Ausprägungen von 0-4) gemessen, und die „Unterstützungswerte" seitens der jeweils vier Gruppen wurden aufaddiert, so daß sich Indizes mit einen Wertebereich von 0-16 ergeben, wobei höhere Werte auf ein Mehr an Unterstützung hindeuten (Mittelwert des Index der „Unterstützung durch weak ties": 2,01; Index der „Unterstützung durch strong ties": 4,16). Der Index der „emotionalen Unterstützung durch den Ehe-/Lebenspartner" ist ebenfalls ein additiver Index, gebildet aus den drei Items „Mein Partner hat das Gründungsvorhaben von Anfang an befürwortet und unterstützt", „ M i t meinem Partner konnte ich über die betrieblichen Probleme und Schwierigkeiten reden" sowie „Mein Partner gab mir emotionalen Rückhalt". Die Zustimmung der Respondenten wurde auch hier auf fünfstufigen Skalen (mit Ausprägungen von 0-4) erhoben, so daß der additive Index Werte zwischen 0 und 12 annehmen kann. Wer zum Zeitpunkt der Betriebsgründung nicht mit einem Ehe- oder Lebenspartner zusammenlebte, hat auf dem Index den Wert 0 (Mittelwert des Index der emotionalen Unterstützung: 7,32). Die Information zur unentgeltlichen bzw. bezahlten Mitarbeit des Ehe- oder Lebenspartners schließlich bezieht sich auf folgendes: Mit unentgeltlicher Mitarbeit des Ehe-/Lebenspartners ist eine regelmäßige oder gelegentliche Mithilfe gemeint; mit bezahlter Mitarbeit eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung des Ehe-/Lebenspartners im Betrieb; weder Mithilfe noch Beschäftigung steht als Referenzkategorie, wobei zur Referenzkategorie auch noch all diejenigen gehören, die zum Zeitpunkt der Eröffnung ihres Betriebs keinen Ehe- oder Lebenspartner hatten (Verteilung auf die drei Gruppen: 24%, 22% und 54%).
b) Netzwerkunterstützung
und betrieblicher
Erfolg
Inwieweit zeigen nun diese vier „Netzwerkvariablen" Effekte auf die Erfolgschancen der Betriebsgründungen? Um dies zu überprüfen, wird für die drei betrieblichen Erfolgsmaße des Überlebens, des Beschäftigtenzuwachses und des Umsatzzuwachses von den Modellschätzungen in Kapitel V I ausgegangen und der Kovariatensatz des Basismodells wird jeweils um eine der Netzwerkvariablen erweitert. Indem die Netzwerkvariablen zusätzlich in das Basismodell eingeführt werden, erfolgt ein relativ „harter" empirischer Test. Die Frage ist, ob und gegebenenfalls an welchen Stellen eine Ergänzung des
2. Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk
135
Tabelle 7.3 Erfolgschancen der Betriebe in Abhängigkeit von Unterstützungsleistungen aus dem sozialen Netzwerk Überleben Beschäftigtenzuwachs 1
0,02 0,015 -
o
I
0,01 0,005 -
0 0
6
12
18
24
30
36
42
48
54
60
Monate seit Gründung Abbildung 10.2: Sterberaten für Normbetriebe mit unterschiedlichem Startkapital
können aber durchaus falsch sein, weshalb Wandel auch in Fehlschlägen enden kann. Insbesondere langfristig erweist sich Wandel oft als schädlich, weil die Entscheidungsträger gewöhnlich aufgrund beschränkter Rationalität die langfristigen Folgen von Maßnahmen kaum abschätzen können (March 1991). Die Perspektive rationaler Anpassung geht also nur davon aus, daß betrieblicher Wandel geplant ist, nicht aber daß er immer erfolgreich ist. Demgegenüber betont der organisationsökologische Ansatz, daß Betriebe strukturell träge sind. Diese Perspektive struktureller Trägheit behauptet, daß Organisationen auf Veränderungsdruck nicht mit Wandel reagieren. Hannan und Freeman (1984) argumentieren in ihrem klassischen Artikel, daß dies zwei Gründe hat: (1) Organisationsinterne und -externe Beharrungstendenzen (frühere Investitionen in Sach- und Humankapital, politische Koalitionen, Gewöhnungseffekte, gesetzliche Eintrittsbarrieren, usw.) sorgen dafür, daß Wandel - auch wenn ihn einzelne Akteure für notwendig erachten - nur sehr schwer möglich ist. (2) Wandel ist „gefährlich", weil eingespielte Routinen eventuell nicht mehr funktionieren und mühsam erworbene Kompetenzen verfallen können. Weiterhin selektiert auch die Umwelt Organisationen, die zuverlässig und berechenbar sind. Organisationen, die sich aufgrund von Wandlungsvorgängen ständig ändern, werden als unzuverlässig eingestuft und verlieren ihre „Legitimität". Der Verlust von Kompetenz und Legitimität hat zur Folge, daß Organisationen nach einem Wandel einem höheren Sterberisiko
17 Briiderl u. a.
258
X. Ergänzende Problemstellungen
ausgesetzt sind. Die Prozesse unter (1) bewirken, daß Wandel nur relativ selten auftritt. Die erhöhte Sterblichkeit nach einem Wandel führt dazu, daß sich Wandel nur sehr schwer in einer Population ausbreiten kann. Mithin vollzieht sich der Wandel der Organisationsformen in erster Linie nicht dadurch, daß sich bestehende Organisationen verändern, sondern vor allem dadurch, daß Organisationen mit alten Strukturen sterben und neue Organisationen entstehen, die von Beginn an die innovativen Strukturen aufweisen. Dies ist eines der zentralen Postulate der Organisationsökologie. Das erste Argument werden auch Anhänger der Perspektive rationaler Anpassung akzeptieren können, denn viele Fallstudien haben gezeigt, daß Wandel insbesondere in großen, bürokratischen Organisationen nicht leicht durchführbar ist. Dagegen werden sie das zweite Argument zurückweisen, denn es behauptet ja, daß all die Reorganisationsversuche, wie wir sie gerade wieder im Zuge der „Qualitätsrevolution" der letzten Jahre beobachten, vergeblich sind und nur die Sterblichkeit der sich wandelnden Betriebe erhöhen. Dies erscheint den meisten Organisationstheoretikern und auch Praktikern unplausibel. Das mag ein Grund dafür sein, weshalb Hannan und Freeman (1984, 1989: Kap. 4) ihr Argument etwas abgeschwächt haben. Betrachten wir dazu Abbildung 10.3. Die durchgezogene Linie repräsentiert das ursprüngliche Argument: Die betriebliche Sterberate folgt einer „liability of newness" und im 19. Monat erfolgt ein betrieblicher Wandel. Dieser Wandel erhöht die Sterberate aus den oben genannten Gründen um einen konstanten Multiplikator. Wandel hat also dauerhaft nachteilige Folgen. Die gestrichelte Linie repräsentiert das modifizierte Argument: Wandel setzt die „liability of newness clock" zurück auf null, d.h. ein Wandel ist gleichbedeutend mit einer Neugründung, weshalb die Sterberate nach dem Wandel wieder so hoch ist wie unmittelbar nach der Gründung. Erweist sich der Wandel als erfolgreich, wie es in Abbildung 10.3 unterstellt ist, so wird die Sterberate aber nach dem Wandel schneller fallen als zuvor und wird nach einiger Zeit sogar unter der Rate liegen, die sich ohne Wandel ergeben hätte. Diese modifizierte Argumentation ist sicher plausibler. Dennoch wird auch hier noch behauptet, daß Wandel zumindest für einige Zeit die Sterblichkeit erhöht. Ob dies stimmt, ist im Endeffekt eine empirische Frage. Deshalb sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von empirischen Arbeiten erschienen, die der Frage nachgingen, ob betrieblicher Wandel die Sterblichkeit erhöht? Einige Studien fanden ein „resetting the clock"-Muster, wie es in Abbildung 10.3 beschrieben ist (z.B. Carroll 1984a; Amburgey et al. 1993). Andere Studien fanden aber keinen Hinweis darauf, daß Wandel die Sterblichkeit erhöht (z.B.
2. Effekte betrieblichen Wandels auf die Erfolgschancen
259
—konstanter Multiplikator - - Resetting the Clock i-t
C/5
0
6
12
18
24
30
36
42
48
54
60
Monate seit Gründung Abbildung 10.3: Auswirkungen betrieblichen Wandels auf die Sterberate
Singhetal. 1986a; Delacroix und Swaminathan 1991; Haveman 1992). Mithin ist die Kontroverse um die Folgen von Wandel keineswegs geklärt. Im Rahmen dieser Diskussion hat sich auch eine zweite Fragestellung als wichtig erwiesen: Welche Faktoren beeinflussen die Wahrscheinlichkeit , daß Wandel auftritt ? Hannan und Freeman argumentierten, daß Organisationen mit zunehmendem Alter träger werden, weil sich ihre Routinen immer mehr verfestigen. Weiterhin seien große Organisationen träger, weil die internen Beharrungstendenzen (Stichwort: Bürokratisierung) stärker sind. Häufig wird in der Literatur auch die „Momentum-These" vertreten, die besagt, daß ein erster Wandel die Wahrscheinlichkeit weiteren Wandels erhöht (Wandel ist „ansteckend"). Die empirischen Studien zu den Determinanten des Wandels (z.B. Kelly und Amburgey 1991; Amburgey et al. 1993; Haveman 1993) kommen allerdings wiederum zu keinen eindeutigen Ergebnissen. Bevor wir diese beiden Fragestellungen mit den Daten der Münchner Gründerstudie untersuchen, sollen einige Grundinformationen über das Ausmaß des betrieblichen Wandels bei unseren Firmen gegeben werden. Wir baten die Gründer um Auskunft über acht Formen von Wandel. Am häufigsten kam es zu einer Geschäftsraumerweiterung: 17% der Gründer gaben an, diese Veränderung (ein- oder mehrmals) ausgeführt zu haben. Gleich darauf folgen die Veränderung der Produktpalette (15%), Veränderung des Standortes (15%) und Aufstockung des Betriebskapitals (14%). Deutlich seltener wird das 17'
260
X. Ergänzende Problemstellungen
Stammpersonal verändert (9%), die Betriebsleitung oder Geschäftsführung verändert (6%), die Rechtsform gewechselt (5%) oder der Betriebszweck geändert (5%). 4 61% der Gründer führten keine dieser Veränderungen aus. Ob die Quote von 39% sich verändernder Betriebe hoch oder niedrig ist, kann mangels Vergleichszahlen kaum beurteilt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber, daß jeder fünfte Betrieb (22%) zwei oder mehr Formen von Wandel angab und damit als ausgesprochen veränderungsfreudig einzustufen ist. Die von uns erhobenen acht Formen von Wandel können in verschiedene Typen von Wandel eingeteilt werden. In der empirischen Literatur wird meist nicht nach solchen Typen von Wandel unterschieden, doch die Vermutung liegt nahe, daß die Gründe für Wandel und seine Auswirkungen je nach Typ unterschiedlich ausfallen werden. Die widersprüchlichen Ergebnisse der empirischen Literatur zum Wandel sind sicher zum Großteil dadurch bedingt, daß die Studien unterschiedliche Typen von Wandel untersuchen. 5 Mithin erscheint es lohnend, einer solchen Typologisierung einige Aufmerksamkeit zu widmen. Eine erste, empirische Typologie liefert uns eine Faktorenanalyse der Korrelationsmatrix unserer acht Wandelereignisse. Anhand des Eigenwertkriteriums ergaben sich drei Faktoren, auf denen nach Varimax-Rotation folgende Variablen luden: Wandel der Routinen (Betriebszweck, Produkte), Wandel der „Hardware" (Standort, Räume, Kapital), Wandel der „Software" (Leitung, Personal, Rechtsform). Diese Typologie ergibt sich daraus, daß die Wandelereignisse eines Typs häufig gemeinsam auftreten. Beispielsweise verändern Betriebe, die sich einen neuen Betriebszweck geben, häufig auch die Produktpalette. Ebenso geht eine Veränderung des Standortes oft mit einer Erweiterung der Geschäftsräume einher. Eine zweite Typologie findet man, wenn man die Argumente von Hannan und Freeman näher betrachtet: Eine Zerstörung von Kompetenzen und damit eine Erhöhung der Sterberate findet man nur bei Veränderungen von „Kern"-Routinen bzw. -Strukturen. Veränderungen an peripheren Routinen oder Strukturen fallen mithin gar nicht
4
Zwei dieser Formen von Wandel (Geschäftsraumerweiterung und Kapitalaufstockung) sind uns bereits in Kapitel V begegnet. Dort wurden diese Wandelereignisse als Indikatoren für Erfolg verwendet. Wie wir unten sehen werden, ist dies durchaus berechtigt. 5 Diese Tendenz der empirischen Literatur jede Form von Wandel ohne weiteres zur Überprüfung der Thesen von Hannan und Freeman einzusetzen, ist wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß nur wenige Datensätze über Informationen zu betrieblichem Wandel verfugen. Nach dem Motto „der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach" werden deshalb häufig auch problematische Datensätze ausgewertet. Dies trägt nicht gerade zur Konsistenz der Forschung auf diesem Gebiet bei.
2. Effekte betrieblichen Wandels auf die Erfolgschancen
261
unter die Argumentation von Hannan und Freeman. (Zucker (1987) unterscheidet ähnlich in normalen, institutionalisierten Wandel und nicht-routinisierten Wandel.) Insofern ist zu erwarten, daß nur für Kern-Wandel die postulierten schädlichen Folgen festzustellen sind. Die meisten unserer acht Wandelereignisse sind wohl eher von peripherer Natur. Nur Veränderungen des Betriebszwecks und der Betriebsleitung wird man als Kern-Wandel bezeichnen wollen, weil diese Veränderungen Kern-Routinen bzw. Kern-Software betreffen. Bei Veränderungen der Produktpalette ist die Einordnung unklar. Sie sind peripherer Natur, wenn es sich um routinisierte Änderungen handelt, wie sie in Betrieben ständig im Zuge der Marktentwicklung ablaufen. Handelt es sich aber um Innovationen größeren Ausmaßes, so wird man eventuell von KernWandel sprechen wollen. Bevor wir zu den Ergebnissen der Modellschätzungen kommen, müssen wir noch einige Worte über die Auswertungsmethoden verlieren. Um die Erfolgsrelevanz von Wandel beurteilen zu können, muß man berücksichtigen, daß Wandel auch durch Erfolg bzw. Mißerfolg verursacht sein kann. Die Trennung von Ursache und Wirkung von Wandel kann somit nur gelingen, wenn man ein Wandelereignis zeitlich lokalisieren kann. Erst dann kann man feststellen, ob der Erfolg den Wandel bedingt hat oder ob umgekehrt der Wandel den Erfolg verursacht hat (natürlich muß man hierfür auch über dynamische Erfolgsmaße verfügen). 6 Das Jahr, in dem ein Wandelereignis zum ersten Mal auftrat, haben wir aber nur für fünf unserer acht Wandelereignisse abgefragt (Leitungswechsel, Rechtsformänderung, Standortveränderung, Raumerweiterung und Kapitalaufstockung). Mithin beziehen sich die folgenden Analysen nur auf diese fünf Formen von Wandel. Für die Frage nach den Bestimmungsgründen von Wandelereignissen können wir auf die Modelle für Ereignisdaten zurückgreifen, wie wir sie im letzten Abschnitt zur Untersuchung der Sterblichkeit verwendet haben. Das betrachtete Ereignis ist hier nicht die Abmeldung, sondern das Auftreten des jeweiligen Wandelereignisses. Wir datieren ein Wandelereignis auf die Mitte des angegebenen Jahres und führen wiederum ein Episodensplitting durch, um die Einflüsse der zeitveränderlichen Beschäftigtenzahl und der aktuellen Wachstumsrate erfassen zu können. Außerdem können wir hier nicht das proportionale log-logistische Modell verwenden, weil das Muster der Wandelraten
6
Deshalb wäre es verfehlt, einfach Wandel-Dummies in unser Basismodell betrieblichen Erfolgs aufzunehmen. Die so gewonnenen Schätzer würden Ursache und Wirkung von Wandel vermengen.
262
X. Ergänzende Problemstellungen
unbekannt ist. Deshalb schätzen wir Modelle mit stückweise konstanter Rate, bei denen die Wandelrate jedes Jahr einen beliebigen Wert annehmen kann. Um die Effekte von Wandel auf den Erfolg untersuchen zu können, verwenden wir die beiden Modelle aus Tabelle 10.3, jeweils erweitert um einen zeitveränderlichen Wandel-Indikator. 7 Dieser Indikator ist zu Beginn null und springt in dem Jahr, in dem der Wandel erfolgte, auf eins. Damit können wir feststellen, ob Wandelereignisse den späteren Erfolg beeinflussen. Man beachte, daß diese Modellierungsstrategie nur Sterberatenverläufe mit konstantem Multiplikator nach dem Wandel zuläßt (analog zur durchgezogenen Linie in Abbildung 10.3). Um das „resetting the clock"-Argument zu untersuchen, müßte man zusätzlich eine neue Zeitvariable einführen, die die Zeit seit dem letzten Wandel mißt. Aufgrund unserer kurzen Beobachtungsdauer ist diese dynamische Wirkung von Wandel kaum zuverlässig zu schätzen, weshalb wir dies auch unterlassen haben. Weiterhin beachte man, daß wir im Unterschied zum Großteil der empirischen Literatur (Ausnahmen sind Zucker 1987 und Haveman 1992) nicht nur die Folgen von Wandel für das Sterberisiko untersuchen, sondern mit dem Modell für die Wachstumsrate ein zweites Erfolgsmaß betrachten. Wir gehen dabei davon aus, daß die Argumente von Hannan und Freeman bezüglich der Effekte von Wandel auf die Sterberate analog für die Wachstumsrate gelten (Wandel senkt die Wachstumsrate). Die Ergebnisse für die fünf Modelle der Wandelrate sind in Tabelle 10.4 festgehalten. Betrachten wir zuerst das zeitliche Muster der Wandelraten. Für den Leitungswechsel schwankt die (monatliche) Rate um 0,0010, für die Standortveränderung um 0,0050 und für die Kapitalaufstockung um 0,0025. Ein klares Muster ist für die Rechtsformänderung zu erkennen, deren Rate monoton sinkt. Offenbar stellen die Gründer recht schnell fest, daß sie eine andere Rechtsform benötigen. Bezüglich der Geschäftsraumerweiterung deutet sich eine monotone Aufwärtsentwicklung an, was wohl auf das Wachstum erfolgreicher Firmen und die dadurch auftretende Raumnot zurückzuführen ist. Bezüglich der Einflußgrößen fällt auf, daß ältere Gründer mit mehr Berufserfahrung eher vor Wandel zurückschrecken. Dasselbe gilt für Firmenüber-
7 Es waren für diese Analysen zwei weitere Änderungen nötig: (1) Abmeldungen aufgrund von Rechtsformänderungen und Standortwechseln (10 Betriebe) wurden nicht als Sterbeereignis gewertet, sondern als Zensierung. Ansonsten ergäbe sich ein rein definitorisch bedingter Anstieg der „Sterberate" durch diese beiden Arten von Wandel. Nähere Erläuterungen zu den Abmeldegründen findet man in Abschnitt X.3. (2) Die Wachstumsgleichung wurde mit firmenspezifischen Dummies geschätzt (Fix-Effekt Modell; vgl. Greene 1992: Kap. 29). Dies ist nötig, um die Wirkung von Wandel von firmenspezifischen Ursachen des Wandels separieren zu können.
2. Effekte betrieblichen Wandels auf die Erfolgschancen
263
Tabelle 10.4 Bestimmungsgründe der Rate betrieblichen Wandels Leitungswechsel
Rechtsformänderung
Standortveränderung
Raumerweiterung
Kapitalaufstockung
Rate Jahr 1
0,0007
0,0026
0,0044
0,0026
0,0024
Rate Jahr 2
0,0011
0,0017
0,0060
0,0043
0,0032
Rate Jahr 3
0,0010
0,0017
0,0051
0,0055
0,0026
Rate Jahr 4
0,0007
0,0014
0,0040
0,0040
0,0027
Rate Jahr 5
0,0005
0,0003
0,0060
0,0061
0,0022
Wachstumsrate
-0,50* (2,07)
0,46 (1,38)
0,81* (3,37)
1,24* (7,11)
0,78* (3,88)
0,05 (1,46)
-0,04 (1,26)
-0,01 (0,48)
-0,00 (0,04)
-0,01 (0,44)
Berufserfahrung (in Jahren)
-0,02* (2,17)
-0,01 (1,30)
-0,03* (4,25)
-0,02* (3,13)
-0,02* (3,41)
Branchenerfahrung (l=Ja)
-0,38* (2,29)
0,02 (0,11)
0,20 (1,23)
-0,07 (0,54)
0,03 (0,22)
Firmenübernahme d=Ja)
-0,51* (2,82)
0,01 (0,03)
-0,40* (2,95)
-0,39* (3,35)
-0,38* (2,96)
Startkapital (DM, log.)
-0,03 (1,35)
-0,02 (0,99)
0,01 (0,49)
0,01 (0,39)
0,07* (3,71)
Beschäftigte (ln(Sit))
0,60* (4,57)
0,97* (6,47)
0,05 (0,65)
0,43* (5,63)
0,44* (5,15)
Handelsregisterfirma (l=Ja)
1,35* (3,24)
-0,41* (2,09)
0,21 (1,15)
0,38* (2,17)
-0,23 (1,66)
Zahl der Finnen
1652
1653
1659
1649
1641
Zahl der Splits
7132
7096
6781
6639
6695
Zahl Ereignisse
121
118
267
340
270
5,5%
4,8%
2,6%
5,3%
3,6%
(git-l) Bildung (in Jahren)
2
Pseudo-R
* signifikant auf dem 5%-Niveau. t-Werte in Klammern. Pseudo-R2 ist die prozentuale „Likelihood-Verbesserung" gegenüber dem Modell mit konstanter Rate ohne Kovariaten. Die Schätzungen beruhen auf einem Modell mit stückweise konstanter Rate. Die ersten fünf Koeffizienten geben die monatliche Rate des Wandels im entsprechenden Jahr wieder. Die anderen Koeffizienten sind die prozentualen Effekte auf die Wandelrate. Die Brancheneffekte sind in den Modellen enthalten, aus Gründen der Übersichtlichkeit aber nicht aufgeführt. nahmen (mit Ausnahme der Rechtsformänderung). Gründer mit Branchenerfahrung müssen seltener die Betriebsleitung ändern, was ein weiterer Hinweis auf die Erfolgsrelevanz dieser Variable ist. Was die Größe anbelangt, so zeigt sich recht deutlich, daß entgegen der Vermutung von Hannan und Freeman
264
X. Ergänzende Problemstellungen
größere Betriebe häufiger Wandelereignisse aufweisen. Dies gilt insbesondere für die Beschäftigtenzahl, während ein Mehr an Startkapital nur die Rate für eine Kapitalaufstockung erhöht. Schließlich fällt für Handelsregisterfirmen die hohe Rate eines Leitungswechsels und die niedrige Rate eines Rechtsformwechsels ins Auge. Letzteres deutet darauf hin, daß sich hauptsächlich für Kleingewerbetreibende die Notwendigkeit eines Rechtsformwechsels ergibt. Das interessanteste Ergebnis erhalten wir aber bezüglich der Effekte der Wachstumsrate. Hier finden wir positive Effekte auf drei Formen von Wandel: Standort Veränderung, Raumerweiterung und Kapitalaufstockung. Das belegt deutlich, daß diese Wandelereignisse durch Erfolg bedingt sind. Umgekehrt verhält es sich beim Leitungswechsel: Hier ist der Wachstumseffekt negativ, was bedeutet, daß es eher die wachstumsschwachen Firmen sind, die die Betriebsleitung verändern. Dieses Wandelereignis scheint also durch Mißerfolg bedingt. Eine Zwischenstellung nimmt die Rechtsformänderung ein: Der positive Effekt deutet daraufhin, daß eher die erfolgreichen Firmen eine neue Rechtsform anstreben. Dennoch ist der Effekt relativ klein, woraus man folgern kann, daß auch einige krisengeschüttelte Betriebe diesen Weg zu gehen versuchen. Insgesamt unterstreichen diese Resultate, daß man nicht alle Arten von Wandel über einen Kamm scheren darf. Eine weitere Typologie, die durch diese Ergebnisse nahegelegt wird, unterscheidet erfolgsinduzierten und kriseninduzierten Wandel. Eindeutig kriseninduziert erscheint nur ein Leitungswechsel. Zusätzliche Probit-Regressionen auf die drei hier nicht betrachteten Formen von Wandel zeigen, daß auch Veränderungen des Betriebszwecks wohl eher kriseninduziert sind (dieses Ergebnis ist wegen der oben angeführten methodischen Probleme unsicher). Es fällt auf, daß genau die beiden kriseninduzierten Formen von Wandel oben als KernWandel klassifiziert wurden. Mithin verweisen diese Ergebnisse darauf, daß nur zwei Formen von Wandel aus unserer Liste (Veränderung der Betriebsleitung und Veränderung des Betriebszwecks) Reaktionen auf krisenhafte Entwicklungen darstellen und daß auch nur diese beiden Kompetenzen zerstören. Deshalb sollte man entsprechend der Theorie struktureller Trägheit auch nur für diese beiden Formen von Wandel erfolgsmindernde Effekte beobachten.8
8
Eine Probit-Regression zeigt nur andeutungsweise, daß auch Produktwandel kriseninduziert ist. Das unklare Ergebnis ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß zwar einerseits Mißerfolg ein wichtiger Motivator für Innovationen ist, andererseits aber auch erfolgreiche Unternehmen genügend Mittel für Produktwandel erwirtschaften. In Verbindung mit den obigen Überlegungen, ob Produktwandel Kern- oder peripherer Wandel ist, folgt, daß man vier Typen von Produktwandel unterscheiden muß. Besonders schädliche Folgen sollte kriseninduzierter Kern-Wandel haben.
2. Effekte betrieblichen Wandels auf die Erfolgschancen
265
Tabelle 10.5 Effekte betrieblichen Wandels auf den Erfolg Fix-Effekt Modell jährliche Wachstumsrate
log-logistisches Modell betriebliche Sterberate
-0,107* (3,46)
-0,42 (1,66)
d=Ja)
0,000 (0,00)
-0,46 (1,83)
Veränderung des Standortes (l=Ja)
-0,024 (1,04)
-0,62* (4,34)
Erweiterung der Geschäftsräume
-0,019
(l=Ja)
(1.01)
-0,54* (3,51)
Aufstockung des Betriebskapitals
-0,010 (0,45)
-0,58* (3,63)
Veränderung der Betriebsleitung (1 = Ja) Veränderung der Rechtsform
(l=Ja)
* signifikant auf dem 5%-Niveau, t-Werte in Klammern. Jeder der fünf zeitveränderlichen Indikatoren für Wandel wurde einzeln den beiden Modellen aus Tabelle 10.3 hinzugefügt.
Die Effekte
betrieblichen
Wandels auf den Erfolg sind in Tabelle 10.5
zusammengestellt. Es zeigt sich, daß die erfolgsinduzierten Arten von Wandel (StandortVeränderung, Geschäftsraumerweiterung , Kapitalaufstockung)
die
betriebliche Sterberate signifikant vermindern. Die Effekte einer Rechtsformänderung und eines Leitungswechsels haben zwar ebenfalls ein negatives Vorzeichen, verbleiben jedoch unterhalb der 5%-Niveau Signifikanzschwelle. Das Ergebnis mit Blick auf die Veränderung der Betriebsleitung entspricht damit nicht den pessimistischen Erwartungen der Theorie struktureller Trägheit. Die besondere Rolle eines Wechsels der Betriebsleitung wird allerdings deutlicher sichtbar, wenn wir in Tabelle 10.5 die Effekte der fünf Arten von Wandel auf die Wachstumsrate betrachten: Nur ein LeitungsWechsel senkt die Wachstumsrate in nennenswertem Ausmaß. Insgesamt können unsere Ergebnisse als eine Differenzierung der Argumentation von Hannan und Freeman betrachtet werden: Nur kriseninduzierte erfolgsmindernde
Veränderungen der Kern-Routinen haben tendenziell
Wirkung
(was sich in unseren Daten nicht beim Erfolgsmaß
„Überleben" , beim Erfolgsmaß
„ Wachstum " aber deutlich zeigt). Allerdings
müssen unsere Analysen die Frage nach den langfristigen Folgen von Wandel unbeantwortet lassen: Kommen Betriebe, die aufgrund einer Krise ihre KernRoutinen geändert haben, langfristig wieder auf die Erfolgsstraße zurück? Zur Beantwortung dieser Frage müßte man Betriebe über wesentlich längere Zeiträume beobachten, als wir dies in der Münchner Gründerstudie getan haben.
266
X. Ergänzende Problemstellungen
3. Gründe für die Auflösung von Betrieben Das Überlebenskriterium, das wir in unseren empirischen Analysen der Kapitel V-IX verwendeten, bezog sich auf den Tatbestand einer offiziellen Gewerbeabmeldung. Der deskriptive Ausgangsbefund dabei war, daß in unserem gesamten Untersuchungszeitraum bzw. drei Jahre nach der Gewerbeanmeldung 32% bzw. 26% der Betriebsgründungen eine Gewerbeabmeldung zu verzeichnen hatten (Abschnitt V.2). Nun dürfte klar sein, daß sich hinter einer Gewerbeabmeldung sehr verschiedene Dinge verbergen können. Die Gründe, Motive und Formen einer Betriebsauflösung variieren und können sich im konkreten Einzelfall recht komplex gestalten, was gewisse Probleme einer angemessenen Erhebung mit sich bringt. Wichtig erscheint vor allem die Vermutung, daß eine Gewerbeabmeldung in vielen Fällen nicht ohne weiteres ein „betriebliches Scheitern" bedeutet. Das Hauptanliegen dieses Abschnitts ist die Überprüfung der Frage, ob und inwieweit sich unsere Resultate zu den Bestimmungsfaktoren des Überlebens neugegründeter Betriebe verändern, wenn wir - ausgehend von einer Gewerbeabmeldung - das Bestandskriterium stärker in Richtung der Vorstellung eines betrieblichen Scheiterns konkretisieren. Bevor diese Konkretisierung erfolgen kann, müssen wir zunächst etwas ausführlicher die vier Einzelschritte dokumentieren, mit denen in der Münchner Studie versucht wurde, die Modalitäten und Begleitumstände der Auflösung eines Betriebes zu erfassen. Die Darstellung der diesbezüglichen Ergebnisse vermittelt zum einen einen Einblick in die Vielschichtigkeit der „Gründe" für eine Gewerbeabmeldung, und zum anderen verweist sie auch auf einige wichtige Konsequenzen für die Betroffenen. Den Betrieben bzw. Gründern mit einer Gewerbeabmeldung wurde im ersten Schritt eine Liste mit zehn möglichen Gründen für eine Betriebsaufgabe vorgelegt, wobei versucht wurde, die wichtigsten Auflösungsgründe abzudekken (einen Überblick über Gründe für die Stillegung von Betrieben gibt z.B. Hall 1992). Jeweils auf einer fünfstufigen Skala sollten die Befragten angeben, inwieweit jeder Einzelaspekt bei der Abmeldung ihres Betriebes eine Rolle spielte. Die Rangfolge der Zustimmungsquoten (Ausprägungen „trifft weitgehend zu" bzw. „trifft voll und ganz zu" auf der fünfstufigen Skala) gestaltet sich in dieser Liste wie folgt: Mit 32% an der Spitze steht das Argument einer „zu starken Konkurrenz", gefolgt mit 24% von der Diagnose „schlechter Bedingungen in der Branche, in der der Betrieb gegründet wurde". An dritter Stelle steht mit 21% die Klage über „unzureichende Beratung und Unterstützung von außen". Gleichauf mit jeweils 17% liegen die zwei Gründe
3. Gründe für die Auflösung von Betrieben
267
„ungünstiger Standort" und „mangelnde Ausstattung des Betriebs mit Eigenkapital". 16% gestehen „mangelnde eigene Erfahrungen in der Branche, in der der Betrieb gegründet wurde" zu. Eher von untergeordneter Bedeutung sind mit 12% „unzureichende eigene kaufmännische Kenntnisse", mit 11% „mangelnde Ausstattung des Betriebs mit Fremdkapital", mit ebenfalls 11% die „schlechte gesamtwirtschaftliche Lage" und mit 9% „Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden". In der Zuschreibung der Verantwortung betonen die Gründer mithin sogenannte externe Umstände (Konkurrenz, Branchenbedinungen), der Faktor der Kapitalausstattung des Betriebes nimmt eine Mittelposition ein, und mangelnde persönliche Voraussetzungen (kaufmännische Kenntnisse, Branchenerfahrung) werden eher am Ende plaziert. 9 Dieses Attribuierungsmuster entspricht wohl weitgehend den Ausgangserwartungen, wobei sich an dieser Stelle offenbart, daß man mit einer direkten Abfrage von Gründen bei tendenziell heiklen Sachverhalten rasch auf die Grenzen der Befragungsmethode stößt. In Antizipation dieser Probleme wurde in der Münchner Studie noch eine zweite Liste möglicher Gründe für die Gewerbeabmeldung erprobt. Wiederum mit zehn Unterpunkten wurde gefragt, ob ein bestimmtes Statement zutraf oder nicht (mit einer bloßen „ja-nein" Antwortmöglichkeit). Diesmal ergeben sich folgende Antworten: 50% stimmen der Aussage zu, daß sich der Betrieb langfristig nicht lohnte. An zweiter Stelle rangiert mit 30% die Aufgabe des Betriebes aus familiären bzw. persönlichen Gründen. 12% geben an, daß der Betrieb in Liquiditätsschwierigkeiten war, und 10%, daß Unstimmigkeiten zwischen den Geschäftspartnern der Auslöser waren. Den beiden Vorgaben, daß die Steuerbelastung zu hoch war und daß die Abmeldung aufgrund von personellen Veränderungen im Betrieb erfolgte, pflichten jeweils 6% bei. Die verbleibenden vier Gründe in der Listenvorlage (Abmeldung aufgrund einer Rechtsformänderung, Betriebsaufgabe wegen Wohnortwechsels, Betriebsverlegung wegen Wohnortwechsels sowie günstiger Verkauf bzw. günstige Vermietung/Verpachtung des Betriebs) erreichen jeweils nicht mehr als 2%. Immerhin 17% verweisen explizit darauf, daß von den zehn vorgegebenen Gründen, von denen mehrere genannt werden konnten, keiner ihre spezielle Situation bei der Betriebsaufgabe angemessen beschreibt. In der Tat erscheinen diese Auskünfte sehr viel aufschlußreicher als die Antworten auf die erste Liste. Interessant sind insbesondere die niedrigen Anteile, die man als eher
9 Eine Untersuchung der 10-Item-Liste mittels Faktorenanalyse deutet auf die genannte Dreiteilung der vorgegebenen Gründe in externe Umstände, Kapitalausstattung und persönliche Voraussetzungen hin.
268
X. Ergänzende Problemstellungen
reibungslose oder sogar ertragreiche Betriebsaufgaben bezeichnen kann (günstiger Verkauf bzw. günstige Vermietung/Verpachtung, Rechtsformänderung, Betriebsverlegung wegen Wohnortwechsels). Während man bei all denen, die familiäre bzw. persönliche Gründe für die Abmeldung des Betriebes angeben oder alle vorgegebenen Gründe als nicht einschlägig bescheiden, letztlich nicht sagen kann, was im Detail hinter der Gewerbeabmeldung steckt, läßt sich mithilfe der zwei Positionen „Der Betrieb war in Liquiditätsschwierigkeiten" und „Der Betrieb lohnte sich langfristig nicht" relativ klar eine Gruppe von in wirtschaftlicher Hinsicht gescheiterten Betrieben lokalisieren. Die Größe dieser Gruppe beläuft sich auf 57% aller Gewerbeabmeldungen. Damit haben wir eine erste Konkretisierung dessen, was man mit der Vorstellung eines wirtschaftlich gescheiterten Betriebes verbinden könnte. 10 Im dritten Schritt zielten zwei Einzelfragen darauf ab,finanzielle Verluste für die Beteiligten zu erfassen. Direkt gefragt, ob die Gründung und das Betreiben der Firma für sie persönlich mit finanziellen Verlusten verbunden war, gestehen dies 52% der Befragten mit einer Gewerbeabmeldung ein. Finanzielle Verluste für andere Personen, z.B. für Geschäftspartner, Lieferanten oder Kreditgeber, gab es bei 13% der abgemeldeten Betriebe. Die Ergebnisse zu diesen beiden Fragen werden wir unten als zwei weitere Konkretisierungen für betriebliches Scheitern verwenden. Bei der Teilgruppe der Gründer, die als Grund für ihre Gewerbeabmeldung angeben, daß der Betrieb in Liquiditätsschwierigkeiten war und/oder sich langfristig nicht lohnte, steigt die Quote mit eigenen finanziellen Verlusten auf 65% (gegenüber 35% bei der Vergleichsgruppe) und die Quote mit finanziellen Verlusten für andere auf 18% (gegenüber 6% bei der Vergleichsgruppe). Um schließlich noch einen gewissen Einblick in das weitere berufliche Schicksal der betroffenen Gründer zu erhalten, wurde im vierten und letzten Schritt erhoben, was sie unmittelbar nach der Abmeldung ihres Betriebes gemacht haben, d.h. in welcher beruflichen bzw. sozialen Stellung sie sich befanden. 23% verblieben im Bereich der beruflichen Selbständigkeit, 47% übernahmen eine abhängige Beschäftigung, 5% waren arbeitslos, 14% wen-
10 Eine Aussage dergestalt, daß es sich bei zwei Dritteln aller Gewerbeabmeldungen um wirtschaftlich gescheiterte Betriebe handelt, kann im Lichte dieser Befunde als Minimalschätzung dienen. Zu bedenken ist, daß sich auch noch in den zwei relativ großen Gruppen „keiner der aufgeführten Gründe trifft zu" und „familiäre/persönliche Gründe" wirtschaftlich gescheiterte Betriebe verbergen dürften. Weiterhin muß berücksichtigt werden, daß es in der Interviewsituation für die Betroffenen zum Teil schwierig bzw. unangenehm ist, ein wirtschaftliches Scheitern ihres Betriebes einzugestehen.
3. Gründe für die Auflösung von Betrieben
269
deten sich komplett der Haushaltstätigkeit zu, und die restlichen 11 % befanden sich in einer sonstigen Nichterwerbstätigkeit (inklusive Ausbildung). Nach diesen deskriptiven Vorarbeiten können wir nun zur Hauptfrage dieses Abschnitts übergehen, nämlich ob sich unsere Befunde bezüglich der Einflußfaktoren auf das Überleben der Betriebe ändern, wenn wir anstelle der offiziellen Gewerbeabmeldung Maße verwenden, die näher an die Vorstellung betrieblichen Scheiterns herankommen. Was die Einflußfaktoren auf das Überleben anbelangt, haben wir den Kovariatensatz unseres Basismodell, so daß hierzu keine weiteren Erläuterungen notwendig sind. Gestützt auf die Ergebnisse zu den Gründen und Modalitäten der Betriebsauflösungen, sollen vier betriebliche „Todeskonzeptionen" zum Zuge kommen: (1) wie gehabt und lediglich zu Vergleichszwecken die bloße Gewerbeabmeldung („Scheitern 7"), (2) eine Gewerbeabmeldung aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten und/oder deshalb, weil sich der Betrieb langfristig nicht lohnte („Scheitern 2"), (3) eine Gewerbeabmeldung mit finanziellen Verlusten für die befragte Gründungsperson („Scheitern 3") und (4) eine Gewerbeabmeldung mit finanziellen Verlusten für andere Beteiligte („Scheitern 4"). Im Lichte von Scheitern 1 sind (was wir schon wissen) 26% der untersuchten Gründungen betriebliche Mißerfolge, da sie im Verlauf der ersten drei Jahre im Gewerberegister gelöscht wurden, im Lichte von Scheitern 2 15%, bei Scheitern 3 13% und bei Scheitern 4 lediglich 4 %. Mithin wird die Gruppe von Mißerfolgsbetrieben bei den vier Konzeptionen zunehmend eingeengt. Für die Schätzung der Modelle genügen einfache, binomiale Probitmodelle, deren Ergebnisse in Tabelle 10.6 festgehalten sind. Die erste Spalte in der Tabelle (Scheitern 1) ist nicht mehr als eine Wiederholung der Ergebnisse aus der früheren Tabelle 6.1 (Abschnitt VI.3). Allerdings sind die Vorzeichen der Koeffizienten genau umgekehrt, da jetzt die Einflüsse auf eine Gewerbeabmeldung in den ersten drei Jahren und nicht auf das Überleben (d.h. keine Gewerbeabmeldung in den ersten drei Jahren) betrachtet werden. Die geringfügigen Unterschiede in der Größe einiger Koeffizienten ergeben sich daraus, daß die Schätzungen jetzt auf einem binomialen, in der früheren Tabelle jedoch auf einem bivariaten Probitmodell basieren. Bereits ein erster Überblick über Tabelle 10.6 vermittelt den Gesamteindruck, daß die Ergebnisse über die vier Modelle hinweg weitgehend stabil bleiben. Unabhängig davon, ob wir das Scheitern einer Betriebsgründung am bloßen Tatbestand einer Gewerbeabmeldung, an einer Gewerbeabmeldung aus wirtschaftlichen Gründen (Liquiditätsprobleme, Betrieb lohnte sich langfristig
270
X. Ergänzende Problemstellungen
nicht) oder an einer Gewerbeabmeldung mit finanziellen Verlusten für die Beteiligten festmachen, stets zeigt sich, daß Gründer mit einer längeren schulischen und beruflichen Bildung und mit mehr Berufserfahrungsjahren bestandsfähigere Betriebe initiieren. Der Effekt der Branchenerfahrung ist in allen vier Modellen signifikant, während sich die Vorgesetztenerfahrung als weitgehend bedeutungslos erweist. Die einzige Zusatzinformation, die wir bei den Humankapitalvariablen aus Tabelle 10.6 gewinnen, bezieht sich auf die Selbständigkeitserfahrung. Hier ergibt sich, daß Gründer mit vorheriger Selbständigkeitserfahrung signifikant häufiger Betriebe ins Leben rufen, die im Endeffekt mit finanziellen Verlusten für andere aufgelöst werden. Offenbar ist mit früherer Selbständigkeitserfahrung zumindest insoweit ein Lerneffekt verbunden, daß man sich selbst vor finanziellen Verlusten schützt und eher anderen Beteiligten (Geschäftspartnern, Lieferanten, Kreditgebern usw.) die finanzielle Bürde überläßt - zweifellos ein etwas fragwürdiger Lernerfolg. Was die betrieblichen Startcharakteristika anbelangt, können wir aus Tabelle 10.6 zunächst ablesen, daß von einer höheren Bestandsfestigkeit von Firmenübernahmen im Vergleich zu vollständigen Neugründungen dann nicht mehr gesprochen werden kann, wenn wir zu restriktiveren Messungen der Bestandsgefahrdung bzw. des betrieblichen Scheiterns übergehen. Auch zur „liability of smallness", an deren Gültigkeit insgesamt nicht gerüttelt werden kann, liefert Tabelle 10.6 zwei interessante Zusatzinformationen. Erstens ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine Firma mit finanziellen Verlusten für andere aus dem Leben scheidet, weitgehend unabhängig von der Anfangsgröße. 11 Zweitens steigt die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsauflösung mit finanziellen Verlusten für die Gründungsperson (Scheitern 3) mit der Höhe des eingesetzten Startkapitals signifikant an. Der letztgenannte Befund unterstreicht unsere Überlegungen aus Abschnitt V I I I . l . b , daß ein Mehr an Startkapital zwar die Bestandsaussichten eines Betriebes verbessert, gleichzeitig sich aber auch das finanzielle Risiko für die Gründungsperson erhöht. Die Brancheneffekte in Tabelle 10.6 verweisen durchgehend in die Richtung, daß - im Vergleich zur Bezugsgruppe der Gründungen im Einzelhandel die Betriebe im verarbeitenden Gewerbe und in der Baubranche eher erfolgversprechend sind. Alle weiteren Effekte der Branchenzugehörigkeit sind relativ schwach ausgeprägt, wobei die Koeffizienten von Modell zu Modell
11 Hierbei dürften sich die beiden Effekte, daß bei größeren Gründungen Abmeldungen seltener, finanzielle Verluste im Fall einer Abmeldung jedoch häufiger sind, wechselseitig kompensieren.
3. Gründe für die Auflösung von Betrieben
271
Tabelle 10.6 Basismodelle des Prozesses betrieblichen Scheiterns Scheitern 1
Scheitern 2
Scheitern 3
Scheitern 4
Branche (1= Sonstige Dienstleistungen)
64% -0,021* (3,85) -0,005* (3,14) -0,12* (4,26) 0,04 (1,32) -0,02 (0,57) -0,06 (1,79) -0,008* (2,52) -0,054* (3,00) -0,21* (5,48) -0,25* (5,67) -0,22* (3,02) -0,01 (0,03) 0,03 (0,38) 0,11 (1,89) 0,03 (0,54) 0,08 (1,28) -0,11 (1,25) -0,05 (0,94) -0,02 (0,28)
51% -0,014* (2,78) -0,002 (1,64) -0,10* (4,27) -0,01 (0,10) -0,05 (1,83) -0,04 (1,07) -0,006* (2,07) -0,039* (2,32) -0,13* (3,61) -0,14* (3,48) -0,18* (2,69) 0,05 (0,99) -0,05 (0,74) 0,08 (1,51) -0,02 (0,28) 0,09 (1,48) -0,03 (0,37) -0,08 (1,83) -0,02 (0,45)
52% -0,020* (3,78) -0,003 (1,76) -0,12* (4,63) -0,05 (1,65) -0,01 (0,03) -0,01 (0,44) 0,008* (2,52) -0,026 (1,50) -0,14* (4,12) -0,15* (3,66) -0,12 (1,78) 0,08 (1,64) -0,01 (0,21) 0,06 (1,17) -0,06 (1,06) 0,04 (0,65) 0,02 (0,24) -0,03 (0,67) -0,04 (0,77)
26% -0,004 (1,38) -0,002* (2,21) -0,03* (2,47) 0,05* (2,25) 0,01 (0,36) 0,01 (0,75) 0,002 (0,82) 0,011 (1,05) -0,01 (0,06) -0,05* (2,94) -0,05 (1,46) 0,01 (0,50) 0,01 (0,30) -0,01 (0,28) -0,03 (0,82) 0,05 (1,56) -0,04 (0,59) -0,01 (0,22) -0,05 (1,64)
Pseudo-R2 Fallzahl
18,4% 1677
15,0% 1677
10,8% 1673
7,6% 1672
Whs. des Normbetriebs Bildung (in Jahren) Berufserfahrung (in Jahren) Branchenerfahrung (1 = Ja) Selbständigkeitserfahrung (l=Ja) Vorgesetztenerfahrung (l=Ja) Firmenübernahme (l=Ja) Startkapital (DM, logarithmiert) Beschäftigte im ersten Jahr (logarithmiert) Handelsregisterfirma (l=Ja) Branche (1 = verarbeitendes Gewerbe) Branche (1 = Baugewerbe) Branche (1 = Großhandel) Branche (^Handelsvermittlung) Branche (1= Verkehr/ Spedition) Branche (1 = Versicherungsgewerbe) Branche (1 = Gastgewerbe) Branche (1 = Bildung/Verlage) Branche (l=Beratung)
* signifikant auf dem 5% -Niveau, t-Werte in Klammern. Es handelt sich um binomiale Probitmodelle, wobei die Einheitseffekte auf die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns, ausgehend vom Normbetrieb, angeführt sind. Die Definitionen der Typen von Scheitern finden sich im Text. Ansonsten siehe Tabelle 6.1 (Abschnitt VI.3).
272
X. Ergänzende Problemstellungen
zum Teil die Vorzeichen wechseln. Stellt man auf die Konsistenz der Vorzeichen ab, lassen sich noch die Gründungen im Gastgewerbe eher als Problemfälle, die Gründungen in der Beratungsbranche hingegen eher als Erfolgsfälle einstufen. Insgesamt können wir die Ergebnisse dieses Abschnitts wie folgt zusammenfassen: Die Gründe und Begleitumstände von Betriebsauflösungen sind in der Regel vielschichtig, und es erweist sich - abgesehen von den Problemen einer validen Erfassung mit dem Instrument der Befragung - als schwierig, sie in eine halbwegs schlüssige Systematik zu bringen. Zumindest für die Fragestellung, welche Faktoren auf das Sterberisiko neugegründeter Betriebe einwirken, erscheint dies jedoch nicht besonders problematisch, denn die Ergebnisse sind weitgehend unabhängig von der genauen Art der Messung des Scheiterns eines Betriebes. Für die Verwendung der offiziellen Gewerbeabmeldung als Meßgröße spricht die relative Unzweideutigkeit dieses Kriteriums und nicht zuletzt auch die Möglichkeit einer relativ problemlosen Erfassung (sei es per Befragung und/oder direkt durch Rekurs auf das Gewerbemelderegister).
4. Betrieblicher Erfolg im Lichte der ergänzenden Erfolgskennziffern Zusätzlich zu den drei Erfolgsmaßen des Überlebens, des Beschäftigtenzuwachses und des Umsatzzuwachses hatten wir in Abschnitt V.2 fünf weitere betriebliche Erfolgskennziffern eingeführt: Geschäftsraumerweiterung, Kapitalaufstockung, Gewinnerzielung, Einkommens Verbesserung und Wiederholungsabsicht. Um eine Überfülle von Einzelbefunden zu vermeiden, hatten wir diese fünf Erfolgsmaße aus den Analysen der Kapitel VI-IX ausgeschlossen. Dennoch erscheint es lohnenswert, zumindest das Basismodell auch im Lichte dieser ergänzenden Erfolgsmaße zu betrachten, was in diesem Abschnitt geschehen soll. Ausgehend von der „Zweidimensionalität" betrieblichen Erfolgs (Bestand/ finanzieller Erfolg einerseits und betriebliche Expansionstendenz andererseits), wie sie sich in Abschnitt V.3 andeutete, würde man erwarten, daß die Ergebnisse bei der Gewinnerzielung, Einkommensverbesserung und Wiederholungsabsicht tendenziell eher mit den Ergebnissen beim Überlebenskriterium Hand in Hand gehen, die Ergebnisse bei der Geschäftsraumerweiterung und Kapitalaufstockung tendenziell mit den Ergebnissen beim Beschäftigten- und Umsatzzuwachs. Mit gewissen Unterschieden ist gleichwohl zu rechnen, da jedes der ergänzenden Erfolgsmaße durchaus gewisse eigene Aspekte anspricht.
4. Betrieblicher Erfolg im Lichte der ergänzenden Erfolgskennziffern
273
Die fünf zusätzlichen Erfolgsmaße sind alle als dichotome Variablen konstruiert, so daß die Einflüsse der Kovariaten des Basismodells mittels binomialer Probitmodelle untersucht werden können. 12 Die Ergebnisse dieser Modellschätzungen finden sich in Tabelle 10.7. Zur Erinnerung sei an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen, daß wir uns bei dem Erfolgsmaß der Einkommensverbesserung auf diejenigen Gründer beschränken, die ihren Betrieb zu Vollerwerbszwecken gegründet haben und gleichzeitig vor der Gründung hauptberuflich erwerbstätig waren, so daß sich in diesem Modell die Fallzahl deutlich reduziert. Voll in Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen bei den drei zentralen Erfolgsmaßen (Überleben, Beschäftigten-, Umsatzentwicklung) sind folgende Resultate in Tabelle 10.7: Ein Mehr an schulischer und beruflicher Bildung der Gründungsperson führt nicht dazu, daß die Betriebe eine verstärkte Expansionstendenz entfalten. Die älteren Gründer mit einer längeren Berufserfahrung sind stärker defensiv orientiert, was sich an den signifikant negativen Effekten bei den beiden Wachstumsindikatoren „Geschäftsraumerweiterung" und „Kapitalaufstockung" zeigt. Der eindeutig wichtigste Einflußfaktor auf den betrieblichen Erfolg unter den Humankapitalvariablen ist und bleibt die Branchenerfahrung. Bei allen fünf zusätzlichen Erfolgsmaßen bringt sie nennenswert positive Effekte, was in der Tat als ein sehr überzeugender Beleg für die Schlüsselstellung der Branchenerfahrung gewertet werden kann. Wie gehabt der Gründungsperson als erweist sich weiterhin frühere Vorgesetztenerfahrung praktisch ohne Belang. Im Vergleich zu vollständigen Neugründungen sind Firmenübernahmen zwar die risikoloseren Unternehmen, jetzt gemessen an der Gewinnerzielung und der Einkommensverbesserung, sie haben jedoch ein eingeschränktes Expansionspotential. In erster Linie sind es die größeren Gründungen, d.h. die Betriebe mit höherem Startkapital, mehr Beschäftigten zu Beginn und mit einer Handelsregistereintragung, denen es in den ersten Jahren gelingt, einen Wachstumskurs einzuschlagen. Bei den Branchen bleibt es dabei, daß sich Gründungen im verarbeitenden Gewerbe, in der Baubranche und im Bereich der Beratung positiv von den Gründungen in anderen Branchen abheben. Im Vergleich zu dieser Liste der Übereinstimmungen halten sich die „Abweichungen" in der Gegenüberstellung von Tabelle 10.7 und der früheren
12
Für die Geschäftsraumerweiterung und die Kapitalaufstockung haben wir entsprechende Analysen mit Ratenmodellen bereits in Tabelle 10.4 präsentiert. An dieser Stelle vernachlässigen wir jedoch den zeitlichen Aspekt dieser Erfolgsmaße (was die in Abschnitt X.2 angesprochenen methodischen Probleme impliziert). 18 Brüderl u. a.
274
X. Ergänzende Problemstellungen
Tabelle 6.1 in Grenzen. 13 Gründer mit einer höheren Schul- und Berufsbildung können zwar ihre Betriebe eher am Leben erhalten, dennoch sind sie, was die Verbesserung der persönlichen Einkommenssituation der Akteure anbelangt, finanziell nicht erfolgreicher. Hierbei dürfte der Tatbestand eine Rolle spielen, daß für die Gründer mit einer längeren Ausbildungszeit das in einer abhängigen Beschäftigung erzielbare Einkommen im Durchschnitt höher liegt. Wiederum für eine Überraschung gut sind die Effekte der Selbständigkeitserfahrung. Die signifikant negativen Effekte in den Modellen zur Gewinnerzielung und zur Einkommensverbesserung unterstreichen (bei vorsichtiger Interpretation) unser Gesamtergebnis, daß vorherige Selbständigkeitserfahrung des Gründers für einen Betrieb offenbar kein Vorteil ist. Interessant auch sind, wenn man sich die deutlichen Effekte bei den Überlebenschancen vor Augen hält, die nichtsignikanten Koeffizienten des Startkapitals und der Rechtsform bei der Gewinnerzielung und der Einkommensverbesserung. An dieser Stelle zeigt sich, daß zahlreiche Gründungen mit einem hohen Startkapital oft eine längere Durststreckenphase durchlaufen müssen, ehe sich der Betrieb für die Gründer rentiert und sie ihr früheres Einkommen erreichen. Die Brancheneffekte schließlich machen unter anderem deutlich, daß es die große Gruppe der Gründungen im Einzelhandel (die Referenzkategorie bei den Branchendummies in Tabelle 10.7) offenbar schwer hat, finanziell auf einen grünen Zweig zu kommen. Wenig gewinnträchtig erscheinen zudem die Gründungen im Bildungs- und Verlagswesen sowie im Gastgewerbe. Alles in allem unterstützen die Ergebnisse dieses Abschnitts die wesentlichen inhaltlichen Schlußfolgerungen, zu denen wir bereits auf der Basis der drei Erfolgsmaße „Überleben", „Beschäftigtenzuwachs" und „Umsatzzuwachs" gelangt sind. Die zusätzlich erprobten Erfolgskennziffern tragen jedoch dazu bei, das Gesamtbild in gewissen Nuancen zu verschieben bzw. auszudifferenzieren.
13
Da die ergänzenden Erfolgsmaße wie schon gesagt auf inhalüich andere Aspekte ausgerichtet sind, kann man strenggenommen nicht von „Abweichungen" sprechen. Es handelt sich eher um zusätzliche und das Gesamtbild differenzierende Befunde.
4. Betrieblicher Erfolg im Lichte der ergänzenden Erfolgskennziffern
275
Tabelle 10.7 Basismodelle des betrieblichen Erfolgs mit den fünf ergänzenden Erfolgsmaßen
Whs. des Normbetriebs Bildung (in Jahren) Berufserfahrung (in Jahren) Branchenerfahrung (1 = Ja) Selbständigkeitserfahrung (l=Ja) Vorgesetztenerfahrung (l=Ja) Firmenübernahme (l=Ja) Startkapital (DM, logarithmiert) Beschäftigte im ersten Jahr (log.) Handelsregisterfirma (l=Ja) Branche (^Verarbeitendes Gewerbe) Branche (^Baugewerbe) Branche (^Großhandel) Branche (^Handelsvermittlung) Branche (1= Verkehr/ Spedition) Branche (1= Versicherungsgewerbe) Branche (^Gastgewerbe) Branche (l=Bildung/ Verlage) Branche (1 = Beratung) Branche (l=Sonstige Dienstleistungen) Pseudo-R2 Fallzahl
Gewinnerzielung
Einkommensverb.
Wiederholungsabsicht
Geschäftsraumerweit.
Kapitalaufstockung
70%
69%
62%
38%
39%
0,006 (1,20) -0,002 (1,36) 0,20* (6,87) -0,07* (2,24) 0,02 (0,74) 0,13* (3,65) 0,002 (0,68) 0,100* (5,83) -0,01 (0,12) 0,12* (2,88) 0,20* (2,73) 0,09* (1,96) 0,23* (3,28) 0,11 (1,87) 0,18* (2,85) 0,01 (0,18) -0,07 (0,81) 0,23* (4,72) 0,10 (1,73) 9,8% 1672
-0,003 (0,42) -0,001 (0,12) 0,15* (3,53) -0,08* (2,04) -0,01 (0,10) 0,08 (1,93) 0,001 (0,26) 0,080* (3,12) 0,01 (0,20) 0,16* (2,88) 0,23* (2,30) 0,10 (1,76) 0,24* (2,51) 0,16* (2,02) 0,25* (2,62) 0,17* (2,16) 0,09 (0,76) 0,22* (3,25) 0,19* (2,18) 5,4% 948
0,003 (0,73) 0,002 (1,74) 0,15* (5,20) -0,03 (1,17) 0,03 (0,97) 0,05 (1,65) 0,001 (0,29) 0,002 (0,11) 0,08* (2,20) 0,10* (2,36) 0,19* (2,67) 0,05 (1,24) 0,15* (2,17) -0,08 (1,58) -0,04 (0,65) -0,07 (1,33) 0,10 (1,29) 0,14* (3,00) 0,08 (1,47) . 5,9% 1673
0,003 (0,84) -0,003* (2,84) 0,04 (1,70) -0,02 (1,12) 0,01 (0,07) -0,05* (2,76) 0,005* (2,04) 0,033* (2,88) 0,14* (4,84) 0,12* (3,61) 0,06 (1,30) 0,04 (1,11) -0,01 (0,10) -0,04 (1,19) 0,06 (1,26) -0,06 (1,31) 0,02 (0,30) 0,05 (1,56) -0,04 (1,17) 10,2% 1659
0,001 (0,27) -0,004* (3,37) 0,05 (1,95) 0,02 (0,83) 0,01 (0,34) -0,06* (2,72) 0,013* (4,82) 0,051* (3,94) 0,01 (0,09) 0,10* (2,88) 0,08 (1,42) 0,04 (1,26) -0,02 (0,28) 0,07 (1,45) 0,01 (0,08) -0,05 (1,03) 0,05 (0,83) 0,05 (1,37) 0,01 (0,33) 8,3% 1654
* signifikant auf dem 5%-Niveau. t-Werte in Klammern. Es handelt sich um binomiale Probitmodelle, wobei die Einheitseffekte auf die Erfolgswahrscheinlichkeit, ausgehend vom Normbetrieb, angeführt sind. Die Definitionen der fünf Erfolgsmaße finden sich in Abschnitt V.2. Ansonsten siehe Tabelle 6.1 (Abschnitt VI.3).
18*
XI. Schluß Da wir unsere empirischen Analysen zu den verschiedenen Themenfeldern in der Regel mit einem kurzen Resümee abgeschlossen haben, kann in diesem Schlußkapitel darauf verzichtet werden, die Vielzahl der Einzelbefunde der Untersuchung nochmals zusammenfassend aufzulisten und zu wiederholen. Notwendig erscheint nicht eine summarische Ergebnisliste, sondern eher eine kurze „Globalskizze" der Befunde, die dazu beitragen kann, die inhaltlich unterschiedlich ausgerichteten Teilkapitel in den Gesamtzusammenhang der Arbeit einzuordnen. Nach dieser, viele Details unterschlagenden Gesamtskizze der Ergebnisse sollen noch einmal die Beschränkungen der vorliegenden Arbeit explizit benannt werden. Im dritten und letzten Schritt werden dann, auf der Grundlage der Erfahrungen der Münchner Studie und zum Teil mit einem Brückenschlag zu eher makrosoziologischen bzw. makroökonomischen Fragestellungen, einige „Desiderata" für die künftige Gründungsforschung formuliert.
1. Gesamtskizze der empirischen Befunde Der Erfolg eines neugegründeten Unternehmens hat recht unterschiedliche Facetten, und je nach Art des gewählten Erfolgsmaßes bzw. je nach Art der Konkretisierung betrieblichen Scheiterns fallen deskriptive Aussagen über die Quote der erfolgreichen bzw. gescheiterten Betriebe extrem unterschiedlich aus. Immerhin korrelieren die diversen Erfolgsindikatoren positiv miteinander, und trotz unserer Unterscheidung von zwei verschiedenen Dimensionen (finanzieller Erfolg und betriebliche Expansionstendenz) erscheint es nach wie vor sinnvoll, an einem einheitlichen Konzept betrieblichen Erfolgs festzuhalten. Die zwei genannten Dimensionen können nach unseren Ergebnissen wohl am besten und effizientesten durch das Überlebenskriterium einerseits und durch die Entwicklung der Zahl der Beschäftigten andererseits abgedeckt werden. Diese beiden Erfolgsmaße nehmen auch schon in der bisherigen Forschung eine zentrale Stellung ein, so daß unsere Befunde die mehr oder weniger eingespielte Forschungspraxis bekräftigen.
1. Gesamtskizze der empirischen Befunde
277
Wer nun eine Erklärung oder Prognose des Erfolgs betrieblicher Neugründungen versucht, kann sich orientieren an individuellen Merkmalen und Verhaltensweisen der Gründungsperson, an betrieblichen Startcharakteristika und/oder an den jeweiligen Kontextfaktoren, die das nähere und weitere wirtschaftliche und soziale Umfeld des Betriebes kennzeichnen. Diese drei Faktorengruppen wirken nicht unabhängig voneinander auf die betrieblichen Erfolgschancen, sie sind vielmehr in ihrer Wirkung zum Teil miteinander verknüpft, wobei vor allem Merkmale und Verhaltensweisen der Person des Gründers die Art einer betrieblichen Neugründung beeinflussen. In seiner Grundstruktur folgt der betriebliche Erfolgsprozeß gleichwohl einem weitgehend ähnlichen Muster, so daß es nicht notwendig erscheint, von vorneherein mit unterschiedlichen theoretischen Modellen der Erfolgsdeterminanten (z.B. für verschiedene Gründungsbranchen) anzutreten. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verweisen insgesamt darauf, daß ein Blick auf die betrieblichen Startcharakteristika am ehesten eine korrekte Erfolgsprognose verspricht. Eine erfolgversprechende Gründung tritt mit einer soliden finanziellen Grundausstattung an, wobei für die Bestandssicherung durchaus auch staatliche Kredite hilfreich sein können, beschäftigt von Anfang an (neben dem oder den Gründern) Arbeitskräfte, erreicht ein Niveau, das eine Rechtsform mit Handelsregistereintragung verlangt, tritt als echte Teamgründung mit branchenerfahrenen Geschäftspartnern ins Leben und ist als Betrieb angelegt, der den vollen Lebensunterhalt des oder der Gründer gewährleisten soll. Im Vergleich zu Firmenübernahmen sind vollständige Neugründungen insgesamt zwar die tendenziell problematischeren Gründungsfälle; aber dann, wenn sie auf dem Markt Fuß fassen können, haben sie sogar bessere Expansionschancen als übernommene Betriebe. Von ihrer strategischen Orientierung her folgen aussichtsreiche Betriebsgründungen eher dem Pfad der Spezialisierung, haben eher eine innovative Ausrichtung (ohne ausschließlich auf Innovation zu setzen), beschränken sich nicht auf die Bedienung lokaler Märkte und arbeiten mit dem Ziel, einen möglichst hohen Gewinn zu erwirtschaften. Soweit es um die Person des Unternehmensgründers
geht, hat sich im Ver-
lauf der Arbeit die Branchenerfahrung des Gründers als Schlüsselgröße herauskristallisiert. Vor dem Hintergrund des Tatbestandes, daß in der Gründungsforschung eine ganze Latte von individuellen Merkmalen als „Schlüsselvariablen" diskutiert werden (z.B. auch die mit zum Teil fragwürdigen Effekten verknüpfte Selbständigkeitserfahrung), erscheint dies ein zweifellos wichtiges Ergebnis. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, daß Gründer mit einer
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XI. Schluß
längeren Berufserfahrung offenbar seltener auf eine Expansion ihrer Betriebe hinarbeiten. Generell läßt sich auf der Basis unserer Befunde die Empfehlung herleiten, das breite Spektrum individueller Merkmale der Gründungsperson über die Humankapitaltheorie zu konzeptualisieren. Es konnte gezeigt werden, daß die Humankapitalausstattung des Gründers einerseits mit (direkten) Produktivitätseffekten verbunden ist und andererseits mit (indirekten) Selektionseffekten in der Form, daß Gründer mit höherem Humankapital Betriebe mit günstigeren „a priori" Erfolgschancen initiieren. Nicht zuletzt die Eigenschaft der Humankapitalressourcen, die Effekte anderer personenbezogener Merkmale (in der multivariaten Analyse) zu absorbieren, spricht für die Fruchtbarkeit der Theorie. Neben den Humankapital ressourcen gibt es weitere individuelle Merkmale der Gründungsperson, die man - vor allem aufgrund ihrer gesellschaftspolitischen Brisanz - wohl nicht aus der Diskussion ausschließen sollte. Paradebeispiel hierfür sind die Faktoren „Geschlecht" und „individuelle Arbeitslosigkeit". Die wichtigsten Ergebnisse unserer empirischen Analysen speziell zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden waren: Frauen treten zum einen mit einer ungünstigeren Humankapitalausstattung in die berufliche Selbständigkeit ein und zum anderen eröffnen sie Betriebe (in eher frauentypischen Branchen), für die im Lichte der betrieblichen Startcharakteristika eine ungünstigere Erfolgsprognose besteht. Angesichts dessen verwundert es nicht, wenn bei einer einfachen Gegenüberstellung von Frauen- und Männerbetrieben die Gründerinnen zunächst konsistent schlechter abschneiden. Kontrolliert man für die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen, erweisen sich die Frauenbetriebe als genauso überlebensfähig wie die Männerbetriebe; lediglich in ihrem Bestreben bzw. im faktischen Gelingen, den Betrieb auf Expansionskurs zu bringen, fallen die Frauenbetriebe ab. Die mit der Arbeitslosigkeit verknüpften Effekte auf die betrieblichen Erfolgschancen gestalten sich weitgehend analog zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden. Ansonsten legen es die Ergebnisse der vorliegenden Studie nahe, bei der Person des Gründers von einem „Merkmals-" zu einem „Verhaltensansatz" überzugehen. Dies in dem Sinne, daß man nicht einfache soziodemographische Merkmale (Geschlecht, Nationalität, Alter) und mehr oder weniger fixe Personenattribute (Leistungsmotivation) betrachtet, sondern konkrete Verhaltensweisen der Akteure ins Blickfeld nimmt. Zwei solche „Aktivitätsfelder", die für den betrieblichen Erfolg wichtig sind, konnten in dieser Arbeit identifiziert werden: (1) die Vorbereitungs- und Planungsaktivitäten der Gründer und (2) die Aktivierung und Mobilisierung sozialer Kontakte. Obwohl dies in der
1. Gesamtskizze der empirischen Befunde
279
bisherigen Gründungsforschung als eine Art „nicht hinterfragte Selbstverständlichkeit" behandelt wird, erschien es angebracht, die These der Erfolgsrelevanz von Vorbereitung und Planung einmal etwas genauer zu überprüfen. Die Ergebnisse sprechen überraschend deutlich für die „Alltagsvermutung", daß sich eine gründliche Vorbereitung und sorgfältige Planung tatsächlich auszahlen. Ebenso stellte sich heraus, daß Unterstützungsleistungen aus dem egozentrierten sozialen Netzwerk die Erfolgsaussichten einer Betriebsgründung verbessern. Allerdings waren unsere Operationalisierungen der Netzwerkressourcen bzw. des sogenannten Sozialkapitals wenig befriedigend, so daß an dieser Stelle eine gewisse Vorsicht angebracht erscheint. Was schließlich die Bedeutung von Umfeldbedingungen für den Erfolg von Betriebsgründungen anbelangt, konnte im Zuge der Überprüfungen des Basismodells zunächst gezeigt werden, daß - auch bei Kontrolle der anderen Merkmale - noch deutliche Effekte der Gründungsbranche verbleiben. Mit Blick auf ihre Überlebenschancen sind Gründungen im Verkehrs- und Speditionsbereich am höchsten gefährdet; und auch Betriebe im Gastgewerbe, Versicherungswesen und in der Handelsvermittlung sind einem überdurchschnittlichen Sterberisiko ausgesetzt. Positiv heben sich Gründungen im verarbeitenden Gewerbe, im Baussektor und in den beiden Dienstleistungsbereichen Beratung und Bildung/Verlage ab. Da die Branchenzugehörigkeit einer Gründung eine sehr grobe und stark zusammenfassende Stellvertretervariable für das jeweilige betriebliche Umfeld ist, haben wir uns in einem weiteren Schritt auf eine Reihe von konkreten Branchenbedingungen konzentriert (Konkurrenzintensität, Preis-, Qualitäts-, Innovationswettbewerb usw.), die in der Tat deutliche Effekte auf die Überlebens- und Entwicklungschancen der Betriebe brachten. Eine starke Konkurrenz, Wettbewerb über die Preise, eine rasche Änderung des Kundenkreises in einer Branche und saisonale Schwankungen erschweren den erfolgreichen Marktzugang von kleinbetrieblichen Neugründungen; Qualitäts- und Innovations Wettbewerb, eine hohe Marktdynamik, starkes Auftragsclustering und überraschenderweise auch Konzentration hingegen erleichtern den Zugang. Unter die Rubrik der Umfeldbedingungen lassen sich auch noch die regionale Ansiedlung einer Gründung, die Anbindung an ein anderes Unternehmen und die Struktur des Lieferanten- und Kundenkreises subsumieren. Die regionale Lokalisierung zeigt in unserer Studie keine konsistenten Einflüsse; die Anbindung einer Betriebsgründung an einen schon bestehenden Betrieb (insbesondere im Franchising-System) schlägt tendenziell eher negativ zu Buche; und diejenigen Betriebe, die nur auf einen einzigen (in der Regel größeren) Lieferanten und/oder Kunden bauen können, sind in ihrem Bestand stärker gefährdet und in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt.
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XI. Schluß
Für die zahlreichen Detailbefunde sei der Leser an dieser Stelle nochmals auf die entsprechenden Abschnitte verwiesen, zumal sich diese, nachdem in Kapitel V I die Einführung ins Basismodell gegeben wurde, auch separat nachvollziehen lassen.
2. Beschränkungen der Untersuchung Gegenstand der Arbeit waren die Erfolgschancen neugegründeter Betriebe und deren Determinanten. Indem dabei konkret die Aufgabenstellung einer prognostischen Erfolgseinschätzung gewählt wurde, kamen nur solche Determinanten ins Spiel, die sich auf individuelle Eingangsmerkmale des Gründers, auf betriebliche Startcharakteristika und auf Umfeldbedingungen zum Zeitpunkt der Gründung beziehen. Ausgeklammert aus der Analyse (und der Erhebung) blieben - mit der Ausnahme der Abschnitte X . l und X.2 - erfolgsrelevante Faktoren und Prozesse, die erst im zeitlichen Verlauf des Bestehens einer Firma aktuell werden. Allerdings enthält die prognostische Erfolgseinschätzung natürlich Annahmen über solche im Zeitablauf wirksam werdende Faktoren und Prozesse, so daß man sicher keine allzu strikte Trennung zwiErfolgsfaktoren vornehmen schen prognostischen und prozeßkontinuierlichen kann. Wenn sich z.B. zeigt, daß die vorherige Branchenerfahrung des Gründers ein wesentlicher prognostischer Erfolgsfaktor ist, dann wird man für die Erklärung dieser Beobachtung wohl in der Regel auf prozeßkontinuierliche Faktoren zurückgreifen, also etwa darauf, daß Gründer mit Branchenerfahrung ihren Betrieb effizienter organisieren, ihre Produkte gezielter auf die jeweiligen Marktbedingungen abstimmen oder eher auf eingespielte Beziehungen zu Lieferanten und Kunden zurückgreifen können. Kurz: Jede prognostische Erfolgsvariable enthält mehr oder weniger explizit ausformulierte Annahmen über die Mechanismen, durch die die Effekte der Prognosevariable zustande kommen, und diese Mechanismen beziehen sich sehr oft auf Faktoren und Prozesse in der Phase nach der Gründung. Prozeßkontinuierliche Erfolgsfaktoren könnte man sicherlich in einer empirischen Erhebung auch direkt zu erfassen versuchen, was allerdings ein recht aufwendiges Forschungsdesign erfordern würde. Die gewählte Aufgabenstellung einer prognostischen Erfolgseinschätzung hat zum einen den Vorteil, daß sie an einer Frage anknüpft, die auch für die Praxis sehr wichtig ist, zum anderen ergibt sich dann, wenn sich ein Prognosefaktor tatsächlich als bedeutsam erweist, auch indirekt eine Bestätigung für die Mechanismen, aufgrund derer die Wirkung des Prognosefaktors behauptet wurde.
2. Beschränkungen der Untersuchung
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Neben dem Problemfeld der Erfolgschancen bildet die Analyse des betrieblichen Gründungsgeschehens den zweiten großen Teilbereich der Gründungsforschung (für neuere Arbeiten vgl. z.B. Geroski 1991; Bögenhold und Staber 1994; Pfeiffer 1994; Schmude 1995; Storey 1994: Kap. 3; Wagner 1994). Mit Blick auf das Gründungsgeschehen hat sich die vorliegende Arbeit darauf beschränkt, in Kapitel IV ein relativ grobes Sozialprofil der Gründer zu zeichnen. Wichtige Fragestellungen, die jedoch nicht Gegenstand unserer Arbeit waren, in Untersuchungen von betrieblichen Gründungsprozessen sind zum Beispiel: Unter welchen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommt es verstärkt zu betrieblichen Neugründungen? Gibt es - in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand eines Industriezweiges bzw. einer Branche typische Zeitverläufe in der Häufigkeit und/oder Art von Betriebsgründungen? Über welche Faktoren können Unterschiede in der regionalen Verteilung der Gründungsaktivität erklärt werden? Mit welchen individuellen Motiven und Erwartungen treten Unternehmensgründer in die berufliche Selbständigkeit ein? Was sind die hauptsächlichen Barrieren und Hindernisse für den Schritt in die Selbständigkeit, und inwieweit haben diese Barrieren eine unterschiedliche Selektionskraft für verschiedene Personengruppen? Einige dieser Fragen wurden zwar „gestreift", ohne jedoch die zentrale Themenstellung aus dem Auge zu verlieren. Ähnlich wie für die Erfolgschancen muß insgesamt wohl auch für den Forschungsbereich, der sich mit dem betrieblichen Gründungsgeschehen beschäftigt, ein Defizit an theoretischen Ansätzen konstatiert werden. Die Theorien, die in der vorliegenden Studie für die Analyse der Erfolgsdeterminanten vorgeschlagen wurden (Humankapitaltheorie, Perspektive sozialer Netzwerke, Transaktionskostenansatz, Organisationsökologie), lassen sich sicherlich zum Teil auch im Kontext von Untersuchungen der Gründungsaktivität anwenden. Die Humankapitaltheorie z.B. würde, wie in Abschnitt IV. 1 angedeutet, Betriebsgründungen als rationales Entscheidungsverhalten konzeptualisieren, wobei die erwarteten Erträge aus der Selbständigkeit, die möglichen Erträge aus anderen Zeitverwendungen (abhängige Beschäftigung) sowie die Transferkosten des Wechsels als Schlüsselvariablen fungieren. Merkmale des sozialen Netzwerks und Netzwerkaktivitäten eines Unternehmensgründers dürften nicht nur die Erfolgschancen einer Gründung beeinflussen, sondern auch die Absichten und Möglichkeiten, überhaupt einen Betrieb zu eröffnen. Und schließlich bietet die Organisationsökologie - neben den „Mortality"-Thesen - auch eine Reihe von spezifischen Thesen zum Gründungsprozeß von Organisationen. Gerade Organisationsökologen betonen aber auch, daß Prozesse der Gründung von Organisationen, die oft nach dem Muster von Variationsprozes-
282
XI. Schluß
sen modelliert werden, und Prozesse der Bestandserhaltung, die zumeist nach dem Muster von Selektionsprozessen angegangen werden, zum Teil einer „unterschiedlichen Logik" folgen. Von der empirischen Datenbasis her, auf die in der vorliegenden Arbeit zurückgegriffen wurde (Münchner Gründerstudie), handelt es sich um eine regional begrenzte Untersuchung einer bestimmten Kohorte von spezifisch ausgewählten Betrieben (Region Oberbayern; Gründungskohorte 1985-86; Betriebe im Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammer). Angesichts dieser Beschränkungen stellt sich natürlich die Frage nach der Verallgemeinerbarkeit der hier vorgelegten Befunde. In Abschnitt III.4 wurde herausgearbeitet, daß Oberbayern im Vergleich zu anderen deutschen Wirtschaftsregionen sicherlich als eher „prosperierend" eingestuft werden muß und daß weiterhin die untersuchte Betriebsgründungskohorte 1985-86 (bis zum Erhebungszeitpunkt im Jahr 1990) auf vergleichsweise günstige gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen traf. Diese beiden Faktoren dürften bewirken, daß das Gesamtbild bezüglich der Erfolgs- und Überlebenschancen von Betriebsgründungen eher zum Positiven hin verschoben ist. 1 Angesichts dieses Tatbestands war die Grundstrategie in der vorliegenden Arbeit, die bloße Deskription von Verteilungen (z.B. hinsichtlich verschiedener Erfolgsmaße) zugunsten von Analysen des Zusammenhangs verschiedener Merkmale weitgehend in den Hintergrund zu stellen. Von solchen Zusammenhangsanalysen kann man (wie mehrfach betont) annehmen, daß sie sehr viel weniger durch die Spezifika einer Stichprobe beeinflußt werden als einfache Randverteilungen. Vor allem die Bestätigung „gutbewährter" Hypothesen (z.B. der These der „liability of smallness") und das hohe Ausmaß der Übereinstimmung der Ergebnisse der Münchner Studie mit den Ergebnissen anderer empirischer Arbeiten bei einigen „vieluntersuchten" Zusammenhängen (s. insbesondere die Studie von Bates 1994) bestärken die Vermutung, daß sich stichprobenspezifische Besonderheiten in Grenzen halten und wesentliche Ergebnisse und Schlußfolgerungen der Untersuchung nicht nur für Oberbayern gelten.
1
Die Beschränkung auf Betriebsgründungen im Zuständigkeitsbereich der IHK und damit die Ausklammerung von Handwerksbetrieben wirkt eher in die umgekehrte Richtung. Durch spezifischen Zugangsvoraussetzungen (v.a. über den Meisterbrief) wird das Fluktuationsgeschehen im Bereich des Handwerks (rund 10-20% aller Neugründungen) zum Teil administrativ reguliert, so daß Handwerksbetriebe eine Sonderstellung einnehmen (zur überdurchschnitdichen Stabilität von Handwerksgriindungen vgl. z.B. Albach 1984).
3. Desiderata für die künftige Gründungsforschung
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3. Desiderata für die künftige Gründungsforschung Nachdem nun der Erfolgsprozeß neugegründeter Betriebe in dieser Arbeit auf der Basis einer quantitativ orientierten „Breitenerhebung" detailliert untersucht wurde, stellt sich abschließend die Frage, welche Anregungen sich daraus für die künftige Gründungsforschung ergeben. Was die theoretische Fundierung der Untersuchung der Erfolgschancen neugegründeter Betriebe anbelangt, werden die (in Kapitel II schrittweise hergeleiteten und dann näher explizierten) Vorschläge, auf die Humankapitaltheorie, die Perspektive sozialer Netzwerke und den organisationsökologischen Ansatz als theoretisches Fundament zu rekurrieren, durch die empirischen Befunde der Münchner Studie nachhaltig unterstützt. Nur sehr indirekte empirische Tests wurden für den (in Kapitel I I ebenfalls vorgeschlagenen) Transaktionskostenansatz und für die Idee von „Firmennetzwerken" vorgelegt, so daß hier sicherlich weiterer Forschungsbedarf besteht. Inhaltlich verbleibt im Rahmen dieser vier Theorien (die sich auch in anderen Anwendungsfeldern bewährt haben) ein breiter Raum für mehr oder weniger spezifische Zusatzfragestellungen, die wohl noch weitere Studien vom Typ der Münchner Gründererhebung erfordern. In solchen Studien wäre insbesondere die Schwäche der Münchner Befragung bei der Erhebung der relevanten Umfeldbedingungen zu überwinden. Ergänzend zu Untersuchungen vom Typ der Münchner Gründerbefragung erscheinen jedoch auch weiterhin - obwohl schon durchaus zahlreich vorhanden - qualitative Studien notwendig (eine beispielhafte qualitative Studie über den Erfolg von Kleinbetrieben ist Vaessen 1993). Quantitativ vorgehende Studien haben bekanntlich die Restriktion, daß zumeist nur indirekt auf die kausalen Mechanismen, die bestimmte Zusammenhänge hervorgebracht haben, zurückgeschlossen werden kann. Ihr Vorteil auf der anderen Seite besteht darin, daß sie gezielt auf mögliche bzw. wahrscheinliche Problemfelder hinlenken, die dann von qualitativen Studien intensiver bearbeitet werden können und sollten. Sieben solche Problemfelder, auf die die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sehr eindringlich verweisen, seien im folgenden in Form von Forschungsfragen stichwortartig angesprochen: (1) Inwieweit liegt dem Schritt in die berufliche Selbständigkeit sowie dem Festhalten an der Selbständigkeitsoption ein objektivierbares „Rationalkalkül" zugrunde? Und was sind dabei gegebenenfalls die entscheidenden Argumente, die in dieses Kalkül eingehen? (2) Über welche Strategien wird auf der subjektiven Ebene einerseits und auf der Handlungsebene andererseits das mit der beruflichen Selbständigkeit oft verknüpfte finanzielle Risiko und auch das Risiko einer Desta-
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XI. Schluß
bilisierung der beruflichen Biographie zu bewältigen versucht? Und in welchem Ausmaß spielt dabei die Überschätzung der Erfolgschancen des eigenen Vorhabens eine Rolle? (3) Inwieweit vollzieht sich im Fall eines Übergangs von einer abhängigen Beschäftigung in die Selbständigkeit ein grundlegender Wechsel der individuellen beruflichen Perspektive? Und in welchem Ausmaß ist die Einmündung in die „Arbeitgeberrolle" für bestimmte Gründergruppen eine besondere (kognitive) Barriere? (4) Unter welchen Bedingungen treten welche Arten von Konflikten und Streitigkeiten zwischen Geschäftspartnern auf, die gemeinsam einen Betrieb ins Leben gerufen haben? Und wie (eher funktional oder eher dysfunktional) wirken sich solche Konflikte längerfristig auf die Bestandsfähigkeit der Betriebe aus? (5) Wird die bei Firmenübernahmen oft bestehende „asymmetrische Informationssituation" von den Betroffenen erkannt? Und in welcher Weise wird gegebenenfalls von den Beteiligten versucht, trotzdem an die notwendigen Informationen heranzukommen? (6) Was macht einen Betrieb zum „Senkrechtstarter"? Sind hierfür eher besonders günstige Umfeldbedingungen, innovative Produkte oder eine ausgeprägte unternehmerische Einstellung des Gründers ausschlaggebend? (7) Ausgehend von einer Erfolgsprognose anhand unseres Basismodells könnte man die falsch klassifizierten Betriebe näher betrachten („deviant case analysis"). Was steckt dahinter, wenn ein Betrieb, der aufgrund seiner Basismerkmale nur geringe Erfolgs Wahrscheinlichkeiten hat, dennoch erfolgreich ist? Mit einer Verlagerung des Forschungsinteresses auf qualitative Studien würde man - im Vergleich zur Münchner Erhebung - gleichsam eine Stufe tiefer gehen, was mit Blick auf die praktischen Handlungs- und Entscheidungsprobleme prospektiver Unternehmensgründer sicherlich zusätzliche Einsichten bringen könnte. Für die wissenschaftliche Anbindung der Gründungsforschung an die breitere, allgemeine soziologische und ökonomische Forschung erschiene es jedoch sehr viel wichtiger, daß stärker als bisher die Verknüpfung mit makrosoziologischen und makroökonomischen Fragestellungen gesucht und hergestellt wird. Auch in dieser Hinsicht vermitteln die Erfahrungen aus der Münchner Studie immerhin einige Anregungen und Hinweise. Von einem „schwindenden Mut zum unternehmerischen Risiko", wie er in den 60er und 70er Jahren - in der Regel mit einem kritischen Seitenblick auf die Systeme der sozialen Sicherung - vielfach beklagt wurde, kann angesichts der steigenden Gewerbemeldeaktivitäten seit Beginn der 80er Jahre wohl keine Rede mehr sein (Beispiel: Verdoppelung der Zahl der jährlichen Meldefälle in Oberbayern im Zeitraum 1980-1990). Tatsächlich deuteten sich an mehreren Stellen der vorliegenden Arbeit Zusammenhänge zwischen dem Betriebsgrün-
3. Desiderata für die künftige Gründungsforschung
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dungsgeschehen und Elementen des Systems der sozialen Sicherung an, die auf die Notwendigkeit differenzierterer Analysen verweisen: So z.B. ergibt sich für einige Gründer erst durch die soziale Absicherung die Möglichkeit, ihr Gründungsvorhaben mit einer gewissen Vorlaufzeit vorzubereiten und zu planen, was wie gesehen die Erfolgschancen der Gründungen deutlich verbessert. Weiterhin kommen durch eine finanzielle Mindestabsicherung zwar sicherlich viele Klein- bzw. Kleinstgründungen nicht zustande, aber dies hat (wenn wir uns an den Ergebnissen zu den Effekten der Gründungsgröße orientieren) wohl einen positiven Selektionseffekt in der Form, daß in erster Linie wenig erfolgversprechende Neugründungen unterdrückt werden. Schließlich wird ein Teil der Betriebsgründungen durch die Regelungen des sozialen Sicherungssystems auch mehr oder weniger direkt induziert, und zwar mit der Absicht, solche Regelungen zu umgehen bzw. zu unterlaufen (für zahlreiche Fallbeispiele mit einer Benennung der wichtigsten Branchen, in denen dies geschieht, vgl. Mayer und Paasch 1990). In Anbetracht „zu hoher Sozialkosten" lagern bestehende Betriebe Teilaufgaben aus, und übertragen diese z.B. an Schreibbüros, Buchhaltungsbetriebe, Sicherheitsdienste, Reinigungsfirmen usw., was nicht selten mit einer Problemverlagerung nach unten gleichzusetzen ist. Insgesamt erscheint der Sektor der beruflichen Selbständigkeit damit als ein Untersuchungsfeld, in dem sich gezielt auch sog. nicht-intendierte Effekte sozialer Sicherungssysteme eruieren ließen. Während im voranstehenden Abschnitt eher prekäre Gründungsfälle angesprochen wurden, belegen die Ergebnisse der Münchner Studie deutlich, daß wenn wir an dieser Stelle noch einmal auf die stark vereinfachende Typologie von Bögenhold (1987) zurückgreifen - die Mehrheit der Gründer wohl eher nahedem Typ der „ Gründungen aus der Ökonomie der Selbstverwirklichung" kommt. Die untersuchten Gründer haben ein weit überdurchschnittliches Bildungsniveau und auch in ihren beruflichen Qualifikationen liegen sie über der Erwerbsbevölkerung. Der Drang in die berufliche Selbständigkeit reflektiert damit zum einen längerfristige Verschiebungen in der Struktur des Arbeitskräfteangebots und zum anderen partiell wohl auch Veränderungen auf der Ebene der individuellen und gesellschaftlichen Wertorientierungen. Betrachtet man die in den neugegründeten Betrieben realisierten Arbeits- und Lebensformen genauer, läßt sich eine extrem breite Palette feststellen, die vom sogenannten „Workaholic" bis zum „Hobby-Betrieb" reicht, der auf der Grundlage einer gegebenen Absicherung des Lebensunterhalts betrieben wird. Vorstellungen von einem „Normalarbeitstag" oder von einer „Normalbiographie" gehen in einem solchen Kontext vielfach gänzlich verloren. Auf der einen Seite stehen die (allerdings wenigen) „Senkrechtstarter", die innerhalb
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XI. Schluß
kurzer Zeit beachtliche Gewinne gemacht haben, und auf der anderen Seite diejenigen, die ebenfalls in kurzer Zeit beachtliche finanzielle Einbußen erlitten haben. Damit bewegt sich der Bereich der beruflichen Selbständigkeit in der Vorfront dessen, was in der aktuellen soziologischen Diskussion unter den Stichworten der Individualisierung, Pluralisierung und Ausdifferenzierung persönlicher Lebenslagen diskutiert wird (Beck 1986). Eine Einbettung der Gründungsforschung in diesen makrosoziologischen Rahmen könnte sowohl über eine Analyse der zeitlichen Veränderungen der Mobilitätsmuster mit Bezug auf die berufliche Selbständigkeit erfolgen, als auch über eine Analyse der individuellen Lebens- und Arbeitsformen der Unternehmensgründer. Vor allem für Detailstudien der Problematik von Individualisierungstendenzen in ihrem Wechselspiel mit institutionellen Strukturen, die noch immer auf der Fiktion einer „Normalbiographie" aufbauen (Beispiel: die oben angesprochenen Systeme der sozialen Sicherung), würde sich der Sektor der beruflichen Selbständigkeit als Forschungsfeld anbieten. Hauptpunkt makroökonomisch ausgerichteter Überlegungen mit Bezug auf betriebliche Gründungs- und Absterbeprozesse dürfte in der Regel deren BeiStrukturwandel bzw. zur Modernisierung betrieblitrag zum wirtschaftlichen cher Strukturen sein. An dieser Stelle ergibt sich in der Tat eine klare Diskrepanz zwischen Makro- und Mikroperspektive. Denn während eine hohe betriebliche Fluktuationsquote auf der Ebene der involvierten Akteure mit zum Teil durchaus tragischen Einzelschicksalen verknüpft ist, kann man auf der Makroebene annehmen, daß eine hohe Fluktuationsquote eher die Flexibilität und die Anpassungsfähigkeit des Gesamtsystems fördert. Die Ergebnisse der Münchner Studie zeigen hier deutlich, daß es offenbar eines quantitativ beträchtlichen Zustroms neuer Betriebe bedarf, um auf diesem Weg wirtschaftsstrukturelle Veränderungen einzuleiten. Der Großteil der Betriebsgründungen bewegt sich auf mehr oder weniger eingefahrenen Gleisen und nur wenigen gelingt tatsächlich ein „Durchstarten". Die provokative These der Organisationsökologie, daß sich - aufgrund struktureller Trägheit bestehender Organisationen - der hauptsächliche Wandel der „betrieblichen Landschaft" über Gründungs- und Absterbeprozesse vollzieht (Abschnitt II.3.e), bedarf wohl doch einer starken Relativierung. Um tatsächlich valide Aussagen über den relativen Beitrag betrieblicher Neugründungen zum wirtschaftlichen Strukturwandel treffen zu können, müßten außerdem die Anpassungsleistungen und das Anpassungspotential bestehender Betriebe zusätzlich in die Analyse einbezogen werden. Um hierüber Aussagen treffen zu können, bedarf es eines Forschungsdesigns, das nicht nur die Neugründungen betrachtet, sondern gleichzeitig auch den Bestand an bestehenden Betrieben miteinbezieht. Das Betriebspanel,
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287
das zur Zeit am IAB in Nürnberg durchgefühlt wird, eröffnet diesbezüglich ganz neue Möglichkeiten (vgl. Projektgruppe Betriebspanel 1994). All dies verweist darauf, daß die in hohem Maße wünschenswerte Verknüpfung der Gründungsforschung mit eher makrosoziologischen und makroökonomischen Fragestellungen oft andere und zumeist wohl komplexere Forschungsdesigns verlangen würde, als sie in der Münchner Studie zum Zuge kamen. Allerdings könnte auch schon durch Vergleichsstudien, die sich auf andere Regionen innerhalb Deutschlands oder (im Kulturvergleich) auf andere Länder erstrecken, viel gewonnen werden. Solche Vergleichsstudien hätten den Vorteil, daß man den Brückenschlag zur Makroebene bewerkstelligen könnte, ohne die konkreten Handlungs- und Entscheidungsprobleme der Unternehmensgründer aus dem Auge zu verlieren. Schließlich bedürfen, wofür Max Webers Protestantismusstudie noch immer ein sehr gutes Beispiel ist, auch makrosoziologische und makroökonomische Studien stets der theoretischen und empirischen Fundierung auf der Mikroebene, die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stand.
Anhang A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen - ein Kohortenvergleich 1. Einleitung Als einer der ersten befaßte sich Stinchcombe (1965) mit dem Phänomen des „organizational imprinting", d.h. dem Einfluß der Umwelt zum Zeitpunkt der Gründung auf die Struktur einer Organisation: „Imprinting refers to a process in which events occurring at certain key developmental stages have persisting, possibly lifelong, consequences. Environmental imprinting is a form of imprinting whereby specific environmental characteristics get mapped onto an organization's structure and affect its development and life chances" (Carroll und Hannan 2000: 205; s. auch Abschnitt II.2.b). Spätere Studien haben diese These empirisch belegt (Kimberly 1975; Carroll and Delacroix 1982; Carroll and Huo 1986; Boeker 1988; Woywode 1998; Jansen und Weber 2003). Auch bei der Münchner Gründerstudie erhebt sich die Frage, ob Besonderheiten des Gründungskontextes der Jahre 1985/86 die Ergebnisse beeinflussen. Um diese Frage zu beantworten, werden in diesem Kapitel für den Kammerbezirk München und Oberbayern die Überlebenschancen von Unternehmensgründungen aus drei Kohorten untersucht: Gründungen aus den Jahren 1985/86, 1990/91 und 1993/94. Grundlage für diese Analysen sind prozeßproduzierte Daten, nämlich Gewerbean- und -abmeldungen, die bei der I H K für München und Oberbayern eingetragen wurden.1 Bei der Analyse des Überlebensverlaufs in den drei Kohorten stehen fünf Forschungsfragen im Mittelpunkt: (1) Wie unterscheiden sich die Gründungskohorten hinsichtlich ihrer Branchenschwerpunkte und weiterer betrieblicher Eigenschaften sowie persönlicher Merkmale der Gründungspersonen? (2) Lassen sich Unterschiede bei den Überlebenschancen im Kohortenvergleich feststellen? (3) Sind die Effekte der Kovariaten auf die
1 Die Daten wurden uns freundlicherweise von der I H K für München und Oberbayern zur Verfügung gestellt. Eine Dokumentation der Befunde, die vor allem differenziert die Ergebnisse in den verschiedenen Subgruppen beschreibt, findet sich in Ziegler, Hinz und Fröhlich (Al998). (Hinweis: Literaturverweise mit einem der Jahreszahl vorangestellten „A" finden sich im „Verzeichnis der Publikationen zu den Münchner und Leipziger Gründerstudien").
1. Einleitung
289
Überlebenschancen über die drei Kohorten hinweg stabil? (4) Gibt es - bei Kontrolle der anderen Einflußfaktoren - nachhaltige Effekte des Gründungskontextes auf die Überlebenschancen im Sinne eines „environmental" oder „organizational imprinting"? (5) Worauf können solche nachhaltigen Wirkungen zurückgeführt werden? Die Kohortenstudie hat einen begrenzten regionalen Zuschnitt: Der Kammerbezirk München und Oberbayern zeichnet sich im Vergleich zu anderen Regionen vor allem durch ein überdurchschnittliches wirtschaftliches Potential aus, das sich u. a. auch in relativ niedrigen Arbeitslosenraten ausdrückt. Zentrales Untersuchungsziel ist der Vergleich der Überlebenschancen zwischen den drei Gründungskohorten. Die Auswahl dieser drei Kohorten bildet etwa einen Zeitraum von zehn Jahren ab, in denen sich die Wirtschaftsstruktur Bayerns, und damit auch die der Untersuchungsregion, nachhaltig verändert hat: Von 1985 bis 1995 nahm die Beschäftigung im Dienstleistungssektor um 52% zu, während sie im verarbeitenden Gewerbe insgesamt unverändert blieb. Im einzelnen lassen sich die Kohorten wie folgt kennzeichnen: - Die Jahre 1985/86 standen am Anfang einer Wachstumsperiode und waren durch eine gute konjunkturelle Lage gekennzeichnet. Der Einbruch von 1981 bis 1983 war überwunden, Bruttoinlandsprodukt und Beschäftigung stiegen wieder an. - Die Jahre 1990/91 bildeten den Höhepunkt dieser Wachstumsperiode und waren konjunkturell noch deutlich besser als die Jahre 1985/86. In der zweiten Gründungskohorte stieg - vom Vereinigungsboom unterstützt die Beschäftigung in Bayern auf ein bislang nicht mehr erreichtes Rekordniveau an. - Die Jahre 1993/94 stehen für eine konjunkturelle Krise, die mit tiefgreifenden Strukturreformen vieler etablierter Unternehmen einherging. Bereits Ende 1992 läßt sich der Beginn des Einbruchs verorten. Danach wurden vor allem im produzierenden Gewerbe Arbeitsplätze abgebaut: Von 1992 bis 1995 ging die Beschäftigung im produzierenden Gewerbe Bayerns um 12% zurück. Abbildung A l . l zeigt den Konjunkturverlauf zwischen 1985 und 1998, wie er sich in dem von der I H K München und Oberbayern mehrmals jährlich erhobenen „Konjunkturbarometer" widerspiegelt. Während in der mittleren Gründungskohorte die Zahl der ihre Geschäftslage positiv beurteilenden Unternehmen weit überwog und auch 1985/86 noch ein positiver Saldo zu verzeichnen war, befanden sich die Pessimisten in der dritten Gründungskohorte 1993/94 deutlich in der Überzahl gegenüber denen, die ihre Geschäftslage positiv beurteilten.
290
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
60 50
40
00 | 30 0 C3 /
1 20 B £
ßcP 10
n
n
—
—
n
o
0 -10
L-J
-1
-20
1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995
1996 1997 1998
-30 • Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch IHK-Mitglieder
Abbildung A l . l : Konjunkturbarometer der IHK München und Oberbayern
In der Gründungsforschung fehlen bisher systematische Kohortenvergleiche, die den Einfluß der konjunkturellen Bedingungen sowie des ökonomischen und sozialen Wandels auf die Überlebenschancen von Gründungen zum Ziel haben. In einer ersten Annäherung an die Einflußfaktoren des Gründungszeitraumes ist zu erwarten, daß die Überlebenschancen für Gründungen in der Hochkonjunktur allgemein günstiger ausfallen als für Gründungen, die in konjunkturellen Krisen ihre Geschäftstätigkeit begonnen haben. Bessere konjunkturelle Startbedingungen könnten auch dazu führen, daß der Einfluß verschiedener Faktoren (Branche, Region, Betriebsgröße und individuelle Eigenschaften der Gründungspersonen) auf die Überlebenschancen weniger wichtig wird. Das Kapitel gliedert sich in sieben Teile. Nach dieser Einleitung beschreibt Abschnitt 2 die Datengrundlage. Einen Vergleich der betrieblichen und personellen Merkmalsverteilungen der Gründungen in den drei Kohorten liefert Abschnitt 3. Anschließend werden in Abschnitt 4 die Überlebenschancen in Abhängigkeit von Wirtschaftszweig, Rechtsform, regiona-
2. Die Datengrundlage
291
ler Ansiedlung und - für die Gründungen im Kleingewerbe - auch nach Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit der Gründungspersonen untersucht. Abschnitt 5 geht dann der Frage nach, ob die Einflußfaktoren in den drei Kohorten verschiedene Wirkungen entfalten. In Abschnitt 6 wird untersucht, ob die Kohorteneffekte sich auch im späteren Konjunkturverlauf noch nachhaltig bemerkbar machen. Im Schlußabschnitt 7 werden kurz die wichtigsten Ergebnisse zusammengefaßt und Forschungsdesiderata aufgezeigt. 2. Die Datengrundlage Für 145.784 neugegründete Betriebe stehen auswertbare Meldedaten zur Verfügung. Zuvor ausgesondert wurden insgesamt 7.802 Unternehmen, die entweder in der Land- und Forstwirtschaft oder Fischerei tätig waren, deren An- oder Abmeldedaten außerhalb der betrachteten Grenzen fielen, bei denen das Löschungsdatum vor dem Anmeldedatum lag oder bei denen es sich um „Eintagsfliegen" handelte, die noch am Tag der Anmeldung wieder gelöscht worden waren. Das Beobachtungsfenster endet für die erste Kohorte 1989, für die beiden anderen 1997. Die Gewerbemeldungen erlauben nur die Untersuchung einer sehr eingeschränkten Anzahl von Einflußfaktoren. Sie enthalten neben dem Datum (Jahr, Monat, Tag) der Anmeldung bzw. Handelsregistereintragung und ggf. dem Datum der Abmeldung bzw. Handelsregisterlöschung nur wenige Angaben zum gegründeten Unternehmen und sind aus verschiedenen Gründen relativ „unscharf 4 (Kiefl A1992, A1993). Um die Marktbedingungen zu erfassen, denen die neuen Unternehmen ausgesetzt sind, werden in den nachfolgenden Auswertungen die Überlebenschancen getrennt nach neun Gründungsbranchen analysiert. Diesen neun Branchengruppen wurden die 2-stelligen „Abteilungen" der „Klassifikation der Wirtschaftszweige von 1993" des Statistischen Bundesamtes (1996) wie folgt zugeordnet: - Verarbeitendes Gewerbe und Energie: Abteilungen 10-41 und 90, - Baugewerbe: Abteilung 45, - Großhandel und Handelsvermittlung: Abteilung 51, - Einzelhandel: Abteilungen 50 und 52, - Hotel- und Gaststättengewerbe: Abteilung 55, - Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung: Abteilungen 60-64, - Finanzdienstleistungen und Versicherungen: Abteilungen 65-67, - Unternehmensbezogene Dienstleistungen: Abteilungen 70-74, - Personenbezogene Dienstleistungen: Abteilungen 80, 85, 91-93.
292
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
Die 23 Stadt- und Landkreise wurden zu drei Regionen zusammengefaßt (München-Stadt, München-Umland 2 und die übrigen oberbayerischen Landkreise und kreisfreien Städte). Als Indikator der Gründungsgröße (auch der Höhe des eingesetzten Startkapitals) dient die Rechtsform, wobei zwischen Kapitalgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaften) und sonstigen Rechtsformen (meist Kleingewerbetreibende) unterschieden wird. Die Aussagefähigkeit zur Wirksamkeit individueller Eigenschaften ist auf die Gründungen im Kleingewerbe beschränkt. Bei diesem Gründungstyp sind Alter und Nationalität der Gründungspersonen bekannt und aus den Vornamen wurde in 96,7% der Fälle das Geschlecht inferiert. In der Gründungsforschung gibt es zu geschlechtsspezifischen Entwicklungschancen von Unternehmensgründungen unterschiedliche Resultate. Allgemein zeigen sich jedoch bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Gründungsbranche kaum eigenständige Effekte für „Frauen"- bzw. „Männergründungen" (Jungbauer-Gans A1993). Das Alter bei Gründung dient als Stellvertreter-Variable für die Berufserfahrung (Preisendörfer und Voss A1990). Der Alterseffekt (sprich: Berufserfahrung) wirkt allerdings nicht linear auf eine Erhöhung der Überlebenschancen: Mit zunehmendem Alter der Gründungspersonen gehen die Überlebenschancen der von ihnen gegründeten Unternehmen wieder zurück. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, daß es hinsichtlich der Überlebenschancen der Gründungen ein „optimales" Gründungsalter von etwa 3 5 ^ 0 Jahren gibt. Hinsichtlich der Nationalität der Gründungspersonen sind bislang nur vereinzelte Studien - zumeist mit Blick auf ausgewählte ethnische Minderheiten - durchgeführt worden (vgl. z.B. Leicht et al. 2005). Zur Richtung eines möglichen Effekts der Staatsangehörigkeit lassen sich durchaus unterschiedliche Argumente anführen (von Diskriminierungs- bis zu Nischen-Hypothesen). Der Gründungskontext wird mit drei Variablen näher beschrieben, die ebenfalls auf Informationen beruhen, die von der I H K für München und Oberbayern zur Verfügung gestellt wurden. Eine Datenbasis bildet das sog. „.Konjunkturbarometer", eine Umfrage unter IHK-Mitgliedern, die bis 1991 zweimal und ab 1992 dreimal jährlich durchgeführt wurde und in der die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage sowie die Erwartungen hinsichtlich der weiteren Geschäftsentwicklung erhoben werden. Die Index ist eine Differenz zwischen dem Prozentsatz der positiv und dem der negativ Urteilenden. Er variiert also zwischen +100 und -100 und erreicht den Wert Null, wenn sich die Anteile der Optimisten und Pessimisten die Waage halten. Die Umfrage differenziert zwischen fünf Branchengruppen (Industrie,
2 Das sind die sieben Landkreise München-Land, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck und Starnberg.
2. Die Datengrundlage
293
Bauwirtschaft, Großhandel, Einzelhandel und Dienstleistungen), wobei allerdings nur für die ersten drei die vollständigen Zeitreihen vom Winter 1984/85 bis Herbst 1998 vorliegen. Mit Hilfe regressionsanalytischer Interpolation wurden die zu Beginn des Konjunkturbarometers fehlenden Werte für die beiden letzten Branchengruppen vervollständigt. Für die drei Kohorten und die fünf Branchengruppen wurden dann durchschnittliche Indizes der in den sechs Gründungsjahren vorherrschenden Geschäftslage und -erwartungen gebildet und als „Nachfrage"-Indikatoren in den Analysen verwendet. Um die Intensität der durch Neugründungen verursachten Konkurrenz zu messen, wurde eine sog. Meldequote als Quotient aus Anzahl der Neuanmeldungen und Anzahl der bestehenden Betriebe berechnet. Diese Variable steht für 24 Subgruppen (3 Regionen und 8 Branchen - die beiden Dienstleistungsbranchen mußten zusammengefaßt werden - und für die sechs Gründungsjahre zur Verfügung. Schließlich wurden aus den Zeitreihen des Konjunkturbarometers zwei zeitabhängige Kovariaten gebildet, die über die gesamte Beobachtungszeit hinweg den Konjunkturverlauf (Diagnose und Prognose) für die Betriebe in den fünf Branchengruppen (Industrie, Großhandel, Einzelhandel, Bauwirtschaft und Dienstleistungen) nachzeichnen. Die Konstruktion dieser Kovariaten soll kurz erläutert werden. Die Werte z.B. der Frühjahrserhebung werden jeweils dem ersten Halbjahr, die der Herbsterhebung dem zweiten Halbjahr zugeordnet. Bei den Cox-Regressionen werden für jeden Fall sukzessiv ab Gründungszeitpunkt bis zur Abmeldung bzw. Zensierung Schätzintervalle von drei Monaten gebildet. Fällt ein solches Schätzintervall voll in ein Halbjahr, wird der betreffende Konjunkturindex zugewiesen. Überschneidet das Schätzintervall die Halbjahresgrenze, wird ein gewogenes Mittel aus beiden Halbjahres werten gebildet. Hinsichtlich der Interpretation von Gewerbemeldedaten treten bekanntermaßen einige methodische Probleme auf. Insbesondere müssen die registrierten An- und Abmeldedaten sich nicht mit den tatsächlichen Zeitpunkten des Beginns bzw. des Endes einer Geschäftstätigkeit decken. Ebenso können Scheinanmeldungen nicht von „echten" Anmeldungen unterschieden werden und Ummeldungen oder Übernahmen nicht von eigentlichen Neugründungen (Kiefl A1992, A1993; Leiner 2002). Auch die Verläßlichkeit der Gewerbemeldedaten als Indikatoren für betriebliche Aktivität bzw. Inaktivität ist nicht ohne weiteres gesichert. Aus den Befragungen der „Münchner und Leipziger Gründerstudien" kann man schließen, daß es bei 10% bis 20% der Anmeldungen zu keiner Aufnahme der Geschäftstätigkeit kommt und bei etwa 10% der aktiven Gründungen eingetragenes Meldedatum und Beginn der Geschäftstätigkeit nicht übereinstimmen. 3 Trotz dieser Unwägbarkeiten und Mängel des Datenmaterials besitzt die Verwendung
294
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
von Gewerbemeldedaten aber auch Vorteile, die vor allem in der Vollständigkeit und Detailliertheit des dokumentierten Gründungsgeschehens und Überlebensprozesses bestehen. 3. Betriebliche und persönliche Merkmale der Unternehmensgründungen Insgesamt enthält der Datensatz - wie bereits erwähnt - die Meldedaten von 145.784 Firmen. Nachfolgend abweichende Fallzahlen erklären sich aus einer unterschiedlichen Zahl an fehlenden Angaben zu einzelnen Merkmalen der Gründungspersonen. Die Verteilung der Gewerbeanmeldungen über die drei Kohorten zeigt einen deutlichen Schwerpunkt des Gründungsgeschehens in der Kohorte 1990/91 mit 61.524 Anmeldungen. Im Zeitraum 1993/94 wurden mit 54.284 Anmeldungen über 7.000 Gründungen weniger registriert. Markant ist der Unterschied zur Zahl der Gewerbemeldungen in der Kohorte 1985/86, die nur 29.976 Fälle umfaßt. 4 Innerhalb von fünf Jahren hat sich also die Anzahl der Gewerbemeldungen mehr als verdoppelt und ist bei der Kohorte 1993/94 trotz des konjunkturellen Abschwungs nur leicht zurückgegangen. Es handelt sich bei dieser Entwicklung keineswegs um eine regionale Besonderheit; eine ähnliche Dynamisierung der Gewerbeanmeldungen läßt sich nach Semlinger (1995) auch für das gesamte Bundesgebiet feststellen. Der Gründerboom 1990/91 dürfte zum einen mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zusammenhängen. Man erhoffte sich in dieser Zeit wahrscheinlich auch im Bereich der I H K München und Oberbayern neue Absatz-, Beratungs- und Dienstleistungsmärkte in den neuen Bundesländern. Zum anderen - und das gilt dann vor allem auch für die Gründungsperiode 1993/94 - zeigen sich in diesem dynamisierten Gründungsprozeß möglicherweise erste Auswirkungen der angespannten Arbeitsmarktlage. Infolge des Fehlens anderer Alternativen sahen viele ihre berufliche Chance darin, in die Selbständigkeit zu gehen.
3 Hinz, Th./Siebenhüner, S. (1992): Betriebliche Neugründungen in der Region Leipzig. Ergebnisse einer schriftlichen Befragung. Universität Leipzig und Universität München: unveröffentlichtes Ms. 4 Die um 1.330 Betriebe niedrigere Fallzahl der Grundgesamtheit in Kapitel III. 1 erklärt sich daraus, daß bei der Münchner Gründerstudie durch intensive Kontrollen z.B. Doppelanmeldungen, Ummeldungen oder inaktive Gründungen ausgeschieden worden waren. Da eine solche Datenbereinigung bei den anderen beiden Kohorten nicht möglich war, wurden auch bei der Kohorte 1985/86 für die Analysen in diesem Kapitel nur dieselben, weniger strengen Selektionskriterien angewandt.
295
3. Merkmale der Unternehmensgründungen Tabelle
ALI
Betriebliche Merkmale aller angemeldeten Betriebe (Angaben in %) Kohorte 1 Kohorte 2 Kohorte 3 (1985/86) (1990/91) (1993/94)
Gesamt
Wirtschaftszweige Verarbeitendes Gewerbe, Energie
4
4
4
4
Baugewerbe
1
2
1
2
Großhandel, Handelsvermittlung
15
14
13
14
Einzelhandel
25
23
27
25
Hotel- und Gaststättengewerbe
8
7
6
7
Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung
7
7
6
7
Finanzdienstleistungen, Versicherungen
9
6
5
6
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
23
29
31
28
7
8
7
7
76
79
78
78
BGB-Gesellschaften
5
4
4
4
Kapitalgesellschaften
19
17
18
18
München-Stadt
51
40
36
41
München-Umland
22
28
29
27
Übrige Landkreise
27
32
35
33
(29.976)
(61.524)
(54.284)
(145.784)
Personenbezogene Dienstleistungen Rechtsform Kleingewerbetreibende
Regionale Ansiedlung
296
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
a) Betriebliche Merkmale Ein Blick auf die Verteilung der Neugründungen in den einzelnen Branchen (oberer Teil von Tabelle A l . l ) zeigt, daß insgesamt 28% der Gewerbeanmeldungen auf den Wirtschaftszweig „Unternehmensbezogene Dienstleistungen" entfielen; erwähnenswert sind noch die Anmeldungen im „Einzelhandel" mit 25% und im „Großhandel, Handelsvermittlung" mit 14%. Die Anmeldungen in den Wirtschaftszweigen „Finanzdienstleistungen und Versicherungen", „Hotel- und Gaststättengewerbe", „Personenbezogene Dienstleistungen" sowie „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung" sind mit 6% bis 7% anteilsmäßig ungefähr gleich häufig vertreten. Die geringsten Anmeldungen verzeichnen das Verarbeitende Gewerbe mit 4% und das Baugewerbe mit 2%. Erwähnenswert ist, daß der Anteil der neugegründeten Unternehmen aus dem Bereich „Unternehmensbezogene Dienstleistungen" von 23% in der Kohorte 1985/86 auf 31% in der Kohorte 1993/ 94 zugenommen hat. Die anderen Branchen verzeichnen keinen so eindeutigen Trend; aber insgesamt dominiert eindeutig mit etwa 95 % die Zahl der Neugründungen im tertiären Sektor. Auch das Gründungsgeschehen im Bereich der I H K München und Oberbayern spiegelt also die gesamtgesellschaftliche Entwicklung hin zu einer postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft eindrücklich wider. Rund 78% der Gewerbeanmeldungen sind Kleingewerbetreibende, 18% der angemeldeten Firmen haben die Rechtsform von Kapitalgesellschaften, bei denen die GmbHs den größten Anteil ausmachen. 4% der Gewerbeanmeldungen sind als BGB-Gesellschaften eingetragen (mittlerer Teil von Tabelle A l . l ) . Die höheren Anteile der Kleingewerbetreibenden in der zweiten und dritten Kohorte belegen, daß die Expansion der Unternehmensgründungen in den 1990er Jahren vor allem auf die zunehmende Zahl von Einzelgründern zurückzuführen ist. Ohne dies im einzelnen tabellarisch zu dokumentieren 5, zeigen sich interessante Unterschiede in den Branchenschwerpunkten der Rechtsformen. Vor allem die Finanzierungs- und Versicherungsbranche, der Bereich „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung", der Einzelhandel, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie die personenbezogenen Dienstleistungen zeichnen sich durch einen überdurchschnittlichen Anteil an Kleingewerbetreibenden aus. Der Einzelhandel und das Hotel- und Gaststättengewerbe sind ebenfalls durch einen über dem Durchschnitt liegenden Anteil an BGB-Gesellschaften gekennzeichnet. In
5 Aus Platzgründen werden hier und im folgenden nur die bivariaten Verteilungen der Merkmale in den Kohorten tabellarisch ausgewiesen. Dreidimensionale Aufgliederungen werden nicht in Tabellenform bzw. Grafiken dargestellt, sondern es werden nur die wichtigsten Resultate im Text wiedergegeben.
3. Merkmale der Unternehmensgründungen
297
allen untersuchten Kohorten sind im verarbeitenden Gewerbe weit überdurchschnittlich viele Kapitalgesellschaften zu finden. Von den Betrieben aller drei Gründungskohorten wurden 41% in der Region München-Stadt gegründet, 27% wurden im Umland von München angemeldet, das restliche Drittel in den übrigen Städten und Landkreisen Oberbayerns (unterer Teil von Tabelle A l . l ) . Von diesen wiederum sind Rosenheim (Stadt und Land) mit 6% der Gewerbeanmeldungen, Fürstenfeldbruck mit knapp 5% und Starnberg mit ungefähr 4% der angemeldeten Firmen hervorzuheben. Insgesamt konzentrieren sich die Gewerbemeldungen damit auf den Großraum München. Es ist allerdings eine deutliche Abnahme der Gewerbeanmeldungen in „München-Stadt" festzustellen. Von den in der Kohorte 1985/86 angemeldeten Betrieben wurden 51% im Stadtgebiet München gegründet, während es in der Kohorte 1993/94 lediglich noch 36% waren. Demgegenüber nahmen die Gründungen im Münchner Umland deutlich zu. Wurden 1985/86 22% der Firmen im Großraum außerhalb der Stadt-München angesiedelt, waren es in der Kohorte 1993/94 29%. Auch die übrigen Städte und Landkreise Oberbayerns erhöhten ihren Anteil von 27% auf 35%. Mögliche Probleme, die dazu führten, daß vor allem im Stadtgebiet München die Gewerbeanmeldungen Anfang der neunziger Jahre stark zurückgingen, sind in den steigenden Bodenpreisen und Gewerbemieten zu sehen. Laut einer in der Süddeutschen Zeitung vom 25.03.1998 zitierten Umfrage wurde dieser Preisanstieg von knapp der Hälfte der 1993 befragten Unternehmen als (sehr) wichtiger Grund dafür genannt, sich einen neuen Standort zu suchen. Ein noch wichtigerer Grund für die Standortwahl zuungunsten des Stadtgebietes München waren Anfang der neunziger Jahre auch die Flächenengpässe in der Stadt. Diese standen in der gleichen Umfrage mit 84% der Nennungen an erster Stelle. Bemerkenswert ist, daß im Stadtgebiet München im Vergleich zu den anderen Regionen etwas häufiger Betriebe im Wirtschaftszweig „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung" angemeldet wurden. Beim unternehmensbezogenen Dienstleistungsbereich ergibt sich in allen drei Kohorten eine klare Rangordnung: Im Großraum München sind etwa 32% der Firmen in diesem Dienstleistungsbereich tätig, dagegen zählen in den übrigen Städten und Landkreisen Oberbayerns nur etwa 20% der Gründungen zu dieser Branche, mit allerdings leicht steigender Tendenz. Unter den Branchen, in denen auf dem „flachen Land" Gründungen erfolgen, finden sich demgegenüber vergleichsweise häufiger der Einzelhandel und das Hotel- und Gaststättengewerbe. In den übrigen Städten und Landkreisen Oberbayerns liegt z.B. der Anteil der Einzelhandelsbetriebe in allen drei Kohorten fünf bis zwölf Prozentpunkte über denjenigen im Münchner Großraum. Im Hotel-
298
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
und Gaststättengewerbe haben sich die Schwerpunkte verlagert. Entfielen 1985/86 noch über 10% der Gründungen in der Stadt München auf diese Branche und nur knapp 5 % in den übrigen oberbayerischen Landkreisen, so hat sich dieses Verhältnis in der dritten Kohorte umgekehrt: In der Stadt München sind nur noch 5 % der angemeldeten Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe tätig, während der Anteil in den übrigen oberbayerischen Kreisen auf knapp 10% gestiegen war. Diese Unterschiede und Trends belegen die dynamische Entwicklung der regionalen Wirtschaftsstruktur Oberbayerns.
b) Eigenschaften
der Gründungspersonen
Zusätzlich zu den betrieblichen Merkmalen stehen für die Kleingewerbetreibenden noch einige individuelle Merkmale der Gründungspersonen zur Verfügung, allerdings schwankt die Zahl der fehlenden Angaben, so daß in Tabelle A l . 2 verschiedene Fallzahlen ausgewiesen werden. Die Verteilung dieser individuellen Merkmale soll im folgenden kurz dargestellt werden. Wie bereits erwähnt, wurde aus den bei Kleingewerbetreibenden bekannten Vornamen das Geschlecht inferiert. Dies gelang bei den deutschen Gründern fast vollständig (99,1%), bei den Ausländern aber nur in 76,9% der Fälle. Von den 108.623 Anmeldern, bei denen aufgrund des Vornamens eine Geschlechtsvariable zugewiesen werden konnte, waren 62% Männer (oberer Teil von Tabelle Al.2). Im Zeitablauf sind keine Veränderungen festzustellen. Im Vergleich zu den Existenzgründerinnen melden Männer ihre Betriebe häufiger im verarbeitenden und vor allem im Baugewerbe, im Großhandel sowie im Bereich „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung" an. Betriebsgründerinnen konzentrieren sich in allen drei untersuchten Kohorten demgegenüber sehr viel häufiger als ihre männlichen Kollegen auf den Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Die Altersverteilung zeigt eine starke Konzentration auf die mittleren Altersgruppen (mittlerer Teil von Tabelle Al.2). 40% der Gründer waren bei Gewerbeanmeldung zwischen 26 und 35 Jahre alt und ein weiteres knappes Viertel gehörte zur Altersgruppe der 36- bis 45-Jährigen. Erwähnenswert ist, daß jeder fünfte Unternehmensgründer zum Zeitpunkt der Gründung relativ jung war (bis 25 Jahre). Über die Kohorten hinweg betrachtet waren die Gründer im Schnitt etwa gleich alt, nämlich 34,5 Jahre. Dabei fanden aber zwischen den Altersgruppen durchaus erwähnenswerte Verschiebungen statt. In den beiden ersten Kohorten lagen die Anteile der jüngsten Existenzgründer über dem in der Kohorte 1993/94. Die 26- bis 35-jährigen Unternehmensgründer waren dagegen in den Kohorten 1990/91 und 1993/94 stärker vertreten als in der ersten Vergleichskohorte. Diejenigen, die ihre
3. Merkmale der Unternehmensgründungen
299
Tabelle A1.2
Persönliche Merkmale der Kleingewerbetreibenden (Angaben in %) Kohorte 1 (1985/86)
Kohorte 2 (1990/91)
Kohorte 3 (1993/94)
Gesamt
Frau
38
38
38
38
Mann
62
62
62
62
(22.039)
(46.518)
(40.066)
(108.623)
bis 25 Jahre
20
22
19
21
26 bis 35 Jahre
37
40
41
40
36 bis 45 Jahre
28
23
23
24
46 bis 55 Jahre
11
12
13
12
4
3
4
3
34,8 Jahre
34,1 Jahre
34,7 Jahre
34,5 Jahre
(23.890)
(48.098)
(41.763)
(113.751)
Deutscher
91
89
88
89
Ausländer
9
11
12
11
(22.175)
(47.751)
(41.790)
(111.716)
Geschlecht
N = Alter
56 Jahre und älter Durchschnittsalter bei Gründung N = Nationalität
N =
Firma im Alter zwischen 36 und 45 Jahren anmeldeten, finden sich dagegen häufiger in der ersten Kohorte. Schließlich ist noch eine leichte Zunahme der Existenzgründer im Alter von 46 bis 55 Jahren von 11 % in der Kohorte 1985/86 auf 13% in der letzten untersuchten Anmeldekohorte erkennbar. Erwähnenswert ist, daß der Anteil der ältesten Gründer über 55 Jahre während des gesamten Untersuchungszeitraums annähernd konstant blieb. Im Baugewerbe und im Bereich „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung" sind in allen drei Kohorten die im Schnitt jüngsten Gründer zu finden. Das durchschnittliche Gründeralter liegt in diesen beiden Branchen in der Kohorte 1985/86 bei 32 bzw. 31 Jahren, in der Kohorte 1990/91
300
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
bei 30 bzw. 33 Jahren und in der Kohorte 1993/94 bei 32 bzw. 34 Jahren. In der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche ist ein deutlicher Trend zu jüngeren Existenzgründern zu verzeichnen: das Durchschnittsalter sank im Untersuchungszeitraum von 37 auf 32,5 Jahre. Im Vergleich dazu sind die Betriebsgründer im Handel sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe durchschnittlich am ältesten. Das Alter der Existenzgründer beträgt in diesen Wirtschaftszweigen bei Gewerbeanmeldung in der Kohorte 1985/86 im Schnitt 33 bis 36 Jahre; in der Kohorte 1990/91 liegt es zwischen 34,5 und 37 Jahren und in der letzten untersuchten Kohorte 1993/94 sind die Gründer in diesen Branchen ebenfalls durchschnittlich 34,7 bis 37 Jahre alt. Frauen sind bei Gründung in allen Kohorten ein gutes Jahr älter als Männer. Vor allem in der jüngsten Altersgruppe bis zu 25 Jahren sind lediglich 17% der Frauen vertreten, während bei den Männern über 22% auf diese Altersgruppe entfallen. Umgekehrt sind mehr als 39% der Gründerinnen zwischen 36 und 55 Jahre alt, während 34% der Männer bei der Gründung ihrer Betriebe diesen Alterskategorien angehören. Das höhere Gründungsalter von Frauen mag mit der familiären Situation der Existenzgründerinnen zusammenhängen. Familienarbeit ist auch heute oft noch so organisiert, daß Frauen Hauptanteile der Kinderbetreuung übernehmen. Diese Erziehungszeiten führen in der Folge dazu, daß Frauen erst später als Männer die Möglichkeit haben, in die Selbständigkeit zu gehen. Im unteren Teil von Tabelle A l . 2 ist die Nationalität der Gründer angegeben. Im Durchschnitt der drei Kohorten sind 89% der Gründer Deutsche. Die ausländischen Existenzgründer machen insgesamt 11 % aus. Der Anteil der deutschen Gründer hat dabei von 91% in der Kohorte 1985/86 auf 88% in der letzten untersuchten Kohorte 1993/94 abgenommen, während der Anteil der ausländischen Gründungspersonen im selben Zeitraum entsprechend gestiegen ist. In dieser Entwicklung zeichnen sich möglicherweise die politischen Veränderungen in Europa ab. Ein großer Teil der ausländischen Gründer der Kohorten 1990/91 und 1993/94 kommt aus Ost- bzw. Südosteuropa. Hier sind wohl Auswirkungen der politischen Wende in den sozialistischen Staaten zu beobachten. Gründungen von Deutschen finden sich im Vergleich zu denen von Ausländern überdurchschnittlich im Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen. In allen drei Kohorten ist der Anteil unter den deutschen Gründern mit durchschnittlich 27% fast doppelt so hoch wie unter den Ausländern, wo er im Mittel 15% beträgt. Im Gegensatz dazu melden die ausländischen Mitbürger/innen vergleichsweise häufiger Großhandelsunternehmen und Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe an. Die Anteile der angemeldeten Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe sind unter Aus-
4. Existenzgründungen im Kohortenvergleich
301
ländern im Durchschnitt etwa zweieinhalbmal so hoch wie bei den deutschen Gründern, mit stark steigender Tendenz, während bei den Deutschen die Anteile zurückgehen. Im Großhandel liegt der Prozentsatz unter den von ausländischen Staatsangehörigen angemeldeten Unternehmen in allen drei Kohorten fünf bis sieben Prozentpunkte über denjenigen der deutschen Vergleichsgruppe. Erwartungsgemäß konzentrieren sich die Gründungen von Ausländern auf die Stadt München. Hier beträgt ihr Anteil insgesamt 16% und hat von der ersten bis zur dritten Kohorte von 12% auf 20% zugenommen, während er bei den Gründungen im Münchner Umland bzw. in den übrigen Städten und Landkreisen Oberbayerns bei rund 7% liegt mit nur leicht steigender Tendenz. Dies hängt sicher zum Teil damit zusammen, daß sich die ausländische Bevölkerung in der Regel zunächst und hauptsächlich auf die großstädtischen Bereiche konzentriert und daher in diesen Regionen die ausländischen Gründer auch in einem stärkeren Maße zugenommen haben als in den eher ländlichen Regionen. Betrachtet man abschließend die statistische Signifikanz der Differenzen, so zeigt sich, daß alle Merkmalsverteilungen - mit Ausnahme des Geschlechts - signifikant zwischen den drei Kohorten variieren, was allerdings angesichts der hohen Fallzahlen nicht überrascht. Die Kontingenzkoeffizienten erreichen jedoch nur ein mäßiges Niveau: Branche = .104; Rechtsform = .030; Region = .113; Geschlecht = .004; Alter = .060; Nationalität = .038. 4. Überlebenschancen der Existenzgründungen im Kohortenvergleich Nachdem die grundlegende betriebliche und demographische Struktur des Gründungsgeschehens beschrieben wurde, sollen nunmehr die Überlebenschancen der neugegründeten Betriebe kohortenspezifisch und in Abhängigkeit von bestimmten Merkmalen untersucht werden. Von den 145.784 Firmen aller drei Kohorten waren nach den ersten vier Jahren 42,7 % abgemeldet bzw. aus dem Handelsregister gelöscht, 57,3% bestanden zu diesem Zeitpunkt noch. Rund 82% der Betriebsaufgaben, die innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren erfolgten, wurden von den Gründern selbst erwirkt, etwa 18% erfolgten „von Amts wegen/durch IHK, da nicht zu ermitteln". Bemerkenswert ist der deutlich höhere Anteil der Abmeldungen „von Amts wegen .. in den beiden letzten Kohorten. Er war mit 22% am höchsten in der Kohorte 1990/91 und lag um vier Prozentpunkte über dem entsprechenden Anteil der Kohorte 1993/94. Dagegen war die Zahl der Betriebsauflösungen
302
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
aus diesem Grund in der Kohorte 1985/86 verschwindend gering und betrug nur knapp ein Prozent. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, daß in den Jahren 1993/94 und vor allem in der Kohorte 1990/91 ein nicht zu vernachlässigender Teil der Anmeldungen sog. „Scheinanmeldungen" gewesen sein dürften und daß ein Teil der geringeren Fallzahlen in der ersten Kohorte auf die „Bereinigung" dieses Datensatzes durch die I H K zurückzuführen ist. Häufigster Betriebsaufgabegrund war in ca. 70% der Fälle eine Gewerbeabmeldung, am zweithäufigsten wurde vermerkt, daß die Firmen „unbekannt verzogen" waren (rund 12%). Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, daß knapp 4% aus dem Handelsregister gelöscht worden waren. Auch in diesem Zusammenhang sind aufschlußreiche und deshalb erwähnenswerte Unterschiede zwischen den drei Kohorten festzustellen. Bemerkenswert ist vor allem, daß der Anteil der Firmen, bei denen als Betriebsaufgabegrund die „Gewerbeabmeldung" und „sonstige Gründe" eingetragen ist, in der Kohorte 1985/86 deutlich höher liegt (79% bzw. 16%) als in den Kohorten 1990/91 und 1993/94, wo er jeweils nur etwa 68-69% bzw. 6 - 7 % betrug. Demgegenüber waren aus den letztgenannten Kohorten wesentlich mehr Firmen „unbekannt verzogen" (etwa 14%) als in der ersten Kohorte (nur 0,2%). Die markanten Unterschiede und Verschiebungen innerhalb dieser Betriebsaufgabegründe deuten auf Veränderungen bei der Erfassung bzw. Bereinigung der Daten durch die I H K hin.
a) Der Überlebensprozeß in den drei Gründungskohorten Bevor im folgenden der Anteil der nach 48 Monaten in den drei Gründungskohorten noch existierenden Betriebe bezüglich spezifischer Subpopulationen (wie Branche, Geschlecht usw.) verglichen wird, sollen zunächst die Überlebenskurven der drei Gründungskohorten dargestellt werden, wie sie sich aus einer Sterbetafelanalyse der Meldedaten ergeben. Die Grafik der Überlebensfunktionen in Abbildung A l . 2 zeigt, daß der Abmeldeprozeß aller drei Kohorten im ersten halben Jahr recht ähnlich verläuft. Bis zu diesem Zeitpunkt haben knapp 10% der Betriebe wieder aufgegeben. Doch dann werden die Unterschiede zwischen den Kohorten zunehmend größer. Die Gründer der Kohorten 1985/86 und 1993/94 haben bei zunehmender Dauer die Tendenz, vergleichsweise schneller ihren Betrieb wieder abzumelden als diejenigen der Kohorte 1990/91. Ab dem Ende des zweiten Jahres entwickeln sich auch die Überlebenskurven der Kohorten 1985/86 und 1993/94 unterschiedlich. Während die Überlebensfunktion bei den Betrieben der Kohorte 1993/94 weiter kontinuierlich abnimmt, „konsolidieren" sich die Überlebenschancen der Firmen aus der Kohorte
4. Existenzgründungen im Kohortenvergleich
303
Monate seit Gründung Kohortenzugehörigkeit
1985/86
1990/91
— - 1993/94
Abbildung A 1.2: Überlebensfunktion in den 3 Kohorten
1985/86 etwas. A m Ende der 4-jährigen Beobachtungsperiode sind von den in Kohorte 1993/94 gegründeten 54.284 Unternehmen nur noch 54,3% angemeldet, während nach 48 Monaten von den 29.976 Firmen der Kohorte 1985/86 noch 57,6% und von den 61.524 Betrieben aus der Kohorte 1990/91 noch 60,1% existieren. Diese Unterschiede sind ein erster Hinweis auf die Relevanz des Gründungskontextes für die Überlebenschancen. Die Risikofunktion in Abbildung A 1.3 zeigt in allen drei Kohorten das schon bekannte Bild der „liability of newness" bzw. „liability of adolescence", d.h. eines zunächst sehr raschen Anstiegs der „Sterberate" im ersten viertel bis halben Jahr und danach eines tendenziellen Abfalls der Wahrscheinlichkeit einer Betriebsaufgabe. In Kohorte 1985/86 ist der Anstieg im ersten halben Jahr am stärksten. Danach fällt hier die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsaufgabe ziemlich stetig ab und ist nach 30 Monaten sogar am niedrigsten. In der Kohorte 1990/91 nimmt die Sterberate
304
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
Monate seit Gründung Kohortenzugehörigkeit
1985/86
1990/91
— - 1993/94
Abbildung A l . 3 : Risikofunktion in den 3 Kohorten
vom zweiten bis 12. Monat nach Gründung zunächst ab, um danach relativ konstant zu bleiben. Die Betriebe der Kohorte 1993/94 sind nach dem ersten Jahr praktisch über den gesamten Zeitraum hinweg einer höheren Wahrscheinlichkeit der Betriebsaufgabe ausgesetzt als die beiden ersten Kohorten. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die Überlebenschancen der Betriebsgründungen 1990/91 insgesamt besser sind als diejenigen der beiden Vergleichskohorten. Zur Begründung kann dafür angeführt werden: (1) Die Existenzgründungen 1990/91 fielen in die Phase der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Diese Unternehmen konnten den Wendeboom (mit neuen Märkten in den ostdeutschen Bundesländern, aber auch in Osteuropa) ausnutzen und waren deshalb relativ erfolgreich. (2) Existenzgründer der Jahre 1993/94 meldeten ihre Betriebe schon in einer relativ schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage an und bekamen im Zeitverlauf die Folgen der
4. Existenzgründungen im Kohortenvergleich
305
sich weiter verschlechternden konjunkturellen Gesamtsituation zu spüren, die die Überlebenswahrscheinlichkeit dieser Gründungen schmälerte. Hinter diesen Aggregatkurven können sich gruppenspezifisch unterschiedliche Verläufe und Niveaus des Abmelderisikos bzw. der Überlebenschancen verbergen. Der Datensatz ermöglicht eine Aufgliederung nach insgesamt sechs Merkmalen: Wirtschaftszweig, Rechtsform, Region, Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit. Diese sollen in den folgenden Abschnitten näher betrachtet werden.
b) Betriebsspezifische
Ergebnisse
Zunächst soll geklärt werden, in welchen Wirtschaftsbereichen eine Gründung aussichtsreichere Perspektiven besitzt (Tabelle A l . 3 , oberer Teil). Als Indikator wird der Prozentsatz der neugegründeten Unternehmen verwendet, die nach vier Jahren noch bestehen. Zunächst fällt auf, daß in allen Kohorten Firmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Bereich der „unternehmensbezogenen Dienstleistungen" die besten Überlebenschancen besitzen. Nach den ersten vier Jahren existieren noch 70-76% der Betriebe aus dem verarbeitenden Gewerbe und 58-67% der Firmen der unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Die geringsten Chancen des Überlebens besitzen Firmen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe mit 4-jährigen Überlebensquoten zwischen 47% und 54%, die Branche „Finanzdienstleistungen und Versicherungen" (49% bis 58%), der Wirtschaftsbereich der personenbezogenen Dienstleistungen mit einem Anteil von 50% bis 53% und der Bereich „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung", bei dem die 4-jährigen Überlebensquoten zwischen 48% und 59% liegen. Eine mittlere Position nehmen in allen Kohorten die Firmen im Groß- und Einzelhandel sowie im Baugewerbe ein. Hier variieren die Anteile zwischen 50% und 61%. Betrachtet man die Streuung der Überlebensquoten in den drei Kohorten, so zeigt sich, daß die Spannweite in der mittleren Kohorte mit den besten konjunkturellen Ausgangsbedingungen am geringsten ist. Die Differenz zwischen der bestandsfestesten und der Branche mit den geringsten Überlebenschancen beträgt hier etwa 17 Prozentpunkte, während die Spannweite in der dritten Kohorte 23 und in der ersten Kohorte sogar 29 Prozentpunkte umfaßt. Bei der Gründung eines Betriebes ist die Entscheidung für eine bestimmte Rechtsform zu treffen. Die handels- und steuerrechtlichen Konsequenzen dieser Entscheidung sind dabei nicht zu unterschätzen und spielen für den Erfolg einer Unternehmensgründung eine wichtige Rolle. Unabhängig von juristischen Konsequenzen kommt der Rechtsform bei Untersuchungen zu den Überlebenschancen von Unternehmensgründungen noch aus einem an-
306
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen Tabelle Al 3
Überlebenschancen und betriebliche Merkmale (Angaben in %) Kohorte 1 Kohorte 2 Kohorte 3 (1985/86) (1990/91) (1993/94)
Gesamt
Wirtschaftszweige Verarbeitendes Gewerbe, Energie
76
70
71
71
Baugewerbe
58
55
50
54
Großhandel, Handelsvermittlung
58
61
54
58
Einzelhandel
53
61
53
56
Hotel- und Gaststättengewerbe
Al
54
48
50
Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung
59
53
48
52
Finanzdienstleistungen, Versicherungen
49
58
50
53
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
67
64
58
62
Personenbezogene Dienstleistungen
52
53
50
51
Kleingewerbetreibende
51
56
49
52
BGB-Gesellschaften
42
52
41
46
Kapitalgesellschaften
88
83
82
83
München-Stadt
55
59
52
55
München-Umland
63
62
57
60
Übrige Landkreise
59
61
55
58
(29.976)
(61.524)
(54.284)
(145.784)
Rechtsform
Regionale Ansiedlung
N =
Mittels einer Sterbetafelanalyse geschätzte Prozentsätze der nach 48 Monaten noch existierenden Betriebe.
4. Existenzgründungen im Kohortenvergleich
307
deren Grund eine besondere Bedeutung zu. In der Organisationstheorie stellt die Formulierung von Einflüssen der Organisationsgröße auf die Sterberaten (liability of smallness) eine bedeutsame Ergänzung der These einer erhöhten Neulingssterblichkeit (liabilitiy of newness) dar. Betriebsgröße ist ganz generell kein eindeutig zu fassendes Merkmal und kann sich auf so unterschiedliche Faktoren wie Beschäftigtenzahl, Umsatz oder Kapitalstock beziehen. Die Rechtsform der Firmen läßt aber indirekt durchaus Rückschlüsse auf Kapitalstock, Beschäftigtenzahl usw. und damit auf wichtige Merkmale der Betriebsgröße zu. Unterschiede nach der Rechtsform der Betriebe erlauben also indirekt auch Aussagen über die Einflüsse von Organisationsbzw. Betriebsgröße auf die Überlebenschancen von Unternehmen. Betrachtet man die Ergebnisse wieder innerhalb des Vier-Jahres-Zeitraums, so ist klar zu erkennen, daß unter allen neugegründeten Unternehmen die Kapitalgesellschaften die bei weitem besten Aussichten besitzen, die ersten vier Jahre zu überleben. Nach vier Jahren sind im Durchschnitt noch über 83% der Kapitalgesellschaften angemeldet. Die entsprechenden Anteile sind sowohl bei den Kleingewerbetreibenden mit ca. 52% als auch bei den BGB-Gesellschaften mit lediglich 46% wesentlich niedriger (Tabelle A l . 3 , mittlerer Teil). Deutlich wird dieser Abmeldeverlauf in der (hier nicht dargestellten) Grafik der Überlebensfunktionen. Es zeigt sich, daß zwischen den Kapitalgesellschaften und den anderen zum Vergleich herangezogenen Rechtsformen massive Verlaufsunterschiede vorliegen. Die Kurve der Kapitalgesellschaften liegt stets weit über den beiden anderen Kurven, und innerhalb des ersten Jahres erfolgen sehr wenige Abmeldungen. Die Überlebensfunktion der Kleingewerbetreibenden und der BGB-Gesellschaften weisen zunächst einen annähernd gleichen Verlauf auf. Erst nach etwa einem Jahr sinkt die Kurve der BGB-Gesellschaften stärker und liegt dann unter derjenigen der Kleingewerbetreibenden. Der enorme Unterschied zwischen den Verlaufskurven von Kapitalgesellschaften und den beiden anderen Rechtsformen ist sicher ein Effekt der Betriebsgröße. Es ist bekannt, daß Kapitalgesellschaften deutlich „größer" starten, was eine höhere Stabilität verleiht. Hinsichtlich der besonders schlechten Überlebenschancen von BGB-Gesellschaften sind zwei mögliche Ursachenkomplexe relevant. Zum einen handelt es sich wahrscheinlich um Artefakte. BGB-Gesellschaften werden im Zeitverlauf häufiger umgegründet und in andere Rechtsformen überführt als andere Gesellschaftsformen. Zum anderen führen bei BGB-Gesellschaften Unstimmigkeiten zwischen zwei oder mehreren Gesellschaftern häufiger zur Auflösung oder Umgründung der Gesellschaft als bei anderen Rechtsformen. Im Kohortenvergleich zeigen die Kleingewerbetreibenden und die BGBGesellschaften das bekannte Muster: Die Überlebenschancen korrelieren
308
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
mit der wirtschaftlichen Situation des Gründungskontextes. Dagegen gibt es bei den Kapitalgesellschaften anscheinend einen Trend zu geringerer Stabilität. Am besten sind die Chancen in der ersten Kohorte, wo 88% der Betriebe nach vier Jahren noch existieren, in den beiden folgenden Kohorten sinkt dieser Anteil dann und beträgt bei der Gründungskohorte 1993/94 nur noch 82%. Bei der Gründung eines Betriebes spielt die Wahl des Standortes aufgrund unterschiedlichster Aspekte (Infrastrukturausstattung, Gewerbesteuersätze, Grundstückspreise usw.) eine nennenswerte Rolle. Tabelle A l . 3 (unterer Teil) läßt in allen drei Kohorten eine klare Rangordnung der drei Regionen hinsichtlich der Überlebenschancen erkennen. Die Gründungen des Münchner Umlandes haben die besten Aussichten. Nach vier Jahren sind noch 57% bis 63% dieser Firmen angemeldet. Auch die übrigen oberbayerischen Städte und Landkreise rangieren mit 55% bis 61% noch vor dem Stadtgebiet München, von dessen neugegründeten Betrieben nur 52% bis 59% die ersten 48 Monate überleben. Gründe für die Instabilität in München dürften im erhöhten Konkurrenzdruck und in den zum Teil schwierigen Umfeldbedingungen (wie erhöhten Gewerbemieten usw.) liegen.
c) Persönliche Merkmale der Gründungspersonen Tabelle A l . 4 zeigt die Effekte der persönlichen Merkmale auf die Überlebenschancen. Bei diesen Sterbetafelanalysen wurde für die Effekte der Wirtschaftszweige und regionalen Ansiedlung kontrolliert. Diese Koeffizienten sind in der Tabelle jedoch nicht aufgeführt, unterscheiden sich aber nur wenig von den Zahlen in Tabelle A l . 3 . Da die persönlichen Merkmale nur für Kleingewerbetreibende bekannt sind, entfällt eine Kontrolle des Faktors „Rechtsform". Der obere Teil von Tabelle A l . 4 zeigt die nach dem Geschlecht der Gründungsperson differenzierten Überlebenschancen der Neugründungen. Während die in der Kohorte 1985/86 von Frauen gegründeten Firmen sogar noch ein leichtes Plus von einem knappen Prozentpunkt in den Überlebenschancen verzeichnen konnten, hat sich dies in den beiden späteren Kohorten ins Gegenteil verkehrt. Betriebe von Männern haben nun deutlich bessere Überlebensaussichten als die von Frauen. Zwar entwickeln sich die Überlebenschancen der von Frauen bzw. Männern gegründeten Unternehmen bis zum Ende der ersten sechs bis neun Monate ungefähr gleich, aber danach gehen die Überlebenskurven im Zeitverlauf auseinander: nach vier Jahren ist in der mittleren Kohorte der Anteil der überlebenden „Männerbetriebe" um 3 Prozentpunkte und in der Kohorte 1993/94 um 5 Prozentpunkte höher als der von „Frauenbetrieben". Ob sich dieser Unterschied auch bei Kon-
4. Existenzgründungen im Kohortenvergleich
309
Tabelle A1.4
Überlebenschancen und Merkmale der Gründungspersonen (Angaben in %) Kohorte 1 Kohorte 2 Kohorte 3 (1985/86) (1990/91) (1993/94)
Gesamt
Geschlecht Frau
51
54
45
50
Mann
50
57
51
53
(22.039)
(46.518)
(40.066)
(108.623)
bis 25 Jahre
38
51
42
45
26 bis 35 Jahre
50
55
47
51
36 bis 45 Jahre
56
60
53
57
46 bis 55 Jahre
56
59
53
56
56 Jahre und älter
55
52
43
49
(23.890)
(48.098)
(41.763)
(113.751)
Deutscher
52
56
49
53
Ausländer
43
51
39
44
(22.175)
(47.751)
(41.790)
(111.716)
N = Alter
N = Nationalität
N =
Mittels einer Sterbetafelanalyse geschätzte Prozentsätze der nach 48 Monaten noch existierenden Betriebe von Kleingewerbetreibenden; kontrolliert sind die Effekte der Kovariaten „Wirtschaftszweige" und „Regionale Ansiedlung".
trolle der anderen Einflußfaktoren bestätigt, wird die multivariate Analyse zeigen. Das Alter der Gründer bei Gewerbeanmeldung ist insofern ein interessantes Untersuchungsmerkmal, als über diese Variable, wenn auch nur indirekt, die Berufserfahrung der Betriebsgründer erfaßt werden kann. Es zeigt sich, daß in allen drei Kohorten die Gründer aus den beiden mittleren Altersgruppen zwischen 36 und 55 Jahren jeweils erfolgreicher sind - im Durchschnitt überleben etwa 56% ihrer Firmen die ersten vier Jahre - als die jün-
310
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
geren Gründer von 26 bis 35 Jahre, bei denen es nur 51% sind. Selbst der älteste Personenkreis (56 Jahre und älter), der wegen des bevorstehenden Ruhestandes kürzere Episodenzeiten aufweist als die entsprechenden Vergleichsgruppen, gründet bestandsfestere Unternehmen - der Anteil ihrer nach vier Jahren noch existierender Betriebe liegt bei 49% - als die jüngste Alterskohorte (bis 25 Jahre). Hier überleben im Durchschnitt nur 45% der Neugründungen die ersten vier Jahre (mittlerer Teil von Tabelle Al.4). Wie die (hier nicht abgebildeten) Überlebenskurven erkennen lassen, entwickeln sich die Überlebenschancen der von den beiden mittleren Altersgruppen („36 bis 45 Jahre" und „46 bis 55 Jahre") gegründeten Firmen nahezu identisch. Die Kurven der Gründer, die zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung zwischen 26 und 35 Jahre alt waren, und vor allem der jüngsten Altersgruppe liegen über den gesamten betrachteten Zeitraum hin zum Teil beträchtlich unter den Überlebenskurven dieser beiden mittleren Altersgruppen. Das heißt, die Überlebenschancen der Unternehmen von jungen Gründern sind im Vergleich zu Betrieben, die von Personen aus den mittleren Alterskategorien angemeldet werden, sehr viel schlechter. Die Überlebenschancen der Betriebe, die von der ältesten Gruppe (56 Jahre und darüber) gegründet wurden, liegen in der Regel dazwischen. Zusammenfassend kann man also festhalten, daß Unternehmen von Gründern in den mittleren Altersgruppen die besten Überlebenschancen haben. Betrachten wir das Alter der Gründer als Variable, die indirekt eine gewisse berufliche Vorerfahrung zum Ausdruck bringt, so deuten diese Ergebnisse darauf hin, daß die Überlebensaussichten von neugegründeten Betrieben auch davon abhängen, inwieweit im Vorfeld der Selbständigkeit praktische berufliche Erfahrungen gesammelt werden konnten (vgl. Preisendörfer und Voss Al990). Ausgehend von der Tatsache, daß in München der Anteil der ausländischen Bevölkerung im April 1997 bei 21,4% lag und daß etwa jeder dritte Arbeitslose in München Ausländer ist, verwundert es nicht, daß aufgrund dieser angespannten Arbeitsmarktsituation viele ihre Chance darin sehen, ihr eigener Chef zu werden. Auch die vorliegenden Daten beschreiben diesen Sachverhalt eindringlich. So hat sich der Anteil der ausländischen Existenzgründer im Stadtgebiet München von 1985/86 bis 1993/94 von 11,9% auf 20,1% nahezu verdoppelt. Auch die Handwerkskammer verzeichnete z.B. im Jahr 1996 einen Anteil von über 17% ausländischer Existenzgründer an den insgesamt in diesem Jahr angemeldeten 1440 neuen Einzelunternehmen. Eine Diskussionsrunde, die vom Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München im November 1997 durchgeführt wurde, ergab, daß für die ausländischen Existenzgründer neben den üblichen - auch für die deutschen Gründer geltenden - Problemen (Kapitalbeschaffung, vorbereitende Beratungen, Informationsfluß usw.) vor allem
5. Analyse der Einflußfaktoren in den drei Kohorten
311
eine weitere Barriere hinzukommt: die Sprache. 6 Es ist daher von generellem Interesse, ob sich die Überlebenschancen von Betrieben ausländischer Existenzgründer von denjenigen der deutschen unterscheiden. Es zeigt sich, daß in allen drei Kohorten die Firmen deutscher Gründer deutlich bessere Überlebenschancen aufweisen als ausländische Existenzgründungen (Tabelle A l . 4 , unterer Teil). Der Abstand variiert mit der konjunkturellen Gesamtlage. Bei Firmen, die von Ausländern in der Hochkonjunktur der Jahre 1990/91 gegründet wurden, beträgt der Rückstand in den 4-jährigen Überlebenschancen nur 5 Prozentpunkte, während er in der ersten Kohorte auf 9 Prozentpunkte steigt und in der Krise der Jahre 1993/94 mit über 10 Punkten sogar das Doppelte erreicht. Die grafische Analyse der Überlebenskurven verdeutlicht außerdem, daß sich die Überlebenschancen der deutschen Unternehmensgründer von vornherein anders entwickeln als die der Ausländer und daß die Kurven auch im Zeitverlauf immer weiter auseinander gehen. Diese Ergebnisse bestätigen, daß ausländische Existenzgründer mit zusätzlichen, besonderen Problemen konfrontiert sind. Die bereits erwähnte Diskussionsrunde des Referats für Arbeit und Wirtschaft kommt zu dem Ergebnis, daß für ausländische Existenzgründer eine umfangreiche Übersetzung von Checklisten und anderen Informationsschriften sowie u.U. der Einsatz von Dolmetschern bei Beratungsgesprächen und Informationsveranstaltungen ins Auge gefaßt werden sollte, um ihre Chancen zu verbessern. 5. Multivariate Analyse der Einflußfaktoren in den drei Kohorten Bis jetzt wurden im wesentlichen bivariate Analysen durchgeführt. M i t Hilfe multivariater Cox-Regressionen sollen nun die Effekte der betrieblichen und persönlichen Merkmale gleichzeitig geschätzt und der Frage nachgegangen werden, ob sich ihre Effekte in den drei Kohorten unterscheiden. Tabelle A l . 5 enthält die Werte für die betrieblichen Merkmale. Da es sich dabei um kategoriale Merkmale handelt, geben die Koeffizienten die Effektstärke im Vergleich zur jeweiligen Referenzkategorie an. Dies ist bei den Wirtschaftsbereichen der Einzelhandel. Für den Bereich „Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung", das verarbeitende Gewerbe sowie die unternehmensbezogenen Dienstleistungen läßt sich über die drei Kohorten hinweg keine einheitliche Tendenz ablesen. Allerdings sind in den 6
Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 22./23.11.1997.
312
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen Tabelle AL5
Multivariate Analyse der betrieblichen Merkmale in den drei Kohorten (Cox-Regressionen) Kohorte 1985/86 Wirtschaftszweige
(Referenz:
Kohorte 1990/91
Kohorte 1993/94
Einzelhandel)
Verarbeitendes Gewerbe, Energie
-18**
Baugewerbe
+14
+29***
+5
+12***
Großhandel, Handelsvermittlung
+5
_i5*** +26*** +4
Hotel- und Gaststättengewerbe
+27***
+24***
+17***
Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung
-12**
+29***
+23***
Finanzdienstleistungen, Versicherungen
+13***
+n***
+11**
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
-26***
Personenbezogene Dienstleistungen
+15***
Rechtsform (Referenz:
+3
-1
+24***
+13***
Kleingewerbetreibende)
BGB-Gesellschaften
+19***
+ 1 7
Kapitalgesellschaften
-85* * *
-64* * *
Regionale Ansiedlung (Referenz:
***
+22***
München-Stadt)
München-Umland
_24***
.44***
_iö***
Übrige Landkreise
_21***
_i4***
„14***
2787,1
3740,1
3409,1
(29.976)
(61.524)
(54.284)
Chi-Quadrat N =
Die Koeffizienten beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie. Angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .01** und .001***.
5. Analyse der Einflußfaktoren in den drei Kohorten
313
beiden zuletzt genannten Branchen nur in der Hochkonjunktur der Jahre 1990/91 die Überlebenschancen schlechter als im Einzelhandel, während sie in konjunkturell schwächeren Gründungsphasen besser sind. 7 Dagegen haben Betriebe im Baugewerbe, im Großhandel, im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Bereich „Finanzdienstleistungen, Versicherungen" und in den personenbezogenen Dienstleistungen durchweg schlechtere Überlebenschancen als der Einzelhandel, was vielleicht überraschen mag. Insgesamt sind bei einem Vergleich über die drei Kohorten hinweg in allen Branchen die Überlebenschancen (relativ) am geringsten - d.h. die prozentualen Veränderungen des Abmelderisikos sind fast immer am höchsten - , wenn die Betriebe in der Hochkonjunktur 1990/91 gegründet wurden. Da diese Aussage stets relativ zur Referenzkategorie zu interpretieren ist, bedeutet dies im Umkehrschluß, daß vor allem Betriebe im Einzelhandel profitieren, wenn sie in konjunkturell günstigen Perioden gegründet werden. Die Rechtsform besitzt in allen drei Kohorten die stärksten Effekte: Kapitalgesellschaften weisen eine deutlich höhere Stabilität auf als die Referenzkategorie der Kleingewerbetreibenden, d.h. die prozentuale Reduzierung der monatlichen Abmelderate ist mit - 6 4 % bis - 8 5 % am größten. BGB-Gesellschaften haben hingegen höhere Abmelderaten als Einzelgründungen. Die Betriebsgröße, die mit der Rechtsform annähernd erfaßt werden kann, spielt also eine herausragende Rolle für die Überlebenschancen von Neugründungen. Interessant ist, daß für die Kohorte 1990/91 dieser Größeneffekt noch am geringsten ausfällt. Dies könnte darauf hindeuten, daß es in konjunkturellen Hochphasen auch die kleineren Betriebe leichter haben. Die regionale Ansiedlung zeigt über alle Kohorten hinweg einheitliche Effekte. Das Stadtgebiet München (Referenzkategorie) besitzt die schlechtesten Überlebenschancen (alle prozentualen Veränderungen der Sterberaten in den beiden anderen Regionen sind negativ), während die Überlebenschancen in den beiden anderen Regionen sich kaum voneinander unterscheiden.
7
Da die Werte die Effekte auf die monatliche Sterberate messen, indiziert ein negatives Vorzeichen bessere und ein positives Vorzeichen schlechtere Überlebenschancen. Der positive Prozentwert von +5% beim verarbeitenden Gewerbe in der mittleren Kohorte 1990/91 besagt also, daß das Risiko der Abmeldung (hier: die monatliche Abmelderate) bei einer Neugründung in diesem Bereich um (statistisch nicht signifikante) 5% höher ausfällt als bei einer Gründung aus der Referenzkategorie „Einzelhandel". Dagegen besagt der negative Prozentwert von - 1 8 % in der ersten Kohorte, daß die monatliche Abmelderate bei einer Neugründung i m verarbeitenden Gewerbe in den Gründungsjahren 1985/86 um (statistisch signifikante) 18% niedriger ist als bei der Referenzkategorie des Einzelhandels.
314
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen Tabelle A 1.6
Multivariate Analyse der persönlichen Merkmale in den drei Kohorten (Cox-Regressionen; nur Kleingewerbetreibende)
Geschlecht (Referenz: Frau
Mann)
Alter Alter quadriert Nationalität (Referenz: Deutsche Chi-Quadrat N =
Ausländer)
Kohorte 1985/86
Kohorte 1990/91
Kohorte 1993/94
+6**
+16***
+21***
-7,8***
-5,2***
-6,3***
+0,08***
+0,06***
+0,07*** _24***
_20***
928,8
927,9
866,6
(21.431)
(46.204)
(40.025)
Die Koeffizienten beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. beim Alter bei einer Erhöhung um 1 Jahr. Die Werte sind für die Effekte der betrieblichen Merkmale kontrolliert. Angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .01** und .001***.
Um die Bedeutung individueller Faktoren auf die Überlebenschancen einzuschätzen, wurden ebenfalls multivariate Modelle für die Betriebe des Kleingewerbes gerechnet. Tabelle A 1.6 enthält nur die Effekte der personenbezogenen Variablen; nicht tabelliert sind die bei der Analyse mit berücksichtigten Effekte von Wirtschaftszweig und regionaler Ansiedlung, die ähnliche Effekte wie in der Tabelle A 1.5 aufweisen. Da die persönlichen Merkmale nur für Kleingewerbetreibende vorliegen, entfällt hier der Faktor „Rechtsform". Beim Faktor Geschlecht bestätigt sich das Ergebnis der bivariaten Analysen. Die Überlebenschancen von „Frauengründungen" haben sich im Kohortenvergleich eindeutig verschlechtert (die prozentualen Steigerungen des monatlichen Abmelderisikos werden immer stärker), wobei zu beachten ist, daß hierbei für die Wirkung von Wirtschaftszweigen und regionaler Ansiedlung kontrolliert wurde. Das Lebensalter als „Stellvertreter"-Variable für Berufserfahrung einen durchgängig positiven Einfluß auf die Überlebenschancen - d.h. steigendem Lebensalter verringern sich die monatlichen Abmelderaten. lerdings ist der Effekt nicht linear, wie der quadrierte Alterskoeffizient
hat mit Albe-
6. Ursache und Nachhaltigkeit der Kohorteneffekte
315
legt. Die entsprechenden nicht-linearen Effekte auf die monatliche Abmelderate sind alle signifikant positiv, was den theoretischen Erwartungen entspricht, daß sich nämlich der positive Alterseffekt mit zunehmendem Alter abschwächt. Aus den beiden Koeffizienten läßt sich das durch das Modell vorhergesagte Minimum berechnen. Es liegt in den drei Kohorten bei 49,9, 43,4 bzw. 45,3 Jahren. Auch hier zeigt sich, daß das „optimale" Gründeralter - davor und danach steigt das Abmelderisiko - in Zeiten der Hochkonjunktur niedriger ist und anscheinend von Mitte der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre abgenommen hat. Schließlich belegen die Werte für den Faktor Nationalität, daß Gründungen von Ausländern in allen Kohorten schlechter abschneiden. Die monatlichen Abmelderaten sind bei Gewerbeanmeldungen von Deutschen zwischen 14% und 24% niedriger als bei Gründungen von Ausländern. Wiederum zeigt sich für die Kohorte 1990/91 eine Abweichung: hier ist der Nachteil für ausländische Gründer am geringsten. 6. Ursache und Nachhaltigkeit der Kohorteneffekte In diesem Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, worauf die Effekte des Gründungskontextes zurückzuführen sind und ob er auch im weiteren Konjunkturverlauf nachhaltige Wirkungen entfaltet. Daß sich die drei Gründungskohorten in ihren Überlebenschancen unterscheiden, wurde bereits herausgearbeitet und kommt noch einmal in Modell 1 von Tabelle A l . 7 zum Ausdruck. Im Vergleich zur ersten Kohorte 1985/86 haben Betriebe der Boomphase 1990/91 eine um 9% niedrigere und Unternehmen, die in den Krisenjahren 1993/94 gegründet wurden, eine um 6% höhere monatliche Sterberate. Ob die in Abschnitt 3 a geschilderte, unterschiedliche Verteilung der betrieblichen Merkmale in den drei Kohorten hierfür verantwortlich ist, wird in Modell 2 getestet. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, wie ein Vergleich der nur leicht veränderten, eher stärker gewordenen Kohorteneffekte in den ersten beiden Zeilen von Modell 1 und 2 belegt. Auf eine Kommentierung der Kovariateneffekte im einzelnen wird verzichtet, da sie nur die bisherigen Ergebnisse hinsichtlich der Wirkungen der Branchenzugehörigkeit, der Rechtsform und der regionalen Ansiedlung bestätigen.8 8
Es wäre denkbar, daß die Kohorteneffekte zwar nicht durch die unterschiedliche Verteilung der betrieblichen Merkmale, wohl aber durch deren kohortenspezifische Wirkung verursacht werden. Um diese Hypothese zu prüfen, wurde Modell 2 um alle Interaktionseffekte zwischen den Kohortenvariablen und den Ausprägungen der drei betrieblichen Merkmale erweitert. Die Kohorteneffekte verschwinden dabei nicht, sondern haben sich im Gegenteil sogar verstärkt.
316
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen Tabelle A1.7
Multivariate Analyse der Kohorteneffekte (Cox-Regressionen mit zeitabhängigen Kovariaten) 1 Kohorte (Referenz:
3
4
5
1985/86)
1990/91
-9***
1993/94
+6***
Wirtschaftszweige
2
(Referenz:
_io*** +g***
-2
_g***
-4
+1
+6**
-2
-1
+2
Einzelhandel)
Verarbeitendes Gewerbe, Energie
-5
Baugewerbe Großhandel, Handelsvermittlung
+26*** +g***
Hotel- und Gaststättengewerbe
-0,1
+28***
+2i***
+23***
+7*** +43***
+11*** +30***
+10*** +50***
Transport, Verkehr und Nachrichtenübermittlung
+19***
+36***
+26***
+42***
Finanzdienstleistungen, Versicherungen
+12*** _3**
+29***
+19***
+36***
Unternehmensbezogene Dienstleistungen Personenbezogene Dienstleistungen
+25***
BGB-Gesellschaften
+19***
+19***
+19***
Kapitalgesellschaften
_70***
_70***
_70***
+19*** _70***
München-Umland
_16***
_16***
_16***
_16***
Übrige Landkreise
_16***
_15***
_16***
_15***
Rechtsform (Referenz:
+3
+16*** +41***
+19***
+10 +34***
Kleingewerbetreibende)
Regionale Ansiedlung (Referenz:
München-Stadt)
aktuelle Geschäftslage zum Zeitpunkt der Gründung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
_1 4 * * *
+0,5
erwartete Geschäftslage zum Zeitpunkt der Gründung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
-3,5**
_4 o * * *
Meldequote zum Zeitpunkt der Gründung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
+6,6***
+7 7 * * *
Konjunkturverlauf: Lagebeurteilung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
_2 4 * * * _2 5 8***
Konjunkturverlauf: Zukunftserwartung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
+0,5
+0,6
9936,0
9981,5
Chi-Quadrat N =
291,6
9840,5
9877,9 (145.784)
Die Koeffizienten beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d. h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. bei einer Erhöhung um eine Maßeinheit. Angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .01** und .001***.
6. Ursache und Nachhaltigkeit der Kohorteneffekte
317
Eine Ausgangsthese dieses Kapitels war, daß es die wirtschaftliche Situation in den Gründungsjahren ist, die Neugründungen begünstigt bzw. benachteiligt. Um diese Hypothese etwas genauer prüfen zu können, wurden in Modell 3 drei Variablen hinzugefügt, die die Marktsituation in den Gründungsjahren beschreiben. Aus den Daten des Konjunkturbarometers der I H K wurde für fünf Branchengruppen die durchschnittliche Beurteilung der Geschäftslage und der erwarteten Geschäftsentwicklung in den drei Gründungskohorten gebildet. Dies sind Indikatoren für die Marktnachfrage. Die Intensität einer verstärkten Konkurrenz unter den Neugründungen in den Gründungsjahren wird mit der Meldequote gemessen. Dies ist der kohortenspezifische Durchschnitt des Anteils der Neugründungen bezogen auf den Bestand an Betrieben in 24 Subgruppen (3 Regionen und 8 Branchen). Alle drei Variablen zeigen den erwarteten signifikanten Effekt. Erhöht sich der Konjunkturindex um 10 Punkte - d.h. die Differenz zwischen Optimisten und Pessimisten in den Jahren der Gründung erhöht sich um 10 Prozentpunkte zugunsten der Optimisten 9 - verringert sich die Sterbewahrscheinlichkeit, bei der Geschäftslage um 1,4% und bei der erwarteten Geschäftsentwicklung um 3,5%. Der negative Einfluß einer verstärkten Konkurrenz unter den Neuanmeldungen ist beachtlich. Erhöht sich der Anteil der neugegründeten Betriebe gemessen am vorhandenen Bestand um 10 Prozentpunkte 10 in den Jahren der Gründung, erhöht sich die Sterberate um 6,6%. Gleichzeitig gehen die Effekte der Kohortenvariablen gegen Null und werden statistisch insignifikant. 11 Die (hier nicht dargestellte) Grafik der Überlebensfunktionen zeigt für die drei Kohorten einen praktisch ununterscheidbaren Verlauf während der ersten vier Jahre nach Gründung. Diese Befunde stützen die These, daß es die wirtschaftliche Nachfrage- und Angebotssituation des Gründungskontextes ist, die die Kohorteneffekte verursacht. Es ist aber noch eine offene Frage, ob dies nur Ausfluß des zu erwartenden, generellen Effektes der wirtschaftlichen Konjunktur auf die Überlebenschancen der Betriebe ist oder ob wirklich die Situation des Gründungskontextes als solche nachhaltig den Überlebensprozeß beeinflußt. Um diese Frage zu klären, wurden aus den Konjunkturbarometerdaten zwei zeitabhängige Kovariaten (Lagebeurteilung und Zukunftserwartung) gebildet, die den Konjunkturverlauf vom Winter 1984/85 bis Herbst 1998 beschreiben. Mo-
9
Der Lageindex variiert zwischen - 2 8 % und +51% bei einem Mittel von +18% und einer Streuung von 23%; der Erwartungsindex schwankt zwischen - 2 5 % und +61% bei einem Mittel von +26% und einer Streuung von 24%. 10 Die Meldequote variiert zwischen 3% und 30% bei einem mittleren Wert von +15% und einer Streuung von 4%. 11 Während in den Modellen 1 und 2 die p-Werte für die Kohorteneffekte unter 0,0005 lagen, betragen sie jetzt 0,545 bzw. 0,783.
318
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
dell 4 enthält die Schätzergebnisse der Cox-Regression mit den betrieblichen Merkmalen und diesen zusätzlichen zeitabhängigen Kovariaten. Die jeweilige aktuelle Lagebeurteilung zeigt den erwarteten stabilitätsfördernden Effekt. Verbessert sich die Einschätzung um 10 Differenzpunkte zugunsten der Optimisten, dann verringert sich die Sterberate um hoch signifikante 2,4%. Dagegen haben die Konjunkturerwartungen keinen Effekt. Allerdings - und das ist hier das Entscheidende - zeigen sich wieder die hoch signifikanten Kohorteneffekte wie im Modell 1. Es sind also nicht die generellen, über die ganze Zeit wirkenden Einflüsse der wirtschaftlichen Konjunktur, sondern - ganz im Sinne der These des „organizational imprinting" - die besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten in den Gründungsjahren, die für die Kohortenunterschiede verantwortlich sind. Daß dies tatsächlich der Fall ist, belegen die Ergebnisse von Modell 5, das alle Variablen enthält. Die Kohorteneffekte verschwinden wieder (die p-Werte für die beiden Kohorteneffekte betragen 0,247 bzw. 0,400), und die Effekte des wirtschaftlichen Gründungskontextes und der laufenden Konjunkturentwicklung sind mit einer interessanten Besonderheit praktisch identisch mit denen in den Modellen 3 bzw. 4. Während zum Zeitpunkt der Gründung die Erwartungen und nicht die aktuelle Lage die Überlebenschancen beeinflussen, sind es im weiteren Zeitverlauf die aktuelle Lage und nicht die Erwartungen über die weitere Konjunkturentwicklung.
7. Schlußbemerkung Ziel dieses Kapitels war es zu prüfen, ob im Kohortenvergleich der Einfluß betrieblicher und personeller Faktoren auf die Überlebenschancen neugegründeter Betriebe stabil bleibt, ob davon unabhängig Kohorteneffekte existieren, was deren Ursachen sind und ob sie im Sinne des „organizational imprinting" nachhaltige Wirkungen entfalten. Datenbasis waren die Meldedaten von drei Gründungskohorten: den (auch vereinigungsbedingten) Boomjahren 1990/91, den Jahren einer wirtschaftlichen Krise 1993/94 und den Jahren 1985/86, die eine gute bzw. mittlere Konjunkturlage repräsentieren. Die Verdopplung der Zahl der angemeldeten Betriebe zwischen der ersten und der zweiten Kohorte belegt nachhaltig den Gründerboom, den die Hochkonjunktur zu Beginn der 1990er Jahre ausgelöst hat, auch wenn ein Teil des Zuwachses ein Artefakt der Datenerfassung und -bereinigung sein dürfte. Die Relevanz der wirtschaftlichen Situation des Gründungskontextes zeigt sich in den unterschiedlichen Überlebenschancen der Neugründungen. Von den Firmen der Boomjahre 1990/91 existieren nach vier Jahren noch 60,1%, von denen der ersten Kohorte noch 57,6% und von den Gründun-
7. Schlußbemerkung
319
gen der Krisenjahre 1993/94 nur noch 54,3%. Zwar hat sich in diesen zehn Jahren die betriebliche und personelle Zusammensetzung der Neugründungen geändert - hervorzuheben sind insbesondere die Zunahme von Gründungen aus dem tertiären Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen, der höhere Anteil von Kleingewerbetreibenden, die zurückgehenden Gründungsaktivitäten in der Stadt München zugunsten ihres Umlandes sowie der Zuwachs an ausländischen Gründern - , aber die Relevanz der Einflußfaktoren und die Reihenfolge ihrer Effektstärke blieb im wesentlichen erhalten. Thesenartig sollen die wichtigsten Befunde zusammengefaßt werden. (1) Für alle Kohorten stärkster Prädiktor der Überlebenschancen ist die Rechtsform: Kapitalgesellschaften haben erheblich bessere Überlebenschancen als Einzelgründungen (ohne Handelsregistereintragung) und BGBGesellschaften. Die These der „liability of smallness" wird eindrucksvoll bestätigt. (2) Die Überlebenschancen unterscheiden sich nach Gründungsbranchen - jedoch fallen die kohortenspezifischen Ergebnisse nicht einheitlich aus. Das verarbeitende Gewerbe und die unternehmensbezogenen Dienstleistungen besitzen in allen Kohorten die besten Überlebenschancen. Allerdings gehen die Anteile überlebender Betriebe im verarbeitenden Gewerbe (und auch im Baugewerbe) im Zeitverlauf zurück. Darin könnte sich ein wirtschaftliches Zukunftsproblem widerspiegeln. Die Gründungen im verarbeitenden Gewerbe haben bekanntermaßen langfristig die stärksten Arbeitsmarkteffekte. Wenn sich die Überlebenschancen des verarbeitenden Gewerbes im Kohortenvergleich deutlich verschlechtern, könnte die Erneuerungsfähigkeit der regionalen Wirtschaftskraft beeinträchtigt werden. Ein Kohortenvergleich zeigt schließlich, daß insbesondere Handelsunternehmen von einer Hochkonjunktur profitieren. (3) In allen Kohorten finden sich gleiche Einflüsse der regionalen Ansiedlung. Anmeldungen im Stadtgebiet München sind deutlich instabiler als Gründungen im Umland von München und dem übrigen Kammerbezirk. Ursachen können der höhere Konkurrenz- und Wettbewerbsdruck sowie Standortfaktoren wie die Höhe der Gewerbemieten etc. sein. (4) Nachdenklich stimmt, daß sich die Überlebenschancen der von Frauen gegründeten Betriebe während der 10-jährigen Beobachtungsperiode verschlechtern und zwar auch bei Kontrolle der anderen Einflußfaktoren, d.h. von Branche, regionaler Ansiedlung, Alter und Nationalität. Da bei Frauen wegen ihrer geringeren Erwerbstätigkeit mit der Stellvertreter-Variable „Alter" weniger gut für den Faktor „Berufserfahrung" kontrolliert werden kann als bei Männern, könnte ihre geringere Berufserfahrung zum Teil dafür verantwortlich sein. Möglicherweise gründen aber Frauen auch häufiger (klei-
320
A-I. Gründungskontext und betriebliche Überlebenschancen
nere) Nebenerwerbsbetriebe, weil der Partner für den Lebensunterhalt sorgt, oder Firmen, die den Charakter einer Scheinselbständigkeit haben. Nicht auszuschließen ist ein „Diskriminierungseffekt". (5) Unternehmensgründungen werden in allen Kohorten mit zunehmendem Alter der Gründungspersonen stabiler. Allerdings gehen die Überlebenschancen für die Gründungen der Altersgruppe der über 56jährigen Gründungspersonen wieder zurück. Das Alter dient hierbei als „Stellvertreter"-Variable für Berufserfahrung. (6) Gründungen von Ausländern nehmen einen schlechteren Überlebensverlauf als Anmeldungen deutscher Gründungspersonen. Dieser Effekt ist - wie beim Geschlecht - für Wirtschaftszweig und regionale Ansiedlung kontrolliert. Als Ursache lassen sich wiederum Unterschiede in der Humankapitalausstattung zwischen ausländischen und deutschen Gründungspersonen bzw. Diskriminierungseffekte anführen. Auf Grundlage der Gewerbemeldedaten können diese Hypothesen jedoch nicht überprüft werden. (7) Ein Ergebnis verdient besondere Beachtung. In der Phase der Hochkonjunktur verlieren die Einflußfaktoren an Bedeutung, wenn auch ihr Effekt keineswegs verschwindet. Man könnte es auch so formulieren: Im Boom geht es „allen" relativ gut, in einer konjunkturellen Krise machen sich die die Entwicklung bestimmenden Faktoren - wie branchenspezifische Absatzchancen, Größe, Erfahrung der Gründungspersonen etc. - stärker bemerkbar. Daß es die wirtschaftliche Situation des Gründungskontextes ist, die die unterschiedlichen Überlebenschancen der Gründungskohorten verursacht, bestätigt sich bei der Aufnahme entsprechender Variablen in das Modell der Cox-Regression. Eine mit Hilfe des Konjunkturbarometers gemessene, erhöhte Marktnachfrage in den Gründungsjahren verbessert, eine durch Neugründungen im Verhältnis zum vorhandenen Unternehmensbestand erhöhte Konkurrenzintensität verschlechtert die Überlebenschancen. Bei Kontrolle dieser Variablen verschwindet der Effekt der bloßen Kohortenzugehörigkeit. Die gleichzeitige Berücksichtigung der Merkmale des Gründungskontextes und des Konjunkturverlaufs zeigt außerdem, daß es in der Tat die zum Zeitpunkt der Gründung vorherrschenden wirtschaftlichen Bedingungen sind, die im Sinne des „organizational imprinting" die Überlebenschancen beeinflussen, und nicht bloß die generellen Konjunkturschwankungen, die davon unabhängig selbstverständlich auch ihre Wirkung entfalten. Das Kapitel sollte den Ertrag einer kohortenspezifischen Analyse aufzeigen. Die Interpretation der Ergebnisse betonte in erster Linie die Konjunkturentwicklung. Genauso bedeutsam kann jedoch der ökonomische Wandel sein (etwa die stärkere Dienstleistungsorientierung, out-sourcing, Firmenfusionen etc.). Um diese Faktoren berücksichtigen zu können, wäre zunächst
7. Schlußbemerkung
321
eine breitere Datenbasis nötig, in der Kontextfaktoren wie z.B. die branchen- und regionenspezifische Dichte und Größenverteilung der vorhandenen Unternehmen, die Arbeitsmarktsituation, die Höhe der Faktorkosten, Kreditzinsen usw. und deren zeitliche Entwicklung berücksichtigt sind. In einem dynamischen Modell könnte dann der Kontext inhaltlich differenzierter erfaßt und seine Wirkungen auf den Überlebensprozeß detaillierter analysiert werden.
A-IL Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen in Ost- und Westdeutschland - ein Vergleich* 1. Einleitung Freiberufler, Selbständige und Kleinbetriebe sind bisher von den Sozialwissenschaften eher stiefmütterlich behandelt worden. Viele Soziologen auch nicht-marxistischer Provenienz schienen den Niedergang der kleinen Selbständigen und den unaufhaltsamen Aufstieg des Großbetriebes als historisch unvermeidbare Tatsache zu akzeptieren und insoweit dem Verdikt des Kommunistischen Manifests zuzustimmen, das vor 160 Jahren prophezeite: „Die bisherigen kleinen Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kaufleute und Rentiers, die Handwerker und Bauern, alle diese Klassen fallen ins Proletariat hinab, teils dadurch, daß ihr kleines Kapital für den Betrieb der großen Industrie nicht ausreicht und der Konkurrenz mit den größeren Kapitalisten erliegt, teils dadurch, daß ihre Geschicklichkeit von neuen Produktionsweisen entwertet wird" (Marx und Engels 1955: 16; zuerst 1848). Keine andere Prognose von Karl Marx scheint sich so bruchlos bestätigt zu haben wie diese. Der Anteil der Selbständigen und ihrer mithelfenden Familienangehörigen an der gesamten Erwerbsbevölkerung ist in Deutschland langfristig recht kontinuierlich gesunken: Lag er (unter Einschluß der Selbständigen in der Landwirtschaft und der mithelfenden Familienangehörigen) im Jahr 1882 noch bei über 38%, so war er 100 Jahre später auf 16% zurückgegangen (Statistisches Bundesamt 1972: 142). Seit den 1970er Jahren mehren sich jedoch die Anzeichen für ein Ende, wenn nicht gar eine allmähliche Wende dieses langfristigen Abwärtstrends in den westlichen Industriegesellschaften (Steinmetz und Wright 1989). Unter dem Eindruck dieser „Renaissance der Selbständigen" hat sich das Interesse verstärkt den kleinbetrieblichen Neugründungen zugewandt. Auf dem Hintergrund dieser Entwicklung kommt der Neukonstitution von Kleingewerbe und Mittelstand beim Übergang sozialistischer Plan- zu Marktwirtschaften zweifellos eine besondere Bedeutung zu. Für die Entste* Die deskriptiven Teile dieses Kapitels verwenden Material aus einer früheren Publikation (Ziegler A2000a). (Hinweis: Literaturverweise mit einem der Jahreszahl vorangestellten „ A " finden sich im „Verzeichnis der Publikationen zu den Münchner und Leipziger Gründerstudien").
2. Die Ausgangslage
323
hung einer neuen Unternehmenslandschaft ist nämlich nicht nur die Art des Umgangs mit dem „sozialistischen Erbe" der überdimensionierten, veralteten und unrentablen Staatsbetriebe wichtig, sondern auch das vorhandene Gründungspotential für neue Unternehmen und deren Entwicklungschancen. Die sozialen und wirtschaftlichen Prozesse beim Aufbau eines selbständigen Mittelstandes verdienen die besondere Aufmerksamkeit von empirisch arbeitenden Soziologen, die an der realen Transformation der ostdeutschen Sozialstruktur interessiert sind und nicht bloß an ihrer oft verzerrten Widerspiegelung in der öffentlichen Diskussion. Nach einer kurzen Skizzierung der Ausgangslage in der DDR sollen Interesse und Bereitschaft zu beruflicher Selbständigkeit in den alten und neuen Bundesländern nach der Wende beschrieben und die Entwicklung der Neugründungen im Spiegel der Gewerbestatistik aufgezeigt werden. Den Hauptteil bildet ein Vergleich des Gründungs- und Überlebensprozesses in einer westdeutschen und einer ostdeutschen Region. Die Datenbasis liefern eigene retrospektive Befragungen einer Gründungskohorte 1985/86 im Bezirk der I H K für München und Oberbayern sowie ein prospektives Panel einer Gründungskohorte des Jahres 1992 in den Kammerbezirken der I H K und H W K Leipzig. Zunächst werden das Sozialprofil der Gründer und die Merkmale der von ihnen gegründeten Betriebe verglichen und dann werden mit Hilfe ereignisanalytischer Methoden Wachstum und Überlebenschancen in den ersten drei Jahren untersucht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Frage, ob die Entwicklungsprozesse in Ost und West im Prinzip von denselben Faktoren gesteuert werden oder ob es einen eigenen Entwicklungspfad in den neuen Bundesländern gibt. 2. Die Ausgangslage Aus ideologischen Gründen erlaubte die ehemalige DDR den Selbständigen nur eine marginale Stellung in ihren Wirtschaftsplänen. Die prekäre Versorgungslage zwang allerdings die politische Führung zu einem pragmatischen Vorgehen, das keine schlagartige, sondern eine allmähliche Reduzierung des Mittelstandes und der Kleingewerbetreibenden anstrebte. Instrumente waren die Enteignung, Kollektivierung, Staatsbeteiligung und eine sehr hohe Besteuerung, die in den Anfangsjahren der DDR zu hoher Westwanderung von Gewerbetreibenden führte (Staritz 1985). Die letzte große Verstaatlichungswelle erfolgte 1972 (Kaiser 1990). War 1949 in der DDR der Anteil der Selbständigen (einschließlich mithelfende Familienangehörige) an den Erwerbstätigen mit 33,0% noch etwas höher als 1950 in der alten Bundesrepublik mit 30,5%, so gab es dort im Jahr der Wende 1989 nur noch 2,1% Selbständige. Trotz der ideologischen Vorrangstellung der „Arbeiter und Bauern" hatten jedoch die verbliebenen
324
A-II. Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen
Quellen: Hinz A1998; Winkler 1990; Statistisches Bundesamt Fachserie 1, Reihe 4.1.1
Abbildung A2.1: Selbständigenanteil in den alten und neuen Bundesländern (einschließlich mithelfende Familienangehörige)
Selbständigen - vor allem im Bereich des Handwerks - ein hohes Sozialprestige und ungeachtet der Besteuerung ein relativ hohes Einkommen (Bedau und Vortmann 1990), das durch Gefälligkeiten der Schattenwirtschaft noch gesteigert wurde. Selbständiges Unternehmertum, ein zentrales Element einer Marktwirtschaft, war jedoch in nennenswertem Umfang nicht mehr vorhanden. 3. Interesse und Bereitschaft zu beruflicher Selbständigkeit in den alten und neuen Bundesländern nach der Wende Nach der Wende setzte der Prozeß der Unternehmensneugründungen in der ehemaligen DDR früh ein (Liebernickel und Schwarz 1992). Noch vor
3. Interesse und Bereitschaft zu beruflicher Selbständigkeit
325
der Volkskammerwahl wurde von der Regierung Modrow am 5. März 1990 die allgemeine Gewerbefreiheit in Kraft gesetzt. Diese Möglichkeit stieß auf ein erstaunliches Interesse, das - wie die ALLBUS-Befragung vom Frühjahr 1991 belegt - höher war und von den Betreffenden sogar als ernsthafter eingeschätzt wurde als in den alten Bundesländern. Von dem Drittel der Erwerbspersonen, die sagten, sie seien „grundsätzlich daran interessiert, sich beruflich selbständig zu machen", waren unter den Ostdeutschen 42%, unter den Westdeutschen aber nur 30% entschlossen, „innerhalb der nächsten fünf Jahre den Schritt in die Selbständigkeit tatsächlich zu unternehmen" (Ziegler und Hinz A1992: 90 f.). 40 Jahre ideologischer Ablehnung und Bekämpfung der Selbständigen und die für Ostdeutschland kulturkritisch diagnostizierte, allgemeine „Unselbständigkeit" hatten offensichtlich das Potential an neuen Selbständigen nicht verschüttet. Auch in Werthaltungen, die traditionell Unternehmern zugeschrieben werden - eine stärkere Betonung von selbständiger und verantwortungsvoller Tätigkeit - , unterscheiden sich die neuen ostdeutschen Selbständigen kaum von den westdeutschen. Beide heben sich in ihrer Arbeitsorientierung deutlich von den abhängig Beschäftigten ohne Interesse an beruflicher Selbständigkeit ab, die eher auf eine sichere Berufsstellung Wert legen, die einem viel Freizeit läßt. In ihrer Einstellung zu gesellschaftlichen Verteilungsprinzipien - eher an sozialstaatlichem Versorgungsdenken als an individueller Leistung orientiert - sind die ostdeutschen Selbständigen dagegen weniger unternehmerfreundlich als die westdeutschen und vertreten eher einen für westdeutsche Lohn- und Gehaltsempfänger typischen, mittleren Standpunkt, während die ostdeutschen abhängig Beschäftigten am stärksten sozialstaatliche Verteilungsprinzipien befürworten (Ziegler A2002a, A2002b). Blickt man auf die Determinanten der Bereitschaft, sich selbständig zu machen, dann zeigt sich eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen Ostund Westdeutschen. Es sind vor allem die soziale Herkunft aus einer Familie von Selbständigen und eine qualifizierte Berufsausbildung, z.B. als Meister oder Techniker, die die Wahrscheinlichkeit einer Existenz als Selbständiger erhöhen. Frauen ergreifen in Ost und West seltener den Schritt in die Selbständigkeit, es sei denn sie haben einen erwerbstätigen Partner (das gilt allerdings nur für den Westen). Ein deutlicher Unterschied ist auf dem Hintergrund des dramatischen Umbruchs nach der Wende bedeutsam und verständlich. Während im Westen Arbeitslose sich seltener selbständig machen als Erwerbstätige, ist es in den neuen Bundesländern umgekehrt. Dies scheint aber nur ein vorübergehendes Phänomen zu sein, das vermutlich damit zusammenhängt, daß mit dem schockartigen Übergang zur Marktwirtschaft Arbeitslosigkeit zum plötzlichen und weit verbreiteten Schicksal auch von qualifizierten Berufstätigen geworden war. Während nämlich in den
326
A-II. Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen
frühen 1990er Jahren losen, sich selbständig (noch) Erwerbstätigen, und beginnt sich - wie
die Wahrscheinlichkeit eines ostdeutschen Arbeitszu machen, etwa doppelt so hoch war als die eines verliert dieser Faktor kontinuierlich an Bedeutung im Westen - in seiner Wirkung umzukehren. 1
4. Die Entwicklung der Neugründungen im Spiegel der Gewerbestatistik Wie ist aber die tatsächliche Entwicklung nach der Wende verlaufen? Die Gewerbean- und -abmeldungen von 1990 bis 2006 belegen den enormen Gründungsboom in den neuen Bundesländern, der bereits vor, aber vor allem nach der Währungsunion einsetzte. Im Juli 1990 wurde mit ca. 36.000 Anmeldungen die höchste Anzahl in einem Monat registriert. Wie die Zahlen in Abbildung A2.2 zeigen, gehen die Anmeldungen nach dem Maximum von knapp 300.000 im Jahr 1991 rapide zurück und stabilisieren sich wenige Jahre später auf einem Niveau von ca. 130.000 p.a. 2 Mit entsprechender zeitlicher Verzögerung steigt die Zahl der Abmeldungen und erreicht 1995 ihr Maximum. Dennoch verbleibt über den gesamten Zeitraum hinweg ein positiver Saldo, der zu einem (aufsummierten) Bestand von ca. 877.000 Neugründungen am Ende des Beobachtungszeitraumes 2006 führt. Zwar liegt die Zahl der tatsächlichen Markteintritte sicher beträchtlich darunter, aber dennoch bleibt das Bild einer enormen Gründungsdynamik insbesondere in den Jahren unmittelbar nach der Wende bestehen. Nach dem bisherigen Tief im Jahr 2002 ist wieder ein Anstieg und ein höheres Niveau der Anmeldezahlen zu verzeichnen. „Für die kräftige Zunahme der Anmeldungen ist vor allem die stärkere Förderung von Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus, wie zum Beispiel die Ich-AGs, verantwortlich. Auch die stärkere Inanspruchnahme von Geldern, die die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit fördern sollen, trug zu dieser Entwicklung bei. Hierzu zählen insbesondere das Überbrückungsgeld der Bundesagentur für Arbeit, Darlehen der KfW-Mittelstandsbank sowie das ERP-Existenzgründungsprogramm (European Recovery Programm)" (Statistisches Bundesamt 2005: 8 f.). Der sogenannte Turbulenzindikator - das ist die Summe der An- und Abmeldungen dividiert durch den Zuwachs - mißt das Ausmaß der Fluktua-
1
Ergebnisse eigener logistischer Regressionen mit ALLBUS-Daten 1991-2000. Die anfängliche Dynamik wird noch deutlicher, wenn man für die ersten Jahre die Quartalszahlen betrachtet (Ziegler A2000: 8). Nach dem Maximum von knapp 95.000 im 3. Quartal 1990 geht die Zahl der Anmeldungen schnell zurück und stabilisiert sich wenige Jahre später auf einem Niveau von ca. 38.000 pro Quartal. 2
4. Die Entwicklung der Neugründungen
—•— Gewerbeanmeldungen
327
—o— Gewerbeabmeldungen
-A— Bestandsentwicklung neugegründeter Unternehmen Quelle: Statistisches Bundesamt, Tabellensammlung und Fachserie 2, Reihe 5
Abbildung A2.2: Gewerbean- und -abmeldungen in den neuen Bundesländern 1990-2006
tion, das notwendig ist, um den Bestand zu erhöhen. Während zu Beginn der neunziger Jahre in den neuen Bundesländern noch 1 bis 4 An- und Abmeldungen „ausreichten", um im Saldo den Bestand am Ende eines Jahres um einen Betrieb zu vermehren, waren dafür Ende des vergangenen Jahrzehnts etwa 21 und in den Jahren 2001 bis 2003 sogar ca. 200 (!) Bewegungen erforderlich. Damit herrschte eine wesentlich höhere „Turbulenz" als im Westen, wo dieser Indikator in der Regel um den Wert 10 schwankt und selbst das Maximum im Jahr 1999 nur den Wert 20 erreichte. Inzwischen ist der Indikator allerdings auch in den neuen Bundesländern wieder gesunken und lag im Jahr 2006 bei 11. Neben der Gewerbestatistik kann auf der Basis des Mikrozensus der Aufbau eines selbständigen Mittelstandes in den neuen Bundesländern verfolgt werden. Laut Mikrozensus hat sich die Zahl der Selbständigen (einschließlich mithelfende Familienangehörige) von 187.000 im Jahr 1989 auf
328
A-II. Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen
870.000 im Jahr 2005 fast verfünffacht. Die Selbständigenquote ist von 2,1% auf 12,1% gestiegen und hat sich wegen der stark abnehmenden Zahl der abhängig beschäftigten Erwerbstätigen fast versechsfacht. Zum Vergleich: In den alten Bundesländern betrug die Selbständigenquote im Jahr der Wende 10,9% und stieg bis 2005 auf 12,2%, ist also praktisch identisch mit der in den neuen Bundesländern (s. Abbildung A2.1). Für den Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern besitzen die Kleinund Mittelbetriebe eine noch größere Bedeutung als im Westen. Nach den Daten des IAB-Betriebspanels 3 sind etwa 50% der Erwerbstätigen inzwischen in Betrieben mit höchstens 49 Beschäftigten angestellt (Abbildung A2.3). Der Anteil derer, die in Großbetrieben mit über 1000 Beschäftigten arbeiten, ist in beiden Landesteilen in den letzten 10-15 Jahren stark gesunken, im Osten aber wesentlich stärker als im Westen. Die Zahlen belegen außerdem, daß der Rückgang der Gesamtzahl der Beschäftigten - zwischen 1995 und 2005 im Westen um 5,2%, im Osten um 15,8% - überwiegend durch den Arbeitsplatzabbau der Großbetriebe verursacht worden ist. Während die Großbetriebe mit über 1000 Beschäftigten in diesem Jahrzehnt die Zahl ihrer Arbeitskräfte im Westen um 24,3% und im Osten sogar um 59,5% verringerten, war im kleinbetrieblichen Sektor mit 1-49 Beschäftigten der Arbeitsplatzbau im Westen mit 2,5% und im Osten mit 5,1% erheblich geringer. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des klein- und mittelständischen Sektors darf also nicht unterschätzt werden. Im deutschen dualen System besitzen Klein- und Mittelbetriebe vor allem auch eine besondere Bedeutung für die berufliche Ausbildung. Der Aufbau eines selbständigen Unternehmertums in den neuen Bundesländern vollzog sich auf verschiedenen Wegen, die in einer nicht ganz trennscharfen Klassifikation in folgende vier Kategorien eingeteilt werden können: (1) Die Entflechtung und Privatisierung der Kombinate durch die Treuhandanstalt im Wege des Verkaufs von Unternehmen und Unternehmensteilen (Baunach 1998). Bei etwa einem Viertel handelte es sich dabei um sog. Management-Buy-Outs. 3 Die Daten für die nachstehende Abbildung A2.3 wurden uns freundlicherweise von Dr. Susanne Kohaut vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg, zur Verfügung gestellt. Da im IAB-Panel nur Unternehmen mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten enthalten sind, dürfte die tatsächliche Bedeutung der Kleinbetriebe für das Arbeitsplatzangebot noch höher sein. Dafür spricht auch, daß in der letzten Arbeitsstättenzählung des Statistischen Bundesamtes von 1987 in der alten Bundesrepublik 48 % aller Erwerbstätigen in Betrieben mit höchstens 49 Mitarbeitern beschäftigt waren, aber nur 13% in Großunternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern (Statistisches Bundesamt 1989: 66 f.).
4. Die Entwicklung der Neugründungen
329
100%
Quelle: IAB-Betriebspanel 1993-2005 (Anteil der Beschäftigten je Betriebsgrößenklasse in %; Gesamtzahl der Beschäftigten in Tsd.)
Abbildung A2.3: Anteil der Beschäftigten nach Betriebsgrößenklassen 1992-2005 (West) und 1995-2005 (Ost)
(2) Die Reprivatisierung von Betrieben (und vor allem des damit verbundenen Grundbesitzes) durch Restitution an die Alteigentümer bzw. deren Erben. (3) Ausgründungen, die insbesondere von Ostdeutschen wahrgenommen wurden. Dabei wurden vor allem Verkaufsstätten der HO (Handelsorganisation) oder (Teile von) PGHs (Produktionsgenossenschaften des Handwerks) von ehemaligen Leitern oder Mitarbeitern erworben. (4) Die überwiegende Zahl der Existenzgründungen im kleinbetrieblichen und mittelständischen Sektor sind jedoch originäre Neugründungen, bei denen weder ganze Betriebe noch Betriebsteile übernommen wurden. Auf der Grundlage eigener empirischer Erhebungen soll im folgenden über die Chancen und Risiken von Neu- und Ausgründungen in den neuen Bundesländern berichtet und die Gründungs- und Entwicklungsprozesse der ersten Jahre mit Unternehmensgründungen in den alten Bundesländern ver-
330
A-II.
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
glichen werden. Die Untersuchung konzentriert sich also auf den Rekonstitutionsprozeß der Klein- und Mittelbetriebe „von unten", während der Restrukturierungsprozeß der Unternehmenslandschaft „von oben", der überwiegend durch die Treuhandanstalt gesteuert wurde, ausgeblendet bleibt. 5. Die Datenbasis der Münchner und Leipziger Gründerstudien Die Daten stammen aus zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekten. Die Münchner Gründerstudie 4 war eine restrospektive Befragung im Jahr 1990 von 1.849 in den Jahren 1985 und 1986 gegründeten Firmen im Kammerbezirk der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Das Design der Studie ist in Kapitel I I I beschrieben. Nach Aussondern der inaktiven Fälle und der Betriebe, die nach eigenen Angaben nicht zur Gründungskohorte gehörten, verblieben 1.710 Fälle, die als westdeutsche Datenbasis dienen. Die Leipziger Gründerstudie 5 hatte ein prospektives Paneldesign: Eine Untersuchungspopulation von Betriebsgründungen wurde im Zeitraum von 1992 bis 1995 wiederholt befragt. Den Ausgangspunkt der Studie bildeten alle Betriebsanmeldungen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie der Handwerkskammer (HWK) Leipzig im zweiten Halbjahr 1991. Der Kammerbezirk Leipzig umfaßt dabei neben dem Stadt- und Landkreis Leipzig neun weitere Kreise in Westsachsen: Borna, Geithain, Würzen, Grimma, Döbeln, Oschatz, Torgau, Eilenburg und Delitzsch. 6 Die Gründungskohorte enthält insgesamt 4.162 Betriebe; 3.416 Anmeldungen (82%) kamen aus dem Bereich der I H K und 746 Eintragungen (18%) aus dem der H W K Leipzig. Auf der Grundlage einer schriftlichen Eingangsbefragung im März 1992, an der 2.011 Befragte teilnahmen (Ausschöpfung 48%), wurde eine geschichtete Zufallsstichprobe gezogen. Von diesen 840 ausgewählten Gründern konnten 742 von Mai bis September 1992 befragt werden (Ausschöpfung 88%). Nach einer kurzen schriftlichen Zwischenbefragung im April bis Juni 1994 erfolgte das abschließende mündliche Interview zwischen Dezember 1994 und Mai 1995, an dem 624 (=84%) Gründer aus der ersten Panelwelle teilnahmen. 7 4
Projektleiter war Rolf Ziegler. Mitglieder der Forschungsgruppe waren Josef Brüderl, Monika Jungbauer-Gans, Walter Kiefl und Peter Preisendörfer. 5 Projektleiter waren Rolf Ziegler und Peter Preisendörfer, München, sowie Steffen H. Wilsdorf, Leipzig. Mitarbeiter waren Thomas Hinz und Christoph Bühler, München, sowie Frigga Dickwach und Siegfried Siebenhüner, Leipzig. 6 Die Einteilung in Landkreise entspricht dem Stand von 1991. Inzwischen wurden im Zuge einer Gebietsreform einige Kreise zusammengefaßt.
5. Datenbasis der Münchner und Leipziger Gründerstudien
331
Für die Analysen in diesem Kapitel wurde eine Reihe von Fällen ausgeschlossen. Zum größten Teil waren es „Eintagsfliegen" oder Gründungen, bei denen das Abmelde- sogar vor dem Anmeldedatum lag; in einigen Fällen handelte es sich um landwirtschaftliche Betriebe oder es fehlte die Branchenangabe. Schließlich wurde ein „Duplikat" entdeckt, und ein „Ausreißer" wurde ausgesondert, weil - neben einer ganzen Reihe fehlender Angaben - ein Eigenkapital von 172 Millionen D M verzeichnet war. Es verblieben aus der ursprünglichen Grundgesamtheit 3.976 Fälle (IHK: 3.240; HWK: 736). Für die multivariaten Analysen, bei denen Angaben aus den Befragungen erforderlich sind, stehen Informationen über maximal 504 IHK-Firmen und 221 HWK-Betriebe zur Verfügung. Davon im folgenden abweichende Fallzahlen sind durch fehlende Angaben bei einzelnen Variablen oder durch die Verwendung von sogenannten Redressgewichten bedingt, um bei deskriptiven Befunden die stichprobenbedingten Verzerrungen auszugleichen. Um die wirtschaftliche Entwicklung in beiden Regionen zu erfassen, wurden aus den Konjunkturumfragen der drei Kammern als Indikator für die Marktnachfrage zwei zeitabhängige Kovariate gebildet: die nach Branchengruppen gegliederte Einschätzung der aktuellen Geschäftslage und die absehbare Geschäftsentwicklung. 8 Zum Problem der Vergleichbarkeit müssen einige wenige Bemerkungen genügen. Beide Untersuchungsregionen sind Wirtschaftsräume, die von einer dienstleistungsorientierten Großstadt dominiert werden: Im Großraum München lebten 1990 rund 2,3 Millionen der 3,8 Millionen Einwohner Oberbayerns; im Stadt- und Landkreis Leipzig wohnten zur Zeit der Wende ca. 620.000, in der ganzen Region Leipzig 1,2 Millionen Menschen. In beiden Großstädten findet sich im Dienstleistungssektor eine beachtliche Präsenz großer Finanz- und Versicherungsunternehmen. Sowohl Leipzig als auch München sind bekannte Messestandorte und verfügen über ein breites Spektrum an Bildungsinstitutionen und kulturellen Einrichtungen. Beide Städte sind auf ihre Art „boomtowns". Das Umland von Leipzig und München unterscheidet sich hingegen deutlich. Während in der unmittelbaren Umgebung von Leipzig Altindustrien vorzufinden sind - im Norden und 7 Ausführlich dargestellt werden das Design und die empirischen Befunde der Leipziger Studie - auch im Vergleich mit dem Münchner Vorläuferprojekt - in der zentralen Publikation von Thomas Hinz (A1998). Christoph Bühler (A2001) analysiert die Wirkungen der strukturellen Eingebundenheit auf das Gründungsgeschehen mit Hilfe eines Netzwerkmoduls, das in der zweiten Panelbefragung eingesetzt worden war. 8 Diese Daten wurden uns freundlicherweise Anfang des Jahres 2007 von den drei Kammern zur Verfügung gestellt.
3 3 2 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
Süden Braunkohletagebau und Energiewirtschaft ist die industrielle Struktur Oberbayerns diversifizierter und gekennzeichnet durch den Straßenfahrzeugbau, die Elektro- und Informationstechnik, den Maschinen- und Anlagebau sowie die chemische Industrie und Mineralölverarbeitung. Auch die ländlichen Räume beider Regionen unterscheiden sich deutlich, insbesondere im Hinblick auf touristische Attraktionen und damit die Gastronomie und das Fremdenverkehrsgewerbe. Trotz dieser Unterschiede reichen aber wohl die Gemeinsamkeiten der Regionen aus (insbesondere auch in ihrer relativen Stellung innerhalb der alten bzw. neuen Bundesländer), um die Entwicklung von Betriebsgründungen im Spannungsfeld von dynamischem Zentrum und (relativ) strukturschwächeren Umlandregionen zu untersuchen. Allerdings wird mit München und Oberbayern die Meßlatte des Ost-West-Vergleichs besonders hoch gelegt, denn im „altbundesdeutschen" Kontext und gerade in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre war dies eine besonders prosperierende Wirtschaftsregion in einer Zeit anhaltender Hochkonjunktur. Der gravierendste Unterschied im Untersuchungsdesign der beiden Studien ist sicher der Einschluß der Handwerksbetriebe in der Region Leipzig. Bei deskriptiven Ost-West-Vergleichen werden daher die Handwerksbetriebe in Leipzig gesondert ausgewiesen. Den unterschiedlichen Fehlerquellen der beiden methodischen Zugangsweisen - retrospektive Befragung in München, begleitendes Panel in Leipzig - wurde durch die Stichprobenauswahl und eine intensive Panelpflege Rechnung getragen. Soweit sachliche Gründe es nicht erforderten, waren die Erhebungsinstrumente identisch. Ein zweiter wichtiger Unterschied sind die verschiedenen Beobachtungszeiträume: die zweite Hälfte der 1980er Jahre in München und die beginnenden 1990er Jahre nach der Wiedervereinigung in Leipzig. Ob sich dies hauptsächlich in Niveaueffekten niederschlägt und weniger in einem unterschiedlichen Muster der Einflußfaktoren, ist eine der Untersuchungsfragen. Schließlich ist die Beobachtungsdauer bei den Münchner Neugründungen mit durchschnittlich 50 Monaten länger als in Leipzig, wo die überlebenden Betriebe im Durchschnitt 42 Monate lang begleitet wurden. Ein direkter Ost-West-Vergleich beschränkt sich daher in der Regel auf die ersten drei bis vier Jahre. 6. Die Gründer und ihre Betriebe - ein deskriptiver Vergleich a) Das Sozialprofil
der Gründer
Wie sieht der „Steckbrief 4 eines typischen Gründers aus? Die ostdeutschen IHK-Gründer sind im Durchschnitt ungefähr 39 Jahre alt und damit etwa 3 Jahre älter als die westdeutschen; das Durchschnittsalter der Leip-
6. Die Gründer und ihre Betriebe
333
ziger Handwerker liegt mit 41 Jahren noch darüber. 35% der Leipziger IHK-Firmen wurden von Frauen gegründet; dieser Anteil ist geringfügig höher als in München, wo er 32% beträgt. Dennoch sind Frauen auch in Ostdeutschland gemessen an ihrer höheren Erwerbstätigkeit unterrepräsentiert, vor allem unter den Handwerkern, von denen sie nur 18% stellen. Ausländer sind unter den ostdeutschen Gründern praktisch nicht zu finden, während im Westen immerhin 10% der Betriebe von ausländischen Mitbürgern gegründet wurden. Die ostdeutschen Gründer besitzen eine - durch das Berufsbildungssystem der DDR bedingte - höhere und längere formale berufliche Ausbildung als die westdeutschen. Beide haben ein - im Vergleich zur Erwerbsbevölkerung - überdurchschnittliches Ausbildungsniveau und kommen vor allem aus mittleren und gehobenen (Angestellten-) Positionen, dem Handwerk und (im Westen) dem Kreis der (bereits früher einmal) Selbständigen. Allerdings hat die 40-jährige DDR-Politik dazu geführt, daß unter den ostdeutschen Gründern die Vätergeneration der Selbständigen nur halb so stark vertreten ist als im Westen. Der neue Markt in Ostdeutschland hat auch manchen Wessi angelockt. In der Region Leipzig kommen 10% der Gründer aus den alten Bundesländern. 12% der ostdeutschen Betriebe haben einen westdeutschen Partner, und fast 70% unterhalten Geschäftsbeziehungen in die alten Bundesländer (Hinz A1994). Betrachtet man die berufliche Situation vor der Gründung, so fällt auf, daß der Anteil derjenigen, die vor der Gründung nicht erwerbstätig waren, in Bayern mit 19% erheblich höher ist als in Leipzig mit 5% (HWK: 3%). Dies liegt zum einen an der generell höheren Erwerbsbeteiligung (vor allem auch der Frauen) in der ehemaligen DDR, ist aber auch eine Folge des höheren Alters. In der Diskussion um die persönlichen Beweggründe für den Schritt in die berufliche Selbständigkeit spielt die Arbeitsmarktlage ein herausgehobene Rolle (Bögenhold und Staber 1990). Aus der subjektiven Sicht der Gründer war jedoch der Wunsch nach der Durchsetzung eigener Ideen wichtigstes Gründungsmotiv. In der Rangliste möglicher Motive rangiert selbst unter den ostdeutschen Gründern aktuelle bzw. drohende Arbeitslosigkeit auf den hinteren Plätzen. Für die Arbeitslosen selbst, vor allem die westdeutschen, war allerdings nach eigenem Bekunden die schlechte Situation auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiger Grund für den Schritt in die Selbständigkeit. Erwartungsgemäß ist der Anteil der Arbeitslosen im Osten (unter Einschluß der ABM-geförderten Personen) mit 31% wesentlich höher (bei den Handwerkern sind es jedoch „nur" 17%) als in Bayern, wo er bei 4% lag. Keineswegs sind aber unter den ostdeutschen Gründern die Arbeitslosen überproportional vertreten; ihr Anteil entspricht in etwa der Arbeitslosenquote in der Erwerbsbevölkerung. Generell - und das spiegelt sicher die Umbruchsituation wider - ist unter den ostdeutschen Gründern
334
A-II. Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen Tabelle A2.1
Sozialprofil der Gründungspersonen (Angaben in %) IHK München Geschlecht Frau 32 Mann 68 Nationalität Deutscher 90 Ausländer 10 Altersgruppen bei Gründung bis 25 Jahre 16 26-35 Jahre 35 36-45 Jahre 31 über 45 Jahre 18 Durchschnittliches Alter bei Gründung 36,0 (in Jahren) Schulabschluß ohne Abschluß 1 34 8. Klasse/POS 10. Klasse/POS/Mittlere Reife 29 Abitur/EOS/Fachabitur 36 Anderer Abschluß 0 Berufliche Abschlüsse (Mehrfachnennungen) ohne Berufsabschluß 10 Anlernzeit/Teilfacharbeiter 4 Facharbeiter/Lehre 51 4 Praktikum 11 (Berufs)Fachschule Meister/Techniker 11 Fachhochschule 9 Universität/Hochschule 15 anderer Abschluß 0 (Aus)Bildung (in Jahren) 13,1 Vater selbständig 36 abhängig beschäftigt 64 Quellen: Leipzig und München (Befragungsdaten, gewichtet).
IHK Leipzig
HWK Leipzig
35 65
18 82
99 1
100 0
7 33 32 28 39,0
4 28 31 37 41,2
1 19 52 25 3
1 20 57 19 3
1 3 75 3 25 15 0 19 5 14,1
0 0 68 3 25 53 0 16 4 14,7
16 84
20 80
6. Die Gründer und ihre Betriebe
335
Tabelle A2.2
Beruflicher Hintergrund der Gründungspersonen (Angaben in %)
Berufliche
IHK München
IHK Leipzig
HWK Leipzig
72
59
78
Situation vor Gründung
hauptberuflich ganztags hauptberuflich halbtags
3
4
2
arbeitslos
4
20
12
Warteschleife/Kurzarbeit/ABM
-
11
5
nebenher erwerbstätig
2
1
0
Hausmann/Hausfrau
9
2
1
Wehr-/Zivildienst
1
0
0
Student/Schüler
8
1
2
sonstige Nichterwerbstätigkeit
1
2
0
80
72
74
20
28
26
14,5
19,7
23,0
12
19
22
57
50
86
43
50
14
Gründungsmotiv Arbeitslosigkeit
(sofern arbeitslos)
ja nein Berufserfahrung
(in Jahren)
Mittelwert Median Branchenerfahrung ja nein Selbständigkeitserfahrung
29
17
17
71
83
83
31
12
30
69
88
70
Vollerwerb
65
74
93
Nebenerwerb
35
26
7
12
1
0
3,7
7,1
8,5
ja nein Vorgesetztenerfahrung ja nein Erwerbscharakter
Zahl der Vorbereitungsaktivitäten keinerlei Vorbereitung Mittelwert von 15 Aktivitäten Quellen: Leipzig und München (Befragungsdaten, gewichtet).
336
A-II.
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
die Zahl derer größer, die den Schritt in die Selbständigkeit taten, weil sich „eine günstige Gelegenheit" bot. Bei der Humankapitalausstattung (Berufs-, Branchen-, Vorgesetzten- und Selbständigkeitserfahrung) schneiden die ostdeutschen Gründer - vor allem die Handwerker - nicht wesentlich schlechter und zum Teil sogar besser ab als die westdeutschen. Verständlicherweise können sie jedoch weniger auf Erfahrungen als Selbständige zurückgreifen, die in Leipzig nur 17% gegenüber 29% in Bayern vorzuweisen haben. Informationen über den Erwerbscharakter einer Neugründung sind notwendig, wenn ein verläßliches Bild entstehen soll. Die Leipziger Gründer meinen es danach ernster, wenn sie den Weg zum Gewerbeamt antreten. Zu 74% (bei den Handwerkern sogar zu 93%) soll die Gründung die Basis für den Lebensunterhalt schaffen, während dies in München nur bei 65% der Fall ist. Unter den Leipziger Nebenerwerbsgründern sind überproportional viele Dienstleister - z.B. Versicherungs- und Finanzmakler - vertreten. In München wird der Nebenerwerbsanteil durch zahlreiche Gründer, die ihr Hobby als Zuverdienst nutzen, nach oben getrieben. Dennoch ist bei westdeutschen Gründern das Motiv der Erzielung eines möglichst hohen Gewinnes stärker ausgeprägt (33%) als bei ostdeutschen (22%), die sich mit der Betriebsgründung eher ein ausreichendes Einkommen schaffen wollen. Unterschiedliche objektive Lagen und Mentalitäten kommen auch in diesen Zahlen zum Ausdruck. Die Gründungen in der Region Leipzig zeichnen sich im übrigen durch eine besonders intensive Vorbereitung aus. Weitaus häufiger als in München besuchen die Leipziger Gründer entsprechende Kurse und Schulungen, arbeiten Informationsmaterial durch und nehmen Kontakt mit anderen Selbständigen auf. Es besteht verständlicherweise ein großer Informationsbedarf - viele ostdeutsche Gründer springen ja mit ihrem Entschluß zur beruflichen Selbständigkeit ins kalte Wasser. Aus ihrem sozialen Umfeld erfahren ostdeutsche Gründer aber auch mehr aktive und emotionale Unterstützung als die westdeutschen. b) Merkmale der Betriebsgründungen Um das Gründungsgeschehen in den Regionen Leipzig und München in vergleichender Perspektive eingehender zu behandeln, ist zunächst ein Überblick über die Wirtschaftsbereiche sinnvoll, in denen die Anmeldungen vorgenommen werden. Tabelle A2.3 liefert eine Gegenüberstellung der Gründungsbranchen in Leipzig und München. 9 9
Die Wirtschaftszweige sind etwas anders kategorisiert als im Basismodell von Kapitel VI. Zur Zuordnung der neun IHK-Branchengruppen zu den 2-stelligen „Ab-
6. Die Gründer und ihre Betriebe
337
Tabelle A2.3
Betriebliche Merkmale der Gründungen (Angaben in %) IHK München
IHK Leipzig
HWK Leipzig
Wirtschaftszweige Verarbeitendes Gewerbe
4
Baugewerbe
1
2
Großhandel, Handelsvermittlung
15
10
Einzelhandel
3
25
35
Hotel- und Gaststättengewerbe
9
10
Transport, Verkehr und Nachrichten-
9
-
8
-
übermittlung Kredit, Versicherungen Unternehmensbezogene Dienst-
7
17
-
18
6
-
leistungen 12
9
-
-
-
36
Bauhandwerk
-
-
39
Sonstiges Handwerk
-
-
25
68
84
53
Personenbezogene Dienstleistungen Metall-, Maschinenbau, KFZ-, Elektro-Handwerk
Rechtsform Kleingewerbetreibende BGB-Gesellschaften
15
5
7
Kapitalgesellschaften
17
11
40
Stadtkreis München/Leipzig
51
35
41
Umland München/Leipzig
23
15
12
Übrige Landkreise
26
50
47
Regionale Ansiedlung
Quellen: Leipzig (Meldedaten); München (Befragungsdaten, gewichtet).
Die Industrie wie auch das nicht-handwerkliche Baugewerbe sind unter den IHK-Gründungen in Leipzig etwa gleich stark vertreten wie in Münteilungen" der „Klassifikation der Wirtschaftszweige von 1993" des Statistischen Bundesamtes (1996) siehe Abschnitt 2 im 1. Kapitel dieses Anhangs.
3 3 8 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
chen. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß in München durch industrielle Neugründungen ein allmählicher Ersatz bestehender Strukturen stattfindet, während in Leipzig die mittelständische industrielle Produktion weitgehend weggebrochen ist. Die untersuchte Gründungskohorte läßt daher nur eine schwache Wiederbelebung dieses Sektors erkennen. Allerdings sind drei Viertel der Handwerksgründungen (das sind etwa 14% aller Leipziger Neugründungen) im gewerblichen oder Bausektor tätig. Das restliche Viertel der Handwerksbetriebe betätigt sich in den konsumnahen Bereichen des Nahrungs-, Bekleidungs-, Gesundheits- und Dienstleistungsgewerbes. Beim Handel liegt Leipzig mit 45% der Gründungen vor München mit 40%, was vor allem auf den in Transformationsgesellschaften bekannten Gründerboom im Einzelhandel zurückzuführen ist. Umgekehrt verhält es sich bei den Dienstleistungsbetrieben: In Leipzig entfallen 50% der Neugründungen auf diesen Wirtschaftsbereich, in München 55%. Ausgeprägt sind die Unterschiede im Bereich der Finanz- und vor allem der Versicherungsinstitute: sie boomen in Leipzig, während Gründungen von unternehmensbezogenen Dienstleistungsunternehmen dort noch relativ selten anzutreffen sind, was angesichts der erst im Aufbau befindlichen Unternehmenslandschaft nicht überrascht. Die Rechtsform ist nicht nur ein Indikator für die Größe eines Unternehmens, sondern bestimmt vor allem auch den Haftungsumfang des Gründers. Die Daten zeigen, daß die Leipziger IHK-Gründer wesentlich häufiger die volle persönliche Haftung als Kleingewerbetreibende übernehmen als ihre bayerischen Kollegen. Dagegen ist fast die Hälfte der Leipziger Handwerksbetriebe in einer Rechtsform organisiert, die die Haftung beschränkt. Die Unterschiede in der regionalen Verteilung der Gründungen - ein größerer Anteil entfällt im Westen auf die Großstadt München als im Osten auf Leipzig, während es sich bei den peripheren Landkreisen umgekehrt verhält - spiegeln vor allem die Bevölkerungsanteile wider. Allerdings gilt für Ost und West, daß bezogen auf die Erwerbsbevölkerung die Gründungsaktivitäten im Umland stärker ausgeprägt sind als in den zentralen Großstädten. Der hohe Anteil von „Ausgründungenbei denen Teile bestehender Unternehmen in rechtlich neuer, selbständiger Form übernommen werden, ist ein Spezifikum der Situation in den neuen Bundesländern nach der Wende und besonders unter den Leipziger Handwerksbetrieben verbreitet. Dort findet sich auch ein höherer Anteil von Partnergründungen, während die IHK-Betriebe in Ost und West weit überwiegend und etwa gleich häufig Einzelgründungen sind. Es wurde bereits gesagt, daß der neu entstandene Markt Ostdeutschlands viele Westfirmen zur Erschließung motiviert hat. Dieser Umstand spiegelt
6. Die Gründer und ihre Betriebe
339
Tabelle A2.4
Art der Gründungen (Angaben in %) IHK München
IHK Leipzig
HWK Leipzig
76 3 21
82 11 7
65 22 13
80 20
78 22
69 31
90 2 Tochter 8 enge Verbindung Startkapital kein Startkapital 30 bis 10.000 D M 20 11.000 bis 50.000 D M 29 51.000 bis 100.000 D M 9 11 über 100.000 D M Durchschnittliches Startkapital (in 1000 DM) 82 Mittelwert Median 10 Kapitalzusammensetzung (sofern vorhanden) 65 nur Eigenkapital 25 Eigen + Fremdkapital nur Fremdkapital 10 76 Eigenkapitalquote (sofern Kapital vorhanden) Bankkredit 19 ja 81 nein
70
88 7
Originäre Gründungen Neugründungen Ausgründungen Übernahmen Partnergründungen ohne Partner mit Partner Selbständigkeitsgrad völlig selbständig
11 19
5
25 22 27 11 15
9 12 33 14 32
215 15
348 50
46 40 14 57
45 46 9 60
32 68
33 67
19 81
27 73
Staatliche Förderung ja nein
3 97
Forts, nächste Seite
3 4 0 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
Fortsetzung Tabelle A2.4
IHK München
IHK Leipzig
HWK Leipzig
1 Person
50
61
33
2-5 Beschäftigte
Beschäftigtenzahl 44
31
33
6-10 Beschäftigte
3
4
13
über 10 Beschäftigte
3
4
21
2,3
3,5
13,1
1
1
2,4
Durchschnittliche
Beschäftigtenzahl
Mittelwert Median Quellen: Leipzig und München (Befragungsdaten, gewichtet).
sich im Vergleich des Selbständigkeitsgrades der Neugründungen wider. Sind in München 90% der Betriebe von anderen Firmen unabhängig, kommt man in Leipzig bei den IHK-Betrieben nur auf einen Anteil von 70%. 11% sind in Leipzig Filialen oder Tochtergründungen mit häufig westdeutschen Müttern, 19% der Neugründungen sind eng mit einem anderen Betrieb verbunden. Zu dieser Kategorie zählen z.B. die als „Zwitter oder Scheinselbständige" zu bezeichnenden Gruppen der Versicherungsmakler und Handelsvertreter, die sehr oft für eine einzige Firma - jedoch auf eigene Rechnung - tätig sind. Der deutliche Unterschied im Selbständigkeitsgrad zwischen Leipzig und München - die Leipziger Handwerksbetriebe nehmen eine Mittelposition ein - kann vermutlich besser das Ausmaß der von westdeutschen Firmen induzierten Gründungsaktivität beschreiben als der Anteil von westdeutschen Gründern, der - wie erwähnt bei etwa 10% liegt. Es gibt zwei wichtige Bestimmungsgrößen für das ökonomische Potential und die wirtschaftliche Bedeutung von neugegründeten Betrieben: das eingesetzte Kapital und die geschaffenen Arbeitsplätze. Zunächst überrascht vielleicht der hohe Anteil derjenigen, die ohne irgendein Kapital den Sprung in die Selbständigkeit wagen. In München gaben 30% aller IHKGründer, in Leipzig immerhin 25% (von den HWK-Betrieben allerdings nur 9%) an, ohne irgendein Kapital den Schritt in die Selbständigkeit getan zu haben. Zu bedenken ist allerdings, daß manche Gründer, z.B. Vertreter oder Inhaber eines Schreibbüros, mit ihrem bisher privat genutzten Auto,
6. Die Gründer und ihre Betriebe
341
Telefon oder Schreibmaschine auskommen oder das zumindest glauben. Ein direkter Vergleich der aufgebrachten Startkapitalsummen in Leipzig und München liefert ein weiteres - auf den ersten Blick - unerwartetes Ergebnis: die durchschnittlich eingesetzte Startkapitalsumme fällt in der Region Leipzig deutlich höher aus als in München. Auch inflationsbereinigt starten die Leipziger IHK-Firmen mit dem 2,4-fachen Kapitaleinsatz wie die Münchner IHK-Neugründungen. Dies gilt auch, wenn eine Reihe wichtiger Betriebsmerkmale konstant gehalten wird. Gemessen am Startkapital werden in Leipzig also keineswegs kleinere Betriebe gegründet. Zum Teil hängt dies damit zusammen, daß kapitalstarke Gründer aus Westdeutschland zugewandert sind, vor allem aber ist es eine Folge der öffentlichen Förderung. Zur Frage der Finanzierung eines neuen Betriebes gehört entscheidend, wie die Zusammensetzung des Startkapitals nach Eigen- und Fremdkapital ausfällt. Hier besteht ein ausgeprägter Unterschied zwischen Leipzig und München, der sowohl in der absoluten Summe des Eigenkapitals als auch in den Eigenkapitalquoten deutlich wird. Im Durchschnitt wird von den Münchner IHK-Gründern 76% des Startkapitals aus eigenen Mitteln aufgebracht, von den Leipzigern aber nur 57%; bei den dortigen Handwerksbetrieben sind es 60%. Knapp die Hälfte der Leipziger Betriebe bringt das Startkapital ausschließlich aus eigenen Kräften auf, in München sind es knapp zwei Drittel. Kurz zusammengefaßt: Die Betriebe der Region Leipzig werden mit höherem Startkapital, aber niedrigerem Eigenkapitalanteil als in der Region München gegründet. Woher stammt das aufgenommene Fremdkapital? Die Banken sind sowohl in Leipzig als auch in München die Hauptquelle der Fremdfinanzierung. Ein Drittel der Leipziger Firmen, aber nur ein Fünftel der bayerischen Unternehmen haben einen Bankkredit erhalten. Kredite aus öffentlicher Förderung, die (zumindest soweit sie aus dem Eigenkapitalhilfeprogramm oder aus Zuschußprogrammen stammen) weniger an bankübliche Sicherheiten als an eine positive Bewertung des unternehmerischen Konzeptes gebunden sind, spielen außerdem in den neuen Bundesländern eine ganz wesentliche Rolle. In der Region Leipzig werden 19% aller IHK-Firmen und sogar 27% der Handwerksbetriebe öffentlich gefördert, in München dagegen lediglich 3% der IHK-Firmen. Die zweite wichtige Dimension, die die wirtschaftliche Bedeutung der neuen Betriebe beschreibt, ist die Zahl der mit der Gründung geschaffenen Arbeitsplätze. In dieser Hinsicht lasten auf den ostdeutschen Neugründungen besondere Erwartungen. Ein Blick auf die Verteilung der neugeschaffenen (oder bei Ausgründungen und Übernahmen erhaltenen) Arbeitsplätze zeigt jedoch sofort, daß allzu große Hoffnungen enttäuscht werden. 10 Über
3 4 2 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
60% der Leipziger IHK-Firmen schaffen nur einen einzigen Arbeitsplatz in der Regel den des Gründers. Bei den Handwerksbetrieben ist jedoch nur ein Drittel so klein. Die Münchner IHK-Firmen sind sogar noch etwas kleiner, was auf den höheren Anteil an Nebenerwerbsgründungen zurückzuführen ist und vor allem auf die im Durchschnitt wesentlich größeren Betriebe in Leipzig, die im Wege der Ausgründung aus ehemaligen HOs (Handelsorganisationen) oder PGHs (Produktionsgenossenschaften des Handwerks) entstanden sind. Ein Vergleich der Mittelwerte und Mediane läßt erkennen, daß es einige wenige Betriebe sind, die die arithmetischen Durchschnitte anheben. 7. Vergleichende Analyse der Gründungsdynamik in Ost und West Anhand von zwei Indikatoren soll nun in vergleichender Perspektive die frühe Gründungsdynamik in den beiden Regionen untersucht werden: Überlebt ein Betrieb die ersten 36 Monate und hat er in dieser Zeit die Zahl seiner Beschäftigten erhöht? Referenzkategorie sind die abgemeldeten Betriebe bzw. diejenigen, die ihre Beschäftigtenzahl nicht erhöht oder sogar abgebaut haben. Tabelle A2.5 zeigt die Ergebnisse logistischer Regressionen mit den Variablen des Basismodells von Kapitel VI, ergänzt um die Geschlechtsvariable und drei weitere Variablen, bei denen große Unterschiede in den relativen Häufigkeiten zwischen den beiden Gebieten bestehen: das Ausmaß staatlicher Förderung, der Völlerwerbscharakter einer Neugründung und die Intensität der Vorbereitung. 11 Die Erklärungskraft der Modelle, gemessen am Pseudo-R2, ist bei dem anfänglichen Wachstum gleich. Bei den frühen Überlebenschancen bestätigt sich dagegen wieder das aus anderen Untersuchungen bekannte Phänomen, daß die Modelle ostdeutsche Zusammenhänge weniger aufzuhellen vermögen als westdeutsche. M i t Ausnahme der Selbständigkeitserfahrung, die einen - wenn auch insignifikanten - negativen Einfluß auf die Überlebenschancen ausübt, entsprechen alle Effekte in den Münchner Daten den theoretischen Erwartungen. Die Humankapitalvariablen (Bildung, Berufsund Branchenerfahrung) sowie die Unternehmensgröße (gemessen an der 10 Die Beschäftigtenzahl wird in Form von „Vollzeitarbeitskräften" ausgedrückt, d.h. Teilzeitkräfte gehen mit 0,5 bzw. entsprechend der wöchentlichen Stundenzahl in die Rechnung ein. 11 Bei der Branchenvariablen sind die drei Kategorien der Leipziger Handwerksbetriebe dem verarbeitenden Gewerbe, dem Baugewerbe und den personenbezogenen Dienstleistungen zugeordnet. Außerdem wurde eine Variable „Handwerksbetrieb" aufgenommen. Referenzkategorie sind dort die IHK-Firmen.
7. Analyse der Gründungsdynamik in Ost und West
343
Tabelle Al.5
Überlebens- und Wachstumschancen in den ersten 3 Jahren (logistische Regression) Betrieb überlebt mindestens 3 Jahre
BeschäftigungsWachstum in den ersten 3 Jahren
München Leipzig München Leipzig Geschlecht (l=Frau)
1,65*
Bildung (in Jahren)
1,22 l iQ***
1,09*
1,05*
1,00
Berufserfahrung (in Jahren)
1,02***
1,02
0,98**
0,98*
Branchenerfahrung (l=Ja)
1,64***
0,77
1,82***
1,59*
Selbständigkeitserfahrung (l=Ja)
0,91
0,89
1,02
1,00
Vorgesetztenerfahrung (l=Ja)
1,08
0,46**
0,89
0,59
Firmenübernahme (l=Ja)
1,25
1,39
Startkapital (DM, logarithmiert)
1,04
1,05
0,70* \ 09***
0,95
1,27* l 79***
2,26*
Beschäftigte im ersten Jahr (logarithmiert)
1,29*
0,82
Handelsregisterfirma (l=Ja)
2,54***
4,04***
Handwerksbetrieb (l=Ja)
-
3,25**
0,65*
-
0,51**
0,64 0,87 0,82
Verarbeitendes Gewerbe
3,90***
0,40
1,98***
1,18
Baugewerbe
3,11**
0,52
1,33
3,00*
Großhandel, Handelsvermittlung
1,02
2,42*
1,12
0,78
Hotel- und Gaststättengewerbe
0,69
1,09
0,58
0,18***
Verkehr/Spedition
0,65
0,73
0,65
1,27
Versicherungsgewerbe
0,87
1,67
0,49
0,51
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
1,27
3,52*
1,52
0,82
Personenbezogene Dienstleistungen
1,26
0,76
0,80
1,00
Staatliche Förderung (l=Ja)
3,68*
1,75*
1,72
2,00**
Vollerwerbsbetrieb (l=Ja)
1,21
1,16
1,70**
6,83***
Zahl der Vorbereitungsaktivitäten (0-15)
1,06*
1,06
1,06**
1,01
Konstante
Qi4***
0,19*
0,03***
0,18*
28,8%
13,0%
27,8%
27,8%
(1643)
(641)
(1643)
(591)
Nagelkerkes Pseudo-R
2
Fallzahl Bezugsgruppe bei den Branchen ist der Einzelhandel.
Die Koeffizienten exp(ß) sind die Einheitseffekte auf die Odds-Ratios in einer logistischen Regression; ein Wert über 1 zeigt einen positiven, einer unter 1 einen negativen Einfluß der entsprechenden Kovariate auf die Überlebens- bzw. Wachstumschancen an; angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .05*, .01** und .001***.
3 4 4 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
ursprünglichen Beschäftigtenzahl und an der Rechtsform einer Handelsregisterfirma) erhöhen signifikant die Chancen, die ersten drei Jahre zu überstehen. Auch die Tatsache, daß es sich um eine Firmenübernahme handelt, macht einen Betrieb im Sinne der „liability of newness" bestandsfester, auch wenn dieser Effekt statistisch nicht signifikant ist. Bei den Wirtschaftszweigen gibt es eine klare Rangordnung: am stabilsten sind das verarbeitende und das Baugewerbe, gefolgt von den beiden Dienstleistungsbereichen und dem Handel, während das Transport- und das Gaststättengewerbe sowie die Versicherungen am anfälligsten sind. Staatliche Förderung und eine gute Vorbereitung erhöhen ebenfalls deutlich die frühen Überlebenschancen. Hervorzuheben ist, daß nach Kontrolle der sonstigen Einflußfaktoren die von Frauen gegründeten Firmen keineswegs instabiler sind als „Männerbetriebe". Vergleicht man die Ergebnisse der Münchner mit denen der Leipziger Neugründungen (Spalte 2 mit Spalte 1 in Tabelle A2.5), dann interessieren weniger die statistischen Signifikanzen als vielmehr Übereinstimmungen und Gegenläufigkeit der Wirkungsrichtungen. Die Abweichungen sollen besonders hervorgehoben werden, weil sie ein Schlaglicht auf die besondere ostdeutsche Situation werfen. Branchen- und vor allem Vörgesetztenerfahrung fördern in Leipzig nicht die Stabilität, sondern wirken sich sogar eher negativ aus. Diese Art von Humankapital, das in einem anderen Wirtschaftssystem erworben wurde, ist also nicht stabilitätsfördernd. Daß die ursprüngliche Beschäftigungszahl nicht den positiven Effekt wie im Westen besitzt, dürfte damit zusammenhängen, daß die Leipziger Betriebe häufiger ihre Startgröße dem Motiv der Sicherung des Arbeitsplatzes für ehemalige Kollegen und weniger ökonomischem Kalkül verdanken. Ostdeutsche Handwerksbetriebe erweisen sich im Vergleich zur Referenzkategorie der IHK-Firmen als wesentlich stabiler. Daß dies an den mit dem Eintrag in die Handwerksrolle verbundenen Eigenschaften und Voraussetzungen liegt und nicht an den Marktbedingungen, zeigt sich daran, daß die Branchen, denen die Handwerksbetriebe zugeordnet wurden (das verarbeitende und das Baugewerbe sowie die personenbezogenen Dienstleistungen) im Osten sogar zu den instabilsten Wirtschaftsbereichen gehören. Die staatlichen Förderprogramme erfüllen offensichtlich die in sie gesetzten Erwartungen, da sie signifikant die Überlebens- und Wachstumschancen verbessern. Beim frühen Beschäftigungswachstum ist die Übereinstimmung in der Wirkungsrichtung der Einflußfaktoren zwischen west- und ostdeutschen Neugründungen größer. Eindeutig sind vor allem fünf Effekte: erstens, Frauen sind weniger wachstumsorientiert als Männer; zweitens, berufserfahrenere Gründer verfolgen in geringerem Maße einen Expansionskurs; drittens, Branchenerfahrung fördert ein frühes Wachstum; viertens, angesichts des ostdeutschen Baubooms nach der Wende überrascht es nicht, daß vor
8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
345
allem das Baugewerbe rasch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen kann; fünftens, „Vollerwerbsbetriebe" sind - vor allem im Osten - besonders expansiv. Hervorzuheben ist noch die gegenteilige Wirkung von drei Faktoren: Handwerksbetriebe und Firmen, die von Frauen und von berufserfahrenen Gründern geschaffen wurden, sind zwar stabiler aber weniger wachstumsorientiert. 8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade? In diesem Schlußabschnitt wird der Frage nachgegangen, ob generell und längerfristig Unterschiede in den Überlebenschancen von ost- und westdeutschen Neugründungen bestehen, worauf diese vermutlich zurückzuführen sind und welche nachhaltigen Wirkungen die besondere Situation nach der Wende besitzt. Dafür wird das Zeitfenster auf maximal 10 Jahre ausgeweitet. Dies wird möglich, weil die Münchner I H K den Abgleich für die Gründungskohorte 1985/86 zum 31.07.1997 und die beiden Leipziger Kammern den Abgleich für die Gründungskohorte 1991 zum 31.12.2002 zur Verfügung gestellt haben. 12 Zuerst soll mit Hilfe der Sterbetafelanalyse global der betriebliche Absterbeprozeß über einen Zeitraum von 10 Jahren beschrieben werden. Diese Methode stellt zum einen unterschiedliche „Risikozeiten" für die Münchner Gründungen in Rechnung und berücksichtigt zum anderen, daß man bei den sog. zensierten Fällen nur weiß, ob sie zum Zeitpunkt der Befragung bzw. 1997 noch existierten. 13 Die Überlebensfunktionen der Münchner und Leipziger Unternehmen unterscheiden sich deutlich. Bis zum Ende des dritten Jahres sind die Überle12
Leider war es bei der Münchner Studie nicht in allen Fällen möglich, die Melde- mit den Befragungsdaten zu verknüpfen, da bei den Befragungsdaten eine systemfreie Vergabe von Identitätsnummern vorgenommen worden war. In einem arbeitsaufwendigen Prozeß wurde versucht, über die Namen der Gründer und die Adressen der Unternehmen die Informationen aus beiden Datensätzen zusammenzuführen. Bei immerhin etwa zwei Drittel aller Fälle ist dadurch die genaue Uberlebenszeit bekannt bzw. man weiß, daß sie 1997 noch existierten. Bei den multivariaten Analysen der längerfristigen Überlebenschancen werden die nicht-reidentifizierten, aber bei der Befragung noch existierenden Betriebe als zu diesem Zeitpunkt zensiert betrachtet. 13 Die Schätzungen der Überlebenszeit für die ersten 5 Jahre weichen geringfügig um 1 - 3 % von den in Abschnitt V.2 genannten Werten ab. Dies liegt im wesentlichen daran, daß hier keine Gewichtung der Daten mit dem Designgewicht, das die disproportionale Schichtung der Stichprobe ausgleicht, vorgenommen wurde. Eine solche Gewichtung verändert die geschätzten Anteile der zu einem bestimmten Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe um höchstens 2,5%, führt aber zu einem etwas erratischeren Verlauf der Hazardraten nach etwa 6 Jahren.
346
A-II.
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
Monate seit Gründung IHK München
IHK Leipzig
-—
HWK Leipzig
Abbildung A2.4: Überlebensfunktion (Anteil noch bestehender Betriebe)
benschancen im Kammerbezirk Leipzig stets besser als die der Münchner Firmen, danach verschlechtern sie sich, so daß nach 10 Jahren die Münchner IHK-Firmen sogar eine höhere Überlebensquote haben als die Leipziger Handwerksbetriebe, die während der ganzen Beobachtungszeit besser abschneiden als die dortigen IHK-Unternehmen. Aus den Überlebensfunktionen in Abbildung A2.4 läßt sich im einzelnen ablesen, wie viele von den Betriebsgründungen jeweils noch existierten: nach drei Jahren waren es (München I H K 71%; Leipzig I H K 74%; Leipzig H W K 83%), nach fünf Jahren (München I H K 64%; Leipzig I H K 60%; Leipzig H W K 69%), nach acht Jahren (München I H K 56%; Leipzig I H K 51%; Leipzig H W K 57%) und nach zehn Jahren noch (München I H K 48%; Leipzig I H K 41%; Leipzig H W K 46%).
8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
347
Die Risikofunktionen in Abbildung A2.5 zeigen insgesamt ein umgekehrt U-förmiges Verlaufsmuster, das der These der „liability of adolescence" entspricht. Brüderl und Schüßler (Al990) haben die ursprüngliche These der „liability of newness", die ein von Beginn an monoton fallendes Sterberisiko postuliert, dahingehend modifiziert, daß die Anfangsschwierigkeiten, sich im Markt zu etablieren und betriebliche Routinen zu entwickeln, durch ein (unterschiedlich großes) Ressourcenpolster abgefedert werden können. Die Startressourcen erlauben den Betrieben, eine anfängliche Durststrecke zu überwinden, so daß der Selektionsdruck erst verzögert voll einzusetzen beginnt. Das Risiko einer Betriebsauflösung steigt bei den Münchner Firmen im ersten halben Jahr steil an und sinkt dann relativ kontinuierlich bis zum
Monate seit Gründung IHK München
IHK Leipzig
HWK Leipzig
Abbildung A2.5: Risikofunktion (Risiko einer Betriebsauflösung)
3 4 8 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen Tabelle A2.6
Multivariate Analyse der Ost-West-Unterschiede (Cox-Regressionen) (Veränderung der Sterblichkeitsrate in %) Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Ost- West- Unterschied (1 = Leipzig)
+4
Geschlecht (1 = Frau)
-
Bildung (in Jahren) Berufserfahrung
(in Jahren)
-
-60***
-62***
-26
-5
-5
-5
_3**
_3**
_3**
-0,7*
-0,6
-0,6
—33***
_32***
Branchenerfahrung
in München (l=Ja)
-
_34***
Branchenerfahrung
in Leipzig (l=Ja)
-
+12
+9
+10
-
+9
+9
+9
Selbständigkeitserfahrung
(l=Ja)
Vorgesetztenerfahrung
in München (l=Ja)
-
+12
+11
+12
Vorgesetztenerfahrung
in Leipzig (1 =Ja)
-
+55**
+59***
+61***
-20**
-20*
-20*
Firmenübernahme (l=Ja)
-
Startkapital (DM, logarithmiert) Beschäftigte Beschäftigte
-
(log) im ersten Jahr in München
-
(log) im ersten Jahr in Leipzig
Handelsregisterfirma Handwerksbetrieb
_3***
-
(l=Ja)
—20***
_20***
+21***
+19**
+19**
40* * * -28
-
Verarbeitendes Gewerbe in München (l=Ja)
-
Verarbeitendes Gewerbe in Leipzig (l=Ja)
-
_3**
_2i***
-
(l=Ja)
_3**
_39***
-28
-30
_44***
_41***
+46
+58*
+55 -58***
Baugewerbe in München (1= Ja)
-
-55***
_59***
Baugewerbe in Leipzig (l=Ja)
-
+16
+35
+30
-14
-16
-17
-8
-4
-5
Großhandel, Handelsvermittlung Hotel- und Gaststättengewerbe
-
Verkehr/Spedition
+36*
Versicherungsgewerbe Unternehmensbezogene Dienstleistungen
-
Personenbezogene Dienstleistungen Staatliche Förderung (l=Ja) Vollerwerbsbetrieb
-
(l=Ja)
Zahl der Vorbereitungsaktivitäten
(0-15)
-
+52***
+44**
-8
+14
+1
-23*
-13
-19
-14
-5
-10
-14
-14
-14*
-17
-18
-18
_3**
_3**
_3**
8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
349
Fortsetzung Tabelle A2.6 Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Konjunkturverlauf: Lagebeurteilung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte) Konjunkturverlauf: Zukunftserwartung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte) Marktetablierung
( l = L e i p z i g 1991-94)
Chi-Quadrat Fallzahl
-
_9 7 * * * - 1 1 , 6 * * *
-
+0,6
-
-
+2,7 _67***
0,4
400,9
423,7
496,0
(2284)
(2284)
(2284)
(2284)
Bezugsgruppe bei den Branchen ist der Einzelhandel. Die Koeffizienten beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. bei einer Erhöhung um eine Maßeinheit; angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .05*, .01** und .001***.
fünften Jahr ab. Der unregelmäßige Verlauf der Risikofunktion in späteren Jahren ist wohl kein Methodenartefakt, sondern auf exogene Faktoren zurückzuführen. Die Wende führte 1990/91 zu dem Einigungsboom, und in der Tat ist das Risiko einer Betriebsauflösung im vierten bis fünften Jahr am niedrigsten. Mit dem Einbruch der Konjunktur 1993, d.h. sieben bis acht Jahre nach Gründung, steigt dann das Sterberisiko wieder an, bleibt aber weit unter dem Niveau der Anfangsphase. Die Risikofunktionen der Leipziger Firmen unterscheiden sich deutlich von diesem Verlauf. Die ungesättigten Märkte direkt nach der Wende lassen die Sterberaten der neugegründeten Leipziger Betriebe langsam ansteigen, so daß erst nach drei bis fünf Jahren das Maximum erreicht wird. Die vorhergehende Tabelle A2.6 enthält die multivariate Analyse der Ost-West-Unterschiede mit Hilfe von Cox-Regressionen. Zur Interpretation der Koeffizienten in dieser im Vergleich zur vorhergehenden Tabelle ist eine Erläuterung angebracht. Die Koeffizienten in Tabelle A2.5 waren die Einheitseffekte auf die Odds-Ratios in einer logistischen Regression. Die Koeffizienten in den Cox-Regressionen von Tabelle A2.6 beschreiben hingegen die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. bei einer Erhöhung um eine Maßeinheit. Positive Werte indizieren daher einen negativen , sterblichkeitsfördernden Effekt; ein negatives Vorzeichen bedeutet dagegen, daß dieser Faktor die Sterblichkeitsrate senkt, die Überlebenschancen also verbessert.
3 5 0 A - I I .
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
Das Modell 1 testet, inwieweit globale Unterschiede in den Überlebenschancen zwischen den ost- und westdeutschen Neugründungen bestehen. Das ist offensichtlich nicht der Fall; die geringfügige Erhöhung der Sterberaten um 4% in Leipzig erreicht bei weitem keine Signifikanz; der p-Wert ist 0,530. In Modell 2 werden nun alle Variablen des Basismodells eingeführt. Da ein Vergleich der ersten beiden Spalten in der früheren Tabelle A2.5 zeigt, daß zum Teil doch deutliche Unterschiede in der Wirkungsrichtung einzelner Kovariaten zwischen Ost und West bestehen, wurde in diesen Fällen eine Codierung vorgenommen, die es ermöglicht, die Effekte dieser Variablen getrennt für München und Leipzig zu schätzen. In der Tat bestätigt sich erneut, daß Branchenerfahrung bei den Münchnern die Sterblichkeit signifikant senkt (-34%), bei den Leipziger Gründern aber, wenn auch nicht signifikant, die Sterblichkeit erhöht (+12%), daß Vorgesetztenerfahrung zwar in München keinen signifikanten Effekt besitzt (+12%), in Leipzig aber die Sterberate sogar deutlich und hoch signifikant erhöht (+55%) und daß schließlich Münchner Betriebe mit einer höheren anfänglichen Beschäftigungszahl stabiler sind (Sterberate sinkt um 21%), während Leipziger Betriebe mit vielen Beschäftigten bei Gründung eine um 21 % höhere Sterberate besitzen. Zwar sind Handwerksbetriebe stabiler (das Sterberisiko sinkt um 28%), aber dieser Schätzwert verfehlt das Signifikanzniveau (der p-Wert ist 0,094). Bedenklich muß stimmen, daß in Bayern der industrielle Sektor überlebensfähiger ist - die Sterberaten im verarbeitenden und im Baugewerbe sind im Vergleich zum Einzelhandel um mehr als 50% niedriger - , daß aber diese Wirtschaftsbereiche in Leipzig sogar höhere Sterberaten aufweisen (+46% bzw. +16% gegenüber dem Einzelhandel). Die anderen Effekte der Kovariaten entsprechen den Befunden in Tabelle A2.5, wobei natürlich nur die Wirkungsrichtungen vergleichbar sind. Staatliche Förderung und der Vollerwerbscharakter reduzieren zwar die Sterblichkeitsrate, aber diese Effekte sind im Gegensatz zum deutlich und hoch signifikanten stabilitätsfördernden Effekt einer sorgfältigen Vorbereitung statistisch nicht signifikant; die p-Werte betragen 0,057 und 0,092. Dahinter verbirgt sich ein interessanter Zusammenhang. Beide Effekte sind nämlich stärker und statistisch signifikant, wenn man den Index der Vörbereitungsaktivitäten nicht in die Schätzgleichung aufnimmt. Das bedeutet aber, daß der Völlerwerbscharakter und die staatliche Förderung eine sorgfältigere Planung bewirken bzw. diese voraussetzen und daß es dann vor allem diese intensivere Vorbereitung und die damit verbundene Haltung der Gründer ist, die die Überlebenschancen ihrer Betriebe verbessert. A m bemerkenswertesten ist, daß nunmehr ein deutlicher Standortvorteil von Leipzig zu beobachten ist. Die Sterberaten der Leipziger Betriebe sind um hoch signifikante 60% geringer als die der Münchner Firmen, wenn
8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
351
Abbildung A2.6: Konjunkturbarometer (aktuelle Geschäftslage) der I H K München und Oberbayern sowie der I H K und H W K Leipzig
man die unterschiedliche Verteilung der Einflußfaktoren des Basismodells in beiden Regionen und ihre zum Teil unterschiedliche Wirkungsrichtung kontrolliert. Dieser Standortvorteil verschwindet auch nicht, wenn man in Modell 3 für die unterschiedlichen Konjunkturverläufe in den beiden Regionen kontrolliert. Wie Abbildung A2.6 zeigt, wird zwar die aktuelle Geschäftslage in der ersten Hälfte der 1990er Jahre von den Leipziger Firmen tendenziell besser beurteilt als von den Münchner Unternehmen, aber der erwartungsgemäß stark positive Effekt einer guten Konjunkturlage - in Modell 3 von Tabelle A2.6 verringert eine um 10 Prozentpunkte verbesserte Geschäftslage 14 die Sterblichkeitsrate um 9,7% - erklärt nicht den „Standortvorteil" der Leipziger Region. Die Leipziger Betriebe haben bei Kontrolle aller Kovariaten immer noch eine um 62% geringere Sterberate. 14
Die erwartete Geschäftsentwicklung hat keinen Effekt.
352
A-II.
ane und
s e n betrieblicher Neugründungen
Wie läßt sich dieser Befund erklären? Eine Vermutung wäre, daß bei der Etablierung eines noch ungesättigten Marktes der Selektionsdruck geringer ist. Um diese Hypothese zu prüfen, ist es notwendig, einen Indikator zu finden, mit Hilfe dessen die Zeit der „goldenen Gründerjahre" abgegrenzt werden kann. Der im Abschnitt 4 erwähnte „Turbulenzindikator" bietet sich dafür an. Ist er niedrig, dann wird mit wenigen An- und Abmeldungen ein Wachstum des Unternehmensbestandes erreicht. Das beschreibt aber die Situation eines sich neu etablierenden Marktes. In der Tat beträgt der Turbulenzindikator in den Jahren 1990-94 für die gesamten neuen Bundesländer 4,2 (Spannweite 1,2 bis 5,6), während er in den Jahren 1995-99 auf durchschnittlich 12,9 ansteigt (Spannweite 7,7 bis 20,9). Auch für die I H K Leipzig läßt sich ein ähnlicher Anstieg des Turbulenzindikators feststellen: Im Durchschnitt der Jahre 1990-94 betrug er 3,9 (Spannweite 1,2 bis 6,2) und stieg in den Jahren 1995-99 auf durchschnittlich 9,5 (Spannweite 9,4 bis 12,2). Um die Phase der Marktetablierung zu modellieren, wurde eine zeitabhängige Indikatorvariable gebildet: Den Leipziger Unternehmen wurde für die Jahre 1991-94 der Wert „ 1 " zugewiesen, in den Jahren danach - wie auch stets allen Münchner Betrieben - der Wert „ 0 " . 1 5 Modell 4 von Tabelle A2.6 zeigt, daß in der Tat in diesen Jahren der Marktetablierung die Sterberate der Leipziger Betriebe um hoch signifikante - 6 7 % niedriger ist und daß der generelle Unterschied zwischen Ost und West sich erheblich auf - 2 6 % verringert und statistisch nicht mehr signifikant ist (der p-Wert beträgt 0,080). 16 Was bleibt zusammenfassend über die „eigenen ostdeutschen Entwicklungspfade" festzuhalten? Einige deutliche Unterschiede in den Merkmalen der Gründer und ihrer Betriebe sind ganz offensichtlich auf die Situation in der DDR und die unmittelbare Wendezeit zurückzuführen. Die Leipziger Gründer sind älter, besitzen eine längere Berufserfahrung, sind nahezu ausschließlich Deutsche, waren häufiger vor der Gründung erwerbstätig
15
Für die H W K Leipzig und auch die I H K für München und Oberbayern waren die An- und Abmeldezahlen der 1990er Jahre leider nicht mehr verfügbar. Deshalb war es nicht möglich, spezielle, nach Branchen und Regionen differenzierte Turbulenzindikatoren zu berechnen. 16 Man könnte einwenden, daß die Einbeziehung der Leipziger Handwerksbetriebe die Ergebnisse verfälscht hat, auch wenn mit einer speziellen Kontrollvariable versucht wurde, diesem Unterschied zwischen München und Leipzig Rechnung zu tragen. Um diese Möglichkeit zu prüfen, wurde das Modell 4 nur für die IHK-Unternehmen gerechnet. Die Ergebnisse offenbaren keine gravierenden Unterschiede, die zu einer Änderung der zentralen Befunde führen würden. Der sterblichkeitsreduzierende Effekt in der Phase der Marktetablierung ist praktisch identisch (-65%) und vermag den globalen Unterschied der beiden Regionen sogar etwas besser zu erklären (die globale Ost-West-Differenz reduziert sich auf -19%).
8. Eigene ostdeutsche Entwicklungspfade?
353
bzw. arbeitslos, hatten eine längere und höhere Ausbildungszeit, aber weniger Erfahrungen als Selbständige als ihr Münchner Gegenpart. Sie gründen ihren Betrieb eher zu Vollerwerbszwecken und bereiten sich intensiver vor. Der auffälligste Unterschied ist die bessere Kapitalausstattung in Leipzig, die vor allem der erheblich umfangreicheren staatlichen Förderung zu verdanken ist. Bei der Wirkungsrichtung der erklärenden Variablen sind drei Unterschiede auffallend und inhaltlich bedeutsam. Während Branchenund Vörgesetztenerfahrung sowie die anfängliche Betriebsgröße, gemessen an der Zahl der Beschäftigten bei Gründung, im Westen die Überlebenschancen deutlich verbessern, haben sie im Osten einen zum Teil stark destabilisierenden Effekt. Diese Art von Humankapital, das in einem anderen Wirtschaftssystem erworben wurde, zahlt sich offensichtlich weniger aus, und die Beschäftigtenzahl entspringt vermutlich weniger ökonomischem Kalkül als vor allem bei den Ausgründungen dem Motiv der Arbeitsplatzsicherung für ehemalige Kollegen. Berücksichtigt man die unterschiedliche Zusammensetzung der Gründerpopulation und die andere Wirkungsrichtung einzelner Faktoren, dann lassen die Ergebnisse den Schluß zu, daß Leipzig sogar einen Standortvorteil besitzt. Weitergehende Analysen zeigen, daß sich dahinter keine allgemeinen Konjunkturunterschiede verbergen, sondern daß die sich erst etablierenden Märkte besondere Startchancen verschaffen. Allerdings dauern diese „goldenen Gründeijahre" nicht lange. Während der anfängliche Standortvorteil bereits Mitte der 1990er Jahre aufgezehrt ist, dürfte die Angleichung der Wirkung der Erfolgsdeterminanten noch längere Zeit beanspruchen. Ob und wann diese Entwicklung abgeschlossen sein wird, könnten Replikationen der Münchner und Leipziger Gründerstudien zeigen.
A-III. Anfangserfolg und längerfristige Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen* 1. Einleitung Wir alle kennen die Volksweisheit „Nichts ist erfolgreicher als Erfolg", aber bewahrheitet sie sich auch bei Betriebsgründungen? Was ist damit genau gemeint, und wie könnte man einen solchen Effekt erklären? Anhand von Daten der „Münchner und Leipziger Gründerstudien" soll versucht werden, diese Fragen zu präzisieren und Antworten zu finden. Zunächst werden in Abschnitt 2 die aus den theoretischen Ansätzen zur Erklärung von Chancen und Risiken betrieblicher Neugründungen hergeleiteten Erfolgsdeterminanten vorgestellt. Dann wird in Abschnitt 3 das Konzept des Anfangserfolges operationalisiert. In Abschnitt 4 wird das in früheren Arbeiten für den Überlebensprozeß der ersten drei Jahre verwendete Basismodell auf einen Zeitraum von 10 bis maximal 12 Jahren ausgedehnt. Dabei wird analysiert, ob sich ein selbständiger Effekt des frühen Wachstums auf die längerfristigen Überlebenschancen nachweisen läßt und wie nachhaltig Startbedingungen und Anfangserfolg wirken. Schließlich werden in Abschnitt 5 einige Erklärungsmöglichkeiten diskutiert, offen gebliebene Forschungsfragen benannt und Folgerungen für das Design künftiger Forschungen gezogen. Wir definieren „Anfangserfolg" als Unternehmenswachstum in den ersten drei Jahren nach Gründung. Um berechtigten Einwänden zu begegnen, beschränken wir alle Analysen in diesem Kapitel auf die Betriebe, die die ersten drei Jahre überlebt haben und für die Angaben über die Wachstumsindikatoren vorliegen. Das sind in München 1.224 IHK-, in Leipzig 352 IHK- und 173 HWK-Betriebe. Abweichende Fallzahlen in den folgenden Ausweitungen entstehen durch fehlende Werte bei einzelnen Variablen oder durch die Gewichtung zum Ausgleich systematischer Verzerrungen bei der Stichprobenauswahl.
* Dieses Kapitel baut auf einer früheren Arbeit (Ziegler A2003) auf, bei der aber nur die Münchner Daten verwendet wurden. (Hinweis: Literaturverweise mit einem der Jahreszahl vorangestellten „ A " finden sich im „Verzeichnis der Publikationen zu den Münchner und Leipziger Gründerstudien".)
2. Die Erfolgsdeterminanten des Basismodells
355
2. Die Erfolgsdeterminanten des Basismodells Vier sozialwissenschaftliche Ansätze haben sich als hinreichend präzise erwiesen, um die Wirkung personen-, betriebs- und umfeldbezogener Faktoren auf die Erfolgschancen neugegründeter Unternehmen zu erklären: die Humankapitaltheorie, die Organisationsökologie, die Perspektive sozialer Netzwerke und der Transaktionskostenansatz. Sie wurden in Kapitel I I anhand der einschlägigen Literatur dargestellt. 1 Für das Basismodell sind die beiden erstgenannten Ansätze besonders relevant. Das allgemeine Humankapital der Gründer wird mit zwei Variablen erfaßt: (1) die Jahre der schulischen und beruflichen Bildung und (2) die Jahre der Berufserfahrung. Im Durchschnitt hatten die befragten Gründer (München-IHK 13,1; Leipzig-IHK 14,1; Leipzig-HWK 14,7) Bildungsjahre und (München-IHK 14,5; Leipzig-IHK 19,7; Leipzig-HWK 23,0) Berufserfahrungsjahre vorzuweisen. 2 Beide Faktoren sollten die Erfolgs- und Überlebenschancen fördern. Besonders wichtig ist das spezifische Humankapital in Form von Branchenerfahrung, früherer Erfahrung als Selbständiger oder als Vorgesetzter. (München-IHK 57%; Leipzig-IHK 50%; Leipzig-HWK 86%) der befragten Gründer verfügten über Branchenerfahrung, (MünchenI H K 29%; Leipzig-IHK 17%; Leipzig-HWK 17%) über Selbständigkeitserfahrung und (München-IHK 31%; Leipzig-IHK 12%; Leipzig-HWK 30%) hatten früher Vorgesetztenpositionen inne. Auch von diesen Determinanten ist ein positiver Einfluß auf den Betriebserfolg zu erwarten. In der Organisationsökologie werden zwei Thesen vertreten, die für unsere Fragestellung einschlägig sind und die sich auf den Einfluß betrieblicher Merkmale beziehen: die „liability of newness" und die „liability of smallness" (Aldrich und Auster 1986; Ziegler 2002). Die erste These behauptet einen systematischen Zusammenhang zwischen dem „Sterberisiko" eines neugegründeten Betriebes und seinem Alter, der bei der Darstellung der empirischen Befunde näher erläutert werden wird. Die Annahme, daß das Risiko einer Betriebsaufgabe zu Beginn besonders groß ist, führt zur Aufnahme einer weiteren Variablen in die Menge der möglichen Erfolgsdeterminanten. Bei (München-IHK 24%; Leipzig-IHK 18%; Leipzig-HWK 35 %) der befragten Unternehmensgründungen handelte es sich um Firmenübernahmen, d.h. Gründungen, bei der (in rechtlich neuer Form) Einrich-
1 Siehe auch die Diskussion der theoretischen Konzepte in der Monographie von Hinz (Al998) über die „Leipziger Gründerstudie". 2 Die deskriptiven Daten beruhen - soweit möglich - auf den Meldedaten für die ganzen Gründungskohorten oder auf den gewichteten Befragungsdaten, um die systematischen Stichproben Verzerrungen auszugleichen.
356
A-III. Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen
tungen und Kontakte eines zuvor schon bestehenden Betriebes vollständig oder teilweise übernommen wurden. Diese sollten gemäß der „liability of newness" bestandsfester, aber weniger expansiv sein als völlige Neugründungen. Die Hypothese der „liability of smallness" schreibt den kleineren Betrieben schlechtere Erfolgsaussichten zu. Die Komponente der Gründungsgröße wurde mit drei Variablen erfaßt: Startkapital, Zahl der Beschäftigten im ersten Betriebsjahr und gewählte Rechtsform. Im Durchschnitt starteten die Betriebe mit (München-IHK 82; Leipzig-IHK 215; LeipzigH W K 348) Tsd. D M Kapital und beschäftigten (München-IHK 2,3; Leipzig-IHK 3,5; Leipzig-HWK 13,1) Personen im ersten Betriebsjahr. 3 Beide Variablen wurden wegen der starken Rechtsschiefe ihrer Verteilungen logarithmiert. Firmen mit Haftungsbegrenzung, die (München-IHK 17%; Leipzig-IHK 11%; Leipzig-HWK 40%) der Gründungen ausmachten, sind im Vergleich zu Kleingewerbetreibenden deutlich größer, da die neben der Gewerbeanmeldung erforderliche Eintragung ins Handelsregister schärfere Anforderungen stellt. Sie sollten nach der These der „liability of smallness" bessere Überlebenschancen besitzen. Sehr viel schwieriger ist es, in einer Befragung umfeldbezogene Variablen valide und reliabel zu erfassen. Im Rahmen des Basismodells beschränkten wir uns daher darauf, das Umfeld eines Betriebes durch seine Gründungsbranche zu beschreiben. Für die IHK-Betriebe wurde eine 9-stufige Brancheneinteilung 4 verwendet: verarbeitendes Gewerbe/Industrie (München 4%; Leipzig 3%), Baugewerbe (München 1%; Leipzig 2%), Großhandel und Handelsvermittlung (München 15%; Leipzig 10%), Einzelhandel (München 25%; Leipzig 35%), Verkehr/Spedition (München 9%; Leipzig 9%), Versicherung (München 7%; Leipzig 17%), Gastgewerbe (München 8%; Leipzig 10%), unternehmensbezogene Dienstleistungen (München 18%; Leipzig 6%) und personenbezogene Dienstleistungen (München 12%; Leipzig 9%). Die Leipziger Handwerksbetriebe wurden in drei Kategorien zusammengefaßt: verarbeitendes Gewerbe (aus der Metall-, Maschinenbau-, KFZ- und Elektrobranche) 39%, Baugewerbe 36% und sonstige Handwerksbetriebe (überwiegend aus der Bekleidungs-, Nahrungs-, Gesundheitsund sonstigen Dienstleistungsbranche) 25%. Nach den Ergebnissen früherer Studien kann man vermuten, daß Betriebe im verarbeitenden Gewerbe und in der Baubranche überdurchschnittliche Erfolgsaussichten haben.
3
Die Beschäftigtenzahl wird wieder in Form von „Vollzeitarbeitskräften" ausgedrückt, d.h. Teilzeitkräfte gehen mit 0,5 bzw. entsprechend ihrer wöchentlichen Stundenzahl in die Rechnung ein. 4 Bei den multivariaten Analysen wurden das verarbeitende und das Baugewerbe bei den IHK-Unternehmen zusammengefasst, da wegen der geringen Fallzahlen in den Leipziger IHK-Daten sonst Schätzprobleme auftreten.
3. Messung des Anfangserfolges betrieblicher Neugründungen
357
Zwar enthält das Basismodell von Kapitel V I nicht das Geschlecht der Gründungsperson. Es wird jedoch bei den folgenden Analysen berücksichtigt, da zwar nicht die Überlebenschancen aber die Wachstumspotentiale davon beeinflußt werden. Frauen sind erwartungsgemäß unter den Gründern unterrepräsentiert; ihr Anteil beträgt in München-IHK 32%; Leipzig-IHK 35%; Leipzig-HWK 18%. Die drei Kammern stellten die Informationen aus ihren 2-3-mal jährlich erhobenen Konjunkturbarometern zur Verfügung, aus denen branchenspezifische Zeitreihen für die aktuelle und erwartete Geschäftslage gebildet wurden. Die Bildung dieser Variablen wurde in Kapitel A - I näher beschrieben. 3. Zur Messung des Anfangserfolges betrieblicher Neugründungen Als Maß des Anfangserfolges werden vier Indikatoren verwendet: (1) Gelingt es einem Betrieb, in den ersten drei Jahren die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen? (2) Erreicht er in diesem Zeitraum eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von mindestens 10% pro Jahr? (3) Wurden die Geschäftsräume erweitert? (4) Wurde das Betriebskapital aufgestockt? Eine genauere Diskussion dieser und anderer Erfolgsmaße findet sich in Kapitel V, die auch zeigt, daß diese Erfolgsmaße am besten Expansionstendenzen indizieren. Tabelle A3.1 beschreibt den an diesen Indikatoren gemessenen Anfangserfolg der Neugründungen in den ersten drei Jahren ihres Bestehens. Bei diesen deskriptiven Befunden werden die verzerrenden Effekte der disproportional geschichteten Stichprobe durch eine entsprechende Gewichtung ausgeglichen. Die maximalen Fallzahlen verändern sich dadurch geringfügig; beim Umsatzwachstum der Münchner Betriebe sinkt allerdings wegen der vielen fehlenden Angaben die Fallzahl auf 1.003. Gemessen an diesen vier Indikatoren ist der Anfangserfolg bei den Münchner Firmen durchaus bescheiden, vor allem wenn man berücksichtigt, daß bei dem Umsatzwachstum die große Zahl der fehlenden Angaben nahezu ausschließlich von Betrieben stammt, die bei den anderen Indikatoren nicht erfolgreich waren. Dagegen expandieren die Leipziger IHK-Unternehmen stärker, und vor allem die Leipziger Handwerksbetriebe verzeichnen in den ersten drei Jahren ein beachtliches Wachstum. Da erwartungsgemäß alle Indikatoren positiv korrelieren und auf einem generellen Faktor hoch laden, wurde ein einfacher additiver Index gebildet (Tabelle A3.2). 43% der Münchner IHK-Betriebe haben bei allen vier Indikatoren keinen Erfolg vorzuweisen, und nur 13% sind bei drei oder sogar allen vier Indikatoren als „Schnellstarter" einzustufen. Dagegen schneiden die Leipziger Firmen erheblich besser ab: nur 29% der IHK-Firmen und sogar nur 17% der Handwerksbetriebe haben bei keinem der vier Indikatoren ein Wachstum zu verzeichnen, dagegen 30% bzw. 45% bei drei oder gar allen vier.
358
A-III. Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen Tabelle A3.1
Wachstumsindikatoren für die ersten drei Jahre nach Gründung Beschäftigungszunahme
Umsatzwachstum
Geschäftsraumerweiterung
Kapitalaufstockung
München I H K Ja N =
28
42
21
19
(1259)
(1003)
(1238)
(1237)
Leipzig I H K Ja N =
37
56
32
36
(347)
(345)
(344)
(347)
Leipzig H W K Ja N =
56
73
36
50
(173)
(171)
(171)
(173)
Gewichtete Daten der Betriebe, die die ersten drei Jahre überlebten; Angaben in %.
Tabelle A3.2
Summe der Wachstumsindikatoren München-IHK
Leipzig-IHK
Leipzig-HWK
keine Erweiterung
43
29
17
eine Erweiterung
29
24
20
zwei Erweiterungen
15
17
17
drei Erweiterungen
9
17
24
vier Erweiterungen
4
13
21
(1259)
(348)
(173)
N =
Gewichtete Daten der Betriebe, die die ersten drei Jahre überlebten; Angaben in %.
Dieser additive Index wurde für die multivariaten Analysen dichotomisiert: 28% der Münchner Neugründungen haben in den ersten drei Jahren bei mindestens zwei Indikatoren ein Wachstum verzeichnet, bei den Leipziger IHK-Firmen sind es 47% und bei den Handwerksbetrieben sogar 62%.
3. Messung des Anfangserfolges betrieblicher N e u g r ü n d u n g e n 3 5 9 Das im zweiten Abschnitt vorgestellte Basismodell sollte auch in der Lage sein, anfängliches Wachstum zu erklären. In einer logistischen Regression werden daher die beschriebenen Erfolgsdeterminanten als Prädiktoren für die Wahrscheinlichkeit verwendet, in den ersten drei Jahren bei mindestens zwei Wachstumsindikatoren einen Erfolg vorweisen zu können. Die Analysen in Tabelle A3.3 wurden für alle Fälle mit ungewichteten Daten durchgeführt. Der Unterschied in den Konstanten spiegelt die generell größere Entwicklungsdynamik in dem Leipziger Kammerbezirk wider. Der Anteil an „erklärter Varianz" beträgt in München 19,1%, in Leipzig ist er etwas niedriger und liegt bei 16,3%. Die Effekte der IHK-Branchenzugehörigkeit weisen nur in zwei von sieben Wirtschaftszweigen in dieselbe Richtung. 5 In beiden Kammerbezirken sind das verarbeitende und das Baugewerbe - im Vergleich zur Referenzkategorie des Einzelhandels - expansiver. Weniger wachstumsorientiert ist dagegen das Hotel- und Gaststättengewerbe. In Leipzig zählen im Vergleich zu München „Verkehr", „Versicherungen" und die „personenbezogenen Dienstleistungen" zu den etwas expansiveren Branchen. Vor allem das Leipziger Bauhandwerk ist - auch bei Kontrolle aller anderen Faktoren sehr stark wachstumsorientiert. Im wesentlichen stimmt die Wirkungsrichtung der anderen explikativen Variablen in Ost und West überein. Nur bei dem Faktor „Vörgesetztenerfahrung" unterscheidet sich die Einflußrichtung, wobei aber dieser Effekt schwach und nicht signifikant ist. Gemessen an zwei Indikatoren „Startkapital" und „Handelsregisterfirma" verbessert die Betriebsgröße deutlich - und in München signifikant - die Chance eines Wachstums in den ersten drei Jahren. Der dritte Größenindikator „anfängliche Beschäftigtenzahl" ist zwar in München positiv, wenn auch nicht signifikant, in Leipzig aber scheinbar wirkungslos. Firmenübernahmen sind - im Einklang mit der These der „liability of newness" - erheblich weniger expansiv; anscheinend haben sie ihre Wachstumsphase schon hinter sich. Auch berufserfahrene Gründer sind deutlich weniger wachstumsorientiert. Das allgemeine Humankapital - gemessen in Jahren allgemeiner und beruflicher Bildung - ist gegenüber dem spezifischen Humankapital in Form von Branchenerfahrung belanglos. In München, nicht aber in Leipzig hat die Branchenerfahrung einen signifikant positiven Effekt. Weiterhin üben frühere Erfahrungen als Selbständiger oder als Vorgesetzter in Leipzig einen eher wachtumshemmenden, wenn auch
5 Koeffizienten über 1 signalisieren einen positiven, Werte unter 1 einen negativen Effekt der unabhängigen Variablen auf das Wachstum. Ein Vergleich der Signifikanzen ist bei den Branchendummies nicht sinnvoll, da je nach gewählter Referenzkategorie die statistische Signifikanz der Koeffizienten variiert.
360
A-III. Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen Tabelle A3.3
Basismodell des Wachstums in den ersten 3 Jahren (logistische Regression) München
Leipzig
Geschlecht (l=Frau)
0,52***
0,58*
Bildung (in Jahren)
0,98
0,99
Berufserfahrung (in Jahren)
0,96***
0,97**
Branchenerfahrung (l=Ja)
1,60**
1,42
Selbständigkeitserfahrung (l=Ja)
1,00
0,95
Vorgesetztenerfahrung (l=Ja)
1,08
0,74
Firmenübernahme (l=Ja)
Q 49***
0,47*
Startkapital (DM, logarithmiert)
1,08**
1,06
Beschäftigte im ersten Jahr (logarithmiert)
1,20
1,00
Handelsregisterfirma (l=Ja)
1,61**
1,24
Verarbeitendes und Baugewerbe
1,69**
2,72
Großhandel, Handelsvermittlung
1,12
0,98
Hotel- und Gaststättengewerbe
0,45
0,44
Verkehr/Spedition
0,65
3,06*
Versicherungsgewerbe
0,92
1,17
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
1,55
0,70
Personenbezogene Dienstleistungen
0,66
1,43
Metall-, Maschinenbau, KFZ, Elektro-Handwerk
-
1,29
Bauhandwerk
-
2,42*
Sonstiges Handwerk
-
1,44
Konstante
0,39*
1,45
Nagelkerkes Pseudo-R2
19,1%
16,3%
Fallzahl
(1197)
(522)
Ungewichtete Daten der Betriebe, die die ersten drei Jahre überlebten; abhängige Variable ist die Wahrscheinlichkeit, daß bei mindestens zwei Indikatoren ein Wachstum zu verzeichnen ist. Bezugsgruppe bei den Branchen ist der Einzelhandel. Die Koeffizienten exp(ß) sind die Einheitseffekte auf die Odds-Ratios in einer logistischen Regression; angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .05*, .01** und .001***.
4. Frühes Wachstum und längerfristiger Erfolg
361
nicht signifikanten Einfluß aus. Interessant sind sicher die Effekte des Geschlechts, wobei zu berücksichtigen ist, daß bei der multivariaten Analyse für zahlreiche Merkmale kontrolliert wurde, in denen sich Frauen und Männer sowie die von ihnen gegründeten Betriebe unterscheiden. Kontrolliert man für diese Faktoren, dann - so zeigen die Analysen - sind von Frauen gegründete Betriebe eindeutig und signifikant weniger expansiv. 6 4. Frühes Wachstum und längerfristiger Erfolg Wir werden nun im folgenden nicht nur prüfen, ob Betriebe, die in den Anfangsjahren gewachsen sind, bessere längerfristige Überlebenschancen besitzen, sondern ob dies unabhängig davon zutrifft, daß man dieses anfängliche Wachstum auf Grund der Erfolgsdeterminanten des Basismodells „erwarten" konnte. Dafür wird das Verfahren einer Cox-Regression gewählt, weil es erstens die zensierten Fälle angemessen berücksichtigt und zweitens die Einbeziehung von zeitabhängigen Kovariaten ermöglicht. 7 Die Koeffizienten einer Cox-Regression beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. bei einer Erhöhung um eine Maßeinheit. Positive Werte indizieren daher eine Erhöhung der Sterberate, also einen negativen Einfluß auf die Überlebenschancen, während negative Werte einen stabilisierenden Effekt signalisieren. Das tatsächliche anfängliche Wachstum hat einen sehr starken, stabilisierenden Effekt. In einem Modell, das nur das anfängliche Wachstum als Kovariate berücksichtigt, wird die Sterberate in München um 37% (p=0,000) und in Leipzig um 29% (p=0,006) reduziert. Dieser Einfluß verändert sich kaum, wie die beiden ersten Spalten von Tabelle A3.4 zeigen, wenn man die Faktoren des Basismodells mit berücksichtigt. In München vermindert sich dann die Sterberate um 28%, in Leipzig um 31%. Dagegen läßt sich kein Effekt des vorhergesagten Wachstums8 nachweisen, beide Effekte betragen - 1 % . A m längerfristig überlebensfähigsten erweisen sich also Betriebe, denen ein rasches Wachstum in den Anfangsjahren gelungen 6
Eingehende Analysen des Unterschiedes von „Frauen- und Männerbetrieben" finden sich in Abschnitt VII.3 und in einer anderen Veröffentlichung zur Münchner Gründerstudie (Jungbauer-Gans Al993). 7 Wie in Kapitel A - I I berichtet, konnten nicht alle Münchner Befragungs- und langfristigen Meldedaten einander zugeordnet werden. Die unidentifizierten, bei der Befragung noch existierenden Betriebe wurden als zu diesem Zeitpunkt zensiert betrachtet. 8 Diese dichotome Variable ist das mit einer Wahrscheinlichkeit >.5 geschätzte Wachstum aus der logistischen Regression des Basismodells von Tabelle A3.3.
362
A-III. Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen Tabelle A3.4
Längerfristige Überlebenschancen (Cox-Regression) Basismodell, Anfangserfolg und Wachstumsprognose
Basismodell, Anfangserfolg, Wachstumsprognose und Konjunkturverlauf
München Leipzig München Leipzig +19
+15
+19
+15
Bildung (in Jahren)
+3,1
-1,8
+3,3
-1,8
Berufserfahrung (in Jahren)
+0,4
+0,9
+0,4
+0,9
Geschlecht (l=Frau)
Branchenerfahrung (l=Ja)
-29*
-1
-29*
-1
Selbständigkeitserfahrung (l=Ja)
+14
+57**
+14
+57**
Vorgesetztenerfahrung (l=Ja)
+34
+7
+34
+7
Firmenübernahme (l=Ja)
-36**
+1
-36**
+1
+1
-4
+1
-5
Beschäftigte im ersten Jahr (logarithmiert)
-21*
-3
-21*
-3
Handelsregisterfirma (l=Ja)
_46***
+63*
Verarbeitendes und Baugewerbe
-32*
+12
-25
+9
Großhandel, Handelsvermittlung
-34*
+7
-30
+6
Hotel- und Gaststättengewerbe
-65*
-18
-52
-19
Verkehr/Spedition
+22
+19
+64
+18
Versicherungsgewerbe
+8
-49
+44
-52
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
-6
-27
+27
-28
-23
-20
+5
-22
Metall-, Maschinenbau, KFZ, Elektro-Handwerk
-
-4
-
-5
Bauhandwerk
-
+3
-
+2
Sonstiges Handwerk
-
-28
-
-29
Startkapital (DM, logarithmiert)
Personenbezogene Dienstleistungen
Wachstum in den ersten 3 Jahren (l=Ja) Zunahme geschätzt (l=Ja)
+63*
-28*
-31**
-28*
-31**
-1
-1
-2
-1
363
4. Frühes Wachstum und längerfristiger Erfolg Fortsetzung Tabelle A3.4 Basismodell, Anfangserfolg und WachstumsPrognose
Basismodell, Anfangserfolg, Wachstumsprognose und Konjunkturverlauf
München Leipzig München
Leipzig
Konjunkturverlauf: Lagebeurteilung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
-
~
-8,4*
-0,8
Konjunkturverlauf: Zukunftserwartung (Maßeinheit: 10 Differenzpunkte)
-
-
-4,2
+2,3
100,0
34,7
107,5
34,8
(1197)
(522)
(1197)
(522)
Chi-Quadrat Fallzahl
Ungewichtete Daten der Betriebe, die die ersten drei Jahre überlebten. Tatsächliches Wachstum (bei mindestens zwei von vier Indikatoren) und die mit einer Wahrscheinlichkeit >.5 geschätzte Zunahme. Bezugsgruppe bei den Branchen ist der Einzelhandel. Die Koeffizienten beschreiben die prozentuale Veränderung des Risikos der Abmeldung, d.h. der monatlichen Sterberate, im Vergleich zur Referenzkategorie bzw. bei einer Erhöhung um eine Maßeinheit; angegeben ist die Signifikanz auf dem Niveau von .05*, .01** und .001***
ist, gleichgültig oder nicht.
ob es auf Grund der Startbedingungen zu erwarten war
Es sollen nun zunächst die Ergebnisse der Variablen des Basismodells für die Münchner Daten in der ersten Spalte erläutert werden. Auch in längerfristiger Perspektive sind Branchenerfahrung und die Tatsache stabilitätsfördernd, daß es sich um ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen bzw. eine Firmenübernahme oder gemessen an der ursprünglichen Beschäftigtenzahl größeres Unternehmen handelt. Dagegen haben Gründer mit früherer Erfahrung als Selbständige oder Vorgesetzte keinen längeren Atem. Im Vergleich zum Einzelhandel haben mit Ausnahme der Verkehrs- und Speditionsbetriebe sowie der Versicherungsfirmen alle anderen Branchen längerfristig geringere Sterberaten, am deutlichsten sogar die Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes. Bei den Leipziger Daten sind wieder nur wenige Effekte statistisch signifikant. Dies ist wohl nur zum Teil auf die niedrigere Fallzahl zurückzuführen, sondern spiegelt einen - auch in anderen Untersuchungen festgestellten -
364
A-III. Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen
Sachverhalt wider. Die „unerklärte Varianz" - verursacht durch unbeobachtete Heterogenität oder durch eine größere Rolle des „Zufalls" - ist bei empirischen Untersuchungen in den neuen Bundesländern in der Regel größer als in den alten. Bemerkenswerter ist, daß die Richtung der Effekte bei einigen Variablen sich umkehrt bzw. nahezu verschwindet. So haben Branchenerfahrung und die Tatsache einer Firmenübernahme in längerfristiger Perspektive keinen Effekt. Überraschend ist, daß eine Handelsregistereintragung im Osten längerfristig sogar die Überlebenschancen deutlich vermindert. Ebenfalls mag überraschen, daß die längerfristigen Perspektiven im Versicherungsgewerbe besser sind als in allen anderen IHKBranchen und sich deutlich von denen der Referenzkategorie des Einzelhandels unterscheiden. Beim Handwerk sind es vor allem die Betriebe in der Bekleidungs-, Nahrungs-, Gesundheits- und sonstigen Dienstleistungsbranche, die längerfristig geringere Sterberaten aufweisen. Der anfängliche Vorteil des Baugewerbes ist - nach Abklingen des Baubooms - nicht mehr feststellbar. Die Frage bleibt bestehen, wie der Wirkungsmechanismus der Erfolgsdeterminanten genau funktioniert. Im Prinzip sind zwei extreme Varianten denkbar, zwischen denen natürlich Kombinationen möglich sind. Einerseits könnten über den ganzen 10-Jahreszeitraum günstige Startbedingungen und anfängliches Wachstum direkt die jeweiligen Überlebenschancen positiv beeinflussen. In der Terminologie der rekursiven Strukturmodelle handelte es sich um sog. „delayed effects". Andererseits wäre es denkbar, daß sie keine unmittelbaren, nachhaltigen Wirkungen entfalten, sondern - um ein Bild zu verwenden - nur als ein erster Treibsatz wirken und danach systematische Wachstumskomponenten eine positive Korrelation der jährlichen Wachstums- und Überlebensraten bewirken im Sinne einer „persistence of chance" (Wagner 1992; s. auch Abschnitt X . l ) . Um einen Anhaltspunkt zu gewinnen, welcher Prozeßtyp vorherrscht, wurden logistische Regressionen des Basismodells mit der Variablen „Anfangserfolg" für alle sieben Jahre ab dem dritten nach Existenzgründung berechnet, wobei jeweils untersucht wurde, ob sie 24 Monate später noch existierten. Bei den Münchner Daten zeigt sich, daß nur noch eine Variable einen signifikanten, direkten verzögerten Effekt auf die Überlebenswahrscheinlichkeit ausübt, der über das dritte Jahr hinausreicht. Handelsregisterfirmen haben auch nach dem vierten, fünften und sechsten Jahr noch signifikant bessere Chancen, die darauf folgenden zwei Jahre zu überleben. Nach dem siebten Jahr läßt sich jedoch bei keiner Variablen ein nachhaltiger direkter Effekt günstiger Startbedingungen und anfänglichen Wachstums feststellen. In Leipzig besitzt sogar kein Faktor einen nachhaltigen direkten Effekt. Die in den Modellen von Tabelle A3.4 ausgewiesenen Effekte sind also nahezu ausschließlich indirekt. Der Faktor mit längerfri-
4. Frühes Wachstum und längerfristiger Erfolg
365
stigen „direkten" Effekten ist struktureller Art, nämlich die Organisationsform einer Handelsregisterfirma, während diejenigen Faktoren nur kurzfristig wirken, die entweder reine „Startvorteile" verschaffen - wie z.B. Startkapital oder anfängliche Beschäftigtenzahl - oder die durch „Praxiserfahrung" ersetzbares Humankapital sind, wie etwa (Aus)Bildung, Berufsoder Branchenerfahrung. Die günstigen Startbedingungen und das Anfangswachstum fördern das Überleben unmittelbar nur in den ersten drei bis höchstens sechs Jahren nach der Gründung. Danach gilt die triviale Regel: der beste Prädiktor für das Überleben im nächsten Jahr ist die Tatsache, bis zum vorhergehenden überlebt zu haben. Auch dies ist mit der Völksweisheit oft gemeint. Zum Schluß soll noch geprüft werden, welche Wirkungen der Konjunkturverlauf ausübt und ob dadurch die bisherigen Schlußfolgerungen revidiert werden müssen. Aus den Daten der Konjunkturbarometer der drei Kammern wurden branchenspezifische Zeitreihen der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftserwartungen gebildet. Daß die Betriebe in Ost und West in den ersten 10 bis 12 Jahren nach Gründung einem sehr unterschiedlichen Konjunkturverlauf ausgesetzt waren, veranschaulicht das Diagramm in Abbildung A3.1, das den Verlauf des Gesamtindex für die aktuelle Geschäftslage in den drei Kammerbezirken zeigt. Nach dem Hoch im vierten Jahr - das war das Jahr 1994 - verschlechtert sich die konjunkturelle Situation in Leipzig kontinuierlich bis zum 12. Jahr (2002). Dagegen erleben die Münchner Unternehmen ab dem vierten bis achten Jahr nach ihrer Gründung den Einigungsboom der Jahre 1989 bis 1993, bevor auch dann im Westen der deutliche Abschwung einsetzt. Die Spalten (3) und (4) von Tabelle A3.4 enthalten die geschätzten Koeffizienten für das Basismodell, das tatsächliche und das prognostizierte anfängliche Wachstum sowie den diagnostizierten und prognostizierten Konjunkturverlauf. Ein Vergleich der Spalten (1) mit (3) und (2) mit (4) belegt, daß durch die Aufnahme der zeitabhängigen Kovariaten die Effekte der anderen Variablen sich praktisch nicht ändern. Insbesondere ändert sich nichts an dem zentralen Befund, daß der tatsächliche Anfangserfolg einen signifikanten, stabilisierenden Effekt auf die längerfristigen Überlebenschancen ausübt. Beim Konjunkturverlauf zeigt sich ein eigentümlicher Unterschied zwischen der ostdeutschen und der westdeutschen Kohorte. Während in Bayern die Sterberaten bei einer besseren aktuellen Geschäftslage deutlich und signifikant sinken und die Erwartungen ebenfalls einen, wenn auch nicht signifikanten, sterblichkeitsmindernden Effekt ausüben, ist in Sachsen kein signifikanter Einfluß feststellbar. Eine aktuell bessere Geschäftslage erhöht geringfügig die Stabilität, bessere Erwartungen vermindern sie sogar.
366
A-IIL Anfangserfolg und Überlebenschancen betrieblicher Neugründungen
Quelle: Konjunkturbarometer der IHK für München und Oberbayern sowie der IHK und HWK Leipzig
Abbildung A3.1: Konjunkturverlauf (aktuelle Geschäftslage) in den ersten 12 Jahren seit Gründung
5. Schlußfolgerungen Bei abnehmenden Risikoraten und kurzen Zeitintervallen, in denen nur wenige Betriebe aufgelöst werden, ist selbstverständlich nicht zu erwarten, daß irgendwelche unabhängige Variablen - zumal wenn sie sich auf weiter zurückliegende Zeitpunkte beziehen - einen großen Erklärungsbeitrag zum Überleben in diesen kurzen Intervallen leisten. Insbesondere Startvorteile, die auf den Kompetenzvorsprüngen des allgemeinen oder spezifischen Humankapitals von Gründern beruhen, sind durch Selektions- und Lernprozesse eingeebnet worden. Bessere Startbedingungen fördern zwar das anfängliche Wachstum größerer Betriebe, erschöpfen sich aber schnell, wenn diese Expansion nicht gelingt. Es sind vor allem dauerhafte Strukturen, wie sie etwa Handelsregisterfirmen kennzeichnen, die nachhaltiger die Überlebenschancen verbessern. Eine der Hauptaufgaben auf dem Gebiet der zu-
5. Schlußfolgerungen
367
künftigen Gründungsforschung besteht darin, die überlebensfördernden Ressourcen und die Mechanismen ihrer Reproduktion inhaltlich zu verstehen und empirisch zu erfassen. Es geht dabei einerseits um die Anpassungsfähigkeit der Betriebe durch organisationalen Wandel - auch wenn dieser gemäß der These des „resetting the clock" zunächst das Sterberisiko erhöht, aber längerfristig die Überlebenschancen verbessert (siehe Abschnitt X.2) - , andererseits um die genauere Erfassung des Umfelds der Betriebe, insbesondere der Marktbedingungen, und ihrer Veränderungen. Für das Design empirischer Studien ergeben sich einige klare methodische Anforderungen. Reine Querschnittsanalysen sind nicht geeignet, verläßlich und gültig Auskunft über Chancen und Risiken von Unternehmensgründungen zu geben, insbesondere natürlich dann nicht, wenn sie sich auf noch existierende Betriebe beschränken. Sie müssen zumindest, wie in der Münchner Gründerstudie, eine Auswahl aus bestimmten Gründungskohorten treffen und dann - retrospektiv oder besser noch prospektiv - die überlebenden und inzwischen aufgelösten Betriebe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verfolgen. Nur so kann es gelingen, Kohorten- und Alterseffekte zu trennen und den spezifischen Einfluß von unabhängigen Variablen zu ermitteln. Besonders wichtig ist, das Auftreten von Ereignissen und Änderungen zeitlich genau zu lokalisieren, was in den vorliegenden Untersuchungen nur unvollkommen für die ersten drei Jahre gelungen ist. Dann ließe sich die Wirkung dieser zeitabhängigen Kovariaten verfolgen und auch die Kausalrichtung besser abschätzen. Prospektive Panelstudien sind dafür sicher besser geeignet als retrospektive Befragungen, bei denen zudem Erinnerungslücken und kognitive Verzerrungen die Zuverlässigkeit der Daten beeinträchtigen können. Schließlich sollte man zusätzlich zur Perzeption der Gründer die Veränderung von regionalen und Branchenkontexten aus statistischen Quellen erheben und als zeitabhängige Variablen den Befragungsdaten zuspielen. Die Daten für eine solche Studie zu erheben, wäre sicher äußerst aufwendig, würde es aber ermöglichen, den Prozeßcharakter des Wachstums und Überlebens von Unternehmensgründungen adäquat zu modellieren und belastbare empirische Befunde zu gewinnen.
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Namenverzeichnis Acs, Z . J .
11,39,201
Albach, H.
32, 58, 91 f., 110, 282
Aldrich, H. E.
34 f., 42, 52, 54, 62 f.,
79, 88, 355 Ambos, I.
83, 138 f., 153, 178
Amburgey, T. L.
258 f.
Boswell, J. 22, 46, 82 Bourdieu, P. 43, 51 Boyd, D. P. 34, 121 Brenner, R. 30 Brittain, J. 39, 64 Brockhaus, R. H. 34
AndreB, H. J. 73
Bronars, S. G.
Assig, D.
Brown, C. J.
83, 138 f., 148, 161, 178
Audretsch, D. B.
11, 13, 39, 79, 201,
Brüderl, J. 49, 61 f., I l l , 113 f., 183, 208, 247, 250, 253, 255, 330, 347
216, 223
Bühler, C.
Auster, E. 62, 355
Bull, I. Barreto, H.
22 f., 26
Barron, D.
254
Bartik, T. J. 79 Bates, T. 47 ff., 62, 78, 117, 125, 130, 132 Baunach, M. 328 Bechhofer, F. Beck, U.
14
15,286
Becker, G. S. 43, 50, 153 Bedau, K. D.
324
Begley, T. M . Bell, D.
34, 121
330 f.
79
Campbell, K. E. 133 Carroll, G. R. 34 f., 47, 59 f., 63 ff., 79, 92, 97, 105, 117, 228, 258, 288 Carsrud, A. L. 52, 54 Casson, M. 156 Chell, E. 34 Cochran, A. B. 92, 105 Coleman, J. 43, 51 Cramer, U. 92, 245 Cromie, S. 34, 136, 185, 193
15
Bendick, M.
155
Birch, D. L. 13, 77, 105, 200, 208, 243 Birley, S. 52,54 Bischoff, S.
153
Blossfeld, H. P. Bogenhold, D.
110 11, 14, 52, 82, 142,
156, 281, 285, 333 Boeker, W. P. Boeri, T.
153 13, 88
37,288
Dahremöller, A. 67, 74 Delacroix, J. 259, 288 Dickwach, F. 330 Diekmann, A. 94, 110 f., 253 Domeyer, V. 162, 203 Douma, S. 44 DuMouchel, W. 73 Duncan, G. J. 73 Dunne, T. M. 249 f.
245
Borsch-Supan, A.
80
Boissevain, J. 52, 154 Boijas, G. J.
153
Eckart, W. 13, 18 Egan, M. L. 155 Elliott, B. 14
392
aerzeichnis
Engels, F.
322
Evans, D. S. 50, 80, 247, 249 f.
Hjern, B. 40, 161 Horwitz, P S. 34 Hsiao, C.
Fichman, M. 61 f. Flap, H. D. 51 Francis, J. D. 58 Fredland, J. E. 49 f., 136 Freedman, D. 107 Freeman, J. 15, 35, 39, 45, 59 f., 61, 63 ff., 200, 217, 228, 230, 232, 257 ff. Fritsch, M.
13, 17 f., 33, 35, 43, 56,
58, 77, 174, 185 Fröhlich, W. Fry, F. L.
81, 156
Fuchs, V . R . Funder, M.
288 83 162,203
Gartner, W. B. 35, 42, 79 Geiger, T. 14 Gerlach, K. 246 f. Geroski, P . A . 7 9 , 9 9 , 2 8 1 Goebel, P. 46 f., 81 Goffee, R. 14, 81, 139, 153 Goldstein, S. 38, 46, 70, 82, 101, 162, 164 Granovetter, M. S. 11, 43, 53 f., 133, 136 Greene, W. 112 f., 262 Hägg, I. 58 Hagan, O. 139 Hall, B. 247, 250 Hall, G. 266 Halliday, T. C. 63 Hannan, M. T. 15, 35, 45, 59, 61, 63 ff., 79, 200, 217, 228, 230, 232, 257 ff., 288 Haveman, H. A. 259,262 Hébert, R. F. 22,26 Heckman, J. 113 Hennig, M. 148 Hinz, T. 81, 288, 294, 325, 330 f., 333, 355
248
Hübler, O. Hull, C.
80
13, 17, 40, 161
Hummell, H. J. 48 Hunsdiek, D.
17, 33, 37, 46, 58, 92,
110, 161 ff., 174 ff., 203 Huo, Y. P. 288 Jansen, D.
288
Jardim, A.
148
Johannisson, B.
47, 52
Johanson, J. 58 Johnson, P. S. 39, 80 f. Johnson, S.
13
Johnsson, T. Joos, T.
58
12
Jovanovic, B. 47, 50, 80 Jungbauer-Gans, M. 100, 138, 140, 148, 151, 164, 292, 330, 361 Kailer, N.
37
Kaiser, M.
12, 155, 323
Kalleberg, A. L. Kamp, M. E.
105, 139, 148 f.
172
Kanter, R. M.
149
Kelly, D.
259
Kiefl, W.
74, 96, 291, 293, 330
Kihlstrom, R. E. Kimberly, J. R.
80 15, 288
Kirchhoff, B. A. Kirsch, C.
Kirschbaum, G. Kirzner, I. M. Klandt, H.
12, 26, 96, 99
139 47 24
14, 16 f., 20, 31, 33 f.,
37 f., 40, 47, 56, 65, 79, 81 f., 92,
101, 161, 226
Knight, F. H. König, A.
23 f.
13
Kohaut, S. 328 Kuipers, M.
82
Namenverzeichnis Laband, D. N.
47, 80
Laffont, J. J.
Mitter, P.
Lazerson, M. H. Leicht, R.
56, 58 f.
105, 139, 148 f.
Moore, R. L.
152
Mosakowski, E.
34 f., 47 16 f., 20, 33, 38,
40, 161
Leighton, L. S. 80
Münch, G.
293
Lenski, G. E.
36
94,110
Müller-Böling, D.
11,292
Leiner, R.
Mincer, J. 43 Mintzberg, H.
80
Lawrence, P. 35 Leicht, K. T.
393
17,20,56,65
Mugler, J.
29
18, 20
Lentz, B. F. 47, 80 Levinthal, D. A.
61 f., 255 f.
Liebernickel, W.
324
Light, I. H.
29 f.
Link, A . N .
22,26
Little, R. D.
49 f., 136
Lorenz, E. H. Lorsch, J. 35 Loveman, G. Lühder, K.
139, 149
11
39, 223
March, J. G.
35, 256 f. 54, 133
322 58
14
37, 46, 70, 82, 101,
162, 164
Pfeffer, J.
17, 33, 37, 46, 92,
110, 161 ff., 174 ff., 203 McClelland, D. C. Meager, N.
41,256
Pfeiffer, F. Picot, A.
11,47,80,281 17 f., 26, 37 f., 46, 56 f.,
92, 105, 189, 203 18, 20, 178 47
Popken, H. 73 Preisendörfer, P. 34, 36, 48 ff., 69, 74, 125, 138, 140, 164, 292, 310, 330
30 ff.
Radbill, L.
73
Rainnie, A. Rees, H.
13, 88
50
Reynolds, P. 94
156
Meyer, B. D.
29
Rohwer, G.
Meyer, J . W .
256
Romanelli, E.
Meyer, M . W .
91
Meyerhöfer, W. Miles, R. H. Min, P. G.
29, 38
210,285
May-Strobl, E.
Miller, B.
37, 79
256
Pohlmeier, W.
37, 162, 172, 175
Mayer, U.
210, 285
Pappi, F. U.
Plaschka, G.
Mattson, L. G. Mayer, K. B.
Paasch, U.
164
Peterson, R. A.
Mahmood, T.
May, E.
12, 155
Oxenfeld, A.
Perich, R.
Lumsden, C. J. 59
Marx, K.
Otto, M.
Pennings, J. M.
139
Marsden, P. V.
16, 33, 38, 46, 79, 101,
Olsen, J. P. 35
209
Loscocco, K. A.
Nathusius, K. 132, 161 f.
37, 73, 81 f., 226
Ross, D.
111 37, 64, 228
15
Rowan, B.
256
15
94 30
Salancik, G. Say, J. B.
41,256
22 f.
aerzeichnis
394 Scase, R.
14, 81, 139, 153
Schasse, U.
244 f.
Scherer, F. M. Schinkel, S.
Voss, T.
174 139
14
Wärneryd, K. E.
Schmude, J. 79, 280 Schnell, R. 73 33, 61 f., 255, 347
Schultz, T. W.
24, 26 f., 43, 45 f., 50
Schumpeter, J.
13, 22 ff., 28, 35
Schutjens, V.
Wagner, J. 39, 61, 79, 246, 247, Waldinger, R. Weber, M. Weber, Max
15, 27 ff., 84, 88, 287
Weitzel, G.
208
17, 57, 73, 99, 156
Wever, E.
Schwartz, E. B.
Whetten, D.
178
29
288
Schwalbach, J. 79
208 15
Schwarz, A.
324
Wiedenmayer, G.
Scott, W. R.
15, 44 f.
Wilken, P. H.
Semlinger, K.
294
Sengenberger, W. Shah, A.
11
50
Shapero, A.
Williamson, O. E. 44, 55 Willis, R. J. 46 Winden, F. A. van
59 f., 259
Sprenger, K. A.
Winter, F. 79 Wit, G. de 50
172
Staber, U.
52, 61, 156, 281, 333
Wloch, E.
Staritz, D.
323
Wolf, W.
Starr, J. A.
117
Steinmetz, G.
11, 322
Stinchcombe, A. L. Stockmann, R.
36, 60, 288
11
Stoner, C. R.
81, 156
Storey, D. J.
13, 37, 39, 61, 92, 99,
105, 167, 249, 281 Swaminathan, A. Szyperski, N.
50
Winship, C. 73
139
Singh, J. V.
34 f., 79
14
Wilsdorf, S. 330
30
Siebenhüner, S. 294, 330 Siegel, I.
34
249 f., 281, 364
44
Schüßler, R.
324
33 f., 36, 48 ff., 69, 125,
292, 310
Schlemper-Kubista, A.
Schreuder, H.
40,208,283
Vortmann, H.
15
Schmoller, G.
Vaessen, P.
259
16, 33, 38, 46, 79, 101,
132, 161 f.
139, 153 174
Wollrab, H. Woywode, M.
288
Wright, E. O.
11,322
Young, F . W .
47
Young, R. C.
58
Ziegler, R.
35, 256
15, 59, 74, 81, 151, 208,
288, 322, 325 f., 330, 353, 355 Zimmer, C.
Thompson, J. D.
139
34, 42, 52
Zucker, L. G. 261 f.
Sachverzeichnis ALLBUS-Erhebungen
83 ff., 326
Alter der Gründer 41 f., 48, 83 f., 116, 125 f., 292, 298 f., 309 f., 314 f., 320, 333 f., 352 Anfangserfolg
354 ff.
Ansprechpartner
Arbeitslosigkeit 12, 32, 40, 86, 142, 155 ff., 268, 278, 325 f., 333, 353 13, 45 f., 140,
Asymmetrische Informationssituation 186 f., 284 Auftragsklumpung
65, 217 ff., 232 f.
Ausländer als Unternehmensgründer 84, 153 ff., 292, 300 f., 310 f., 315, 320, 333, 352 Basismodell betrieblichen Erfolgs 106 ff., 342 ff., 355 ff. Berufliche Stellung der Gründer 86 f., 155 ff., 268 f.
46,
Berufserfahrung der Gründer 50 f., 107, 116, 125 ff., 129 f., 139 ff., 277, 336, 342 ff., 352, 359 Beschäftigtenanteile nach Betriebsgrößenklassen siehe IAB-Betriebspanel Beschäftigtenentwicklung/-dynamik 92, 97 ff., 247 ff., 342 ff., 344 ff., 357 Beschäftigungseffekte der Gründungen 12 f., 203, 243 ff., 341 f. Betriebliche Ansätze
36 ff.
Betrieblicher Wandel
256 ff.
Betriebliches Scheitern siehe Betriebsauflösung Betriebsalter 259
108, 183 f., 249, 254,
94 ff., 266 ff.,
Betriebsauflösungsgründe 266 ff., 301 f. Betriebsbeginn
162 ff.
Arbeitsmarktforschung 144
Betriebsauflösung 347 ff.
37, 94,
94
Betriebsende
94
Betriebspanel
286 f.
Betriebsstillegung siehe Betriebsauflösung Betriebswirtschaftlich-kaufmännische Kenntnisse 47 Bildung der Gründer 46 ff., 85 f., 107, 116, 123 ff., 129 f., 139 ff., 333, 342 ff., 353, 359 Branchen siehe Gründungsbranchen Branchencharakteristika 39, 216 ff., 227 ff., 279 Branchenerfahrung der Gründer 46 ff., 87, 107, 117, 127 ff., 139 ff., 190 f., 240 f., 336, 342 ff., 350, 353, 359 ff. Break-Even-Distanz 92 Carrying capacity Cash-Flow
64, 206
92
Closed-system-models
15
DDR - Politik gegenüber Selbständigen 323 ff. - Wiederaufbau selbständigen Unternehmertums 328 f. Delayed effects
364
Dichteabhängigkeitsmodell Disadvantage-Ansätze Diskriminierung
64 f., 217
30 ff., 82
49, 152 f., 180
Dissimilaritätsindex
145 f.
396
averzeichnis
Durststreckenphase 274, 347
62, 93, 101, 255,
Dynamische Unternehmer 35
13, 24 f.,
Erwerbsstatus der Gründer 333 Ethnic entrepreneurship
86, 156 f.,
29, 47 f., 154
Existenzgründungsprogramme siehe Kapitalausstattung
Economies of scale Effizienz
16, 39
Existenzgründungsseminare
174 f., 183
Existenzgründungsstatistik
163 67
Egozentrierte Netzwerke siehe Netzwerkperspektive Ehe-/Lebenspartner - Emotionale Unterstützung durch
53,
132 ff. - Erwerbstätigkeit des 54, 147, 149, 196 ff. - Mitarbeit
53, 132 ff.
Eigenkapital siehe Kapitalausstattung Eigenkapitalquote siehe Kapitalausstattung Eigenkapitalhilfeprogramm Einheitseffekte
176 f.
112
Einkommen der Gründer
50, 87,
157 ff. Einkommensverbesserung 272 ff.
101 f.,
Ein-Personen-Gründungen 36, 97, 143, 148, 342 Elterliche Selbständigkeit 47 ff., 80, 85, 333 Entrepreneurs
13 f., 105, 200
Entrepreneurship-Forschung
13 f., 43
Environmental grain siehe Umweltkörnung Environmental variability siehe Umweltvariabilität Ereignisdatenanalyse 110, 252 Erfolgseinschätzung, prognostische 18, 32, 44, 58, 61 f., 65 f., 131, 242,
280 Erfolgskennziffern siehe Erfolgsmessung Erfolgsmessung 91 ff., 272 ff., 357 f. Erfolgsprognose siehe Erfolgseinschätzung
Faktorenanalyse 105 Familienstand der Gründer 41, 84 Finanzielle Verluste 172, 268 ff., 286 Finanzierung siehe Kapitalausstattung Finanzierungsprobleme 37, 53 Firmennetzwerke 52, 58 f., 66, 209, 283 Firmenübernahme 37 f., 62, 108, 118, 128 ff., 142 f., 183 ff., 284, 344, 359 ff. Fitness-Sets 230 Fix-Effekt Modell 262 Fluktuationsrate, betriebliche 97, 286 Förderberechtigung 176 ff. Fördereffekt 175, 181 ff. Förderung, staatliche siehe Kapitalausstattung Förderwahrscheinlichkeit 176 ff. Forschungstraditionen - ökonomische
22 ff., 36, 65 f.
- soziologische 27 ff., 36, 65 f. Franchising 38, 62, 209 f., 279 Frauen als Unternehmerinnen 83, 138 ff., 178 ff., 193, 197 f., 278, 292, 298, 308, 314, 319 f., 333, 344, 357, 361 Frauentypische Branchen 149 ff.
143 ff.,
Free-riding 192 Fremdkapital/-mittel siehe Kapitalausstattung Führungsprobleme 148, 153 Geist des Kapitalismus 12, 27 ff., 88 Generalisierbarkeit der Befunde 77 f.,
282
averzeichnis Generalisten-Strategie 228 ff.
63, 199 ff.,
Geschäftslage, Geschäftserwartung siehe Konjunkturbarometer Geschäftspartner siehe Partnergründungen Geschäftsraumerweiterung
100 f.,
259 ff., 272 ff., 357 Geschlecht der Gründer siehe Frauen 68 ff., 94,
Gewerbeabmeldung 266 ff., 326 f.
Gewichtung der Stichprobe
73, 93
39, 88 f., 93, 101
Gewinnerzielung
101, 272 ff., 336
Gewinnorientierte Gründungen Gibrats Modell
IAB-Betriebspanel 328 Income substitutors 105, 200, 203 Individualisierung 15, 286 Industrial organization siehe Industrieökonomik Industrieökonomik 15 f., 39, 79, 216 f. Inkubator-Betriebe 40, 81 Innovationswettbewerb 39, 218 ff. Innovative Gründungen 56 f f „ 200 ff., 207, 229 f., 247
67 ff., 94, 326 f.
Gewerbeanmeldung Gewinn
397
200 ff.
250,252
Great-Man-Konzeptionen
35
Kapitalaufstockung 272 ff., 357
101, 259 ff.,
Kapitalausstattung - Bankkredite
152 f., 168, 341
- Eigenkapital
168, 172
- Eigenkapitalquote
169 ff., 341
Gründerinnen siehe Frauen
- Fremdkapital
Gründungsaktivität
- Staatliche Förderung 344, 350, 353
Gründungsboom
32, 79 ff., 281 f.
294, 326
Gründungsbranchen
68, 110, 119 f.,
143 ff., 169 f., 219 ff., 234 ff., 279, 291, 296, 305, 311 ff., 319, 336 ff., 344, 350, 356, 359, 363 Gründungsgröße siehe liability of smallness Gründungsidee
37, 56 ff.
132, 168, 172, 341 174 ff., 326,
- Startkapital 48, 62, 108 f., 118 f., 128 ff., 142 f., 168 ff., 255 ff., 340 f., 359 Kapitalintensität Kapitalismus
39
12, 27 ff.
Kapitalstrukturregel, vertikale Kohortenstudie/-design
68, 74
Gründungskonzeption
27, 37
Kohortenvergleich
Gründungsmotivation
27 ff., 79 ff.,
Kompensationshypothese
200 f., 333 ff. Gründungsvorbereitung
288 ff., 367 55
Konfessionszugehörigkeit der Gründer 160 ff.
27 ff., 84
Handelsregisterfirmen siehe Rechtsform
Konjunkturbarometer
Handwerksgründungen
Konkurrenzintensität
67 f., 282,
330 ff., 344, 346 ff., 350, 356 ff. Hausfrauengründungen
172 f.
Kleingewerbebetriebe siehe Rechtsform
156 f., 197
Herkömmliche Gründungen 200 ff., 207, 229 f. Humankapitaltheorie 19, 24, 43, 45 ff., 66, 106, 116, 122 ff., 166, 189, 278, 281, 283, 355
289 f., 292,
317 f., 320, 351, 357, 365 39,206,211,
216 ff., 317 Kontingenztheorien Konzentration
15, 35, 44 f.
12, 16, 39, 216 ff.
Kredite siehe Kapitalausstattung K-Strategie
63 f.
Kulturelle Ansätze Kundenkreis
29 f., 40
212 ff.
398
averzeichnis
Kundenkreisänderung
218 ff.
Leadership-Forschung
34
Lebenszyklus-Modelle
15, 43
Mobilitätsforschung
14 f.
Modell eines zentralen Akteurs Momentum-These
Münchner Gründerstudie
Leipzig als Untersuchungsregion
- Adressenaktualisierung
331 f.
- Ausschöpfungsquote
Leipziger Gründerstudie Leistungsmotivation Leitungswechsel
330 ff.
- Grundgesamtheit
30 ff., 34 f.
- Stichprobe
260 ff.
Lernprozeß/-effekte
47, 117, 161, 270
Liability 61 ff., 96, 253 ff.,
- of newness 60 ff., 107 f., 118, 184 f., 209, 253, 258 f., 303, 307, 344, 347, 355, 359 - of smallness 62 f., 108 f., 118 f., 194, 199, 254, 270, 282, 307, 355 Lieferantenkreis
58, 212 ff.
Likelihood-Ratio-Test Liquiditätsprobleme Lock-in-Effekte
149, 236, 238 f. 37, 267 ff.
212
Log-logistisches Modell Lokale Marktorientierung
177, 180 ff.
Nationalität siehe Ausländer Nebenerwerbsgründungen 109, 147, 134 ff., 336 Netzwerk-Erfolgshypothese 131, 134 ff. Netzwerkperspektive 19, 43, 51 ff., 66, 122, 131 ff., 279, 281, 283, 331, 355 Neulingssterblichkeit siehe liability of newness Normbetrieb
63, 228, 230 ff. 112
Oberbayem als Untersuchungsregion 67 ff., 75 ff., 282 Ökologischer Fehlschluß
Marktcharakteristika siehe Branchencharakteristika Marktdynamik 218 ff., 232 f. Markteintrittskosten/-barrieren 39, 211, 216 f. Marktetablierung siehe Turbulenzindikator Marktkonkurrenz siehe Konkurrenzintensität Maximum-Likelihood-Methode
111 f.
317
Minimalistische Organisationen 194, 211 Minoritäts-Majoritäts-Effekte
63, 149 ff.
Minoritäts-Majoritäts-Hypothesen Mitnehmereffekte
291 ff.
200 ff.
Managementerfahrung der Gründer siehe Vorgesetztenerfahrung
Meldequote
72 ff.
67 ff., 330 ff.
Nischentheorie 111, 252 f.
69 ff.
67 ff.
Münchner Kohortenstudie Nachteilsausgleich
- of adolescence 303, 347
189
259
174, 183
28
OLS-Regression
48
112, 129, 247,
250 ff. Open-system-models 15, 45 Opportunistisches Verhalten 55 f., 58,
186, 212 Opportunitätshypothese 195 Organisationsforschung siehe Organisationssoziologie Organisationsökologischer Ansatz 15, 19, 35, 45, 59 ff., 79, 96, 106, 199, 202, 205, 209, 217, 228, 230 ff., 242, 257 ff., 281 ff., 286, 355 f. Organisationspopulation 60 Organisationssoziologie 15, 34 ff. Organizational ecology siehe organisationsökologischer Ansatz
averzeichnis Organizational imprinting 36 f., 288 ff. Organizational slack 230 Ost-West-Vergleich 322 ff.
Risiko, unternehmerisches 284
94 ff., 110, 303, 347
Risikoneigung
81
63 f.
330, 367
Panel-Modelle
248
Partnergründungen 37 f., 109, 137, 188 ff., 338 Personenzentrierte Ansätze 14, 33 ff., 42, 78 Planung siehe Gründungsvorbereitung Preis Wettbewerb
Saisonschwankungen 63, 65, 217 ff. Scheinanmeldungen/-gründungen 74, 293 Schichtung der Stichprobe 68 ff. Schichtzugehörigkeit der Gründer 84 Schneeballeffekte
218 ff.
Probitmodell - binomiales
Screening-Prozeß
111 f.
- bivariates
Produktionsfunktion
26, 44
Produktivitätseffekte von Humankapital 49, 51, 128, 278 Protestantische Ethik Prozenteffekte
27 ff.
111
Prozeßproduzierte Gewerbemeldedaten 67 ff., 94, 96 115,120,342
Psychologische Ansätze Push-pull-Ansatz
42
81 f., 142
Qualitätswettbewerb
218 ff.
Qualitative Studien 283 f.
322 ff., 328
Selbständigkeit - als rationale Entscheidung 80 f., 281, 283
31 f.,
- Alternativen zur
80 f., 195 f.
- Bereitschaft zur
324 ff.
- Renaissance 11, 322 Selbständigkeitserfahrung der Gründer 46 ff., 80, 87, 107, 117, 129 f., 139 ff., 270, 336, 342, 353, 359, 363 Selbständigkeitsgrad einer Gründung 37 f., 62, 209 ff., 340 Selektionseffekte von Humankapital 49 ff., 117, 128 ff., 278 Senkrechtstarter Soziale Sicherung
Random-Walk-Modell 61 Ratgeber-Literatur 16, 33, 161, 188 Rationale Anpassung 256 ff. Rechtsform 68, 73, 109, 118 f., 128 ff., 142 f., 292, 296, 305, 313, 319, 338, 344, 359 ff. Rechtsformänderung 260 ff., 267 f. Regionale Ansiedlung 77, 79, 205 ff., 279, 292, 297, 308, 313, 319, 338 Ressourcen-Abhängigkeits-Ansatz 35, 44 f. Ressourcen-Teilungs-Modell 63, 217, 224, 228, 230
163 ff.
49
Selbständigenquote
113
14,
53, 185
Schriftliche Planung
Pseudo-R2
22 f., 172,
Risikofunktion r-Strategie
Paneldesign
399
Sozialkapital
98 f., 284 ff., 357 89 f., 284 f.
43, 51, 61, 79 ff., 279
Soziodemographische Merkmale der Gründer 41 f., 82 ff., 122 Spezialisten-Strategie 63, 199 ff., 228 ff. Spin-off-Gründungen 58 f. Staatliche Förderung siehe Kapitalausstattung Standort 40 Standortveränderung 259 ff. Startkapital siehe Kapitalausstattung Statische Theorien der Unternehmung 44
400
averzeichnis
Sterberate, betriebliche 94 ff., 110 f. Sterbetafelanalyse 94, 306, 308 f., 345 Stichprobenauswahl-Problem 113 Strategien, betriebliche 63 f., 199 ff. Strong ties 54, 133 ff. Strukturwandel, wirtschaftlicher 12, 97, 203, 286 Subsistenzorientierte Gründungen 105, 200 ff. Subunternehmer 209,211 Success stories 105 Survivor-Betriebe 17, 57, 98, 113 Survivor-Bias 5, 17, 20, 67, 113 f., 139, 175
Umfeldbezogene Ansätze Umsatzentwicklung Umsatzrendite
92
Umweltkörnung
Überlebensfunktion 94 f., 302, 345 f. Überlebenswahrscheinlichkeit 93 ff. Überregionale Marktorientierung 200 ff.
63, 65, 217, 230 ff.
Umweltvariabilität
63, 65, 217,
230 ff. Untemehmenskonzentration siehe Konzentration Unternehmerfunktionen 22 ff. Unternehmerinnen siehe Frauen Unternehmerische Einstellungen 28, 88 ff., 159 f., 284, 325 Verallgemeinerbarkeit der Befunde siehe Generalisierbarkeit Vergleichsstudien
Teamgründungen 190 ff. Theoriedefizit 18, 20, 65, 281 Theorien der Unternehmensentwicklung 43 f. Token-These 149 ff. Trägheit, strukturelle 60 f., 257, 264 f., 286 Traits-Ansätze 35 Transaktionskostenansatz 19, 44, 55 ff., 66, 186, 192, 204, 209, 212, 215 f., 281, 283, 355 Turbulenzindikator 246, 326 f., 352
38 ff.
92, 99 f., 357
Verhaltensansatz Vielgründer
17, 78, 287 278
117
Vollerwerbsgründungen
101, 109,
147, 194 ff., 345, 350, 353 Vorbereitungsaktivitäten 162 ff., 278 f., 336, 344, 350, 353 Vörbereitungsdauer 163 ff. Vorgesetztenerfahrung der Gründer 50, 87, 107, 117 f., 129 f., 139 ff., 336, 344, 350, 353, 359, 363 Weak ties 53 f., 133 ff. Wettbewerbsdruck siehe Konkurrenzintensität Wiederholungsabsicht 102, 272 ff. Wirtschaftszweige siehe Gründungsbranchen