Der Einsatz der Bundeswehr im Innern: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatlichen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen [1 ed.] 9783428511181, 9783428111183

Spätestens seit dem 11. September 2001 wird darüber nachgedacht, ob die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutsc

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German Pages 468 Year 2004

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Der Einsatz der Bundeswehr im Innern: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatlichen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen [1 ed.]
 9783428511181, 9783428111183

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 943

Der Einsatz der Bundeswehr im Innern Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatlichen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen

Von Jan-Peter Fiebig

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JAN-PETER FIEBIG

Der Einsatz der Bundeswehr im Innern

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 943

Der Einsatz der Bundeswehr im Innern Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatlichen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen

Von Jan-Peter Fiebig

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11118-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

In Erinnerung an Joachim Burmeister

Vorwort Diese Arbeit wurde im Jahr 2002 von der Juristischen Fakultät der Universität zu Köln als Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde angenommen. Sie wurde im wesentlichen bis April 2002 erstellt und berücksichtigt darüber hinaus einschlägige Veröffentlichungen bis Februar 2003. Sie wurde zunächst von Prof. Dr. Joachim Burmeister betreut, welcher an der Auswahl des ursprünglich jegliche Verwendungen der Streitkräfte im Inneren umfassenden Untersuchungsgegenstandes wesentlichen Anteil hatte. Den Abschluß ihrer Realisierung erlebte Prof. Dr. Burmeister nicht mehr. Er verstarb im September 1999. Dieser Verlust war und ist schmerzhaft für alle, die ihm nahestanden. Die Betreuung der Arbeit wurde ab Sommer 2000 von seinem Fakultätskollegen Prof. Dr. Otto Depenheuer weitergeführt. Für dieses Entgegenkommen, die immer professionelle und zuverlässige Betreuung sowie die überaus zügige Durchsicht und Begutachtung der Dissertation gebührt diesem besonderer Dank. Herrn Prof. Dr. Michael Sachs danke ich für die zeitnahe Korrektur und die Erstellung des Zweitgutachtens. Seine Beteiligung am Verfahren hatte für mich auch symbolische Bedeutung, da er Prof. Dr. Burmeister als Lehrstuhlinhaber nachfolgte. Für eine intensive Durchsicht der seit dem 11. September 2001 vorrangig auf terroristische Bedrohungen fokussierten Arbeit vor der Einreichung in das Promotionsverfahren danke ich meinem Freund Erik Hansalek. Meiner Ehefrau Elena sei Dank für ihre Liebe, Zuneigung und Wärme sowie ihre Geduld und ihr Verständnis in einer nicht immer leichten Zeit. Der umfassendste Dank gilt meinen Eltern: Sie haben mich immer gefördert und mir ohne große Forderungen die Verfolgung meiner selbstgewählten Ziele ermöglicht. Während der Zeit der Fertigstellung dieser Arbeit nach dem Assessorexamen haben sie mir neben emotionalem Rückhalt und Zuwendung auch die wirtschaftliche Freiheit gegeben, mich voll auf die Arbeit zu konzentrieren. Mein Vater hat zudem die Veröffentlichung entscheidend gefördert. Köln, im April 2003 Jan-Peter Fiebig

Inhaltsverzeichnis 1. Teil: Einleitung

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A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Diskussion in den 90er Jahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Aktuelle Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 D. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 E. Gang der Untersuchung und Literaturlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe A. Begriff der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhaltliche Ausfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehungsgeschichtlicher Beleg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abgrenzung der über die Bundeswehr im engeren Sinne hinausgehenden Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtspflege der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Militärseelsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bundeswehrverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Territoriale Wehrverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rüstungsverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwaltung in der Truppe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Reform der Bundeswehrverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 39 40 43 44 44 45 46 48 49 50 51 51

B. Begriff der Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 C. Notstandsbezogene Begriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Teil: Problematische Situationen und zu untersuchende Verwendungen

55

A. Großveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 B. Terroristische Bedrohungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

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Inhaltsverzeichnis 4. Teil: 63

Zulässigkeit als schlichte Verwendung A. Begriff der Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Theoretische Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In bezug auf Zwecke der Wehrverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In bezug auf Zwecke der Notstandsverfassung . . . . . . . . . . . . . . c) In bezug auf Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG. . . . . . . . . . . . . . . VII. Bedeutung der Anforderung durch ein Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . .

65 65 67 68 69 72 78 78 80 80 90 93 97 98

B. Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Militärisches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung der Fälle „ausdrücklicher Zulassung“ . . . . . . . . . . . . . . . . a) Negative Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Positive Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subjektive Zwecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überprüfung aufgrund objektiver Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zwecke des historischen Verfassungsgesetzgebers . . . . . . . . bb) Objektive Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Jede Verwendung als Einsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweckgerechtes Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kein Ausschluß einschränkender Kriterien aufgrund Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wesensmerkmale der Einsatznormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwehr von seitens einer Armee drohenden Gefahren . . . .

106 106 111 113 115 118 119 120 121 123 124 125 125 125 126 127 133 138 138 145 145 148 150

Inhaltsverzeichnis

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(1) Nichterfassung unproblematischer Verwendungen . . . . . (2) Erfassung der Bundeswehr i. e. S. als innerstaatliches Gewaltpotential. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ursachen der inneren Machtrelevanz der Bundeswehr i. e. S.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ungeeignete Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Obrigkeitliche Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Unterstützende Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Unterstützendes Potential als Machtpotential? . . . . . . . . dd) Trennung von Polizei und Streitkräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Bundeswehr i. e. S.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sonstige Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarkeit mit den Ergebnissen der übrigen Auslegungsvarianten VII. Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Auslegungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Anwendung auf die Problemsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Großveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur-Verfügung-Stellen von manpower und Gerät zu rein tatsächlichen Arbeits- und Dienstleistungen in der Vorbereitungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeiten in der Ausführungsphase mit geringem Gewaltpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Tätigkeiten zur Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Show of force ohne Auftrag zur Gewaltanwendung. . . . . . . . . . . . e) Verwendung militärischer Führer bei Vorbereitung und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Führung von unmittelbar obrigkeitlich handelnden Kräften. bb) Vorbereitende Tätigkeit in Planung und Organisation durch den entscheidenden militärischen Führer . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorbereitende Tätigkeit in Planung und Organisation durch andere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beratende Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Terroristische Bedrohungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Abwehr von terroristischen Bedrohungen. . . . . . . . b) Folgenbekämpfung bei erfolgreichem terroristischem Anschlag. aa) Problem unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte neben schlicht-hoheitlicher Streitkräfteverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendung des Gedankens der Unterstützung unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte . . (2) Auswirkungen auf Machtpotentiale im Inneren . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (3) Relevanz für das Machtpotential über den Gedanken der Kräftekonfiguration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Tatsächliche Auswirkungen für die Kräfteverhältnisse im Inneren auch durch nur potentielle unmittelbar obrigkeitliche Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Berücksichtigung der jederzeitigen Möglichkeit unmittelbar obrigkeitlichen Vorgehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Schlußfolgerungen für den Einsatzbegriff . . . . . . . . . . . . (a) Notwendigkeit einer Modifikation. . . . . . . . . . . . . . . (b) Unmittelbares oder mittelbares Ermöglichen der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit Dritter . . . . . . (c) Notwendige Restriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterstützung bei repressiver und sonstiger Polizeitätigkeit . . . . d) Verwendung militärischer Führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung A. Begriff der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Meinungsstand und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art. 79 WRV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. 87a GG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweiter Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses der 2. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode und Benda-Entwurf . . . . . . . 3. Materialien aus der 5. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Materialien aus der 2. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bezug zu Art. 73 Nr. 1 GG u. a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bezug zu Art. 115a Abs. 1 GG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bezug zu Art. 79 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bezug zu den ausdrücklichen Zulassungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problem der Existenz von Art. 87a Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verkehrsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz ziviler Objekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Als Teil des Verteidigungsauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210 211 211 215 220 220 222 223 223 225 227 228 230 230 231 233 235 236 236 237 238 239 240

Inhaltsverzeichnis

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(2) Als besondere Befugnis aufgrund ausdrücklicher Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bezug zum Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Bezug zu Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefahrenabwehr nach außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefahrenabwehr nach innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Bändigung“ der Armee im demokratischen Rechtsstaat. . . . . . . . . . a) Entwicklung zu einem Staat im Staate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mißbrauch der Bundeswehr i. e. S. gegen den demokratischen Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mißbrauch der Bundeswehr i. e. S. in innerstaatlichen Auseinandersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mittel zur Abwehr der seitens der Armee drohenden Gefahren als Unterzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Trennung von Polizei und Militär. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schutz der getroffenen vertikalen Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . 6. Gewährleistung des Auftrags zur äußeren Verteidigung. . . . . . . . . . . 7. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Gewichtung der Ziele und Abwägung unter Berücksichtigung der übrigen Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Vereinbarkeit mit den Ergebnissen der anderen Auslegungsmethoden . VIII. Auslegungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendung auf die Problemsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gefahren mit reinem Innenbezug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gefahren auch mit Bezügen nach außen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lösungsansatz mittels Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestätigung durch die Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis und weitere Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung der konkreten Streitkräfteeinsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gefahren für Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Problematische Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Problembewältigung anhand der Normzwecke. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewichtung der Ziele und Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Praktische Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . .

240 242 243 249 255 256 256 256 258 258 259 261 262 264 265 266 267 267 273 273 274 276 277 278 278 280 280 281 286 288 298 298 299 301 305 308

C. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

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Inhaltsverzeichnis 6. Teil: 315

Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung A. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 3 GG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gemeinsame Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verteidigungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spannungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ergebnis zu Art. 87a Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

315 316 316 318 320

B. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 I. Bundeswehr i. e. S. als Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 C. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 I. Erfordernis eingetretenen Schadensereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 D. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 E. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 F. Zulässigkeit nach Art. 37 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 G. Zulässigkeit nach Art. 91 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Drohende Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutzgut. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestand des Bundes oder eines Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subsumtionsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hinterfragen der herkömmlichen Verständnisweise . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Drohende Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bestand des Bundes oder eines Landes . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entstehungsgeschichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Systematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bezug zum einfachen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bezug zu Art. 87a Abs. 2 und Art. 91 GG. . . . . . . . . . . . . . .

332 333 334 335 336 336 338 341 344 344 344 345 347 348 349 349 359 360 362

Inhaltsverzeichnis cc) Kein Verständnis als schlichte oder quantitativ gesteigerte Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bezug zu den Normen des verfassungsimmanenten Verfassungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Bezug zu Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . ff) Bezug zu Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Relevante Zwecke und deren Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewichtung der Ziele und Abwägung unter Berücksichtigung der übrigen Auslegungsmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Konkretisierung und Anwendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Absicherung von Großveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Angriff auf wirtschaftliche Entscheidungsträger . . . . . . . . . . bb) Schutz von Politikern und Regierungsmitgliedern. . . . . . . . . cc) Angriffe auf große Menschenmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Konkretisierung hinsichtlich der Freiheitlichen demokratischen Grundordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwehr sonstiger terroristischer Bedrohungen. . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selbstmordattentate, z. B. auf Reichstag oder Frankfurter Messeturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Angriffe auf Kernkraftwerke o. ä. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Andere Angriffsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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363 364 366 366 369 370 370 375 379 379 380 383 386 387 390 390 392 394 397

7. Teil: Sonstige Rechtfertigungsansätze

402

A. Ansatz des BVerfG im Urteil vom 12. Juli 1994. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 B. Verfassungswandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 C. Über-/Außerverfassungsrechtlicher Notstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 D. Rechtsfortbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 8. Teil: Schlußteil

412

A. Zusammenfassung konkreter Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 B. Schluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 C. Abstrakte Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

1. Teil:

Einleitung Es sind über dreißig Jahre vergangen, seit in der 5. Wahlperiode des Deutschen Bundestages während der Regierungszeit einer „Großen Koalition“ aus CDU/CSU und SPD die sog. Notstandsverfassung 1 in das Grundgesetz eingefügt wurde und am 28. Juni 1968 in Kraft trat.2 Zur Notstandsverfassung gehören auch diejenigen Verfassungsvorschriften, die sich mit jenen Extremsituationen staatlicher Existenz befassen, die üblicherweise unter dem Schlagwort des Inneren Notstandes zusammengefaßt werden.3 Im seitdem verstrichenen Zeitraum wurde von den in diesem Zusammenhang geschaffenen Kompetenzen aufgrund der Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3 GG selten4 und von derjenigen aufgrund Art. 87a Abs. 4, 91 GG niemals Gebrauch gemacht.5 Dies ist abgesehen von dem Umstand, daß es sich um 1 Auf die Mißverständlichkeit dieses Begriffs weist H.-J. Rungweber, Einführung, III, mit Recht hin, weil er die Vorstellung hervorrufen kann, daß im Falle des Ausnahmezustands die Geltung der Normalverfassung endet und für den Zeitraum des Bestehens existentieller Gefahren eine neue Verfassung Gültigkeit erlangt; unter Berücksichtigung der Gefahr der unzulässigen Aufsplitterung der einheitlichen Verfassung in „besondere Verfassungen“ soll der Begriff Notstandsverfassung in dieser Arbeit lediglich aus Gründen der Vereinfachung als sprachliche Zusammenfassung derjenigen Normen des GG benutzt werden, die sich ihrem Regelungsgegenstand nach auf die Gefahren beschränken, die den Bestand des Staates und seine Grundordnung in Frage stellen oder mit den normalen Mitteln der ländereigenen Gefahrenabwehr nicht abgewehrt werden können; vgl. M. Bartke, 80 f. 2 17. Gesetz zur Änderung des GG vom 24.6.1968 (BGBl. I S. 709), verkündet am 27.6.1968 und am darauffolgenden Tag nach Art. 2 des Gesetzes inkraftgetreten; eingefügt wurden die Art. 9 Abs. 3 S. 3, 12a, 19 Abs. 4 S. 3, 20 Abs. 4, 35 Abs. 2 und Abs. 3, 80a; geändert wurden die Art. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 12, 73 Nr. 1, 87a, 91; aufgehoben wurden die Art. 59a, 65a Abs. 2, 142a, 143 a. F. 3 Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3, 87a Abs. 4, 91 GG. 4 November 1972: Beseitigung von Sturmschäden in Niedersachsen. August 1975: Waldbrände in der niedersächsischen Lüneburger Heide. Januar 1976: Flutkatastrophe an der norddeutschen Küste. Mai 1978: Überschwemmungen in Süddeutschland. Jahreswechsel 1978/79: Schnee- und Hochwasserkatastrophe in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Jahreswechsel 1993/94: Hochwasser an Rhein und Mosel. Sommer 1997: Hochwasserkatastrophe im Oderbruch. Juni 1998: ICE-Unglück im niedersächsischen Eschede (weitere vergleichbare Verwendungen bei H. Meyer-Truelsen, BWV 1983, 73 [76]).

18

1. Teil: Einleitung

Vorschriften für die Bewältigung des Not- und Ausnahmezustandes handelt, der seiner Natur entsprechend nicht häufig oder gar regelmäßig aufzutreten pflegt, auf die mit Rücksicht auf rechtsstaatliche Erfordernisse und die Erfahrungen der Vergangenheit gewählte, ausgesprochen restriktive Regelung zurückzuführen, die der innere Notstand im GG aufgrund der sog. Notstandsnovelle 1968 erfahren hat. Daß die Kompetenzen im inneren Notstand bisher so selten zur Anwendung kamen, ist auch auf die Gewissenhaftigkeit zurückzuführen, die der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1968 bei der damaligen Grundgesetzänderung6 walten ließ. Es verwundert nicht, daß gerade den rechtsstaatlichen Absicherungen dieser Befugnisse gegen leichtfertige oder mißbräuchliche Anwendung intensive Aufmerksamkeit zuteil wurde. Denn gerade die Furcht vor einem Mißbrauch der erweiterten hoheitlichen Befugnisse des Staates unter Einsatz von „Polizeikräfte[n] [. . .], Kräfte[n] und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte“7 war es, die die mehr als ein Jahrzehnt währende Auseinandersetzung um die Hinzufügung einer Regelung des Ausnahmezustandes zur Verfassung der Bundesrepublik prägte und die Erzielung eines Konsenses so außerordentlich schwierig und deshalb langwierig werden ließ.8 5

P. Eichhorn, 175. Die GG-Novelle erlangte unter dem Schlagwort Notstandsverfassung umstrittene Berühmtheit; zum Gesetzgebungsverfahren: Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (nach dem damaligen BMVg benannter sog. Lücke-Entwurf): BTDrucks. 5/1879; von der Fraktion der FDP eingebrachter Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall: BTDrucks. 5/2130; 1. Beratung Regierungsentwurf und Ausschußüberweisung: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 117. Sitzung, 29.6. 1967, 5856C; fünf Öffentliche Anhörungen des Rechts- und Innenausschusses am 9. und 16.11.1967 („Die Notwendigkeit und der Umfang einer Grundgesetzergänzung für den Notstandsfall“), am 30.11.1967 („Der innere Notstand und der Katastrophennotstand“), am 7.12.1967 („Rechtsvergleichende Darstellung des ausländischen Notstandsrechts“) sowie am 14.12.1967 („Sicherstellung des Arbeitskräftebedarfs zur Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte für den Zustand der äußeren Gefahr“): Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, Nr. 55, 57, 59, 60 und 62; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses über die Entwürfe – nunmehr: Entwurf eines 17. Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes –, BTDrucks. 5/2873; 2. Beratung Regierungsentwurf inkl. Annahme mit Änderungen gem. Ausschußantrag: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 174. Sitzung, 15.5.1968, 9313A, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9413C; 3. Beratung Regierungsentwurf: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 178. Sitzung, 30.5.1968, 9606D ff.; Zustimmung des Bundesrats: Verhandlungen des Bundesrats, 1968, 308. Sitzung, 14.6.1968, 138 ff. 7 So die Formulierung in Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG. 8 Ein Grund für die lange Dauer war sicher, daß die Einfügung der Notstandsverfassung von manchen als „das wichtigste verfassungspolitische Problem [. . .], das in der Bundesrepublik seit Erlaß des Grundgesetzes aufgetreten ist“, angesehen wurde, 6

A. Problemstellung

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A. Problemstellung Die nach dem II. Weltkrieg beginnende und während Aufbau und Entwicklung der Bundeswehr bis in die 80er Jahre vor allem von der OstWest-Konfrontation9 zwischen nordatlantischem Bündnis10 und von der UdSSR geführtem Warschauer Pakt geprägte Periode des sog. Kalten Krieges ging als sicherheits- und verteidigungspolitische Epoche vor mehr als einem Dezennium mit dem für jeden erkennbaren Symbol der deutschen Wiedervereinigung zu Ende.11 Nach diesen sicherheitspolitischen Umwälzungen bestand die zuvor gegebene klare externe Bedrohung nicht mehr,12 die die Existenz der Bundeswehr (und die hohen Kosten ihrer Unterhaltung13) für jedermann offensichtlich gerechtfertigt hatte.14 Nun herrschte vgl. Schäfer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 72; hierbei soll natürlich nicht übersehen werden, daß schon bei Schöpfung des Grundgesetzes 1949 Ansätze einer Regelung des Notstandes in Art. 91 GG vorhanden waren und Art. 143 GG a. F. seit 1956 zumindest eine negative Regelung enthielt; diesbezüglich waren einige der Auffassung, Art. 91 GG hielte genügend Mittel bereit, um jedweden Notsituationen mit Aussicht auf Erfolg begegnen zu können, vgl. A. Hamann, DVBl. 1958, 405 (406 f.); andere warnten vor einer befürchteten Unzulänglichkeit, die „den verantwortlichen Organen keine andere Möglichkeit lasse als die, sich über das Recht hinwegzusetzen“ und auf ein behauptetes ungeschriebenes Notrecht zurückzugreifen, vgl. K. Hesse, JZ 1960, 105 (106); H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 21, 166; U. Scheuner, 319; Bernhardt, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 23. 9 Vgl. dazu H.-W. von Hülsen, 11 (17 ff.); S. J. Lang, 5, Fn. 17; N. Wiggershaus, 35 ff. 10 Gemeint ist die Nordatlantische Vertragsorganisation (NATO = „North Atlantic Treaty Organisation“) bestehend aus Belgien, der Bundesrepublik, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Türkei, USA; gegründet am 4.4.1949 in Washington, D.C.; Beitritt der Bundesrepublik durch Vertragsgesetz v. 24.3.1955, BGBl. II S. 256, wobei die Verträge am 5.5.1955 in Kraft traten; weiterführend zur NATO: M. Schultz, 44 ff. oder S. J. Lang, 45 ff., sowie zu deren Entstehung V. Heise, 169 ff. 11 Dies manifestierte sich in der Auflösung des Warschauer Paktes am 1.4.1991 und dem Zerfall der UdSSR, der Entstehung demokratischer Rechtsstaaten in Osteuropa und der Öffnung der NATO nach Osten; mittlerweile sind die ersten mittelosteuropäischen Staaten von der NATO aufgenommen worden. 12 Vgl. S. J. Lang, 6. 13 Vgl. Einzelplan 14 des Bundeshaushalts, welcher 2001 einen Umfang von 46,862 Mrd. DM hatte; 1990, im Jahr der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Übernahme der ehemaligen Nationalen Volksarmee, hatte der Verteidigungshaushalt seinen Höchststand mit einem Volumen von 57,535 Mrd. DM. 14 Hierbei soll nicht darüber hinweggetäuscht werden, daß der Wegfall des „großen“ Konflikts Ost-West Raum gegeben hat für den Ausbruch zuvor kleingehaltener oder unterdrückter kleinerer regionaler Konflikte, die die Entwicklung einer fried-

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1. Teil: Einleitung

Einigkeit darüber, daß Deutschland zum ersten Mal in seiner Geschichte allein von Freunden und Verbündeten umgeben war und zudem nicht mehr in der Reichweite einer zu strategischer Offensive und Landnahme befähigten Militärmacht liegt.15 Gleichwohl umfaßte der Auftrag der Bundeswehr zu diesem Zeitpunkt für das bundesrepublikanische Staatswesen vitale Aufgaben, weshalb ihre Existenz weiterhin sinnvoll und notwendig war. Unstreitig wurden durch den Wegfall des Ost-West-Konflikts militärische Kapazitäten frei, über deren sinnvolle Verwendung die Politik schon allein deshalb nachdachte, um die Existenz der Bundeswehr gegenüber Gruppen im Volk zu legitimieren, die nunmehr eine „Friedensdividende“ forderten.16 Daß ein Machtmittel wie die Bundeswehr nicht darauf angelegt ist, permanent zum Einsatz zu gelangen, und es den Zweck der Abwehr von außen drohender Gefahren sogar besonders gut erfüllt, wenn allein seine Existenz und Funktionsfähigkeit einen potentiellen Aggressor von feindseligen Handlungen abhält, schien der Mehrheit der Bevölkerung nicht einfach zu vermitteln zu sein. Was genau der Auftrag der Bundeswehr alles beinhalten sollte, war – verglichen mit den zurückliegenden Jahrzehnten – jedoch offener als zuvor. Da seitens der militärischen Bündnispartner und der internationalen Gemeinschaft wegen der durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten erlangten vollständigen Souveränität in zunehmendem Maße Erwartungen im Hinblick auf eine deutsche Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen (VN)17 und der NATO an die deutschen Außen- und Sicherheitspolitiker herangetragen wurden,18 lichen „Neuen Weltordnung“, wie sie der ehemalige US-Präsident G. Bush sr. angekündigt hatte, bis jetzt verhindern. 15 Vgl. K. Naumann, Europäische Sicherheit 7/1995, 10; O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 71; ähnliche Einschätzung von H. A. Jacobsen, in: V. Löwe, 2. 16 Mancher Bürger gelangte zur Überzeugung, daß man sich in Zeiten knapper Haushaltsmittel, daraus folgenden „Sparpaketen“ und verzweifelten Anstrengungen zur Erfüllung oder Einhaltung der sog. Konvergenzkriterien für die Teilnahme an der Währungsunion und der Einführung des Euro ein scheinbar nutzloses „staatliches Spielzeug“ bzw. „Statussymbol“ wie die Bundeswehr nicht leisten könne; die Kurzsichtigkeit solcher und vergleichbarer Argumente ist evident. 17 Die Vereinten Nationen (UNO = United Nations Organisation) wurden am 26.6.1945 in San Francisco durch Unterzeichnung der Satzung der Vereinten Nationen (SVN; auch UN-Charta) gegründet, welche am 24.10.1945 in Kraft trat; die Bundesrepublik trat 1973 als Vollmitglied bei, Gesetz v. 6.6.1973, BGBl. II S. 430; weiterführend zur UNO: O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 11 ff.; S. J. Lang, 34 ff.; M. Schultz, 39 ff. 18 Vgl. O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 72; zu US-amerikanischen Wünschen in dieser Richtung N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 2, Fn. 5; schon während des II. Golfkriegs wurde von amerikanischer Seite der Wunsch nach einem militärischen Beitrag der Bundesrepublik vorgetragen, vgl. N. K. Riedel, ZRP 1991, 5.; diese Forderungen sind u. a. Konsequenz eines gestiegenen Personalbedarfs seitens der VN aufgrund der Zunahme von Peacekeeping-Operationen, die dazu führte,

A. Problemstellung

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wurde in dieser Richtung die Fortentwicklung des Auftrags der Bundeswehr betrieben.19 Aufgrund des Primats der Politik, welches unter dem GG für die Streitkräfte umfassend gilt, war zunächst politisch festzulegen, welche Aufgaben der Auftrag der Bundeswehr künftig umfassen sollte. Über die politische Frage nach dem Auftrag der Bundeswehr war bereits seit 1987 in Regierung und Parteien nachgedacht worden, und dementsprechende Diskussionen20 wurden auf der Grundlage interner Untersuchung der verfassungsrechtlichen Problemstellung zu einem – zumindest vorläufigen – Abschluß gebracht, was darin deutlich wurde, daß der Auftrag der Bundeswehr, wie er vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)21 an verschiedensten Stellen geäußert wird,22 deutliche Modifizierungen erfahren hat:23 Augenfälligste Neuerung war die Erweiterung des Bundeswehrauftrages durch die Möglichkeit von Einsätzen „out of area“ und „out of region“,24 also von Einsätzen im Ausland, die nicht der Landes- oder Bündnisverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Allianz dienen.25 Dies ist daß z. B. 1993 weltweit für die VN 85.000 Personen in solchen Operationen tätig waren, vgl. V. Löwe, 14. 19 Daß hierbei wohl auch der deutsche Wunsch nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der VN eine Rolle spielte, hebt V. Löwe, 15, hervor; diese Ambition ist nicht aus der Luft gegriffen, bedenkt man, daß die Bundesrepublik nach der Wiedervereinigung zum drittgrößten regulären Beitragszahler zum VN-Haushalt avancierte, vgl. V. Löwe, 370. 20 Instruktiver Überblick dieser Entwicklung bei C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 3 ff., 71, und bei O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 279 ff.; insbesondere zur Diskussion in den politischen Parteien O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 73 ff., und V. Löwe, 373 ff.; im Hinblick auf Auftragserweiterung in Richtung umweltschützender Verwendungen, vgl. D. Majer, BWV 1992, 221. 21 Die Bezeichnung des für die Verteidigung zuständigen Ministeriums wirft Zweifel auf: Das GG spricht in Art. 65a Abs. 1 vom „Bundesminister für Verteidigung“; mit Erlaß des BMVg vom 12.12.1961 (VMBl. 1962, 2) wurde für die Praxis festgelegt, daß es fortan „Bundesminister der Verteidigung“ heißen solle; wiederum mit BMVg-Erlaß vom 24.3.1993 wurde aus der Motivation geschlechtsneutraler Gesetzesformulierungen der Praxis das „Bundesministerium der Verteidigung“ verordnet; K. Stern, StaatsR II, § 42, III 5, 867, Fn. 109, meint – wohl auf einem veralteten Stand – in der Staatspraxis habe sich „der Verteidigung“ durchgesetzt; zu verfassungsrechtlichen Problemen dieser wechselnden Begrifflichkeiten D. Walz, NZWehrr 1996, 117. 22 Dieser wurde 1994 von BMVg, Weißbuch 1994, 89 Ziff. 515, so gesehen: „Die Bundeswehr 1. schützt Deutschland und seine Staatsbürger gegen politische Erpressung und äußere Gefahr, 2. fördert die militärische Stabilität und die Integration Europas, 3. verteidigt Deutschland und seine Verbündeten, 4. dient dem Weltfrieden und der internationalen Sicherheit im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen, 4. hilft bei Katastrophen, rettet aus Notlagen und unterstützt humanitäre Aktionen.“ 23 Modifikationen erfährt nicht nur der Auftrag der Bundeswehr, sondern auch das Bild des Soldaten, vgl. W.-H. Krustmann, Europäische Sicherheit 6/1995, 9.

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1. Teil: Einleitung

besonders bedeutsam, als es bis dahin offizielle Grundlage deutscher Außenpolitik war, daß das Grundgesetz einen Einsatz deutscher Streitkräfte über humanitäre Hilfsmaßnahmen hinaus26 außerhalb des NATO-Vertragsgebietes nicht zulasse.27 Dies stimmte überein mit der in der Bevölkerung durchgängig vorherrschenden Meinung, nach der sich die Bundesrepublik außenpolitisch zurückhaltend verhalten und insbesondere kein Militär außerhalb Europas einsetzen sollte.28 Die vor allem durch den Wegfall der Bedrohung durch die konventionelle und atomare Militärmacht des Warschauer Pakts und die nunmehr von der christlich-liberalen Regierungskoalition geförderte Option von Auslandseinsätzen im Rahmen von Mandaten der VN29 geprägte grundsätzlich veränderte Situation und der dadurch bedingte geänderte Auftrag der Bundeswehr führten zu Veränderungen von Struktur, Organisation und Einsatzgrundsätzen der Bundeswehr. Vor allem die seitens der Politik Anfang der 90er Jahre erstmals in dieser Weise geforderten Verwendungsmöglichkeiten der Bundeswehr haben die Rechtswissenschaft bereits seit den späten 80er Jahren intensiv beschäftigt und gaben Anlaß zu mannigfaltigen Veröffentlichungen.30 Der Grad der Kontroversität, mit dem hier gestritten wurde, 24 Zu diesen Begriffen vgl. S. J. Lang, 11 f., und E. U. Schwandt, 219; „out of area“ nimmt Bezug auf das Schutzgebiet der NATO nach Art. 6 NATO-Vertrag, welches die Gebiete der NATO-Länder, exklusive deren außereuropäische Territorien, die Inseln der NATO-Länder nördlich des Wendekreises des Krebses, das Mittelmeer als Nebenmeer des Atlantiks sowie die Ostsee als Randmeer des Atlantiks umfaßt, vgl. E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (86). 25 Vgl. dazu auch K. Naumann, Europäische Sicherheit 7/1995, 10. 26 Solche waren bereits vielfältig erfolgt; einen Überblick diesbezüglich gibt B. Nölle, 95 ff. 27 Dies wurde manifest im Beschluß des Bundessicherheitsrats vom 3.11.1982, der u. a. festlegte, daß „militärische Einsätze der Bundeswehr außerhalb des NATOBereiches grundsätzlich nicht in Frage kommen, es sei denn, es läge ein Konflikt zugrunde, der sich gleichzeitig als völkerrechtswidriger Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland darstellt“; zitiert nach C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 73; zu dieser bis dahin die deutsche Sicherheitspolitik prägenden Auffassung vgl. O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 48; Hoffmann, 60, hebt hervor, daß „zwanzig Jahre restriktiver Verfassungsinterpretation [. . .] inzwischen eine Verfassungspraxis geschaffen“ haben: „das darf doch nicht nur eine Notlüge gewesen sein“. 28 Vgl. die bei C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 5, 98 ff., dargestellten Meinungsumfragen. 29 Hervorzuheben ist, daß diese Option nach dem GG bereits seit dem 24.6.1968 bestand, seit langem in der Rechtswissenschaft heftig umstritten war, seit ungefähr 1987 in Regierung und Parteien diskutiert wurde und jetzt auf der Grundlage von Vorarbeiten der Rechtswissenschaft durch das Urteil des BVerfG vom 12.7.1994 festgestellt wurde, vgl. BVerfGE 90, 286. 30 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen, Frankfurt a. M. 1994; S. Brunner, Deutsche Soldaten

A. Problemstellung

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und die Vielzahl der Veröffentlichungen zeugen von der Bedeutung dieser Frage.31 Wie so oft in der Geschichte der Bundesrepublik und ihrer Verfassung wurde dieser Streit, der zeitweilig auf eine Verfassungsänderung hinsteuerte,32 durch eine richtungweisende Stellungnahme des BVerfG am 12. Juli 199433 in eindeutiger Weise entschieden und dadurch die juristische Diskussion in einem wichtigen Teilaspekt mit fast sofortiger Wirkung beendet. Die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit von Außeneinsätzen der Bundeswehr im Rahmen eines Mandats der Vereinten Nationen oder auch der NATO war damit geklärt. Die Einzelheiten wurden schnell juristisch aufbereitet und werden gegenwärtig einer Klärung durch die Rechtswissenschaft zugeführt.34 Von diesem Zeitpunkt an stritten die Akteure auf der politischen Bühne in den vom BVerfG abgesteckten Grenzen über Ob? und Wie? solcher Einsätze.35 im Ausland. Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln?, München 1993; A. Coridaß, Der Auslandseinsatz von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee, Frankfurt a. M. 1985; O. Hoffmann, Bundeswehr und Friedenssicherung: die friedenssichernden Maßnahmen der VN und die Frage einer Beteiligung deutscher Streitkräfte – völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und politische Probleme, Frankfurt a. M. 1991; V. Löwe, Peace-keeping-Operationen der UN – Aspekte einer Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland, Münster 1994; N. K. Riedel, Der Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland – verfassungs- und völkerrechtliche Schranken, Frankfurt a. M. 1989; U. Schopohl, Der Außeneinsatz der Streitkräfte im Frieden, Hamburg 1991. 31 Einen guten und umfassenden Überblick über die in der Rechtswissenschaft, bei den politischen Akteuren und in der Bundeswehr selbst vertretenen Auffassungen bietet V. Löwe, 138 ff., 229 ff. 32 Entwurf eines Gesetzes zur klarstellenden Änderung des Grundgesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. v. 13.11.1993: BTDrucks. 12/4107; Begründung dazu: BTDrucks. 12/4135; Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur Änderung des GG v. 23.6.1992: BTDrucks. 12/2895; Gesetzentwurf der Gruppe der PDS/ Linke Liste v. 21.7.1992: BTDrucks. 12/3055; vgl. zum Streit um die Verfassungsänderung O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 62 ff. 33 Urteil des II. Senats, BVerfGE 90, 286; zu den zu diesem Urteil führenden Organstreitverfahren vgl. O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 61 f., und V. Löwe, 15 f. 34 S. J. Lang, Internationale Einsätze der Bundeswehr unter rechtlichen, politischen und militärischen Aspekten, Augsburg 1997; W. März, Bundeswehr in Somalia: Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Überlegungen zur Verwendung deutscher Streitkräfte in VN-Operationen, Berlin 1997; E. Schemann, Verfassungsrechtliche Legitimation nichtmilitärischer Auslandseinsätze der Bundeswehr, 1998; M. Schultz, Die Auslandsentsendung von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz zum Zwecke der Friedenswahrung und Verteidigung: völker- und verfassungsrechtliche Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Einsatz deutscher Streitkräfte vom 12. Juli 1994, Frankfurt a. M. 1998; A. Siedschlag, Die aktive Beteiligung Deutschlands an militärischen Aktionen zur Verwirklichung kollektiver Sicherheit, Frankfurt a. M. 1995; M. Zimmer, Einsätze der Bundeswehr i. R. kollektiver Sicherheit. Staats- und völkerrechtliche Grundlagen unter Berücksichtigung des BVerfG-Urteils vom 12.07.1994, Frankfurt a. M. 1995.

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1. Teil: Einleitung

Ein anderes verfassungsrechtlich eröffnetes Betätigungsfeld der Bundeswehr ist jedoch weitgehend unbeachtet geblieben, obwohl es im GG eine wesentlich ausdrücklichere Regelung erfahren hat als die ohne Erwähnung im Verfassungswortlaut dem Art. 24 GG entnommene Möglichkeit zu Auslandseinsätzen im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit: Verwendungen der Bundeswehr innerhalb der Bundesrepublik ohne Vorliegen von Verteidigungs- oder Spannungsfall, wie sie in Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 sowie in Art. 87a Abs. 4 GG explizit vorgesehen sind. Hier werden Extremsituationen staatlicher Existenz, die nicht durch eine von außen kommende Aggression, sondern durch aus dem Inneren des Staates selbst herrührende Bedrohungen verursacht werden, einer Regelung zugeführt und Möglichkeiten ihrer Abwehr begründet. Trotz dieser umfangreichen Regelung taucht dieser Teil des verfassungsmäßigen Auftrags der Bundeswehr in den Veröffentlichungen des BMVg in der Regel nur an letzter Stelle und in unvollständiger Form auf. Als fünfte und letzte Komponente einer häufig 35

Zugleich kann die Bundeswehr bereits auf eine längere Liste von Auslandsverwendungen zurückblicken: z. B. die Beteiligung der Bundeswehr an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL), wobei durch Lieferung der Ausrüstung für ein nepalesisches Fernmeldebataillon in einer Luftbrücke vom 14. – 17.4.1978 Unterstützung geleistet und durch Soldaten die Einweisung in die Bedienung der Geräte vorgenommen wurde; Beteiligung mit Sanitätssoldaten an der United Nations Transitional Authority for Cambodia (UNTAC) ab Mai 1992; Teilnahme eines aus 1700 Soldaten bestehenden Heereskontingents mit dem Recht zur Selbstverteidigung an UNOSOM II in Somalia, wobei die Luftwaffe einen Lufttransportstützpunkt in Kenia unterhielt; seit 1994 sind deutsche Militärbeobachter sowie Sanitätsund Unterstützungspersonal der Bundeswehr an der United Nations Organisation Military Observer Mission in Georgia (UNOMIG) in Georgien beteiligt; im Rahmen des Jugoslawienkonflikts beteiligte sich die Marine ab Juli 1992 an der Durchsetzung des UN-Embargos gegen die Bundesrepublik Jugoslawien in der Adria, die Luftwaffe beteiligte sich an der Luftbrücke zur Versorgung Sarajewos und es befanden sich deutsche Soldaten in den AWACS-Flugzeugen, die an der Überwachung des von den VN verhängten Flugverbots im Luftraum über Bosnien-Herzegowina teilnahmen; später nahm die Bundeswehr an der multinationalen Eingreiftruppe UNPROFOR sowie an der UN-mandatierten IFOR (später SFOR) der NATO teil; ganz anders wurde die Bundeswehr bei der Operation Libelle tätig, als sie am 14.3.1997 mit Hubschraubern etwa 120 Zivilisten, davon 20 Bundesbürger, aus dem von Bürgerkrieg erfaßten albanischen Tirana evakuierte und dabei auch Waffengewalt einsetzte; vgl. dazu M. Schultz, 266; in jüngster Zeit beteiligte sich die Bundeswehr ab 1999 bis in die Gegenwart an der NATO-Truppe KFOR im Kosovo (Kosovo Force), die nach den NATO-Luftangriffen auf die Föderative Republik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) ab dem 24.3.1999 mit Anteilen der Luftwaffe stattfand (vgl. dazu V. Epping, 615 [617]), und war Teil des NATO-Kontingents in Mazedonien, zu dem der Bundestag am 30.8.2001 seine Zustimmung erteilte und welches noch am selben Tag in Marsch gesetzt wurde; gegenwärtig ist die Bundeswehr Teil der in Afghanistan tätigen internationalen Schutztruppe ISAF; anschauliche Übersicht zu seit 1990 erfolgten und gegenwärtigen Auslandseinsätzen der Bundeswehr: Die überforderte Armee, in: DER SPIEGEL 11/2002, 172 (174).

A. Problemstellung

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anzutreffenden Aufzählung heißt es: „Die Bundeswehr hilft bei Katastrophen, rettet aus Notlagen und unterstützt humanitäre Aktionen.“36 Noch viel weniger sind diese Verwendungsmöglichkeiten der Bundeswehr – mit Ausnahme der sog. Katastrophenhilfe – im öffentlichen Bewußtsein präsent. Schon weil in (verfassungs-) rechtlicher Hinsicht ein Defizit bezüglich der Befassung mit diesen Verwendungen festzustellen war, ist deren Untersuchung angezeigt. Dies ist zudem deshalb in Angriff zu nehmen, weil die Bedrohungen staatlicher Souveränität in Europa am Beginn des dritten Jahrtausends nicht mehr dem Bedrohungspotential bei Schaffung der Notstandsverfassung des Bonner Grundgesetzes im Jahre 1968 und erst recht nicht jenem bei Erlaß der Verfassung 1949 entsprechen. Offene militärische Aggressionen gegenüber der allein von verbündeten oder befreundeten Staaten umgebenen Bundesrepublik sind kurz- und mittelfristig ausgeschlossen. Angriffe auf die staatliche Souveränität, Integrität oder gar Existenz zeigen sich heute in Mitteleuropa nicht mehr in Form von offenen Angriffen mit konventionell ausgerüsteten Massenarmeen oder einem nuklearen „Erstschlag“,37 sondern erscheinen im neuartigen Gewand von durch andere Staaten gesteuertem oder gefördertem internationalem Terrorismus,38 Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder entsprechendem Wissen,39 36

BMVg, Weißbuch 1994, Ziff. 515. Vgl. zu den möglichen Formen „traditioneller“ Aggressionen B. Gravenstein, 141 (146 f.). 38 Die zunehmende Bedeutung dieses Phänomens, „das man angesichts des allgemeinen Entwicklungsstandes der Staatengemeinschaft in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eigentlich eher im Aussterben gewähnt hatte“, erkannte T. Oppermann, 495, hellsichtig bereits 1981 und sprach in seinem völkerrechtlichen Beitrag von einem „Terrorismus, der in verschiedenartiger Motivation weltweit auftritt und dabei die Staatsgrenzen leichtfertig überschreitet, bzw. von vorneherein in transnationaler Zusammenarbeit auftritt“; Oppermann differenzierte zur Bestimmung des Begriffs die Komponenten der terroristischen Tat, des terroristischen Täters, des terroristischen Opfers, des terroristischen Motivs und des terroristischen Ziels und kommt abschließend zu der Definition „der bedenken- und grenzenlosen Gewaltanwendung in transnationaler Operationsweise und Verbundenheit gegen Personen und Sachen seitens nach ihrem Selbstverständnis politisch, religiös, sozial oder ethnisch motivierter Kleingruppen oder Individuen, die sich unterhalb der völkerrechtlichen Anerkennungsfähigkeit befinden, mit dem Ziel gewaltsamer Vorbereitung und Durchführung revolutionärer Umstürze in einzelnen Staaten oder der Veränderung internationaler Situationen“, vgl. T. Oppermann, 495 (496 ff.); K. Rebmann, NJW 1985, 1735, versucht sich in seinem instruktiven Beitrag zum Thema u. a. an Begriffsbestimmungen auf nationaler und völkerrechtlicher Ebene; im übrigen E. v. Bubnoff, NJW 2002, 2672; A. Glöckner, NJW 2002, 2692; K. Schelter, Europäische Sicherheit 5/1997, 6; K. Schmalenbach, NZWehrr 2000, 15. 39 Die Synthese dieser Bedrohungskomponenten spricht K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 4, an, wenn er vom „ABC-Terrorismus“ spricht; eine interessante Bewertung der Bedrohung der USA durch Massenvernichtungswaffen, insbesondere im Zusammenhang mit Raketentechnologie findet sich 37

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1. Teil: Einleitung

Ausbreitung sonstiger destabilisierender Militärtechnologien, Rohstoffkonflikten, „Öko-Aggressionen“,40 Migrationsbewegungen aufgrund wirtschaftlicher Disparitäten,41 verdecktem Kampf,42 information warfare,43 militantem und teils zu terroristischen Mitteln greifendem religiösem Fundamentalismus44 oder anderen nicht in traditionelle Bedrohungsschemata passenden Szenarien.45 Diese neuartigen Bedrohungen sind subtiler, schwerer zu erbei H. Hagena, Europäische Sicherheit 3/2001, 51 (53); deutlich wird dort ebenfalls, wie divergent Bewertungen und Prognosen auf derselben Tatsachengrundlage sein können; interessant zur Proliferation ebenfalls W. Schilling, Europäische Sicherheit 5/2001, 49 (50), der graphisch darstellt, welche Bedrohungsradien von „Risikostaaten“ ausgehen, die zunehmend über Massenvernichtungswaffen und Trägertechnologie verfügen; seine Prognose für 2005 läßt auch die Bundesrepublik innerhalb des Bedrohungsradius des Irak liegen; zur Bedrohung durch „biologischen Terrorismus“, O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46; desweiteren W. A. Herrmann, Europäische Sicherheit 8/1998, 51; O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 9. 40 Als Beispiel führt K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 4, die Meeresverseuchung und das Entzünden von Ölquellen im II. Golfkrieg 1990/91 durch den Irak an. 41 Diese spricht auch O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 9, an. 42 Vgl. dazu und zum oft gemeinsam behandelten Begriff der Guerilla sowie des Partisanen- oder Kleinkriegs W. Brunkow, 25 f.; B. Gravenstein, 141 (146); N.-P. Kleiner, 279 ff.; O. Münter, Europäische Wehrkunde 1978, 563; U. Schäfer, Europäische Sicherheit 1/1997, 48; H. Schumann, Wehrkunde 1968, 508; ders., Wehrkunde 1968, 643; ders., Wehrkunde 1969, 36; Gravenstein, bestimmt den „verdeckten Kampf“ als den Versuch einer Veränderung der inneren Verhältnisse eines Staates im Sinne des Gegners; er stellt dar, daß dieser so geführt wird, daß die Rolle der auswärtigen Macht verborgen bleibt und direkte Konfrontation vermieden wird; zu den Aktionen des verdeckten Kampfes zählt er Spionage, Zersetzung und Sabotage; der verdeckte Kampf wird als selbständige Konfliktart erkannt, kann jedoch auch als Begleiterscheinung eines konventionellen Krieges auftreten; N.-P. Kleiner, 280, definiert ihn als „die Summe aller unter politischer Zielsetzung von organisierten Personengruppen mit Unterstützung durch dritte Staaten von außen und Sympathisanten von innen innerhalb eines Staatsgebietes gegen die eigene staatliche Ordnungsgewalt gerichteten bewaffneten Gewaltmaßnahmen“; H. Schumann, Wehrkunde 1968, 508 (515) ergänzt diese Definition um den Nachsatz „einschließlich der nicht-militärischen Komplementäraktionen und der vice versa von der staatlichen Ordnungsgewalt getroffenen Gegenmaßnahmen“. 43 Vgl. zur – deutsch: – Informationskriegsführung: W. Heintschel v. Heinegg, 129; sowie U. Nerlich, Europäische Sicherheit 4/1998, 40; Heintschel v. Heinegg, 133, verweist zur Inhaltsbestimmung dieses Begriffs auf Department of the Air Force, The Cornerstones of Information Warfare, 1995, 3 f.: „Any action to deny, exploit, corrupt, or destroy the enemy’s information and its functions; protecting ourselves against those actions; and exploiting our own military information functions.“ 44 Hierzu instruktiv E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25. 45 Vgl. Kommuniqué der NATO-Gipfelkonferenz in Brüssel vom Mai 1989, in: NATO-Brief 37(3) 1989, 32 f.; ähnliche Einschätzung von H. A. Jacobsen, in: V. Löwe, 2.

B. Diskussion in den 90er Jahren

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kennen und entsprechend schwerer zu bekämpfen. Die Gefährdung des Gemeinwesens, die diese Bedrohungsarten konstituieren, ist jedoch nicht minder intensiv als die durch einen militärischen Angriff von außen. Eine Untersuchung dieser neuartigen Bedrohungen und der Mittel zu ihrer Abwehr unter Einbeziehung der Möglichkeit, die Bundeswehr im Inneren der Bundesrepublik zu verwenden, ist deshalb überfällig.

B. Diskussion in den 90er Jahren Diese Bewertung steht im Gegensatz zum fast völligen Fehlen einer erkennbaren Einbeziehung dieses Themas in die gesellschaftliche Diskussion der ersten Hälfte der 90er Jahre und einer entsprechend geringen Auseinandersetzung damit in der Rechtswissenschaft während der vergangenen Jahre.46 Daß es gleichwohl nicht völlig „verdrängt“ wurde, ist W. Schäuble, dem damaligen Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages, zu verdanken, der sich schon 1993 öffentlich dahingehend äußerte, daß ein Denkprozeß darüber anzustoßen sei, ob die Bundeswehr künftig verstärkt auch zur Gewährleistung der inneren Sicherheit eingesetzt werden solle, wenn die Kräfte von Polizei und Bundesgrenzschutz nicht ausreichen.47 Diese Vorstellungen präzisierte er am 5. Juli 1995 vor einer weniger umfassenden Öffentlichkeit, als er den Eingangsvortrag bei der Sitzung des Arbeitskreis Recht der militärischen Verteidigung48 hielt. Weil sich die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit zunehmend als fließend darstellten,49 befürwortete Schäuble ein Zurückgreifen auf Solda46 Ausnahmen stellen die Arbeiten von W. Grubert, Verteidigungsfremde Verwendungen der Streitkräfte in Deutschland seit dem Kaiserreich außerhalb des inneren Notstandes, Frankfurt a. M. 1997, und J. Pannkoke, Der Einsatz des Militärs im Landesinnern in der neueren deutschen Verfassungsgeschichte, Münster 1998, dar. 47 FAZ v. 24.12.1993, S. 8, unter „Fremde Federn“; Berichte der FAZ und der WELT v. 22.12.1993, jeweils S. 1; Interview in DER SPIEGEL 1/1994, 24 f.; in einem Brief, den Schäuble zum Jahresende 1993 an alle Abgeordneten von CDU/ CSU geschickt hatte, regte er an, darüber nachzudenken, „ob die Bundeswehr nicht unter strenger zu definierenden Voraussetzungen auch bei größeren Sicherheitsbedrohungen im Inneren [. . .] notfalls zur Verfügung stehen sollte.“, zitiert nach J. Pannkoke, 256. 48 Dieser inzwischen aufgelöste Arbeitskreis tagte in der Regel jährlich; seine Teilnehmer waren sowohl Juristen aus Wissenschaft und Praxis als auch Soldaten; er diente der Befassung mit speziell wehrrechtlichen Themen und sollte durch die Möglichkeit des Austauschs zwischen am Wehrrecht interessierten oder mit diesem praktisch befaßten Juristen und den „wehrrechtsbetroffenen“ Soldaten beiden Gruppen Nutzen in ihrer Tätigkeit bringen; insbesondere sollten den Juristen die Tatsachengrundlage des Wehrrechts, geübte Verfahren der Wehrpraxis und die Bedürfnisse des Militärs nähergebracht werden. 49 Vgl. dazu auch E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25; interessant ist, daß diese Entwicklung bereits Mitte der 70er Jahre einsetzte, vgl. B. Fleckenstein,

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1. Teil: Einleitung

ten der Bundeswehr zu Tätigkeiten wie Absperrung oder Verkehrsregelung bei Großveranstaltungen (z. B. Olympischen Spielen oder einem politischen „Gipfel“), wenn hierzu Polizeikräfte und Bundesgrenzschutz voraussichtlich nicht ausreichen. Außerdem sollten bei Großveranstaltungen, die interessante Ziele für den internationalen Terrorismus darstellen, Waffensysteme und Kampfmittel der Streitkräfte genutzt werden, die den Polizeikräften nicht zur Verfügung stehen. Er hielt es zudem für wünschenswert, die Bundeswehr bei anderen konfrontativen Situationen, wie den im Zusammenhang mit dem Transport sog. „Castor-Behälter“50 in atomare Zwischenlager auftretenden Massendemonstrationen und Auseinandersetzungen der Demonstrationsteilnehmer mit den staatlichen Organen51 oder bei sog. „Chaos-Tagen“, als Reserve für den Fall der Überforderung von Polizei und Bundesgrenzschutz zur Verfügung zu haben. Allerdings ging Schäuble davon aus, daß sich diese Verwendungsmöglichkeiten nicht auf der Grundlage des geltenden Verfassungsrechts, sondern nur durch eine Änderung der relevanten GG-Vorschriften realisieren ließen.52 In ähnlicher Richtung ließ sich auch der damalige stellvertretende Vorsitzende und innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, J. Gerster, im Januar 1994 vernehmen, der als mögliche neue Aufgabe der Bundeswehr die Bekämpfung der „illegalen Zuwanderung von Menschen aus wirtschaftlichen Gründen, [. . .] der Schlepper- und Schleuserkriminalität und [. . .] der übrigen Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden, häufig organisierten Kriminalität“ vor allem an der ostwärtigen Grenze Deutschlands befürwortete.53 Wie Schäuble ging auch er davon aus, daß hierfür eine Änderung des GG hinsichtlich der Aufgaben der Streitkräfte notwendig sei. Schon im März 1993, anläßlich von Ausschreitungen militanter Kurden, hatte der damalige parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, J. Rüttgers, betont, Wehrkunde 1975, 261; ebenso BMVg R. Scharping in der Debatte des Bundestages über das der Terrorabwehr dienende sog. „Sicherheitspaket I“ und die Reform der Bundeswehr am 11./12.10.2001, übertragen im ZDF; ebenso G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501. 50 CASTOR ist die Abkürzung für Cask for the storage and transport of radioactive material, was sich mit „Behälter für Lagerung und Transport radioaktiven Materials“ übersetzen läßt. 51 Bei einem CASTOR-Transport 1997, bei dem sechs Behälter nach Gorleben transportiert wurden, wurde bei Auseinandersetzungen mit Demonstranten die Verwendung von ca. 30.000 Polizisten und Beamten des BGS notwendig, es wurden Schäden in fast dreistelliger Millionenhöhe verursacht und es gab auf beiden Seiten der Auseinandersetzung insgesamt 370 Verletzte, vgl. H. Bartels, Europäische Sicherheit 4/1997. 52 Er befürwortete eine Änderung des Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG. 53 In einer aktuellen Stunde des Bundestages „betreffend Haltung der Bundesregierung zur Erweiterung der Aufgaben der Bundeswehr auf Einsätze bei inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik“, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, 203. Sitzung v. 14.1.1994, 17596.

B. Diskussion in den 90er Jahren

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daß es zu den politischen Zielen der CDU/CSU gehöre, die Verfassung dahingehend zu ändern, daß sie den „Einsatz der Bundeswehr im Inneren als Risikoreserve“ ermögliche.54 Auch wenn diese Vorstöße überwiegend auf Ablehnung bei den Regierungsfraktionen und der Opposition stießen,55 blieben sie als immer wieder geäußerte Gedanken Bestandteil der – von der Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommenen – politischen Diskussion.56 Teils finden sich schon im Zusammenhang mit den die 80er Jahre prägenden gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegnern von Atomkraft, Rüstung etc. im Rahmen von Großdemonstrationen Versuche einer Institutionalisierung der Hilfe der Bundeswehr für die zivilen Sicherheitskräfte.57 Auch hinsichtlich anderer Demonstrationen in den 90er Jahren wurden gelegentlich Hilfsmöglichkeiten der Streitkräfte angesprochen.58 54

J. Pannkoke, 256 f. Ablehnend äußerten sich aus den Oppositionsparteien der damalige SPD-Vorsitzende und spätere BMVg R. Scharping, die damalige stellvertretende SPD-Vorsitzende und spätere Bundesjustizministerin (BMJ) H. Däubler-Gmelin, der frühere SPD-Vorsitzende H.-J. Vogel, der damalige Bundesgeschäftsführer der SPD und heutige EU-Kommissar G. Verheugen, der damalige Vorsitzende der Konferenz der Länderinnenminister (IMK) A. Ziel, der damalige verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion W. Kolbow, die damaligen Vorstandsmitglieder der GRÜNEN, A. Beer und H. Lippelt; aus dem Regierungslager ließen sich negativ vernehmen der damalige FDP-Vorsitzende und Bundesaußenminister K. Kinkel, die damalige BMJ S. Leutheuser-Schnarrenberger, der damalige sicherheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion W. Hoyer, der damalige Bundesfinanzminister (BMF) T. Waigel, der damalige BMI M. Kanther und selbst der damalige BMVg V. Rühe; aus der Bundeswehr heraus äußerten der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes e. V., B. Gertz, sowie dessen Amtsvorgänger R. Wenzel Kritik; vgl. zu dieser Aufzählung J. Pannkoke, 257. 56 Weitere Nachweise für Versuche, den Streitkräften neue Aufgaben – vorrangig im Bereich Innere Sicherheit – zuzuweisen bei H. Lisken, ZRP 1994, 264 (266); vgl. als Beispiele aus jüngerer Zeit E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25; R. Clement, Europäische Sicherheit 12/2001, 49; W. A. Herrmann, Europäische Sicherheit 8/1998, 51 (52), spricht konkret Verwendungen der Streitkräfte zur Abwehr von terroristischen Bedrohungen durch B- und C-Waffen an; der brandenburgische Landesinnenminister (LMI) J. Schönbohm schlug in Berlin Direkt im ZDF am 3.3.2002 ebenfalls vor, die Bundeswehr in Notfällen zum Objektschutz einzusetzen, wenn Bund und Länder Gefahren nicht gerecht werden können. 57 So soll es ein Amtshilfeabkommen zwischen dem Bayerischen Staatsministerium des Innern und der Bundeswehr gegeben haben, wonach „die Bundeswehr im Wege der Amtshilfe bei Delikten schwerster Gewaltkriminalität und bei Demonstrationen zur Rettung verletzter Personen nach Möglichkeit Sanitätspanzer einschließlich Soldaten als Kraftfahrer auf Anforderung zur Verfügung“ stellt; zitiert nach R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957; Jahn/Riedel, weisen auch auf ein nie angewendetes Abkommen zwischen denselben Beteiligten hin, wonach bei Großdemonstrationen vor dem Gelände der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf für Transport- und Aufklärungszwecke Hubschrauber der Bundeswehr benutzt werden sollten; in diesem Zusammenhang kam es jedenfalls zur Unterbringung von Polizisten in Bundeswehrliegenschaften, vgl. E Beckert, BWV 1986, 145. 55

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1. Teil: Einleitung

Während der durch die Häufung von humanitären und friedenserhaltenden Einsätzen der Bundeswehr im Rahmen von VN und NATO auf dem Balkan geprägten zweiten Hälfte der 90er Jahre kam es zu einer Institutionalisierung dieser Verwendungen, die dazu führte, daß sich die politische Klasse und die Bevölkerung an diese Einsätze gewöhnte. Zum Ende des Jahrtausends ergaben sich unter einer „rot-grünen“ Regierungskoalition mit dem von kritischen Stimmen als Angriffskrieg diffamierten, aber wiederum Neuland eröffnenden Kampfeinsatz der NATO mit deutscher Beteiligung gegenüber Serbien wegen dessen Vorgehen im Kosovo neue verteidigungspolitische Umwälzungen: In diesem Zusammenhang erstarben jegliche Diskussionen um Terrorismusabwehr und innere Verwendungen der Bundeswehr zunächst.

C. Aktuelle Bedeutung Als am 11. September 2001 um 9.03 Uhr New Yorker Ortszeit eine entführte Passagiermaschine in einen der Türme des World Trade Centers hineinflog, eine gute Viertelstunde später eine weitere entführte Passagiermaschine in den anderen Turm stürzte und explodierte und bald darauf die Stahlbetonstrukturen der Türme aufgrund der hohen Temperaturen der Kerosinbrände in sich zusammenbrachen, hallten die Detonationen und der Lärm der kollabierenden Twin Towers in der gesamten Welt wider.59 Noch bevor sich der Rauch gelegt hatte, die Brände gelöscht waren, mit den Aufräumungsarbeiten begonnen und die Zahl der Toten zunächst auf annähernd fünftausend festgelegt wurde, verdichteten sich die Hinweise, die später aufgrund von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und eindeutiger Bekenntnisse per Video bestätigt wurden, daß der bereits zuvor von den USA weltweit gesuchte islamistische Terrorist60 Osama bin Laden und seine Or58

Vgl. T. M. Spranger, NZWehrr 2000, 72, unter Bezugnahme auf Äußerungen des sächsischen Innenministers Haardraht (CDU) und seines niedersächsischen Kollegen Bartling (SPD) im Hinblick auf Demonstrationen der kurdischen PKK. 59 Parallel dazu stürzte in Washington, D.C., eine weitere entführte Passagiermaschine auf das Pentagon, das US-Verteidigungsministerium, und eine weitere entführte Passagiermaschine stürzte im US-Staat Pennsylvania ab, von der vermutet wird, sie habe entweder das Weiße Haus oder den Landsitz des US-Präsidenten, Camp David, als Ziel gehabt; bei dem Flugzeugabsturz auf das Pentagon kamen 189 Menschen ums Leben; die Zahl der in New York getöteten ist noch nicht endgültig festgelegt, liegt aber bei über 3000. 60 Will man sich diesem Begriff nähern, empfiehlt sich T. Oppermann, 495 (496 ff.); W. Hahlweg, 13 (16), versteht Terrorismus zunächst vom sprachlichen her als etwas, das Furcht oder Schrecken erregen soll; dabei sei insbesondere charakteristisch für Terroraktionen, „daß sie in der von ihnen betroffenen Gesellschaft gänzlich unvorhersehbar sind und willkürlich erscheinen“; H. J. Müller-Borchert, 127 (Anm. 22), versteht unter Terror „die systematische Erzeugung von Furcht durch

C. Aktuelle Bedeutung

31

ganisation Al Qaida Drahtzieher der Angriffe gewesen waren.61 Seit dem 7. Oktober 2001 schlugen die USA und Großbritannien in Afghanistan gegen das Regime der fundamentalistisch-islamischen Taliban und die Al Qaida zurück.62 Auch wenn die oft gehörte Aussage, die Welt habe sich am 11. September verändert und nichts sei mehr wie zuvor,63 angesichts des verursachten Leids der betroffenen Menschen angebracht und unter Berücksichtigung der Hilflosigkeit der Politiker und anderer mit Journalisten konfrontierter Menschen nachvollziehbar ist, so ist sie doch unzutreffend. Geändert hatte sich – abgesehen von den rein tatsächlichen schrecklichen Folgen – global betrachtet eigentlich nur die Wahrnehmung der Welt und der die Sicherheit bedrohenden Faktoren. Unabhängig hiervon wurden in der Bundesrepublik neben Betroffenheit, Beileidsbekundungen und Erklärungen von „uneingeschränkter Solidarität“64 aber auch schnell Stimmen laut, die wissen wollten, ob ähnliches auch in der Bundesrepublik bevorstehe und ob man dagegen gerüstet sei. Beide Fragen konnten nur mit Einschränkungen beantwortet werden. Hinsichtlich der Frage nach Prävention und Abwehr terroristischer Anschläge wurde jedenfalls ganz konkret die Möglichkeit der Verwendung der Bundeswehr innerhalb der Bundesrepublik zur Verhinderung vergleichbarer Selbstmordattentate mit entführten Passagiermaschinen auf den Reichstag oder auf Kernkraftwerke sowie andere zivile Objekte diskutiert.65 Ein Vorschlag Anwendung oder Androhung von Gewalt, zu dem Zweck, den Willen der Betroffenen im Sinne der eigenen Ziele zu bilden, beugen oder auszuschalten“; jüngst: K. Schmalenbach, NZWehrr 2000, 15 (20): „Terrorismus ist jedes nach innerstaatlichem Recht und Völkerrecht rechtswidrige kriminelle Verhalten von Individuen, das subjektiv darauf gerichtet ist, mit dem Mittel der Angstverbreitung (gesellschafts-)politische Ziele bzw. Veränderungen zu erreichen.“ 61 Von dieser Annahme gehen auch die Beiträge von K. H. Fischer, Europäische Sicherheit 11/2001, 47, und M. Saalfeld, Europäische Sicherheit 2/2002, 40 ff., aus. 62 Vgl. C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1. 63 G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501, sprechen von einer „neuen Qualität“ des internationalen Terrorismus und der Bedrohung westlicher Staaten. 64 So Bundeskanzler G. Schröder in seiner im Bundestag am 12.9.2001 abgegebenen Regierungserklärung. 65 Vgl. R. Clement, Europäische Sicherheit 12/2001, 49; E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25; Clement geht dabei hinsichtlich seiner Vorschläge teils von unzutreffenden verfassungsrechtlichen Bewertungen aus, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten, die Streitkräfte zur Bekämpfung einer eingetretenen chemischen oder biologischen Kontamination einzusetzen; daß neben diesen Versuchen der Abwehr tatsächlich erfolgender terroristischer Angriffe auch eine Befassung mit den gesellschaftlichen Entstehungsvoraussetzungen solcher Handlungsvarianten geboten ist, soll nicht verkannt werden; zu den gesellschafts-psychologischen Ursachen äußert der amerikanische Psychiater F. Hacker, Terror, Mythos, Realität, Analyse, 408 f.: „Die moderne Welt, verwirrender, vielfältiger und störempfindlicher als je-

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1. Teil: Einleitung

der CDU, das GG entsprechend zu ändern, wurde von der Regierungskoalition abgelehnt.66 Wahrgenommen wurde einhellig jedenfalls eine eminente Gefahr, die allen Beteiligten die Fragilität der Sicherheit in unseren gegenüber terroristischen Bedrohungen so verwundbaren hochkomplexen Industriegesellschaften67 vor Augen führte. Auch seitens der Regierungskoalition zeigte sich jedoch die für solche Situationen typische Bereitschaft, freiheitliche Verbürgungen unter dem unmittelbaren Eindruck außergewöhnlicher Gefahrensituationen zugunsten sicherheitssteigernder Maßnahmen einzuschränken.68

D. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes Nachdem der Vorschlag der CDU zu einer Verfassungsänderung, welcher in den 90er Jahren von Schäuble und anderen gedanklich vorbereitet worden war, zunächst zu den Akten gelegt wurde, will diese Arbeit eine Grundlage für künftige Überlegungen in dieser Hinsicht schaffen. Auf der Prämisse aufbauend, daß terroristische Bedrohungen auch in der Bundesrepublik bestehen und die Möglichkeiten der Polizeien der Länder und des Bundesgrenzschutzes (BGS) zu deren Abwehr nicht in jeder Hinsicht ausreichen, soll herausgearbeitet werden, ob die Verwendung des Potentials der Bundeswehr verfassungsrechtlichen Beschränkungen unterliegt. Glücklicherweise ohne den Druck unmittelbarer Entscheidungszwänge wegen aktumals zuvor“, drücke die „Widersprüchlichkeit ihrer Beschaffenheit und die Ambivalenz ihres Selbstgefühls in ungewöhnlich antagonistisch scheinenden Konflikten, in komplex paradoxen Fragestellungen und in der Sehnsucht nach einfachen Antworten aus. Mächtiger und befähigter als je zuvor, ihre eigene Geschichte, ihre ökologische Nische und ihr Schicksal selbst zu bestimmen“, fühlten „sich die heutigen Menschen ohnmächtiger, bedrohter, mehr ausgeliefert denn je“; sie seien daher „mehr als bisher anfällig geworden für radikal vereinfachte, aggressive Mythologie und für die Verlockungen sicher in Aussicht gestellter Sofortbefriedigung.“ Nach ihm „handeln Menschen fürchterlich, weil sie sich fürchten und um Furcht zu vermeiden und weil sie lieber gefürchtet werden wollen, als selbst fürchten zu müssen.“; zitiert nach W. Hahlweg, 13 (14 f.). 66 Nachweise bei G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501, Fn. 2. 67 A. Glöckner, NJW 2002, 2692. 68 Die Regierungskoalition verabschiedete mit ihrer Kanzlermehrheit die Sicherheitspakete I und II (BGBl. I (2002), 361), mit denen umfangreiche Beschränkungen von Grundrechten, insbesondere der informationellen Selbstbestimmung, ermöglicht wurden; vgl. zu den Sicherheitspaketen: E. v. Bubnoff, NJW 2002, 2672 (2675 f.); zu der rechtsstaatlich fragwürdigen Entwicklung in den USA nach dem 11. September 2001: R. Hamm, NJW 2002, 3150; als typisches Beispiel einer im Interesse der Terrorabwehr Freiheitsbeschränkungen rechtfertigenden Argumentation vgl. E. v. Bubnoff, NJW 2002, 2672 (2676); zur Bereitschaft, Freiheit „in Zeiten von Angst und Furcht“ zu opfern: W. Hoffmann-Riem, ZRP 2002, 497 (500).

D. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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eller Angriffe soll erörtert werden, ob allein in Situationen, in denen die sonstigen Sicherheitskräfte nicht oder nicht allein zur Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inneren69 in der Lage sind, zur Gefahrenabwehr befähigte Kräfte der Bundeswehr verwendet werden dürfen. Auf dieser Grundlage kann dann die Politik entscheiden, inwiefern sie ein solches Potential nutzen will oder inwiefern sie die Verfassung ändern will, weil diese Verwendungen der Bundeswehr bisher nicht zuläßt.70 Diese politische Frage wird hier nicht behandelt werden. Die Arbeit wird deshalb denkbare Verwendungsmöglichkeiten der Bundeswehr zur Abwehr von terroristischen Bedrohungen innerhalb der Bundesrepublik – im Hinblick auf Großveranstaltungen auch unter Einbeziehung der von Schäuble vorgeschlagenen helfenden Verwendungen ohne Terrorbezug – behandeln, die durch nicht-militärische Sicherheitskräfte nicht mit Aussicht auf Erfolg abgewehrt werden können. Dabei wird davon ausgegangen, daß diese Bedrohungen überraschend auftreten und sich die Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt „im Frieden“ befindet, also nicht von einem anderen Staat unter Einsatz von dessen Streitkräften von außen angegriffen wird. Verwendungen, die eine solche Situation, insbesondere den Verteidigungs- oder Spannungsfall nach Art. 115a, 80a GG, voraussetzen, sollen in dieser Arbeit deshalb ausdrücklich nicht behandelt werden. Damit möglichst praktisch verwertbare Erkenntnisse erzielt werden, sollen die abstrakten Begriffe des Verfassungstextes nicht durch wiederum abstrakte Begriffe mit geringerem Abstraktionsgrad ersetzt werden, sondern es soll der Versuch unternommen werden, mit Blick auf die Wirklichkeit diejenigen Fälle, deren Eintritt möglich oder wahrscheinlich und insofern problematisch ist, zu benennen, in die Regelung des Ausnahmezustandes durch die Verfassung einzuordnen und an ihr zu messen. Deshalb sollen denkbare Situationen, die für eine Verwendung der Bundeswehr im Inneren zur Abwehr terroristischer Bedrohungen und zum Schutz von Großveranstaltungen in Betracht kommen, und die zu deren Abwehr in Frage kommenden Verwendungen der Bundeswehr dargestellt werden.71 Anhand dieser soll im Verlauf der Untersuchung der Blick stets weg von den abstrakten Rechtsfragen hin zu den zu bewältigenden konkreten Problemsituationen der Wirklichkeit und den korrespondierenden Verwendungen gelenkt werden. Denn nur anhand einer Klärung der Frage, ob diese Gefahrensituationen durch die bestehende 69 Zur Bekämpfung des Internationalen Terrorismus mittels der Bundeswehr außerhalb der Bundesrepublik vgl. K. Schmalenbach, NZWehrr 2000, 177; D. Blumenwitz, ZRP 2002, 102. 70 Jüngst hat sich die CDU/CSU dazu entschlossen, die Änderung des GG zur Ermöglichung polizeilicher Verwendungen der Bundeswehr in ihr Wahlprogramm aufzunehmen. 71 Siehe unten 3. Teil.

34

1. Teil: Einleitung

Regelung des inneren Notstandes hinreichend bewältigt werden, ist feststellbar, ob die Regelung als solche den Anforderungen eines auf Selbstbehauptung gerichteten Gemeinwesens gerecht wird, ob sie ergänzungs- oder reformbedürftig ist oder ob etwaige „Schutzlücken“ hinzunehmen sind. Aus Gründen notwendiger inhaltlicher Selbstbeschränkung wird allein die vorrangige Möglichkeit der Verwendung der Bundeswehr zur Abwehr terroristischer Bedrohungen untersucht. Die damit verbundene Frage, ob die Bundeswehr an der Beseitigung der Folgen solcher Angriffe beteiligt werden darf, wenn deren Abwehr nicht gelingt, wird weitestgehend unerörtert gelassen. Die durch diese Untersuchung zu klärende Frage nach dem „Ob überhaupt?“ einer Verwendung der Bundeswehr wünscht sich zwar auch eine Befassung mit den auf die Rechtsfolge bezogenen Modalitäten einer solchen Verwendung – dem „Wie?“. Aus Gründen der Beschränkung der Arbeit auf einen in einer Dissertation handhabbaren Umfang mußten rechtsfolgenbezogene Fragen der Entscheidung über eine mögliche Verwendung, der rechtlichen Natur des Handelns verwendeter Soldaten, des anwendbaren Rechts, der zur Verfügung stehenden Befugnisse und der anwendbaren Waffen unerörtert bleiben.72 Aus denselben Gründen wird auch nicht auf tatsächliche Fragen der Bekämpfung des Terrorismus, technisch-tatsächliche Einzelheiten der Ausrüstung der Bundeswehr und ihrer Eignung zur Abwehr terroristischer Bedrohungen, soziologisch-politologische Ursachen des Terrorismus sowie auf Fragen der Bekämpfung des Terrorismus mit militärischen oder anderen Mitteln auf internationaler Ebene eingegangen.73 Da sich die Untersuchung darauf richtet, herauszufinden, ob die gegenwärtige Regelung den Erfordernissen aktueller Bedrohungen gerecht wird, 72 Hinsichtlich dieser Fragen wird verwiesen auf W. Brunkow, Rechtliche Probleme des Einsatzes der Bundeswehr auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 87a GG, Bonn 1971; W. Grubert, Verteidigungsfremde Verwendungen der Streitkräfte in Deutschland seit dem Kaiserreich außerhalb des inneren Notstandes, Frankfurt a. M. 1997; D. Keidel, Polizei und Polizeigewalt im Notstandsfall. Funktion, rechtliche Stellung und Befugnisse der Vollzugskräfte von Polizei, Bundesgrenzschutz und Bundeswehr bei den vom Grundgesetz vorgesehenen Einsätzen im Notstand, München 1973; N.-P. Kleiner, Aufgabe(n) und Befugnisse der Streitkräfte im Innern nach der Bonner Notstandsverfassung vom 24. Juni 1968, Münster 1977; R. Schikowski, Rechtsfragen der Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes (Art. 87a Abs. 4 und 91 GG), Würzburg 1972; W. Speth, Rechtsfragen des Einsatzes der Bundeswehr unter besonderer Berücksichtigung sekundärer Verwendungen, München 1985. 73 Vgl. dazu K. Schmalenbach, NZWehrr 2000, 15, und C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1.

E. Gang der Untersuchung und Literaturlage

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ist sie primär auf die derzeit geltende Verfassungslage ausgerichtet. Auf frühere Regelungen in der deutschen Verfassungsgeschichte soll grundsätzlich nur dann ausführlich – inzident – eingegangen werden, wenn dies der Auslegung der geltenden Normen des GG, besonders in historischer oder genetischer Hinsicht, dient. Wer an einer ausführlichen Darstellung der Regelungen der Verwendungen der Streitkräfte ohne Bezug zu militärischen Angriffen von außen in der deutschen Rechts- und Verfassungsgeschichte interessiert ist, sei auf die in dieser Hinsicht ausführlichen Ausführungen von W. Grubert und J. Pannkoke verwiesen.74 Auch die wehrverfassungsrechtliche Entwicklung von 1949 bis 1968 wird nur inzident angesprochen werden.75

E. Gang der Untersuchung und Literaturlage Die sich aus der Verfassung ergebenden Voraussetzungen im Bereich der innerstaatlichen Verwendungen der Bundeswehr bei Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inneren sollen anhand der geltenden Verfassungsrechtslage untersucht und die gewonnenen Erkenntnisse auf die dargestellten möglichen Verwendungen angewandt werden. Nach der Bestimmung relevanter Begriffe76 und der Darstellung der zu bewältigenden tatsächlichen Situationen sowie der hierzu denkbaren Verwendungen der Bundeswehr77 wird zunächst untersucht, ob in Betracht kommende Verwendungen als unterhalb der Einsatzschwelle des Art. 87a Abs. 2 GG bleibende Nicht-Einsätze zulässig sind.78 Dazu ist nach der Bestimmung des Begriffs der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a GG79 der Begriff des Einsetzens im Sinne der Norm herauszuarbeiten80 und auf die zu erörternden Verwendungen der Bundeswehr anzuwenden.81 Hinsichtlich der danach nicht zulässigen Verwendungen wird zu fragen sein, ob sie als Einsätze zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 74

J. Pannkoke, Der Einsatz des Militärs im Landesinnern in der neueren deutschen Verfassungsgeschichte, Münster 1998; H. M. Parche, Der Einsatz von Streitkräften im Inneren Notstand, Diss. Münster 1974; unter Auslassung der Regelungen über den inneren Notstand: W. Grubert, Verteidigungsfremde Verwendungen der Streitkräfte in Deutschland seit dem Kaiserreich außerhalb des inneren Notstandes, Frankfurt a. M. 1997. 75 Diesbezüglich wird verwiesen auf M. Bartke, 16 ff. 76 Dazu unten 2. Teil. 77 Dazu unten 3. Teil. 78 Dazu unten 4. Teil. 79 Dazu unten 4. Teil, A. 80 Dazu unten 4. Teil, C. 81 Dazu unten 4. Teil, C. IX.

36

1. Teil: Einleitung

GG zulässig sind,82 was zu einer Auseinandersetzung mit dem Verteidigungsbegriff im Sinne dieser Normen führen wird.83 Auch hinsichtlich einer Erfassung durch die so bestimmte Verteidigung werden die relevanten Verwendungen der Bundeswehr untersucht werden.84 Soweit erforderlich, wird in der Folge auf die Möglichkeit der Verwendung der Bundeswehr in den problematischen Situationen nach den im GG enthaltenen Ermächtigungen der Art. 35 Abs. 1 bis Abs. 3, 37, 87a Abs. 3 und Abs. 4 sowie 91 GG einzugehen sein, um zu ermitteln, ob über diese Normen die verbleibenden Einsätze der Bundeswehr zur Terrorabwehr im Inneren aufgrund ausdrücklicher Zulassung durch das GG möglich sind.85 Führt auch dies nicht dazu, daß alle herausgearbeiteten möglichen Verwendungen der Bundeswehr zulässig sind, so wird zuletzt untersucht werden, ob seit Erlaß der relevanten Vorschriften des GG ein Verfassungswandel stattgefunden hat, ob es ein Institut des über- oder außerverfassungsrechtlichen Notstandes gibt oder ob generell Möglichkeiten der Rechtsfortbildung bestehen, über welche sich manche problematische Verwendung der Bundeswehr rechtfertigen ließe.86 Die Literaturlage ist für die Bearbeitung günstig: Es finden sich in allen Kommentaren und Lehrbüchern zum GG Erläuterungen, die für den Gegenstand der Arbeit nutzbar sind. Zudem existieren zu allen Teilbereichen der Arbeit Monographien und Aufsätze aus der Rechtswissenschaft. Insbesondere die umfangreiche rechtswissenschaftliche Bearbeitung der Auslandseinsätze der Streitkräfte enthält manches, was für die vorliegende Arbeit relevant ist. Die allgemeine Problemstellungen des Staatsrechts und der Staatslehre behandelnde Literatur ist extrem umfangreich und konnte deshalb nur auszugsweise verarbeitet werden. Nach dem 11. September 2001 sind in jüngerer Zeit einige speziell auf terroristische Bezüge eingehende Aufsätze erschienen, die berücksichtigt wurden. Aus dem Bereich der Rechtsprechung ist in die Arbeit recht wenig eingeflossen, da es neben den Eilentscheidungen und dem richtungweisenden Urteil des BVerfG vom 12. Juli 1994 im AWACS-/Somalia-Verfahren87 so gut wie keine Rechtsprechung zu den Verwendungen der Bundeswehr gibt. 82

Dazu unten 5. Teil. Dazu unten 5. Teil, A. 84 Dazu unten 5. Teil, B. 85 Dazu unten 6. Teil. 86 Dazu unten 7. Teil. 87 Eilentscheidung des II. Senats v. 23.6.1993 über den Antrag auf einstweilige Anordnung im Verfahren „Somalia“, BVerfGE 89, 38; Eilentscheidung des II. Senats v. 8.4.1993 über den Antrag auf einstweilige Anordnung zu „Bosnien/ AWACS“, BVerfGE 88, 173; Hauptsacheentscheidung des II. Senats v. 12.7.1994, BVerfGE 90, 286. 83

E. Gang der Untersuchung und Literaturlage

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Hingewiesen sei schließlich darauf, daß die Untersuchung mehrere Problemstellungen behandelt, die bereits intensiv – jedoch hinsichtlich des Gegenstandes dieser Arbeit nicht befriedigend – bearbeitet worden sind. Da deren Aufarbeitung und Bewertung sehr aufwendig war, ist sie umfangreicher geworden als beabsichtigt. Deshalb beschränkt sie sich wo möglich auf die durch ihren Gegenstand aufgeworfenen Rechtsfragen und läßt neben diesem liegende Probleme ungelöst. Deren Erörterung mag der Kommentierung der entsprechenden Vorschriften überlassen bleiben.

2. Teil:

Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe Schon in der Einleitung hat sich gezeigt, daß man nicht umhin kommt, gewisse Begrifflichkeiten zu benutzen, die ihrerseits, wenn auch jedermann geläufig, so doch inhaltlich mit beträchtlichen Diskrepanzen im individuellen Wortverständnis behaftet, im Interesse eines besseren Verständnis zwischen Verf. und Leser einer Klarstellung bedürfen. Dies erfolgt an dieser Stelle nur hinsichtlich der nicht im GG enthaltenen Begriffe, weil die verfassungsrechtlichen Begriffe im jeweiligen verfassungsrechtlichen Zusammenhang bestimmt werden.

A. Begriff der Bundeswehr Thematisch vorgegeben ist an dieser Stelle eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Bundeswehr, auf die sich die gesamte Arbeit bezieht. Es erscheint zunächst müßig, über diesen Begriff zu diskutieren, da er – nicht rechtlich, sondern rein tatsächlich – eine Gesamtheit von Personen, Sachen und diese verbindenden organisatorischen Maßnahmen bezeichnet, von denen jeder eine ungefähre Vorstellung haben wird. Es geht schlicht um die Armee der Bundesrepublik Deutschland: eine Armee, die 1956 nach langer Diskussion aufgestellt1 und ins westliche Verteidigungsbündnis integriert wurde;2 die Armee, die seitdem kontinuierlich Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften, der Unteroffiziere und der 1 Mittels der GG-Novelle, die mit dem Stichwort „Wehrbeitrag“ bezeichnet wurde: Gesetz v. 19.3.1956 (BGBl. I S. 111); Entwurf der Regierungsfraktionen CDU/CSU, GB/BHE, DP: BTDrucks. 2/124; Entwurf der FDP-Fraktion: BTDrucks. 2/125, 171; 1. Beratung und Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16.): Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 9. Sitzung, 14.1.1954, 243D; Erster Mündlicher Bericht des 16. Ausschusses: BTDrucks. 2/275; Zweiter Schriftlicher Bericht des 16. Ausschusses: BTDrucks. 2/2150; 2. und 3. Beratung: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1956; Beratung und Annahme des Änderungsgesetzes im Bundesrat: Verhandlungen des Bundesrats, 2. Wahlperiode, 155. Sitzung, 16.3.1956. 2 Beitritt der Bundesrepublik zur NATO durch Vertragsgesetz v. 24.3.1955, BGBl. II S. 256; Beitritt zur Westeuropäischen Union (WEU) am 23.10.1954, BGBl. 1955 II S. 256.

A. Begriff der Bundeswehr

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Offiziere ausbildet und in der aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht und von freiwilliger Verpflichtung bisher Millionen von Deutschen gedient haben. Letztendlich handelt es sich zudem um eine Armee, die sich glücklich schätzt, bisher und insbesondere nicht während des Kalten Krieges einem von einem anderen Staat mit dessen Armee oder nuklearen Waffen geführten Angriff ausgesetzt gewesen zu sein.

I. Rechtliche Begriffsbestimmung Da diese Arbeit eine juristische und in erster Linie eine verfassungsrechtliche Arbeit ist und deshalb auf weitestgehende Kongruenz verwendeter Begriffe – zumal auf der Ebene des Titels der Arbeit – zu achten hat, darf die Frage nicht ungestellt bleiben, was sich rechtlich hinter dem Begriff Bundeswehr verbirgt. Das Grundgesetz verwendet den Begriff Bundeswehr nicht.3 In unterverfassungsrechtlichen Gesetzen findet sich der Begriff jedoch vielerorts. Er wird dabei sowohl in einer weiteren als auch in einer engeren Weise verstanden,4 wobei sich dies aus dem Sinnzusammenhang, innerhalb dessen die jeweiligen Normen stehen, als auch aus der Regelungssystematik der jeweiligen Gesetze ergibt und auch vom Blickwinkel des Verwenders abhängt.5 Der weitere Begriff findet sich z. B. in § 66 SoldatenG und § 3 Nr. 4 WehrbeauftragtenG.6 Gemeint ist damit die Gesamtheit des dem BMVg unterstellten Ressorts inklusive aller Dienststellen, also die Streitkräfte und die Bundeswehrverwaltung. Der engere Begriff ist identisch mit den „bewaffneten Streitkräften“ und findet sich in §§ 2 Abs. 2, 44 Abs. 4 S. 1, 49 Abs. 1, 56 Abs. 1 S. 2, 60 Abs. 1 SoldatenG7 und §§ 4 Abs. 2 S. 1, 7 Abs. 1, 13 Abs. 1, 21 Abs. 2 S. 1, 23 Abs. 1, 24 Abs. 6 Nr. 6, 29 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1, 30 Abs. 1, 36, 39 Abs. 1, 48 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 5 WPflG.8

3

O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 120, Fn. 3; M. Schultz, 134; A. Sturm, 3. 4 Vgl. M. Schultz, 134. 5 Kritisch zu dieser verbreiteten sprachlichen Ungenauigkeit D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (304). 6 Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages v. 16.6.1982, BGBl. II S. 677. 7 Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten v. 19.3.1956 (BGBl. I S. 114) i. d. F. der Bekanntmachung v. 14.2.2001 (BGBl. I S. 232). 8 Zu dieser Einteilung: A. Sturm, 3.

40

2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

II. Inhaltliche Ausfüllung Der weitere Begriff wird herkömmlich in der Weise ausgefüllt, daß er neben den Streitkräften die Bundeswehrverwaltung, die Rechtspflege der Bundeswehr und die Militärseelsorge umfaßt,9 welche alle unter der gemeinsamen Ressortspitze BMVg zusammengefaßt sind.10 In jüngerer Zeit ist in der Rechtswissenschaft die Auffassung vorgetragen worden, daß die sog. Rechtspflege der Bundeswehr keine eigene „Säule“ innerhalb der Bundeswehr neben den Streitkräften und der Bundeswehrverwaltung bilde, sondern verfassungsrechtlich unter der Bundeswehrverwaltung nach Art. 87b Abs. 1 GG ressortiere.11 Inwiefern auch schon zuvor andere diese Auffassung geäußert haben oder ob es sich nur um vereinfachende Aussagen handelte, die gleichwohl die „Vier-Säulen-Theorie“12 stützten, ist nur schwer nachzuvollziehen.13 Unbestritten ist jedoch, daß die Rechtspflege der Bundeswehr Teil der Bundeswehr im weiteren Sinne ist, ohne zur Bundeswehr im engeren Sinne zu gehören, weshalb diese Frage unter dem Blickwinkel dieser Arbeit offen bleiben kann. Der engere Begriff wird als Sammelbezeichnung für Heer, Luftwaffe, Marine, die bodenständigen Verteidigungstruppen und die Territoriale Verteidigungsorganisation verstanden.14 Bei dieser Umschreibung ist zu beachten, daß sie in einer bestimmten historischen Situation getroffen wurde und sich auf die damalige Struktur der Bundeswehr bezog.15 Die Struktur der Bundeswehr, auf der beruhend die Inhaltsbestimmung des engeren Bundes9

O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 120; U. Schopohl, 62 f.; D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (302) spricht von der „Gesamtorganisation ,Bundeswehr‘“; ebenso in der vereinfachten Form der „Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung“: F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 2, M. Schultz, 134, und – wenn auch nicht explizit – H. Fangmann, in: Fangmann/ Blank/Hammer, GG, Art. 87b, Rn. 1. 10 K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 867. 11 Baganz, Der Rechtsberater in der Bundeswehr, 187; zustimmend auch D. Walz, NZWehrr 1997, 89 (96); anders die eindeutige Aussage seitens der Bundeswehr selbst, die die Rechtspflege der Bundeswehr als „eigenständigen Organisationsbereich neben den Streitkräften, der Bundeswehrverwaltung und der Militärseelsorge“ bezeichnet, vgl. www.bundeswehr.de/a_bis_z/R.html, bzw. implizit als solchen ansieht, BMVg, Weißbuch 1994, 129 und 145. 12 Ursprünglich begründet von G. Moritz, NZWehrr 1976, 239. 13 K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 867; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 2. 14 N.-P. Kleiner, 32. 15 Vgl. dazu den Entwurf eines Gesetzes über die Organisation der militärischen Landesverteidigung, BTDrucks. 2/2341, aus der 2. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, wo in § 3 Die Streitkräfte festgelegt werden sollte: „Die Streitkräfte bestehen aus: a) dem Heer, b) der Luftwaffe, c) der Marine, einschließlich ihrer jeweiligen bodenständigen Verteidigungstruppen und Einrichtungen, d) der gemeinsamen

A. Begriff der Bundeswehr

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wehrbegriffs vorstehend erfolgte, ist seit ihrer Aufstellung jedoch vielfach verändert worden,16 so daß diese Beschreibung für die Gegenwart zu modifizieren ist. Eine leicht divergierende Beschreibung der Bundeswehr im engeren Sinne im Zeichen sich wandelnder Strukturen spricht von den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine sowie der territorialen Verteidigung und den Zentralen Militärischen Dienststellen.17 Der nicht-zeitgebundene Aussagekern liegt darin, daß der engere Bundeswehrbegriff den militärischen Teil des Verteidigungsressorts – der Bundeswehr im weiteren Sinne – umfaßt.18 Der militärische Teil ist hierbei derjenige, der nicht zivil ist, also aus uniformierten und in einem öffentlich-rechtlichen Sonderrechtsverhältnis stehenden Soldaten im Sinne von § 1 Abs. 1 SoldatenG und § 4 WPflG besteht.19 Das Kriterium des Soldatenstatus, der sich evident an der innerdienstlichen Uniformierung erkennen läßt, grenzt alle Angehörigen von Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge unzweideutig von der Bundeswehr im engeren Sinne ab. Die Bundeswehr im engeren Sinne wird meist mit dem Begriff Streitkräfte umschrieben. An dieser Stelle soll diese Gleichsetzung aus Gründen der Klarheit bis auf weiteres nicht erfolgen, weil die Streitkräfte Gegenstand der verfassungsrechtlichen Regelung sind20 und es zu Mißverständnissen führen könnte, wenn dieser Terminus vor einer verfassungsrechtlichen Inhaltsbestimmung dieses Begriffes in einem untechnischen, nicht-verfassungsrechtlichen Sinne gebraucht würde. Deshalb wird hier zunächst weiterhin von der Bundeswehr im engeren Sinne gesprochen. In deren gegenwärtiger Struktur umfaßt diese – wie schon bei der Aufstellung 1956 – die Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine. Hinzu kommt in der sog. Bundeswehr der Zukunft der Zentrale Sanitätsdienst und die Streitkräftebasis (SKB).21 Im Zuge dieser Umstrukturierung wird die Bundeswehr im engemilitärischen Territorialorganisation einschließlich der gemeinsamen Einrichtungen für Heer, Luftwaffe und Marine.“ 16 Die gegenwärtige Struktur wird mit Bundeswehr der Zukunft umschrieben und ist – im Hinblick auf das Heer – die insgesamt wohl siebte Struktur seit der Aufstellung. Auf die Heeresstrukturen I bis V folgte das „Neue Heer für Neue Aufgaben“, welches wiederum durch die jetzige Struktur abgelöst wird. Angesichts dieser vielfältigen Strukturveränderungen drängt sich die Erkenntnis auf, daß die einzige Konstanz innerhalb der Streitkräfte die Inkonstanz ist. 17 K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13; so ebenfalls noch J. Pannkoke, 208, obwohl diese Struktur 1998 schon nicht mehr galt. 18 U. Schopohl, 63; M. Schultz, 134. 19 M. Schultz, 134. 20 Zum Beispiel Art. 12a Abs. 1, Abs. 3, 17a Abs. 1, 65a Abs. 1, 87a, 87b Abs. 1, 96 Abs. 2, 115b. 21 Die unter den Stichworten Bundeswehr der Zukunft und Erneuerung von Grund auf erarbeitete Reform der Bundeswehr, die 2000 eingeleitet wurde, wurde 2001 über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Bundeswehr und den

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ren Sinne von derzeit planerisch 338.000 und tatsächlich etwa 310.000 Soldaten auf ca. 282.000 Soldaten im Jahr 2006 reduziert. Davon werden 202.000 Zeit- und Berufssoldaten und nur noch etwa 80.000 Wehrdienstleistende sein. Anders als bisher, wo zwischen Krisenreaktionskräften (KRK), Hauptverteidigungskräften (HVK) und der Militärischen Grundorganisation (MGO) unterschieden wurde, wird es künftig nur noch die Einsatzkräfte (EK) mit etwa 150.000 Soldaten und die Militärische Grundorganisation mit etwa 110.000 Soldaten geben. Hinzu kommen etwa 22.000 Stellen für die zivilberufliche Qualifizierung und 2600 Wehrübungsplätze. Einsatzkräfte sind alle in den Teilstreitkräften dienenden Soldaten. Zur Militärischen Grundorganisation gehören alle Soldaten des Zentralen Sanitätsdienstes und der Streitkräftebasis. Vom Umfang her wird das Heer statt bisher 230.000 Soldaten noch 134.000 Soldaten in fünf mechanisierten Divisionen sowie einer Division für Luftbewegliche Operationen (DLO) und einer Division für Spezielle Operationen (DSO) umfassen. Die Luftwaffe wird von 70.000 auf knapp 52.000 Stellen verringert, wobei sie in vier Divisionen, ein Lufttransportkommando, ein neues Kommando Operative Führung sowie zwei Luftwaffeninstandhaltungsregimenter gegliedert ist. Die von 26.000 auf knapp 21.000 Stellen reduzierte Marine verfügt künftig nur noch über fünf Flottillen in fünf Marinestützpunkten.22 Der Zentrale Sanitätsdienst nimmt um aus den Teilstreitkräften ausgegliederte sanitätsdienstliche Kräfte von 3500 auf 26.500 Stellen zu, umfaßt künftig fast das gesamte Sanitätspersonal der Bundeswehr im engeren Sinne und ist in vier Sanitätskommandos eingeteilt, die mit den Wehrbereichskommandos und Wehrbereichsverwaltungen kongruent sind. Die Streitkräftebasis wird von 7000 Soldaten in den bisherigen Zentralen Militärischen Dienststellen (ZMD) ebenfalls durch aus den Teilstreitkräften ausgegliederte Stellen auf etwa 52.000 Stellen erweitert, die u. a. in den neuen Kommandobehörden Streitkräfteunterstützungskommando, Einsatzführungskommando und dem Kommando Strategische Aufklärung organisiert sind. Die Streitkräftebasis nimmt künftig Querschnittsaufgaben wahr, wozu insbesondere Führung, Aufklärung, Unterstützung und Ausbildung gehören.23

Entwurf eines Sechsten Besoldungsänderungsgesetzes durch das Gesetzgebungsverfahren gebracht; damit ist die künftige Struktur der Bundeswehr „beschlossene Sache“; um zu verhindern, daß diese Arbeit bereits im Moment der Veröffentlichung über „Schnee von gestern“ berichtet, und weil gegenwärtig bereits Maßnahmen der Umstrukturierung laufen – beispielsweise wird die neu aufgestellte Streitkräftebasis bereits seit 1.10.2000 von einem eigenen Inspekteur geführt –, wird im folgenden dargestellt, wie die Bundeswehr künftig aussehen wird und der auslaufende gegenwärtige Zustand als bekannt vorausgesetzt und nur teilweise in bezug genommen; vgl. zu alledem BMVg, Bundeswehr der Zukunft, 1 ff. 22 Flottille der Marineflieger, Fregattenflottille, Schnellboot-/Korvettenflottille, Flottille der Minenstreitkräfte und U-Boot-Flottille.

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Auch der oft zu den „Geheimdiensten“ gerechnete Militärische Abschirmdienst (MAD) gehört zum militärischen Teil des Verteidigungsressorts und somit zur Bundeswehr im engeren Sinne.24

III. Entstehungsgeschichtlicher Beleg Die Unterscheidung zwischen der Bundeswehr im engeren Sinne und den Komponenten Bundeswehrverwaltung und Militärseelsorge läßt sich historisch bereits bis in die Zeit der Aufstellung der Bundeswehr zurückverfolgen. Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über die Organisation der militärischen Landesverteidigung25, der in der 2. Wahlperiode vom Deutschen Bundestag nicht zur Verabschiedung gebracht werden konnte26 und entgegen dem Gesetzgebungsauftrag des § 66 SoldatenG bis heute nicht in Kraft getreten ist,27 regelte in § 3 „Die Streitkräfte“, in § 9 die „Wehrverwaltung“ und in § 11 die „Militärseelsorge“. Der Entwurf des im wesentlichen selben Gesetzes in der 4. Wahlperiode spricht den weiten Bundeswehrbegriff an, wenn in der Begründung festgestellt wird, daß „Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung [. . .] getrennte Aufgabenzweige der Bundeswehr“ sind.28 Auf diesen Entwurf bezog sich auch der Schriftliche Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines [. . .] Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes – Drucksache IV/891 –, in dem ebenfalls der weite Bundeswehrbegriff verwendet wird, wenn geäußert wird, daß die „Verwendung des Begriffes ,Bundeswehr‘ [. . .] bewußt zum Ausdruck brin-

23 Vgl. zu alledem BMVg, Sachstand der Reform, 7 f.; BMVg, Neuausrichtung der Bundeswehr, 12 ff. 24 Vgl. P. Eichhorn, 178. 25 BTDrucks. 2/2341. 26 Es erfolgte lediglich die 1. Beratung im Bundestag, in der nach der Begründung durch den damaligen BMVg Blank und einer allgemeinen Aussprache die Überweisung an den federführenden Ausschuß für Verteidigung und die mitberatenden Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht sowie für Angelegenheiten der inneren Verwaltung vorgenommen wurde. 27 In der 3. Wahlperiode wurde überhaupt kein entsprechender Entwurf eingebracht; der in der 4. Wahlperiode wiederum eingebrachte Gesetzentwurf über die Organisation der militärischen Landesverteidigung, BTDrucks. 4/3603, kam über das Entwurfsstadium ebenfalls nicht hinaus; M. Lepper, 181, hebt hervor, daß die Verfassung den Erlaß eines Organisationsgesetzes hinsichtlich der Streitkräfte weder ausdrücklich fordert noch verbietet, wobei Art. 87a GG mit der Festlegung der Grundzüge der militärischen Organisation durch Haushaltsgesetz nur einen Minimalstandard festlegt, ohne eine Regelung durch ein Gesetz im materiellen Sinne auszuschließen. 28 BTDrucks. 4/3603, 4.

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2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

gen [soll], daß die Ausnahme [. . .] nicht nur für die Streitkräfte, sondern auch für die Bundeswehrverwaltung gelten soll“.29 Für den engeren Begriff läßt sich exemplarisch die Aussage des Abgeordneten Mende (FDP) in der 2. Beratung des Entwurfs des SoldatenG im Bundestag heranziehen, der referierte, daß der ursprünglich als Oberbegriff der Teilstreitkräfte vorgesehene Begriff Gesamtstreitkräfte durch die Gattungsbezeichnung Bundeswehr ersetzt werden sollte.30 Daß gerade in den Normen des SoldatenG der engere Bundeswehrbegriff gebraucht wird, wird durch die Betrachtung des diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahrens bestätigt, in dem der von der Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten31 durchgängig den Begriff Streitkräfte enthielt, wohingegen die letztendlich verabschiedete Fassung aufgrund von Änderungsvorschlägen des Verteidigungsausschusses diesen Begriff im gesamten Gesetz durch den Begriff Bundeswehr ersetzte.32

IV. Abgrenzung der über die Bundeswehr im engeren Sinne hinausgehenden Komponenten Zur Verdeutlichung, welche Komponenten die Bundeswehr im weiteren Sinne über die Bundeswehr im engeren Sinne hinaus umfaßt, soll ein Überblick darüber gegeben werden, was sich hinter den Begriffen Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge verbirgt. 1. Rechtspflege der Bundeswehr Zur Rechtspflege der Bundeswehr33 gehört die Wehrdienstgerichtsbarkeit in Form der Truppendienstgerichte34 und der Wehrdienstsenate des BVerwG35 sowie die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft, bestehend aus den Wehrdiszi29

BTDrucks. zu 4/3494, 26. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6829A; Mende selbst bevorzugte den Begriff Wehrmacht; der Verteidigungsausschuß entschied sich letztendlich trotz einer Befragung der Öffentlichkeit durch Meinungsforschungsinstitute, die eine deutliche Mehrheit zugunsten von „Wehrmacht“ ergeben hatte, mit 18 zu 8 Stimmen für „Bundeswehr“, vgl. dazu Mende, a. a. O. 31 BTDrucks. 2/1700. 32 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz) – Drucksache 1700 –, BTDrucks. 2/2140, 3. 33 BMVg, Weißbuch 1994, 145 f., spricht vom Rechtswesen der Bundeswehr, ohne daß eine inhaltliche Abweichung vorliegt; in aktuellen Äußerungen hingegen ist von der Rechtspflege die Rede, vgl. www.bundeswehr.de/a_bis_z/R.html. 30

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plinaranwälten bei den Truppendienstgerichten und dem Bundeswehrdisziplinaranwalt beim BVerwG.36 Letztere nimmt für den Bereich der Bundeswehr die Funktion der Ermittlungs-, Anklage- und Vollstreckungsbehörde in Wehrdisziplinarangelegenheiten wahr, wie sie im zivilen Bereich in bezug auf Straftaten die Staatsanwaltschaft innehat. Hinzukommen die Rechtsberater, die von der Divisionsebene aufwärts den Kommandeuren als persönliche Berater in dienstlichen Rechtsangelegenheiten zur Seite stehen, und die Rechtslehrer an Schulen und Akademien der Streitkräfte, die dort Rechtsunterricht auf den Gebieten des Staats-, Wehr- und Völkerrechts sowie des Rechts der Vereinten Nationen erteilen.37 Nicht zur Rechtspflege der Bundeswehr gehört die für den Verteidigungsfall vorgesehene Wehrstrafgerichtsbarkeit nach Art. 96a Abs. 2 GG, weil diese zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz zu rechnen ist.38 2. Militärseelsorge Militärseelsorge ist der von den Kirchen geleistete und vom Staat sowohl gewünschte als auch unterstützte Beitrag zur Sicherung der freien Religionsausübung der Soldaten. Militärseelsorge wird von den Militärgeistlichen an den Standorten der Bundeswehr, bei den schwimmenden und fliegenden Verbänden der Marine, an den Schulen und Universitäten der Bundeswehr und in den Bundeswehrkrankenhäusern durchgeführt. Diese sind hauptamtlich tätig und tragen den Status von Beamten auf Zeit. Die Aufgaben der Militärgeistlichen umfassen u. a. die Feier von Gottesdiensten, die Durchführung von Exerzitien und Werkwochen sowie des regelmäßigen lebenskundlichen Unterrichts für alle teilnahmewilligen Soldaten, die Einzelseelsorge und andere Amtshandlungen, für die Militärgeistliche zuständig sind. Da die Militärgeistlichen in Ausübung ihres geistlichen Auftrages handeln, sind sie nur ihren Kirchen verantwortlich, handeln in deren Auftrag, sind von staatlichen Weisungen unabhängig und militärischen Vorgesetzten nicht unterstellt.39 Kirchlich wird die Militärseelsorge von jeweils einem evange34 Es existieren die Truppendienstgerichte Nord und Süd mit jeweils 12, bzw. 10 Truppendienstkammern, vgl. BMVg, Weißbuch 1994, 145. 35 In bezug auf die Wehrdienstsenate des BVerwG ist zu beachten, daß diese als Teil des BVerwG zum Ressort des Bundesministers der Justiz (BMJ) gehören und insofern begrifflich nicht Teil der Bundeswehr im weiteren Sinne sein können, da diese zum Verteidigungsressort gehört. 36 BMVg, Weißbuch 1994, 146; www.bundeswehr.de/a_bis_z/R.html; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13. 37 BMVg, Weißbuch 1994, 146; www.bundeswehr.de/a_bis_z/R.html; zu allen Bestandteilen der Rechtspflege der Bundeswehr vgl. D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (302), Fn. 3. 38 K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13.

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lischen oder katholischen Militärbischof geleitet. Diese stehen hierbei in keinem Dienstverhältnis zum Staat. Als Folge der staatskirchenrechtlichen Vereinbarungen obliegt die Wahrnehmung der zentralen Verwaltungsaufgaben in bezug auf die Militärseelsorge dem Katholischen Militärbischofsamt und dem Evangelischen Kirchenamt für die Bundeswehr, die insoweit dem Bundesministerium der Verteidigung nachgeordnet sind.40 3. Bundeswehrverwaltung Die zum Ressort des BMVg gehörende Bundeswehrverwaltung, die nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung auch die zuvor dargestellte Rechtspflege der Bundeswehr umfaßt, ist in der bundesrepublikanischen Verfassungsordnung nach Art. 87b GG von der Bundeswehr im engeren Sinne getrennt.41 Dies ist nicht nur eine reine Organisationsentscheidung sondern zugleich ein Verfassungsgebot.42 Die Bundeswehrverwaltung unterscheidet sich in Struktur, Arbeitsweise und personeller Besetzung grundsätzlich nicht von anderen Bundesverwaltungen und folgt den allgemeinen Regeln des Verwaltungshandelns.43 Sie dient nach Art. 87b Abs. 1 S. 2 GG den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte. Das Personalwesen umfaßt nicht nur die Personalverwaltung inklusive des Beamten- und Arbeitsrechts einschließlich des Dienst-, Besoldungs- und Arbeitszeitrechts, des Versorgungswesens und der Berufsförderung, sondern auch das Wehrbeschwerde- und Wehrdisziplinarrecht.44 Unter dem Aspekt der Aus- und Fortbildung des Personals wird auch die Errichtung von wissenschaftlichen Hochschulen der Bundeswehr kompetentiell für gerechtfertigt erachtet.45 Der Deckung des Sachbedarfs widmet sich die Liegenschafts- und Unterkunftsverwaltung, das Beschaffungs-, das Lager- und das Instandsetzungswesen46 sowie das Haushaltswe39 Diese Ausgestaltung der Militärseelsorge basiert auf staatskirchenrechtlichen Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der katholischen beziehungsweise evangelischen Kirche im Militärseelsorgevertrag aus dem Jahre 1957. 40 Vgl. insgesamt zur Militärseelsorge: BMVg, Weißbuch 1994, 147, und www.bundeswehr.de/bundeswehr/militärseelsorge/index.html. 41 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 5; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87b, Rn. 2. 42 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 5; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87b, Rn. 2; A. Sturm, 22 f. 43 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 5; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 866. 44 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 97; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 8. 45 B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87b, Rn. 2. 46 BVerwG, DVBl. 1997, 954; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 10.

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sen.47 Soweit dies aus Gründen der Praktikabilität unvermeidlich ist, wird der Sachbedarf der Streitkräfte auch von diesen selbst im Wege der militärischen Logistik gedeckt, was allgemein akzeptiert und mit Art. 87b GG für vereinbar gehalten wird.48 Die Rüstungsforschung soll noch zur unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs erfolgen, nicht mehr jedoch die Rüstungsgesamtplanung.49 Zu beiden Begriffen soll eine abschließende Aufzählung nicht möglich sein; entscheidend sei in Zweifelsfällen der unmittelbare Bezug zur Bundeswehr im engeren Sinne und deren Funktionen.50 Die Definitionen der Bundeswehrverwaltung und die Darstellungen ihres Aufbaus in einem großen Teil der das Thema behandelnden Literatur51 können hier nicht zur Konkretisierung angeführt werden, weil sich mit den Strukturveränderungen in bezug auf die Bundeswehr im engeren Sinne über die Jahrzehnte ihres Bestehens auch die Struktur der Bundeswehrverwaltung verändert hat. Aus gegenwärtiger Sicht besteht die Bundeswehrverwaltung aus drei Säulen: Der Territorialen Wehrverwaltung, der Rüstungsverwaltung und der Verwaltung in der Truppe.52 47 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 97; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 8, spricht in bezug auf letzteres vom „Kassen- und Rechnungswesen“; insgesamt übereinstimmend J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87b, Rn. 6. 48 BVerwG, DVBl. 1997, 954. 49 B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87b, Rn. 2; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 8. 50 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 97; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87b, Rn. 19; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87b, Rn. 2. 51 Vgl. nur A. Sturm, 18 ff., dessen Arbeit teilweise in bezug auf Details bereits überholt ist. 52 Vgl. www.bundeswehr.de/bundeswehr/wehrverwaltung/index.html und www. bundeswehr.de/bundeswehr/ruestung/index.html; BMVg, Weißbuch 1994, 129; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 35; soweit teilweise nur von zwei Bereichen gesprochen wird, sind diese Stimmen jedoch insofern ungenau und stehen der hier getroffenen Einteilung deshalb nicht entgegen, da sie stets die Verwaltung in der Truppe – bzw. Truppenverwaltung – aufführen, ohne sie jedoch einem der anderen Bereiche zuzuordnen oder sie – konsequent – als eigenen Bereich aufzuführen; soweit A. Sturm, 18 ff. von vier Säulen ausgeht, indem er die „Zentralen Lehrinstitute, z. B. Bundesakademie für Wehrverwaltung und -technik, Bundeswehrverwaltungsschulen und Bundessprachenamt“ als Behörden des besonderen Aufgabenbereichs als eigene Säule neben den anderen klassifiziert, ist dies gegenwärtig nicht mehr haltbar; ob Sturms Auffassung schlicht durch die Zeitläufte überholt wurde oder ob es sich um eine Fehleinschätzung handelt, ist nicht nachvollziehbar; angesichts der klaren Zuordnung der genannten Dienststellen zur Territorialen Wehrverwaltung durch das BMVg selbst in den vorstehend genannten Äußerungen ist die Existenz einer vierten Säule abzulehnen; die Frage hat zudem in bezug auf diese Arbeit keine Bedeutung, da alle genannten Dienststellen – unabhängig von der Frage, ob sie eine ei-

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2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

a) Territoriale Wehrverwaltung Der umfangreichste Teil ist die Territoriale Wehrverwaltung.53 Ihre Aufgabe ist es, den Personal- und Sachbedarf der Streitkräfte zu decken. Zugleich ist sie zuständig für den Umweltschutz sowie die Arbeitssicherheit in der Bundeswehr. In der Territorialen Wehrverwaltung sind derzeit rund 57.000 zivile Bedienstete beschäftigt, die sowohl in Beamten- als auch in Angestelltenverhältnissen ihren Dienst versehen. In ihrem Aufbau orientiert sich die Territoriale Wehrverwaltung an der Organisation der Streitkräfte und deckt das gesamte Bundesgebiet ab. Der Abteilung Wehrverwaltung, Infrastruktur und Umweltschutz (WV) im BMVg obliegt die Organisation und Dienstaufsicht über die nachgeordneten Dienststellen. Zugleich nimmt sie die Fachaufsicht für das Wehrersatzwesen, die Infrastruktur sowie für das Verpflegungs- und Bekleidungswesen wahr. Darüber hinaus liegt bei ihr die Verantwortlichkeit für die Grundsätze des Umweltschutzes und der Arbeitssicherheit in der Bundeswehr. Der ministerialen Ebene nachgeordnet ist das Bundesamt für Wehrverwaltung als Bundesoberbehörde,54 welches unter sich die sieben Wehrbereichsverwaltungen (WBV) als Mittelbehörden55 hat, und zudem die Bundeswehrverwaltungsstellen im Ausland56 und die Kleiderkasse für die Bundeswehr57 führt.58 Der räumliche Zuständigkeitsbereich der Wehrbereichsverwaltungen ist identisch mit den Verantwortungsbereichen der militärischen Wehrbereichskommandos, die – derzeit in Fusion mit den Divisionsstäben des Heeres – das gesamte Gebiet der Bundesrepublik abdecken. Zur unteren Verwaltungsebene der Territorialen Wehrverwaltung gehören die Standortverwaltungen, die Kreiswehrersatzämter sowie die Verpflegungs- und Bekleidungsämter, bzw. -zentren.59 Derzeit gene „Säule“ der Bundeswehrverwaltung darstellen – jedenfalls Teil der Bundeswehrverwaltung und somit der Bundeswehr im weiteren Sinne sind, ohne Teil der Bundeswehr im engeren Sinne zu sein; insofern herrscht Einigkeit. 53 BMVg, Weißbuch 1994, 129; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3; A. Sturm, 18 ff. bezeichnet diese ohne materiellen Unterschied als „allgemeine Bundeswehrverwaltung“. 54 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3. 55 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 100; B. SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 1; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3; A. Sturm, 18 ff. 56 Nach K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 868, nehmen diese Aufgaben der mittleren und unteren Ebene der Territorialen Wehrverwaltung wahr. 57 D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (302); K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 868, hingegen sieht diese als Betrieb i. S. v. § 26 BHO an. 58 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3. 59 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 100; B. SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 1; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3.

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124 Standortverwaltungen (StOV) unterstützen die Truppenteile und Dienststellen der Bundeswehr im engeren Sinne unmittelbar. Hauptaufgabe der derzeit 83 Kreiswehrersatzämter (KWEA) ist die Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen zum Grundwehrdienst sowie von Reservisten zu Wehrübungen. Zudem sind sie für die Berufsförderung der Soldaten zuständig und stellen durch personelle und materielle Mobilmachungsergänzung den Aufwuchs der Streitkräfte in Krise und Krieg sicher. Die Verpflegungswirtschaft der Bundeswehr, die täglich etwa 220.000 Soldaten zu versorgen hat, wird durch die Wehrbereichsverpflegungsämter wahrgenommen. In bezug auf die Bekleidung der Soldaten, die für die gesamte Bundeswehr im engeren Sinne die Bewirtschaftung von ca. 12.000 Bekleidungsartikeln erfordert, werden die Wehrbereichsbekleidungsämter tätig. Als weitere Dienststellen sind dem BMVg unmittelbar das Bundessprachenamt, die Bundesakademie für Wehrverwaltung und Wehrtechnik, die Fachhochschule des Bundes für Öffentliche Verwaltung – Fachbereich Bundeswehrverwaltung – und die Bundeswehrverwaltungsschulen I-IV unterstellt60.61 b) Rüstungsverwaltung Die Rüstungsverwaltung hingegen hat die gesamte Ausrüstung der Streitkräfte von den komplexen Waffensystemen über die Informationstechnik bis zur persönlichen Ausrüstung der Soldaten sicherzustellen. Dazu werden u. a. technologische Entwicklungen und Forschungsergebnisse für die militärische Nutzung bewertet. Für Leistungen und Lieferungen an die Bundeswehr schließt der Rüstungsbereich Verträge mit der Industrie und der inund ausländischen gewerblichen Wirtschaft. Die Hauptabteilung Rüstung im BMVg plant die Rüstungsaufgaben. Sie lenkt und überwacht das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB). Gleichzeitig ist sie verantwortlich für Forschung, Entwicklung und Beschaffung der Ausrüstung und Waffensysteme der Streitkräfte.62 Neben der Bundesoberbehörde63 BWB ist 60 K. Stern, StaatsR II, § 42 III 5, 868, bezeichnet die letzteren Einrichtungen als „Ausbildungseinrichtungen und Dienststellen mit besonderen Aufgaben“; zudem differenziert er zwischen „Bundeswehrverwaltungsschulen“ und „Bundeswehrfachschulen“; dies entsprach der Struktur, die noch in BMVg, Weißbuch 1994, 129, dargestellt wurde; allein von „Bundeswehrverwaltungsfachschulen“ spricht M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3, in diesem Zusammenhang und ordnet die „Bundeswehrfachschulen“ bei den unteren Verwaltungsbehörden ein, die den WBVen unterstellt sind; dies entspricht ebenfalls der Struktur aus BMVg, Weißbuch 1994, 129. 61 Vgl. zur Territorialen Wehrverwaltung: www.bundeswehr.de/bundeswehr/wehrverwaltung/index. html und D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (302 f.). 62 BMVg, Weißbuch 1994, 130. 63 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87b, Rn. 3.

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2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

der Hauptabteilung Rüstung innerministerial die Abteilung Rüstung unterstellt, welche die für die Rüstung zuständigen Unterabteilungen des BMVg führt. Das BWB nimmt als Kernaufgaben die Feststellung und Bewertung von Forschungsergebnissen, die Mitarbeit bei der Ermittlung des Ausrüstungsbedarfs der Streitkräfte und bei der Erarbeitung technisch-wirtschaftlicher Lösungen, das Management der Rüstungsvorhaben, die technischwirtschaftliche Betreuung des Wehrmaterials während der Nutzung in den Streitkräften und die Verwertung von ausgesondertem Material wahr. Dem BWB unterstehen sieben jeweils auf bestimmte Bereiche spezialisierte wehrtechnische Dienststellen und drei ebenfalls spezialisierte wehrwissenschaftliche Dienststellen sowie das Marinearsenal und die Deutsche Verbindungsstelle des Rüstungsbereichs.64 c) Verwaltung in der Truppe Teil der Bundeswehrverwaltung ist auch die sog. Verwaltung in der Truppe, bei der zivile Mitarbeiter in die Organisationsstruktur der Bundeswehr im engeren Sinne integriert – also Teil der „Truppe“ – sind und zum Aufgabenbereich der Bundeswehrverwaltung gehörende Aufgaben wahrnehmen, die jedoch mit der militärischen Einsatzführung unmittelbar verknüpft sind.65 Verwaltung in der Truppe existiert bei den höheren Kommandobehörden66 in Form der Abteilung Verwaltung und bei Verbänden,67 Dienststellen und Bundeswehrkrankenhäusern68 in Form der Truppenverwaltung.69 Hierbei unterstehen die zivilen Mitarbeiter den militärischen Kommandeuren oder den Leitern militärischer Dienststellen und nehmen Aufgaben auf den Gebieten des Haushalts-, des Personal- und Tarifwesens, der Gebührnisund Fürsorgeangelegenheiten sowie Versorgungsaufgaben auf den Gebieten Verpflegung und Bekleidung wahr.70 Die Kommandeure oder Dienststellenleiter sind dann für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Aufgaben verantwortlich.71 Die zivilen Mitarbeiter sind gleichwohl weiterhin Teil der Bundeswehrverwaltung.72 64 Zu den dem BWB unterstellten Dienststellen auch D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (302 ff.); vgl. zur Rüstungsverwaltung insgesamt: www.bundeswehr.de/bundeswehr/ruestung/start.html. 65 BMVg, Weißbuch 1994, 131; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 35. 66 Militärterminologisch also von der Division aufwärts. 67 Militärterminologisch Bataillone oder Geschwader. 68 A. Sturm, 20 f., bezeichnet diese als Wirtschaftstruppenteile, die er definiert als „Truppenteile mit eigenem Verwaltungsapparat und Kompetenz zu selbständiger Haushaltsführung“. 69 BMVg, Weißbuch 1994, 131; A. Sturm, 20 f. 70 Vgl. www.bundeswehr.de/a_bis_z/T.html.

A. Begriff der Bundeswehr

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d) Reform der Bundeswehrverwaltung Im Zuge der Strukturreform der Bundeswehr, die in bezug auf die Bundeswehr im engeren Sinne bereits ab Mitte 2001 beginnend umgesetzt wurde, wird auch die Territoriale Wehrverwaltung verkleinert, was zwingend zu Umstrukturierungen und einer Neuverteilung von Aufgaben führt. Da diese Umstrukturierungen jedoch vorrangig im Zeitraum von 2002 bis 2004 durchgeführt werden und erst im Jahr 2006 abgeschlossen sein werden73, wurde zuvor die derzeitige Struktur mit den gegenwärtigen Zahlen dargestellt. Vorgesehen ist jedoch eine Reduzierung der Wehrbereichsverwaltungen von sieben auf vier, der Standortverwaltungen von 124 auf 74, der Kreiswehrersatzämter von 83 auf 81 und der Bundeswehrfachschulen von 21 auf 10.74 Nicht nur quantitativ, sondern auch konzeptionell soll sich erhebliches ändern. Eine Schlüsselrolle soll hierbei der schon 2000 gegründeten privatrechtlich organisierten Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (g-e-b-b) zukommen, deren Aufgabe es sein soll, die Leitung des BMVg zu unterstützen und bei Bedarfsdeckung und Betrieb der Bundeswehr ein Höchstmaß an Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Dabei soll sie Beratungs-, Controlling- sowie operative Aufgaben wahrnehmen und dazu Pilotprojekte begleiten, potentielle Beschaffungsoptionen einschließlich alternativer Finanzierungsmodelle analysieren und dem BMVg anhand unternehmerischer Kriterien den wirtschaftlichsten Realisierungsweg vorschlagen.75

V. Ergebnis Den über die Bundeswehr im engeren Sinne hinausgehenden Komponenten der Bundeswehr im weiteren Sinne – also der Bundeswehrverwaltung, der Rechtspflege der Bundeswehr und der Militärseelsorge – möchte sich diese Arbeit in bezug auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Verwendung der Bundeswehr im Hinblick auf die Komplexe Großveranstaltun71

BMVg, Weißbuch 1994, 131; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87b, Rn. 12. Vgl. www.bundeswehr.de/a_bis_z/T.html; D. Walz, NZWehrr 1997, 89 (95); J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87b, Rn. 12, die in. Fn. 22 auch zur umstrittenen Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieses Organisationsmodells und in Rn. 14 zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Ausgestaltung der Truppenverwaltung und der Aufgabenzuweisung an sie Stellung nimmt; in verfassungsrechtlicher Hinsicht ebenfalls kritisch D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (313 ff.). 73 Vgl. BMVg, Sachstand der Reform, 9. 74 Vgl. BMVg, Sachstand der Reform, 8. 75 Vgl. BMVg, Sachstand der Reform, 18; aufgrund erster Erfahrungen mit der praktischen Tätigkeit der g-e-b-b ist festzustellen, daß mögliches Einsparpotential bisher nicht in hinreichendem Umfang realisiert wird. 72

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2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

gen und Terroristische Bedrohungen nicht widmen. Diese Selbstbeschränkung soll die Problemstellung vom Umfang her handhabbar machen und fokussiert auf die Bundeswehr im engeren Sinne, weil deren Verwendung im Inneren als ungleich problematischer angesehen wird als die Verwendung der sonstigen Komponenten. Vor allem verfügen die über die Bundeswehr im engeren Sinne hinausgehenden Komponenten nicht über Kapazitäten zur Abwehr terroristischer Bedrohungen. Behandelt wird nur die Verwendung des uniformierten Teils der Bundeswehr – also der Bundeswehr im engeren Sinne. Zur Vereinfachung ist fortan immer die Bundeswehr im engeren Sinne (i. e. S.) gemeint, wenn einfach von der Bundeswehr gesprochen wird, soweit keine konkretisierenden Zusätze benutzt werden.

B. Begriff der Verwendung Der ebenfalls bereits durch den Titel der Arbeit vorgegebene zentrale Begriff der Verwendung wird in dieser Arbeit als der abstrakteste auf die Tätigkeit der Bundeswehr i. e. S. bezogene Begriff gebraucht, der die Implikationen, die in dem in Art. 87a Abs. 2 GG gebrauchten Begriff des Einsetzens liegen, durch seine als umfassend verstandene Formulierung vermeidet.76 Unter einer Verwendung versteht die vorliegende Arbeit deshalb jede irgendwie geartete Tätigkeit der Bundeswehr i. e. S., die grundsätzlich vom Willen der politischen Leitung umfaßt ist. Durch letzteres Merkmal sollen eigenmächtige Tätigkeiten von einzelnen Soldaten oder Soldatengruppen aus dem Verwendungsbegriff ausgeschieden werden. Theoretisch kann danach jede Einzelmaßnahme eines Angehörigen der Bundeswehr i. e. S., die als solche der Bundeswehr i. e. S. als Gesamtheit zuzurechnen ist, eine Verwendung in diesem Sinne sein. In der vorliegenden Arbeit werden aufgrund der Orientierung an den ausgewählten Problemsituationen nur die in bezug auf diese Situationen in Betracht kommenden Verwendungen untersucht.77

C. Notstandsbezogene Begriffe Die Wehrverfassung der Bundesrepublik Deutschland78 ist im Grundgesetz nicht etwa in einem eigenen Abschnitt – z. B. mit dem Titel Die Streit76

So auch S. Brunner, 33; M. Schultz, 154 f. Zu den Problemsituationen vgl. unten 3. Teil. 78 Mit diesem Begriff wird gemeinhin die Gesamtheit derjenigen Verfassungsvorschriften bezeichnet, die militärische Tatbestände regeln, mithin das in der Verfassung enthaltene Wehrrecht, vgl. A. Coridaß, 15, Fn. 1; zu anderen, etwas weiteren Verständnisweisen, vgl. M. Lepper, 53: „die staatsrechtliche Grundlage der gewählten Wehrform eines Staates“; wegen seiner Geläufigkeit soll dieser Begriff auch in 77

C. Notstandsbezogene Begriffe

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kräfte – zusammengefaßt. Vielmehr finden sich die Vorschriften über das GG verteilt in dem Zusammenhang, in dem sie relevant werden.79 Die Zentralnorm ist Art. 87a GG, der in seinem Abs. 1 regelt, daß der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt und daß zahlenmäßige Stärke und Grundzüge ihrer Organisation sich aus dem Haushaltsplan ergeben. Abs. 2 bestimmt, daß andere Einsätze als solche zur Verteidigung nur zulässig sind, soweit das Grundgesetz sie ausdrücklich zuläßt. „Einsätze“ der Streitkräfte sind danach also nur dann zulässig, wenn sie zur Verteidigung im Sinne des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG erfolgen oder durch das Grundgesetz selbst ausdrücklich zugelassen sind.80 Die Hervorhebung, daß dies für Einsätze im Sinne des Art. 87a Abs. 2 GG gilt, ist deswegen von Bedeutung, weil seit Schaffung des Art. 87a GG besondere Anforderungen an den Einsatzbegriff gestellt wurden. Nicht jede Verwendung der Streitkräfte soll ein Einsatz in diesem Sinne sein. Nach herkömmlicher Sichtweise ist der Teil der Verwendungen, der unterhalb der Einsatzschwelle nach Art. 87a Abs. 2 GG bleibt, unabhängig davon, ob er zur Verteidigung erfolgt oder ob eine ausdrückliche Zulassung in der Verfassung vorliegt, im Hinblick auf Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG zulässig. Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG sind Fälle ausdrücklicher Zulassung von Verwendungen in der Verfassung. Abs. 3 eröffnet den Streitkräften Kompetenzen zum Schutz ziviler Objekte und zur Verkehrsregelung im Spannungs- und Verteidigungsfall, die teilweise ipso iure, teilweise durch Übertragung zur Anwendung kommen können. Abs. 4 ermöglicht den gegenüber der Landeskompetenz subsidiären Streitkräfteeinsatz als ultima ratio im sog. politischen Notstand,81 der der Situation des Art. 91 Abs. 1 GG entspricht. Hinsichtlich des politischen Notstandes unterscheidet Art. 91 GG zwischen dem regionalen politischen Notstand, Art. 91 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG, als dem Fall, in dem die Gefahr nur innerhalb des Staatsgebietes eines Bundeslandes besteht, und dem überregionalen politischen Notstand, Art. dieser Arbeit zur zusammenfassenden Bezeichnung jener Normen benutzt werden; dies soll jedoch nicht im Sinne einer Auflösung der Einheitlichkeit des Grundgesetzes als einer Verfassung verstanden werden. 79 W. Grubert, 206; W. Speth, 8; U. Schopohl, 55. 80 Eine sehr schöne Übersicht, wann Verwendungen der Bundeswehr zulässig sind, findet sich bei N. Philippi, 35. 81 Dieser wird von manchen in Abgrenzung zum auch den Katastrophennotstand i. S. v. Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3 GG umfassenden inneren Notstand im weiteren Sinne auch innerer Notstand im engeren Sinne genannt, vgl. z. B. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 99; hier soll jedoch im weiteren zur Vermeidung von Unklarheiten in bezug auf die Situation des Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 2 GG allein vom politischen Notstand gesprochen werden; ähnlich W. Speth, 42 f.; zu den verschiedenen Varianten von Notständen und den entsprechenden Begriffen vgl. W. Speth, 40 f.

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2. Teil: Bestimmung nicht-verfassungsrechtlicher Begriffe

91 Abs. 2 S. 3 GG, als dem Fall, in dem sich die Gefahr auf das Gebiet mehrerer Länder erstreckt.82 Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG lassen ebenfalls ausdrücklich Streitkräfteeinsätze zu. Abs. 2 S. 2 regelt den Fall des sog. regionalen Katastrophennotstandes, bei dem das Land in letzter Konsequenz Streitkräfte anfordern kann. In Abs. 3 der Norm ist der Fall des sog. überregionalen Katastrophennotstandes geregelt, bei dem der Bund die Streitkräfte als letzte Möglichkeit einsetzen kann. Eine über die vorstehenden Ausführungen hinausgehende Beschäftigung mit einem abstrakten Notstandsbegriff wird nicht vorgenommen.83 Da der Notstand kein Begriff ist, den das GG verwendet,84 hat er keine verfassungsrechtliche Bedeutung, sondern kann allein als Schlagwort und als Chiffre für tatsächliche Situationen verwendet werden. Ob die Bundeswehr i. e. S. jedoch in verfassungsrechtlich zulässiger Weise verwendet werden darf, hängt nicht vom Vorliegen eines Notstandes, sondern vom Vorliegen der Voraussetzungen der entsprechenden grundgesetzlichen Vorschriften ab.85 82 H.-J. Rungweber, 19; Rungweber, a. a. O., 50, spricht wohl nur versehentlich davon, „daß sich die Gefahr auf die Gebiete von mehr als zwei Ländern erstreckt“; zutreffend hebt er in Fn. 169 hervor, daß der Begriff „überregional“ auf die räumliche Ausdehnung der drohenden Gefahr hinweist; P. Eichhorn, stellt zutreffend dar, daß der politische Notstand in vier Normen des GG zu finden ist: in Art. 35 Abs. 1 GG, sofern man die Amtshilfe als eigene Stufe betrachtet, in Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG als allgemeine Norm, desweiteren in Art. 91 Abs. 1 und Abs. 2 GG und schließlich für den Bundeswehreinsatz in Art. 87a Abs. 4 GG. 83 Zum als Synonym zum Inneren Notstand verstandenen Ausnahmezustand vgl. R. Schikowski, 8 ff.; dieser kommt aufgrund einer Betrachtung geschichtlicher, rechtlicher und politischer Merkmale zu einer Begriffsbestimmung für den Ausnahmezustand: „Ein geschichtlicher, innerstaatlicher Vorgang, der, als typische Gefahr für die Existenz des Staates oder seiner Verfassung erkannt, zu seiner Überwindung rechtsstaatliche und politisch-strategische Entscheidungen der Staatsregierung verlangt, die die bestehende Rechtsordnung atypisch beeinflussen“, vgl. R. Schikowski, 12; zur Abgrenzung zu artverwandten Instituten wie dem Gesetzgebungsnotstand, dem Katastrophennotstand usw., vgl. R. Schikowski, 12 ff.; zum Begriff Notstand ebenfalls N.-P. Kleiner, 269 f., sowie E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 1 ff.; zu notstandsbezogenen Begrifflichkeiten vgl. H. Oberreuter, 9 ff.; K. Stern, StaatsR II, § 56 I 1, 1455; zum Staatsnotstand H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 23 ff. 84 Vgl. H.-J. Rungweber, 2; W. Speth, 37; vor 1968 war der Begriff in Art. 143 GG a. F. enthalten; der verfassungsändernde Gesetzgeber hat sich 1968 bewußt für eine möglichst genaue Beschreibung denkbarer Notstandsfälle entschieden, um die bei Verwendung einer Generalklausel für den Notstand stärker bestehende Gefahr des Mißbrauchs dieser Regelung zu reduzieren, vgl. W. Speth, 37; ebenso D. Keidel, 18. 85 Aus denselben Erwägungen heraus verzichtet auch D. Keidel, 18, auf eine abstrakte Bestimmung des Notstandsfalls.

3. Teil:

Problematische Situationen und zu untersuchende Verwendungen Entsprechend der Absicht, die abstrakten Begriffe des Verfassungstextes in den Tatbeständen der Vorschriften, die für eine Verwendung der Bundeswehr i. e. S. zur Terrorabwehr im Inneren Bedeutung haben, durch möglichst konkrete Begriffe zu ersetzen und mit jenen Situationen der Wirklichkeit, deren Bewältigung geboten scheint, in Beziehung zu setzen, sollen diese Situationen nachfolgend herausgearbeitet werden. Es handelt sich um die sich überschneidenden Komplexe der Großveranstaltungen und der Abwehr terroristischer Bedrohungen.

A. Großveranstaltungen Von W. Schäuble genannt wurde eine denkbare Verwendung der Streitkräfte bei Großveranstaltungen, die die personellen Möglichkeiten der Polizei übersteigen und bei denen sich insofern ein Rückgriff auf die personellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S. anzubieten scheint.1 Als Fälle solcher Großveranstaltungen schwebten ihm sportlich, politisch oder sonst gesellschaftlich besonders wichtige Veranstaltungen vor, wie z. B. eine Fußballweltmeisterschaft oder ein politisches „Gipfeltreffen“.2 Bei Veranstaltungen dieser Größenordnung ist häufig ein besonders hoher Personalbedarf für Organisation, Logistik oder Absicherungsmaßnahmen erforderlich. Hier kann es zu personellen Engpässen bei den hierfür originär zuständigen Behörden oder Organisationen kommen, was einen Einsatz von Personal der Streitkräfte in Betracht kommen läßt. Konkret zu erwägen ist eine Nutzung des Potentials der Bundeswehr i. e. S. bei sportlichen oder politischen Großveranstaltungen in mehrfacher Hinsicht: 1 Ebenfalls in diese Richtung äußerte sich im 3. Notstandshearing der Münchener Polizeipräsident Schreiber, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 58. 2 Beispielsweise „Weltwirtschaftsgipfel“, „NATO-Gipfel“, „EU-Gipfel“, „G-8Gipfel“, z. B. im Juni 1999 in Köln als „Doppelgipfel“ von EU-Gipfel und G-8-Gipfel.

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3. Teil: Problematische Situationen

• Nutzung der Führungsorganisation verschiedener Hierarchieebenen der Streitkräfte mit ihren Spezialkenntnissen im Hinblick auf größere „Operationen“, die für die konzeptionelle Planung von Großveranstaltungen ausgesprochen nützlich sein können, und natürlich in der Ausführungsphase für die Leitung eines solchen Vorhabens ebenso gut genutzt werden können; • Nutzung der personellen Ressourcen der Streitkräfte – die schlichte manpower – für eine Vielzahl von organisatorischen, logistischen und technischen Arbeits- und Dienstleistungen in der Vorbereitung einer solchen Großveranstaltung. Insofern kommen Bautätigkeiten durch Pioniere oder durch diesbezüglich nicht-spezialisierte Kräfte sowie Transportleistungen durch alle Truppenteile, die über Kraftfahrzeuge verfügen, in Betracht; • desweiteren die Nutzung der personellen Ressourcen in der Durchführungsphase einer Großveranstaltung für Zwecke der Absicherung der Veranstaltung gegen Störungen und schlicht in der „Ablauforganisation“ durch Personal z. B. als Einweiser auf Parkplätzen, Absperrposten im Zufahrtsbereich oder schlicht als „Türsteher“, die Eintrittskarten abreißen oder Personenkontrollen durchführen. Ebenfalls könnten Soldaten aus dem Verpflegungsbereich für die Verköstigung von Politikern oder sonstigen Teilnehmern auf einem politisch oder wirtschaftlich ausgerichteten Gipfeltreffen oder bei einer sportlichen Großveranstaltung für die Bewirtschaftung von Kantinen und Cafeterien oder für die Versorgung von der allgemeinen Besucherschaft dienenden Lebensmittelständen genutzt werden.3

B. Terroristische Bedrohungen In enger Verbindung zu den vorgenannten Großveranstaltungen mit personell die Ressourcen der originär zuständigen Behörden oder Organisationen übersteigenden Anforderungen stehen die Veranstaltungen, die aufgrund ihrer politischen oder wirtschaftlichen Bedeutung, der aus ihrem Anlaß versammelten politisch oder wirtschaftlich wichtigen Personen oder einfach aufgrund der großen Anzahl der versammelten Menschen ein „lohnendes Ziel“ für terroristische Aktivitäten aller Art sind. Die bereits genannten politischen oder wirtschaftlichen Gipfeltreffen fallen in diese Kategorie. 3

Daß solchen Verwendungen eventuell die aktuelle Erlaßlage seitens des BMVg entgegensteht, ist hierbei zunächst irrelevant; verfassungsrechtlich zulässige und politisch erwünschte Verwendungen könnten insofern durch schlichte Erlaßänderung ermöglicht werden; zu „Hilfeleistungen der Bundeswehr im Frieden“, vgl. O. Gebhardt/H. Strixner, BWV 1977, 175.

B. Terroristische Bedrohungen

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W. Schäuble hob hervor, bei einem in seine Amtszeit als Bundesinnenminister (BMI) gefallenen Weltwirtschaftsgipfel sei das Fehlen von Kapazitäten zur Gewährleistung der Sicherheit der Teilnehmer gegen Bedrohungen aus der Luft deutlich geworden.4 Gleiches gilt für alle sportlichen Großveranstaltungen.5 Bei den Olympischen Spielen in München 1972 soll es Hinweise auf luftgestützte Bombenangriffe auf das Olympiastadion gegeben haben.6 Alle solchen Veranstaltungen sind als Orte und Gelegenheiten von Attentaten oder Geiselnahmen gefährdet.7 Die Streitkräfte können hier als in großer Anzahl vorhandene, im Waffengebrauch geschulte und durch den militärischen Wachdienst in der Absicherung von Einrichtungen erfahrene Kräfte eingesetzt werden. Sie verfügen zudem über Waffensysteme, die bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen sinnvoll und teils sogar notwendig sind, der Polizei oder dem Bundesgrenzschutz jedoch in vielen Fällen nicht zur Verfügung stehen. Hinsichtlich dieser Waffensysteme steht ihnen ausgebildetes und mit den entsprechenden Einsatzverfahren vertrautes Personal zur Verfügung. In Betracht kommen hierbei gepanzerte Fahrzeuge, die zur Darstellung der Abwehrbereitschaft und -fähigkeit schon durch ihre Anwesenheit abschreckenden Charakter haben und zudem bei der Abwehr eines mit hoher Intensität geführten Angriffs oder Attentatsversuchs hilfreich sein können. Hubschrauber können Veranstaltungen aus der Luft sichern und überwachen, da von ihnen aus visuell oder optisch-elektronisch unter Nutzung von Wärmebildtechnik oder mit Restlichtverstärkern aufgeklärt werden kann. Versuche der unbemerkten Annäherung an Objekte können so besser erkannt werden. Sollten Terroristen eine unmittelbar mit Waffengewalt geführte Attacke gegen eine Zielveranstaltung aus der Luft mittels boden- oder luftgestützter Raketen oder durch Beschuß von Luftfahrzeugen her unternehmen, so wäre die Luftwaffe mit ihren Luftfahrzeugen befähigt, terroristengelenkte Luftfahrzeuge zu bekämpfen oder mittels der Raketenabwehr der Luftwaffe oder der Heeresflugabwehr Raketen in der Luft zu zerstören. In den beschriebenen Situationen können Angehörige der Streitkräfte die Polizei nicht nur personell verstärken, sondern es kann auch vorkommen, daß allein diese mit den ihnen eigenen Waffen, Waffensystemen und Kampfmitteln und ihren entsprechenden Fertigkeiten in der Lage sind, eine terroristische Bedrohung ungewöhnlicher und besonders gefährlicher Art abzuwehren. Wohl auf genau diesen Erwägungen fußend forderte 4

FAZ v. 24.12.93, S. 8. Dies belegt in trauriger Deutlichkeit die Geiselnahme israelischer Athleten durch palästinensische Terroristen des „Kommando Schwarzer September“ bei der Olympiade in München 1972, bei deren mißglückter Befreiung neun Sportler umkamen. 6 G. Großmann, Teil II, Rn. 373; P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1321). 7 Interessant nähert sich der Gefährdung großer Ansammlungen von Menschen W. A. Herrmann, Europäische Sicherheit 8/1998, 51. 5

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3. Teil: Problematische Situationen

der 1972 amtierende Münchener Polizeipräsident nach der damaligen Geiselnahme israelischer Sportler für Fälle der offensichtlichen Unterlegenheit der Polizei in bezug auf Ausrüstung und Bewaffnung den Einsatz der Streitkräfte.8 Terroristisch bedroht sind aber nicht nur die angesprochenen Veranstaltungen, sondern ebenso alle technischen Einrichtungen, die aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahren für die Allgemeinheit Ziel von terroristischen Anschlägen mit Vergeltungscharakter sein können. Chemische Anlagen, Atomkraftwerke9 und Talbrückenstaudämme eignen sich aus der Sicht von Terroristen hervorragend, um mit einem punktuellen Angriff sehr großflächig „den Staat“ oder „das System“ – de facto jedoch eine große Zahl von Staatsbürgern – anzugreifen.10 Die Gefährdung durch Terrorismus für solche Einrichtungen ist in industriellen Gesellschaften besonders gegeben, da diese insofern für besonders verwundbar gehalten werden.11 In jüngster Zeit zu trauriger Berühmtheit gelangt – und deshalb auch zentraler Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit – sind die zuvor nicht in dieser Weise international zur Anwendung gekommenen Möglichkeiten, die Terroristen durch das Mittel des sog. Selbstmordattentats zur Verfügung stehen. Beispielhaft sind hierfür die Anschläge auf das World Trade Center in New York City und das Pentagon in Washington, D.C., am 11. September 2001. Die Terroristen hatten Passagierflugzeuge der Luftlinien American und United Airlines entführt und ließen diese sowohl in die Türme des World Trade Center als auch auf das Pentagon stürzen. Auf diese Art ließen sich auch die zuvor angesprochenen Großveranstaltungen angreifen. Ebenso könnten entführte Flugzeuge auch in Deutschland Hochhäuser oder andere Orte mit hohen Zahlen von Anwesenden oder besonders wichtigen Persönlichkeiten attackieren und technische Einrichtungen mit hohem Gefahrenpotential, wie sie bereits angesprochen wurden, zu zerstören suchen. 8

In einer bei W. Grubert, 310, Fn. 537, zitierten Broschüre. Zu Angriffen auf Atomkraftwerke: F. Ossenbühl, NVwZ 2002, 290; H. Sendler, NVwZ 2002, 681; F. Ossenbühl, NVwZ 2002, 1209; H. J. Koch/M. John, DVBl. 2002, 1578; dort wird insbesondere die Pflicht der Polizei oder anderer Behörden von der Betreiberpflicht zur „Eigensicherung“ abgegrenzt. 10 Im Hinblick auf Terroristen, die mit ihren Aktionen einen Staat anzugreifen versuchen, findet sich in der Literatur neben den Begriffen Partisanenkrieg, Kleinkrieg, verdeckter Kampf, petite guerre oder small wars vielfach auch der Begriff der Guerilla, vgl. Vgl. W. Hahlweg, 13; diese wird von Hahlweg in Stadt- und Landguerilla, Kaderguerilla in Großstädten und Guerilla der Flugzeugentführungen differenziert; dieser spricht zudem auch von Terror-Guerillaaktionen, die in einem Land ihre Wurzel haben, jedoch zugleich über die Grenzen dieses Landes hinausgreifen, um System- oder politische Gegner in bisher unbekannten Bereichen zu treffen. 11 Vgl. W. Hahlweg, 13. 9

B. Terroristische Bedrohungen

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So wie die Täter des 11. September 2001 einen an sich „friedlichen“ Alltagsgegenstand ohne Waffencharakter als Waffe benutzten und so entgegen den Erwartungen der Technologiekritiker nicht eine High Tech-, sondern eher eine Low Tech-Attacke ausführten, so lassen sich diverse andere Varianten effektiver Angriffe von Selbstmordattentätern erdenken. Andere Verkehrsmittel können entführt und als Waffen mißbraucht werden. Generell kommen hinsichtlich der Angriffe mittels entführter Flugzeuge, anderer Luftfahrzeuge12 oder sonstiger Verkehrsmittel die Möglichkeiten der Streitkräfte, diese Angriffe zu stoppen, in Betracht. Dies bedeutet notfalls die Zerstörung eines als Waffe mißbrauchten Verkehrsmittels. Im Fall des Passagierflugzeugs ist die Bekämpfung durch Kampfflugzeuge der Luftwaffe oder Kampfhubschrauber der Heeresflieger denkbar. Wiederum ist auch hier der Einsatz der Flugabwehr von Luftwaffe und Heer sinnvoll. Gegen Luftfahrzeuge können ebenfalls die als Fliegerfaust oder shoulder-fired missiles bezeichneten zielsuchenden Boden-Luft-Raketen eingesetzt werden, die erstaunlich effektiv sind.13 Gegen auf dem Boden ausgeführte Angriffe mit entführten Verkehrsmitteln können Heereskräfte mit allen Varianten der Bewaffnung verwendet werden. Von der Panzerfaust über Panzerabwehrlenkflugkörper bis hin zur Artillerie im sog. direkten Richten können daneben auch die Waffensysteme von Panzer-, Panzergrenadier- und Panzeraufklärungstruppe mit ihrer hohen Feuerkraft angewendet werden. All diese Waffen und Waffensysteme können sowohl von den Streitkräften selbst zur Anwendung gebracht als theoretisch auch nicht-militärischen Sicherheitskräften zum Gebrauch überlassen werden. Da es ebenfalls denkbar ist, daß Terroristen Wasserfahrzeuge in ihre Gewalt bringen und diese entweder über das Druckmittel des Wohlergehens der Passagiere14 oder im Wege des Selbstmordattentats benutzen, liegt es auch nahe, über die Verwendung von Einheiten der Marine nachzudenken, um dieser Bedrohungen Herr zu werden. Diese können versuchen, das Schiff, welches für einen Selbstmordanschlag benutzt werden soll, mit Gewalt zu stoppen. Ebenfalls könnten Spezialkräfte der Marine wie Minentaucher oder Kampfschwimmer ein entführtes Passagierschiff bei einem Erpressungsversuch eventuell entern, die Entführer überwältigen und die Geiseln befreien. Für Geiselbefreiungen und ähnliche Aktionen kommen auch die sehr gut ausgebildeten Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK) in Betracht.

12 Zu terroristischen Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs: P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316. 13 Das bekannteste Modell ist die Stinger-Rakete, die ein erfaßtes Ziel nach dem Abschuß selbsttätig verfolgt. 14 Dazu existiert der Präzedenzfall der Entführung des Kreuzfahrtschiffes Achille Lauro durch palästinensische Terroristen in den 80er Jahren.

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3. Teil: Problematische Situationen

Weil öffentliche Gebäude mit wichtigen Personen und alle sonstigen Gebäude, in denen sich politische oder wirtschaftliche Macht manifestieren und in denen sich die entsprechenden Entscheidungsträger und eine Vielzahl von Menschen aufhalten, mögliche Objekte von Anschlägen sind und die Absicherung aller solchen potentiellen Ziele die für die innere Sicherheit an sich zuständigen nicht-militärischen Sicherheitskräfte überfordern kann, wird über den Schutz dieser Gebäude durch die Bundeswehr i. e. S. nachgedacht.15 Diese können dort nicht nur mit normaler infanteristischer Bewaffnung die Absicherung übernehmen und gegebenenfalls Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen, sondern sie können auch auf Dächern oder in der Umgebung mit Flugabwehrhandwaffen Stellung beziehen oder Flugabwehrwaffensysteme wie den Flakpanzer Gepard, das Raketenflugabwehrsystem Roland oder Raketensysteme vom Typ Hawk oder Patriot in der Nähe der zu schützenden Gebäude in Stellung bringen.16 Ein weiteres, keineswegs neues17 Bedrohungsszenario, das in der Folge des 11. September 2001 stärker in den Blickpunkt geriet, folgt aus den Möglichkeiten zur Verwendung von biologischen oder chemischen Kampfstoffen, insbesondere durch Terroristen.18 In den USA stießen die Sicherheitsdienste auf Hinweise darauf, daß Terroristen sich darauf vorbereiteten, Flugzeuge, die zum Versprühen von Chemikalien über landwirtschaftlichen Flächen dienen, zu entführen und mittels dieser gefährliche Stoffe über dichtbesiedelten Gebieten auszubringen.19 Sodann kam es zu Infektionen mit Milzbrandbakterien, einem Relikt der Forschung im Bereich biologischer Kriegsführung.20 In der Bundesrepublik blieb dies bisher ohne kon15 Auch dies ist nicht neu: Schon 1968 legte der damalige Münchener Polizeipräsident Schreiber im 3. Notstandshearing dar, für den Fall eines bewaffneten Aufstandes wären in München bei 806 zu schützenden Objekten 8340 Beamte notwendig; er sah hierfür die Streitkräfte prädestiniert, vgl. Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 57. 16 Als Folge der Terroranschläge vom 11.9.2001 und der im Oktober desselben Jahres auf diese reagierenden amerikanischen und britischen Angriffe auf Afghanistan wurden Soldaten der Bundeswehr zeitweilig zum Objektschutz von Einrichtungen der US-Streitkräfte in der Bundesrepublik verwendet, vgl. dazu BMVg R. Scharping, in: Deutschlandfunk, Informationen am Morgen, 1.11.2001, welcher von „zur Zeit etwa tausend“ Bundeswehrsoldaten sprach, die zum Schutz amerikanischer Liegenschaften eingesetzt würden. 17 1998 äußerte sich dazu kenntnisreich W. A. Herrmann, Europäische Sicherheit 8/1998, 51, der hervorhebt, daß Terroristen weltweit zunehmend chemische oder biologische Stoffe einsetzen; er geht von mehr als 270 solchen Anschlägen seit 1950 aus. 18 Vgl. dazu O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46, der instruktiv sowohl Risiken als auch Schwierigkeiten der Nutzung solcher Kampfmittel durch Terroristen beleuchtet. 19 Dazu ebenfalls O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46 (48).

B. Terroristische Bedrohungen

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krete Nachahmung.21 Auch hier können mit militärischen Mitteln Versuche der Abwehr solcher Luftfahrzeuge unternommen werden.22 Terroristen könnten desweiteren versuchen, Anlagen, in denen Trinkwasser aufbereitet wird, oder Trinkwasserreservoirs und Talsperren zu kontaminieren und auf diese Weise eine große Zahl von Menschen zu schädigen.23 Außerdem könnte man noch darüber nachdenken, ob man Ressourcen des Militärischen Abschirmdienst (MAD) für die präventive und repressive gefahrenabwehrende Tätigkeit heranzieht und an die Seite der Ämter für Verfassungsschutz, der Kriminalämter des Bundes und der Länder und der Bundesanwaltschaft stellt.24 Auch andere Kräfte der Bundeswehr i. e. S. können im Bereich der polizeilichen Tätigkeit an gewissen Stellen personell oder noch mehr materiell notwendig werden, wenn nur die Streitkräfte gewisse Ausrüstungsgegenstände oder technische Mittel haben, die für einen Zweck notwendig sind.25 So kann es notwendig sein, auf in militärischen Luftfahrzeugen installierte Aufklärungsmittel zuzugreifen, mit denen ein besonderer Fahndungserfolg oder die Abwehr einer terroristischen Bedrohung möglich ist. Insofern sind insbesondere die sogenannten Recce20

Anschläge mit diesen hatte zuvor bereits die durch ihr Sarin-Attentat in der Tokioter U-Bahn bekannt gewordene japanische Aum-Sekte ohne Erfolg versucht, vgl. O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46 (47); zu patentrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Milzbrandattacken in den USA vgl. C. Lenz/T. Kieser, NJW 2002, 401. 21 Jedoch wurden Trittbrettfahrer insofern aktiv, als sie verdächtige Briefe an öffentlichen Orten deponierten oder an das Bundeskanzleramt sandten, die sich nach der Verursachung erheblicher Aufregung jedoch als ungefährlich herausstellten, vgl. dazu O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46. 22 Sollte es hier – wie auch bei den gegen Großveranstaltungen, öffentliche Gebäude oder andere Ziele geführten Angriffen – nicht gelingen, einen Anschlag zu verhindern, so ist immerhin darüber nachzudenken, ob Truppenteile der Streitkräfte bei der Bewältigung der Folgen verwendet werden; so wie Bergegerät, Sanitätspersonal und schlicht die manpower nach einem Anschlag auf ein Hochhaus mit einem entführten Passagierflugzeug zur Anwendung kommen kann, so kann bei einem Anschlag mit B- oder C-Waffen das ABC-Abwehrpersonal in spezieller Hinsicht und die Masse der Soldaten, die immerhin in persönlicher ABC-Abwehr mehr Kenntnisse hat als der Bevölkerungsdurchschnitt, tätig werden; all diese Fähigkeiten können teils auch dann herangezogen werden, wenn auf andere Weise B- oder C-Waffen für Anschläge genutzt werden; aufgrund des festgelegten Rahmens dieser Untersuchung werden diese Verwendungsmöglichkeiten jedoch bewußt ausgeklammert. 23 Vgl. zu dieser Bedrohungsart O. Thränert, Europäische Sicherheit 12/2001, 46 (48). 24 Nach W. Speth, 188, Fn. 483, sind Soldaten des MAD bei der Fahndung nach den Entführern von H.-M. Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) „eingesetzt“ worden. 25 W. Speth, 188, Fn. 484, spricht von einem „Antiterroreinsatz der Bundesmarine“ im Oktober 1977.

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3. Teil: Problematische Situationen

Tornados26 der Luftwaffe schon vielfältig für den Versuch der Aufspürung gesuchter Täter oder Opfer von Straftaten in großflächigen ländlichen und eventuell bewaldeten Gebieten genutzt worden. Deren Wärmebild-Aufklärungsmittel können dabei besonders gute Ergebnisse erzielen.

26 „Recce“ steht für das englische recconnaissance, was Aufklärung im militärischen Sinne bedeutet.

4. Teil:

Zulässigkeit als schlichte Verwendung Die Erörterung der problematischen Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Inneren ohne Bezug zur Verteidigung gegen einen militärischen Angriff von außen hat in der Verfassungsordnung des GG bei Art. 87a ihren Ausgang zu nehmen, weil diese Vorschrift gemeinhin als grundlegende Verfassungsnorm bzw. als Zentralnorm für den militärischen Bereich angesehen wird.1 Aus diesem Grunde wird die Zulässigkeit solcher Verwendungen in dieser Arbeit vor allem an dieser Vorschrift gemessen. Hierbei stellt sich die Frage, ob zunächst untersucht werden soll, ob die Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. verfassungsrechtlich zulässig sind, weil sie zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 12 und Abs. 2 GG3 erfolgen, oder ob es sinnvoller ist, unter Fokussierung auf Art. 87a Abs. 2 GG mit der Fragestellung zu beginnen, ob es sich bei diesen Verwendungen um Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG handelt, die zulässig sind, wenn sie entweder zur Verteidigung erfolgen oder im Grundgesetz ausdrücklich zugelassen sind.4 Wenn man diesen Normen die Grundaussage entnimmt, daß jedes Tätigwerden der Streitkräfte, welches zur Verteidigung im Sinne dieser Vorschriften erfolgt, zulässig ist,5 so wäre im Umkehrschluß die Konsequenz, daß alles, was nicht zur Verteidigung erfolgt, unzulässig ist, soweit es nicht im GG ausdrücklich zugelassen ist.6 Dies würde es nahelegen, mit der Ent1 W. Brunkow, 4; A. Coridaß, 16; O. Depenheuer, DVBl. 1997, 685 (687); W. Grubert, 219; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 3; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 1; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 124, 213; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 8; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 2; N.-P. Kleiner, 184; S. J. Lang, 28; J. M. Mössner, 97 (99); U. Schopohl, 67; M. Schultz, 132; W. Speth, 13. 2 Art. 87a Abs. 1 GG lautet: Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. 3 Art. 87a Abs. 2 GG lautet: Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt. 4 Vgl. J. Pannkoke, 252. 5 Diese Aussage wird allgemein anerkannt, vgl. für viele S. J. Lang, 73. 6 Insoweit wird Art. 87a Abs. 2 GG eine Funktion als Verfassungsvorbehalt zugesprochen, vgl. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 26; J. Pannkoke, 202; U. Schopohl, 65, 130.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

faltung des Merkmals zur Verteidigung zu beginnen. Jedoch ist es so, daß Art. 87a Abs. 2 GG nicht jedes Tätigwerden, insbesondere nicht alle Verwendungen der Streitkräfte regelt, sondern den Bezug zur Verteidigung und die ausdrückliche Zulassung im Grundgesetz nur für das Einsetzen der Streitkräfte voraussetzt. Wiederum aufgrund eines argumentum e contrario aus diesem Regelungsmechanismus läßt sich logisch der Schluß ziehen, daß dann, wenn die Streitkräfte nicht eingesetzt werden, sondern es sich um eine sonstige Verwendung ohne Einsatzcharakter handelt,7 diese nicht nur keiner ausdrücklichen Zulassung in der Verfassung bedarf, sondern zudem auch nicht notwendig zur Verteidigung zu erfolgen hat. Diese Konsequenz wird auch uneingeschränkt in der Rechtswissenschaft gezogen.8 Mit dieser impliziten Aussage des Art. 87a Abs. 2 GG ist ein Verständnis des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG nicht vereinbar, welches jegliche Verwendungen an das Erfordernis zur Verteidigung bindet. Diese Voraussetzung gilt deshalb aufgrund einer systematischen Auslegung im Hinblick auf Abs. 29 nur, wenn die Streitkräfte eingesetzt werden. Daraus ergibt sich wiederum, daß es zweckmäßig ist, zunächst zu untersuchen, ob die zu untersuchenden Verwendungen Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sind. Denn nur wenn es sich um solche handelt, bedarf es zu ihrer Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 2 GG, daß sie – als eine mögliche Variante – zur Verteidigung erfolgen. Sind sie es hingegen nicht, so sind sie zwar eventuell noch an anderen verfassungsrechtlichen Schranken zu messen; im Hinblick auf Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG wären sie hingegen uneingeschränkt zulässig.10 Der erste mögliche Zulässigkeitstatbestand für eine Verwendung der Bundeswehr i. e. S. in den Problemsituationen, der hier untersucht werden soll, ist deshalb die Zulässigkeit als sonstige Verwendung ohne Einsatzcharakter bzw. kürzer: als Nicht-Einsatz.11 Aus sprachlichen Gründen sollen diese als 7

Ob solche überhaupt vorstellbar sind oder ob „einsetzen“ schlicht ein Synonym für „verwenden“ ist, bedarf der Erörterung; diesbezüglich siehe unten C.; vorweggenommen sei, daß herkömmlich überwiegend eine Inkongruenz von Einsatz und Verwendung angenommen wird, wobei der Einsatzbegriff der engere Terminus sein soll. 8 Vgl. statt vieler M. Bothe, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 216; E. Schemann, 37 f.; T. M. Spranger, NJW 1999, 1003. 9 Zur systematischen Auslegung im allgemeinen vgl. K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre, Kap. 4, 2. b), 145 ff.: systematische Auslegung erschließt den Bedeutungszusammenhang einer Norm und kann sich auf das reine Normumfeld (im Gesetz, in dem die Norm steht), aber auch auf andere Teile der Rechtsordnung beziehen. 10 H.-G. Franzke, NZWehrr 1996, 189 (191); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 204; R. Geiger, 377. 11 Vgl. R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959).

A. Begriff der Streitkräfte

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schlichte Verwendungen bezeichnet werden. Zu beachten ist, daß das Fehlen der Einsatzqualität nicht positiv die Zulässigkeit feststellt, sondern vielmehr negativ die Unzulässigkeit nach Art. 87a Abs. 2 GG ausschließt. Gerade deshalb ist es denkbar, daß andere Verfassungsbestimmungen oder -prinzipien der Zulässigkeit dieser Verwendungen gleichwohl entgegenstehen. Auf diese wird in der vorliegenden Arbeit aufgrund des ihr gesteckten Rahmens jedoch nicht eingegangen werden. Zu prüfen ist deshalb, ob die zu untersuchenden Verwendungen der Bundeswehr i. e. S.12 Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG oder schlichte Verwendungen sind. Die Regelung in Art. 87a Abs. 2 GG bezieht sich im ganzen jedoch überhaupt nicht auf die Bundeswehr i. e. S. sondern auf die Streitkräfte. Um festzustellen, ob Art. 87a Abs. 2 GG und das darin enthaltene Merkmal des Einsetzens überhaupt auf die Bundeswehr i. e. S. als Gegenstand dieser Arbeit anwendbar sind, ist der verfassungsrechtliche Begriff der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG zu erörtern und zur Bundeswehr i. e. S. in Beziehung zu setzen.

A. Begriff der Streitkräfte I. Meinungsstand In bezug auf den Bedeutungsgehalt der Streitkräfte in Art. 87a GG finden sich verschiedene Aussagen. Am häufigsten antreffen läßt sich die Definition, die Streitkräfte seien „das in der Bundeswehr organisierte militärische Instrument der Bundesrepublik Deutschland“.13 Etwas weiter spricht M. Schultz von der „Institution, die die bewaffnete Macht der Bundesrepublik Deutschland verkörpert“, wobei er, insoweit in Übereinstimmung mit v. Bülow, „alle militärischen, d.h. nach einem Befehlsprinzip organisierten, bewaffneten Verbände, die dem Schutz der Lebensordnung nach außen dienen“, einbezieht.14 Andere definieren formal und funktional Streitkräfte als „denjenigen Teil der zur Verteidigung aufgestellten Kombattantenverbände, 12

Vgl. oben 3. Teil. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 143; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 9; W. Grubert, 197, bezieht noch das „Prinzip von Befehl und Gehorsam“ mit ein; F. Hase, Alternativkommentar, Bd. III, Art. 87a Abs. 4, Rn. 2; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13; P. Karpinski, 12; D. Keidel, 42; J. Pannkoke, 208; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 231; B. SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 3, bezieht noch „moderne Bewaffnung“ ein; H.-J. Rungweber, 176; U. Schopohl, 63; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 862; A. Sturm, 7. 14 M. Schultz, 133; C. v. Bülow, 165. 13

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

der nach Art. 65a GG unter der Befehls- und Kommandogewalt des BMVg (bzw. des Kanzlers nach Art. 115b GG) steht“.15 Auch wird vom „zum militärischen Einsatz bestimmten, militärisch organisierten und an das Befehlsprinzip gebundenen Teil der vollziehenden Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland, also der Bundeswehr unter Ausschluß der Bundeswehrverwaltung“ gesprochen.16 K. Stern definiert die Streitkräfte als einen „nicht-rechtsfähigen Leitungsverband mit streng vorgegebener Zweckerfüllung mit von anderen öffentlich-rechtlichen Verbänden abweichenden besonderen Strukturgesetzlichkeiten“, welche „Befehl und absoluten Gehorsam, einen Kampfauftrag zum Töten unter Einsatz des eigenen Lebens, eine militärisch bedingte Gliederung, die auf Kameradschaft beruhende Zugehörigkeit zu einer Gefahrengemeinschaft sowie die Ausrüstung mit Tod und Vernichtung bringenden und höchst kostspieligen Waffensystemen“ umfassen sollen.17 Einfacher wird von der „Gesamtheit der militärischen Einheiten der BRD, d.h. solcher Verbände, die der Verwendung besonderer Waffen dienen und aufgrund des Prinzips von Befehl und Gehorsam organisiert sind“,18 oder schlicht von „allen militärischen Verbänden der Bundeswehr“19 gesprochen. Bei F. Kirchhof findet sich die Bestimmung als „militärisch gegliederter, ausgerüsteter und geführter Verband“, der allerdings noch nach den traditionellen Aufgabenzuweisungen (Gefahren von innen – außen) und dem Schwerpunkt des Tätigwerdens (im Frieden – im Krieg) differenziert und alternativ vom „gliedschaftlich strukturierten Verband ohne Rechtsfähigkeit“ spricht, der keine Anstalt sei.20 Andere definieren in Anlehnung an die bekannte Unterscheidung in bezug auf den Polizeibegriff jeweils verschieden, je nachdem ob der institutionelle, formelle oder materiell-funktionelle Streitkräftebegriff gemeint sei.21 Nach N.-P. Kleiner sollen personell „alle Soldaten im Sinne von § 1 Abs. 1 SoldatenG“ die Streitkräfte ausmachen,22 wobei sachlich die „planmäßige Zusammenfassung von Soldaten (als Waffenträger im Wehrdienstverhältnis im Sinne von 15

K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 6 und Bd. II, Art. 65a, Rn. 21; fast identisch W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9. 16 D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 1. 17 K. Stern, StaatsR II, § 42 I 5, 854; der Topos vom „eigenständigen und nichtrechtsfähigen Leitungsverband“ findet sich auch bei H. Klückmann, 92. 18 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12. 19 U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 5; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 2, spricht sogar nur von „allen militärischen Verbänden“. 20 F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 2; ebenso M. Lepper, 101 ff. 21 H. M. Parche, 20; N.-P. Kleiner, 14 f. 22 Hinsichtlich der personellen Abgrenzung ebenso A. Sturm, 31, und M. Schultz, 133; D. Walz, NZWehrr 1997, 89 (96) bezieht noch den zivilen Verteidigungsminister mit ein.

A. Begriff der Streitkräfte

67

§ 1 SoldatenG), ausgerüstet mit einem Potential klassischer und moderner Waffen und auftretend in den typischen militärischen Untergliederungen (Kompanien, Divisionen, etc.) der nationalen Wehrorganisation“ gemeint sei.23 An anderer Stelle werden die Streitkräfte nach formalen Kriterien als „die zu Kampfhandlungen berechtigten Teile innerhalb des Verteidigungsbereichs“ genannt, wonach auf die „Stellung innerhalb der Bundeswehr und die Funktion als Waffenträger als Merkmale“ abgestellt wird.24 Materiell ist der Ansatzpunkt beim Verständnis als „eine speziellen anstaltlichen Regelungen unterworfene öffentliche Verwaltungsfunktion zur Erhaltung der Integrität eines Staates und seiner verfassungsmäßigen Grundordnung gegenüber bewaffneten Angriffen durch einen von außen her wirkenden Gegner“.25 Eher wenig aussagekräftig ist die Bezeichnung als „ein in bestimmter Weise organisierter, bewaffneter und mit besonderen Aufgaben versehener menschlicher Verband“.26

II. Wortlaut Jede Auslegung hat zu allererst vom Wortlaut auszugehen. Diese grammatikalische Auslegung ist in der Regel nicht präzise, sondern gibt nur einen Bedeutungsrahmen vor, innerhalb dessen sich die Auslegung zwingend zu halten hat. Übersteigt die Bedeutungszuweisung diesen Rahmen, so handelt es sich nicht mehr um Auslegung, sondern um Rechtsfortbildung.27 Hinsichtlich des Wortlauts ist festzustellen, daß die Ergründung der Bedeutung des Begriffs der Streitkräfte nicht zuletzt auf die etymologische Herkunft dieses Begriffs einzugehen hat: Der Begriff setzt sich aus „Streit“ und „Kräfte“ zusammen. Unter dem aus dem alt- und mittelhochdeutschen „strít“, was eigentlich „Widerstreben“ oder „Aufruhr“ hieß, hervorgegangenen „Streit“ als selbständigem Begriff versteht man ein heftiges Sichauseinandersetzen oder Zanken (mit einem persönlichen Gegner) in oft erregten Erörterungen, hitzigen Wortwechseln, oft auch in Handgreiflichkeiten.28 Im konkreten Fall besser passend ist auf jeden Fall eine etwas veraltete Bedeutung, nach der „Streit“ auch ein Waffengang oder Kampf sein kann.29 Der aus dem mittel- und althochdeutschen „kraft“ entstandene zweite Bestandteil bezeichnete ursprünglich die Zusammenziehung (der Muskeln)30. 23 24 25 26 27 28 29

N.-P. Kleiner, 34. A. Sturm, 3 ff. D. Keidel, 42. O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 119; J. Pannkoke, 207. K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre, 141 ff. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Streit“, 1. Bedeutung. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Streit“, 2. Bedeutung.

68

4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Aus der Zahl der möglichen zeitgenössischen Bedeutungen bieten sich jene an, die unter „Kraft“ das Vermögen oder die Fähigkeit zu wirken31 verstehen oder „Kräfte“ als in besonderer Weise Einfluß ausübende, ideologisch ausgerichtete Gruppe von Menschen32 beschreiben. Hierbei kann man das ideologische Element getrost vernachlässigen und nur fordern, daß die Gruppe ein sie verbindendes Element oder ein gemeinsames Ziel hat. Es kann sich um staatliche (z. B. Polizei- oder Sicherheitskräfte) oder auch um gesellschaftliche (z. B. konservative oder progressive) Kräfte handeln. In Verbindung der beiden Wortbestandteile kann man Streitkräfte ganz unbefangen als alle Kräfte verstehen, die einer Auseinandersetzung mit einem Gegner dienen. Welcher Art diese Auseinandersetzung ist und um was für eine Art von Gegner es sich handelt, ist dadurch nicht determiniert. Hier sind verschiedenste Konstellationen von Auseinandersetzungen, Gegnern und dabei eingesetzten Kräften denkbar. Jedoch wird dieser recht weite Bedeutungsspielraum des Begriffs „Streitkräfte“ durch das zeitgenössische Wortverständnis spezifiziert: Streitkräfte sind nach diesem die Gesamtheit der militärischen Organe eines Landes oder mehrerer zusammengehörender oder verbündeter Länder.33 Etwas antiquiert würde man sagen, Streitkräfte seien „die Wehrmacht eines Staates“.34 Dies ist jedoch nicht zwingend, weshalb der weite Wortlautrahmen durch die übrigen Auslegungsmethoden zu konkretisieren ist.

III. Historische Auslegung Als historische Auslegung versteht diese Arbeit die Auslegung unter Eröffnung des historischen Kontexts. Es wird das Verständnis von Gesetzesbegriffen und Tatbestandsmerkmalen von Vorschriften in der auszulegenden Norm vorausgehenden, nicht mehr geltenden Rechtsnormen – insbesondere von echten „Vorgängernormen“, soweit diese existieren – herangezogen, um aus diesen Hinweise und Anhaltspunkte für die Auslegung des gegenwärtigen Begriffs oder Merkmals zu erlangen. Zugleich wird der nicht zur genetischen Auslegung gehörende größere rechtsgeschichtliche Zusammenhang berücksichtigt.35 Hinsichtlich des Begriffs Streitkräfte führt die historische Auslegung jedoch nicht weiter, weil dieser Begriff in der deutschen Verfassungs- und 30 31 32 33 34 35

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Kraft“. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Kraft“, 1. Bedeutung. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Kraft“, 4. Bedeutung. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Streitkraft“. Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Streitkräfte“. Schmalz, Rn. 270; M. Schultz, 189.

A. Begriff der Streitkräfte

69

Gesetzgebungsgeschichte neu ist.36 Zuvor fanden sich im deutschen Staatsrecht für die Gesamtheit der militärischen Organe des Staates, die die Teilstreitkräfte umfaßte,37 Begriffe wie Armee,38 Militär,39 bewaffnete Macht,40 Landmacht,41 Reichswehr,42 Militärwesen43 oder Wehrmacht,44 ohne daß materielle Unterschiede in der jeweiligen Bedeutung feststellbar wären. Teils wurden sogar in derselben Verfassung verschiedene Begriffe gleichzeitig nebeneinander gestellt, ohne daß dies einen Unterschied zum Ausdruck bringen sollte.45 Zu anderen Zeiten herrschte innerhalb der Verfassung ein einheitlicher Sprachgebrauch; auf der Ebene des einfachen Rechts jedoch wurde ein anderer Begriff verwendet.46

IV. Entstehungsgeschichte Die Eröffnung des Kontexts der Entstehungsgeschichte einer Norm wird auch als genetische Auslegung bezeichnet.47 Hierbei wird in der Entste36 O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 119; P. Karpinski, 12; M. Lepper, 13; H. M. Parche, 18; N.-P. Kleiner, 15; W. Speth, 14; allein im Versailler Vertrag vom 28.6.1919 (RGBl. 1919, S. 687) findet sich der Begriff „Streitkräfte“, z. B. in Art. 199. 37 Die heute existierenden Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine gab es nicht zu jedem Zeitpunkt, da sie erst mit zunehmender technischer Entwicklung entstanden; deshalb finden sich in manchen Verfassungstexten keine Bezugnahmen auf die Luftstreitkräfte als jüngste Teilstreitkraft oder die Seestreitkräfte, die sich auch erst zeitlich gesehen nach den Landstreitkräften entwickelten; § 12 der Deutschen Reichsverfassung v. 1849 erwähnt das Reichsheer und die revidierte Verfassung für den preußischen Staat v. 31.1.1850 erwähnt z. B. in Art. 46 und 108 das Heer; nachdem unter Kaiser Wilhelm II. die Kriegsmarine am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgebaut wurde, erläutert G. Anschütz, WRV, Art. 79 Anm. 2, daß die Wehrmacht aus „Reichsheer und Reichsmarine“ bestehe. 38 § 4 WehrG v. 3.9.1814. 39 Art. 18 Abs. 2 Preußische revidierte Verfassung v. 31.1.1850. 40 §§ 11, 83 Verfassung des Deutschen Reichs v. 28.3.1849; Art. 36, 38 Preußische revidierte Verfassung v. 31.1.1850; Art. 48 Abs. 2 S. 1 WRV; § 2 WehrG v. 3.9.1814; § 2 WehrG v. 9.11.1867; M. Lepper, 13, betont, daß obwohl rein sprachlich dieser Begriff den Eindruck erweckt, „alle Waffen tragenden staatlichen Verbände“ erfassen zu wollen, dies auch wiederum lediglich ein staatsrechtlicher Terminus technicus für das Militär gewesen sei. 41 § 12 Reichsverfassung von 1849; Art. 63 Reichsverfassung vom 16.4.1871. 42 § 1 Abs. 1 WehrG v. 23.3.1921, RGBl. I S. 329. 43 Art. 4 Nr. 14, 5 Abs. 2 der Reichsverfassung v. 16.4.1871. 44 Art. 39 Abs. 1, 47, 50 S. 2 WRV. 45 M. Lepper, 12, verdeutlicht dies am Beispiel der Reichsverfassung v. 1849. 46 Dies wiederum macht M. Lepper, 12, insbesondere Fn. 15, anhand eines Vergleichs der WRV und des § 1 S. 1 WehrG v. 23.3.1921 deutlich, wo auf Verfassungsebene von der Wehrmacht die Rede ist und im Gesetz die Aussage getroffen wird: „Die Wehrmacht der deutschen Republik ist die Reichswehr.“

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

hungsgeschichte einer Norm, die v. a. durch die über sie vorhandenen Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren erschlossen wird, nach Hinweisen auf die Vorstellungen gesucht, die der „historische Gesetzgeber“ in bezug auf die Norm, ihr Verständnis, den geregelten Lebens- und Problembereich und die Normanwendung hatte. Ausgewertet werden Gesetzentwürfe, deren Begründungen, die Stellungnahmen anderer am Gesetzgebungsverfahren beteiligter Organe, Protokolle der Sitzungen von Bundestag und Bundesrat und der beteiligten Ausschüsse sowie deren Berichte an das Parlament. Zu beachten ist dabei, daß Gesetzesmaterialien nur unterstützend und lediglich insofern herbeigezogen werden können, als sie auf objektiven Sinngehalt schließen lassen; insbesondere kann die genetische Auslegung Zweifel in Ergebnissen aufgrund anderer Auslegungsmethoden beseitigen bzw. diese Ergebnisse bestätigen.48 Hinsichtlich der Auswahl des Begriffs Streitkräfte in Abweichung von den in vorangegangenen Epochen verwandten Begriffen Armee, bewaffnete Macht, Reichswehr und Wehrmacht herrscht Einigkeit, daß der Begriff Streitkräfte gewählt wurde, um bewußt einen Schlußstrich unter einen von Verfassung zu Verfassung unterschiedlichen und ohne Unterscheidungsfunktion vorgenommenen Gebrauch nunmehr als unzeitgemäß empfundener Begriffe zu ziehen.49 Dabei wurde insbesondere nach politischer Umwälzung und verlorenem Weltkrieg50 die als neutral empfundene Wortfassung Streitkräfte gewählt, um historischen Vorbelastungen zu entgehen.51 Zugleich wollte man eine Angleichung an die französische (force public) und angelsächsische Terminologie (military forces) erreichen.52 Daraus ergibt sich, daß mit Streitkräfte dasselbe bezeichnet wurde, was zuvor mit den Vorgängerbegriffen umschrieben wurde. Da hieraus jedoch nicht klar auf das Verhältnis zwischen den Streitkräften nach Art. 87a GG und dem Begriff Bundeswehr i. e. S. geschlossen werden kann, ist weiterzufragen. Ein Hinweis darauf, daß mit Streitkräfte die Bundeswehr i. e. S. gemeint ist, folgt aus dem Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses der 2. Wahlperiode zum Entwurf des SoldatenG53, wo ausgesprochen wird, daß der 47 Etwas verwirrend sprechen K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre, 149, in bezug auf Dinge, die sich der „historische Gesetzgeber“ dachte, vom „historischen Element der Auslegung“, meinen jedoch dasselbe, was hier mit genetischer Auslegung bezeichnet wird, vgl. allgemein: a. a. O., 149 ff. 48 Ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 1, 299 (312); 10, 234 (244); 11, 126 (130); B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 66. 49 C. v. Bülow, 165; N.-P. Kleiner, 17; M. Lepper, 11; M. Schultz, 132. 50 H. M. Parche, 18. 51 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12; M. Lepper, 11; W. Speth, 14; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 861; A. Sturm, 3. 52 A. Sturm, 3.

A. Begriff der Streitkräfte

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Rechtsausschuß im gesamten Entwurf das zunächst vorgesehene Wort Streitkräfte durch Bundeswehr ersetzte. Auch im Zweiten Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht zur Wehrbeitrags-Novelle54 werden die Begriffe Bundeswehr und Streitkräfte abwechselnd und offensichtlich als Synonyme für dieselbe Institution gebraucht. Gleiches folgt auch aus der Aussage des Abgeordneten Mende (FDP), der Arbeitsbegriff Gesamtstreitkräfte als Oberbegriff der Teilstreitkräfte habe durch Bundeswehr ersetzt werden sollen.55 Dies hatte er bereits in noch deutlicherer Form in der 99. Sitzung des Bundestages im Juli 1955 geäußert, wo er sagte, der arbeitstechnische Begriff Streitkräfte sollte durch Bundeswehr oder Wehrmacht ersetzt werden.56 Genauso läßt sich die Aussage des damaligen BMVg Blank in der 1. Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Rechtsstellung der Freiwilligen in den Streitkräften (Freiwilligengesetz) im Bundestag verstehen, die Streitkräfte würden sich aus Heer, Luftwaffe, Marine, der bodenständigen Verteidigung und einer militärischen Territorialorganisation zusammensetzen.57 Dies entsprach exakt der Grobstruktur der Bundeswehr im Zeitpunkt ihrer Aufstellung. Zudem wurde der Begriff Bundeswehr ab dem Zeitpunkt, als man sich für diesen Begriff als neuen „Namen“ der Armee entschieden hatte, in den parlamentarischen Debatten synonym mit dem Begriff Streitkräfte benutzt.58 Aus den Aussagen im Gesetzgebungsverfahren und den Materialien im übrigen läßt sich der Schluß ziehen, daß zumindest unter diesem Gesichtspunkt die Bundeswehr genau das war, was 195659 mit den Streitkräften in 53

Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz), BTDrucks. 2/2140, 3 f. 54 Zweiter Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP – Drucksache 124 – und von der Fraktion der FDP – Drucksache 125, 171 – eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BTDrucks. 2/2150, besonders S. 5. 55 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1956, 6829A. 56 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 99. Sitzung, 15.7.1955: 2. Beratung Entwurf Freiwilligengesetz und 2. und 3. Beratung Personalgutachterausschuß-Gesetz. 57 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 92. Sitzung, 27.6.1955, 5216. 58 Vgl. beispielhaft die Aussage des damaligen BMVg Blank, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956, 7555B, oder die Aussage des Abg. Berendsen (CDU/CSU) in derselben Sitzung, 7562D. 59 Bei der GG-Novelle, die mit dem Stichwort „Wehrbeitrag“ bezeichnet wurde: Gesetz vom 19.3.1956 (BGBl. I S. 111).

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Art. 87a GG gemeint war.60 Denn auch wenn sich die Hinweise aus den damaligen Verfahren nicht unmittelbar auf den 1968 eingefügten Art. 87a Abs. 2 GG, sondern auf Art. 87a GG a. F. beziehen, so kann – v. a. angesichts des Fehlens von Hinweisen auf eine gegenteilige Sichtweise des verfassungsändernden Gesetzgebers 1968 – nur derselbe Streitkräftebegriff gemeint sein. Art. 87a GG a. F. ging in Abs. 1 der neuen Fassung auf. Soll innerhalb eines Grundgesetzartikels in zwei aufeinanderfolgenden Absätzen ein Begriff verschieden zu verstehen sein, so müssen hierfür deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Sind diese nicht gegeben, so ist grundsätzlich von Bedeutungsidentität auszugehen. Unter dem Vorbehalt entgegenstehender Aussagen der übrigen Auslegungsvarianten weist die genetische Auslegung somit auf eine Identität von Streitkräften und Bundeswehr i. e. S. hin.

V. Systematik Bei der systematischen Auslegung, welche in Bezug auf das Grundgesetz auf dem Grundgedanken der Einheit der Verfassung fußt,61 wird der Kontext des Sinnzusammenhangs und des Verhältnisses zu anderen Normen desselben Gesetzes und anderen gleich- oder höherrangigen Materien der Rechtsordnung hergestellt. Aus diesem Grundgedanken folgt, daß es in der Verfassung keine Normen unterschiedlicher Rangordnung in dem Sinne geben kann, daß eine als ranghöher festgestellte Norm den Prüfungsmaßstab für die als rangnieder festgestellte darstellt.62 In bezug auf die Verfassungsauslegung ist zu beachten, daß das einfache Recht die Verfassungsauslegung im Wege systematischer Auslegung nicht zu beeinflussen vermag, weil das einfache Recht gegenüber der Verfassung niederrangig ist und sich seine Auslegung deshalb an der Verfassung zu orientieren hat. Das einfache Recht ist nichtig oder wird verfassungskonform ausgelegt, wenn es mit dem Verfassungsrecht nicht vereinbar ist. Deshalb ist es ausgeschlossen, für die Auslegung des Verfassungsrechts in systematischer Hinsicht andere Rechtsnormen als Verfassungsnormen heranzuziehen.63 Vorzunehmen ist somit eine Analyse der im Grundgesetz selbst angelegten Systematik sowie des 60 So auch im Ergebnis K. Stern, StaatsR II, § 42 II 2, 856, der meint, aufgrund eines Beschlusses des Verteidigungsausschusses des Bundestags hätten die Streitkräfte in Anlehnung an die Reichswehr der Weimarer Republik die Bezeichnung Bundeswehr erhalten. 61 BVerfGE 1, 14 ff. (32); K. Stern, StaatsR I, § 4 III 8 a, 131 f.; J. M. Mössner, 97 (101). 62 H.-J. Rungweber, 220. 63 So ebenfalls M. Schultz, 282.

A. Begriff der Streitkräfte

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Sinnbezugs der Norm, welcher sich aus ihrer Stellung und ihrem Stellenwert im gesamten Verfassungsgefüge ergibt.64 Zunächst ist festzustellen, daß es dem deutschen verfassungsändernden Gesetzgeber aus staatstheoretischen Gründen verwehrt ist, Dinge zu regeln, die jenseits seiner Hoheitsgewalt liegen. Das GG kann sich deshalb nur auf Regelungsgegenstände beziehen, die zum Hoheitsbereich der Bundesrepublik gehören. Außerhalb des bundesrepublikanischen Hoheitsbereichs liegen in der Bundesrepublik stationierte Streitkräfte anderer Staaten.65 Für diese gilt nicht das GG, sondern völkerrechtliche Vereinbarungen wie das NATOTruppenstatut mit seinen Zusatzvereinbarungen.66 Im Hinblick auf diese anderen Rechtsmaterien und die angesprochenen staatstheoretischen Erwägungen ergibt sich, daß mit Streitkräften in Art. 87a GG nur deutsche Streitkräfte gemeint sind.67 Einhellig wird davon ausgegangen, daß Art. 87a GG im VIII. Abschnitt des GG unzutreffend positioniert ist, soweit er den militärischen Einsatz der Streitkräfte regelt.68 Aus dessen Stellung in der Verfassung allein können an dieser Stelle deshalb keine Rückschlüsse gezogen werden. Im übrigen finden sich in systematischer Hinsicht aber weitere Argumente. Bereits in Art. 87a Abs. 4 GG selbst findet sich ein solches, wo ausgesprochen wird, daß in der Situation dieser Norm „wenn [. . .] die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte“ eingesetzt werden können. Wären Polizeikräfte oder der Bundesgrenzschutz (BGS) Bestandteil der Streitkräfte, müßte Art. 87a Abs. 4 GG anders lau64

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 136. P. Karpinski, 13; J. Pannkoke, 207; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 2 b, 1475; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 25; H. U. Evers, AöR 91 (1966), 1 (25). 66 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen; dazu Bundesgesetz v. 18.8.1961, BGBl. II S. 1183, abgedruckt in Sartorius II Nr. 66b; Zusatzvereinbarungen abgedruckt in Sartorius II Nr. 66c; zu diesem Problemkomplex vgl. K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 2 b, 1475. 67 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 25; W. März, 24; P. Karpinski, 13 f.; J. Pannkoke, 207; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 d, 863; A. Sturm, 4.; ohne Begründung M. Zimmer, 51; dem Einwand, daß dann mit „angeheuerten“ ausländischen Truppen Terrorabwehr im Inneren betrieben werden dürfte, ist zu entgegnen, daß diese entweder organisatorisch in die Bundeswehr integriert und so zu „deutschen Streitkräften“ würden oder aber es sich um eine verfassungswidrige Ausübung fremder Hoheitsgewalt innerhalb der Bundesrepublik handeln würde; zudem ist – auf einer nachgelagerten Ebene der Gedankenkette – darüber nachzudenken, ob Art. 87a Abs. 2 GG umgehende Konstruktionen nach dem Sinn der Norm miterfaßt werden. 68 Vgl. für viele H.-J. Rungweber, 57, Fn. 193, und R. Schikowski, 7; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 3 f. 65

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

ten, z. B. „wenn Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, können die übrigen (bzw. sonstigen oder verbleibenden) Streitkräfte eingesetzt werden“. So wie die Norm formuliert ist, läßt sich allein der Schluß ziehen, daß Polizeikräfte und BGS etwas anderes als Streitkräfte sind.69 Diese Schlußfolgerung läßt sich in gleicher Weise bei der Betrachtung von Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 GG treffen. Gemäß Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG kann ein Bundesland „Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen [. . .] des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern“. Nach Art. 35 Abs. 3 S. 1 GG kann „die Bundesregierung [. . .] den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte [. . .] einsetzen“. In beiden Vorschriften werden wie in Art. 87a Abs. 4 GG die Polizeikräfte, BGS und Streitkräfte in einer Weise nebeneinander genannt, die es bei sinnvollem Verständnis ausschließt, daß Polizei und BGS Teil der Streitkräfte sind.70 Ähnliches gilt im Hinblick auf Art. 91 GG und Art. 115f GG, in denen zwar nicht die Streitkräfte neben Polizei und BGS genannt werden, die aber mit der die Streitkräfte nicht erwähnenden Nennung dieser Formationen im Verhältnis zu Art. 87a GG deutlich machen, daß Streitkräfte etwas anderes sind.71 Dies wird in bezug auf den BGS noch dadurch erhärtet, daß Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG72 regelt, daß „durch Bundesgesetz [. . .] Bundesgrenzschutzbehörden [. . .] eingerichtet werden“ können.73 Da die ausschließliche Exekutivkompetenz des Bundes zu Aufstellung und Unterhaltung der Streitkräfte unstreitig in Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG geregelt ist,74 bedürfte es dieser Er69 So auch W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9; P. Karpinski, 12; N.-P. Kleiner, 27; W. Speth, 14. 70 P. Karpinski, 12; N.-P. Kleiner, 27; J. Pannkoke, 207; W. Speth, 14; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3 a, 1476. 71 P. Karpinski, 12 f.; H.-J. Rungweber, 178; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3 a, 1476. 72 Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG lautet: Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 73 W. Grubert, 199; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 2, verweist zur Begründung zudem auf traditionell verschiedene Aufgabenbereiche; N.-P. Kleiner, 27; ebenso ohne Begründung U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 5, H.-J. Rungweber, 178; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 2. 74 BVerfGE 8, 104 (116); M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; W. Brunkow, 30; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 1, 7; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 8; K. Ipsen, Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 11 f.;

A. Begriff der Streitkräfte

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mächtigung überhaupt nicht, wenn der BGS Teil der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a GG wäre. Da dem verfassungsändernden Gesetzgeber sinnvolles und zweckmäßiges Handeln unterstellt werden kann, ist davon auszugehen, daß dieser eine gesonderte Ermächtigung für die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden unterlassen hätte, wenn diese bereits in Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG enthalten wäre.75 Da Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG bereits vor Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG existierte, weil der BGS vor 1956 aufgestellt wurde, hätte bei der Einfügung des Art. 87a GG a. F.76 1956 die Ermächtigung zur Einrichtung des BGS durch Bundesgesetz sinnvollerweise gestrichen werden müssen, wenn dieser Teil der Streitkräfte wäre. Hinzu kommt, daß die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden in das gesetzgeberische Ermessen gestellt wird. Dies steht im Gegensatz zu der von der überwiegenden Auffassung, insbesondere dem BVerfG, vertretenen Ansicht, daß sich aufgrund der indikativischen Formulierung des Art. 87a Abs. 1 GG im Gegensatz zu den im VIII. Abschnitt des GG ansonsten für reine Gestattungen verwendeten Kann-Formulierungen eine Pflicht des Bundes zu Aufstellung und Unterhaltung von Streitkräften ergibt.77 Eine Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung78 hierzu kann unterbleiben, weil auch unabhängig hiervon in systematischer Hinsicht eindeutige Argumente dafür sprechen, den BGS nicht als Teil der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a GG anzusehen.79 Der früher im Hinblick auf die Einordnung des BGS problematische J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 4; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 1; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 a, 861. 75 So auch N.-P. Kleiner, 27. 76 Dieser lautete: Die zahlenmäßige Stärke der vom Bunde zur Verteidigung aufgestellten Streitkräfte und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben. 77 BVerfGE 28, 36 (47); 28, 243 (261); 32, 40 (46); 48, 127 (159 f.); 69, 1 (21); 77, 170 (221): „Verfassungsauftrag“, „verfassungsrechtliche Grundentscheidung für die militärische Landesverteidigung“, „Einrichtung der Bundeswehr hat verfassungsrechtlichen Rang“; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 4; W. Brunkow, 30; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 7; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 10; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 8; R. Mußgnug, DÖV 1989, 917; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 1; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 3; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 d, 863. 78 Sondervotum der Richter Mahrenholz und Böckenförde zu BVerfGE 69, 1 (57, 60 f.); G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 15; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 3; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 8; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 17 ff. 79 Wegen der Nachgiebigkeit des einfachen Rechts gegenüber dem Verfassungsrecht kann die Regelung in § 1 Abs. 1 S. 2 BGSG, daß der BGS eine Polizei des Bundes ist, nur indizielle Bedeutung haben, da dem einfachen Gesetzgeber unterstellt werden kann, daß er nicht bewußt in Abweichung vom Verfassungsrecht handelt; auch die von der Übertragung der Befehls- und Kommandogewalt über die

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Kombattantenstatus im Krieg80 ist mit dem BGSG 1994 weggefallen,81 weshalb eine Auseinandersetzung mit dieser Frage unterbleiben kann. In bezug auf die Polizei im Allgemeinen kann diese zudem angesichts der Regelung des Art. 87a Abs. 2 GG nicht Bestandteil der Streitkräfte sein. Denn wenn diese Teil der Streitkräfte in diesem Sinne wäre, so wäre auch für die „normale“ Tätigkeit der Polizei der Länder in Schutz-, Kriminal- und Bereitschaftspolizei eine ausdrückliche Ermächtigung in der Verfassung notwendig, soweit es sich um ein Einsetzen im Sinne der Norm handelt. Da sich eine solche nicht findet, wäre z. B. die Festnahme des Ladendiebs unter Androhung oder Einsatz von Gewalt – was wohl auf jeden Fall ein Einsatz nach Art. 87a Abs. 2 GG wäre – verfassungswidrig. Dadurch würden weite Teile heute selbstverständlicher und unproblematischer polizeilicher Tätigkeit unmöglich gemacht. Dieses Ergebnis war vom verfassungsändernden Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt. Die systematische Auslegung spricht somit dafür, daß der BGS82 und die Polizeikräfte nicht Bestandteil der Streitkräfte sind.83 Zu den hiermit angesprochenen Polizeikräften gehören alle Polizeikräfte der Länder, bestehend aus Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Bereitschaftspolizei und den Beamten der Landeskriminalämter, sowie die Polizeikräfte des Bundes, also vor allem die Beamten des Bundeskriminalamts.84 Streitkräfte auf den BMVg nach Art. 65a Abs. 1 GG durch § 1 Abs. 1 S. 2 BGSG abweichende Zuordnung des BGS zum Geschäftsbereich des BMI kann nicht mehr als ein Hinweis sein. 80 § 64 Abs. 1 BGSG a. F. lautete: Mit dem Beginn eines bewaffneten Konflikts sind die Grenzschutzkommandos, die Verbände und Einheiten des Bundesgrenzschutzes sowie die Grenzschutzschule Teil der bewaffneten Macht der Bundesrepublik Deutschland. 81 Vgl. BTDrucks. 12/7562, 33. 82 Allein hinsichtlich des BGS ohne Begründung B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 143; im Ergebnis ebenso M. Schultz, 136 ff., 285, der dieses Ergebnis in außerordentlich sorgfältiger Weise materiell herleitet; dieser geht davon aus, daß der BGS zu den Streitkräften gehören würde, wenn er sich materiell zu einer paramilitärischen Einheit – er spricht in Anlehnung an die „schwarze Reichswehr“ der Weimarer Republik von der „schwarzen Bundeswehr“ – entwickeln würde; unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des BGS und einfachrechtliche Regelungen hält auch J. Pannkoke, 193, den BGS für polizeilich. 83 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 3; P. Karpinski, 12, begründet dies hinsichtlich des BGS trotz der „paramilitärischen Ausbildung“ und dem Militär nicht unähnlicher Bewaffnung mit dem rein polizeilichen Charakter des BGS, den er aus der materiellen Zugehörigkeit der Aufgaben des BGS und seiner Befugnisse zum polizeilichen Tätigkeitsfeld herleitet; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 231; H.-J. Rungweber, 176; A. Sturm, 3 ff., begründet dies gemäß seiner Streitkräftedefinition mit der Unterstellung unter das BMI.

A. Begriff der Streitkräfte

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Wegen der ausdrücklichen anderweitigen Regelung im GG spricht die systematische Auslegung ebenfalls dafür, die Bundeswehrverwaltung, die in Art. 87b GG von den Streitkräften ausdrücklich gesondert geregelt ist, nicht als Bestandteil der Streitkräfte anzusehen.85 In vergleichbarer Weise von den Streitkräften getrennt geregelt sind die Wehrstrafgerichte in Art. 96 Abs. 2 GG und – wenn auch weniger explizit – die Truppendienstgerichte in Art. 96 Abs. 4 GG, was als systematischer Hinweis auf die Nichtzugehörigkeit der Wehrstrafgerichtsbarkeit86 und der Rechtspflege der Bundeswehr angesehen wird.87 Hält man die Rechtspflege der Bundeswehr für einen Teil der Bundeswehrverwaltung,88 so folgt dies schon aus dem Verhältnis von Art. 87a Abs. 2 GG zu Art. 87b GG. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Militärseelsorge wird Art. 140 GG i.V. m. Art. 141 WRV entnommen. Hieraus wird systematisch abgeleitet, daß die Militärseelsorge nicht zu den Streitkräften gehört.89

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Kräfte des Verfassungsschutzes von Bund und Ländern sowie des Bundesnachrichtendienstes sind nicht Bestandteil der Polizei. 85 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 143; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 9; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, Art. 87a, Rn. 5; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13; M. Lepper, 14; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 2; H.-J. Rungweber, 176; W. Speth, 14; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 862, und III 5, 866; A. Sturm, 7, leitet dies aus deren zivilem Charakter ab; ohne Begründung W. Grubert, 197, P. Karpinski, 12; H. Meyer-Truelsen, BWV 1983, 73; J. Pannkoke, 207; H. M. Parche, 21, Fn. 15; M. Schultz, 133 f. 86 Diese kann die Strafgerichtsbarkeit nach Art. 96 Abs. 2 GG nur im Verteidigungsfall und über Angehörige der Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Schiffen der Marine eingeschifft sind; sie gehört nach J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 3, wegen Art. 96 Abs. 2 und Abs. 3 GG nicht zu den Streitkräften. 87 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 143; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 9; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, Art. 87a, Rn. 5; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13; J. Pannkoke, 207; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 2; A. Sturm, 7, leitet dies aus deren zivilem Charakter ab; ebenso ohne nähere Begründung P. Karpinski, 12; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 862, und III 5, 866. 88 Vgl. oben 2. Teil, Fn. 11. 89 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 143; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 12; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/ Hammer, Art. 87a, Rn. 5; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 2; ebenso ohne nähere Begründung P. Karpinski, 12; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 862, und III 5, 866, und J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 3; A. Sturm, 7, leitet dies aus deren zivilem Charakter ab.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Die systematische Auslegung spricht im Ergebnis dafür, daß Polizeikräfte des Bundes und der Länder, insbesondere der BGS, sowie die Bundeswehrverwaltung, die Wehrstrafgerichtsbarkeit, die Rechtspflege der Bundeswehr und die Militärseelsorge nicht Teil der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a GG sind. Sie enthält hingegen keine Anhaltspunkte, die dagegen sprechen, eine Identität von Bundeswehr i. e. S. und Streitkräften im Sinne von Art. 87a GG anzunehmen, wie es die genetische Auslegung innerhalb des durch die Wortlautauslegung gezogenen Rahmens nahelegt.90

VI. Normzweck 1. Theoretische Grundlegung Die Eröffnung des Kontexts des mit einer Norm vom (verfassungsändernden) Gesetzgeber verfolgten Zwecks oder Ziels – griechisch telos – bezeichnet man als teleologische Auslegung. Hierbei wird das mit der Vorschrift verfolgte Ziel, die bei der Normgebung vorhandene Regelungsabsicht, ermittelt und diejenige Auslegung gewählt, die dieses Ziel am besten erreicht. Liegt die im Hinblick auf die Regelungsabsicht herausgearbeitete zweckmäßigste Auslegung innerhalb der Wortbedeutung, so ist dies schlicht Auslegung. Liegt die vom Zweck geforderte Bedeutungszuordnung jedoch außerhalb des Rahmens, der vom Wortlaut der Norm aufgrund grammatikalischer Auslegung gezogen wird, so ist zu beachten, daß der Wortlaut grundsätzlich die Grenze der Auslegung ist. Will man der Norm aufgrund zweckorientierter Erwägungen eine Bedeutung geben, die außerhalb der Wortlautgrenze liegt, so handelt es sich nicht mehr um Auslegung, sondern um Rechtsfortbildung, insbesondere eventuell um eine Analogie. Zentral kommt es bei der teleologischen Auslegung in methodischer Hinsicht auf die Frage an, wie der Regelungszweck einer Norm festgestellt wird. Mit anderen Worten: welcher der relevante Zweck ist, an dem sich die Auslegung zu orientieren hat. Hier finden sich in der Methodenlehre vielfältige Auffassungen, die von rein subjektiv-teleologischen Sichtweisen, die allein auf die tatsächlichen subjektiven Zweckvorstellungen des „historischen Gesetzgebers“, der die Norm inkraftsetzte, abstellen, als auch solche, die völlig losgelöst von den Absichten des historischen Gesetzgebers objektiv-teleologische Erwägungen anstellen, die allein auf „vernünftigerweise“ mit der Norm verfolgte Zwecke abheben und dabei vom Blickwinkel her allein vom Zeitpunkt der Auslegung ausgehen. Zwischen diesen Ex90 Noch vor der Notstandsnovelle 1968 begründete M. Lepper, 14, seine Erkenntnis, daß unter Streitkräften nur militärische Verbände zu verstehen sind, in systematischer Hinsicht mit dem „Nebeneinander von Art. 91 und 143 GG“.

A. Begriff der Streitkräfte

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trempunkten existiert eine Vielzahl von vermittelnden Meinungen mit mannigfaltigen Modifikationen und Differenzierungen. Hier soll im Sinne einer Verbindung von subjektiv-teleologischer und objektiv-teleologischer Zweckermittlung vorgegangen werden, da beide Extremsichtweisen für sich nicht zu befriedigen vermögen.91 Bereits die Anhänger subjektiver Zweckermittlung nahmen objektive Elemente in ihre Definitionen und Theorien auf. Eine von der Vorstellung des historischen Gesetzgebers vollkommen abgekoppelte Auslegung hingegen ginge ebenfalls fehl, da hierdurch das Prinzip der Gewaltenteilung beeinträchtigt würde, indem der exekutive Normanwender oder die kontrollierende Judikative eine quasi-legislative Stellung erlangte, da diese ihre Zweckvorstellungen – in den Grenzen des Wortlauts – an die Stelle der Absichten der Legislative zu setzen befugt wäre.92 Über die erkennbare Regelungsabsicht und die bewußt getroffenen Wertentscheidungen des historischen Gesetzgebers darf sich die Auslegung deshalb nicht hinwegsetzen, es sei denn, diese stünden im Widerspruch zu heute anerkannten Rechtsprinzipien oder Verfassungsgrundsätzen.93 Auch nach Auffassung des BVerfG sind objektive und subjektive Methoden miteinander zu verbinden, um ein möglichst angemessenes Ergebnis zu erzielen, wobei der objektiven Methode unter Berücksichtigung von Normtext und Systematik wegen der höheren Textnähe aus rechtsstaatlichen Gründen ein gewisser Vorrang einzuräumen ist.94 Bezugspunkt der Normauslegung ist daher der heute rechtlich maßgebliche Sinn des Gesetzes. Dieser ist unter Berücksichtigung der Regelungsabsicht und der konkreten Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers zu ermitteln. Es ist vom historischen Gesetzgeberwillen auszugehen und dessen Regelungssystem und Zwecksetzung nur aufgrund von in der Gesellschaft und der Rechtsordnung eingetretenen Veränderungen zu modifizieren.95 Dazu sind die Zwecke einer Vorschrift mit Hilfe aller übrigen Auslegungsvarianten zu ermitteln. Der Wille des historischen Gesetzgebers ist dann nicht maßgebend, wenn er vorhandene Umstände nicht zutreffend eingeschätzt hat oder sich die maßgebenden Umstände nach Erlaß der Norm geändert haben.96 Dies gilt für die Verfassungsauslegung ganz besonders, weil diese als normativ-inhaltlich nur fragmentarisch durchgebildete Rahmenordnung dem geschichtlichen WanK. Larenz/C.-W. Canaris, Kap. 4, 1 b, 138; K. Stern, StaatsR I, III 1 a a, 124. K. Larenz/C.-W. Canaris, Kap. 4, 1 b, 139. 93 Dies fordert aus Sicht des Bundestagsabgeordneten vehement B. Hirsch, ZRP 1994, 120, anläßlich der interpretatorischen „Klimmzüge“ im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG vor dem Urteil des BVerfG v. 12.7.1994, BVerfGE 90, 286. 94 BVerfGE 1, 299 (312); 10, 234 (244); 41, 291 (309); K. Stern, StaatsR I, III 1 a a, 125. 95 K. Larenz/C.-W. Canaris, Kap. 4, 1 b, 139 f. 96 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 55 f.; U. Schopohl, 94; M. Schultz, 193. 91 92

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

del in besonderer Weise gerecht werden muß.97 Insgesamt ist bei der Berücksichtigung von Materialien aus Gesetzgebungsverfahren zu beachten, daß nicht alle Meinungen, Vorstellungen und Äußerungen einzelner am Gesetzgebungsverfahren beteiligter Personen mit einem „Willen des Gesetzgebers“ gleichgesetzt werden dürfen. Der Gesetzgeber kann mit einer Norm sowohl Haupt- als auch Nebenziele verfolgen.98 Da das Gesetz dabei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zur Verwirklichung beider Zieltypen geeignet sein muß,99 sind auch alle verfolgten Ziele im Rahmen der teleologischen Auslegung zu berücksichtigen. 2. Anwendung In bezug auf eine normzweckorientierte Auslegung des Begriffs Streitkräfte in Art. 87a Abs. 2 GG ist zunächst festzustellen, daß eine solche trotz der verschiedenen in den vier Absätzen des Art. 87a GG insgesamt enthaltenen Regelungen gleichwohl möglich ist.100 Denn zum einen lassen sich teils übergreifende Zwecke feststellen, zum anderen können in bezug auf jeden Absatz spezifische Zwecke ermittelt werden, die dann zu dessen konkreter Auslegung berücksichtigt werden können. a) In bezug auf Zwecke der Wehrverfassung Bei der teleologischen Auslegung des Begriffs Streitkräfte in Art. 87a Abs. 2 GG sind verschiedene Ebenen zu berücksichtigen. Zum einen ist Art. 87a Abs. 2 GG Teil der Wehrverfassung als des Teils des GG, der die Organisation, den Gebrauch und die Struktur von Streitkräften sowie deren Rechtsstellung im innerstaatlichen Bereich und im Verhältnis zum Bürger betrifft.101 Diese wurde 1956 mit der Wehrbeitrags-Novelle in das GG eingefügt und 1968 mit der Notstandsnovelle modifiziert.102 Bei der Einfügung der Wehrverfassung ging es um ganz grundlegende Ziele: Zunächst sollte diese die Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. ermöglichen, die als „Wehr97

M. Schultz, 193. Vgl. etwa BVerfGE 30, 292 (322), wo die Verhältnismäßigkeit in bezug auf verschiedene Ziele geprüft wird; desweiteren O. Fröhler, 266. 99 O. Fröhler, 266. 100 C. v. Bülow, 55, ist hingegen der Auffassung wegen der Vermengung verschiedener Regelungsbereiche in Art. 87a GG lasse sich ein übergreifender Zweck der Norm nicht erkennen, was einer teleologischen Auslegung der Norm entgegenstehe. 101 M. Schultz, 105; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 10. 102 Gesetz v. 19.3.1956 (BGBl. I S. 111); 17. Gesetz zur Änderung des GG v. 24.6.1968 (BGBl. I S. 709). 98

A. Begriff der Streitkräfte

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beitrag“ der Bundesrepublik zu den westlichen Verteidigungsbündnissen Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)103 und NATO sowie der Westeuropäischen Union (WEU)104 dienen sollte.105 Es sollte also die Aufstellung einer Armee im klassischen Sinne ermöglicht werden,106 mit der sich die Bundesrepublik im Interesse der Sicherung der staatlichen Existenz gegen von außen kommende Bedrohungen,107 damals v. a. durch die Staaten des sog. Ostblocks unter Führung der UdSSR, im Bündnis mit den späteren Alliierten verteidigen wollte.108 Dies läßt sich plastisch der Aussage des damaligen BMVg Blank bei der 1. Lesung des im Zusammenhang mit der Wehrbeitrags-Novelle stehenden SoldatenG entnehmen, der den Zweck der Streitkräfte im „Schutz der Freiheit des Volkes und des Staates nach außen“ sah.109 Dies ist gewissermaßen der übergreifende Zweck der gesamten wehrverfassungsrechtlichen Normen des GG und somit auch des Art. 87a Abs. 2 GG. Zugleich mit dieser Bestrebung herrschte in Politik und Gesellschaft jedoch auch eine beachtliche Zurückhaltung gegenüber der Aufstellung einer Armee, da die Erfahrung zweier Weltkriege innerhalb einer Generation mit „totalem Krieg“ und Bombenterror, Niederlage und bedingungsloser Kapitulation sowie Vertreibung und Besetzung ein tiefsitzendes Mißtrauen gegenüber allem Militärischen erzeugt hatte.110 Auch wurde der Reichswehr der Weimarer Republik und der auf diese bezogenen Regelung in der Weimarer Reichsverfassung (WRV)111 ein Anteil an dem Scheitern der ersten 103

Die entsprechenden Gründungsverträge wurden zwar am 27.5.1952 unterzeichnet, das französische Parlament verweigerte jedoch die Ratifizierung, weshalb die EVG niemals zur Entstehung gelangte, vgl. M. Schultz, 72. 104 Die WEU ist aus dem Brüsseler Vertrag v. 17.3.1948 hervorgegangen; Deutschland trat am 23.10.1954 bei, BGBl. 1955 II S. 283; weiterführend zur WEU M. Schultz, 50 ff., oder S. J. Lang, 62 ff. 105 Vgl. J. M. Mössner, 97 (103); M. Schultz, 70, 99; W. Speth, 29; entstehungsgeschichtlich relevant: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode, 219. Sitzung, 18.6.1952, 9624D ff.; BTDrucks. 2/2150, 1. 106 Vgl. den Zweiten Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/ BHE, DP – Drucksache 124 – und von der Fraktion der FDP – Drucksache 125, 171 – eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, BTDrucks. 2/2150, 1. 107 Begründung zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/1879, 14. 108 M. Schultz, 189. 109 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 105. Sitzung, 12.10.1955, 5782. 110 Zur psychologischen Situation der westdeutschen Bevölkerung hinsichtlich des Militärs bei Einführung der Bundeswehr B. Nölle, 29 f. 111 Insbesondere Art. 48 WRV, vgl. den Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

demokratischen Verfassung Deutschlands zugeschrieben,112 und ihre Rolle in der Entwicklung, die zur nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 führte, kritisch bewertet.113 Doch auch aus Erfahrungen mit noch älteren Verfassungen resultierten Sorgen hinsichtlich der Aufstellung einer Armee. Aus diesem historisch bedingten114 Mißtrauen gegenüber dem Militärischen entstand das Grundbedürfnis zu dessen „Konstitutionalisierung“,115 zu parlamentarischer Kontrolle116 und Restriktion des Militärs. Insbesondere bei der Einfügung der sog. Notstandsverfassung 1968 war zentrales Anliegen neben dem Hauptzweck der Bewältigung von Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaats durch äußere und innere Notstandssituationen die Kontrolle der Staatsgewalt, insbesondere der Streitkräfte als deren mächtigstem Instrument,117 auch im Notstand und die schnelle Rückkehr zur Normalverfassung.118 Man fürchtete eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch ausgeweitete Befugnisse des Militärs und der über dieses verfügenden Staatsorgane.119 . . . Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes – Drucksache IV/891 –, BTDrucks. zu 4/3494, 2, hinsichtlich des Entwurfs der 4. Wahlperiode; ähnlich G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 10. 112 Die Abg. Schwarzhaupt (CDU/CSU), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6820A, sprach an, daß die Konzentration der parlamentarisch kontrollierten Befehlsgewalt in der Hand des Verteidigungsministers eine bewußte Abkehr von aufgeteilten Befugnissen über die Armee sein sollte, weil diese in der Weimarer Zeit Ursache für politische Fehlentwicklungen war; vgl. auch die detaillierte Darstellung der Fehlentwicklung in Weimarer Zeiten durch den Abg. und späteren Bundeskanzler H. Schmidt (Hamburg) (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956; im übrigen vgl. M. Lepper, 16. 113 Vgl. beispielsweise M. Bartke, 143; E. Schemann, 25. 114 Eine gelungene Darstellung und Bewertung der historischen Erfahrungen mit Inneneinsätzen der Armee in Kaiserreich und Weimarer Republik findet sich bei W. Grubert, 213 ff. 115 Vgl. M. Lepper, 69. 116 Eine solche fand sich zuvor nur unzureichend, da z. B. die oktroyierte Verfassung Preußens v. 31.1.1850 zwischen gegenzeichnungspflichtigen Regierungsakten und gegenzeichnungsfreien Kommandoakten unterschied, wodurch das System der Ministerverantwortlichkeit und der hierüber vermittelten parlamentarischen Kontrolle nur rudimentären Charakter hatte; auch in der Weimarer Republik lag der Oberbefehl beim nicht parlamentarisch verantwortlichen Reichspräsidenten, vgl. S. Brunner, 29 ff. 117 Vgl. M. Schultz, 194: Streitkräfte bilden „aufgrund ihrer Organisation, Bewaffnung, Ausbildung und nicht zuletzt aufgrund ihrer auf Befehl und Gehorsam beruhenden Führung den gewichtigsten Machtfaktor in einem Staatswesen“. 118 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47. 119 Mit dem Grundproblem der Ambivalenz von Streitkräften als Bewahrer der Bundesrepublik gegen äußere und teilweise auch innere Gefahren, welche zugleich auch eine Bedrohung für die zu schützende Ordnung darstellen, hat sich unter anderen Vorzeichen auch das BVerfG in den Urteilen zu KPD und SRP (BVerfGE 2,

A. Begriff der Streitkräfte

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In diesem Zusammenhang läßt sich in systematischer Hinsicht feststellen, daß die auf die Streitkräfte bezogenen Normen im GG über den gesamten Verfassungstext verstreut sind und in dem Zusammenhang erscheinen, in dem sie Bedeutung erlangen. Denkbar wäre regelungstechnisch auch die Zusammenfassung in einem eigenen Abschnitt, z. B. mit der Bezeichnung Die Streitkräfte, gewesen.120 Der Verzicht auf eine solche Zusammenfassung in einem Kapitel ist ein Indiz dafür, daß das GG den Streitkräften keinen Sonderstatus einräumen wollte, schon gar nicht den eines „Staates im Staate“,121 sondern sie als eines von vielen Instrumenten der Exekutive ansieht,122 dem vielleicht besondere Bedeutung zukommt, das aber der allgemeinen Staatsführung untergeordnet bleibt.123 Es wird in genetischer Hinsicht davon ausgegangen, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber bewußt auf die Zusammenfassung in einem eigenen Abschnitt verzichtete, um den genannten Zweck zu verdeutlichen.124 Diese Regelungsabsicht läßt sich 1 ff.; 5, 85 ff.) beschäftigt und die Frage aufgeworfen, „ob eine freiheitliche demokratische Verfassung, die zu ihrem Schutz einen ihrer eigenen Grundwerte [. . .] in so starkem Maße beschränkt, damit in einen so unerträglichen Selbstwiderspruch verfällt, daß die beschränkende Bestimmung selbst als ,verfassungswidrig‘ angesehen werden müßte“; vgl. dazu auch R. Schikowski, 41, Fn. 5. 120 Die Reichsverfassung v. 1871 enthielt mit den Art. 57–68 einen besonderen Abschnitt Reichskriegswesen. 121 Den Grund für die Entwicklung zu einem Staat im Staate in der Weimarer Zeit sieht G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 10, darin, daß demokratische Kontrollmechanismen nur unzureichend griffen und führt als Beispiel die Abspaltung der Befehlsgewalt aus dem parlamentarischen Verantwortungsbereich durch von Seeckt an; zudem diagnostiziert Frank eine „Absonderungserfahrung des Militärsektors aus dem zivilen Bereich“ in der Weimarer Zeit und führt diese wesentlich auf die individuale Verpflichtung auf politische Enthaltsamkeit zurück. 122 Damit klar ist, daß die Streitkräfte ein Teil der Exekutive sind, wurde Art. 1 Abs. 3 GG dahin geändert, daß dort die öffentliche Gewalt aufgeführt wurde. Zur Zugehörigkeit der Streitkräfte zur Exekutive vgl. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 65a, Rn. 11 f.; A. Hörchens, 23; D. Keidel, 43 f.; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 4; M. Lepper, 84 f., 94 ff.; J. M. Mössner, 97 (99); H. M. Parche, 159; H.-J. Rungweber, 144; M. Schultz, 113; A. Sturm, 11; die gleichwohl besondere Stellung der Streitkräfte innerhalb der öffentlichen Gewalt als „eigene, nicht in die normale Verwaltung einzufügende Erscheinung innerhalb der vollziehenden Gewalt“ sehen M. Lepper, 100; R. Schikowski, 30; M. Schultz, 114; A. Sturm, 15; R. Schikowski, 7, geht davon aus, daß es sich bei der Tätigkeit der Streitkräfte nicht um Verwaltung handelt, sondern dies zum Bereich der Regierung gehöriges Handeln ist; dies weist auch H. Klückmann, 62 ff., insbesondere 92 f., methodisch sauber nach; M. Lepper, 79 f., stellt die – von ihm nicht geteilte – Auffassung O. Mayers dar, welcher „die militärische Kommandogewalt und die Kriegführung“ als eine „vierte Gewalt“ ansehen will; die Frage des Einflusses des Bundestages auf das vom BVerfG so bezeichnete „Parlamentsheer“ ist von der Zuordnung zur Exekutive unabhängig. 123 W. Grubert, 207; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 117.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

auch konkret als Absicht des historischen Verfassungsgesetzgebers bei der Wehrbeitragsnovelle feststellen. Es sollte die „Bildung einer eigenen Macht im Staate“ ausgeschlossen werden, indem „künftig Klarheit über die Stellung der Streitkräfte im Staat und über ihre Funktionen“ bestehen sollte.125 Die Regelung sollte die „verfassungsmäßige Garantie dafür schaffen, daß die Bundeswehr nicht als ein Machtinstrument gegen den demokratischen Staat mißbraucht werden kann“.126 Die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte127 und die Verhinderung der Bildung eines Staates im Staate128 sollte im wesentlichen der Aufrechterhaltung der grundgesetzlich verfaßten freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienen. Dies sprach eindeutig die Abg. Schwarzhaupt (CDU/ CSU) in der 2. Beratung über die GG-Novelle 1956 an, als sie als einen Zweck der Regelung nannte, „die Grundrechte zu schützen und das Gleichgewicht des verfassungsmäßigen Gefüges zu erhalten, das durch die Einfügung eines so wesentlichen Machtfaktors wie einer Armee in unsere Staatsverfassung verändert wird“.129 In derselben Beratung stellte der Abg. Arndt (SPD) fest, daß die „bewaffnete Macht [. . .] auch ein politischer Faktor“ ist, weshalb „Vorsorge zu treffen [ist], daß diese neue Erscheinung im politischen Leben nicht die freiheitliche demokratische Grundordnung sprengt“.130 Teilweise wurde ein Antagonismus von Militär und Demokratie gesehen, wie die Aussage des Abg. Jaeger (CDU/CSU) belegt.131 Des124 125

M. Schultz, 107; W. Speth, 8. Weber (Hamburg), Verhandlungen des Bundesrats, 155. Sitzung, 16.3.1956,

78D. 126 Zinn (Hessen), Verhandlungen des Bundesrats, 155. Sitzung, 16.3.1956, 82A; auch J. M. Mössner, 97 (106), bestätigt, daß bei der GG-Novelle 1968 das Bewußtsein bestimmend war, „daß eine Armee für einen demokratischen Staat eine latente Bedrohung darstellt“. 127 Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, BTDrucks. 2/2150, 3: „Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle“; Abg. Erler (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 17. Sitzung, 26.2.1954, 562C: „wirksame Kontrolle der bewaffneten Macht“. 128 Der Abg. Mellies (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6847C, sprach von der zu treffenden „Vorsorge, daß die bewaffnete Macht nicht wieder zum Staat im Staate wird“; ähnlich Abg. Jaeger (CDU/CSU), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956, 7535A. 129 Abg. Schwarzhaupt (CDU/CSU), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6820B. 130 Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6824B; ähnlich Abg. Mellies (SPD), in derselben Sitzung, 6847C: „Aufrechterhaltung und Sicherung der demokratischen und freiheitlichen Grundordnung trotz der geänderten Verhältnisse“. 131 Der Abg. Jaeger, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 93. Sitzung, 28.6.1955, ließ sich wie folgt vernehmen: „Deutschland hatte seit alten

A. Begriff der Streitkräfte

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halb gehe es um die „Eingliederung der Bundeswehr in die Demokratie“132 und darum, „zu verhindern, daß es wieder dazu kommt, wie es in der Weimarer Zeit war: daß die damalige Reichswehr ein Staat im Staate wurde.“133 Dementsprechend dürfe die Bundeswehr „keine Kanzlerarmee werden“,134 keine „Sache einer Partei oder Parteienkoalition“, sondern sollte eine „Sache der ganzen Nation, des ganzen Volkes und damit des ganzen Staates und Parlamentes werden.“135 Bei alledem wollte man das „Primat des Politischen über das Militärische klar und eindeutig betonen“136 und die „parlamentarische Kontrolle wirksam“ werden lassen, um „Fehler der Vergangenheit zu vermeiden“ und „zu verhindern, daß wieder, wie in früheren Zeiten, ein unmittelbarer Weg Generalität und Staatsoberhaupt verbindet“.137 Der Abg. Mellies (SPD) sah in derselben Sitzung das Zeiten eine gute Armee. Wir haben heute im Anfang und in der Entwicklung zweifellos eine gute Demokratie. Aber wir haben in Deutschland noch nie zu gleicher Zeit eine gute Armee und eine gute Demokratie und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beiden gehabt.“ 132 Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, BTDrucks. 2/2150, 1; Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6825B: „Armee, die wirklich eingebettet ist in das Staatsganze und in die demokratische freiheitliche Ordnung“; Abg. Mellies (SPD), in derselben Sitzung, 6847D: „Bundeswehr als eine demokratische Einrichtung in das Ganze unserer freiheitlichen Grundordnung eingliedern“; BMVg Blank, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956, 7555B; Abg. Berendsen, (CDU/CSU), in derselben Sitzung, 7562D: „Verankerung der neuen Bundeswehr im demokratischen Staatsgefüge“; Abg. Kliesing (CDU/CSU), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 105. Sitzung, 12.10.1955, 5782: „Einfügung der Streitkräfte in unser demokratisches Staatsgefüge“. 133 Ähnlich spricht heute K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3, 1475, davon, man habe von der Bundeswehr Gefährdungen fernhalten wollen, in die die Reichswehr der Weimarer Republik verwickelt war; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 10, nennt speziell als Probleme der Reichswehr: „Abspaltung der Befehlsgewalt aus dem parlamentarischen Verantwortungsbereich“; „eine aus der individualen Verpflichtung der Soldaten auf politische Enthaltsamkeit resultierende Absonderungserfahrung des Militärsektors aus dem zivilen Bereich“. 134 So Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6824C/D. 135 Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6846A. 136 Abg. Mellies (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6847D. 137 Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6846B; der Abg. Kliesing (CDU/CSU), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 105. Sitzung, 12.10.1955, 5782, sah den Zweck der Vermeidung „unheilvoller Spannungen, wie wir sie in der Vergangenheit gekannt haben“, und wollte „diese Streitkräfte nicht zu einer Belastung der demokratischen Entwicklung unseres Volkes werden“ lassen.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Ziel, die „Verfassungsordnung so zu gestalten, daß sich die Bewaffnung [der Bundeswehr] nicht zur innenpolitischen Gefahr auswächst“.138 Denn die Bundeswehr sei – so der damalige BMVg Blank bei der 1. Beratung der Entwürfe von WPflG und Gesetz über die Organisation der militärischen Landesverteidigung – „nur ein Teil der Exekutive, und zwar ein Teil besonderer Art, da sie infolge der ihr innewohnenden Kraft und auf Grund der Kommandogewalt leicht einen Zug zur Eigengesetzlichkeit entwickeln könnte.“139 Der spätere Bundeskanzler H. Schmidt (SPD), damals Abgeordneter, sah gar die Notwendigkeit der Verhinderung der Entstehung eines im 19. Jahrhundert nach seiner Auffassung existenten „vom Offiziersstand dominierten Militärstaats“.140 Aus der Vielzahl dieser Äußerungen wird erkennbar, daß im großen und ganzen eine einheitliche Linie vorliegt, so daß es sich nicht um Individualmeinungen und Einzelvorstellungen handelt. Deshalb werden die in diesen Äußerungen zum Ausdruck kommenden Regelungsabsichten auch heute noch als gültige Ziele der wehrverfassungsrechtlichen Normen angesehen.141 Als vom historischen Verfassungsgesetzgeber verfolgte Hauptzwecke der Wehrverfassung lassen sich somit festhalten: 1. Die Ermöglichung von Aufstellung, Unterhaltung und Verwendung einer Armee zur Abwehr von Gefahren durch kriegerische Bedrohungen von außen, welche der Landesverteidigung dienen und als „Wehrbeitrag“ der Bundesrepublik in die westlichen Verteidigungsbündnisse integriert werden sollte.142 2. Die gleichzeitige Sicherung der grundgesetzlich verfaßten freiheitlichen demokratischen Grundordnung,143 des innerstaatlichen Kräftegleichgewichts144 und des grundsätzlich zivilen Charakters der bundesrepublikanischen Gesellschaft145 gegen die Gefahren, die sich nach der histori138 Abg. Mellies (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6847C. 139 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956, 7555B. 140 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 143. Sitzung, 4.5.1956, 7559C. 141 Vgl. dazu die zu der folgenden Aufzählung der verfolgten Zwecke angegebenen Stimmen. 142 M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (281 f.) m. w. N..; ders., in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 14; C. v. Bülow, 62, 103; H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 108 f.; G. Großmann, Teil II, Rn. 30; B. Nölle, 30; P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (799 ff., 809), spricht u. a. davon, die Wehrverfassung des GG sei von dem Willen bestimmt, „die in der Wehrhoheit zum Ausdruck kommende staatliche Souveränität [. . .] wiederherzustellen“. 143 W. Grubert, 230. 144 W. Grubert, 217, 232.

A. Begriff der Streitkräfte

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schen Erfahrung – v. a. der Weimarer Republik – aus der Hinzufügung des mächtigsten Instruments des Staats zum Machtbereich der Exekutive ergeben. Als Gefahren, deren jeweilige Abwehr „Unterziele“ dieses Hauptziels darstellen, sah man besonders a) das Fehlen einer wertebezogenen Integration der Armee in die Gesellschaft,146 was als Ursache der Entwicklung von unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik147 angesehen wurde. Dies wurde als Negativziel mit dem Schlagwort des Staates im Staate148 umschrieben. Desweiteren fürchtete man zentral b) den Mißbrauch der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussenden gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere Parteien, in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen149 und generell c) deren Mißbrauch als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat,150 z. B. bei einem „Militärputsch“.151 145 W. Speth, 58; J. M. Mössner, 97 (107), beschreibt die Furcht des Verfassungsgesetzgebers, „daß die Streitkräfte in Notzeiten eingesetzt werden, diese dann auch zivile Funktionen übernehmen und nach Beendigung der Notlage nicht mehr verdrängt werden können“. 146 C. v. Bülow, 59; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 11. 147 Vgl. hierzu B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); M. Lepper, 8, 56. 148 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 10. 149 M. Bartke, 143; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 28, 88; P. Eichhorn, 171, 173; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25; W. Grubert, 217, 232; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 118; R. Hoffmann, 86 (98 f.); A. Hopfauf, ZRP 1993, 321 (323); J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (215); R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960); D. Keidel, 47; S. J. Lang, 89; W. März, 29; J. M. Mössner, 97 (106); J. Pannkoke, 201, 204; U. K. Preuss, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 156; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 208; H.-J. Rungweber, Einführung, III, V, 104; M. Schultz, 194; K. Stern, StaatsR II, § 42 II 5 a, 859, § 56 IV 3, 1475 ff. 150 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 32; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25; B. Nölle, 52; H.-J. Rungweber, 124, 217; R. Schikowski, 21, 37, 79; W. Speth, 58; M. Lepper, 8, spricht davon, daß es darum gehe, auszuschließen, daß die Streitkräfte im demokratischen Rechtsstaat „durch ihre Existenz, durch ihr mögliches Eigenleben diejenige Staatsform nicht gefährden, zu deren Schutz sie berufen sind“.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Zur Erreichung des unter 2. genannten Hauptzwecks und zur Abwehr der zuvor genannten Gefahren entschied sich der historische verfassungsändernde Gesetzgeber für bestimmte Mittel, die als relativ abstrakte Prinzipien ihrerseits ebenfalls Unterziele des Hauptzwecks darstellen und bei der teleologischen Auslegung zu berücksichtigen sind: a) Schaffen von verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen,152 b) effektive – insbesondere parlamentarische – Kontrolle der Armee,153 c) die eindeutige Sicherung des Vorrangs des Zivilen vor dem Militärischen („Primat der Politik“)154 und d) den grundsätzlichen Ausschluß einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel.155 Im Hinblick auf diese Ziele lassen sich in bezug auf den Begriff Streitkräfte verschiedene Schlüsse ziehen. Da mittels der Wehrverfassung eine Armee zur Landesverteidigung gegen kriegerische Bedrohungen von außen und zur Integration in das westliche Verteidigungsbündnis geschaffen werden sollte, wird deutlich, daß mit Streitkräften nicht Polizei und BGS ge151 W. Grubert, 217; aus dezidiert „linker“ Sicht beschreibt dieses Problem und Möglichkeiten der Abwehr dieser Phänomene der „Widerstandsforscher“ T. Ebert, 92. 152 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 11; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2; U. K. Preuss, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 156; U. Schopohl, 92; M. Schultz, 194; dementsprechend forderten Abgeordnete der FDP-Fraktion im Innenausschuß des Bundestages, Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Inneren sollten sich „in klaren Grenzen“ bewegen, vgl. Woche im Bundestag 16/1988, 7. 153 M. Schultz, 194; dieses Ziel schlägt sich augenfällig in den Vorschriften über den Verteidigungsausschuß, Art. 45a GG, den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Art. 45b GG, dem einen Einfluß auf die Organisation der Streitkräfte enthaltenden Budgetrecht des Parlaments, Art. 87a Abs. 1 S. 2 GG, und dem Recht des Parlaments, die Einstellung bestimmter Einsätze zu verlangen, Art. 35 Abs. 3 S. 2, 87a Abs. 4 S. 2 GG, sowie der Feststellung des Verteidigungs- und Spannungsfalls durch den Bundestag, Art. 115a, 80a GG, nieder; ebenfalls Schäfer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 74. 154 E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (81); O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 124; J. M. Mössner, 97 (99). 155 Dagegen sprach sich auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann im 3. Notstandshearing aus, vgl. Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 24; B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 64; M. Bartke, 143; W. Grubert, 230; J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (215); E. Schemann, 25; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3, 1475, und 3 b, 1477.

A. Begriff der Streitkräfte

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meint sein können, was durch die übrigen Auslegungsmethoden bereits als vorläufiges Ergebnis festgestellt wurde. Denn auch der BGS ist Teil der Polizei. Die Polizei wiederum ist von ihrer traditionellen Grundfunktion her zur Sicherung der inneren Sicherheit vorgesehen und nicht Bestandteil der traditionell für die äußere Sicherheit bestimmten Armee. An eine Bündnisintegration von Polizei und BGS wurde auch niemals gedacht. Zudem existierten sowohl die Polizeien von Bund und Ländern als auch der BGS 1956 bereits, so daß es zu deren Aufstellung und Unterhaltung keiner Verfassungsänderung bedurft hätte.156 Die Berücksichtigung des 1. Hauptzwecks spricht aber dafür, die Bundeswehr i. e. S. unter Streitkräfte zu subsumieren, da diese über Einrichtungen, Personal, Ausrüstung, Ausbildung und Struktur verfügt, um die Aufgabe der Landesverteidigung gegen Bedrohungen durch andere Staaten von außen her wahrzunehmen. Genau um die Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. und deren Integration in die NATO zu ermöglichen, wurde zudem die Wehrverfassung ins GG eingefügt. Dieser Zweck spricht zugleich nicht schlechthin gegen die Einbeziehung von Bundeswehrverwaltung, Militärseelsorge und Rechtspflege der Bundeswehr, weil diese als der Bundeswehr im engeren Sinne dienende Einrichtungen mittelbar auch den Zwecken der Landesverteidigung und der Bündnisintegration dienen und als zuvor nicht existente Einrichtungen auch ein Bedürfnis für ihre Aufstellung bestand. Die Berücksichtigung des 2. Hauptzwecks mit seinen Unterzwecken erhärtet den Schluß, daß die Bundeswehr i. e. S. mit den Streitkräften im Sinne von Art. 87a GG deckungsgleich ist. Denn alle unter a. – c. genannten Unterzwecke und Gefährdungspotentiale drohen nur von Seiten eines nicht nur in bezug auf Personal und Material sehr umfangreichen, sondern auch durch seine Bewaffnung und einheitliche militärische Führung besonders mächtigen und dadurch gefährlichen Verbandes. Ein solcher ist die Bundeswehr i. e. S. Diese besteht zwar nur zum Teil aus Kampftruppen, jedoch verfügen auch alle übrigen Truppengattungen, die nicht zur Kampftruppe gehören, für jeden einzelnen Soldaten zumindest über eine der Selbstverteidigung dienende sog. „Handwaffe“.157 Hinzu kommt das militärische Führungssystem, das auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruhend zu wesentlich effektiverer Zielverfolgung befähigt, als es in der übrigen öffentlichen Verwaltung der Fall ist. Der Bundeswehr i. e. S. als dem stärksten Machtinstrument der Bundesrepublik Deutschland ist weder in bezug auf den Umfang noch in bezug auf die Bewaffnung ein anderer 156 Soweit deren vorherige Existenz nicht verfassungswidrig war, wovon nicht auszugehen ist. 157 Hierbei handelt es sich in der Regel um Pistolen, Gewehre oder Maschinenpistolen; mit Ausnahme der Pistole (meist die sog. P 1) handelt es sich also um vollautomatische Waffen (G 3 oder MP 2).

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Verband innerhalb Deutschlands gewachsen. Ihre Erfassung vom Streitkräftebegriff ist durch den Regelungszweck somit geboten. In bezug auf Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge liegt keine über die sonstige öffentliche Verwaltung hinausgehende Gefährlichkeit dieser Verwaltungseinheiten vor. Besonders der Unterzweck der Sicherung des Primats der zivilen Politik vor dem Militärischen zeigt offensichtlich, daß diese durchweg zivilen Komponenten die Gefährlichkeit und das zu einem Mißbrauch verlockende Machtpotential, welche Grund der restriktiven Verfassungsregelung in bezug auf die Streitkräfte waren, nicht besitzen und deshalb nicht gemeint sein können, wenn das GG von Streitkräften spricht.158 Die vorstehenden Erkenntnisse sind zunächst nur als vorläufig anzusehen, weil die erörterten Normzwecke allein Globalzwecke der Wehrverfassung sind. Es sind deshalb noch die generellen Zwecke der Notstandsverfassung und die speziellen Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG zu ermitteln und für die teleologische Auslegung nutzbar zu machen. b) In bezug auf Zwecke der Notstandsverfassung Generell diente die Notstandsnovelle 1968 dem Hauptzweck, „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes“, insgesamt also die freiheitliche demokratische Grundordnung im Interesse der Staatsbürger zu sichern und dazu den Staat und die Handlungsfähigkeit seiner Organe gegen Gefahren von innen und außen zu schützen.159 Dazu wollte man – als „Folgezweck“ – in besonderen Gefahrensituationen auch vom Normalen abweichende, durch die Gefahr geforderte, besondere dem Ausmaß der Bedrohung angemessene Maßnahmen zulassen, durch die eine Abwehr der Bedrohung rasch und wirksam erfolgt.160 Konkret sollten die Folgen von äußeren und inneren Notständen für die innerstaatliche Rechtsordnung normiert werden,161 158

Im Ergebnis ebenso K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 13. Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs der 4. Wahlperiode, BTDrucks. 4/891, 5; E. Benda, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 2; B. Nölle, 33; in bezug auf Art. 91 GG H.-J. Rungweber, 56, und allgemein, a. a. O., 217, 223, 243. 160 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode, BTDrucks. zu 4/3494, 4; Begründung zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/1879, 6; ebenso der damalige BMI Lücke in der 1. Beratung der Notstandsnovelle in der 5. Wahlperiode, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 117. Sitzung, 29.6.1967, 5857C; E. Benda, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 2; B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 64, Fn. 41; ähnlich P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (96); H.-J. Rungweber, Einführung, I, und 217. 159

A. Begriff der Streitkräfte

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um die Bewältigung von Notständen nicht Willkür und Chaos,162 dem Recht des Stärkeren oder schlicht dem Prinzip „Not kennt kein Gebot!“163 zu überlassen. Auch wenn eine Zentralisation und Konzentration der mit vermehrten Machtbefugnissen und erweiterten Kompetenzbereichen versehenen vollziehenden Gewalt angestrebt wurde,164 sollte nicht das reine Effektivitätsprinzip, sondern auch das Recht, besonders das Verfassungsrecht, das Vorgehen der Staatsorgane im Notstand bestimmen.165 Der Staat sollte auch in der Stunde der Not ein Rechtsstaat bleiben, um nicht vom Rechtsstaat zum sprichwörtlichen Notstandsstaat oder Unrechtsstaat zu pervertieren,166 wobei insbesondere die parlamentarische und gerichtliche Kontrolle der staatlichen Machtausübung für wichtig gehalten wurde.167 In der Sache verfolgte man zur Abwehr von Notständen den Zweck, eine zentralisierte Planung und Lenkung der wichtigsten staatlichen Abwehrfunktionen zu gewährleisten.168 Zudem ging es darum, einen Mißbrauch jener der vollziehenden Gewalt eingeräumten Sonderbefugnisse während der Bekämpfung des Notstandes zu verhindern169 und dazu die parlamentarische Kontrolle zu sichern,170 damit der Notstand nicht gänzlich zur „Stunde der Exeku161 Generell ist die „Gewährung von Schutz nach außen und innen ein wesentlicher Entstehungsgrund von Staaten“, vgl. J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 18a, und O. Depenheuer, DVBl. 1997, 685 (686). 162 N.-P. Kleiner, 2. 163 E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 4; zu diesem Allgemeinplatz Zweigert, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 94, und H. U. Evers, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 70; etwas präziser sollten Inneneinsätze auf der Grundlage von Staatsnotrechtsvorstellungen ausgeschlossen werden, vgl. N.-P. Kleiner, 169; ebenso Schäfer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 73: „Ziel einer Notstandsverfassung muß sein, Rückgriff auf überverfassungsmäßiges Recht auszuschließen“. 164 E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 2. 165 H.-J. Rungweber, 218, 222 f. 166 H.-J. Rungweber, 222, 238; Hesse, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 89. 167 So der damalige BMI Lücke in der 1. Beratung der Notstandsnovelle in der 5. Wahlperiode, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 117. Sitzung, 29.6.1967, 5857C; ähnlich P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (96). 168 P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (96); H.-J. Rungweber, Einführung, II, und 32. 169 R. Hoffmann, 86 (88), sieht diesen Zweck „aufgrund der sozialen Struktur und der geschichtlichen Entwicklung der Bundesrepublik gerade im Bereich des inneren Notstands“. 170 H.-J. Rungweber, 127, 129, 236; H.-J. Rungweber, 223 f., spricht das von vielen hervorgehobene „der Notstandsverfassung immanente Spannungsverhältnis zwischen Effektivität und Sekurität“ an; zugleich hebt er a. a. O., 246, hervor, daß

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tive“ mutiere.171 Wichtig war dem verfassungsändernden Gesetzgeber zudem die schnellstmögliche Wiederherstellung der Normalverfassung nach Beendigung der Notlage.172 Ein letzter – hier weniger relevanter – Zweck der Notstandsverfassung lag darin, die „Alliierten Vorbehaltsrechte“ abzulösen.173 Die drei Westalliierten des II. Weltkriegs – die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich – hatten sich in Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages vom 26. Mai 1952174 Rechte zum Schutz ihrer in der Bun„die Umstände der inneren und äußeren Gefahr eine starke und handlungsfähige vollziehende Gewalt erfordern, die nicht durch zu extensive Beschränkungen und Bindungen gelähmt werden darf“; H. Oberreuter, 281, ist hinsichtlich des Spannungsverhältnisses von Effektivität und Sekurität der Auffassung, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1968 nicht „die rechtliche Einbindung einer praktikablen Lösung“ suchte, sondern „einer rechtsstaatlichen Lösung Praktikabilität verlieh“; dieses Spannungsverhältnis sah bereits E. Benda, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 2. 171 Mit dem vielfach kritisierten Satz „Die Ausnahmesituation ist die Stunde der Exekutive.“ rechtfertigte der damalige BMI G. Schröder seinen Entwurf einer Notstandsverfassung (BTDrucks. 3/1800) in der 3. Wahlperiode, vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 124. Sitzung, 28.9.1960, 7177C; im entgegengesetzten Sinne Hesse, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 89. 172 Begründung zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/1879, 6; ebenso der damalige BMI Lücke in der 1. Beratung der Notstandsnovelle in der 5. Wahlperiode, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 117. Sitzung, 29.6.1967, 5857C; B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 64, Fn. 41; H. U. Evers, AöR 91 (1966), 193 (215); K. Hesse, JZ 1960, 105 (106); P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (85, 101); E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 4; H. Oberreuter, 4; H.-J. Rungweber, Einführung, II, und 218, 223; R. Schikowski, 18, betont jedoch, daß es aufgrund der „originären Unberechenbarkeit des Ausnahmezustandes“ eventuell nicht immer möglich ist, zur Normallage zurückzukehren. 173 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode, BTDrucks. zu 4/3494, 2, 4; Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 23; B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 64, Fn. 41; P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (801); N.-P. Kleiner, 169; C. H. Ule, DVBl. 1967, 865 (867). 174 Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten, BGBl. 1952 II S. 305; Art. 5 Abs. 2 lautete: Die von den Drei Mächten bisher innegehabten oder ausgeübten Rechte in bezug auf den Schutz der Sicherheit von in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräften, die zeitweilig von den Drei Mächten beibehalten werden, erlöschen, sobald die zuständigen deutschen Behörden entsprechende Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten haben und dadurch instand gesetzt sind, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit dieser Streitkräfte zu treffen, einschließlich der Fähigkeit, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen. Der Deutschlandvertrag vom 26.5.1952 trat jedoch nicht in Kraft, weil er in seiner Geltung an die Ratifizierung des EVG-Vertrages geknüpft war, dem die franzö-

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desrepublik stationierten Truppen bis zu dem Zeitpunkt vorbehalten, in dem diese selbst über ein Notstandsrecht verfügte, das sie zum Schutz der alliierten Truppen in Stand setzte.175 Soweit in Verfolgung der Zwecke der Notstandsverfassung auch Möglichkeiten der Verwendung der Armee erwogen wurden, hatte der verfassungsändernde Gesetzgeber dieselben Sorgen hinsichtlich von dieser ausgehender Gefahren wie bei der Einfügung der Wehrverfassung176 und verfolgte somit auch dieselben Zwecke im Hinblick auf die Einordnung der Streitkräfte in die freiheitliche demokratische Grundordnung und ihre Restriktion und „Bändigung“.177 Deshalb war ein Zweck, den der verfassungsändernde Gesetzgeber 1968 durchgängig verfolgte, die für das Kräftegleichgewicht in der Demokratie besonders gefährlichen Einsätze des Militärs, v. a. Verwendungen mit polizeilichen Befugnissen, grundsätzlich auszuschließen und nur für eng begrenzte Ausnahmefälle zuzulassen.178 c) In bezug auf Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG In spezieller Hinsicht dient Art. 87a Abs. 2 GG neben der Garantie der Sicherheit und Freiheit des deutschen Volkes179 dem in bezug auf die Zwecke der Wehrverfassung genannten 2. Hauptzweck der Sicherung der grundgesetzlich verfaßten freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des innerstaatlichen Kräftegleichgewichts und des grundsätzlich zivilen Charakters der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen die Gefahren, die sich nach der historischen Erfahrung aus der Hinzufügung der Armee zum Machtbereich der Exekutive ergeben.180 Die Norm stellt für alle Einsätze, die nicht der Verteidigung dienen, einen Verfassungsvorbehalt auf, den wesische Nationalversammlung die Zustimmung verweigerte; er wurde jedoch i. R. d. Pariser Verträge v. 23.10.1954 neugefaßt und trat in Kraft, BGBl. 1955 II S. 213; vgl. dazu M. Schultz, 71 f. 175 Dieser Zweck wurde auch tatsächlich erreicht, da die Drei Mächte nach dem Inkrafttreten der Notstandsverfassung ihren Verzicht auf die Vorbehaltsrechte in einer diplomatischen Note erklärten, vgl. BGBl. 1968 I S. 715. 176 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode, BTDrucks. zu 4/3494, 5; im wesentlichen H.-J. Rungweber, 104. 177 Vgl. z. B. den Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode, BTDrucks. 4/891, 7. 178 W. Grubert, 217 (m. w. N. in Fn. 115); Grubert weist zudem zutreffend darauf hin, daß die Bundesrepublik in der jüngeren deutschen Geschichte der erste Staat ist, der sich dies auch tatsächlich leisten konnte, da er anders als zuvor Polizeikräfte aufbaute, die groß genug waren, jedem innerstaatlichen Gegner zu trotzen; im Einzelnen zum Einsatzbegriff vgl. unten C. 179 So der 1. Hauptzweck der Wehrverfassung, siehe oben a), und der Hauptzweck der Notstandsverfassung, siehe oben b). 180 E. Schemann, 60.

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gen Art. 79 GG nur der verfassungsändernde Gesetzgeber mit Zweidrittelmehrheit auszufüllen vermag.181 Dadurch wird u. a. das Ziel der Verhinderung der Bildung eines Staates im Staate im Bereich der Armee verfolgt, weil eine Armee, die sich ihre Betätigungsfelder nach Gutdünken und nach Bedarf selbst aussuchen kann, um ein vieles mehr dieser Gefahr unterliegt als eine solche, die außer zur Verteidigung nur in von der Verfassung ausdrücklich vorgesehenen Fällen eingesetzt werden darf. Auch wird das Ziel der Verhinderung des Mißbrauchs der Armee durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussender gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere Parteien, in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen verfolgt, da es der verfassungsändernde Gesetzgeber in der Hand hat, die Fälle des zulässigen Einsatzes mit Innenbezug zu reglementieren. Auch dem Mißbrauch der Armee als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat läßt sich mittels Art. 87a Abs. 2 GG und entsprechend restriktiver verfassungsgeberischer Zulassung von Einsätzen, die nicht der Verteidigung dienen (verteidigungsfremden Einsätzen), Einhalt gebieten. Auch die oben unter d. – g. genannten Mittel mit Unterzweckfunktion zur Erreichung des 2. Hauptzwecks182 werden durch Art. 87a Abs. 2 GG verfolgt: Die Norm schafft in einem Teilaspekt verfassungsrechtliche Klarheit über die Funktionen der Armee. Sie sorgt mit der Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit für die Zulassung verteidigungsfremder Einsätze für effektive parlamentarische Kontrolle und sichert damit zugleich das Primat der Politik.183 Desweiteren ist Art. 87a Abs. 2 GG die Norm, die wie keine andere die vorrangige Ausrichtung der Armee auf äußere Gefahren und den grundsätzlichen Ausschluß ihres Einsatzes als innenpolitisches Machtmittel ausdrückt, indem verteidigungsfremde Einsätze nur für den Fall ausdrücklicher Zulassung ermöglicht werden.184 Im Grundsatz werden sie dadurch ausgeschlossen und es wird der Bewertung von Bundestag und Bundesrat überlassen, ob diese es für vertretbar halten, dem numerus clausus der zulässigen Inneneinsätze einen weiteren Fall hinzuzufügen. Mittels Art. 87a Abs. 2 GG sollen alle Streitkräfteeinsätze an präzise Voraussetzungen gebunden und diese generell streng begrenzt werden.185 Die hierbei geschaffene Regelung soll abschließend sein.186 In Verfolgung der genannten Ziele sollte mit Art. 87a Abs. 2 GG der Verfas181 Insofern setzt Art. 87a Abs. 2 GG den Zweck des Art. 143 GG a. F. fort, welcher als „Sperrvorschrift“ den Rückgriff auf die Streitkräfte im Inneren Notstand ohne grundgesetzliche Ermächtigungsnorm untersagen sollte, vgl. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 27; U. Schopohl, 91; C. v. Bülow, 57. 182 Vgl. oben a). 183 O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 124. 184 M. Schultz, 194. 185 U. K. Preuss, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhö-

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sungsvorbehalt des Art. 143 GG i. d. F. der Wehrbeitrags-Novelle187 ausgefüllt, und im GG sollten nunmehr auch die Voraussetzungen geregelt werden, unter denen die Armee im Falle eines inneren Notstandes eingesetzt werden darf.188 Es sollte zur Erreichung der vorstehenden Ziele verhindert werden, daß „ungeschriebene Zuständigkeiten aus der Natur der Sache“ abgeleitet werden. Dazu sollten Möglichkeiten für den Einsatz der Bundeswehr i. e. S. im Innern durch ein „Gebot strikter Texttreue“ begrenzt werden.189 Das BVerfG entnimmt dies zu Recht dem Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode.190 Dabei sollte der Einsatz der Streitkräfte der Dispositionsbefugnis der Exekutive und sogar des einfachen Gesetzgebers entzogen werden.191 Gleichzeitig darf nicht verkannt werden, daß mit der Aufnahme des „Außer zur Verteidigung. . .“ die Verteidigung als Grundfunktion der Streitkräfte nochmals betont wurde und ein Hauptzweck der Notstandsverfassung die Abwehr äußerer und innerer außergewöhnlicher Gefahrenlagen war. Die teleologische Auslegung muß deshalb nicht nur den Sorgen vor durch die Aufstellung einer Armee bedingten potentiellen Gefahren gerecht werden, sondern muß auch in möglichst weitgehendem Maße die effektive Abwehr derjenigen Gefahren sicherstellen, zu deren Bekämpfung die Streitkräfte vorgehalten werden sollen. Denn Art. 87a GG ist Ausdruck der grundgesetzlichen „Grundentscheidung für eine wirksame Landesverteidigung“,192

rung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 156; ähnlich J. M. Mössner, 97 (99). 186 M. Schultz, 297. 187 Art. 143 GG i. d. F. vom 19.3.1956, BGBl. I S. 111, lautete: Die Voraussetzungen, unter denen es zulässig wird, die Streitkräfte im Falle eines inneren Notstandes in Anspruch zu nehmen, können nur durch ein Gesetz geregelt werden, das die Erfordernisse des Artikels 79 erfüllt. 188 BVerfGE 90, 286 (356); auch N.-P. Kleiner, 186, sieht die Zwecke von Art. 143 GG a. F. und Art. 87a Abs. 2 GG identisch. 189 BVerfGE 90, 286 (357). 190 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes – Drucksache V/1879 – und über den von den Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Mischnick und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall – Drucksache V/2130: nunmehr: Entwurf eines 17. Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, BTDrucks. 5/2873, 13. 191 U. Schopohl, 92; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 12, 15; C. v. Bülow, 59. 192 BVerfGE 28, 243 (261); 32, 40 (46); 48, 127 (159 f.); 69, 1 (21); 77, 170 (221); O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 124; M. Schultz, 108; a. A. Sondervotum der Richter Mahrenholz und Böckenförde, BVerfGE 69, 1 (57, 60 f.).

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

wonach die Bundesrepublik in der Lage sein soll, auf jede durch einen Angriff erzeugte Bedrohungslage angemessen zu reagieren.193 Diese weiteren Regelungszwecke in bezug auf die Notstandsverfassung insgesamt und speziell in bezug auf Art. 87a Abs. 2 GG führen nicht zu einer abweichenden zweckorientierten Auslegung des Streitkräftebegriffs. Es gilt weiterhin, daß von den zivilen Komponenten der Bundeswehr im weiteren Sinne – Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge – weder Gefahren ausgehen, die es im Interesse der grundgesetzlich verfaßten Ordnung zu verhüten gilt, noch daß diese zur effektiven Notstandsbekämpfung überhaupt in der Lage wären. Polizei und BGS bieten zwar Potential zur Notstandsbekämpfung; ihrer Einbeziehung in den Streitkräftebegriff steht jedoch sowohl das eindeutige Ergebnis der systematischen Auslegung im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG als auch ihre herkömmliche Einordnung in den Bereich der Polizei, auf den sich Art. 87a Abs. 2 GG nicht bezieht, entgegen.194 Der Regelungswille des verfassungsändernden Gesetzgebers bei der Normierung des Art. 87a Abs. 2 GG bezog sich nur auf das Militär, welches von problematischen Verwendungen, insbesondere innerhalb der Bundesrepublik, möglichst ferngehalten werden sollte. Ein Verfassungsvorbehalt für Einsätze der Polizei und des BGS würde diese in ihrem ureigenen Handlungsfeld von den meisten ihrer typischen Verwendungen ausschließen und die von grundrechtlich begründeten staatlichen Schutzpflichten geforderte staatliche Gefahrenabwehr weitgehend unmöglich machen. Zudem würde dies dem Zweck der Abwehr von Gefahren im Notstand zuwiderlaufen, der als Gesamtzweck der Notstandsverfassung auch die Polizei und den BGS in das Instrumentarium einbezieht, da diese, wenn auch nicht immer, so doch meist, zur Abwehr von Notständen in der Lage sind, ohne daß die Armee als ultima ratio eingesetzt werden müßte. Die Einbeziehung der Bundeswehr i. e. S. in den Streitkräftebegriff unterliegt hingegen auch bei Berücksichtigung der Zwecke der Notstandsverfassung und des Art. 87a Abs. 2 GG keinem Zweifel. Sie stellt mit ihrer Bewaffnung, Uniformierung und dem auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam fußenden Führungssystem das Militär der Bundesrepublik dar. Ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. stellt eine vom verfassungsändernden Gesetzgeber beabsichtigte besondere, dem Ausmaß einer notstandsartigen Gefahr angemessene Maßnahme dar, durch die eine Abwehr der Bedrohung rasch und wirksam erfolgen kann. Gleichzeitig birgt sie auch potentiell all 193

M. Schultz, 195. Im Ergebnis ebenso ohne nähere Begründung: G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 25; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 b, 1476 und § 56 IV 3 a, 862, sieht diese nicht als „Teil der Bundeswehr“ und zieht die von Art. 65a, 115b GG verschiedene Leitungsgewalt heran. 194

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jene Gefahren, denen man mit dem strengen Vorbehalt ausdrücklicher Zulassung in der Verfassung beizukommen versuchte.

VII. Bedeutung der Anforderung durch ein Land Da es auch denkbar ist, daß in den zu erwartenden Problemsituationen die Bundeswehr i. e. S. von einem betroffenen Bundesland angefordert wird, wie es zum Beispiel Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG zuläßt, ist zu fragen, ob der Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG auch für die Verwendung der Streitkräfte nach Anforderung durch ein Bundesland gilt. Im Hinblick auf den ähnlich wirkenden Fall der Unterstellung deutscher Truppen unter Kommando von VN oder NATO herrscht weitgehend Einigkeit, daß diese Truppen gleichwohl immer noch deutsche Streitkräfte bleiben.195 Soweit einzelne argumentieren, durch die „Ausgliederung dieser Kontingente aus dem staatlichen Regierungs- und Verwaltungsapparat“ würde keine unter das GG fallende staatliche Tätigkeit mehr vorliegen,196 ist zu entgegnen, daß in einem solchen Fall jedenfalls die staatliche Entscheidung über die Unterstellung der Truppen von Art. 87a Abs. 2 GG erfaßt würde.197 So wie unter Kommando einer internationalen Organisation gestellte Truppen deutsche Streitkräfte bleiben, so müssen umso mehr Truppen, die einem Bundesland durch den Bund auf Anforderung des Landes zur Verfügung gestellt werden, Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG bleiben. Jedenfalls im Moment der Entscheidung über die Anforderung von Truppen sind die Truppenteile noch Streitkräfte, die Art. 87a GG unterliegen. Zudem ist zu berücksichtigen, daß es mit den Normzwecken der Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte in innenpolitischen Auseinandersetzungen und gegen den demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar wäre, den Einsatz der Streitkräfte durch die Bundesländer nicht unter Art. 87a Abs. 2 GG zu fassen. Auch die Unterzwecke der Schaffung verfassungsrechtlicher Klarheit über die Rolle der Streitkräfte, der parlamentarischen Kontrolle und der Sicherung des Primats der Politik schließen es aus, daß der Einsatz durch die Länder nicht dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterläge. 195 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (101); A. Coridaß, 40; O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 93; E. Klein, ZaöRV 34 (1974), 429 (433 f.); N. K. Riedel, ZRP 1991, 5 (7); E. Schemann, 34. 196 B. Nölle, 54, Fn. 1, 115 f. 197 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (101); C. v. Bülow, 200 f.; A. Coridaß, 77; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 122; E. Klein, ZaöRV 34, 429 (434); N. K. Riedel, ZRP 1991, 5 (7); ders., NJW 1989, 639 (640); ders., Einsatz deutscher Streitkräfte, 203.

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Da darüber hinaus fraglich sein könnte, welchem Ministerium Bundeswehrtruppen bei Verwendungen im Inneren unterstellt werden bzw. aus welchem Haushalt die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden, könnte man erwägen, ob aus diesen Gründen diese Truppenteile nicht mehr als Streitkräfte anzusehen sein könnten. Jedoch entscheidet die haushaltsmäßige oder technisch-organisatorische Zuordnung einer Verwendung nicht darüber, ob die zur Verwendung vorgesehenen Soldaten aus der militärischen Organisation ausscheiden und somit nicht mehr Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sind. Solange die verwendeten Personen nicht förmlich aus der Bundeswehr i. e. S. ausgegliedert werden, bleiben sie Streitkräfte.198

VIII. Ergebnis Als Ergebnis der teleologischen Auslegung unter Berücksichtigung und in Übereinstimmung mit den übrigen Auslegungsmethoden läßt sich festhalten, daß die Bundeswehr im engeren Sinne deckungsgleich mit den Streitkräften in Art. 87a Abs. 2 GG ist.199 Dementsprechend gehören Polizei und BGS, Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge nicht zu den Streitkräften im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG. Die Bundeswehr i. e. S. als Gegenstand dieser Arbeit fällt damit insgesamt in den Anwendungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG und hat dessen Anforderungen zu genügen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob ganze Einheiten, Verbände oder Großverbände oder nur einzelne Soldaten auftreten, damit eine Verwendung der Streitkräfte vorliegt,200 solange nur eine Verwendung201 vorliegt. Die vereinzelt vertretene Auffassung, wonach die Tätigkeit einzelner Soldaten oder Gruppen von Soldaten nicht dem Anwendungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG unterworfen sein soll, weil dies nicht „die Streitkräfte“ in ihrer spezifischen Verbandsstruktur seien, Art. 87a Abs. 2 GG aber gerade die Handhabung eben dieses Instruments verrechtlichen wolle,202 ist abzulehnen. In Anbetracht der festgestellten Zwecke der Wehr198

A. Coridaß, 101. Ebenso C. v. Bülow, 165. 200 A. Coridaß, 101; W. Grubert, 197; W. Speth, 143, insbesondere Fn. 286; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 230 f.; E. Schemann, 35 f.; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 121 f., definiert sachgerecht, daß eine „Streitkraft“ immer dann vorliegt, wenn eine Einheit (gleich welcher Größe) vorhanden ist, die dem Prinzip von Befehl und Gehorsam unterworfen ist und von einem verantwortlichen militärischen Vorgesetzten geführt wird (so auch E. Beckert, BWV 1983, 217), weshalb grundsätzlich „jede Tätigkeit von Soldaten“ erfaßt wird und deshalb auch Handeln einzelner Soldaten erfaßt werden kann; ebenso: A. Coridaß, 101. 201 Siehe oben 2. Teil, B. 199

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und Notstandsverfassung und des Art. 87a Abs. 2 GG ist es ausgeschlossen, das Handeln einzelner Soldaten oder Soldatengruppen nicht dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG zu unterwerfen, was die Konsequenz wäre, wenn man diese nicht als Streitkräfte im Sinne der Norm ansähe. Denn einzelne oder wenige Soldaten sind angesichts der Möglichkeiten moderner Waffentechnik und der konkreten Ausstattung der Bundeswehr i. e. S. bereits in der Lage, eine so ungemein hohe Kampfkraft bzw. „firepower“ zu entwickeln, daß deren verfassungsrechtlich zulassungsfreie203 Verwendung innerhalb der Bundesrepublik schwersten verfassungsund staatspolitischen Bedenken begegnet.204 Eine über diese konkrete Erkenntnis hinausgehende abstrakte Definition wird im Hinblick auf den Gegenstand dieser Arbeit für entbehrlich gehalten und insofern auf die obige Darstellung verwiesen.205 Aus dem vorstehenden ergibt sich sodann, daß es sich bei den Soldaten, die im Rahmen der zu untersuchenden Verwendungen in den verschiedensten Funktionen tätig werden würden,206 durchgängig um Streitkräfte im Sinne des Art. 87a Abs. 2 GG handelt. 202

U. Schopohl, 132; E. Beckert, BWV 1983, 217; ders., BWV 1986, 145 (147); ähnlich äußert sich H.-J. Hofer, NZWehrr 1973, 2 (5), welcher vermeint, „die Verfassungsnorm des Art. 87a Abs. 2 GG [sei] sicher nicht berührt, wenn einzelne oder mehrere Soldaten aufgrund besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten zu einer Hilfeleistung in einem anderen Bereich der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden, da sie keinesfalls als ,Streitkräfte‘ im Sinne des Art. 87a Abs. 2 GG angesehen werden könnten“. 203 „Zulassungsfrei“ natürlich nur im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG; der rechtsstaatliche und grundrechtlich fundierte Vorbehalt des Gesetzes ist gleichwohl zu wahren. 204 Vgl. G. Großmann, Teil II, Rn. 367; man stelle sich das Szenario einer politischen Demonstration mit einer hohen Anzahl an Teilnehmern vor, gegen die lediglich ein oder zwei Soldaten der Luftwaffe mit Kampfflugzeugen unter Zuhilfenahme ihrer Bordwaffen sowie von Raketen und Bomben vorgehen; dieses Szenario läßt sich beliebig variieren: vier Soldaten der Panzertruppe in einem Kampfpanzer; ein Schützenpanzer mit Besatzung und Panzergrenadiergruppe für den „abgesessenen Kampf“; selbst einzelne Soldaten ohne solche komplexen Waffensysteme können, wenn sie z. B. ein lafettiertes Maschinengewehr und hinreichend Munition zur Verfügung haben, eine außergewöhnlich hohe Feuerkraft und – bei entsprechender Ausbildung – auch Kampfkraft entwickeln; hinsichtlich von Kampfkraft und Gefechtswert einzelner Soldaten, welche in besonderer Art und Weise ausgebildet sind, wie dies z. B. bei der Fernspähtruppe oder dem Kommando Spezialkräfte (KSK) der Fall ist, soll hier nicht weiter spekuliert werden; diese Bedenken teilt im Ergebnis H. Klückmann, 233 f. 205 Siehe oben I.; praktisch verwertbar hält Verf. die Definition, Streitkräfte seien das aus Soldaten bestehende, in der Bundeswehr organisierte, der Befehls- und Kommandogewalt des BMVg unterstehende und nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam strukturierte militärische Instrument der Bundesrepublik Deutschland.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

B. Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG Nachdem die Identität der Bundeswehr i. e. S. mit den Streitkräften als Regelungsobjekt des Art. 87a GG geklärt ist, bleibt zu fragen, ob die Norm auf die zu untersuchenden Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. innerhalb der Bundesrepublik überhaupt anwendbar ist. Denn in den 90er Jahren ist heftig um die Frage des Anwendungsbereichs dieser Norm gestritten worden. Da Art. 24 Abs. 1 GG die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen ermöglicht und Art. 24 Abs. 2 GG die Beschränkung von Hoheitsrechten zuläßt, die aus der Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit folgen, stellte sich die Frage, ob auch Einsätze, die im Rahmen von zwischenstaatlichen Einrichtungen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG oder von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne von Art. 24 Abs. 2 GG erfolgen, vom Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG erfaßt werden. Diese Frage trat besonders bei den seit Ende der 80er Jahre politisch und staatsrechtlich intensiv diskutierten Einsätzen im Rahmen der VN207 oder der NATO in den Vordergrund. Besonders mit Blick auf den II. Golfkrieg,208 die Mission UNOSOM II im bürgerkriegsgeschüttelten Somalia209 sowie die UNPROFOR-Mission und die Folgemandate in Bosnien-Herzegowina210 wurde die Beteiligung 206

Siehe oben 3. Teil. Einen guten graphischen Überblick über alle bisher von den VN durchgeführten Friedensmissionen seit dem II. Weltkrieg gibt O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 29, und stellt die einzelnen Missionen auch kurz dar, a. a. O., 30 ff.; ebenfalls bei V. Löwe, 379 ff. 208 Nachdem der vom Diktator Saddam Hussein geführte Irak das benachbarte Kuwait angegriffen und besetzt hatte, formierte sich eine westliche Allianz – u. a. unter Beteiligung von USA, England und Frankreich –, entsetzte aufgrund eines VN-Mandats nach Art. 39 Halbs. 2, Alt. 1, 53 Abs. 1 S. 2 SVN Kuwait und besetzte Teile des Iraks; die westliche Offensive begann im Januar 1991; die Bundesrepublik enthielt sich aktiver Beteiligung unter Verweis auf ein angenommenes verfassungsrechtliches Verbot und kompensierte hierfür – soweit möglich – finanziell (mit ca. 17 Mrd. DM, vgl. DER SPIEGEL 11/2002, 172 [179]); erst nach dem Niederringen des Iraks entsandte sie Minenräumkräfte in den Persischen Golf; zur UNOperation V. Löwe, 54 ff. 209 Die Beteiligung von fast 1700 Soldaten der Bundeswehr an der 2nd United Nations Organisation-Mission for Somalia begann am 21.7.1993, vgl. W. Grubert, 132, O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 40, oder S. J. Lang, 83; DER SPIEGEL 11/2002, 172 (179). 210 Die United Nations Protection Force, aufgrund der VN-Sicherheitsrats-Resolution 743 v. 21.2.1992, von Februar 1992 bis März 1995, umfaßte ca. 14.300 Soldaten, vgl. dazu O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 41; die nachfolgend aufgrund der VN-Sicherheitsrats-Resolution 1031 v. 15.12.1995 aufgestellte IFOR (Implementation Force) umfaßte 60.000 Soldaten aus 27 Nationen; seit der VN-SicherheitsratsResolution 1088 v. 12.12.1996 hieß diese SFOR (Stabilization Force) und umfaßte zunächst 31.000 Soldaten aus 37 Staaten. 207

B. Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG

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eines deutschen Truppenkontingentes211 vor allem von großen Teilen der damaligen christlich-liberalen Regierungskoalition gewünscht. Daraufhin wurde auch der die Jahre seit Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. beherrschende politische Konsens über die verfassungsrechtlichen Grenzen von Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Ausland aufgegeben.212 Die von den Befürwortern gewählten Wege bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung solcher Verwendungen variierten hierbei zwischen der Möglichkeit, durch Verfassungsänderung Auslandseinsätze zuzulassen, einer restriktiven bzw. extensiven Auslegung von Art. 87a Abs. 2 GG213 und einer Beschränkung des Anwendungsbereichs dieser Norm auf Verwendungen im Inneren, wodurch bei Anwendung des Art. 24 GG Raum für Auslandseinsätze gesehen wurde.214 Die Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Ausland sind allerdings nicht Gegenstand dieser Arbeit.215 Eine Auseinandersetzung mit dem Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG ist somit nur dann geboten, wenn in bezug auf Verwendungen der Streitkräfte innerhalb der Bundesrepublik irgendein Zweifel daran besteht, daß diese immer an Art. 87a Abs. 2 GG zu messen sind. Im Hinblick auf diese Fragestellung ist es zwar heftig umstritten, ob sich die Norm nur auf Verwendungen der Streitkräfte innerhalb der Bundesrepu211 Instruktiver Überblick über alle internationalen Aktionen, an denen Soldaten der Bundeswehr seit Beginn der 90er Jahre beteiligt waren, bei S. J. Lang, 4, und DER SPIEGEL 11/2002, 172 (174). 212 Nicht verkannt werden darf, daß schon zuvor vielfältig die Bundeswehr im Ausland zu humanitären Zwecken, zur Militärhilfe und zur Unterstützung von VNMissionen verwendet wurde, vgl. die Übersicht bei O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 83 ff. 213 Restriktiv im Hinblick auf den Begriff Einsetzen; extensiv im Hinblick auf den Begriff Verteidigung. 214 In bezug auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr ist die Frage durch die Entscheidung BVerfGE 90, 286, entschieden worden, wonach diese unter gewissen Voraussetzungen i. R. v. Systemen kollektiver Sicherheit zulässig sind, ohne daß es auf Art. 87a GG ankäme. 215 Vgl. zu diesen die nach der Entscheidung des BVerfG erschienenen Arbeiten von B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der Vereinten Nationen, 1994; S. J. Lang, Internationale Einsätze der Bundeswehr unter rechtlichen, politischen und militärischen Aspekten, 1997; W. März, Bundeswehr in Somalia: Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Überlegungen zur Verwendung deutscher Streitkräfte in UN-Operationen, Berlin 1997; weniger juristisch, eher politologisch interessant N. Philippi, Bundeswehr-Auslandseinsätze als außen- und sicherheitspolitisches Problem des geeinten Deutschlands, 1997; E. Schemann, Verfassungsrechtliche Legitimation nichtmilitärischer Auslandseinsätze der Bundeswehr, 1998; M. Schultz, Die Auslandsentsendung von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz zum Zwecke der Friedenswahrung und Verteidigung, 1998; M. Zimmer, Einsätze der Bundeswehr i. R. kollektiver Sicherheit. Staats- und völkerrechtliche Grundlagen unter Berücksichtigung des BVerfG-Urteils vom 12.07.1994, 1995.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

blik216 oder auch auf Auslandsverwendungen bezieht217.218 In bezug auf Verwendungen der Streitkräfte innerhalb Deutschlands bestehen jedoch überhaupt keine Zweifel. Niemand behauptet insofern eine Regelungslücke im Anwendungsbereich der Norm oder sieht Innenverwendungen irgendeiner Art durch eine anderweitige Vorschrift des GG als zugelassen an, ohne daß diese an Art. 87a Abs. 2 GG zu messen wären. Auch wenn eine solche Einigkeit eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der vertretenen Auffassung in sich trägt, so soll dies Ergebnis doch kurz überprüft und begründet werden. 216

K. Doehring, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 177, Rn. 25; R. Geiger, 376; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. B 2; A. Hopfauf, ZRP 1993, 321 (324); B. Hirsch, ZRP 1994, 120; J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (215); F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 9 ff., 12a; A. Randelzhofer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 58; ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 24 Abs. 2, Rn. 63 ff.; so auch die Position der CDU/CSUFraktion im Verfahren vor dem BVerfG, BVerfGE 90, 286 (335). 217 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 57 ff., 68; M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (276); M. Bothe, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 216; C. v. Bülow, 58; ders., NZWehrr 1984, 237 (240); A. Coridaß, 46; V. Epping, 615 (630 ff.); W. Grubert, 232; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 16; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 170; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 28; ders., Einsatz der Bundeswehr, 615 ff.; so auch die Position der Fraktionen von SPD und FDP im Verfahren vor dem BVerfG, BVerfGE 90, 286 (315 f.); F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; S. J. Lang, 88; W. März, 23 f.; J. M. Mössner, 97 (110); B. Nölle, 48 f., 56; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 61; U. Schopohl, 130; M. Schultz, 153, 190, 285; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 a, 864; C. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24, Rn. 185; M. Zimmer, 43 ff., besonders 51. 218 Diese Frage hat das BVerfG in BVerfGE 90, 286, ausdrücklich und bewußt (vgl. a. a. O., 355) nicht entschieden, da es Verwendungen im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit über Art. 24 GG ohne Entscheidung der Streitfragen hinsichtlich des Regelungsbereichs des Art. 87a Abs. 2 GG und des Einsatzbegriffs zugelassen hat, a. a. O., 1. Leitsatz, 345, 351, 355, 381; vgl. dazu auch V. Epping, 615 (616); auch in der Entscheidung über den Antrag der PDS-Fraktion des Bundestages v. 25.3.1999, BVerfGE 100, 266, mit dem sich diese gegen die unmittelbare Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Operationen der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Rahmen des Kosovo-Konflikts wandte, konnte das BVerfG der Entscheidung dieser Frage entgehen, indem es die Antragsbefugnis der PDSFraktion verneinte; eine anschauliche Übersicht des Meinungsstandes zu diesen Fragen bietet das Faltblatt bei N. Philippi, Anhang; entgegen dem eindeutigen Bekenntnis des BVerfG zum Offenlassen dieser Fragen vermeint M. Schultz, u. a. 285 f., der Entscheidung Schlußfolgerungen entnehmen zu können.

B. Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG

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Der Wortlaut des Art. 87a Abs. 2 GG enthält keinen Hinweis darauf, daß dieser nur für Verwendungen auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland gelte. Er ist so formuliert, als umfasse der Vorbehalt der ausdrücklichen Zulassung durch das GG alle Einsätze.219 Eine Einschränkung irgendeiner Art ist nicht erkennbar. Die umfassende Geltung der Norm für alle Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. ist jedoch auch nicht explizit positiv festgehalten. Die Abwesenheit von Hinweisen auf Einschränkungen des Regelungsbereichs im Wortlaut deutet zwar grundsätzlich auf dessen Uneingeschränktheit hin, schließt Einschränkungen jedoch auch nicht prinzipiell aus. Die Frage der Beschränkung der Reichweite des Art. 87a Abs. 2 GG läßt sich deshalb allein auf der Grundlage grammatikalischer Auslegung nicht beantworten, da diese sowohl eine umfassende Geltung als auch eine Beschränkung auf Verwendungen innerhalb der Bundesrepublik zuläßt.220 Sollten durch die übrigen Auslegungsvarianten allerdings keine weitergehenden Hinweise gewonnen werden können, so würde der grammatikalische Befund gegen eine Einschränkung sprechen.221 In historischer Hinsicht läßt sich keine in Wortlaut oder Stellung eindeutige historische Vorgängernorm nennen. Jedoch wird Art. 143 GG i. d. F. der Wehrbeitrags-Novelle222 häufig als Vorgängernorm genannt.223 Dieser regelte im Interimszeitraum zwischen der Einfügung der Wehrverfassung 1956 und der Notstandsverfassung 1968 ausschließlich die Frage der Verwendung innerhalb der Bundesrepublik, auch wenn die Regelung eine negative war und an das Erfordernis einer Verfassungsänderung anknüpfte.224 219

Vgl. C. v. Bülow, 53; A. Hopfauf, ZRP 1993, 321; B. Nölle, 49; E. Schemann, 17. A. Randelzhofer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 58. 221 So auch M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (276). 222 Art. 143 GG a. F. (BGBl. 1956 I S. 111) lautete: Die Voraussetzungen, unter denen es zulässig wird, die Streitkräfte im Fall eines inneren Notstandes in Anspruch zu nehmen, können nur durch ein Gesetz geregelt werden, das die Erfordernisse des Art. 79 erfüllt.“ 223 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 26; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 32; C. v. Bülow, 56; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 3; O. Hoffmann, Bundeswehr und UNFriedenssicherung, 118, 168; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 27; J. Isensee, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 24; N.-P. Kleiner, 178; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 1; R. Schikowski, 3; U. Schopohl, 91, 130; M. Schultz, 190; W. Speth, 47. 224 O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 118; J. Isensee, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwür220

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Dies spricht für eine umfassende Geltung hinsichtlich von Innenverwendungen. Unter entstehungsgeschichtlichem Blickwinkel wird von denen, die Art. 87a Abs. 2 GG als Nachfolgenorm zu Art. 143 GG a. F. sehen,225 aus diesem Umstand der Schluß gezogen, daß die neue Norm den gleichen Regelungsbereich habe wie die alte: also nur Verwendungen im Inneren. Zudem gab es eine Entwurfsvorlage im Rechtsausschuß, die in bezug auf Art. 87a Abs. 2 GG die Formulierung „Im Innern dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, [. . .]“ enthielt.226 Allein aufgrund von Kritik in sprachlicher und nicht inhaltlicher Hinsicht, z. B. des Abgeordneten Reischl (SPD), wurde dies im Ergebnis gestrichen.227 Somit wird aus der Entstehungsgeschichte teils ein reiner Innenbezug abgeleitet. Dies wird von manchen bestritten.228 Selbst wenn die Norm allein Innenbezug haben sollte, so läßt auch die genetische Auslegung an der umfassenden Geltung – zumindest auch – für Innenverwendungen keinen Zweifel. Denn einig ist man sich in der Bewertung, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber Art. 87a GG einfügte, um „die Bestimmungen über den Einsatz der Streitkräfte – abgesehen vom Fall der Katastrophenhilfe – in einem Artikel zusammenzufassen“. „Auch“ sollte dabei „die Regelung über den Einsatz der Streitkräfte im Innern“ einbezogen werden.229 In systematischer Hinsicht wird den im GG auffindbaren Fällen ausdrücklicher Zulassung von Einsätzen der Streitkräfte (Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG und insbesondere den zu Art. 87a Abs. 2 GG „räumlich nahen“ Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG), die sich alle nur auf Einsätze im Inneren beziehen, von manchen entnommen, daß auch Abs. 2 nur Inneneinsätze regele.230 Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, so spricht systematisch fen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 24; E. Schemann, 20. 225 Vgl. oben Fn. 223. 226 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 5. Wahlperiode, 76. Sitzung v. 15.3.1968, Anlage 3. 227 J. Isensee, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 24. 228 E. Klein, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 32, sieht nur „primär“ eine Innenrichtung; M. Schmidt, ebenda, 132. 229 BTDrucks. 5/2873, 12; B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (98); M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (276 f.). 230 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 57; J. Isensee, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundes-

B. Regelungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG

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wiederum nichts dafür, nicht alle Verwendungen innerhalb der Bundesrepublik an Art. 87a Abs. 2 GG zu messen. Ebenso spricht die Stellung des Art. 87a Abs. 2 GG im VIII. Abschnitt des GG über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung für eine jedenfalls nach innen gerichtete Funktion der Norm.231 Das Bestreben des verfassungsändernden Gesetzgebers bei der Einfügung des Art. 87a Abs. 2 GG wird – in Vereinfachung der oben A.VI. aufgeführten Zwecke – jedenfalls darin gesehen, jeden Einsatz der Streitkräfte im Innern im Hinblick auf damit verbundene innenpolitische Gefahren eng zu begrenzen.232 Die Gefahren, denen hier entgegengewirkt werden sollte,233 beziehen sich sämtlich auf den innergesellschaftlichen Bereich und können hinsichtlich der Gefahr des Mißbrauchs der Bundeswehr i. e. S. in innerstaatlichen Auseinandersetzungen und gegen den demokratischen Rechtsstaat ausschließlich durch Verwendungen innerhalb der Bundesrepublik realisiert werden; hinsichtlich der Gefahr unerwünschter Eigengesetzlichkeit und -dynamik ist zumindest fragwürdig, wie Auslandsverwendungen die Bildung eines Staates im Staate bewirken sollen. Unzweifelhaft ist es durch die Regelungsabsicht des verfassungsändernden Gesetzgebers jedoch nicht geboten, einzelne, geschweige denn alle Innenverwendungen aus dem Anwendungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG herauszunehmen.234 Mittels aller Varianten der Auslegung läßt sich somit kein Hinweis darauf finden, daß der Anwendungsbereich des Art. 87a Abs. 2 GG nicht alle Verwendungen der Streitkräfte im Inneren umfaßt. Infolgedessen sind alle innerhalb des Territoriums der Bundesrepublik stattfindenden Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. an Art. 87a Abs. 2 GG zu messen.

regierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 24; A. Randelzhofer, ebenda, 58; E. Schemann, 23, mit weiteren systematischen Argumenten; dieser Schluß ist jedoch nicht zwingend, da ein oben A.VI.2.c) festgestellter Zweck des Art. 87a Abs. 2 GG war, die Entscheidung über verteidigungsfremde Einsätze der Streitkräfte dem verfassungsändernden Gesetzgeber zu überlassen; daß sich im GG nur Fälle ausdrücklicher Zulassung finden, die sich auf Inneneinsätze beziehen, mag daran liegen, daß der Verfassungsgesetzgeber sein Ermessen bisher nur in dieser Richtung ausgeübt hat, auch wenn er ebenso im Hinblick auf Auslandseinsätze tätig werden könnte. 231 M. Schultz, 147. 232 Beispielhaft A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. B 2; A. Randelzhofer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 58. 233 Vgl. oben S. 87 unter a)–c). 234 B. Nölle, 49, ist sogar der Auffassung, es entspreche auch dem Sinn dieser Vorschrift, Einsätze im Ausland dem Regelungsvorbehalt zu unterwerfen.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG Ob ein Einsetzen bei jeder Art von Verwendung vorliegt oder ob diesem ein besonderer Charakter bzw. eine besondere Qualität innewohnt, ist in der Folge zu klären, um zu ermitteln, ob zu untersuchende Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Inneren als nicht vom Verfassungsvorbehalt erfaßte schlichte Verwendungen ohne weiteres zulässig sind.

I. Meinungsstand Der Einsatzbegriff wird ausgesprochen kontrovers diskutiert. Bevor sich im Wege der Auslegung mit diesem auseinandergesetzt wird, soll ein Überblick über die vertretenen Positionen gegeben werden. Der Übersichtlichkeit dienend soll dies in systematisierter Form erfolgen, wobei an die im wesentlichen sachgerechte Strukturierung B.K.W. Bährs235 angeknüpft wird. Seine Kategorisierung wurde dabei verifiziert und soweit erforderlich aktualisiert, modifiziert und ergänzt. Die in der Anwendung einfachste Auffassung hält jede Verwendung der Bundeswehr i. e. S. für einen Einsatz.236 Nach einer vereinzelten Auffassung soll das Kriterium des allgemeinen Gewaltverbots nach Art. 2 Ziff. 4 der Satzung der Vereinten Nationen (SVN)237 herangezogen werden, wonach ein Einsatz any action amounting to a threat or use of force within the range of this universally accepted prohibitory norm sei.238 Mit dieser verweisartigen Definition werden die Komponenten „gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar“ Teil des Einsatzbegriffs. Da diese Begriffsbestim235

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 122 ff. D. Deiseroth, Neue Justiz 47 (1993), 145 (148); K. Kersting, NZWehrr 1983, 64 (69); D. Majer, BWV 1992, 221; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29, begründet dies damit, daß die „Abspaltung des militärischen vom verfassungsrechtlichen Einsatzbegriff“ schwer zu rechtfertigen sei; W. Brunkow, 37 f., stellt zwar das Kriterium der Hoheitlichkeit auf, sieht aber auch jedes schlicht-hoheitliche Handeln als solches an, was faktisch jede Verwendung einbezieht; ob Majer, a. a. O., dies tatsächlich auch so umfassend meint, ist angesichts der Bemerkung a. a. O., 222, unter 8., fragwürdig. 237 Dieser lautet: Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt. 238 T. Giegerich, ZaöRV 49 (1989), 1 (24 f.); übersetzt ungefähr: „jedes Verhalten, welches einer Androhung oder Anwendung von Gewalt im Sinne dieser universell anerkannten Verbotsnorm entspricht“. 236

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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mung – in der auf Auslandseinsätze bezogenen Arbeit Bährs sachgerecht – sich jedoch allein auf Einsätze außerhalb Deutschlands bezieht, weil nur solche gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar sein können, ist sie für diese auf Verwendungen innerhalb Deutschlands beschränkte Arbeit ohne Nutzen und kann im weiteren unbeachtet bleiben. Eine von einigen Literaturstimmen vertretene Auffassung hebt auf das Kriterium der Bewaffnung der handelnden Soldaten ab und versteht unter einem Einsatz „nur die klassische Aufgabe einer Armee, die einen bewaffneten Militäreinsatz, Kampfhandlungen oder zumindest die Ausübung von Polizeigewalt voraussetzt“.239 Einige Dissertationen stellen darauf ab, ob die Streitkräfte „für militärische Vorhaben verwendet werden“,240 wobei militärisch nicht als Gegensatz zu bewaffnet zu verstehen sei, sondern es darauf ankomme, ob die Verwendungen im Hinblick auf Mittel, Vorgehensweise und Zielsetzung spezifisch militärische Elemente aufwiesen,241 woran es fehle, wenn die fraglichen Tätigkeiten prinzipiell auch von Dritten mit entsprechenden technischen, personellen und organisatorischen Kapazitäten übernommen werden könnten und nicht notwendig mit Gewaltanwendungsbefugnissen verbunden seien.242 Eine weitere Auffassung stellt auf das Kriterium der „intentionellen Anwendung militärischer Gewalt“ ab, welche als das „physische Einwirken auf Menschen und Sachen durch die Streitkräfte mittels militärischer Hilfsmittel zum Zwecke der Durchsetzung einer Position“ zu verstehen sei. Ein Einsatz soll dann „bei jeder hoheitlichen Verwendung der Streitkräfte“ vorliegen, „bei der die Soldaten als ,Streitkraft‘ auftreten“, mit dem Auftrag, „notfalls unter Anwendung militärischer Gewalt einen äußeren Gegner zu bekämpfen“.243 Ähnlich grenzen auch andere Autoren ab, wenn sie auf die 239 D. Fleck, VN 1974, 161; ders., VN 1979, 99; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 13; H. J. Hofer, NZWehrr 1973, 2 (5); B. Rieder, 318, Fn. 140; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 2; zumindest als ein Kriterium unter mehreren für sich ausreichenden: E. Klein, ZaöRV 34 (1974), 429 (435); W. Speth, 51 f.; daß hierbei offen ist, ob es nur auf das Beisichführen der Waffen ankommt, oder ob deren Benutzung vom Auftrag umfaßt sein muß, hebt E. Schemann, 48, hervor. 240 B. Nölle, 52 f., 81, sieht eine militärische Verwendung dann, wenn sie Waffeneinsatz erfordert. 241 A. Coridaß, 85 f.; U. Schopohl, 132, will dabei jedoch Tätigkeiten einzelner Soldaten nicht als Einsätze sehen. 242 U. Schopohl, 133. 243 O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 191 ff.; ausnahmsweise soll ein Einsatz auch dann vorliegen, wenn eine an sich unter der Einsatz-

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Verwendungen von Soldaten als „Instrument der Gewalt“,244 zur „staatlichen Gewaltausübung“,245 „zur Ausübung oder Unterstützung von Gewalt“246 oder darauf, ob „das Machtpotential der Streitkräfte“ wirksam wird,247 abstellen. Andere wiederum sehen einen Einsatz bei „jeder funktionsgerechten Verwendung einer Einheit im Rahmen einer militärischen Befehlsgewalt oder nach militärischen Führungsgrundsätzen, unabhängig davon, ob Anwendung von Waffengewalt nicht oder nur zum Schutz beabsichtigt sei“.248 M. Bartke sieht einen Einsatz bei „jeder Inanspruchnahme der Bundeswehr in Krisen oder Konflikten“,249 wohingegen N.-K. Riedel auf die Anwendung „militärischen Know-hows während einer Spannungslage“ durch Soldaten abstellt.250 J. M. Mössner wählt einen nach seiner Auffassung aus den Normzwekken von Art. 87a Abs. 2 GG abgeleiteten „dualen Ansatz“, wobei auf die Art der Verwendung und auf die besondere Situation abgestellt wird. Er hält einen Einsatz für gegeben, wenn entweder eine bewaffnete bzw. hoheitliche Verwendung vorliegt oder die besondere Situation von Verteidigung, Notstand oder Katastrophe existiert.251 schwelle liegende Verwendung „so demonstrativ in einem Konfliktgebiet durchgeführt wird, daß die erhebliche Gefahr offensichtlich [. . .] ist, auch in Kampfhandlungen verwickelt zu werden“; hier wird auf die Wahrscheinlichkeit eines „Hinübergleitens in militärische Aktionen“ abgestellt. 244 D. Walz, Konfliktforschung 2/1988, 136; ders., Zukünftige Aufgaben der Streitkräfte, 182; ähnlich W. März, 27, der alle „nicht gewaltneutralen“ Verwendungen als Einsatz einstuft. 245 S. Brunner, 53 ff.; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25; C. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24, Rn. 187. 246 C. v. Bülow, 61; ders., NZWehrr 1984, 237 (240). 247 W. Grubert, 241; ähnlich J. Isensee, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 22; M. Schultz, 170. 248 F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; Position der Fraktion der SPD und der F.D.P. im Verfahren BVerfGE 90, 286 (316); A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 24 Abs. 2, Rn. 62, insbesondere Fn. 126; E. Schemann, 61: „jedes befehlsgebundene Tätigwerden der Truppe“. 249 M. Bartke, 143 ff., 148, 236; soweit es sich um Verwendungen im Ausland handelt, will Bartke nur Verwendungen in „politischen“ Krisen oder Konflikten erfaßt sehen, vgl. a. a. O., 147 f. 250 N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 210 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960), stellen auf die „ihrem Zweck nach innenpolitisch nicht neutrale Inanspruchnahme militärischen Know-hows“ ab und verbinden somit zur Auffassung in Fn. 252. 251 J. M. Mössner, 97 (107 f.).

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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Manche wollen einen Einsatz aufgrund hoheitlichen Charakters der Verwendung bei jeder „ihrem unmittelbaren Zweck nach innenpolitisch nicht neutralen Verwendung“ annehmen.252 B. K. W. Bähr bevorzugt das Kriterium des „Handelns zur Gefahrenabwehr“, wonach ein Einsatz vorliegen soll, wenn die Streitkräfte ziel- und zweckgerichtet zur Abwehr einer konkreten gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Anspruch genommen werden.253 Das Kriterium der Gefahrenabwehr aufgreifend, aber im Übrigen wesentlich stärker differenzierend geht M. Schultz davon aus, daß ein Einsatz bei einer nach innen oder außen gerichteten Inanspruchnahme zum Zwecke der Gefahrenabwehr durch exekutive Entscheidungsträger vorliegt, wobei Soldaten entweder selbst Zwang gegen Dritte ausüben oder die Ausübung von Zwang durch Dritte unterstützen oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Ausübung von Zwang als hoheitliche Maßnahme zu erwarten ist.254 In der Rechtswissenschaft vorherrschend ist die Auffassung, ein Einsatz liege vor, wenn die Streitkräfte „hoheitlich“ bzw. „als Mittel der vollziehenden Gewalt“ tätig werden. Dies liege bei obrigkeitlichem Vorgehen vor, welches durch Regelungscharakter, Eingriffsmöglichkeiten sowie Anordnungs- bzw. Zwangsbefugnisse gekennzeichnet werde und sich damit von schlicht-hoheitlicher Tätigkeit unterscheide.255 252 C. v. Bülow, 59 ff. (v. Bülow läßt sich nicht eindeutig zuordnen, vgl. Fn. 246); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 31 f., unter Bezugnahme auf Art. 143 GG a. F., der ebenfalls dieses Kriterium zur Abgrenzung der unter Verfassungsvorbehalt gestellten Inanspruchnahme von schlichten Verwendungen enthalten haben soll; O. Gebhardt/H. Strixner, BWV 1977, 182; P. Karpinski, 15; H. Klückmann, 114; J. Pannkoke, 205 f., stellt entscheidend auf dieses Kriterium ab, auch wenn er dieses nur zur Feststellung heranzieht, ob eine Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt vorliegt; ähnlich R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960), die schon die „ihrem Zweck nach“ innenpolitisch nicht neutrale Verwendung – was immer das heißen mag – als Einsatz ansehen. 253 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 142; ders., ZRP 1994, 97 (101); dieselbe Auffassung vertritt S. J. Lang, 87 f., dessen Arbeit insofern eine wissenschaftliche „Frechheit“ darstellt, als sie auf S. 78–88 weitgehend wortgleich S. 121–142 aus der Dissertation Bährs abschreibt, ohne dies in irgendeiner Weise kenntlich zu machen oder auch nur einmal auf Bähr als inhaltliche Fundstelle hinzuweisen. 254 M. Schultz, 179. 255 M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (279 f.); ders., in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 33; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (82); ders., BWV 1983, 217 (218); ders., BWV 1986, 145 (147); BMVg, Nichtöffentliches Papier, Herbst 1987, abgedruckt in: C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 72; W. Brunkow, 36 f.; R. Geiger, 377; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 12 f.; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 15; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 6; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (633, Fn. 7); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 32;

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

In der deutschen Staatspraxis, insbesondere der von Bundesregierungen vertretenen und teils auch zur Anwendung gebrachten Rechtsauffassung, läßt sich feststellen, daß hier der Begriff des Einsetzens Ansatzpunkt für Auslegungen des Grundgesetzes war, die den Entscheidungsträgern in der jeweiligen Situation politisch gelegen kamen. Eine einheitliche Linie läßt sich nicht feststellen. Einziges Kriterium der Kontinuität ist, daß der Einsatzbegriff „geknetet“ wurde,256 wie es politische Opportunität erforderte.257 Teils wurde auf die Bewaffnung abgestellt, teils auf die Verwicklung deutscher Soldaten in Kampfhandlungen. Ende der 80er Jahre setzte sich beginnend im BMVg die Auffassung durch, entscheidend sei die Verwendung der Streitkräfte zur Ausübung oder Unterstützung von Gewalt zur Durchsetzung einer Position.258 Hierbei wurde zwischen militärtypischen und -untypischen Aufgaben unterschieden, wobei letztere keine Einsätze sein sollten. Zur Konkretisierung wurde auch auf die potentielle Ausübung von Zwang oder Waffengewalt abgehoben259 und immer wieder auch die Formel von der Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt verwandt.260 Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994 die Frage des Inhalts des Einsatzbegriffs ausdrücklich offen gelassen, weshalb diese Entscheidung nicht weiterhilft.261 D. Keidel, 46; E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 45; N.-P. Kleiner, 11, 186; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 14; K. Müller, in: Model/Müller, GG, Art. 87a, Rn. 2: „in exekutivischer Form“; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; Position von Bundesregierung und BMVg im Verfahren BVerfGE 90, 286 (328); U. K. Preuss, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 164; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; M. Schultz, 178 f., 86; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 6; W. Speth, 51 f.; T. M. Spranger, NJW 1999, 1003; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 b, 864, § 56 IV 3 b, 1476 f. 256 Vgl. J. Isensee, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 22. 257 Ein instruktiver Überblick über die bundesrepublikanische Staatspraxis in dieser Hinsicht und deren Entwicklung findet sich bei B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 128 ff. 258 BMVg, Unterrichtung Unterabteilung VR II, August 1988, 13, zitiert nach O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, und E. Schemann, 40. 259 Vgl. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 128 ff. 260 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMVg B. Wilz auf die Frage des Abg. E. Hinsken (CDU/CSU), BTDrucks. 12/6650, Frage 11; BMVg, Nicht-öffentliches Papier, Herbst 1987, in: C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 72.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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Die Vielfalt der existierenden Ergebnisse und der Umstand, daß in bezug auf die in dieser Arbeit zu untersuchenden Verwendungen der Streitkräfte von den verschiedenen Auffassungen kein einheitliches Ergebnis erzielt wird, macht deutlich, daß eine eigene Auslegung erforderlich ist. Hierbei ist der Einsatzbegriff aufgrund der Ausrichtung dieser Arbeit nur im Hinblick auf Verwendungen auf bundesrepublikanischem Territorium zu untersuchen.262

II. Wortlaut Die Bedeutungsspannweite des Wortes „einsetzen“ reicht von „etwas als Teil in etwas anderes setzen, bzw. einarbeiten oder einfügen“ über „zu etwas ernennen oder bestimmen“ zu „als Einsatz geben“.263 Mit Blick auf den Umstand, daß es in Art. 87a Abs. 2 GG um das Einsetzen von Streitkräften geht, läßt sich aus den verschiedenen möglichen Bedeutungen des Wortes diese als einzig sinnvolle auswählen: etwas „planmäßig für eine bestimmte Aufgabe verwenden oder dafür in Aktion treten lassen“.264 Beispielhaft wird diesbezüglich „Truppen einsetzen“ angeführt.265 Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG wäre dementsprechend das planmäßige Verwenden der Streitkräfte für eine bestimmte Aufgabe.266 Da dieses Verwenden eine aktive Konnotation hat, stellt sich die Frage, auf welches Subjekt sich dies bezieht. Man kann insofern vom Einsatzsubjekt sprechen.267 Unabhängig davon, bei wem die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte liegt,268 zeigt die aktivische Verbform des Verwendens, daß es um Tätigkeiten der Streitkräfte gehen muß, die entsprechend dem Willen der politischen Leitung erfolgen. Dieser auf die Verwendung durch die politische Leitung bezogene Charakter des Einsetzens wird weiterhin dadurch verstärkt, daß ein „planmäßiges“ Verwenden in der Begriffsbestimmung enthalten ist. Dies ist so zu verstehen, daß die Art der Verwendung geplant worden sein muß und in der Art der Durchführung diesem Plan zu entsprechen 261

BVerfGE 90, 286 (355 f.). Da es offen gelassen wurde, ob sich Art. 87a Abs. 2 GG auch auf Verwendungen der Streitkräfte außerhalb des Territoriums der Bundesrepublik bezieht, ist dies entweder zugleich die „universelle“ Untersuchung des Einsatzbegriffs oder nur eine partielle, die allein für innerstaatliche Verwendungen Geltung beansprucht. 263 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „einsetzen“. 264 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „einsetzen“, 2. Bedeutung, b). 265 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „einsetzen“, 2. Bedeutung, b). 266 S. J. Lang, 84, spricht von „jeder Nutzanwendung der Streitkräfte“. 267 Vgl. M. Schultz, 163. 268 Vgl. Art. 65a Abs. 1, 115b GG. 262

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

hat. Der „Plan“ in diesem Sinne sollte nicht als konkrete Planung verstanden werden, sondern als Erfassung der Verwendung von der grundsätzlichen Vorstellung der politischen Leitung vom Auftrag der Streitkräfte. Vom grundsätzlichen Willen der politischen Leitung hinsichtlich der Tätigkeit der Streitkräfte, wie er z. B. in Weißbüchern, „Konzeptionellen Leitlinien“, anderen Veröffentlichungen, öffentlichen Erklärungen etc. erkennbar wird, oder von konkreten Vorstellungen oder Willenserklärungen in Form von Anweisungen bzw. Befehlen an die Bundeswehr abweichendes und insofern eigenmächtiges Tätigwerden der Streitkräfte ist danach kein Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG.269 Vergegenwärtigt man sich den prozeßhaften Charakter des Einsetzens, so wird bei genauer Betrachtung deutlich, daß ein Einsatz sich, ohne daß sich dies in der Praxis immer eindeutig trennen ließe, in drei Teilakte bzw. -abschnitte gliedern läßt: 1. die Entscheidung, Streitkräfte einzusetzen; 2. der Befehl zum Einsatz; 3. die praktische Durchführung des Einsatzes.270 Über die genannten Aspekte hinaus ist im Begriff des Einsetzens nach dem Wortlaut nichts enthalten, was auf eine besondere Qualität des Einsetzens hindeutet. Beschränkungen des Einsatzbegriffs wie völkerrechtlich zulässige, bewaffnete, militärische oder hoheitliche Verwendung, Verfolgung humanitärer Zwecke sowie Inanspruchnahme militärischen Know-hows sind dem Wortlaut nicht zu entnehmen.271 Der Wortlaut ist also offen und umfaßt alle Verwendungen.272 Wie einige Stimmen darauf kommen, daß schon nach allgemeinem Sprachgebrauch einsetzen etwas enger sein dürfte als 269 Ein solches Tätigwerden wäre schon wegen des Verstoßes gegen das Primat der Politik rechts- und auch verfassungswidrig; die Bundeswehr hat sich keine Tätigkeitsfelder selbst zu erschließen, sondern nur im Rahmen ihres Auftrags zu handeln; überschreitet sie diesen, so verstößt sie gegen das Prinzip der Auftragsbindung der Streitkräfte, welches man den Normen über die Befehls- und Kommandogewalt zu entnehmen hat, Art. 65a, 115b GG; zudem läßt sich auch argumentieren, daß eigenmächtiges Tätigwerden der Streitkräfte im Wege eines argumentum a maiore ad minus erst recht von Art. 87a Abs. 2 GG untersagt werde. 270 H. Klückmann, 112; ebenso H. M. Parche, 22 f., der den 1. Teilakt nochmals in 3 Teilakte, die in der Praxis meist zusammenfallen werden, unterteilt: a) Tatbestandsfeststellung (Ermittlung des Sachverhalts und seine Subsumtion unter Verfassungs- oder Gesetzesnormen); b) Entscheidung über die Frage des „Ob überhaupt?“; c) Entscheidung über die Frage des „Wie ist vorzugehen?“ (Entscheidung über Zeitpunkt, Stärke etc.). 271 Ebenso B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 135; ders., ZRP 1994, 97 (100); ähnlich N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 208; E. Schemann, 59. 272 Ebenso B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 136, und ders., ZRP 1994, 97 (100): „jedes praktische Zuranwendungkommen“, „jede Nutzanwendung der Handlungsgröße ,Streitkräfte‘“; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 33; im Ergebnis ebenso W. Speth, 47.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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verwenden,273 läßt sich nicht nachvollziehen. Einschränkungen in bezug auf die von Art. 87a Abs. 2 GG erfaßten Verwendungen können sich folglich nur aus mit den übrigen Auslegungsvarianten gewonnenen Argumenten ergeben.

III. Historische Auslegung Aus der Auslegung, die dem Begriff Einsetzen in früheren Verfassungstexten widerfuhr, lassen sich keine Erkenntnisse ziehen, weil dieser Begriff zuvor in bezug auf Streitkräfte nicht verwendet wurde.274 In historischer Hinsicht kann jedoch Art. 143 GG a. F.275 herangezogen werden. Es herrscht Einigkeit darüber, daß Art. 87a Abs. 2 GG diesen funktionell ersetzt hat.276 In Art. 143 GG a. F. war ein Verfassungsvorbehalt für die Inanspruchnahme der Streitkräfte normiert. Was darunter im Einzelnen fiel, wird als weitgehend ungeklärt angesehen.277 Jedenfalls bewaffnete Verwendungen sollen darunter gefallen sein,278 fraglich war während der Geltungsdauer der Norm jedoch die Unfall- und Katastrophenhilfe sowie sonstige technische Hilfeleistungen und verteidigungsfremde Nebenleistungen ohne hoheitliche Zwangsgewalt.279 Manche möchten aus der Nutzung des Begriffs Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG im Gegensatz zu Inanspruchnahme in Art. 143 GG a. F. einen Bedeutungsunterschied schließen und halten Einsetzen für den engeren Begriff.280 Auch wenn dies bei einem Wortlautvergleich der Normen ein möglicher – wenn auch nicht zwingender – 273

W. Grubert, 233; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3 b), 1476. Ebenso O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 164; E. Schemann, 38. 275 Wortlaut in Fn. 187. 276 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47; W. März, 20; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; M. Schultz, 190. 277 N.-P. Kleiner, 169; J. Pannkoke, 194. 278 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 143 (Stand 1968), Rn. 1 ff., 7; Art. 87a, Rn. 29; M. Lepper, 43. 279 Vgl. J. Pannkoke, 194; auch diese Verwendungen bezogen ein K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 31; anders A. Hopfauf, ZRP 1993, 321 (322); Kogon, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 8, sah von Art. 143 GG a. F. unbewaffnete „technische und polizeiliche Verwendung“ nicht erfaßt; ebenso Abg. Gscheidle (SPD), a. a. O., 17; ähnlich Kluncker, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 22, Scheuner, a. a. O., 63, und H. U. Evers, a. a. O., 70; wegen dieser Unsicherheiten hinsichtlich obrigkeitlichem Handeln im Zusammenhang mit technischer Notstandshilfe bei Naturkatastrophen hielt der LMI Schleswig-Holsteins Schlegelberger für die Zukunft eine Klarstellung für sinnvoll, a. a. O., 2. 274

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Schluß sein mag, so ist zu beachten, daß in der Entstehung des Art. 143 GG im Zweiten Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses281 zum Entwurf der Regierungskoalitionen in der 2. Wahlperiode282 in bezug auf die Verwendungen der Streitkräfte, die man mit dieser Norm zu regeln beabsichtigte, durchgängig von „Einsatz“ gesprochen wird, obwohl die Norm in der Fassung, die der Rechtsausschuß ihr in seinem Bericht gab283 und in der sie in Kraft trat, den Terminus Inanspruchnahme verwendete. Dies zeigt, daß aus der Begriffsverschiedenheit keine Schlüsse im Hinblick auf eine Bedeutungsverschiedenheit gezogen werden sollten. In gleicher Weise kann jedoch wiederum aufgrund der Begriffsverschiedenheit nicht aus der Verwendung des Begriffs Einsatz in den o. g. auf Art. 143 GG a. F. bezogenen Materialien darauf geschlossen werden, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1968 schlicht das gleiche meinte, wie es „Inanspruchnahme“ ausdrückte. Denn dann hätte er das selbe Wort verwenden sollen. Aufgrund dieser widersprüchlichen Argumente, die aus Art. 143 GG a. F. und den auf ihn bezogenen Materialien folgen, und dem Umstand, daß der Bedeutungsgehalt der Inanspruchnahme höchst umstritten war, läßt sich der Vorschrift im Hinblick auf die historische Auslegung des Einsetzens keine klare Aussage entnehmen. Aus diesem Grunde ist es müßig, den während der Geltungsdauer der Norm zu ermittelnden Inhalt des Inanspruchnahmebegriffes zu erörtern. Zum einen ist überhaupt kein zwingender Schluß hinsichtlich Identität oder Nichtidentität der Begriffe möglich, und zum anderen hieße dies nur, die schwierige Auslegung des einen unbestimmten Rechtsbegriffs durch die nicht minder schwierige Auslegung eines anderen unbestimmten Rechtsbegriffs zu ersetzen. Die historische Auslegung führt deshalb nicht zu einer Klärung des Einsatzbegriffs und kann die aus der grammatikalischen Auslegung folgende Bedeutungsweite noch nicht verengen.

280 N.-P. Kleiner, 186, sieht trotz der als enger verstandenen Wortfassung die Zwecke der Normen identisch und schließt deshalb auf identischen Bedeutungsinhalt. 281 BTDrucks. 2/2150, 5. 282 BTDrucks. 2/124. 283 Art. 143 GG oder eine inhaltlich äquivalente Regelung war zuvor im Entwurf nicht enthalten; der mitberatende Verteidigungsausschuß hatte gegenüber dem federführenden Rechtsausschuß angeregt, die Verwendung der Streitkräfte im Inneren einer Regelung zuzuführen; der Rechtsausschuß sah sich zur Ausarbeitung einer solchen Regelung in kurzer Zeit angesichts der kontroversen Standpunkte nicht in der Lage und nahm deshalb Art. 143 GG in seinen Beschluß auf, um zumindest der Gefahr entgegenzuwirken, die Verteidigungs- und Rechtsausschuß im Hinblick auf Verwendungen der Streitkräfte im Inneren sahen, vgl. BTDrucks. 2/2150, 5.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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IV. Entstehungsgeschichte In entstehungsgeschichtlicher Hinsicht ist der zentrale Anknüpfungspunkt eine Aussage im Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses über den Entwurf der 5. Wahlperiode,284 aus der hervorgeht, daß in Art. 87a Abs. 2 GG mit Einsetzen die Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt gemeint sein sollte, und die die freiwillige Erntehilfe oder die Verwendung bei repräsentativen Anlässen ausdrücklich aus dem Bedeutungsspektrum des Einsatzbegriffs ausschließt.285 Der Rechtsausschuß stellt fest, daß Art. 87a Abs. 2 GG die Zuweisung von Vollzugsbefugnissen an die Streitkräfte außer zur Verteidigung einer ausdrücklichen Regelung im Grundgesetz vorbehält.286 Auf diese Aussagen des Rechtsausschusses stützen sich im Grunde alle, die in irgendeiner Weise Einsätze enger verstehen als Verwendungen.287 Insbesondere werden diese Aussagen von jener herrschenden Auffassung zur Begründung angeführt, die unter einem Einsetzen der Streitkräfte deren Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt, in hoheitlicher Form oder mit Befugnissen zur Gewalt- oder Zwangsausübung verstehen.288 Beide Schlußfolgerungen sind in genetischer Hinsicht folgerichtig. Die Aussage des Rechtsausschusses ist nicht lediglich eine Einzelaussage eines Abgeordneten, sondern stellt eine Meinungsäußerung der Mehrheit jener Abgeordneten dar, die sich mit dem Entwurf in ihrer Funktion als für ihre Fraktionen handelnde Ausschußmitglieder sehr intensiv befaßt haben. Nehmen Bundestag und Bundesrat einen Entwurf in der vom zuständigen Ausschuß vorgeschlagenen Fassung auf der Grundlage eines detaillierten schriftlichen 284

Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes – Drucksache 5/1879 – und über den von den Abgeordneten Dorn, Busse (Herford), Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Mischnick und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall – Drucksache 5/2130 – : nunmehr: Entwurf eines 17. Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, BTDrucks. 5/2873. 285 BTDrucks. 5/2873, 13: „Diese Bestimmung [Art. 87a Abs. 2 GG; der Verf.] beschränkt nur den Einsatz der Streitkräfte, d.h. ihre Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt. Verwendungen, die keinen Einsatz in diesem Sinne darstellen, z. B. zur freiwilligen Erntehilfe oder bei repräsentativen Anlässen, werden von dieser Bestimmung nicht berührt.“ 286 BTDrucks. 5/2873, 13: „Die Bestimmung [Art. 87a Abs. 2 GG; der Verf.] behält die Zuweisung von Vollzugsbefugnissen an die Streitkräfte außer zur Verteidigung einer ausdrücklichen Regelung im Grundgesetz vor.“ 287 Vgl. oben I. und konkret M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 33; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 32; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 32; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959). 288 Vgl. oben S. 109.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Ausschußberichts an, ohne inhaltliche Differenzen zu der im Ausschußbericht geäußerten Auffassung deutlich zu machen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sich der Gesetzgeber in Form von Bundestag und Bundesrat die Vorstellungen des Ausschusses zu eigen gemacht hat.289 Da in den auf den Bericht des Rechtsausschusses folgenden Beratungen des Bundestags290 und der entsprechenden Sitzung des Bundesrats291 keine inhaltlichen Abweichungen vom Ausschußbericht geäußert wurden, sind die dargestellten Vorstellungen des Rechtsausschusses als Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Einfügung des Art. 87a Abs. 2 GG anzusehen. Ebenfalls ist es methodisch schlüssig, die Aussage des Rechtsausschusses zum Anlaß zu nehmen, den Einsatzbegriff enger als den Verwendungsbegriff zu verstehen, da es dem Rechtsausschußbericht eindeutig zu entnehmen ist, daß nicht jede Verwendung von dem Verfassungsvorbehalt erfaßt werden sollte. Rein unter genetischen Gesichtspunkten ist es stringent, den Willen des historischen Gesetzgebers dahingehend zu verstehen, daß ein Einsatz der Streitkräfte im Sinne des Art. 87a Abs. 2 GG nur dann vorliegen sollte, wenn den Streitkräften Vollzugsbefugnisse zugewiesen werden bzw. sie als Mittel der vollziehenden Gewalt eingesetzt werden.292 Jedoch ist zu beachten, daß der geäußerte Wille des historischen Gesetzgebers nicht in jedem Falle zwingend zu beachten ist, sondern daß Modifikationen aufgrund eingetretener Veränderungen der Normsituation und aufgrund objektiv-teleologischer Erwägungen möglich sind.293 Dies wird im Laufe der nachfolgenden Untersuchungen zu erörtern sein. Diejenigen, die Art. 87a Abs. 2 GG als Nachfolgenorm zu Art. 143 GG a. F. identifizieren, versuchen teils, den Inhalt des Einsatzbegriffs aus dem Verständnis der Inanspruchnahme im Sinne des Art. 143 GG a. F. und aus den Zwecken dieser Norm zu beantworten.294 G. Dürig kommt seiner Auslegung der Inanspruchnahme entsprechend so zu seinem Ergebnis, daß ein Einsatz der Streitkräfte vorliegt, wenn diese „als Waffenträger“ verwendet werden. Dieser Ansatz soll hier, wie schon bei der historischen Auslegung dargestellt, jedoch nicht weiter verfolgt werden, weil während der Geltungs289

K. Larenz/C. W. Canaris, 150. 2. Beratung am 15.5.1968, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 174. Sitzung, 9313A, und am 16.5.1968, 175. Sitzung, 9413C: Annahme mit Änderungen gemäß Ausschußantrag und weiterer Änderungsanträge (wobei sich letztere jedoch nicht auf Art. 87a Abs. 2 GG bezogen); 3. Beratung am 30.5.1968, 178. Sitzung, 9606D: Annahme mit 384 zu 100 Stimmen. 291 Verhandlungen des Bundesrats, 308. Sitzung, 14.6.1968, 138 ff.: einstimmige Zustimmung bei einer Enthaltung (Berlin). 292 Im Ergebnis ebenso M. Schultz, 167. 293 Vgl. oben A.VI.1. 294 Vgl. für viele M. Bartke, 143; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 28 ff. 290

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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dauer des Art. 143 GG a. F. bereits Auslegungsvielfalt in bezug auf die Inanspruchnahme bestand und insofern kein wirklicher Nutzen aus der Untersuchung des Art. 143 GG a. F. gezogen werden kann. Hinsichtlich des Rekurses auf die Zwecke des Art. 143 GG a. F. kann dieses Argument gegebenenfalls bei der später erfolgenden teleologischen Auslegung fruchtbar gemacht werden. Soweit eine Mehrheit der Stimmen, die zum Einsatzbegriff Stellung nehmen, davon ausgeht, daß die Frage der Bewaffnung der Streitkräfte bei einer Verwendung für deren Qualifikation als Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG irrelevant ist,295 wird dies auch mit einem genetischen Argument begründet. Im wesentlichen übereinstimmend wird von diesen Autoren angeführt, daß die noch im sogenannten Höcherl-Entwurf 296 getroffene Unterscheidung zwischen unbewaffneten und bewaffneten Einsätzen in der letztendlich in die Verfassung einfügten Version des Art. 87a Abs. 2 GG oder anderer Normen der Notstandsverfassung nicht mehr auffindbar sei.297 Dieser Auffassung ist entgegenzutreten. Sie beruht auf einer zu oberflächlichen Sichtung der Materialien aus dem Verfassungsänderungsverfahren zur Notstandsverfassung. Bei genauer Untersuchung des HöcherlEntwurfs zeigt sich, daß in Art. 115 l Abs. 1 lit. c)298 i.V. m. Art. 115 b Abs. 3 lit. a)299 das „Einsetzen“ der Streitkräfte ohne einschränkende Modifikation im Hinblick auf die Bewaffnung zugelassen wurde. In Art. 115 l Abs. 3300 hingegen wurde der „Einsatz im Innern mit der Waffe“ von der 295

Vgl. oben I. BTDrucks. 4/891. 297 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 140 f.; M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (280); ders., in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 32; C. v. Bülow, 60, Fn. 7; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 32, Fn. 1; W. Grubert, 234; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 32; R. Jahn/ N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); J. Pannkoke, 204; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 208; E. Schemann, 49; W. Speth, 46; C. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24, Rn. 186. 298 BTDrucks. 4/891, 4: Art. 115 l Abs. 1: Besteht in einem Land ein Zustand gemäß Art. 115 i, ist das Land zur Bekämpfung der Gefahr nicht bereit oder in der Lage und reichen die Mittel des Artikels 91 Absatz 2 nicht aus, so treten für die Dauer dieses Zustandes nachstehende Rechtsfolgen ein: a) [. . .], b) [. . .], c) Die Bundesregierung hat die Befugnisse gemäß Artikel 115 b Absatz 3. 299 BTDrucks. 4/891, 2: Art. 115 b Abs. 3: Die Bundesregierung kann a) außer den Polizeikräften des Bundes und der Länder, soweit diese nicht ausreichen, auch die Streitkräfte im Innern für polizeiliche Aufgaben einsetzen und zur einheitlichen Führung der eingesetzten Kräfte einen Beauftragten bestellen, b) (. . .). 300 BTDrucks. 4/891, 4: Art. 115 l Abs. 3: Sollen die Streitkräfte gemäß Absatz 1 Buchstabe c) im Innern mit der Waffe eingesetzt werden, so bedarf es hierzu der vorherigen Zustimmung des Bundestages, in den Fällen des Absatz 2 Satz 1 des Ausschusses nach Artikel 115a Absatz 2. Einer Zustimmung bedarf es nicht, wenn 296

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

vorherigen Zustimmung des Bundestags oder des gemeinsamen Ausschusses abhängig gemacht, wovon nur bei unabweisbarem sofortigem Erfordernis abgewichen werden konnte. In diesem Entwurf wurde zwar zwischen Einsätzen mit Waffen und Einsätzen ohne Waffen differenziert, beide wurden jedoch im ausgewählten Einzelfall verfassungsmäßig zugelassen und – im vorliegenden Zusammenhang noch wichtiger – sowohl die bewaffnete wie auch die unbewaffnete Verwendung wurde als „Einsatz“ bezeichnet. Richtig ist selbstverständlich, daß diese Differenzierung in der Verfassung gewordenen Fassung des 17. Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes nicht aufrechterhalten worden ist. Der geltenden Fassung des Art. 87a Abs. 2 GG läßt sich eine solche Differenzierung nach der Bewaffnung der Streitkräfte für den Einsatzbegriff nicht entnehmen, was nur bewirkt, daß das Bewaffnungskriterium für die Klassifikation als Einsatz nach dem Wortlaut nicht gilt. Es ist jedoch nicht, wie die genannten Autoren vermeinen, aufgrund des Vergleichs mit dem Entwurf der 4. Wahlperiode als Abgrenzungskriterium ausgeschlossen, welches sich aus systematischen oder zweckorientierten Erwägungen ergeben könnte. Als Ergebnis der genetischen Auslegung läßt sich somit dreierlei festhalten: Zum einen entspricht es den Vorstellungen des historischen Verfassungsgesetzgebers, Einsatz enger zu verstehen als Verwendung. Der historische verfassungsändernde Gesetzgeber sah einen Einsatz konkret immer dann gegeben, wenn Streitkräfte als Mittel der vollziehenden Gewalt verwendet oder ihnen Vollzugsbefugnisse zugewiesen wurden. Insbesondere sollte ein Einsatz nicht bei der Verwendung zur freiwilligen Erntehilfe oder zu repräsentativen Zwecken vorliegen. Ein schlichter Rekurs auf die Bedeutung der Inanspruchnahme im Sinne von Art. 143 GG a. F., der z. B. bei Dürig zum Verständnis des Einsatzes als Verwendung der Streitkräfte als Waffenträger führt, ist aufgrund der disparaten Inhaltsbestimmung des Begriffs Inanspruchnahme nicht sachdienlich. Zuletzt folgt aus einem Vergleich des Entwurfs der 4. Wahlperiode mit der geltenden Fassung von Art. 87a Abs. 2 GG, daß das Kriterium der Bewaffnung der Streitkräfte zur Abgrenzung eines Einsatzes von einer sonstigen Verwendung nicht schlechthin ausgeschlossen ist.

V. Systematik Der Stellung des Art. 87a Abs. 2 GG im VIII. Abschnitt des Grundgesetzes über Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung lasdie Lage unabweisbar einen sofortigen Einsatz dieser Art erfordert. Der Einsatz ist jedoch einzustellen, wenn der Bundestag es verlangt.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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sen sich im Hinblick auf den Begriff Einsatz keine Hinweise entnehmen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß die systematische Stellung des Art. 87a GG vielfach als „offenkundig mißglückt“ und hinsichtlich Art. 87a Abs. 2 GG auch als „systemwidrig“ angesehen wird.301 Heranziehen läßt sich jedoch ein sehr generelles, aber in der Sache berechtigtes Argument – ein solches des Verfassungsstils. Eine sinnvolle und auf Dauer angelegte Verfassung muß darauf bedacht sein, vom Umfang her knapp zu sein und auf hohem Abstraktionsniveau die zentralen Probleme der Gesellschaft sowie deren Grundordnung und Grundwerte zu behandeln.302 Wäre jede Verwendung der Streitkräfte ein Einsatz, so müßte es eine Vielzahl von Ermächtigungen bzw. ausdrücklichen Zulassungen dieser Einsätze in der Verfassung geben. Diese würde dadurch auf das „Bedeutungsniveau“ einfacher Gesetze oder gar von Rechtsverordnungen bzw. Verwaltungsvorschriften herabgemindert. Es kann dem historischen Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1968, der in dieser Hinsicht noch zu der adäquaten Zurückhaltung im Hinblick auf Detailregelungen bei der Verfassungsgesetzgebung in der Lage war, unterstellt werden, daß eine solche Banalisierung des Grundgesetzes nicht gewollt war. Dies stimmt überein mit dem Ergebnis der genetischen Auslegung, daß der Begriff Einsatz jedenfalls enger zu verstehen ist als der Verwendungsbegriff. 1. Militärisches Begriffsverständnis Geht man von diesem Ergebnis der genetischen Auslegung aus und zieht man in Betracht, daß es sich um ein Einsetzen der Streitkräfte geht, so kann man erwägen, eine Definition des Begriffs Einsatz aus militärischer Sicht heranzuziehen, die in der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 1/50 des BMVg enthalten ist. Dort heißt es, Einsatz sei die „Vorbereitung und Durchführung von Gefechts- und Kampfeinsätzen und entsprechender Aufgaben“.303 Zum einen ist unklar, was alles unter Vorbereitung zu verstehen ist und was eine entsprechende Aufgabe im Sinne dieser Definition sein soll. Zudem enthält auch diese Definition den Begriff Einsatz und ist insofern teils zirkulär.304 Zudem ist zu beachten, daß es sich um Verfassungsauslegung handelt und zur systematischen Auslegung der Verfassung nur 301 Vgl. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 60; ders., ZRP 1994, 97 (98); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 3 f.; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 1 ff.; P. Karpinski, 20; M. Lepper, 174 f.; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 61; M. Schultz, 149; M. Zimmer, 49. 302 Als „Negativbeispiel“ vgl. Art. 16a GG, der zum Teil Regelungen enthält, die auf der Ebene des einfachen Rechts zweckmäßiger hätten angesiedelt werden sollen. 303 ZDv 1/50, Ziffer 26, VMBl. 1962, 490. 304 Ebenso A. Coridaß, 80.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Normen der Verfassung selbst herangezogen werden können. Dies ergibt sich daraus, daß die methodische Rechtfertigung der systematischen Auslegung der Verfassung der Gedanke der Einheit der Verfassung als logischteleologisches Sinngebilde ist. Unterverfassungsrechtliche Normen sind nicht Bestandteil davon und können den Bedeutungsgehalt verfassungsrechtlicher Begriffe deshalb nicht bestimmen.305 Eine Aussage in einer ZDv, welche einen Erlaß des BMVg, also eine Verwaltungsvorschrift mit reiner Innenwirkung, darstellt, ist mangels Außenwirkung nicht einmal eine Rechtsnorm. Deshalb hätte sie in systematischer Hinsicht selbst für unterverfassungsrechtliches Gesetzesrecht keine unmittelbare Bedeutung. Für Verfassungsnormen kann eine Aussage in einer Verwaltungsvorschrift deshalb erst recht nicht mehr sein als ein Definitionsanhalt,306 der aufgrund der juristischen Hermeneutik auf seine Validität zu überprüfen ist. Seine im Verhältnis zur Weite des Begriffs Verwendung ziemlich enge Begriffsbestimmung hält sich innerhalb des Wortlautrahmens und ist noch deutlich enger als das, was der Rechtsausschuß im Hinblick auf den Einsatzbegriff äußerte. Durchführung von Gefechts- und Kampfeinsätzen und deren Vorbereitung ist in die Liste der möglichen Bedeutungen und Abgrenzungskriterien aufzunehmen und im weiteren mittels Auslegung auf seine Berechtigung zu überprüfen. Für die hier durchzuführende systematische Auslegung hat diese Definition jedoch keine Bedeutung.307 2. Bedeutung der Fälle „ausdrücklicher Zulassung“ Im Hinblick auf die systematische Untersuchung des Einsatzbegriffs können die im Grundgesetz auffindlichen Fälle ausdrücklicher Zulassung von Einsätzen der Streitkräfte nicht unberücksichtigt bleiben. Es herrscht Übereinstimmung darüber, daß ausdrückliche Zulassungen von Streitkräfteeinsätzen in Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG normiert sind.308 Diese Einsatzoptionen sind genau zu betrachten, um herauszufinden, ob ihnen Hinweise darauf zu entnehmen sind, in welcher Weise der Einsatzbegriff gegenüber schlichten Verwendungen einzuschränken ist.

305

So auch M. Schultz, 282. M. Schultz, 282, spricht insofern von einer Auslegungshilfe. 307 Im Ergebnis ebenso A. Coridaß, 80; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 189; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 31; H. Klückmann, 113; U. Schopohl, 131; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 b, 864; W. Grubert, 234, lehnt diese Definition aufgrund zweckorientierter Auslegung ab. 308 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; weitgehend wortlautgleich S. J. Lang, 85; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109. 306

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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a) Negative Bedeutung Führt man sich vor Augen, daß die Verfassung die Verkehrsregelung durch die Streitkräfte im Verteidigungs- oder Spannungsfall nach Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG und die Katastrophenhilfe im regionalen Katastrophennotstand nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG sowie die Katastrophenhilfe im überregionalen Katastrophennotstand nach Art. 35 Abs. 3 GG nach unbestrittener Auffassung als Einsätze ansieht, so läßt dies Schlüsse in bezug auf den Einsatzbegriff zu. Die genannten, der Bundeswehr i. e. S. durch die Verfassung zugewiesenen Verwendungen sind für die Bestimmung des Einsatzbegriffs insofern wichtig, weil sie sämtlich auch unbewaffnet durchgeführt werden können.309 Bei der Verkehrsregelung ist dies offensichtlich. Gleiches gilt jedoch auch für die Katastrophenhilfe, weil die ermächtigenden Normen ebenfalls überwiegend technische Hilfsfunktionen der Bundeswehr i. e. S. ermöglichen wollen.310 Die systematische Auslegung des Einsatzbegriffs unter Berücksichtigung der Einsatzmöglichkeiten zur Verkehrsregelung nach Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG und zur Katastrophenhilfe nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG spricht danach dafür, daß es zur Bestimmung, wann ein Einsatz der Streitkräfte vorliegt, nicht auf die Frage der Bewaffnung ankommt.311 Aufgrund im wesentlichen derselben Erwägungen spricht systematisch auch alles dafür, daß für die Einstufung als Einsatz nicht das Kriterium der 309 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 32; A. Coridaß, 83 f.; W. Grubert, 234; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); E. Schemann, 50 ff.; A. Siedschlag, 112. 310 M. Bartke, 145; W. Brunkow, 37; nicht nur auf die Bundeswehr bezogen vgl. G. Heuer, 33 (74); R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); D. Keidel, 79; H. Klückmann, 156; B. Nölle, 40. 311 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (101); ders., Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 139 f.; weitgehend wortlautgleich: S. J. Lang, 86 f.; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 32; M. Bartke, 145; E. Beckert, BWV 1986, 145 (148); W. Brunkow, 37 f.; C. v. Bülow, 60 f.; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 32; W. Grubert, 234; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 8; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); D. Keidel, 46; N.-P. Kleiner, 11; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; J. Pannkoke, 205; U. K. Preuss, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 164; A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 24 Abs. 2, Rn. 62; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 207 f.; E. Schemann, 47 ff.; U. Schopohl, 131; M. Schultz, 178; W. Speth, 51 f.; T. M. Spranger, NJW 1999, 1003; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 b, 864, § 56 IV 3 b, 1476; C. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24, Rn. 186; anders: K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 13.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

militärischen Verwendung, der Militärtypik oder ähnlicher Begriffe entscheidend ist. Denn weder Verkehrsregelung noch Katastrophenhilfe stellen sich in der Regel als militärisch oder militärtypisch dar.312 Die Katastrophenhilfe zum Beispiel stellt sich regelmäßig so dar, daß die Bundeswehr i. e. S. lediglich als Organisation von Menschen und als Inhaber besonderer technischer Mittel vom jeweiligen Bundesland in Anspruch genommen wird.313 In Betracht kommen vielfältige Hilfsmaßnahmen: Abstellen von Personal, insbesondere Sanitätspersonal, Zur-Verfügung-Stellen schweren Geräts, von Hubschraubern, Flugzeugen, Lazaretten sowie von Verpflegung, Bekleidung und Unterkunft.314 Die Systematik spricht somit auch gegen das Kriterium der in bezug auf Vorgehensweise, Mittel oder Zielsetzung militärischen Verwendung.315 In gleicher Weise spricht die Existenz der die sog. Katastrophenhilfe zulassenden Einsatznormen Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG in systematischer Hinsicht gegen die Kriterien der hoheitlichen Verwendung oder jener als Instrument der Gewaltausübung.316 Anlaß für deren Einfügung in das GG war die sog. Hamburger Flutkatastrophe im Februar 1962, bei der der damalige Hamburger Innensenator und spätere Bundeskanzler H. Schmidt (SPD) die Streitkräfte bei einer Sturmflut mit schwerwiegenden Folgen zur Unterstützung der Polizei anforderte und die Bundeswehr mit etwa 6000 Soldaten tätig wurde.317 Bei der Katastrophenhilfe reduziert sich die Tätigkeit von Soldaten in der Regel auf schlicht-hoheitliches Handeln in der zuvor bereits dargestellten Form. Auch gewaltausübend werden Soldaten in 312

Vgl. W. Grubert, 234; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 616. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; Bähr bezieht sich hierbei a. a. O., Fn. 59, als Beispiele auf den „Heidewaldbrand“ in Niedersachsen 1975 sowie Schnee- und Hochwasserkatastrophen in Schleswig-Holstein 1978 und 1979; ebenso K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (616). 314 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; weitgehend wortlautgleich S. J. Lang, 85 f.; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109; W. Grubert, 234; nicht allein auf die Bundeswehr bezogen hebt G. Heuer, 33 (74), hervor, daß bei der Katastrophenhilfe „in erster Linie faktisches, nicht rechtsanwendendes und rechtsdurchsetzendes, Handeln sowie die Anwendung technischer Fertigkeiten, Ausrüstungen und Hilfsmittel“ zum Tragen kommt. 315 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 140; weitgehend wortlautgleich: S. J. Lang, 86 f.; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109; Bähr weist zudem auf die „unlösbaren Abgrenzungsprobleme“ hin, die das Kriterium der militärischen Verwendung aufwerfen würde; im gleichen Sinne: R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959). 316 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 139 f.; weitgehend wortlautgleich: S. J. Lang, 86 f.; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109; auch hier werden die Abgrenzungsprobleme als Argument angeführt; W. Brunkow, 37, lehnt wegen der Existenz der Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3 GG die Kriterien waffenmäßig und hoheitlich ab. 317 Vgl. dazu P. Karpinski, 81 f. 313

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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diesem Zusammenhang typischerweise nicht tätig. Die systematische Auslegung spricht deshalb ebenfalls dagegen, den Kriterien der hoheitlichen Verwendung bzw. der Verwendung als Instrument der Gewaltausübung die entscheidende Bedeutung für die Qualifizierung als Einsatz beizumessen. b) Positive Bedeutung Man könnte erwägen, die systematische Stellung der Normen zu untersuchen, die einen Einsatz der Streitkräfte ausdrücklich zulassen. Weil diese Normen jedoch durch ihre Situierung in Art. 35 und 87a GG an verschiedenen Orten im GG zu finden sind, welche kein übereinstimmendes Kriterium verbindet, läßt sich aus ihrer systematischen Stellung nichts ableiten.318 Nachdem vorstehend dargestellt wurde, welche Kriterien aufgrund systematischer Betrachtung der ausdrücklichen Zulassungen von Streitkräfteeinsätzen im GG ausgeschlossen sind, liegt es nahe, zu untersuchen, was sich den Einsatznormen positiv entnehmen läßt. Hierzu ist der „gemeinsame Nenner“, soweit ein solcher existiert, des Einsatzes zur Verteidigung sowie der in der Verfassung ausdrücklich zugelassenen, nicht der Verteidigung dienenden Einsätze nach Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG herauszuarbeiten. Es ist festzustellen, daß in allen Situationen, in denen die Verfassung den Streitkräfteeinsatz derzeit zuläßt, ein Gefahrentatbestand vorliegt.319 Bei Art. 87a Abs. 3 GG liegt der Verteidigungs- oder Spannungsfall vor, der eine von außen kommende Gefahrensituation voraussetzt und rechtsförmlich vom Bundestag festgestellt wird (Art. 80a, 115a GG). Art. 87a Abs. 4 GG setzt eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes voraus. Bei Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG wird eine Naturkatastrophe oder ein besonders schwerer Unglücksfall vorausgesetzt. Diese Einsatzoptionen bestehen somit alle zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die entweder von außen oder von innen herrühren.320 Auf der Grundlage dieser wichtigen Erkenntnis hinsichtlich des übereinstimmenden, allen Einsatzmöglichkeiten innewohnenden Wesensmerkmals zieht B.K.W. Bähr die Konsequenz, daß die318

M. Schultz, 168. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137 f.; ders., ZRP 1994, 97 (100 f.); M. Schultz, 168. 320 So auch M. Schultz, 164; U. K. Preuss spricht davon, in den Fällen der Art. 35 Abs. 2, Abs. 3, 87a Abs. 3, Abs. 4 GG nehme die Bundeswehr materiell Polizeiaufgaben wahr, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 164. 319

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

ses Merkmal auch für den Einsatzbegriff bestimmend sein müsse. Demzufolge kommt er zu seinem Ergebnis, ein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG liege bei ziel- und zweckgerichteter Inanspruchnahme der Streitkräfte zur Abwehr einer konkreten gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vor.321 So sehr der Erkenntnis, daß alle derzeit ausdrücklich zugelassenen Einsätze eine Gefahrensituation voraussetzen, zuzustimmen ist, so sehr begegnet seine Schlußfolgerung Zweifeln. Der Schluß vom zutreffend aufgefundenen „gemeinsamen Nenner“ der ausdrücklichen Zulassungen auf ein Wesensmerkmal des Einsatzbegriffs ist nicht zwingend. Ein solcher Konnex ist zwar nicht in logischer Hinsicht ausgeschlossen oder völlig abwegig. Jedoch ist es in gleicher Weise denkbar, daß die Gefahrensituation nicht bestimmendes Merkmal des Einsatzes ist, sondern daß es sich allein um den Grund der Zulassung dieser konkreten Einsätze durch die Verfassung handelt. Berechtigte Zweifel an der Richtigkeit von Bährs Ergebnis folgen auch aus einer Betrachtung der Folgen seiner Auffassung: danach wäre eine Verwendung militärisch bewaffneter Truppenteile der Bundeswehr i. e. S. gegenüber einer friedlichen und auch im übrigen in jeder Hinsicht sich rechtmäßig verhaltenden und somit nicht gefahrbegründenden Menschenmenge kein Einsatz, weil nicht zur Abwehr einer konkreten gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gehandelt würde. Dies überzeugt nicht. Die Schwächen in logischer Hinsicht und die durch eine Folgenbetrachtung geweckten Zweifel können allein auf systematischer Ebene nicht geklärt oder ausgeräumt werden. Ihnen wird sich jedoch bei der teleologischen Auslegung gewidmet werden müssen, welche in dieser Hinsicht eine Entscheidung herbeiführen muß. 3. Ergebnis Als Ergebnis der systematischen Auslegung im Hinblick auf den Begriff Einsatz in Art. 87a Abs. 2 GG läßt sich festhalten: Der Gedanke guten Verfassungsstils spricht in Bestätigung der genetischen Auslegung dafür, Einsatz enger zu verstehen als Verwendung. Der Einsatzdefinition der ZDv 1/50, Ziff. 26 kommt in systematischer Hinsicht keine Bedeutung zu. Die Existenz der Einsatznormen in Art. 87a Abs. 3, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG spricht in systematischer Hinsicht gegen die Abgrenzungsmerk321 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 142; ders., ZRP 1994, 97 (100 f.); dieselbe Auffassung vertritt S. J. Lang, 87 f., wortlautgleich; zu diesem Umstand vgl. Fn. 109.

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male der Bewaffnung, der militärischen Verwendung sowie der hoheitlichen Verwendung.322 Alle Fälle, in denen das Grundgesetz zur Verteidigung oder aufgrund ausdrücklicher Zulassungen Streitkräfteeinsätze ermöglicht, setzen als gemeinsames Wesensmerkmal eine Gefahrensituation voraus. Ob diese Gefahrensituation nun Kriterium des Einsatzbegriffs oder Rechtfertigung für die Zulassung dieser Einsätze ist, läßt sich mittels systematischer Argumente nicht klären und hat Gegenstand der zweckorientierten Auslegung zu sein.

VI. Normzweck Zur Durchführung der am Normzweck orientierten Auslegung ist in einem ersten Schritt der vom Verfassungsgesetzgeber verfolgte Regelungszweck bzw. sind die Regelungszwecke zu ermitteln. In dem folgenden Schritt sind die bisherigen Ergebnisse der Auslegung an diesen Zwecken zu messen und gegebenenfalls in einer Weise zu modifizieren, die dazu führt, daß das Gesetz zur Erreichung der verfolgten Zwecke bestmöglich geeignet ist. 1. Zweckbestimmung a) Subjektive Zwecke Da es um die Auslegung derselben Verfassungsvorschrift geht, können die bei der Bestimmung des Streitkräftebegriffs – vor allem historisch – ermittelten subjektiven Zwecke der Wehrverfassung und der Notstandsverfassung im allgemeinen und des Art. 87a Abs. 2 GG im besonderen herangezogen werden.323 Die dort getroffenen zweckbezogenen Feststellungen sind an dieser Stelle lediglich geringfügig zu ergänzen und im Hinblick auf die hier zu bewältigende Auslegungsaufgabe zu konkretisieren. Die oben bereits dargestellten ganz grundlegenden Zwecke, die der historische verfassungsändernde Gesetzgeber mit Art. 87a Abs. 2 GG als Teil sowohl der Wehrverfassung als auch der Notstandsverfassung verfolgte, illustriert sehr deutlich die Begründung zum Entwurf der 3. Wahlperiode, welcher zwar nicht zur Verabschiedung kam, jedoch von der Zwecksetzung her mit dem verfassunggewordenen Entwurf übereinstimmte: Es ging darum, einerseits auch schwerste von außen oder innen kommende Krisen 322 Anders argumentiert N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 239 f., der meint, die Katastrophenhilfe hätte eigentlich keine Einsatzqualität und wäre nur „aufgrund innenpolitischer Erwägungen“ dem Regelungsvorbehalt nach Art. 87a Abs. 2 GG unterstellt worden. 323 Vgl. oben A.VI.2.

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zu beheben, andererseits sollten die dazu bereitgestellten Mittel nicht zum Schaden der Demokratie mißbraucht werden.324 In der Sache vergleichbar, doch noch etwas präziser, drückte es der Abg. Even (CDU/CSU) in der 3. Beratung des Bundestages über den Entwurf der Notstandsverfassung der 5. Wahlperiode aus: Mittels der Notstandsverfassung sollte 1. Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Freiheit der Bürger getroffen werden, 2. die Demokratie gegen ihre Feinde von außen und innen erhalten und verteidigt werden und zugleich sollten 3. Vorkehrungen geschaffen werden, die verhindern, daß die Staatsgewalt entgegen dem Zweck der Notstandsvorsorge die ihr zu diesem Zweck eingeräumten besonderen Rechte mißbraucht und die Demokratie gefährdet.325 Eine spezielle Sorge hegten im Vorfeld der Einfügung der Notstandsverfassung die Gewerkschaften, welche fürchteten, daß die Bundeswehr i. e. S. im Inneren z. B. gegen Streikende eingesetzt werden könnte.326 Da insbesondere die damals noch eindeutig gewerkschaftsnahe SPD diese Sorge aufgriff, war die Verhinderung dieses Szenarios ein spezielles Ziel des historischen verfassungsändernden Gesetzgebers.327 b) Überprüfung aufgrund objektiver Erwägungen Wie bereits dargestellt,328 ist vom historischen Gesetzgeberwillen auszugehen und dessen Regelungssystem und Zwecksetzung nur aufgrund in der Gesellschaft und der Rechtsordnung als Ganzem eingetretener Veränderungen zu modifizieren. Der Wille des historischen Gesetzgebers ist zudem dann nicht maßgebend, wenn er vorhandene Umstände nicht zutreffend eingeschätzt hat oder sich die maßgebenden Umstände nach Erlaß der Norm geändert haben. Beide Aspekte gemeinsam lassen sich mit dem Stichwort der Veränderung der Normsituation kennzeichnen.

324 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des GG, BTDrucks. 3/1800, 3. 325 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 178. Sitzung, 30.5.1968, 9636B. 326 Vgl. dazu das Referat des damaligen Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Rosenberg, im 2. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967, 16 ff. 327 Vgl. dazu BTDrucks. 5/2873, 3; R. Hoffmann, 86 (88); A. Randelzhofer, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 59; H.-J. Rungweber, 138. 328 Vgl. oben A.VI.1.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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aa) Zwecke des historischen Verfassungsgesetzgebers Auch wenn sich das BVerfG im Urteil vom 12. Juli 1994 mit inhaltlichen Aussagen hinsichtlich Art. 87a Abs. 2 GG sehr zurückgehalten hat, so hat es doch unter Berufung auf den Bericht des Rechtsausschusses aus der 5. Wahlperiode329 deutlich ausgesprochen, daß diejenigen Befugnisse, die sich aus einem Wortlautzusammenhang mit der Verteidigungskompetenz ergeben, durch Art. 87a Abs. 2 GG nicht ausgeschlossen werden sollten.330 Diese Aussage zeigt, daß der Primärzweck der Existenz der Bundeswehr i. e. S. und der auf sie bezogenen Wehrverfassung sowie der auch in bezug auf sie Regelungen treffenden Notstandsverfassung weiterhin jedenfalls die Verteidigung ist. Verteidigung wird hierbei – vorbehaltlich späterer intensiver Beschäftigung mit diesem Begriff331 – zunächst jedenfalls als Landesverteidigung gegen von außen herrührende Bedrohungen verstanden. Solche Bedrohungen bestehen auch nach der Beendigung des Ost-West-Konflikts weiterhin, so daß an diesem Hauptzweck keine Modifikationen erforderlich sind. Soweit dieser Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung sowie des Art. 87a Abs. 2 GG auch die Abwehr von Gefahren für die Rechtsgüter der Bürger oder den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat als solchen umfaßt, die aus dem Inneren des Staates herstammen,332 so ist dessen Aktualität unvermindert gegeben. Der historische verfassungsändernde Gesetzgeber hat es vermieden, bestimmte Gefährdungen als Zweck zu spezifizieren, und hat statt dessen unbestimmte Rechtsbegriffe in den entsprechenden Einsatznormen verwendet, die auch auf neue Gefahren anwendbar sind, die der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht voraussehen konnte. Dies zahlt sich in der Gegenwart aus, wenn sich neue Bedrohungsformen ausbilden, wie sie die Welt in bisher nicht gekannter Form z. B. am 11. September 2001 durch die Terrorangriffe in New York und Washington, D.C., in schrecklicher Weise kennenlernen mußte. Auch dieser Zweck ist somit im Grundsatz uneingeschränkt weiterhin gültig. Der zweite Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung, der darauf gerichtet ist, bei der Realisierung der Gefahrenabwehr nach innen und außen gleichzeitig die grundgesetzlich verfaßte freiheitliche demokratische Grundordnung, das innerstaatliche Kräftegleichgewicht und den grundsätzlich zivilen Charakter der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen die 329

BTDrucks. 5/2873, 13. BVerfGE 90, 286 (356). 331 Vgl. unten 5. Teil, A. 332 M. Schultz, 166, sieht Gefahrenabwehr nach innen und außen als einen Zweck, weil es 1956 vor allem um äußere Sicherheit und 1968 um innere Sicherheit ging. 330

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Gefahren, die sich nach der historischen Erfahrung aus der Hinzufügung einer Armee als mächtigstem Instrument des Staates333 zum Machtbereich der Exekutive ergeben, zu sichern, ist ebenfalls weiterhin gültig. Alle verfassungs- und einfachrechtlichen sowie gesellschaftlichen Voraussetzungen dieses Normzwecks liegen grundsätzlich in gleicher, wenn auch über die Jahrzehnte fortentwickelter Weise weiterhin vor. Der grundsätzliche Widerstreit zwischen Praktikabilität und Sekurität, dessen Auflösung in einer Synthese das Bestreben des Gesetzgebers war, besteht weiter fort.334 Fraglich ist jedoch, ob die Gefahren, die man als von einer Armee ausgehend verstand und die als Unterzwecke anzusehen sind, auch gegenwärtig noch oder wieder bzw. in gleicher Weise vorliegen. Die Gefahr der zur Entwicklung von unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik führenden fehlenden wertebezogenen Integration der Armee in die Gesellschaft, also die Ausbildung des gefürchteten Staates im Staate, wird heute noch von manchem gesehen und auf dieser Grundlage eine Armee für einen demokratischen Staat schlechthin als latente Bedrohung eingestuft.335 Diesem ist jedoch entgegenzuhalten, daß bei Aufstellung, Organisation und Unterhaltung der Bundeswehr i. e. S. gerade im Wissen um diese Gefahr bewußt das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform als Gegenentwurf zum unpolitischen und nicht in der demokratischen Gesellschaft verwurzelten Soldaten der Vergangenheit entworfen und das Konzept der Inneren Führung zur Verwirklichung dieses Gedankens entwickelt wurde.336 Ein zu Recht erkannter Grund der Entstehung eines Staats im Staate in Form elitären Bewußtseins der Truppe und ihrer mangelnden Beziehung zur politischen Wirklichkeit337 ist in bezug auf die Bundeswehr i. e. S., deren Angehörige in der Gesellschaft der Bundesrepublik eher mit einem unangemessen niedrigen sozialen Status zu kämpfen haben, in jeder Hinsicht als nicht gegeben anzusehen. Die Kenntnisse der Angehörigen der Bundeswehr i. e. S. hinsichtlich nationaler und internationaler Politik liegen dank der alle Laufbahngruppen betreffenden sog. Politischen Bildung, in Folge von Unteroffizier- und Offizierweiterbildungen, von in Lehrgängen inte333

Vgl. zu dieser Bewertung der Streitkräfte H. M. Parche, 17. H. Oberreuter, 252. 335 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 29; diese Gefahr spricht auch R. Schikowski, 20, an, wenn er äußert, „daß im Ergebnis jede juristische Anstrengung, den Staat und seine Verfassung zu retten, umsonst ist, wenn die Streitkräfte untätig Gewehr bei Fuß stehen und zur Verfassungsordnung nicht positiv eingestellt sind“. 336 Zu diesen Begriffen O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 100, und V. Löwe, 125. 337 So G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 29. 334

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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grierten Seminaren mit gesellschaftlichem Bezug und vom für die Laufbahngruppe der Offiziere die Regel darstellenden Hochschulstudium in jeder Hinsicht höher als jemals zuvor in der deutschen Militärgeschichte. Insofern dürften die gegenwärtigen deutschen Streitkräfte auch im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz einnehmen. Wegen der als gelungen zu bezeichnenden Prägung durch die Konzepte von Staatsbürger in Uniform und Innerer Führung im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kann ein Mißbrauch der Streitkräfte als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat, z. B. bei einem Militärputsch, derzeit fast als ausgeschlossen angesehen werden. Im Hinblick auf die Gefahr des Mißbrauchs der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder sie in anderer Weise wesentlich beeinflussende gesellschaftliche Gruppen, insbesondere Parteien, in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen läßt sich feststellen, daß ein auch nur annähernd in diese Richtung gehender Fall in den gut 45 Jahren des Bestehens der Bundeswehr i. e. S. noch nicht vorgekommen ist. Auch wenn derzeit ein solcher Mißbrauch von keiner der für eine Regierungsbeteiligung in Frage kommenden Parteien zu erwarten ist, so zeigt zum Beispiel die rasante Veränderung des Stimmungsbildes in Parteien, Fraktionen, Ministerien und der Bundesregierung im Hinblick auf Auslandseinsätze der Bundeswehr i. e. S., daß auch zuvor fest etabliert scheinende Grundsätze von zügiger Veränderung nicht ausgeschlossen sind.338 Hinzu kommt, daß ein Mißbrauch der Armee in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen zwar bisher unterblieben ist, daß sich aber in bezug auf eine verfassungsrechtliche Grenzen überschreitende Inanspruchnahme der Streitkräfte ein historisch belegter Fall finden läßt. Die Verwendung von etwa 6000 Soldaten der Bundeswehr i. e. S.339 aufgrund des Hilferufs des damaligen Innensenators Hamburgs und späteren Bundeskanzlers H. Schmidt (SPD) bei der Hamburger Sturmflut 1962 mag der erste großangelegte Katastropheneinsatz der noch jungen Bundeswehr gewesen sein und in seiner Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit grundsätzlich unbestritten sein. Zu beachten ist jedoch, daß die Streitkräfte nicht nur Menschen und Vieh rettend, technisch helfend und Deiche oder Sachwerte sichernd verwendet wurden, sondern daß diesen durch die Regierung des Stadtstaats Hamburg auch polizeiliche Befugnisse gegenüber Bür338 Eine ähnlich rasante Veränderung eingefahrener Argumentationswege und vertrauter Diskussionsmuster erfährt man gegenwärtig im Hinblick auf die Behandlung des Themenfeldes Innere Sicherheit in allen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001. 339 So die Aussage des hamburgischen Innensenators Ruhnau im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 11.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

gern eingeräumt wurden, die auch tatsächlich in regelnder und zwangausübender Form zur Anwendung kamen.340 Es herrscht weitgehende Einigkeit, daß dieses Vorgehen zum damaligen Zeitpunkt mit der Verfassung, insbesondere Art. 143 GG a. F., nicht im Einklang stand.341 Erschreckend an diesem auf in der Stunde der Not erklärbare Fahrlässigkeit zurückführbaren Befund ist der Umstand, daß Schmidt nach eigener Aussage bewußt war, daß er die Grenzen der Verfassung überschritt, und daß dieses im Deutschen Bundestag getätigte Eingeständnis keinen Aufschrei der Empörung, sondern eher einhellige Zustimmung und Anerkennung auslöste.342 Hieran zeigt sich, daß die Verfassungstreue der Politiker seit Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. eher Anlaß zu diesbezüglicher Sorge zu sein hat als die Verfassungstreue der Bundeswehr i. e. S. Jedenfalls macht dieses Beispiel deutlich, daß ein Mißbrauch der Bundeswehr i. e. S. seitens der über sie verfügenden Personen oder Gruppen nicht gänzlich auszuschließen ist und diese Gefahr – und somit auch der entsprechende Zweck – deshalb auch weiterhin aktuell ist. Im Hinblick auf die Gefahren der Entwicklung von unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik aufgrund fehlender wertebezogener Integration der Armee in die Gesellschaft und des Mißbrauchs als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat wird aufgrund der oben dargestellten auf die Bundeswehr i. e. S. bezogenen Maßnahmen und Umstände (Innere Führung, Staatsbürger in Uniform und politische Bildung) nur eine sehr geringe Gefahr gesehen. Anders als in früheren Epochen ist kein besonderes Mißtrauen mehr gegenüber den Streitkräften notwendig, da keine Anzeichen für fehlende Staatsloyalität und Demokratietreue vorliegen. Es besteht 340 Dazu konkret auch die Rede des Abg. und späteren Bundeskanzlers H. Schmidt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9444B ff.; auch Schmidts Amtsnachfolger als Innensenator Ruhnau bestätigte dies im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 8, 10; P. Karpinski, 81 f.; W. Speth, 120; P. Eichhorn, 174, stellt dar, daß damals noch unter der alten Regelung des Art. 143 GG a. F. mehrere Kompanien Feldjäger Polizeibefugnisse erhielten, die die ausdrückliche Berechtigung umfaßten, Gewalt auch gegen Zivilpersonen anzuwenden. 341 W. Brunkow, 49; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 35, insbesondere Fn. 5; P. Eichhorn, 174; P. Karpinski, 81 f.; D. Keidel, 20, 77; H. Klückmann, 35; J. Pannkoke, 239, Fn. 322; Ruhnau, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 8; W. Speth, 120. 342 Vgl. H. Schmidt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 175. Sitzung v. 16.5.1968, 2. Beratung des Regierungsentwurfs der Notstandsnovelle, 9444B: „Wir waren damals durchaus in dem Bewußtsein, gegen Art. 143 zu verstoßen [. . .]“; in der Kritik daran erstaunlich zurückhaltend: Kluncker, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 42.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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nicht mehr Anlaß zu Mißtrauen gegenüber den Streitkräften als gegenüber jeder anderen im öffentlichen Dienst stehenden Personengruppe.343 Im Gegenteil: Der Grad der politischen, historischen und soziologischen Bildung innerhalb der Streitkräfte ist im Vergleich zur sonstigen Bevölkerung eher überdurchschnittlich, was zu entsprechenden Denk- und Verhaltensweisen führt. In der Tat haben die Streitkräfte in über 45 Jahren ihres Bestehens bewiesen, daß sie in diesen Staat und seine demokratische Ordnung hineinpassen und „militaristische“ Auswüchse von ihnen nicht zu erwarten sind.344 Bevor man jedoch aus diesem überaus erfreulichen Befund die Schlußfolgerung zieht, daß aufgrund dieser Feststellungen diese Zwecke nunmehr weggefallen seien und die verfassungsrechtlichen Beschränkungen im Wege der Auslegung oder durch Verfassungsänderung gelockert werden könnten, ist zu beachten, daß diese gegenüber der Vergangenheit zum Positiven veränderte Rolle und das entsprechende Selbstverständnis der Streitkräfte gerade auch auf die strikten Verfassungsvorgaben zurückzuführen sein könnten. Lockerte man diese, so bestünde die Gefahr, daß sich auch Rolle und Selbstverständnis wieder zum Negativen veränderten. Insofern ist der Zweck der Abwehr der aufgezeigten, aus der Existenz einer Armee in einem demokratischen Rechtsstaat folgenden Gefahren weiterhin zu beachten. Was man jedoch erwägen kann, ist eine Auslegung, die die positive Entwicklung und Bilanz der vergangenen 45 Jahre berücksichtigt und die Schwere der entsprechenden Gefahren für die Demokratie bei der Auslegung entsprechend gewichtet. Gerade wenn mittels Auslegung verschiedenen gesetzgeberischen Zielen entsprochen werden muß und diese Ziele gewissermaßen zu praktischer Konkordanz gebracht werden müssen, kann diese Gewichtung bei der Abwägung zwischen den verschiedenen und teils gegenläufigen Zielen berücksichtigt werden. Allein um „Mißtrauen nicht Vorschub zu leisten“, wird es nicht für zwingend erachtet, die Begrenzungen der Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte auf demselben Niveau zu halten, auf dem sie sich gegenwärtig befinden.345 Die tatsächlich von der Bundeswehr i. e. S. ausgehenden Gefahren sind bei der Auslegung zu berücksichtigen; ein diffuses und auch nicht näher belegtes Mißtrauen kann dagegen ohne Auswirkung bleiben. Die zur Erreichung des 2. Hauptzwecks eingesetzten Mittel – die Unterziele a.–d.346 – der Schaffung von verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen, der effektiven, insbeson343 W. Grubert, 218; so auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 34. 344 D. Walz, Verfassungsrechtliche Grundlagen, 301 (310). 345 So aber W. Grubert, 218. 346 Siehe oben S. 88.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

dere parlamentarischen, Kontrolle der Armee, der eindeutigen Sicherung des Primats der Politik und des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel sind für die Auslegung der Normen der Wehr- und Notstandsverfassung – und somit auch des Art. 87a Abs. 2 GG – auch gegenwärtig uneingeschränkt aktuell. Alle im Hinblick auf den 2. Hauptzweck von Wehr- und Notstandsverfassung problematischen Verwendungen der Streitkräfte sollen dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterworfen werden. Hierbei erfüllt der Einsatzbegriff die Funktion der Abgrenzung zwischen problematischen Verwendungen, die dem Vorbehalt unterliegen, und Betätigungen, die für die innere Machtstruktur des Staates und die sonstigen geschützten Güter ungefährlich sind und deshalb nicht dem Vorbehalt unterworfen sind.347 Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte wird weiterhin zu Recht angenommen, dem verfassungsändernden Gesetzgeber sei es darum gegangen, alle diejenigen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte umfassend und abschließend zu regeln, bei denen die Streitkräfte als Gewaltpotential der Exekutive dazu geeignet sind, die innenpolitische Lage der Bundesrepublik relevant zu verändern.348 Für unproblematisch gehaltene Verwendungsmöglichkeiten wollte er dabei nicht ausschließen, was auch heute noch Richtigkeit beanspruchen kann.349 Die zuvor bereits angesprochene Absicht des historischen Gesetzgebers, durch den Verfassungsvorbehalt in Art. 87a Abs. 2 GG die problematischen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte enumerativ in der Verfassung aufzuführen, zu begrenzen, die Entscheidung über diese dem verfassungsändernden Gesetzgeber zu überlassen und – zur Ermöglichung all dieser Ziele – die Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten aus der Natur der Sache zu vermeiden, kann auch heute noch uneingeschränkt Geltung beanspruchen.350 Nur in sprachlicher Hinsicht abgewandelt ist heute das Wort von der ausdrücklichen Zulassung als „Interpretationsbremse“ zu hören.351 Es herrscht Einigkeit darüber, daß Art. 87a Abs. 2 GG mit dem Erfordernis ausdrücklicher Zulassung auf die in Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG getroffenen Normierungen verweist, die als abschließende Regelungen des Einsatzes der Streitkräfte im Inneren der Sperrvorschrift des Art. 143 GG a. F. Rechnung tragen.352 347

W. Grubert, 230. M. Schultz, 166. 349 M. Schultz, 166. 350 Im wesentlichen ebenso B. Nölle, 47; teilweise C. v. Bülow, 56. 351 M. Schmidt, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 61. 348

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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bb) Objektive Zwecke Da die Frage der fortbestehenden Aktualität der historisch-subjektiv vom Verfassungsgesetzgeber verfolgten Ziele beantwortet wurde, ist nunmehr auf über die historisch in den Blick genommenen Zwecke hinausgehende und insofern objektive Regelungszwecke einzugehen.353 Dem Grundgesetz – genauer gesagt Art. 87a Abs. 2 GG, den Einsatznormen Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG, der weiteren Norm hinsichtlich des Politischen Notstandes, Art. 91 GG, und den Vorschriften über die Gesetzgebungskompetenzen, Art. 71ff. GG, sowie über die Verwaltungskompetenzen, Art. 83ff. GG – wird allgemein ein verfassungsrechtliches Prinzip der Trennung von Polizei und Militär und deren Aufgaben entnommen.354 Hiernach soll die Gefahrenabwehr im Inneren grundsätzlich von den als Polizei organisierten Kräften und die Gefahrenabwehr gegenüber äußeren Bedrohungen, die in ihrer Intensität solche Ausmaße annehmen, daß zum wirksamen Schutz die Mobilisierung der stärksten staatlichen Macht in Form der Streitkräfte erforderlich ist, von der Bundeswehr i. e. S. wahrgenommen werden.355 Auch wenn dieses Prinzip noch andere historische Wurzeln hat,356 so ist es in der Bundesrepublik zu352

K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 27. Vgl. zur Orientierung der Auslegung an objektiven Zwecken des Rechts, des geregelten Sachbereichs usw. K. Larenz/C. W. Canaris, 153 ff. 354 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (100); G. Großmann, Teil II, Rn. 370; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 14; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 17; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (961); G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (510); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 163; U. Schopohl, 65; M. Schultz, 197, 199, 249; P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1321); demgegenüber hebt W. Brunkow, 129, zu Recht hervor, daß durch die Verfassungsänderung 1968 eine allgemeinverbindliche Trennung der Bereiche der Polizei und der Bundeswehr schwierig geworden sei. 355 R. Hoffmann, 86 (109); M. Kniesel, ZRP 1996, 482 (484); M. Schultz, 197, 199; die Abwehr von Störungen, die nicht von ausländischen Streitkräften ausgelöst werden, aber von außen herrühren, soll der Sache nach jedoch primär der Polizei zukommen, vgl. A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2. 356 Dieses Prinzip hat sich historisch in der deutschen Verfassungsgeschichte erst allmählich entwickelt, da am Anfang getrennte militärische und polizeiliche Kräfte überhaupt nicht existierten; zunächst wurde jeder Verstoß gegen die „gute Ordnung“, unabhängig davon, ob dieser aus dem Inneren oder von außen verursacht wurde, mit der Armee als einzigem staatlichen Machtorgan bekämpft; da sich erst im Laufe der Entwicklung die Erkenntnis durchsetzte, daß die Bedingungen der Tätigkeit der Sicherheitsorgane im Staatsinnern äußerst vielseitig sind und sich in wesentlichen Gesichtspunkten von der Abwehr äußerer Gefahren unterscheiden, wurden getrennte Machtpotentiale für die Abwehr innerer und äußerer Gefahren entwikkelt; diese zunächst aus Zweckmäßigkeitsgründen vorgenommene Trennung von Polizei und Militär bewirkte zunächst noch kein Verbot eines Eingreifens des Militärs im Landesinnern; dieses wurde erst später aus rechtsstaatlichen Erwägungen 353

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

nächst historisch durch das ursprüngliche Fehlen von Streitkräften 1949 bedingt worden. Es wurde jedoch bei Einfügung der Wehrverfassung 1956 und der Notstandsverfassung 1968 als eigene sicherheitspolitische Grundentscheidung des Grundgesetzes aufrechterhalten und konkretisiert.357 Art. 87a Abs. 2 GG ist Teil der grundgesetzlichen Regelung, der dieses Prinzip entnommen wird, woraus folgt, daß dieser Gedanke bei der Auslegung der Norm zu berücksichtigen ist. Zudem läßt sich aus der Stellung der Regelung im Abschnitt des GG über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung folgender Schluß ziehen: Die Regelung über die grundsätzliche Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit nach Art. 83 GG verdeutlicht den Grundsatz, von dem das Grundgesetz ausgeht. Alle Art. 83 GG folgenden Regelungen über Bundesauftrags- und bundeseigene Verwaltung und ähnliches sind Ausnahmen von dessen Grundsatz. Hier wird als Ausprägung des föderalen Prinzips des GG die Aufteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Zentralgewalt und Ländergewalt vorgenommen. Als nur durch die Verfassung selbst normierbare Ausnahme vom Grundsatz des Art. 83 GG358 und in Ausfüllung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Verteidigung in Art. 73 Nr. 1 GG weist Art. 87a Abs. 1 GG Aufstellung und Unterhaltung von Streitkräften dem Bund als ausschließliche Verwaltungskompetenz zu.359 Art. 87a GG ist somit Teil der vom verfassungsändernden Gesetzgeber getroffenen Abgrenzung von Bundes- und Landeskompetenzen in der Verwaltung. Mit der in Art. 87a Abs. 1 GG niedergelegten primären Ausrichtung der Streitkräfte auf die Verteidigung360 ist im Grundsatz auch die inhaltliche Reichweite dieser heraus entwickelt, um die Freiheitsrechte der Bürger zu schützen; vgl. zu dieser Darstellung M. Lepper, 27 ff. 357 V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 79, Rn. 35; inwiefern es zutrifft, daß diese Trennung „historisch erkämpft“ sei, wie H. Klückmann, 224, es vertritt, soll hier nicht diskutiert werden; inwiefern die Trennung innerer und äußerer Sicherheit auch künftig noch sicherheitspolitisch sinnvoll ist, ist fragwürdig, vgl. dazu unter dem Einfuß des 11.9.2001 E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25. 358 Vgl. hierzu H.-J. Rungweber, 109. 359 BVerfGE 8, 104 (116); BVerwG, DVBl. 1997, 954; M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; W. Brunkow, 30; K. Dau, NZWehrr 1998, 89 (92); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 1, 7; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 8; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 125, 213; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 11 f.; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 4; W. März, 19; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 1; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 2 a, 861. 360 A. Coridaß, 79; K. Dau, NZWehrr 1998, 89 (93); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 24; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29; ders., Einsatz der Bundeswehr, 615 (625); S. J. Lang, 21; B. Nölle, 30 ff.; B. SchmidtBleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 3; U. Schopohl, 92;

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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Bundeskompetenz bestimmt. Art. 87a Abs. 2 GG hingegen schützt die vom Verfassungsgesetzgeber getroffene Aufteilung der Verwaltungskompetenzen gegen Veränderungen durch den einfachen Gesetzgeber oder schlichte ministerielle Entscheidungen, indem er Einsätze der Streitkräfte ausdrücklicher Zulassung durch die Verfassung vorbehält.361 Hieraus folgt, daß ein objektiver Zweck der Norm, der sich der Systematik entnehmen läßt, auch im Schutz der getroffenen Verteilung von Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern – und dadurch letztendlich der Eigenstaatlichkeit der Länder362 – liegt. Allein der verfassungsändernde Gesetzgeber hat zu entscheiden, welche weiteren Einsätze von der Bundeswehr i. e. S. über die Einsätze zur Verteidigung hinaus wahrgenommen werden sollen.363 Geschützt wird dadurch konkret die im Grundsatz den Ländern zugewiesene Kompetenz zur Gefahrenabwehr mittels polizeilicher Kräfte.364 Weitere objektive Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG ergeben sich aus dem Grundzweck der Streitkräfte, die Abwehr von aus dem äußeren Bereich stammenden Gefahren sicherzustellen. Zum einen folgt hieraus der GeM. Schultz, 108; W. Speth, 18, 21 ff., 58; K. Stern, StaatsR II, § 42 II 5 a, 859; A. Sturm, 29. 361 Sehr richtig erkennt R. Schikowski, 87, 90, daß die Befugnisse der Bundesregierung nach Art. 91 Abs. 2, 87a Abs. 4 GG die normale Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern beeinflussen und verändern. 362 S. Brunner, 56. 363 An dieser Entscheidung sind die Länder über den Bundesrat beteiligt und können Einfluß nehmen. 364 Vgl. S. Brunner, 56; zur Gefahrenabwehr als Landeskompetenz vgl. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 25; P. Eichhorn, 153; V. Götz, in: Isensee/ Kirchhof, HStR III, § 79, Rn. 3; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387); G. Heuer, 33; R. Hoffmann, 86 (106); K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 145 f.; D. Keidel, 59; P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (104); E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 19; N.-P. Kleiner, 284; H.J. Rungweber, 10, 152, 241; Schlegelberger, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 1; H. M. Parche, 196, sieht die „ausdrückliche Anerkennung der primären Zuständigkeit der Länder zur Gefahrenabwehr“ als eine der besonderen Errungenschaften der Notstandsverfassung; daß diese Landeszuständigkeit schon längst durch vielfältige Regelungen ausgehöhlt ist und insbesondere der ständig anwachsende Befugnisraum des BGS eine mittlerweile recht weitgehende Bundeszuständigkeit in der Gefahrenabwehr hat entstehen lassen, sei hier nur am Rande erwähnt, vgl. dazu M. Kniesel, ZRP 1996, 482 (483); dementsprechend betont R. Hoffmann, 86 (106), in Übereinstimmung mit H. Oberreuter, 247, die primäre und generelle Zuständigkeit der Polizei und des BGS für die Bekämpfung innerer Notstände, welche in bewußtem und betontem Gegensatz zur Weimarer Zeit steht, die noch die Reichsexekution mittels der Reichswehr kannte; die grundsätzliche Länderzuständigkeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr war schon dem parlamentarischen Rat bewußt, vgl. die Aussage des Abg. Kleindinst, der hervorhob, daß das Polizeiwesen „ein integrierender Bestandteil der Landesverwaltungen“ sei, JöR n. F. 1 (1951), 662.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

danke des Schutzes der personellen und materiellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S., um sie zu befähigen, ihren (primären) Verteidigungsauftrag zu erfüllen. Dessen Gewährleistung würde bei zu umfangreichen sekundären Verwendungen möglicherweise in Frage gestellt, weshalb immer zu gewärtigen ist, daß die Verteidigung den eigentlichen Verwendungszweck der Streitkräfte bildet, demgegenüber die sonstigen Verwendungszwecke die Ausnahme zu sein haben.365 Weiterhin folgt aus dem Grundauftrag zur Verteidigung das Erfordernis der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte. Dieser ist notwendig, um aus der Gesellschaft die notwendige Zahl an Grundwehrdienstleistenden und freiwillig längerdienenden Soldaten zu rekrutieren. Zudem bedarf es besonders zur Landesverteidigung, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch auf dem Territorium der Bundesrepublik stattfinden müßte, der Unterstützung der Zivilbevölkerung in vielfältiger Weise.366 Wenn diese im Sinne zivilen Ungehorsams, tendenziell negativ eingestellt oder gar subversiv tätig wird, kann die Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte in einem längeren Konflikt nicht sichergestellt werden. Dies ändern auch die vielfältigen einfachen Notstandsgesetze nicht, um die sich so intensiver politischer Streit in den 60er Jahren rankte. Denn diese bestimmen zwar normativ das Sollen, können jedoch das Sein nicht verändern, wenn die Verweigerung seitens der Bevölkerung zu stark ist. Um diesen gesellschaftlichen Rückhalt für die Streitkräfte nun nicht zu gefährden, muß die Bundeswehr i. e. S. Abstinenz im innenpolitischen und innergesellschaftlichen Meinungs- und Machtkampf üben, damit keine gesellschaftliche Gruppe das Gefühl bekommt, die Streitkräfte würden gegen sie Position beziehen.367 Denn bekäme eine gesellschaftliche Gruppe das Gefühl, die Streitkräfte würden in einer für sie wichtigen Frage eine gegen sie gerichtete Position einnehmen und den jeweiligen Gegner unterstützen, so gäbe es für sie keinen Grund, die Bundeswehr i. e. S. durch den Einsatz der eigenen Gesundheit, gar des eigenen Lebens oder auch nur in irgendeiner Weise durch Be365

K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29; W. Speth, 58, 75; auch der ÖTV-Vorsitzende Kluncker vertrat im 3. Notstandshearing die Auffassung, eine Verwendung der Bundeswehr „bei inneren Notständen würde auch die militärische Einsatzbereitschaft der Streitkräfte für Verteidigungsaufgaben gerade in Krisensituationen erheblich beeinträchtigen“, vgl. in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 20. 366 Aus diesen auch von W. Grubert, 225, gesehenen Gründen bejaht dieser die Notwendigkeit eigener Öffentlichkeitsarbeit der Streitkräfte; im gleichen Sinne zur Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte: G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 86; H. Meyer-Truelsen, BWV 1983, 73 (76). 367 Diesen Aspekt sprechen auch E. Beckert, BWV 1986, 145 (155 f.), und C. H. Ule, DVBl. 1967, 865 (869), an; ebenso der damalige ÖTV-Vorsitzende Kluncker, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 20.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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reitstellung der Arbeitskraft oder sachlicher Ressourcen zu unterstützen. Hierdurch bekäme die Bundeswehr i. e. S. den Status eines nicht in der Gesellschaft verwurzelten Söldnerheeres, das auf sich selbst gestellt zugleich gegen einen äußeren Feind und gegen den permanenten latenten Widerstand der Gesellschaft zu kämpfen hätte. Was dies in sachlich-militärischer Hinsicht bedeutet, mag man ahnen – die psychologische Wirkung einer solchen Situation für eine Armee in der Demokratie kann hingegen nicht unterschätzt werden. Genau diese Problematik war wohl gemeint, wenn in den Verfassungsänderungverfahren zu Wehrbeitrags- oder Notstandsnovelle bzw. der auf diese Normen bezogenen Literatur davon die Rede war und ist, die Bundeswehr solle „keine Kanzlerarmee werden“, keine „Sache einer Partei oder Parteienkoalition“, sondern eine „Sache der ganzen Nation, des ganzen Volkes und damit des ganzen Staates und Parlamentes.“368 Eher schwer nachvollziehbar ist es hingegen, wenn davon gesprochen wird, Art. 87a Abs. 2 GG enthalte eine „erkennbare verfassungspolitische Zielsetzung, den Einsatz nur als ultima ratio zuzulassen“.369 Hierfür ist kein Anhaltspunkt in Wortlaut, Historie, Genese oder Systematik erkennbar. Allein der Umstand, daß Art. 87a Abs. 4 GG Tatbestandsmerkmale enthält, die im hier normierten politischen Notstand den Streitkräfteeinsatz nur als ultima ratio zulassen, vermag diesen Schluß nicht zu stützen. Überzeugend ist es jedoch, wenn als der Verfassung innewohnender und auch für Art. 87a Abs. 2 GG geltender Grundsatz der Gedanke genannt wird, daß staatliche Ressourcen irgendeiner Art, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche und somit gemeinwohlorientierte Zwecke verwendet werden sollen.370 Dies läßt sich mit den aus der Finanzverfassung des GG ableitbaren haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit begründen. Ein für die Schaffung einer bestimmten staatlichen Kapazität vorgesehener finanzieller Aufwand sollte, wenn er für den eigentlichen Zweck nicht benötigt wird, soweit möglich für andere gemeinnützige Zwecke genutzt werden.

368 Abg. Arndt (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 132. Sitzung, 6.3.1955, 6824C/D, 6846A; im wesentlichen ebenso G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 28; dieser Gedanke prägte auch die Beratungen zur Notstandsverfassung 1968, wie die Aussage des damaligen BMI Lücke belegt, der in der 1. Beratung der Notstandsnovelle im Bundestag äußerte, die „Notstandsverfassung richtet sich gegen keine Gruppen oder Minderheiten des Volkes“, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 117. Sitzung, 29.6.1967, 5857C; R. Hoffmann, 86 (97). 369 So K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 36 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (961). 370 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

2. Auslegung Die vorstehend ermittelten Regelungszwecke des in die Wehr- und Notstandsverfassung des GG eingebetteten Art. 87a Abs. 2 GG, welche auf der Grundlage der vom historischen Verfassungsgesetzgeber subjektiv verfolgten Ziele durch objektive Erwägungen modifiziert und ergänzt wurden, sind nunmehr zur abstrakten Auslegung des Begriffes Einsetzen heranzuziehen. Die Vielzahl der vom Verfassungsgesetzgeber verfolgten und weiterhin gültigen Ziele, die vielfach sich widersprechende Richtungen haben, macht deutlich, daß nicht alle Ziele uneingeschränkt erreicht werden können. Vielmehr sind alle Ziele – ähnlich wie bei der Realisierung konfligierender Verfassungsziele oder Grundrechte – unter wechselseitiger Abwägung bei Beachtung der für die Verhältnismäßigkeitsprüfung geltenden Grundsätze zu praktischer Konkordanz zu bringen, soweit sich nicht von vornherein Möglichkeiten der gleichzeitigen Erfüllung mehrerer Ziele finden lassen. Von der Vorgehensweise her werden alle im vorangegangenen ermittelten auch gegenwärtig noch relevanten Zwecke daraufhin untersucht, welche Auswirkung sie auf die Auslegung haben, wenn man sie isoliert betrachtet, und nachfolgend wird, soweit Zielkollisionen festgestellt wurden, eine allen Zielen am besten gerecht werdende Auslegung erarbeitet. a) Jede Verwendung als Einsatz Die zunächst zu treffende Entscheidung ist diejenige, ob mit Einsetzen schlicht alle Verwendungen oder nur ein sich durch besondere Wesensmerkmale auszeichnender Teil derselben gemeint ist. M. Schultz will den Zwecken des Art. 87a Abs. 2 GG entnehmen, daß der Begriff Einsetzen weit interpretiert werden müsse, damit die beabsichtigten Schranken nicht umgangen werden.371 Dies spräche dafür, jede Verwendung als Einsatz anzusehen. Die beiden auch für Art. 87a Abs. 2 GG relevanten Hauptzwecke der Wehr- und Notstandsverfassung – die Abwehr von Gefahren von außen und innen –, erlangen bei der Auslegung des Begriffs Einsetzen keine spezifische Bedeutung. Grundsätzlich wäre es zwar im Sinne der Abwehr außergewöhnlicher für Volk oder Staat bestehender Gefahren im Innern, wenn man den Einsatzbegriff sehr eng verstünde, wodurch ein weites Feld von nicht dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterfallenden Verwendungen der Streitkräfte entstünde. Mittels dieser könnten Gefahren abgewehrt werden, ohne daß eine ausdrückliche Zulassung in der Verfassung be371

M. Schultz, 166.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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stehen müßte. Dieses allein durch den Zweck der Gefahrenabwehr nahegelegte Auslegungsergebnis ist jedoch auf Grund der vielfältigen anderen Zwecke zu modifizieren: Die Unterscheidung zwischen Einsätzen und schlichten Verwendungen dient der Unterscheidung zwischen vom Verfassungsgesetzgeber für problematisch erachteten Verwendungen und in bezug auf das innerstaatliche Kräftegleichgewicht unproblematischen Verwendungen.372 Die Ziele der Gefahrenabwehr nach außen – also wahrscheinlich der Verteidigung nach Art. 87a GG – und der Gefahrenabwehr nach innen, die den Streitkräften ausnahmsweise in zum Komplex des inneren Notstandes gehörenden Situationen zugewiesen sein soll, werden in Art. 87a Abs. 2 GG nach Regelungssystem und -zweck mittels solcher Verwendungen realisiert, die Einsatzcharakter haben. Der verfassungsändernde Gesetzgeber sah deren Erreichung 1968 und in der Folge hinsichtlich der Verteidigung durch die von Art. 87a Abs. 2 GG nicht ausgeschlossenen Einsätze zur Verteidigung und hinsichtlich der Gefahrenabwehr nach innen durch die im Grundgesetz ausdrücklich zugelassenen Einsätze nach Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG gewährleistet. Verwendungen der Streitkräfte zur Verteidigung oder ausnahmsweise zur Gefahrenabwehr im Inneren sollen nicht im Wege von Entscheidungen des einfachen Gesetzgebers oder des BMVg zu dem bestehenden Katalog hinzugefügt werden können, sondern es soll im Fall des Auftretens neuer, vom Verfassungsgesetzgeber nicht vorhergesehener und nicht in den ausdrücklichen Zulassungen von Einsätzen geregelter Gefahren und Bedrohungen allein der verfassungsändernde Gesetzgeber über die Frage entscheiden dürfen, ob diesen neuen Bedrohungen auch unter Verwendung der Bundeswehr i. e. S. begegnet werden soll. Die vorstehende Modifikation im Hinblick auf die Verfolgung der Ziele der Gefahrenabwehr nach innen und außen folgt aus der Berücksichtigung anderer relevanter Zwecke von Art. 87a Abs. 2 GG. Zentral geht es natürlich darum, den zweiten Hauptzweck von Wehr- und Notstandsverfassung zu erreichen: bei der Realisierung der Gefahrenabwehr nach innen und außen gleichzeitig die freiheitliche demokratische Grundordnung, das innerstaatliche Kräftegleichgewicht und den grundsätzlich zivilen Charakter der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen die Gefahren zu sichern, die sich aus der Hinzufügung einer Armee zum Machtbereich der Exekutive ergeben. Besonders wichtig ist dabei die Verhinderung des Mißbrauchs der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussender gesellschaftlicher Gruppen in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Hierbei geht es dem verfassungsändernden Gesetzgeber darum, alle diejenigen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte umfassend und abschließend zu regeln, die als Gewaltpotentiale der Exekutive dazu geeignet 372

Vgl. oben 1.b).

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

sind, die innenpolitische Lage der Bundesrepublik relevant zu verändern, und insofern insbesondere die Verwendung der Streitkräfte in notstandsähnlichen Situationen im Inneren abschließend zu regeln und deren Voraussetzungen zu normieren. Eine abschließende Regelung von Verwendungen der Streitkräfte in besonders gefahrträchtigen und insofern für das innere Machtgefüge und den demokratischen Rechtsstaat besonders gefährlichen Situationen läßt sich nur dann erreichen, wenn Verwendungen der Streitkräfte in diesen Situationen als Einsätze dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterworfen werden. Denn ansonsten wären sie als schlichte Verwendungen im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG ohne weiteres zulässig. Nur wenn diese Verwendungen Einsätze sind, hat es allein der verfassungsändernde Gesetzgeber in der Hand, solche Verwendungen zuzulassen und in diesem Zusammenhang deren Voraussetzungen zu bestimmen. Hieraus folgt, daß alle Verwendungen in diesen gefahrträchtigen Situationen als Einsätze eingestuft werden müssen, um diesem Zweck gerecht zu werden. Verwendungen außerhalb dieser Situationen müssen in Verfolgung des Zwecks nicht notwendig Einsätze sein und können als schlichte Verwendungen zulassungsfrei bleiben. Die ebenfalls zur Erreichung des Zwecks der Sicherung gegenüber von einer Armee innerstaatlich ausgehenden Gefahren eingesetzten Mittel373 sind im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG als Zwecke zu berücksichtigen. Sowohl der Schaffung von verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen als auch einer effektiven, insbesondere parlamentarischen Kontrolle der Armee dient eine Auslegung des Art. 87a Abs. 2 GG am ehesten, nach der schlicht alle Verwendungen als Einsätze dem Verfassungsvorbehalt unterworfen werden. Auch wird so in eindeutiger Weise das Primat der Politik gesichert. Diese spricht dafür, alle Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. als Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG anzusehen. Jedoch ist zu berücksichtigen, welchen Zwecken diese Mittel ihrerseits dienen. Zur Abwehr der Gefahr des Mißbrauchs der Streitkräfte als exekutives Machtpotential, welches in der Lage ist, das innerstaatliche Kräftegleichgewicht zu stören, ist nur die Schaffung von verfassungsrechtlicher Klarheit über die problematischen Verwendungen notwendig. Ebenso ist eine effektive parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und die Sicherung des Primats der Politik nur im Hinblick auf solche Verwendungen erforderlich, die bezüglich des Machtgleichgewichts im Inneren Bedeutung haben. Dies zeigt, daß auch diese Mittel mit Unterzweckcharakter nur die als problematisch erkannten Verwendungen unter Verfassungsvorbehalt stellen wollen. Daß es unproblematische Verwendungen gibt, die nicht ausdrücklicher Zulassung 373

Siehe oben S. 88.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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bedürfen sollen, entspricht der eindeutigen Absicht des historischen Verfassungsgesetzgebers und kann bis heute Gültigkeit beanspruchen. Das Unterziel des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel hingegen fordert schon von sich aus allein eine Auslegung, die sicherstellt, daß dem Verfassungsgesetzgeber mittels der Unterwerfung dieser Verwendungen unter den Verfassungsvorbehalt zumindest die Entscheidungsbefugnis über solche Verwendungen vorbehalten wird, bei denen die Bundeswehr i. e. S. als Machtmittel der Innenpolitik wirksam wird. Die Gefahren der Entwicklung von unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik aufgrund fehlender wertebezogener Integration der Armee in die Gesellschaft und des Mißbrauchs als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat erfordern keine weitergehenden Konsequenzen hinsichtlich des Einsatzbegriffs als dies aus der Verhinderung des Mißbrauchs als innerstaatliches Machtmittel folgt. Denn zum einen sind diese Gefahren sehr gering. Zum anderen läßt sich die Entwicklung zu einem Staat im Staate aufgrund fehlender wertebezogener Integration in die Gesellschaft über den Einsatzbegriff in Art. 87a Abs. 2 GG überhaupt nicht beeinflussen. Im Hinblick auf die Gefahr des Mißbrauchs als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat kann über die Bestimmung des Inhalts des Begriffs Einsetzen zwar Einfluß genommen werden, jedoch erfordert dieser Zweck lediglich dieselben Folgerungen für den Einsatzbegriff, wie sie vom Ansatz her bereits zum Schutz des innerstaatlichen Kräftegleichgewichts für sinnvoll erachtet wurden: also nicht eine Erstreckung auf alle Verwendungen. Nur die insofern als problematisch angesehenen Verwendungen sollen begrenzt werden. Der Zweck der Sicherung des verfassungsrechtlichen Prinzips der grundsätzlichen Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Innern und militärischer Gefahrenabwehr nach außen fordert eine Unterwerfung von Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. unter den Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG nur dann, wenn die Streitkräfte im Innern zur Gefahrenabwehr verwendet werden und dadurch zum traditionellen Aufgabenbereich der Polizei gehörende Aufgaben wahrnehmen.374 Dies spricht auf jeden Fall dafür, nicht jede Verwendung als Einsatz zu verstehen. Es sollten zur Verfolgung dieses Zwecks solche Verwendungen als Einsätze klassifiziert werden, bei denen die Bundeswehr i. e. S. mit ihren Soldaten polizeilich tätig wird. Auf ähnlicher Ebene liegt der objektive Regelungszweck des Schutzes der vom Verfassungsgesetzgeber getroffenen Verteilung von Verwaltungs374

Vgl. auch W. Grubert, 218.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

kompetenzen zwischen Bund und Ländern, insbesondere der im Grundsatz den Ländern zugewiesenen Kompetenz zur Gefahrenabwehr im Inneren. Durch jede über die im GG ausdrücklich zugelassenen hinaus durchgeführte Verwendung wird, wenn nicht eine dem Grundgesetz zu entnehmende Verwaltungskompetenz des Bundes vorliegt, in den Kompetenzbereich der Länder zur Gesetzesausführung eingegriffen und die vom GG im Grundsatz angeordnete Dezentralisierung der Gefahrenabwehr verändert, die auch im Ausnahmezustand beizubehalten ist, solange die Notlage auch unter dieser Voraussetzung bewältigt werden kann.375 Dem ersten Anschein nach fordert dieser Zweck deshalb, jede Verwendung als Einsatz anzusehen und sie somit dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG zu unterwerfen, um eine Verschiebung von Verwaltungskompetenzen von den Ländern zum Bund im Verfahren der Verfassungsänderung der Einflußnahme der Länder mittels ihrer Vertreter im Bundesrat zu unterwerfen. Da dieses Ergebnis mit dem nicht alle Verwendungen als Einsätze ansehenden Verständnis aufgrund anderer Normziele nicht übereinstimmt, ist nach Wegen zu suchen, wie man diesem Zweck unter möglichst harmonischer Auflösung der Diskrepanz gerecht werden kann. Dies ist insbesondere deshalb zu versuchen, weil es dem verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 subjektiv gerade darauf ankam, nur die von ihm als hinsichtlich des innerstaatlichen Kräftegleichgewichts problematisch erachteten Verwendungen dem Verfassungsvorbehalt zu unterwerfen und unproblematische, von den Streitkräften historisch-traditionell wahrgenommene Aufgaben nicht auszuschließen. Dieser Wille des historischen Verfassungsgesetzgebers ist zwar nach dem hier verfolgten methodischen Ansatz nicht zwingend und kann aufgrund von Veränderungen der Normsituation, von erkannten Fehleinschätzungen des Normgebers und aufgrund der Überlagerung durch andere, insbesondere objektive, Zwecke überwunden werden. Läßt sich dies jedoch vermeiden, so ist dies anzustreben. Bei genauer Betrachtung wird erkennbar, daß es nicht notwendig ist, alle Verwendungen als Einsätze dem Verfassungsvorbehalt zu unterwerfen, um die Länderkompetenzen gegenüber einer Usurpation durch den Bund zu schützen. Denn der Bund darf nach den ihm zur Verfügung stehenden Verwaltungskompetenzen die Streitkräfte nur zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG, in den Fällen ausdrücklicher Zulassung nach Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG und im übrigen von sich aus nur in Fällen verwenden, in denen ihm für den jeweiligen Sachbereich eine Verwaltungskompetenz zusteht. Jenseits dieser aus den vorstehend enumerierten Zuständigkeiten gebildeten Kompetenzzone sind grundsätzlich allein die Länder zur Verwaltung zuständig. Auch eine Verwendung der Streitkräfte ohne Einsatzcharakter ist in diesem Bereich nur möglich, wenn das zuständige Land um Amtshilfe mittels der Bundes375

Vgl. dazu P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (104).

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wehr i. e. S. ersucht und die Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 1 GG und der einfachrechtlichen entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder376 vorliegen. Eine Verwendung der Bundeswehr i. e. S. ist somit im Hinblick auf die Verwaltungskompetenzen nur möglich, wenn der Bund ohnehin über eine solche Kompetenz verfügt oder das zur Gesetzesausführung zuständige Land das Tätigwerden des Bundes mittels der Streitkräfte nicht nur billigt, sondern sogar ausdrücklich wünscht. Der Zweck des Schutzes der Länderkompetenzen vor Verschiebung zulasten der Länder kann unter Berücksichtigung dieser Erwägungen deshalb auch erreicht werden, wenn man nicht alle Verwendungen der Streitkräfte als Einsätze versteht. Aus der Festlegung des Primärauftrags der Streitkräfte auf die Verteidigung durch Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG folgt der Zweck des Schutzes der personellen und materiellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S., um sie zu befähigen, den Verteidigungsauftrag zu erfüllen. Zwar ist es richtig, wenn dieser Feststellung der Gedanke entnommen wird, daß die verteidigungsfremden Verwendungen die Ausnahme zu sein haben. Auch könnte man anführen, daß es diesem Zweck entspreche, wenn man möglichst wenige schlichte Verwendungen, die nicht der ausdrücklichen Zulassung bedürfen, zuließe, um die Entscheidung über eventuell zulasten des Verteidigungsauftrags gehende Verwendungen dem verfassungsändernden Gesetzgeber zuzuweisen. Jedoch ist auch dieses Ziel zu erreichen, ohne daß man jede Verwendung als Einsatz ansehen muß. Denn dies liefe dem vom historischen Verfassungsgesetzgeber verfolgten Zweck, unproblematische historisch-traditionell von den Streitkräften wahrgenommene Aufgaben nicht auszuschließen, zuwider. Es steht der über Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. entscheidenden staatlichen Institution frei, darüber zu entscheiden, welche Verwendungen sie anordnet. Hierbei hat diese Institution ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, welches die primäre Ausrichtung der Bundeswehr i. e. S. auf die Verteidigungsaufgabe und die Sicherung der dazu erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen als sachliche Erwägungen zu berücksichtigen hat. Ist der Verteidigungsauftrag gefährdet, so wird diese Institution eher keine verteidigungsfremden Verwendungen anordnen. Auf diese Weise wird der Zweck der Sicherung der Verteidigungsfähigkeit erreicht und es kann in flexibler Weise auf wechselnde Lagen reagiert werden. Eine Verwendung, die bei Abwesenheit unmittelbarer militärischer Bedrohungen der Bundesrepublik von außen und innerstaatlicher Stabilität möglich ist, weil Kräfte frei sind, ist danach bei Auftreten innerer oder äußerer Krisen zu unterlassen bzw. einzustellen. Ein Verfassungsgebot des Inhalts, daß diese Ressourcenbewertung und Entscheidung durch den Verfassungsgesetzgeber selbst zu erfolgen habe, läßt sich dem Grundgesetz nicht 376

Z. B. §§ 4 ff. VwVfG NRW.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

entnehmen. Auch die Berücksichtigung dieses Zwecks fordert es somit nicht, jede Verwendung als einen Einsatz anzusehen. Sie steht einer engeren Einsatzdefinition jedoch auch nicht entgegen. Ähnliches gilt für den Normzweck der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte. Auch hier ist es nicht notwendig, jede Verwendung der Bundeswehr i. e. S. durch die Einbeziehung in das Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG dem Verfassungsvorbehalt zu unterstellen. Alle Verwendungen, die nicht bei einer gesellschaftlichen Gruppe das Gefühl erzeugen, die Bundeswehr i. e. S. „schlage sich auf die Seite des Gegners“, sind im Hinblick auf diesen Zweck unproblematisch und können als schlichte Verwendungen ohne verfassungsgesetzgeberische Entscheidung eingeführt und durchgeführt werden. Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, denen in bezug auf Art. 87a Abs. 2 GG das objektive Ziel entnommen werden kann, daß für Aufstellung, Ausrüstung, Organisation und Unterhaltung der Bundeswehr i. e. S. aufgewendete staatliche Ressourcen irgendeiner Art, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche Zwecke verwendet werden sollen, haben in bezug auf Art. 87a Abs. 2 GG und den dort verwendeten Begriff des Einsetzens isoliert betrachtet die Auswirkung, daß es diesem Ziel am meisten entspricht, wenn der Einsatzbegriff möglichst eng verstanden wird und somit ein möglichst großer Bereich verfassungsrechtlich zulassungsfreier Verwendungen verbliebe. Denn auf diese Weise wäre eine größtmögliche Anzahl von Verwendungen ohne ausdrückliche Zulassung durch die Verfassung für die Streitkräfte eröffnet, wodurch freie Kapazitäten der Bundeswehr i. e. S. in haushaltsmäßig sinnvollster Weise für vielfältige andere Zwecke eingesetzt werden könnten. Dies könnte dazu führen, daß Deckungslücken und Versorgungsengpässe in verschiedensten Bereichen, die aus den gegenwärtig allfälligen Problemen bei der Staatsfinanzierung folgen, geschlossen bzw. gedeckt werden könnten. Das Regelungsziel des Ausschlusses der Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten aus der Natur der Sache, welches seinerseits dazu dienen sollte, aus der Summe der für problematisch gehaltenen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte diejenigen, die man gleichwohl zur Erreichung der staatlichen Selbstbehauptung nach innen und außen zulassen wollte, enumerativ in der Verfassung aufzuführen, solche generell zu begrenzen und die Entscheidung über diese dem verfassungsändernden Gesetzgeber zu überlassen, spricht dafür, alle problematischen Verwendungen als Einsätze einzustufen und so unter Verfassungsvorbehalt zu stellen. Nicht jede Verwendung muß unter Berücksichtigung dieses Normzwecks jedoch ein Einsetzen sein, weil die zulassungsfreie Möglichkeit von Verwendungen, die der Verfassungsgesetzgeber nicht für problematisch hält, mit diesem Zweck

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in Einklang steht. Denn dieses Normziel ist seinerseits kein Selbstzweck, sondern dient nur der Erreichung der Abwehr von Gefahren für den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, die aus der Hinzufügung einer Armee zum Bereich der Exekutive folgen. Dies fordert nur den Ausschluß von für problematisch erachteten Verwendungen, wie vorstehend bereits mehrfach dargestellt wurde. Es hat sich gezeigt, daß keiner der richtig verstandenen Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG bei verständiger Würdigung eine Erstreckung des Begriffs Einsetzen auf alle Verwendungen fordert.377 b) Zweckgerechtes Abgrenzungskriterium Somit ist ein zweckgerechtes einschränkendes Kriterium zu suchen, welches in angemessener Weise eine Abgrenzung von Einsätzen und schlichten Verwendungen ermöglicht. Ob hierbei eines der von den vielfältigen zu diesem Thema geäußerten Stimmen favorisierten Kriterien angewandt wird oder ob ein eigenes Kriterium entwickelt wird, ist vor allem mit Blick auf die Normzwecke zu entscheiden. aa) Kein Ausschluß einschränkender Kriterien aufgrund Systematik Die systematische Auslegung hat u. a. ergeben, daß die Existenz der Einsatznormen Art. 87a Abs. 3, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG gegen die Abgrenzungsmerkmale der Bewaffnung, der militärischen Verwendung sowie der hoheitlichen Verwendung spricht. Dies läßt sich mit einem der zentralen Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG, der Verhinderung des Mißbrauchs des Machtpotentials der Streitkräfte in innenpolitischen und innergesellschaftlichen Konflikten sowie der Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte gegen den demokratischen Rechtsstaat, schwer vereinbaren. Denn bei nichtmilitärischen, unbewaffneten und nicht-hoheitlichen Verwendungen der Streitkräfte zum Beispiel in unter Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG fallenden Situationen hat die Verwendung der Bundeswehr i. e. S. weder für das innerstaatliche Kräftegleichgewicht noch für den Bestand des demokratischen Rechtsstaats irgendeine Bedeutung. Füllen z. B. Bundeswehrsoldaten bei einem Hochwasser Sandsäcke, weil keine andere staatliche Institution und auch kein privater Dienstleister hierzu in hinreichendem Umfang in der Lage ist, so ist diese Verwendung sowohl in jedermanns Interesse und somit innenpolitisch neutral, als auch ungefährlich für den demokratischen 377 Im Ergebnis ebenso neben vielen anderen W. Grubert, 234; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 12; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 14; U. Schopohl, 132.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Rechtsstaat, weshalb solche Verwendungen auch selten Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten geben. Fraglich ist, wie mit diesem Widerspruch umzugehen ist. Dieses Auseinanderfallen eines zuvor ermittelten Ergebnisses der systematischen Auslegung und teleologischer Erwägungen läßt sich bei genauer Betrachtung der Entstehungsgeschichte auflösen und die Auslegungsmethoden im Ergebnis harmonisieren. Denn bei der Normierung der Vorschriften über die Katastrophenhilfe der Bundeswehr i. e. S. in Art. 35 GG als Ausnahme von Art. 87a Abs. 2 GG waren die Erfahrungen aus der Flutkatastrophe in Hamburg 1962 maßgeblich.378 Wie bereits zuvor dargestellt, war damals den Bundeswehrkräften auch im Bereich von Zwangsausübung und Gesetzesvollzug eine Ermächtigung seitens der Regierung des Stadtstaates erteilt worden, welche von den Streitkräften auch ausgeübt wurde.379 Gerade diese im Zusammenhang mit der Katastrophenhilfe stehende Option hoheitlicher Befugnisse war es, die die Katastrophenhilfe für den verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 überhaupt problematisch erscheinen und damit eine Regelung in der Notstandsverfassung erforderlich werden ließ.380 Eine Katastrophenhilfe ohne die Möglichkeit von Zwangsausübung oder sonstigen Eingriffen gegenüber dem Bürger schien dem historischen Verfassungsgesetzgeber nicht problematisch und wäre über Art. 35 Abs. 1 GG als schlichte Amtshilfe, wie auch zuvor schon unter der Geltung des Art. 143 GG a. F., verfassungsrechtlich zulässig gewesen.381 Hieraus folgt 378 Daß gerade die Ereignisse der Hamburger Flutkatastrophe bestimmend waren, zeigt die Aussage von Schlegelberger im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 2; auch G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 35, P. Eichhorn, 174, K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (633, Fn. 8), P. Karpinski, 81 f., und J. Pannkoke, 239, Fn. 322, nehmen dieses Beispiel zur Verdeutlichung der Problematik in Bezug; den eindeutigen Konnex zwischen dieser historischen Begebenheit und der Regelung 1968 stellen D. Keidel, 20, 77, N.-P. Kleiner, 375 f., und W. Speth, 125, her; M. Bartke, 145, stellt zwar die Verbindung her, erkennt jedoch nicht die Relevanz dieser ersten tatsächlichen Erfahrung mit Katastrophenhilfe der Bundeswehr und zieht dementsprechend die falschen Schlüsse. 379 Vgl. dazu P. Eichhorn, 174; P. Karpinski, 81 f.; D. Keidel, 77; J. Pannkoke, 239, Fn. 322; W. Speth, 119 ff.; interessant dazu auch H. Schmidt, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9444B ff., und der damalige hamburgische Innensenator Ruhnau, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 5. 380 So äußerten sich auch Scheuner im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 63, und Eilers von der hamburgischen Behörde für Inneres, a. a. O., 81 f. 381 Dementsprechend wird im Erlaß des BMVg Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe, VMBl. 1988, 279, in Ziff. 6. festgelegt, daß unabhängig vom

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die Erkenntnis, daß nur die innerstaatlich problematischen Komponenten von Katastrophenhilfe, Verkehrsregelung usw., diese zu Einsätzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG machen. Alle diese Einsatzoptionen enthalten bei richtiger Betrachtung auch Eingriffsbefugnisse,382 da zum Beispiel auch helfende Verwendungen nach Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG wirksam gegen störende Massen oder Plünderer sowie sonstige Rechtsbrecher abgeschirmt,383 Evakuierungen notfalls mit Zwang vorgenommen und Plünderungen und sonstige Ausschreitungen unterbunden werden müssen oder Verkehrsregelung notwendig werden kann.384 Eine denkbare Arbeitsteilung zwischen allein helfenden Soldaten ohne Regelungs- und Zwangsbefugnisse und der hoheitlich tätigen Polizei ist praktisch wohl nicht realisierbar.385 Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG „im Rahmen der dringenden Nothilfe [. . .] nur tatsächliche und technische Hilfeleistungen der Bundeswehr möglich [sind]. Hoheitliche Befugnisse stehen der Bundeswehr insoweit nicht zu und können auch nicht übertragen werden.“; auch der Abg. Lenz (CDU/ CSU) nahm im Verlauf des 1. Notstandshearings auf die Ausübung von polizeilichen Befugnissen beim Katastrophenschutz Bezug, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967, 36; ähnlich der Abg. Kaffka (SPD) hinsichtlich Absperrungsmaßnahmen, a. a. O., 37; auch Kuhlmann sah im Zusammenhang mit der Katastrophenhilfe allein hoheitliche Befugnisse und bewaffnete Verwendungen als problematisch, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 51. 382 So mit Recht die Position von Bundesregierung und BMVg im Verfahren BVerfGE 90, 286 (328); R. Hoffmann, 86 (114); K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (633, Fn. 8); H. Klückmann, 156. 383 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 34 f.; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 12 f.; G. Heuer, 33 (74); P. Karpinski, 15; H. Klückmann, 157. 384 E. Beckert, BWV 1983, 217 (218); ders., BWV 1986, 145 (149); G. Heuer, 33 (74); P. Karpinski, 81 f.; D. Keidel, 79; N.-P. Kleiner, 376 f.; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 13; so auch der damalige hamburgische Innensenator Ruhnau im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 9 f., der Staatssekretär (BMJ) Ehmke, a. a. O., 10, und der Münchener Polizeipräsident Schreiber, a. a. O. 57 f.; M. Schultz, 164; W. Speth, 126; H. U. Evers, AöR 91 (1966), 1 (29), hebt schon vor Inkrafttreten der Notstandsnovelle diesen Gesichtspunkt hervor; dementsprechend regelt der Erlaß des BMVg Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen und im Rahmen der dringenden Nothilfe, VMBl. 1988, 279, in Ziff. 5.: „Dabei stehen der Bundeswehr kraft Gesetzes hoheitliche Befugnisse auch polizeilicher Art zu, soweit sie zur Durchführung der Hilfeleistung erforderlich sind.“ Auch in der auf die tatsächlich aus Art. 35 Abs. 2, Abs. 3 GG folgenden Befugnisse bezogenen Literatur finden sich obrigkeitliche Komponenten: G. Großmann, Teil II, Rn. 350 f. 385 M. Schultz, 164; W. Speth, 126; ebenso Eilers von der hamburgischen Behörde für Inneres im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 82; anders sah dies wohl der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann, a. a. O., 37.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Daß dem verfassungsändernden Gesetzgeber die hoheitliche Funktion des Streitkräfteeinsatzes nach Art. 35 Abs. 2 und Abs. 3 GG und die daraus folgende politische Dimension dieser Verwendung sehr wohl bewußt war, verdeutlicht die Nennung dieser Normen in Art. 9 Abs. 3 S. 3 GG. Anders wäre die Erstreckung der Schutzklausel des Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG auf die Normen über den Katastrophennotstand nicht erklärbar.386 Zudem sprach der Rechtsausschuß der 5. Wahlperiode in seinem Schriftlichen Bericht zum Regierungsentwurf deutlich aus, daß die Verwendung der Streitkräfte „zur Hilfe“ nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG nach seiner einhelligen Auffassung die „Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben, wie z. B. Absperrungen von gefährdeten Grundstücken und Verkehrsregelungen“ umfaßt.387 Die Erwägung, einschränkende Wesensmerkmale des Einsatzbegriffs, wie Bewaffnung, militärischer Charakter oder hoheitliches Vorgehen, seien ausgeschlossen, ist deshalb zu korrigieren. Ohne an dieser Stelle zu entscheiden, welches dieser Kriterien letztendlich entscheidend sein soll, ist festzustellen, daß es nicht ausgeschlossen ist, den Einsatzbegriff durch diese Kriterien einzugrenzen. Alle diejenigen, die dies unter systematischer Berufung auf die Existenz der Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 87a Abs. 3 GG vertreten, verkennen die auch heute noch aktuelle Regelungsabsicht des Verfassungsgesetzgebers 1968, welche berücksichtigt, daß in einer von Schrecken, Panik und Chaos erfüllten Lage ohne hoheitliche Befugnisse der militärischen Rettungskräfte ein effizienter Hilfseinsatz ausgeschlossen sein kann. Wer dies in Abrede stellt, verharmlost eine solche Katastrophensituation in wirklichkeitsfremder Weise.388 bb) Wesensmerkmale der Einsatznormen Im Hinblick darauf, daß festgestellt wurde, daß es nach Systematik und Absicht des Gesetzgebers Sinn von Art. 87a Abs. 2 GG ist, die Gefahrenabwehr nach außen und innen mittels der Einsätze zur Verteidigung und der ausdrücklich in der Verfassung zugelassenen Einsätze zu gewährleisten, kann diesen Einsatznormen im Hinblick auf Wesensmerkmale, die diese von schlichten Verwendungen unterscheiden, einiges entnommen werden. Einsätze zur Verteidigung sind in jeder Hinsicht militärische Verwendungen im Sinne des herkömmlichen und des modernen Kriegsbildes. Beim Schutz ziviler Objekte nach Art. 87a Abs. 3 GG werden die Streitkräfte militärisch oder zumindest polizeilich tätig, wobei sie bewaffnet mit dem Auftrag und der Befugnis zu Waffeneinsatz und sonstiger Zwangsausübung verwendet 386 387 388

G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 35, Fn. 6; P. Karpinski, 82. BTDrucks. 5/2873, 10. So auch P. Karpinski, 82.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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werden.389 Die Verkehrsregelung hat nicht notwendig bewaffnet zu erfolgen, stellt jedoch die Ausübung von Regelungsbefugnissen dar, da jede verkehrsregelnde Maßnahme ein Verwaltungsakt oder eine verwaltungsaktsähnliche Maßnahme ist.390 Für den Fall der Nichtbefolgung verkehrsregelnder Anordnungen beinhaltet Verkehrsregelung auch – nicht notwendig bewaffnete – Zwangsausübung bzw. Gewaltanwendung. Nach Art. 87a Abs. 4 GG werden die Streitkräfte zum Schutz von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer tätig. Hinsichtlich des Schutzes ziviler Objekte gilt das gleiche wie in bezug auf Art. 87a Abs. 3 GG. Die Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer hat aber auch militärischen Charakter, weil die Aufständischen militärisch bewaffnet zu sein haben. Hierbei ist die Verwendung des gesamten Spektrums militärischer Bewaffnung vorgesehen, was die Tatbestandsmerkmale der Norm deutlich machen, indem sie die Einsatzvoraussetzungen auf ein ganz ungewöhnliches Gefahrenniveau anheben. Neben dem Einsatz zur Verteidigung in einem zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt ist dies die Verwendung der Bundeswehr i. e. S. mit dem höchsten Eskalationsniveau, welches die Verfassung vorsieht.391 Bei den Einsätzen zur Hilfe bei regionalen und überregionalen Katastrophen nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG war für den verfassungsändernden Gesetzgeber entscheidendes Motiv der besonderen Regelung im Grundgesetz die Möglichkeit der Zwangsausübung, wie man sie in Hamburg bei der Sturmflut 1962 kennengelernt hatte. Auch hier kennzeichnet den Einsatz somit das entweder regelnde oder mit Regelungsbefugnissen ausgestattete bzw. zwangsausübende oder mit der Befugnis zur Zwangsausübung, gegebenenfalls sogar zum Waffeneinsatz, versehene Tätigwerden der Bundeswehr i. e. S.392 Jedoch ist es nicht so einfach, als könne man sagen, daß, weil alle ausdrücklich zugelassenen Einsätze Regelungs- und Zwangsbefugnisse und deren Ausübung beinhalten,393 diese Eigenschaften das Abgrenzungsmerkmal zwischen Einsätzen und schlichten Verwendungen wären. Denn alle diese 389 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 34, geht davon aus, daß die Verwendungen nach Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG bewaffnet und in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erfolgen sollen. 390 Dieser Begriff wird hier verwendet, weil nicht zweifelsfrei ist, ob bei Einzelfallregelungen durch Soldaten gegenüber Bürgern ein Verwaltungsakt vorliegt, da insbesondere die Eigenschaft als Behörde im Sinne von § 35 VwVfG fraglich ist. 391 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 34, betont, daß bei Verwendungen der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 4 GG nur bewaffnete, hoheitliche Einsätze denkbar sind. 392 Ebenso M. Schultz, 164. 393 So auch die Position von Bundesregierung und BMVg im Verfahren BVerfGE 90, 286 (328), und M. Schultz, 164.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

ausdrücklich zugelassenen Verwendungen beinhalten zudem auch eine Vielzahl von Tätigkeiten, bei denen diese Eigenschaften nicht vorliegen. In der sehr großen Organisation Bundeswehr i. e. S. steht nur ein kleiner Teil der Soldaten bewaffnet „an der Front“ und kämpft, setzt Waffen ein, übt Gewalt aus, erläßt Verwaltungsakte oder ähnliche Maßnahmen oder verfolgt seinen Auftrag unter Androhung all dieser Verhaltensweisen. Der zahlenmäßig größere Anteil der Soldaten der Bundeswehr i. e. S. ist in irgendeiner Weise diese Tätigkeiten unterstützend oder führend tätig, ohne selbst gegenüber Nichtangehörigen der Bundeswehr i. e. S. in der beschriebenen Form tätig zu werden. Dies verdeutlicht, daß dieses aus teleologischen Erwägungen bestehende Argument, welches mit systematischen Gedanken kombiniert wurde, allein nicht weiterhilft. cc) Abwehr von seitens einer Armee drohenden Gefahren (1) Nichterfassung unproblematischer Verwendungen Bei allen folgenden Überlegungen ist zu beachten, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber gewisse hinsichtlich dieser Gefahren für unproblematisch erachtete historisch-traditionell von den Streitkräften wahrgenommene Aufgaben weiterhin ohne ausdrückliche Zulassung möglich sein lassen wollte.394 Bei der Notstandsnovelle 1968 waren dies explizit die Erntehilfe und repräsentative Aufgaben.395 Schon unter der Geltung des Art. 143 GG a. F. war anerkannt, daß dieser gewisse für unproblematisch gehaltene Streitkräfteverwendungen im Inneren nicht ausschließen wollte, wozu die unbewaffnete Verwendung zur Hilfe bei Katastrophen sowie zu rein technischen Hilfsdiensten, z. B. dem Brückenbau durch Pioniere und sog. „Ernteeinsätze“, gehörten.396 Eine abstrakte Definition des Einsetzens hat deshalb möglichst in der Lage zu sein, diese Verwendungen aus dem Anwendungsbereich des Verfassungsvorbehalts in Art. 87a Abs. 2 GG auszugrenzen.

394 Subjektiv-historisch siehe oben IV.; zudem W. Grubert, 233 f.; P. Karpinski, 16; N.-P. Kleiner, 11, 375; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; M. Schultz, 166; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 b, 864, § 56 IV 3 b, 1477. 395 Vgl. BTDrucks. 5/2873, 13; ebenso H. Boldt, ZRP 1992, 218 (221). 396 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 30; D. Keidel, 47; in diesem Sinne äußerte sich im 3. Notstandshearing auch C. H. Ule, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 80.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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(2) Erfassung der Bundeswehr i. e. S. als innerstaatliches Gewaltpotential Nun ist zu untersuchen, wie sich der zweite Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung, die Sicherung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und des innerstaatlichen Kräftegleichgewichts gegen die Gefahren, die sich aus der Hinzufügung einer Armee zum Machtbereich der Exekutive ergeben, auswirkt. Hierbei ist vor allem die Verhinderung des Mißbrauchs der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussender gesellschaftlicher Gruppen in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen als Gefahr zu nennen. Deshalb geht es dem Verfassungsgesetzgeber darum, alle diejenigen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte zu regeln, die als Gewaltpotentiale der Exekutive dazu geeignet sind, die innenpolitische Lage der Bundesrepublik relevant zu ändern. Da es um die Begrenzung der Bundeswehr als Gewaltpotential geht,397 ist die angesprochene „innenpolitische Lage“ diejenige im Hinblick auf Gewaltpotentiale im Inneren. An anderer Stelle war bereits vom „innerstaatlichen Kräftegleichgewicht“ die Rede. Es geht schlicht um die ganz greifbaren Kräfteverhältnisse bezogen auf die Fähigkeit zur tatsächlichen brachialen Gewaltausübung. Unbestritten wird an einer Armee in der Demokratie ihre Bewaffnung am meisten gefürchtet.398 In bezug auf das innerstaatliche Kräfteverhältnis geht das Machtpotential der Bundeswehr i. e. S. über die Bewaffnung jedoch hinaus.399 Neben dieser relevant sind jedenfalls auch die „bloße Möglichkeit des jederzeitigen Waffengebrauchs“,400 ihre hohe zahlenmäßige Stärke,401 welche mit dem Schlagwort des „Massenmoments“ umschrieben wird, und die „straffe Führungsstruktur“,402 die hierarchisch gegliederte und auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruhende Armeen nicht nur in Deutschland auszeichnet.403 Um den Prototyp dessen zu verbildlichen, was der ver397 Dies erkennt eindeutig auch G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25, der deshalb bei Verwendungen, bei denen nicht das Gewaltpotential der Streitkräfte nutzbar gemacht wird, Art. 87a Abs. 2 GG prinzipiell für nicht tangiert hält. 398 Vgl. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 29; B. Nölle, 115. 399 Im Ergebnis ebenso J. Pannkoke, 205; ebenfalls auf das Machtpotential stellt P. Eichhorn, 173, ab. 400 H. Klückmann, 34; M. Lepper, 43. 401 H.-J. Rungweber, Einführung, III; R. Schikowski, 31; die Polizei hat den Streitkräften von Umfang und Bewaffnung her nichts entgegenzusetzen. 402 H. Klückmann, 34. 403 Vgl. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47; U. Schopohl, 131; W. Speth, 46.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

fassungsändernde Gesetzgeber den Streitkräften im Inneren nicht zugestehen will, soll hierzu das Szenario einer von oppositionellen Gruppen mit Teilnahme weiter Teile der Bevölkerung organisierten und durchgeführten Demonstration politischen Inhalts angeführt werden. Ob diese Demonstration, die in ihrer Aussage, eventuell auch ihrem Umfang, dem gewählten Ort oder auch dem Zeitpunkt der Regierung ungelegen ist, nach Art. 8 GG und dem Versammlungsrecht rechtmäßig ist, ob sie insbesondere friedlich erfolgt oder ob es zu Ausschreitungen kommt bzw. die Demonstranten „vermummt“, bewaffnet oder „passiv bewaffnet“404 sind, kann dabei dahinstehen. Denn unabhängig von der versammlungsrechtlichen Einstufung einer Demonstration, die bei Rechtswidrigkeit die Polizei zu einem Vorgehen gegen die Demonstration berechtigen könnte, soll jedenfalls die Bundeswehr i. e. S. gegen diese Demonstration nicht eingesetzt werden, soweit nicht ein Fall der ausdrücklichen Zulassung, insbesondere eventuell Art. 87a Abs. 4 GG, einschlägig ist. (3) Ursachen der inneren Machtrelevanz der Bundeswehr i. e. S. Daß eine Verwendung der Bundeswehr i. e. S. gegenüber dieser Demonstration gefürchtet ist und deshalb ausgeschlossen werden sollte, liegt nicht nur an der Bewaffnung der Soldaten. Zwar ist der Waffengebrauch besonders problematisch, weil in aller Regel kein weiteres Instrument des Staates existiert, welches den Streitkräften in einer bewaffneten Auseinandersetzung auch nur annähernd gewachsen wäre.405 Deren hohe personelle Stärke – das Massenmoment – ist allein schon Grund, sie als Mittel der Exekutive gegenüber dieser Demonstration auszuschließen, da es innerstaatlich kein anderes organisiertes Instrument gibt, welches einen solchen personellen Umfang hat. Auch bei Polizeiverwendungen, welche zum Kern dessen gehören, was der verfassungsändernde Gesetzgeber mit Art. 87a Abs. 2 GG dem Verfassungsvorbehalt unterstellen wollte, sind die Streitkräfte immer noch ein erheblicher Machtfaktor, der fast jedem Gegner überlegen ist.406 Auch bei einem unbewaffneten Einsatz von Soldaten sind diese, auch wenn sie den Demonstranten des Beispiels zahlenmäßig nicht „haushoch“ überlegen sein sollten, aufgrund der hierarchischen Gliederung und Führungsstruktur, der in der Regel herrschenden Disziplin und der Geltung des Prinzips von Befehl und Gehorsam in viel höherem Maße in einer Auseinandersetzung effektiv, 404 Unter passiver Bewaffnung versteht man solche Ausrüstungsgegenstände, welche gegen Waffen eines Gegners schützen und dadurch die eigene Durchsetzungsund Durchhaltefähigkeit erhöhen. 405 E. Beckert, BWV 1986, 145 (148); W. Grubert, 236; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 191 f. 406 W. Grubert, 236.

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als es eine durchschnittliche politische Demonstration sein kann, selbst wenn es sich um eine gewaltbereite Ansammlung „erfahrener“ Militanter handelt. Gegenüber dieser beispielhaften Demonstration zeigt sich, daß eine Verwendung von Bundeswehrsoldaten auch ohne Bewaffnung mit Schußwaffen, sondern nur unter Ausstattung mit Hieb- und Stichwaffen oder gar gänzlich unbewaffnet eine hohe Wirkung haben kann. Wenn in der auf Einsätze der Streitkräfte bezogenen Literatur von Bewaffnung die Rede ist, so ist damit in der Regel – meist unausgesprochen – die Ausstattung mit Schußwaffen, in der Regel sogar mit militärtypischen Schußwaffen gemeint. Wie gezeigt, hat jedoch auch „nur“ polizeitypische Bewaffnung in der Hand einer dem Gegner überlegenen und militärisch ausgebildeten, gegliederten und geführten Gruppe von Soldaten hohe Wirkung und deshalb – mit anderen Worten – hohes Macht- und Gewaltpotential. Jedoch auch Sachen, die man nach jeder Verständnisweise herkömmlich nicht als Waffen bezeichnen würde, können als Ausrüstung der gegenüber einer Demonstration verwendeten Soldaten deren Wirkung – militärisch würde man von deren Kampfbzw. Gefechtswert sprechen – relevant erhöhen. So können alle Fahrzeuge, über die die Bundeswehr i. e. S. verfügt, bei einer Verwendung gegen eine solche Demonstration wie Waffen wirken, indem sie als Sperren oder durch aktives Zufahren auf Demonstranten oder schlimmstenfalls durch brachiales in eine Menge Hineinfahren verwendet werden. Dies wäre eine Nutzung als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts. Ebenso lassen sich in fast allen Truppengattungen, die im militärischen Sinne keine Kampftruppen sind bzw. zu den Komponenten gehören, die trotz Zugehörigkeit zu den Kampftruppen nicht selbst nach ihrer militärisch vorgesehenen („STAN-mäßigen“407) Verwendung militärische Waffen zum Einsatz bringen, Bestandteile von Ausstattung oder Ausrüstung finden, die sich zumindest als Hieb- oder Stichwaffen verwenden lassen. Abgesehen davon, daß jeder Soldat der Bundeswehr i. e. S. über eine persönliche Handwaffe – also eine Schußwaffe – verfügt, können Instandsetzungstruppen auf ihre Werkzeuge, alle Nachschubtruppen auf zu ihrer Ausrüstung oder ihren Fahrzeugen gehöriges Gerät oder Werkzeug zurückgreifen. Selbst Soldaten in Stabsverwendungen haben z. B. die für die Tarnung der feldmäßigen Unterbringung der Gefechtsstände notwendigen Tarnnetze erforderlichen „Tarnstangen“, die als Hiebwaffen eingesetzt werden können. All dies zeigt, daß es schlichtweg keine Truppenteile der Bundeswehr i. e. S. gibt, in bezug auf die sich keine Verwendungsmöglichkeit denken 407

STAN = Stärken- und Ausrüstungsnachweis; die STAN, bei der zwischen „Friedens-“ (F-STAN) und „Verteidigungs-STAN“ (V-STAN) unterschieden wird, ist eine Aufstellung aller personellen und materiellen Ressourcen, die die Bundeswehr nach Planung und theoretischem Umfang ausmachen und welche faktisch bestehen sollen.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

ließe, die nicht eine Nutzung als exekutives Machtpotential zuließe. Es kann deshalb nicht darauf ankommen, welche Truppenteile der Bundeswehr i. e. S. verwendet werden, sondern es muß ein Kriterium gefunden werden, welches an die Art, das Wie der Verwendung anknüpft. Zu beachten ist dabei, daß es dem verfassungsändernden Gesetzgeber darum ging, das Machtpotential der Exekutive zu begrenzen, worunter die Möglichkeiten der Exekutive zu verstehen sind, ihre Ziele notfalls mit physischer Gewalt mittels ihr zur Verfügung stehender polizeilicher oder militärischer Kräfte durchzusetzen.408 Damit verbunden ging es zugleich auch um die Begrenzung der Regelungsmöglichkeiten des einfachen Gesetzgebers hinsichtlich des Machtpotentials der Exekutive. (4) Ungeeignete Kriterien Daß das Kriterium der Bewaffnung als entscheidendes Merkmal nicht tauglich ist,409 zeigen schon die vorstehenden Ausführungen, aus denen sich ergibt, daß auch aus sonstiger Ausrüstung, Massenmoment und Führungsstruktur ein hohes Gewaltpotential folgt, auch wenn nur körperliche Gewalt eingesetzt wird.410 Hinzu kommt, daß unklar ist, ob reichen soll, daß Waffen nur mitgeführt werden oder ob ein Waffengebrauch erforderlich ist.411 Zudem stellen sich umfangreiche Fragen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit und -bereitschaft der Waffen sowie hinsichtlich des Waffenbegriffs an sich, der nach Schußwaffen und sonstigen Waffen, aktiver und passiver Bewaffnung usw. differenziert werden kann.412 408

O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 191. So im Ergebnis ebenfalls B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (100 f.); M. Bartke, 144; BMVg, Unterrichtung Unterabteilung VR II, August 1988, 13, zitiert nach O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 28 ff.; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 8; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 15; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 33 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959); B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; D. Keidel, 46; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; N.-P. Kleiner, 113; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 4; E. Schemann, 47 ff.; U. Schopohl, 131; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 b, 864. 410 Daß Bewaffnung – insbesondere militärische – natürlich ein Indiz für einen Einsatz ist, steht außer Frage, vgl. dazu W. März, 26; dies setzt selbstverständlich die Verwendungsbereitschaft der Waffen voraus, also deren Funktionsfähigkeit, das Versehensein mit Munition oder notwendigen Betriebsstoffen usw. 411 Vgl. E. Schemann, 48. 412 Auch B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (100 f.), M. Bartke, 145, A. Coridaß, 83, R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (959), und E. Schemann, 44 f. m. w. N. in Fn. 96, sehen Abgrenzungsprobleme und halten dieses Kriterium für formalistisch und realitätsfern. 409

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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Das Kriterium der militärischen Verwendung in seinen vielen Facetten scheint ebenfalls nicht wirklich zur Abgrenzung geeignet, weil die Verfassung Verwendungen in Art. 35 Abs. 2 GG vorsieht, die nicht militärisch im engeren Sinne sind,413 vielfältige andere gänzlich unmilitärische Verwendungen denkbar sind, die gleichwohl das Machtpotential der Streitkräfte innerstaatlich zur Wirkung bringen, und zudem das Kriterium des Militärischen schillernd ist und ebenso viele Abgrenzungsfragen aufwirft, wie es zu beantworten bestimmt wäre.414 Das Kriterium der hoheitlichen Verwendung bzw. der Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt kommt schon eher in Betracht.415 Diejenigen, die hoheitlich dabei nur im Sinne von öffentlich-rechtlich in Abgrenzung zu privatrechtlich verstehen, gehen fehl.416 Zum einen ist bei der dienstlichen Tätigkeit der Bundeswehr i. e. S. als Teil der vollziehenden Gewalt im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GG417 schon kraft ihrer Stellung im Verfassungsgefüge und der Eigenschaft der Soldaten als in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehende Personen kraft deren Status ein privatrechtlich zu bewertendes Verhalten kaum denkbar.418 Zum anderen geht dieses jede schlicht-hoheitliche Tätigkeit einbeziehende Verständnis zu weit, weil viele schlicht-hoheitliche Verwendungen denkbar sind, die im Hinblick auf das innerstaatliche Kräftegleichgewicht völlig un413

W. Grubert, 234; E. Schemann, 44, 46. Ebenso B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (101); W. März, 27; E. Schemann, 47. 415 W. Speth, 46, hingegen lehnt dies schon bereits deshalb ab, weil dieser „unbestimmte Rechtsbegriff“ einer gesicherten, allgemeingültigen Begriffsbestimmung ermangele. 416 Ebenso A. Coridaß, 84 f.; W. Brunkow, 37, und U. Schopohl, 131, verstehen hoheitlich im Sinne von als Ausfluß der vollziehenden Gewalt als „die aus der Staatlichkeit fließenden oder herkömmlicherweise dem Staat zurechenbaren staatlichen Befugnisse und Aufgaben, verstanden als Berechtigungen und Verpflichtungen“, was die „Gesamtheit der staatlichen Funktionen“, also nicht nur hoheitliche Aufgaben im engeren Sinne, sondern auch die Tätigkeiten der schlichten Hoheitsverwaltung und die Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung umfassen soll. 417 M. Antoni, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 1, Rn. 19; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 11 f.; A. Hörchens, 23; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 173 f.; D. Keidel, 43 f.; M. Lepper, 84 f., 94 ff.; J. M. Mössner, 97 (99); H. M. Parche, 159; H.-J. Rungweber, 144; M. Schultz, 113; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 4; K. Stern, StaatsR II, § 42 I 5, 851 ff.; A. Sturm, 11. 418 So im Ergebnis ebenfalls E. Beckert, BWV 1983, 217 (218); A. Coridaß, 84 f.; W. März, 27, W. Grubert, 238 („nur Raum im verwaltungsprivatrechtlichen und fiskalischen Bereich, wo sinnvolle verteidigungsfremde Verwendungen kaum vorstellbar sind“); O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 173 f.; U. Schopohl, 131; unverständlich ist es, auf welcher Grundlage W. Brunkow, 38, sekundäre „verteidigungs- und notstandsfremde“ Verwendungen als „Aufgaben aus rein privatrechtlichen Vereinbarungen“ ansieht. 414

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

problematisch sind. Das oben bereits genannte Füllen von Sandsäcken bei Hochwasser sei hier beispielhaft genannt. In einem umfassenden Sinne als öffentlich-rechtlich hat das Kriterium der Hoheitlichkeit deshalb keine Berechtigung. Auch das Schlagwort der Verwendung als Mittel der vollziehenden Gewalt kann in einem sehr weiten Sinn verstanden werden, da die Bundeswehr i. e. S. Teil der vollziehenden Gewalt ist und somit ihr Tätigwerden immer als Mittel der vollziehenden Gewalt erfolgt. (5) Obrigkeitliche Verwendung Wird hoheitlich jedoch als obrigkeitlich verstanden, so gebührt diesem Abgrenzungskriterium weitergehende Beachtung. Als obrigkeitlich versteht diese Arbeit jede Ausübung von Staatsgewalt, die sich durch die Befugnis zu Regelung und Zwangsausübung sowie die Ausübung dieser Befugnisse auszeichnet.419 So verstanden – im wesentlichen in Übereinstimmung mit den meisten Vertretern des Kriteriums der Hoheitlichkeit – sind alle hiervon erfaßten Verwendungen solche, deren Subsumtion unter den Einsatzbegriff der an dieser Stelle behandelte Zweck des Art. 87a Abs. 2 GG fordert. Insbesondere werden davon alle Varianten des Tätigwerdens von Soldaten der Bundeswehr i. e. S. im zuvor diskutierten Beispielsfall der Demonstration erfaßt. Denn abstrakt gesprochen ist das Problem der Streitkräfte in der Demokratie die Ambivalenz der Verwendung exekutiver Kräfte, die einerseits dem Schutz des Staats und der Bürger vor Gefahren dienen, andererseits aber auch diese selbst bedrohen und damit zu einer Gefahr werden können. Zu einer solchen Gefahr können Exekutivkräfte aber nur werden, wenn sie als mit Regelungs- und Zwangsbefugnissen ausgestattete Vollzugsorgane verwendet werden, weshalb der verfassungsändernde Gesetzgeber insbesondere die Verwendungen mit polizeilichem Charakter erfassen wollte.420 Keine unmittelbare Bedrohung geht von ihnen aus, wenn sie nur helfend und ohne Regelungs- und Zwangsbefugnisse verwendet werden.421 Als wichtig hervorzuheben ist, daß nicht nur die Befugnisse zu Regelung und Zwangsausübung und die Anwendung dieser Befugnisse eine Verwendung obrigkeitlich werden lassen, sondern daß auch das regelnde und zwangsausübende Tätigwerden ohne die rechtliche Befugnis hierzu – also rechtswidriges Verhalten – obrigkeitlich in diesem Sinne ist.422 Die Einbeziehung dieser Variante ist geboten, weil trotz allen positiven Erfahrungen mit exekutivem Handeln seit Gründung der Bundesrepublik mit Rechts- und Verfassungsverletzungen seitens politischer und militärischer Entschei419 420 421 422

Ähnlich z. B. W. Speth, 50. W. Grubert, 238. Hierzu M. Schultz, 166. So hinsichtlich der Irrelevanz des Bestehens von Befugnissen M. Schultz, 170.

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dungsträger aus Gründen rechtsstaatlicher Vorsicht gerechnet werden muß. Problematisch ist deshalb bereits ein Tätigwerden der Streitkräfte, welches die Option von zur Auftragsdurchsetzung gegebenenfalls erforderlichem regelnden oder zwangsausübenden Handeln beinhaltet. Als obrigkeitliche Verwendung der Bundeswehr i. e. S. versteht diese Arbeit somit jede Verwendung von Bundeswehrsoldaten, bei der diese mit der rechtlichen Befugnis oder dem militärischen Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung gegenüber dem Bürger außerhalb der Streitkräfte ausgestattet sind oder diese Befugnis oder den Auftrag tatsächlich ausführen. Vorläufig soll davon ausgegangen werden, daß bei solchen obrigkeitlichen Verwendungen ein Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG gegeben ist.423 (6) Unterstützende Verwendung Jedoch wird durch dieses Verständnis als obrigkeitlich nicht der gesamte Bereich von Verwendungen, die hinsichtlich der Machtverhältnisse im Inneren Relevanz haben, abgedeckt. Denn das Machtpotential der Streitkräfte kann sich auf die Kräfteverhältnisse im Inneren auch auswirken, wenn Soldaten der Bundeswehr i. e. S. – um bei dem sehr gut exemplarisch nutzbaren Fall der Demonstration zu bleiben – nicht selbst unmittelbar gegenüber dem Bürger obrigkeitlich tätig werden, sondern das obrigkeitliche Vorgehen anderer Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei, unterstützen. Das Potential der Streitkräfte wird hierbei gegenüber dem Bürger mittelbar wirksam.424 Eine solche Sicherheitskräfte unterstützende Rolle der Streitkräfte beim Vorgehen gegen eine Demonstration – oder allen sonstigen obrigkeitlichen 423 So im Ergebnis auch M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 34; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 6; ebenso die Vertreter der CDU/ CSU-Fraktion im Innenausschuß des Bundestages am 21.9.1988 in einer Debatte über innerstaatliche Verwendungen der Bundeswehr, vgl. Woche im Bundestag 16/1988, 7. 424 Auf die „Aktivierung militärischen Potentials“ als Bestimmung des Einsetzens stellt J. Isensee ab, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 22; auch W. Grubert, 222, bezieht die Unterstützung als „mittelbare Bekämpfung“ in den Einsatzbegriff mit ein; die Möglichkeit „hilfsweiser“ Verwendungen der Streitkräfte hält P. Eichhorn, 103, ebenfalls bereits für problematisch, weil für die Bundeswehr „ihr hilfsweiser Einsatz der erste Schritt in diese Richtung [d.h. eines direkten Einsatzes; der Verf.] sein [kann], und aus dieser bloßen Möglichkeit heraus schon eine große innenpolitische Bedrohung darstellen“ könne; „der Übergang zu einem tatsächlichen Einsatz wäre nur noch ein kleiner Schritt und im Grunde nicht mehr zu verhindern“; dementsprechend sieht P. Eichhorn, 174, „eingriffsunterstützende Maßnahmen“ als Einsätze an.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Verwendungen von nicht-militärischen Sicherheitskräften – ist in vielfältiger Weise denkbar. Instandsetzungstruppen der Bundeswehr i. e. S. können Fahrzeuge, Waffen oder sonstiges Gerät der Polizei warten oder instandsetzen. Logistiktruppen der Bundeswehr i. e. S. können die Versorgung der Polizei mit Betriebsstoffen für deren Fahrzeuge, Munition für deren Waffen, Verpflegung für die Einsatzkräfte und Ersatzteilen für jegliche Arten von Waffen, Fahrzeugen oder sonstigem Gerät sicherstellen.425 Pioniertruppen können die Polizei in vielfältiger Weise unterstützen, indem sie vor der unmittelbaren Auseinandersetzung mit Demonstranten oder anderen Regierungsgegnern „Gelände verstärken“, Sperren errichten, mit ihren für schwere Erdarbeiten geeigneten Fahrzeugen Voraussetzungen für einen wirksamen Einsatz der Polizeikräfte schaffen usw. Mit Hubschraubern der Bundeswehr i. e. S. können Aufständische oder andere Personen aus der Luft beobachtet werden.426 Alle über Kraftfahrzeuge verfügenden Truppenteile der Bundeswehr i. e. S. können den Polizeikräften „Transportraum“ in Form von LKWs, PKWs und Bussen für Personal und Material zur Verfügung stellen.427 In gleicher Weise ist die Nutzungsüberlassung von Liegenschaften zur Unterbringung von Polizeikräften denkbar. Einsatzmittel der Luftwaffe können neben der selbstverständlich als obrigkeitlich einzustufenden unmittelbaren Beteiligung an einer gewalttätigen Auseinandersetzung auch unterstützend durch Transport von Personal und Material oder als Mittel der Aufklärung, die aus der Luft besonders effektiv erfolgen kann, verwendet werden.428 Sanitätstruppen können mit ihren ungepanzerten Kraftfahrzeugen (KrKW429) oder ihren gepanzerten Fahrzeugen430 Verwundete retten.431 Das gemeinsame Merkmal all dieser unterstützenden Tätigkeiten, die vorstehend aufgezeigt wurden, ist die Verwendung in Form der ZurVerfügung-Stellung militärisch gegliederten, teils speziell ausgebildeten Personals mit spezieller, nicht notwendig militärischer Ausrüstung und ebensolchem Gerät unter militärischer Führung. Es ist sogar denkbar, daß Soldaten der Bundeswehr i. e. S. ohne jegliche spezielle Ausrüstung oder Ausbildung (nur mit der allgemein-militärischen des Funktionierens in militärischer Gliederung unter dem Befehlsprinzip und der entsprechenden Disziplin) zur Unterstützung eingesetzt werden, indem sie allein ihre Ar425

Ähnlich P. Eichhorn, 174. P. Eichhorn, 174; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957. 427 Ebenso P. Eichhorn, 174. 428 R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957. 429 KrKW = Krankenkraftwagen. 430 Z. B. Sanitätspanzer (SanPz). 431 R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957; Jahn/Riedel halten die Verwendung von normalen Sanitätsfahrzeugen für zulässig, diejenige von SanPz jedoch wegen ihrer abschreckenden Wirkung bereits für einen unzulässigen Einsatz, vgl. a. a. O., 960. 426

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beitskraft helfend zur Verfügung stellen und z. B. für hungrige Polizeikräfte Verpflegung vorbereiten und in „Lunchpakete“ packen, Munition, Gerät oder sonstige für die unmittelbare obrigkeitliche Tätigkeit der Polizei gegenüber einer Demonstration erforderliche Güter herantragen sowie eventuell für die anwesenden Polizeikräfte das Aufmunitionieren von Magazinen oder anderen Munitionsbehältnissen für halb- oder vollautomatische Waffen übernehmen. Es läßt sich nicht abstreiten, daß in allen dargestellten Fällen von unterstützender Tätigkeit der Streitkräfte für obrigkeitliches Vorgehen der Polizeikräfte das Potential der Bundeswehr i. e. S. innerstaatlich wirksam wird.432 (7) Unterstützendes Potential als Machtpotential? Bezweifelt werden kann allein, ob dies das Machtpotential ist, dessen Einsatz im Inneren der verfassungsändernde Gesetzgeber begrenzen wollte.433 Es handelt sich jedenfalls um das allgemeine Potential der Bundeswehr i. e. S., also deren Ressourcen. Diese haben, auch wenn sie nicht selbst machtausübenden Charakter haben – so wie Nachschub, Instandsetzung, Verpflegung usw. –, eine die Machtausübung durch die unmittelbar hierzu befähigten und vorgesehenen Kräfte ermöglichende Funktion.434 Denn keine kämpfende Einheit der Streitkräfte kann über einen längeren Zeitraum hinaus einen Kampfauftrag erfüllen, ohne daß die unterstützende Infrastruktur der sonstigen militärischen Kräfte besteht.435 Die Kampftruppe ist nichts ohne die Kampfunterstützungstruppe und die Führungstruppe. 432 Etwas anders grenzt P. Eichhorn, 174, ab, wenn er auf die „Intention der Unterstützung“ eingreifender Verwendungen abstellt; ihm ist zu entgegnen, daß das Machtpotential der Streitkräfte innenpolitisch in solchen Fällen wirksam wird, unabhängig von der Intention des zuständigen Entscheidungsträgers. 433 G. Großmann, Teil II, Rn. 372 ist der Auffassung, unterstützende Maßnahmen wären als „technische Amtshilfe“ unbedenklich; ebenso E. Beckert, BWV 1983, 217 (218). 434 Dem entspricht es, wenn Abgeordnete der FDP-Fraktion im Innenausschuß des Bundestages am 21.9.1988 im Hinblick auf Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Inneren hervorhoben, die Bundeswehr dürfe nicht in „innenpolitische Auseinandersetzungen verstrickt werden“, vgl. Woche im Bundestag 16/1988, 7; E. Beckert, BWV 1986, 145 (154), sieht in solchen Fällen die Bundeswehr als „verlängerten Arm der Polizei“ und hält dies deshalb für unzulässig, ohne jedoch den Konnex zu Art. 87a Abs. 2 GG herzustellen. 435 Diesen Gedanken verwendet ebenfalls W. Speth, 165, welcher betont, daß „schon die Gliederung der Teilstreitkräfte der Bundeswehr erkennen läßt, daß Unterstützungsaufgaben integraler Bestandteil der Militärgewalt sind; ohne zielgerichtete Versorgung und ergänzende rückwärtige Maßnahmen sind die kämpfenden Soldaten“ an der Front „bald wirkungslos“. Zudem erkennt er, daß es „dem Gegner [. . .] im Ergebnis gleich sein [wird], wer auf ihn schießt und wer die Munition dazu gereicht hat“; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960), sehen beispielsweise logi-

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Diese Erkenntnis ist unmittelbar auf die Polizeikräfte übertragbar. Auch dort gibt es in den Bereitschaftspolizeiverbänden unmittelbar kämpfende oder auf andere Weise unmittelbar obrigkeitlich handelnde Kräfte und es gibt solche Kräfte, die diese Tätigkeiten unterstützen, indem sie instandsetzen, Nachschub sicherstellen, transportieren, Verpflegung, Bekleidung und Unterkunft gewährleisten und sonstige Unterstützungs- oder Führungsaufgaben wahrnehmen. Stellt nun die Bundeswehr i. e. S. aus ihrem Kräftespektrum aus dem nicht-kämpfenden – also unterstützenden – Teil der Streitkräfte Soldaten in unterstützender Funktion für unmittelbar obrigkeitlich handelnde Polizeikräfte ab, so ist es der Polizeiführung möglich, Polizeibeamte, die ansonsten unterstützende Tätigkeiten ausführen, für unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten einzusetzen. Auf diese Weise stehen der Polizeiführung für den unmittelbaren obrigkeitlichen Einsatz gegen die exemplarische Demonstration mit Schlagstock oder Schußwaffe „an der Front“ mehr Polizeibeamte zur Verfügung. Die Regierung, die über die Polizeikräfte gegen sonstige, insbesondere oppositionelle, Gruppen verfügt, hat zu ihrer Verfügung nun ein entsprechend größeres Machtpotential für unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten, welches sie verwenden kann. Es macht danach im Ergebnis keinen Unterschied, ob die Bundeswehr i. e. S. zur Unterstützung der Polizei bei der Bekämpfung einer Demonstration bewaffnete Kämpfer oder unbewaffnete Helfer zur Verfügung stellt, weil sich in beiden Fällen per Saldo die Zahl der bewaffneten Kämpfer, die dem Bürger gegenübersteht, erhöht. Diese Überlegungen zeigen, daß das Potential der Streitkräfte auf diese Weise auch dann machtrelevant ist, wenn die verwendeten Kräfte nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar der Machtausübung dienen.436 Hieraus wiederum folgt, daß bei der Verwendung nicht unmittelbar obrigkeitlich vorgehender Truppenteile der Bundeswehr i. e. S. zur Unterstützung der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit nicht-militärischer Sicherheitskräfte gleichwohl das Machtpotential der Bundeswehr i. e. S. innerstaatlich wirksam wird und somit gemäß dem gegenwärtig untersuchten Zweck als Einsatz anzusehen wäre.437 Entscheidendes Kriterium ist hierbei die unmittelbar nicht-obrigkeitliche Unterstützung von staatlichen Kräften, die ihstische Hilfen als „der Operation nur vorgelagert“ an, weshalb dieser „Mosaikstein eines Einsatzes“ selbst auch Einsatz sei. 436 Dies verkannten die Antragsteller (Fraktion der SPD und einzelne SPD-Abgeordnete; Fraktion der F.D.P. und einzelne F.D.P.-Abgeordnete) im Verfahren BVerfGE 90, 286 (316), die Tätigkeiten, die sinnvoll auch durch Zivil- oder Privatpersonen ausgeführt werden können, nicht als Einsätze einstuften; auch T. M. Spranger, NJW 1999, 1003, hält Unterstützung der Polizei bei zwangsausübender Verwendung durch die Streitkräfte für eine schlichte Verwendung; im Sinne der hier vertretenen Auffassung äußern sich sachgerecht E. Beckert, BWV 1986, 145 (154), und W. Speth, 165 (Speth allerdings im Kontext der Beteiligung deutscher Soldaten an UN-Friedenstruppen); Beckert beschränkt diese Erkenntnis jedoch auf Hilfeleistungen, die nicht auch von anderen geleistet werden können.

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rerseits unmittelbar obrigkeitlich verwendet werden. Verkürzt, jedoch ohne inhaltlichen Mangel, läßt sich dies auf das Schlagwort der mittelbar obrigkeitlichen Verwendung reduzieren. Die Verwendung von Soldaten der Bundeswehr i. e. S. in unmittelbar nichtobrigkeitlicher Form zur Unterstützung nicht unmittelbar obrigkeitlich handelnder Dritter hingegen hat für die Kräfteverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik im politischen oder gesellschaftlichen Meinungs- und Machtkampf keine Bedeutung. Das Füllen von Sandsäcken durch Soldaten der Bundeswehr i. e. S. bei Hochwasser ist hinsichtlich der Kräfteverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik in gleicher Weise neutral, wie es die Unterstützung von Polizeikräften beim Füllen von Sandsäcken durch diese ist. Aus den vorstehenden Erwägungen lassen sich als Zwischenergebnis folgende Schlüsse ziehen: Die Verwendung der Streitkräfte, welche hinsichtlich der innerstaatlichen Kräfteverhältnisse unmittelbar und auch mittelbar neutral ist, ist kein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG.438 Ein Einsatz liegt, wenn man nur den gegenwärtig erörterten Zweck der Verhinderung des Mißbrauchs der Bundeswehr i. e. S. als Machtinstrument im Inneren berücksichtigt, hingegen bei jeder unmittelbar obrigkeitlichen Verwendung der Streitkräfte oder jeder obrigkeitlichem Handeln anderer Kräfte dienenden – also mittelbar obrigkeitlichen – Verwendung der Streitkräfte vor. dd) Trennung von Polizei und Streitkräften Das vorstehend entwickelte Verständnis des Begriffs Einsetzen deckt sich weitgehend mit dem weiteren Zweck, das verfassungsrechtliche Prinzip der grundsätzlichen Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Innern und militärischer Gefahrenabwehr nach außen zu sichern, welcher dafür spricht, solche Verwendungen als Einsätze zu klassifizieren, bei denen die Bundeswehr i. e. S. polizeilich tätig wird. Denn bei einem großen Teil denkbarer Verwendungen der Streitkräfte zur Gefahrenabwehr im Inneren werden die 437 Im Ergebnis ebenso M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 34; C. v. Bülow, 61; P. Eichhorn, 174; W. Grubert, 239; M. Schultz, 164, 170 f., 178 f., stellt u. a. unter Bezugnahme auf BVerfGE 90, 286 (388), auf den engen Zusammenhang mit „bewaffneten Unternehmungen“ Dritter ab, weshalb der „Charakter der Gesamtaktion“ zu berücksichtigen sei; a. A. O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 222; E. Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, 773 (776); W. Speth, 51. 438 Anders sahen die Problematik anscheinend die Vertreter der Fraktion DIE GRÜNEN als sie am 21.9.1988 im Innenausschuß des Bundestages einen Antrag vorlegten, in dem sie verlangten, daß „jegliches Tätigwerden oder Unterstützungsleistungen durch Einsätze der Streitkräfte für andere Vollzugsbehörden“ ausgeschlossen werden sollten, die über Katastrophenhilfe hinausgehen, vgl. Woche im Bundestag 16/1988, 7.

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Soldaten der Bundeswehr i. e. S. – zumindest potentiell für den Fall, daß die Auftragserfüllung es erfordert – regelnd oder zwangsausübend tätig.439 Jedoch existiert ein großer Teil der gefahrenabwehrenden Tätigkeit, welcher schlicht-hoheitlich im Sinne von nicht-obrigkeitlich stattfindet. Das bereits mehrmals angeführte Füllen von Sandsäcken bei Hochwasser ist typische Gefahrenabwehr und findet als solches – wie auch viele andere Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr, bei denen Gefahren durch Realakte der Sicherheitskräfte selbst beseitigt werden, ohne daß diese in Rechte von Bürgern eingreifen – ohne Regelung oder Zwangsausübung sowie Befugnis oder Auftrag hierzu statt. Der angesprochene Zweck würde eigentlich die Einbeziehung all dieser schlicht-hoheitlichen Tätigkeiten fordern, soweit sie der Gefahrenabwehr im Inneren dienen. Jedoch ist zu fragen, ob das angesprochene verfassungsrechtliche Prinzip der Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen wirklich Selbstzweck ist, welcher von der Verfassung vorgegeben wird, oder ob es sich nur um ein Mittel zur Erreichung eines dahinter liegenden anderen Zwecks handelt, welcher bei der normzweckorientierten Auslegung zu berücksichtigen ist. Es liegt nahe, zu fragen, ob dieses Trennungsprinzip, welches einer Zusammenschau verschiedener Verfassungsnormen und somit der Systematik des GG entnommen wurde, nicht letztendlich dem zuvor behandelten Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung und des Art. 87a Abs. 2 GG dienen sollte: der Abwehr von seitens einer Armee im demokratischen Rechtsstaat drohender Gefahren, insbesondere des Mißbrauchs der Bundeswehr i. e. S. im Inneren mit Relevanz für das innerstaatliche Kräfteverhältnis. Dies würde bewirken, daß auch das Prinzip der Trennung von Polizei und Militär nur diejenigen Verwendungen ausschlösse, die hinsichtlich des innerstaatlichen Kräfteverhältnisses Relevanz haben – also die unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichen Verwendungen. Eine Bestätigung dieses Gedankens findet sich bei einigen Stimmen, die hinsichtlich des Verfassungsvorbehalts in Art. 87a Abs. 2 GG argumentieren, bezüglich des innerstaatlichen Einsatzes rechtfertige sich der Vorbehalt aus der Garantie einer strikten Trennung zwischen äußerem (militärischem) und innerem (polizeilichem) Gewaltmonopol.440 Daß hier auf das staatliche Gewaltmonopol abgestellt wird, weist darauf hin, daß dieses Trennungsprinzip 439 Auf Befugnisse zu Regelung oder Zwangsausübung läßt sich in diesem Zusammenhang nicht abstellen, da die rechtlichen Befugnisse der Streitkräfte im Inneren ja gerade Gegenstand der Erörterung sind und eine Bezugnahme auf diese somit zu einem Zirkelschluß führen würde. 440 K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 14; ebenso W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 17; auch BMVg, Unterrichtung Unterabteilung VR II, August 1988, 13, zitiert nach O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, sieht das äußere Gewaltmonopol des Staates in der Bundeswehr repräsentiert.

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von der Verfassung nur hinsichtlich der Gewalt intendiert ist, was sich auf regelnde Tätigkeit und Zwangsausübung beziehen läßt. Da gegenüber diesen Erwägungen keine Gesichtspunkte auffindbar sind, die die Erstreckung dieses Prinzips auf nicht-gewaltrelevante Tätigkeiten im Bereich der Gefahrenabwehr im Inneren stützen, kann davon ausgegangen werden, daß es nur die Trennung von innerem und äußerem Gewaltmonopol beinhaltet. Auch die Berücksichtigung dieses Zwecks fordert deshalb nicht schlicht die Erstreckung des Einsatzbegriffs auf alle der Gefahrenabwehr im Inneren dienenden Verwendungen. Es genügt auch diesem Zweck, wenn ein Einsetzen der Streitkräfte bei jeder unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichen Verwendung angenommen wird. ee) Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Bundeswehr i. e. S. Auch aus der Berücksichtigung des Normzwecks der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte folgt nichts abweichendes. Zwar spricht dieser gegen die zulassungsfreie Zulässigkeit von Verwendungen, die bei einer gesellschaftlichen Gruppe das Gefühl erzeugen, die Bundeswehr i. e. S. nehme auf der Seite des Gegners dieser Gruppe gegen sie Stellung, jedoch ist es unbestritten, daß dies nicht die Rücksichtnahme auf jede Empfindlichkeit und Zurückhaltung bei jeder Petitesse fordert.441 Der gesellschaftliche Rückhalt der Streitkräfte wird nur dann gefährdet, wenn in für den einzelnen, für die gesellschaftliche Gruppe, der er angehört, oder für die gesamte Gesellschaft zentralen Fragen des gesellschaftlichen und politischen Zusammenlebens die Erweckung des Eindrucks möglich scheint, die Bundeswehr i. e. S. ergriffe in dieser Auseinandersetzung Partei.442 Eine solche Gefährdung wird man erst dann annehmen können, wenn die Streitkräfte an einem staatsinternen Konflikt in der Weise beteiligt sind, daß sie mit der Befugnis oder dem Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung oder für die betroffenen Bürger erkennbar zur Unterstützung Dritter verwendet werden, welche ihrerseits mit der Befugnis oder dem Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung handeln443 – also wenn eine unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliche Verwendung vorliegt. 441 Auch wenn die Feststellung natürlich richtig ist, daß die Verwendung des Wachbataillons der Bundeswehr zu repräsentativen (protokollarischen) Zwecken bei Staatsakten oder dem Empfang ausländischer Staatsgäste für daran beteiligte deutsche Politiker einen Bonus in der öffentlichen Meinung bewirken kann und ein Anhänger der Opposition dies mißbilligen mag, so wird doch niemand so weit gehen, zu behaupten, die Bundeswehr „verrate“ hierdurch oppositionelle Bevölkerungsteile. 442 W. Grubert, 239. 443 W. Grubert, 239, nennt als Beispiele Hubschrauber zu Aufklärungszwecken zur Unterstützung der Polizei bei Großdemonstrationen oder in derselben Situation

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ff) Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Auch die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, aus denen das objektive Ziel folgt, daß für Aufstellung, Ausrüstung, Organisation und Unterhaltung der Bundeswehr i. e. S. aufgewendete staatliche Ressourcen, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche Zwecke verwendet werden sollen, führen zu keiner anderen Bewertung. Nicht jede Verwendung als Einsatz zu verstehen, ist bereits eine dieses Normziel fördernde Auslegung. Eine darüber hinausgehende Verengung des Einsatzbegriffs würde zulasten der Erreichung der vorstehend behandelten Ziele gehen. Bei der Kollision von Normzielen ist diese nach den Grundsätzen der Herstellung praktischer Konkordanz durch Abwägung aufzulösen. Dies gilt jedoch nur, wenn sich – vergleichbar mit dem Vorgehen bei aus verschiedenen Rechtsnormen folgenden scheinbar widersprüchlichen Rechtsfolgen – die Kollision nicht über die Feststellung eines Vorrangs des einen Ziels vor dem anderen Ziel beheben läßt. Dabei ist insbesondere die Frage zu erörtern, welches Ziel spezieller ist. Vorliegend fordern die haushaltsrechtlichen, in der Finanzverfassung (Art. 104a – 115 GG) verwurzelten Grundsätze ein möglichst enges Verständnis des Begriffs Einsetzen. Die vom historischen Verfassungsgesetzgeber 1968 subjektiv verfolgten, gegenwärtig noch relevanten und durch andere objektive Ziele verstärkten Normzwecke fordern jedoch ein Verständnis als Verwendung mit unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichem Charakter. Der haushaltsrechtliche Zweck ist ein allgemeines, bei jeder Staatstätigkeit zu beachtendes Optimierungsgebot, welches bei der Entstehung von Wehrverfassung, Notstandsverfassung und insbesondere Art. 87a Abs. 2 GG keine Rolle spielte, aber der Finanzverfassung zu entnehmen ist. Die zuvor behandelten Zwecke hingegen sind sowohl bei der Wehrbeitragsnovelle 1956 als auch bei der Notstandsnovelle 1968 im Verfassungsänderungsverfahren und der begleitenden gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung sowie seitdem stets, wenn es im politischen Raum um die innerstaatliche Rolle der Bundeswehr i. e. S. ging, Gegenstand der Diskussion gewesen. Zudem sind sie seit 1968 Kristallisationspunkt der auf Art. 87a Abs. 2 GG bezogenen rechtswissenschaftlichen Literatur. Die vorstehenden Erwägungen hinsichtlich der hier in Frage stehenden Ziele zeigen, daß das haushaltsrechtliche Ziel das allgemeinere und das auf die Abwehr der von einer Armee in der Demokratie ausgehenden Gefahren gerichtete Ziel das speziellere ist. Dementsprechend hat das haushaltswirtschaftliche Ziel zurückzutreten. Dies hat zur Folge, daß die Berücksichtidie Verwundetenbergung durch Sanitätspanzer der Bundeswehr; E. Beckert, BWV 1986, 145 (154 f.); G. Großmann, Teil II, Rn. 372.

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gung dieses Ziels keine Modifikationen an der zuvor bereits erzielten Inhaltsbestimmung hinsichtlich des Begriffes Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG bewirkt.444 gg) Sonstige Zwecke Im Hinblick auf den Zweck des Schutzes der Landeskompetenzen vor einseitiger Verschiebung durch den Bund zulasten der Länder ist nach dem gesagten445 auch dessen Berücksichtigung möglich, ohne Modifikationen am Einsatzbegriff vorzunehmen, da die grundgesetzliche Kompetenzverteilung nicht ohne eine Mitwirkung betroffener Länder in Form ihrer Beteiligung an einer Verfassungsänderung oder einem Amtshilfeersuchen geändert werden kann. Das Regelungsziel des Ausschlusses der Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten aus der Natur der Sache, welches seinerseits dazu dienen sollte, aus der Summe der für problematisch gehaltenen Verwendungsmöglichkeiten der Streitkräfte diejenigen, die man gleichwohl zur Erreichung der staatlichen Selbstbehauptung nach innen und außen zulassen wollte, enumerativ in der Verfassung aufzuführen, solche generell zu begrenzen und die Entscheidung über diese dem verfassungsändernden Gesetzgeber zu überlassen, wird durch das Verständnis von Einsetzen, welches jede unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte beinhaltet, voll erreicht, da diese Definition alle vom verfassungsändernden Gesetzgeber für problematisch gehaltenen Verwendungen umfaßt. 3. Vereinbarkeit mit den Ergebnissen der übrigen Auslegungsvarianten Die teleologische Auslegung des Begriffs Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG hat nach alledem zum Ergebnis, daß ein Einsatz in diesem Sinne eine Verwendung der Streitkräfte ist, bei der diese entweder mit der rechtlichen Befugnis oder dem militärischen Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung gegenüber Personen außerhalb der Streitkräfte ausgestattet sind oder diese Befugnis oder den Auftrag tatsächlich ausführen, sowie solche, bei der sie ebensolches Vorgehen anderer staatlicher Stellen in irgendeiner nicht mit Befugnis oder Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung versehenen oder diese Befugnisse ausführenden Weise unterstützen. 444 Dies entspricht der von einem SPD-Abgeordneten im Innenausschuß des Bundestages am 21.9.1988 ausgesprochenen Warnung vor einer Ausweitung der Begrifflichkeit „aus haushaltspolitischen Gründen“; vgl. Woche im Bundestag 16/1988, 7. 445 Siehe oben a).

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Dieses Ergebnis läßt sich auch mit den Erkenntnissen aus den zuvor behandelten Auslegungsmethoden vereinbaren. Es hält sich innerhalb des durch den Wortlaut vorgegebenen Rahmens. Die historische Auslegung ergab keine konkreten Erkenntnisse. Mit der Betrachtung der Entstehungsgeschichte ist dieses Ergebnis kongruent. Bei richtiger Betrachtungsweise läßt sich die zuvor gegebene Definition auch mit der Systematik des Grundgesetzes in Einklang bringen, da auch die Einsätze zur Katastrophenhilfe in Art. 35 GG – wenn auch nicht notwendig oder überwiegend – die zumindest potentielle regelnde Tätigkeit und Zwangsausübung beinhalten. Mit der aus der systematischen Untersuchung folgenden Erkenntnis, daß alle ausdrücklichen Zulassungen, welche das Grundgesetz enthält, eine Gefahrensituation als gemeinsames Wesensmerkmal beinhalten, steht diese Auslegung nicht im Widerspruch. Denn aus der Systematik folgte nicht, daß dieses Merkmal auch Merkmal des Einsetzens im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sei. Es bestand insofern lediglich eine Vermutung, eine gewisse Möglichkeit. Es gab jedoch für diese Erkenntnis in systematischer Hinsicht auch die Erklärung, daß die Gefahrensituation allein Grund und Rechtfertigung dafür war, daß sich der verfassungsändernde Gesetzgeber 1968 dafür entschieden hat, diese Einsätze ausdrücklich zuzulassen. Zwar sind bei systematischer Betrachtung beide Deutungen in gleicher Weise denkbar, jedoch führt die ergänzende Berücksichtigung der zweckorientierten Erwägungen zu einer klaren Aussage in diesem Zusammenhang. Auch wenn es dem Zweck, jede hinsichtlich der innerstaatlichen Kräfteverhältnisse problematische Verwendung der Streitkräfte zu regeln, sie zunächst auszuschließen und es allein dem verfassungsändernden Gesetzgeber zu überlassen, welche dieser Verwendungen zugelassen werden soll, entspricht, Verwendungen in Gefahrensituationen als Einsätze zu verstehen, so ist es mit diesem Zweck unvereinbar, unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliche Verwendungen im oben dargestellten Sinne, die ohne Vorliegen einer Gefahrensituation erfolgen, vom Zulassungserfordernis auszunehmen. Wenn denn beispielsweise Art. 87a Abs. 2 GG das Vorgehen von Bundeswehrsoldaten gegen eine bewaffnete, gewalttätige, unfriedliche und zudem nicht nach dem Versammlungsrecht angemeldeten Demonstration mit Kampfpanzern, Artillerie, Maschinenwaffen sowie Kampfflugzeugen und Kampfhubschraubern grundsätzlich ausschließen soll, so muß ein solches Vorgehen gegen eine in jeder Hinsicht unbewaffnete, gewaltfreie, friedliche und auch angemeldete Versammlung erst recht ausgeschlossen sein. Diese auf unzählige andere denkbare Beispiele innerstaatlicher Verwendungen der Streitkräfte übertragbare Überlegung verdeutlicht, daß die Gefahrensituation Grund der Zulassung der im Grundgesetz vorhandenen Streitkräfteeinsätze nach Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG und nicht Inhalt des Begriffs Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG ist. Zugleich wird auch die Frag-

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würdigkeit des Ergebnisses Bährs offensichtlich, welcher die Gefahrensituation in seine Einsatzdefinition aufnimmt.446

VII. Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen Auch wenn die vorstehenden, Art. 87a Abs. 2 GG auslegenden Ausführungen stringent und aus sich überzeugend sein sollten, soll doch eine möglichst knappe Auseinandersetzung mit anderen Sichtweisen des Begriffs Einsetzen stattfinden, um im einzelnen zu erläutern, warum diese abgelehnt bzw. für weniger zweckmäßig gehalten werden. Zugleich soll gezeigt werden, daß sich die hier gefundene Inhaltsbestimmung in jeder Hinsicht mit diesen anderen Auffassungen messen kann und gegenüber den von deren Vertretern vorgebrachten Argumenten konsistent ist. Es wird bei dieser Auseinandersetzung im Grundsatz nur auf die eingangs dargestellten Gruppen von Auffassungen eingegangen; einzelne Stimmen werden nur ausnahmsweise in Bezug genommen, wenn dies erforderlich scheint. Eine Gleichsetzung des Einsetzens von Streitkräften mit jeder Verwendung der Bundeswehr i. e. S. ist nach dem übereinstimmenden Ergebnis von genetischer, systematischer und teleologischer Auslegung ausgeschlossen. Das Kriterium des allgemeinen Gewaltverbots nach Art. 2 Ziff. 4 SVN wurde bereits zuvor als im Hinblick auf Verwendungen im Inneren wegen seines internationalen Bezuges nicht tauglich eingestuft. Das Kriterium der Bewaffnung erweist sich unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 2 GG, welche auf ein Verständnis als Mittel der vollziehenden Gewalt hinweist, der Systematik und der Normzwecke als zu eng. Da abgesehen vom Einsatz nach Art. 87a Abs. 4 GG bei allen vom Grundgesetz ausdrücklich zugelassenen Einsätzen die typische Form des Einsatzes eine Bewaffnung nicht voraussetzt, sondern im Gegenteil allein oder zumindest vor allem Regelungsbefugnisse und deren Ausübung den Charakter der Verwendung bestimmen, spricht insofern die Systematik gegen dieses Abgrenzungsmerkmal. Hinsichtlich der mit der Norm verfolgten Zwecke läßt sich feststellen, daß das vom verfassungsändernden Gesetzgeber als problematisch eingeschätzte Wirksamwerden des Machtpotentials der Bundeswehr i. e. S. in innerstaatlichen Konflikten bei einer Vielzahl von nicht notwendig bewaffneten Verwendungen der Streitkräfte eintritt, soweit diese unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich tätig werden.447 Gegenüber denjenigen Stimmen, die darauf abstellen, ob die Verwendungen von Bundeswehrsoldaten im Hinblick auf Mittel, Vorgehensweise und 446 447

Vgl. Fn. 321; auch E. Schemann, 57 f., erkennt dies. Ebenfalls in diesem Sinne P. Eichhorn, 172 f.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Zielsetzung spezifisch militärische Elemente aufweisen, ist zu erwidern, daß selbst bei unmittelbar obrigkeitlichem Handeln – also z. B. dem Einsatz gegenüber der zuvor exemplarisch angesprochenen Demonstration mit Schlagstöcken oder anderen Hiebwaffen – das Vorgehen hinsichtlich keiner der genannten drei Komponenten spezifisch militärische Elemente aufweist, jedoch unzweifelhaft das Machtpotential der Streitkräfte im innerstaatlichen Kräfteverhältnis wirksam werden läßt und nach der Zwecksetzung des Verfassungsgesetzgebers deshalb der ausdrücklichen Zulassung durch Verfassungsänderung vorbehalten werden soll. Die Untauglichkeit dieses Kriteriums wird bei Betrachtung von lediglich mittelbar obrigkeitlichen Verwendungen noch deutlicher, die in ihrer Vielseitigkeit das Kriterium des spezifisch Militärischen selten aufweisen werden, gleichwohl aber hohe innerstaatliche Machtrelevanz haben. Einen Einsatz bei jeder intentionellen Anwendung militärischer Gewalt zu sehen, welche als das physische Einwirken auf Menschen und Sachen durch die Streitkräfte mittels militärischer Hilfsmittel zum Zwecke der Durchsetzung einer Position verstanden wird, läßt ebenfalls den Bereich der mittelbar obrigkeitlichen Verwendung außer acht, dessen Einbeziehung durch die normzweckorientierte Auslegung geboten ist. Die sich sehr ähnlichen Kriterien der Verwendung als Instrument der Gewalt, zur staatlichen Gewaltausübung, zur Ausübung oder Unterstützung von Gewalt oder des Wirksamwerdens des Machtpotentials der Streitkräfte scheinen sehr stark in die hier vertretene Richtung zu gehen, auch wenn nicht immer ganz klar ist, was deren Vertreter tatsächlich meinen. Hier wird jedoch eine sehr weitgehende Übereinstimmung im Ergebnis und im Grundprinzip gesehen, wobei definitorisch ein Bedürfnis für Klarstellung gesehen wird, weshalb die hier vertretene Definition erarbeitet wurde. Zudem war keiner der Vertreter dieser Auffassungen in der Lage, sein Ergebnis methodisch herzuleiten. Das Abstellen auf die funktionsgerechte Verwendung einer Einheit im Rahmen einer militärischen Befehlsgewalt oder nach militärischen Führungsgrundsätzen greift genetisch („als Mittel der vollziehenden Gewalt“), systematisch und teleologisch zu kurz. Systematisch zeigt sich, daß die ausdrücklich zugelassenen Einsätze der Streitkräfte im Inneren selten die funktionsgerechte Verwendung von Bundeswehreinheiten vorsehen. Teleologisch wird die Erfassung einer Vielzahl von durch dieses Kriterium nicht unter den Einsatzbegriff zu subsumierenden Verwendungen verlangt. Eventuell wurde diese Definition unter Fokussierung auf Außeneinsätze entwickelt und dabei der Blick auf die innerstaatliche Problematik verloren. Daß jede Inanspruchnahme der Bundeswehr i. e. S. in politischen Krisen oder Konflikten ein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sein soll,

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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geht insofern in die richtige Richtung, als in diesen Situationen eine Verwendung des Potentials der Bundeswehr i. e. S. meist hinsichtlich des innerstaatlichen Kräfteverhältnisses Relevanz haben wird. Zudem bestanden die Sorgen des historischen Verfassungsgesetzgebers 1968 hinsichtlich der von einer Armee für den demokratischen Rechtsstaat ausgehenden Gefahren gerade in „Notzeiten jeglicher Art“.448 Dementsprechend hatte auch Art. 143 GG a. F. auch nur die Inanspruchnahme der Streitkräfte im Falle eines inneren Notstandes einem verfassungsändernden Gesetz vorbehalten. Gerade in Zeiten, die „nach dem geballten Einsatz“ aller hilfefähigen Kräfte rufen, sollte die Verwendung der Streitkräfte verfassungsrechtlich eindeutig geregelt sein.449 Jedoch ist nicht ganz klar, wie diese Auffassung mit der Situation umgehen will, daß ein Machthaber die Streitkräfte unabhängig von Krise oder Konflikt – im klassischen Sinne willkürlich – gegen Bürger verwendet. Ob dann die gewalttätige Verwendung ihrerseits das Merkmal des Konflikts auslöst, somit einen Einsatz schafft und Art. 87a Abs. 2 GG zur Anwendung kommen läßt, oder ob wegen des Fehlens von Krise oder Konflikt vor Beginn der Verwendung eine zulassungsfreie schlichte Verwendung gegeben ist, bleibt unklar. Zudem ist die Sachlage vorstellbar, daß zwar eine politische Krise oder ein Konflikt vorliegt, daß aber zeitgleich und in räumlicher Nähe eine im Hinblick auf die Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG unproblematische Verwendung der Streitkräfte – z. B. zum Füllen von Sandsäcken bei Hochwasser – sinnvoll wäre, die in bezug auf den Konflikt keine Bedeutung hat und insofern bei zielbezogener Auslegung nicht ausgeschlossen werden sollte. Soweit man eventuell angesichts der besonderen Sorge des historischen Verfassungsgesetzgebers 1956 und 1968 vor Mißbrauch der Streitkräfte davon ausgehen wollte, daß beim Bestehen innerer Krisen- oder Konfliktlagen die Streitkräfte schlechthin am Tätigwerden gehindert werden sollten, auch wenn die konkrete Verwendung überhaupt nicht im Zusammenhang mit der Krise stünde, kann nach über 45 Jahren Wohlverhaltens der Bundeswehr i. e. S. diese „Übervorsicht“ im Wege objektiv-teleologischer Auslegung wegen einer Veränderung der Normsituation aufgegeben werden. Die Anwendung militärischen Know-hows durch Soldaten für entscheidend zu halten, wird der Regelungsabsicht des verfassungsändernden Gesetzgebers nicht gerecht. Denn bei Anwendung dieses Kriteriums wäre die gänzlich unbewaffnete Verwendung einer großen Zahl von Soldaten, die gegenüber einer Menschenmenge mit schlichter körperlicher Gewalt oder einfachen Hiebwaffen, wie z. B. Schlagstöcken, vorgehen, kein Einsatz, weil dabei kein militärisches Know-how zur Anwendung kommt, wenn diese Soldaten, was die Regel ist, nicht im unbewaffneten Nahkampf oder im 448 449

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47. B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 47.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Kampf mit Hiebwaffen ausgebildet sind. Sollte allein die Ausbildung in allgemein-militärischem Funktionieren in militärischer Gliederung und unter militärischer Führung genügen, um nach diesem Kriterium ein Einsatz zu sein, so würde dann auch das Füllen von Sandsäcken bei Hochwasser ein Einsatz sein, weil auch hier das zuvor angesprochene spezielle Know-how zum Tragen kommt. Gleich wie man dieses Kriterium versteht, lassen sich im Hinblick auf die Normzwecke keine konsistenten Ergebnisse erzielen. Gegenüber Mössner ist einzuwenden, daß sein Kriterium hinsichtlich der Art der Verwendung – bewaffnet oder hoheitlich – zum einen Raum für Spekulationen läßt, da nicht klar ist, was mit hoheitlich gemeint ist, und zum anderen der Bereich der mittelbar obrigkeitlichen Verwendung von seinem Einsatzverständnis nicht erfaßt ist. Dies ist nach dem Ergebnis der hier durchgeführten teleologischen Auslegung bei Berücksichtigung der präzise ermittelten Normzwecke jedoch geboten. Zudem begegnet sein Situationskriterium von Verteidigung, Notstand oder Katastrophe ähnlichen Zweifeln wie sie zuvor geäußert wurden. Desweiteren ist eine weder unmittelbar noch mittelbar obrigkeitliche Verwendung von Soldaten zur Bekämpfung einer Katastrophe ohne ausdrückliche Zulassung in der Verfassung – also als schlichte Verwendung – nach der Regelungsabsicht des Verfassungsgesetzgebers zulässig, da sie von diesem nicht für problematisch erachtet wurde. Das Abgrenzungsmerkmal der ihrem unmittelbaren Zweck nach innenpolitisch nicht neutralen Verwendung kann in einer Weise verstanden werden, daß es mit der hier vertretenen Auffassung weitgehend übereinstimmt, und ist insofern akzeptabel.450 Dies setzt jedoch voraus, daß „innenpolitisch nicht neutral“ auf die innerstaatlichen Kräfteverhältnisse bezogen wird, so daß die insofern unproblematische Verwendung von Soldaten bei Staatsakten oder dem Empfang von Staatsgästen, die der historische Verfassungsgesetzgeber auch ausdrücklich nicht als Einsätze verstanden haben wollte, auch tatsächlich als schlichte Verwendung verstanden wird. Diese sind jedoch innenpolitisch im engeren Sinne nicht neutral, weil sie sich für beteiligte deutsche Politiker eventuell hinsichtlich deren Wahlchancen positiv auswirken können.451 Zweifelhaft ist auch die Einschränkung hinsichtlich des unmittelbaren Zwecks. Denn bei der mittelbar obrigkeitlichen Unterstützung der Streitkräfte gegenüber unmittelbar obrigkeitlich handelnden Dritten ist der unmittelbare Zweck meist innenpolitisch neutral und es ist allein der mittelbare Zweck, also das unmittelbar obrigkeitliche Vorgehen sonstiger Sicherheitskräfte gegenüber Bürgern, der diese Verwendungen proble450 Anders sieht dies W. Speth, 46, der dieses Kriterium bereits deshalb ablehnt, weil dieser „unbestimmte Rechtsbegriff“ einer gesicherten, allgemeingültigen Begriffsbestimmung ermangele. 451 Vgl. W. Grubert, 241; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3 b, 1476.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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matisch erscheinen läßt. Insofern war eine Fortentwicklung dieser Auffassung unter Berücksichtigung ihrer Grundgedanken sinnvoll. Warum Bährs Kriterium des Handelns zur Gefahrenabwehr aus teleologischen Gründen abzulehnen ist, wurde bereits dargestellt. Die Auffassung von Schultz, welcher als Einsatz die Inanspruchnahme der Bundeswehr i. e. S. zum Zwecke der Gefahrenabwehr durch exekutive Entscheidungsträger versteht, wobei sie entweder selbst aktiven Zwang gegen Dritte ausübt oder passiv die Ausübung von Zwang durch Dritte unterstützt oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Ausübung von Zwang als hoheitliche Maßnahme zu erwarten ist, krankt hinsichtlich des Kriteriums der Gefahrenabwehr an denselben Sinnwidrigkeiten. Im übrigen scheint diese Definition in eine im wesentlichen ähnliche Richtung zu zielen wie die hier entwickelte, wenn man in die Ausübung von Zwang auch das regelnde Handeln einbezieht. Schultz’ Gedanken sind deshalb in die Überlegungen dieser Arbeit teilweise eingeflossen. Hinsichtlich der in der Rechtswissenschaft vorherrschenden Auffassung, die auf den hoheitlichen Charakter der Verwendung und die Eigenschaft als Mittel der vollziehenden Gewalt abstellt, ist festzustellen, daß dieser Auffassung weitgehend zuzustimmen ist. Einige ihrer Vertreter, die hoheitlich sehr weit verstehen und nicht auf Befugnisse zu Regelung und Zwangsausübung und deren Anwendung abstellen, verkennen die Absicht des historischen Gesetzgebers und die Konsequenzen gebotener gemischt objektivsubjektiv teleologischer Auslegung. Insgesamt greifen diese Auffassungen jedoch trotz der guten Ansätze meist zu kurz, da sie den Bereich der mittelbar obrigkeitlichen Verwendungen, bei denen die Streitkräfte in schlicht-hoheitlicher Form unmittelbar obrigkeitliches Handeln Dritter unterstützen und somit ihr Machtpotential innerstaatlich Relevanz erlangt, als schlichte Verwendungen ansehen. Deren Einbeziehung in den Einsatzbegriff ist jedoch bei präziser Ermittlung der von Art. 87a Abs. 2 GG verfolgten Zwecke, deren Bewertung und Gewichtung sowie einer konsequenten Auslegung unter Berücksichtigung dieser Zwecke geboten. Die in der bundesrepublikanischen Staatspraxis ab dem Ende der achtziger Jahre sich durchsetzende Auffassung, ein Einsatz sei die Verwendung der Streitkräfte zur Ausübung oder Unterstützung von Gewalt zur Durchsetzung einer Position, die in der Folge nach politischer Opportunität „geknetet“ wurde, kann so verstanden werden, daß sie ziemlich genau der hier entwickelten Inhaltsbestimmung entspricht. Diese Grundposition wird somit bestätigt, auch wenn die vielen Modifikationen, die situationsbezogen zu verschiedenen Zeitpunkten unternommen wurden, diesen Ausgangspunkt der deutschen Staatspraxis am Beginn der Entwicklung, die zur gegenwärtigen Situation in der Rechtswissenschaft hinsichtlich Auslandseinsätzen der Bundeswehr i. e. S. führte, zeitweilig vergessen ließen.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Die vorstehenden Ausführungen, die sich bewußt nicht mit jeder minimal von anderen Auffassungen abweichenden Stimme befassen, haben verdeutlicht, daß der hier vertretene Standpunkt in der Lage ist, seine Überlegenheit gegenüber allen anderen Definitionsversuchen auch in der unmittelbaren Gegenüberstellung zu beweisen. Es ist zudem gezeigt geworden, daß keine andere Definition in jeder Hinsicht in der Lage ist, in derselben Weise der Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 2 GG, der Systematik der Verfassung und den vom verfassungsändernden Gesetzgeber mit dieser Norm verfolgten Zielen gerecht zu werden. Die hier gewählte Begriffsbestimmung ist deshalb sowohl im Sinne eines Strebens nach möglichst norm- und sachgerechter Auslegung erforderlich als auch nicht nur von der Formulierung her, sondern auch inhaltlich „neu“ und somit sinnvoll.

VIII. Auslegungsergebnis Die Auslegung des Begriffs Einsetzen in Art. 87a Abs. 2 GG unter Berücksichtigung anderer Auffassungen hierzu hat nach alledem zum Ergebnis, daß ein Einsatz in diesem Sinne eine Verwendung der Streitkräfte ist, bei der diese unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich verwendet werden. Eine unmittelbar obrigkeitliche Verwendung liegt vor, wenn die Streitkräfte mit der rechtlichen Befugnis oder dem militärischen Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung gegenüber Personen außerhalb der Streitkräfte ausgestattet sind oder diese Befugnis oder den Auftrag tatsächlich ausführen. Eine mittelbar obrigkeitliche Verwendung liegt vor, wenn die Streitkräfte ein Vorgehen Dritter, welches sich durch die rechtliche Befugnis oder den Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung oder deren Durchführung auszeichnet – also unmittelbar obrigkeitlich ist –, in einer Weise unterstützen, die ihrerseits nicht unmittelbar obrigkeitlich ist. Hervorzuheben ist an dieser Stelle nochmals, daß diese Begriffsbestimmung entsprechend dem Blickwinkel dieser Arbeit nur Relevanz für Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Inneren der Bundesrepublik hat. Dies schließt nicht aus, daß sie auch für Auslandsverwendungen gilt. Diese Frage wird hier offengelassen. Der Gedanke, daß die Verfassungsauslegung darauf angewiesen ist, das Einverständnis und die Akzeptanz der Bevölkerung zu erreichen, was mit der Bereitschaft der Menschen zur Identifikation steht und fällt,452 wird für zutreffend gehalten und deshalb hier berücksichtigt. Ein auf die Verfassung bezogenes Auslegungsergebnis muß insofern mehr noch als bei anderen 452

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 141 f.

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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Rechtsnormen nachvollziehbar und schlüssig bleiben. Zu fragen ist deshalb, ob dem „Normalbürger“ eine getroffene Differenzierung in bezug auf das praktische Ergebnis verständlich zu machen ist.453 Die hier getroffene Differenzierung zwischen Einsätzen und schlichten Verwendungen wirft insofern keine besonderen Probleme auf. Zwar handelt es sich um eine Begriffsbestimmung, deren Erfassung eine gewisse „Anspannung“ der intellektuellen Kapazitäten erfordert und deren Anwendung auf einen Einzelfall gelegentlich präzise Analyse und auch intensives Nachdenken notwendig werden lassen mag. Jedoch gehen diese Schwierigkeiten nicht über diejenigen hinaus, die die meisten juristischen Definitionen für den rechtlichen Laien aufwerfen. Es wird insbesondere davon ausgegangen, daß das hier entwickelte Verständnis von Einsetzen für den Durchschnittsbürger weniger Fragen aufwirft, als die in der deutschen Staatspraxis und dadurch in der öffentlichen politischen Diskussion über Einsätze der Bundeswehr i. e. S. in den vergangenen 15 Jahren benutzten Bedeutungsvarianten es getan haben, die mehr Verwirrung gestiftet als Klärung herbeigeführt haben.

IX. Anwendung auf die Problemsituationen Nachdem die genaue Bedeutung des Einsetzens im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG für innerstaatliche Verwendungen erarbeitet worden ist, sollen diese Erkenntnisse auf die Verwendungen, mit denen sich diese Arbeit befaßt, angewendet werden. 1. Großveranstaltungen a) Zur-Verfügung-Stellen von manpower und Gerät zu rein tatsächlichen Arbeits- und Dienstleistungen in der Vorbereitungsphase Hinsichtlich der Großveranstaltungen, die politisch, sportlich oder in anderer Weise gesellschaftlich besonders wichtig sind und deshalb in besonderer Weise intensiver Vorbereitung und aufwendiger, die Durchführung begleitender Maßnahmen bedürfen, ist eine Verwendung von Bundeswehrsoldaten zunächst in Form der Nutzung der personellen Ressourcen der Streitkräfte – der schlichten manpower – für eine Vielzahl von organisatorischen, logistischen und technischen Arbeits- und Dienstleistungen denkbar. Sowohl Kräfte der Pioniertruppe und andere hierfür besonders qualifizierte Soldaten sowie auch hierfür nicht speziell ausgebildete Soldaten könnten in der Vorbereitung einer solchen Großveranstaltung bei der Erschließung der dafür vorgesehenen Gelände (für Erdarbeiten usw.) und bei der Errichtung 453

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 141 f.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

der für die Großveranstaltung vorgesehenen Bauwerke verwendet werden. Zudem kann erwogen werden, daß Truppenteile der Bundeswehr i. e. S., die über Transportraum in irgendeiner Form verfügen, andere Kräfte, die die unmittelbar auszuführenden Arbeiten durchführen, durch den Transport von notwendigem Material unterstützen. Bei all diesen Tätigkeiten ist es zudem denkbar, daß Bundeswehrkräfte nicht selbst tätig werden, sondern daß sie Dritten spezielles Gerät für die Erschließung von Gelände (Spezialfahrzeuge für Erdarbeiten etc.) oder für Bautätigkeiten sowie Fahrzeuge für den Materialtransport zur Nutzung überlassen, die diese Kräfte dann mit eigenem Personal nutzen. Bei allen diesen Verwendungen werden die Streitkräfte nicht unmittelbar obrigkeitlich tätig und die Tätigkeiten Dritter, die sie unterstützen, sind ihrerseits ebenfalls nicht unmittelbar obrigkeitlich. Es handelt sich somit nicht um Einsätze. b) Tätigkeiten in der Ausführungsphase mit geringem Gewaltpotential In der Phase der Durchführung ist für die Nutzung der manpower der Bundeswehr i. e. S. eine solche Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten denkbar, daß eine erschöpfende Behandlung illusorisch ist. Es wird versucht werden, exemplarische Verwendungen, welche typisch und mit hohem Erkenntniswert versehen sind, auszuwählen und zu behandeln. Soldaten aus dem Verpflegungsbereich könnten während einer Großveranstaltung z. B. für die Verköstigung von Teilnehmern auf einem politischen oder wirtschaftlich ausgerichteten Gipfeltreffen oder bei einer sportlichen Großveranstaltung für die Bewirtschaftung von Kantinen und Cafeterien oder die Versorgung von der allgemeinen Besucherschaft dienenden Lebensmittelständen verwendet werden. Es ist denkbar, Soldaten, die in Kantinen, Speisesälen und den Kasinos für Offiziere oder Unteroffiziere für die Bedienung zuständig sind, in den zuvor angesprochenen Bereichen bei Großveranstaltungen als Servicekräfte zu verwenden. Erwägenswert ist, Soldaten in der „Ablauforganisation“ als Garderobenpersonal Kleidungsstücke entgegennehmen und ausgeben zu lassen, sie als „Einweiser“ oder „Absperrposten“ auf Anfahrtswegen, im Zufahrtsbereich oder auf Parkplätzen oder in Parkhäusern Verkehrsströme beeinflussen oder als „Türsteher“ am Einlaß Eintrittskarten kontrollieren oder Personenkontrollen durchführen zu lassen. Bei den Tätigkeiten als Absperrposten und Kontrollperson am Einlaß ist eine Bewaffnung denkbar. Die Tätigkeit z. B. als Koch im Verpflegungsbereich von Großveranstaltungen sowie im entsprechenden Service und auch diejenige als Garderobenpersonal ist mangels unmittelbarer oder mittelbarer Obrigkeitlichkeit

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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kein Einsatz. Bei der Kontrollperson am Einlaß, die auch Personenkontrollen in Form der Durchsuchung nach Waffen und anderen verbotenen Gegenständen durchführt, ist eine unmittelbar obrigkeitliche Komponente enthalten, da beim Auffinden solcher Gegenstände zumindest der Eintritt verwehrt wird und dies gegebenenfalls auch mit Zwang durchgesetzt wird, eventuell aber auch ein Festhalten zur Personenfeststellung oder ähnlicher Maßnahmen in Betracht kommt. Dies ist somit ein Einsatz. Auch der insofern auf den ersten Blick unproblematisch erscheinende „Kartenabreißer“ bedarf genauerer Untersuchung. Ist es seine Aufgabe, eine Person ohne gültige Zutrittsberechtigung abzuweisen und dies gegebenenfalls mit Zwang durchzusetzen, so handelt er unmittelbar obrigkeitlich. Nur wenn sein Auftrag es ausdrücklich ausschließt, einer solchen Person den Zutritt zu verweigern und dies einem anderen Angehörigen der Sicherheitskräfte überlassen ist, wäre dies nicht unmittelbar obrigkeitlich und eventuell kein Einsatz. Jedoch unterstützt dieser Soldat das unmittelbar obrigkeitliche Handeln des anderen Angehörigen der Sicherheitskräfte, indem er die Personen ohne Zutrittsberechtigung feststellt, und handelt somit mittelbar obrigkeitlich. Selbst diese Tätigkeit wäre somit ein Einsatz. Bei der Bewertung von Einweiser und Absperrposten ist eine genaue Differenzierung notwendig. Wird der einweisende Soldat nur wie ein gewöhnlicher ziviler Einweiser bei einer solchen Veranstaltung tätig, welcher keine für den Bürger bindenden Regelungen trifft und weder hierzu noch zu Zwangsausübung befugt ist oder einen entsprechenden Auftrag hat, so könnte man davon ausgehen, daß mangels obrigkeitlichem Handeln eine schlichte Verwendung vorliegt. Gibt jedoch ein uniformierter Soldat einem Bürger Hand- oder sonstige Zeichen, so wird der Betroffene diese stets als Regelungen in Form von Ge- oder Verboten verstehen, auch wenn der Soldat diesbezüglich weder Befugnisse noch Auftrag oder Absicht hat. Da im öffentlichen Recht bei der Frage, ob eine Regelung oder eine andere Handlungsform vorliegt, stets der Empfängerhorizont maßgeblich ist, ist hier von einer Regelung und somit unabhängig von Auftrag, Befugnis oder Absicht von unmittelbar obrigkeitlichem Handeln auszugehen. Eine „schlichte“ Einweisertätigkeit existiert somit nicht, sondern der Soldat als Einweiser ist, unabhängig davon, ob er wirklich zur Verkehrsregelung und eventueller zwangsweiser Durchsetzung seiner Ge- und Verbote befugt oder beauftragt ist oder einen entsprechenden Willen hat, stets im Einsatz. Der Verkehrs- oder Absperrposten, der tatsächlich den Verkehr regelt oder etwas absperrt, trifft Regelungen und ist zu deren eventueller zwangsweiser Durchsetzung regelmäßig befugt oder beauftragt, da Regelungen ansonsten keinen Sinn ergeben. Er handelt somit unmittelbar obrigkeitlich, unabhängig davon ob sein Auftrag Regelung oder Zwangsausübung umfaßt. Auch hier liegt damit ein Einsatz vor.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

c) Tätigkeiten zur Absicherung Auch neben den Tätigkeiten als Absperrposten und Kontrollperson am Einlaß können Verwendungen von Soldaten allgemein in der Absicherung von Großveranstaltungen sinnvoll sein. Sie können uniformiert oder „in Zivil“ als Eskorte oder Bodyguards wichtiger Personen verwendet werden, wofür besonders ausgebildete Soldaten aus Spezialeinheiten wie dem Kommando Spezialkräfte besonders geeignet erscheinen. Da bei sportlichen Großveranstaltungen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern verschiedener sportlicher Wettbewerber (Fans oder Hooligans) häufig gewalttätig ausgetragen werden und somit Sicherheitskräfte zur Verhinderung solcher gewalttätiger Konflikte oder zu deren Beendigung notwendig sind, könnte man Soldaten der Bundeswehr i. e. S. aus verschiedensten Truppenteilen mit verschiedenster Ausrüstung und Bewaffnung, insbesondere die militärpolizeiliche Funktionen wahrnehmenden Feldjäger und andere im Nahkampf ausgebildete Soldaten, hierzu verwenden. Es ist bedenkenswert, sie dabei, allein oder in Zusammenarbeit mit Polizeikräften, zur tatsächlichen Beendigung solcher Auseinandersetzungen von Anhängergruppen oder von bei sportlichen Veranstaltungen als Ventil für die Frustration der Anhänger eines verlierenden Wettbewerbers vorkommenden Gewalttätigkeiten gegen Sachen zu verwenden. Auch kann man erwägen, sie wiederum allein oder in Zusammenarbeit mit Polizeikräften als Eingreifgruppe für solche Fälle bereitzuhalten oder sie als jederzeit bereite Ordnungskräfte, deren Präsenz bereits abschreckende und Ausschreitungen verhindernde Wirkung haben kann, auf dem Veranstaltungsgelände und um dieses herum als show of force anwesend zu haben, die sich für notwendiges Eingreifen bereithalten. Traditionell bei politischen Gipfeltreffen (z. B. dem Besuch des Schah von Persien in der Bundesrepublik in den 70er Jahren) und in jüngerer Zeit in außergewöhnlich heftiger Form bei wirtschaftlichen und politischen Gipfeltreffen (z. B. G-8-Gipfel, Weltwirtschaftsgipfel, EU-Gipfel) treten teils umfangreiche und gewalttätige Gruppen von Gegnern der Gipfelteilnehmer oder der von ihnen verfolgten Ziele auf und beteiligen sich an gewalttätigen Ausschreitungen. Jüngst haben insbesondere die „Globalisierungsgegner“ im US-amerikanischen Seattle, in Köln oder – sogar mit tödlichen Folgen – im italienischen Genua von sich reden gemacht. Hinsichtlich dieser Situationen ist zunächst eine Abschirmung der Großveranstaltungen und der beteiligten Personen sowie der Ermöglichung ihres Zugangs zu den Veranstaltungen notwendig, indem Anfahrtswege und das Veranstaltungsgelände durch gesicherte Absperrungen von solchen Personen frei gehalten werden. Sollten solche Personen Absperrungen überwinden können, so sind sie zu ergreifen und zu entfernen, wobei eine Gefährdung von Veranstaltung und Teilnehmern zu verhindern ist. Bei gewalttätigen Angriffen solcher Personen gegen Unbeteiligte, Teilnehmer der Veranstaltungen oder Sicherheits-

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kräfte sind diese zu schützen und es ist sowohl eine Sicherung der Absperrmaßnahmen gegen angriffsartiges Vorgehen der Störer vorzunehmen als auch die Störer unmittelbar an weiterer Gewaltausübung zu hindern und gegebenenfalls festzunehmen. Sowohl im Hinblick auf Ausschreitungen bei sportlichen Großveranstaltungen als auch im Hinblick auf Auseinandersetzungen mit gewaltbereiten Gruppen bei politischen oder wirtschaftlichen Großveranstaltungen ist es zudem denkbar, daß Soldaten der Bundeswehr i. e. S. die unmittelbar handelnden Sicherheitskräfte nur unterstützen, ohne selbst in die Auseinandersetzungen einzugreifen. Bei den meisten zuvor angesprochenen Verwendungen gegenüber Gefahren, die von Fans oder Hooligans sowie von Globalisierungsgegnern oder sonstigen gewaltbereiten Kritikern der an politischen oder wirtschaftlichen Großveranstaltungen beteiligten Personen oder den dort behandelten Themen ausgehen, handeln die Streitkräfte unmittelbar obrigkeitlich, indem sie regelnd oder zwangsausübend tätig werden bzw. ihr Auftrag dahin geht oder sie entsprechende Befugnisse innehaben. Die übrigen angesprochenen diesbezüglichen Verwendungen haben sämtlich die Unterstützung anderer Sicherheitskräfte bei deren unmittelbar obrigkeitlichem Vorgehen gegenüber den angesprochenen Gefahren zum Inhalt und sind somit mittelbar obrigkeitlich. Alle vorstehend dargestellten Verwendungen als Eingreifgruppe, im Personenschutz, beim show of force in Form von Präsenz auf dem Gelände, bei der Abschirmung von Veranstaltungen gegenüber Gegnern, beim Ergreifen und Entfernen von über Absperrungen hinaus vorgedrungenen Veranstaltungsgegnern sowie bei der Verteidigung von Absperrungen der Veranstaltungen gegen Angriffe von Veranstaltungsgegnern sind somit sämtlich Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG. d) Show of force ohne Auftrag zur Gewaltanwendung Bei allen im vorstehenden Abschnitt aufgeführten Verwendungen der Streitkräfte bei sportlichen Großveranstaltungen oder politischen und wirtschaftlichen Gipfeltreffen ist eine Verwendung der Streitkräfte mit der Methode des show of force denkbar, bei der die Soldaten in militärischem Outfit – jedenfalls uniformiert, gegebenenfalls mit ergänzenden Ausrüstungsgegenständen ausgestattet oder bewaffnet – auftreten, die Präsenz von Ordnungskräften deutlich machen und so für jede Art von unfriedlichem Verhalten oder Ausschreitungen eine abschreckende Wirkung ausüben. Wenn ein ausdrücklicher Auftrag zur Gewaltanwendung fehlt, könnte man diese Verwendung als schlichte Verwendung bewerten, wenn die Soldaten sich an diese Begrenzung ihres Auftrags tatsächlich halten. Jedoch ist zu beachten, daß die disziplinierende und abschreckende Wirkung dieser Mili-

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tärpräsenz grundsätzlich beim show of force beabsichtigt und somit vom Auftrag umfaßt ist. Es ist jedoch in gewissen Situationen auch denkbar, daß diese Wirkung nicht einmal beabsichtigt ist und somit auch nicht vom Auftrag umfaßt ist, sondern daß der Entscheidungsträger über die Streitkräfteverwendung insofern ohne eine diesbezügliche Absicht – also gutgläubig – handelt. Aus den oben angestellten Überlegungen hinsichtlich der Bewertung einer Verwendung von Soldaten, die weder Befugnisse noch Auftrag zu regelnder Tätigkeit oder Zwangsausübung haben, deren Verhalten sich jedoch für den Bürger außerhalb der Streitkräfte als regelnd darstellt, lassen sich insofern weitergehende Erkenntnisse ableiten. Bei genauer Analyse der Situation des Soldaten, welcher zu regelnder Tätigkeit weder Befugnis noch Auftrag hat und auch überhaupt nicht regelnd tätig werden will, wobei sich sein Verhalten aus Bürgersicht jedoch als regelnd darstellt, wird erkennbar, daß die Sicht des mit einer Verwendung als tatsächlicher Adressat konfrontierten Bürgers außerhalb der Streitkräfte nicht ohne Bedeutung ist. Denn eine Regelung wird angenommen, wenn sich ein Verhalten aus objektivierter Adressatensicht als Regelung darstellt, weil es für die Willensbeeinflussung des Bürgers keine Rolle spielt, ob ein Staatsbediensteter ihm gegenüber zur Regelung befugt ist, ob er regeln will oder ob sich dies nur aus Adressatensicht so darstellt. Im Gegenteil kommt es nur darauf an, ob dies als Regelung verstanden wird, da der Bürger eventuell schon allein deshalb sein Verhalten entsprechend einrichtet. In gleicher Weise kann eine willensbeeinflussende Wirkung gegenüber dem Bürger auch durch eine Streitkräfteverwendung erzeugt werden, bei der weder die Befugnis oder der Auftrag zur Gewaltanwendung besteht, noch Gewalt tatsächlich angewendet wird. In gewissen Situationen kann bei einem Verhalten von Soldaten – bewaffnet oder unbewaffnet – der Eindruck entstehen, sie hätten den Auftrag zu eventueller Gewaltanwendung, auch wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist. So ist es durchaus denkbar, daß man bei Großveranstaltungen militärisch ausgerüstete und bewaffnete Gruppen von Soldaten zu Streifen- und Patrouillentätigkeit auf dem und um das Veranstaltungsgelände herum einsetzt, wobei deren Auftrag ausdrücklich nicht die Gewaltanwendung umfaßt. Aus Sicht der Anwesenden ist jedoch kein anderer Schluß möglich, als derjenige, daß diese Soldaten dort als Ordnungskräfte eingesetzt sind und zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Durchsetzung ihrer Anordnungen oder zu sonstiger Sicherung ihrer Auftragserfüllung notfalls Gewalt und eben auch Waffengewalt anwenden werden. Dieses Wissen hat für den betroffenen Bürger eine willensbeeinflussende Wirkung, ohne daß der Wille zwingend gebeugt wird, weil man sich ja auch im Wissen um potentielle Gewaltanwendung zu unfriedlichem Verhalten entscheiden kann. Gleichwohl hat dieses Verhalten eine Auswirkung auf die Willensentscheidung und stellt somit faktisch zwar nicht die Anwendung physischer Gewalt,

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aber die Ausübung von Zwang dar. In einer solchen Situation hat Militärpräsenz deshalb aufgrund des Eindrucks, der bei den Anwesenden erzeugt wird, bereits einen Einfluß auf die innerstaatlichen Kräfteverhältnisse, da die mit der Verwendung konfrontierten Bürger glauben, die Streitkräfte stünden an der Seite der nicht-militärischen Sicherheitskräfte. Somit hat in gewissen Situationen auch eine Verwendung der Streitkräfte, bei der durch den Auftrag regelnde Tätigkeit oder Zwangsausübung ausdrücklich ausgeschlossen ist, die Wirkung faktischer Zwangsausübung, wenn die betroffenen Bürger dies so empfinden müssen. Daraus ergibt sich, daß die Berücksichtigung der Normzwecke des Art. 87a Abs. 2 GG es erfordert, daß eine solche für die innerstaatlichen Kräfteverhältnisse relevante Nutzung des Machtpotentials der Bundeswehr i. e. S. vom Einsatzbegriff erfaßt und damit dem Verfassungsvorbehalt unterworfen werden muß. Dies ist unter Beibehaltung der gefundenen Definition für den Begriff Einsetzen möglich, da bereits festgestellt wurde, daß die Frage, ob Soldaten in regelnder Form tätig werden, aus Sicht der Adressaten zu beurteilen ist. Nach allgemeinen Grundsätzen ist dabei nicht die konkret-subjektive Sicht einzelner Adressaten relevant, sondern es ist auf einen objektivierten Empfängerhorizont abzustellen, der das Verständnis eines verständigen Durchschnittsempfängers zum Maßstab macht, weil es nicht praktikabel ist, das Verhalten eines Staatsbediensteten gegenüber einer Vielzahl von Betroffenen jeweils anders zu verstehen, abhängig davon, über welche intellektuellen Fähigkeiten, welches Fachwissen, welches Vorwissen, welchen Bildungsgrad oder welche sonstigen psychischen Eigenschaften der jeweilige Betroffene verfügt. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Verwendung von Streitkräften unter Ausschluß von Gewaltanwendung in ihrem Auftrag, welche jedoch bei Betroffenen außerhalb der Streitkräfte den Eindruck erweckt, es liege ein Auftrag mit Option zur Gewaltanwendung vor. Denn die Einsatzdefinition stellt ja nicht auf Befugnis oder Auftrag zur Gewaltanwendung oder die Gewaltanwendung selbst ab, sondern es ist in ihr von Befugnis oder Auftrag zu Zwangsausübung oder der Zwangsausübung selbst die Rede. Nach den vorstehenden Ausführungen wird durch eine solche Streitkräfteverwendung – möglicherweise unbeabsichtigt, jedoch faktisch nichtsdestotrotz – psychischer Zwang ausgeübt. So wie der strafrechtliche Gewaltbegriff sowohl physischen wie auch psychischen Zwang umfaßt, so muß dies aufgrund der Ausrichtung auf die Relevanz für innerstaatliche Kräfteverhältnisse hier ebenfalls gelten. Denn für eine exemplarische gewerkschaftliche Demonstration aus politischem Anlaß, z. B. der Unzufriedenheit mit aktueller Tätigkeit der Regierung, macht es keinen Unterschied, ob die ihr gegenüber stehende militärische Streitmacht im Regierungsviertel, welche militärisch bewaffnet und auch ansonsten nicht friedlich wirkt, den Auftrag zur Gewalt-

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anwendung hat oder nicht. Da dies nicht erkennbar ist, muß der Betroffene – schon aus Gründen der Vorsicht – im Zweifel davon ausgehen, daß die Soldaten auch gewaltsam vorgehen werden. Da nicht auszuschließen ist, daß in einem solchen Fall diejenigen, die mit einer solchen Streitkräfteverwendung konfrontiert werden, aufgrund der psychischen Zwangswirkung ihr Verhalten abweichend von ihrer vorherigen Absicht gestalten, ist eine eindeutige Relevanz einer solchen Verwendung für die innerstaatlichen Kräfteverhältnisse gegeben. Der Normzweck fordert somit die Einstufung als Einsatz. Dies läßt sich auch mit der Definition vereinbaren, da das Kriterium der zwangsausübenden Verwendung neben der Verwendung, bei welcher tatsächlich körperliche Gewalt ausgeübt wird oder derjenigen, bei welcher die Ausübung psychischen Zwanges beabsichtigt und vom Auftrag umfaßt ist, auch die Verwendung abdeckt, welche rein tatsächlich eine psychische Zwangswirkung auf betroffene Bürger außerhalb der Streitkräfte ausübt. Aus alledem folgt, daß eine ausdrücklich als show of force angeordnete Verwendung der Streitkräfte, welche somit die abschreckende Wirkung und folglich die Ausübung psychischen Zwanges beabsichtigt, eine zwangsausübende Verwendung ist, welche als unmittelbar obrigkeitlich als Einsatz unter den Verfassungsvorbehalt fällt. Eine Verwendung bei Großveranstaltungen, deren Auftrag psychische Zwangswirkung nicht beinhaltet, welche aber gleichwohl aufgrund der Art der Verwendung und der tatsächlichen Situation, in welcher diese stattfindet, psychischen Zwang auf betroffene Bürger aus Sicht eines verständigen durchschnittlichen Angehörigen des Kreises der Betroffenen ausübt, ist ebenfalls als zwangsausübend einzustufen und wegen unmittelbar obrigkeitlichen Charakters ein Einsatz. Daß auf einen durchschnittlichen Angehörigen des Betroffenenkreises abgestellt wird, stellt sicher, daß die faktische psychische Zwangswirkung einer Streitkräfteverwendung sachgerecht bewertet wird, da verschiedene Bevölkerungsgruppen gewisses Verhalten teils auf verschiedene Weise deuten. Eine Gruppe von Professoren der Rechtswissenschaft wird ein polizeiliches Verhalten meist ganz anders aufnehmen und verstehen als eine Gruppe frustrierter und alkoholisierter aggressiver Hooligans. e) Verwendung militärischer Führer bei Vorbereitung und Durchführung Neben den zuvor angesprochenen Verwendungen von Bundeswehrsoldaten als manpower und zur Absicherung dieser Großveranstaltungen existiert ein weiterer wichtiger Bereich, in welchem das Potential der Streitkräfte zur Anwendung kommen kann: Der Bereich der Führung. Denken könnte

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man an eine Nutzung der Führungsorganisation der Streitkräfte auf all ihren Hierarchieebenen als Spezialisten für Planung und Durchführung größerer Operationen mit ihrer speziellen Ausbildung, ihrer Erfahrung und den analytischen und organisatorischen Fähigkeiten der militärischen Führer. Diese Fähigkeiten können zum einen für die konzeptionelle Planung der Durchführung von Großveranstaltungen ausgesprochen nützlich sein. Zum anderen sind diese auch in der Durchführungsphase vielfältig verwendbar. Hinsichtlich beider Phasen können die Streitkräfte für Dritte auf die Weise sinnvoll tätig werden, daß sie ihre gesamten für Planung und Durchführung einer Großveranstaltung relevanten Fähigkeiten den Trägern von Planung und Durchführung in beratender Weise zugänglich machen, ohne dann tatsächlich bei Planung oder Durchführung beteiligt zu sein. Auf einer zweiten Stufe können Führungskräfte der Streitkräfte tatsächlich in die Planung einer solchen Großveranstaltung eingebunden werden und in einem Planungsstab bzw. -team eine Funktion neben zivilen Planern ausfüllen. Auf dritter und intensivster Stufe könnten militärische Führer in der Phase der Durchführung einer solchen Großveranstaltung – also sowohl bei der tatsächlichen Vorbereitung durch Bautätigkeiten, Organisation etc. als auch während der Veranstaltung selbst – Leitungsfunktionen wahrnehmen und zum einen die bei der Veranstaltung verwendeten Soldaten und zum anderen sonstige Kräfte führen. Die vorstehend aufgeführten Tätigkeiten militärischer Führer lassen sich nach den oben entwickelten Kriterien für einen Einsatz unter Berücksichtigung bisher behandelter exemplarischer Tätigkeiten nicht ohne weiteres einordnen. Bei keiner der hier aufgeführten Tätigkeiten werden Soldaten selbst nach außen regelnd tätig oder üben Zwang gegenüber dem Bürger aus. Jedoch handelt es sich auf jeden Fall um eine Unterstützung der Tätigkeit Dritter, die – abhängig von der Qualität der Tätigkeit dieser dritten Personen – eventuell mittelbar obrigkeitliche Qualität haben könnte. Es bedarf genauer Untersuchung und gegebenenfalls einer Differenzierung der zuvor gewonnenen Begriffsbestimmung des Einsetzen, um die Einordnung dieser Verwendungen hinsichtlich Art. 87a Abs. 2 GG vornehmen zu können.

aa) Führung von unmittelbar obrigkeitlich handelnden Kräften Da es sich bei allen hier in Rede stehenden Tätigkeiten um leitende Tätigkeiten handelt, soll zunächst erörtert werden, wie das Handeln von Soldaten, die Führungsaufgaben hinsichtlich unmittelbar obrigkeitlichem Verhalten von Soldaten wahrnehmen, im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG zu bewerten ist. Hierbei ist sich zu vergegenwärtigen, daß festgestellt wurde, daß das Einsetzen der Streitkräfte sich in drei Teilakte gliedern läßt: 1. die Entscheidung, Streitkräfte einzusetzen; 2. der Befehl zum Ein-

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satz; 3. die praktische Durchführung des Einsatzes.454 Wenn man sich einmal unbestritten unmittelbar obrigkeitliches Verhalten, wie die Verwendung einer viele hundert Soldaten starken Kampfgruppe mit vollautomatischen Waffen und leichtgepanzerten Fahrzeugen zur Auflösung einer politischen Demonstration mit der Möglichkeit des Gebrauchs aller verfügbaren Waffen, vor Augen führt, so erhellt dies, daß der Verfassungsvorbehalt für einen solchen Einsatz nicht nur das Verhalten der unmittelbar regelnden, Gewalt androhenden oder gewaltanwendenden Soldaten am Ort des Geschehens erfaßt, sondern daß die Entscheidung, die Soldaten in dieser konkreten Art und Weise zu verwenden, die das zuständige Verfassungsorgan trifft, dem Verfassungsvorbehalt ebenfalls unterliegt. Denn die Verfassung bindet zwar jegliche Staatsgewalt und damit jeden „Staatsdiener“ und auch jeden Soldaten – auch den Feldjäger, den Panzergrenadier oder den Fernspäher, der gegen eine Demonstration mit Waffengewalt vorgehen soll. Aber, abgesehen von der Frage, wieweit sich diese einfachen Soldaten im Detail trotz ihrer staatsbürgerlichen Bildung im Wehrdienst über Fragen der Zulässigkeit innerstaatlicher Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Klaren sind, bindet der Verfassungsvorbehalt natürlich in ganz besonderer Weise Staats- und Verfassungsorgane. Eine Lesart des Art. 87a Abs. 2 GG, die den Gewalt anwendenden Panzergrenadier verbietet, die Einsatzentscheidung z. B. des BMVg jedoch im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG zulässig sein läßt und diese allein „schlicht rechtswidrig“ sein läßt, weil ihr Inhalt, wenn sie ausgeführt wird, verfassungswidrig ist, ist mit der besonderen Verfassungsbindung und Verantwortung von Staatsorganen nicht vereinbar. Hieraus folgt, daß die Entscheidung über eine Verwendung, die sich bei ihrer Umsetzung als Einsatz darstellt, ihrerseits ein Einsetzen der Streitkräfte ist. Wenn nun hinsichtlich der konkret zu untersuchenden Verwendungen bei Großveranstaltungen Verwendungen von Bundeswehrsoldaten in Betracht gezogen werden, die nach den bereits erfolgten Untersuchungen Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sind, die über eine Verwendung auf höchster Ebene entscheidende Instanz455 entscheidet, daß diese Verwendungen durchgeführt werden sollen, so ist dies ein Einsatz. Sind die Verwendungen, für die das entscheidende Organ sich entscheidet, nicht obrigkeitlich, so ist diese Entscheidung kein Einsatz. 454 H. M. Parche, 22 f., der den 1. Teilakt nochmals in 3 Teilakte unterteilt, die in der Praxis meist zusammenfallen werden: a) Tatbestandsfeststellung (Ermittlung des Sachverhalts und seine Subsumtion unter Verfassungs- oder Gesetzesnormen); b) die Entscheidung über die Frage des „Ob überhaupt?“; c) die Entscheidung über die Frage des „Wie ist vorzugehen?“ (Entscheidung über Zeitpunkt, Stärke etc.). 455 In der Regel der BMVg nach Art. 65a GG, ausnahmsweise nach Art. 87a Abs. 4, 35 Abs. 3 GG die Bundesregierung.

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Von der Erkenntnis, daß eine Entscheidung seitens des zuständigen Staatsorgans, einen Einsatz durchzuführen, ihrerseits Einsatz ist, ausgehend, läßt sich die schon bei der Wortlautauslegung getroffene Feststellung, daß auch der Befehl zu diesem Einsatz in Vollzug der Einsatzentscheidung des Staatsorgans wiederum Einsatz ist, ableiten. Der Befehl des BMVg an die betroffenen Truppenteile zur Durchführung von Einsätzen bei Großveranstaltungen – als Nutzung des (obersten) Führungspersonals der Streitkräfte – ist ebenfalls Einsatz. Befiehlt der BMVg schlichte Verwendungen, so ist dies kein Einsatz. Nachdem die Einsatzqualität von Entscheidungen der zuständigen Staatsorgane über Streitkräfteverwendungen und von dem diese umsetzenden Befehl geklärt wurde, soll sich der Frage der Einsatzqualität militärischer Führungstätigkeit vom anderen Ende der militärischen Hierarchie genähert werden. Wenn bisher von regelndem oder zwangsausübendem oder mit Befugnis bzw. Auftrag hierzu versehenem Verhalten gesprochen wurde, wurden unmittelbar nur die letztendlich handelnden Soldaten angesprochen. Zu beachten ist jedoch, daß in den wenigsten Fällen einfache Soldaten der Bundeswehr allein oder zu mehreren ohne Anwesenheit eines unmittelbaren Vorgesetzten zumindest „im Raum“, also in der näheren Umgebung, tätig werden. Stellt man sich das exemplarische Vorgehen bewaffneter Soldaten mit Gewalt gegen eine Demonstration vor, so ist dies kaum als regelloses Vorgehen der einzelnen Soldaten nach ihrem „Gusto“ vorstellbar, sondern es wird sich in der Regel als durch zumindest einen anwesenden Vorgesetzten koordiniertes und somit geführtes kollektives Verhalten darstellen. Gerade aus dieser Qualität der Verwendung der Streitkräfte folgt auch die besondere Gefährlichkeit der Verwendung von Streitkräften im Inneren und die besondere Sensibilität des verfassungsändernden Gesetzgebers diesen gegenüber. Daraus ergibt sich die Erkenntnis, daß auch das Verhalten des unmittelbaren Vorgesetzten, der den Befehl zu einer unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichen Verwendung, also zu einem Einsatz, gibt, seinerseits Einsatzcharakter hat. Diese Erkenntnis folgt nicht nur aus der vorgenommenen Gefahrenabschätzung und der Berücksichtigung der Zwecke des verfassungsändernden Gesetzgebers, sondern läßt sich auch ohne Modifikation der gefundenen Definition des Begriffs Einsetzen entnehmen. Denn der Vorgesetzte, der einen Einsatz, insbesondere in Form der Anwendung von Waffengewalt, befiehlt, muß seinerseits die Befugnis oder den Auftrag hierzu haben. Gleiches gilt für regelndes Tätigwerden. Fehlt es sowohl an Befugnis als auch an Auftrag zu diesem befohlenen Verhalten, so handelt es sich nach der dieser Arbeit zugrundeliegenden Definition überhaupt nicht um eine Verwendung wegen der Abweichung vom grundsätzlichen Willen der politischen Leitung. Dies wäre ein unter Durchbrechung des Prinzips der Auftragsbindung der Streitkräfte erfolgendes eigenmächtiges Verhalten dieses militärischen Vorgesetzten, welches von Art. 87a Abs. 2

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GG nicht erfaßt wird, aber gleichwohl wegen des angesprochenen Fehlers verfassungswidrig wäre. Deshalb ist festzustellen, daß ein Befehl zu einem Verhalten mit Einsatzcharakter seinerseits Einsatz ist. Da sich der Gedanke, daß der befehlende Vorgesetzte dazu befugt sein muß oder den Auftrag haben muß, jenes Verhalten, was er befehlen will, selbst auszuführen, und nur aus Gründen militärischer Effektivität davon absieht und das Verhalten delegiert, in der Hierarchie nach oben weiter fortsetzen läßt, ergibt sich, daß der militärische Vorgesetzte, der dem unterstellten militärischen Vorgesetzten befiehlt, dieser solle einen Einsatz befehlen, wiederum selbst mit Einsatzcharakter handelt. Es läßt sich also festhalten, daß jeder Befehl, welcher letztendlich zu einem Verhalten mit Einsatzcharakter führt, seinerseits Einsatz ist. Dies gilt unabhängig davon, auf welcher Stufe er in der militärischen Struktur erfolgt. Für die hier in Rede stehenden Verwendungen von Führungspersonal der Streitkräfte läßt dies folgende Schlüsse zu: Werden Bundeswehrsoldaten in der Durchführungsphase einer Großveranstaltung in leitender Funktion tätig und führen sie Soldaten, die auf unterer Ebene im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG eingesetzt werden, so ist auch die Tätigkeit der Vorgesetzten Einsatz. Sollten militärische Vorgesetzte aus den Streitkräften Führungsaufgaben auch oder nur gegenüber Personen eingeräumt bekommen, die nicht Angehörige der Streitkräfte sind, so läßt sich wiederum das Argument der Kongruenz von Befugnissen und Auftrag des Vorgesetzten mit Befugnissen und Auftrag des Untergebenen anführen. Da der Vorgesetzte nichts befehlen darf, wozu er nicht selbst befugt wäre oder den Auftrag hat, ist auf Grund dieser Erwägung dann, wenn er unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliches Verhalten befiehlt, auch sein Verhalten entsprechend unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich. Auch die leitende Tätigkeit von Soldaten gegenüber Nicht-Soldaten stellt somit einen Einsatz dar, wenn die geführten Personen obrigkeitlich handeln. bb) Vorbereitende Tätigkeit in Planung und Organisation durch den entscheidenden militärischen Führer Ein anderer Aspekt kommt zum Tragen, wenn es um das allgemein planende und organisierende Tätigwerden von Führungspersonal der Streitkräfte geht. Hier werden nicht Vorgesetztenfunktionen ausgeübt. Im Hinblick auf den Einsatzbegriff unproblematisch ist Planen und Organisieren dann, wenn der Gegenstand der Planung und Organisation nicht eine obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte oder unmittelbar obrigkeitliches Verhalten Dritter ist. Im übrigen ist es sinnvoll, sich der Problematik über die Vergegenwärtigung des Führungsvorgangs zu nähern, wie er in der Führer-

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ausbildung der Bundeswehr vermittelt wird. Dieser ist zyklisch und beginnt bei der Lagefeststellung, welche einen Auftrag der übergeordneten Führung und eine tatsächliche Situation ermittelt. Diese Lage wird sodann beurteilt, und auf dem Ergebnis dieser Lagebeurteilung basierend ein Entschluß gefaßt. Die vierte und letzte Stufe des Führungsvorganges ist die Durchführung des Entschlusses, welche Befehlsgebung und Organisation sowie die Überwachung der Ausführung der Befehle durch unterstellte Kräfte beinhaltet. Aus der Überwachung der Durchführung (Dienstaufsicht) steigt man im Führungsvorgang direkt wieder auf der Ebene der Lagefeststellung ein, bei der eventuell auftretende Divergenzen zwischen verfolgten Zielen und Verlauf der Ausführung des Entschlusses erkannt und diese neue Lage beurteilt wird sowie sodann ein neuer Entschluß zur „Nachsteuerung“ mit neuer Durchführung erfolgt. Im Hinblick auf diesen Führungsvorgang wurde bereits festgestellt, daß die Komponente Durchführung mit dem davon eingeschlossenen Befehl dann ein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG ist, wenn das befohlene Verhalten seinerseits ein Einsatz ist. Fraglich ist, wie die anderen Komponenten Lagefeststellung, Lagebeurteilung und Entschluß sowie die Bestandteile der Komponente Durchführung neben dem Befehl hinsichtlich des Einsatzcharakters zu beurteilen sind. Zur Beantwortung dieser Frage soll noch einmal einen Schritt zurück gegangen werden und sich weg von der Vorgesetztenebene auf die Ebene des ausführenden einfachen Soldaten begeben werden. Dieser ist beispielsweise nicht erst dann im Einsatz, wenn er das Feuer eröffnet. Wenn sein Auftrag Regelung oder Gewaltanwendung umfaßt, so befindet er sich auch schon dann im Einsatz, wenn er z. B. beim Einsatz zur Verteidigung in seiner Stellung auf den Gegner wartet, um bei dessen Erscheinen das Feuer zu eröffnen, oder wenn er bei einer exemplarischen Streitkräfteverwendung gegenüber einer Demonstration an einer Straßensperre wartet, um das Feuer zu eröffnen, wenn Demonstranten näher als zwanzig Meter kommen und auf Forderungen zum Anhalten nicht reagieren. Auch bei diesem ohne Zweifel eingesetzten Soldaten läuft ein „MiniFührungsvorgang“ ab. Permanent stellt der Soldat die Lage fest und beurteilt diese, um auf dieser Grundlage einen Entschluß („Feuereröffnung“ oder nicht) zu fassen und diesen dann auch auszuführen. Er befindet sich ab dem Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages in Form eines Befehls im Einsatz. Diese Erkenntnis läßt sich auf die darüberliegende Führungsebene seines unmittelbaren Vorgesetzten – in der Regel ein Trupp- oder Gruppenführer – übertragen. Daß der Befehl zum Einsatz an die ihm unterstellten Soldaten Einsatz ist, wurde bereits festgestellt. So wie der einfache Soldat aber nicht erst mit dem ersten Schuß als Teil der Durchführung seines Entschlusses zur Feuereröffnung im Einsatz ist, so ist auch sein Vorgesetzter nicht erst

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mit dem Befehl als Teil der Durchführung seines Entschlusses im Einsatz. Er befindet sich im Einsatz, seitdem ihm seinerseits von seinem Vorgesetzten ein entsprechender Auftrag erteilt wurde. Er ist im Einsatz, während er die Lage feststellt und beurteilt, einen Entschluß trifft und diesen letztlich durchführt, indem er einen Einsatzbefehl erteilt. Denn die Befugnis zu Regelung und Zwangsausübung oder der entsprechende Auftrag steht ihm ja seit diesem Zeitpunkt zu, wenn der Beginn der Auftragserfüllung nicht im Befehl der übergeordneten Führung spezifisch geregelt war. Er hätte auch sofort den Befehl erteilen können oder eventuell auch viel später. So wie auf der Ebene des einfachen Soldaten ein Einsatz schon vor tatsächlicher Regelung oder Gewaltanwendung vorliegt, weil eben Regelung oder Gewaltanwendung jederzeit möglich bzw. nicht auszuschließen sind, so gilt dies auch für die darüber liegende Führungsebene. Ab dem Zeitpunkt der Auftrags- bzw. Befehlserteilung befindet sich deshalb auch der Soldat in Vorgesetzteneigenschaft im Einsatz, wenn für den Beginn der Ausführung des Befehls nicht ein späterer Zeitpunkt ausdrücklich festgelegt ist. Dies gilt natürlich nur, wenn der Befehl sich letztendlich auf ein obrigkeitliches Verhalten richtet. Dieses kann unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich sein. Diese Erkenntnis läßt sich für alle Führungsebenen der Bundeswehr i. e. S. verallgemeinern. Sobald einem Soldat, sei er Vorgesetzter oder einfacher Mannschaftsdienstgrad, ein Befehl erteilt wird, dessen Ausführung zumindest als eine Option unter vielen obrigkeitliches Handeln möglich macht, befindet sich dieser Soldat im Einsatz, wenn der Befehl nicht ausdrücklich oder nach den Umständen einen späteren Beginn der Auftragserfüllung enthält. Räumt ein militärischer Vorgesetzter seinem Untergebenen solche Entscheidungsfreiheit ein, so besteht die Gefahr, der der verfassungsändernde Gesetzgeber durch den Verfassungsvorbehalt in Art. 87a Abs. 2 GG begegnen wollte, daß die Bundeswehr i. e. S. als Machtpotential im Inneren wirksam wird, ab diesem Zeitpunkt, da der Befehlsempfänger jederzeit die obrigkeitliche Option wählen kann. Bei dieser Erkenntnis angekommen, schließt sich der Kreis, der bei der Klassifizierung der Verwendungsentscheidung des zuständigen Staatsorgans seinen Ausgang genommen hatte. Diese wie auch der diese Entscheidung umsetzende Befehl an die Streitkräfte wurde als Einsatz angesehen, wenn der Entschluß eine Streitkräfteverwendung zum Gegenstand hat, die, wenn sie letztendlich zur Ausführung gelangt, obrigkeitlichen Charakter hat. Dies wurde vom unteren Ende der Hierarchie kommend bestätigt, indem nicht nur festgestellt wurde, daß der Befehl zu einer Verwendung mit Einsatzcharakter seinerseits einen Einsatz darstellt, sondern indem auch herausgearbeitet wurde, daß sich ein Soldat in Vorgesetztenfunktion ab dem Zeitpunkt, zu dem ihm ein Auftrag erteilt wird, dessen Ausführung zumindest als Option obrigkeitliches Verhalten darstellen kann, bei auf diesen Befehl bezoge-

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ner Lagefeststellung, Lagebeurteilung, Entschlußfindung und Durchführung des Entschlusses im Einsatz befindet. Diese Feststellungen lassen sich im Hinblick auf die gesamte Bundeswehr i. e. S. in der Weise generalisieren, daß jeder Soldat, dem ein Befehl erteilt wird, dessen Ausführung letzten Endes, nicht unbedingt zwingend, aber zumindest als eine Option unter vielen, ein obrigkeitliches Verhalten erfordert, sich bei jedem auf diesen Auftrag bezogenen Verhalten im Einsatz befindet. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt für die Beurteilung der Verwendung von Führungskräften der Streitkräfte in Organisation und Planung von Großveranstaltungen über den bereits behandelten Bereich des unmittelbaren Führens von Soldaten oder anderen Kräften hinaus, daß jede auftragsbezogene Tätigkeit eines militärischen Führers in Planung und Organisation einer Großveranstaltung dann ein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG ist, wenn das, was die Führungskraft im Rahmen ihres Auftrags plant oder organisiert, bei der Ausführung durch einfache Soldaten oder andere Kräfte obrigkeitlichen Charakter hätte. cc) Vorbereitende Tätigkeit in Planung und Organisation durch andere Die vorstehend getroffene Feststellung bezieht sich jedoch nur auf die planende und organisierende Tätigkeit, die militärische Führer auftragsbezogen ausführen. Wenn nun Führungskräfte der Bundeswehr i. e. S. zur Unterstützung nicht-militärischer Kräfte bei Planung und Organisation von Großveranstaltungen verwendet werden, ohne daß vorgesehen ist, daß sie selbst in der Ausführungsphase in irgendeiner Form in Führungsfunktionen tätig werden, so ist nach der Einsatzqualität dieser Verwendung zu fragen. Daß das gesamte auftragsbezogene Handeln eines militärischen Führers ein Einsatz ist, wenn der Auftrag im Endeffekt obrigkeitlich ist, wurde aus der durch den Auftrag bewirkten jederzeitigen Möglichkeit eines Befehls an unterstellte Kräfte zu obrigkeitlichem Verhalten abgeleitet. Derjenige Soldat, der organisiert und plant, wobei die Ausführung dieser Planung durch andere Soldaten oder sonstige Kräfte obrigkeitlich wäre, welcher aber seinerseits in der Ausführung nicht beteiligt sein soll und somit die eigene Organisation und Planung auch nicht durch Befehle umsetzt, hat überhaupt nicht Befugnis oder Auftrag, welche jederzeitige Regelung oder Zwangsausübung als Möglichkeiten enthalten. Dies spricht dafür, die organisierende und planende – abstrakt also: vorbereitende – Tätigkeit von Soldaten, welche nicht auf die potentielle eigene Umsetzung durch Befehlsgebung an unterstellte Kräfte ausgelegt ist, als schlichte Verwendung anzusehen.456 456 Daß es sich bei der Zurverfügungstellung von Know-how und Fähigkeiten militärischer Führer nicht um eine eher informelle Unterstützung, die nicht rechtlich

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Andererseits ist die Frage zu stellen, ob der Unterschied zwischen der planenden und organisierenden Tätigkeit desjenigen, der später auch den Befehl gibt, und einer anderen Person zu einer verschiedenen Bewertung im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG führen darf. Denn zu beachten ist, daß abgesehen von der untersten militärischen Führungsebene kaum ein militärischer Führer seine Führungsaufgaben ohne irgendwelche Unterstützung anderer Personen ausübt. Trupp-, Gruppen- und Zugführer mögen noch viel auf sich selbst gestellt führen und ihre Entscheidungen allein vorbereiten. Doch auch sie sind bereits zur Delegation von Teilaufgaben befugt und nutzen diese Möglichkeit in der Praxis viel. Jedenfalls ab der Ebene des Einheitsführers457 wird die Führungsaufgabe mit Hilfe eines Stabes458 wahrgenommen. Es kann nicht überzeugen, daß die Summe der notwendigen vorbereitenden Tätigkeiten eines militärischen Führers, wenn er sie – unterstellt, er hätte hierzu genügend Zeit – alle selbst ausführte, abhängig von der Obrigkeitlichkeit der letztendlich erforderlichen Maßnahmen Einsatzcharakter haben könnte, alle von ihm zur Erhöhung der Effektivität delegierten vorbereitenden Tätigkeiten, die letztendlich aber in seinen Entschluß einfließen und die Durchführung beeinflussen, jedoch bei Wahrnehmung durch nicht zur letztendlichen Entscheidung und Befehlsgebung berufene dritte Personen schlichte Verwendungen wären. Aus diesem Grunde, welcher durch den Gedanken der Zurechnung des Verhaltens unterstellter Personen zur Person des Vorgesetzten, welcher im Bereich der vollziehenden Gewalt ganz allgemein gilt, bestätigt und verstärkt wird, ist das vorbereitende Handeln eines nicht selbst entscheidenden Soldaten dann ein Einsatz, wenn es aufgrund von Delegation und Arbeitsteilung Teil der Vorbereitung durch den entscheidenden Vorgesetzten selbst ist und als dessen eigenes Verhalten als Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG zu qualifizieren wäre.

zu erfassen ist, sondern um eine Verwendung im Sinne dieser Arbeit handelt, die auf ihren Charakter als Einsatz hin zu überprüfen ist, läßt sich u. a. auch in Parallele zur Aussage von P. Eichhorn, 178, begründen, welcher im Rahmen von Art. 91 GG darstellt, daß es sich auch beim Zugriff auf bereits vorhandene Daten und der Erhebung neuer Daten durch die Sicherheitskräfte um „Kräfte und Einrichtungen“ im Sinne von Art. 91 Abs. 1 GG handelt, die der Anforderung durch ein von einer Gefahr im Sinne der Norm betroffenes Land zugänglich sind; dies zeigt, daß nicht nur Hardware sondern auch Software verfassungsrechtlich relevant ist, was sich auf Führungsfähigkeiten der Streitkräfte übertragen läßt; interessant ist, daß P. Eichhorn, 179, selbst einen „Rückzieher“ unternimmt, indem er inkonsequenterweise die „informationelle“ Verwendung des MAD von den Anforderungen des Art. 87a Abs. 4 GG ausnimmt. 457 Einheit = Kompanie/Batterie/Staffel. 458 Bataillons-, Brigade-, Divisions- oder Korpsstab; auf Kompanieebene: Kompanieführungsgruppe.

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Daraus ergibt sich für die Verwendung von Soldaten zu Organisation und Planung von Großveranstaltungen, wenn nicht beabsichtigt ist, diese Soldaten die von Ihnen vorbereiteten Dinge auch letztendlich entscheiden und mittels Befehlsgebung in leitender Funktion ausführen zu lassen, daß es sich hierbei um ein Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG handelt, wenn diese Vorbereitung in Folge von Delegation und Arbeitsteilung Teil der Vorbereitung eines zu Entscheidung und Durchführung berufenen Dritten ist und die Tätigkeiten, die vorbereitet werden, bei Ausführung durch Soldaten oder andere Kräfte obrigkeitlichen Charakter hätten. dd) Beratende Tätigkeit Der letzte Aspekt der Nutzung von Wissen und Erfahrung militärischer Führer der Bundeswehr i. e. S. bei der Vorbereitung von Großveranstaltungen ist die Nutzung dieses Wissens in Form der Beratung durch diese, ohne daß diese in Arbeitsgruppen, Stäbe oder Teams zur Beratung eingebunden wären. Die nicht-militärischen Planer können sich hier das abstrakte Wissen und die Erfahrungen von Soldaten in informellen Gesprächen zum Wissensaustausch vermitteln lassen. Vergleicht man diese Tätigkeit militärischer Führer mit dem Führungsvorgang eines auch tatsächlich zu Entscheidung und Durchführung berufenen militärischen Vorgesetzten, so erkennt man, daß diese beratende Tätigkeit nicht mit der Tätigkeit eines dem militärischen Führer zuarbeitenden Angehörigen seines Führungsstabes verglichen werden kann, der ihm unterstellt ist und die ihm übertragenen Aufgaben für den Vorgesetzten, zur Vorbereitung von dessen Entscheidung und diesem zurechenbar erledigt. Es ist hier eine Ähnlichkeit mit dem informellen Vorgehen militärischer Vorgesetzter zu verzeichnen, die bei ihnen nicht so geläufigen Entscheidungsprozessen den Rat und das Wissen kompetenter anderer militärischer Führer in Anspruch nehmen und sich von diesen Hilfe holen. Der helfende Ratschlag eines Kommandeurs für einen anderen Kommandeur oder gar der helfende Hinweis z. B. vom – übergeordneten – Brigadekommandeur an einen Bataillonskommandeur wird dem letztendlich entscheidenden Bataillonskommandeur nicht zugerechnet und ist nicht Teil seiner vorbereitenden Tätigkeit, anders als die Tätigkeiten der Angehörigen seines Bataillonsstabes. Der schlichte Aspekt der Weitergabe militärischen Know-hows im Hinblick auf die Vorbereitung einer Großveranstaltung ohne Einbindung in ein mehr oder weniger großes Vorbereitungsteam unter Eingliederung in eine irgendwie geartete Struktur, kann aus diesem Grunde keinen Einsatz darstellen, auch wenn bei der Umsetzung der Vorbereitung, auf welche sich die Beratung bezieht, obrigkeitlich gehandelt würde.

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f) Ergebnis Die Nutzung der personellen Ressourcen der Streitkräfte für eine Vielzahl von organisatorischen, logistischen und technischen Arbeits- und Dienstleistungen einfacher Art in der Vorbereitung einer Großveranstaltung, wie z. B. Bautätigkeiten, der Transport von Material oder die Überlassung von Kraftfahrzeugen für den Transport oder von Spezialfahrzeugen, ist kein Einsatz, wenn hier nicht unmittelbar obrigkeitlich gehandelt oder das unmittelbar obrigkeitliche Handeln Dritter unterstützt wird. Diese Verwendungen sind deshalb im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG zulässig. In gleicher Weise sind auch in der Durchführungsphase einer Großveranstaltung schlichte Verwendungen denkbar, wie die Verwendung im Bereich der Verpflegungszubereitung oder dem Service hinsichtlich der Verköstigung von Politikern oder sonstiger Teilnehmer sowie die Verwendung als Garderobenpersonal. Einsätze hingegen sind die Verwendung von Soldaten als Türsteher, unabhängig davon, ob nur die Zutrittsberechtigung überprüft oder Personenkontrollen durchgeführt werden, sowie als Absperr- oder Verkehrsposten und als Einweiser. Alle Tätigkeiten in der Absicherung von Großveranstaltungen, z. B. als Personenschützer, Wachposten, Präsenz zeigende Patrouillen, Eingreifgruppen oder als absperrende Kräfte, die gewisse Bereiche von Gegnern der Veranstaltung freihalten sollen, sind Einsätze. Soweit solche Tätigkeiten von anderen Sicherheitskräften oder sonstigen Dritten wahrgenommen werden, ist auch die unmittelbare Unterstützung dieser Kräfte durch die Streitkräfte als mittelbar obrigkeitliche Tätigkeit Einsatz. Die Verwendung militärischer Führer als Führungspersonal in der Durchführungsphase ist Einsatz, wenn sich diese Tätigkeit auf Verhalten geführter Kräfte bezieht, welches seinerseits Einsatzcharakter hat. Einsatz ist dabei nicht nur der Befehl zum Einsatz an die unterstellten Kräfte, sondern der gesamte auf einen Auftrag bezogene Führungsvorgang, dessen Erfüllung als eventuelle Option auch obrigkeitliches Verhalten beinhaltet. Aufgrund der Fortsetzung dieses Prinzips in der militärischen Hierarchie nach oben ist auch die Entscheidung des zuständigen Staatsorgans, Streitkräfte einzusetzen, und der diese Entscheidung umsetzende Befehl Einsatz. Die Verwendung von Soldaten bei der Vorbereitung und Planung von Großveranstaltungen ist jedenfalls dann ein Einsatz, wenn diese im Rahmen der für sie selbst vorgesehenen Entscheidungsbefugnisse planend und organisierend im Hinblick auf eine Tätigkeit von Soldaten oder dritten Personen, die eventuell obrigkeitlich sein wird, tätig werden und diese Tätigkeiten auch selbst in Führungsfunktion leiten sollen. Hinsichtlich schlichter

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Verwendungen ist auch die Führung und Planung durch militärische Führer kein Einsatz. Bereiten Soldaten Tätigkeiten anderer Soldaten oder dritter Personen mit Einsatzcharakter vor, ohne daß sie selbst die Entscheidungsbefugnis und Führungsfunktion für die Umsetzung dieser Planungen inne hätten, so ist auch dies ein Einsatz, wenn sie aufgrund der Delegation des Entscheidungsträgers mit Führungsfunktion diesem zurechenbar handeln. Hinsichtlich schlichter Verwendungen ist auch diese Vorbereitung kein Einsatz. Die nicht in Planungsstäbe oder -teams einbezogene beratende Tätigkeit von Soldaten für nicht-militärische Planer durch Weitergabe von militärischem Know-how zur Vorbereitung von Großveranstaltungen ist immer eine schlichte sonstige Verwendung, unabhängig davon, ob sich dies im Endeffekt auf obrigkeitliches oder schlicht-hoheitliches Verhalten bezieht. Hinsichtlich aller Verwendungen, deren Einsatzcharakter festgestellt wurde, ist deren Unterwerfung unter den Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG die Konsequenz. Dies bedeutet noch nicht, daß sie im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG unzulässig sind, sondern es ist in der Folge zu prüfen, ob sie zur Verteidigung erfolgen oder ob eine ausdrückliche Zulassung in der Verfassung vorliegt, die diesen Einsatz ermöglicht. 2. Terroristische Bedrohungen Auch bei den Verwendungen von Soldaten der Bundeswehr i. e. S., die terroristischen Bedrohungen gerecht werden sollen, ist das Spektrum möglicher Bedrohungen von so unendlicher Weite, daß eine Enumeration der Bedrohungen und der entsprechenden Streitkräfteverwendungen ausgeschlossen ist. Es werden deshalb die oben aufgeführten Verwendungen in entweder besonders naheliegenden Bedrohungssituationen, in aktuell diskutierten Fällen und solchen, die sich bereits ereignet haben oder deren Realisierung mit besonders weitreichenden Folgen verbunden wäre, behandelt. a) Unmittelbare Abwehr von terroristischen Bedrohungen Die Absicherung von Großveranstaltungen in Form politischer oder wirtschaftlicher Gipfeltreffen sowie von allen sportlichen Großveranstaltungen wurde im Grundsatz zuvor bereits behandelt. Da Absicherungsmaßnahmen immer den Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung beinhalten bzw. Regelung oder Zwangsausübung durch einen anderen unterstützen, wurden sie sämtlich als Einsatz bewertet. Gleiches gilt deshalb auch für die Abwehr von gegen diese gerichteten Bedrohungen aus der Luft mit Raketen oder Bomben von Luftfahrzeugen aus oder auch durch Boden-Boden-Raketen

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sowie von Selbstmordanschlägen mit Hilfe von Luftfahrzeugen, die einfach auf eine solche Veranstaltung herabstürzen. Bundeswehrkräfte, die zur Abwehr solcher Angriffe am Veranstaltungsort oder um diesen herum bereitgehalten werden, haben den Auftrag zur Zwangsausübung, wenn diese erforderlich wird, und sind deshalb genauso im Einsatz, als wenn sie solche Bedrohungen tatsächlich durch Waffengebrauch verhindern. Ein Einsatz liegt auch dann vor, wenn die Streitkräfte mit eigenem Personal überhaupt nicht anwesend sind, aber sonstigen Sicherheitskräften Waffen, Waffensysteme und sonstige Ausrüstung zur Verfügung stellen, über die diese Sicherheitskräfte selbst nicht verfügen, die jedoch einziges Mittel zur Abwehr gewisser terroristischer Bedrohungen sind. Denn hier wird die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit Dritter durch die Streitkräfte unterstützt. Es ist offensichtlich, daß hier das Machtpotential der Streitkräfte im Inneren wirksam würde, welches Art. 87a Abs. 2 GG regeln will. Überlassen die Streitkräfte nicht-militärischen Kräften Waffensysteme und sonstige Ausrüstung und dient dies deren unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit, so ist auch jede Verwendung der Streitkräfte in Form von auf diese Ausrüstung bezogenen Einweisungen und von Ausbildung in der Nutzung als unmittelbare Unterstützung unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit ein Einsetzen der Streitkräfte. Auch jede Verwendung von nicht unmittelbar zur Gewaltanwendung bestimmter Ausrüstung durch Soldaten oder die Nutzungsüberlassung dieser Ausrüstung an die Sicherheitskräfte sowie die Nutzung von zur Gewaltanwendung bestimmter Ausrüstung und Waffensysteme ohne Befugnis oder Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung im konkreten Fall stellt einen Einsatz dar, wenn sie die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit dritter Personen unterstützt. Ein solcher Fall ist z. B. gegeben, wenn Soldaten Fahrzeuge, insbesondere Luftfahrzeuge, der Streitkräfte mit oder ohne Bewaffnung allein mit Befugnis und Auftrag zur optischen Überwachung von Großveranstaltungen und deren Umgebung verwenden und etwaige Aufklärungsergebnisse an die für unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen vorgesehenen nichtmilitärischen Kräfte weitergeben. Technische Einrichtungen, die aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahren für die Allgemeinheit Ziel von terroristischen Anschlägen sein können, wie z. B. chemische Anlagen, Atomkraftwerke und Talbrückenstaudämme, könnten auch mit Hilfe der Streitkräfte gegen terroristische Bedrohungen geschützt werden. Von schlichter Bewachung zur Verhinderung des Plazierens von Sprengladungen über die Überwachung aus der Luft mittels besonderer Aufklärungssysteme bis hin zur Abwehr von aus der Luft geführten Angriffen ist alles denkbar, jedoch nach den bereits getroffenen Feststellungen stets ein Einsetzen der Streitkräfte.

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Alle Maßnahmen der Streitkräfte, die zur unmittelbaren Abwehr von im Ausführungsstadium befindlichen Selbstmordattentaten mit entführten Verkehrsmitteln etc. dienen, beinhalten den Auftrag zur Gewaltanwendung, insbesondere zum Waffeneinsatz. Dies sind folglich alles Einsätze. Soweit zur Verhinderung der Entführung von Verkehrsmitteln durch Terroristen als Voraussetzung dieser Selbstmordattentate Soldaten zur Absicherung dieser Verkehrsmittel auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Busbahnhöfen oder Häfen bzw. als verdeckte oder offene, bewaffnete oder unbewaffnete Begleiter dieser Verkehrsmittel verwendet werden, enthalten auch diese Verwendungen Regelungsbefugnisse oder den Auftrag zur eventuell notwendigen Gewaltanwendung und sind damit Einsätze. Alle Maßnahmen zum Schutz sonstiger ziviler Objekte gegen terroristische Bedrohungen, gleich ob durch schlichte Absicherung durch Wachsoldaten, die Durchführung von Personen- und Fahrzeugkontrollen, die Stationierung von Flugabwehrsystemen auf den Gebäuden oder im Umfeld der Objekte, beinhalten den Auftrag zu eventueller Regelung und Gewaltanwendung und sind deshalb Einsätze. Ähnlich stellt sich die Abwehr von Angriffen mittels B- oder C-Waffen dar. Sollen diese mittels Sprühflugzeugen oder ähnlichen Luftfahrzeugen ausgebracht werden, so ist die Bekämpfung dieser Luftfahrzeuge durch die Streitkräfte denkbar, aber jedenfalls Einsatz. Um zu verhindern, daß Terroristen überhaupt in den Besitz solcher Kampfstoffe kommen, ist es denkbar, Einrichtungen, in denen diese hergestellt oder gelagert werden, auch mittels der Streitkräfte abzusichern. Da Absicherungsmaßnahmen stets Einsätze sind, unterfällt auch dies dem Verfassungsvorbehalt in Art. 87a Abs. 2 GG. In gleicher Weise ist es denkbar, Soldaten zur Absicherung von Anlagen, in denen Trinkwasser aufbereitet wird, wie z. B. Wasserwerken, oder Trinkwasserreservoirs, Talsperren etc. zu verwenden, um diese gegen die Einwirkungsmöglichkeiten von Terroristen zu schützen, die versuchen könnten, diese in irgendeiner Weise zu kontaminieren und auf diese Weise eine große Zahl von Menschen zu schädigen. Wie schon zuvor ist es auch hier so, daß dies ein Einsatz ist, weil bei der Absicherung der Auftrag Regelung und Zwangsausübung als Option enthält. b) Folgenbekämpfung bei erfolgreichem terroristischem Anschlag Sollte es nicht oder nicht vollständig gelingen, solche Anschläge mit B- oder C-Waffen zu verhindern, so ist die Nutzung der Streitkräfte für die Schadensbegrenzung und -beseitigung mittels der ABC-Abwehrtruppe angezeigt. Die reine Tätigkeit der ABC-Abwehrtruppe ist nicht unmittelbar obrigkeitlich, weil nicht mit Ge- oder Verboten gearbeitet wird und auch Zwangsanwendung nicht vom Auftrag umfaßt ist. Das reine Dekontaminie-

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ren von Personen oder Sachen auf freiwilliger Basis ist eine sonstige schlichte Verwendung. Jedoch wird gerade in dem sehr ernsten Fall einer Kontamination mit B- oder C-Kampfstoffen ein rein schlicht-hoheitliches Vorgehen selten vorkommen. Denn es ist zu erwarten, daß das betroffene Gebiet weiträumig abgesperrt wird, daß Personen auch gegen ihren Willen evakuiert oder gegen ihren Willen mit Mitteln der ABC-Abwehr behandelt werden, daß kontaminierte Sachen der Verfügungsgewalt von Eigentümern oder Besitzern entzogen werden, um sie zu dekontaminieren oder gar schlicht zu beseitigen, z. B. durch Verbrennen. Alle diese Maßnahmen sind unmittelbar obrigkeitlich. Zudem ist eine Vielzahl mittelbar obrigkeitlicher Tätigkeiten vorstellbar, die die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit anderer Kräfte ermöglicht. Somit wird auch in diesen Fällen meist zumindest teilweise obrigkeitliches Handeln der Streitkräfte und somit ein Einsetzen vorliegen. Diese Überlegungen lassen sich in gleicher Weise auf alle anderen Fälle von terroristischen Anschlägen übertragen, bei denen es den Sicherheitskräften nicht gelingt, den Anschlag zu verhindern, und es somit zu irgendeinem Schaden kommt. Die Selbstmordanschläge mit Passagierflugzeugen in New York City und Washington, D.C. am 11. September 2001 haben bildhaft veranschaulicht, wie sich solche Anschläge auswirken können. Eine erschreckend hohe Zahl von Todesopfern, Zerstörungen bisher außerhalb von Kriegen unbekannten Ausmaßes und ein annähernder Stillstand des öffentlichen Lebens waren die Folge. Zur Bewältigung dieser Folgen sind zwar viele Tätigkeiten der Streitkräfte in schlicht-hoheitlicher Form zur Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge sinnvoll, die als schlichte sonstige Verwendungen nicht dem Verfassungsvorbehalt unterliegen. Insbesondere zulässig wäre die Bergung Toter, die Rettung und Versorgung Verwundeter, die Löschung von Bränden, die Abstützung von Gebäuden, die Beseitigung von Trümmern, die Instandsetzung beschädigter Verkehrsmittel und -wege sowie die Sicherstellung der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern. Jedoch lassen sich die Gedanken, die zuvor im Hinblick auf die Bewältigung der Folgen von Anschlägen mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen erörtert wurden, auch hier zur Anwendung bringen. Meist werden bei Unfällen größeren Ausmaßes und bei Katastrophen schlicht-hoheitliche Verwendungen von obrigkeitlichen Verwendungen begleitet. Auch hier ist die gegebenenfalls zwangsweise Evakuierung von Menschen, die Absperrung von betroffenen Gebieten, die Verkehrsregelung, die Verhinderung von Plünderungen oder ähnlichen kriminellen Aktivitäten in Ausnutzung der durch den Anschlag geschaffenen instabilen Sicherheitslage notwendig. Alle diese Tätigkeiten haben unmittelbar obrigkeitlichen Charakter und sind, wenn sie von den Streitkräften durchgeführt werden, Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG. Zudem ist eine Vielzahl von Verwendungen der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei, des Katastrophenschutzes,

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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der Feuerwehr und anderer für die Gefahrenabwehr im Inneren zuständiger Behörden denkbar. Abhängig davon, ob das Verhalten der anderen Behörden, welches von den Streitkräften unterstützt wird, unmittelbar obrigkeitlich ist, ist auch das Verhalten der Bundeswehr i. e. S. mittelbar obrigkeitlich oder schlicht-hoheitlich. Dies ist eine Frage des Einzelfalls, die hier nicht umfassend geklärt werden kann. aa) Problem unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte neben schlicht-hoheitlicher Streitkräfteverwendung Zu klären ist, wie es zu beurteilen ist, wenn zum einen die Streitkräfte schlicht-hoheitlich bei der Bekämpfung der Folgen eines terroristischen Anschlags mitwirken oder andere Behörden bei der schlicht-hoheitlichen Folgenbeseitigung unterstützen und zum anderen andere Sicherheitskräfte die Tätigkeit der Bundeswehr i. e. S. und sonstiger gefahrenabwehrender Kräfte in unmittelbar obrigkeitlicher Weise begleiten, indem sie z. B. diese Tätigkeit gegen Störer und Schaulustige abschirmen, gefährdete Personen evakuieren, notwendiges Gerät requirieren usw. Fraglich ist hierbei, ob die Verwendung der Streitkräfte, die nach den zuvor aufgestellten Kriterien kein Einsatz wäre, weil die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit der anderen Kräfte nicht unterstützt wird, als schlichte Verwendung nicht dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterfällt oder ob es sich – mit der Folge der Notwendigkeit einer Modifikation der Einsatzdefinition – um ein Einsetzen der Streitkräfte handeln soll. (1) Anwendung des Gedankens der Unterstützung unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte Die Bewertung dieser Situation kann über die Gedanken erfolgen, die zuvor dazu geführt haben, daß auch die schlicht-hoheitliche Unterstützung anderer in deren unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit als Einsatz eingestuft wurde. Entscheidend war hierbei, daß durch die schlicht-hoheitliche Unterstützung den Institutionen, die über die unterstützten Kräfte verfügen, mehr ihrer eigenen Kräfte, die zuvor durch schlicht-hoheitliche eigene Unterstützungstätigkeit gebunden waren, zu unmittelbar obrigkeitlicher Verwendung zur Verfügung stehen. Somit erhöhte das Machtpotential der Streitkräfte das Machtpotential des über die unterstützten Kräfte verfügenden Entscheidungsträgers und wurde somit im innerstaatlichen Kräfteverhältnis wirksam.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

(2) Auswirkungen auf Machtpotentiale im Inneren Wenn nun Kräfte der Bundeswehr i. e. S. schlicht-hoheitlich zum Beispiel zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe – wieder sei das Füllen von Sandsäcken bei Hochwasser angeführt – tätig werden, ohne daß dies unmittelbar irgendwelchen Dritten bei unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit hilft, und zugleich diese Tätigkeit von Sicherheitskräften in unmittelbar obrigkeitlicher Weise gegen Störungen geschützt und unterstützt wird, so führt der zuvor genannte Gedanke zu folgenden Erkenntnissen: Auch hier ist es so, daß durch die Verwendung der Streitkräfte dem über die sonstigen Sicherheitskräfte verfügenden Staatsorgan ein höheres Machtpotential zur Verfügung steht und sich somit das Machtpotential der Streitkräfte auf die innerstaatlichen Kräfteverhältnisse auswirkt. Denn wenn man davon ausgeht, daß dem über die gesamten zur Gefahrenabwehr im Inneren vorgesehenen Kräfte oder einen Teil davon verfügenden Staatsorgan ein bestimmtes Potential zur Bewältigung dieser Gefahren zur Verfügung steht, dann kommt es auf die Art der Gefahr an, ob dieses Potential nur in schlicht-hoheitlicher Form oder nur in unmittelbar obrigkeitlicher Form oder in beiden Handlungsformen zur Anwendung kommt. Rein unmittelbar obrigkeitliche oder rein schlicht-hoheitliche Verwendungsarten werden äußerst selten sein. Meist wird auch eine im Schwerpunkt unmittelbar obrigkeitliche Verwendung, z. B. der Polizei gegen gewalttätige Ausschreitungen oder einen schwerwiegenden Anschlag von Terroristen, immer auch in schlicht-hoheitlicher Weise unterstützt werden, z. B. durch Fahrer von Transportfahrzeugen, Versorgung im Hinblick auf Munition, Betriebsstoffe, Ausrüstung und Gerät usw. Eventuell hat auch die vorrangig schlicht-hoheitliche Tätigkeit, z. B. bei der Bekämpfung einer Naturkatastrophe, auch unmittelbar obrigkeitliche Komponenten, wie mehrfach mit den Beispielen der Abschirmung gegen Störer, der eventuellen zwangsweisen Evakuierung und der Verhinderung von Plünderungen verdeutlicht wurde. Dies zeigt, daß der zuständige Entscheidungsträger das ihm zur Verfügung stehende Potential der zu bewältigenden Gefahr angepaßt konfiguriert und so teils schlicht-hoheitlich, teils unmittelbar obrigkeitlich verwendet. Das Verhältnis der Verwendungsarten zueinander steht dabei im pflichtgebundenen Ermessen des Entscheidungsträgers und ist abhängig von der Art der zu bewältigenden Gefahrensituation. Abgesehen davon, daß es Kräfte unter den zur Gefahrenabwehr im Inneren vorgesehenen gibt, die sich eher oder nur für schlicht-hoheitliche Tätigkeit eignen (z. B. Technisches Hilfswerk – THW –, Katastrophenschutz, Feuerwehr usw.), können die meisten Gefahrenabwehrkräfte für beide Verwendungsarten genutzt werden. Selbst der bestausgebildete Angehörige von GSG 9 oder den Eliteeinheiten der Polizeikräfte der Länder kann bei Hochwasser Sandsäcke füllen. Und der einfachste Streifenpolizist kann in Form von Regelungen oder zwangsausübend tätig werden und mit

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

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körperlicher Gewalt oder unter deren Androhung Anwohner evakuieren oder mit Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt oder Waffen ausgestattet gegen Schaulustige, sonstige Störer oder Plünderer vorgehen.

(3) Relevanz für das Machtpotential über den Gedanken der Kräftekonfiguration Wenn man von einer Gefahrensituation ausgeht, die sowohl schlicht-hoheitliche als auch unmittelbar obrigkeitliche Komponenten zu ihrer in jeder Hinsicht adäquaten Bewältigung erfordert, und in ihrem Umfang einen solchen Schweregrad erreicht, daß es mit den gesamten für die Gefahrenabwehr im Inneren einem staatlichen Entscheidungsträger zur Verfügung stehenden Kräften nicht möglich ist, der Gefahrensituation in allen ihren Facetten vollständig gerecht zu werden, so wird deutlich, daß eine in jeder Hinsicht schlicht-hoheitliche Verwendung der Streitkräfte auch hier für die Kräfteverhältnisse im Inneren relevant werden kann. Denn unter den gegebenen Voraussetzungen ist es dem Entscheidungsträger schlicht nicht möglich, sowohl die schlicht-hoheitliche Tätigkeit erfordernden Komponenten der Gefahrensituation, wie auch die unmittelbar obrigkeitliches Tätigwerden erfordernden Komponenten in jeder Hinsicht angemessen personell und materiell zu bewältigen. Er muß einen Kompromiß eingehen, der nach seinem Ermessen die Bewältigung einzelner Komponenten zugunsten der sicheren Abwehr der anderen Komponente völlig vernachlässigt bzw. muß Abstriche an verschiedenen Stellen machen und Defizite hinnehmen. Auf das Beispiel der Hochwassersituation bezogen muß er die vorhandenen Kräfte auf die unmittelbare Bekämpfung der Wassermassen, auf die Unterstützung dieser Kräfte und auf die Absperrung der betroffenen Gebiete gegenüber Schaulustigen und sonstigen Störern sowie die Verkehrsregelung, die Zwangsevakuierung und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im betroffenen Gebiet, z. B. gegenüber Plünderungen, verteilen. Die letzteren, in der Regel unmittelbar obrigkeitliches Tätigwerden erfordernden Tätigkeitsfelder sind in ihrer Bewältigung größtenteils mit der den Schwerpunkt der Gefahrensituation ausmachenden Hochwasserlage so eng verbunden, daß auf ihre möglichst weitgehende Berücksichtigung in der Kräftekonfiguration (militärisch würde man von der Truppeneinteilung sprechen) nicht verzichtet werden kann. Denn das exemplarische Hochwasser kann nicht effektiv durch schlicht-hoheitliches Handeln bekämpft werden, wenn nicht Schaulustige und sonstige Störer ferngehalten oder entfernt werden, wenn nicht renitente Anwohner auch gegen ihren Willen aus Häusern evakuiert werden, deren Nutzung durch die schlicht-hoheitlich tätigen Kräfte erforderlich ist, und wenn nicht erforderliche Sachen requiriert und störende Hindernisse und Bauwerke beseitigt werden. In dieser Situation, die durch die nicht

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vollends bedrohungsgerechte Bewältigung aller bestehenden Gefahrenkomponenten aufgrund nicht ausreichender personeller oder materieller Ressourcen gekennzeichnet ist, wirkt sich die Verwendung der Streitkräfte auch zu schlicht-hoheitlichen Verwendungen, die nicht in der Unterstützung der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit anderer Kräfte liegt, so aus, daß das gesamte dem Entscheidungsträger zur Verfügung stehende Kräftepotential vermehrt wird und er der Gefahrensituation nunmehr vollends oder jedenfalls in weitergehender Weise als zuvor durch seine Kräfte gerecht werden kann. Bei unterstellter gleichmäßiger Verteilung der freigewordenen Kräfte auf die verschiedenen Verwendungsarten und Gefahrenkomponenten wird auch die Stärke der unmittelbar obrigkeitlich handelnden Kräfte erhöht. Wenn diese zuvor wegen der Unmittelbarkeit der drohenden Gefahr, die schlicht-hoheitlich zu bekämpfen ist, sogar in disproportionaler Weise gering berücksichtigt wurden, kann der Kräftezuwachs durch hinzukommende Soldaten sogar überwiegend oder vollständig zu einer Erhöhung des Umfangs der unmittelbar obrigkeitlich handelnden Kräfte führen. Auch wenn die Streitkräfte bei ihrer Verwendung nicht selbst unmittelbar obrigkeitlich handeln oder unmittelbar obrigkeitliches Handeln Dritter durch schlicht-hoheitliche Tätigkeiten unterstützen und somit fördern, kann somit das dem für die Gefahrenabwehr im Inneren zuständigen Staatsorgan zur Verfügung stehende Machtpotential zu unmittelbar obrigkeitlichem Handeln anwachsen. Auch hier ist somit eine Relevanz für die Kräfteverhältnisse im Inneren gegeben, soweit ohne die Streitkräfte einer auch unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten erfordernden Gefahr nicht adäquat begegnet werden könnte.

(4) Tatsächliche Auswirkungen für die Kräfteverhältnisse im Inneren auch durch nur potentielle unmittelbar obrigkeitliche Verwendung Aus dieser Überlegung folgt, daß die oben herausgearbeiteten Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG und deren Auswirkung auf die Auslegung des Begriffs Einsetzen es erfordern, daß auch diese schlicht-hoheitliche Verwendung der Streitkräfte als Einsatz eingestuft wird, wenn diese es dem Entscheidungsträger über die Gefahrenabwehr im Inneren ermöglicht, mehr sonstige Kräfte für unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten bei der Bekämpfung derselben Gefahrensituation einzusetzen. Denn dieser Effekt ist immer dann gegeben, wenn die Streitkräfte in schlicht-hoheitlicher Weise bei der Bewältigung einer komplexen Gefahrensituation helfen, die auch unmittelbar obrigkeitliches Handeln erfordert. Das Machtpotential zu unmittelbar obrigkeitlichem Handeln erhöht sich, unabhängig davon, ob dies von der Gefahrensituation konkret gefordert wird, und davon, ob der für die Bewältigung der Gefahrensituation zuständige Entscheidungsträger das zusätzlich

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freigewordene Machtpotential auch tatsächlich zu unmittelbar obrigkeitlichem Handeln verwenden will. Denn er kann dies jederzeit tun, sobald er sein Ermessen in dieser Richtung ausübt und soweit die eventuell veränderte Situation es fordert. Es wurde schon mehrmals darauf hingewiesen, daß es auf das Machtpotential ankommt, welches die inneren Kräfteverhältnisse ändert. Auch die im Inneren existierenden Machtpotentiale, aus welchen sich die Kräfteverhältnisse im Inneren zusammensetzen, sind nicht jederzeit in der Anwendung befindlich, sondern warten in Zeiten normaler Konflikte, Probleme und Bedrohungen „in Bereitschaft“ auf ihre Verwendung. Dieses dem für die Innere Sicherheit zuständigen Entscheidungsträger zur Verfügung stehende Machtpotential wird eindeutig auch durch schlichthoheitliche Verwendungen der Streitkräfte erhöht, soweit bei der Bewältigung einer einheitlichen Gefahrensituation auch unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten erforderlich sind. (5) Berücksichtigung der jederzeitigen Möglichkeit unmittelbar obrigkeitlichen Vorgehens Diese Erwägungen stimmen überein mit dem bereits mehrfach zur Anwendung gebrachten Gedanken, der sich im Grundsatz darauf reduzieren läßt, daß nicht erst die Anwendung von Zwang vom verfassungsändernden Gesetzgeber für gefährlich gehalten wurde und deshalb restringiert werden sollte, sondern daß bereits die Möglichkeit jederzeitiger Zwangsanwendung den Gefahrengrad erreicht, der mit dem Begriff Einsetzen festgestellt und dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG unterworfen werden sollte. Dieser Gedanke wurde herausgearbeitet anhand der Feststellung, daß der einfache Soldat, dessen Auftrag notfalls auch die Gewaltanwendung umfaßt, auch schon vor der Gewaltanwendung selbst im Einsatz ist, weil diese Situation im Inneren für die Kräfteverhältnisse problematisch ist, da bereits das Potential zur Gewaltanwendung diese beeinflußt. Genauso wurde der militärische Vorgesetzte, welcher einen Auftrag hat, der als eine Option der Durchführung Gewaltanwendung beinhaltet, als eingesetzt angesehen, noch bevor er den Befehl zum Einsatz bzw. einen Befehl, der als eine Option einen Einsatz enthält, an seine Untergebenen gibt. Hinzu kommt, daß auf diese Weise auch Versuche der Umgehung des Verfassungsvorbehalts durch strikte Arbeitsteilung zwischen obrigkeitlich handelnden nicht-militärischen Sicherheitskräften und schlicht-hoheitlich handelnden Streitkräften verhindert werden, die dem Zweck des Art. 87a Abs. 2 GG zuwiderlaufen. Auch wenn eine solche strikte Arbeitsteilung teils für praktisch nicht durchführbar gehalten wird,459 so besteht doch eine 459

M. Schultz, 164; W. Speth, 126.

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gewisse Möglichkeit, daß dies – in Umgehungsabsicht oder unbewußt – versucht wird. (6) Schlußfolgerungen für den Einsatzbegriff Aufgrund dieser Erwägungen steht fest, daß die Zwecke und Wertungen, die hinter dem Begriff Einsetzen stehen, fordern, daß auch eine schlichthoheitliche Verwendung der Streitkräfte zur Bewältigung einer Gefahrensituation, welche zugleich auch unmittelbar obrigkeitliches Verhalten erfordert, ein Einsatz ist, ohne daß die Tätigkeit der Streitkräfte unmittelbar obrigkeitliches Handeln anderer unmittelbar unterstützt. (a) Notwendigkeit einer Modifikation Es stellt sich die Frage, ob diese Erkenntnis, welche vorrangig von normzweckorientierten Wertungen getragen ist, sich mit der zuvor erarbeiteten Definition des Einsetzens vereinbaren läßt oder ob dessen Modifikation erforderlich ist. Da die Verwendung der Streitkräfte in einem solchen Fall keinesfalls unmittelbar obrigkeitlich ist, kommt es allein in Betracht, diese Verwendung als mittelbar obrigkeitlich einzustufen. Dazu müßten die Streitkräfte ein Vorgehen Dritter, welches sich durch rechtliche Befugnis oder Auftrag zu Regelung oder Zwang bzw. deren Ausführung auszeichnet, in einer Weise unterstützen, die ihrerseits nicht unmittelbar obrigkeitlich ist. Bei der Entwicklung dieser Definition wurde beim Unterstützen an eine Verwendung der Streitkräfte gedacht, die unmittelbar obrigkeitliches Verhalten Dritter durch eine personelle oder materielle Hilfeleistung unmittelbar fördert. Der entweder subjektiv zu bestimmende oder auch objektiv für einen Dritten sich aufdrängende Zweck der Streitkräfteverwendung war hier die Hilfe für Dritte bei deren unmittelbar obrigkeitlichem Vorgehen. Im Fall der schlicht-hoheitlichen Verwendung der Bundeswehr i. e. S., welche dazu führt, daß andere Kräfte, die zuvor gebunden waren, nunmehr u. a. für unmittelbar obrigkeitliche Zwecke zur Verfügung stehen, ist es anders. Hier ist der unmittelbare subjektive und auch bei objektiver Betrachtung erkennbare Zweck der Verwendung die schlicht-hoheitliche Bewältigung einer Gefahr oder die unmittelbare Unterstützung anderer Kräfte bei deren schlichthoheitlicher Bewältigung dieser Gefahr. Nur mittelbar wirkt sich dies nach den dargestellten Zusammenhängen auf das Machtpotential aus, welches dem für die innere Gefahrenabwehr zuständigen Entscheidungsträger für unmittelbar obrigkeitliche Verwendungsarten seiner Kräfte bei der Bewältigung derselben Gefahrensituation zur Verfügung steht. Auch diese Konstellation könnte man somit als mittelbar obrigkeitlich bezeichnen. Sie als Unterstützung der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit Dritter zu bezeichnen,

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erscheint jedoch angesichts der unmittelbaren Ausrichtung auf die Verfolgung schlicht-hoheitlicher Zwecke oder der Unterstützung Dritter bei deren Verfolgung schlicht-hoheitlicher Zwecke nicht passend. Hieraus folgt, daß eine Modifikation der obigen Begriffsbestimmung des Einsetzens in Art. 87a Abs. 2 GG erforderlich ist. (b) Unmittelbares oder mittelbares Ermöglichen der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit Dritter Insofern erscheint eine Ausfüllung der Chiffre mittelbar obrigkeitlich durch das unmittelbare oder mittelbare Ermöglichen der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit Dritter angemessener. Problematisch hieran ist allein folgendes: Unter Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmung wäre jedes schlicht-hoheitliche Tätigwerden der Streitkräfte in einer Gefahrensituation ein Einsatz, weil dadurch ansonsten zur inneren Gefahrenabwehr berufene Kräfte für eine unmittelbar obrigkeitliche Verwendung an irgendeinem anderen Ort innerhalb der Bundesrepublik in einer völlig anderen tatsächlichen Situation zu einem anderen Zweck frei würden. Hierdurch erhielte der Einsatzbegriff eine enorme Weite, bei der zu fragen ist, ob diese vom verfassungsändernden Gesetzgeber beabsichtigt war. Denn zum Beispiel auch bei den nach allgemeiner Auffassung nicht unter den Einsatzbegriff fallenden unproblematischen Verwendungen zur Repräsentation bei Staatsakten oder zur Erntehilfe wäre ja daran zu denken, daß diese ansonsten durch anderes exekutives Personal wahrgenommen werden müßten und sich das Personal für unmittelbar obrigkeitliches Handeln entsprechend reduziert. Diese Überlegung verdeutlicht, daß es für einen Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG nicht ausreicht, daß dadurch die Verwendung anderer Kräfte in unmittelbar obrigkeitlicher Weise an irgendeinem anderen Ort irgendwo in der Bundesrepublik rein potentiell ermöglicht wird. (c) Notwendige Restriktion Daraus folgt, daß die Einsatzdefinition in der Lage sein muß, die Ermöglichung der unmittelbar obrigkeitlichen Verwendung anderer Kräfte im Fall der exemplarischen Hochwassersituation, bei dem die Streitkräfte in schlicht-hoheitlicher Weise z. B. beim Füllen von Sandsäcken, deren Transport, der Sicherung von Deichen etc. mitwirken, zu erfassen, und die rein potentielle Ermöglichung der unmittelbar obrigkeitlichen Verwendung nicht-militärischer Kräfte, deren Anlaß nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Streitkräfte steht, auszuschließen. Damit dies gelingt, muß sichergestellt werden, daß dieser tatsächliche Zusammenhang der schlicht-hoheitlichen Verwendung der Streitkräfte und der potentiellen unmittelbar ob-

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rigkeitlichen Verwendungen sonstiger Kräfte erfaßt wird. Zugleich darf dies nicht auf die Bewältigung von Gefahren beschränkt sein, weil ja gerade auch die willkürliche Verwendung der Streitkräfte im Inneren ohne Vorliegen einer Gefahr vom Verfassungsvorbehalt erfaßt werden soll. Eine mittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte mit Einsatzcharakter, wie sie diese Arbeit versteht, läge danach vor, wenn durch eine schlicht-hoheitliche Verwendung der Streitkräfte ein unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen Dritter unmittelbar oder mittelbar ermöglicht wird, welches der Bewältigung derselben konkreten tatsächlichen Situation dient wie die Verwendung der Streitkräfte. Diese Begriffsbestimmung ist in der Lage, die schlicht-hoheitliche Verwendung der Streitkräfte zur unmittelbaren Unterstützung eines unmittelbar obrigkeitlichen Vorgehens anderer Kräfte, z. B. gegen die exemplarische politische Demonstration, ebenso zu erfassen wie die schlicht-hoheitliche Verwendung der Streitkräfte in einer Situation, die zugleich unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen erfordert, wodurch mehr nicht-militärische Kräfte für diese unmittelbar obrigkeitlichen Verwendungsarten zur Verfügung stehen, als dies zuvor der Fall war. Gerade durch die Erfassung letzteren Falles werden Versuche der Umgehung des Verfassungsvorbehalts in Art. 87a Abs. 2 GG durch strikte Arbeitsteilung zwischen schlicht-hoheitlich verwendeten Streitkräften und unmittelbar und mittelbar obrigkeitlich handelnden nichtmilitärischen Kräften ausgeschlossen. Folglich ist diese Modifikation in die Einsatzdefinition aufzunehmen.

bb) Zwischenergebnis Aufgrund der vorgenommenen ergänzenden Abwandlung der Begriffsbestimmung von Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG ergibt sich, daß dann, wenn die Streitkräfte bei der Bekämpfung der Folgen „erfolgreicher“ terroristischer Anschläge in einer Weise verwendet werden, indem sie weder unmittelbar obrigkeitlich noch die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit Dritter unterstützend tätig werden, jedoch hierdurch unmittelbar oder mittelbar ein auf dieselbe konkrete tatsächliche Situation bezogenes unmittelbar obrigkeitliches Tätigwerden nicht-militärischer Kräfte ermöglicht wird, ein Einsatz vorliegt. Diese Tätigkeit ist dann ebenfalls mittelbar obrigkeitlich im Sinne dieser Arbeit. Handeln also die Streitkräfte bei der Bekämpfung der Folgen von terroristischen Anschlägen nur in Form technischer Hilfe, die sich nicht auf die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit anderer Kräfte bezieht, indem sie dekontaminieren, Trümmer beseitigen, Verwundete versorgen usw., so ist dies auch dann ein Einsatz, wenn im Rahmen der Bewältigung dieser An-

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schlagsfolgen andere Kräfte auch unmittelbar obrigkeitlich vorgehen, indem sie das betroffene Gebiet absperren, Schaulustige oder andere Störer entfernen, zwangsevakuieren usw.

c) Unterstützung bei repressiver und sonstiger Polizeitätigkeit Die Unterstützung der Ämter für Verfassungsschutz, der Kriminalämter des Bundes und der Länder und der Bundesanwaltschaft durch Personal des MAD in repressiver oder präventiver Tätigkeit bedarf genauer Betrachtung. Die Unterstützung, die in der Regel nicht unmittelbar obrigkeitlich erfolgt, sondern Tätigkeit von Analysten oder bei Ermittlungen usw. umfaßt, dient der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr. In beiden Fällen sollen im Endeffekt entweder Täter bereits begangener eventuell terroristischer Straftaten oder präsumtive Täter, die dabei sind, Straftaten in Form terroristischer Anschläge zu begehen oder diese in ein konkretes Planungsstadium gebracht haben, aufgespürt werden. Täter und solche, die sich im Ausführungsstadium befinden, werden in der Regel, wenn man sie aufspüren kann oder bei der Ausführung antrifft, festgenommen bzw. werden in anderer Form Adressaten polizeilicher Regelungen oder der Gewaltanwendung. Werden Terroristen noch im Planungsstadium aufgespürt, so wird entweder versucht, sie für andere, bereits begangene Gesetzesverstöße zur Rechenschaft zu ziehen und in Gewahrsam zu nehmen oder sie wegen dieser des Landes zu verweisen oder man wartet ab, bis der geplante Terrorakt ein Stadium erreicht, welches den polizeilichen Zugriff ermöglicht. Auch hier ist somit im Ergebnis unmittelbar obrigkeitliches Polizeihandeln zu gewärtigen. Mitarbeiter des MAD würden somit unmittelbar obrigkeitliches Verhalten der Sicherheitsdienste unmittelbar unterstützen. Sie würden damit mittelbar obrigkeitlich tätig und somit nach Art. 87a Abs. 2 GG eingesetzt. Auch bei jeder anderen Nutzung personeller oder materieller Ressourcen der Streitkräfte zur Strafverfolgung liegt ein Einsatz wegen mittelbarer Obrigkeitlichkeit vor, wenn im Endeffekt unmittelbar obrigkeitliche Maßnahmen der Polizei gegen den Täter das Ziel der Tätigkeit sind. Dient eine nicht unmittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte jedoch, wie z. B. der Überflug eines ländlichen Gebietes mit „Recce-Tornados“, nur der Auffindung einer vermißten Person in totem oder lebendigem Zustand, so ist Ziel der Maßnahme nicht unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen gegen den Täter, sondern die Rettung eines Menschen aus Gefahr bzw. zunächst einmal die Feststellung, ob überhaupt eine Straftat vorliegt. Geht es natürlich um das Auffinden eines flüchtigen Straftäters oder eines untergetauchten Terroristen, so ist die Hilfe der Streitkräfte stets als Unterstützung unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeit der Polizei mittelbar obrigkeitlich und somit Einsatz.

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d) Verwendung militärischer Führer Alle Erkenntnisse, die bei der Erörterung von Streitkräfteverwendungen bei Großveranstaltungen im Hinblick auf die Verwendung militärischer Führer gewonnen wurden, sind auf Verwendungen zur Bewältigung terroristischer Bedrohungen und deren Folgen übertragbar. Deshalb ist die Entscheidung des über Verwendungen der Streitkräfte entscheidenden Staatsorgans, die Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG einzusetzen, um terroristischen Bedrohungen in vielfältiger Weise zu begegnen, ebenfalls Einsatz. Gleiches gilt für die Umsetzung dieses Befehls durch die gesamte Hierarchie der Bundeswehr i. e. S. hindurch bis zur Ebene des einfachen Soldaten, wenn dieser Befehl jeweils zumindest als Option im Endeffekt ein Verhalten von Soldaten beinhaltet, welches unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich ist. Werden militärische Führer bei der Bekämpfung terroristischer Bedrohungen oder bei der Bewältigung der Folgen terroristischer Anschläge daneben zur Führung nicht-militärischer Kräfte verwendet, so sind deren Befehle, die zumindest die Option unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichen Handelns beinhalten, ihrerseits auch Einsätze. Gleiches gilt für jedes auftragsbezogene Handeln eines in solcher Weise verwendeten militärischen Führers, wenn der Auftrag als Option unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliches Handeln umfaßt – also für den gesamten Führungsvorgang, bestehend aus Lagefeststellung und -beurteilung, Entschluß und Durchführung. Werden militärische Führer bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen in allen Formen und bei der facettenreichen Bewältigung der Folgen terroristischer Anschläge z. B. in Krisenstäben oder in anderer Weise derart verwendet, daß sie nicht selbst eine Führungsfunktion in bezug auf Soldaten oder andere Kräfte innehaben, sondern einer Person mit Führungsfunktion zugeordnet sind und dieser „zuarbeiten“ oder in anderer Weise die spätere reale Durchführung vorbereiten und planen, so kann dies ein Einsatz sein. Es ist ein Einsatz, wenn diese Tätigkeit aufgrund von Delegation und Arbeitsteilung Teil der Vorbereitung durch den entscheidenden Vorgesetzten selbst ist und als dessen eigenes Verhalten ein Einsatz wäre. Werden Soldaten – typischerweise solche, die in der militärischen Hierarchie gehobene Dienststellungen innehaben – beratend für nicht-militärische Entscheidungsträger im Hinblick auf die Abwehr terroristischer Bedrohungen oder die Bewältigung der Folgen terroristischer Anschläge tätig, so ist dies nach den zuvor erarbeiteten Grundsätzen niemals ein Einsetzen der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG, weil ihr Verhalten dem Ent-

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scheidungsträger aufgrund fehlender Delegation und Arbeitsteilung nicht zurechenbar ist.

X. Ergebnis Bei der Anwendung der erarbeiteten Definition für das Einsetzen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG auf Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen sind Fragen aufgetreten, die bei der Auslegung nicht berücksichtigt worden sind. Diese Fragen wurden unter Berücksichtigung der Normzwecke des Art. 87a Abs. 2 GG und der bei der teleologischen Auslegung herausgearbeiteten Wertungen beantwortet. Dies hat zu Klarstellungen hinsichtlich der Einordnung einzelner Verwendungen geführt und eine inhaltlich präzisierende Modifikation der Einsatzdefinition nach sich gezogen. Es bleibt dabei, daß ein Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG jede unmittelbar oder mittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte ist. Unverändert liegt eine unmittelbar obrigkeitliche Verwendung, wie sie diese Arbeit versteht, vor, wenn die Streitkräfte mit der rechtlichen Befugnis oder dem militärischen Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung gegenüber dem Bürger außerhalb der Streitkräfte ausgestattet sind oder diese Befugnis oder den Auftrag tatsächlich ausüben bzw. ausführen. Es wurde jedoch konkretisierend herausgearbeitet, daß die Frage, ob ein regelndes Tätigwerden der Streitkräfte vorliegt, sich nach der objektivierten Empfängersicht bestimmt. Zudem wurde festgestellt, daß eine zwangsausübende Verwendung auch dann vorliegt, wenn nicht tatsächlich Gewalt zur Anwendung kommt, sondern auftragsgemäß psychischer Zwang gegenüber dem außerhalb der Streitkräfte stehenden Bürger ausgeübt wird, welcher sich aus der Art der Verwendung der Streitkräfte ergibt. Psychischer Zwang wird dabei in der Weise ausgeübt, daß es für den betroffenen Bürger überhaupt nicht erkennbar ist, ob die Streitkräfte, welche nach der Art der Verwendung zu jederzeitiger Gewaltanwendung in der Lage sind, den Auftrag haben, gegebenenfalls Gewalt anzuwenden, oder nicht. Zwangsausübung in der Form psychischen Zwanges liegt jedoch auch dann vor, wenn dies nicht Bestandteil des Auftrages der Streitkräfte ist, aber sich dies aus Sicht des Betroffenen in der konkreten Situation so darstellt, welcher den Eindruck erhält, es bestehe die jederzeitige Möglichkeit der Gewaltanwendung durch die Streitkräfte. Maßgeblich ist hierbei in beiden Fällen ein durchschnittlicher Angehöriger des Kreises der von der Verwendung betroffenen Adressaten. Die Auseinandersetzung mit den Problemsituationen führte jedoch zu einer Modifikation des Verständnisses der mittelbar obrigkeitlichen Verwendung. Eine mittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte, wie sie diese Arbeit versteht, liegt vor, wenn durch eine nicht unmittelbar obrig-

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keitliche Verwendung der Streitkräfte ein unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen Dritter unmittelbar oder mittelbar ermöglicht wird, welches der Bewältigung derselben konkreten tatsächlichen Situation dient wie die Verwendung der Streitkräfte. Ein solches unmittelbares Ermöglichen ist dann gegeben, wenn die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte durch nicht unmittelbar obrigkeitliche Verwendungen der Streitkräfte personell oder materiell unterstützt wird, wobei diese Unterstützung unmittelbarer Zweck der Streitkräfteverwendung ist. Ein mittelbares Ermöglichen der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte liegt u. a. dann vor, wenn die Streitkräfte in nicht unmittelbar obrigkeitlicher Weise und auch nicht in unmittelbarer Unterstützung der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte verwendet werden und hierdurch mehr nicht-militärische Kräfte für zur Bewältigung derselben tatsächlichen Situation ebenfalls erforderliche unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, als dies zuvor der Fall war. Im Hinblick auf die Verwendung militärischer Führer wurden verschiedene Erkenntnisse gewonnen: Ist eine Verwendung der Streitkräfte bei der Ausführung durch Soldaten ein Einsatz, so ist auch die auf den Auftrag zu dieser Verwendung bezogene Führungstätigkeit aller militärischen Vorgesetzten durch die Hierarchie der Bundeswehr i. e. S. hindurch bis zur militärischen Führungsspitze ein Einsatz. Dies gilt für den gesamten auftragsbezogenen Führungsvorgang, welcher Lagefeststellung, Lagebeurteilung, den Entschluß und die Durchführung umfaßt, weshalb der Einsatzbegriff auch die gesamte auftragsbezogene Vorbereitung und Planung beinhaltet. Auch die Entscheidung des zuständigen Staatsorgans, Streitkräfte einzusetzen, und der diese Entscheidung umsetzende Befehl an die Streitkräfte ist Einsatz. Bereiten Soldaten, insbesondere militärische Vorgesetzte, Tätigkeiten anderer militärischer Vorgesetzter mit Einsatzcharakter vor, ohne daß sie selbst die Entscheidungsbefugnis und Führungsfunktion für die Umsetzung dieser Planungen innehätten, so ist auch dies ein Einsatz, wenn sie aufgrund der Delegation des Entscheidungsträgers mit Führungsfunktion diesem zurechenbar arbeitsteilig handeln. Eine auf Weitergabe von Wissen gerichtete Tätigkeit von Soldaten, die militärischen Führern bei ihrer Aufgabe potentiell hilft, wobei die beratenden Soldaten dem beratenen Vorgesetzten nicht organisatorisch zugeordnet und zurechenbar sind, ist kein Einsatz. Diese Grundsätze gelten ebenfalls für das Verhalten des für die Entscheidung über Verwendungen der Streitkräfte zuständigen Staatsorgans und bei der Verwendung militärischer Vorgesetzter, wenn die letztendliche Erfül-

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lung des Auftrages zwar zumindest als eine Option unmittelbar obrigkeitliches Verhalten umfaßt, jedoch die von militärischen Vorgesetzten geleitete Durchführung mittels nicht-militärischer Kräfte erfolgt. Deshalb ist auch deren gesamte auftragsbezogene Vorbereitung und Planung sowie die gesamte während der Durchführung erfolgende Tätigkeit Einsatz. Dies gilt gleichermaßen für die Verwendung von Soldaten zur Vorbereitung der Tätigkeit anderer Soldaten oder dritter Personen mit Einsatzcharakter, ohne daß die so verwendeten Soldaten selbst die Entscheidungsbefugnis und Führungsfunktion für die Umsetzung dieser Planungen inne hätten, wenn sie aufgrund der Delegation des Entscheidungsträgers mit Führungsfunktion diesem zurechenbar handeln. Entsprechend dem in bezug auf die beratende Tätigkeit „von Soldaten für Soldaten“ erarbeiteten, ist auch die nicht in Planungsstäbe oder -teams einbezogene beratende Tätigkeit von Soldaten für nicht-militärische Planer und Entscheidungsträger durch Weitergabe von militärischem Know-how zur Unterstützung von deren nicht-militärischer Tätigkeit immer eine schlichte Verwendung, unabhängig davon, ob sich dies im Endeffekt auf obrigkeitliches oder schlicht-hoheitliches Verhalten bezieht. Im Hinblick auf Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. bei Großveranstaltungen und im Hinblick auf terroristische Bedrohungen wurden oben eine Vielzahl einzelner Verwendungsarten der Streitkräfte daraufhin untersucht, ob sie einen Einsatz im Sinne des Art. 87a Abs. 2 GG darstellen. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Natürlich konnten nicht alle denkbaren Verwendungsmöglichkeiten behandelt werden. Jedoch sollten die vorstehenden generell-abstrakten Aussagen es ermöglichen, auch nicht behandelte denkbare Verwendungen im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG als Einsätze oder schlichte Verwendungen einzuordnen. Diejenigen Verwendungen, die Einsatzcharakter haben, müssen nach dem Grundgesetz entweder der Verteidigung dienen oder in der Verfassung ausdrücklich zugelassen sein. Bleiben Verwendungen jedoch unterhalb der Einsatzschwelle, so sind sie – zumindest in bezug auf Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG – zulässig. Dies sagt nichts über ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit insgesamt aus, da sie die föderale Zuständigkeitsverteilung zu beachten haben und sich an den Regeln über die Amtshilfe messen lassen müssen. Es hat sich gezeigt, daß nur sehr wenige Bundeswehrverwendungen unterhalb der Einsatzschwelle bleiben und somit als schlichte sonstige Verwendungen im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG zulässig sind. Die meisten Verwendungen, die im Hinblick auf Großveranstaltungen und terroristische Bedrohungen sowie die Folgen erfolgter terroristischer Anschläge erwogen werden sowie in der öffentlichen Diskussion im Gespräch sind, sind Einsätze und bedürfen somit weiterer Erörterung.

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4. Teil: Zulässigkeit als schlichte Verwendung

Wegen fehlenden Einsatzcharakters zulässig sind bei Großveranstaltungen aber vorbehaltlich anderer verfassungsrechtlicher Schranken Verwendungen in Form der Nutzung der personellen Ressourcen der Streitkräfte für eine Vielzahl von organisatorischen, logistischen und technischen Arbeits- und Dienstleistungen einfacher Art in der Vorbereitung einer Großveranstaltung, wie z. B. Bautätigkeiten, der Transport von Material oder die Überlassung von Kraftfahrzeugen für den Transport oder von Spezialfahrzeugen, soweit bei diesen nicht unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich gehandelt wird. In gleicher Weise sind auch in der Durchführungsphase einer Großveranstaltung schlichte Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. denkbar, wie die Verwendung im Bereich der Verpflegungszubereitung oder dem Service hinsichtlich der Verköstigung von Politikern oder sonstiger Veranstaltungsteilnehmer sowie die Verwendung als Garderobenpersonal. In diesem Stadium und auch in der Phase der Durchführung einer Großveranstaltung ist auch die Verwendung militärischer Führer als Führungspersonal zulässig, wenn sich diese Tätigkeit auf Verhalten geführter militärischer oder ziviler Kräfte bezieht, welches seinerseits keinen Einsatzcharakter hat. Ebenso ist die Verwendung militärischer Vorgesetzter zur Vorbereitung von Entscheidungen anderer militärischer oder nicht-militärischer Entscheidungsträger im Rahmen der Vorbereitung oder Durchführung von Großveranstaltungen, die diesen aufgrund von Delegation und Arbeitsteilung zurechenbar ist, eine schlichte Verwendung, wenn sich die Führungsaufgabe letztendlich auf eine Tätigkeit ohne Einsatzcharakter bezieht. Die vorstehenden Aussagen hinsichtlich der Einstufung von Verwendungen militärischer Vorgesetzter lassen sich sinngemäß auf solche Verwendungen bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen oder der Bewältigung der Folgen terroristischer Anschläge übertragen. Sowohl im Hinblick auf Großveranstaltungen als auch auf terroristische Bedrohungen ist die informelle beratende Tätigkeit von Vorgesetzten der Bundeswehr i. e. S., bei der diese ihr militärisches Know-how teilen, niemals ein Einsatz, unabhängig davon, auf welche Arten von Verwendungen sie sich bezieht. Anders als bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen, die bei allen untersuchten spezifischen Verwendungen der Streitkräfte Einsatzcharakter hat, sind bei der Bewältigung der Folgen terroristischer Anschläge in irgendeiner Form, bei welcher die Streitkräfte den zivilen Katastrophenschutz unterstützen, ergänzen oder ersetzen, schlichte Verwendungen denkbar, da diverse Tätigkeiten der Streitkräfte nach einem solchen Anschlag schlichthoheitlich sind. Meist sind jedoch auch unmittelbar obrigkeitliche Maßnahmen erforderlich, um die Bewältigung der Gefahrensituation zu ermöglichen. Wenn die Streitkräfte hieran beteiligt sind, die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit sonstiger Kräfte unterstützen oder diese mittelbar ermöglichen, indem sie durch Wahrnehmung schlicht-hoheitlicher Aufgaben

C. Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG

209

sonstige zur Ausübung unmittelbar obrigkeitlicher Tätigkeiten befähigte Kräfte entlasten, so liegt ein Einsatz vor. Nur wenn diese Umstände nicht gegeben sind, handelt es sich um eine schlichte Verwendung der Streitkräfte. Dieser Fall wird äußerst selten gegeben sein, da schwerwiegende Gefahrensituationen als Konsequenz terroristischer Anschläge fast immer auch unmittelbar obrigkeitliches Handeln erfordern. Eine Verwendung der Bundeswehr i. e. S., z. B. durch Überflug eines ländlichen Gebietes mit „Recce-Tornados“, die im Hinblick auf terroristische Taten, wie Entführungen von Personen etc., allein dazu dient, eine vermißte Person in totem oder lebendigem Zustand aufzufinden, ist eine schlichte Verwendung. Hinsichtlich aller schlichten Verwendungen sei darauf hingewiesen, daß es sich natürlich auch um eine politische Entscheidung handelt, ob man Soldaten der Bundeswehr zu solchen im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG unproblematischen Verwendungen heranziehen will. Zurückhaltung ist in diesem Bereich empfehlenswert und es sollten stets nicht-militärische Alternativen vorgezogen werden. Dies gebietet bereits der Zweck der Sicherung der Erfüllung des primären Verteidigungsauftrages, welcher durch umfangreiche sekundäre Verwendungen beeinträchtigt werden kann. Alle übrigen zuvor spezifisch behandelten Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und im Zusammenhang mit terroristischen Bedrohungen haben verfassungsrechtliche Rechtfertigung erfordernden Einsatzcharakter. Konsequenz ist deren Unterwerfung unter den Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG. Dies bedeutet noch nicht, daß sie im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG unzulässig sind, sondern es ist in der Folge zu prüfen, ob sie zur Verteidigung erfolgen oder ob eine ausdrückliche Zulassung in der Verfassung vorliegt, die diesen Einsatz ermöglicht.

5. Teil:

Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung Es soll zunächst untersucht werden, ob die Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen, welche sich aufgrund der Untersuchung im 4. Teil als Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG darstellen und somit dem Verfassungsvorbehalt unterfallen, als Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG zulässig sind. Denn auch wenn keine Einigkeit darüber herrscht, ob Art. 87a Abs. 11 oder Abs. 22 GG die verfassungsrechtliche Ermächtigung zum Einsatz der Bundeswehr i. e. S. zur Verteidigung darstellt, so ist doch unumstritten, daß Einsätze, die zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG erfolgen, insofern ohne eine ausdrückliche Zulassung möglich sind.3 In diesem Zusammenhang besteht auch an der Identität der Bedeutung des in den ersten beiden Absätzen des Art. 87a GG enthaltenen Merkmals „zur Verteidigung“ kein Zweifel.4 Dementsprechend ist in einem ersten Prüfungsschritt zu untersuchen, ob der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedürftige Einsätze der Bundes1 Auch nach der Einfügung des Art. 87a Abs. 2 GG 1968 sehen die Ermächtigung für Verwendungen zur Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 GG: A. Coridaß, 17; K. Dau, NZWehrr 1998, 89 (92); P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (805); die Argumentation von Dau und Kirchhof, Art. 87a Abs. 1 GG müsse die Ermächtigung enthalten, weil ansonsten bis zur Einfügung des Abs. 2 1968 kein Einsatz zur Verteidigung möglich gewesen sei, überzeugt nicht; gleichwohl kann seinem Gedanken, daß Abs. 2 Einsätze zur Verteidigung nach dem Wortlaut voraussetze und nicht selbst regele, sondern nur eine Ergänzung in Bezug auf nicht der Verteidigung dienende Aufgaben im Innern regele, nicht schlechthin jede Berechtigung abgesprochen werden. 2 Allein in Art. 87a Abs. 2 GG sehen die Ermächtigung für Verwendungen zur Verteidigung: M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 11, 27; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (82); C. v. Bülow, 47 f., 51 f.; ders., NZWehrr 1984, 237 (241); W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 16; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 60; U. Schopohl, 68; Baldus argumentiert überzeugend, daß bis zur Einfügung des Art. 87a Abs. 2 GG der Abs. 1 die Ermächtigung darstellte, ab 1968 jedoch Abs. 2 als jüngere und auch speziellere Vorschrift diese Funktion erfüllt. 3 Vgl. für viele: B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 71; W. Grubert, 219; P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (804); B. Nölle, 35. 4 C. v. Bülow, 163; K. Dau, NZWehrr 1998, 89 (94); P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (806).

A. Begriff der Verteidigung

211

wehr i. e. S. bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG erfolgen.

A. Begriff der Verteidigung Vorauszuschicken ist, daß es durchaus Sinn hat, sich dem Begriff Verteidigung juristisch zu nähern, da diese Arbeit davon ausgeht, daß sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Soweit andere der Auffassung sind, Verteidigung sei kein Rechtsbegriff, weil diese allein vom Begriff des Angriffs abhängig sei,5 so ist zu erwidern, daß es zwar stimmt, daß Angriff und Verteidigung ein in Wechselbeziehung stehendes Begriffspaar bilden und sich in ihrem Inhalt gegenseitig bedingen. Jedoch schließt dies nicht aus, daß bestimmt werden kann, was für ein Angriff konkret die Verteidigung im Sinne des Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG auslöst. Der Angriff, auf den die Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG die verfassungsrechtlich zulässige Reaktion darstellt, ist abstrakt und eventuell mit konkreten auslegungsbedingten Einschränkungen juristisch faßbar und somit definierbar. Dies führt wiederum zu begrifflicher Faßbarkeit und Definierbarkeit des Begriffs Verteidigung, weshalb es sich um einen der juristischen Definition zugänglichen Begriff – und somit um einen Rechtsbegriff – handelt.6 Etwas anderes wäre auch ausgesprochen untypisch, da es für das Verfassungsrecht kennzeichnend ist, mit rechtlich geordneten Verfahren auf politische Vorgaben zu reagieren.

I. Wortlaut Verteidigung ist das Hauptwort zum Verb verteidigen und ist von der Bedeutung her an dessen Verständnis angeknüpft. Verteidigen stammt vom mittelhochdeutschen verteidingen bzw. althochdeutschen vertagedingen ab, was vor Gericht verhandeln bedeutete.7 Das spätmittelhochdeutsche teiding bezeichnete Schutz und Fürsprache im Gerichtsverfahren.8 Heute kann verteidigen unterschiedliches bedeuten: gegen Angriffe schützen; Angriffe von jemandem oder etwas abzuwehren versuchen; für eine Sache oder Person, die irgendwelcher Kritik ausgesetzt ist, eintreten; einen Angeklagten in einem Strafverfahren vor Gericht vertreten. Im sportlichen Bereich bedeutet „verteidigen“, sich bemühen, einen Spielstand zu halten, oder auch, sich bemühen, einen bereits errungenen Titel erneut zu erringen.9 Dementspre5 6 7

E. Beckert, NZWehrr 1984, 15 (22). A. Coridaß, 17, Fn. 1. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „verteidigen“; M. Schultz,

187. 8

U. Schopohl, 86.

212

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

chend versteht man unter Verteidigung zunächst das allen diesen Bedeutungen korrespondierende Hauptwort. Mit Blick darauf, daß in Art. 87a GG die Streitkräfte Regelungsgegenstand sind – im Grunde also bereits aufgrund einer Art mikro-systematischer Auslegung –, konkretisiert sich die Bedeutung von „Verteidigung“ auf das Verteidigen, Sichverteidigen oder Verteidigtwerden im Sinne eines „gegen Angriffe schützen“ oder „Angriffe von jemandem oder etwas abzuwehren versuchen“,10 bzw. die Abwehr eines Angriffs.11 Verteidigung kann aber auch als umfassender Sammelbegriff für alle das Militär betreffenden Angelegenheiten verstanden werden und insofern Militärwesen bedeuten, wie es sich in Zusammensetzungen wie „Verteidigungshaushalt“, „Verteidigungsausschuß“ oder „Verteidigungsminister“ niederschlägt.12 Mit letzterer Bedeutung hätten aber die Regelungen des Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG keinen wirklichen Aussagegehalt und wären zirkulär. Ein Verständnis der Verteidigung in Art. 87a Abs. 2 GG im Sinne eines Oberbegriffs für das Militärwesen ist deshalb ausgeschlossen.13 Wenn vom Wortlaut her davon ausgegangen werden kann, daß Verteidigung die Abwehr eines Angriffs bzw. der Versuch der Abwehr ist, so zeigt sich, daß die Bestimmung des Begriffsinhalts der Verteidigung untrennbar mit einem Angriff verbunden ist. Gelänge es, den Angriff in Qualität, Ursprung und Zielrichtung zu determinieren, so stünde auch fest, was Verteidigung ist. Jedoch ist dies eine „Gleichung mit zwei Unbekannten“, weshalb diese Feststellung zwar theoretischen Erkenntniswert hat, praktisch jedoch nicht wirklich zum Ziel bringt. Zu wissen, was der Komplementärbegriff zu einem Begriff ist, ist jedoch bereits ein Gewinn, weil gelegentlich Negativdefinitionen einfacher sind als positive Definitionen und Begriffe über Gegenbegriffe an Kontur gewinnen können. Um aus der Fest9

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „verteidigen“. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Verteidigung“, 1. Bedeutung; M. Schultz, 187. 11 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (99); M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 13; ders., Extraterritoriale Interventionen, 259 (280); H. Boldt, ZRP 1992, 218 (220); V. Epping, 615 (633); E. Schemann, 9; M. Zimmer, 70. 12 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Verteidigung“, 2. Bedeutung; in diesem Sinne ebenfalls K. Stern, StaatsR II, § 42 II 2, 857: „Verteidigung heißt in erster Linie das Aufstellen und Unterhalten von Streitkräften“. 13 Aus diesem Grunde kann auch die Auffassung des BVerwG, BayVBl. 1973, 328 (330), nicht herangezogen werden, wonach „alle mit irgendeinem Einsatz der Streitkräfte im Zusammenhang stehenden Regelungen, selbst bei Hilfeleistung im Frieden, unter den Verteidigungsbegriff fallen“; diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf Verteidigung im Sinne von Art. 73 Ziff. 1 GG; Bedeutung für Art. 87a Abs. 2 GG, wo gerade Funktionen der Streitkräfte außerhalb der Verteidigung angesprochen werden, kommt diesem Urteil nicht zu, vgl. O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 127. 10

A. Begriff der Verteidigung

213

stellung, daß Verteidigung die Abwehr eines Angriffs ist, Nutzen zu ziehen, ist zu fragen, was für weitere abstrakte oder konkrete Gedanken aus dieser Erkenntnis abzuleiten sind. Im Grunde sind diese bereits angesprochen worden. Man kann fragen, von wem bzw. aus welcher Richtung ein Angriff herrührt. Außerdem kann die Art des Angriffs oder eine besondere ihm innewohnende Qualität angesprochen werden. Zuletzt kann man eruieren, wohin der Angriff zielt. Die Frage, von wem, bzw. von wo ein Angriff herrührt, läßt sich mit der Chiffre des Angreifers bzw. des Angriffsursprungs fassen. Die besondere einem Angriff innewohnende und diesen auszeichnende Qualität kann als Angriffscharakter bezeichnet werden. Für die inhaltliche Determinierung der Verteidigung zentral ist desweiteren die Feststellung, wohin der Angriff zielt bzw. wogegen er sich richtet. Diese Zielrichtung geht gegen irgendein Rechtsgut oder sonstiges Gut. Dieses Gut ist das Angriffsziel oder Angriffsobjekt. Da es hier primär um die Inhaltsbestimmung von Verteidigung geht und die Befassung mit dem Angriff nur mittelbare Relevanz hat, ist diesbezüglich festzustellen, daß das Angriffsziel genau das Gut ist, welches verteidigt wird. Das Angriffsziel kann deshalb unter dem Blickwinkel des Begriffs Verteidigung auch als Verteidigungsgut oder Verteidigungsobjekt bezeichnet werden.14 Das Ziel der Verteidigung – oder auch der Verteidigungszweck – ist die Abwehr des gegen das Verteidigungsobjekt geführten Angriffs.15 Bezweckt ist dabei die erfolgreiche Abwehr: die Erhaltung und Sicherung des Verteidigungsobjekts, notfalls die Wiederherstellung dessen vorherigen Zustandes.16 Dieses Verteidigungsziel kann nur durch auf dieses ausgerichtete Maßnahmen und Aktivitäten erreicht werden. Alles, was in Verfolgung des Verteidigungszwecks unternommen wird, ist seinerseits Verteidigung, speziell in der Form der Verteidigungsmaßnahmen. Verteidigung läßt sich danach in eine funktional-prozeßhafte Komponente – Verteidigungsmaßnahmen – und eine finale Komponente – Verteidigungszweck – aufgliedern.17 In bezug auf alle diese abstrakten Komponenten der Verteidigung lassen sich dem Wortlaut keine Konkretisierungen entnehmen.18 Wer oder was 14 Zur Bedeutung von Angriff und Verteidigungsobjekt auch B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (99); U. Schopohl, 87, und M. Schultz, 187. 15 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (99), spricht vom Verteidigungsziel. 16 U. Schopohl, 87; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (84), hebt besonders die „Wiederherstellung des status quo ante“ hervor und betont, daß weitergehende Ziele, wie z. B. die Vernichtung des Gegners, von der Verteidigung nicht gedeckt werden. 17 U. Schopohl, 87. 18 So hinsichtlich des Verteidigungsobjekts M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (280).

214

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

hier von den Streitkräften geschützt wird, ist dem Wortlaut nach ebenso offen, wie die Norm den Angriff, auf den sie sich bezieht, nicht näher bestimmt. Aus militärischer Sicht bedeutet Angriff die Gefechtsart mit dem Ziel, den Gegner möglichst überraschend zu treffen und entscheidend zu schlagen.19 Es kann im nicht-militärischen Bereich aber auch die von Menschen drohende Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder schlicht Aggression bedeuten.20 Aus einer sicherheitspolitischen Perspektive bedeutet Verteidigung die Abwehr einer Aggression in Durchführung einer Strategie, die die Integrität des eigenen Territoriums oder des Territoriums Verbündeter und die herrschende Gesellschaftsordnung bewahren will.21 Verteidigung wird in bezug auf das Militär aber auch verstanden als Defensive, im Unterschied zum Angriff die Kriegs- und Kampfführung, die die Abwehr eines Angreifers bezweckt.22 Ein spezifisches Wortverständnis, wie es die militärische Fachsprache oder der Jargon von Sicherheitspolitikern darstellt, kann jedoch nicht Grundlage der Wortlautauslegung einer Verfassungsnorm sein. Diese regelt die Gesamtheit der gesellschaftlichen Fragen, die der Regelung durch eine Verfassung zugänglich sind und hat deshalb allgemein verständliche Begriffe zu verwenden und diesen im wesentlichen auch die Inhalte zu geben, die dem allgemeinen Wortverständnis und Sprachgebrauch entsprechen. Eine nähere Eingrenzung hinsichtlich des Begriffs Angriff ist deshalb nicht ohne weiteres möglich. Unter Einbindung der angesprochenen konkretisierenden, jedoch zugleich abstrakten Komponenten von Verteidigung und Angriff läßt sich Verteidigung verstehen als mit dem Ziel der Abwehr des Angriffs vorgenommene Verteidigungsmaßnahmen, die sich gegen von einem Angreifer aus einer bestimmten Angriffsrichtung stammende und gegen das Angriffsziel, welches zugleich Verteidigungsobjekt ist, gerichtete Maßnahmen mit Angriffscharakter wenden. In dieser Weite wäre es unproblematisch möglich, die gesamte Bandbreite von Situationen, wie sie auch von der polizeilichen Generalklausel23 erfaßt werden, sowohl in bezug auf das geschützte Rechtsgut – das Verteidigungsobjekt –, als auch in bezug auf den Störer – den Angreifer – unter Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG zu subsumieren. Eine Einschrän19

Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Angriff“; M. Schultz,

187. 20

Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Angriff“; M. Schultz,

187. 21

M. Zimmer, 70. Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Verteidigung“, 1. Bedeutung; ebenso U. Schopohl, 87. 23 Zum Beispiel § 8 PolG NRW. 22

A. Begriff der Verteidigung

215

kung des Tatbestandes, wonach zum Beispiel nur von außerhalb des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland herrührende Gefahren, insbesondere von einem anderen Staat mit dessen Streitkräften geführte Angriffe, erfaßt werden, ist danach dem Wortlaut nicht zu entnehmen.24 Soweit schon auf Wortlautebene dem Begriff Verteidigung eine „ausschließlich militärisch-funktionale Bedeutung“ entnommen wird,25 so ist dies auf ein bestimmtes Vorverständnis des Rechtsanwenders zurückzuführen, welches der juristischen Hermeneutik fremd sein sollte. Unter Beschränkung auf den Wortlaut des Art. 87a Abs. 1 GG und bei Berücksichtigung der Streitkräfte als Regelungsgegenstand der Norm umfaßt Verteidigung somit alle mit dem Ziel der Abwehr des Angriffs vorgenommenen Verteidigungsmaßnahmen, die sich gegen von einem Angreifer aus einer bestimmten Angriffsrichtung stammende und gegen das Verteidigungsobjekt gerichtete Maßnahmen mit Angriffscharakter wenden.26 Im Übrigen lassen sich dem Wortlaut im Hinblick auf die Begriffskomponenten Angreifer, Angriffsrichtung, Angriffscharakter der Maßnahmen und Verteidigungsobjekt – und deshalb auch nicht hinsichtlich Verteidigung allgemein – keine konkretisierenden Merkmale entnehmen.

II. Meinungsstand und Vorgehensweise Wegen der vorstehend festgestellten fast endlosen Weite des Wortlauts ist der Auslegung ein weites Feld eröffnet. Hinsichtlich aller Komponenten des Begriffs finden sich verschiedene Auffassungen in mehr oder weniger großer Zahl. Da die 90er Jahre durch die Befassung mit Auslandsverwendungen der Bundeswehr i. e. S. geprägt waren, lag auch bei der rechtswissenschaftlichen Beschäftigung mit Art. 87a GG und dem Verteidigungsbegriff der Fokus auf dessen Relevanz für solche Verwendungen. Da dann, wenn man eine kon24 So auch B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 82; C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (241); J. Isensee, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 23, und M. Schultz, 187. 25 So U. Schopohl, 88 f. 26 Ähnlich M. Schultz, 188; Verteidigung beinhaltet dabei, soweit es um die Abwehr militärischer Angriffe geht, in militär-taktischer Hinsicht nicht nur Verteidigungsmaßnahmen im allerengsten Sinne, worunter z. B. der Schutz von Objekten oder von Räumen zu verstehen ist, sondern auch begrenzte Offensivmaßnahmen im taktischen Sinne, soweit diese insgesamt dem Ziel der Verteidigung dienen und sich allein als operative Elemente einer im großen Maßstab auf Schutz des Verteidigungsobjekts gerichteten Kampf- bzw. Kriegsführung darstellen, vgl. dazu U. Schopohl, 87; aus diesem Grunde ist z. B. auch das Zurückschlagen eines Angriffs durch Gegenangriff Verteidigung in diesem Sinne.

216

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

krete Auslandsverwendung als Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG einstufte und zugleich der Verfassung keine ausdrückliche Zulassung entnehmen konnte, nur über den Bezug zur Verteidigung deren Zulässigkeit zu begründen war, wurde auch an diesem Begriff intensive Auslegungsarbeit betrieben. Dabei wurde sich meist auf die Frage des Verteidigungsobjekts konzentriert, weil dies über den Verteidigungsbezug von Verwendungen im Rahmen der VN zu humanitären, peace-keeping oder peace-enforcing27 Zwecken oder gar im Rahmen der NATO bei Kampfeinsätzen ohne Bündnisfall nach Art. 5 NATO-Vertrag zu entscheiden schien. Aus diesem Grund ist der Meinungsstand zu dieser Frage vielfältig und differenziert und soll überblicksweise und in systematisierter Form dargestellt werden. Die in der Reichweite engste Auffassung sieht als Objekt der Verteidigung aufgrund einer Gleichsetzung von Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG mit dem Verteidigungsfall im Sinne von Art. 115a Abs. 1 GG28 bzw. im Hinblick auf Art. 79 Abs. 1 S. 2 GG allein das Bundesgebiet.29 Andere sehen ebenfalls die Landesverteidigung als Inhalt des Verteidigungsbegriffs, erstrecken diese aber nicht nur auf die Bundesrepublik, sondern unter Rückgriff auf das aus Art. 51 SVN folgende Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung auch auf andere Staaten.30 Innerhalb dieser Gruppe von Autoren beschränken einige die verteidigungsfähigen 27 Zu diesen von der SVN nicht vorgesehenen Handlungsformen, die sich aufgrund der Handlungsunfähigkeit des Sicherheitsrats im Kalten Krieg entwickelten vgl. O. Hoffmann, Deutsche Blauhelme, 17 ff.; Begriffsabgrenzungen bei V. Löwe, 27 ff.; zum Konzept der VN-Friedenssicherung V. Löwe, 61 ff. 28 Art. 115a Abs. 1 GG lautet: Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. 29 B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (99 f.); M. Bartke, 67 ff., 234; W. Brunkow, 32; A. Coridaß, 42 ff.; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22 ff.; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 5; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 5; B. Rieder, 348; Stellungnahme des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Hamburger Informationen zur Friedensforschung und Sicherheitspolitik, 10/1990, abgedruckt in: C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 65 f.; M. Schmidt, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 183; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; K. Stern, StaatsR II, § 54 V 10, 1430; zur weiteren Begründung dieser Auffassung vgl. M. Schultz, 181 f.; C. Thomas (Bearb.), Bundeswehr und Grundgesetz, 10, hält diese Sichtweise politisch für angezeigt, ohne dies mit dem Argument rechtlicher Bindung zu begründen; A. Thomsen, 70.

A. Begriff der Verteidigung

217

Drittstaaten auf die Bündnispartner der Bundesrepublik, wodurch die ansonsten nach Art. 51 SVN zulässige Nothilfe zugunsten dritter Staaten beschränkt werde.31 Von der These ausgehend, daß die Staatlichkeit sich nach allgemeiner Auffassung in der Allgemeinen Staatslehre durch Staatsgewalt, Staatsgebiet und Staatsvolk auszeichnet, bezieht O. Depenheuer unter Heranziehung des Arguments der grundrechtlich begründeten staatlichen Schutzpflichten neben der Abwehr unmittelbarer oder drohender Angriffe auf die Territorien der Bundesrepublik und der Bündnispartner auch den Schutz deutscher Staatsbürger im Ausland in den Verteidigungsbegriff ein.32 Sehr weit definiert eine weitere Gruppe von Stimmen die Verteidigung, indem sie unter Bezugnahme auf Art. 51 SVN und Art. 24 Abs. 2 GG den „Weltfrieden“ und die „internationale Sicherheit“ als Verteidigungsobjekte ausmacht.33 Die Weite der vorstehenden Begriffsbestimmung will diejenige Auffassung etwas einschränken, die einen nationalen Bezug insofern herstellt, als ein gegen einen Staat gerichteter bewaffneter Angriff – englisch: armed attack – im Sinne des Völkerrechts vorliegen muß, der zugleich existentielle Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik bedroht.34 30

M. Bothe, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 7, 216; H. Boldt, ZRP 1992, 218 (220 f.); R. Geiger, 385; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (619); J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 21 f.; S. J. Lang, 76; Position der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestags im Verfahren BVerfGE 90, 286 (335) ; J. M. Mössner, 97 (103 ff.); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 268; ders., ZRP 1991, 5 (9); U. Schopohl, 123. 31 C. v. Bülow, 80, 164 f.; U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 6; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 11, 17; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 160 ff.; nicht eindeutig in dieser Richtung K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (622 f.); F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 28; E. Klein, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 30, 146, 150; H. Klückmann, 50; W. März, 31; Position der Antragsteller (Fraktion der SPD und einzelner SPD-Abg. sowie der Fraktion der F.D.P. und einzelner F.D.P.-Abg.) im Verfahren BVerfGE 90, 286 (317); E. Schemann, 9 ff.; J. Wieland, DVBl. 1991, 1174 (1179); C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (245 ff.), läßt dies nur im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit zu. 32 O. Depenheuer, DVBl. 1997, 685 (688); hinsichtlich des Schutzes der Staatsbürger als Legitimation jeglicher Verteidigungsbemühungen ebenso C. v. Bülow, 184. 33 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 16 ff.; P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (822 f.); J. M. Mössner, 97 (105, 111); B. Nölle, 118f; nicht eindeutig, aber wohl so zu verstehen: W. Speth, 165 ff.; C. Tomuschat, in: Bonner Kommentar, Art. 24, Rn. 173.

218

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Eine letzte größere Gruppe von Autoren sieht als mögliche Objekte der Verteidigung auch „völkerrechtlich geschützte Rechtspositionen“ an.35 Manche wollen dies auf Rechtspositionen der Bundesrepublik36 oder auf solche und die der Bündnispartner Deutschlands beschränken.37 Das BVerfG hat weder in der Entscheidung vom 12. Juli 1994 noch in irgendeiner anderen Entscheidung zur Frage der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG Stellung genommen, sondern dies bewußt offen gelassen.38 Wie dieser Überblick zeigt, herrscht hinsichtlich des Verteidigungsobjekts ausgesprochene Meinungsdiversität. Ohne im Einzelnen in eine Auseinandersetzung mit diesen Auffassungen und eine Subsumtion der problematischen Verwendungen mit Einsatzcharakter einsteigen zu wollen, so läßt sich doch prima facie erkennen, daß sich bei zumindest einigen der problematischen Verwendungen bei Großveranstaltungen und im Zusammenhang mit terroristischen Bedrohungen, deren Einsatzcharakter festgestellt wurde, ein Bezug zum Verteidigungsobjekt, wie es die etwas weiteren Auffassungen verstehen, argumentativ begründen ließe. Es erscheint nicht ausgeschlossen, Bedrohungen einer großen Anzahl von Menschen oder von hochrangigen deutschen oder ausländischen Politikern, die eventuell Staatsorgane sind, oder von wichtigen Persönlichkeiten aus dem Wirtschaftsleben bei Großveranstaltungen durch terroristische Bedrohungen als Angriffe auf den Weltfrieden oder die internationale Sicherheit sowie auf völkerrechtlich geschützte deutsche oder ausländische Rechtspositionen bzw. deutsche Sicherheitsinteressen anzusehen. Die Subsumtion unter diese Definitionen sowie die Auseinandersetzung mit diesen Standpunkten ist diffizil und aufwendig. Bevor diese Aufgabe, die schon viele Autoren in den vergangenen Jahren im Hinblick auf Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Ausland unternommen haben, angegangen wird, sollte erwogen werden, ob es nicht andere Ansatzpunkte gibt, die über den Verteidigungsbezug der problematischen Verwendungen mit Einsatzcharakter Auskunft geben können, welche jedoch einen weniger aufwendigen Weg darstellen. Als solche Wege kommen zwei hinsichtlich des Verteidigungsbegriffs relevante Komponenten in Betracht: zum einen die Frage des Angreifers beziehungsweise der Angriffsrichtung, aus der der Angriff herstammt, und zum anderen der Angriffscharakter der Maßnahmen, in bezug auf die die Frage der Verteidigung zu erörtern ist. 34

M. Zimmer, 88; ähnlich W. März, 34; E. Beckert, NZWehrr 1984, 22. K. Dau, NZWehrr 1998, 89 (94); H. Woopen, NZWehrr 1983, 201 (209). 36 C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (251). 37 S. Brunner, 40; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 161, 171; M. Schultz, 284. 38 BVerfGE 90, 286 (355 f.). 35

A. Begriff der Verteidigung

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Bezüglich der Angriffsrichtung läßt sich unter Rekurs auf das oben festgestellte Verfassungsprinzip der Trennung von Polizei und Militär und entsprechend der Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen feststellen, daß viel dafür spricht, daß aus diesem Grunde Verteidigung die Abwehr eines von außen kommenden Angriffs darstellt. Würde sich diese Hypothese bestätigen, so wären wohl die meisten problematischen Verwendungen mit Einsatzcharakter bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen wegen ihres Bezugs auf innere Gefahren verteidigungsfremd. Im Hinblick auf Angreifer und Angriffscharakter der auszuführenden Maßnahmen finden sich Stimmen, nach denen Verteidigung die Abwehr eines von einem fremden Staat mit dessen aus regulären Kombattanten bestehenden Streitkräften geführten Angriffs mit militärischen Mitteln von einiger Intensität sein soll, welcher eine Abwehr mittels der Streitkräfte erforderlich macht.39 Auch diese Voraussetzungen liegen bei den problematischen Verwendungen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vor.40 Fehlt es an einer dieser Komponenten, so kann eine solche Situation, auch wenn ein Verteidigungsobjekt im Sinne einer der diesbezüglich dargestellten Auffassungen betroffen ist, niemals dazu führen, daß ein Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung vorliegt. Aus diesem Grunde soll in der Folge herausgearbeitet werden, ob der Verteidigungsbegriff in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ausschließlich gegen von außen kommende Gefahren gerichtet ist, oder ob er andere Einschränkungen enthält, wie z. B. daß die Gefahr von einem anderen Staat mittels dessen regulären Streitkräften mit Kombattantenstatus in eine militärische Reaktion erfordernder Weise ausgeführt wird. 39 Vgl. A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2; S. J. Lang, 73; M. Schultz; einen von außen gegen die Bundesrepublik mit Waffengewalt geführten Angriff setzen voraus: D. Keidel, 45, H. Klückmann, 49, J. Pannkoke, 208, und N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 62; schlicht einen „bewaffneten Angriff“ setzen voraus: A. Coridaß, 116, O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 132, 199; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (80), hebt hervor, daß es militärische Aktionen an der Grenze geben kann, die nicht eindeutig auf den Beginn eines bewaffneten Konfliktes schließen lassen; ebenfalls kennt das Völkerrecht neben dem bewaffneten Angriff „andere Formen der Ausübung militärischer Gewalt, zum Beispiel in Form der ,Repressalie‘ mittels begrenzter militärischer Aktionen“, vgl. E. Beckert, a. a. O., 85. 40 Nicht verschwiegen werden soll, daß sich in allgemein-sicherheitspolitischer Hinsicht nach dem 11.9.2001 Stimmen vernehmen lassen, nach denen „ein Angriff auf einen Staat [. . .] nunmehr nahezu unstrittig schon dann angenommen [wird], wenn einzelne Personen oder nicht-staatliche Organisationen wie die Al Qaida des Osama bin Laden mit terroristischen Aktionen die Symbole eines Staates zerstören oder beschädigen.“, vgl. R. Clement, Europäische Sicherheit 12/2001, 49.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

III. Historische Auslegung 1. Art. 79 WRV Die einzige Verfassungsnorm in der Art. 87a GG vorgehenden deutschen Verfassungsgeschichte, in welcher sich der Begriff Verteidigung fand, ist Art. 79 der Weimarer Reichsverfassung (WRV).41 Die gewisse Verwandtschaft zu Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG läßt sich nicht übersehen. Die Norm stand im 6. Abschnitt der WRV, welcher mit Die Reichsverwaltung betitelt war. Der VIII. Abschnitt des GG heißt Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung. Die Verwandtschaft erstreckt sich darüber hinaus auch auf den Inhalt. Die Aussage in Art. 79 S. 1 WRV, die Verteidigung des Reichs sei Reichssache, entspricht fast parallel der Aussage des Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG, der Bund stelle Streitkräfte zur Verteidigung auf. Auch die Verbindung des S. 1 von Art. 79 WRV mit dessen S. 2 läßt folgenden Schluß zu: da in einem Verfassungsartikel üblicherweise zusammenhängende Sachbereiche behandelt werden, kann man dem Umstand, daß in S. 1 die Verteidigung des Reichs und in S. 2 die Wehrverfassung des deutschen Volkes geregelt war, entnehmen, daß zwischen diesen Gegenständen eine Verbindung besteht. Da die Wehrverfassung die Gesamtheit der wehrrechtlichen Verfassungsnormen ist und wehrrechtlich alle Normen sind, die sich auf die Streitkräfte, ihre Stellung im Staat, ihre Organisation, ihre Funktionen und ihre Befugnisse beziehen, liegt der Schluß nahe, daß auch die Verteidigung des Reichs die Verteidigung mittels der Streitkräfte, also die militärische Verteidigung war. Was jedoch die militärische Verteidigung bzw. die Verteidigung durch die Streitkräfte im einzelnen war, läßt sich Art. 79 WRV auf den ersten Blick nicht entnehmen. Insofern hilft die reine Wortlautbetrachtung unter Berücksichtigung des Umstandes, daß in S. 2 von der Wehrverfassung die Rede ist, genauso wenig weiter, wie die Erkenntnis, daß auch in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG die militärische Verteidigung gemeint sein muß, weil Streitkräfte zur Verteidigung aufgestellt werden und zur Verteidigung eingesetzt werden dürfen. Es ist deshalb weitergehend zu ermitteln, welche nach dem Wortlaut nicht erkennbare Auslegung der Verteidigung in der Weimarer Zeit zuteil wurde. Die Kommentierungen zur WRV sind in ihren Aussagen recht deutlich. Die Aussage des Art. 79 S. 1 WRV, daß die Verwendung der deutschen Wehrmacht allein dem Reiche zusteht und daß sie nur zum Zwecke der Verteidigung des Reichs erfolgen soll, wird dahingehend konkretisiert, daß nur an kriegerische Verwendung, an die Abwehr äußerer Feinde gedacht 41 Art. 79 WRV lautete: Die Verteidigung des Reichs ist Reichssache. Die Wehrverfassung des deutschen Volkes wird unter Berücksichtigung der besonderen landsmannschaftlichen Eigenarten durch ein Reichsgesetz einheitlich geregelt.

A. Begriff der Verteidigung

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war.42 An anderer Stelle heißt es, zur Verteidigung des Reiches gehöre vor allem „der Einsatz der Wehrmacht des Reichs gegen einen aktuellen Angriff von außen auf das Reichsgebiet“. Daneben sollen nur „alle Friedensmaßnahmen, die der Reichsverteidigung [im vorgenannten Sinne; der Verf.] dienen, also insbesondere die Unterhaltung eines stehenden Heeres und dessen Ausrüstung“ zur Verteidigung im Sinne von Art. 79 WRV gehören.43 Dieselbe Stimme stellt fest, daß die Verfassung „unterstellt [. . .], daß von der Wehrmacht des Reichs nach außen nur zu Verteidigungszwecken Gebrauch gemacht werden darf“. Zudem sei es „unzulässig, daß militärische Formationen, die gegen äußere Feinde dienen sollen, von einem anderen Hoheitsträger als dem Reich aufgestellt werden“.44 Diese Aussagen verdeutlichen, daß die WRV mit Verteidigung in Art. 79 S. 1 allein die Abwehr äußerer Bedrohungen meinte.45 Daß hierbei von G. Anschütz die abzuwehrenden äußeren Gefahren noch auf kriegerische Bedrohungen konkretisiert werden, kann als Verweis auf den herkömmlichen Begriff des Krieges verstanden werden. Krieg im Verständnis dieser Arbeit – ohne daß es sich um einen verfassungsrechtlichen Terminus handelt – ist die Auseinandersetzung souveräner Staaten unter Verwendung von Gewalt mittels der Streitkräfte.46 Unter dieser Prämisse ließe sich Anschütz so verstehen, daß die Verteidigung des Reichs nur die Abwehr von außen kommender mittels der Streitkräfte ausgeführter Angriffe seitens souveräner Staaten umfaßte. Daß Verteidigung im Sinne von Art. 79 S. 1 WRV nur die Abwehr äußerer Bedrohungen meinte, wurde auch durch die Existenz des Art. 48 WRV47 42

G. Anschütz, WRV, Art. 79, Anm. 1. L. Gebhard, WRV, Art. 79, Anm. 3. a). 44 L. Gebhard, WRV, Art. 79, Anm. 3. b). 45 So implizit auch F. Poetzsch-Hefter, WRV, Art. 79, Anm. 2 zu S. 1, b), wenn dieser der Erläuterung der Verteidigung in Art. 79 WRV die Verwendung der bewaffneten Macht im Innern nach Art. 48 WRV gegenüberstellt und dies mit den Worten „außer zur Verteidigung“ einleitet. 46 Dies kann auch anders verstanden werden. Denn diese Situation läßt sich mit dem Begriff internationaler bewaffneter Konflikt gleichsetzen; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (80), versteht Krieg bzw. Kriegszustand nur als den Fall eines internationalen bewaffneten Konflikts, bei dem eine Kriegserklärung gemäß Art. 59 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem III. Haager Abkommen von 1907 über den Beginn der Feindseligkeiten (RGBl. 1910, 82) abgegeben worden ist. 47 Art. 48 WRV lautete: (1) Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten. (2) Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen. (3) Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 dieses Artikels 43

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

belegt, welcher auch Verwendungen der Streitkräfte im Inneren „im Dienste der Reichsexekution und zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ regelte.48 Denn wenn dies auch Verteidigung im Sinne von Art. 79 S. 1 WRV wäre, bedürfte es der Regelung in Art. 48 WRV nicht. Die grundsätzliche Trennung zwischen polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und von in Art. 79 WRV geregelter militärischer Gefahrenabwehr nach außen49 wurde auch während der Weimarer Republik gesehen, wenn festgestellt wurde, daß von Art. 79 S. 1 WRV „die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern des Reichs“ nicht berührt werde, welche „als Polizeiangelegenheit [. . .] zunächst Sache der Länder“ ist, „im Rahmen des Art. 48 WRV [. . .] auch zur Reichsangelegenheit werden“ kann, wobei sich der „Einsatz der Wehrmacht zum Schutze der inneren Ordnung [. . .] nach Art. 48 WRV“ bemißt.50 In historischer Hinsicht kann es deshalb als gesichert angesehen werden, daß Art. 79 WRV die Verteidigung als Abwehr von außen kommender Bedrohungen verstand. Dies spricht dafür, daß die Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ebenfalls so zu lesen ist. Hinsichtlich der Qualität des Angreifers als souveräner Staat und dem Charakter des Angriffs als mittels der Streitkräfte ausgeführt kann weniger Sicherheit erzielt werden. Deshalb ist durch die historische Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 79 WRV nur eine Tendenz zu einem entsprechenden Verständnis der Verteidigung im GG feststellen. 2. Art. 87a GG a. F. Außerdem wird eine weitere Vorgängernorm, die ebenfalls auf Verfassungsebene den Begriff Verteidigung enthielt, leicht übersehen. Auch Art. 87a GG in der Fassung der Wehrbeitragsnovelle von 1956 enthielt die Verteidigung.51 Es herrscht Übereinstimmung darüber, daß die 1968 vorgenommene Änderung durch das 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetgetroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstages außer Kraft zu setzen. (4) Bei Gefahr im Verzug kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen der in Abs. 2 bezeichneten Art treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsidenten oder des Reichstags außer Kraft zu setzen. (5) Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz. 48 G. Anschütz, WRV, Art. 79, Anm. 1; F. Poetzsch-Hefter, WRV, Art. 79, Anm. 2 zu S. 1, b). 49 Vgl. oben 4. Teil, C.VI.1.b). 50 L. Gebhard, WRV, Art. 79, Anm. 3. c). 51 Art. 87a Abs. 1 GG a. F. (BGBl. 1956 I S. 111) lautete: Die zahlenmäßige Stärke der vom Bund zur Verteidigung aufgestellten Streitkräfte und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

A. Begriff der Verteidigung

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zes, durch die die alleinige Exekutivkompetenz des Bundes für die Streitkräfte im neuen S. 1 und das auf die Streitkräfte bezogene Budgetrecht des Parlaments in S. 2 geregelt wurde, nur eine redaktionelle Änderung ohne inhaltliche Abweichung darstellte und inhaltlich an den Verteidigungsbegriff der alten Fassung angeknüpft werden sollte.52 Denn bei der Novellierung 1968 spielte die Frage der Verteidigung keine Rolle. Dieser Begriff blieb unverändert und hatte auch bei der Einfügung des Art. 87a Abs. 2 GG keine Bedeutung, weil es nicht darum ging.53 Dementsprechend begegnete der Einsatz zur Verteidigung im Rechtsausschuß keinen Bedenken.54 Die Auslegung der Verteidigung in Art. 87a GG a. F. war schon zwischen 1956 und 1968 sehr uneinheitlich. Da sich eine Ermittlung des Begriffsinhalts lediglich auf Argumente stützen könnte, die sich aufgrund der Bedeutungsidentität sämtlich auch bei der Auslegung von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG n. F. heranziehen lassen, unterbleibt eine gesonderte Untersuchung des Verteidigungsbegriffs in Art. 87a GG a. F.

IV. Entstehungsgeschichte Wegen der vorstehend dargestellten Identität des Begriffs Verteidigung in Art. 87a GG a. F. und Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG n. F. aufgrund des rein redaktionellen Charakters der Änderung werden hinsichtlich der Entstehungsgeschichte sowohl Gesichtspunkte aus dem Verfassungsänderungsverfahren 1956 als auch aus dem Verfahren 1968 herangezogen. Gleiches gilt hinsichtlich aller anderen Auslegungsmethoden, bei denen fortan ohne weitere Hervorhebung dieser Vorgehensweise auch auf Art. 87a GG a. F. bezogene Argumente herangezogen werden. 1. Zweiter Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses der 2. Wahlperiode Im Zweiten Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses55 zum Entwurf der Wehrbeitragsnovelle in der 2. Wahlperiode56 spricht der Rechtsausschuß im Hinblick auf Art. 143 GG a. F. aus, daß diese Norm klarstelle, 52 M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (281); C. v. Bülow, 48, 50; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 6; R. Schikowski, 3; U. Schopohl, 90. 53 M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (281); H. Woopen, NZWehrr 1983, 201 (212). 54 U. Schopohl, 92; Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, Nr. 74, 4; Nr. 75, Anlage 6; Nr. 76, 4, Anlage 3; Nr. 79, Anlage 1. 55 Zweiter Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) über die von den Fraktionen der CDU/CSU, GB/BHE, DP – Drucksache 124 – und von der Fraktion der FDP – Drucksachen 125, 171 –

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

„daß bei der gegenwärtigen Verfassungslage keine Befugnis besteht, die Bundeswehr bei einem inneren Notstand einzusetzen“.57 Mit anderen Worten läßt sich dies so fassen, daß ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. bei einem inneren Notstand nicht zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG a. F. erfolgen würde. Ein innerer Notstand ist – ohne diesen Begriff, den die gegenwärtige Verfassung nicht kennt, und der deshalb auch nicht abstrakt definiert und untersucht werden soll, näher bestimmen zu wollen – eine Gefahrensituation im Inneren der Bundesrepublik mit besonderem Schweregrad. Wenn der Rechtsausschuß des Bundestages der 2. Wahlperiode und somit mangels abweichender Äußerungen diesbezüglich in Bundestag und Bundesrat auch der historische verfassungsändernde Gesetzgeber als solcher eine Norm mit der erklärten Absicht einfügte, daß Bundeswehreinsätze bei inneren Notständen unzulässig seien, so kann dies nur in der Weise verstanden werden, daß der historische verfassungsändernde Gesetzgeber davon ausging, daß solche Einsätze nicht zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG a. F. dienen. Dies wiederum läßt allein zwei Schlüsse zu: Entweder umfaßt Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG a. F. Gefahren von innen und außen und Art. 143 GG a. F. sollte als Ausnahme hiervon bestimmte Bundeswehreinsätze ausschließen, oder Verteidigung erfaßte nur die Abwehr von außen stammender Bedrohungen und Streitkräfteeinsätze im Inneren sind deshalb ausgeschlossen, was Art. 143 GG a. F. noch einmal besonders für Einsätze bei inneren Notständen betont. Die Äußerungen des Rechtsausschusses im zitierten Bericht sprechen bei genauer Betrachtung für die zweite Verständnisweise. Denn wenn gesagt wird, der Verteidigungsausschuß habe angeregt, der Rechtsausschuß möge eine Ergänzung des Art. 91 GG erwägen, durch die der Einsatz der Bundeswehr bei innerem Notstand geregelt wird, und der Rechtsausschuß sich eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, BTDrucks. 2/2150. 56 BTDrucks. 2/124, 2/125 und 2/171. 57 In BTDrucks. 2/2150, 5, heißt es „Zu Art. 143“: „Der Verteidigungsausschuß hatte durch einstimmigen Beschluß angeregt, der Rechtsausschuß möge eine Ergänzung des Art. 91 GG erwägen, durch die der Einsatz der Bundeswehr im Fall eines inneren Notstandes zur Unterstützung der Polizeikräfte geregelt wird. Der Rechtsausschuß sah sich nicht in der Lage, in der zur Verfügung stehenden Zeit eine derartige Regelung zu erarbeiten und zu beschließen. Er hielt es aber für geboten, daß durch einen neu einfügten Art. 143 klargestellt wird, daß bei der gegenwärtigen Verfassungslage keine Befugnis besteht, die Bundeswehr bei einem inneren Notstand einzusetzen. Die Worte ,. . . zulässig wird‘ bringen dies zum Ausdruck. Ein Einsatz der Bundeswehr und die Feststellung eines inneren Notstandes ist nach übereinstimmender Auffassung des Ausschusses erst möglich, wenn durch ein verfassungsänderndes Gesetz die Frage geklärt worden ist, wer feststellt, daß ein Fall des Notstandes eingetreten ist, und wer die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte in diesem Fall ausübt.“

A. Begriff der Verteidigung

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nicht in der Lage sah, in der zur Verfügung stehenden Zeit eine solche Regelung zu erarbeiten und zu beschließen, so ist dies so zu verstehen, daß der Verteidigungsausschuß zunächst anregte, eine Regelung des Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. bei innerem Notstand zu schaffen. Eine solche wäre überhaupt nicht notwendig, wenn der Einsatz der Bundeswehr i. e. S. bei innerem Notstand bereits von der Verteidigung in Art. 87a GG a. F. erfaßt wäre. Dementsprechend ging der Verteidigungsausschuß wohl davon aus, daß die Verteidigung nicht die Abwehr von inneren Notständen als besondere Form innerer Gefahren umfaßte. Und nur deshalb hielt dieser wohl eine verfassungsrechtliche Regelung für notwendig, um das Schweigen des GG zu diesem Thema zu beenden. Dieses Verständnis schien der Rechtsausschuß sich auch zu eigen zu machen, indem er durch seine Äußerung verdeutlichte, daß er eine solche Regelung ebenfalls für geboten erachtete, sich aber zunächst nicht in der Lage sah, diese zu erarbeiten und zu beschließen. Auch der Rechtsausschuß sah somit Bundeswehreinsätze bei inneren Notständen nicht als Teil der Verteidigung. Dazu paßt es, daß im folgenden Satz ausdrücklich ausgesprochen wird, man wolle klarstellen, daß bei der gegenwärtigen Verfassungslage keine Befugnis zu Bundeswehreinsätzen bei inneren Notständen bestünde. Klarstellen kann man aber nur etwas, was ohnehin bereits gilt oder gesagt ist. Die Klarstellung spricht dies nur noch einmal deutlicher oder ausdrücklich aus, um Zweifel und Fehlverständnisse auszuschließen, die aus einem Schweigen der Verfassung folgen könnten. Dies zeigt, daß der Rechtsausschuß und somit auch der historische verfassungsändernde Gesetzgeber davon ausging, daß die Abwehr innerer Notstände nicht Teil der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG a. F. sei. Dies spricht dafür, daß die den Streitkräften auch schon nach Art. 87a GG a. F. zugewiesene Verteidigungsaufgabe nur von außen herrührende Gefahren abwehren sollte. Alle Gefahren im Inneren sollten nicht mittels der Verteidigung nach Art. 87a GG a. F. abgewehrt werden, was wiederum durch Art. 143 GG a. F. klargestellt wurde. 2. Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode und Benda-Entwurf Desweiteren kann der Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode58 herangezogen werden, um festzustellen, ob die Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG nur die Abwehr von außen herrührender Gefahren oder auch die innerer Gefahren erfaßt. Dort war in einem Abschnitt Xa. Zustand der äußeren Gefahr und den darin enthaltenen Art. 115a – 115h im wesentlichen die Materie geregelt, die auch heute im Abschnitt Xa. Verteidigungsfall und den Art. 115a ff. geregelt ist. Darauf folgte im Entwurf der 4. Wahlperiode 58

BTDrucks. 4/891.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

ein Abschnitt Xb. Zustand der inneren Gefahr, welcher in den Art. 115i – 115l den damaligen Regelungsvorschlag für die in dieser Arbeit als politischer Notstand bezeichnete Situation der Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes enthielt, wie sie heute in Art. 87a Abs. 4, 91 GG geregelt ist. An keiner Stelle des langen Prozesses der Entwicklung der Notstandsverfassung bis hin zur seit 1968 geltenden Regelung ist die Trennung zwischen inneren und äußeren Gefahren systematisch in derart klarer Form vollzogen worden wie im Entwurf der 4. Wahlperiode mit der Trennung in die beiden Abschnitte zum Zustand äußerer bzw. innerer Gefahr. Diese Klarheit der Regelung wurde bereits in der 4. Wahlperiode durch den vom Rechtsausschuß beschlossenen sog. Benda-Entwurf 59 gemindert, ohne jedoch an der Trennung zwischen innerer und äußerer Gefahr in der Sache etwas zu ändern. Der Abschnitt Xa. blieb bestehen, wohingegen eine modifizierte Regelung des Zustandes der inneren Gefahr und des entsprechenden Streitkräfteeinsatzes in Art. 91 GG integriert werden sollte.60 Die Trennung zwischen der Bewältigung innerer und äußerer Gefahren blieb auch im letztendlich in das GG eingefügten Regelungssystem der Notstandsverfassung erhalten. Die Umbenennung des Abschnitts Xa. in Verteidigungsfall stellt jedoch eine Verbindung zum Begriff Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG her. Wegen der Wortverschiedenheit von Verteidigungsfall und Verteidigung kann nicht zwingend auf eine alleinige Ausrichtung der Verteidigung entsprechend dem Verteidigungsfall alias Zustand der äußeren Gefahr auf die Abwehr äußerer Gefahren geschlossen werden. Jedoch ist erkennbar, daß mit dem Abschnitt über den Zustand der inneren Gefahr im Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode, der Regelung dieses Zustandes im Rahmen von Art. 91 im Benda-Entwurf und in Art. 87a Abs. 4, 91 GG in der verfassunggewordenen Fassung von 1968 der Verfassungsvorbehalt aus Art. 143 GG a. F. in bezug auf Einsätze der Streitkräfte bei inneren Notständen ausgefüllt wurde. Diese Umstände bestätigen die Erkenntnis aufgrund des Berichts des Rechtsausschusses der 2. Wahlperiode,61 daß die Bewältigung innerer Notstände mittels der Streitkräfte nicht Verteidigung im Sinne des Art. 87a GG sein sollte. Sie erhärten die ebenfalls dort entwickelte Vermutung, daß die Abwehr jeglicher innerer Gefahren nicht zur Verteidigung in diesem Sinne gehört, sondern diese vielmehr der Bewältigung äußerer Gefahren dient. Sicher festgestellt werden kann dies jedoch allein aufgrund der Berücksichtigung der dargestellten Entwurfsentwicklung nicht, auch wenn bereits einiges dafür spricht. 59

BTDrucks. 4/3494. Zur Verschiebung des Inneren Notstandes in Art. 91 des Entwurfs H. Schäfer, AöR 93 (1968), 37 (63). 61 BTDrucks. 2/2150. 60

A. Begriff der Verteidigung

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3. Materialien aus der 5. Wahlperiode Aus dem Verfassungsänderungsverfahren im Hinblick auf die Notstandsnovelle 1968 findet sich in den Materialien aus der 5. Wahlperiode ein Vermerk über eine Besprechung des Rechtsausschusses am 1. April 1968,62 in welcher der Abg. Matthöfer (SPD) vorschlug, in Art. 87a Abs. 2 GG solle der einleitende Passus „Außer zur Landesverteidigung. . .“ lauten. Inhaltlich hatte die Ausschußmehrheit hiergegen keine Einwände. Jedoch votierte sie für die Beibehaltung des „Außer zur Verteidigung. . .“, weil man ansonsten das ganze GG auf den neuen Begriff hin zu überprüfen hätte. Hieraus ergibt sich, daß der Rechtsausschuß – und somit mangels entgegenstehender Hinweise auch der historische Verfassungsgesetzgeber – die Formulierung „außer zur Landesverteidigung. . .“ nur aufgrund des Bestrebens nach terminologischer Einheitlichkeit des Grundgesetzes und nicht aufgrund in der Sache liegenden Widerstandes gegen diesen Vorschlag ablehnte und somit Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG verstanden wissen wollte im Sinne von Landesverteidigung, wenn diese auch in einem Bündnis erfolgen sollte.63 Dieser Terminus wird herkömmlich verstanden als die Verteidigung eines Staates in territorialer Hinsicht gegenüber äußeren Bedrohungen, die typischerweise in Form eines mit Streitkräften vorgetragenen Angriffs seitens eines anderen Staates auftreten. Berücksichtigt man diesen im Wortlaut des GG nicht manifestierten Willen des historischen Gesetzgebers hinsichtlich des Verständnisses des Begriffs Verteidigung in Art. 87a GG a. F., welcher unverändert in Art. 87a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 GG n. F. übernommen wurde, so ist nur die Abwehr äußerer Gefahren unter Verteidigung zu subsumieren. Gefahren im Inneren können über diese Kompetenz nicht abgewehrt werden. Dies hilft auch in bezug auf die Äußerungen des Rechtsausschusses aus der 2. Wahlperiode hinsichtlich Art. 143 GG a. F., die oben angesprochen wurden, weiter. Unter der bisher durch nichts erschütterten Prämisse, daß der Verteidigungsbegriff ohne inhaltliche Änderung 1968 aus der alten Fassung des Art. 87a GG übernommen wurde, ist aus den Äußerungen des Rechtsausschusses zu schließen, daß auch dieser damals davon ausging, daß die Befugnis der Streitkräfte zu Einsätzen zur Verteidigung keine Einsätze 62 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 5. Wahlperiode, 79. Sitzung, 4.4.1968: 10. Beratung über BTDrucks. 5/1879, Anlage: Vermerk über die Besprechung des Rechtsausschusses am 1.4.1968, 4. 63 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 91; M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (281); ders., in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 37; U. Schopohl, 93; M. Schultz, 191; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 102; in diese Richtung zu gehen scheint auch das BVerfG, wenn es verschiedentlich von der im Grundgesetz getroffenen „Grundentscheidung für die militärische Landesverteidigung“ spricht, vgl. BVerfGE 69, 1 (21); 77, 170 (221); a. A. E. Schemann, 10.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

zur Abwehr innerer Gefahren zuließ, was durch Art. 143 GG a. F. im Hinblick auf innere Notstände noch einmal klargestellt werden sollte. Dies korrespondiert ebenfalls mit den Schlüssen, die aus Materialien der 4. Wahlperiode gezogen wurden. In dem bereits früher angesprochenen sehr wichtigen Bericht des Rechtsausschusses64 hinsichtlich des Regierungsentwurfs aus der 5. Wahlperiode65 findet sich im Hinblick auf Art. 87a die Aussage, Verteidigung meine die „militärische Verteidigung“.66 Dies führt jedoch nicht wesentlich weiter, da auch der Begriff militärische Verteidigung keine konkrete Aussage enthält. Ihm läßt sich mit Sicherheit nur entnehmen, daß es um die Verteidigung entweder durch das Militär, also die Streitkräfte, oder mit militärischen Mitteln geht. 4. Weitere Materialien aus der 2. Wahlperiode Etwas weiter kommt man hingegen durch die Berücksichtigung der Äußerung des Abgeordneten Czermak (GB/BHE) in einer Plenardiskussion des Bundestages über die Wehrbeitragsnovelle, nach der Verteidigung die „Verteidigung unseres Lebens, unserer Sicherheit, unserer Freiheit, unserer Familien, unserer geistigen und materiellen Güter vor jeder drohenden Gefahr, die immer noch allzu deutlich vor uns steht“ sein soll. Diese am 26. Februar 1954 getätigte Aussage nimmt klar auf den II. Weltkrieg Bezug. Außerdem nimmt er dahingehend Stellung, daß der „Frieden [. . .] verteidigt werden“ müsse und er nur darin „den Sinn künftiger Wehrmacht“ sehe.67 Die Bezugnahme auf den Weltkrieg und auf „Frieden“ als Gegenbegriff zum Krieg im Allgemeinen macht die Fixierung auf von außen in kriegerischer Form drohende Gefahren deutlich. Dies bestätigt den Schluß, Verteidigung sei wie Landesverteidigung zu verstehen, da die Verteidigung nach außen gegen kriegerische Bedrohungen Landesverteidigung im klassischen Sinne ist.68 In diesem Zusammenhang bringt es einen nicht weiter, wenn man, wie dies von manchen Autoren in etwas anderer Konstellation versucht wird,69 Erkenntnisse hinsichtlich des Begriffs Verteidigung aus der militärpolitischen Lage schließen will, die bei Einfügung des Art. 87a GG 1956 und 64

BTDrucks. 5/2873, 13. BTDrucks. 5/1879. 66 Ebenfalls mit dieser Begründung M. Schultz, 191, 193. 67 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 17. Sitzung, 26.2.1954, 568C f. 68 Ganz in diesem Sinne versteht M. Medick, 95 (97), Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG als „Reaktion auf einen unprovozierten kriegerischen Angriff, der von außen kommt“. 65

A. Begriff der Verteidigung

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ebenfalls bei Novellierung 1968 herrschte. Denn die militärpolitische Situation der damaligen Zeit kann zwar hinsichtlich der Frage des Verteidigungsobjekts eventuell Erkenntniswert haben, bezüglich der, ob Verteidigung auch die Abwehr von inneren Gefahren umfaßt, bringt sie den Betrachter nicht weiter. Was jedoch insofern relevant ist, ist die Erkenntnis, daß die Einfügung der Wehrverfassung 1956 im Kontext nach außen gerichteter Verteidigungsanstrengungen, insbesondere gegenüber dem übermächtig erscheinenden Warschauer Pakt im Rahmen des Kalten Krieges, erfolgte.70 Wenn in diesem Kontext Streitkräfte zur Verteidigung aufgestellt wurden, so liegt es nahe, diese Verteidigung als nur nach außen gegen die Gefahr kriegerischer Angriffe seitens feindlicher Staaten gerichtet zu verstehen. Diese Vielzahl von Hinweisen verschiedener Deutlichkeit darauf, daß mit Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG nur die Verteidigung nach außen gemeint war, wird durch weitere Materialien aus der 2. Wahlperiode verstärkt. Im Entwurf der Regierungsfraktionen beschränkte sich Art. 87a noch auf die Regelung der verteidigungsbezogenen Verwaltungskompetenz, welche noch nicht als ausschließliche Bundeskompetenz ausgestaltet war, sondern die Möglichkeit gesetzlicher Anordnung von Bundesauftragsverwaltung enthielt.71 Der Umstand, daß in diesem Entwurfsartikel von der „Durchführung der militärischen Verteidigung“ die Rede ist, verstärkt einmal mehr diejenigen Argumente, die darauf hinweisen, daß mit Verteidigung in Art. 87a GG nur die militärische Verteidigung gemeint sei. Im Hinblick auf die „Außenrichtung“ des Verteidigungsbegriffs hilft jedoch Art. 32a des Entwurfs weiter. Dieser bestimmte in Abs. 1 S. 1, daß „die Verteidigung der Bundesrepublik [. . .] Sache des Bundes“ sei.72 Interessant hieran ist die unmittelbare Nachbarschaft zu Art. 32 GG, der die zentrale Verfassungsnorm hinsichtlich der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik ist.73 Diese Nachbarschaft zur die auswärtige Gewalt regelnden Verfas69 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 14; ders., Extraterritoriale Interventionen, 259 (281); S. Brunner, 36; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 18; U. Schopohl, 93 f., 98. 70 M. Schultz, 108. 71 BTDrucks. 2/124: „Art. 87a: Gesetze, die der Durchführung der militärischen Verteidigung oder des zivilen Luftschutzes dienen, können bestimmen, daß sie durch die Länder im Auftrage des Bundes ausgeführt werden.“ 72 BTDrucks. 2/124: „Art. 32 a: (1) Die Verteidigung der Bundesrepublik ist Sache des Bundes. Bei ihrer gesetzlichen Regelung sind auch die Gliederung des Bundes in Länder und die besonderen landsmannschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. (2) [. . .]“. 73 Art. 32 GG lautet: (1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes. (2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig zu hören. (3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

sungsnorm legt die Vermutung nahe, daß auch in Art. 32a ein Bezug zu den auswärtigen Angelegenheiten im weiteren Sinne bestehe. Durch den Zweiten Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses der 2. Wahlperiode74 wurde die Normierung der Bundeskompetenz zur Aufstellung der Streitkräfte von Art. 32a Abs. 1 nach Art. 87a verlagert. Dabei entfiel die Komponente „der Bundesrepublik“, ohne daß der Rechtsausschuß hierzu in seiner Begründung ein Wort verlor. Dies spricht für ein unverändertes Verständnis der Verteidigung in Art. 87a GG als nach außen gerichtete Abwehr von Gefahren bzw. als Abwehr von außen herrührender Gefahren. 5. Ergebnis Aus der Summe der dargestellten entstehungsgeschichtlichen Hinweise, welche verschiedene Grade der Deutlichkeit haben, läßt sich mit hoher Sicherheit feststellen, daß der historische verfassungsändernde Gesetzgeber mit Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG die vom Militär bzw. mit militärischen Mitteln wahrgenommene Abwehr von außen herrührender Gefahren meinte, wobei er insbesondere die Landesverteidigung, also die Abwehr kriegerischer Bedrohungen durch andere Staaten von außen, im Blick hatte. Hinsichtlich der Frage, welche besonderen Eigenschaften dem Angreifer oder dem Angriff als solches ansonsten eignen, konnte die Entstehungsgeschichte darüber hinaus nicht weiterhelfen.

V. Systematische Auslegung Unter Berücksichtigung der Streitkräfte als Regelungsgegenstand von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG und dem syntaktischen Zusammenhang mit dem Begriff Streitkräfte folgt, daß die militärische Verteidigung gemeint ist.75 Dies hat jedoch keinen weitergehenden Aussagegehalt, da es nicht mehr bedeutet, als daß die Verteidigung durch das Militär oder mit militärischen Mitteln erfolgt.76 Für die hier zu klärenden Fragen hat diese Eigenschaft keinen Erklärungsgehalt. 74

BTDrucks. 2/2150, 4. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 13; U. Schopohl, 88, Fn. 722; M. Schultz, 197; auch das BVerfG spricht von der „Grundentscheidung für die militärische Verteidigung“, BVerfGE 28, 243 (261). 76 Hierbei soll dem Begriff „militärische Verteidigung“ nicht etwa eine Vielzahl von inhaltlichen Spezifizierungen hinsichtlich der abzuwehrenden Gefahr untergeschoben werden, wie es beispielsweise U. Schopohl, 88, versucht, der vermeint „militärische Verteidigung [setze] eine abzuwehrende Beeinträchtigung militärischer Art voraus, die am augenfälligsten in Gestalt des von außen geführten bewaffneten 75

A. Begriff der Verteidigung

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Der Begriff Verteidigung findet sich im GG an den verschiedensten Stellen.77 Zudem existiert der Terminus Verteidigungsfall, welcher ebenfalls an verschiedenen Stellen Verwendung findet.78 In Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG wird der Begriff Verteidigungsauftrag benutzt. Weil die Vorschriften, die diese Begriffe enthalten, derart über das gesamte Grundgesetz verstreut sind, läßt sich ihrer Stellung innerhalb der Verfassung kein gemeinsames Merkmal entnehmen, welches die hier zu klärenden Fragen befördert.79 Es führt auch nicht weiter, auf Definitionen der Verteidigung in diesen anderen Normen durch die Rechtswissenschaft zurückzugreifen, weil diese Definitionen ebenfalls nur durch komplizierte Auslegung zu ermitteln sind und nicht etwa offensichtlich zum Nutzen des Untersuchenden bereitstehen. Im Hinblick auf den Begriff Verteidigungsfall ist zudem zu beachten, daß es sich um einen anderen Begriff handelt, bei dem überhaupt nicht gewährleistet ist, daß er gleiches beinhaltet wie der Begriff Verteidigung.80 1. Bezug zu Art. 73 Nr. 1 GG u. a. Es ist jedoch ein Bezug zu Art. 73 Nr. 1 GG herzustellen, der die ausschließliche Legislativkompetenz des Bundes für die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung normiert.81 Die Verteidigung steht in dieser Norm direkt neben den auswärtigen Angelegenheiten. Wie schon bei der genetischen Auslegung im Hinblick auf die Nähe des Art. 32a des Entwurfs der 2. Wahlperiode zu Art. 32 GG über die auswärtigen AnAngriffs vorliegt. Einsätze im Inneren zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung [sollen] ungeachtet der eingesetzten militärischen Mittel schon begrifflich nicht militärische Verteidigung sein, da es an der notwendigen militärischen Relevanz der abzuwehrenden Gefahr wie auch an jeglichem Außenbezug fehlt“; Schopohl, 89, sieht die Bundeswehr „funktional auf die Abwehr von und Schutz vor militärischen Angriffen beschränkt“; Schopohls Begriffsbestimmung ist offensichtlich durch ein traditionell geprägtes Vorverständnis beeinflußt, wobei die Tradition historisch inkorrekt wahrgenommen wird; insofern hat W. Grubert eindrucksvoll nachgewiesen, daß es in der deutschen Verfassungsgeschichte niemals eine reine Beschränkung der Armee auf die Abwehr äußerer Gefahren gab; wie hier M. Schultz, 189 ff. 77 Art. 12a Abs. 3 S. 1, 17a Abs. 2, 45a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, 65a Abs. 1, 73 Nr. 1, 79 Abs. 1 S. 2, 80a Abs. 1 S. 1, 87a Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 87b Abs. 2 S. 1 GG. 78 Art. 12a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 S. 1, Abs. 6, 80a Abs. 1 S. 1, 87a Abs. 3 S. 1 GG und im gesamten Abschnitt Xa. 79 Ebenso M. Schultz, 197. 80 Es gilt die Vermutung, daß vom Wortlaut her Gleiches gleich und vom Wortlaut her Ungleiches ungleich zu verstehen ist, vgl. A. Thomsen, 69. 81 Art. 73 Nr. 1 GG lautet: Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über: 1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung; 2.-11. [. . .].

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

gelegenheiten könnte dies die Annahme rechtfertigen, daß die Verteidigung gegen äußere Gefahren gemeint sein könne. Dieser Schluß ist nicht zwingend, hat aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich – insbesondere wenn man sich die genetischen Erwägungen vor Augen führt. Die Berücksichtigung von Art. 12a Abs. 3 S. 1, 17a Abs. 2, 73 Nr. 1 und 87b Abs. 2 S. 1 GG führt zur Feststellung, daß in diesen Normen der Begriff Verteidigung stets in Verbindung mit einem klarstellenden Zusatz benutzt wird, welcher verdeutlicht, daß gewisse Sachbereiche als Teil der Verteidigung erfaßt werden. Es findet sich in all diesen Normen die Wendung „Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung“.82 Durch diese Vorschriften wird ersichtlich, daß das Grundgesetz die Verteidigung im allgemeinen als aus zivilen und militärischen Komponenten bestehende Gesamtverteidigung versteht.83 Diese Gesamtverteidigung84 ist gemeint, wenn die Verfassung von der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung spricht oder Variationen dieses Terminus verwendet.85 In Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG wird Verteidigung jedoch ohne ergänzende Zusätze benutzt. Dies läßt in einer Zusammenschau mit den Normen, die den Begriffsbaustein „Verteidigung einschließlich. . .“ enthalten, allein den Schluß zu, daß in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG nicht die Gesamtverteidigung gemeint ist. Gemeint ist ein Minus zur Gesamtverteidigung. Da in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG die Streitkräfte Regelungsgegenstand sind, drängt sich der Schluß auf, daß diese Vorschriften die Gesamtverteidigung ausschließlich der zivilen Komponenten, also die militärische Verteidigung, meinen.86 Dies wurde bereits zuvor festgestellt und wird 82 Art. 87b Abs. 2 S. 1 GG enthält zudem noch das Wehrersatzwesen: „Im übrigen können Bundesgesetze, die der Verteidigung einschließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevölkerung dienen, mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß sie ganz oder teilweise in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau oder von den Ländern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden. [. . .].“ 83 G. Großmann, Teil II, Rn. 327; M. Schultz, 197; W. Speth, 28. 84 Zur Gesamtverteidigung in der Bundesrepublik im allgemeinen K. U. Hammel, 189 ff. 85 Dies wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Wehrverfassung bestätigt, in der der Berichterstatter des zuständigen Bundestagsausschusses, v. Merkatz (DP), vor der 2. und 3. Beratung des 1. Teils der Wehrbeitragsnovelle erklärte, man sei sich darüber einig gewesen, „daß der Begriff ,Verteidigung‘ umfassend sei und alles decke, was zu einer Verteidigung notwendig sei“; deshalb sei auch der im Entwurf vorgeschlagene Begriff „militärische Verteidigung“ fallengelassen worden, vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, 17. Sitzung, 26.2.1954, 555A; für dieses weite Verständnis spricht auch die Aussage des Abg. Erler (SPD), der eine Aussage des damaligen Staatssekretär Strauss in der 7. Sitzung des Rechtsausschusses zitiert, man käme mit dem Begriff „Wehrverfassung“ in der Abwehr gegenüber einem modernen Krieg nicht aus, weshalb man einen weiteren Begriff brauche, vgl. Erler (SPD), in derselben Sitzung des Bundestags, 561D.

A. Begriff der Verteidigung

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somit bestätigt. Für die Fragen nach der Richtung, aus der die abzuwehrenden Gefahren kommen, und nach dem besonderen Charakter des Angriffs führt diese Erkenntnis jedoch nicht weiter. 2. Bezug zu Art. 115a Abs. 1 GG Keine wissenschaftliche Arbeit, die sich seit 1968 mit der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG zu beschäftigen hatte, hat dies getan, ohne sich mit der Legaldefinition des Verteidigungsfalls in Art. 115a Abs. 1 S. 1 GG auseinanderzusetzen.87 Die dieser Norm zu entnehmende Legaldefinition des Verteidigungsfalls ist ein Angriff auf das Bundesgebiet mit Waffengewalt oder das unmittelbare Drohen eines solchen Angriffs. Diese Definition hätte, wenn sie auch für die Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG anwendbar wäre, die Wirkung, daß die Verteidigung nur die Abwehr von außen kommender Angriffe umfaßte.88 Denn bei logischem Verständnis ist ein Angriff auf das Bundesgebiet nur von außerhalb des Bundesgebiets denkbar. Auch wird der Verteidigungsfall allgemein in diesem Sinne ausgelegt.89 Eine Legaldefinition gilt jedoch zwingend und unmittelbar nur für den Begriff, der definiert wird. Dies ist der Begriff Verteidigungsfall und nicht Verteidigung. Auch wenn die Stimmen, welche vortragen, der Verteidigungsfall lasse sich sprachlich in „Fall der Verteidigung“ auflösen,90 selbstverständlich Recht haben, kann dies nichts an der Tatsache ändern, daß dies zum einen nicht heißen muß, daß es sich um den einzigen Fall der Verteidigung handeln muß91 und der verfassungsändernde Gesetzgeber zum anderen in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG nicht den Begriff Verteidigungsfall gewählt hat.92 Daß es sich hierbei um eine bewußte Entscheidung ge86 K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 5; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 11; M. Schultz, 197. 87 Art. 115a Abs. 1 GG lautet: Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. 88 E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (79), hebt zu Recht hervor, daß die Feststellung des Verteidigungsfalls aufgrund einer „unmittelbaren Bedrohung“ noch nicht den Einsatz der Streitkräfte erlaubt, weil „Bedrohung noch nicht Angriff ist“; Verteidigung beginne erst mit der ersten gegnerischen Angriffshandlung, a. a. O., 84. 89 Vgl. für viele H.-J. Rungweber, 165, der von „Gefahrenlagen, deren Ursachen in Störungen des zwischenstaatlichen Verhältnisses begründet liegen“, spricht. 90 Für viele M. Bartke, 77, 234; A. Coridaß, 37. 91 Dies hebt M. Schultz, 201, hervor. 92 Dies erkennen ebenfalls H. G. Franzke, NZWehrr 1996, 189 (191); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 64 f.; M. Schultz, 188; J. Wieland, DVBl. 1991, 1174 (1179).

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

handelt haben muß, zeigt das Nebeneinander der Begriffe Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie des Verteidigungsauftrages und des Verteidigungsfalles in Abs. 3 S. 1 der Norm.93 Dem deutschen verfassungsändernden Gesetzgeber mag man einiges an Nachlässigkeiten, Versäumnissen und Ungereimtheiten in der Technik der Verfassungsgebung vorwerfen; eine solche sprachliche Nachlässigkeit, daß in verschiedenen Absätzen desselben Artikels des GG und sogar innerhalb eines einzigen Satzes verschiedene Begriffe benutzt werden, ohne daß dies auch einen Bedeutungsunterschied ausdrücken soll, wird ihm niemand unterstellen wollen.94 Deshalb gilt der Grundsatz, daß man innerhalb derselben Vorschrift von der Bedeutungsgleichheit gleicher und der ungleichen Bedeutung verschiedener Begriffe ausgehen kann.95 Der Wortlaut spricht somit gegen eine Erstreckung der Legaldefinition aus Art. 115a Abs. 1 GG auf die Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG.96 Eine Ausfüllung des Begriffs Verteidigung mit der Legaldefinition des Verteidigungsfalls ließe sich deshalb nur mit anderen interpretatorischen Argumenten begründen.97 So kann es als gesichert angesehen werden, daß zumindest der Fall des Angriffs auf das Bundesgebiet mit Waffengewalt ein Fall der Verteidigung ist. Ob dies jedoch der einzige Fall der Verteidigung ist, ist offen.98 Diesbezüglich herrscht die oben dargestellten Meinungsdiversität über das Verteidigungsobjekt. Die Entscheidung über diese Frage hat hinsichtlich des Verteidigungsobjekts unter dem Gesichtspunkt dieser 93 Hierauf stellen auch M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 36, F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 24, J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 17, und J. Wieland, DVBl. 1991, 1174 (1179), ab. 94 Dies heben C. v. Bülow, 162 f., E. Schemann, 9, und M. Schultz, 188, zu Recht hervor. 95 A. Coridaß, 37; A. Thomsen, 69; selbst bei Wortgleichheit gilt nach dem BVerfG nicht zwingend Sinngleichheit, sondern die Auslegung hängt vielmehr von der Funktion der Begriffe in der Norm ab, vgl. BVerfGE 6, 32 (38). 96 Ebenso C. v. Bülow, 97 f.; H. G. Franzke, NZWehrr 1996, 189 (191); K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (617); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 64 f.; ders., ZRP 1991, 5 (7); E. Schemann, 9; M. Schultz, 188, 201; M. Zimmer, 80; U. Schopohl, 100 f.; Franzke, a. a. O., hebt – neben vielen anderen – zudem zu Recht hervor, daß Art. 87a Abs. 2 GG systematisch nicht im Abschnitt Xa. steht, zu dem Art. 115a Abs. 1 GG gehört, und die Normen zudem verschiedene Funktionen erfüllen; A. Coridaß, 37, hingegen hält eine Begründung des Bedeutungsunterschieds durch den Wortunterschied für wenig überzeugend; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (84), betont, daß es insbesondere nicht auf eine Feststellung des Verteidigungsfalls ankommt. 97 C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (248 ff.), lehnt eine Gleichsetzung aus auf die verschiedenen Funktionen der Normen bezogenen Erwägungen heraus ab; ähnlich H. Boldt, ZRP 1992, 218 (220). 98 G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 19, geht davon aus, daß Verteidigung weiter ist als Verteidigungsfall.

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Arbeit zunächst keine Relevanz. In bezug auf die Frage nach dem besonderen Charakter des Angriffs und der Qualität des Angreifers führt sie nicht weiter, da die Legaldefinition in dieser Hinsicht über das Merkmal mit Waffengewalt hinaus keine Aussage trifft. Im Hinblick auf die Angriffsrichtung von außen träfe die Legaldefinition zwar nach dem Gesagten eine Aussage, jedoch würde die Entscheidung über die Anwendung auf die Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG eine umfassende Auslegung sowohl des Begriffs Verteidigung wie auch des Begriffs Verteidigungsfall erfordern. Der Verteidigungsbegriff wird gerade ausgelegt, weshalb diese Auslegung fortgesetzt wird und die Legaldefinition in Art. 115a Abs. 1 S. 1 GG lediglich als Definitionsanhalt im Hinterkopf behalten wird. Allein tendenziell spricht die Existenz des Art. 115a GG dafür, daß die Verteidigung auf von außen stammende Gefahren beschränkt ist. Ausgeschlossen ist ein auch innere Gefahren einschließendes Verständnis jedoch nicht. 3. Bezug zu Art. 79 Abs. 1 S. 2 GG Der häufig bei den Versuchen der Bestimmung des Verteidigungsobjekts im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG herangezogene99 Art. 79 Abs. 1 S. 2 GG100 führt bei den Fragen, welche sich auf Herkunft und Charakter des Angriffs sowie den Angreifer beziehen, nicht entscheidend weiter. Denn die Verteidigung der Bundesrepublik kann vom Wortlaut her auch Gefahren im Inneren wie z. B. die Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes im Sinne von Art. 87a Abs. 4, 91 GG umfassen. Allerdings ist zu beachten, daß die Vorschrift, soweit sie völkerrechtliche Verträge, die der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, betrifft, eingefügt wurde, um sicherzustellen, daß die völkerrechtlichen Verträge, mittels derer die Bundesrepublik in die westlichen Verteidigungsbündnisse integriert werden sollte, nicht wegen Verfassungswidrigkeit innerstaatlich unwirksam wären. Bei der Westintegration der Bundesrepublik ging es jedoch um die Sicherung der staatlichen Existenz nach außen gegenüber Bedrohungen durch den Warschauer Pakt als Gegner im Kalten Krieg. Dies spräche in Verengung des Wortlauts dafür, auch die Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG als 99

B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 82 ff., insbesondere 90. Art. 79 Abs. 1 GG lautet: Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt. 100

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Verteidigung nach außen gegen kriegerische Bedrohungen zu verstehen. Wegen der Wortlautverschiedenheit von Verteidigung in Art. 87a GG und Verteidigung der Bundesrepublik in Art. 79 Abs. 1 S. 2 GG ist dieser Schluß zwar naheliegend, aber nicht zwingend. 4. Bezug zu den ausdrücklichen Zulassungen Desweiteren kann man den Verteidigungsbegriff in Beziehung zu den ausdrücklich normierten Einsätzen innerhalb der Bundesrepublik nach Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG setzen. Mit Ausnahme der Verwendung im Spannungs- und Verteidigungsfall nach Art. 87a Abs. 3 GG beziehen sich die genannten innerdeutschen Verwendungen nicht auf Situationen mit Bezug zu äußeren Gefahren. Dort handelt es sich also um die Abwehr von inneren Gefahren, d.h. Gefahren, deren unmittelbare Ursache innerhalb des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland liegt. Daß diese durch die genannten Normen gemäß Art. 87a Abs. 2 GG ausdrücklich zugelassen werden, spricht dafür, daß mit der Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG nicht die Abwehr aus dem Inneren stammender Gefahren gemeint ist. Denn dann wären Verwendungen in von Art. 87a Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG erfaßten Situationen schon nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG zulässig und bedürften keiner weiteren Normierung. Eine dadurch gegebene Redundanz der Regelung entspricht nicht der verfassungsgesetzgeberischen Technik, deren sich der deutsche Verfassungsgesetzgeber üblicherweise bedient. Dies spricht dafür, die Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 GG als nur auf äußere Gefahren bezogen zu verstehen.101 a) Problem der Existenz von Art. 87a Abs. 3 GG Problematisch bei diesem so überzeugend wirkenden Schluß ist allein die Existenz von Art. 87a Abs. 3 GG. Denn dieser stellt in seiner Formulierung eine ausdrückliche Zulassung von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. dar und setzt in seinen beiden Varianten in S. 1 und S. 2 jeweils das Vorliegen von Verteidigungsfall oder Spannungsfall voraus. Diese Situationen liegen ihrerseits nur dann vor, wenn entweder die Legaldefinition des Verteidigungsfalls erfüllt und dieser entsprechend Art. 115a Abs. 1 GG festgestellt ist oder wenn der Spannungsfall nach Art. 80a Abs. 1 GG102 festgestellt ist. 101 Dementsprechend meint U. Schopohl, 88, Fn. 722, daß die „Verfassung selbst einen Einsatz gegen Aufständische nicht als Verteidigung ansieht, wie Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG zeigt“. 102 Art. 80a Abs. 1 GG lautet: Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung

A. Begriff der Verteidigung

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Sowohl Verteidigungsfall als auch Spannungsfall setzen aber äußere Gefahren voraus.103 Dies scheint darauf hinzudeuten, daß hier Bundeswehreinsätze, welche ihrer Natur nach nur im Inneren stattfinden können, jedoch im Zusammenhang mit äußeren Gefahren stehen, ausdrücklich zugelassen werden.104 Wenn die Abwehr äußerer Gefahren Verteidigung wäre und die Abwehr innerer Gefahren durch Einsätze der Streitkräfte nur mittels ausdrücklicher Zulassung möglich wäre, wäre Art. 87a Abs. 3 GG überflüssig. Dies würde dann unter Berücksichtigung des Arguments der Redundanz den guten und effektiven Stil des Verfassungsgesetzgebers, auf welchem dieses Argument überhaupt nur fußt, in Frage stellen und dieses selbst erschüttern oder gar ausschließen. b) Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 3 GG läßt sich jedoch nachweisen, wie sich diese Vorschrift in das vom verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 konstruierte systematische Gerüst sinnvoll und widerspruchsfrei einfügt, und sich dadurch ein Verständnis erlangen, welches das Redundanzargument mitträgt und ebenfalls für die Beschränkung der Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG auf die Abwehr von außen herrührender Gefahren spricht. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat Art. 87a Abs. 3 GG nicht für eine Situation geschaffen, in der Einsätze der Bundeswehr i. e. S. der Bewältigung äußerer Gefahren dienen. Die Bundeswehreinsätze, zu denen die Vorschrift in beiden Sätzen ermächtigt, dienen nicht der Bewältigung und Abwehr der äußeren Gefahrensituationen, sondern sie dienen der Abwehr von Gefahren, die strukturell innere Gefahren sind und zu deren Bekämpfung der Verteidigungsauftrag aus Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG nicht ermächtigt, die aber äußerlich mit den Verteidigungs- und Spannungsfall zugrundeliegenden äußeren Gefahrensituationen koinzidieren. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat sich mit dem möglichen Vorwurf der Redundanz hinsichtlich Art. 87a Abs. 3 GG im Prozeß der Verfassungsänderung ausdrücklich beschäftigt und die Notwendigkeit der Regelung begründet. Eine Schlüsselrolle hat hierbei der Schriftliche Bericht des Rechtsbestimmt, daß Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer im Verteidigungsfall nur zulässig, wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und die besondere Zustimmung in den Fällen des Artikels 12a Absatz 5 Satz 1 und Absatz 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. 103 Dazu vgl. D. Keidel, 21, und unten 6. Teil, A.I. 104 Diesen Aspekt hebt auch E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83), hervor.

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ausschusses105 zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode,106 welcher den Entwurf nochmals relevant änderte und dadurch die Notstandsnovelle im noch heute geltenden Ergebnis beeinflußte. Insbesondere begründet dieser Bericht die Neufassung des Art. 87a GG, welcher im Regierungsentwurf noch unverändert bleiben sollte, da dieser alle Regelungen bezüglich innerer Notstandssituationen mit Möglichkeiten von Bundeswehreinsätzen in Art. 91 GG integrieren wollte. Die seit 1968 geltende Fassung des Art. 87a GG geht fast unverändert auf diesen Rechtsausschußentwurf zurück, welcher weitgehend neue Wege in der Formulierung ging.107 aa) Verkehrsregelung Die in Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG enthaltene Befugnis der Streitkräfte zur Wahrnehmung von Aufgaben der Verkehrsregelung im Verteidigungs- und Spannungsfall dient nach dem angesprochenen Bericht des Rechtsausschusses nicht der Bewältigung von Verteidigungs- und Spannungsfall, sondern ist allein auf unabhängig von dieser äußeren Bedrohungssituation bestehende innere Gefahren bezogen. Der Rechtsausschuß spricht ausdrücklich aus, daß „damit [. . .] nicht die Befugnisse zur Sicherung geschlossener Verbände der Streitkräfte gemeint [sind], die sich nach Auffassung des Ausschusses unmittelbar aus dem Verteidigungsauftrag der Streitkräfte ableiten lassen.108 Die Vorschrift soll vielmehr die Möglichkeit schaffen, Angehörigen der Streitkräfte, die an Verkehrswegen eingesetzt sind und die Aufgabe haben, die Bewegungsfreiheit militärischer Einheiten und Verbände zu sichern, auch Aufgaben der zivilen Verkehrsregelung auf diesen Verkehrswegen für die Zeitabschnitte anzuvertrauen, in denen die Verkehrswege von den Streitkräften nicht in Anspruch genommen werden.109 Dadurch soll vermieden werden, daß neben den zur militärischen Verkehrs105

BTDrucks. 5/2873. BTDrucks. 5/1879. 107 Art. 87a der Entwurfsfassung des Rechtsausschusses lautete: (1) [wie heute] (2) [wie heute] (3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen. (4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung die Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei beim Schutz von zivilen Objekten und zur Bekämpfung von Gruppen militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Ein bewaffneter Einsatz ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen. 108 Ebenso W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732). 106

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regelung abgestellten Soldaten auf diesen Straßen noch zivile Polizeibeamte zur Regelung des zivilen Verkehrs Dienst tun müssen.“110 Diese klare Aussage zeigt, daß es um die Vermeidung von Ineffizienzen ging, welche aus der strikten Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen folgen würden.111 Die Regelung zivilen Verkehrs, die nicht der Bewältigung einer von außen drohenden Gefahrensituation dient, sondern nur gewissermaßen „bei Gelegenheit“ der auf die äußeren Gefahrensituationen bezogenen militärischen Verkehrsregelung112 erfolgt, hat keinen Bezug zu äußeren Gefahren, sondern dient der inneren Gefahrenabwehr. Die Befugnis zur Verkehrsregelung in Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG steht dem oben dargestellten systematischen Schluß auf einen reinen Außenbezug der Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG somit nicht entgegen. bb) Schutz ziviler Objekte Der Rechtsausschuß hat sich auch zum Schutz ziviler Objekte in Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG geäußert, den die Streitkräfte wiederum im Verteidigungsund Spannungsfalle wahrnehmen dürfen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Da diese Formulierung Anlaß zu Mißverständnissen ist, hat sich der Rechtsausschuß genötigt gesehen, hier sehr differenzierte Bemerkungen in seinen Bericht aufzunehmen.

109 Diesbezüglich stellt H.-J. Rungweber, 158, das Erfordernis eines „unmittelbaren engen Zusammenhangs“ zwischen der Regelung des zivilen Verkehrs durch die Streitkräfte und der Erfüllung ihrer Aufgabe, einen äußeren bewaffneten Gegner abzuwehren, auf. 110 BTDrucks. 5/2873, 13 f. 111 So auch G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 62; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 86; D. Keidel, 55; H.-J. Rungweber, 147; Rungweber arbeitet zu Recht heraus, daß dies im Ergebnis dem Zweck der Sicherung der Abwehrfähigkeit des Staates dient. 112 Zur militärischen Verkehrsregelung zum Zwecke der Ermöglichung von Bewegungen der Streitkräfte, z. B. um Bereitstellungs- und Verfügungsräume zu beziehen und so die Abwehrfähigkeit der Streitkräfte herzustellen, werden die Streitkräfte bereits durch den Verteidigungsauftrag nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ermächtigt, vgl. D. Keidel, 54; H.-J. Rungweber, 147 f.; einfachrechtlich ergeben sich diese Befugnisse aus §§ 35 Abs. 1, Abs. 4 StraßenverkehrsO (StVO); die Streitkräfte dürfen sich danach ungehindert und gegenüber dem zivilen Verkehr bevorrechtigt auf den Straßen bewegen; sie dürfen hierbei notwendige, die anderen Verkehrsteilnehmer einschränkende Maßnahmen treffen und beispielsweise Straßen, die als Aufmarschwege dienen, für zivilen Verkehr sperren oder diesen umleiten, vgl. H.-J. Rungweber, 147.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

(1) Als Teil des Verteidigungsauftrags Er stellt fest, daß „der Schutz militärischer Objekte gegen Angriffe Dritter, gleichgültig, ob diese Angehörige der gegnerischen Streitkräfte oder sonstige Störer sind, [. . .] zum Verteidigungsauftrag der Streitkräfte [gehört].“113 Dies folgt aus dem allgemein vertretenen Gedanken, daß die Befugnis zur Aufstellung der Streitkräfte aus Art. 87a Abs. 1 GG auch deren Organisation und Unterhaltung in einer Weise erlaubt, die es den Streitkräften ermöglicht, den Verteidigungsauftrag zu erfüllen. Auch die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte und ihrer Einrichtungen wird deshalb vom Verteidigungsauftrag umfaßt. Angriffe auf Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S., also auf militärische Objekte, gefährden die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr i. e. S., weshalb deren Abwehr Verteidigung ist, diese keiner ausdrücklichen Zulassung nach Art. 87a Abs. 2 GG bedürfen und in Art. 87a Abs. 3 GG deshalb auch nicht behandelt werden.114 Desweiteren äußert der Rechtsausschuß seine Auffassung, daß „der Schutz gegen Angriffe der Angehörigen fremder Streitkräfte [. . .] die Aufgabe der Bundeswehr [ist], gleichgültig, ob das Ziel eines solchen Angriffes ein militärisches oder ziviles Objekt ist.“115 Werden Soldaten deshalb zum Schutz jedweder Objekte gegen Angriffe ausländischer Soldaten eingesetzt, so ist nach Auffassung und Absicht des Rechtsausschusses des 5. Deutschen Bundestages nicht Art. 87a Abs. 3 GG die Grundlage.116 (2) Als besondere Befugnis aufgrund ausdrücklicher Zulassung Unter 3. „Zu Art. 87a Abs. 3“ kommt der Rechtsausschuß dann zu den in S. 1 und S. 2 der Norm geregelten Varianten des Schutzes ziviler Objekte durch die Bundeswehr. Zu S. 1 äußert er sich unter a), nachdem er einleitend hervorgehoben hat, daß „der Schutz von zivilen Objekten gegen Störungen von Dritter ,ziviler‘ Seite [. . .] das Amt der Polizei“ ist.117 Jedoch sollen die „Streitkräfte [. . .] zu solchem Objektschutz herangezogen 113 BTDrucks. 5/2873, 13, „Zu Art. 87a Abs. 3“, 1.; so auch E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); H.-J. Rungweber, 137; W. Speth, 78, Fn. 3. 114 G. Großmann, Teil II, Rn. 80, 83; D. Keidel, 48; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (628); W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 47; ebenso H. U. Schroeder, Wehrkunde 1973, 11 (13 f.). 115 BTDrucks. 5/2873, 13, „Zu Art. 87a Abs. 3“, 2; ebenso G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 46; W. Graf Vitzthum, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 170, Rn. 16; W. Speth, 78; D. Sterzel, in: Alternativkommentar, Bd. III, Sonderabschnitt Xa.: Spannungs- und Verteidigungsfall, Rn. 99. 116 So auch W. Brunkow, 76; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (627 f.); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 47; P. Karpinski, 50 f.; D. Keidel, 48; H.-J. Rungweber, 137, 141; W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732).

A. Begriff der Verteidigung

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werden, wenn die Übernahme des Schutzes zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist“, weil „die zivilen Einrichtungen von den Streitkräften zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages mitbenutzt werden und wenn mit gegnerischen Angriffen auf diese Objekte zu rechnen ist.“118 Der Rechtsausschuß nennt auch den verfassungspolitischen Grund für diese ausnahmsweise Regelung. Es geht hier wieder um Verwaltungseffizienz und Personalökonomie, wie es auch bei der Verkehrsregelung der Fall war. Denn dem Rechtsausschuß schien es „wegen der für solche Situationen zu erwartenden Knappheit an polizeilichem Schutzvollzugspersonal [. . .] angebracht, daß die Angehörigen der Streitkräfte dann nicht nur den Schutz dieser Anlagen gegen militärische Angriffe, sondern auch gegen zivile Störungen übernehmen“, da man „sonst [. . .] auch noch Polizei zum Schutze dieser Objekte heranziehen“ müßte. Es soll also zunächst verhindert werden, daß Soldaten solche verteidigungswichtigen zivilen Objekte gegen militärische Angreifer und zugleich Polizisten diese gegen zivile Angreifer schützen müssen, um der verfassungsrechtlichen Trennung von Polizei und Militär gerecht zu werden.119 Es wird jedoch auch noch der Gesichtspunkt angeführt, daß „sich nicht immer leicht unterscheiden lassen“ wird, ob ein Angriff von Angehörigen gegnerischer Streitkräfte oder von zivilen Störern ausgeht“.120 Durch diese Regelung wird es somit möglich, daß für die Verteidigung relevante zivile Objekte im Verteidigungs- und Spannungsfall allein vom Militär bewacht werden, welches diese sowohl gegen militärische wie zivile Angreifer schützt. Dadurch sieht der Rechtsausschuß außerdem die Gefahr gemindert, daß die Polizei „in bewaffnete Auseinandersetzungen mit Angehörigen fremder Streitkräfte hineingezogen“ wird,121 was eine Sorge des verfassungsändernden Gesetzgebers bei der Schaffung der Notstandsverfassung war.122 Die den Streitkräften nach dem Willen des Rechts117 Dies sehen grundsätzlich auch heute noch so: G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 48; H.-J. Rungweber, 137; W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732); D. Sterzel, in: Alternativkommentar, Bd. III, Sonderabschnitt Xa.: Spannungs- und Verteidigungsfall, Rn. 99. 118 Daß es sich hierbei trotz des Merkmals „soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist“ nicht um Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG handelt, betont H.-J. Rungweber, 143; dies verkennt mancher. 119 Ebenso G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 49; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (628); D. Keidel, 49; H.-J. Rungweber, 140. 120 Dies hervorhebend ebenso W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732); D. Sterzel, in: Alternativkommentar, Bd. III, Sonderabschnitt Xa.: Spannungs- und Verteidigungsfall, Rn. 99. 121 Alle Zitate dieses Absatzes aus BTDrucks. 5/2873, 13, „Zu Art. 87a Abs. 3“, 3. a). 122 Diesen Gesichtspunkt führte im 3. Notstandshearing erwartungsgemäß Kuhlmann als Vorsitzender der Polizeigewerkschaft in die Diskussion ein, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung,

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

ausschusses und mangels entgegenstehender Hinweise auch des verfassungsändernden Gesetzgebers 1968 in Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG eingeräumte Befugnis zum Schutz ziviler Objekte besteht somit zwar in zeitlicher Hinsicht während eines Zustandes äußerer Gefahr in Form des Verteidigungsoder Spannungsfalles, jedoch besteht der Zusammenhang nur in dieser zeitlichen Synchronität und einem räumlichen Zusammenhang mit einem Streitkräfteeinsatz zur Abwehr äußerer Gefahren, ohne daß der Streitkräfteeinsatz zum Schutz ziviler Objekte vor nicht-militärischen Angreifern ebenfalls der Abwehr von außen kommender Gefahren diente. Er dient, soweit er über Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG ermöglicht wird, allein der Abwehr ziviler Angreifer, die ansonsten von den Polizeikräften bewältigt werden müßten. Die Abwehr nicht-militärischer Angreifer von zivilen Objekten im Inneren hat als solche reinen Innenbezug, was sie grundsätzlich zu einer polizeilichen Aufgabe macht.123 Zu Art. 87a Abs. 3 S. 2 GG erläutert der Rechtsausschuß, daß es um „den Schutz von zivilen Objekten gegen zivile Störer [geht], die für die Streitkräfte nicht für die Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich sind“.124 Hier ist nicht einmal ein räumlicher Zusammenhang mit einer Verwendung der Streitkräfte zur Bewältigung äußerer Gefahren gegeben, sondern es liegt allein die Gleichzeitigkeit mit Verteidigungs- oder Spannungsfall vor. c) Ergebnis Aufgrund der Untersuchung der vom Rechtsausschuß des 5. Deutschen Bundestages in seinem Bericht vorgenommenen Erläuterungen der mit Art. 87a Abs. 3 GG verfolgten Regelungsabsicht125 steht fest, daß keiner der in dieser Norm geregelten Bundeswehreinsätze der Abwehr von außen herrührender Gefahren dient. Alle Gefahren, die mit Hilfe der in dieser Norm geregelten Befugnisse bewältigt werden sollen, haben ihren unmittelbaren Ursprung im Inneren. Dementsprechend reiht sich die Vorschrift widerspruchslos in die Reihe der nur Gefahrensituationen mit unmittelbarem 30.11.1967, 25 f.; ebenso Scheuner, a. a. O., 65; diese Gefahr sprechen ebenfalls an: G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 44; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 54 f.; D. Keidel, 49; H.-J. Rungweber, 140; W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (732); D. Sterzel, in: Alternativkommentar, Bd. III, Sonderabschnitt Xa.: Spannungs- und Verteidigungsfall, Rn. 99. 123 Dies betonen zu Recht G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 48, 54, D. Keidel, 49, H.-J. Rungweber, 143, und H. U. Schroeder, Wehrkunde 1973, 11 (14). 124 BTDrucks. 5/2873, 13, „Zu Art. 87a Abs. 3“, 3. b). 125 Diese Absicht wurde durch die Regelung auch erreicht, wie der systematisierende Beitrag von H. U. Schroeder, Wehrkunde 1973, 11, zeigt.

A. Begriff der Verteidigung

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Ursprung im Inneren regelnden Einsatznormen Art. 87a Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG ein. Die Betrachtung der vier ausschließlichen ausdrücklichen Zulassungen von Einsätzen der Streitkräfte in Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG in der Verfassung ergibt somit, daß alle diese Normen ausschließlich Gefahrensituationen zum Gegenstand haben, deren unmittelbare Ursache im Inneren liegt und die deshalb als innere Gefahren bezeichnet werden können.126 Der gute und effektive Stil des verfassungsändernden Gesetzgebers 1968, auf welchem das Redundanzargument beruht, ist durch keine der Bundeswehreinsätze ausdrücklich zulassenden Normen in Frage gestellt.127 Deren Existenz in Verbindung mit dem Redundanzargument spricht deshalb in systematischer Hinsicht dafür, daß zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG nur solche Einsätze erfolgen, die sich gegen von außen herrührende Gefahren richten.128 5. Bezug zum Völkerrecht Dieses mit den zuvor angeführten systematischen Erwägungen korrespondierende vorläufige Ergebnis wird auch durch eine Herstellung völkerrechtlicher Bezüge bestätigt.129 Im Hinblick auf den Begriff Verteidigung wird häufig eine Verbindung zum Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung nach Art. 51 SVN hergestellt.130 Auch wenn das Völkerrecht in der Bundesrepublik von der herrschenden Meinung in der Rechtswissenschaft als unter der Verfassung stehend angesehen wird131 und somit eigent126 Ebenso O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 133; R. Schikowski, 7, differenziert dementsprechend den Inneren Notstand bzw. Ausnahmezustand, welcher durch innere Gefahren verursacht wird, vom allgemeinen Staatsnotstand, welcher durch Gefahren verursacht wird, die den Staat von außen bedrohen und „also völkerrechtlichen Ursprung“ haben. 127 Insofern muß auch M. Zimmer, 80, widersprochen werden, der gerade aufgrund von Art. 87a Abs. 3 GG meint, es fehle an einer „wohldurchdachten verfassungsrechtlichen Systematik“. 128 Ebenso O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 133; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (616); im Ergebnis ebenso G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (502), und E. Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, 773 (775). 129 Allgemein zur völkerrechtlichen Bewertung terroristischer Angriffe G. Krings/ C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (508 ff.). 130 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 38; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (616 f.); J. Isensee, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 23; B. Rieder, 331; M. Zimmer, 82.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

lich nicht Bezugspunkt der systematischen Auslegung der Verfassung sein kann,132 wird es gleichwohl von vielen berücksichtigt.133 Begründet wird dies mit der durch Art. 25 GG geschaffenen Völkerrechtsfreundlichkeit des GG,134 welche nicht zu einer zwingenden Inkorporation völkerrechtlicher Normen und Begriffe in die Verfassung führt,135 sondern lediglich eine Berücksichtigung völkerrechtlicher Normen und Begriffe bei der Verfassungsauslegung gebietet.136 Dies folgt aus der Vermutung, daß der Verfassungsgesetzgeber keine völkerrechtswidrigen Verfassungsnormen in Kraft setzen wollte und verfassungsrechtliche Begriffe nicht in Widerspruch oder Abweichung von völkerrechtlichen Begriffen und Definitionen verstanden wissen will.137 Hier ist eine völkerrechtskonforme Auslegung138 – ähnlich der 131 Die These vom Verfassungs- oder gar Überverfassungsrang der allgemeinen Regeln des Völkerrechts hat sich nicht durchgesetzt, vgl. M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (283); ders., in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 35; E. Schemann, 104 ff.; H. Steinberger, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 173, Rn. 50; C. Tomuschat, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 172, Rn. 15. 132 Zuzustimmen ist insofern O. Depenheuer, DVBl. 1997, 685 (686), welcher hervorhebt, daß das völkerrechtliche Erlaubtsein nicht ausreicht, da es sich um zwei autonome Rechtsquellen handelt und die Wertungen des Völkerrechts sich nicht notwendig mit denen des Staatsrechts decken müssen. 133 Vgl. statt vieler W. Brunkow, 32; H.-G. Franzke, NZWehrr 1996, 189 (193); K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (616 f.); N.-P. Kleiner, 184; J. M. Mössner, 97 (105); W. Speth, 31 ff.; U. Schopohl, 120 ff., sieht den Verteidigungsbegriff in jeder Hinsicht als offen an und zieht das Völkerrecht, insbesondere Art. 51 SVN, zur Bestimmung der Grenzen des verfassungsrechtlich unbeschränkten Begriffs heran; eine zwingende völkerrechtliche Beeinflussung des Verteidigungsbegriffs lehnt Schopohl jedoch ab, a. a. O., 90; allgemein zur völkerrechtlichen Bewertung terroristischer Angriffe auf den Luftverkehr: P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1319 f.). 134 C. v. Bülow, 63; P. Kirchhof, Verteidigungsauftrag, 797 (799); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 40; E. Schemann, 103; M. Zimmer, 82. 135 So anscheinend aber K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (616 f.); insofern zu Recht ablehnend M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (283); richtigstellend („Verteidigungsbegriff kann nicht ausschließlich völkerrechtlich bestimmt werden“) N. K. Riedel, ZRP 1991, 5 (7), und B. K. W. Bähr, ZRP 1994, 97 (99): „rein völkerrechtlicher Ansatz nicht haltbar“. 136 Eindeutig zu weit geht H.-G. Franzke, NZWehrr 1996, 189 (193), wenn er aus den über die deutschen Staatsgrenzen hinausweisenden Art. 24 Abs. 2, 79 Abs. 1 S. 2 GG und dem Umstand, daß die Bundesrepublik mit anderen naturgemäß nicht ans GG gebundenen Staaten in Verteidigungsbündnissen steht, schließt, der Begriff der Verteidigung könne nicht durch das GG bestimmt werden, sondern nur durch das in Art. 25 GG angesprochene Völkerrecht; einen eher zurückhaltenden Standpunkt nimmt A. Coridaß, 44, ein, der ausführt, daß eine verfassungsrechtliche Bestimmung der Verteidigung, die auf eine „nationale Beschränkung des Selbstverteidigungsrechts“ hinausläuft, möglich ist. 137 M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (283); ders., in: v. Mangoldt/ Klein, GG, Art. 87a, Rn. 35; ähnlich C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (242); dieser Vermutung könnte man entgegenhalten, daß die Bundesrepublik 1956 bzw. 1968

A. Begriff der Verteidigung

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verfassungskonformen Auslegung einfachen Rechts – durchzuführen, wobei bei mehreren nach den anderen Auslegungsmethoden gleichermaßen möglichen Auslegungsvarianten die dem Völkerrecht entsprechende Variante zu wählen ist. Das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 SVN stellt eine Ausnahme vom Gewaltverbot des Art. 2 Nr. 4 SVN dar, welches sich allein auf militärische Gewalt bezieht.139 Im Völkerrecht setzt die Selbstverteidigung nach Art. 51 SVN immer einen bewaffneten Angriff – englisch: armed attack – voraus.140 Ein solcher bewaffneter Angriff kann hierbei immer nur von außen erfolgen, da das Völkerrecht nur das Verhältnis der Staaten untereinander betrifft und nur zwischenstaatliche Beziehungen, nicht jedoch den innerstaatlichen Bereich erfaßt.141 Somit spricht auch die Berücksichtigung des Völkerrechts, insbesondere von Art. 51 SVN, dafür, Verteidigung in Art. 87a GG nur als Abwehr von außen kommender Gefahren zu verstehen.142 Im Hinblick auf die Frage, welche besondere Qualität der Angreifer haben muß bzw. welchen Charakter der Angriff haben muß, ist deshalb das Verständnis des bewaffneten Angriffs zu berücksichtigen:143 jeder einem noch nicht Mitglied der VN war, denen sie erst 1974 beitrat; dies würde dagegen sprechen, daß Normen der SVN bei der Verfassungsgebung berücksichtigt wurden; allerdings findet sich schon in Art. 5 NATO-Vertrag die Formulierung „. . .in Ausübung des in Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung“; hieraus folgt, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1956 und 1968 diese Norm sehr wohl bereits generell und nicht nur begrenzt auf den NATO-Bündnisfall in seinen Willen aufgenommen hat, vgl. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 38. 138 Dazu M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 35 ff.; ders., Extraterritoriale Interventionen, 259 (283). 139 Vgl. R. Geiger, 361 f. 140 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 38; ders., Extraterritoriale Interventionen, 259 (284); C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (242); ders., Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung, 68; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 50 f.; M. Schultz, 203. 141 R. Geiger, 363; M. Schultz, 217 f. 142 Ob auch das BVerfG das Völkerrecht bedenkt, wenn es in BVerfGE 48, 127 (160) äußert, die „Streitkräfte sollen der Verteidigung gegen bewaffnete Angriffe dienen“, ist nicht erkennbar. Offensichtlich auch das Völkerrecht bedenkend, bestimmt M. Bothe, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 7, 216, die Verteidigung als „individuelle und individualbezogene kollektive Selbstverteidigung“; ebenso J. Isensee, in derselben öffentlichen Anhörung, 23; nach W. Brunkow, 32, führt die „kriegsvölkerrechtliche Interpretation“ zu diesem Verständnis: „Abwehr eines durch Kombattanten von außen mit Waffengewalt gegen die Bundesrepublik geführten Angriffs“. 143 So auch BVerfGE 48, 127 (160); 69, 1 (22); U. Hammer, in: Fangmann/ Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 6; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a,

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Staat zurechenbare Ersteinsatz von Waffengewalt.144 Eindeutig muß der Angreifer hierbei Völkerrechtssubjektivität aufweisen, also ein Staat sein.145 Ergänzend kann die üblicherweise zur Ausfüllung des bewaffneten Angriffs herangezogene Aggressionsdefinition der Generalversammlung der VN zu Hilfe genommen werden, wobei zu berücksichtigen ist, daß bewaffneter Angriff gegenüber der Aggression bzw. Anwendung oder Androhung von Gewalt im Sinne von Art. 2 Ziff. 4 SVN der engere Begriff ist.146 Die Aggressionsdefinition ist Ausdruck einer Rechtsüberzeugung hinsichtlich einer gegenwärtigen Übung des Völkerrechts und versteht eine Aggression – englisch: act of aggression – als Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat, die gegen die Souveränität, territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates gerichtet oder sonst mit der Charta unvereinbar ist.147 Außerdem kann man das Verständnis des Begriffs bewaffneter Angriff in Art. 5 NATO-Vertrag heranziehen, welches jeden Angriff auf das Territorium einer der Parteien sowie jeden Angriff auf die Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge eines NATO-Staates im Mittelmeer oder im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses umfaßt.148 Hinsichtlich des bewaffneten Angriffs im Sinne von Art. 51 SVN wird von einem Teil des völkerrechtlichen Schrifttums gefordert, daß „force is used on a relatively large scale and with substantial effect“.149

Rn. 5; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 131; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 25; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5; U. Schopohl, 88; es soll nicht verschwiegen werden, daß es auf der völkerrechtlichen Ebene Überlegungen gibt, das Selbstverteidigungsrecht von der Fixierung auf militärische Interaktionen souveräner Staaten zu lösen, vgl. M. Baldus, Extraterritoriale Interventionen, 259 (284). 144 E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (85); K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (620); im Übrigen zum Begriff: C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (242 f.), und A. Randelzhofer, in: Simma, Charta der Vereinten Nationen, Art. 51, Rn. 19 ff. 145 D. Blumenwitz, ZRP 2002, 102 (104). 146 D. Blumenwitz, BayVBl. 1986, 737 (738 f.); W. Heintschel v. Heinegg, 129 (141); A. Randelzhofer, in: Simma, Charta der Vereinten Nationen, Art. 51, Rn. 19 ff.; C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1 (10). 147 UN Doc. GA-Resolution 3314 (XXIX), Annex, vom 14.12.1974, abgedruckt in ArchVR 16 (1974/1975), 398 ff.; zur eventuellen Erfassung terroristischer Angriffe von der Aggressionsdefinition vgl. D. Blumenwitz, ZRP 2002, 102 (104 f.). 148 V. Epping, 615 (621); diese Situation, die herkömmlich als Bündnisfall bezeichnet wird, stellten die Mitglieder der NATO erstmals in ihrer Geschichte am 2.10.2001 im Hinblick auf die Terroranschläge in den USA v. 11.9.2001 fest. 149 A. Randelzhofer, in: Simma, Charta der Vereinten Nationen, Art. 51, Rn. 19 ff.; C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (243), und ders., Einsatz der Streitkräfte zur Verteidigung, 71 ff., konkretisiert, daß „der Angriff [. . .] mit einer solchen Schwere [erfolgen muß], daß er nicht als völlig unerheblich angesehen werden“ kann; ebenso zu diesem Kriterium der Intensität des Angriffs N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 55; R. Geiger, 378.

A. Begriff der Verteidigung

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Zieht man dieses Verständnis für die Inhaltsbestimmung der Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG im Wege völkerrechtskonformer Auslegung heran,150 so ist zunächst festzustellen, daß nach den bisher angewandten Auslegungsmethoden hinsichtlich der Qualität des Angreifers und des Charakters des Angriffs bisher nur die historische Auslegung unter Berücksichtigung von Art. 79 WRV tendenziell dafür spricht, nur die Abwehr von Angriffen souveräner Staaten mittels Streitkräften als Verteidigung anzusehen und der Begriff im Übrigen ungeklärt ist. Somit ist Raum für die Berücksichtigung des Völkerrechts im Wege systematischer Auslegung, die hier nur dahin gehen kann, daß Verteidigung einen bewaffneten Angriff seitens eines Staates im Sinne von Art. 51 SVN voraussetzt.151 Insofern wird die Tendenz aus der historischen Auslegung verstärkt. Somit wäre die Abwehr eines von einem souveränen Staat mittels Streitkräften geführten Angriffs Verteidigung. Dies hätte jedoch die Konsequenz, daß äußere Gefahren unterhalb dieser Schwelle, weil sie von einem nicht-staatlichen Angreifer ausgehen, allein von der Polizei bekämpft werden dürften. Unabhängig von der Frage, ob die Polizei nach der verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung hierfür überhaupt zuständig ist, sind ihre tatsächlichen Kapazitäten zur Gefahrenabwehr jedoch begrenzt. Nicht jede der unterhalb der Schwelle des bewaffneten Angriffs nach Art. 51 SVN liegende Gefahr kann von den real existierenden Polizeikräften des Bundes und der Länder, insbesondere dem BGS, abgewehrt werden. Dadurch entstünde ein Bereich von äußeren Gefahren, zu deren Abwehr die Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 2 GG nicht befugt und die Polizei in tatsächlicher Hinsicht nicht befähigt wäre. Eine solche Sicherheitslücke muß zu verstärktem Nachdenken anregen. Hierbei fällt auf, daß nach dem Völkerrecht zwar die Selbstverteidigung nach Art. 51 SVN unter Aufhebung des Allgemeinen Gewaltverbots nach Art. 2 SVN einen bewaffneten Angriff voraussetzt. Mit der Selbstverteidigung nach Art. 51 SVN ist der Bereich der völkerrechtlich erlaubten staatlichen Gewaltanwendung jedoch nicht abschließend beschrieben. Daneben existiert der Bereich der völkerrechtlichen Selbsthilfe, mit der andere Störungen der staatlichen Integrität abgewehrt werden dürfen. Der Unterschied zur Selbstverteidigung be150 So geht W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 11, vor, ohne dies so deutlich auszusprechen; auch U. Hammer, in: Fangmann/Blank/Hammer, GG, Art. 87a, Rn. 6, D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 5, F. Kirchhof, in: Isensee/ Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 25, und B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/ Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5, stellen auf einen „bewaffneten Angriff“ ab, ohne die völkerrechtliche Begründung auszusprechen. 151 Auch C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1 (6), heben hervor, daß ein bewaffneter Angriff „by or on behalf of a state“ Voraussetzung des Art. 51 SVN ist, weshalb es auf die Zurechenbarkeit terroristischer Gewalt zu einem Staat ankomme; dazu a. a. O., 6 ff.; ebenso D. Blumenwitz, ZRP 2002, 102 (104).

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

steht darin, daß bei der Selbstverteidigung der angegriffene Staat zur Abwehr des Angriffs nicht nur die konkreten auf den Angriff bezogenen Verteidigungsmaßnahmen vornehmen darf, sondern er auch unter Mißachtung der territorialen Integrität des Angreifers auf dessen Staatsgebiet vordringen darf. Selbsthilfe gegen Störungen unterhalb der Schwelle des bewaffneten Angriffs, die in der völkerrechtlichen Terminologie oft als kleine Gewalt bzw. als Handlung „short of war“ bezeichnet wird, berechtigt nur zur Beseitigung der konkreten Störung.152 Als Selbsthilfe wäre deshalb unabhängig von Art. 51 SVN der Abschuß eines unberechtigt in den eigenen Luftraum eindringenden Kampfflugzeugs eines anderen Staates zulässig.153 Unzulässig mangels bewaffneten Angriffs wäre jedoch ein Angriff auf den Militärflugplatz, von dem dieses Flugzeug gestartet ist.154 Dies verdeutlicht, daß das Völkerrecht neben der Selbstverteidigung nach Art. 51 SVN noch andere Formen zulässiger staatlicher Gewaltausübung kennt. Auch wenn die Selbstverteidigung in Art. 51 SVN rein terminologisch der Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG am nächsten ist, so kann dies doch nicht dazu führen, daß dem Völkerrecht eine das Verständnis des grundgesetzlichen Begriffs Verteidigung auf bewaffnete Angriffe beschränkende Aussage entnommen werden kann.155 Hinzu kommt, daß im Völkerrecht in den 90er Jahren beginnend eine Tendenz festzustellen ist, Gewaltaktionen des internationalen Terrorismus als Friedensbedrohung im Sinne von Art. 39 SVN anzusehen.156 152 Dazu, daß sie eventuell sogar ein Selbstverteidigungsrecht auslösen können, vgl. M. Bartke, 211 ff., im Hinblick auf „die Entsendung bewaffneter Söldner oder Banden in einen anderen Staat, um dort Gewaltaktionen durchzuführen und sich anschließend wieder auf das Gebiet des Ursprungsstaates zurückzuziehen“. 153 Dem entspricht, daß mittlerweile anerkannt ist, daß die staatliche Unterstützung terroristischer Aktivitäten ein Völkerrechtsverstoß ist, vgl. C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1 (8), die deshalb auf S. 9, fordern, daß es „auch einzelnen Staaten, die von massiven Terroranschlägen betroffen sind, [möglich sein muß] mit militärischen Mitteln in rechtlich zulässiger Weise gegen von anderen Staaten unterstützte Terrorgruppen auch dann vorzugehen, wenn der Sicherheitsrat keine Zwangsmaßnahmen ergreift“; daß dies auch völkerrechtlich dogmatisch begründbar ist, weisen Tietje/Nowrot, S. 9 ff., nach. 154 Zur völkerrechtlich zulässigen Selbsthilfe als Reaktion auf die sog. kleine Gewalt vgl. S. Brunner, 41; ebenfalls zu den measures short of war N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 145 ff. 155 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 38, ist zwar zuzustimmen, wenn er zu Recht herausarbeitet, daß Anzeichen dafür fehlen, daß „der Verfassungsgeber 1968 hinsichtlich allgemeiner völkerrechtlich erlaubter Gewaltanwendung Rezeptionswillen hinsichtlich aller denkbaren Fälle völkerrechtlich zulässiger Gewalt hatte“ und diesbezüglich den „Platzhalter ,Verteidigung‘ installieren wollte“; dies schließt die Erfassung dieser Fälle vom Verfassungsbegriff jedoch nicht aus. 156 Vgl. die Darstellung der diesbezüglichen Entwicklung bei C. Tietje/K. Nowrot, NZWehrr 2002, 1 (3 f.); hinzu kommt, daß es auf völkerrechtlicher Ebene

A. Begriff der Verteidigung

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Aus Sicht des Völkerrechts, welches mittels völkerrechtskonformer Auslegung bei der Verfassungsauslegung herangezogen werden kann, ist eine Beschränkung der Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG auf die Abwehr bewaffneter Angriffe deshalb nicht geboten. Auch die Abwehr der völkerrechtlichen sogenannten kleinen Gewalt ist völkerrechtlich zulässig. Eindeutig ist das Völkerrecht jedoch in der Hinsicht, daß alle diese Gefahren von außen herrühren.157 Hervorzuheben ist bei alledem, daß Art. 25 GG dafür spricht, die Verteidigung nach Art. 87a Abs. 2 GG nicht weiter zu verstehen als das Völkerrecht es nahelegt. Ein Verteidigungsbegriff, der enger ist als die Summe völkerrechtlich zulässiger staatlicher Gewaltausübungen, ist jedoch gleichwohl möglich.158 6. Bezug zu Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Auch hier kann Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG und die in ihm enthaltene Ermächtigung zur Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden herangezogen werden. Diese Norm ist die Grundlage der tatsächlichen Existenz des BGS in der Bundesrepublik. Bereits aus der Bezeichnung dieser bewaffneten Formation ergibt sich ihre primäre Aufgabe: der Schutz der Grenzen des Bundes. Dies wird durch die Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG konkretisierende Aufgabenzuweisung in § 2 des Gesetz über den Bundesgrenzschutz (BGSG)159 bestätigt. Die zuvor getroffene Feststellung, daß der BGS nicht Teil der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG ist, wird hier auf einfachgesetzlicher Ebene bestätigt, weil in § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGSG eindeutige Hinweise auf den polizeilichen Charakter der Tätigkeit des BGS und insofern auf dessen Zugehörigkeit zur Polizei enthalten sind,160 welche auch durch die Bezeichnung als Polizei des Bundes in § 1 Abs. 1 S. 2 BGSG deutlich ausgesprochen wird. einige Übereinkommen gibt, die sich mit Terrorismus befassen, vgl. A. Glöckner, NJW 2002, 2692 f. 157 Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus durch Streitkräfte im Ausland aus völkerrechtlicher Sicht vgl. K. Schmalenbach, NZWehrr 2000, 177, und D. Blumenwitz, ZRP 2002, 102. 158 Vgl. insofern M. Bartke, 83 f., der darlegt, daß es jedem Völkerrechtssubjekt freisteht, „einseitig und freiwillig auf Rechte zu verzichten, die ihm das Völkerrecht zubilligt“. 159 Vom 19.10.1994, BGBl. I S. 2978. 160 § 2 BGSG lautet: (1) Dem Bundesgrenzschutz obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt. (2) Der Grenzschutz umfaßt 1. die polizeiliche Überwachung der Grenzen, 2. die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich a) der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt, b) der Grenzfahndung, c) der Abwehr von Gefahren, 3. im Grenzgebiet bis

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Das Sachgebiet, welches man bei unbefangener Betrachtung mit dem Grenzschutz üblicherweise verbindet, wird in § 2 Abs. 2 BGSG zutreffend mit der „polizeilichen Überwachung der Grenzen“, der „polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt [. . .]“ und „der Abwehr von Gefahren“ umschrieben. Grenzschutz umfaßt nach dieser Begriffsbestimmung die Bewältigung aller an den Grenzen – gemeint sind nach dem Zusammenhang nur die Bundesgrenzen – auftretenden Gefahren. Hierbei wird nicht danach differenziert, ob diese von außen oder von innen drohen. Ein unerlaubter Grenzübertritt fällt in die Aufgabe des BGS nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 BGSG, unabhängig davon, ob die handelnde Person unerlaubt von außen die Grenze in die Bundesrepublik hinein übertritt oder ob diese die Grenze aus der Bundesrepublik heraus nach außen übertritt. Diese Arbeit geht davon aus, daß § 2 BGSG den Inhalt des Grenzschutz in Übereinstimmung mit dem verfassungsrechtlichen Begriff Grenzschutz in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG bestimmt. Deshalb wird der Inhalt dieser einfachrechtlichen Norm als Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Begriffs in der Wortverbindung der Bundesgrenzschutzbehörden für die systematische Auslegung herangezogen. Diese Auffassung stützt sich zentral darauf, daß der Gesetzgeber die Aufgabenbeschreibung des Grenzschutz in § 2 BGSG in eindeutiger Weise gefaßt hat. Dies heißt zwar nicht zwingend, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber, der Art. 87 Abs. 1 S. 2 im Hinblick auf die Bundesgrenzschutzbehörden formuliert hat, dieselbe Vorstellung von der Aufgabe Grenzschutz hatte, jedoch spricht viel für diesen historisch-subjektiven Willen und zudem hat auch der gegenwärtige Wille des Gesetzgebers nach der hier vertretenen gemischt objektiv-subjektiv teleologischen Methode einen hohen Stellenwert. Die so verstandene Aufgabenzuweisung an den BGS, welche wiederum eine ausschließliche Exekutivkompetenz für den Bund begründet, läßt sich gemeinsam mit der obigen Feststellung, daß der BGS nicht Bestandteil der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 2 GG ist, zu einem systematischen Argument nutzen. Dieses baut auf folgenden Prämissen auf: zum einen ist die Primäraufgabe der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG die Verteidigung. Zudem haben alle bisherigen Untersuchungen zum Ergebnis gehabt, daß Verteidigung in diesem Sinne die Abwehr von außen herrührender Gefahren ist. Zum anderen ist der BGS nicht Bestandteil der Streitkräfte. Seine zuvor im einzelnen dargestellte Aufgabe ist jedoch der Schutz der Bundesgrenzen nach innen und außen, also ein gewisses Segment der grenzbezogenen Gefahrenabwehr nach innen und außen. zu einer Tiefe von 30 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenzen beeinträchtigen. (3), (4) [. . .]. (Hervorhebungen durch den Verf.).

A. Begriff der Verteidigung

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Auf der Grundlage dieser validen Prämissen läßt sich feststellen, daß dann, wenn die Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG die Abwehr äußerer Gefahren im umfassenden Sinne sein sollte, eine Überschneidung der Zuständigkeitsbereiche von Bundeswehr i. e. S. und BGS im Hinblick auf den Grenzschutz bestünde, soweit er nach außen gerichtet ist. Denn alles, was in § 2 BGSG als Grenzschutz bezeichnet wird, ist, soweit es nach außen gerichtet ist, Abwehr äußerer Gefahren. Eine solche Überschneidung der Kompetenzbereiche von Behörden ist grundsätzlich möglich.161 Im Fall der grenzbezogenen Gefahrenabwehr durch den BGS und dem Verteidigungsauftrag der Streitkräfte ist es jedoch fraglich, ob eine solche Kompetenzüberschneidung vom Verfassungsgesetzgeber gewollt ist. An anderer Stelle wurde aufgrund genetischer, systematischer und teleologischer Argumente herausgearbeitet, daß der Verfassung ein gewolltes Prinzip der Trennung von Polizei und Streitkräften zugrunde liegt. Dieses fordert eindeutig, daß die Bundeswehr i. e. S. grundsätzlich in allen Bereichen, die der Polizei zugewiesen sind, nicht tätig wird. Ausnahmen von diesem Grundsatz werden allein durch die Verfassung normiert. Zwischen den vorstehenden Aussagen besteht ein Spannungsverhältnis, welches sich logisch in zwei Richtungen auflösen läßt. Entweder ist das verfassungsrechtliche Prinzip der Trennung von Polizei und Bundeswehr i. e. S. im Hinblick auf Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG insofern zu modifizieren, daß eine Ausnahme vom Prinzip für den Grenzschutz nach Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG besteht. Somit wäre in diesem Bereich ein Nebeneinander von polizeilicher Gefahrenabwehr durch den BGS und militärischer Gefahrenabwehr durch die Bundeswehr i. e. S. ausnahmsweise möglich, so wie es auch in den Fällen der Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG zugelassen ist. Die andere dieses Spannungsverhältnis auflösende Schlußfolgerung läge darin, den Verteidigungsbegriff dahingehend zu restringieren, daß er die Abwehr äußerer Gefahren nur insoweit umfaßt, als diese nicht Bestandteil der dem BGS durch Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG zugewiesenen Grenzschutzaufgabe ist. Ein Hinweis darauf, welche dieser beiden Lösungsvarianten zu wählen ist, könnte darin liegen, daß bereits an verschiedenen Stellen festgestellt wurde, daß mit Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG allein die militärische Abwehr von Gefahren gemeint ist. Die Gefahrenabwehraufgabe des BGS wird in § 2 BGSG, welcher als zutreffende Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Begriffs Grenzschutz angesehen wird, als polizeilich oder grenzpolizeilich bezeichnet. Da die Tätigkeit des Bundesgrenzschutzes, welcher in § 1 Abs. 1 S. 2 BGSG unzweideutig als Polizei des Bundes ein161 Vgl. z. B. das Nebeneinander von Polizeibehörden und Ordnungsbehörden im Eilfall nach dem Polizei- und Ordnungsrecht der Länder, z. B. §§ 1 Abs. 1 S. 3 PolG NRW, 1 Abs. 1 OBG NRW.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

geordnet wird, qua definitionem nur polizeilich sein kann, erscheint die Aufgabenzuweisung hinsichtlich des grenzpolizeilichen Schutzes des Bundesgebietes in § 2 Abs. 1 BGSG mit seinen Konkretisierungen in § 2 Abs. 2 BGSG als redundant oder gar zirkulär. Es ist nicht erkennbar, wie der BGS als Polizei des Bundes anders als polizeilich tätig werden soll. Jedoch kann man erwägen, daß über das Kriterium des Polizeilichen die Abgrenzung zum militärischen Grenzschutz als Teil der militärischen Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG vorgenommen wird, wodurch das Prinzip der Trennung von Polizei und Militär gewahrt würde. Hierdurch würde das Kriterium des Polizeilichen materiellen Gehalt bekommen, wofür auch die generell bestehende Vermutung sinnvoller Gesetzgebungstätigkeit und der Weglassung inhaltsleerer Pleonasmen spricht. Unterstellt, es wäre in der Tat so, daß über das Merkmal des polizeilichen Charakters der Gefahrenabwehr nach außen durch den BGS die Abgrenzung zur militärischen Gefahrenabwehr nach außen durch die Streitkräfte vorgenommen würde, so stellt sich die Frage, wie dieses Merkmal zu verstehen ist. Polizeilich als Adjektiv zur Polizei kann dem Substantiv entsprechend in verschiedenen Dimensionen verstanden werden. Es kann sich somit auf die Polizei im formellen, im institutionellen sowie im materiellen Sinne beziehen. Der materielle Polizeibegriff wird üblicherweise auf die Gefahrenabwehr zurückgeführt. Hierbei wird über die Unterscheidung zwischen Gefahrenabwehr nach innen und nach außen in der polizeirechtlichen Literatur selten gesprochen, weil die Gefahrenabwehr nach außen nicht Gegenstand der polizeirechtlichen Betrachtung ist. Implizit ist wohl davon auszugehen, daß in diesen Aussagen stets die Gefahrenabwehr mit Ausnahme der Gefahrenabwehr nach außen gemeint ist. Dies ist jedoch nicht eindeutig und der materielle Polizeibegriff kann wegen seines Bezuges zur Gefahrenabwehr nicht weiterhelfen, weil sowohl Streitkräfte als auch Polizei im weiteren Sinne der Gefahrenabwehr dienen. Auch wenn man den materiellen Polizeibegriff – und insofern auch das Merkmal polizeilich – nur auf die Gefahrenabwehr im Inneren oder nach innen bezöge, käme man nicht weiter, weil nicht erkennbar ist, wie polizeilicher Grenzschutz, der nach der in § 2 BGSG enthaltenen Aufgabenbestimmung auch den Grenzschutz nach außen umfaßt, sich hiermit vereinbaren ließe. Der materielle Polizeibegriff kann somit nicht gemeint sein, wenn in § 2 BGSG das Merkmal polizeilich verwendet wird. Der formelle Polizeibegriff hingegen bezeichnet die Summe der der Organisation Polizei zugewiesenen Aufgaben bzw. Zuständigkeiten. In institutioneller Hinsicht versteht man unter Polizei die Gesamtheit der als Polizei organisierten tatsächlich existierenden Behörden und Einrichtungen samt ihres Personals. Legt man diese Verständnisweise im Hinblick auf den polizeilichen Grenzschutz zugrunde, so hätte dieses Kriterium in § 2 BGSG

A. Begriff der Verteidigung

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keinen wirklichen Sinn, es sei denn, man sähe es als Abgrenzungsmerkmal zum militärischen Grenzschutz. Denn daß es einen militärischen Grenzschutz gibt, ist offensichtlich. Die traditionelle Hauptaufgabe der Armee eines Staates, Angriffe anderer Staaten mit deren Armeen abzuwehren oder selbst nach außen Angriffsinstrument auf andere Staaten zu sein, verdeutlicht, daß auf dem hohen Eskalationsniveau der Angriffe fremder Staaten mit Armeen der Schutz des eigenen Staatsgebietes – und somit zu allererst der Staatsgrenzen – traditionelle Hauptaufgabe des Militärs ist. Der Grenzschutz in einem weiteren Sinne ist deshalb Teil der Abwehr äußerer Gefahren und kann auch vom Verteidigungsbegriff im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG umfaßt sein. Je nachdem, welche Schlußfolgerung man aus dem oben dargestellten Spannungsverhältnis zwischen Art. 87 Abs. 1 S. 2 und der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG zieht, würde der militärische Grenzschutz entweder den polizeilichen Grenzschutz nach § 2 BGSG, Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG umfassen oder ausschließen. Aufgrund der oben angesprochenen Vermutung sinnvoller Gesetzgebungstätigkeit unter Weglassung inhaltsleerer Redundanzen ist ein Verständnis vorzuziehen, welches den Kriterien des Polizeilichen in § 2 BGSG und somit auch in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG einen sinnvollen Inhalt gibt. Da herausgearbeitet wurde, daß mit polizeilich nicht der materielle Polizeibegriff in Bezug genommen werden kann, liegt es nahe, dies formell bzw. institutionell zu verstehen. Somit wäre der polizeiliche Grenzschutz der Grenzschutz, welcher von den als Polizei organisierten Kräften wahrgenommen wird. Damit dieses Kriterium jedoch auch seine Funktion der Abgrenzung zum Grenzschutz durch die Streitkräfte als von der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG umfaßte Komponente erfüllen kann, ist es sinnvoll mit Inhalt zu füllen. Berücksichtigt man, daß der Grenzschutz gegenüber Bedrohungen durch fremde Staaten im Sinne des klassischen Kriegsbildes ohne Zweifel schon aufgrund einer Evaluation der tatsächlichen Fähigkeiten von Polizei und Bundeswehr i. e. S. Teil des militärischen Grenzschutzes und nicht des polizeilichen Grenzschutzes sein muß, so ergibt sich die Erkenntnis, daß die Streitkräfte jedenfalls den Grenzschutz gegenüber Angriffen auf höherem Gefahrenniveau wahrnehmen. Daraus folgt zugleich, daß der in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG, § 2 BGSG geregelte polizeiliche Grenzschutz das Segment des Grenzschutzes ausmacht, welches sich auf einem niedrigeren Gefahrenniveau bewegt. Polizeilicher Grenzschutz ist danach im Hinblick auf äußere Gefahren die Abwehr jeglicher äußerer Gefahren mit Ausnahme der auf jeden Fall den Streitkräften zugewiesenen Abwehr von mit Streitkräften erfolgenden Angriffen souveräner Staaten, soweit die Polizei hierzu tatsächlich in der Lage ist.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Aufgabe der Streitkräfte als Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ist hingegen die Abwehr von Angriffen souveräner Staaten mit Streitkräften162 und die Abwehr jeglicher sonstiger äußerer Gefahren, soweit sie die Möglichkeiten der Polizei, genauer gesagt des BGS, übersteigt.163 Dieses mit dem Prinzip der Trennung von innerer Gefahrenabwehr durch die Polizei und äußerer Gefahrenabwehr durch das Militär konfligierende Verständnis ist hierbei durch die Existenz des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG sowohl begründet als auch gerechtfertigt. Dies folgt schon allein daraus, daß dieses Prinzip vorrangig aufgrund systematischer Argumente entwickelt wurde und eine Norm, die mit diesem Prinzip scheinbar kollidiert, jedoch zugleich Teil des Systems ist, dem das Prinzip entnommen wurde, zu einer Modifikation des Systems und auch des Prinzips selbst führen muß. Die vorstehende Argumentation basiert jedoch auf zwei Prämissen, die mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor behaftet sind. Zum einen steht nicht mit letztendlicher Sicherheit fest, daß die in § 2 BGSG getroffene Inhaltsbestimmung des Grenzschutzes mit dem verfassungsrechtlichen Grenzschutzbegriff in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG vollständig korrespondiert. Die einfachrechtliche Norm als solche kann nicht Gegenstand der systematischen Auslegung sein. Zudem beruht die Schlußfolgerung, daß ein Nebeneinander von Grenzschutz durch die Polizei und Grenzschutz durch das Militär von der Verfassung nicht gewollt sei, auf der Vermutung sinnvoller Gesetzgebungstätigkeit unter Vermeidung von Redundanzen und unter Weglassung von Leerformeln, weshalb dem Kriterium des Polizeilichen in § 2 BGSG die Funktion der Abgrenzung zum militärischen Grenzschutz zugemessen wurde. Diese Unsicherheit ist im Hinterkopf zu behalten und dieser Aspekt bei der folgenden teleologischen Auslegung mit besonderer Sorgfalt zu verifi162 Auch W. Grubert, 221, sieht dies als den „Kernbereich“ der Verteidigung an; manche sehen allein hierin den Verteidigungsauftrag der Streitkräfte und halten die Abwehr anderer äußerer Gefahren immer für eine Sache der Polizei, vgl. S. Brunner, 52. 163 So auch M. Schultz, 242, der klarsichtig ausführt, daß der „polizeiliche Grenzschutz dort endet, wo militärische Mittel ultimativ erforderlich sind, um vor äußeren Bedrohungen zu schützen“; nur so sei eine „sinnvolle Konkordanz von ,Grenzschutz‘ und Verteidigung möglich, die sich ergänzen und nicht ausschließen“; der „Schutz des Hoheitsgebiets gegen Bedrohungen, die Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen können, sind Teil der Verteidigung, wenn erkennbar und zweifellos nur durch die Anwendung militärischer Gewalt deren Abwehr möglich ist; ebenso a. a. O., 283; soweit N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 151 ff., Einsätze der Bundeswehr zur Abwehr von die Möglichkeiten des BGS übersteigenden äußeren Gefahren ablehnt, folgt dies daraus, daß er diese Aussage nur auf äußere Gefahren, die nicht „mit Waffengewalt“ erfolgen, bezieht („Spionagehandlungen, widerrechtliche Ausdehnung von Wirtschafts- und Fischereizonen und Errichtung von Sperrzonen“).

A. Begriff der Verteidigung

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zieren und auf seine Stimmigkeit in bezug auf die Regelungsziele des verfassungsändernden Gesetzgebers und auf die Ergebnisse der sonstigen Auslegungsmethoden hin zu überprüfen. 7. Ergebnis Sämtliche vorstehenden systematischen Argumente sprechen dafür, daß Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG allein die Abwehr von außen kommender Bedrohungen umfaßt.164 Dies hat deshalb einen besonderen Stellenwert, weil das BVerfG der systematischen Auslegung neben der Wortlautinterpretation bei der Verfassungsauslegung wegen der hohen Textnähe aus rechtsstaatlichen Gründen einen vorrangigen Stellenwert einräumt. Hinsichtlich der Richtung, aus der der abzuwehrende Angriff stammt, bestätigt die systematische Auslegung somit die schon recht eindeutigen Erkenntnisse aus allen zuvor behandelten Auslegungsmethoden. Aus einer völkerrechtskonformen Auslegung konnte eine Beschränkung auf einen mittels der Streitkräfte durchgeführten Angriff durch einen anderen souveränen Staat aufgrund der völkerrechtlichen Zulässigkeit der sog. kleinen Gewalt nicht festgestellt werden. Eine Beschränkung des Verteidigungsbegriffs auf bewaffnete Angriffe, wie sie tendenziell auch die historische Auslegung anhand des Art. 79 WRV nahelegte, ist danach nicht angezeigt. Auch das Völkerrecht spricht deshalb dafür, die Abwehr aller von außen herrührenden Gefahren als Verteidigung anzusehen. Aus einer systematischen Berücksichtigung von Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG ergibt sich, daß Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG neben der Abwehr von Angriffen souveräner Staaten mit Streitkräften die Abwehr jeglicher äußerer Gefahren, soweit sie die Möglichkeiten des BGS übersteigt, umfaßt.165 Dieses Ergebnis ist mit einer gewissen Unsicherheit behaftet und bedarf deshalb der besonders sorgfältigen Überprüfung im Rahmen der zweckorientierten Auslegung.

164

M. Schultz, 216. Anders A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2, der die „Abwehr von Störungen, die nicht von ausländischen Streitkräften ausgelöst werden“, der Polizei zuweisen will; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22, sieht nur den Angriff „mit militärischen Mitteln“ als zur Verteidigung berechtigend an; im Gegensatz dazu will K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 4, den Verteidigungsbegriff „angesichts moderner internationaler Bedrohungspotentiale [. . .] von seiner herkömmlichen Fixierung auf militärische Angriffe lösen“; in diese Richtung gehend auch G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (503 und 505). 165

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

VI. Normzweck 1. Gefahrenabwehr nach außen Der erste auch weiterhin gültige Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung sowie des Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG – die Ermöglichung von Aufstellung, Unterhaltung und Verwendung einer Armee zur Abwehr von Gefahren durch kriegerische Bedrohungen von außen, welche der Landesverteidigung dienen und als Wehrbeitrag der Bundesrepublik in die westlichen Verteidigungsbündnisse integriert werden kann166 – spricht dafür, Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG genau in diesem Sinne zu verstehen: als die Abwehr von Gefahren durch kriegerische Bedrohungen von außen. Die Richtung, aus der der Angriff unter Berücksichtigung dieses Zwecks stammen muß, ist hier klar außerhalb der Bundesrepublik liegend. Außerdem ist – wie auch schon zuvor bei der systematischen Auslegung – der nicht-verfassungsrechtliche Begriff kriegerisch enthalten. Dieser soll wie dort verstanden werden, was auf den Krieg als Auseinandersetzung souveräner Staaten unter Anwendung von Gewalt mittels der Streitkräfte hinweist. Hierdurch wird der Angreifer als souveräner Staat spezifiziert und der Charakter des Angriffs insofern konkretisiert, als er mittels der Streitkräfte und mit Gewalt zu erfolgen hat. Was jedoch nicht übersehen werden darf, ist, daß dieser Hauptzweck nur fordert, daß die Abwehr von Gefahren durch kriegerische Bedrohungen von außen mittels der Streitkräfte erreicht wird, es jedoch nicht ausschließt, daß der Begriff Verteidigung auch noch andere Komponenten enthält. Deshalb fordert dieser Zweck nur, daß zumindest auch Angriffe seitens souveräner Staaten unter Anwendung von Gewalt mittels der Streitkräfte von außen abgewehrt werden können. Hinsichtlich der Einbeziehung jeglicher anderer Bedrohungen – gleich ob von innen oder außen, ob staatlich oder nichtstaatlich sowie militärisch oder nicht-militärisch – ist dieser Zweck offen, insofern, als er diese jedenfalls nicht ausschließt. 2. Gefahrenabwehr nach innen Der Hauptzweck der Notstandsverfassung sowie des Art. 87a Abs. 2 GG umfaßt auch die Abwehr jedweder Gefahren für die Rechtsgüter der Bürger oder den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat als solchen, insbesondere aus dem Inneren des Staates herstammende.167 Die staatliche Aufgabenstellung der Gewährleistung innerer Sicherheit ist angesichts des ge166 167

Vgl. oben 4. Teil, A.VI.2.a) und b). Vgl. oben 4. Teil, A.VI.2.b).

A. Begriff der Verteidigung

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wachsenen Bewußtseins in Politik und Gesellschaft für neue Bedrohungen, insbesondere durch internationalen Terrorismus, in einer Weise in den Fokus der Bevölkerung und in der Folge auch jenen der Politik gerückt, daß sich feststellen läßt, daß eine solche Offenheit für der inneren Sicherheit dienliche Maßnahmen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft seit 1968 wohl zu keinem Zeitpunkt in dieser Weise bestand. Dieser Zweck ist deshalb aktueller denn je. Unter Berücksichtigung dieses Zwecks liegt es nahe, Verteidigung auch als Abwehr innerer Gefahren sowie nicht-staatlicher oder nicht-militärischer Gefahren von außen zu verstehen, soweit diese die Sicherheit der Bürger und den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat bedrohen. Denn alle diese Gefahren werden gegenwärtig als ernste Bedrohungen der inneren Sicherheit, die nicht zum Bereich der klassischen militärischen Gefahrenabwehr nach außen gehören, wahrgenommen. Daß diese Bedrohungen 1956 bei Einfügung der Wehrverfassung und des Art. 87a GG a. F. sowie 1968 bei der Einfügung der Notstandsverfassung und der Novellierung von Art. 87a GG in der gegenwärtigen Form überhaupt nicht existierten – insbesondere befand sich der internationale Terrorismus noch eindeutig „in den Kinderschuhen“ –, spielt keine Rolle. Daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1956 und 1968 diese Gefahren nicht in seinen konkreten Willen aufgenommen hat, steht einem Verständnis unter geänderten Vorzeichen in der Lebenswirklichkeit, welches neue Bedrohungen aufnimmt, nicht entgegen. Denn der hier vertretene methodische Ansatz geht davon aus, daß unbestimmte Rechtsbegriffe gerade dazu da sind, auf Veränderungen der Realität zu reagieren, und der Wille des Gesetzgebers somit objektiv-teleologisch fortzuentwickeln ist. Die Berücksichtigung des Zwecks der Gefahrenabwehr nach innen in der dargestellten Weise steht auch nicht in Widerspruch mit der Berücksichtigung des Zwecks der Gefahrenabwehr nach außen, da beide Ziele nicht fordern, daß allein dieser Zweck verfolgt wird. Zwar sind der Bundeswehr i. e. S. in ihrer gegenwärtig existierenden Form faktische Grenzen im Hinblick auf Umfang, personelle und materielle Ausstattung sowie Ausbildung gesetzt, die es als ausgeschlossen erscheinen lassen, daß die Streitkräfte sowohl das gesamte Gefahrenspektrum, welches von außen an die Bundesrepublik herangetragen wird, abdecken, als auch umfassend die Gefahrenabwehr im Inneren übernehmen. Jedoch folgt diese tatsächliche Konfiguration der Bundeswehr i. e. S. aus dem Verständnis des verfassungsrechtlichen Handlungsspielraum der Streitkräfte seitens Legislative und Exekutive und der im Ermessen der Exekutive, insbesondere des BMVg, stehenden Festlegung von Schwerpunkten und Prioritäten innerhalb des von der Verfassung eröffneten Betätigungsfeldes. Dieses umfaßt gegenwärtig nicht generell die Abwehr innerer Gefahren. Deshalb ist die real existierende Bundeswehr i. e. S. in vielerlei Hinsicht auf die umfas-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

sende Erfüllung eines Gefahrenabwehrauftrags im Inneren nicht vorbereitet. Dies ist jedoch ein wandelbarer tatsächlicher Zustand, der mit dem entsprechenden zeitlichen Vorlauf verändert werden kann, sollte man zu dem Ergebnis kommen, daß Verteidigung gemäß Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG auch die Abwehr von inneren Gefahren und von äußeren nicht-staatlichen sowie nichtmilitärischen Bedrohungen umfaßt. 3. „Bändigung“ der Armee im demokratischen Rechtsstaat Der zweite Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung, der darauf gerichtet ist, bei der Realisierung der Gefahrenabwehr nach innen und außen gleichzeitig die grundgesetzlich verfaßte freiheitliche demokratische Grundordnung, das innerstaatliche Kräftegleichgewicht und den grundsätzlich zivilen Charakter der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen die Gefahren, die sich nach der historischen Erfahrung aus der Hinzufügung einer Armee als mächtigstem Instrument des Staates zum Machtbereich der Exekutive ergeben, zu sichern, ist ebenfalls weiterhin gültig. Um festzustellen, wie sich dieses Hauptziel auf den Verteidigungsbegriff auswirkt, sind die Komponenten dieses Ziels, welche sich aus den mit der Armee assoziierten Gefahren für die bundesrepublikanische Gesellschaft und den zur Abwehr dieser Gefahren vorgesehenen Mitteln zusammensetzen, zu untersuchen. a) Entwicklung zu einem Staat im Staate Eine Tendenz zur Ausbildung eines Staat im Staate in Form von unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik der Streitkräfte wurde aufgrund historischer Erfahrungen mit einer fehlenden wertebezogenen Integration der Armee in die Gesellschaft, der Existenz eines elitären Bewußtseins der Truppe und ihrer mangelnden Beziehung zur politischen Wirklichkeit begründet. Aufgrund der seit Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. getroffenen Maßnahmen in Form der Konzeption vom Leitbild des Staatsbürgers in Uniform als Gegenentwurf zum unpolitischen und nicht in der demokratischen Gesellschaft verwurzelten Soldaten der vorbundesrepublikanischen Zeit und der Entwicklung der Inneren Führung zur Verwirklichung dieses Gedankens sowie der sowohl extensiven als auch intensiven historischen, staatsbürgerlichen und rechtlichen Bildung aller Soldaten kann diese Gefahr als weitgehend gebannt, zumindest aber als minimiert angesehen werden. Gleichwohl darf dieser Zweck nicht völlig aus den Augen verloren werden.168 Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs Verteidigung in Art. 87a GG ist jedoch nicht erkennbar, inwiefern die Frage, ob die Bun168

Siehe oben 4. Teil, C.VI.1.b).

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deswehr i. e. S. nun Gefahren im Inneren oder nach außen abwehrt, welche Qualität der Angreifer oder welchen Charakter der Angriff hat, für die Entwicklung zu einem Staat im Staate haben sollte. Die zuvor dargestellten zu unerwünschter Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik führenden Ursachen hängen mit dieser Frage nicht zusammen. Die Berücksichtigung dieser Gefahr aus Gründen verfassungspolitischer Vorsicht fordert deshalb kein bestimmtes Verständnis des Verteidigungsbegriffs. b) Mißbrauch der Bundeswehr i. e. S. gegen den demokratischen Rechtsstaat Wegen der als gelungen zu bezeichnenden demokratischen Prägung und der Fundierung der Bundeswehr i. e. S. auf der Basis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie der erfolgreichen Implementation der Konzepte des Staatsbürgers in Uniform und der Inneren Führung kann ein Mißbrauch der Streitkräfte als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat, z. B. bei einem Militärputsch, derzeit fast als ausgeschlossen angesehen werden. Wiederum aus Gründen verfassungspolitischer Vorsicht soll diese Gefahr jedoch bei der normzweckorientierten Auslegung gleichwohl berücksichtigt werden – wenn auch mit einem entsprechend niedrigeren Stellenwert und geringerem Gewicht in der Abwägung mit anderen, eventuell konfligierenden Zielen. Die Berücksichtigung dieser Gefahr bei der Auslegung des Verteidigungsbegriffs hat zu berücksichtigen, daß ein Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat mittels der Streitkräfte, insbesondere im Wege eines Militärputsch, nur durch Streitkräfteeinsätze im Inneren denkbar ist. Einsätze außerhalb der Bundesrepublik, bzw. genauer: Einsätze zur Abwehr von außen kommender Gefahren, welche sich gegen einen externen Aggressor richten und keine Auswirkung auf deutsche Bürger im Inland oder das politische System der Bundesrepublik haben, sind insofern unproblematisch und können als Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ohne weiteres stattfinden. Problematisch sind insofern jedoch alle Bundeswehreinsätze im Inneren, die nicht den dargestellten äußeren Gefahren gewidmet sind und sich gegen das existierende politische System, insbesondere die freiheitliche demokratische Grundordnung, richten. Verstünde man Verteidigung so, wie es der Zweck der umfassenden Gefahrenabwehr im Inneren fordert, so könnten die Streitkräfte permanent zu einer Vielzahl von gefahrenabwehrbezogenen Zwecken innerhalb der Bundesrepublik eingesetzt werden. Es wäre so alltäglich, daß die Bundeswehr i. e. S. in obrigkeitlicher Weise innerstaatlich verwendet würde, daß einer Einflußnahme auf das politische System, schlimmstenfalls einem Angriff auf das politische System mittels der Streit-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

kräfte Tür und Tor geöffnet wäre. Dies ergibt sich daraus, daß durch die Alltäglichkeit von Bundeswehreinsätzen die öffentliche Aufmerksamkeit und die daraus folgende gesellschaftliche, mediale und parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und ihrer Verwendung abnähme und es als Folge hiervon viel weniger auffällig wäre, wenn diese plötzlich gegen den demokratischen Rechtsstaat bei einem Militärputsch eingesetzt würde. Schon allein für den einfachen Soldaten oder militärische Führer unterer Führungsebenen, welche bei einem solchen Vorgehen eventuell, ohne eingeweiht zu sein oder überhaupt hinter einem solchen Vorhaben zu stehen, bei diesem unter Ausnutzung der militärischen Hierarchie mißbraucht werden sollen, ist es viel einfacher zu erkennen, daß da „etwas nicht mit rechten Dingen zugeht“, wenn Einsätze der Streitkräfte im Inneren grundsätzlich verboten sind. Wenn diese nur in wenigen Fällen ausdrücklicher Zulassung durch die Verfassung selbst, die in der Ausbildung jedes Soldaten Teil der staatsbürgerlichen Unterrichtung sind, überhaupt zulässig sind, ist diese Evaluation einfach. Werden die Streitkräfte permanent zur Gefahrenabwehr im Inneren tätig, so ist es ein viel schwierigerer tatsächlicher und verfassungsrechtlicher Beurteilungsvorgang, der notwendig ist, um festzustellen, ob der konkrete Einsatz ein verfassungsrechtlich zulässiger Einsatz zur Verteidigung ist oder ob es sich um einen verfassungswidrigen Militärputsch handelt.169 Man stelle sich nur beispielsweise einmal vor, ein insgeheim verfassungsfeindlicher General befähle ihm unterstellten Truppenteilen einen Einsatz gegen Einrichtungen oder Personen von Exekutive, Legislative oder Judikative unter dem Vorwand, diese würden ihre verfassungsmäßigen oder sonstigen Pflichten verletzen und insofern eine Gefahr im Inneren darstellen, zu deren Abwehr die Streitkräfte aufgrund ihrer Kompetenz zur Verteidigung befugt wären. Die Erkenntnis, daß hier eventuell ein verfassungswidriger Befehl, welcher nicht befolgt werden muß und auch nicht befolgt werden darf, vorliegt, kann man wohl kaum von jedem jungen Leutnant mit Abitur oder jedem militärisch erfahrenen Hauptfeldwebel ohne Abitur, dafür aber mit abgeschlossener Meisterprüfung, erwarten. Eine eindeutige Überforderungssituation hinsichtlich tatsächlicher Lagefeststellung und verfassungsrechtlicher Lagebeurteilung würde dies sicher für junge Unteroffiziere oder Offizieranwärter auf unterster Führungsebene oder erst recht für jeden einzelnen Soldaten der Laufbahngruppe der Mannschaften darstellen. Dies 169 Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann begründete im 3. Notstandshearing seine Forderung, möglichst wenige Verwendungen der Streitkräfte im Inneren zuzulassen damit, daß dann „keiner unter dem Deckmantel der Legalität einen Staatsstreich mittels der Streitkräfte wagen“ könne; dazu forderte er, daß „jeder, auch jeder Soldat, [. . .] zweifelsfrei wissen [müsse], daß Bundeswehreinheiten, die in innere Angelegenheiten eingreifen, die Verfassung brechen“, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 25.

A. Begriff der Verteidigung

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zeigt, daß zur Verhinderung des Mißbrauchs der Bundeswehr i. e. S. gegen den demokratischen Rechtsstaat ein Verständnis des Verteidigungsbegriffs geboten ist, welches möglichst wenige Möglichkeiten des Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. im Inneren zuläßt. Dies sollte nur die Abwehr von außen kommender Gefahren umfassen. Hier liegt eine eindeutige Zielkollision mit dem Ziel der Gefahrenabwehr im Inneren vor, da dies möglichst umfangreiche Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte zur Gefahrenabwehr im Inneren forderte, wohingegen das Ziel der Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte zum Angriff gegen den demokratischen Rechtsstaat einen weitgehenden Ausschluß von Bundeswehreinsätzen im Inneren fordert. Die Auflösung dieser Kollision durch Ermittlung von Zielprioritäten oder Abwägung zur Herstellung praktischer Konkordanz wird zunächst zurückgestellt, um dies unter Berücksichtigung aller Ziele und deren Auswirkungen auf die Auslegung des Verteidigungsbegriffs umfassend vorzunehmen.

c) Mißbrauch der Bundeswehr i. e. S. in innerstaatlichen Auseinandersetzungen Die Berücksichtigung der Gefahr des Mißbrauchs der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussenden gesellschaftlichen Gruppen in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen zeitigt im wesentlichen dieselben Folgen für die Auslegung des Verteidigungsbegriffs, wie es hinsichtlich der Verhinderung des Mißbrauchs im Inneren gegen den demokratischen Rechtsstaat der Fall war. Je mehr Möglichkeiten des Streitkräfteeinsatzes es nach der Verfassung im Inneren gibt, umso mehr Möglichkeiten des Mißbrauchs existieren. Dies führt zudem aufgrund der Häufigkeit von inneren Streitkräfteeinsätzen zu einer Gewöhnung von Öffentlichkeit und Politik an diesen Zustand, wodurch ein Gefühl der Alltäglichkeit hinsichtlich der Streitkräfteeinsätze im Inneren entsteht, welches der intensiven Kontrolle durch Öffentlichkeit und Parlament nicht förderlich ist. Gibt es im Inneren im wesentlichen keine zulässigen Einsätze außer den ausdrücklich zugelassenen, so ist wesentlich leichter erkennbar, ob ein verfassungsrechtlich zugelassener Fall vorliegt. Wenn diese Erkenntnis relativ einfach möglich ist, so ist für die Mehrheit der Bürger, insbesondere die eingesetzten Soldaten oder die zur Kontrolle aufgerufenen Parlamentarier, offensichtlich, daß der Einsatz unter Bruch der Verfassung erfolgt. Ein in dieser Weise offener Verfassungsbruch, welcher nicht ohne weiteres unter Hinweis auf eine tatsächlich nicht bestehende innere Gefahrensituation „gerechtfertigt“ werden kann, stellt für eine über die Streitkräfte verfügende gesellschaftliche oder politische Gruppe ein wesentlich

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

größeres Wagnis dar. Jedenfalls ist die psychologische Hemmschwelle eines solchen Vorgehens deutlich höher. Im Übrigen gelten die zum Mißbrauch der Streitkräfte gegen den demokratischen Rechtsstaat gemachten Ausführungen, wonach dieses Ziel dafür spricht, Verteidigung jedenfalls nicht als die Abwehr von inneren Gefahren zu verstehen. d) Mittel zur Abwehr der seitens der Armee drohenden Gefahren als Unterzwecke Die zur Abwehr der vorstehend dargestellten Gefahren vom verfassungsändernden Gesetzgeber eingesetzten Mittel der Schaffung verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen, der effektiven, insbesondere parlamentarischen, Kontrolle der Armee, der eindeutigen Sicherung des Primats der Politik und des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel haben sämtlich ihrerseits Zielcharakter und sind bei der normzweckorientierten Auslegung zu berücksichtigen. Das Ziel der Schaffung verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen fordert hinsichtlich des Verteidigungsbegriffs jedenfalls eine klare und eindeutige Begriffsbestimmung, die im Kontext des Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG keine Zweifel an der Stellung der Bundeswehr i. e. S. in der Bundesrepublik und ihren Funktionen läßt. Wenn ein hinreichend klarer Begriff gefunden wird, der beschreibt, was mit Verteidigung gemeint ist, so ist die erstrebte Klarheit eigentlich erreicht. Jedoch läßt sich erwägen, ob nicht ein höherer Grad an Klarheit dann erzielt wird, wenn der Inhalt der Verteidigung eng bestimmt wird, so daß mehr Raum bleibt für die enumerative ausdrückliche Zulassung von Einsätzen durch den Verfassungsgesetzgeber nach Art. 87a Abs. 2 GG. Denn verstünde man sie weit als jede Abwehr von Gefahren, unabhängig davon, ob diese von innen oder von außen herrühren, ob der Angreifer staatlich oder nicht-staatlich ist bzw. ob der Charakter des Angriffs militärisch oder nichtmilitärisch ist, so ist zwar in der juristischen Definition Klarheit erzielt, jedoch ist das durch die Definition erfaßte tatsächliche Feld ausgesprochen weit. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens wird deshalb mehr Klarheit erzielt und dieses Ziel somit in weitergehender Weise erreicht, wenn die Verteidigung enger verstanden wird und mehr Bereiche der ausdrücklichen Zulassung zugeordnet werden. Zur effektiven, insbesondere parlamentarischen Kontrolle der Armee ist ein Verständnis vorzuziehen, welches den Verteidigungsbegriff enger definiert. Denn je enger dieser verstanden wird, umso weniger parlamentsunabhängigen Spielraum hat die über die Streitkräfte verfügende politische Institution, in der Regel also der BMVg. Denn soweit Einsätze zur Verteidigung

A. Begriff der Verteidigung

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gehören, bedarf es zu diesen keiner Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers. Zwar ist unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 12. Juli 1994170 wohl ein umfassender Parlamentsvorbehalt für jeden Einsatz der Streitkräfte festzustellen, auch wenn dieser der Verteidigung dient. Jedoch entspricht diesem bereits ein einfacher Parlamentsbeschluß im Sinne von Art. 42 Abs. 2 GG. Die parlamentarische Kontrolle ist intensiver, wenn für einen Einsatz die ausdrückliche Zulassung in der Verfassung nach Art. 87a Abs. 2 GG notwendig ist. Hierzu ist nach Art. 79 Abs. 2 GG die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates erforderlich. Die parlamentarische Kontrolle ist deshalb am stärksten, wenn der Inhalt des Verteidigungsbegriffs gegen Null geht und der Bereich der ausdrückliche Zulassung erfordernden Einsätze möglichst groß ist. Das Ziel der eindeutigen Sicherung des Primats der Politik hat auf den ersten Blick die gleichen Auswirkungen. Denn ist der von der Verteidigung umfaßte Kreis von Bundeswehreinsätzen sehr weit, so bedarf es für all diese Einsätze keiner verfassungsgeberischen Entscheidung mehr. Selbst wenn all diese Einsätze einen Parlamentsbeschluß im Sinne der Lehre vom Parlamentsvorbehalt für Streitkräfteeinsätze erfordern, so können sie doch unter gewissen Voraussetzungen auch ohne einen vorhergehenden konstitutiven Parlamentsbeschluß erfolgen, wenn die Situation dies eindeutig fordert. In diesen Fällen ist dann der Einsatz nachträglich vom Parlament zu goutieren oder abzulehnen. In vielen Fällen von Streitkräfteeinsätzen im Inneren zur Gefahrenabwehr wird das Erfordernis sofortigen Handelns und schneller Reaktion gegeben sein, so daß das Primat der Politik in Form der Beteiligung des Parlaments sogar noch auf eine nachträgliche Befassung mit dem Einsatz und einer im Grunde rein deklaratorisch wirkenden Ablehnung der Zustimmung zu einem bereits durchgeführten Einsatz reduziert wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß das Primat der Politik nicht notwendig ein Primat des Parlaments ist und zur gemeinten Politik auch Regierung und BMVg gehören. Da über alle Einsätze jedenfalls der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, welcher Teil der Politik ist, entscheidet, hat dieses Ziel hier bei genauer Betrachtung keine Bedeutung. Das Ziel des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel geht in eine ähnliche Richtung und bewirkt ähnliche Schlußfolgerungen für den Verteidigungsbegriff, ist in seinen Wirkungen jedoch konkreter. Eine Rolle als innenpolitisches Machtmittel kann die Bundeswehr i. e. S. nur innehaben, wenn sie innerstaatlich eingesetzt wird, da nur dann ihr Machtpotential zur Wirkung kommt. Soll diese Rolle grundsätzlich ausgeschlossen werden, so darf der Verteidigungsbegriff 170

BVerfGE 90, 286.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

keinesfalls einen Inhalt bekommen, welcher Einsätze, die nach der zuvor erarbeiteten Begriffsbestimmung immer Machtpotential zur Geltung bringen, innerstaatlich grundsätzlich zuläßt. Diesem Ziel wird es vielmehr gerecht, den Verteidigungsbegriff so zu verstehen, daß er keine Einsätze der Bundeswehr i. e. S. innerhalb der Bundesrepublik zuläßt. Denn dann ist sichergestellt, daß solche Einsätze innerhalb der Bundesrepublik nur über den Weg ausdrücklicher Zulassung möglich werden. Dieses Ziel spricht somit dagegen, die Abwehr solcher Gefahren in den Verteidigungsbegriff einzubeziehen, die zu einem Einsatz innerhalb der Bundesrepublik führt. Dieser negativen Inhaltsbestimmung korrespondiert keine positive Forderung dahingehend, daß die Abwehr von Gefahren, welche außerhalb der Bundesrepublik stattfindet, Teil der Verteidigung wäre. Insofern ist dieses Ziel vielmehr neutral. Führt man sich vor Augen, daß durch Art. 87a Abs. 2 GG alle problematischen Verwendungen dem Verfassungsvorbehalt unterworfen werden sollen, damit die Entscheidung über diese dem verfassungsändernden Gesetzgeber überlassen bleibt und die zugelassenen Streitkräfteeinsätze enumerativ in der Verfassung aufgeführt sind, so schließt dieses Ziel es aus, die Verteidigung so zu verstehen, daß diese Einsätze zur Abwehr innerer Gefahren umfaßt. Denn gerade solche Verwendungen mit Machtpotential im Inneren waren es, die der verfassungsändernde Gesetzgeber als problematisch ansah und dem Verfassungsvorbehalt unterwerfen wollte. Zudem wäre ein so weiter Bereich durch die Kompetenz zur Verteidigung zugelassen, daß nur noch wenige Bereiche allein der Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers vorbehalten wären und für eine enumerative Aufzählung in der Verfassung übrig blieben. Die Erfassung der Abwehr äußerer Gefahren durch den Verteidigungsbegriff wird hierdurch jedoch nicht gefordert.

4. Trennung von Polizei und Militär Das Ziel der Gewährleistung der Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen, welches seinerseits dazu dient, das Wirksamwerden militärischer Gewaltpotentiale im Inneren grundsätzlich auszuschließen, hat ebenfalls Bedeutung für das Verständnis des Verteidigungsbegriffs. Dieses Ziel hatte maßgeblichen Anteil daran, den Einsatzbegriff mittels des Merkmals der Obrigkeitlichkeit zu bestimmen. Hierdurch sollte gewährleistet sein, daß die Streitkräfte ihr Machtpotential nicht im Inneren zur Wirkung bringen und insbesondere nicht zur Gefahrenabwehr im Inneren verwendet werden. Polizeiliche obrigkeitliche Verwendungen – also Einsätze zur Gefahrenabwehr im Inneren – sollten den Streitkräften danach verwehrt sein, soweit nicht ein Fall ausdrücklicher Zulassung nach Art. 87a Abs. 2 GG vorliegt. Dieses Ziel würde

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konterkariert, wenn man die Gefahrenabwehr im Inneren in den Verteidigungsbegriff einschlösse, weil dann jedwede Streitkräfteeinsätze auch zur Gefahrenabwehr im Inneren im eigentlichen Kompetenzbereich der Polizei als Verteidigung ohne weiteres zulässig wären. Mit diesem Ziel vereinbar ist somit nur ein Verständnis, welches jedenfalls nicht polizeiliche Gefahrenabwehr, welche sich auf innere Gefahren bezieht, umfaßt. Hinsichtlich der Frage, ob Verteidigung allein die Abwehr äußerer Gefahren betrifft, sowie hinsichtlich der Qualität des Angreifers und des Charakters des Angriffs hat dieses Ziel keine Bedeutung. 5. Schutz der getroffenen vertikalen Kompetenzverteilung Oben wurde als weiterer Zweck der Schutz der getroffenen Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern festgestellt, wobei erkannt wurde, daß konkret die Landeskompetenz zur Gefahrenabwehr im Inneren gegen einseitige Kompetenzerweiterungen durch den Bund geschützt wird. Hierbei wurde wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß mit der Exekutivkompetenz zur Verteidigung mittels der Streitkräfte, welche nach Art. 87a Abs. 1 GG dem Bund zugeordnet ist, die streitkräftebezogene Bundeskompetenz grundsätzlich beschrieben ist und der Bereich der Gefahrenabwehr im Inneren den Ländern verbleibt. Legte man Verteidigung unter Einbeziehung der Gefahrenabwehr im Inneren weit aus, so wäre überhaupt kein Raum mehr für vorrangige ländereigene Gefahrenabwehr im Inneren. Allein die unmittelbar aus der Verfassung folgenden Tätigkeiten nach Art. 35 Abs. 2, 91 GG verblieben als Spezialvorschriften gegenüber Art. 87a Abs. 1 GG als verfassungsrechtlich zulässige Befugnisse der Länder auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr im Inneren. Dies stünde im Widerspruch zu der allgemeinen Auffassung, daß die Gefahrenabwehr im Inneren als einer der letzten großen Bereiche der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz den Ländern zugeordnet sei. Als Konsequenz wären sämtliche zum Polizei- und Ordnungsrecht gehörigen rechtlichen Regelungen der Länder mangels Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig. Gleiches gälte für sämtliche Polizeibehörden von Bund und Ländern, soweit diese nicht allein zur Erfüllung der aus Art. 35 Abs. 2 und 91 GG folgenden Befugnisse eingerichtet wären. Eine Erstreckung der ausschließlichen Exekutivkompetenz des Bundes für die Verteidigung, welche partiell mit der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz für die Verteidigung in Art. 73 Nr. 1 GG korrespondiert, auf die Gefahrenabwehr im Inneren hätte somit unendlich weitreichende Folgen. Dies schließt es deshalb zwar nicht aus, die Verfassung dementsprechend auszulegen, da im Rechtsstaat nur Gesetz und Recht bindet, Art. 20 Abs. 3 GG; unangenehme Folgen zwingender rechtlicher Schlußfolgerungen sind hinzunehmen. Es ist jedoch mit äußerster Sorgfalt zu überprüfen, ob dieses Ergebnis wirklich zwingend ist. Aus diesem Grunde ist die Berücksichti-

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gung all jener Zwecke, welche eine Erstreckung des Verteidigungsbegriffs auf die Gefahrenabwehr im Inneren fordern, mit äußerster Genauigkeit zu überprüfen und hierbei mit großer Zurückhaltung vorzugehen.

6. Gewährleistung des Auftrags zur äußeren Verteidigung Der Gedanke des notwendigen Schutzes der personellen und materiellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S., um sie zu befähigen, den (primären) Verteidigungsauftrag nach außen zu erfüllen, kann an dieser Stelle nicht herangezogen werden, da er auf einem Verständnis des Verteidigungsbegriffs basiert, welches diesen auf die Abwehr von Gefahren aus dem äußeren Bereich restringiert. Denn es ist zwar sicher richtig, daß in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG mit dem „zur Verteidigung“ deutlich wird, daß die Verteidigung der Primärauftrag der Streitkräfte ist. Aber es ist ja hier gerade die Frage, ob die Verteidigung auch die Abwehr innerer Gefahren umfaßt. Ansonsten ist der Verfassung kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß die Verteidigung nach außen der Primärauftrag der Streitkräfte sei. Somit würde die Berücksichtigung dieses Ziels hier zu einem Zirkelschluß führen. Es hat deshalb in teleologischer Hinsicht keine Auswirkung auf den Verteidigungsbegriff. Das Ziel der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts für die Streitkräfte, welches zu einer anzustrebenden Abstinenz der Bundeswehr i. e. S. im innenpolitischen und gesellschaftlichen Meinungs- und Machtkampf führt, kann in diesem Zusammenhang jedoch Berücksichtigung finden. Denn wenn man davon ausgeht, daß die Verteidigung nach außen auf jeden Fall vom Verteidigungsbegriff umfaßt ist, weil bisher noch kein anderer Zweck der Erfassung dieses Tätigkeitsbereich von der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG widersprach, so muß im Interesse der Abwehr äußerer Gefahren jedenfalls der gesellschaftliche Rückhalt erhalten bleiben. Ein diesem Zweck zuwiderlaufender Einsatz der Bundeswehr i. e. S. unter Parteinahme im innenpolitischen und gesellschaftlichen Meinungs- und Machtkampf läßt sich nur im Inneren denken. Ein außerhalb des Bundesgebiets oder zur Abwehr äußerer Gefahren im Inneren erfolgender Streitkräfteeinsatz kann unter keinem Gesichtspunkt von einer gesellschaftlichen Gruppe so empfunden werden, als schlage sich die Bundeswehr i. e. S. auf die Seite einer als gegnerisch angesehenen anderen gesellschaftlichen Gruppe, da dies nur dann möglich ist, wenn die Bundeswehr i. e. S. an innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen teilnimmt. Bei Auseinandersetzungen mit äußeren, eventuell sogar militärischen staatlichen Gegnern ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Jegliche Einsätze im Inneren sind hinsichtlich dieses Ziels jedoch problematisch, weil sie wie eine Parteinahme in innenpolitischen Auseinandersetzungen wirken können.

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Dieses Ziel spricht deshalb ebenfalls dafür, Einsätze im Inneren möglichst restriktiv zu ermöglichen und sie deshalb möglichst nicht als Verteidigung zuzulassen. 7. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit wurde das Ziel entnommen, daß für Aufstellung, Ausrüstung, Organisation und Unterhaltung der Bundeswehr i. e. S. aufgewendete staatliche Ressourcen, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche Zwecke verwendet werden sollen. In gleicher Weise folgt aus diesen Grundsätzen eine Beeinflussung der Auslegung des Begriffs der Verteidigung in Richtung eines möglichst weiten Verständnisses, da somit für Aufstellung, Ausrüstung und Unterhaltung der Streitkräfte verwendete Haushaltsmittel im Hinblick auf einen möglichst weiten Verwendungsbereich zur praktischen Wirksamkeit gebracht werden können. Je mehr Tätigkeitsfelder den Streitkräften ohne ausdrückliche Zulassung in der Verfassung durch die Befugnis zur Verteidigung eröffnet würden, umso mehr wäre es sichergestellt, daß niemals innerhalb der einsatzbereiten Streitkräfte ein Leerlauf ohne konkreten Einsatz zur Verteidigung einträte. Dieses Ziel spricht somit für ein möglichst weites Verständnis des Verteidigungsbegriffs, welches beispielsweise durch die Abwehr jedweder Gefahren ausgefüllt werden könnte. 8. Gewichtung der Ziele und Abwägung unter Berücksichtigung der übrigen Auslegungsmethoden Betrachtet man die isoliert herausgearbeiteten Auswirkungen der Normziele, wie sie vorstehend dargestellt wurden, so ergibt sich, daß nur ein Verständnis als Abwehr äußerer Gefahren, welche außerhalb der Bundesrepublik stattfindet, mit allen Zielen vereinbar ist. Ein Verständnis als auch die Abwehr innerer Gefahren umfassend, wie es der Zweck der Gefahrenabwehr im Inneren fordert, läßt sich mit den Zielen der Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat oder ihres Mißbrauchs als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussende gesellschaftliche Gruppen in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen, des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel, der Unterwerfung aller problematischen Verwendungen unter den Verfassungsvorbehalt sowie der Trennung von polizeilicher Gefahrenabwehr im Inneren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen nicht vereinbaren.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Zum einen spricht tendenziell schon die Vielzahl der Zwecke, welche dagegen sprechen, auch die Abwehr innerer Gefahren vom Verteidigungsbegriff erfaßt zu sehen, gegen ein solches Verständnis. Hinzu kommt die bereits zuvor angesprochene grundsätzliche Konzeption des Verfassungsgebers, welche sich auch in der Systematik des Grundgesetzes niederschlägt, daß die Abwehr innerer Gefahren grundsätzlich Sache der Polizei sein soll und nur ausnahmsweise – in sogenannten Notstandssituationen – nach der Ausschöpfung aller nicht-militärischen Mittel auch zur Sache der Streitkräfte werden kann. Streitkräfteeinsätze zur Abwehr innerer Gefahren wollte der Verfassungsgesetzgeber jedoch nicht über den Begriff der Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG ermöglichen, sondern sah hierfür den Weg der ausdrücklichen Zulassung vor, was durch die Notstandsnormen Art. 87a Abs. 3, Abs. 4, 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG belegt wird. Aus diesem Grunde erfaßt der Verteidigungsbegriff auf keinen Fall die Abwehr innerer Gefahren. Zur Bewältigung dieser hat der verfassungsändernde Gesetzgeber die existierenden ausdrücklichen Zulassungen von Bundeswehreinsätzen im Inneren vorgesehen und die Möglichkeit der Hinzufügung weiterer ausdrücklicher Zulassungen in Art. 87a Abs. 2 GG eröffnet. Dem Ziel der Abwehr außergewöhnlicher Gefährdungen für Rechtsgüter der Bürger und die freiheitliche demokratische Grundordnung im Inneren wird diese Lösung somit ebenfalls gerecht. Zu klären ist deshalb noch, ob der Verteidigungsbegriff die Abwehr von außen herrührender Gefahren innerhalb der Bundesrepublik umfaßt. Der Zweck der Abwehr von außen kommender Existenzbedrohungen des Staates und der Aufstellung einer Armee für die klassische Landesverteidigung sowie für die Integration in die westlichen Verteidigungsbündnisse erfaßt dies jedenfalls. Der Zweck des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel läuft diesem zuwider, da er möglichst überhaupt keine Bundeswehreinsätze innerhalb der Bundesrepublik zugelassen sehen will. Jedoch muß man erkennen, daß dieser Zweck schon allein durch die Formulierung „möglichst“ ein relativer Zweck ist, der auf weitestgehende Verwirklichung im Rahmen des Möglichen gerichtet ist. Dies verdeutlicht, daß hier Abstriche möglich sind, soweit dies für die Erreichung anderer Zwecke mit höherem Gewicht notwendig ist. Gleiches gilt für das Ziel der effektiven parlamentarischen Kontrolle. Daß die genannten Ziele, welche im Hinblick auf die Nichterfassung der Abwehr innerer Gefahren vom Verteidigungsbegriff konsequent erreicht werden, hinsichtlich der Abwehr äußerer Gefahren innerhalb der Bundesrepublik zurückzutreten haben, ergibt sich aus einer Zielabwägung. Diese geht zulasten der genannten Ziele aus, weil der Zweck der Sicherung der staatlichen Existenz und der Rechtsgüter der Bürger gegenüber äußeren Bedrohungen insofern Vorrang beanspruchen kann. Dies folgt daraus, daß das

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die Erreichung dieses Zwecks sicherstellende Verständnis der Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG als Abwehr äußerer Gefahren bereits mittels der übrigen Auslegungsmethoden mit einem hohen Grad an Sicherheit festgestellt wurde. Dies erhöht das Gewicht dieses Zwecks, welches ihm in der Abwägung zukommt, in wesentlicher Weise. Zudem sind bei der teleologischen Auslegung, deren Bestandteil die gegenwärtig vorzunehmende Zielabwägung ist, objektive Gedanken zu berücksichtigen. Solche können u. a. aus der Natur der Sache folgen. Auch wenn solche Argumente kritisch zu hinterfragen sind, da sie gelegentlich als „Totschlagargumente“ mangels besserer Gedanken verwendet werden, so führen sie doch bei sachgerechter Verwendung zu klaren Ergebnissen, welche insofern von der Eigenart des geregelten Sachbereiches und seinen nicht veränderbaren Eigenschaften gefordert werden.171 Ein solches Argument aus der Natur der Sache ergibt sich in bezug auf die Verteidigung der Bundesrepublik gegen äußere Bedrohungen aus der sicherheitspolitischen und geographischen Situation der Bundesrepublik sowie dem Friedensauftrag des Grundgesetzes172 nach Art. 26 GG173 und dem Völkerrecht. Mit dem Friedensauftrag des Grundgesetzes und dem Völkerrecht ist nach herrschender Meinung ein Präventivkrieg, welcher einem als unmittelbar bevorstehend erkannten Angriff eines anderen Staats durch eigenen Angriff auf dessen Staatsgebiet und dessen Streitkräfte zur Verhinderung dieses Angriffs zuvorzukommen sucht, nicht vereinbar.174 Gründe für dieses Verbot liegen in der eskalativen Wirkung von Präventivkriegen und der Gefahr des Mißbrauchs zur Legitimation eigener Aggres171 Insofern ist die Natur der Sache als objektiver Regelungszweck zu berücksichtigen, vgl. K. Larenz/C. W. Canaris, 154 f. 172 Vgl. zum Friedensauftrag bzw. Friedensgebot und dessen Bedeutung für den Verteidigungsauftrag der Streitkräfte C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (243); A. Coridaß, 43; V. Epping, 615 (634 ff.); G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 16; K. Müller, in: Model/Müller, GG, Art. 87a, Rn. 1; U. K. Preuss, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 158; M. Schultz, 214 ff.; K. Stern, StaatsR II, § 42 III 3 a, 863 f. 173 Art. 26 GG lautet: (1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen. (2) Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. 174 Dessen Zulässigkeit ist zumindest umstritten, vgl. M. Bartke, 199 f.; C. v. Bülow, 124 ff.; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (617); ablehnend V. Epping, 615 (636), und W. Heintschel v. Heinegg, 129 (143); bejahend N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 56.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

sion,175 die in der Geschichte z. B. durch den Überfall des Deutschen Reiches auf Polen und Rußland im II. Weltkrieg dokumentiert ist. Jedoch wäre der Präventivkrieg in der geographischen Situation der Bundesrepublik die einzige Möglichkeit, um äußere Gefahren allein außerhalb des eigenen Staatsgebiets abzuwehren. Denn wenn man wie die Bundesrepublik von anderen Staaten umgeben ist, können Streitkräfte, die der Landesverteidigung dienen, nur auf dem eigenen Staatsgebiet stationiert sein. Ein Vorrücken dieser eigenen Streitkräfte auf das Staatsgebiet des Aggressors ist erst mit dem Angriff des Aggressors nach Art. 51 SVN völkerrechtlich zulässig. Wenn der gegnerische Angriff jedoch bereits stattfindet, ist es militär-taktisch illusorisch, zu glauben, man könne eine starre Front entlang der Staatsgrenze halten oder sogar auf gegnerisches Staatsgebiet vordringen. Dies folgt aus dem regelmäßig bestehenden Vorteil des Angreifers, welcher Zeit, Ort und konkrete Gestalt des Angriffs bestimmt und dem Verteidiger nur Raum zur Reaktion läßt, welche zunächst immer im Hinblick auf den Angriff in irgendeiner Weise unzureichend sein wird. Deshalb spricht zunächst alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß zumindest an Teilen der Front, wo der Gegner Schwerpunkte bildet, in der Gefechtsart der Verzögerung kämpfend ausgewichen werden muß. Trotz aller Bemühungen mittels der Strategie der Vorneverteidigung,176 die die NATO während des Kalten Krieges entwickelte, um einem massiven konventionellen Angriff des Warschauer Paktes trotzen zu können, war auch in Zeiten des General Defense Plan (GDP) mit Gebietsverlusten ohne Zweifel zu rechnen.177 Planspiele gingen davon aus, daß die Armeen des Warschauer Pakts binnen 48 Stunden von Osten her bis zum Rhein vordringen würden. Zwar hofft natürlich jeder Verteidigungsstratege, einen Angriff nach kämpfendem Ausweichen in der Verzögerung an einer Verteidigungslinie auffangen zu können, den Angriff dort zu zerschlagen und im Gegenangriff verlorenes Gebiet freizukämpfen. Dies setzt jedoch zunächst unter Geltung von Kriegsvölkerrecht und Friedensgebot nach Art. 26 GG eindeutig den Kampf auf eigenem Staatsgebiet voraus. Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben dürften, ist es im Hinblick auf die Abwehr militärischer Angriffe von außen mit großer Intensität schlicht nicht möglich, diese nur außerhalb des eigenen Staatsgebietes abzuwehren. Erlaubte die Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG 175 Auch C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (243), stellt auf die Mißbrauchsgefahr ab; die gängige Praxis von Staaten und nicht-staatlichen Gruppen, jede eigene Aggression stets nur als Reaktion auf Aggression des Gegners verbal zu verbrämen, stellt H. Pallasch, Die Polizei 1975, 167 (168), beispielreich dar. 176 Zur im Dokument des Militärausschusses der NATO (Military Committee) MC 14/3 vom 16.1.1968 niedergelegten Strategie der Vorneverteidigung vgl. B. Gravenstein, 141 (157 ff.). 177 Zur Strategie der NATO im Wandel der Zeiten vgl. B. Gravenstein, 141.

A. Begriff der Verteidigung

271

die Abwehr solcher Angriffe auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik nicht, so könnte der Zweck der Landesverteidigung nach außen gegen solche Angriffe mit Sicherheit nicht erfüllt werden. Ähnliches gilt für das Ziel der Bündnisintegration der aufzustellenden Bundeswehr in die westlichen militärischen Verteidigungsbündnisse. In der sicherheitspolitischen Situation der 60er Jahre, welche für den verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 bestimmend war, war es die Rolle der Bundeswehr i. e. S. innerhalb der Bündnisse, an der sich von Norden nach Süden erstreckenden Demarkationslinie zum Warschauer Pakt – dem sogenannten Eisernen Vorhang – auf dem Gebiet der Bundesrepublik die Hauptlast der konventionellen Verteidigung gegenüber einem großangelegten Angriff des Warschauer Pakts zu tragen. Auch dies wäre realistisch betrachtet – zumindest auch – nur auf dem Gebiet der Bundesrepublik möglich gewesen. Schlösse man die Abwehr von außen kommender militärischer Angriffe hoher Intensität auf dem eigenen Staatsgebiet aus dem Verteidigungsbegriff aus, so hätte die Bundeswehr i. e. S. niemals die ihr in NATO, EVG und WEU zugedachte Rolle ausfüllen können. Diese Erwägungen sprechen als objektiv-teleologische Kriterien aus der Natur der Sache178 dafür, diesem Zweck gegenüber den Bundeswehreinsätze im Inneren möglichst weitgehend beschränkenden Zielen Vorrang einzuräumen. Dies folgt auch aus allgemeinen Grundsätzen der Abwägung im Recht, die zu einer möglichst gleichmäßigen Einschränkung konfligierender Rechtsgüter oder Ziele unter weitestgehender Erhaltung der Rechtsgüter bzw. Erreichung der Ziele führen soll. Hat ein Abwägungsgut – also ein Rechtsgut oder Ziel, welches Gegenstand der Abwägung ist – die besondere Eigenart, daß es nur „ganz oder gar nicht“ eingeschränkt werden kann, so führt bereits eine kleine Einschränkung zur totalen Aufopferung dieses Abwägungsguts. Ein Grundsatz der Herstellung praktischer Konkordanz ist jedoch, daß möglichst keines der abzuwägenden Güter vollkommen aufgeopfert werden soll. Eine solche komplette Aufopferung bzw. ein solches komplettes Zurücktreten des einen Abwägungsguts kann nur durch eine besonders hohe Wertigkeit auf der anderen Seite der Abwägung gerechtfertigt werden. Dies ist hinsichtlich der unproblematisch graduell einschränkbaren Zwecke zur Abwehr der von einer Armee in der Demokratie ausgehenden inneren Gefahren, die gegenwärtig zudem aufgrund nur noch niedrig eingeschätztem Gefährdungsgrad179 geringeres Gewicht haben, ohne weiteres möglich. 178

Diese Überlegungen haben selbstverständlich auch eine entstehungsgeschichtliche Wurzel insofern, als mancher „aufgrund des sicherheitspolitischen Denkens und der Bedrohungsvorstellungen des Verfassungsgebers“ schließt, daß ein „Angriff auf Westeuropa nur vorstellbar [war] in Form eines Angriffs auf die geographisch exponierte Bundesrepublik“, vgl. U. Schopohl, 93 f.

272

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Hieraus ergibt sich im Ergebnis deshalb, daß die Zwecke, welche dagegen sprechen, auch die Abwehr äußerer Gefahren auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik als Verteidigung anzusehen, insofern zurückzutreten haben. Damit wird die Erreichung des Zwecks der Abwehr äußerer Gefahren, der Aufstellung einer Armee zur klassischen Landesverteidigung und zur Integration in die militärischen Bündnisse erreicht, ohne daß die gegen dieses Verständnis sprechenden Zwecke mehr als unbedingt erforderlich eingeschränkt werden. Die Ziele der Schaffung von verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen sowie der effektiven, insbesondere parlamentarischen, Kontrolle der Armee sind in gleicher Weise relative Ziele, die auf weitestgehende Verwirklichung drängen, jedoch nicht dazu führen sollen, daß der Hauptzweck der Notstandsverfassung – die Bewältigung innerer und äußerer außergewöhnlicher Existenzbedrohungen des Staates sowie der Rechtsgüter der Bürger – gefährdet wird. Da auch hier der Gedanke herangezogen werden kann, daß die Abwehr von außen kommender militärischer Angriffe hoher Intensität eine Beschränkung des Verteidigungsbegriffs im Hinblick auf die Abwehr dieser Gefahren auf dem eigenen Staatsgebiet nicht zulasse, weil dies zu einer totalen Nichterreichung dieses Ziels führen würde, haben die einem solchen Verständnis tendenziell entgegenstehenden, jedoch graduell einschränkbaren Ziele zurückzutreten. Daß die haushaltsrechtlichen Ziele der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gegenüber den speziellen Zielen der Wehr- und Notstandsverfassung allgemeineren Charakter haben, wurde bereits dargelegt. Soweit diese mit dem Verständnis der Verteidigung als Abwehr jedweder äußerer Gefahren, gleich ob diese Abwehr auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik oder außerhalb desselben stattfindet, nicht vereinbar sind, haben sie zurückzutreten. Im Hinblick auf den Hauptzweck der Gefahrenabwehr nach außen wurde festgestellt, daß dieser für ein Verständnis der Verteidigung als Abwehr gewalttätiger Angriffe mittels der Streitkräfte von außen durch souveräne Staaten spricht. Kein anderer Zweck in der Gestalt, wie sie zuvor herausgearbeitet wurden, steht hiermit in nicht durch sachgerechte Abwägung auflösbarem Widerspruch.

179

Vgl. oben 4. Teil, C.VI.1.b) aa).

A. Begriff der Verteidigung

273

9. Ergebnis Als Ergebnis der teleologischen Auslegung ergibt sich hinsichtlich der Richtung, aus der der abzuwehrende Angriff stammt, daß dieser von außen – also von außerhalb des Staatsgebiet der Bundesrepublik – kommen muß. Im Hinblick auf die Qualität des Angreifers und den Charakter des Angriffs spricht zwar der Hauptzweck der Gefahrenabwehr nach außen im Sinne klassischer Landesverteidigung dafür, den Angreifer als souveränen Staat zu verstehen und den Angriff seinem Charakter nach als militärisch – also als mittels der Streitkräfte erfolgend180 – einzustufen. Jedoch fordert dieser Zweck nur, daß zumindest auch dieses Verständnis enthalten ist; ein ausschließliches Verständnis in diesem Sinne wird nicht geboten.

VII. Vereinbarkeit mit den Ergebnissen der anderen Auslegungsmethoden Das Ergebnis der normzielorientierten Auslegung hält sich innerhalb des durch die Wortlautauslegung vorgegebenen Rahmens. Die historische Auslegung stimmt mit der teleologischen hinsichtlich der Herkunft des Angriffs von außen überein und spricht – insofern über diese hinausgehend – tendenziell dafür, daß nur Angriffe seitens souveräner Staaten mittels der Streitkräfte als Verteidigung angesehen werden sollen. Die Untersuchung der Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG im Rahmen von Wehr- und Notstandsverfassung bestätigte dieses Ergebnis ebenfalls hinsichtlich der Angriffsrichtung von außen. Im Hinblick auf die Qualität des Angreifers und den Charakter des Angriffs konnte zwar ermittelt werden, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber jedenfalls die Abwehr kriegerischer Bedrohungen – also von Angriffen mittels der Streitkräfte seitens souveräner Staaten – erfassen wollte; es läßt sich jedoch nicht erkennen, daß es bei der Verteidigung ausschließlich hierum gehen sollte. Auch die systematische Auslegung fordert eindeutig, daß der abzuwehrende Angriff von außen kommen muß. Eine Bestätigung der Tendenz aus der historischen Auslegung, welche eine Beschränkung auf Angriffe seitens souveräner Staaten mittels der Streitkräfte forderte, konnte auch hier nicht erzielt werden. Jedoch ergab sich, daß Verteidigung neben solchen jedenfalls erfaßten Angriffen auch die Abwehr jedweder unterhalb dieser Schwelle liegenden Gefahren umfaßt, soweit diese nicht durch Kräfte der 180 Dem militärischen Charakter der Bedrohung einen darüber hinausgehenden Bedeutungsgehalt zu entnehmen, wie dies U. Schopohl, 88, unternimmt, indem er von „der notwendigen militärischen Relevanz der abzuwehrenden Gefahr“ spricht, ist nicht zwingend.

274

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Polizei, insbesondere durch den BGS, abgewehrt werden können.181 Der hohe Stellenwert, den die systematische Auslegung nach der Rechtsprechung des BVerfG aufgrund der rechtsstaatlich mit besonderem Gewicht ausgestatteten Textnähe innerhalb der Varianten der Auslegung innehat, bewirkt, daß dieses Ergebnis, welches mit keinem Einzelergebnis der anderen Auslegungsmethoden in Widerspruch steht, den Rahmen für den Verteidigungsbegriff nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG insofern einschränkt. Soweit die Tendenz zu einer Beschränkung auf kriegerische Bedrohungen seitens souveräner Staaten, die bei der historischen Auslegung ermittelt wurde, diesem zuwiderläuft, hat diese nach der objektiven Auslegungslehre des BVerfG zurückzutreten. Dieses Verständnis, welches die Abwehr jedweder äußerer Gefahren umfaßt, soweit diese nicht durch Polizeikräfte abgewehrt werden können, steht auch mit dem Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung sowie von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG – der Gewährleistung der Bewältigung außergewöhnlicher Gefährdungen für Staat und Bürger im Inneren und von außen –, im Einklang, welcher durch keinen anderen Normzweck im Hinblick auf den Verteidigungsbegriff relevant eingeschränkt wurde. Denn nur so wird das Entstehen einer Sicherheitslücke zwischen den begrenzten tatsächlichen Fähigkeiten der Polizei und der zulässigen Verteidigung durch die Streitkräfte vermieden.

VIII. Auslegungsergebnis Nach alledem haben die Untersuchungen ergeben, daß feststeht, daß Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG nur die Abwehr solcher Angriffe umfaßt, die von außen gegen die Bundesrepublik geführt werden.182 Hierbei ist es gleichgültig, ob die Verteidigungshandlungen auf dem 181 Ebenso M. Schultz, 199; Schultz, a. a. O., 237, stellt darauf ab, daß der Angriff in „militäradäquater“ Weise, d.h. planmäßig organisiert und mit militärischen Waffen erfolgt; dies versteht er wiederum so, daß wirksame und verlustarme Abwehr nur durch die Streitkräfte erfolgen kann; wenn letztere Kriterien aber tatsächlich gelten sollen, so müssen auch Angriffe, die nicht „planmäßig organisiert und mit militärischen Waffen“ durchgeführt werden, aber die tatsächlichen Möglichkeiten der Polizeikräfte übersteigen, als militäradäquat in Schultz‘ Sinne eingeordnet werden; insofern ist es in dieser Pauschalität zweifelhaft, ob die „Abwehr von Banden oder Terroristen eindeutig Aufgabe des BGS und der Länderpolizei“ ist, wie Schultz meint. 182 Im Ergebnis ebenso M. Bothe, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 7; S. Brunner, 40; W. Brunkow, 32; C. v. Bülow, NZWehrr 1984, 237 (238); R. Clement, Europäische Sicherheit 12/2001, 49 (50); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22; G. Frank, in: Alternativkommentar,

A. Begriff der Verteidigung

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Staatsgebiet der Bundesrepublik oder außerhalb desselben durchgeführt werden.183 Die Abwehr erfolgt hierbei zweifelsohne mit militärischen Mitteln bzw. mittels der Streitkräfte.184 Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ist deshalb die Abwehr von außen herrührender Angriffe souveräner Staaten mittels ihrer Streitkräfte185 und sonstiger äußerer Gefahren, soweit letztere nicht durch Kräfte der Polizei, insbesondere durch den BGS, abgewehrt werden können.186 Die Abwehr von äußeren Angriffen auf das eigene Land ist somit die primäre Aufgabe der Bundeswehr i. e. S.187 Bd. III, nach Art. 87, Rn. 18; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 4; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 133; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29; J. Isensee, Recht und die Freiheit, 71; D. Keidel, 42; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 24 f.; N.P. Kleiner, 50; M. Medick, 95 (97); J. Pannkoke, 208; N. K. Riedel, ZRP 1991, 5 (7); B. Rieder, 330; H.-J. Rungweber, 136; M. Schultz, 190, 216, 284; W. Speth, 35; K. Stern, StaatsR II, § 42 II 5 a, 859; A. Thomsen, 1, 70; M. Zimmer, 80. 183 Dies ist für die meisten Autoren so selbstverständlich, daß es nicht ausdrücklich ausgesprochen wird; insofern deutlich B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 63; W. Grubert, 221; E. Schemann, 19. 184 Für viele vgl. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22; W. Grubert, 221; M. Schultz, 216, 284; A. Thomsen, 70. 185 Auf diese Angriffe beschränken den Verteidigungsbegriff: B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 119; W. Grubert, 221; A. Hamann jr., in: Hamann/ Lenz, GG, Art. 87a, Anm. 2; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 80; W. Speth, 35; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29, B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5, und G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22, läßt sich insofern nur das Merkmal „von außen mit Waffengewalt“ entnehmen; ob diese unausgesprochen dasselbe meinen, ist unklar; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 24, 27, spricht von einem „bewaffneten Angreifer mit Kombattantenstatus“, bzw. von einem „militärischen Angreifer“; ähnlich W. Brunkow, 32; N.-P. Kleiner, 50: Angriff „mit Waffengewalt, mit militärischen Mitteln“, „Abwehr legitimer Kombattanten“; ebenda, 166: „programmatische Aufgabe der Kombattantenabwehr“; J. Isensee, Recht und die Freiheit, 71: „militärischer Angriff“; S. Brunner, 52: „Abwehr militärischer Gewalt“. 186 M. Schultz, 283; das von K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 29, G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 22, H.-J. Rungweber, 136, und B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5, zur Konkretisierung des Angriffs definierte Kriterium „von außen mit Waffengewalt“ greift insofern zu kurz, weil zunächst der BGS nach Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG, § 2 BGSG Gefahren an den Bundesgrenzen abzuwehren hat, auch wenn diese mit Waffengewalt geführt werden; die Frage nach dem in die Zukunft gerichteten sicherheitspolitischen Sinn dieser Restriktion des Verteidigungsbegriffs angesichts der schon von W. Schäuble 1994 angesprochenen zunehmenden Verzahnung innerer und äußerer Sicherheit soll hier nur angedeutet werden, vgl. dazu E. Kohrs, Europäische Sicherheit 12/2001, 25. 187 A. Coridaß, 79; B. Nölle, 35 f.; H.-J. Rungweber, 79, 177; R. Schikowski, 3; W. Speth, 18.

276

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Eine Beschränkung auf die Abwehr militärischer188 oder bewaffneter Angriffe im Sinne des Völkerrechts, wie sie manche sehen,189 und somit auf Angriffe seitens souveräner Staaten mittels ihrer Streitkräfte,190 konnte angesichts der seit 1968 veränderten Realitäten und der seitdem unveränderten objektiv-subjektiv festgestellten Normzwecke nicht ermittelt werden. Unstreitig ist jedoch, daß bei bewaffneten Angriffen in diesem Sinne selbstverständlich die Möglichkeiten der Polizeikräfte überschritten sind und deshalb deren Abwehr Verteidigung im Sinne des Art. 87a GG ist.191 Von der Identifizierung des Verteidigungsobjekts wurde abgesehen. Diese Komponente des Verteidigungsbegriffs bleibt deshalb unerörtert.

B. Anwendung auf die Problemsituationen Nachdem der normative Gehalt des Verteidigungsbegriffs in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG, soweit er für diese Arbeit Relevanz hat, bestimmt worden ist, kann untersucht werden, welche problematischen Verwendungen als Verteidigung in diesem Sinne anzusehen sind und insofern im Hinblick auf Art. 87a GG ohne weiteres zugelassen sind. Hierbei wird nur auf die Verwendungen eingegangen, die zuvor als Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG klassifiziert wurden. Eine Befassung mit Verwendungen, die nach der bisherigen Untersuchung unterhalb der Einsatzschwelle bleiben und deshalb von Art. 87a Abs. 2 nicht erfaßt werden, erübrigt sich. Anders als bei der Anwendung der Ergebnisse zum Einsatzbegriff auf Streitkräfteverwendungen bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen ist hier keine Erörterung der einzelnen Verwendungen oder von Kategorien von Verwendungen, wie sie dort gebildet wurden, angezeigt. Die Eigenarten der einzelnen Verwendungen, deren präzise Erfassung und Erörterung bei der Qualifikation als Einsatz oder Nicht-Einsatz entscheidend war, spielen hier keine Rolle. Jetzt kommt es allein darauf an, welcher Natur die Gefahr ist, zu deren Bewältigung bzw. Abwehr die Verwendung erfolgt. Es kann deshalb allein insofern eine Kategorienbildung erfolgen, als diese zu dem Zwecke erfolgt, Verwendungen, die der Abwehr 188 Auf diese bezieht J. Isensee, Recht und die Freiheit, 71, – neben vielen anderen – die Verteidigung. 189 Statt vieler B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 119; W. Grubert, 221; U. Schopohl, 145 ff., 190 ff., 207 ff.; M. Schultz, 237; M. Zimmer, 88. 190 Vgl. Fn. 185. 191 So im Ergebnis auch M. Lepper, 25, der die Landesverteidigung in Fn. 66 als die „Verteidigung gegen Angriffe äußerer Feinde“ versteht, doch hervorhebt, daß die äußeren Einwirkungen auf den Staat regelmäßig von fremden Staaten ausgehen, wobei dieser Zustand mit dem Begriff Krieg bezeichnet wird.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

277

derselben Gefahr oder einer Kategorie von Gefahren dienen, zusammenzufassen. Offensichtlich ist, daß Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen, die überhaupt nicht der Abwehr irgendwelcher Gefahren dienen, unter keinem Gesichtspunkt Verteidigung sein können. Dies ist der Fall bei der Verwendung von Soldaten als „schlichte“ Einweiser oder Verkehrsposten ohne Befugnis oder Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung. Deren Tätigkeit ist als solche eher eine Art Service für die Veranstaltungsteilnehmer und wurde oben nur über den Gedanken der Wirkung auf den Adressaten – gewissermaßen über den Rechtsschein – als obrigkeitlich und somit als Einsatz eingeordnet. Gefahrenabwehr ist dies nicht. Dementsprechend handelt es sich auch keinesfalls um Verteidigung.

I. Gefahren mit reinem Innenbezug Zunächst sollen all jene Verwendungen betrachtet werden, die dazu dienen, Gefahren abzuwehren, die überhaupt keinen Bezug nach außen haben, also Gefahren mit reinem Innenbezug. Dies soll so verstanden werden, daß die Gefahr bzw. besser: der Angriff, allein im Inneren stattfindet. Dies setzt zunächst voraus, daß sich das angegriffene Rechtsgut auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik befindet. Zudem werden Gefahren mit reinem Innenbezug so verstanden, daß auch die Ursache der Gefahr bzw. die Herkunft des Angriffs in jeder Hinsicht innerstaatlich ist und somit aus dem Inneren der Bundesrepublik stammt, ohne daß irgendein Bezug ins Ausland vorliegt.192 Tätigkeiten als Türsteher, die die Zutrittsberechtigung kontrollieren oder Personenkontrollen durchführen, als Personenschützer für wichtige Persönlichkeiten und allgemein zur Absicherung als Wach- und Sicherheitspersonal können reinen Innenbezug haben. Soweit der Türsteher nur dazu dient, Personen ohne Zutrittsberechtigung festzustellen oder durch Personenkontrollen das Mitführen gefährlicher Gegenstände zum Schutz der Veranstaltungsbesucher oder von besonders wichtigen Personen zu verhindern, damit diese nicht Opfer irgendwelcher Straftaten ohne Bezüge nach außen werden, werden nur Gefahren mit reinem Innenbezug abgewehrt. Alle Verwendungen, die dazu dienen, gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von Fans oder Hooligans zu verhindern oder zu been192 P. Kirchhof, Zulässigkeit des Einsatzes, 83 (85), hebt zu Recht hervor, daß der „innere“ Notstand im Gegensatz zum „äußeren Notstand“ seine Ursache im Geltungsbereich der zu verteidigenden Rechtsordnung hat, weshalb dies ein Problem der Durchsetzungskraft der innerstaatlichen Rechtsordnung ist; deshalb hält er dies Problem auch primär für eine Aufgabe der polizeilichen Gewalt und nicht der militärischen.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

den, haben reinen Innenbezug, soweit es sich nur um Personen deutscher Staatsangehörigkeit handelt, die Anhänger deutscher Sportler oder Sportvereine sind. Wenn bei anderen Großveranstaltungen Gegner von Veranstaltungsziel, Veranstaltungsthema oder Veranstaltungsteilnehmern deutscher Staatsangehörigkeit sind und auch die Veranstaltung selbst, deren Ziel, Teilnehmer und Thematik keine Bezüge ins Ausland hat, haben auch hier alle Verwendungen, die der Abwehr von Störungen seitens dieser gewaltbereiten Veranstaltungsgegner dienen, reinen Innenbezug. Gleiches gilt für alle Verwendungen, bei denen Gefahren mit reinem Innenbezug durch „show of force“ oder anderweitig im Wege der Abschreckung präventiv bekämpft werden. Alle Verwendungen zur Abwehr terroristischer Bedrohungen in ihren vielfältigen Gestalten können reinen Innenbezug haben. Alle in dieser Arbeit behandelten terroristischen Bedrohungen richten sich gegen Rechtsgüter innerhalb der Bundesrepublik. Unabhängig davon, ob die Abwehr dieser Bedrohungen bei Großveranstaltungen oder anderen Gelegenheiten stattfindet, können diese reinen Innenbezug haben, wenn sie allein von deutschen Staatsangehörigen in der Bundesrepublik zur Verfolgung von allein auf die Bundesrepublik bezogenen Zielen geplant, vorbereitet und durchgeführt werden, ohne daß ein Bezug zum Ausland durch äußere Unterstützung oder sonstige Beteiligung in irgendeiner Form vorliegt.193 Alle vorstehend dargestellten denkbaren Bundeswehreinsätze dienen unter den dargestellten Voraussetzungen der Abwehr von Gefahren mit reinem Innenbezug und erfolgen aus diesem Grund nicht zur Verteidigung.194

II. Gefahren auch mit Bezügen nach außen 1. Problemaufriß Die Mehrzahl der in dieser Arbeit zu erörternden Bundeswehreinsätze wird meist in irgendeiner Weise auch einen Bezug ins Ausland haben. Der Kriminelle, der von einem Soldaten als Türsteher auf seine Zutrittsberechtigung überprüft oder hinsichtlich seiner Person durchsucht wird, und die Absicht hat, während einer Großveranstaltung Straftaten zu begehen, mag 193 Zu pauschal urteilt M. Schultz, 249, wenn er dem verfassungsrechtlichen Trennungsprinzip zwischen Polizei und Streitkräften entnehmen will, daß Maßnahmen gegen Terroristen nicht von der Verteidigung erfaßt werden; ebenso U. Schopohl, 208. 194 Ganz in diesem Sinne äußert sich W. Grubert, 224, wenn er feststellt, daß die Bundeswehr nicht zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit im jeweiligen Stationierungsort tätig werden darf, wie dies zum Teil im Kaiserreich praktiziert wurde; dazu W. Grubert, 74 ff.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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schlicht kein deutscher Staatsangehöriger sein und diese Gefahr deshalb schon aufgrund der Staatsangehörigkeit einen Außenbezug haben. Sodann kann er – gleich ob er Deutscher oder Ausländer ist – Angehöriger einer ausländischen kriminellen Organisation sein. Die gewaltbereiten Fans oder Hooligans bei sportlichen Großveranstaltungen mögen Ausländer oder Anhänger ausländischer Sportvereine oder Sportler sein. Die Terroristen, gegen deren Aktionen sich Streitkräfteeinsätze richten, können Ausländer sein, im Ausland ausgebildet sein, über Hilfe aus dem Ausland in Form von Material, Waffen, Einsatzverfahren, Plänen, finanzieller Unterstützung sowie ideologischer Ausbildung verfügen, vom Ausland aus gesteuert werden,195 Ziele verfolgen, die sich auf ausländische Staaten beziehen, oder ausländische Einrichtungen, Sachen oder Personen zum Ziel haben. Bei all diesen Bundeswehreinsätzen zur Abwehr der dargestellten Gefahren befindet sich das angegriffene Rechtsgut stets im Inland, jedoch sind zugleich einzelne oder vielfältige Bezüge zum Ausland im gesamten Kausalverlauf bis zur potentiellen Schädigung des Rechtsguts vorhanden. Fraglich ist, ob diese Angriffe auch mit Bezügen zum Ausland bzw. nach außen zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG erfolgen. Notwendig ist hier eine Konkretisierung der oben erarbeiteten Definition der Verteidigung. Zu konkretisieren ist hierbei die Abgrenzung zwischen Gefahren, die aus dem Inneren stammen, und Gefahren, die von außen stammen.196 Hierbei ist zu beachten, daß es die wichtigste Aufgabe der Streitkräfte ist, die Existenz des Staates gegen innere oder äußere Feinde wirksam zu schützen. Zu bedenken ist, daß Krieg und Bürgerkrieg den Staat in gleicher Weise bedrohen. Müßten die Streitkräfte dem inneren Zerfall des Staates tatenlos zusehen, wäre in der Konsequenz dem äußeren Auftrag zur Landesverteidigung der Boden entzogen.197 Zugleich ist zu beachten, daß neue Bedrohungen, wie sie schon zuvor dargestellt wurden, entstanden sind und weiterhin entstehen und zudem die weltpolitischen Verhältnisse zu einer Verwischung der Grenzen zwischen inneren und äußeren Gefahren geführt haben.198

195 G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (502), sehen dies als hinreichenden Außenbezug für eine Anwendung von Art. 87a Abs. 2 GG an. 196 Im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Notständen sieht W. Speth, 40, als Ursache eines inneren Notstandes „stets einen innerstaatlichen Vorfall“, wohingegen „Ursache, Anlaß und Stoßrichtung eines äußeren Notstandes außerhalb des eigenen Staates“ liegen. 197 W. Speth, 20. 198 W. Speth, 21, führt an, daß innere Unruhen mit Bürgerkriegscharakter durch äußere Feinde herbeigeführt werden können oder ein Angriff von außen mit Waffengewalt auch die inneren Gegner des Staates auf den Plan rufen wird.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

2. Lösungsansatz mittels Auslegung Da bei der zu leistenden Abgrenzungsaufgabe der Begriff der äußeren Gefahren als Gegensatz zu den inneren Gefahren im Hinblick auf die Definition der Verteidigung im Wege der Auslegung erarbeitet wurde, ist die Abgrenzung zwischen inneren und äußeren Gefahren und die Einordnung von Gefahren mit Bezügen nach innen und außen zunächst mittels eben jener Überlegungen vorzunehmen, die zu dieser Definition geführt haben. a) Normzweck Daß auch Streitkräfteverwendungen auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik zur Verteidigung erfolgen können und nicht kategorisch ausgeschlossen sind, wie es die Ziele eigentlich forderten, die der Abwehr der von einer Armee im demokratischen Rechtsstaat ausgehenden Gefahren dienen, ist auf die Berücksichtigung eines Hauptzwecks der Wehr- und Notstandsverfassung sowie des Verteidigungsbegriffs in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG zurückzuführen. Dieser besteht in der Abwehr außergewöhnlicher Gefahren für das Staatswesen und die Bürger von außen, wobei besonders die klassische Landesverteidigung in Form der militärischen Abwehr von Angriffen souveräner Staaten mittels der Streitkräfte und die Bündnisintegration der Streitkräfte im Mittelpunkt stand.199 Diesbezüglich wurde im Wege eines objektiv-teleologischen Arguments aus der Natur der Sache begründet, warum auch Einsätze auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik zur Erreichung dieses Zwecks unabdingbar notwendig sind und die gegen Einsätze im Inneren sprechenden Zwecke zurückzutreten hatten. In einem solchen Fall, bei dem ein eindeutig von außen kommender großangelegter Angriff eines anderen Staates mit konventionellen Streitkräften von hoher Intensität nicht direkt an der Staatsgrenze abgewehrt werden kann, muß die militärische Abwehr dieses Angriffs durch kämpfendes Ausweichen in der Gefechtsart der Verzögerung und die Organisation einer Auffanglinie sowie eventuell von Gegenangriffen versucht werden. All dies müßte auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik stattfinden. Die Betrachtung dieses Archetyps der äußeren Gefahr, die auch auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik abgewehrt werden muß, soll dabei helfen, zu ermitteln, wann die Abwehr von Gefahren, die auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik stattfindet, der Abwehr äußerer Gefahren im Sinne dieser Arbeit dient und somit zur Verteidigung erfolgt. In dieser Situation ist es so, daß der Angriff, um dessen Abwehr es geht, außerhalb der Bundesrepu199 Auch W. Speth, 40, sieht „den von einem fremden Staat erklärten bzw. begonnenen Krieg gegen die Bundesrepublik“ als „klassischen Fall des ,äußeren Notstandes‘“.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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blik beginnt, indem fremde Streitkräfte vom Staatsgebiet eines anderen Staates aus oder von hoher See her zu Lande, zu Wasser oder in der Luft gegen das Staatsgebiet der Bundesrepublik vorgehen und versuchen, die Staatsgrenze zu überschreiten und in das Staatsgebiet einzudringen. Diese anfänglich eindeutig rein äußere Gefahr – also eine Gefahr mit reinem Außenbezug, weil sie allein außerhalb des deutschen Staatsgebiets stattfindet –, welche diesen rein äußeren Charakter bis zu dem Moment behält, in dem der Angriff unmittelbar auf die Staatsgrenze und eventuell bereitstehende verteidigende Kräfte trifft, wird mit dem Überschreiten der Staatsgrenze zu einer Gefahr bzw. einem Angriff, welcher zwar im Ausland als Angriff mit reinem Außenbezug begonnen hat, jetzt jedoch im Inland fortgesetzt wird. Daß dieser Angriff auch im Inland weiterhin als Verteidigung von den Streitkräften bekämpft werden darf und soll, war eine wesentliche Erkenntnis der obigen normzweckorientierten Auslegung. Da das vom Zwecke der Gefahrenabwehr nach außen aufgrund der Natur der Sache geforderte Ergebnis in einem Spannungsverhältnis mit den Zielen der Abwehr der von einer Armee im demokratischen Rechtsstaat ausgehenden Gefahren steht, sind diese Ziele nach den Grundsätzen über die Abwägung und die Herstellung praktischer Konkordanz zwischen konfligierenden Rechtsgütern oder Zielen nur insoweit einzuschränken, als dies unbedingt erforderlich ist. Die Beschränkung auf das unbedingt notwendige bedeutet hier, daß nur die äußeren Angriffe, die im Ausland beginnen und bei denen die reine Abwehr außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik nach der Natur der Sache nicht oder nicht in jedem Fall möglich ist, auch dann noch als äußere Gefahren zur Verteidigung und somit zum Zuständigkeitsbereich und Auftrag der Streitkräfte gerechnet werden können, wenn diese auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik getragen worden sind. Die Einbeziehung anderer Gefahren, deren Abwehr innerhalb der Bundesrepublik erfolgen muß, die in verschiedenem Umfang Bezüge nach außen haben, werden von diesem Zweck nicht gefordert und sind dementsprechend als verteidigungsfremd einzuordnen und allein von den Polizeikräften abzuwehren.

b) Bestätigung durch die Entstehungsgeschichte Dies entspricht in jeder Hinsicht der Absicht des Verfassungsgesetzgebers, auch des historischen 1968. Denn damals wurde peinlich darauf geachtet, daß die Abwehr kriegerischer Bedrohungen nach außen oder im Inneren, soweit diese bis hierhin vorgedrungen sein sollten, allein den Streitkräften vorbehalten bleibt. Eine Verwicklung der Polizeikräfte in kriegerische Auseinandersetzungen sollte möglichst vermieden werden. Dies läßt sich im einzelnen an verschiedenen Stellen dem Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses zum Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode entneh-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

men.200 Dies bestätigt die vorstehenden normzweckorientierten Erwägungen und ergibt für die Einordnung von Angriffen, die im Inneren stattfinden, jedoch auch äußere Bezüge haben, folgende Konsequenzen: Ein Angriff, dessen Abwehr – zumindest auch – auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik stattfinden muß, ist jedenfalls dann eine äußere Gefahr bzw. ein Angriff von außen, wenn der Angriff außerhalb der Bundesrepublik begonnen hat und als Angriff über die Staatsgrenze hinweg in die Bundesrepublik hineingetragen wurde. Aus der Entstehungsgeschichte der Notstandsverfassung und des Art. 87a GG lassen sich weitere Erkenntnisse gewinnen. Noch im Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode201 war der Notstand im allgemeinen in den Zustand der äußeren Gefahr – Abschnitt Xa. – und den Zustand der inneren Gefahr – Abschnitt Xb. – unterteilt. Was unter dem Zustand der inneren Gefahr verstanden wurde, definierte im Grundsatz Art. 115i des Entwurfs, wonach „ein Zustand der inneren Gefahr“ vorliegen sollte, „wenn der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes [. . .] ernstlich und unmittelbar bedroht ist“.202 Aus dem Umstand, daß im Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode203 neben dem Zustand äußerer Gefahr – Abschnitt Xa. – vom Zustand innerer Gefahr nicht mehr die Rede ist, jedoch in Art. 91 des Entwurfs die „drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ geregelt ist, läßt sich ableiten, daß der Zustand innerer Gefahr ohne ausdrückliche Benennung als solcher nunmehr in Art. 91 geregelt werden sollte. Diese Schlußfolgerung wird in noch wesentlich deut200 Vgl. dazu BTDrucks. 5/2873, 13 „Zu Art. 87a Abs. 3“, 2.: „Die Abwehr gegnerischer Streitkräfte ist niemals die Aufgabe der Polizei.“; a. a. O., 3. a): „Nach der vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Regelung würden die Streitkräfte im Verteidigungs- und Spannungsfall in jedem Falle das Recht zum Einschreiten haben, während sich die Polizei auf die Abwehr von Störern bei militärisch nicht gefährdeten Objekten beschränken kann, so daß sie nicht Gefahr läuft, in bewaffnete Auseinandersetzungen mit Angehörigen fremder Streitkräfte hineingezogen zu werden.“; a. a. O., 3. b): „Auch hier ist eine Verwicklung der Polizei durch ihr Zusammenwirken mit der Bundeswehr in Kampfhandlungen mit gegnerischen Streitkräften nicht zu befürchten, da [. . .]. Nach den Bestimmungen des Grundgesetzes, auch in der Fassung der Notstandsnovelle, bleibt die Abwehr eines gegnerischen Angriffs ausschließlich Aufgabe der Bundeswehr bzw. des Bundesgrenzschutzes, wobei die Polizei nicht mitzuwirken hat.“ 201 BTDrucks. 4/891. 202 Art. 115i des Entwurfs, BTDrucks. 4/891, lautete: Ein Zustand der inneren Gefahr liegt vor, wenn der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes 1. durch Einwirkung von außen, 2. durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt, 3. durch Nötigung eines Verfassungsorgans oder 4. durch Mißbrauch oder Anmaßung von Hoheitsbefugnissen ernstlich und unmittelbar bedroht ist. 203 BTDrucks. 5/1879.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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licherer Weise durch den Beschluß des Rechtsausschusses des 4. Deutschen Bundestages zum Regierungsentwurf204 und den korrespondierenden Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses205 bestätigt. In diesem im Beschluß des Rechtsausschusses enthaltenen, nach dem damaligen Vorsitzenden des Rechtsausschusses und späteren Verfassungsrichter E. Benda benannte neue Entwurf der Notstandsverfassung – der sog. Benda-Entwurf –, war kein getrennter Abschnitt über den Zustand der inneren Gefahr mehr enthalten und die Regelung über die Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes in Art. 91 GG normiert. Im schriftlichen Bericht wird diese Innovation darauf zurückgeführt, daß „gegen diesen Vorschlag der Bundesregierung [den Regierungsentwurf; der Verfasser] schon in der ersten Lesung des Bundestages von den Vertretern der Opposition erhebliche Bedenken geltend gemacht worden waren und auch die Grundsatzaussprache im Rechtsausschuß zu keiner Einigung auf der Grundlage der Vorschläge der Bundesregierung führte“. Daraufhin „legte das Bundesministerium des Innern am 31. August 1964 eine neue Formulierungshilfe vor, die sich in ihrer grundsätzlichen Konzeption wesentlich von den Vorschlägen des Regierungsentwurfs unterschied. Der Rechtsausschuß entschied sich dafür, den Grundsätzen dieser Formulierungshilfe zu folgen, die aber im Verlauf der weiteren Beratungen in Einzelfragen noch erheblich verändert wurde“.206 Auch wenn im Ergebnis aufgrund des Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags in der 5. Wahlperiode207 die Regelung des Zustandes innerer Gefahr neben Art. 91 noch auf Art. 87a Abs. 4 GG aufgeteilt wurde, so ist die Kontinuität der Trennung von Zustand äußerer und Zustand innerer Gefahr in den Entwürfen und der verabschiedeten Notstandsnovelle deutlich erkennbar. Deshalb kann davon ausgegangen werden, daß die Abgrenzung zwischen Zustand äußerer und innerer Gefahr, bzw. äußerem und innerem Notstand im Grundsatz seitdem dieselbe geblieben ist. Der Zustand äußerer Gefahr ist heute im Abschnitt Xa. des GG hinsichtlich der Auswirkungen auf die innerstaatliche Rechtsordnung geregelt. Einsätze der Streitkräfte zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG sind im Zustand äußerer Gefahr zu dessen Abwehr grundsätzlich zulässig. Im Gegensatz dazu ist der Zustand der inneren Gefahr, wie er in Art. 115i des Regierungsentwurfs der 4. Wahlperiode definiert war, heute als drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokrati204

BTDrucks. 4/3494. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines . . . Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes – Drucksache IV/891 –, zu BTDrucks. 4/3494. 206 Zu BTDrucks. 4/3494, 12 „Zu § 1 Nr. 7 (Art. 91), Allgemeines“. 207 BTDrucks. 5/2873. 205

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

sche Grundordnung des Bundes oder eines Landes in Art. 87a Abs. 4, 91 GG geregelt. Deshalb ist in systematischer Hinsicht eindeutig und auch in genetischer Hinsicht ohne Zweifel klar, daß das, was in der 4. Wahlperiode im Entwurf ausdrücklich als Zustand der inneren Gefahr bezeichnet wurde und was heute zwar nicht im Verfassungstext jedoch regelmäßig im Zusammenhang mit den entsprechenden Verfassungsnormen als Zustand innerer Gefahr oder schlicht innerer Notstand firmiert, nicht Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ist. Dem angesprochenen Art. 115i des Regierungsentwurfs der 4. Wahlperiode kann hinsichtlich der Einordnung von Gefahren für Rechtsgüter im Innern, die zugleich Bezüge nach außen aufweisen, interessantes entnommen werden. Dort sollte geregelt werden, daß ein Zustand der inneren Gefahr vorliegt, „wenn der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes durch Einwirkung von außen [. . .] ernstlich und unmittelbar bedroht ist“.208 Die Begründung zum Entwurf erläutert diese Regelung im besonderen Teil zu Art. 115i,209 wo darauf hingewiesen wird, daß die Bundesrepublik „in besonderem Maße zersetzenden und subversiven Einwirkungen aus dem unmittelbar an sie grenzenden totalitären Machtbereich ausgesetzt“ ist. Dies wird konkretisiert, indem ausgeführt wurde, daß „die Zweiteilung Deutschlands es der gegnerischen Führung erleichtert, über die Demarkationslinie zur sowjetischen Besatzungszone Deutschlands hinweg in das Bundesgebiet hineinzuwirken und sich dabei mißbräuchlich u. a. auch gesamtdeutscher Bestrebungen zu bedienen.“ Auch wenn die Begründung zum Regierungsentwurf klar erkennt und dies deutlich ausspricht, daß „die äußeren Erscheinungsformen dieser Einwirkung [. . .] nur scheinbar dem inneren politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland“ angehören und es sich „in Wirklichkeit [. . .] hier um nichts anderes als um eine Intervention fremder Staaten, Regierungen, Parteien oder sonstiger Einrichtungen, die sich zum großen Teil nur vorgeschobener politischer Kräfte innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bedienen“, handelt, so soll diese Situation jedoch eindeutig als Zustand der inneren Gefahr nach Art. 115i Nr. 1 des Entwurfs behandelt werden. Auch die in Art. 115i Nr. 2 bis 4 des Entwurfs aufgeführten weiteren Fälle eines Zustandes der inneren Gefahr sollten in die Verfassung eingefügt werden „in erster Linie in der Erwägung, daß auch Gefährdungen dieser Art oft, wenn nicht sogar in der Regel, auf Einwirkungen von außen zurückzuführen sein werden [. . .]“. Hier wird die klare Konzeption des verfassungsändernden Gesetzgebers der 4. Wahlperiode erkennbar, daß außergewöhnliche Gefahrensituationen auch dann, wenn sie vom Ausland her durch ausländische Kräfte initiiert, gesteuert oder unterstützt werden, stets als Zustand in208 209

Wortlaut des Art. 115i des Entwurfs vgl. Fn. 202. BTDrucks. 4/891, 14.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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nerer Gefahr angesehen werden sollten, wenn ihre „äußeren Erscheinungsformen“ innerhalb der Bundesrepublik stattfinden.210 Neben der Verschiebung des Zustandes innerer Gefahr aus dem Abschnitt Xb. nach Art. 91 durch den Benda-Entwurf wurde in diesem Beschluß des Rechtsausschusses der 4. Wahlperiode auch diejenige Änderung vollzogen, die sich auch im Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode und in der Notstandsnovelle 1968 wiederfand, wonach die im Regierungsentwurf der 4. Wahlperiode in Art. 115i Nr. 1 bis 4 enthaltenen Konkretisierungen der Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes weggelassen wurden. Dies wurde in der Begründung des Benda-Entwurfs auch ausdrücklich ausgesprochen.211 Hieraus sollte aber nicht geschlossen werden, daß damit eine Abkehr vom klaren Konzept des Regierungsentwurfs der 4. Wahlperiode zur Abgrenzung von Zustand innerer und äußerer Gefahr unternommen werden sollte. Im Gegenteil: Einige Absätze weiter findet sich die klare Aussage, der Vorschlag des Rechtsausschusses unterscheide „nicht zwischen solchen inneren Notständen, die von Kräften außerhalb des Bundesgebietes gesteuert werden [. . .] und anderen inneren Notständen [. . .]. Für den ersten Fall gelten solange keine Sonderregelungen, als nicht zugleich ein Zustand der äußeren Gefahr eintritt und nach den Vorschriften des Artikels 115a des Entwurfs förmlich festgestellt wird“.212 Somit ist klargestellt, daß mit dem Benda-Entwurf, dem Entwurf der 5. Wahlperiode und der Notstandsnovelle 1968, welche in der Definition des inneren Notstandes oder an anderer Stelle nicht mehr speziell die innere Gefahr aufgrund der Einwirkung von außen normierten, gleichwohl das Konzept des Regierungsentwurfs der 4. Wahlperiode fortgeführt werden sollte. Die Abgrenzung zwischen äußerer und innerer Gefahr sollte danach ohne Beachtung etwaiger äußerer Bezüge im Kausalverlauf allein danach vorgenommen werden, ob der Angriff im Inneren erfolgt oder die Gefahr von außen an die Bundesrepublik herangetragen wird.213 210 Dies sah H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 30, bereits 1962 ebenso; auch der schleswig-holsteinische LMI Schlegelberger sprach die von außen gesteuerte, aber im Inneren stattfindende Gefahr im 3. Notstandshearing als Fall des inneren Notstandes an, der durch die zu schaffende Regelung zu bewältigen sei, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 3. 211 Zu BTDrucks. 4/3494, 12: „Zu § 1 Nr. 7 (Art. 91), Allgemeines, a)“: „Im Gegensatz zu dem Regierungsentwurf (vgl. Art. 115 i) wird der Begriff der drohenden Gefahr für den ,Bestand oder die freiheitlich demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes‘ nicht näher definiert.“ 212 Zu BTDrucks. 4/3494, 12, „Zu § 1 Nr. 7 (Art. 91), Allgemeines, f)“. 213 Dies hebt auch R. Hoffmann, 86 (100 f.), hervor.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Die Absicht des historischen Verfassungsgesetzgebers spricht danach für ein Verständnis der Verteidigung in Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG, welches Gefahrensituationen, die sich im Inneren ereignen, als verteidigungsfremd einordnet, auch wenn zur Entstehung der Gefahrensituationen Einflüsse aus dem Ausland beigetragen haben. Dies stimmt mit den objektiv-teleologischen Erwägungen aus der Natur der Sache überein, denen oben entnommen wurde, daß Verteidigung nur die Abwehr von Angriffen umfaßt, die im Ausland ihren Ursprung haben, wobei dies jedoch auch deren Abwehr im Inland bedeuten kann, wenn diese Angriffe über die Staatsgrenze hinweg auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik vorgedrungen sind.

3. Zwischenergebnis und weitere Konkretisierung Bildhaft gesprochen liegt ein verteidigungsfremder innerer Angriff vor, wenn der Angriff, wenn man ihn sich als eine räumliche Bewegung vom Angriffsbeginn auf das Angriffsziel zu vorstellt – exemplarisch sei die Flugbahn des Geschosses einer Schußwaffe vom Abfeuern bis zum Treffen des Ziels angeführt –, auf dem Weg vom Angriffsbeginn bzw. der Gefahrenquelle zum Angriffsziel nicht die Staatsgrenze der Bundesrepublik von außen nach innen überqueren muß. Das vorstehende Ergebnis bedarf jedoch noch der weiteren Konkretisierung. Denn es ist zu klären, wo denn der Angriff beginnt. Denn der Angriffsbeginn ist wichtig für die Einordnung als Verteidigung, da dieser im Ausland erfolgen muß, damit es sich um einen zur Verteidigung berechtigenden Angriff handelt. Da herausgearbeitet wurde, daß die in der 4. Wahlperiode im Entwurf vorgelegte Konzeption der Abgrenzung zwischen Zustand äußerer Gefahr und Zustand innerer Gefahr auch in der Notstandsnovelle beibehalten wurde, können die normierten Fälle äußerer und innerer Gefahr zur Klärung dieser Fragestellung herangezogen werden. Bedenkt man den in Art. 115a Abs. 1 GG normierten Verteidigungsfall, welcher als Angriff auf das Bundesgebiet mit Waffengewalt den archetypischen Angriff eines souveränen Staats mittels der Streitkräfte von außen normiert, und vergleicht man dies mit der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes nach Art. 87a Abs. 4, 91 GG, so lassen sich hieraus Schlüsse ziehen. Beim kriegerischen Angriff durch die Streitkräfte eines anderen Staates erreicht der Angriff bereits außerhalb der Bundesrepublik ein Stadium, was diesen als feindseliges Vorhaben für einen objektiven Betrachter erkennbar werden läßt. Die fremden Streitkräfte sind als rechtmäßige Kombattanten im Sinne des Völkerrechts uniformiert und durch die Hoheitsabzeichen des fremden Staates als solche gekennzeichnet. Sie tragen, wie es das Kriegsvölkerrecht fordert, ihre Waffen offen und gehen für jeden

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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erkennbar feindselig gegen die Staatsgrenze der Bundesrepublik vor. Beim Zusammentreffen mit zum Schutz der Bundesrepublik bestimmten Kräften verhalten sie sich wiederum offen feindselig und es kommt ggf. zum Gefecht. Die Situation des inneren Notstandes nach Art. 87a Abs. 4, 91 GG, in der die Streitkräfte zum Schutz ziviler Objekte und zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer befugt sind, soll nach der Konzeption des verfassungsändernden Gesetzgebers, welche mit den gemischt objektiv und subjektiv ermittelten Normzwecken konform ist, nur dann vorliegen, wenn die Gefahrensituation, um deren Bekämpfung es geht, keine äußere Gefahr darstellt, die zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG berechtigen würde. Diese Voraussetzung soll nach der dargestellten, unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte herausgearbeiteten Konzeption völlig unabhängig davon sein, wo zum Beispiel ein Aufstand als Prototyp des inneren Notstandes geplant oder vorbereitet wurde bzw. von wo aus ein solcher gesteuert, finanziert oder in sonstiger Weise unterstützt wird. Auch hier herrscht somit das klare Konzept der Abgrenzung äußerer und innerer Gefahren danach, wo diese stattfinden bzw. sich ereignen. Da deutlich wurde, daß alles, was dem Bereich der Vorbereitung eines Angriffs dient, für diese Abgrenzung irrelevant ist, ist die Grenze von Vorbereitung und Ausführung zu ermitteln. Hier soll der Angriffsbeginn als Beginn der Ausführung des Angriffs, wenn die Vorbereitung bereits abgeschlossen ist, dort angesetzt werden, wo der oder die Ausführenden zum einen – in Anlehnung an die strafrechtliche Abgrenzung von Vorbereitung und Versuch – in subjektiver Hinsicht die Schwelle des „Jetzt geht’s los!“ überschreiten und aus Sicht eines objektiven Dritten, der jedoch nicht mehr weiß, als er sieht, ein Angriff im Sinne eines unmittelbar auf die Verletzung eines Rechtsguts gerichteten Verhaltens vorliegt. Denn sowohl die Soldaten, die Teil eines militärischen Angriffs auf das Bundesgebiet von außen sind, als auch die Aufständischen, die offen und mit der Bereitschaft zur Gewaltanwendung gegen die Staatsgewalt innerhalb der Bundesrepublik opponieren, Gewalt anwenden und gegen Kräfte des Staates oder staatliche Einrichtungen vorgehen, überschreiten subjektiv die Schwelle des „Jetzt geht’s los!“. Gleichermaßen wird jeder objektive Betrachter diese Situationen als Angriff im Sinne des obigen Verständnisses einordnen, da die feindselige Haltung deutlich erkennbar wird. Auch wenn ein militärischer Angriff von außen in der Weise vorgetragen wird, daß Streitkräfte im Schutze der Dunkelheit, getarnt und an Grenzabschnitten, an denen keine oder wenige Defensivkräfte disloziert sind, die Staatsgrenze überschreiten und dadurch der erste Kontakt und das erste potentielle Gefecht mit bundesrepublikanischen Grenzschutz- oder Streitkräften jenseits

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

der Staatsgrenze auf dem Territorium der Bundesrepublik erfolgt, so ist doch schon vor dem Überschreiten der Staatsgrenze offensichtlich, daß hier ein militärischer Angriff vorliegt und es jederzeit zu einer Konfrontation mit bundesrepublikanischen Kräften kommen kann. Als Vorbereitung vor dem Angriffsbeginn liegt der gesamte Bereich der Planung des militärischen Angriffs, der Mobilmachung der entsprechenden Truppenteile und deren Aufmarsch in einsatznahe Bereitstellungsräume. In militärischer Hinsicht und so auch für den objektiven Betrachter beginnt der Angriff mit dem Überschreiten der „Ablauflinie“, weil ab diesem Zeitpunkt jederzeit die Möglichkeit eines Aufeinandertreffens mit feindlichen Kräften besteht. Bei einem für den inneren Notstand prototypischen Aufstand regierungsfeindlicher Kräfte mit Gewalt ist dieser Angriff für einen objektiven Betrachter ab dem Zeitpunkt gegenwärtig, wo die Aufständischen offen und mit der Bereitschaft zur Gewaltanwendung gegen die Staatsgewalt opponieren. Auch hier ist die gesamte Vorbereitung in Form von Planung, Organisation, dem Gewinnen, Ausbilden und Instruieren von Mitstreitern, das Besorgen von Waffen und sonstiger Ausrüstung und der noch verdeckt erfolgende Transport der Aufständischen zu dem Ort, wo man den Aufstand beginnen lassen will, aus Sicht eines objektiven Betrachters noch vor dem Angriffsbeginn.

4. Bewertung der konkreten Streitkräfteeinsätze Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse lassen sich alle Bundeswehreinsätze im Inneren zur Abwehr von Angriffen mit irgendwelchem Außenbezug zuverlässig bewerten. Der Einsatz von Soldaten als Türsteher bei Großveranstaltungen ist keine Verteidigung, weil die Personen, die dieser überprüfen soll, im Moment der Überprüfung aus Sicht eines objektiven Dritten noch keinen Angriff ausführen, da sie sich ja gerade scheinbar friedlich verhalten, um kein Aufsehen zu erregen und Einlaß zu erlangen, um ihre gefahrträchtigen Pläne jedweder Art auszuführen. Hierbei und auch bei allen anderen Bundeswehreinsätzen im Inneren, die bei den problematischen Situationen denkbar sind, ist es somit irrelevant, ob der Angreifer, gegen den sich der Bundeswehreinsatz richtet, die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder nicht. Auch die Zugehörigkeit zu einer ausländischen kriminellen Organisation oder die Zuordnung zu einem ausländischen Sportverein oder Sportler spielt keine Rolle. Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob Kriminelle oder insbesondere Terroristen im Ausland ausgebildet worden sind, dort ideologisch geprägt oder geschult wurden, ob sie von dort mit Material, Waffen, Ausrüstung, Plänen oder Finanzmitteln unterstützt wurden bzw. ob sie Ziele verfolgen, die sich

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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auf ausländische Staaten beziehen, oder ausländische Einrichtungen, Sachen oder Personen zum Ziel haben, soweit ihr Angriff selbst in der Bundesrepublik durchgeführt wird. Der Angriff ist hierbei allein der Anschlag selbst. Als Angriff ist hinsichtlich terroristischer Bedrohungen der offene oder verdeckt ausgeführt erfolgende Schuß auf die Zielperson, das „Legen der Bombe“ für ein Sprengstoffattentat oder der Zugriffsversuch hinsichtlich der Zielperson bei einer Entführung anzusehen. Im Ergebnis ist es natürlich stets eine Frage des konkreten Einzelfalls, ab welchem Zeitpunkt aus Sicht eines objektiven Betrachters der Angriff begonnen hat. Die Abgrenzungsmethoden und das entwickelte Judiz aus der strafrechtlichen Unterscheidung von strafloser Vorbereitung und strafbarem Versuch führen hier zu sachgerechten Ergebnissen. Anhand der entwickelten Kriterien ist die Tätigkeit von Soldaten im Personenschutz oder ansonsten zur Absicherung von Großveranstaltungen, gleich ob als in Reserve gehaltene Eingreifgruppe oder als Präsenz zeigende Soldaten beim show of force nicht als Verteidigung einzuordnen. Auch der Einsatz von Soldaten gegenüber gewaltbereiten Gegnern von politischen oder wirtschaftlichen Großveranstaltungen ist keine Verteidigung, weil diese Personen zwar eventuell aus dem Ausland anreisen oder sich international organisieren, jedoch der Angriff, der abgewehrt wird, erst das gewalttätige Verhalten im unmittelbaren Umfeld der Veranstaltung – also auf deutschem Hoheitsgebiet – ist. Im Hinblick auf alle angesprochenen Gefahren und die entsprechenden Bundeswehreinsätze, die nicht zur Verteidigung erfolgen, sind unterstützende Einsätze und Einsätze in Führungsfunktionen ebenfalls keine Einsätze zur Verteidigung. In allen Fällen kommt es zunächst nur auf den Angriff an, der abgewehrt werden soll. Wenn dieser nicht im Ausland begonnen wurde, so liegt keine Verteidigung vor und jedweder der Abwehr dieses Angriffs dienende Streitkräfteeinsatz erfolgt ebenfalls nicht zur Verteidigung. Die Abwehr von Bedrohungen aus der Luft in Form von Raketen- oder Bombenangriffen von Luftfahrzeugen aus oder auch durch Boden-BodenRaketen sowie von Selbstmordanschlägen mit Hilfe von Luftfahrzeugen, die einfach auf eine solche Veranstaltung herabstürzen, sind differenziert zu betrachten.214 Meist wird es sich bei diesen Angriffen, die unabhängig davon zu bewerten sind, ob sie von Terroristen oder von sonstigen Kriminellen unternommen werden, nicht um zur Verteidigung berechtigende Situationen handeln, weil der Angriff nicht außerhalb der Bundesrepublik begonnen wurde.215 Hinsichtlich der Angriffe mittels Luft-Boden-Raketen oder 214 Zur Zuständigkeitsverteilung hinsichtlich der nicht-militärischen Sicherheitskräfte: P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

mittels Bomben von Luftfahrzeugen aus, ist der Angriffsbeginn spätestens auf den Zeitpunkt zu legen, zu dem die Rakete oder die Bombe von dem Luftfahrzeug aus abgefeuert oder abgeworfen wird. Denn zu diesem Zeitpunkt ist für einen objektiven Betrachter, der nicht mehr weiß, als er sehen kann, klar, daß hier ein Angriff vorliegt. Der Angriffsbeginn kann auch früher festgelegt werden, wenn das Luftfahrzeug schon vor diesem Zeitpunkt aus objektiver Sicht als feindselig einzustufen ist. Dies ist der Fall, wenn ein ziviles Luftfahrzeug von unbefugten Personen in deren Gewalt gebracht wird, diese es somit „entführen“ und den weiteren Kurs in Richtung auf ein Angriffsziel bestimmen. Im Moment, in dem die Flugzeugentführer sich im Flugzeug zu erkennen geben und unter Anwendung oder Androhung von Gewalt Besatzung und Passagiere überwältigen, beginnt der Angriff. Befindet sich das Flugzeug, unabhängig davon, ob es zur zivilen Luftflotte der Bundesrepublik oder zu einer ausländischen Fluggesellschaft gehört, zu diesem Zeitpunkt im deutschen Luftraum, welcher Teil des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik ist, so liegt der Angriffsbeginn nicht außerhalb des deutschen Staatsgebietes und es handelt sich folglich nicht um einen Angriff von außen. Übernehmen Terroristen jedoch im Luftraum außerhalb des deutschen Staatsgebietes die Gewalt über ein Luftfahrzeug, um von diesem aus mit Bomben oder Raketen oder im Wege des Selbstmordattentats eine Großveranstaltung oder ein sonstiges für sie lohnendes Ziel anzugreifen, so läge der Angriffsbeginn außerhalb der Bundesrepublik und ein diesen Angriff abwehrender Streitkräfteeinsatz in Form des Abschusses einer anfliegenden Rakete sowie durch Abdrängen oder notfalls auch durch Abschuß des Luftfahrzeugs selbst wäre unter diesem Gesichtspunkt ein Einsatz zur Verteidigung.216 Die weitere Voraussetzung, daß die von außen kommende Gefahr nicht durch Kräfte der Polizei, insbesondere durch den BGS, abgewehrt werden kann, wäre hier erfüllt, da die Polizeikräfte des Bundes und der Länder nicht über Kräfte zur Flugabwehr oder Raketenabwehr oder über Kampfflugzeuge oder Kampfhubschrauber verfügen, die solche Angriffe abwehren könnten. In einem solchen Fall könnten die Streitkräfte somit in zulässiger Weise zur Verteidigung eingesetzt werden. 215 Zu diesem Ergebnis kommt auch W. Grubert, 222, wenn er feststellt, daß die „Bekämpfung von Flugzeugen, die nicht Teil der Streitkräfte eines fremden Staates sind, sondern von innerstaatlichen Terrorgruppen eingesetzt werden“ keine Verteidigung ist; er differenziert jedoch nicht danach, wo der Angriff begonnen wurde; ebenso in allgemeiner Hinsicht U. Schopohl, 150. 216 Eine solche Einsatzvariante hält wohl auch M. Schultz, 238, nicht für ausgeschlossen, da er darlegt, daß „Verteidigung auch die Bekämpfung paramilitärischer Einheiten umfaßt“; zudem stellt er dar, daß Zivilflugzeuge als „völkerrechtlich erlaubte Selbsthilfe“ zu Landung oder Kursänderung gezwungen werden können, sowie bei Nichtfolgeleisten nach Vorwarnung abgeschossen werden können, vgl. M. Schultz, 239; zur völkerrechtlichen Seite der Bekämpfung des grenzüberschreitenden Terrorismus vgl. D. Blumenwitz, BayVBl. 1986, 737.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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Ein solcher Angriff kann natürlich auch mit einem Militärluftfahrzeug wie einem Kampfflugzeug oder -hubschrauber ausgeführt werden, von dem aus Kampfmittel eingesetzt werden oder der für ein Selbstmordattentat benutzt wird. Wird ein militärisches Luftfahrzeug der Bundeswehr i. e. S. gestohlen oder entführt, so muß man den Angriffsbeginn schon auf den Moment von Entwendung oder Entführung legen. Denn bei einer Entführung kommt bereits Gewalt zur Anwendung oder wird angedroht, und bei einer Entwendung ist ebenfalls für einen objektiven Beobachter klar, daß mit diesem Luftfahrzeug jederzeit Rechtsgüter geschädigt werden können. Da dies aus Sicht eines objektiven Betrachters feststeht, ist es auch irrelevant, wenn die handelnden Personen tatsächlich vorhaben, das Luftfahrzeug zunächst zu einem Ort zu fliegen, wo es nicht entdeckt wird, und es erst später für ihre Zwecke zu nutzen. Denn aus Sicht des objektiven Betrachters ist eine unmittelbare Schädigung von Rechtsgütern – jedenfalls durch gezielten oder ungezielten Absturz – jederzeit möglich. Wird ein Luftfahrzeug der Bundeswehr i. e. S. in dieser Weise innerhalb der Bundesrepublik entführt, so liegt dementsprechend keine Verteidigung vor, weil der Angriffsbeginn innerhalb der Bundesrepublik liegt. Erfolgt die Entführung oder Entwendung außerhalb der Bundesrepublik, z. B. auf einem der NATOFlugplätze in anderen europäischen NATO-Staaten, und flöge das Luftfahrzeug der Bundeswehr i. e. S. in die Bundesrepublik hinein, um dort einen entsprechenden Angriff auszuführen, so wäre die Abwehr dieses Angriffs Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG, weil der Angriff von außen erfolgt und die Polizeikräfte zu dessen Abwehr nicht in der Lage sind. Verwenden die handelnden Personen zu dem Angriff ein militärisches Luftfahrzeug ausländischer Streitkräfte gegen den Willen des fremden Staates, so liegt der Angriffsbeginn wiederum bei der Erlangung der Verfügungsgewalt durch Entwendung oder Entführung. Befindet sich das Luftfahrzeug hierbei, z. B. weil es zu den Streitkräften eines NATO-Mitgliedsstaats gehört und innerhalb der Bundesrepublik stationiert ist, auf dem deutschen Staatsgebiet, so liegt der Angriffsbeginn innerhalb der Bundesrepublik und die Abwehr dieses Angriffs wäre keine Verteidigung. Befindet es sich außerhalb der Bundesrepublik, so liegt ein Fall der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG vor, weil der von außen kommende Angriff von den Polizeikräften auch nicht abgewehrt werden kann.217 Sollten die handelnden Personen von einem fremden Staat tatsächlich in der Weise unterstützt werden, daß sie auf Luftfahrzeuge der Streitkräfte dieses Staats mit dessen offenem oder insgeheimem Einverständnis zugreifen könnten, und unternehmen sie einen Angriff mit diesen militärischen Luft217 Auch M. Schultz, 239, geht davon aus, daß ein fremdes Militärflugzeug, welches unerlaubt in den deutschen Luftraum eindringt, im Wege „völkerrechtlich erlaubter Selbsthilfe“ abgeschossen werden darf.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

fahrzeugen, so wäre zu Beginn des Fluges noch in keiner Weise erkennbar, daß dies kein normaler Routineflug dieses Luftfahrzeugs sein werde. Dementsprechend liegt hier aus Sicht eines objektiven Beobachters noch kein begonnener Angriff vor. Erst wenn das Luftfahrzeug in den deutschen Luftraum ohne Berechtigung eindringt, ist erkennbar, daß hier „etwas nicht mit rechten Dingen zugeht“. Ab diesem Zeitpunkt kann bei objektiver Betrachtungsweise von einem auf die Schädigung eines Rechtsguts gerichteten Verhalten ausgegangen werden. Sollten die handelnden Personen – wovon nach aller Wahrscheinlichkeit nicht ausgegangen werden kann, was jedoch der Vollständigkeit halber mitbehandelt werden soll – im Einverständnis mit einem NATO-Mitgliedsstaat dessen Luftfahrzeuge der Streitkräfte nutzen können, so liegt der Angriffsbeginn bei einem außerhalb der Bundesrepublik stationierten Luftfahrzeug beim Überschreiten der deutschen Staatsgrenze nur dann, wenn hierfür keine Berechtigung in Absprache mit den Behörden für die Luftsicherheit besteht, weshalb die Abwehr dieses Angriffs Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG wäre. Wenn das militärische Luftfahrzeug eines NATO-Staats jedoch, wie dies häufig der Fall sein wird, über eine Berechtigung zum Einfliegen in den deutschen Luftraum verfügt, ist dies zunächst bei objektiver Betrachtungsweise noch kein feindseliges Verhalten. Erst wenn vom normalen Verhalten eines solchen Luftfahrzeugs bei einem Routine- oder Ausbildungsflug abgewichen, eine zugewiesene Flugroute verlassen oder ein offen feindseliges Verhalten an den Tag gelegt wird, ist der Angriffsbeginn erkennbar. Hier würde der Angriff erst dann beginnen, wenn sich das Luftfahrzeug bereits im deutschen Luftraum befindet, weshalb kein Angriff von außen vorläge. Wäre das Luftfahrzeug innerhalb der Bundesrepublik stationiert, läge der Angriffsbeginn frühestens zu dem Zeitpunkt, in dem das Luftfahrzeug sein mit der Flugsicherheit oder deutschen Behörden, insbesondere Militärbehörden, abgesprochenes Verhalten, insbesondere die Flugroute, einseitig änderte. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich das Luftfahrzeug im deutschen Luftraum, weshalb ebenfalls keine Verteidigung vorläge. Diese Gedanken lassen sich in gleicher Weise auf ein Selbstmordattentat mit zivilen oder militärischen Luftfahrzeugen übertragen. Wird hierbei ein Luftfahrzeug von den handelnden Personen zu diesem Zwecke entführt, so liegt der Angriffsbeginn im Moment des Beginns der Übernahme der Gewalt an Bord des Luftfahrzeugs. Befindet sich das Luftfahrzeug zu diesem Zeitpunkt im deutschen Luftraum, so handelt es sich bei der Abwehr dieses Angriffs nicht um Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG. Wird ein Luftfahrzeug zu diesem Zwecke verwendet, welches nicht zunächst entführt werden muß, weil die handelnden Personen bereits die Verfügungsgewalt über dieses in rechtmäßiger oder unrechtmäßiger Weise erlangt haben, so ist ein Flug dieses Luftfahrzeugs zunächst aus Sicht eines objektiven Betrachters neutral, da man dem Luftfahrzeug nicht ansieht, daß es von Terro-

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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risten oder sonstigen Kriminellen gesteuert wird und dazu auserkoren ist, von den handelnden Personen als Low tech-Waffe in ein lohnendes Ziel hineingeflogen zu werden und so mittels der zur Wirkung kommenden kinetischen Energie und der Wahrscheinlichkeit einer Kerosinexplosion zu einer wirksamen Waffe zu werden. Hier wird man den Angriffsbeginn auf den Zeitpunkt festzulegen haben, zu dem nach außen erkennbar wird, daß mit dem Luftfahrzeug ein Angriff mit Bomben oder Raketen oder im Wege des Selbstmordattentats geflogen werden soll. Dies wird erkennbar, wenn das Luftfahrzeug gänzlich ohne Absprache mit der „Flugsicherheit“ fliegt oder wenn es den der Flugsicherheit bekannten, mit dieser in irgendeiner Weise abgestimmten Kurs verläßt und die Kommunikation abbricht. Befindet sich das Luftfahrzeug zu diesem Zeitpunkt im deutschen Luftraum, so liegt kein Angriff von außen vor. Befindet es sich im nicht-deutschen Luftraum, so handelt es sich bei der Abwehr dieses Angriffs um Verteidigung, weil die Polizeikräfte des Bundes und der Länder nicht über Mittel zur effektiven Abwehr dieses Angriffs verfügen. Sollten Terroristen oder andere Kriminelle einen Anschlag auf eine Großveranstaltung, wichtige zivile Objekte von politischer, wirtschaftlicher oder sonstiger hoher Bedeutung oder auf andere lohnende Ziele mittels BodenBoden-Raketen, Mörsern oder Granatwerfern verüben wollen, so läge bei objektiver Betrachtungsweise der Angriffsbeginn in dem Zeitpunkt, wenn die handelnden Personen die Abschußvorrichtung aufbauen und mit der Rakete oder der entsprechenden Munition versehen. Denn hier ist zu jedem Zeitpunkt der Abschuß und die dann oft unvermeidliche Zerstörung des Ziels möglich, weshalb die Schädigung eines Rechtsguts unmittelbar bevorsteht. Vor allem deshalb, weil nach dem Abschuß eine Abwehr des Angriffs kaum noch möglich ist, da gegen Granaten oder Boden-Boden-Raketen keine oder geringe Abwehrmöglichkeiten der Flugabwehrtruppe oder sonstiger Truppenteile bestehen, muß die Auslegung des Begriffs Verteidigung in Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG so erfolgen, daß eine effektive Verteidigung überhaupt möglich ist. Dies erfordert ein Verständnis, das den Angriffsbeginn in diesem Zusammenhang vor den eigentlichen Abschuß verlegt, da mit Aussicht auf Erfolg nur vor dem Abschuß der Angriff abgewehrt werden kann. Den Angriffsbeginn bei Angriffen mit Boden-Boden-Raketen, Mörsern oder Granatwerfern auf den Aufbau der Abschußvorrichtung und das Beladen mit der entsprechenden Munition zu legen, entspricht dieser Forderung in jeder Hinsicht. Liegt der Abschußort innerhalb der Bundesrepublik, so ist die Abwehr solcher Angriffe nicht Verteidigung. Werden Raketen jedweder Bauart – unabhängig davon, ob diese von Abschußeinrichtungen auf dem Boden, luftgestützt oder seegestützt abgefeuert werden – von einem Ort außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik gestartet, so wäre die Abwehr dieses Raketenangriffs jedenfalls Verteidigung in diesem Sinne. Die Streitkräfte könnten danach versuchen, die Rakete abzuschießen

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

oder sie könnten versuchen, dem Abschuß zuvorzukommen und die Abschußvorrichtung mit der Rakete noch vor dem Abschuß zu zerstören.218 Sollte somit z. B. ein international agierender Terrorist wie Osama bin Laden vom Ausland aus mit Raketen Ziele in der Bundesrepublik angreifen, so wäre die Abwehr des Angriffs und die Zerstörung der Abschußvorrichtungen Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG. Dieses Horrorszenario all jener, die seit langem vor Gefahren durch internationalen Terrorismus und Proliferation von Waffentechnik warnen, wäre zumindest eindeutig das Betätigungsfeld der Streitkräfte, da polizeiliche Formationen nicht über entsprechende Mittel zur Abwehr solcher Angriffe verfügen. Bedrohungen von technischen Einrichtungen, die aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahren für die Allgemeinheit Ziel von terroristischen Anschlägen sein können, wie z. B. chemische Anlagen, Atomkraftwerke und Talbrückenstaudämme werden in der Regel kein Gegenstand der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG sein. Soweit Angriffe auf solche technischen Einrichtungen aus der Luft mittels Raketen oder Bomben oder durch Selbstmordattentate durchgeführt werden, gelten die vorstehenden Erwägungen hinsichtlich solcher Angriffe auf Großveranstaltungen und andere zivile Objekte. Auch im Hinblick auf Angriffe mit Boden-Boden-Raketen, Mörsern oder Granatwerfern gilt Gesagtes. Sollten die handelnden Personen versuchen, Sprengladungen unmittelbar an solchen Einrichtungen zu plazieren, so liegt der Angriffsbeginn dort, wenn ein objektiver Betrachter erkennen kann, daß die handelnden Personen einen Anschlag auf eine solche Einrichtung durchführen. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn damit begonnen wird, Sprengmittel zu deponieren. Jedenfalls liegt der Angriffsbeginn in diesem Zusammenhang eindeutig innerhalb der Bundesrepublik. Verteidigung ist die Abwehr solcher Angriffe deshalb nicht. Anderes gilt nur, wenn Luftfahrzeuge, mittels derer der Angriff auf gefahrträchtige technische Einrichtungen ausgeführt wird, aus dem Ausland in die Bundesrepublik einfliegen und Umstände vorliegen, die nach den bereits herausgearbeiteten Grundsätzen dazu führen, daß der Angriffsbeginn im Ausland liegt. Alle bisher nicht angesprochenen Varianten von Selbstmordattentaten mit entführten Verkehrsmitteln etc. sind nach den bereits zuvor herausgearbeiteten Kriterien zu beurteilen. Erfolgt die Entführung innerhalb der Bundesrepublik, liegt kein Fall der Verteidigung vor. Erfolgt diese im Ausland, so liegt der Angriffsbeginn im Ausland und eine Abwehr durch die Streitkräfte ist als Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG auch auf dem Territorium der Bundesrepublik möglich, da die Polizeikräfte nicht über Mittel zur Abwehr des Angriffs verfügen. 218 Die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit präventiver Verteidigungsmaßnahmen wird davon nicht berührt.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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Ist kein Fall der Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG gegeben, so ist auch jede Verwendung von Streitkräften zur Verhinderung der Entführung von Verkehrsmitteln durch Terroristen als Voraussetzung dieser Selbstmordattentate, z. B. zur Absicherung dieser Verkehrsmittel auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Busbahnhöfen oder Häfen bzw. als verdeckte oder offene, bewaffnete oder unbewaffnete Begleiter dieser Verkehrsmittel219 nicht als Verteidigung möglich. Möglich wäre demgegenüber nur im Fall von Entführungen von Verkehrsmitteln im Ausland zum Zweck von Selbstmordattentaten oder sonstigen Anschlägen mit Hilfe dieser Verkehrsmittel eine Absicherung von möglichen Zielen solcher Anschläge durch die Streitkräfte. Dies ist nicht etwa ein Fall des Art. 87a Abs. 3 GG, der ebenfalls den Schutz ziviler Objekte durch die Streitkräfte ermöglicht, weil der Schutz des Bundesgebiets als ganzem einschließlich aller zivilen und sonstigen Objekte gegen von der Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG umfaßte Angriffe unabhängig von Abs. 3 immer Sache der Streitkräfte ist. Die Bekämpfung von „Sprühflugzeugen“ oder ähnlichen Luftfahrzeugen, mittels derer Terroristen Angriffe mit B- oder C-Waffen verüben wollen, ist dann Verteidigung, wenn der Angriffsbeginn außerhalb der Bundesrepublik liegt. Dies ist nur dann der Fall, wenn diese Flugzeuge entwendet oder entführt werden und dies außerhalb der Bundesrepublik erfolgt und diese Flugzeuge sodann in den deutschen Luftraum hineingeflogen werden. Außerdem kann der Angriffsbeginn im Ausland liegen, wenn ein ansonsten unauffälliges Luftfahrzeug in einer Weise in den deutschen Luftraum von außen eindringt, der bei einem objektiven Betrachter den Eindruck der Feindseligkeit erweckt. Dies ist bei einem unberechtigten Eindringen in den Luftraum der Fall, wenn Versuche der Kontaktaufnahme per Funk durch die Flugsicherheit erfolglos bleiben und auch Versuche der optischen oder sonstigen Kontaktaufnahme durch Kampfflugzeuge der Bundeswehr i. e. S. ohne Effekt bleiben. Gleichermaßen liegt ein Eindruck der Feindseligkeit auch immer bei einem unberechtigten Eindringen eines fremden Kampfflugzeugs in den deutschen Luftraum vor. Sollten deshalb militärische Luftfahrzeuge durch Terroristen für Angriffe mit ABC-Waffen benutzt werden, so liegt der Angriffsbeginn im Ausland, wenn diese Luftfahrzeuge von dort aus nach Deutschland unberechtigt einfliegen. In allen anderen Fällen liegt der Angriffsbeginn im Inneren. 219

Im Hinblick auf bewaffnete Flugbegleiter, über deren Einführung nach den Anschlägen vom 11.9.2001 in der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten diskutiert wurde, spricht man von sog. sky marshals; solche sky marshals setzt die israelische Fluggesellschaft El Al bereits seit mehreren Jahrzehnten ein; es wird auch kein Zweifel daran gelassen, daß diese im Falle eines Entführungsversuchs ohne Rücksicht auf die technische Sicherheit des Fluges ihre Waffen einsetzen würden.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

Sollen Streitkräfte zur Absicherung von Einrichtungen, in denen ABCKampfstoffe hergestellt oder gelagert werden, eingesetzt werden, um zu verhindern, daß Terroristen überhaupt in den Besitz solcher Kampfstoffe kommen, so ist dies nicht über die Befugnis zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG möglich. Dies ergibt sich daraus, daß in einem solchen Fall der Angriffsbeginn in aller Regel innerhalb der Bundesrepublik liegen wird. Denn da diese Einrichtungen sich stets auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik befinden, wird ein Angriff auf diese Einrichtungen auch in aller Regel nur auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik stattfinden. Anders könnte dies nur sein, wenn bewaffnete Personen aus dem Ausland kommend in offen feindseliger Haltung in die Bundesrepublik eindringen, um eine grenznah gelegene Einrichtung, in der ABC-Kampfmittel zu finden sind, anzugreifen. Dann läge aus Sicht eines objektiven Betrachters der Angriffsbeginn im Ausland. Hier müßte allerdings noch die Voraussetzung, daß die Polizeikräfte nicht zur Abwehr des Angriffs in der Lage sind, vorliegen. Ein Angriff auf eine solche Einrichtung kann in vielfältiger Weise erfolgen. Ein reiner Angriff aus der Luft ist hier nicht denkbar, da die Angreifer jedenfalls auf dem Boden in die Einrichtung eindringen müssen, um sich der ABC-Kampfmittel zu bemächtigen. Hier ist deshalb aller Voraussicht nach eine Abwehr des Angriffs durch Polizeikräfte möglich, weshalb dies keine Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG wäre. Dies ist jedoch eine Frage des Einzelfalls, die entsprechend einzelfallbezogen zu beurteilen ist. Tendenziell ist dies jedoch eher eine zum Aufgabenbereich der Polizei gehörende Herausforderung. In allen anderen Situationen hinsichtlich von Einrichtungen, in denen ABC-Kampfmittel vorhanden sind, liegt der Angriffsbeginn im Inland und es fehlt bereits an einem Angriff von außen als Voraussetzung der Verteidigung. Ein Einsatz von Soldaten zur Absicherung von Anlagen, in denen Trinkwasser aufbereitet wird, wie z. B. Wasserwerken, oder Trinkwasserreservoirs, wie Talsperren etc., um diese gegen die Einwirkungsmöglichkeiten von Terroristen zu schützen, erfolgt in aller Regel nicht zur Verteidigung, weil der Angriffsbeginn im Inneren liegt. Dieser ist auf den Zeitpunkt zu legen, in dem der Vorgang des unmittelbaren Kontaminierens des Wassers beginnt und die insofern feindselige Haltung für einen objektiven Betrachter erkennbar wird. Dieser Zeitpunkt kann lokal nur im Ausland liegen, wenn aus dem Ausland mit einer Rakete oder ähnlichem ein ABC-Kampfstoff für die Kontamination des Wassers in die Bundesrepublik hineingeschossen wird oder wenn dazu ein Luftfahrzeug aus dem Ausland in die Bundesrepublik hineingeflogen wird und dieses nach den zuvor herausgearbeiteten Kriterien für einen objektiven Beobachter als feindselig einzustufen ist. In einem solchen Fall würde ein Bundeswehreinsatz zur Verteidigung erfolgen, weil die Polizeikräfte nicht über Kapazitäten der Flug- oder Raketenabwehr verfügen, um diesem Angriff mit Aussicht auf Erfolg zu begeg-

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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nen. Gegenüber solchen im Inland erfolgenden Angriffen verfügen die nicht-militärischen Sicherheitskräfte in der Regel über ausreichende Mittel der Abwehr. Sollte die Abwehr jeglicher zuvor angesprochener terroristischer oder sonstiger Angriffe nicht oder nicht vollständig gelingen, träte eine Schädigung des angegriffenen Rechtsguts ein. Oftmals hat diese Rechtsgutsverletzung bzw. dieser Schaden vielfältige Folgewirkungen, die wiederum andere Rechtsgüter schädigen oder gefährden. Soweit Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. zur Bekämpfung der Folgen erfolgter Angriffe zuvor als Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG klassifiziert wurden, erfolgen sie jedoch im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit niemals zur Verteidigung. Dies ergibt sich daraus, daß der Angriff mit der unmittelbaren Schädigung des angegriffenen Rechtsguts, also z. B. der Zerstörung eines Hochhauses durch ein Selbstmordattentat mit einem entführten Passagierflugzeug, abgeschlossen ist. Die Bewältigung aller Folgen eines solchen Angriffes, die im Beispiel aus dem Versuch der Verhinderung des Einsturzes des Gebäudes, der Evakuierung der sich im Gebäude und in seiner Umgebung befindlichen gefährdeten Personen, dem Löschen eines eventuellen Brandes, dem Retten und Versorgen Verwundeter, dem Bergen Toter, der Beseitigung von Trümmern, der Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge usw. bestehen, ist nicht mehr die Abwehr des Angriffes auf das Hochhaus. Angegriffen sind bei dem Attentat Eigentum und Besitz am Hochhaus und Leib und Leben der darin befindlichen Personen. Alle mittelbar kausal verursachten Rechtsgutsverletzungen oder Gefahren für Rechtsgüter sind nicht mehr unmittelbare Ziele des Angriffs. Im Hinblick auf alle diese Konsequenzen mit Gefahrencharakter liegt die Gefahrenursache als Äquivalent zum Angriffsbeginn in der eingetretenen unmittelbaren Rechtsgutsverletzung durch den Angriff, also der Beschädigung oder Zerstörung des Hochhauses. Dieser Schaden – und auch alle anderen Schäden aufgrund erfolgreicher Angriffe durch Terroristen oder sonstige Kriminelle – ist jedoch bei allen in dieser Arbeit untersuchten Situationen stets nur innerhalb der Bundesrepublik belegen. Die Gefahrenabwehr hinsichtlich der Folgen eines solchen Schadens ist deshalb niemals Verteidigung, sondern als Abwehr innerer Gefahren im Grundsatz Sache der Polizeikräfte und anderer im Inneren zur Gefahrenabwehr tätiger Kräfte.220

220

Nur unter den Voraussetzungen des Art. 35 GG können hier die Streitkräfte verwendet werden; soweit Verwendungen bei der Folgenbekämpfung nach den obigen Ergebnissen Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG sind, sind diese zur Folgenbekämpfung bei terroristischen oder sonstigen Angriffen nur unter den Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG zulässig.

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

III. Gefahren für Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. 1. Grundsatz Unabhängig von der zuvor herausgearbeiteten Inhaltsbestimmung der Verteidigung ist anerkannt, daß zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG nicht nur alle Maßnahmen zählen, die unmittelbar Angriffe von außen im dargestellten Sinne abwehren, sondern daß auch all das von der Verteidigung umfaßt wird, was erst die Grundlage und Voraussetzung konkreter Verteidigungsmaßnahmen darstellt.221 Hierzu zählt die von Art. 87a Abs. 1 S. 1 GG ausdrücklich benannte Aufstellung der Streitkräfte sowie zudem deren auftragsangemessene Ausrüstung und Ausstattung, eine sinnvolle Organisation und Struktur und zweckmäßige Ausbildung – schlicht die Herstellung und Erhaltung der Fähigkeit und jederzeitigen Bereitschaft der Bundeswehr i. e. S. zur Wahrnehmung ihres Verteidigungsauftrags. Als Bestandteil dieser allgemein zur Verteidigung gerechneten Erhaltung der Fähigkeit der Bundeswehr i. e. S. zur Erfüllung des Verteidigungsauftrags wird zu Recht die Abwehr von Bedrohungen jedweder Art gegenüber Einrichtungen und insbesondere Liegenschaften der Bundeswehr i. e. S. angesehen.222 Wie bereits zuvor in anderem Zusammenhang dargestellt, ist die Abwehr von Angriffen auf militärische Objekte als Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG unabhängig davon zulässig, ob der Angriff von zivilen oder militärischen Kräften, von inländischen oder ausländischen Kräften bzw. ob er von der Angriffsrichtung her von innen oder von außen stammt. Die Gewährleistung der militärischen Sicherheit, wie sie u. a. durch den Wachdienst in der Bundeswehr auf der Grundlage des UZwGBw223 täglich durch Soldaten der Bundeswehr in Deutschland ausgeübt wird, ist demgemäß als Verteidigung verfassungsrechtlich zulässig, auch wenn die dabei erfolgenden Verwendungen Einsatzcharakter haben, ohne daß hierfür über den Verteidigungsauftrag hinaus weitere ausdrückliche Zulassungen im GG erforderlich wären.224 Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß alle terroristischen Bedrohungen und Angriffe, die sich gegen militärische Objekte in Form von Einrichtun221

Vgl. für viele B. Nölle, 36 f., 78; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 271; E. Schemann, 11, 29. 222 G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (510) m. w. N. in Fn. 115. 223 Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen v. 12.8.1965, Sartorius I Nr. 117. 224 Vgl. dazu Fn. 113, 114, und A.V.4.b)bb)(1).

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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gen und Liegenschaften richten, ohne weiteres auf der Grundlage des Verteidigungsauftrags abgewehrt werden können. Dies ist ohne weiteres zulässiger Selbstschutz der Streitkräfte. Unproblematisch ist dies jedenfalls dort, wo eindeutig ist, daß sich ein Angriff allein gegen ein militärisches Objekt richtet.

2. Problematische Fallgruppen Zweifel kommen jedoch dort auf, wo überhaupt nicht klar ist, gegen welches Ziel sich ein Angriff richtet, bzw. dann, wenn ein Angriff in einer Weise undifferenziert ist, daß er mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit sowohl militärische wie zivile Ziele bedroht. Die Problematik sei durch entsprechende Beispiele illustriert: Wird im deutschen Luftraum eine Passagiermaschine entführt, so ist zunächst natürlich überhaupt nicht klar, mit welcher Absicht dies erfolgt. Denn abgesehen von den Terrorangriffen des 11. September 2001 haben Terroristen bisher stets Flugzeuge entführt, um mittels dieses Druckmittels die Erfüllung eigener Forderungen zu erpressen. Wenn man aber zu dem Ergebnis kommt, daß die entführte Maschine zu einem Selbstmordattentat benutzt werden soll, so bieten sich in der dichtbesiedelten Bundesrepublik entlang der gewählten Flugroute der Entführer eine Vielzahl von potentiellen Zielen an. Diese sind sowohl zivil als auch militärisch, jedoch angesichts der Häufigkeit militärischer Einrichtungen in der Bundesrepublik meist eher zivil. Wenn man davon ausgeht, daß der Schutz ziviler Objekte gegen im Inneren stattfindende Angriffe nicht zum Verteidigungsauftrag der Streitkräfte gehört und von nicht-militärischen Sicherheitskräften wahrzunehmen ist, so dürfen allein zur Abwehr dieser Bedrohung befähigte Kampfflugzeuge der Luftstreitkräfte oder Kräfte der Flugabwehr nicht zum Schutz nicht-militärischer Objekte vor dem Selbstmordattentat eingesetzt werden. Man wäre deshalb gezwungen, die entführte Maschine ungehindert auf zivile Ziele zu oder über sie hinweg fliegen zu lassen. Kampfflugzeuge dürften die Maschine lediglich eskortieren, aber in keiner Weise zu Kursänderung auffordern, abdrängen oder sogar unmittelbar bekämpfen. Wenn der Kurs der Maschine sich nun über – wie meist in der Bundesrepublik – dichtbesiedeltem Gebiet einer militärischen Einrichtung nähert, stellt sich die Frage, wie nah das Flugzeug der Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. kommen muß, damit ein Einsatz als Abwehr eines Angriffs auf die Einrichtung und somit als Verteidigung zulässig ist. Hierbei ist zu beachten, daß auch Passagiermaschinen ausgesprochen hohe Fluggeschwindigkeiten erreichen und somit große Distanzen in kurzer Zeit zurücklegen. Dadurch ist ein entführtes Flugzeug, ohne daß es ein militärisches Kampfflugzeug sein muß – in einem solchen Fall natürlich erst recht –, in kürzester Zeit

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

einmal innerhalb einer in einer Flugminute zurückzulegenden Distanz von einem militärischen Objekt, dann schon wieder nur in Reichweite nicht-militärischer Ziele und dann schon wieder in bedrohlicher Nähe u. a. zu einem militärischen Objekt. Da militärische Einrichtungen in Deutschland aufgrund der Besiedelungsdichte selten fernab von zivilen Einrichtungen und Siedlungen disloziert sind, ist fast bis zum unmittelbaren Angriffserfolg nicht mit Sicherheit vorhersehbar, ob ein solches Selbstmordflugzeug sich beispielsweise auf eine Kaserne der Bundeswehr i. e. S. oder auf das unweit davon gelegene zivile Wohn- oder Gewerbegebiet stürzt. Neben diesem problematischen Beispiel, dessen Kernproblem sich mit dem Stichwort der Unsicherheit des Angriffsziels umreißen läßt, wirft eine weitere Fallgruppe im Zusammenhang mit dem Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. stehende Fragen auf. Diese zeichnet sich durch die mangelnde Differenziertheit des Angriffs aus. Ginge man davon aus, daß es Terroristen gelänge, mittels eines Luftfahrzeuges lebensgefährliche Substanzen, z. B. radioaktiver Natur bzw. biologische oder chemische Kampfmittel, über dichtbesiedeltem Gebiet auszubringen, in dem sich auch militärische Einrichtungen finden, so würde dieser Angriff sich zugleich gegen militärische und nicht-militärische Objekte richten. Eine weitere problematische Fallgruppe hinsichtlich des Selbstschutzes der Bundeswehr i. e. S. ist diejenige des mittelbaren Angriffs. Diese zeichnet sich dadurch aus, daß ein unmittelbar gegen ein nicht-militärisches Objekt gerichteter Angriff mittelbar auch ein militärisches Objekt gefährdet. Dieser Fall träte ein, wenn Terroristen mittels Luftfahrzeugen oder mittels Bomben und Raketen ein nicht-militärisches Objekt angreifen, dessen Zerstörung mit Sicherheit das militärische Objekt in Mitleidenschaft zöge. Dieser Fall wäre mit Sicherheit beispielsweise bei einem „erfolgreichen“ Angriff auf ein Kernkraftwerk gegeben. Ein verursachter Nuklearunfall würde sich regelmäßig auf ein größeres umgebendes Gebiet auswirken. Wenn in diesem Gebiet auch militärische Objekte belegen sind, so sind diese mittelbar ebenfalls „angegriffen“. Diese Fallgruppe überschneidet sich mit der Fallgruppe des undifferenzierten Angriffes. Nimmt man in all diesen Situationen bzw. hinsichtlich dieser Fallgruppen einen zugunsten der Zulässigkeit von entsprechenden Bundeswehreinsätzen eher großzügigen Standpunkt ein, so ergibt sich allein aus dem Gedanken des Selbstschutzes in bezug auf terroristische Bedrohungen, wie sie diese Arbeit thematisiert, ein recht weiter Bereich. Die Frage ist, ob dies der grundgesetzlichen Regelung gerecht wird. Dies ist zu erörtern.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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3. Problembewältigung anhand der Normzwecke Hierbei sind die zuvor zur Inhaltsbestimmung des Begriffs Verteidigung im Rahmen der Auslegung entwickelten Argumente heranzuziehen, wobei besonders den Normzwecken Bedeutung zukommt. Der erste auch weiterhin gültige Hauptzweck der Wehr- und Notstandsverfassung sowie des Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG – die Ermöglichung von Aufstellung, Unterhaltung und Verwendung einer Armee zur Abwehr von Gefahren durch kriegerische Bedrohungen von außen, welche der Landesverteidigung dienen und als Wehrbeitrag der Bundesrepublik in die westlichen Verteidigungsbündnisse integriert werden kann – spricht dafür, in allen angesprochenen problematischen Fallgruppen einen großzügigen Standpunkt zugunsten der Zulässigkeit dieser dem Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. dienenden Verwendungen einzunehmen und sowohl im Fall des unsicheren Angriffsziels als auch im Fall des undifferenzierten Angriffs und des mittelbaren Angriffs eine Zulässigkeit von Einsätzen der Streitkräfte zur Verteidigung anzunehmen. Dies erhält die Verteidigungsbereitschaft der Streitkräfte in weitestgehender Weise und fördert somit die Abwehr äußerer Gefahren bestmöglich. Die Gefahr des Mißbrauchs der Streitkräfte als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat, z. B. bei einem Militärputsch, – sofern angesichts der demokratischen Prägung der Bundeswehr i. e. S. und ihrer gelungenen Integration in die Zivilgesellschaft diese Gefahr überhaupt gesehen wird – ist hier anders als bei der Auslegung des Verteidigungsbegriffs im übrigen von Relevanz. Dort wurden Einsätze zur Abwehr von außen kommender Gefahren, welche sich gegen einen externen Aggressor richten und keine Auswirkung auf deutsche Bürger im Inland oder das politische System der Bundesrepublik haben, für innenpolitisch unproblematisch gehalten. Dies ist auch richtig. Hier jedoch dienen die Einsätze der Streitkräfte zum Selbstschutz in den angesprochenen Situationen zur Abwehr terroristischer Bedrohungen nur mittelbar der Abwehr äußerer Gefahren. Die äußere Gefahr ist in dieser Situation nur abstrakt bzw. latent gegeben und die Bundeswehr i. e. S. erhält sich durch Selbstschutzbefugnisse ihre Fähigkeit zur Verteidigung nach außen, sollten sich diese Gefahren konkretisieren und realisieren. Im Moment des Einsatzes würde sich dieser jedoch konkret gegen eine aus dem Inneren stammende Gefahr, die gegenwärtig vorliegt, richten. Insofern ist Raum für die Berücksichtigung dieses Zwecks. Dieser spricht dafür, in Situationen, in denen ein Einsatz der Streitkräfte sowohl zum Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. als auch zur Bekämpfung einer verteidigungsfremden Gefahr für zivile Objekte und andere nicht-militärische Schutzgüter erfolgt, diesen Einsatz nicht zuzulassen. Auf diese Weise soll die Zahl zulässiger Militäreinsätze im Inneren gering gehalten werden, so daß diese nicht zu einer alltäg-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

lichen Erscheinung mutieren und somit zu einem aufgrund des dann regelmäßig geringen Interesses der Öffentlichkeit und der entsprechend lockeren öffentlichen, medialen und parlamentarischen Kontrolle zu Mißbrauch einladenden Instruments der Staatsgewalt werden können. Vor allem ist zu beachten, daß ein Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat mittels der Streitkräfte, insbesondere im Wege eines Militärputsch, nur durch Streitkräfteeinsätze im Inneren denkbar ist. Somit spricht der Normzweck der Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte dafür, Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zum Selbstschutz im Inneren, durch die strukturell primär innere Gefahren bekämpft werden, auszuschließen oder zumindest in möglichst geringem Umfang zuzulassen. Der Normzweck der Verhinderung des Mißbrauchs der Armee als Machtinstrument durch die über sie verfügenden Staatsorgane oder in anderer Weise sie wesentlich beeinflussenden gesellschaftlichen Gruppen in innenpolitischen bzw. innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen führt im wesentlichen zu denselben Konsequenzen. Diesem Ziel entspricht es am meisten, wenn möglichst wenige, bestenfalls keine Einsätze der Bundeswehr i. e. S. im Inneren stattfinden. Die Ziele der Schaffung verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen, der effektiven, insbesondere parlamentarischen Kontrolle der Armee, der eindeutigen Sicherung des Primats der Politik und des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel führen, wie bereits dargestellt,225 zu folgenden Auswirkungen für die Auslegung: zunächst fordert dies eine klare und eindeutige Begriffsbestimmung, die im Kontext des Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG keine Zweifel an der Stellung der Bundeswehr i. e. S. in der Bundesrepublik und ihren Funktionen läßt. Die zuvor dargestellten problematischen Fallgruppen hinsichtlich des Selbstschutzes der Bundeswehr i. e. S. gegenüber terroristischen Bedrohungen im Inneren haben gezeigt, welche Weite an Einsatzmöglichkeiten hier durch eine großzügige Auslegung des Verteidigungsbegriffs eröffnet werden kann. Unter dem Gesichtspunkt des Selbstschutzes würden innere Gefahren abgewehrt, die auch und vielfach sogar vor allem gegenüber nicht-militärischen Zielen bestehen. Eine solche Auslegung würde der Klarheit der Bestimmung von Aufgaben und Stellung der Streitkräfte im Rechtsstaat weniger gerecht werden. Auch dieses Ziel fordert somit eine Beschränkung hinsichtlich des Selbstschutzes, die Überschneidungen mit der Abwehr von Gefahren für nicht-militärische Ziele so weit wie möglich vermeidet. Dies würde zu allererst durch eine Auslegung erreicht, die Bundeswehreinsätze zum Selbstschutz erst dann zuläßt, wenn feststeht, daß der Angriff sich gegen das militärische Ziel richtet. 225

Siehe oben VI.3.d).

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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Zur effektiven, insbesondere parlamentarischen, Kontrolle der Armee ist ein Verständnis vorzuziehen, welches den Verteidigungsbegriff möglichst eng definiert. Denn je enger dieser verstanden wird, umso weniger parlamentsunabhängigen Spielraum hat die über die Streitkräfte verfügende politische Institution für Einsätze zur Verteidigung im Bereich des Selbstschutzes.226 Das Ziel der eindeutigen Sicherung des Primats der Politik hat im wesentlichen die gleichen Auswirkungen.227 Den Selbstschutz erledigt die Bundeswehr i. e. S. routinemäßig als eine ihrer täglichen Aufgaben. Wenn dies zugleich durch Überschneidung die Abwehr vielfältiger Gefahren von nicht-militärischen Zielen umfassen würde, wäre das Primat der Politik eingeschränkt. Insofern fordert dies Ziel eine Beschränkung auf den Selbstschutz in einem Maße, der die parallele Abwehr von Gefahren für nichtmilitärische Ziele vermeidet. In die identische Richtung bei der Auslegung des Verteidigungsbegriffs hinsichtlich des Selbstschutzes der Bundeswehr i. e. S. weist das Ziel des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel.228 Würde man den Selbstschutz der Streitkräfte weit auslegen und dadurch Gefahren erfassen, hinsichtlich derer noch nicht sicher ist, daß sie sich gegen die Streitkräfte richten und die zugleich auch zivile Rechtsgüter bedrohen, sowie bei undifferenzierten und mittelbaren Angriffen Streitkräfteeinsätze als Verteidigung zulassen, so würde ein weites Feld eröffnet, auf dem die Streitkräfte als innerstaatliches Machtmittel verwendet werden könnten. Einer solchen Auslegung läuft dieses Ziel zuwider und favorisiert ein Verständnis, welches die Überschneidung des Selbstschutzes mit Gefahrenabwehr hinsichtlich nicht-militärischer Ziele vermeidet. Die gesetzgeberische Absicht, mittels Art. 87a Abs. 2 GG alle problematischen Verwendungen dem Verfassungsvorbehalt zu unterwerfen, damit die Entscheidung über diese dem verfassungsändernden Gesetzgeber überlassen bleibt und die zugelassenen Streitkräfteeinsätze enumerativ in der Verfassung aufgeführt sind, fordert es, die Verteidigung möglichst so zu verstehen, daß diese keine Einsätze zur Abwehr innerer Gefahren umfaßt. Denn gerade Verwendungen mit Machtpotential im Inneren waren es, die der verfassungsändernde Gesetzgeber als problematisch ansah und dem Verfassungsvorbehalt unterwerfen wollte. Durch ein weites Verständnis der Selbstschutzbefugnis der Bundeswehr i. e. S. wäre, wie die Darstellung problematischer Fallgruppen gezeigt haben dürfte, ein sehr weiter Bereich durch die Kompetenz zur Verteidigung zugelassen. Hierdurch würden, insbesondere 226 227 228

Siehe oben VI.3.d). Siehe oben VI.3.d). Siehe oben VI.3.d).

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

im Bereich der hier beispielsweise angesprochenen terroristischen Bedrohungen aus der Luft, angesichts der dichten Besiedelung und der Verteilung militärischer Ziele nur noch wenige Bereiche allein der verfassungsgeberischen Entscheidung vorbehalten und für eine enumerative Aufzählung in der Verfassung übrig bleiben. Jeder terroristische Angriff aus der Luft mittels Selbstmordattentat oder mit Raketen, jeder undifferenzierte Angriff mit Massenvernichtungswaffen und jeder mittelbare Angriff, z. B. auf ein Kernkraftwerk, würde auch die militärischen Ziele bedrohen und bei weitem Verständnis zum Selbstschutz berechtigen. Dem widerspricht dieses Ziel und fordert ein enges Verständnis des Selbstschutzes. Auch das Ziel der Gewährleistung der Trennung von polizeilicher Abwehr innerer Gefahren und militärischer Abwehr äußerer Gefahren mit dem Ziel, das Wirksamwerden militärischer Gewaltpotentiale im Inneren grundsätzlich auszuschließen, fordert, daß die Streitkräfte ihr Machtpotential nicht im Inneren zur Wirkung bringen und insbesondere nicht zur Abwehr innerer Gefahren verwendet werden, soweit nicht ein Fall ausdrücklicher Zulassung nach Art. 87a Abs. 2 GG vorliegt. Jeder Streitkräfteeinsatz zum Selbstschutz im Inneren, der sich nicht gegen äußere Aggressoren richtet, dient bei genauer Betrachtung auch der Abwehr einer inneren Gefahr, welche zugleich für die Fähigkeit zur äußeren Gefahrenabwehr Relevanz hat. Dieses Trennungsgebot spricht deshalb im äußersten Fall gegen jeglichen Selbstschutz der Streitkräfte. Gleiche Bedeutung hat der Zweck des Schutzes der getroffenen Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern, konkret der Landeskompetenz zur Gefahrenabwehr im Inneren, in diesem Zusammenhang. Im Hinblick auf terroristische Bedrohungen im Inneren aus der Luft wäre bei weitem Verständnis des Selbstschutzes der Bund in diesem Aufgabenbereich durchgängig zuständig und für die Landeskompetenz zur Gefahrenabwehr bliebe insofern kein Raum. Selbst wenn die Länder entsprechende Fähigkeiten hätten oder künftig entwickeln würden, wären sie zu deren Gebrauch wegen der ausschließlichen Bundeskompetenz zur Verteidigung nicht mehr befugt. Der Schutz der vertikalen Kompetenzverteilung fordert deshalb ein möglichst enges Verständnis des Verteidigungsbegriffs im Hinblick auf den Selbstschutz. Das Ziel der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte zur Förderung der Fähigkeit der Streitkräfte zur Erfüllung des Verteidigungsauftrags nach außen spricht grundsätzlich wiederum dafür, keine oder möglichst wenige Einsätze gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren zuzulassen und somit den Bereich des Selbstschutzes gegenüber ebensolchen Gefahren möglichst eng zu verstehen und so weit es geht zu restringieren, damit keine gesellschaftliche Gruppe das Gefühl bekommt, die Streitkräfte ergriffen gegen sie Partei.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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Daß die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und das daraus folgende Ziel, daß für Aufstellung, Ausrüstung, Organisation und Unterhaltung der Bundeswehr i. e. S. aufgewendete staatliche Ressourcen, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche Zwecke verwendet werden sollen, hinsichtlich des Verteidigungsbegriffs nicht berücksichtigt werden können, ist bereits zuvor damit begründet worden, daß die speziellen Zwecke des Art. 87a Abs. 2 GG diesem allgemeinen Ziel vorgehen.229 4. Gewichtung der Ziele und Abwägung Es ist deutlich geworden, daß hinsichtlich des Selbstschutzes der Bundeswehr i. e. S. gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren keine Auslegung allen Zielen uneingeschränkt gerecht werden kann. Der Zweck der Abwehr äußerer Gefahren fordert einen möglichst weitgehenden Selbstschutz, wohingegen sämtliche anderen Zwecke dessen weitestgehende Restriktion gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren fordern. Eine rein quantitative Entscheidung, die darauf aufbaut, daß mehrere Zwecke einen Ausschluß von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. zum Selbstschutz gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren fordern, kommt nicht in Betracht, da dies voraussetzen würde, daß alle Ziele gleichwertiges Gewicht haben und sämtlich graduell einschränkbar sind. Würde man den Selbstschutz der Streitkräfte gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren jedoch komplett ausschließen, so wäre eine Gefahr für die Erhaltung der Fähigkeit der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr äußerer Gefahren darin begründet. Eine Abwägung, die die komplette Aufopferung eines Abwägungsguts bewirkt, kann auch nur ganz ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Da alle anderen unzweifelhaft auch wichtigen Ziele graduell einschränkbar sind, ist eine Abwägung durchzuführen, die alle Ziele unter teilweisem Verzicht auf komplette Zielerreichung weitestgehend verwirklicht, und ein entsprechend ausgewogener Kompromiß herauszuarbeiten. Dabei ist eine feststehende Koordinate die Feststellung, daß ein minimaler Selbstschutz der Streitkräfte, der Einsätze im Inneren auch zur Abwehr nicht von außen stammender Angriffe zuläßt, möglich sein muß. Denn ansonsten wäre es möglich, die Fähigkeit der Bundeswehr i. e. S. zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages schon vor einem offenen Konflikt durch aus dem Inneren verübte Angriffe unter Verwendung solcher Methoden, die die nicht-militärischen Sicherheitskräfte nicht abwehren können, zu beseitigen. Daß der Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. zur Erhaltung der Vertei229

Siehe oben 4. Teil, C.VI.2.b)gg).

306

5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

digungsfähigkeit Teil des Verteidigungsauftrags ist und trotz aller entgegenstehenden Zwecke in bezug auf aus dem Inneren stammende Gefahren nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, wird auch dadurch bestätigt, daß der historisch stets zum zulässigen Aufgabenkreis der Armee gehörige „Garnisonswachdienst“ seit der Aufstellung der Bundeswehr i. e. S. 1956 und schon in den Verfassungsänderungsverfahren zu Wehrbeitrag und Notstandsverfassung immer als Teil der aufgrund des Verteidigungsauftrags zulässigen Tätigkeit der Streitkräfte angesehen wurde. Trotz seiner primär gegen aus dem Inneren stammende Gefahren gerichteten Natur, die nur mittelbar der Abwehr äußerer Gefahren dient, hat zu Recht bisher niemand seine Zulässigkeit, die einfachgesetzlich durch das Selbstschutzbefugnisse konkretisierende UZwGBw bestätigt wird, in Frage gestellt. Aus diesem Grunde muß den Streitkräften ein Einsatz zum Selbstschutz jedenfalls dann gestattet sein, wenn die nicht-militärischen Sicherheitskräfte einen Angriff nicht abwehren können und feststeht, daß der Angriff gegen Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. gerichtet ist. Insoweit haben die entgegenstehenden Ziele zurückzutreten. Zu berücksichtigen ist bei alledem jedoch, daß Art. 87a Abs. 2 GG der verfassungsrechtliche Auslegungsgrundsatz entnommen wird, daß zugelassene Einsätze der Streitkräfte restriktiv auszulegen sind. Dies bezieht sich zunächst zwar nur auf ausdrücklich zugelassene Einsätze. Bei genauer Betrachtung wird jedoch deutlich, daß Art. 87a Abs. 2 GG, welcher den Verfassungsvorbehalt aufstellt, mit dem einleitenden „Außer zur Verteidigung“ im Grunde bereits die erste ausdrückliche Zulassung enthält. Denn hier werden alle Einsätze zur Verteidigung als Ausnahme vom Grundsatz, daß dem Bund mittels der Streitkräfte nach der Verfassung keine Aufgaben zustehen, sondern nach Art. 30, 83 GG die Länder allzuständig sind, ausdrücklich zugelassen. Somit handelt es sich auch bei verteidigungsbezogenen Einsätzen um eine Komponente des Aufgabenspektrums der Bundeswehr i. e. S., die als Ausnahme von der Regel – jedenfalls soweit es sich um Einsätze innerhalb der Bundesrepublik handelt – restriktiv auszulegen ist, soweit hierdurch nicht die Erreichung des Verteidigungszwecks ausgeschlossen ist.230 Dies führt zu der Erkenntnis, daß ein sehr weites Verständnis des Verteidigungsbegriffs im Hinblick auf den Selbstschutz gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren ausgeschlossen ist. Einsätze zum Selbstschutz sind auf das geringste mögliche Maß zu reduzieren, wodurch möglichst gewährleistet werden sollte, daß keine gleichzeitige Abwehr von Angriffen auf nicht-militärische Ziele erfolgt. 230 Zu beachten ist, daß allein aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht automatisch die restriktive Auslegung der Regelnorm folgt; entscheidend ist die Berücksichtigung der Zwecke.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

307

Bei Angriffen, von denen man noch nicht genau weiß, ob sie sich gegen militärische oder nicht-militärische Ziele richten, muß mit der Abwehr so lange gewartet werden, bis ein weiteres Zuwarten ohne Verzicht auf die Möglichkeit der erfolgreichen Abwehr nicht mehr länger möglich ist. Die Frage der Möglichkeit erfolgreicher Abwehr ist hierbei abhängig von der Art des Angriffs und den zur Verfügung stehenden militärischen Fähigkeiten. Wenn also zum Beispiel eine entführte Passagiermaschine mit der erkannten Absicht eines Selbstmordattentats auf eine Bundeswehrkaserne zufliegt, läßt sich aus militärischer Sicht ungefähr festlegen, in welcher Distanz von der Kaserne diese Maschine spätestens durch Kampfflugzeuge oder die Flugabwehr zu bekämpfen ist, um den Angriff mit Aussicht auf Erfolg abzuwehren. Ist zu diesem Zeitpunkt sicher, daß die Kaserne das Angriffsziel ist, so ist dies als Selbstschutz zulässig. Ist dies jedoch nicht sicher, z. B. weil unweit der Kaserne ein nicht-militärisches Angriffsziel wie ein Wohngebiet, ein Industriegebiet oder eine infrastrukturell wichtige Einrichtung belegen ist, so wird eine Lagebeurteilung zu dem Ergebnis führen, daß für beide Angriffsziele die gleiche Wahrscheinlichkeit spricht. In einem solchen Fall, daß eine zumindest 50%ige Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß das militärische Objekt angegriffen wird, muß man einen Einsatz zum Selbstschutz zulassen, weil ansonsten der Selbstschutz und somit im Ergebnis die Erhaltung der Verteidigungsfähigkeit komplett aufgeopfert würde. Terroristen könnten sich militärische Einrichtungen aussuchen, die nah an nicht-militärischen Einrichtungen belegen sind, und diese in einer Weise angreifen, gegen die die nicht-militärischen Sicherheitskräfte hilflos sind. Hierbei befänden sie sich im sicheren Wissen, daß die zur Abwehr befähigten Streitkräfte diese Fähigkeit nicht ohne Verfassungsverstoß nutzen können. Ein solches Ergebnis kann nicht durch sach- und verfassungsgerechte Abwägung erzielt werden. Liegt jedoch zu dem Zeitpunkt, zu dem spätestens unter Berücksichtigung der Art des Angriffs und zur Verfügung stehender Abwehrfähigkeiten gehandelt werden muß, mehr als ein nicht-militärisches Ziel im Gefährdungsbereich des Angriffs, so liegt die Wahrscheinlichkeit, daß gerade das militärische Ziel angegriffen wird, unter 50%. Ist dies der Fall, so steht fest, daß der Schwerpunkt des Handelns nun auf der Abwehr von Angriffen auf nicht-militärische Ziele liegt. Ein Einsatz der Streitkräfte unter Berufung auf den Selbstschutz ist dann aufgrund dieser Abwägung nicht zulässig. Dieser Gedanke vom Schwerpunkt der Angriffsabwehr kann auch für die Fallgruppe des undifferenzierten Angriffs fruchtbar gemacht werden. Ein undifferenzierter Angriff, worunter zuvor z. B. Angriffe mit Massenvernichtungswaffen verstanden wurden, weil diese unterschiedslos militärische und nicht-militärische Ziele gefährden, wird unter den geographischen und de-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

mographischen Gegebenheiten der Bundesrepublik regelmäßig eine Vielzahl nicht-militärischer Ziele neben militärischen Zielen gefährden. Auch in diesem Fall liegt der Schwerpunkt der Gefahrenabwehr außerhalb des Selbstschutzes der Bundeswehr i. e. S. Dies spricht auch hier dafür, die entsprechende Abwägung zulasten des Selbstschutzes ausgehen zu lassen. Allein in Fällen, in denen allein eine Einrichtung der Streitkräfte im voraussichtlichen Wirkungsbereich eines unterschiedslos wirkenden undifferenzierten Angriffs liegt, oder in Fällen, in denen neben der militärischen Einrichtung maximal eine nicht-militärische Einrichtung im Wirkungsbereich liegt, ist ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. zur Angriffsabwehr als Selbstschutz und somit als Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG zulässig. Ähnlich ist für den Fall des mittelbaren Angriffs gedanklich zu verfahren. Zieht man das Beispiel des unmittelbar gegen ein Kernkraftwerk gerichteten Angriffs heran, welcher als Folge mit Sicherheit oder sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. gefährdet, so ist darauf abzustellen, ob diese Folgen auch nicht-militärische Ziele gefährden. Ist allein eine Einrichtung der Streitkräfte oder maximal ein weiteres nichtmilitärisches Ziel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefährdet, so ist bereits die Abwehr des unmittelbaren Angriffs auf das Kernkraftwerk als Selbstschutz zulässig. Befinden sich weitere zivile Ziele im Gefahrenbereich, so liegt wiederum der Schwerpunkt der Abwehr des Angriffs nicht auf der Verteidigung, weshalb eine militärische Abwehr des Angriffs mit Einsatzcharakter nicht zulässig ist.231 5. Praktische Auswirkungen Auf der Grundlage dieser Grundsätze lassen sich alle Einsätze, die der Abwehr aus dem Inneren stammender Gefahren dienen, zuverlässig einordnen. Sollte eine Veranstaltung, eventuell eine terroristisch bedrohte Großveranstaltung, innerhalb einer Liegenschaft der Bundeswehr i. e. S. stattfinden, so ist deren Absicherung durch Wachsoldaten – „Türsteher“ – oder in anderer Form gegen jedwede Art der Bedrohung als Selbstschutz der Streitkräfte zulässig. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Veranstaltung in die Liegenschaft genau zu dem Zweck hineingelegt wird, um ihr den Schutz der Streitkräfte als Selbstschutz entgegen der Trennung von polizeilicher Abwehr innerer Gefahren und militärischer Abwehr äußerer Gefahren zu vermitteln. Dieser Ausschluß der Selbstschutzbefugnis für diesen Fall ergibt 231 P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1320), wählt einen wesentlich „eingriffsfreundlicheren“ Ansatz, der im Zweifel für die Verteidigung votiert.

B. Anwendung auf die Problemsituationen

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sich aus dem Gedanken des Rechtsmißbrauchs, welcher ein Bestandteil des allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben ist. Da der Selbstschutz durch die Bundeswehr i. e. S. gegenüber aus dem Inneren stammenden Gefahren die verfassungsrechtliche Ausnahme ist, gehen Zweifel hinsichtlich des Mißbrauchs zulasten der Selbstschutzbefugnis der Bundeswehr. Kein Mißbrauch liegt jedenfalls dann vor, wenn keine andere Möglichkeit der Unterbringung der Veranstaltung besteht, oder wenn ein innerer Bezug der Veranstaltung zur Bundeswehr i. e. S. oder der konkreten Liegenschaft besteht. Wenn also beispielsweise eine Konferenz der Verteidigungsminister der EU-Staaten oder eines NATO-Gremiums auf dem Gelände des BMVg in Bonn-Hardtberg stattfindet, so ist dies kein Mißbrauch und Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr von Angriffen auf die Veranstaltung wäre zulässig. Daß bei einer insgesamt nicht-militärischen Großveranstaltung Soldaten, insbesondere hochrangige Militärs, anwesend sind, befugt die Streitkräfte nicht zu Einsätzen zur Absicherung dieser Veranstaltung. Denn hierdurch würden zugleich Angriffe auf alle übrigen Anwesenden abgewehrt, wodurch der Schwerpunkt der Angriffsabwehr im nicht-militärischen Bereich läge. Unabhängig von solchen Großveranstaltungen ist die Abwehr jedweder terroristischer Angriffe auf Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S., die aus dem Inneren stammen und aus der Luft, zu Lande oder auf dem Wasser im Wege des Selbstmordattentats, mit Bomben und Raketen oder auf andere Weise ausgeführt werden, dann als Selbstschutz zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG zulässig, wenn entweder feststeht, daß die militärische Einrichtung das Angriffsziel ist, oder wenn maximal ein nicht-militärisches Ziel im letzten für die Angriffsabwehr mit Aussicht auf Erfolg in Betracht kommenden Zeitpunkt neben dem militärischen Ziel in Frage kommt. Zur Feststellung, ob allein die militärische Einrichtung angegriffen wird, muß bis zu dem Zeitpunkt mit der Abwehr zugewartet werden, zu dem ein Einsatz der Streitkräfte zur Angriffsabwehr spätestens erfolgen muß, um den Angriff noch mit Aussicht auf Erfolg abzuwehren. Sind neben der Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. zu diesem Zeitpunkt mindestens zwei nicht-militärische Ziele bedroht, so ist kein Einsatz der Streitkräfte zum Selbstschutz zulässig. Die Verwendung von Streitkräften zur Verhinderung der Entführung von Verkehrsmitteln durch Terroristen als Voraussetzung von Selbstmordattentaten, z. B. zur Absicherung dieser Verkehrsmittel auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Busbahnhöfen oder Häfen bzw. als verdeckte oder offene, bewaffnete oder unbewaffnete Begleiter dieser Verkehrsmittel ist immer dann möglich, wenn es sich um militärische Verkehrsmittel oder Einrichtungen handelt. Zulässig ist danach der Einsatz von Soldaten zur Absicherung und zur Ab-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

wehr von Angriffen auf militärische Flughäfen, militärische Teile von Flughäfen oder Seehäfen und auf militärische Einrichtungen, in denen andere Arten von Fahrzeugen abgestellt sind oder benutzt werden. In militärischen Fahrzeugen dürfen dementsprechend natürlich zum Selbstschutz auch entsprechende Begleiter zur Abwehr von Entführungsversuchen etc. eingesetzt werden. Die Abwehr von Angriffen mit Massenvernichtungswaffen in Form von atomaren, biologischen oder chemischen Kampfmitteln ist nach den herausgearbeiteten Grundsätzen nur dann als Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. zulässig, wenn allein Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. oder maximal ein nicht-militärisches Ziel bedroht ist. Dies wird aufgrund der spezifischen Situation in der Bundesrepublik nie oder selten der Fall sein. Der Einsatz der Bundeswehr i. e. S. zur Absicherung von Einrichtungen, in denen ABC-Kampfmittel hergestellt oder gelagert werden, ist nur dann zulässig, wenn es sich um Einrichtungen der Streitkräfte selbst handelt. Im Hinblick auf die Bewachung US-amerikanischer Nuklearwaffen in der Bundesrepublik, wie sie seit längerem durchgeführt wird, wird dies so gehandhabt, daß es sich um Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. handelt, innerhalb derer in einem speziellen Bereich die Kernwaffen gelagert sind.

C. Ergebnis Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG ist die mittels der Streitkräfte erfolgende Abwehr von außen herrührender Angriffe souveräner Staaten mit Streitkräften und sonstiger äußerer Angriffe, soweit diese nicht durch Kräfte des BGS abgewehrt werden können, unabhängig davon, ob die Abwehr innerhalb oder außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik stattfindet. Zur Verteidigung erfolgen nicht nur alle Maßnahmen, die unmittelbar Angriffe abwehren, sondern auch alles, was Grundlage und Voraussetzung konkreter Verteidigungsmaßnahmen darstellt. Dies umfaßt die Herstellung und Erhaltung der Fähigkeit und jederzeitigen Bereitschaft der Bundeswehr i. e. S. zur Wahrnehmung ihres Verteidigungsauftrags. Konkret ist dies die auftragsangemessene Ausrüstung und Ausstattung der Streitkräfte, eine sinnvolle Organisation und Struktur, eine zweckmäßige Ausbildung und die Abwehr jeglicher Gefahren für die Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. Deshalb ist der Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. gegenüber Angriffen, die von innen oder von außen stammen, auch wenn er Einsatzcharakter hat, Bestandteil des Verteidigungsauftrags im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG, weil er der Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr i. e. S. dient.

C. Ergebnis

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Dies gilt uneingeschränkt, soweit sicher ist, daß sich ein Angriff allein gegen eine Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. richtet. Ist dies nicht mit Sicherheit festgestellt, so ist mit der Abwehr des Angriffs zum Zwecke der Erlangung weiterer Erkenntnisse bis zu dem Zeitpunkt zuzuwarten, zu dem aufgrund einer militärischen Bewertung des Angriffs und der zur Abwehr zur Verfügung stehenden Fähigkeiten spätestens ein Versuch der Abwehr unternommen werden muß, wenn dieser Aussicht auf Erfolg haben soll. Ein Einsatz zur Abwehr ist dann nur zulässig, wenn neben der Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. maximal ein nicht-militärisches Ziel bedroht wird. Auch im Fall undifferenzierter Angriffe, die zugleich gegen militärische und nicht-militärische Ziele wirken, kommt es darauf an, ob neben einer Einrichtung der Streitkräfte mehr als ein nicht-militärisches Ziel gefährdet ist. Ist dies der Fall, so ist die Abwehr des Angriffs durch einen Einsatz der Streitkräfte nicht als Verteidigung über den Gedanken des Selbstschutzes zulässig. Wirkt ein unmittelbar gegen ein nicht-militärisches Ziel geführter Angriff aufgrund der hierdurch ausgelösten Auswirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als mittelbarer Angriff auch gegen eine Einrichtung der Streitkräfte, so besteht die Befugnis, die Bundeswehr i. e. S. über die Selbstschutzbefugnis zur Abwehr des unmittelbaren Angriffs auf das nicht-militärische Ziel einzusetzen, wenn neben der Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. maximal ein nicht-militärisches Ziel bedroht ist. Dient ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. überhaupt nicht der Abwehr irgendwelcher Gefahren oder Angriffe, so kann es sich unter keinem Gesichtspunkt um Verteidigung handeln. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. im Inneren auch unabhängig von der Selbstschutzbefugnis zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG erfolgt, kommt es nicht auf die Eigenart des konkreten Einsatzes an, sondern es ist allein auf die Eigenart des Angriffs, zu dessen Abwehr der Einsatz dient, abzustellen. Im Übrigen verfolgt die Verfassung zur Bestimmung, auf was für Angriffe sich die Verteidigung im Sinne von Art. 87a GG bezieht, ein klares Konzept. Geht es um die Abwehr äußerer Angriffe, so ist dies Verteidigung, soweit nicht der BGS in der Lage ist, den Angriff abzuwehren. Die Abwehr innerer Angriffe soll im Grundsatz durch die Polizeikräfte und nur ausnahmsweise in den Fällen ausdrücklicher Zulassung nach Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG durch die Streitkräfte erfolgen. Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ist dies nicht. Die Abwehr von Angriffen auf Rechtsgüter innerhalb der Bundesrepublik ist keinesfalls Verteidigung, wenn im gesamten Kausalverlauf bis zur Rechtsgutsverletzung überhaupt keine Bezüge zu ausländischen Verursa-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

chungsfaktoren bestehen. Dies ist als Abwehr innerer Gefahren eine verteidigungsfremde Aufgabe. Die Abwehr von Angriffen auf Rechtsgüter innerhalb der Bundesrepublik, bei denen Verursachungsfaktoren aus dem Ausland den Kausalverlauf beeinflußt haben, erfolgt dann zur Verteidigung, wenn der Angriff nicht nur innerhalb der Bundesrepublik, also zumindest auch im Ausland, stattfindet und deshalb ein äußerer Angriff vorliegt. Um festzustellen, wo ein Angriff stattfindet, ist zu ermitteln, wo sich der Angriff vom Angriffsbeginn bis zum Erreichen des unmittelbaren Angriffsziels in lokaler Hinsicht ereignet. Der Angriffsbeginn markiert hierbei zum einen das Ende der noch nicht zum Angriff selbst gehörigen Vorbereitung des Angriffs, die noch nicht zur Verteidigung nach Art. 87a GG berechtigt, und zugleich den Beginn der Ausführung des Angriffs, gegen welche Verteidigung zulässig ist. Ein Angriff beginnt in Anlehnung an strafrechtliche Methoden zur Abgrenzung der straflosen Vorbereitung zum strafbaren Versuch, wenn die ausführenden Personen in subjektiver Hinsicht die Schwelle des Jetzt geht’s los! überschreiten und aus Sicht eines objektiven Beobachters, der nicht mehr weiß, als er optisch wahrnehmen kann, ein feindseliges unmittelbar auf die Verletzung eines Rechtsguts gerichtetes Verhalten vorliegt. Der Angriffsbeginn ist unter Würdigung des Einzelfalls bei wertender Betrachtung zu ermitteln. Daneben sind alle Bezüge ins Ausland wie die Staatsangehörigkeit der handelnden Personen, deren Zughörigkeit zu ausländischen Organisationen, erfolgte theoretische oder praktische Ausbildung im Ausland, Unterstützung mit Material, Waffen, Ausrüstung, Plänen oder Finanzmitteln durch das Ausland sowie die Verfolgung von Zielen mit Bezügen ins Ausland ohne Bedeutung, soweit der Angriff allein in der Bundesrepublik ausgeführt wird. Die Abwehr der über die Beschädigung oder Zerstörung des unmittelbaren Angriffsziels hinausgehenden mittelbaren Folgen des Angriffs erfolgt nicht zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil der Angriff mit dem Erreichen des Angriffsziels abgeschlossen ist. Die Bewältigung der mittelbaren Folgen des Angriffs ist die verteidigungsfremde Aufgabe der Polizeikräfte, weil hinsichtlich dieser Gefahren die dem Angriffsbeginn funktional korrespondierende Gefahrenursache in dem durch den erfolgreich abgeschlossenen zuvorigen Angriff bewirkten Schaden liegt. Dieser ist innerhalb der Bundesrepublik belegen. Im Hinblick auf Bundeswehreinsätze zur Abwehr terroristischer Angriffe jedweder Form oder sonstiger Angriffe auf Großveranstaltungen aller Art hat die Anwendung der entwickelten Grundsätze zu folgenden Ergebnissen geführt:

C. Ergebnis

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Übernehmen Terroristen oder andere Personen im Luftraum außerhalb des deutschen Staatsgebietes die Gewalt über ein Luftfahrzeug, um von diesem aus mit Bomben oder Luft-Boden-Raketen eine Großveranstaltung oder ein sonstiges für sie lohnendes Ziel anzugreifen, so ist die Abwehr dieses Angriffs Verteidigung. Gleiches gilt für die Entwendung oder Entführung eines Luftfahrzeuges außerhalb der Bundesrepublik, wenn hiermit ein Selbstmordattentat nach dem Muster der Angriffe in den Vereinigten Staaten am 11. September 2001 verübt werden soll. Zur Verteidigung berechtigt auch die Benutzung eines militärischen Luftfahrzeuges im Einverständnis mit dem Staat, zu dessen Streitkräften das Luftfahrzeug gehört, wenn mit diesem von außen unberechtigt in den deutschen Luftraum hineingeflogen wird, um innerhalb der Bundesrepublik in irgendeiner Weise Rechtsgüter anzugreifen, insbesondere aber um mit den Bordwaffen und Kampfmitteln des Luftfahrzeugs, mit ABC-Kampfmitteln oder im Wege des Selbstmordattentats einen Angriff zu verüben. Wird ein militärisches Luftfahrzeug der Bundeswehr i. e. S. außerhalb der Bundesrepublik entwendet oder entführt und soll mit diesem nach einem Hineinfliegen in den deutschen Luftraum mit den Bordwaffen und Kampfmitteln des Luftfahrzeugs, mit ABC-Kampfmitteln oder im Wege des Selbstmordattentats ein Angriff unternommen werden, so wäre auch hier die entsprechende Abwehr Verteidigung. Benutzen Terroristen oder andere Kriminelle ein ziviles Luftfahrzeug, über das sie die Verfügungsgewalt im Ausland ohne offen feindseliges Verhalten in Form von Entführung oder Entwendung erlangt haben, um innerhalb der Bundesrepublik einen Angriff in irgendeiner Form auszuführen, so erfolgt die Abwehr dieses Angriffs zur Verteidigung, wenn das Luftfahrzeug unberechtigt in den deutschen Luftraum einfliegt. Die Abwehr von Raketen jedweder Bauart mit beliebigen Gefechtsköpfen, die von Terroristen oder sonstigen Kriminellen von einem Ort außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik gestartet werden und Ziele innerhalb der Bundesrepublik bedrohen, fällt als Verteidigung in den Zuständigkeitsbereich der Streitkräfte. Wird ein Verkehrsmittel irgendeiner Art im Ausland entwendet oder entführt, um es innerhalb der Bundesrepublik zu einem Selbstmordattentat zu verwenden, so sind die Streitkräfte als Verteidigung zur Abwehr dieses Angriffs befugt, wenn der BGS hierzu nicht in der Lage ist. Die Absicherung von Einrichtungen, in denen ABC-Kampfstoffe hergestellt oder gelagert werden, durch die Streitkräfte gegenüber Versuchen von Terroristen oder anderen Kriminellen, sich dort mit Gewalt diese Kampf-

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5. Teil: Zulässigkeit als Einsatz zur Verteidigung

mittel zu verschaffen, ist nur dann als Verteidigung zulässig, wenn die handelnden Personen sich vom Ausland aus in erkennbar feindseliger Haltung unmittelbar zu der Einrichtung begeben. Eine solche Unternehmung mit Kommandocharakter wird kaum vorkommen, ist jedoch theoretisch denkbar. Dann muß noch hinzukommen, daß eine Abwehr dieses Angriffs durch den BGS nicht möglich ist. Dies ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht generell-abstrakt beantwortet werden kann. Die Abwehr eines Versuches, eine Einrichtung zur Wasseraufbereitung oder ein größeres Trinkwasserreservoir zu kontaminieren, ist nur dann durch die Streitkräfte als Verteidigung möglich, wenn die Kontamination mittels einer vom Ausland gestarteten Rakete oder unter Nutzung eines vom Ausland gestarteten Luftfahrzeuges stattfindet, welches nach den zuvor dargestellten Kriterien schon beim Einfliegen in den deutschen Luftraum aus Sicht eines objektiven Betrachters als feindselig einzustufen ist. Die von der vorstehenden Aufzählung nicht erfaßten Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr von Gefahren, die aus dem Inneren stammen, sind dann zulässig, wenn sie nach den dargestellten Grundsätzen dem Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. dienen.

6. Teil:

Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung Nachdem feststeht, welche Verwendungen als schlichte Verwendungen bzw. als Einsätze zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG verfassungsrechtlich zulässig sind, ist für die verbleibenden zum Gegenstand dieser Arbeit gehörenden Verwendungen zu untersuchen, ob diese aufgrund ausdrücklicher Zulassung durch das GG selbst möglich sind.

A. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 3 GG Als eine mögliche Grundlage von Verwendungen der Streitkräfte könnte Art. 87a Abs. 3 GG anwendbar sein. Nach Art. 87a Abs. 3 S. 1 GG haben die Streitkräfte im Verteidigungs- oder Spannungsfall die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags notwendig ist. Der Schutz ziviler Objekte im Zusammenwirken mit der Polizei kann den Streitkräften auch nach S. 2 der Norm zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen im Verteidigungs- oder Spannungsfall übertragen werden. Es herrscht Übereinstimmung darüber, daß Art. 87a Abs. 3 GG eine ausdrückliche Zulassung für den Einsatz der Streitkräfte im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG darstellt,1 weshalb diese Norm hier in Betracht kommt.

1 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); W. Brunkow, 32; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 34; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 163, 200; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 35 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960); P. Karpinski, 15; D. Keidel, 47; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; E. Klein, in: Isensee/ Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 35; N.-P. Kleiner, 189; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 6; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5a; U. Schopohl, 65, 129; D. Hömig, in: Seifert/Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 5.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

I. Gemeinsame Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 Bereits „auf den ersten Blick“ ist hier problematisch, daß die Norm in beiden Varianten den Verteidigungsfall oder den Spannungsfall voraussetzt. 1. Verteidigungsfall Hinsichtlich des Verständnisses des Begriffs Verteidigungsfall im Sinne von Art. 87a Abs. 3 GG führt die Suche nach Begriffsklärung ohne intensive Auslegung nach Wortlaut, historischen Vorgängernormen, Entstehungsgeschichte und Normzwecken zu Art. 115a GG. Diese Norm enthält in Abs. 1 S. 1 eine Legaldefinition des Verteidigungsfalls, wonach dieser dann vorliegt, wenn das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar bevorsteht.2 Unabhängig von der Frage, ob bei den hier noch zur Klärung ausstehenden Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. eine solche Situation vorliegt, ist zu beachten, daß nach Art. 115a Abs. 1 S. 2 GG die an den Verteidigungsfall geknüpften Rechtsfolgen nur dann eintreten, wenn dieser durch den Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit festgestellt wird. Die Legaldefinition und das Feststellungserfordernis, welche ohne Zweifel für den gesamten Abschnitt Xa. des GG gelten, der dementsprechend 2 Art. 115a GG lautet: (1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. (2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist er nicht beschlußfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß diese Feststellung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner Mitglieder. (3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten gemäß Art. 82 im Bundesgesetzblatte verkündet. Ist dies nicht rechtzeitig möglich, so erfolgt die Verkündung in anderer Weise; sie ist im Bundesgesetzblatte nachzuholen, sobald die Umstände es zulassen. (4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkündet, in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die Umstände es zulassen. (5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkündet und wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen, so kann der Bundespräsident völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalles mit Zustimmung des Bundestages abgeben. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 tritt an die Stelle des Bundestages der Gemeinsame Ausschuß.

A. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 3 GG

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mit Verteidigungsfall betitelt ist, müssen aufgrund systematischer Auslegung des Tatbestandsmerkmals „im Verteidigungsfalle“ auch als Voraussetzungen beider Sätze des Art. 87a Abs. 3 GG angesehen werden. Dies gilt besonders deshalb, da keine Anhaltspunkte erkennbar sind, die dafür sprechen, daß der Verteidigungsfall in Art. 87a Abs. 3 GG anders zu verstehen sein sollte als in Art. 115a Abs. 1 GG. Über das Erfordernis der Feststellung des Verteidigungsfalls für die Anwendung von Art. 87a Abs. 3 GG herrscht insofern Einigkeit.3 Die tatsächliche Situation, welche Art. 115a GG einer Regelung zuzuführen versucht, wird traditionell mit dem Begriff Kriegszustand bezeichnet und wurde im GG zur nochmaligen Betonung des auch von Art. 26 und 87a Abs. 1, Abs. 2 GG hervorgehobenen defensiven Charakters deutscher militärischer Rüstungsbemühungen mit diesem Aggression und Angriffskrieg ausschließenden Terminus versehen. Daß nur von außen herrührende Gefahren zu einer Feststellung des Verteidigungsfalls führen können, ergibt sich daraus, daß der noch im Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode4 enthaltene Begriff des Zustandes der äußeren Gefahr durch denjenigen des Verteidigungsfalls ersetzt wurde.5 Diese Arbeit will aber gerade Verwendungen der Streitkräfte außerhalb des Krieges und kriegsartiger internationaler Konflikte behandeln. Liegt eine solche Situation vor und ist sie parlamentarisch nach Art. 115a Abs. 1 GG festgestellt, so liegen sämtliche im zeitlichen Zusammenhang damit erfolgenden Verwendungen der Streitkräfte außerhalb des thematischen Rahmens dieser Arbeit. Dieser wurde im Hinblick darauf festgelegt, daß sich gerade die hier im Fokus liegenden terroristischen Bedrohungen in Zeiten trügerischer Sicherheit ereignen, wie der 11. September 2001 gezeigt hat. Wollte man dem entgegenhalten, daß oben im Zusammenhang mit Einsätzen zur Verteidigung festgestellt wurde, daß dort Verwendungen existieren, bei denen es um die Abwehr äußerer Gefahren geht, weshalb man über 3

M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 50; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); ders., BWV 1986, 145 (148); W. Brunkow, 61; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 40 f.; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 41; P. Karpinski, 77 f.; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 33; E. SchmidtJortzig, DÖV 2002, 773 (777); W. Speth, 78; A. Thomsen, 70; nur wenige lassen auch die Fiktion nach Art. 115a Abs. 4 GG ausreichen: E. Schemann, 13; B. Rieder, 333, hebt hervor, daß außerhalb von Art. 115a GG mit dem Begriff Verteidigungsfall der „wirksam festgestellte und verkündete Verteidigungsfall“ gemeint ist. 4 BTDrucks. 5/1879. 5 Diese Änderung bezog sich sowohl auf alle Erwähnungen im Text der Vorschriften als auch auf den Titel des heutigen Abschnitt Xa., welcher zuvor mit Zustand der äußeren Gefahr überschrieben war; vgl. hierzu Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 5. Wahlperiode, 73. Sitzung, 7.3.1968: 3. Beratung des Regierungsentwurfs, 8.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

eine Subsumtion unter die Legaldefinition des Verteidigungsfalls nachdenken könnte, und bei denen die Feststellungsfiktion nach Art. 115a Abs. 4 GG eingreifen könnte, so ist zu erwidern, daß in diesen Fällen Bundeswehreinsätze bereits als Einsätze zur Verteidigung zulässig sind und keiner weiteren Erörterung bedürfen.6 Insofern liegen Verwendungen der Bundeswehr i. e. S., die im zeitlichen Zusammenhang mit dem festgestellten oder als festgestellt geltenden Verteidigungsfall erfolgen, außerhalb des Untersuchungsrahmens dieser Arbeit. 2. Spannungsfall Es könnte jedoch die Variante des Einsatzes nach Art. 87a Abs. 3 GG während des Spannungsfalles zum Tragen kommen. Der Spannungsfall ist im Gegensatz zum Verteidigungsfall in der Verfassung nicht legaldefiniert. Er wird in der ihn nennenden Verfassungsnorm des Art. 80a GG7 nicht näher bestimmt, sondern begrifflich vorausgesetzt und der Bestimmung durch den Bundestag überantwortet.8 6

Vgl. oben 5. Teil, B. Art. 80a GG lautet: (1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz über die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung bestimmt, daß Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Artikels angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer im Verteidigungsfalle nur zulässig, wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt oder wenn er der Anwendung besonders zugestimmt hat. Die Feststellung des Spannungsfalles und die besondere Zustimmung in den Fällen des Artikels 12a Absatz 5 Satz 1 und Absatz 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. (2) Maßnahmen aufgrund von Rechtsvorschriften nach Absatz 1 sind aufzuheben, wenn der Bundestag es verlangt. (3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechtsvorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe eines Beschlusses zulässig, der von einem internationalen Organ im Rahmen eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der Bundesregierung gefaßt wird. Maßnahmen nach diesem Absatz sind aufzuheben, wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt. 8 Im Verfassungsänderungsverfahren herrschte Einigkeit, daß für den Zeitraum vor einem bewaffneten Angriff von außen eine Definition nicht möglich sei; gerade deshalb wollte man die Entscheidung an eine mit qualifizierten Mehrheiten erfolgende Feststellung durch das Parlament binden, vgl. Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 5. Wahlperiode, 66. Sitzung, 25.1.1968: 1. Beratung BTDrucks. 5/1879, 6: Abg. Busse (Herford) (SPD), und a. a. O., 7: Abg. Hirsch (F.D.P.); ähnlich äußerte sich auch der Abg. Reischl (SPD) in der 2. Beratung der Notstandsnovelle in der 5. Wahlperiode, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9414C; auch der Abg. Even (CDU), a. a. O., 9441D, stellte fest, daß sich der Bundestag selbst die Entscheidung über den Spannungsfall vorbehalte; die Unbestimmtheit des Begriffs kritisierten Abgeordnete der FDP, vgl. die Abg. Dorn, a. a. O., 9435D, Genscher, Verhandlungen des Deutschen 7

A. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 3 GG

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Aufgrund systematischer Auslegung, die berücksichtigt, daß in Art. 80a GG eine enge Beziehung zum Verteidigungsfall hergestellt wird, indem die auf Art. 80a GG verweisenden Normen nach Art. 80a Abs. 1 S. 1 GG ebenfalls zur Anwendung kommen, wenn der Verteidigungsfall vorliegt, und der aus S. 2 der Norm folgenden Ähnlichkeit des formalen Verfahrens seiner parlamentarischen Feststellung mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages, weist einiges auf eine enge Beziehung zur Situation des Verteidigungsfalles hin. Durch Berücksichtigung von Materialien aus der Entstehungsgeschichte des Art. 80a GG kann diese Verwandtschaft bestätigt werden und es herrscht auch in der Rechtswissenschaft Übereinstimmung, daß der Spannungsfall, dessen Feststellung in tatsächlicher Hinsicht dem insofern in der Beurteilung freien Bundestag obliegt, eine Vorstufe des Verteidigungsfalls9 darstellt und insofern als „Zeit erhöhter internationaler Spannungen, die die Herstellung erhöhter Verteidigungsbereitschaft erforderlich macht“ zu verstehen ist.10 In gleicher Weise herrscht Einigkeit darüber, daß auch im Hinblick auf den Spannungsfall für Art. 87a Abs. 3 GG die parlamentarische Feststellung nach Art. 80a Abs. 1 GG Voraussetzung ist.11 In diesem Zusammenhang sind in Art. 80a GG auch keine die Feststellung surrogierenden Fiktionen vorgesehen. Auch die Situation des festgestellten Spannungsfalles soll in dieser Arbeit jedoch nicht behandelt werden. Vielmehr soll gerade die Abwehr von terroristischen Bedrohungen, die nicht im Zusammenhang mit internationalen bewaffneten Konflikten oder potentiell zu diesen führenden Spannungssituationen stehen, Gegenstand dieser Arbeit sein.12 Bei diesen ist eine Feststellung des Spannungsfalles überhaupt nicht denkbar. Bundestages, 178. Sitzung, 30.5.1968, 3. Beratung Notstandsnovelle, 9619B, und Scheel, a. a. O., 9640A. 9 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 40; H. Oberreuter, 253. 10 So der Schriftliche Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/2873, 11; ebenso für viele W. Brunkow, 72; P. Karpinski, 77; H.-J. Rungweber, 161. 11 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 50; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); ders., BWV 1986, 145 (148); W. Brunkow, 61; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 40 f.; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. B.3.; A. Hörchens, 65; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 242; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 41; P. Karpinski, 77 f.; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 33; K. Müller, in: Model/Müller, GG, Art. 87a, Rn. 3; H. Oberreuter, 252 f.; W. Speth, 78; A. Thomsen, 70. 12 Der an Einzelheiten zum Einsatz der Bundeswehr im Verteidigungs- und Spannungsfall nach Art. 87a Abs. 3 GG interessierte Leser sei auf die folgenden Arbeiten verwiesen: P. Karpinski, Öffentlich-rechtliche Grundsätze für den Einsatz der Streitkräfte im Staatsnotstand, Berlin 1974; H.-J. Rungweber, Kompetenzverschiebungen im Bereich der Exekutive im Rahmen der Notstandsverfassung, Diss. Bochum 1979; W. Speth, Rechtsfragen des Einsatzes der Bundeswehr unter besonderer

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

II. Ergebnis zu Art. 87a Abs. 3 GG Weil die Norm die parlamentarische Feststellung des Verteidigungsfalls nach Art. 115a Abs. 1 GG oder des Spannungsfalls nach Art. 80a Abs. 1 GG voraussetzt, Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im zeitlichen Zusammenhang mit diesen Situationen jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sind, kommt Art. 87a Abs. 3 GG als Grundlage von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. bei Großveranstaltungen oder zur Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inneren nicht in Betracht.

B. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG Nachdem bei der Auseinandersetzung mit Verwendungen unterhalb der Einsatzschwelle des Art. 87a Abs. 2 GG und mit Einsätzen zur Verteidigung bereits auf viele der Verwendungen, denen sich diese Arbeit widmet, eingegangen wurde, soll nunmehr der Komplex der Amtshilfe und der amtshilfeverwandten Situationen, die in Art. 35 GG normiert sind, untersucht werden. Hierbei soll zunächst die in Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG enthaltene Ermächtigung behandelt werden. Nach dieser Norm13 kann ein Land zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die eigene Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Der einen Fall von besonderer Bedeutung hinsichtlich einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung voraussetzende Tatbestand scheint genau auf die Problemsituationen von Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen im Inneren zugeschnitten.14 In all diesen Situationen liegen – ohne auf Details eingehen zu wollen – jedenfalls Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts vor. Hinzu kommt, daß es sich diese Arbeit zur Aufgabe gemacht hat, Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. nur in solchen Fällen zu untersuchen, in denen die für die Gefahrenabwehr normalerweise zuständigen Kräfte dieser Aufgabe aufgrund der spezifischen Beschaffenheit der abBerücksichtigung sekundärer Verwendungen, München 1985; besonders ausführlich: N.-P. Kleiner, Aufgabe(n) und Befugnisse der Streitkräfte im Innern nach der Bonner Notstandsverfassung vom 24. Juni 1968, Diss. Münster 1977. 13 Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG lautet: Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. 14 Dies spricht G. Heuer, 33 (42), deutlich aus.

B. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG

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zuwehrenden Gefahr nicht mehr gewachsen sind. Deshalb kommt auch im Hinblick auf das „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen können“ der Aufgabe durch die Polizei das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG in Betracht.

I. Bundeswehr i. e. S. als Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes Unabhängig von den Detailfragen, die die Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG, insbesondere die Bestimmung der Fälle von besonderer Bedeutung, aufwerfen, ist zunächst zweifelhaft, ob die Norm überhaupt eine Verwendung der Streitkräfte zuläßt. Wäre dies nicht der Fall, so würde sich eine Befassung mit der Vorschrift aufgrund des Rahmens, der dieser Arbeit thematisch gesteckt ist, erübrigen. Anfordern kann das Land bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes. Ohne sich näher mit der Inhaltsbestimmung der Kräfte und Einrichtungen auseinandersetzen zu wollen, bei denen es sich um Personal15 und sächliche Mittel16 handelt, ist zentral die Frage zu beantworten, ob die Befugnis zur Anforderung von Kräften und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes die Anforderung von Kräften und Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. umfaßt. Bei einer schlichten Wortlautauslegung der Begriffskomponenten Bundes-, -grenz- und -schutz ließe sich das Anforderungsrecht in plausibler Weise entweder auf Kräfte und Einrichtungen des Bundes zum Schutz der Grenzen oder um Kräfte und Einrichtungen zum Schutz der Bundesgrenzen erstrecken. Unter diese Bedeutungsvarianten ließen sich unbefangen auch die Streitkräfte subsumieren, da ihr Primärauftrag nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG – die Abwehr von außen herrührender Angriffe souveräner Staaten mittels ihrer Streitkräfte und sonstiger äußerer Gefahren, soweit letztere nicht durch Kräfte des BGS abgewehrt werden können – den subsidiären Schutz der Bundesgrenzen gegen Grenzverletzungen und Grenzüberschreitungen beinhaltet. Die Streitkräfte gehören auch zur öffentlichen Gewalt des Bundes. Eine solche Auslegung würde jedoch verkennen, daß der Begriff Bundesgrenzschutz sowohl in der Umgangssprache als auch in der Rechtssprache des einfachen Rechts17 und insbesondere der Verfassung18 eine in der Bundesrepublik Deutschland konkret existierende polizeiliche Formation be15 R. Hoffmann, 86 (89); D. Keidel, 80; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35, Rn. 16. 16 D. Keidel, 80; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35, Rn. 16.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

zeichnet, die neben dem Schutz der Grenzen der Bundesrepublik die Abwehr verschiedener innerstaatlicher Gefahren zum Auftrag hat. Erwägen ließe sich allein, ob der verfassungsrechtliche Begriff Bundesgrenzschutz mit dem im einfachen Recht und der Umgangssprache verwendeten nicht deckungsgleich ist. Konkret müßte dieser Begriff weiter sein in der Hinsicht, daß er auch die Bundeswehr i. e. S. umfaßte. Eine solche Lesart ist jedoch aufgrund einer Vielzahl von Gesichtspunkten ausgeschlossen. Zum einen war der in der Bundesrepublik konkret existierende Bundesgrenzschutz bei Einfügung des heutigen Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG 197219 bereits älter als die 1956 aufgestellte Bundeswehr i. e. S. Verwendet der verfassungsändernde Gesetzgeber zum anderen einen Begriff, welcher im einfachen Recht bereits existiert und auf eine in der Lebenswirklichkeit unter diesem Namen konkret existente Formation verweist, spricht eine Vermutung dafür, daß genau diese Formation in Übereinstimmung mit dem einfachen Recht gemeint ist. Will er hingegen etwas anderes aussagen, ggf. den Begriff weiter fassen, so ist die Wahl eines anderen Begriffs angezeigt. Hinzu kommt, daß die Norm zu dem expliziten Zweck eingefügt wurde, um die zuvor hinsichtlich ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit umstrittene Unterstützung der Polizeien der Länder durch den BGS zu legitimieren, nachdem eine entsprechende Änderung des BGSG erfolgte.20 Des weiteren zwingt eine erdrückende Vielzahl von systematischen Gesichtspunkten zu dem Schluß, daß Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes nicht solche der Bundeswehr i. e. S. umfassen: oben wurde dargelegt, daß die Bundeswehr i. e. S. mit den Streitkräften im Sinne der Verfassung deckungsgleich ist und der BGS nicht zu den Streitkräften gehört, wobei der verschiedene Sprachgebrauch des Verfassungsgesetzgebers in Art. 87 Abs. 1 S. 2, 87a Abs. 4 S. 1, und 91 Abs. 1 und Abs. 2 GG ausschlaggebend war. Dies läßt sich durch die Hervorhebung ergänzen, daß 17 Vgl. z. B. das Gesetz über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz – BGSG) v. 19.10.1994, BGBl. I S. 2978. 18 Der Begriff ist enthalten in Art. 35 Abs. 2 S. 1 und S. 2, Abs. 3 S. 1, 87 Abs. 1 S. 2, 87a Abs. 4 S. 1, 91 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GG. 19 Durch das 31. Grundgesetz-Änderungsgesetz vom 28.7.1972, BGBl. I S. 1305. 20 Vgl. die Aussage des Abg. Arndt (Hamburg) (SPD) in der 2. Beratung der Gesetzentwürfe BTDrucks. 6/1479 und 6/2653, inkl. des Änderungsantrags auf Umdruck 303 seitens der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und F.D.P., welcher die Einfügung von Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG beinhaltete: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 6. Wahlperiode, 195. Sitzung, 22.6.1972, 11429D ff.; der BGS solle „neben seinen bisherigen Aufgaben in Zukunft auch die erfüllen, Reserve des Bundes an Mannschaften und Material für die Polizeien der Länder zu sein.“; ebenfalls K. Stern, StaatsR II, § 56 III 2 a, 1467, und P. Römer, DuR 1983, 144 (149).

B. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG

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in Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 GG das Anforderungsrecht des betroffenen Landes sowie das Recht der Bundesregierung zum Einsatz zugleich auf den Bundesgrenzschutz und die Streitkräfte bezogen ist. Würde der Begriff Bundesgrenzschutz die mit der Bundeswehr i. e. S. deckungsgleichen Streitkräfte umfassen, so wäre dies Nebeneinander überflüssig. Dem Begriff Bundesgrenzschutz in Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG ohne irgendwelche Anhaltspunkte dafür einen anderen Inhalt zu geben als in S. 2 und Abs. 3 derselben Norm, widerspricht allen Regeln systematisch konsequenter Verfassungsgebung. Zudem ist zu beachten, daß eine Verwendung der Streitkräfte als Bundesgrenzschutz nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG „zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung“ typischerweise unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlichen Charakter hat und somit als Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG zu werten ist. Für solche stellt die Norm den Verfassungsvorbehalt der ausdrücklichen Zulassung auf und wird zudem als verfassungsrechtliche Auslegungsregel verstanden, die eine entschieden restriktive Auslegung fordert.21 Das Erfordernis ausdrücklicher Zulassung wurde vom BVerfG als Gebot strikter Texttreue verstanden.22 Diese ist bei Durchführung eines Vergleichs mit ähnlich strukturierten, aber weniger strikt formulierten Normen wie Art. 70 oder 83 GG nur dann gegeben, wenn eine Ermächtigung in der Verfassung begrifflich die „Streitkräfte“ als Objekt staatlichen Handelns benennt und dazu ermächtigt, diese „einzusetzen“.23 In Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG ist dies nicht der Fall.24 Es herrscht weitgehende Übereinstimmung dahingehend, daß sich ausdrückliche Zulassungen im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG nur in Art. 35 Abs. 2 21 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 28; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; G. Frank, in: Alternativkommentar, Bd. III, nach Art. 87, Rn. 25; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 36 f.; R. Jahn/ N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (961); J. Pannkoke, 202; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 6; R. Hoffmann, 86 (88). 22 BVerfGE 90, 286 (357); was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, wurde ausdrücklich offengelassen, da das Gericht über Art. 24 GG argumentiert, ohne diesen als ausdrückliche Zulassung im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG einzuordnen. 23 So auch E. Beckert, BWV 1983, 217; S. Brunner, 44, konkret zu Art. 24 Abs. 2 GG; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 205; M. Schultz, 298 f.; K. Stern, StaatsR II, § 56 IV 3, 1476; W. März, 36, meint dementsprechend, die ausdrückliche Zulassung müsse „expressis verbis“ erfolgen, wobei sich dies „im Wortlaut des GG so vollwertig niedergeschlagen haben [muß], daß eine aus sich heraus verständliche, ohne intensive exegetische Bemühungen zugängliche und inhaltlich bestimmte Zulassung des Streitkräfteeinsatzes normiert wurde“; der Wortlaut „muß exakt das beinhalten und aussagen, was erlaubt sein soll“. 24 Auf die fehlende Ausdrücklichkeit stellt mit demselben Ergebnis auch P. Eichhorn, 168, 172, ab; ebenso: R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (958); H. Klückmann, 108; M. Schultz, 260.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

S. 2, Abs. 3 S. 1, Art. 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG finden.25 Soweit E. Schemann ein weiteres Verständnis der Ausdrücklichkeit im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG entwickelt, welches es genügen läßt, wenn sich einer Norm „im Wege eindeutiger Auslegung klar eine Zulassung derartiger Einsätze“ entnehmen läßt,26 so kommt man auch hiermit vorliegend nicht weiter, weil Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG nach eindeutiger Auslegung Verwendungen des BGS zuläßt, die Streitkräfte jedoch nicht umfaßt. Eine Erstreckung des Anforderungsrechts der Länder auf die Bundeswehr i. e. S. als „Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes“ nach dieser Norm und deren dementsprechender Einsatz zur Abwehr terroristischer Bedrohungen oder Gefahren bei Großveranstaltungen ist somit nicht möglich.27

II. Ergebnis Ein betroffenes Bundesland kann zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auch in Fällen von besonderer Bedeutung zur Unterstützung seiner Polizei nur den BGS anfordern. Ein Einsatz der Streitkräfte ist deshalb nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG auch dann nicht möglich, wenn auch der BGS zur wirksamen Gefahrenabwehr nicht in der Lage ist.28

C. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG Im Gegensatz zu S. 1 der Norm läßt Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG im Fall des sog. regionalen Katastrophennotstandes eine Anforderung der Streitkräfte zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unglücksfall durch das betroffene Land ausdrücklich zu.29 Dementsprechend herrscht Einigkeit, daß diese Norm zu den ausdrücklichen Zulassungen von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. außerhalb der Verteidigung zählt.30 Inso25 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 36. 26 E. Schemann, 69 ff., besonders 89 ff. 27 Ebenso E. Beckert, BWV 1983, 217 (218); ders., BWV 145 (152); E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 29. 28 Gerade weil dies so ist, schlug W. Schäuble bei seinem Vorstoß 1994 vor, den Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG um einen Zusatz zu ergänzen, durch den auch die Anforderung der Bundeswehr möglich geworden wäre. 29 Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG lautet: Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

C. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG

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fern besteht das Problem, welches der Anwendung des S. 1 der Norm entgegenstand, hier nicht.

I. Erfordernis eingetretenen Schadensereignisses Allerdings liegt auf tatbestandlicher Ebene ein anderes Problem, das die Anwendbarkeit der Befugnis zur Anforderung von Streitkräften nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG bei terroristischen Bedrohungen und zum Schutz von Großveranstaltungen fragwürdig erscheinen läßt. Mit der tatsächlichen Situation der Naturkatastrophe oder des besonders schweren Unglücksfalls wird eine Sachlage vorausgesetzt, in der sich Gefahren für die öffentliche Sicherheit bereits als Situation realisiert haben und es jetzt um die Bekämpfung des Schadens und die Abwehr von aus diesem folgenden Gefahren zur Wiederherstellung des Status quo ante geht. Das Anforderungsrecht besteht nicht „zur Verhinderung einer Naturkatastrophe oder eines besonders schweren Unglücksfalls“ sondern „bei“ diesen Situationen – also wenn sie bereits eingetreten sind.31 Diese grundsätzlichen Überlegungen auf tatbestandlicher Ebene, die wiederum das aus Art. 87a Abs. 2 GG als Auslegungsregel folgende Gebot restriktiver Auslegung der ausdrücklichen Zulassungen berücksichtigen, stehen im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vom Normgeber mit Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG verfolgten Zwecks: weil bei der Bewältigung der Flutkatastrophe in Hamburg 1962 offenbar geworden war, daß allein technische Hilfe der Streitkräfte nicht ausreicht und diesen auch obrigkeitliche Tätigkeiten zu übertragen waren, hatte sich auch für die Bewältigung von Naturkatastrophen und Schadensereignissen katastrophalen Ausmaßes aufgrund menschlicher Einflußnahme die Notwendigkeit einer ausdrücklichen 30 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); W. Brunkow, 32; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 34; D. Hömig, in: Seifert/ Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 5; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 163, 200; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 35 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960); P. Karpinski, 15; D. Keidel, 47; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 35; N.-P. Kleiner, 189; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 6; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5a; U. Schopohl, 65, 129. 31 Zum Erfordernis des eingetretenen Schadensereignisses für Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG vgl. F. Hase, Alternativkommentar, Bd. II, Art. 35 Abs. 2, Abs. 3, Rn. 4; O. Gebhardt/H. Strixner, BWV 1977, 178; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960); D. Keidel, 21; N.-P. Kleiner, 365; G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (512); D. Majer, BWV 1992, 221 (222); J. Pannkoke, 240; B. Pieroth, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 35, Rn. 7; T. M. Spranger, NJW 1999, 1003 (1004); K. Stern, StaatsR II, § 56 II 2 a, b, 1462 f.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Zulassung eines Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. im Grundgesetz erwiesen. Die ratio legis der Norm liegt somit in der Folgenbekämpfung bei eingetretenen Störungen, die gegebenenfalls auch unter Anwendung obrigkeitlicher Befugnisse durch die Streitkräfte erfolgen sollte. Dies läßt sich in systematischer Hinsicht auch durch einen Vergleich mit Art. 91, 87a Abs. 4 GG bestätigen. Dort wird ein Einsatz der Streitkräfte nur bei ganz außergewöhnlichen Gefahren noch vor deren Realisierung in einem greifbaren Schaden nur unter restriktivsten Voraussetzungen zugelassen und auch dort rechtsfolgeseitig auf den Schutz ziviler Objekte und die Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer beschränkt. Diese Restriktion hat nur dann Sinn, wenn ein innerstaatlicher Streitkräfteeinsatz ohne Vorliegen einer dieser Voraussetzungen und ohne entsprechende Beschränkung auf Rechtsfolgenseite gerade nicht über andere Normen, wie z. B. Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG möglich ist. Dies ist bei der Auslegung der genannten Normen zu bedenken. Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte läßt es als ausgeschlossen erscheinen – so wünschenswert es dem Betrachter im Hinblick auf die Verhinderung menschlichen Leids erscheinen mag –, z. B. ein Selbstmordattentat mit einem entführten Passagierflugzeug mittels der Bundeswehr i. e. S. unter Berufung darauf zu verhindern, daß der erfolgreiche Anschlag auf eine Großveranstaltung, ein Hochhaus oder ein sonstiges Ziel ein besonders schwerer Unglücksfall wäre. Erst der eingetretene Unglücksfall berechtigt zum Tätigwerden nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG. Die einen Einsatz darstellende Abwehr von durch Menschen verursachten Gefahren durch die Streitkräfte kann nach der Systematik des GG nur über Art. 87a Abs. 4, 91 GG gerechtfertigt werden, solange kein Schadensereignis im Sinne von Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG eingetreten ist.32

II. Ergebnis Bei der nach Art. 87a Abs. 2 GG gebotenen restriktiven Auslegung des Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG hat sich in Bestätigung des Wortlautbefundes unter Berücksichtigung systematischer und teleologischer Gesichtspunkte ergeben, daß diese Norm Einsätze der Bundeswehr i. e. S. bei erfolgten terroristischen Anschlägen auf Großveranstaltungen oder sonstige innerdeutsche Ziele zur Bekämpfung der Schäden oder von aus diesen folgenden Gefahren bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ermöglicht. Einsätze der Bundeswehr i. e. S. mit dem Ziel, solche Anschläge präventiv zu verhindern, bevor Terroristen oder sonstige Kriminelle ihre destruktiven Ziele erreichen, sind hingegen ausgeschlossen. 32

Ebenso P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1321).

E. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 1 GG

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Da bereits zu früherem Zeitpunkt die Entscheidung getroffen wurde, daß es in dieser Arbeit um die Abwehr terroristischer Bedrohungen, insbesondere für Großveranstaltungen, gehen soll, weil dies die effektivere Weise ist, Leid von der eigenen Bevölkerung fernzuhalten, wird die Frage der Folgenbekämpfung für den Fall, daß die Abwehr der Angriffe selbst mißlingt oder aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, aus dieser Arbeit ausgeklammert. Art. 35 Abs. 2 S. 2 GG ist deshalb keine geeignete Grundlage für Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zur Terrorabwehr oder zum Schutz von Großveranstaltungen im Inneren.

D. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 3 S. 1 GG Die den sog. überregionalen Katastrophennotstand regelnde Norm des Art. 35 Abs. 3 S. 1 GG stellt zwar ebenfalls eine Norm dar, die Einsätze der Streitkräfte, die nicht der Verteidigung dienen, ausdrücklich zuläßt,33 kommt aber aufgrund derselben Erwägungen, wie sie bei Abs. 2 S. 2 angestellt wurden, für die noch ausstehenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nicht in Betracht. Sie setzt von der Grundkonstellation her dieselbe Kategorie von tatsächlichen Situationen voraus, welche sich von Abs. 2 S. 2 zuvörderst dadurch unterscheiden, daß die Gefahr das Gebiet mehr als eines Bundeslandes bedroht.34 Auch für diese Norm ist demgemäß ein bereits eingetretener Schadensfall katastrophalen Ausmaßes die Voraussetzung. Die Verhinderung eines solchen – notfalls mittels eingesetzter Streitkräfte – wird hingegen nicht erfaßt.

E. Zulässigkeit nach Art. 35 Abs. 1 GG Unabhängig von diversen amtshilferechtlichen Fragen, die die Amtshilfe durch und für die Streitkräfte betreffen,35 geht es im vorliegenden Zusammenhang allein um die Frage, ob die problematischen Verwendungen der 33

Vgl. die Nachweise in Fn. 30. Art. 35 Abs. 3 S. 1 GG lautet: Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. 35 Z. B. zur Behördeneigenschaft der Streitkräfte: P. Eichhorn, 172; G. Großmann, Teil II, Rn. 248; H. Klückmann, 23c ff.; W. Speth, 112; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (958), halten eine Amtshilfe der Streitkräfte grundsätzlich für möglich; ebenso E. Schemann, 100, und U. Schopohl, 211. 34

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Streitkräfte zur Abwehr terroristischer Bedrohungen und zum Schutz von Großveranstaltungen innerhalb der Bundesrepublik, die nicht bereits als schlichte Verwendungen oder als Einsätze zur Verteidigung nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG zulässig sind, als Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG möglich sind. Alle insofern noch zu erörternden Verwendungen sind Einsätze im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG, da die Zulässigkeit aller Verwendungen unterhalb der Einsatzschwelle bereits festgestellt wurde.36 Für verteidigungsfremde Einsätze gilt durchgängig der Vorbehalt ausdrücklicher Zulassung im GG nach Art. 87a Abs. 2 GG. Art. 35 Abs. 1 GG erwähnt die Streitkräfte jedoch nicht ausdrücklich, sondern spricht nur allgemein von „allen Behörden des Bundes und der Länder“.37 Dieser Wortlaut entspricht nicht dem Gebot strikter Texttreue, wie er überwiegend verstanden wird, weil nicht die Streitkräfte als Objekt staatlichen Handelns genannt werden.38 Dem Ansatz E. Schemanns, eine ausdrückliche Zulassung auch anzuerkennen, wenn sich die Befugnis der Streitkräfte einer Norm „im Wege eindeutiger Auslegung klar“ entnehmen läßt,39 wird hier nicht nachgegangen.40 Die auf einer Berücksichtigung der Normzwecke beruhende Unterscheidung zwischen vom GG als problematisch angesehenen Verwendungen und unproblematischen, die diese Arbeit über das Merkmal Einsatz in Art. 87a Abs. 2 GG realisiert sieht, wird bei Schemann funktional in das Verständnis des Ausdrücklichkeitsgebots transferiert und führt dort angesichts eines weiten Einsatzbegriffs zu geringeren Anforderungen an die Ausdrücklichkeit.41 Auch wenn man diese Wechselwirkung zwischen Einsatzbegriff und Ausdrücklichkeits36

Vgl. oben 4. Teil. Art. 35 Abs. 1 GG lautet: Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. 38 E. Beckert, BWV 1983, 217; ders., BWV 1986, 145 (150); daß deshalb Art. 87a Abs. 2 GG die Grenze für Amtshilfe der Streitkräfte ist, erkannte auch der Parlamentarische Staatssekretär (BMVg) B. Wilz in seiner Antwort v. 14.1.1994 auf die Frage des Abg. E. Hinsken (CDU/CSU), BTDrucks. 12/6650, Frage 11; P. Eichhorn, 58, betont zu Recht einen allgemeinen Grundsatz der Amtshilfe: Nur wenn die helfende Behörde die Amtshilfemaßnahme nach eigenem Recht vornehmen darf, sie also nach eigenem Recht zuständig und befugt ist, ist die Amtshilfe rechtmäßig; eine Erweiterung der Zuständigkeit oder der Befugnisse kommt nicht in Betracht; ebenso Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 7, Rn. 5 f. 39 E. Schemann, 69 ff., besonders 89 ff. 40 Dieser basiert auf einer sehr weiten Auslegung des Einsatzbegriffs – „jede funktionsgerechte Verwendung im Rahmen der militärischen Hierarchie“ – und stellt aus teleologischen Gründen eine „Wechselwirkung zwischen den Begriffen ,Einsatz‘ und ,ausdrücklich‘ “ her, mittels derer sich ansonsten im Ergebnis ergebende weitreichende Konsequenzen für die Zulässigkeit „nicht-militärischer“ Auslandsverwendungen vermieden werden, vgl. E. Schemann, 85 ff. 41 E. Schemann, 101, sieht seine Kriterien für die Ausdrücklichkeit in Art. 35 Abs. 1 GG erfüllt. 37

F. Zulässigkeit nach Art. 37 Abs. 1 GG

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anforderungen akzeptieren sollte, führt dies bei einem engen Einsatzbegriff, wie diese Arbeit ihn zugrundelegt, auch zu einem engen Verständnis der Ausdrücklichkeit, wonach eine Norm „die Streitkräfte“ expressis verbis nennen muß, um Art. 87a Abs. 2 GG zu genügen.42 Art. 35 Abs. 1 GG taugt folglich nicht als Grundlage von Einsätzen der Streitkräfte,43 weshalb auch diese Norm die noch zu untersuchenden Bundeswehreinsätze nicht ermöglicht.44

F. Zulässigkeit nach Art. 37 Abs. 1 GG Auch der Bundeszwang nach Art. 37 Abs. 1 GG45 stellt insoweit keine geeignete Grundlage für Streitkräfteeinsätze im Inneren dar. Eine Pflichtverletzung eines Bundeslandes könnte man insofern annehmen, als dieses seine Pflicht zur Gefahrenabwehr innerhalb seines Landesterritoriums dadurch verletzt, daß es nicht in der Lage ist, eine Gefahr, die von Terroristen oder anderen Kriminellen für Großveranstaltungen oder andere Rechtsgüter droht, wirksam zu bekämpfen. Gleichwohl ermächtigt diese Norm nur zu Maßnahmen des Bundes gegenüber dem Land. Irgendwelche Zwangsmaßnahmen gegenüber den Verursachern der Gefahr können durch diese Norm nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Zum anderen geht es im gegenwärtigen Stand dieser Arbeit, wie soeben nochmals hervorgehoben, nur noch um die Ermächtigung zu Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. mit Einsatzcharakter gemäß Art. 87a Abs. 2 GG. Die vom Gesetzgeber offenbar bewußt weit gehaltene Befugnis, „die notwendigen Maßnahmen [zu] treffen“, ließe sich zwar mittels Auslegung ohne Überschreitung der Wortlautgrenze auch auf Einsätze der Bundeswehr 42

So auch E. Schemann, 87 f. Dies erkennen auch: P. Eichhorn, 93; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (958); G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (512); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 154, Fn. 281; E. Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, 773 (775); U. Schopohl, 211; W. Speth, 115. 44 Dies erkennt im Ergebnis auch E. Schemann, 101, indem er darauf abstellt, daß Art. 35 Abs. 1 GG eine bestehende Befugnis der ersuchten Behörde voraussetzt und somit nicht zu deren Begründung als ausdrückliche Zulassung taugt; sein flankierender Gedanke, daß systematisch die Existenz von Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG dagegen spricht, Abs. 1 als ausdrückliche Zulassung anzusehen, weil diese ansonsten überflüssig wären (a. a. O., 102 f.), hätte ihm eigentlich Anlaß zur Überprüfung seines Einsatzbegriffs geben müssen. 45 Art. 37 Abs. 1 GG lautet: Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. 43

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

i. e. S. erstrecken,46 erfüllt jedoch wiederum nicht das Erfordernis ausdrücklicher Zulassung in der Verfassung nach Art. 87a Abs. 2 GG,47 wie diese Arbeit es versteht.48 Die gewisse Großzügigkeit, die in bezug auf Art. 24 Abs. 2 GG vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994 an den Tag gelegt wurde, läßt sich keinesfalls übertragen.49 Da es bei der Notstandsnovelle 46 N.-P. Kleiner, 414; J. Pannkoke, 237; Pannkoke, a. a. O., hebt aber in Übereinstimmung mit W. Brunkow, 45, hervor, daß „bei Schaffung des GG eine Bewaffnung Deutschlands in so weiter Ferne [gelegen habe], daß der Parlamentarische Rat sicher nicht an einen Streitkräfteeinsatz im Rahmen des Art. 37 GG dachte“; Pannkoke, a. a. O., hebt zudem hervor, daß schon Art. 143 GG a. F. mit der Tradition brach, Streitkräfte auch als Mittel der „Exekution“ verwenden zu können; Exekution ist der „vorgrundgesetzliche“ Terminus für die Möglichkeit, die Streitkräfte im Landesinnern gegenüber den Gliedstaaten zur Erzwingung ihrer föderalen Pflichten einzusetzen. 47 Deshalb herrscht Einigkeit darüber, daß ein Streitkräfteeinsatz als Instrument des Bundeszwanges allein nach Art. 37 GG unzulässig ist; die Voraussetzungen eines der ausdrücklich zugelassenen Einsatzfälle (Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, Art. 87a Abs. 3, Abs. 4 GG) müssen hinzukommen, vgl. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 41; W. Brunkow, 43 ff.; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 112; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 37, Rn. 64 (noch in Bezug auf Art. 143 GG a. F.); M. Gubelt, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, Art. 37, Rn. 14; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 53; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 34; R. Hoffmann, 86 (94); N.-P. Kleiner, 418; J. Pannkoke, 238; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 37, Rn. 49 (zu Art. 143 GG a. F.); B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 37, Rn. 3; H. B. Brockmeyer, in: SchmidtBleibtreu/Klein, GG, Art. 37, Rn. 5; a. A. W. Speth, 182; Brunkow, ist dabei der Auffassung, daß Art. 87a Abs. 4 GG einen speziellen Fall des Bundeszwanges darstellt; ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf hier keiner Erörterung. 48 Zum insoweit abweichenden Verständnis E. Schemanns, vgl. oben E., insbesondere Fn. 40, 42, der jedoch auf der Prämisse des hier vertretenen Verständnisses des Einsetzens gemäß Art. 87a Abs. 2 GG zum selben Ergebnis käme, vgl. E. Schemann, 87 f. 49 Denn die Begründung lag (vgl. BVerfGE 90, 286 [356]) im wesentlichen darin, daß Art. 24 Abs. 2 GG als Grundlage für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit von Beginn an Bestandteil des GG war; da nicht erkennbar sei, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber daran, insbesondere bei Gelegenheit der wehrrechtlichen Ergänzungen des GG von 1954, 1956 oder 1968, etwas geändert hätte und es besonders bei der Notstandsverfassung nicht darum ging, Mitwirkungsmöglichkeiten Deutschlands im Rahmen etwa der VN zu schmälern, denen die Bundesrepublik damals noch überhaupt nicht beigetreten war und denen beizutreten aus damaliger Sicht auch auf absehbare Zeit nicht möglich zu sein schien, habe diese Frage außerhalb dessen gelegen, was zwischen den Beteiligten in diesem Zusammenhang den „Gegenstand der Verhandlung“ bildete; vgl. zu diesen Erwägungen U. K. Preuss, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 163, und (zweifelnd) E. Schemann, 93 ff.

G. Zulässigkeit nach Art. 91 GG

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1968 zentral darum ging, den Verfassungsvorbehalt des Art. 143 GG a. F. auszufüllen und im GG nunmehr auch die Voraussetzungen zu regeln, unter denen die Streitkräfte im Falle eines inneren Notstandes eingesetzt werden dürfen, und somit gerade dies Gegenstand der Verfassungsänderung war, kann insofern ein Bestehenbleiben alter – schon zuvor umstrittener – Möglichkeiten der verfassungsrechtlichen Legitimation von Verwendungen der Streitkräfte im Inneren im Wege des Bundeszwanges nicht begründet werden.50 Auch diese Norm kann die verbleibenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. somit nicht rechtfertigen.

G. Zulässigkeit nach Art. 91 GG Weder das Recht eines von einem politischen Notstand betroffenen Landes zur Anforderung von „Kräften und Einrichtungen [. . .] des Bundesgrenzschutzes“ nach Art. 91 Abs. 1 GG51 noch das Recht des Bundes nach Art. 91 Abs. 2 S. 1 GG,52 im politischen Notstand bei fehlender Bereitschaft oder fehlender Fähigkeit der Länder zur Bekämpfung der Gefahrensituation „Einheiten des Bundesgrenzschutzes ein[zu]setzen“, ermöglichen zur Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inneren nach gegenwärtiger Ausrüstungslage der Polizeikräfte denkbare Einsätze der Bundeswehr i. e. S. Dies ergibt sich aus dem Erfordernis ausdrücklicher Zulassung nach Art. 87a Abs. 2 GG und den oben zu Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG angestellten Erwägungen. Diese schließen es zum einen aufgrund systematischer Ausle50 Es wäre absurd, dem verfassungsändernden Gesetzgeber unterstellen zu wollen, er habe einerseits einen „die Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten“ ausschließenden Verfassungsvorbehalt errichten wollen und sei andererseits davon ausgegangen, daß dies nicht für bereits existierende Normen gälte, unter deren unendlich weiten Wortlaut man auch Verwendungen der Streitkräfte im Inneren hätte subsumieren können; ähnlich U. K. Preuss, Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 12. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll der 67. Sitzung vom 11.2.1993 (Öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen Bundesregierung und SPD betr. klarstellende Änderung des GG), 163; dieses Ergebnis wird ohne weiteres bereits vom Lex posterior-Grundsatz gefordert, wonach das später erlassene Gesetz in Ermangelung einer speziellen Kollisionsregelung oder entsprechender gesetzgeberischer Hinweise ein widersprechendes früheres Gesetz derogiert. 51 Art. 91 Abs. 1 GG lautet: Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder sowie Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen und des Bundesgrenzschutzes anfordern. 52 Art. 91 Abs. 2 S. 1 GG lautet: Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes einsetzen.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

gung aus, daß mit dem Begriff Bundesgrenzschutz zugleich die Bundeswehr i. e. S. gemeint ist, zum anderen steht Art. 87a Abs. 2 GG sowohl in der Funktion als Verfassungsvorbehalt als auch in jener als verfassungsrechtliche Auslegungsregel einem Verständnis des Begriffs Bundesgrenzschutz, der auch die Streitkräfte umfaßt, eindeutig entgegen.53

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG Nachdem vorstehend verschiedene in der Verfassung enthaltene Ermächtigungen untersucht worden sind, die sämtlich entweder aufgrund des Fehlens einer ausdrücklichen Zulassung von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG oder aufgrund Nichtvorliegens ihrer Voraussetzungen in recht kurzer Form abgelehnt wurden, wird jetzt eine intensivere Form der Auseinandersetzung notwendig. Es geht um den politischen Notstand nach Art. 87a Abs. 4 GG.54 Bei diesem handelt es sich zweifelsohne um eine der ausdrücklichen Zulassungen von Einsätzen der Streitkräfte, die das GG vorsieht, da darin ausdrücklich vom Einsetzen der Streitkräfte die Rede ist.55 Die Norm stellt die höchste Stufe der für die Gefahrenabwehr im Inneren vom GG vorgesehenen „verfassungsrechtlich kontrollierten Eskalation“56 dar. Im Vergleich zu den Normen des Katastrophen- und technischen Notstandes – Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG – sowie der anderen im Zusam53 Diesbezüglich würde auch E. Schemann eine ausdrückliche Zulassung ablehnen, weil Art. 91 GG bei „eindeutiger Auslegung“ nicht die Bundeswehr ermächtigt, vgl. E. Schemann, 69 ff., besonders 89 ff. 54 Art. 87a Abs. 4 GG lautet: Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, soweit die Voraussetzungen des Artikels 91 Absatz 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen. 55 B. K. W. Bähr, Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes, 137; E. Beckert, Rechtliche Grundlagen, 77 (83); W. Brunkow, 32; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 34; D. Hömig, in: Seifert/ Hömig, GG, Art. 87a, Rn. 5; O. Hoffmann, Bundeswehr und UN-Friedenssicherung, 163, 200; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 35 f.; R. Jahn/N. K. Riedel, DÖV 1988, 957 (960); P. Karpinski, 15; D. Keidel, 47; F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 29; E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 35; N.-P. Kleiner, 189; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87a, Rn. 6; B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5a; U. Schopohl, 65, 129. 56 F. Hase, Alternativkommentar, Bd. III, Art. 87a Abs. 4, Rn. 1.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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menhang mit dem politischen Notstand stehenden Normen – Art. 35 Abs. 2 S. 1, 91 GG – wird durch Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG der Staatsgewalt zur Gefahrenabwehr noch einmal ein qualitatives Mehr an Befugnissen eingeräumt. Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes dürfen, wenn alle anderen Kräfte der Länder und des Bundes in ihrer Gesamtheit die Gefahr nicht zu bewältigen vermögen, Streitkräfte zum Schutz ziviler Objekte und zur Bekämpfung von Aufständischen zum Einsatz kommen. Weil diese Befugnis im Grundgesetz singulär ist und in sich auch alle im Hinblick auf Wehr- und Notstandsverfassung gefürchteten Gefahren vereint, war diese Norm im Rahmen der Diskussionen um die Notstandsverfassung auch die hinsichtlich des inneren Notstandes im weiteren Sinne umstrittenste.

I. Voraussetzungen Der Einsatz der Streitkräfte im Inneren nach Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG hat tatbestandlich drei Voraussetzungen, die sich in sich noch weiter differenzieren lassen, und die kumulativ vorliegen müssen:57 1. Eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes; 2. das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG; 3. das Nichtausreichen der Polizeikräfte sowie des Bundesgrenzschutzes. Durch das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG wird im wesentlichen nur eine weitere Voraussetzung in Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG inkorporiert. Denn die von Art. 91 Abs. 2 S. 1 GG vorausgesetzte „Gefahr“ verweist auf Art. 91 Abs. 1 GG, welcher wie Art. 87a Abs. 4 GG eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes voraussetzt. Insofern ist die Bezugnahme in Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG obsolet, da genau diese Gefahr auch dort Tatbestandsmerkmal ist. Relevant ist jedoch die Voraussetzung, daß das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage sein darf. Diese Voraussetzung ist in den problematischen Situationen, mit denen sich diese Arbeit auseinandersetzt, als unterstellte Prämisse immer gegeben. Hier wird nur untersucht, ob die Bundeswehr i. e. S. verwendet werden darf, wenn die übrigen Kräfte von Bund und Ländern diese Situationen personell oder materiell nicht bewältigen können.58 57 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 98; H. Oberreuter, 247; H. M. Parche, 145; H.-J. Rungweber, 7, 57.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Auch die Voraussetzung, daß die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz zur Abwehr der drohenden Gefahr nicht ausreichen dürfen, bedarf hier keiner Untersuchung, da dieses Tatbestandsmerkmal von den in dieser Arbeit behandelten Situationen zwingend erfüllt wird. Kurzum: die Voraussetzungen, daß das Land, in dem die Gefahr droht, zur Gefahrenabwehr nicht bereit oder in der Lage ist, und zudem die Polizeikräfte und der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, liegen in den hier zu untersuchenden Situationen vor. Da dies so ist, werden diese Tatbestandsmerkmale im folgenden nicht erörtert. Einzugehen sein wird deshalb auf die Frage, ob in den Fällen der noch nicht anderweitig zulässigen Einsätze der Bundeswehr i. e. S. eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes vorliegt.59 Denn die Gefahrensituation, in der Art. 87a Abs. 4 GG einen Streitkräfteeinsatz zuläßt, ist mit der Formel der drohenden Gefahr abschließend umschrieben. Andere Störungen der innerstaatlichen öffentlichen Sicherheit, die keine solche Gefahr bewirken, können niemals einen Einsatz der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG rechtfertigen. Selbst wenn Landespolizeikräfte oder der BGS zur Störungsabwehr nicht ausreichen, kann nicht auf die Bundeswehr i. e. S. zurückgegriffen werden.60 1. Meinungsstand Da diese Arbeit nicht die erste Stellungnahme zum Inhalt der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes darstellt, soll zunächst der diesbezügliche Meinungsstand dargestellt werden.

58 Schon insofern ergeben sich Abweichungen von der Sichtweise des ÖTV-Vorsitzenden Kluncker, der im 3. Notstandshearing die Auffassung vertrat, es seien keine inneren Notstände denkbar, denen nicht ohne die Streitkräfte begegnet werden könnte, vgl. Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 59. Sitzung, 30.11.1967, 21. 59 Diese Situation wird schlagwortartig oft als innerer Notstand bezeichnet; eine Beschäftigung mit diesem Begriff wird hier abgelehnt, weil es sich um einen im GG nicht auffindbaren Terminus handelt, der zudem nicht die notwendige „Bildschärfe“ aufweist, vgl. die Äußerung des damaligen schleswig-holsteinischen LMI Schlegelberger, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 59. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 1. 60 E. Beckert, BWV 1983, 217 (219); G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 103; H. U. Evers, AöR 91 (1966), 1 (28); R. Hoffmann, 86 (99 f.).

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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a) Drohende Gefahr Unbestritten ist hinsichtlich des Merkmals der drohenden Gefahr, daß es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt.61 Der Begriff der drohenden Gefahr wird übereinstimmend entsprechend dem Polizeirecht verstanden.62 Eine drohende Gefahr soll vorliegen, wenn angesichts der objektiven Sachlage nach der Lebenserfahrung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß sich diese Sachlage zu einer Verletzung eines Schutzgutes konkretisiert, wenn keine Abwehrmaßnahmen getroffen werden.63 Dieser Sachlage wird die eingetretene Verletzung des Schutzguts gleichgestellt.64 Im Hinblick auf den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gehen die Meinungen auseinander. Manchem genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit,65 andere verlangen eine hohe,66 große67 oder ernstliche bzw. ernsthafte Wahrscheinlichkeit,68 oder einfach nur, daß der Schadenseintritt sehr wahrscheinlich ist.69 61

R. Schikowski, 33; W. Speth, 38. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 78; W. Brunkow, 104; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102; P. Eichhorn, 159; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (388); K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 10; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; D. Keidel, 20; N.-P. Kleiner, 274; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9; J. Pannkoke, 216; H. M. Parche, 151; T. M. Spranger, NZWehrr 1999, 72 (73); K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 c, 1470; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 8; die Gefahr als polizeirechtliche einzuordnen, ist entgegen R. Schikowski, 34, nicht deshalb ausgeschlossen, weil Polizei und BGS offensichtlich qualitativ oder quantitativ nicht zur Gefahrenabwehr fähig sind; die faktische Befähigung der Polizei zur Gefahrenabwehr entscheidet nicht über die Qualifikation einer Gefahr als polizeilich. 63 P. Eichhorn, 160; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; M. Lepper, 34; H. M. Parche, 151; T. M. Spranger, NZWehrr 1999, 72 (73); K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 9. 64 Vgl. für viele J. Pannkoke, 216. 65 H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 10. 66 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 78; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102; P. Eichhorn, 160; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; M. Lepper, 34; J. Pannkoke, 216. 67 H. M. Parche, 151. 68 P. Eichhorn, 160; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; ders., AöR 91 (1966), 1 (28); D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (388); K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; N.-P. Kleiner, 274; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9. 69 D. Keidel, 20; N.-P. Kleiner, 274. 62

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Als Folge dieser Einstufung der Wahrscheinlichkeit wird einhellig davon ausgegangen, daß eine drohende Gefahr im Sinne des Art. 87a Abs. 4 GG einer konkreten Gefahr im Sinne des Polizeirechts entspricht.70 Eine abstrakte Gefahr in Form der bloß theoretischen Möglichkeit der Verletzung soll nicht ausreichen.71 Weiter differenzierend wird hervorgehoben, daß es sich um eine rechtswidrige Gefahr handeln muß72 und daß es zudem ohne Bedeutung ist, von wem konkret die Gefahr ausgeht,73 was dessen Motive sind und ob eine Schädigungsabsicht besteht.74 Unbestritten ist jedoch, daß die Gefahr immer von Menschen als Handlungsstörern im Sinne des Polizeirechts ausgehen muß.75 b) Schutzgut Schutzgut – geschütztes Rechtsgut – der drohenden Gefahr ist der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes. aa) Freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes Dieser an verschiedenen Stellen im GG76 verwendete Begriffskomplex, welcher ebenfalls ein unbestimmter Rechtsbegriff ist,77 wird allgemein einheitlich verstanden, weil die verschiedenen Normen denselben Zwecken dienen.78 Daß dieser trotz seiner ausgeprägten begrifflichen Unbestimmtheit hinreichend bestimmt im Sinne des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrund70

P. Eichhorn, 159; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 10; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9; H. M. Parche, 151; K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 c, 1470; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 10. 71 P. Eichhorn, 159; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9. 72 T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9. 73 H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 29. 74 W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 10; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 9. 75 W. Speth, 127. 76 Art. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 18, 21 Abs. 2, 91 Abs. 1 GG. 77 BVerfGE 5, 85 (112) ; G. Lautner, 3; M. Ruland, 35, 39, 172; R. Schikowski, 42; W. Speth, 38; M. Ruland begründet dies damit, daß das „Wesen der Verfassungsnormativität gerade darin besteht, Eindeutigkeit der normativen Grundlagen festzulegen und ihre Bestimmung nicht dem politischen Entscheidungsprozeß zu überantworten“; Ruland kontrastiert dies mit dem Ermessensbegriff, dessen Konkretisierung den am politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Organen vorbehalten sei.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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satzes aus Art. 20 Abs. 3 GG ist, weil einem Gericht die Feststellung der Voraussetzungen möglich ist, hat das BVerfG positiv ausgesprochen.79 Zur Bestimmung des Bedeutungsgehalts dieses Wortkomplexes wird im wesentlichen einhellig auf die Begriffsbestimmung durch das BVerfG in seinen Urteilen über ein Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Bezug genommen.80 Dort äußerte das BVerfG, bei der freiheitlichen demokratischen Grundordnung handele es sich um „eine Ordnung [. . .], die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt.81 Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“82

Wegen der „unverkennbaren Bezugnahme“ des Begriffs freiheitliche demokratische Grundordnung auf Art. 79 Abs. 3 GG hat das BVerfG im KPD-Urteil noch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG dem 78 G. Lautner, 3; M. Ruland, 48 f., 173; R. Schikowski, 38, Fn. 4; W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433; der Gedanke, den R. Schikowski, 34, äußert, daß in Art. 91 GG und Art. 87a Abs. 4 GG nicht der gleiche Gefahrbegriff enthalten sein könne, weil aufgrund der verschiedenartigen Rechtsfolgen notwendig auch ein Unterschied der Gefahren vorliegen müsse, ist abzulehnen; daß Art. 87a Abs. 4 GG ein höheres Gefahrenniveau voraussetzt – was selbstverständlich richtig ist –, ergibt sich nicht aus dem Gefahrenbegriff sondern aus den ergänzenden Tatbestandsmerkmalen des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG und des Nichtausreichens der Polizeikräfte und des BGS. 79 So das BVerfG im KPD-Urteil, BVerfGE 5, 85 (112). 80 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 76; W. Brunkow, 104; R. Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 18, Rn. 22; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 101; ders./H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18, Rn. 61; P. Eichhorn, 158; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 21; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 6; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 142; D. Keidel, 19 f.; N.-P. Kleiner, 271; W. Krebs, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 18, Rn. 8; H. M. Parche, 148; H. Oberreuter, 19; J. Pannkoke, 213; H.-J. Rungweber, 7; R. Schikowski, 39 f.; T. M. Spranger, NZWehrr 1999, 72 (73); K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 b, 1470; ders., StaatsR I, § 16 II 4, 568; F.-B. v. Wehrs, 144; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 13; auch G. Lautner, legt diesen Begriff seiner Arbeit zugrunde und konkretisiert inhaltlich die Elemente: Die freiheitliche demokratische Grundordnung, Kronberg/Taunus 1978. 81 BVerfGE 2, 1 (Leitsatz 2, 12 f.) – SRP –. 82 BVerfGE 2, 1 (Leitsatz 2, 12 f.) – SRP –; 5, 85 (140) – KPD –.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Begriff hinzugefügt,83 was im wesentlichen Zustimmung erfährt.84 Das föderale und das republikanische Prinzip des Grundgesetzes sollen hingegen nach überwiegender Auffassung nicht unter den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung fallen.85 Dies wird allein hinsichtlich des republikanischen Prinzips86 oder auch hinsichtlich beider Grundsätze87 vereinzelt anders gesehen. Wegen der Homogenitätsklausel des Art. 28 Abs. 1 GG wird davon ausgegangen, daß bei einer drohenden Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung eines Landes immer auch diejenige des Bundes gefährdet ist.88 Intensivste Behandlung hat der Begriff durch die Arbeiten von M. Ruland und G. Lautner sowie bei K. Stern erfahren.89 Doch auch hier bildet die Begriffsbestimmung durch das BVerfG das Fundament der Ausführungen, welches inhaltlich ausdifferenziert und methodisch soweit möglich bestätigt wird, ohne trotz teils variierender Formulierungen wesentliche zusätzliche Erkenntnisse zu zeitigen. cc) Bestand des Bundes oder eines Landes Im Grundsatz herrscht auch hinsichtlich dieses als unbestimmter Rechtsbegriff angesehenen Merkmals90 Übereinstimmung: Der Bestand des Bun83

BVerfGE 5, 85 (198). M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 76; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 101; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (442); K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 6; J. Pannkoke, 214; R. Schikowski, 42, Fn. 1; W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433 (440). 85 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 101; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 24; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 87a, Rn. 9; R. Schikowski, 43; ebenso hinsichtlich des Bundesstaatsprinzips M. Baldus, in: v. Mangoldt/ Klein, GG, Art. 87a, Rn. 76. 86 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 76. 87 D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (440); W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433 (440); K. Stern, StaatsR I, § 16 II 2, 565. 88 Vgl. für viele M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 77; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (637); T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9. 89 M. Ruland, Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1973; G. Lautner, Die freiheitliche demokratische Grundordnung – Versuch einer Inhaltsklärung ihrer vom BVerfG aufgeführten Elemente, 1978; K. Stern, StaatsR I, § 16: Die freiheitliche demokratische Grundordnung. 90 W. Speth, 38; soweit erkennbar stellt v. a. F. Hase, Alternativkommentar, Bd. III, Art. 91, Rn. 17, den Charakter dieses Merkmals als unbestimmter Rechtsbegriff ernsthaft in Frage; dieser soll „auch von politischer Bewertung und politi84

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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des und der Länder umfaßt in statischer Betrachtungsweise die „elementarsten rechtlichen und sozialen Gegebenheiten“, die den Staat ausmachen.91 Zur Bestimmung des konkreten Inhalts wird auf die aus der Allgemeinen Staatslehre bekannten Staatselemente von Staatsgebiet, Staatsvolk92 und Staatsgewalt Bezug genommen.93 Konkretisiert wird das Element Staatsgebiet dahingehend, daß zum Bestand des Bundes die territoriale Integrität des Bundesgebietes in bezug auf das Staatsgebiet und die bestehenden Grenzen gehört.94 Die Komponente des Staatsvolks schützt die Gesamtheit der in einem Herrschaftsbereich lebenden Individuen gegen Genozid.95 Dazu muß die Grenze zwischen Angriffen auf Individuen und dem Staatsvolk als solchem gezogen werden. Nicht jede Verletzung eines Staatsbürgers kann als Angriff auf den Bestand des Staates gesehen werden, sondern es muß die Bevölkerung als „Volk“ Ziel des Angriffs sein.96 Hinsichtlich der Komponente Staatsvolk ergänzt K. Stern die „durch den Staat gewährleistete Sicherheit der Bevölkerung einschließlich ihrer Existenzgrundlagen“.97 Nicht jeder nimmt das Staatsvolk jedoch in die Begriffsbestimmung auf.98 schem Kalkül der entscheidungsbefugten Stellen“ abhängen; nach seiner Auffassung, kann die „Formel [. . .] mit Methoden juristischer Subsumtion, die auf Erkenntnis und aktualisierende Anwendung vorab festgelegter normativer Sinnstrukturen abzielen, nur teilweise bestimmt werden“; ebenfalls zweifelnd P. Eichhorn, 127. 91 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 20; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387); D. Keidel, 19; N.-P. Kleiner, 270; J. Pannkoke, 214; W. Speth, 38; G. Dürig, a. a. O., P. Eichhorn, 157, E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 16, T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9, und K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 11, sprechen auch von der „Existenzgrundlage des Staates“. 92 Allein hinsichtlich des Staatsvolks D. Keidel, 19; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; H.-J. Rungweber, 4, 7. 93 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 74; P. Eichhorn, 157; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 20; D. Keidel, 19; H.-J. Rungweber, 4. 94 W. Brunkow, 104; C. Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 73, Rn. 43; E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 18; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 4; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139; N.-P. Kleiner, 270; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; J. Pannkoke, 214; H. M. Parche, 147; H.-J. Rungweber, 4, 7; R. Schikowski, 35; K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 a, 1470; R. Stettner, in: Dreier, GG, Art. 73, Rn. 43; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 11. 95 E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38; H. M. Parche, 147; N.-P. Kleiner, 270, nennt schlicht die „Bevölkerung“. 96 P. Eichhorn, 157. 97 K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 a.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Das Element der Staatsgewalt wird als die Fähigkeit der Staatsorgane zur Ausübung der Staatsgewalt verstanden99 und in die (völkerrechtliche) Handlungsfähigkeit des Bundes nach außen100 und dessen Handlungsfähigkeit nach innen101 differenziert. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit nach außen wird dabei verstanden als „Vorhandensein einer eigenständigen Staatlichkeit“, die den Staat befähigt, mit anderen Staaten in Beziehung zu treten.102 Einige Autoren verdeutlichen, was unter der Handlungsfähigkeit nach innen verstanden werden soll und erläutern, daß es hierbei um die „Souveränität nach innen“ gehe, wobei dies auf die „Sicherung der Staatsgewalt als effektive Ordnungsmacht“ bezogen wird, die dazu dient, Frieden und Freiheit zu gewährleisten.103 In diese Richtung geht es ebenfalls, wenn K. Windthorst ein „Mindestmaß an Handlungsfähigkeit nach innen zur Aufrechterhaltung rechtsstaatlicher Grundfunktionen“ vom Bestand des Staates umfaßt sieht.104 Im Hinblick auf die (völkerrechtliche) Handlungsfähigkeit nach außen gehen manche so weit, „politische Handlungsfreiheit im außenpolitischen Bereich“ bzw. „Handlungsfreiheit nach außen“ darunter zu subsumieren.105

98 So zu Art. 73 Nr. 10 GG: C. Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 73, Rn. 43; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 73, Rn. 23, Art. 21, Rn. 33 f.; R. Stettner, in: Dreier, GG, Art. 73, Rn. 43. 99 P. Eichhorn, 157; H.-J. Rungweber, 4, 7; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387), und K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 4, verwenden in diesem Zusammenhang den Begriff Souveränität nach außen und innen. 100 W. Brunkow, 104; E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100; P. Eichhorn, 157; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387); W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139; N.-P. Kleiner, 270; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; J. Pannkoke, 214; R. Schikowski, 35; K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 a; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 11. 101 W. Brunkow, 104; E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38; G. Dürig, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100; P. Eichhorn, 157; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387); W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139; N.-P. Kleiner, 270; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; W. Speth, 38; K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 a. 102 H. M. Parche, 147; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139. 103 E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38; P. Eichhorn, 157; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 20; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; D. Keidel, 19; ähnlich H. M. Parche, 147. 104 K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 11. 105 T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 18; dagegen K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Es wird davon ausgegangen, daß eine drohende Gefahr für den Bestand eines Landes immer auch eine solche für den Bestand des Bundes darstellt und diese Komponente insofern keinen eigenständigen Aussagegehalt hat.106 Denn es existiert kein Gebiet eines Landes, welches nicht zugleich Teil des Staatsgebiets des Bundes ist.107 Ebenso ist das Staatsvolk eines Landes integraler Bestandteil des Staatsvolks des Bundes und die Staatsgewalt des Bundes wird in weiten Bereichen mittels der Staatsgewalt der Länder ausgeübt. Aus diesen Erwägungen folgt, daß selbst wenn ein Land primäres Angriffsziel ist, immer der Bund von diesem Angriff miterfaßt ist.108 Geschützt werden soll bei alledem auch die Eigenstaatlichkeit der Länder im Sinne einer „Bundesstaatsfähigkeit“.109 Mancher Autor will zum Bestand auch die innerstaatliche Gesellschaftsform rechnen, wie sie Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG ausformt und Art. 79 Abs. 3 GG für unabänderlich erklärt.110 2. Subsumtionsversuch Nachdem der Meinungsstand im Hinblick auf den Gefahrentatbestand im Sinne von Art. 87a Abs. 4 S. 1, 91 Abs. 1 GG dargestellt worden ist, ist zu fragen, was für eine tatsächliche Situation diesem in seiner Gesamtheit entspricht und ob die noch hinsichtlich ihrer Zulässigkeit nach Art. 87a GG zu untersuchenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. hierunter zu fassen sind. 106 W. Brunkow, 104; P. Eichhorn, 158; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 5; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (637); J. Pannkoke, 215; H.-J. Rungweber, 8; K. Ipsen, 637, Fn. 140, geht insbesondere davon aus, daß es sich um eine sachlich überflüssige „Reverenz des Bundesgesetzgebers gegenüber dem Föderalismus“ handelt; ebenso ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 140; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100. 107 R. Schikowski, 37; wichtig ist diesbezüglich die Konkretisierung, daß die Veränderung des Staatsgebiets eines Landes, die in verfassungsmäßiger Weise nach Art. 29 GG erfolgt, als vom GG selbst vorgesehen selbstverständlich keine drohende Gefahr für den Bestand eines Landes nach Art. 87a Abs. 4 GG darstellt, weil es an der dem Merkmal der Gefahr immanenten Widerrechtlichkeit fehle, vgl. M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 75; W. Speth, 39, Fn. 124; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 12. 108 P. Eichhorn, 158. 109 K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 5; E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 16. 110 K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139; N.-P. Kleiner, 271; hinsichtlich des föderalen Prinzips G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 101; a. A.: M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 74; P. Eichhorn, 158; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 19; K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 4; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; J. Pannkoke, 215; R. Schikowski, 36 f.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Problematisch hieran ist vor allem, daß die zu Art. 87a Abs. 4 GG Stellung nehmenden Autoren nicht die drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes in tatsächlicher Hinsicht einordnen, sondern daß sie die tatsächliche Situation unter Einbeziehung der Merkmale des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG und des Nichtausreichens der Polizeikräfte und des Bundesgrenzschutzes in Form einer Zusammenschau der Voraussetzungen bewerten.111 Hierbei kommen sie im wesentlichen zu dem Ergebnis, daß ein Einsatz der Streitkräfte im Inneren nur „im Fall eines Bürgerkrieges“ oder in „bürgerkriegsähnlichen Situationen“ zulässig sei,112 welche sich dadurch auszeichnen, daß die „legitime Ausübung der Staatsgewalt gefährdet und bestritten wird“.113 Als realistischer Fall des Bürgerkriegs114 wird allseitig der „Staatsstreich von oben“115 angesehen, welcher, um den für Art. 87a Abs. 4 GG hinreichenden Gefährdungsgrad zu erreichen, wahrscheinlich jedoch der Unterstützung durch die Bundeswehr i. e. S. oder durch Teile von ihr bedarf.116 Auch wenn mancher einen „bewaffneten Aufstand“117 in der Bundesrepublik außerhalb der Bundeswehr i. e. S. für „ausgeschlossen und irreal“ hält,118 wird auch der bewaffnete Aufstand „von unten“ – mit oder ohne Unterstützung zumindest durch Teile der Streitkräfte – von der Mehrheit der Stimmen als eine Variante des die Vor111

Vgl. beispielsweise H. Oberreuter, 249; W. Speth, 43. E. Beckert, BWV 1983, 217; P. Eichhorn, 166; V. Götz, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 79, Rn. 35; K.-H. Hall, JZ 1970, 353 (355); R. Hoffmann, 86 (107); D. Keidel, 64; J. Pannkoke, 218; W. Speth, 43, nennt ergänzend noch die „Meuterei von Bundeswehreinheiten“ und „konzentrierte, mit Waffengewalt vorgetragene Sezessionsbestrebungen eines bzw. mehrerer Bundesländer“; bei J. Pannkoke findet sich noch der Hinweis auf „Massenungehorsam in Gestalt verfassungsfeindlicher Aktivität innerstaatlicher Kräfte“. 113 H. Oberreuter, 249. 114 Völkerrechtlich wird Bürgerkrieg verstanden als Situation, in der „zwei gegnerische Parteien durch Einsatz bewaffneter Kräfte die Herrschaft im Staate“ anstreben bzw. „ein Teil der Bevölkerung eines Staates [. . .] gegen die legitime Regierung die Waffen“ ergreift, vgl. N.-P. Kleiner, 276. 115 So auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 59. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 24. 116 F. Hase, Alternativkommentar, Bd. III, Art. 87a Abs. 4, Rn. 2; R. Hoffmann, 86 (108); auch Kluncker stellte im 3. Notstandshearing darauf ab, vgl. Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 22. 117 Auf diesen stellt H. Schäfer, AöR 93 (1968), 37 (64), ab. 118 R. Hoffmann, 86 (108); im gleichen Sinne der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 38 f.; auch der ÖTV-Vorsitzende Kluncker vertrat dort diese Auffassung hinsichtlich „bewaffneter Aufstände“, „Putsch und Meuterei der Truppe“, a. a. O., 41. 112

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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aussetzungen des Art. 87a Abs. 4 GG ausfüllenden Bürgerkriegs angesehen.119 Dabei kann es sich um einen „Volksaufstand“ oder ein „gewaltsames Umsturzunternehmen extremistischer politischer Kräfte“ handeln.120 Bei allen anderen inneren Gefahren „unterhalb der Schwelle zum Bürgerkrieg“ wird ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG für unzulässig gehalten.121 Auch wenn die Vermutungen über die Anzahl der an solchen Ausprägungen des Bürgerkriegs beteiligten Aufständischen oder Insurgenten teils recht hoch greifen,122 kommen andere zu dem Ergebnis, daß „ein paar tausend gut organisierte Guerillakämpfer“ trotz ihrer geringen zahlenmäßigen Bedeutung, die „gewiß keine Bürgerkriegsarmee“ darstellen, in der Lage sind, „die Funktion der Grundordnung in diesem Land zu gefährden“.123 Nur wenige äußern sich zum Begriff der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes. Eine Ausnahme bildet R. Hoffmann, welcher eine solche für gegeben hält, wenn „ernsthaft zu besorgen [ist], der Störer werde den Bund oder ein Land unter fremde Botmäßigkeit bringen oder einen Teil des Gebiets loslösen oder aber er werde eine totalitäre Staatsordnung aufrichten“.124 Daß die letztgenannten Voraussetzungen bei allen noch zur Klärung anstehenden Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. zum Schutz von Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen nicht erfüllt sind, ist offensichtlich. Auch die weniger konkreten Begriffe des Bürgerkrieges und der bürgerkriegsähnlichen Lage, die in jeder Hinsicht als schillernd zu bezeichnen sind, werden durch diese Einsätze, ohne näher darauf eingehen zu müssen, nicht ausgefüllt. Eine bürgerkriegsähnliche Lage könnte allein dann eintreten, wenn Terrorangriffe mit Massenvernichtungswaffen oder im Wege des Selbstmordattentats flächendeckend auf dem Gebiet eines Bundeslandes oder gar bundesweit erfolgen. Gegenwärtig sind solche Zustände jedoch irrelevant; es geht vielmehr um den seit Jahren typischen singulären und punktuellen Terroranschlag. 119

Zweifel am Realismus solcher Szenarien äußerte im 3. Notstandshearing Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 24; der Staatssekretär (BMJ) Ehmke sah den Bürgerkrieg a. a. O., 30, nicht von einer künftigen Notstandsregelung erfaßt, weil dieser nicht regelbar sei. 120 G. Heuer, 33 (41). 121 R. Hoffmann, 86 (108). 122 D. Keidel, 65: „in die Zehntausende“. 123 H. Oberreuter, 251. 124 R. Hoffmann, 86 (99).

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Sieht man von der schlagwortartigen Gleichsetzung der Gefahrensituation des Art. 87a Abs. 4 GG mit Bürgerkrieg oder bürgerkriegsähnlicher Lage ab und nimmt man die immer noch recht abstrakten inhaltlichen Konkretisierungen, die im wesentlichen den darauf bezogenen rechtswissenschaftlichen Meinungsstand ausmachen, so zeigt sich, daß deren Abstraktionsgrad noch viel zu hoch ist, um unter diese Termini zu subsumieren. Deshalb tut neben einer Überprüfung der Berechtigung dieser abstrakten inhaltlichen Bestimmungen eine weitere Konkretisierung der abstrakten Begrifflichkeiten not, die im folgenden mittels Auslegung gesucht werden soll. Diese Auslegung fokussiert angesichts des Zwecks dieser Konkretisierung allein auf die Aspekte, die die spezifischen noch zu erörternden Einsätze der Streitkräfte nahelegen. 3. Hinterfragen der herkömmlichen Verständnisweise a) Wortlaut aa) Drohende Gefahr Das Wort Gefahr stammt von dem mittelhochdeutschen gevare ab, was Hinterhalt oder Betrug bedeutet. Von einer Gefahr spricht man heute bei der Möglichkeit, daß jemandem etwas zustößt oder daß ein Schaden eintritt.125 Die Möglichkeit, daß ein Schaden eintritt, bezieht sich hinsichtlich des Schadens umfassend auf die Schutzgüter des Bestandes oder der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Bundes oder eines Landes. Wird deren uneingeschränkter Zustand durch eine bestimmte Situation in Frage gestellt, so ist dies eine Gefahr. Die auch zu findende Beschreibung als ein die Sicherheit bedrohendes Ereignis126 bezieht sich in gleicher Weise auf die gesamten Schutzgüter des Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG und meint mit Sicherheit deren uneingeschränktes Vorliegen. Daß die Gefahr nach Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG drohen muß, hat über den Aussagegehalt der Gefahr selbst hinaus allein nach dem Wortlaut wenig oder sogar kaum Inhalt: Neben nicht in Betracht kommenden Verständnismöglichkeiten bedeutet „drohen“ als etwas Gefährliches oder Unangenehmes möglicherweise eintreffen oder bevorstehen.127 Das Bevorstehen oder möglicherweise Eintreffen von Gefährlichem und Unangenehmem ist aber im Begriff Gefahr bereits enthalten. Der Begriff des Drohens enthält auch keine Konkretisierung der Gefahr hinsichtlich des Grades der Wahrschein125 126

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Gefahr“. Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Gefahr“, 1. Bedeu-

tung. 127

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „drohen“, 2. Bedeutung.

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lichkeit oder der zeitlichen Nähe des Schadenseintritts, wie man es von im Polizei- und Ordnungsrecht geläufigen Attributen der Gefahr (akut, gegenwärtig) kennt. Insofern handelt es sich lediglich um eine Ergänzung des Begriffs der Gefahr ohne eigenen über diesen hinausgehenden Inhalt, die bei alleiniger Betrachtung des Wortlauts pleonastischen Charakter zu haben scheint. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dem Attribut „drohend“ eine Spezifizierung hinsichtlich des Grades der Gefahr zu entnehmen, wenn sich eine solche aufgrund der übrigen Auslegungsmethoden ergeben sollte. bb) Freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes Die Ordnung, um die es hier geht, wird als Grundordnung bezeichnet. Darunter versteht man die einer Sache zugrunde liegende, sie bestimmende oder für sie als Prinzip wirkende Ordnung.128 Die gemeinte Ordnung muß deshalb für den Staat, um dessen Ordnung es geht, besonders grundlegend sein. In diesem Sinne könnte man vermuten, daß die Grundordnung der Verfassung eines Staates entspricht. Dies würde einen sehr weiten Begriff der Grundordnung konstituieren. Grundordnung könnte aber auch auf nichtkonstitutionelle Grundstrukturen der Gesellschaft oder des Staates verweisen. Insofern ist der Begriff Grundordnung allein nicht trennscharf und kann die gesamte Verfassung als solche, jede einzelne ihrer Normen, zentrale Verfassungsstrukturprinzipien oder auch außerkonstitutionelle und möglicherweise außerrechtliche Strukturen von Staat und Gesellschaft umfassen. Konkretisiert wird diese Bedeutung jedenfalls durch die Attribute freiheitlich und demokratisch. Das Merkmal der Freiheitlichkeit verweist auf die grundlegende Bedeutung der Freiheit in dem Zusammenhang, in dem das Wort gebraucht wird. Freiheitlich bedeutet von der Freiheit bestimmt oder nach Freiheit strebend.129 Freiheit ohne nähere Bestimmung kann sehr viele Bedeutungen haben, die alle auf die Abwesenheit einer anderen Sache, eines Zustandes oder eines Einflusses oder ähnlicher Entitäten verweisen. Das Wort stammt vom mittelhochdeutschen vriheit, was einen privilegierten Bezirk, einen „gefreiten“ Ort bezeichnete, und dem althochdeutschen friheit ab, worunter ein freier Sinn oder ein verliehenes Vorrecht verstanden wurde.130 Freiheit wird heute u. a. verstanden als Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bin128 129 130

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Grundordnung“. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „freiheitlich“. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Freiheit“.

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dungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen oder ähnlichem nicht mehr eingeschränkt fühlt. Freiheit kann auch die Möglichkeit sein, sich frei und ungehindert zu bewegen, mit anderen Worten das Nichtgefangensein. Möglich ist auch ein Verständnis als Recht, etwas zu tun bzw. ein bestimmtes Vorrecht, das jemandem zusteht oder das er sich nimmt.131 Jedenfalls heißt es, daß der Mensch nicht durch äußere, insbesondere gewaltmäßige Einwirkungen zu einem bestimmten Verhalten gezwungen und von anderen Möglichkeiten des Tuns abgeschnitten wird.132 In der Politik bedeutet Freiheit neben dem Recht eines Volkes, über seine staatliche Einheit und Ordnung selbst zu entscheiden – also das dem Volk zustehende Selbstbestimmungsrecht – auch das Recht aller Staatsbürger, an der Ausübung der Staatsgewalt teilzuhaben. Dazu gehört auch die persönliche Freiheit des Einzelnen gegenüber der Staatsgewalt, die im modernen Verfassungsstaat institutionell durch Gewaltenteilung, Grundrechte und eine unabhängige Gerichtsbarkeit gesichert wird.133 Eine freiheitliche Ordnung oder sogar Grundordnung läßt sich daher als auf der grundsätzlichen Anerkennung individueller oder kollektiver Freiheit basierend konkretisieren. Da es sich um die Grundordnung des Staates handelt, ist dies so zu verstehen, daß diese staatliche Ordnung Freiheit im individuellen und kollektiven Sinne ermöglicht, gewährt, akzeptiert, garantiert oder zumindest anstrebt. Aber auch insofern ist der durch den Wortlaut gesteckte Rahmen sehr weit. Eine Festlegung auf eine bestimmte Freiheitsbedeutung – beispielsweise Freiheit, wie sie das Grundgesetz im Grundrechtskatalog gewährt – ist dem Wortlaut des Art. 87a Abs. 4 GG nicht zu entnehmen. Das Adjektiv demokratisch stammt vom französischen démocratique oder dem griechischen demokratikós ab und bedeutet entweder sich auf die Ziele der Demokratie beziehend, die Ziele der Demokratie verfolgend, nach den Prinzipien der Demokratie aufgebaut bzw. verfahrend, oder nach Demokratie strebend.134 In jeder Variante wird auf den Begriff der Demokratie Bezug genommen. Dieser stammt vom griechischen demokratía und dem lateinischen democratia ab, was wörtlich Volksherrschaft bedeutet. Das abstrakte Wesen der Demokratie konnte bis heute in einer allgemein anerkannten Definition nicht geklärt werden. Das Dilemma der Mehrdeutig131

Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Freiheit“, 1. – 3. Bedeu-

tung. 132 Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Freiheit“, Abschnitt „Freiheit als philosophisches Problem“. 133 Brockhaus, Enzyklopädie in zwanzig Bänden, Stichwort „Freiheit“, Abschnitt „Gesellschaft und Freiheit“. 134 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „demokratisch“, 1. und 2. Bedeutung.

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keit und Unsicherheit des Demokratiebegriffs zieht sich schon lange durch die politischen und Staatswissenschaften.135 Inhaltlich lassen sich gleichwohl im wesentlichen drei Bedeutungen festhalten: zum einen versteht man darunter das politische Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat. Es kann aber auch das Regierungssystem gemeint sein, in dem die vom Volk gewählten Vertreter die Herrschaft ausüben. Demokratie kann auf einer Ebene unterhalb der gesamtstaatlichen aber auch das Prinzip der freien und gleichberechtigten Willensbildung und Mitbestimmung in gesellschaftlichen Gruppen bedeuten.136 Der Wortlautbefund bezüglich des Begriffs der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG ergibt einen Kreis von Bedeutungen, der außergewöhnlich weit ist. Jede einzelne der drei Komponenten des Begriffs läßt verschiedenste Bedeutungen und eine Vielzahl von Nuancierungen zu, wobei gerade die Begriffe freiheitlich und demokratisch durch Rechtswissenschaft, Philosophie, Politikwissenschaft und Soziologie ihrerseits mit umfangreichem Inhalt angereichert worden sind.137 Die große Zahl der Bedeutungen der Einzelbegriffe wirkt sich auf die Zahl der Bedeutungen des Gesamtbegriffs eher in Form einer Multiplikation denn im Sinne einer Addition aus. Dementsprechend unüberschaubar ist die Zahl der möglichen Bedeutungsgehalte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Bundes oder eines Landes nach dem Wortlaut. Hervorzuheben ist, daß die Attribute freiheitlich und demokratisch der Grundordnung in einer Weise zugeordnet sind, daß die Grundordnung nicht freiheitlich oder demokratisch zu sein hat, sondern sie muß freiheitlich demokratisch sein. Werden mehrere Eigenschaftsworte einem Substantiv ohne die Konjunktion „oder“ zugeordnet, so ist dies herkömmlich allein so zu verstehen, daß das Substantiv beide Eigenschaften aufweist. Dies bedeutet, daß die Grundordnung nach dem Wortlaut freiheitlich und demokratisch zu sein hat, wenn sich nicht aus anderen Auslegungsvarianten andere Hinweise ergeben. cc) Bestand des Bundes oder eines Landes Vom Wortlaut des Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG her sind wegen der Verbindung von „Bestand“ mit „des Bundes oder eines Landes“ einige Bedeutungsvarianten des Begriffs Bestand von vornherein auszuscheiden. In Betracht kommen aber zwei Verständnismöglichkeiten: Bestand ist zu allererst 135

M. Ruland, 19. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Demokratie“. 137 Vgl. R. Bäumlin in: Evangelisches Staatslexikon, Bd. I, Sp. 458 ff. („Demokratie“) und R. Zippelius, ebenda, Sp. 977 ff. („Freiheit“). 136

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zu verstehen als das Bestehen oder die Fortdauer, wobei das Bestehen in diesem Zusammenhang das Vorhandensein bedeutet.138 Bezogen ist Vorhandensein oder Fortdauer auf eine Sache, eine Person oder einen Zustand. Der Bestand des Bundes oder eines Landes würde bei diesem Verständnis die reine Existenz, das bloße Fortbestehen der jeweiligen Staatlichkeit bedeuten. Eine zweite Bedeutungsvariante führt möglicherweise zu einer Erweiterung dieses Verständnisses: Bestand kann auch die vorhandene Menge, der Vorrat bedeuten.139 Hierdurch würden auch die dem Staat gegenwärtig konkret zugeordneten Gegenstände und die ihn auszeichnenden Eigenschaften erfaßt. Hierunter ließen sich alle sachlichen Mittel, Liegenschaften, die Bevölkerung in ihrer konkreten Ausprägung, alle staatlichen Befugnisse sowie die ihn tragenden Prinzipien fassen. Aufgrund dieser zusätzlichen möglichen Bedeutungsvariante ist der Wortlaut als sehr offen anzusehen: Es läuft nicht nur die vollständige Aufhebung der Staatlichkeit des Bundes oder eines Landes dem Bestand des Bundes oder eines Landes zuwider. Auch die Funktions- und Handlungsfähigkeit der jeweiligen Staatsgewalt wird nach dem Wortlaut von diesem Begriff erfaßt und gegen jedwede Beeinträchtigungen der den Staat ausmachenden Eigenschaften und der ihm zugeordneten Mittel geschützt. In gleicher Weise wären auch sämtliche Beeinträchtigungen hinsichtlich aller dem Staat zugeordneten Personen (Bevölkerung, Bedienstete, Amtsträger) und das gesamte Staatsgebiet gegen Beeinträchtigungen geschützt. dd) Ergebnis Angesichts der kaum eingrenzbaren Weite des Rahmens, den der Wortlaut dieses Tatbestandsmerkmals aufgrund des Charakters aller drei Komponenten als schwer faßbare Phänomene zieht, wird verständlich, daß W. O. Schmitt meint, der Wortlaut gebe „keine klaren Anhaltspunkte“.140 Dementsprechend weit ist der durch diesen Terminus gezogene Rahmen für die Auslegung im übrigen. Die noch zu erörternden Einsätze der Streitkräfte zum Schutz von Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen finden sämtlich innerhalb dieses weiten Rahmens eine Verortung.

138 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Bestand“, 1. Bedeutung, a); Stichwort „Bestehen“, 1. Bedeutung, a); ebenso H. M. Parche, 147. 139 Duden, Deutsches Universalwörterbuch, Stichwort „Bestand“, 2. Bedeutung; ebenso H. M. Parche, 147. 140 W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433 (435).

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b) Historische Auslegung In historischer Hinsicht lassen sich für Art. 87a Abs. 4 GG keine Erkenntnisse gewinnen. Normen früherer deutscher Verfassungen, die in notstandsartigen Situationen im Inneren Streitkräfteeinsätze regelten, enthielten nicht das Merkmal der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes oder auch nur annähernd vergleichbare Tatbestandsmerkmale. Die Auslegung, die anders lautenden Merkmalen von früheren Normen, die Militäreinsätze zur Notstandsabwehr im Inneren zuließen, zuteil wurde, läßt sich nicht heranziehen, weil der Verfassungsgesetzgeber 1968 klar eine Abkehr von den aus der historischen Rückschau für verfehlt angesehenen Regelungen der Vergangenheit vollziehen wollte.141 In historischer Hinsicht existierte 1968 nur eine einzige Verfassungsnorm, die den hier behandelten Terminus bereits enthielt. Art. 91 GG setzte schon seit 1949 eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes voraus. An dessen Verständnis könnte grundsätzlich angeknüpft werden. Jedoch ist im Hinblick auf Art. 91 GG die Auslegung der vorausgesetzten Gefahrensituation genau so schwierig und vage wie bei Art. 87a Abs. 4 GG. Auf dessen Auslegung zu verweisen, würde eine schwierige Auslegungsaufgabe durch eine andere surrogieren. Im ersten Referentenentwurf der Bundesregierung zum BVerfGG hatte sich ein § 35 befunden, der eine Legaldefinition der freiheitlichen demokratischen Grundordnung enthielt. Dieser wurde jedoch im parlamentarischen Verfahren entfernt, weil man die Ausformung dieses Begriffs Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen wollte.142 c) Entstehungsgeschichte Da die in Art. 87a Abs. 4 GG vorausgesetzte Gefahrensituation dazu bestimmt ist, tatbestandlich festzulegen, ab welcher Gefährdungsintensität die Streitkräfte im Inneren eingesetzt werden können, läßt sich aus der Begründung des Entwurfs der 3. Wahlperiode143 eine Passage heranziehen. In diesem Entwurf war Art. 115a die entscheidende Norm für den inneren politischen Notstand. Der Tatbestand war in Abs. 1 normiert, wohingegen konkrete Befugnisse in Abs. 2 bis Abs. 4 enthalten waren und in Abs. 4 S. 1 Nr. 4 auch eine Befugnis der Bundesregierung zum Einsatz der Streitkräfte 141 142 143

Vgl. oben 4. Teil, A.VI.2.a). Vgl. K. Stern, StaatsR I, § 16 II 1 a, 562. BTDrucks. 3/1800.

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zu finden war. Ausweislich der Begründung zum Entwurf sollten die „Voraussetzungen des Art. 115a Abs. 1 verbürgen, daß vom äußersten Mittel des Ausnahmezustandes nur in ernsten Notfällen Gebrauch gemacht wird“ und es „sich um sehr ernste und schwere Gefahrenzustände handeln“ muß.144 Diese Aussage ist jedoch zu unbestimmt, um daraus relevante Schlüsse zu ziehen. Ein aussagekräftigerer Gesichtspunkt ist der Umstand, daß Art. 48 WRV eine „erhebliche Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ voraussetzte.145 Dieser für Gefahren im Sinne der polizeilichen Generalklausel offene Tatbestand146 ermöglichte es, daß Reichspräsident F. Ebert zwischen 1919 und 1925 aufgrund von Art. 48 Abs. 2 WRV 136 sog. Notverordnungen erließ. Von dieser ausufernden Praxis, die am Scheitern der Weimarer Republik wesentlichen Anteil hatte, wollte man sich bei Einfügung der Notstandsverfassung ausdrücklich distanzieren. 147 Einer Aussage des damaligen BMI Schröder aus der 1. Beratung des Entwurfs der 3. Wahlperiode im Bundestag, nach der in Art. 48 WRV „nur eine erhebliche Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ vorausgesetzt wurde, jetzt aber nur eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung Notstandsmaßnahmen rechtfertige,148 läßt sich entnehmen, daß die „drohende Gefahr. . .“ eine gewichtigere Gefahrensituation darstellen sollte, als sie Art. 48 WRV voraussetzte. Wenn man das herkömmliche polizei- und ordnungsrechtliche Verständnis der Gefahr für die öffentliche Sicherheit als Sachlage, in der ein Schaden an der gesamten formell und materiell verfassungsmäßigen Rechtsordnung, privaten Rechtsgütern sowie dem Bestand und der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen mit gewisser Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit eintritt, wenn Abwehrmaßnahmen unterbleiben, voraussetzt, so wäre hieraus der Schluß zu ziehen, daß eine drohende Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG ein höheres Gefahrenniveau als eine schlichte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und auch als eine erhebliche solche Gefahr voraussetzt. Unklar ist hierbei, ob die Steigerung allein eine quantitative darstellt, wie dies bei der Abstufung zwischen einer schlichten Gefahr und einer erheblichen Gefahr der Fall ist, oder ob es sich um einen qualitativen Unterschied handelt. Die Tatsache, daß im Entwurf der 3. Wahlperiode wie auch im gegenwärtigen Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 1 GG nicht der Begriff der Gefahr für die öffent144

BTDrucks. 3/1800, Begründung, 3 f. Auch H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 20, nimmt auf Art. 48 WRV Bezug. 146 Vgl. P. Eichhorn, 162. 147 Vgl. oben 4. Teil, A.VI.2.a), b). 148 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 3. Wahlperiode, 124. Sitzung, 28.9. 1960, 7176C. 145

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liche Sicherheit mit einem eine quantitative Steigerung ausdrückenden Attribut versehen wurde, sondern daß das Schutzgut, für das die Gefahr besteht, als Bestand oder freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes völlig anders formuliert wurde, deutet darauf hin, daß hier eine qualitativ gewichtigere Gefahr normiert werden sollte. Desweiteren könnte man Art. 115i des Entwurfs der 4. Wahlperiode149 heranziehen.150 Dort wurde die Notstandssituation der ernstlichen und unmittelbaren Bedrohung des Bestandes oder der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Bundes oder eines Landes insofern konkretisiert, als verschiedene Ursachen dieser Bedrohung ausdrücklich und nach der Begründung des Entwurfs „erschöpfend“ aufgezählt wurden.151 Im Ergebnis kann man nicht wirklich davon ausgehen, daß es sich hier auch nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 um eine abschließende Aufzählung gehandelt hätte, da in den nachfolgenden Entwürfen und der verabschiedeten Fassung diese konkretisierende Aufzählung nicht mehr enthalten war. Schon in der Begründung des Entwurfs der 4. Wahlperiode wurde ausgeführt, „daß der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes unter Umständen auch durch andere Mittel gefährdet werden kann [. . .]. Der Entwurf geht jedoch von der Annahme aus, daß in solchen Fällen die zusätzlichen Abwehrmöglichkeiten, die das Grundgesetz im Vergleich zur Weimarer Reichsverfassung geschaffen oder zugelassen hat, ausreichen werden, um der Gefahr zu begegnen.“152 Hier zeigt sich, daß schon damals erkannt wurde, daß über die aufgezählten Ursachen hinaus weitere Umstände eine solche Gefahr verursachen könnten. Der Entwurf ging jedoch davon aus, daß die anderen Ursachen durch andere Mittel abgewehrt werden könnten. Diese „Aufgabenverteilung“ wurde in späteren Entwürfen und der heutigen Fassung auf andere Weise gewährleistet. Jetzt enthält der die tatsächliche Situation charakterisierende Gefahrenbegriff keine Aufzählung von konkretisierten Erscheinungsformen, die eine spezielle Notstandsmaßnahme rechtfertigen. Vielmehr ist der Gefahrenbegriff in dieser Hinsicht offener. Jedoch ist durch die in Art. 87a Abs. 4 GG enthaltenen Tatbestandsmerkmale des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG und des Nichtausreichens der Polizeikräfte und des BGS sichergestellt, daß die Streitkräfte nur subsidiär eingesetzt werden. Aufgrund dieser Erwägungen wird deutlich, daß die konkretisierten Erscheinungsformen aus Art. 115i des Entwurfs der 4. Wahlperiode für die Auslegung doch keine weiterführenden Hinweise geben können. Zudem wäre die Ziff. 2 – „durch Gewalt oder Drohung mit 149 150 151 152

BTDrucks. 4/891. Wortlaut des Art. 115i vgl. 5. Teil, Fn. 202. BTDrucks. 4/891, Begründung, 14. BTDrucks. 4/891, Begründung, 15.

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Gewalt“ – Anknüpfungspunkt für die Subsumtion terroristischer Bedrohungen, wie sie hier behandelt werden. Die Begründung zum Entwurf der 4. Wahlperiode weist zwar mit der zu Art. 115i verwendeten Formulierung „eine Ergänzung des Grundgesetzes für den Fall innerer Unruhen“153 darauf hin, daß solche Situationen unter der ernstlichen und unmittelbaren Bedrohung des Bestandes oder der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstanden werden sollen. Jedoch wird dort der Fall innerer Unruhen um die Wendung „und anderer innerer Notstände“ ergänzt, weshalb eine Beschränkung des Verständnisses auf innere Unruhen insofern nicht in Betracht kommt. In die gleiche Richtung geht die Tendenz, die sich einer Aussage des Rechtsausschusses der 5. Wahlperiode entnehmen läßt, wonach die „öffentlichen Anhörungen [. . .] zur Überzeugung des Rechtsausschusses ergeben [haben], daß gegenüber schweren Erscheinungsformen innerer Unruhen Polizeikräfte der Länder personell und waffenmäßig nicht zureichend ausgestattet sind“, weshalb damit zu rechnen [sei], daß in einer derartigen Krisenlage auch die Kräfte des BGS nur in beschränktem Umfang zur Unterstützung der Polizeikräfte der Länder eingesetzt werden können“. Aus diesem Grunde hielt der „Rechtsausschuß es für unumgänglich, als äußerstes Mittel zur Aufrechterhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung den Streitkräfteeinsatz im Innern zuzulassen“.154 Hier läßt sich klar feststellen, daß der Rechtsausschuß des Bundestages in der Wahlperiode, in der Art. 87a Abs. 4 GG eingefügt wurde, inhaltlich an „schwere Erscheinungsformen innerer Unruhen“ dachte. Da den Verhandlungen von Bundestag und Bundesrat keine anderen Hinweise zu entnehmen sind und der Bericht des Rechtsausschusses deren Grundlage war, kann davon ausgegangen werden, daß dies auch die Vorstellungen des Gesetzgebers waren. Dies spricht für eine Auslegung, die allein innere Unruhen in besonders schwerer Form von der drohenden Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG erfaßt sieht. Nicht viel weiter hilft die in der 2. Beratung der Notstandsnovelle in der 5. Wahlperiode getätigte Äußerung des Abgeordneten Even (CDU/CSU), welcher den Streitkräfteeinsatz nach Art. 87a Abs. 4 GG als „letztes Mittel der Rettung der Demokratie“ bezeichnete.155 Dies ist lediglich ein weiteres Mosaikstück. 153 BTDrucks. 4/891, Begründung, 14; auf „innere Unruhen“ als Fall des Art. 91 des Entwurfs der 5. Wahlperiode, der damals auch den heute in Art. 87a Abs. 4 GG normierten Streitkräfteeinsatz enthielt, wies auch Egenrieder hin, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 26. 154 So der Schriftliche Bericht des Rechtsausschusses über den Entwurf der 5. Wahlperiode und den Gegenentwurf der FDP, BTDrucks. 5/2873, 14.

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Soweit sich der Entstehungsgeschichte Hinweise darauf entnehmen lassen, daß ein militärisch bewaffneter Aufstand der einzige Fall sein sollte, in dem die Streitkräfte im Inneren gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden dürfen,156 so kann dies nicht zur Auslegung der Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG herangezogen werden, weil diese Einschränkung schon der Rechtsfolge Einsatz zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer zu entnehmen ist. Wenn die Situation eines militärisch bewaffneten Aufstandes bereits Bestandteil der Gefahrensituation als Voraussetzung des Tatbestandes wäre, entfiele die Notwendigkeit für eine solche Einschränkung auf Rechtsfolgenseite. Im 3. Notstandshearing am 30. November 1967 äußerte der damalige LMI Schleswig-Holsteins, Schlegelberger, es gehe „auf eine kurze Formel gebracht, um eine außergewöhnliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“.157 Schlegelberger sah diese als „verursacht durch Personengruppen, die das Ziel haben, die Ausübung der staatlichen Gewalt durch die verfassungsmäßigen Organe zu behindern, diese Organe oder den Staat zu beseitigen und selbst verfassungswidrig und gesetzwidrig Gewalt auszuüben“.158 Die dabei entstehenden inneren Unruhen sah er durch den Versuch eines gewaltsamen Umsturzes geprägt, durch den die Handelnden eine „Änderung der Verhältnisse in ihrem Sinne“ herbeizuführen suchen.159 Durchgängig finden sich im 3. Notstandshearing hinsichtlich der tatsächlichen Situation, die einen Einsatz der Streitkräfte rechtfertigt, Bezugnahmen auf „bewaffnete Aufstände“.160 Diese sah der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Kuhlmann, als bereits damals von Art. 91 GG a. F. erfaßten 155 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9441D. 156 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses über den Entwurf der 5. Wahlperiode und den Gegenentwurf der FDP, BTDrucks. 5/2873, 14. 157 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 1. 158 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 2. 159 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 3. 160 Dies legte bereits die 4. Frage des den Vorträgen der Sachverständigen im 3. Notstandshearing zugrundeliegenden Fragenkatalogs nahe, welche lautete: „Reicht die Personalstärke und die Ausrüstung der Polizeien und der Bereitschaftspolizeien aus, bewaffneten Aufständen ohne Unterstützung der Streitkräfte als Polizeikräfte wirksam entgegenzutreten?“, vgl. Vorsitzender Wilhelmi (CDU/CSU), in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 1; ebenso den Streitkräfteeinsatz nur im Hinblick auf „bewaffnete Aufstände“ ansprechend der Staatssekretär (BMJ) Ehmke, a. a. O., 30, der Abg. Hübner (SPD), a. a. O., 43, der Abg. Wörner (CDU/CSU), a. a. O., 46, der ÖTV-Vorsitzende Kluncker und der Abg. Stark (CDU/CSU), beide a. a. O., 48, der Polizeipräsident Münchens Schreiber, a. a. O., 54 f., U. Scheuner, a. a. O., 64, der Abg. Collet (SPD),

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Fall der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes.161 Jedoch wurde der bewaffnete Aufstand insofern als gesteigerte Form dieser Gefahr angesehen und teils separat angesprochen.162 C. H. Ule machte seine Auffassung deutlich, daß nicht nur ein Aufstand, also „Aufruhr von unten“, sondern auch ein „Aufstand von oben von gewissen Machtträgern her“ zum Streitkräfteeinsatz befugen würde, wobei er an den „Kapp-Putsch“ der Weimarer Republik dachte.163 Der maßgeblichen Berücksichtigung dieser Anhaltspunkte steht jedoch neben der eingeschränkten Relevanz subjektiv-historischer Gesichtspunkte nach dem dieser Arbeit zugrundeliegenden gemischt objektiv-subjektiven Ansatz der Umstand entgegen, daß es sich weitgehend um Äußerungen von Sachverständigen in einer Sachverständigenanhörung von Rechts- und Innenausschuß handelt. Diese Personen waren überhaupt nicht Mitglieder der an der Verfassungsänderung beteiligten gesetzgebenden Körperschaften. Doch auch die Aussagen der parlamentarischen Mitglieder von Rechts- und Innenausschuß, die auf eine Beschränkung des Einsatzes der Bundeswehr auf „bewaffnete Aufstände“ hinweisen, lassen sich für die Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG nicht heranziehen. Dies ergibt sich daraus, daß zum Zeitpunkt der Notstandshearings der den Ausschüssen und den Sachverständigen vorliegende Diskussionsgegenstand der Regierungsentwurf der 5. Wahlperiode164 war. In diesem waren sämtliche Regelungen für Notstandsfälle im Inneren noch in Art. 91 verortet. Dort fand sich insbesondere in Art. 91 Abs. 1 S. 2 eine Befugnis zur Anforderung der Streitkräfte für das von einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung betroffene Bundesland.165 Abs. 2 S. 2 enthielt die a. a. O., 68, H. U. Evers, a. a. O., 70, C. H. Ule, a. a. O., 76, und der Abg. Brück (Köln) (SPD), a. a. O., 80. 161 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 24. 162 Vgl. U. Scheuner, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 63, 66, 69. 163 Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 77. 164 BTDrucks. 5/1879. 165 Art. 91 Abs. 1 lautete: Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes sowie zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe oder eines besonders schweren Unglücksfalles kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes zur Hilfe anfordern. Reichen diese Kräfte zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe, eines besonders schweren Unglücksfalles oder eines bewaffneten Aufstandes nicht aus, so kann die Bundesregierung der Landesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Streitkräfte als Polizeikräfte zur Verfügung stellen.

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Befugnis der Bundesregierung zum Einsatz der Streitkräfte als Polizeikräfte.166 Der in beiden Fällen subsidiäre Einsatz der Bundeswehr i. e. S. galt jedoch neben den Fällen der Naturkatastrophe und des besonders schweren Unglücksfalls nur zur Bekämpfung eines bewaffneten Aufstandes. Dies erklärt, warum dieser Terminus das 3. Notstandshearing durchzog. In der letztendlich verabschiedeten, Einsätze der Streitkräfte zulassenden Fassung von Art. 87a Abs. 4 GG findet sich dies allein in der Rechtsfolge, die neben dem Schutz ziviler Objekte allein die Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer erlaubt. Der Tatbestand der Norm hingegen entspricht jedoch allein der Gefahr im Sinne von Art. 91 Abs. 1 GG. Die Äußerungen der Parlamentarier aus dem 3. Notstandshearing sprechen deshalb bei genauer Betrachtung nicht für ein auf Fälle bewaffneter Aufstände verengtes Verständnis der drohenden Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG. Insgesamt überrascht es, wie wenig sich bei den Verhandlungen über die Notstandsverfassung von der 3. Wahlperiode an bis zur Verabschiedung 1968 mit der tatsächlichen Situation befaßt wurde, die sich hinter der Voraussetzung der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes verbirgt. Es findet sich kaum konkreteres, als es zuvor dargestellt wurde. Grund dafür mag gewesen sein, daß die Begrifflichkeit dem bereits existierenden Art. 91 Abs. 1 GG a. F. entnommen wurde167 und die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen eine ungefähre Vorstellung von dessen Inhalt zu haben glaubten und sich darüber nicht mehr auseinandersetzten. Der auffindbare Meinungsstand zu dieser Norm ist in der obigen Darstellung jedoch bereits enthalten. Herangezogen werden kann jedoch noch die Entstehungsgeschichte dieser Norm. Sie war bereits von Beginn an Bestandteil des Grundgesetzes. Relevant sind deshalb die Materialien von Herrenchiemsee und aus dem Parlamentarischen Rat. Der Entwurf von Herrenchiemsee hatte nur eine Norm enthalten, die sich mit dem Ausnahmezustand im Inneren befaßte. Art. 111 hatte bei drohender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ein Notverordnungsrecht der Bundesregierung vorgesehen.168 Außerordentlich wichtig ist hier166 Art. 91 Abs. 2 lautete: Ist das Land nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann, soweit es zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist, die Bundesregierung [. . .]; soweit es zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe, eines besonders schweren Unglücksfalles oder eines bewaffneten Aufstandes erforderlich ist, kann die Bundesregierung auch die Streitkräfte als Polizeikräfte einsetzen. [. . .] 167 N.-P. Kleiner, 274. 168 JöR n. F. 1 (1951), 661; nach dem Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23.8.1948, Verfassungsausschuß der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, 78, lautete Art. 111 des Entwurfs

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bei die Erkenntnis, daß in Abs. 3 Grundrechtseinschränkungen nur für den Fall der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung zugelassen wurden. Dies zeigt, daß eine solche Gefahr jedenfalls etwas anderes ist als eine schlichte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Da Abs. 3 gegenüber Abs. 1 des Art. 111 die speziellere Regelung war und mit den Grundrechtseinschränkungen auch in Rechte des Bürgers stärker eingreifende Maßnahmen ermöglichte, liegt die Vermutung nahe, daß die in Abs. 3 normierte Gefahrensituation eine gegenüber Abs. 1 schwerwiegendere darstellte. Diese Fassung des Art. 111 wurde während der Verhandlungen des Parlamentarischen Rats in den verschiedenen Ausschüssen mehrmals hinsichtlich der Gefahrensituation verändert, wobei in Abs. 1 teilweise die Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung integriert wurde,169 dort teils vom verfassungsmäßigen Bestand des Bundes und der freiheitlichen oder demokratischen Grundordnung die Rede war.170 Nachdem im Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates vor allem vor dem Hintergrund der negativen historischen Erfahrungen mit dem Notverordnungsrecht nach Art. 48 Abs. 2 WRV171 um die tatsächliche Situation, die Art. 111 voraussetzte, heftig gestritten wurde,172 wurde der Antrag der Abgeordneten Zinn (SPD), Dehler (FDP) und v. Mangoldt (CDU) auf Streichung des gesamten Artikels in der 4. Lesung im Hauptausschuß angenommen.173 Dies heißt nicht, daß die Erkenntnisse hinsichtlich der Gefahrensituation in der Differenzierung zwischen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung hinfällig sind. Die an keiner Stelle näher begründete Streichung erfolgte vermutlich allein aufgrund der unmöglichen Einigung über soweit relevant: (1) Bei drohender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Bundesgebiet kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (Senats) im Rahmen der Bundeszuständigkeit Notverordnungen mit Gesetzeskraft erlassen. [. . .] (2) [. . .] (3) Ist durch die drohende Gefahr der Bestand des Bundes oder seiner freiheitlichen und demokratischen Grundordnung in Frage gestellt, so können durch Gesetz, bei Verhinderung der gesetzgebenden Organe auch durch Verordnung nach Absatz 1, [. . .]. (4) – (6) [. . .].“ 169 Parlamentarischer Rat I, 17 ff. 170 Fassung der 1. Lesung des Hauptausschusses, Parlamentarischer Rat I, 41 ff.; ebenso die Fassung der 2. Lesung des Hauptausschusses (abgeschlossen am 20.1.1949), ebenda. 171 Hierzu vgl. die Sorge des Abg. Lehr (CDU), Verhandlungen des Parlamentarischen Rats – Hauptausschuß –, 50. Sitzung (3. Lesung) v. 10.2.1949, 658. 172 Vgl. die Wortbeiträge der Abg. Schmid (CDU), Verhandlungen des Parlamentarischen Rats – Hauptausschuß –, 36. Sitzung (2. Lesung) v. 12.1.1949, 445, Katz (SPD), a. a. O., 456 ff., Zinn (SPD), a. a. O., 456, und Renner (KPD), a. a. O. 173 Verhandlungen des Parlamentarischen Rats – Hauptausschuß –, 57. Sitzung (4. Lesung) v. 5.5.1949, 743 (755).

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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das Notverordnungsrecht, welches in das GG 1949 und auch im Rahmen der Notstandsnovelle keinen Eingang fand. Eine Gefährdung des Gesamtkonsenses über das GG wollte vermutlich niemand riskieren.174 Gleichwohl können die vorstehenden aus der Entwurfsentwicklung entnommenen Erwägungen in die genetische Auslegung von Art. 91 GG einbezogen werden. Durch diese Streichung wurde der Ausnahmezustand jedoch nicht gänzlich aus dem Blickfeld des Verfassungsgebers verbannt. Schon in der 1. Lesung des Hauptausschusses lag diesem im Entwurf ein Art. 115a vor, welcher eine Hilfspflicht der Länder untereinander bei sie oder den Bund bedrohenden außergewöhnlichen Gefahren statuierte.175 In der 2. Lesung des Hauptausschusses lag diesem nunmehr als Art. 118c eine neue Fassung als Antrag der Abg. Laforet (CSU) und Hoch (SPD) vor, welcher im wesentlichen wie heute Art. 91 GG Notstandsbefugnisse „zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche oder demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ normierte.176 Dieser wurde mit hier irrelevanten Änderungen angenommen.177 In der 4. Lesung wurde neben der Umbenennung in Art. 91 aufgrund eines Vorschlags des Allgemeinen Redaktionsausschusses lediglich das „oder“ gestrichen,178 womit zum einen eine Angleichung an Art. 18 über die Verwirkung der Grundrechte herbeigeführt wurde und zum anderen klargestellt wurde, daß die Grundordnung, um deren Gefährdung es geht, zugleich freiheitlich und demokratisch ist. Im Plenum des Parlamentarischen Rates wurde Art. 91 ohne Änderungen angenommen.179 Aufgrund dieser Darstellung von Einzelheiten aus dem Verfahren der Schaffung des Grundgesetzes wird ersichtlich, daß dem Verfassungsgeber bereits im Hinblick auf den ursprünglichen Art. 111 des Entwurfs eine Unterscheidung zwischen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und jener für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung vor Au174 J. Pannkoke, 212; K. Stern, StaatsR II, § 52 III 4, 1315; Abendroth meinte im 1. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967, 41, der Verzicht auf Art. 111 des Herrenchiemseer Entwurfs sei aus der „sozialen Struktur wie der geschichtlichen Entwicklung“ der Bundesrepublik gefolgt. 175 Vgl. 16. Sitzung des Hauptausschusses v. 3.12.1948, JöR n. F. 1 (1951), 662. 176 Vgl. 36. Sitzung des Hauptausschusses v. 12.1.1949, JöR n. F. 1 (1951), 663; Art. 118c Abs. 1 lautete: Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche oder demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann ein Land die Polizeikräfte anderer Länder anfordern. 177 Vgl. 36. Sitzung des Hauptausschusses v. 12.1.1949, JöR n. F. 1 (1951), 663. 178 57. Sitzung des Hauptausschusses v. 5.5.1949, JöR n. F. 1 (1951), 663. 179 JöR n. F. 1 (1951), 663; 2. Lesung im Plenum, 9. Sitzung v. 6.5.1949, Parlamentarischer Rat I, 185; 3. Lesung, 10. Sitzung v. 8.5.1949, a. a. O., 197; 4. Lesung, 11. Sitzung v. 10.5.1949, a. a. O., 245.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

gen stand, welche durch die Streichung des Art. 111 nicht entfiel, sondern in Art. 118c des Entwurfs und später in Art. 91 GG transponiert wurde. Aufgrund einer Betrachtung der Rechtsfolgen wird erkennbar, daß es sich um eine nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ gesteigerte Gefahrensituation handeln muß. Die in der Entwurfsgeschichte immer enger werdende Verbindung der Attribute freiheitlich und demokratisch bestätigt das Ergebnis der Wortlautauslegung, wonach die Grundordnung sowohl freiheitlich als auch demokratisch sein muß. Im Hinblick auf die Ausfüllung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist zudem Art. 108 des Entwurfs von Herrenchiemsee interessant, welcher als Wurzel des heutigen Art. 79 Abs. 3 GG anordnete, daß „Anträge auf Änderungen des Grundgesetzes, durch die die freiheitliche und demokratische Grundordnung beseitigt würden, [unzulässig] sind“. Auch wenn E. Denninger hervorhebt, diese Norm habe nur die heute in Art. 79 Abs. 3, letzter Halbs. GG, also die in Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze mit Ausnahme der Bundesstaatlichkeit, umfaßt,180 so wird doch der enge Konnex von Art. 79 Abs. 3 GG und freiheitlicher demokratischer Grundordnung erkennbar. Ebenfalls hinsichtlich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird gelegentlich § 35 des 1. Referentenentwurfs zum Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG), der keine Gesetzeskraft erlangte, angeführt.181 Auch wenn bei dessen Formulierung Ähnlichkeiten zur Begriffsbestimmung des BVerfG in den Urteilen zu SRP und KPD erkennbar sind, so ist doch festzustellen, daß diese Vorschrift zum einen niemals in Kraft trat, es sich zum anderen um einfaches Recht handelt, welches nicht als Gegenstand der systematischen Auslegung der Verfassung taugt, und zudem die Norm ganz bewußt nicht erlassen wurde, damit die Ausfüllung des Begriffs freiheitliche demokratische Grundordnung Rechtsprechung und Rechtswissenschaft überlassen bleiben sollte.182 Auch diese Gedanken helfen hinsichtlich der problematischen Streitkräfteeinsätze jedoch noch nicht wesentlich weiter. Insgesamt überrascht es wiederum, wie wenig konkret die drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes bei der Schaffung des GG Gegenstand der Erörterung war. 180

E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 35. Art. 35 des 1. Referentenentwurfs zum BVerfGG lautete: Die freiheitliche demokratische Grundordnung greift an, wer sich für die Beseitigung der Grundrechte, der politischen Parteien, der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl der Volksvertretungen, der Teilung der Gewalten, der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung, der Unabhängigkeit der Gerichte oder der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung einsetzt.; zitiert nach M. Ruland, 8, Fn. 1. 182 G. Lautner, 3. 181

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Als Ergebnisse der Untersuchung der Entstehungsgeschichte des Art. 87a Abs. 4 GG läßt sich somit zunächst festhalten, daß eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes – gleichbedeutend in Art. 87a Abs. 4 GG sowie Art. 91 Abs. 1 GG – jedenfalls eine gewichtigere Gefahrensituation voraussetzt, als es durch Art. 48 WRV und verschiedene Vorschriften aus den Entwürfen zum GG mit Formulierungen wie „erhebliche Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ oder „drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ erfolgte. Es ist eine Tendenz dahingehend zu erkennen, daß mit der Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 1 GG eine gegenüber der Gefahr im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts qualitativ gesteigerte Gefahr bezeichnet wird. Festgestellt werden konnte zudem, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber bei Einfügung des Art. 87a Abs. 4 GG als tatsächliche Situation, in der eine Befugnis zum Einsatz der Streitkräfte nach dieser Vorschrift bestünde, allein an „schwere Erscheinungsformen innerer Unruhen“ dachte. Zudem geht aufgrund von Äußerungen im Verfassungsänderungsverfahren und aufgrund der Bezeichnung der Normengruppe, zu der auch Art. 87a Abs. 4 GG gehört, als „Notstandsverfassung“ eine Vermutung dahin, daß nur, wenn die Existenz des Staates schlechthin bzw. die Erhaltung des existierenden politischen Systems in seinem Wesenskern bedroht ist, ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. im Inneren möglich wird. Bestätigt werden konnte der Aspekt aus der Wortlautauslegung, daß die Grundordnung kumulativ freiheitlich und demokratisch sein muß. Diesbezüglich spricht die Entstehungsgeschichte auch für einen engen Bezug zu Art. 79 Abs. 3 GG mit Ausnahme der Bundesstaatlichkeit. d) Systematik In systematischer Hinsicht ist es das naheliegendste, die Beziehung zu Art. 91 Abs. 1 GG herzustellen, da dort der identische Wortlaut zur Charakterisierung der tatsächlichen Situation, die diese Norm voraussetzt, verwendet wird. Dessen Verständnis ist in die Darstellung des Meinungsstandes bereits eingeflossen. Da anerkannt ist, daß die Normen in dieser Hinsicht inhaltlich identische Begriffe verwenden,183 können alle zu Art. 91 Abs. 1 GG auffindbaren inhaltlichen Argumente und Gesichtspunkte mit den entsprechenden Modifikationen auch für die Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG herangezogen werden.184 Eine daneben erfolgende inhaltliche Infragestellung des Meinungsstandes zu Art. 91 Abs. 1 GG mit dem Ziel, diese 183 184

K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 138; M. Ruland, 60. G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 99.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Erkenntnisse sodann im Wege systematischer Auslegung in Bezug zu nehmen, hat hingegen kein Sinn. Die durch die Befassung mit den Notstandshearings nahegelegte Erfassung bewaffneter Aufstände wird durch die systematische Berücksichtigung der Rechtsfolge des Art. 87a Abs. 4 GG bestätigt. Wenn aufgrund der Norm die Streitkräfte u. a. nur zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer eingesetzt werden dürfen, so wird deutlich, daß ein bewaffneter Aufstand jedenfalls auch von dieser Vorschrift erfaßt sein muß. aa) Bezug zum einfachen Recht Da jede Auseinandersetzung mit dem Begriff der „drohenden Gefahr. . .“ nach Art. 87a Abs. 4 GG den Begriff Gefahr behandelt, ist auf den Gefahrenbegriff des Polizei- und Ordnungsrechts einzugehen, wie er z. B. in § 8 PolG NRW185 enthalten ist. Auch wenn inhaltlich dessen Berücksichtigung natürlich naheläge, so ist dies nicht möglich, weil die Berücksichtigung einfachen Rechts bei der systematischen Auslegung von Verfassungsrecht ausgeschlossen ist. Der Auffassung, daß deshalb, weil der Regelungsgegenstand des in engem systematischen Zusammenhang mit Art. 87a Abs. 4 GG stehenden Art. 91 GG die Gefahrenabwehr, also die Durchführung von Polizeiaufgaben, ist, der Begriff drohende Gefahr polizeirechtlich auszulegen sei,186 muß insofern widersprochen werden. Das Verständnis, welches der Begriff Gefahr im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts erfährt, kann aber als Hypothese in die Auslegung eingeführt werden und vor allem anhand der Normziele auf seine Berechtigung hin geprüft werden.187 Berechtigung hat jedenfalls die Vermutung, daß der Verfassungsgesetzgeber, wenn er zu einem Zeitpunkt, in dem der Begriff der Gefahr im Polizeirecht durch Rechtsprechung und Wissenschaft bereits differenzierte und klar bestimmte Konturen erhalten hatte, in einer der Gefahrenabwehr dienenden Verfassungsnorm den Begriff Gefahr verwendet, dieses Verständnis der Gefahr im Sinn hatte. Ob ein solches Verständnis den Normzielen entspricht, ist später zu untersuchen. Bei der normzweckorientierten Auslegung ist auch auf die 185

Polizeigesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) i. d. F. der Bekanntmachung v. 24.2.1990 (GV NRW S. 70); § 8 lautet: (1) Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Gefahr) abzuwehren, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln. (2) und (3) [. . .]. 186 Vgl. beispielsweise H.-J. Rungweber, 5. 187 Herkömmlich wird im Polizei- und Ordnungsrecht eine Gefahr verstanden als „eine Sachlage, in der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit ein Schaden hinsichtlich der Schutzgüter eintritt “, vgl. z. B. G. Großmann, Teil II, Rn. 44.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Frage einzugehen, ob – in den Kategorien des Polizeirechts – eine abstrakte oder nur eine konkrete Gefahr ausreicht. Ebenfalls kann § 92 StGB188 aufgrund seiner einfachrechtlichen Natur nicht unmittelbar für die systematische Auslegung herangezogen werden.189 Dieser gibt in Abs. 1 eine Legaldefinition des Tatbestandsmerkmals Bestand der Bundesrepublik Deutschland mit Geltungsanspruch für die Staatsschutzstraftatbestände des gesamten 1. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB,190 und zählt in Abs. 2 für denselben Regelungsbereich „Verfassungsgrundsätze“ auf.191 Auch wenn vermutet werden kann, daß sich das BVerfG bei seiner Definition von der Vorgängernorm des § 92 StGB, dem § 88 Abs. 2 StGB a. F., hat beeinflussen lassen,192 kann dessen Inhalt wiederum nur als Hypothese in die Diskussion eingebracht werden und muß mit den Ergebnissen der Auslegung abgeglichen werden und sich an diesen messen lassen.193 Gleiches gilt für § 4 des Gesetz über den Bundesverfassungsschutz (BVerfSchG), welcher in Abs. 1 lit. a) den Bestand des Bundes oder eines Landes sehr ähnlich definiert194 und in Abs. 2 ausdrücklich 188

Hieran orientiert sich gleichwohl E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 38. Daß diese Norm eigentlich ihrerseits an der Verfassung gemessen werden muß, und nicht andersherum, betont G. Dürig/H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18, Rn. 63. 190 § 92 Abs. 1 StGB lautet: Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt. 191 Art. 92 Abs. 2 StGB lautet: Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 3. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 5. die Unabhängigkeit der Gerichte und 6. der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft. 192 G. Dürig/H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18, Rn. 63 f.; M. Ruland, 16. 193 G. Lautner, 3, Anm. 8, geht davon aus, daß sich das BVerfG an diese Definition, die zuvor in § 88 Abs. 2 StGB a. F. enthalten war, „angelehnt“ hat; auch N.-P. Kleiner, 271, ist der Auffassung, daß die Verfassung an den Tatbestandselementen des § 92 Abs. 1 StGB „nicht vorbeigehen könne“; ähnlich W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433 (434); nicht einmal Bedeutung als „interpretatorischer Anhaltspunkt“ gesteht hingegen M. Ruland, 178, der Norm zu, da dort „im wesentlichen die konkrete Organisationsform der grundgesetzlichen Ordnung umschrieben“ würde; abzulehnen die von H. U. Evers, AöR 91 (1966), 1 (28, Fn. 61), geäußerte Auffassung, § 88 StGB a. F. sei auch „für das Grundgesetz maßgeblich“. 194 § 4 Abs. 1 lit. a) BVerfSchG lautet: Im Sinne dieses Gesetzes sind Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, 189

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erläutert, welche Prinzipien zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören.195 bb) Bezug zu Art. 87a Abs. 2 und Art. 91 GG Ein sehr wichtiger Bezugspunkt der systematischen Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG ist Abs. 2 der Norm. Da zuvor bereits herausgearbeitet wurde, daß in Abs. 4 kein Einsatz zur Verteidigung normiert ist und es sich somit um einen Einsatz aufgrund ausdrücklicher Zulassung handelt, ist klar, daß alle Gefahren, deren Abwehr Verteidigung nach Abs. 2 ist, keine Gefahren im Sinne von Abs. 4 sein können. Aufgrund dieser Überlegungen müssen die Gefahren im Sinne von Abs. 4 jedenfalls verteidigungsfremde innere Gefahren sein.196 In Abgrenzung zu den zur Verteidigung berechtigenden äußeren Gefahren sind innere Gefahren solche, bei denen der gesamte Angriff innerhalb der Bundesrepublik, also auf ihrem Staatsgebiet oder im Luftraum darüber, stattfindet. Nicht ausgeschlossen ist jedoch eine zeitliche Parallelität einer zur Verteidigung berechtigenden Gefahrensituation und einer Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG.197 Ein weiterer Abs. 2 zu entnehmender Aspekt ist, daß Einsätze der Bundeswehr i. e. S. innerhalb der Bundesrepublik, die nicht der Verteidigung dienen, grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen und deshalb nur aufgrund ausdrücklicher Zulassung als Ausnahme möglich sind. Hieraus wird die verfassungsrechtliche Auslegungsregel entnommen, Normen, die ausnahmsweise verteidigungsfremde Einsätze der Streitkräfte im Inneren zulassen, restriktiv und somit eng auszulegen.198 Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, daß eine Auslegung der Gefahr im Sinne von Abs. 4, soweit sie sich auf den Bestand des Bundes oder eines Landes richtet, nicht so erfolgen darf, daß diese den Bestand des Staates in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols sowie der durch ihn errichteten Rechtsordnung umfaßt. Denn auf diese Weise wäre ein Großteil der alltäglichen Gefahren im Sinne des Polizeirechts von Art. 87a Abs. 4 GG erfaßt und es wäre allein eine Frage ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. [. . .] 195 § 4 Abs. 2 BVerfSchG ergänzt § 92 Abs. 2 StGB nur um ein weiteres Element: „die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte“. 196 Ebenso M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 71. 197 M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 71, Fn. 1. 198 Ebenso J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; H. M. Parche, 147.

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der tatsächlichen Möglichkeiten von Polizei und BGS, ob diese auch mittels der Streitkräfte abgewehrt werden dürfen. Dies würde dem Ausnahmecharakter der ausdrücklichen Zulassung nach Art. 87a Abs. 4 GG nicht gerecht. Ein solches Verständnis, welches dann natürlich auch für Art. 91 Abs. 1 GG gelten würde, wäre auch mit dessen Ausnahmecharakter unvereinbar, da die dem jeweiligen Land zukommende Aufgabe der Gefahrenabwehr über die Möglichkeiten des Anforderungsrechts nach Abs. 1 und die Befugnisse des Bundes nach Abs. 2 gewissermaßen „vergemeinschaftet“ sowie „zentralisiert“ würde. Zudem würde diese Norm, welche ebenfalls Ausnahmecharakter hat, hierdurch „trivialisiert“, da sie bei jedem noch so banalen Angriff auf Staatseigentum, Staatsbedienstete etc. eingriffe.199 cc) Kein Verständnis als schlichte oder quantitativ gesteigerte Gefahr Aus den gleichen Erwägungen heraus ist erst recht ein Verständnis der Gefahrensituation als einfache Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeschlossen, da ansonsten die alltägliche Gefahrenabwehr der Länder in den Anwendungsbereich der Notstandsnorm Art. 91 GG verschoben würde und sogar Befugnisse des Bundes eröffnet werden könnten. Daß Art. 91 GG aber gerade nicht der Abwehr normaler polizeirechtlicher Gefahren dient, zeigt der Vergleich mit Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG. Diese der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dienende Norm enthält den klassischen polizeirechtlichen Terminus in einer quantitativ gesteigerten Form und zeigt dadurch, daß dieser dem Grundgesetz nicht etwa fremd ist und sich nicht hinter dem Terminus der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung verbirgt. Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG verdeutlicht, mittels welcher Formulierung das GG eine quantitativ gesteigerte polizeirechtliche Gefahr normiert. Zugleich zeigt sie, daß deshalb in Art. 91 Abs. 1, 87a Abs. 4 GG etwas anderes gemeint sein muß.200 Hinzu kommt, daß dann, wenn die Gefahr gemäß Art. 87a Abs. 4 GG nicht etwas qualitativ anderes als die einfache polizeirechtliche Gefahr wäre, die Kompetenzbereiche der Polizeien der Länder und des Bundes sowie des BGS einerseits und der Streitkräfte andererseits sich wie „kommunizierende Röhren“ verhalten würden: Würden die Länder oder der Bund 199 Daß dies nicht sein kann, erkannte auch schon der schleswig-holsteinische LMI Schlegelberger im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 4: „Gefahr im Sinne von Art. 91 unterscheidet sich von normaler Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im wesentlichen durch Art, Form und Intensität“. 200 Ähnlich P. Eichhorn, 156; N.-P. Kleiner, 272.

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polizeiliche Fähigkeiten in personeller oder materieller Hinsicht verringern, so würde der von den Streitkräften nach Art. 87a Abs. 4 GG wahrgenommene Bereich sich erweitern, da die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG und des Nichtausreichens von Polizei und Bundesgrenzschutz schneller gegeben wären.201 Rein faktisch würde der Bereich der vom Militär innerstaatlich wahrzunehmenden Aufgaben anwachsen, ohne daß eine vom Verfassungsvorbehalt in Art. 87a Abs. 2 GG geforderte parlamentarische Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit erfolgt wäre. Die Zulässigkeit eines Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG hinge letztlich vor allem von den Fähigkeiten der nicht-militärischen Sicherheitskräfte ab, die weitgehend nach politischem Ermessen der Exekutive oder der Länderparlamente außerhalb der Reichweite der Kontrolle der Bundeslegislative bestimmt werden. Dies ist mit dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG nicht vereinbar. dd) Bezug zu den Normen des verfassungsimmanenten Verfassungsschutzes Der systematische Konnex zu den übrigen Normen, die den Begriffskomplex freiheitliche demokratische Grundordnung enthalten – Art. 10 Abs. 2 S. 2, 11 Abs. 2, 18 S. 1, 21 Abs. 2 S. 1, 91 Abs. 1 GG – führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Denn die zu diesen Normen vertretenen Auffassungen, die sich mit dem Verständnis dieses Terminus in Art. 87a Abs. 4 GG decken,202 sind in die Darstellung des diesbezüglichen Meinungsstandes bereits eingeflossen. Die grundlegenden Urteile des BVerfG und zentrale Aussagen aus der Rechtswissenschaft sind gerade im Hinblick auf Art. 21 Abs. 2 und nicht etwa zu Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 1 GG ergangen. Was sich jedoch in bezug auf diese Normen feststellen läßt, ist, daß sie im Zusammenhang mit Art. 87a Abs. 4, 91 GG den Normbestand ausmachen, der den Charakter der Bundesrepublik als streitbare bzw. wehrhafte oder abwehrbereite Demokratie kennzeichnet. Diese Normen dienen dazu, um als letzte „demokratische Auffangstellung“ zu verhindern, daß der freiheitliche demokratische Rechtsstaat von seinen Gegnern unter Ausnutzung der auch diesen zugebilligten Freiheiten und demokratischen Mitwirkungsrechte beseitigt wird, wie es im historischen Negativbeispiel des Übergangs 201 Vor der Einfügung der Notstandsverfassung erkannte der LMI Schleswig-Holsteins, Schlegelberger, daß „je weniger ausreichend die Polizei ausgestattet ist, sie um so früher von anderen Kräften unterstützt werden muß“, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967: 3. Notstandshearing, 3. 202 G. Dürig/H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18, Rn. 56; Wernicke, in: Bonner Kommentar, Art. 18, Erl. 1 d; R. Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 18, Rn. 23.

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von der Weimarer Republik zum Dritten Reich geschehen ist.203 In diesen Vorschriften wird allein im Interesse der grundlegenden werthaltigen Strukturprinzipien der Bundesrepublik und ihrer Fortexistenz als Staat sowohl der Grundrechtsausübung als auch der Tätigkeit der für das bundesrepublikanische Demokratiemodell an sich konstitutiven Parteien eine äußerste Grenze gesetzt, die gewissermaßen mit einem Tabu belegt wird. Derselbe Bestand an wertorientierten Prinzipien der Staatsstruktur und die Existenz des Staates schlechthin wird zudem auch insofern in außergewöhnlicher Weise geschützt, als für diesen Fall auch der intensivste und dadurch problematische Einsatz der Bundeswehr i. e. S. im Inneren, welcher eindeutig eine Beteiligung der Armee an einer innenpolitischen Auseinandersetzung darstellt, zugelassen wird. Weniger durch die äußerliche Formulierung als durch den dahinter stehenden Grundgedanken stehen diese das GG als streitbare Verfassung charakterisierenden Normen in einem Zusammenhang mit der sogenannten Unabänderlichkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG. Auch hier werden gewisse grundlegende Strukturprinzipien des GG geschützt, indem sie selbst der Zugriffsmöglichkeit durch den in jeder Hinsicht verfassungsmäßig legitimierten und konstituierten verfassungsändernden Gesetzgeber entzogen werden. Auch diese Norm ist deshalb Bestandteil der Normen, die das GG wehrhaft machen,204 da selbst einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit des Parlaments die Änderungsbefugnis versagt wird, um so gewisse Grundprinzipien zu verteidigen. Die bereits in der genetischen Auslegung hergestellte Beziehung zwischen Art. 79 Abs. 3 GG und freiheitlicher demokratischer Grundordnung läßt sich nicht verkennen.205 Eine vollkommene Identität der Bedeutungsgehalte liegt aufgrund der verschiedenen Formulierungen jedoch nicht nahe. Allerdings läßt sich argumentieren, daß dem demokratisch durch das Volk legitimierten und sich verfassungsrechtlich vorgesehener Verfahren bedienenden zur Verfassungsänderung grundsätzlich befugten Gesetzgeber doch mindestens soviel erlaubt sein müsse, wie einer sich kämpferisch gegen die Verfassung wendenden Partei oder einer auf Umsturz bedachten Bürgerkriegsarmee. Es ist jedenfalls schlicht undenkbar, daß ein von Art. 79 Abs. 3 GG erfaßtes Element von einer verfassungsfeindlichen Partei aktiv bekämpft oder von einer Bürgerkriegsarmee, die an schweren inneren Unruhen beteiligt ist, zu beseitigen versucht wird, ohne daß ein Parteiverbot oder ein subsidiärer Einsatz der Armee in Betracht käme. Systemgerecht erscheint es deshalb, wenn die nach Art. 79 Abs. 3 GG unabänderlichen 203 Die „Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit“ waren auch für das BVerfG im SRP-Urteil bestimmend für die Zulässigkeit der Beschränkung der Parteientätigkeit, vgl. BVerfGE 2, 1 (11). 204 Ebenso E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 35. 205 Dies sieht auch E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 35.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Strukturelemente den Mindestbestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausmachen. ee) Bezug zu Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG Aussagekräftig ist zudem der systematische Abgleich mit Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG. Die dort erfolgte ausdrückliche Zulassung von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr innerer Gefahren, soweit diese auf Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen beruhen, dient ebenfalls im weiten Sinne der Gefahrenabwehr. Die Gefahrensituationen im Sinne dieser Normen sind unzweifelhaft Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizeirechts, da private Rechtsgüter, Einrichtungen des Staates und die Funktionsfähigkeit der staatlichen Daseinsvorsorge sowie die Ausübung der Staatsgewalt schlechthin in dem jeweiligen Gebiet in Frage gestellt werden. Würde die Gefahrensituation in Art. 87a Abs. 4 GG schlichtweg alle Gefahren im Sinne des Polizeirechts erfassen, so wären die ausdrücklichen Zulassungen in Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG überflüssig. Da die Gefahren im Sinne dieser Normen zum Katastrophennotstand, gerade weil es sich um Katastrophen oder katastrophenartige Situationen handeln muß, ein sehr stark gesteigertes Gefahrenniveau haben müssen, um den ausnahmsweisen Einsatz der Bundeswehr i. e. S. zu rechtfertigen, wird deutlich, daß es sich bei der Gefahrensituation in Art. 87a Abs. 4 GG auch nicht schlicht um Situationen erhöhter Gefahr handeln kann. Dies zeigt, daß die drohende Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG nicht ein quantitatives Plus zur polizeirechtlichen Gefahr darstellt, sondern daß es sich um ein qualitatives aliud handelt, welches sich hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter, gegenüber denen die Gefahr droht, von der polizeirechtlichen unterscheidet. Dies stimmt mit den Erwägungen im Hinblick auf Art. 91 Abs. 1 GG und Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG überein, denen ebenfalls entnommen wurde, daß in Art. 91 Abs. 1, 87a Abs. 4 GG nicht nur eine quantitativ gesteigerte polizeirechtliche Gefahr, wie sie Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG normiert, vorausgesetzt ist, sondern eine Gefahr anderer Natur. ff) Bezug zu Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG Diese Erkenntnis wird durch Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG bestätigt.206 Diese Legaldefinition dessen, was das GG unter Verfassungsschutz versteht, deckt sich bis auf das in Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 1 GG fehlende Element der 206 Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG lautet: Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) (. . .).

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Sicherheit des Bundes oder eines Landes mit dem Schutzgut in diesen Normen. Deswegen dienen Art. 87a Abs. 4, 91 Abs. 1 GG zwar nicht exakt dem Verfassungsschutz im Sinne des Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG, aber es handelt sich doch um einen diesem nahestehenden Schutzzweck, welcher sich als Verfassungsschutz im engeren Sinne bezeichnen ließe. In diese Kategorie fallende Gefahren sind – insofern werden die vorherigen Schlußfolgerungen bestätigt – etwas anderes als nur quantitativ erhöhte polizeirechtliche Gefahren. Das Verständnis dessen, was der Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes ist, kann dadurch gefördert werden, wenn man zum Zwecke negativer Abgrenzung die Inhaltsbestimmung ermittelt, die dem Begriff Sicherheit des Bundes oder eines Landes in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG widerfährt. Hierbei kann § 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG, der eine Legaldefinition dieses Begriffs gibt,207 weil es einfaches Recht ist, nicht unmittelbar herangezogen werden, hat jedoch indizielle Bedeutung, da das BVerfSchG seinen im wesentlichen auch heute noch in dieser Form geltenden Inhalt zeitgleich mit der Einfügung des Art. 73 Nr. 10 GG im Rahmen des sog. Sicherheitspakets 1972 erhalten hat.208 Die Sicherheit des Bundes oder eines Landes kann nicht mit der polizeirechtlichen Sicherheit im Sinne einer Abwesenheit von Gefahren für die öffentliche Sicherheit korrespondieren, weil diese Sicherheit originär eine Aufgabe der Länder ist.209 Entsprechend dem Bedeutungsniveau der Schutzgüter freiheitliche demokratische Grundordnung und dem Bestand des Bundes oder eines Landes ist in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG „Sicherheit auf einer höheren gesamtstaatlichen Ebene“210 gemeint, die nicht Sicherheit im Bund oder einem Land ist, sondern Sicherheit des Bundes oder eines Landes selbst.211 Dementsprechend umfaßt diese das unein207

§ 4 Abs. 1 lit. b) BVerfSchG lautet: Im Sinne dieses Gesetzes sind Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. 208 Neben der 31. Änderung des GG v. 28.7.1972 (BGBl. I S. 1305) wurden vier einfache Gesetze erlassen: BGSG, WaffG, BVerfSchG und ein Gesetz zur Änderung der StPO, vgl. T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 73, Rn. 155; interessant ist, wie sich über die Jahrzehnte die Begriffe gleichen: auch nach dem 11.9.2001 wurden unter BMI O. Schily zwei sog. Sicherheitspakete vom Bundestag verabschiedet; Ironie der Geschichte ist, daß Schily Bekanntheit als Strafverteidiger von Terroristen in den RAF-Prozessen der 70er Jahre erlangte. 209 H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10 (in der Bearbeitung von 1974), Rn. 39; I. v. Münch, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 73, Rn. 65; R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 73, Rn. 130. 210 R. Stettner, in: Dreier, GG, Art. 73, Rn. 43; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10 (in der Bearbeitung von 1974), Rn. 39. 211 I. v. Münch, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 73, Rn. 65; R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 73, Rn. 130.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

geschränkte Bestehen und Funktionieren der staatlichen Einrichtungen in Bund und Ländern, die ungestörte Amtsführung ihrer Organe und Bediensteten, des friedlichen und freien Zusammenlebens der Bewohner sowie die Sicherung lebenswichtiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen vor Lähmung und Störung.212 Werden die vorstehend dargestellten Schutzgüter als Inhalt der Sicherheit des Bundes oder eines Landes akzeptiert, so ist angesichts des Umstandes, daß die Sicherheit in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG neben dem Bestand des Bundes oder eines Landes aufgeführt wird, für den Begriff Bestand in jener Norm festzustellen, daß diese Schutzgüter vom Bestand jedenfalls nicht erfaßt werden. Diese Erkenntnis läßt sich aufgrund der Identität der Formulierung Bestand des Bundes oder eines Landes in Art. 73 Nr. 10 lit. b) und Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG auf letztere Norm übertragen. Denn es ist davon auszugehen, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1972 mit dem Bestand des Bundes oder eines Landes in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG dasselbe meinte, wie im Jahr 1968 bei der Einfügung von Art. 87a Abs. 4 GG. Aufgrund dieser Erkenntnis läßt sich folgern, daß das uneingeschränkte Bestehen und Funktionieren der staatlichen Einrichtungen in Bund und Ländern, die ungestörte Amtsführung ihrer Organe und Bediensteten, das friedliche und freie Zusammenleben der Bewohner sowie die Sicherung lebenswichtiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen vor Lähmung und Störung nicht Bestandteil des Bestandes des Bundes oder eines Landes ist. Diese Feststellung reduziert den durch den Wortlaut eröffneten weiten Rahmen erheblich. Der systematische Vergleich mit Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG führt zu einer Reduktion des Bestandes auf den Schutz des reinen Fortbestehens der Staatlichkeit des Bundes oder eines Landes unter Ausschluß der vom Begriff Sicherheit des Bundes oder eines Landes in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG erfaßten Schutzgüter. 212 B. Droste/E. Werthebach, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10, Rn. 190; I. v. Münch, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 73, Rn. 65; R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 73, Rn. 130; bei der Auslegung des Begriffs in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG ist noch von den grundsätzlich in die Zuständigkeit der Länder fallenden allgemeinen Sicherungsaufgaben abzugrenzen, weshalb nur Sicherheitsbelange erfaßt sein sollen, „die von besonderem Gewicht sind und des Schutzes mit nachrichtendienstlichen Mitteln bedürfen, weil sie besonderen Gefahren ausgesetzt sind, die mit Mitteln der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden nicht abgewehrt werden können“, vgl. C. Degenhart, in: Sachs, GG, Art. 73, Rn. 43; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10 (in der Bearbeitung von 1974), Rn. 38 f.; I. v. Münch, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 73, Rn. 65; M. Heintzen, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 73, Rn. 98; R. Sannwald, in: SchmidtBleibtreu/Klein, GG, Art. 73, Rn. 130; mit gleichem Ziel stellen B. Droste/E. Werthebach, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10, Rn. 187, auf die „Erheblichkeit“ einer Gefahr für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes ab, die vorliegen soll, wenn diese geeignet ist, den Staat „zu erschüttern“.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Meinungsstand zum Inhalt des Bestand des Bundes oder eines Landes dargestellte Kontroverse um die Erfassung von konkreten Formen der Ausgestaltung der Staatsform ist festzustellen, daß diese wenig sinnvoll ist, da daneben auch die innerstaatliche Strukturelemente zweifelsohne umfassende freiheitliche demokratische Grundordnung geschützt wird. Dies kann man systematisch dahin deuten, daß ein sinnvoll handelnder und auf Vermeidung von Redundanzen bedachter Verfassungsgesetzgeber darauf achtet, verschiedenen in derselben Norm enthaltenen Schutzgütern nicht teilweise identische Inhalte zuzuweisen. Deshalb besteht kein Bedürfnis, den Schutz des Bestandes so weit auszulegen, daß er Elemente der Grundordnung umfaßt.213 gg) Ergebnis Zusammenfassend lassen sich für die systematische Auslegung folgende Ergebnisse festhalten: Inhaltlich ist der Begriff der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes in Art. 87a Abs. 4 GG und Art. 91 Abs. 1 GG identisch. Soweit Komponenten des Begriffs ebenfalls in anderen Normen enthalten sind, ist – soweit die Identität geht – auch insoweit inhaltliche Übereinstimmung gegeben. Es spricht eine Vermutung dafür, daß der Begriff Gefahr wie derjenige des Polizei- und Ordnungsrechts zu verstehen ist. Dies ist auf Vereinbarkeit mit den übrigen Auslegungsmethoden hin zu überprüfen. Als Hypothesen auf ihre Validität sind anhand der übrigen Auslegungsmethoden ebenfalls die einfachrechtlichen Legaldefinitionen des Bestandes sowie der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 92 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie § 4 Abs. 1 lit. a) und Abs. 2 BVerfSchG zu überprüfen. Art. 87a Abs. 4 GG kann nur bei ausschließlich inneren Gefahren, bei denen der gesamte Angriff innerhalb der Bundesrepublik stattfindet, zur Anwendung kommen. Daß zugleich eine zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG berechtigende Situation vorliegt, steht dem nicht entgegen. Bei der Beantwortung der Frage, ob innere Gefahren sich unter Art. 87a Abs. 4 GG subsumieren lassen, ist ein restriktiver Maßstab anzulegen. Ein Verständnis der Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG als schlichte polizeirechtliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist ausgeschlossen. Auch ein quantitativ gesteigertes Verständnis in diesem Sinne, wie es Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG enthält, läßt sich bei sachgerechter Berücksichtigung der Systematik nicht begründen.214 213

Ebenso E. Denninger, HVerfR, § 16, Rn. 40.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Art. 87a Abs. 4 GG ist Teil der dem Verfassungsschutz und dem Prinzip der streitbaren Demokratie dienenden Verfassungsnormen, was bei der teleologischen Auslegung zu berücksichtigen sein wird. Eine weite Auslegung der drohenden Gefahr, soweit sich diese auf den Bestand des Bundes oder eines Landes bezieht, in dem Sinne, daß hiervon der Bestand des Staates in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols sowie der durch ihn errichteten Rechtsordnung und der Funktionsfähigkeit der von ihm gewährleisteten Daseinsvorsorge umfaßt wäre, läßt sich mit dem restriktiven Maßstab, dem Verfassungsvorbehalt des Art. 87a Abs. 2 GG, dem Ausnahmecharakter des Art. 87a Abs. 4 GG, dem Verhältnis von Art. 91 GG zur normalen einfachrechtlichen Gefahrenabwehr durch die Länder im allgemeinen, zu Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG im besonderen und Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG nicht vereinbaren. Auch auf das friedliche und freie Zusammenleben der Bürger sowie die Sicherung lebenswichtiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen gegenüber Lähmung und Störung darf der Bestand nicht erstreckt werden. Der Bestand des Bundes oder eines Landes umfaßt deshalb allein den Fortbestand von Bund oder Ländern in ihrer reinen Staatlichkeit. Was dies – über die erfolgte negative Ausgrenzung hinaus – im Einzelnen umfaßt, konnte mittels systematischer Auslegung nicht ermittelt werden. Fest steht in systematischer Hinsicht, daß ein „bewaffneter Aufstand“ von Art. 87a Abs. 4 GG erfaßt wird. Näheres zu dieser tatsächlichen Situation konnte nicht herausgearbeitet werden. Ob dies die Gefahrenlage gemäß Art. 87a Abs. 4 GG erschöpft, ist damit nicht gesagt. e) Normzweck aa) Relevante Zwecke und deren Wirkung Der die gesamte Wehr- und Notstandsverfassung überwölbende Hauptzweck der Abwehr von außen kommender Gefahren ist im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG ohne Bedeutung, da diese Norm gerade nicht der Abwehr von außen kommender Gefahren im Sinne der Verteidigung nach Art. 87a Abs. 2 GG dient, sondern zur Abwehr innerer Gefahren bestimmt ist. 214 Schon H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 26, unterschied vor Inkrafttreten der Notstandsverfassung zwischen „umstürzlerischen Störungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ und „schweren Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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Der dem nach außen gerichteten Verteidigungszweck im Hinblick auf die Notstandsverfassung korrespondierende Hauptzweck der Abwehr außergewöhnlich schwerer aus dem Inneren stammender Gefahren ist jedoch zu berücksichtigen, da Art. 87a Abs. 4 GG gerade für die Abwehr innerer Gefahren geschaffen wurde. Dieser Zweck, welcher beabsichtigt, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Interesse der Staatsbürger zu sichern und dazu den Staat und die Handlungsfähigkeit seiner Organe zu gewährleisten, spricht dafür, die Norm jedenfalls so weit auszulegen, daß sie alle hier noch zu erörternden, nicht bereits anderweitig zulässigen problematischen Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zum Schutz von Großveranstaltungen oder zur Abwehr terroristischer Bedrohungen erfaßt, bei denen es um die Abwehr von Gefahren geht. Dazu müßten Bestand und freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes so ausgelegt werden, daß die von terroristischen Bedrohungen und bei Großveranstaltungen gefährdeten Rechtsgüter von diesen erfaßt werden. Zugleich müßte der Begriff der drohenden Gefahr so verstanden werden, daß diesen Gefahren zu einem Zeitpunkt begegnet werden kann, zu dem eine Abwehr noch möglich ist. Die Zwecke der Abwehr von Gefahren des Mißbrauchs als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat sowie in innenpolitischen Auseinandersetzungen wurden bereits in ihrer weiterhin bestehenden Aktualität dargestellt. Diese sprechen beide dafür, Art. 87a Abs. 4 GG möglichst eng auszulegen, um Einsätze der Bundeswehr i. e. S. im Inneren auf ein möglichst geringes Maß zu reduzieren. Denn je weniger Möglichkeiten für Einsätze der Streitkräfte im Inneren die Verfassung bereitstellt, je weniger Möglichkeiten stehen Politikern oder anderen Einfluß auf die Streitkräfte ausübenden Personen, Gruppen oder Institutionen zu einem Mißbrauch unter Umgehung der Voraussetzungen zur Verfügung. Zugleich wird so auch eine Gewöhnung von Parlament und Öffentlichkeit an solche Einsätze vermieden, die der Kontrolle militärischer Einsätze nicht zuträglich wäre. Das Ziel der Schaffung von verfassungsrechtlicher Klarheit über die Stellung der Armee im Staat und ihre Funktionen gibt keine Richtung der Auslegung in Form von „eng“ oder „weit“ vor, sondern verlangt allein trennscharfe und praktikable Kriterien, die eine möglichst eindeutige Subsumtion unter Art. 87a Abs. 4 GG als zulässig oder unzulässig ermöglichen. Dies ist beim Herausarbeiten solcher Kriterien zu berücksichtigen. Der Zweck der effektiven, insbesondere parlamentarischen Kontrolle der Armee hat bezüglich der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung über die bereits angesprochene Forderung nach effektive Kontrolle ermöglichenden Abgrenzungskriterien keine Bedeutung, weil die Kontrolle parlamentarisch über das Recht, nach Art. 87a Abs. 4 S. 2 GG die Einstellung des Einsatzes zu verlangen, realisiert wird. Im Hinblick auf die eindeutige Sicherung des Primats der Politik

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

hat die Auslegung dieses Begriffs schon deshalb keine Bedeutung, weil dieses Primat dadurch gesichert wird, daß nach Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG die Bundesregierung als Teil der Politik die Streitkräfte einsetzt und das Parlament das Rückrufrecht nach Art. 87a Abs. 4 S. 2 GG hat. Das Ziel des grundsätzlichen Ausschlusses einer Rolle der Armee als innenpolitisches Machtmittel hat hier keine Bedeutung, weil Art. 87a Abs. 4 GG gerade eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt. Man könnte erwägen, den Zweck der durchgängigen Normierung der Folgen von äußeren und inneren Notständen für die innerstaatliche Rechtsordnung mit dem Ziel, die Bewältigung von Notständen nicht Willkür und Chaos, dem Recht des Stärkeren oder schlicht dem Prinzip „Not kennt kein Gebot!“ zu überlassen, dahingehend zu berücksichtigen, daß man Art. 87a Abs. 4 GG so weit auslegte, daß alle hier zur Bewertung anstehenden Gefahren erfaßt werden, die durch die nicht-militärischen Sicherheitskräfte nicht bewältigt werden können. So würden nicht durch die Verfassung zugelassene Notstandsmaßnahmen nach dem Grundsatz „Not kennt kein Gebot!“ vermieden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber 1968 die verfassungsrechtlich flächendeckende Normierung des Notstandes nicht als Selbstzweck ohne qualitativen Inhalt wollte. Eine diesen Zweck ansonsten in jeder Hinsicht erfüllende Notstandsregelung in Form einer Generalklausel wurde damals bewußt abgelehnt, wie der Widerstand gegen den generalklauselartigen Entwurf der 3. Wahlperiode zeigte. Vielmehr sollte der Notstand möglichst konkret und nach Gefährdungskategorien differenziert geregelt werden. Dieser Gedanke würde konterkariert, würde man unter Art. 87a Abs. 4 GG alles fassen, was sich unter keine andere Notstandsnorm subsumieren läßt. In rechtlicher Hinsicht ist vielmehr festzustellen, daß für die Abwehr innerer Gefahren von der Verfassung eine flächendeckende Notstandsregelung zur Verfügung gestellt wird: Eine ganz besondere Kategorie von Gefahren wird durch alle Sicherheitskräfte von Bund und Ländern inklusive der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 4, 91 GG abgewehrt. Technische und Katastrophennotstände können ebenfalls gegebenenfalls vom gesamten Kräftespektrum nach Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG bekämpft werden. Andere nicht in diese speziellen Kategorien fallende und insofern unspezifische Gefahren werden im Grundsatz von den betroffenen Ländern in eigener Zuständigkeit durch ihre Sicherheitskräfte abgewehrt, können jedoch auch mit den über die Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG anforderbaren Sicherheitskräften anderer Länder oder auch mittels des BGS nach Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG in Fällen besonderer Bedeutung bewältigt werden. In rechtlicher Hinsicht bietet dieses Konzept der Gefahrenabwehr keine Lücken. Faktische Lücken entstehen allein aufgrund von Defiziten in der Ausrüstung der nicht-militärischen Sicherheitskräfte. Diese dürfen jedoch nicht zu einer Erweiterung der vom GG nach Art. 87a Abs. 2 GG als Ausnahme angesehenen Einsatzmöglichkeiten

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der Streitkräfte führen. Denn sonst ließen sich mit diesem Argument durch immer weitergehende Reduzierung der Fähigkeiten der nicht-militärischen Sicherheitskräfte die Handlungsbefugnisse der Streitkräfte immer weiter ausdehnen – im Extremfall bei faktischer Reduzierung von Polizei und BGS auf ein Minimum hätten die Streitkräfte fast das gesamte Spektrum innerer Gefahren abzudecken. Diese Überlegungen zeigen, daß der Zweck flächendeckender Normierung des Notstandes im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG keine Auswirkung haben darf. Der mit der Notstandsverfassung verfolgte Zweck, eine Konzentration der vollziehenden Gewalt zu erreichen, um hierdurch eine zentralisierte Planung und Lenkung der wichtigsten staatlichen Abwehrfunktionen zu gewährleisten, ist mit Art. 87a Abs. 4 GG im Grundsatz erreicht. Die Frage, ob die hier zu behandelnden Streitkräfteeinsätze über diese Vorschrift ermöglicht werden, ist jedoch keine, die auf der Notwendigkeit zentraler Planung und Lenkung beruht, sondern hierbei geht es allein darum, daß die zur Abwehr notwendigen Fähigkeiten den nicht-militärischen Sicherheitskräften nicht zur Verfügung stehen. Deshalb ist dieser Zweck hier nicht weiter zu berücksichtigen. Auch das Ziel der schnellstmöglichen Wiederherstellung der Normalverfassung nach Beendigung der Notlage hat in bezug auf die Auslegung der Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG keine Auswirkungen. Dem objektiven Zweck der Gewährleistung des verfassungsrechtlichen Prinzips der Trennung von polizeilicher Abwehr innerer Gefahren und militärischer Gefahrenabwehr nach außen können für Art. 87a Abs. 4 GG zunächst keine Schlußfolgerungen entnommen werden, die gegen die Möglichkeit der Bekämpfung innerer Gefahren durch die Streitkräfte sprechen, weil diese Norm das Prinzip ausdrücklich durchbricht. Jedoch kann diesem Prinzip in Verstärkung der Auslegungsregel aus Art. 87a Abs. 2 GG wiederum eine Forderung nach eher restriktiver Auslegung entnommen werden, weil Art. 87a Abs. 4 GG eine der wenigen Ausnahmen von diesem Grundsatz darstellt. Der für Art. 87a Abs. 2 GG herausgearbeitete Zweck des Schutzes der getroffenen Verteilung von Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern läßt sich zum einen nicht in gleicher Weise auf Abs. 4 übertragen und zum anderen haben es die Länder in diesem Zusammenhang auch in der Hand, dafür zu sorgen, daß in den hier zu erörternden Gefahrensituationen, in denen Einsätze der Bundeswehr i. e. S. in Betracht kommen, sie selbst in der Lage sind, die Gefahren abzuwehren. Verfügen die Länder insofern über Kapazitäten an Sicherheitskräften und deren Ausrüstung, so kann der Bund nicht tätig werden, weil die Voraussetzungen des Art. 91 Abs. 2 GG nicht vorliegen.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Der in Art. 87a Abs. 2 GG enthaltene und auch bei Abs. 4 zu berücksichtigende Zweck des Schutzes der personellen und materiellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S., um sie zu befähigen, ihren (primären) Verteidigungsauftrag zu erfüllen, spricht ebenfalls für ein möglichst enges Verständnis der Gefahr im Sinne von Abs. 4. Denn je mehr Kräfte der Bundeswehr i. e. S. zum Schutz von Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen eingesetzt oder für einen solchen Einsatz bereitgehalten werden, umso weniger Kräfte stehen für die Verteidigung zur Verfügung. Auch das Ziel der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte spricht für eine restriktive Auslegung, weil bei zunehmender Zahl von Einsätzen der Streitkräfte im Inneren auch die Wahrscheinlichkeit, daß sich gesellschaftliche Gruppen innerlich gegen die Bundeswehr i. e. S. wenden, zunimmt. Daß die objektiven haushaltsrechtlichen Zwecke der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, aus denen sich das Ziel ableiten läßt, daß staatliche Ressourcen irgendeiner Art, wenn sie für ihren eigentlichen Zweck nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt werden, möglichst für andere staatliche Zwecke verwendet werden sollen, im Hinblick auf Einsätze der Streitkräfte zurückzutreten haben, wurde bereits dargelegt. Der bereits erwähnte konkrete mit der Notstandsverfassung verfolgte Zweck der Abwehr außergewöhnlich schwerer innerer Gefahren wird durch weitere objektive Zwecke bestätigt und verstärkt. Zum einen ist die Gewährleistung von Sicherheit215 nach innen und außen nicht nur grundlegendes Ziel jeder staatlichen Ordnung, sondern zugleich auch zentrale Rechtfertigung der aus der Einordnung in ein Gemeinwesen für das Individuum folgenden Einschränkungen seiner persönlichen Freiheit.216 Zum anderen drückt sich diese aufgrund ihrer Selbstverständlichkeit auch im Grundgesetz nirgendwo ausdrücklich verankerte Staatszielbestimmung217 in der Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG, dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte und als Konsequenz auch dem staatlichen Gewaltmonopol entnommenen staatlichen Schutzpflicht gegenüber dem Bürger aus.218 Die Staatsaufgabe Sicherheit219 215 Dieser Begriff ist ausgesprochen vielschichtig und umfaßt im Verständnis der modernen Industriegesellschaften zunächst klassisch die physische Sicherheit vor körperlicher Gewalt sowie darüber hinausweisend ökologische und soziale/ökonomische Sicherheit, vgl. C. Calliess, ZRP 2002, 1 m. w. N.; zum polizeirechtlichen Sicherheitsbegriff z. B. G. Großmann, Teil II, Rn. 29; zum durch den Terrorismus besonders aktualisierten Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit: W. Hoffmann-Riem, ZRP 2002, 497. 216 C. Calliess, ZRP 2002, 1 (2 f., 4). 217 C. Calliess, ZRP 2002, 1; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 7 f. 218 C. Calliess, ZRP 2002, 1 (3); N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 8. 219 W. Hoffmann-Riem, ZRP 2002, 497.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

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und die staatlichen Schutzpflichten sprechen jeweils dafür, alle hier zu behandelnden Bedrohungen unter Art. 87a Abs. 4 GG zu subsumieren, soweit hierdurch individuelle Rechtsgüter gefährdet sind. Allein in Situationen, in denen öffentliche Einrichtungen bedroht sind und hiervon nicht zugleich dort sich aufhaltende Bedienstete, die zugleich ja immer auch Individuen sind, oder andere Bürger gefährdet werden, liegt keine Gefährdung individueller Rechtsgüter vor und die aufgeführten Zwecke würden dann nicht für eine diese Bedrohungen erfassende Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG sprechen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn aus der Beschädigung oder Zerstörung der öffentlichen Einrichtung nicht mittelbar Gefahren für Individualrechtsgüter entstehen würden, indem z. B. für den Bürger wichtige staatliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge ausfallen. In den meisten hier zu erörternden Fällen sprechen die Staatsaufgabe Sicherheit und staatliche Schutzpflichten dafür, diese Situationen unter die Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG zu fassen. bb) Gewichtung der Ziele und Abwägung unter Berücksichtigung der übrigen Auslegungsmethoden Da verschiedene bei der Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG zu berücksichtigende gegenläufige Zwecke ermittelt wurden und diese zu widersprüchlichen Ergebnissen für die Begriffsbestimmung führen, sind diese Zwecke auf ihre verfassungsgeberisch gewollte Gewichtung und eventuell zwischen ihnen bestehende Vorrangverhältnisse zu untersuchen. Zugleich sind die Ziele mit den bereits erzielten Ergebnissen aus anderen Auslegungsmethoden in Beziehung zu setzen, um hieraus Schlußfolgerungen zu ziehen. Es existieren im wesentlichen zwei Gruppen von Zielen, die sich in ihren Einflüssen auf die Auslegung der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes diametral auswirken. Die erste Gruppe besteht aus den Normzielen der Abwehr außergewöhnlich schwerer innerer Gefahren sowie der Staatsaufgabe Sicherheit und den staatlichen Schutzpflichten, welche dafür sprechen, alle Bedrohungen von Großveranstaltungen und durch Terror unter Art. 87a Abs. 4 GG zu subsumieren. Bei der Gewichtung dieser Ziele ist berücksichtigen, daß sie sich nicht in ihrer Gewichtigkeit additiv verhalten, sondern daß das Gewicht des Zwecks der inneren Gefahrenabwehr durch die Staatsaufgabe und die staatlichen Schutzpflichten nicht verstärkt wird. Dies ergibt sich daraus, daß der Zweck der Abwehr außergewöhnlich schwerer innerer Gefahren nur eine spezielle Ausprägung der allgemeinen Staatsaufgabe und der Schutzpflichten ist. Deshalb gewinnt er durch die dahinter stehenden Zwecke keine ge-

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steigerte Durchsetzungsfähigkeit gegenüber konfligierenden Zielen. Die dahinter stehenden Ziele helfen allein, ihn staatstheoretisch besser einordnen zu können. Zudem ist bezüglich der Schutzpflichten zu beachten, daß diese gewissermaßen „relative Ziele“ darstellen, da die Wahrnehmung der Schutzpflichten nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung einem weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraum von Gesetzgeber und Exekutive unterliegt. Steht eine bestimmte Rechtsfolge aber aufgrund einer normativen Regelung überhaupt nicht zur Verfügung, so ist der Ermessensspielraum insofern reduziert. Die Setzung einer normativ ausgeschlossenen Rechtsfolge kann auch über das Argument der Schutzpflicht nicht gerechtfertigt werden und wäre ermessensfehlerhaft. Der Zweck der Abwehr der Gefahren des Mißbrauchs als Machtinstrument gegen den demokratischen Staat sowie in innenpolitischen Auseinandersetzungen spricht für eine möglichst enge Auslegung. Zwar ist das Gewicht dieser Ziele aufgrund des nur noch sehr niedrigen Gefahrenniveaus, welches diesen Gefahren durch die äußerst geringe Wahrscheinlichkeit ihrer Realisierung heute zukommt, nicht hoch, es wird jedoch verstärkt durch den Zweck des Schutzes der personellen und materiellen Ressourcen der Bundeswehr i. e. S. und der Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte, welche jeweils dem „Endzweck“ der Sicherung der Erfüllung des Verteidigungsauftrags dienen. Hierdurch sind die Zwecke, die eine restriktive Auslegung fordern, von recht hohem Gewicht. Dieses wird nur unwesentlich durch die Erwägung reduziert, daß der Zweck der Sicherung der Ressourcen der Streitkräfte für die Erfüllung des Verteidigungsauftrages nicht nur durch eine solche restriktive Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG erfüllt werden kann, sondern daß dies auch noch bei der Entscheidung der Bundesregierung über den Einsatz berücksichtigt werden kann. Sieht diese in der Hinsicht eine Gefahr, so liegt es bei ihr, die Bundeswehr i. e. S. nicht einzusetzen. Das Gewicht der sicherheitsbezogenen Ziele, die eine alle noch zur Beurteilung anstehenden Streitkräfteeinsätze erfassende Auslegung befürworten, soweit diese Gefahren abwehren, wird jedoch durch folgende Erwägung verringert: Es ist in rechtlicher Hinsicht überhaupt nicht zwingend geboten, die noch zu erörternden Bedrohungen von Großveranstaltungen oder durch Terroristen unbedingt mittels Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG abzuwehren. Rein rechtlich gesehen ist dies auch mittels nichtmilitärischer Sicherheitskräfte im Rahmen der normalen Gefahrenabwehr der Länder möglich, eventuell verstärkt durch Sicherheitskräfte anderer Länder im Wege der Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG oder nach Abs. 2 S. 1 durch den BGS. Daß diese nicht über entsprechende Kapazitäten verfügen, bedeutet nicht unausweichlich, daß Art. 87a Abs. 4 GG dahingehend ausgelegt werden muß, daß die über entsprechende Fähigkeiten verfügende

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Bundeswehr i. e. S. zum Einsatz kommen kann. Aus der Sicht des Rechts, insbesondere aus der Sicht der Verfassung als Sollensordnung, liegt es viel näher, die tatsächlichen Voraussetzungen zu schaffen, um bestehende rechtliche Befugnisse effektiv wahrnehmen zu können, als andere rechtliche Befugnisse erweiternd auszulegen. Bevor die verbleibende „Bedeutungslücke“ zwischen den zum einen restriktive, zum anderen weite Auslegung befürwortenden Zielen durch Abwägung geschlossen wird, ist zu überprüfen, ob nicht durch bereits erzielte Teilergebnisse aus den übrigen Auslegungsmethoden Vorgaben und Hinweise für die Abwägung gewonnen werden können. Zunächst ist sich zu vergewärtigen, daß das weite Auslegung fordernde Ziel der Abwehr außergewöhnlich schwerer Gefahren im Innern ein allgemeines Ziel der gesamten Notstandsverfassung ist. Dieses ist bei der Auslegung aller Normen der Notstandsverfassung zu berücksichtigen, was jedoch nicht heißen kann, daß alle Normen die Abwehr jeglicher schwerwiegender innerer Gefahren ermöglichen müssen. Denn die im GG getroffene Notstandsregelung ist ein System, in dem jede Vorschrift eine Teilfunktion erfüllt, was im Endergebnis die vollständige Erreichung des Ziels der Abwehr außergewöhnlich schwerer Gefahren im Inneren sowie nach außen herbeiführen soll. Bei der Berücksichtigung der Art. 87a Abs. 4 GG zukommenden Funktion im System der grundgesetzlichen Notstandsabwehr hat sich bereits im Rahmen der systematischen Auslegung ergeben, daß in Art. 87a Abs. 4 GG, auch wenn wohl der dort verwendete Begriff Gefahr wie im Polizeirecht zu verstehen sein dürfte, doch die drohende Gefahr für die den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes nicht mit der schlichten Gefahr für die öffentliche Sicherheit im polizeirechtlichen Sinn gleichgesetzt werden kann. Hier ist zu beachten, daß diese Arbeit der objektiven Auslegungslehre des BVerfG folgt, welche an Wortlaut und Systematik anknüpfenden Gesichtspunkten wegen ihrer höheren Textnähe aus rechtsstaatlichen Erwägungen heraus einen von Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vorrang vor anderen durch Auslegung gewonnenen Aspekten gewährt. Deshalb beansprucht eine solche aus der Systematik des GG folgende Erkenntnis gegenüber einem aufgrund anderer Auslegungsmethoden gewonnenen Zweck, wie dem der Abwehr außergewöhnlich schwerer innerer Gefahren, vorrangige Berücksichtigung. Die systematische Auslegung hatte ebenfalls ergeben, daß in Art. 87a Abs. 4 GG mehr vorausgesetzt wird als eine quantitativ gesteigerte Gefahr für die öffentliche Sicherheit, wie sie z. B. in Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG enthalten ist. Dies konnte zugleich der Entstehungsgeschichte entnommen werden. Diese Erkenntnisse und die Berücksichtigung des vom Wortlaut her sehr komplexen Terminus der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

weist darauf hin, daß es sich um eine qualitativ andersartige Gefahr handeln muß.220 Bezüglich des Bestandes des Bundes oder eines Landes konnte in systematischer Hinsicht festgestellt werden, daß sich dies allein auf den Fortbestand der staatlichen Existenz als solche bezieht und der Schutz des Staates in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols sowie der durch ihn errichteten Rechtsordnung, der Funktionsfähigkeit der von ihm gewährleisteten Daseinsvorsorge sowie dem friedlichen und gewaltfreien Zusammenleben der Bürger davon nicht erfaßt wird. Dies reduziert den Teilbegriff Bestand des Bundes oder eines Landes auf eine hinsichtlich des durch den Wortlaut gezogenen weiten Rahmens recht enge Auslegung. Da auch dies systematisch ermittelt wurde, hat der weite Auslegung fordernde Zweck innerer Gefahrenabwehr insoweit zurückzutreten. Diese Reduzierung des weiten Wortlauts des Bestandes paßt dazu, daß Art. 87a Abs. 4 GG Teil der dem Verfassungsschutz und dem Prinzip der streitbaren Demokratie dienenden Verfassungsnormen ist. Die Beschränkung auf den Schutz eines unverzichtbaren Wesenskerns, wie er soeben hinsichtlich des Bestandes dargestellt wurde, ist auch ansonsten ein Wesensmerkmal des Schutzes der streitbaren Demokratie. Die Einschränkung rechtsstaatlicher Freiheitsgewährleistungen in Einzelfällen zur gesamtstaatlichen Sicherung der Freiheit darf nur in ausgewählten Situationen zum Schutz eines unverzichtbaren Kernbestandes erfolgen. Dies zeigt, daß auch der Teilbegriff freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes restriktiv zu handhaben ist. Diese Feststellungen stimmen überein mit der aus systematischer Auslegung folgenden grundsätzlichen restriktiven Haltung bei der Auslegung von Normen, die Einsätze der Streitkräfte außer zur Verteidigung zulassen. Danach ist auch der Teilbegriff der drohenden Gefahr restriktiv auszulegen. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß systematische Gesichtspunkte hinsichtlich der hier behandelten Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG durchgehend eine restriktive Auslegung gebieten und insofern mit einem Teil der auf andere Weise ermittelten Normzwecke kongruent sind. Mit der durch den Zweck der Abwehr schwerwiegender außergewöhnlicher Gefahren im Inneren, der Staatsaufgabe Sicherheit und den staatlichen Schutzpflichten geforderten weiten Auslegung läßt sich dies nicht vereinbaren, weshalb diese im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG wegen des hohen Ranges systematisch bestätigter Normzwecke zurückzutreten haben. Dies 220

Ebenso H. Oberreuter, 251.

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bedeutet jedoch keine Aufopferung dieser Zwecke, da deren Erreichung, wie bereits gezeigt, auch mittels anderer Befugnisse erstrebt werden kann, wenn entsprechende tatsächliche Kapazitäten zur Wahrnehmung der bestehenden rechtlichen Kompetenzen geschaffen werden. Die Erreichung dieser Zwecke ist im System des GG jedoch nicht in jeder Hinsicht, sondern nur für ganz besondere qualitativ herausgehobene Gefahren über Art. 87a Abs. 4 GG möglich. Im übrigen ist deren Verwirklichung über andere der Notstandsabwehr oder der schlichten Gefahrenabwehr dienende Normen zu suchen. Insgesamt ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse der anderen Auslegungsmethoden festzustellen, daß die an den Normzwecken orientierte Auslegung für ein enges Verständnis der Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG spricht. Zu berücksichtigende Zwecke sind hierbei die Verhinderung des Mißbrauchs der Streitkräfte gegen den demokratischen Rechtsstaat und in innenpolitischen Auseinandersetzungen, die Gewährleistung des gesellschaftlichen Rückhalts der Streitkräfte sowie der Verfassungsschutz im Sinne einer Abwehr von Gefahren für den Fortbestand der Bundesrepublik als Staat unter Einbeziehung der sie essentiell konstituierenden Prinzipien und Werte.

4. Weitere Konkretisierung und Anwendung Ohne daß bisher eine abschließende allgemeingültige Begriffsbestimmung erzielt wurde, sollen die gefundenen Kriterien, Grenzen und Aspekte des Begriffs der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes im Sinne von Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG im folgenden auf die noch zu erörternden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zum Schutz von Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen angewendet werden und hierbei weiter konkretisiert und ergänzt werden. Auf diese Weise soll entsprechend dem Ziel dieser Untersuchung eine Bewertung dieser Einsätze erfolgen, ohne daß notwendigerweise eine umfassende Begriffsbestimmung erfolgt. Diese wird nur insoweit vorgenommen, als es der Rahmen dieser Arbeit erfordert.

a) Absicherung von Großveranstaltungen Der Einsatz von Soldaten als Türsteher bei Großveranstaltungen zur Kontrolle der Zutrittsberechtigung und zur schlichten Personenkontrolle ist auch nach Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig, weil keine entsprechende Gefahr abzuwehren ist.

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Soweit Personenkontrollen dazu dienen, zu verhindern, daß Personen sich Zutritt zum Veranstaltungsgelände verschaffen, um Einzelpersonen von hoher Bedeutung wie „Wirtschaftsbosse“ oder hochgestellte Politiker, insbesondere Bundespräsident, Bundeskanzler, Minister und Mitglieder der Landesregierungen anzugreifen, oder um einen gegen die große Zahl anwesender Personen bei einer solchen Großveranstaltung gerichteten Angriff im Wege des Selbstmordattentats oder auf andere Weise, eventuell mit Massenvernichtungswaffen, auszuführen, ist dies näher zu erörtern. Zunächst soll auf die beabsichtigte Tötung von hochgestellten Entscheidungsträgern der Wirtschaft eingegangen werden. Zunächst einmal soll vorangestellt werden, daß bisher keine Gesichtspunkte ermittelt werden konnten, die dagegen sprechen, den Begriff Gefahr im Sinne des Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG so zu verstehen, wie dies im Polizeirecht der Fall ist.221 Angesichts der Beifügung des Attributs drohend ist davon auszugehen, daß die Gefahr in einer solchen Situation nicht nur typischerweise nach der Lebenserfahrung bestehen muß – dies wäre polizeirechtlich eine abstrakte Gefahr –, sondern die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Schutzguts muß im Einzelfall aufgrund objektiv feststellbarer tatsächlicher Gesichtspunkte bestehen, was polizeirechtlich eine sogenannte konkrete Gefahr ausmacht.222 aa) Angriff auf wirtschaftliche Entscheidungsträger Die Wirtschaft als solche und noch viel weniger deren Angehörige fallen nicht unter den Bestand des Bundes oder eines Landes, weil nach dem zuvor herausgearbeiteten nur der reine Fortbestand des Staates geschützt ist.223 Dies ergibt sich daraus, daß die Wirtschaftskraft der deutschen Volkswirtschaft, die eventuell durch einen solchen Angriff beeinträchtigt wird, jedenfalls nicht erfaßt ist. Wenn allein der schlichte Fortbestand der staatlichen Existenz gemeint ist, so ist es in der Tat sachgerecht, die staatliche Existenz in das Bestehen des Staatsgebietes, des Staatsvolks und einer souveränen Staatsgewalt nach dem klassischen Staatsbegriff224 zu differen221 Im Ergebnis ebenso M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 78; W. Brunkow, 104; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102; P. Eichhorn, 159; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (388); K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 87a, Rn. 10; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; D. Keidel, 20; N.-P. Kleiner, 274; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9; J. Pannkoke, 216; H. M. Parche, 151; T. M. Spranger, NZWehrr 1999, 72 (73); K. Stern, StaatsR II, § 56 III 4 c, 1470; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 8. 222 Vgl. N.-P. Kleiner, 272; ebenso G. Großmann, Teil II, Rn. 44. 223 G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 100; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 139 ff.; H. M. Parche, 145; H.-J. Rungweber, 3. 224 G. Jellinek, 10 f., 137 f.

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zieren.225 Entscheidungsträger der Wirtschaft partizipieren nicht an der Staatsgewalt. Man könnte erwägen, ob ein Angriff auf einen wirtschaftlichen Entscheidungsträger die Bestandskomponente souveräne Staatsgewalt insofern beeinträchtigt, als die souveräne Staatsgewalt, die zutreffend in die Handlungsfähigkeit nach außen als Völkerrechtssubjekt und in die innere Handlungsfähigkeit bzw. die innere Souveränität differenziert wird, in ihrer innerstaatlichen Komponente beeinträchtigt wird. Der Staatsgewalt nach innen ausübende Souverän, welcher für sich das Gewaltmonopol in Anspruch nimmt und zum Ausgleich der daraus folgenden Friedenspflicht des Bürgers zumindest die Gewährleistung von Sicherheit vor unberechtigter physischer Gewalt übernimmt und diese mittels der staatliche Schutzpflichten ausformenden Rechtsordnung zu garantieren sucht, erfährt durch private Gewaltanwendung außerhalb der Rechtsordnung einen punktuellen Angriff auf seine Souveränität. Da, wo die Rechtsordnung durch private Gewalt verletzt wird, wird das staatliche Gewaltmonopol durchbrochen, die Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht im Einzelfall ausgeschlossen und auch die flächendeckende Gewährleistung von Sicherheit beeinträchtigt. Dies könnte man als Beeinträchtigung der inneren Souveränität ansehen. Jedoch hat die systematische Auslegung im Hinblick auf Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG und den dort enthaltenen Begriff der Sicherheit des Bundes oder eines Landes gezeigt, daß der Staat in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols sowie der durch ihn errichteten Rechtsordnung und der Funktionsfähigkeit der von ihm gewährleisteten Daseinsvorsorge, insbesondere lebenswichtiger Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen, und dem friedlichen und freien Zusammenleben der Bürger gegenüber Angriffen nicht vom Bestand des Bundes oder eines Landes geschützt wird. Aufgrund des bereits zuvor verwendeten Arguments der Redundanz läßt sich das Nebeneinander von Bestand und Sicherheit des Bundes oder eines Landes in Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG sowie das Fehlen der Komponente Sicherheit in Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG nur dahingehend erklären, daß vom Schutzgut Bestand des Bundes oder eines Landes die souveräne Staatsgewalt nach innen nicht gegen punktuelle Rechtsverletzungen und sonstige Angriffe geschützt wird. Daß dies so sein muß, ergibt sich ebenfalls aus der 225

Ebenso M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 74; P. Eichhorn, 157; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 19 f.; D. Keidel, 19; H.-J. Rungweber, 4; weil die Komponente des Staatsvolks nicht und diejenige der inneren Souveränität nicht hinreichend erfaßt werden, sind die Legaldefinitionen in §§ 4 Abs. 1 lit. a) BVerfSchG, 92 Abs. 1 StGB nicht zur Ausfüllung des Bestandes heranzuziehen; schon vor Inkrafttreten der Notstandsverfassung hielt H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 28, dafür, daß eine Bedrohung für den Staat als Ganzes durch Gefahren, die nicht von außen stammen, mit Hilfe der Streitkräfte abzuwehren seien.

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Überlegung, daß selbst in der als sehr sicher anzusehenden Bundesrepublik alltäglich eine Vielzahl von Rechtsverletzungen, privaten Gewaltausübungen unter Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols und selbst eine zwar im Jahr nicht allzu hohe, aber auch nicht unbeträchtliche Anzahl von Tötungen erfolgt. Wenn durch solche Geschehnisse die innere Souveränität bedroht oder gar aufgehoben wäre, wäre die Bundesrepublik schon gegenwärtig kein Staat im Sinne der Allgemeinen Staatslehre und auch die meisten anderen Staaten der Welt wären weit davon entfernt, innere Souveränität aufzuweisen. Zudem würden hier Streitkräfteeinsätze nach Art. 87a Abs. 4 GG möglich, was dem Ausnahmecharakter der Vorschrift zuwiderliefe. Diese Überlegungen zeigen, daß die Frage der inneren Souveränität gesamtstaatlich betrachtet werden muß und auch gehäufte Rechtsverletzungen und Eskalationen privater Gewalt diese nicht aufheben. Infragegestellt ist die innere Souveränität erst dann, wenn eine gewichtige Gruppe den souveränen Machtanspruch des Staates nicht nur punktuell, sondern grundsätzlich negiert und dies bezogen auf das gesamte Staatsgebiet gesamtstaatlich durch die tatsächliche Mißachtung des staatlichen Gewaltmonopols und der Souveränität in Form der Durchbrechung der Rechtsordnung und den Versuch der Errichtung einer „Gegenrechtsordnung“ auch tatsächlich dokumentiert.226 Denn erst dann, wenn dem Staat im Inneren aufgrund solcher Unternehmungen insgesamt „das Heft zu entgleiten droht“ kommt man in die Nähe dessen, was im Völkerrecht als failed state bezeichnet wird. Der völkerrechtliche failed state stellt bei richtiger Betrachtung einen „Staat“ dar, welchem es an innerer Souveränität mangelt, weil er im Innern nicht mehr als effektive Ordnungsmacht aufzutreten vermag, der seine Friedens- und Freiheitsfunktion nicht mehr erfüllen kann,227 und der deshalb bei richtiger Betrachtung ein „Nicht-Staat“ ist. Genau dies ist gemeint, wenn manche die innere Souveränität, die vom Bestand umfaßt wird, als „Sicherung der Staatsgewalt als effektive Ordnungsmacht“ konkretisieren oder sie als durch ein „Mindestmaß an Handlungsfähigkeit nach innen zur Aufrechterhaltung rechtsstaatlicher Grundfunktionen“ ausgezeichnet sehen. Aufgrund dieser Erwägungen bedarf es keiner weiteren Erläuterungen, warum ein Angriff auf einen wirtschaftlichen Entscheidungsträger die souveräne Staatsgewalt nicht bedroht. Hochgestellte wirtschaftliche Entscheidungsträger sind jedoch Bestandteil des Staatsvolks, wie jeder andere Bürger auch. Der Bestand des Staates schützt über das Element des Staatsvolks aber nicht jeden einzelnen Bürger, 226 Hiermit übereinstimmend geht F. Hase, Alternativkommentar, Bd. III, Art. 91, Rn. 19, davon aus, Art. 87a Abs. 4 GG greife nur ein, „wenn verfassungsmäßiger Staatsgewalt konkurrierende Gewalt in der Weise entgegengesetzt wird, daß Bestand oder Grundstrukturen des Bundes oder eines Landes gefährdet sind“. 227 Vgl. insoweit E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 16.

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weil sonst jeder körperliche Angriff auf eine Person eine drohende Gefahr für den Bestand des Staates wäre.228 Dies entspricht nicht dem Sinn der Erfassung des Staatsvolks von Art. 87a Abs. 4 GG, da der Staat auch nach der Tötung einer Person mit dem verbleibenden Staatsvolk weiter existiert. Zudem ist die Verhinderung privater Gewalt, insbesondere in Form von Tötungen, über die Komponente des „friedlichen Zusammenlebens der Bürger“ in der Sicherheit des Bundes oder eines Landes enthalten und im Bestand folglich nicht geschützt. Ein Angriff auf Entscheidungsträger der Wirtschaft ist somit keine drohende Gefahr für den Bestand des Bundes oder eines Landes. Auch die freiheitliche demokratische Grundordnung ist dadurch nicht gefährdet. Dabei ist es überhaupt nicht notwendig, im Einzelnen abzugrenzen, welche Prinzipien davon erfaßt sind. Unabhängig davon, ob man der – im wesentlichen ein gutes Bild der zentralen Prinzipien des politischen Systems der Bundesrepublik vermittelnden – Begriffsbestimmung des BVerfG folgt oder ob man diese im Hinblick auf Art. 79 Abs. 3 GG noch um weitere Prinzipien ergänzt, ist deren ungefährdeter Fortbestand von der Tötung eines hochgestellten wirtschaftlichen Entscheidungsträgers überhaupt nicht tangiert. Es besteht deshalb überhaupt keine drohende Gefahr. Zur Verhinderung eines Anschlags auf solche Personen wäre der Einsatz als Türsteher, Personenschützer etc. deshalb auch nicht über Art. 87a Abs. 4 GG zulässig. bb) Schutz von Politikern und Regierungsmitgliedern Für den Einsatz als Türsteher etc. zum Schutz von Politikern im allgemeinen und Regierungsmitgliedern im besonderen können diese Grundsätze teilweise herangezogen werden. Der Bestand des Staates im Hinblick auf Staatsvolk und Staatsgebiet ist nicht betroffen und jener hinsichtlich der Staatsgewalt ebenfalls nicht, wie der Vergleich mit dem Inhalt der Sicherheit des Bundes oder eines Landes zeigt. Auch die Integrität von Organträgern ist genau wie die von sonstigen Bediensteten des Staates über die Sicherheit des Bundes oder eines Landes im Sinne von Art. 73 Nr. 10 lit. b) GG geschützt und nicht vom Bestand des Staates erfaßt.229 Zwar kann natürlich dieser Organträger, wenn er getötet würde, Staatsgewalt nicht mehr ausüben. Aber jeder Organträger und jeder wichtige Bedienstete des Staates hat einen Vertreter und dieser hat wiederum auch einen Vertreter, so daß die Wahrnehmungszuständigkeit für die Ausübung der Staatsgewalt immer 228

P. Eichhorn, 157. H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 20; W. Heun, in: Dreier, GG, Art. 91, Rn. 8; M. Lepper, 47 f. 229

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gesichert ist. Die Integrität von Organträgern ist deshalb vom Bestand des Staates nicht geschützt.230 Erwägen könnte man jedoch, ob dies eine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellt. Unter Berücksichtigung der Beschränkung dieser Grundordnung auf die zentralsten Prinzipien des politischen Systems wird deutlich, daß auch die Beseitigung der Inhaber wichtiger staatlicher Ämter diese nicht verletzt.231 Denn das Amt als solches bleibt bestehen und seine Wahrnehmung ist durch das System der Vertretung im Amt gesichert. Die Rechtsordnung gewährleistet, daß für jeden getöteten Amtsträger ein anderer nachrückt. Man kann jedoch die Frage stellen, ob nicht das Beseitigen eines Amtsträgers, wodurch ein Verfahren der Ersetzung durch einen anderen Amtsträger eingeleitet wird, eine Destabilisierung des Systems herbeiführt, die, wenn sie durch andere solche Destabilisierungen durch Tötungen von Amtsträgern oder andere Angriffe begleitet wird, eventuell dazu führen kann, daß ein Prinzip, welches zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehört, leichter als sonst beseitigt werden kann.232 Dies wäre dann eine Verletzung der Grundordnung. Hierzu ist festzustellen, daß eine solche Destabilisierung rein theoretisch natürlich bei einem Wechsel der Inhaberschaft wichtiger Staatsämter immer besteht. Auch der Amtswechsel durch Regierungswechsel aufgrund von Wahlen stellt einen Moment der Destabilisierung dar, welcher für Angriffe eine günstige Ausgangssituation schafft. Auch ist es richtig, daß das politische System, welches mit dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgebildet wird, in solchen Momenten verletzbarer ist als sonst. Jedoch stellt diese Gefahr allein nur eine theoretische und insofern abstrakte Gefahr dar, die noch keine drohende Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG ist. Denn oben wurde dargestellt, daß nur die im Einzelfall aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte festgestellte Gefahr hierfür ausreicht. Der Gefahr innewohnend ist der Aspekt, daß die Situation, wenn nicht Abwehrmaßnahmen ergriffen werden, ohne weiteres zu einer Verletzung des Schutzguts führt. Die durch Tötung eines Amtsträgers herbeigeführte Destabilisierung des politischen Systems allein kann aber keinesfalls zu einer 230 M. Lepper, 47 f.; Lepper hebt a. a. O., Fn. 161, hervor, daß „auch der normale Tod eines Organträgers nicht Staatsgefährdung“ darstellt; erst bei massiv gehäufter Entführung oder Tötung von Organträgern, die wichtige Amtsträger und alle ihre Vertreter ausschaltet, kann man über eine Gefahr für die Ausübung der Staatsgewalt nachdenken, weil die gesicherte Amtsübergabe und jederzeitige Wahrnehmung der Staatsgewalt in Frage gestellt wird. 231 Als Beispiel sei angeführt, daß die präsidiale Demokratie in den USA durch die Ermordung des US-Präsidenten J. F. Kennedy unberührt blieb. 232 Daß es auf das Beseitigen eines zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehörenden Prinzips ankommt und nicht auf irgendeine diesem zuwiderlaufende Rechtsverletzung betont auch P. Eichhorn, 159.

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Veränderung der Grundordnung führen. Dazu müssen weitere Angriffe unternommen werden, die durch die Destabilisierung lediglich erleichtert werden. Schon deshalb kann dies allein keine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung nach Art. 87a Abs. 4 GG sein. Aufgrund der sich aus systematischen und teleologischen Erwägungen ergebenden Forderung nach restriktiver Auslegung kann zudem die drohende Gefahr dahingehend spezifiziert werden, daß deren Realisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgen muß.233 Eine solche hohe Wahrscheinlichkeit, daß ein von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Bundes oder eines Landes umfaßtes Prinzip aufgrund der durch Tötung eines Amtsträgers bestehenden Destabilisierung des Systems beseitigt wird, liegt in der Regel nicht vor.234 Nur aufgrund außergewöhnlicher tatsächlich feststellbarer Gesichtspunkte kann eine solche hohe Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, die in der Häufung der Tötung oder Entführung von Amtsträgern liegen kann, wenn zudem konkrete Absichten zur Veränderung der Grundordnung außerhalb der verfassungsmäßig vorgesehenen Verfahren ermittelt werden können.235 Auch zum Schutz von Trägern wichtiger Staatsämter und sonstiger Politiker sind Einsätze als Türsteher mangels drohender Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung nach Art. 87a Abs. 4 GG nicht zulässig.

233 Ebenso M. Baldus, in: v. Mangoldt/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 78; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102; P. Eichhorn, 160; K. Ipsen, Einsatz der Bundeswehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; M. Lepper, 34; J. Pannkoke, 216; ähnlich: H. M. Parche, 151 („große“); „ernsthaft/ernstlich“: P. Eichhorn, 160; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (388); N.-P. Kleiner, 274; T. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91, Rn. 9; „sehr wahrscheinlich“: D. Keidel, 20; N.-P. Kleiner, 274. 234 Dies korrespondiert mit der Feststellung von W. Laqueur, 157 (169), daß der Stadtterrorismus in der Lage sei, schwache Regierungen zu unterhöhlen oder als Katalysator einer allgemeinen Insurgenz zu wirken, aber nicht Instrument der feindlichen Machtergreifung sei, da normalerweise Terroristen keine „befreiten Zonen“ schaffen können; er kommt dadurch zu der Erkenntnis, daß der Stadtterrorismus politisch wirkungslos bleibt, solange er nicht in der breiten Masse die Unterstützung einer politischen Bewegung gewinnen kann. 235 Die abweichende Auffassung von H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 23, welcher die gewaltsame Beseitigung von Staatsorganträgern als Verletzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ansieht, ist abzulehnen; richtig ist, daß dies der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht entspricht und insofern eine Rechtsverletzung darstellt; verändert oder beseitigt wird die Grundordnung dadurch jedoch nicht.

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cc) Angriffe auf große Menschenmengen Soweit solche Einsätze als Türsteher jedoch dazu dienen, Angriffe auf die große Zahl der versammelten Teilnehmer der Veranstaltung abzuwehren, kommt eine drohende Gefahr für den Bestand des Staates in Form des Staatsvolks in Betracht. Hierbei kann das Szenario einer sportlichen Großveranstaltung wie Olympischen Spielen oder einer Fußballweltmeisterschaft herangezogen werden, bei deren „Top-Events“ je nach Größe des Veranstaltungsorts über 50.000 Menschen zusammenkommen können. Unterstellt, daß Terroristen über eine Waffe verfügen, mit der mit großer Wahrscheinlichkeit alle anwesenden Teilnehmer getötet oder schwer verletzt werden können, ist zu fragen, ob hier nicht das Staatsvolk bedroht ist. Grundsätzlich ist das Staatsvolk nicht in seiner konkret bestehenden Anzahl geschützt. Denn der Fortbestand z. B. des Staates Bundesrepublik Deutschland ist auch gesichert, wenn anstatt von 80 Millionen Einwohnern nur noch 79 Millionen existieren. Auch wenn die Tötung von einer Million Menschen ein furchtbares Verbrechen wäre, wäre der Fortbestand der Bundesrepublik nicht betroffen. Eindeutig ist, daß der Bestand des Bundes oder eines Landes verletzt ist, wenn das Staatsvolk als Ganzes vernichtet wird.236 Wird durch einen Anschlag oder ähnliches, z. B. mit Massenvernichtungswaffen, die gesamte Bevölkerung eines Bundeslandes vernichtet, was insbesondere im Hinblick auf die Stadtstaaten möglich erscheint, so ist der Bestand dieses Landes nicht nur gefährdet, sondern verletzt. Da man aber bei eine solche Folge eventuell herbeiführenden Bedrohungen nie sicher sein kann, daß diese wirklich das Staatsvolk eines Bundeslandes oder gar des Bundes komplett auslöschen werden und insofern eine große Unsicherheit besteht, muß es für eine drohende Gefahr für den Bestand des Staates ausreichen, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Vernichtung der Mehrheit der Einwohner eines Landes oder des Bundes besteht.237 Besteht somit diese Wahrscheinlichkeit hinsichtlich einer mehr als 50% der Bevölkerung eines Landes ausmachenden Gruppe, so ist angesichts des Ausmaßes dieser Gefahr auch nicht auszuschließen, daß annähernd die gesamte Bevölkerung betroffen wird. Es ist danach eine Frage des Einzelfalls, insbesondere der örtlichen Belegenheit des Angriffs, ob dieser in einem Bundesland eine entsprechend große Zahl von Menschen bedroht. Im Fall eines Anschlags auf eine sport236 P. Eichhorn, 157, hebt hervor, daß die Bevölkerung „als Volk“ Ziel des Angriffs sein muß. 237 Daß allein die „Vernichtung“ der Einwohnerschaft relevant ist und nur die „Verletzung“ nicht ausreicht, ergibt sich aus der Erwägung, daß auch, wenn alle Einwohner eines Landes verletzt werden, der Staat mit einem existenten – wenn auch verletzten – Staatsvolk fortbesteht.

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liche Großveranstaltung dürfte bei den derzeitigen Kapazitäten von deutschen Stadien die Zahl von 100.000 potentiell geschädigten Menschen nicht überschritten werden. Diese Zahl stellt in keinem deutschen Bundesland mehr als 50% der Einwohnerschaft dar. Deshalb ist auch keine drohende Gefahr für das Staatsvolk und somit auch nicht für den Bestand des Bundeslandes gegeben. Einsätze als Türsteher bei Großveranstaltungen sind deshalb in jeder Hinsicht auch nach Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig. Die Tätigkeit von Soldaten im Personenschutz bei Großveranstaltungen oder an jedem anderen Ort teilt diese Bewertung, da keine Person existiert, deren Tötung allein eine Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG darstellt. Auch jeder sonstige Einsatz von Soldaten zur Absicherung von Großveranstaltungen, gleich ob als in Reserve gehaltene Eingreifgruppe oder als Präsenz zeigende Soldaten beim show of force o. ä. ist auch nach Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig, da alle hier abzuwehrenden Gefahren keine Gefahren im Sinne dieser Norm darstellen. Auch der Einsatz von Soldaten gegenüber gewaltbereiten Gegnern von politischen oder wirtschaftlichen Großveranstaltungen ist insofern unzulässig. Diese bedrohen weder eine hinreichend große Zahl von Menschen, noch sind die versammelten Politiker oder wirtschaftlichen Entscheidungsträger als Teil der souveränen Staatsgewalt geschützt. Auch wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in einem bestimmten Raum durch solche Aktionen erschwert oder sogar zeitweilig ausgeschlossen sein kann, so ist die innere Souveränität entsprechend den obigen Ausführungen insgesamt jedoch nicht gefährdet. dd) Konkretisierung hinsichtlich der Freiheitlichen demokratischen Grundordnung Problematisiert werden kann allein, ob eine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung besteht. Im Fall der „Globalisierungsgegner“ haben diese soweit erkennbar nicht einmal Vorstellungen von einem politischen System, welche von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abweichen. Ihre abweichenden Vorstellungen sind allein auf das Wirtschaftssystem und dessen Verbindung in globaler Hinsicht mit anderen Volkswirtschaften bezogen. Eine spezielle Wirtschaftsordnung wird von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt nicht erfaßt. Unterstellt, die militanten Gegner einer Veranstaltung hätten politische Ziele, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht konform wären, so ist jedoch, selbst wenn man ihre Angriffe auf die Veranstal-

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tung nicht abwehren könnte, nicht erkennbar, wie diese divergierenden politischen Auffassungen die bestehende Grundordnung beeinträchtigen könnten. Denn Konsequenz der Aktionen der Veranstaltungsgegner wäre, wenn man sie gewähren ließe oder eine Abwehr nicht gelänge, allein das Scheitern der Veranstaltung und deren Beendigung sowie eventuell Zerstörungen von Einrichtungen und Verletzung oder Tötung von Veranstaltungsteilnehmern. Die Grundordnung jedoch bleibt dadurch unversehrt.238 Wenn dies somit keine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist, so ist zu fragen, wann diese denn überhaupt konkret gefährdet sein kann. Hierzu ist der Bezug zu den im Verfahren der Verfassungsänderung 1968 als Fall von Art. 87a Abs. 4 GG angesprochenen „schweren Erscheinungsformen innerer Unruhen“ herzustellen. Es ist zu fragen, was diese Situation, die der verfassungsändernde Gesetzgeber als Gefahrensituation nach Art. 87a Abs. 4 GG ansah, von der soeben behandelten unterscheidet. Vom verfassungsändernden Gesetzgeber ins Auge gefaßte innere Unruhen sind, wie die Verwendung des Begriffs Aufständische für die die Gefahr auslösenden Störer in Art. 87a Abs. 4 GG verdeutlicht, solche, bei denen Bevölkerungsgruppen nicht nur „unruhig“ sind und nicht ihrer bürgerlichen Friedenspflicht239 entsprechen, sondern solche, bei denen sie „aufstehen“ und sich gegen die existierende Staatsgewalt auflehnen. Insoweit hatte auch die systematische Auslegung die Erfassung bewaffneter Aufstände ergeben. Dieser Aufstand ist jedoch nicht Selbstzweck, sondern dient der gewaltsamen Veränderung der politischen Ordnung oder gar der Ersetzung dieser Ordnung durch eine in jeder Hinsicht andere Ordnung.240 Im Grunde ging es um Revolution241 oder jedenfalls um Unruhen mit dem Ziel der Veränderung der Grundordnung außerhalb der dafür verfassungsmäßig vorgesehenen Verfahren. Innere Unruhen ohne diese auf Veränderung der Grundordnung gerichteten konkreten Absichten242 stellen keine Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG dar.243

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Vgl. zu diesen Gedanken P. Eichhorn, 162 f. Nachdem Napoleon Gebiete in Deutschland besetzt hatte, ließ er öffentliche Anschläge vornehmen, deren Inhalt diesen Gedanken gut widerspiegelt: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!“ 240 R. Schikowski, 57, hebt zutreffend hervor, daß Militäreinsätze nach Art. 87a Abs. 4 GG nicht dazu dienen dürfen, politische Unruhen, die durch das Versagen der Staatsorganträger verursacht werden, niederzuhalten. 241 E. Beckert, BWV 1986, 145 (149), spricht in Bezug auf Art. 87a Abs. 4 GG von „revolutionsartigen Zuständen“. 242 Schon H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 58, differenzierte 1962 hinsichtlich „innerer Unruhen“, die er als „allgemeine Widersetzlichkeit des Staatsbürgers gegenüber der Staatsgewalt“ kennzeichnete, zwischen einer „einfachen Auflehnung gegen die Staatsgewalt“ ohne „besondere innere Haltung“ und jener, die „Ausdruck umstürzlerischer oder separatistischer Ideen ist“. 239

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Dies zeigt den wesentlichen Unterschied zum Fall der militanten Veranstaltungsgegner: Läßt man diese gewähren oder gelingt die Abwehr der von ihnen ausgehenden Gefahr nicht, so tritt allein eine punktuelle Verletzung der Rechtsordnung ein – mag diese auch schwerer Natur sein. Die Rechtsordnung als solche bleibt jedoch unverändert. Bei inneren Unruhen, die eine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellen, sind die Unruhen nur der erste Schritt zu einer gewaltsamen Veränderung der existierenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ihrer Ersetzung oder Veränderung. Werden die Unruhen nicht niedergehalten, so werden diese sich ausdehnen und die Insurgenten werden die Staatsgewalt an sich reißen oder die Grundordnung verändern.244 Jede Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich, wenn auch in außergewöhnlich schwerer Form, auf die reine Verletzung der Rechtsordnung beschränkt, wenn die Abwehr nicht gelingt, ist demzufolge keine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung.245 Eine solche kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit, wenn sie nicht beseitigt werden kann, sich unmittelbar – nicht irgendwann in ferner Zukunft – weiterentwickelt zu einer Veränderung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung außerhalb der dafür vorgesehenen Verfahren.246 Für diese Möglichkeit muß eine hohe Wahrscheinlichkeit sprechen, die aufgrund objektiv bestehender tatsächlicher Anhaltspunkte ermittelt werden kann.247 243 Dies stellt auch R. Hoffmann, 86 (103), überzeugend dar; er betont, daß „eventuelle Ordnungsstörungen als Folge von Unzufriedenheit mit politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen bei wirtschaftlichen Krisen keine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung“ seien; vielmehr müsse die Staatsgewalt ihren Verfassungsauftrag erfüllen, zur Fortentwicklung der Wirtschafts- und Sozialordnung beizutragen; soziale Auseinandersetzungen sollten frei ausgetragen werden und die innere Widersprüchlichkeit der bestehenden antagonistischen Gesellschaft solle „nicht mit Staatsgewalt vertuscht werden“. 244 Ähnlicher Gedankengang bei H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 28. 245 Diesen Gedanken hob schon H. Schäfer, AöR 93 (1968), 37 (64), im Hinblick auf den Entwurf der 5. Wahlperiode hervor; ebenso H. U. Evers, AöR 91 (1966), 1 (28), der als Konsequenz für solche Fälle das Gebot sieht, „derartige Gefahren nur mit den polizeilichen Mitteln zu bekämpfen und wenn das nicht gelingt, zu ertragen und die Folgen hinzunehmen“. 246 Dies impliziert, wie G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102, treffend hervorhebt, daß sich die drohende Gefahr für die sehr abstrakten Rechtsgüter hinsichtlich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung immer auch notwendig in Angriffen auf ganz konkrete Rechtsgüter, z. B. Staatsorgane, öffentliche Institutionen sowie öffentliches oder privates Eigentum, äußern muß. 247 Vgl. H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25: eine drohende Gefahr liegt noch nicht vor, wenn die Schutzgüter „in den Sog politischer Auseinandersetzung geraten“, wenn sie verunglimpft werden oder ihre Beseitigung in Zu-

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Nach diesen Kriterien ist es somit sachgerecht, daß im Falle der militanten Veranstaltungsgegner, auch wenn diese politische Vorstellungen haben, die von der konkret existierenden politischen und gesellschaftlichen Ordnung nach dem Grundgesetz abweichen, dies keine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellt, soweit die Veranstaltungsgegner im konkreten Fall nichts anderes wollen, als den störungsfreien Ablauf der Veranstaltung zu verhindern und diese im Extremfall zu zerschlagen. Ein Einsatz von Soldaten zur Abwehr militanter Gegner von politischen oder wirtschaftlichen Veranstaltungen ist somit auch nach Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig. Da es hinsichtlich aller zuvor dargestellten Einsätze von Soldaten an einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes mangelt, sind auch alle solche Einsätze unterstützenden Einsätze und Einsätze in Führungsfunktionen ihrerseits ebenfalls nicht nach Art. 87a Abs. 4 GG zulässig. b) Abwehr sonstiger terroristischer Bedrohungen Die Abwehr von Bedrohungen aus der Luft in Form von Raketen- oder Bombenangriffen von Luftfahrzeugen aus oder auch durch Boden-BodenRaketen sowie von Selbstmordanschlägen mit Hilfe von Luftfahrzeugen, die einfach auf eine solche Veranstaltung herabstürzen, teilt die zuvor getroffene Bewertung, weil die gefährdeten Personen nicht von den Schutzgütern Bestand oder freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes erfaßt werden. aa) Selbstmordattentate, z. B. auf Reichstag oder Frankfurter Messeturm Ein Einsatz der Streitkräfte zur Abwehr eines Selbstmordattentats mittels eines entführten zivilen oder militärischen Luftfahrzeugs muß aus Sicht des Art. 87a Abs. 4 GG differenziert betrachtet werden, je nachdem, gegen was für ein Ziel sich dieser Angriff richtet.248 Sind zivile Vermögenswerte, Perkunft erstrebt wird; dies sind erst entfernte Gefahren, deren Abwehr nicht nach Art. 87a Abs. 4, 91 GG möglich ist; dies ist erst dann möglich, wenn ernsthaft zu besorgen ist, ohne staatliches Einschreiten werde wenigstens eines der Schutzgüter unmittelbar und nachhaltig beeinträchtigt; eine ungewisse Gefahr, die noch von ungewissen anderen Ereignissen abhängt, kann ein Einschreiten hier nicht rechtfertigen; ähnlich P. Eichhorn, 159. 248 Anders: P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1321), der Art. 87a Abs. 4 GG gegenüber Flugzeugangriffen durch Terroristen schlechthin ablehnt.

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sonen unterhalb einer Anzahl, die mehr als 50% der Einwohnerschaft eines Bundeslandes ausmacht, öffentliche Einrichtungen oder Träger öffentlicher Ämter bedroht, so liegt die von Art. 87a Abs. 4 GG vorausgesetzte Gefahrensituation nicht vor. Dies ergibt sich teilweise bereits aus den Ausführungen zu der Abwehr von Angriffen auf Großveranstaltungen und zudem aus den Überlegungen, die zeigten, daß Amtsträger und öffentliche Einrichtungen sowie deren Funktionsfähigkeit nicht vom Bestand des Staates erfaßt werden. Deshalb wäre ein Angriff nach dem Muster des New Yorker Angriffs auf das World Trade Center keine Gefahrensituation nach Art. 87a Abs. 4 GG. Auch wenn innerhalb Deutschlands kein entsprechend großes Hochhaus existiert, welches zudem den enormen Symbolwert der Twin Towers teilt, wäre also beispielsweise der Angriff auf den Messeturm in Frankfurt a. M. kein Fall für die Bundeswehr i. e. S. Selbiges gilt nach den dargestellten Grundsätzen auch, soweit sich diese Selbstmordangriffe gegen öffentliche Einrichtungen und Gebäude richten, da weder die Einrichtungen noch darin sich aufhaltende Amtsträger oder Bedienstete von Art. 87a Abs. 4 GG geschützt werden. Gleiches gilt selbst für einen Angriff auf den Reichstag in Berlin, wenn sich zum Angriffszeitpunkt die Gesamtheit der Mitglieder bei einer wichtigen Debatte im Plenarsaal aufhält und wegen der Bedeutung der Angelegenheit auch die Mehrheit der Regierungsmitglieder anwesend ist. Bei den kurzen Vorwarnzeiten aufgrund der geringen Distanzen in der Bundesrepublik dürfte nur ein geringer Teil der Anwesenden aus dem Gebäude evakuiert werden können. Eventuell würde so im worst case die Gesamtheit der Mitglieder des Bundestages und die gesamte Bundesregierung inklusive des Bundeskanzlers getötet sowie das historische Parlamentsgebäude zerstört werden. Selbst hier ist es so, daß der Reichstag trotz seiner Historie und dem ihm zukommenden ideellen Wert verfassungsrechtlich gesehen nichts ist als ein Gebäude, welches ersetzt werden kann, soweit der Bundestag nicht schlicht auf Dauer in einem anderen Gebäude tagt. Hinsichtlich der Mitglieder von Regierung und Bundestag ist an deren Existenz nicht die Existenz des Staates Bundesrepublik geknüpft und sie werden durch Vertreter oder nachrückende Kandidaten von Listen der Parteien ersetzt. Im Hinblick auf die freiheitliche demokratische Grundordnung ist der destabilisierende Effekt einer solchen Situation natürlich wesentlich größer, als derjenige, der von der Tötung eines einzelnen Politikers ausgeht. Davon allein kann eine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung jedoch noch nicht ausgehen, denn nur wenn diese destabilisierte Situation von verfassungsfeindlichen Kräften genutzt wird, um weitere Angriffe mit dem Ziel der Veränderung der Grundordnung auszuführen, kann es zu einer Veränderung der Grundordnung außerhalb dafür vorgesehener Verfahren kommen. Solange über eine solche Folgeplanung nichts bekannt ist oder der beschriebene Angriff auf den Reichstag nicht in einer Reihe von

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vergleichbaren Angriffen liegt oder im Zusammenhang mit konkret gegen die Grundordnung gerichteten Unruhen erfolgt, führt er nur zu einer Destabilisierung des Systems, welche zwar eine abstrakte Gefahr für die Grundordnung darstellt, aber noch nicht in konkreter Weise und mit hoher Wahrscheinlichkeit droht. In der Regel rechtfertigt selbst ein solcher überraschend ausgeführter und aus Sicht der Terroristen besonders erfolgreicher Angriff auf den Reichstag jedoch keinen Einsatz der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 4 GG. bb) Angriffe auf Kernkraftwerke o. ä. Anders kann es allein dann aussehen, wenn das entführte militärische oder zivile Luftfahrzeug zu einem Selbstmordattentat auf eine Einrichtung genutzt wird, von deren Zerstörung aufgrund des Angriffs schwerwiegende Gefahren für die Umgebung ausgehen. Bestes Beispiel hierfür ist der Angriff auf ein Kernkraftwerk.249 Soweit die Reaktorhülle durch den Aufprall des Luftfahrzeugs zerstört werden kann und dadurch eine unkontrollierte Kettenreaktion oder ein sonstiger Störfall ausgelöst wird, die zu einem GAU oder Super-GAU250 führt, kann durch die Explosion zum einen und durch die austretende Radioaktivität zum anderen großer Schaden angerichtet und ein ungemein großes Gebiet verstrahlt werden. Dies hat für die darauf befindliche Bevölkerung aufgrund der radioaktiven Kontamination schwerwiegende gesundheitliche Folgen, die in der Regel mittel- und langfristig zum Tod führen.251 In der dichtbesiedelten Bundesrepublik war es geographisch unmöglich, die vorhandenen Kernkraftwerke so anzusiedeln, daß sie von menschenleeren oder dünn besiedelten Räumen umgeben sind. Alle Kernkraftwerke haben Ballungsräume in ihrer Nähe, die innerhalb des bei einem solchen Selbstmordattentat mit entführten Luftfahrzeugen gefährdeten Radius liegen. Sollte ein solcher Fall eintreten, kommt es auf die Anzahl gefährdeter Personen innerhalb des betroffenen Bundeslandes an. Es gilt wieder, daß über 50% der Einwohnerschaft mit hoher Wahrschein249

Schon 1962 spricht H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 101, vorausschauend die Gefahren an, die von Explosionen in Kernkraftwerken ausgehen, und hält diese für „geeignet, Territorium und Bevölkerung eines Staates zu gefährden“. 250 Weil GAU „größter anzunehmender Unfall“ bedeutet, ist die Steigerung zum Super-GAU logisch eigentlich unmöglich. 251 Unabhängig vom langfristig verursachten Tod ist in diesem Fall die gesundheitliche Beeinträchtigung des Staatsvolks relevant, weil es sich nicht um Verletzungen handelt, die heilen oder jedenfalls in der nächsten Generation nicht mehr vorhanden sind; radioaktive Strahlung beeinflußt das genetische Material des Volkes, weshalb sich Schädigungen in folgenden Generationen fortsetzen; damit ist der Fortbestand des Staatsvolks gefährdet.

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lichkeit betroffen sein müssen, weil in einem solchen Fall auch die Beeinträchtigung der gesamten Bevölkerung des Landes nicht ausgeschlossen ist. Eine solche Situation kann insbesondere in den Stadtstaaten eintreten. Man denke insofern nur an das unweit von Hamburg gelegene Kernkraftwerk in Stade. In einem solchen Fall wäre ein Einsatz der Streitkräfte, um ein zum Selbstmordattentat auf ein Atomkraftwerk anfliegendes Flugzeug abzuwehren, nach Art. 87a Abs. 4 GG zulässig.252 Jedoch ist zu fragen, ob unterhalb dieser Grenze hinsichtlich der betroffenen Personen auch ein Bundeswehreinsatz möglich ist. Daß weniger Personen betroffen sind, kann daran liegen, daß der Gefahrenradius aufgrund einer Zerstörung des angegriffenen Objekts weniger groß ist, oder daß sich im betroffenen Gebiet weniger Personen aufhalten als üblich oder es kann allein darauf zurückzuführen sein, daß eine zeitgerechte Evakuierung der betroffenen Gebiete möglich war. In einem solchen Fall kann durch Radioaktivität ein größeres Gebiet stark verstrahlt werden. Die Halbwertzeiten radioaktiver Materialien sind sehr lang und es dauert lange, bis verstrahlte Gebiete wieder gefahrlos betreten und bewohnt, also schlicht wieder normal genutzt werden können. Eine Abtrennung eines Teils des Staatsgebiets, was jedenfalls den Bestand in territorialer Hinsicht verletzt, ist dies nicht. Es könnte diesem aber gleich kommen und deshalb dem Zweck nach unter Art. 87a Abs. 4 GG fallen. Die das Staatsgebiet äußerlich reduzierende Wirkung einer echten Abtrennung von Gebieten geht jedoch deutlich weiter, da das Staatsgebiet, welches einer Staatsgewalt formal zugeordnet ist, dauerhaft und uneingeschränkt reduziert wird . Bei der radioaktiven Kontamination bleibt das Staatsgebiet äußerlich intakt – auf der Landkarte sieht es von den Grenzen her aus wie vorher. Es ist nur im Inneren ein gewisses Gebiet nicht nutzbar, als ob dort z. B. ein großer Binnensee wäre. Der Unterschied zur Gebietsabtrennung ist deutlich, da das Gebiet dem entsprechenden Staat uneingeschränkt zugeordnet ist, jedoch nur die Nutzung und die faktische Ausübung der Staatsgewalt eingeschränkt ist, obwohl in rechtlicher Hinsicht die Gebietshoheit uneingeschränkt weiterbesteht. Zudem ist zu berücksichtigen, daß das Gebiet nach einer gewissen Zeit, die es dauert, damit die Radioaktivität aus dem Ökosystem verschwindet, wieder normal nutzbar ist. Über diese Zeiträume liegen bisher jedoch keine realen Informationen vor.253 252 Auch W. Speth, 188 f., ist der Auffassung, daß bei der Zerstörung von im Betrieb befindlichen Kernkraftwerken ein Einsatz der Streitkräfte möglich ist, wenn die Voraussetzungen von Art. 87a Abs. 4 GG vorliegen; M. Baldus, in: v. Mangoldt/ Klein, GG, Art. 87a, Rn. 74, ist konkret der Auffassung, bei „politisch motivierten Verseuchungen und Verstrahlungen weiter Gebietsteile sowie der in ihnen lebenden Bevölkerung“ liege eine Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG vor.

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In einem solchen Fall könnte man aber fragen, ob nicht im Hinblick auf die Souveränität im Inneren der Bestand verletzt wäre. Denn in diesem Gebiet kann die Staatsgewalt nicht mehr effektiv ausgeübt werden, da man sich dort nicht dauerhaft aufhalten kann, wenn man nicht über Strahlenschutz in Form spezieller Anzüge, Fahrzeuge oder Schutzräume verfügt. Jedoch ist dabei zu bedenken, daß die Staatsgewalt insgesamt in ihrer Souveränität eingeschränkt sein muß, was hinsichtlich des Bundes und der großen Flächenstaaten wohl eher nicht der Fall sein wird. Ist das gesamte Gebiet eines Stadtstaats oder eines kleineren Flächenstaats aufgrund eines solchen Angriffs verstrahlt und deshalb ohne Schutz unbetretbar, so ist für diesen Staat die Ausübung der Staatsgewalt gesamtstaatlich zumindest faktisch deutlich erschwert oder ausgeschlossen. Jedenfalls ist es diesem Staat nicht mehr möglich, seinem Landesvolk eine normale Existenz zu gewährleisten. In einem solchen Fall erscheint es angebracht, die Souveränität dieses Landes im Inneren als verletzt anzusehen. Ein dementsprechender Angriff auf ein Kernkraftwerk oder – soweit existent – eine Einrichtung mit vergleichbarem Gefährdungspotential kann somit eine drohende Gefahr für den Bestand eines betroffenen Landes darstellen, weshalb zu dessen Abwehr ein Einsatz militärischer Kräfte nach Art. 87a Abs. 4 GG zulässig wäre. Wie auch schon im Hinblick auf die Gefährdung der Komponente Staatsvolk muß es im Hinblick auf die schwierige Kalkulierbarkeit solcher Gefahren ausreichen, wenn sich die zu erwartende dauerhafte Kontamination mit hoher Wahrscheinlichkeit auf mehr als 50% des Staatsgebiets erstreckt. cc) Andere Angriffsvarianten Keine abweichenden Ergebnisse lassen sich hinsichtlich Art. 87a Abs. 4 GG feststellen, wenn Angriffe mit einem Militärluftfahrzeug wie einem Kampfflugzeug oder Kampfhubschrauber ausgeführt werden, von dem aus Kampfmittel eingesetzt werden, da dies nur hinsichtlich des Mittels des Angriffs ein Unterschied ist, hinsichtlich der Angriffsziele jedoch keine Unterschiede bestehen. Auch Angriffe auf eine Großveranstaltung, auf wichtige zivile Objekte von politischer, wirtschaftlicher oder sonstiger hoher Bedeutung oder auf andere lohnende Ziele mittels Boden-Boden-Raketen, Mörsern oder Granatwerfern werden behandelt wie diejenigen unter Einsatz von Luftfahrzeugen und sind deshalb mangels Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig, es sei denn, sie lösen mit hoher Wahrscheinlichkeit in ei253 Die im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl am 26.4.1986 entstandene Kontamination der Umgebung besteht bis heute fort.

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nem Kernkraftwerk oder einer ähnlich gefährlichen Einrichtung einen Schaden aus, der in einem Bundesland mehr als 50% der Bevölkerung schädigt, bzw. mehr als 50% des Landesgebiets aufgrund einer Kontamination der Ausübung der Staatsgewalt und der normalen Nutzung durch die Bevölkerung entzieht. Auch Bedrohungen von technischen Einrichtungen auf andere Weise, die aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahren für die Allgemeinheit Ziel von terroristischen Anschlägen sein können, wie z. B. chemische Anlagen, Atomkraftwerke und Talbrückenstaudämme, beispielsweise durch schlichte Sprengladungen, Sabotage etc., dürfen nach den vorstehenden Kriterien in der Regel nicht nach Art. 87a Abs. 4 GG im Wege von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. abgewehrt werden. Nur unter den Voraussetzungen hinsichtlich der Schädigung der Bevölkerung und der Kontamination des Staatsgebietes oder einer sonstigen Verhinderung der normalen Ausübung der Staatsgewalt liegt eine drohende Gefahr für den Bestand des Staates und somit eine Einsatzmöglichkeit der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 4 GG vor. Alle bisher nicht angesprochenen Varianten von Selbstmordattentaten mit entführten Verkehrsmitteln etc. oder schlicht mit der im Palästina-Konflikt von Seiten palästinensischer Fanatiker häufig eingesetzten Bombe am Körper sind nach den genannten Kriterien zu beurteilen und begründen – abhängig von der Art des Ziels und der verwendeten „Waffe“ – in der Regel keine Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG. Jede Verwendung von Streitkräften zur Verhinderung der Entführung von Verkehrsmitteln durch Terroristen als Voraussetzung dieser Selbstmordattentate, z. B. zur Absicherung dieser Verkehrsmittel auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Busbahnhöfen oder Häfen bzw. als verdeckte oder offene, bewaffnete oder unbewaffnete Begleiter dieser Verkehrsmittel ist nach Art. 87a Abs. 4 GG im Regelfall unzulässig. Denn zum einen ist selbst bei tatsächlich erfolgenden Selbstmordattentaten mit entführten Fahrzeugen in den wenigsten Fällen eine Gefahrensituation im Sinne der Norm gegeben. Zudem ist die Absicherung von Flughäfen oder die Begleitung als sog. sky marshal noch so weit von der potentiellen Realisierung des Schadens entfernt, daß von einer drohenden Gefahr im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit aufgrund von im Einzelfall bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkten noch nicht gesprochen werden kann. Allein wenn beispielsweise tatsächlich aufgrund nachrichtendienstlicher oder sonstiger Erkenntnisse eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß ein bestimmter Flug entführt werden soll, um damit ein Kernkraftwerk anzugreifen, wobei es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG nach den entwikkelten Kriterien kommen könnte, wird man von einer drohenden Gefahr sprechen können. In einem solchen Fall jedoch ist wiederum davon auszu-

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gehen, daß die nicht-militärischen Sicherheitskräfte über hinreichende Kapazitäten verfügen, um diese Aufgabe wahrzunehmen. Die Bekämpfung von „Sprühflugzeugen“ oder ähnlichen Luftfahrzeugen – gleich ob zivil oder militärisch –, mittels derer Terroristen Angriffe mit Boder C-Waffen verüben wollen, kann nach den Kriterien für eine drohende Gefahr für das Staatsvolk und die Souveränität im Inneren dann nach Art. 87a Abs. 4 GG zulässig sein, wenn aufgrund der Eigenart der verwendeten Kampfmittel, der Art ihrer Ausbringung und dem Ort, an dem der Angriff stattfindet, eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß mehr als 50% der Bevölkerung eines Bundeslandes geschädigt werden oder daß mehr als 50% des Staatsgebiets für einen längeren Zeitraum nicht normal nutzbar ist und die Ausübung der Staatsgewalt deutlich erschwert ist.254 Aufgrund der Verwendung von biologischen oder chemischen Kampfmitteln ist neben Angriffen auf Kernkraftwerke noch am ehesten mit einer drohenden Gefahr für den Bestand des Bundes oder – wahrscheinlicher – eines Landes zu rechnen.255 Ein Einsatz von Streitkräften zur Absicherung von Einrichtungen, in denen ABC-Kampfstoffe hergestellt oder gelagert werden, um zu verhindern, daß Terroristen überhaupt in den Besitz solcher Kampfstoffe kommen, scheidet aufgrund von Erwägungen aus, die mit jenen korrespondieren, die im Hinblick auf die Absicherung von Flughäfen und die Begleitung von Verkehrsmitteln durch Soldaten zur Anwendung kamen. Hier liegt in der Regel noch keine drohende Gefahr vor. Nur wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß Terroristen gerade in dieser Einrichtung zu diesem Zeitpunkt versuchen werden, sich bestimmte Kampfmittel zu verschaffen, darf die Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG zur Verhinderung dieses Unterfangens eingesetzt werden. Daß auch hier, wo grundsätzlich die nicht-militärischen Sicherheitskräfte über gute Kapazitäten verfügen, sehr genau geprüft werden muß, ob diese tatsächlich nicht in der Lage sind, diesen originär ihnen zugewiesenen Auftrag zu erfüllen – was hier aufgrund des Ansatzes dieser Arbeit vorausgesetzt wurde –, kann nicht genug betont werden. Bei einem Einsatz von Soldaten zur Absicherung von Anlagen, in denen Trinkwasser aufbereitet wird, oder Trinkwasserreservoirs, um diese gegen 254 Bei manchen biologischen oder chemischen Kampfmitteln kann die Dauer der Kontamination ausgesprochen lang sein; so testete die britische Armee während des II. Weltkrieges Milzbranderreger auf einer britischen Insel; diese Insel ist bis heute unbewohnbar. 255 Die außergewöhnlichen Gefahren, die durch ABC-Waffen drohen, erkannte H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 102, bereits 1962 und hielt sie für notstandsrelevant.

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die Einwirkungsmöglichkeiten von Terroristen mit biologischen oder chemischen Wirkstoffen zu schützen, fehlt es in aller Regel an einer Gefahrensituation im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG. Anders ist dies nur, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß gerade an dieser Wasserversorgungseinrichtung ein Kontaminationsversuch unternommen würde, der seinerseits – eventuell im Zusammenwirken mit Kontaminationsversuchen an anderen Orten – auch zu einer Schädigung von mehr als 50% der Einwohnerschaft eines Bundeslandes führen wird. Dies wird selten der Fall sein. Allein im Hinblick auf die Stadtstaaten und kleinere Flächenstaaten erscheint dies möglich. In rechtlicher Hinsicht sind die Kriterien jedoch universell, so daß auch für größere Flächenstaaten eine Beurteilung möglich ist, wenn dies relevant werden sollte. Haben Terroristen, wie es in den 70er Jahren geschah, wichtige Persönlichkeiten entführt und versuchen, den Staat zu erpressen, indem sie mit deren Tötung drohen, so ist zu fragen, ob der Einsatz von Soldaten des MAD oder sonstiger Truppenteile für analytische, ermittelnde sowie Täter oder Opfer suchende Tätigkeiten von Art. 87a Abs. 4 GG erfaßt wird. Der potentielle Tod jedweder Personen – selbst des Bundeskanzlers – stellt den Bestand der Bundesrepublik nicht in Frage. Die punktuelle Beeinflussung der Staatsgewalt schließt deren generelle Ausübung nicht aus und beeinträchtigt die innere Souveränität deshalb nicht. Auch die freiheitliche demokratische Grundordnung bleibt insofern unversehrt, unabhängig davon, ob die entführte Person getötet wird oder ob der Staat Forderungen von Terroristen erfüllt, weil dies nicht die Prinzipien der Grundordnung beseitigt.

II. Ergebnis Folgende abstrakte Erkenntnisse hinsichtlich des Begriffs der drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes konnten gewonnen werden: Grundsätzlich ist ein restriktiver Maßstab bei der Auslegung anzulegen.256 Der Begriff Gefahr in Art. 87a Abs. 4 S. 1 GG ist wie im Polizeirecht zu verstehen als Sachlage, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung eines Schutzguts führt.257 Da diese jedoch drohen muß, ist es erforderlich, daß die Gefahr – 256

Ebenso J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; H. M. Parche, 147. Ebenso G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 102; P. Eichhorn, 160; H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 25; K. Ipsen, Einsatz der Bundes257

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wiederum polizeirechtlich gesprochen – mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung des Schutzguts führt. Die hohe Wahrscheinlichkeit muß sich hierbei aus objektiv feststellbaren tatsächlichen Anhaltspunkten im Einzelfall ergeben.258 Der Bestand des Bundes oder eines Landes umfaßt nur das schlichte Fortbestehen der staatlichen Existenz. Geschützt ist dadurch das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die souveräne Staatsgewalt. Eine Verletzung des Schutzguts Staatsvolk ist dann gegeben, wenn die gesamte Bevölkerung des Bundes oder eines Landes vernichtet wird. Eine drohende Gefahr hierfür besteht dann, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß mehr als 50% der Bevölkerung vernichtet oder durch radioaktive Strahlung dauerhaft geschädigt werden. Das Schutzgut Souveräne Staatsgewalt läßt sich in die Handlungsfähigkeit nach außen als Völkerrechtssubjekt und in die innere Handlungsfähigkeit differenzieren. Die innere Souveränität wird durch einzelne Rechtsverletzungen nicht beeinträchtigt, insbesondere ist diese unabhängig von Angriffen auf den Staat in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols sowie der durch ihn errichteten Rechtsordnung und der Funktionsfähigkeit der von ihm gewährleisteten Daseinsvorsorge und von Angriffen auf das friedliche und freie Zusammenleben der Bürger. Geschützt ist hinsichtlich der Souveränität nach innen vielmehr die Fähigkeit, als effektive Ordnungsmacht grundsätzlich Sicherheit und inneren Frieden zu gewährleisten. Hierfür besteht erst dann eine drohende Gefahr, wenn eine gesellschaftliche Gruppe den Herrschaftsanspruch des Staates nicht nur punktuell, sondern grundsätzlich negiert und dies bezogen auf das gesamte Staatsgebiet durch die tatsächliche Mißachtung des staatlichen Gewaltmonopols durch Durchbrechung der Rechtsordnung, insbesondere durch den Versuch der Errichtung einer „Gegenrechtsordnung“, auch tatsächlich und nachhaltig dokumentiert. Droht dem Staat im Inneren das Gewaltmonopol dauerhaft zu entgleiten, wodurch er in der völkerrechtlichen Terminologie zu einem failed state würde, so besteht eine drohende Gefahr für die innerstaatliche Souveränität. Die Staatsgewalt in der Ausprägung der inneren Souveränität wird deshalb durch Tötung von hochgestellten wirtschaftlichen Entscheidungsträwehr, 615 (631); ders., in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 144; M. Lepper, 34; H. M. Parche, 151; T. M. Spranger, NZWehrr 1999, 72 (73); K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 9. 258 Ebenso K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 10.

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gern ebensowenig gefährdet wie durch Tötung von Politikern und insbesondere von Regierungsmitgliedern sowie durch Angriffe auf sonstige Bürger und andere private Rechtsgüter. Die innere Souveränität des Bundes oder eines Landes ist aber dann verletzt, wenn das gesamte Staatsgebiet radioaktiv oder biologisch für einen nicht unerheblichen Zeitraum kontaminiert ist, weil auf diese Weise die Ausübung der Staatsgewalt deutlich erschwert oder ausgeschlossen ist und es für den Staat unmöglich wird, seinem Staatsvolk eine normale Existenz auf dem Staatsgebiet zu ermöglichen. Eine drohende Gefahr hierfür besteht, wenn dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für mehr als 50% des Staatsgebiets zu erwarten ist. Für eine dezidierte Festlegung hinsichtlich der Prinzipien, die die freiheitliche demokratische Grundordnung ausmachen, bestand keine Notwendigkeit. Festgestellt wurde jedenfalls, daß die Grundordnung freiheitlich und demokratisch zugleich sein muß.259 Hiervon umfaßt sind die tragenden Prinzipien, die das politische System in der Bundesrepublik nach dem GG ausmachen. Sowohl die Begriffsbestimmung des BVerfG in den ParteienUrteilen260 wie auch die einfachrechtlichen Legaldefinitionen in § 92 Abs. 2 StGB und § 4 Abs. 3 BVerfSchG stellen für die Praxis handhabbare Anhalte dar,261 ohne daß dies zwingend heißen soll, daß über Art. 79 Abs. 3 GG oder auf andere Weise nicht noch Erweiterungen möglich sind.262 Eine drohende Gefahr für diese Grundordnung, die einen Streitkräfteeinsatz nach Art. 87a Abs. 4 GG rechtfertigen kann, liegt vor, wenn bei im Inneren erfolgenden nicht unerheblichen Verletzungen der Rechtsordnung, die nicht notwendig „innere Unruhen“ oder „bewaffnete Aufstände“ sein müssen, aber zu einer momentanen Destabilisierung des existierenden Systems führen müssen, eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang ein Versuch der Veränderung der Grundordnung außerhalb dafür nach dem GG vorgesehener Verfahren unternommen wird, wenn die Rechtsverletzung nicht erfolgreich abgewehrt werden kann. 259

Ebenso K. Stern, StaatsR I, § 16 I b, 557. BVerfGE 2, 1 (Leitsatz 2, 12 f.); 5, 85 (140). 261 Ähnlichen Inhalts ohne Identität definiert M. Ruland, 176; zuzustimmen ist jenen, die darauf hinweisen, daß man aus der Begriffsbestimmung des BVerfG „keine Bibelstelle“ machen, bzw. diese nicht „kanonisieren“ solle, vgl. H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 21; G. Dürig/H. H. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 18, Rn. 62; K. Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 91, Rn. 14. 262 Dafür H. U. Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 91, Rn. 22; D. Heesen/J. L. Hönle, Die Polizei 1981, 386 (387); K.-A. Hernekamp, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. III, Art. 91, Rn. 6; J. Kokott, in: Sachs, GG, Art. 87a, Rn. 46; W. O. Schmitt, DÖV 1965, 433 (443); K. Stern, StaatsR I, § 16 II 2, 565. 260

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6. Teil: Zulässigkeit aufgrund ausdrücklicher Zulassung

Konkret konnte herausgearbeitet werden, daß alle der Absicherung von Großveranstaltungen dienenden, noch zu untersuchenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG unzulässig sind, weil keine der Norm entsprechende Gefahrensituation vorliegt. Hinsichtlich der übrigen Einsätze zur Abwehr terroristischer Bedrohungen kommt es für deren Zulässigkeit auf die Art des abzuwehrenden Angriffs an, da von diesem die Qualifikation als Gefahr im Sinne von Art. 87a Abs. 4 GG abhängt. Dabei geht es vor allem um die Frage, was für ein „Mittel“ für den Angriff benutzt wird. Für einen zulässigen Einsatz der Bundeswehr i. e. S. kommen vor allem solche terroristischen Angriffe in Betracht, bei denen nukleare, biologische oder chemische Kampfmittel benutzt werden, oder bei denen nukleare, biologische oder chemische Gefahrstoffe als Konsequenz eines Angriffs auf eine bestimmte Einrichtung, insbesondere Kernkraftwerke, frei werden.263 Zur Abwehr solcher Angriffe sind nach den dargestellten Kriterien Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 4 GG zulässig, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als 50% der Einwohner eines Bundeslandes getötet werden oder mehr als 50% des Staatsgebiets nicht nur kurzfristig in die normale Nutzung ausschließender Weise kontaminiert wird. Hierfür besteht nach den tatsächlichen Verhältnissen eine höhere Wahrscheinlichkeit in den Stadtstaaten oder den kleinen Flächenstaaten. Andere Angriffe mit sonstigen Kampfmitteln, die gegenüber öffentlichen Gebäuden, in denen sich Politiker und insbesondere Regierungsmitglieder aufhalten, dürfen nach Art. 87a Abs. 4 GG nur dann mit Hilfe der Streitkräfte abgewehrt werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls damit zu rechnen ist, daß die aufgrund der Tötung der Politiker eintretende momentane Destabilisierung des politischen Systems zu einer Revolution oder einer anderen Veränderung oder Ersetzung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung außerhalb der vom GG vorgesehenen Verfahren benutzt werden wird. Alle übrigen erörterten potentiellen terroristischen Angriffe erfüllen die entwickelten Kriterien nicht. Ihre Abwehr darf deshalb auch nach Art. 87a Abs. 4 GG nicht durch Einsätze der Streitkräfte erfolgen. Soweit eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes besteht, auch tatsächlich das betroffene Bundesland nicht über die zur Abwehr der Gefahr notwendigen Mittel verfügt und der Bund die Gefahr auch nicht mittels 263 G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (511) sehen den Einsatz von Streitkräften auch zur Abwehr schwerster Terrorangriffe als ausgeschlossen an.

H. Zulässigkeit nach Art. 87a Abs. 4 GG

401

aller ihm zur Verfügung stehenden Polizeikräfte und dem BGS abwehren kann, könnte die Bundesregierung zur Abwehr befähigte Kräfte der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr der Angriffe und somit zum Schutz ziviler Objekte einsetzen.264

264 Über den Einsatz entscheidet die Bundesregierung als Kollegialorgan durch Kabinettsbeschluß, vgl. P. Eichhorn, 182; J. Pannkoke, 232; D. Keidel, 125; nach der Systematik des GG, welche in Art. 87a Abs. 4 S. 2 GG das Recht des Bundestages, die Einstellung des Einsatzes zu verlangen, ausdrücklich normiert hat, ist aufgrund eines argumentum e contrario davon auszugehen, daß vor diesem Einsatz durch die Bundesregierung eine parlamentarische Zustimmung nicht erforderlich ist; diese Frage wurde im Verfassungsänderungsverfahren 1968 ausdrücklich thematisiert und ein Erfordernis parlamentarischer Zustimmung bewußt abgelehnt, vgl. BTDrucks. 5/2873, 14; J. Pannkoke, 232; H. M. Parche, 174; dementsprechend war diese Frage – trotz Kritik aus verfassungspolitischen Gründen – seitdem in der Rechtswissenschaft unumstritten, vgl. für viele F. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 78, Rn. 17; R. Hoffmann, 86 (94); H. M. Parche, 158; wenn man gleichwohl dem Urteil des BVerfG vom 12.7.1994 einen Parlamentsvorbehalt auch für Einsätze im politischen Notstand entnehmen wollte (so eventuell B. Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 87a, Rn. 5a, der sich nicht eindeutig äußert und a. a. O., Rn. 8, für Art. 87a Abs. 4 GG nur die Entscheidung der Bundesregierung verlangt), was nur auf einem Fehlverständnis des Urteils beruhen kann, so wäre doch zumindest die Notkompetenz der Exekutive zu vorläufigem Handeln gegeben, die in Situationen besteht, in denen es ausgeschlossen ist, die parlamentarische Zustimmung vorab einzuholen; so auch G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (505).

7. Teil:

Sonstige Rechtfertigungsansätze Angesichts des Umstandes, daß alle bisher untersuchten, in der Verfassung normierten, für einen Einsatz der Streitkräfte in Betracht kommenden Ermächtigungen im Hinblick auf eine erhebliche Anzahl von Gefahren durch terroristische Bedrohungen, die durch nicht-militärische Kräfte nicht abgewehrt werden können, Einsätze der Streitkräfte nicht zulassen, ist die Frage zu stellen, ob man sich mit diesem Ergebnis abfinden muß oder ob alternative Rechtfertigungen solcher Einsätze zur Verfügung stehen.

A. Ansatz des BVerfG im Urteil vom 12. Juli 1994 Das BVerfG hat im Urteil vom 12. Juli 1994 Auslandseinsätze der Bundeswehr i. e. S. im Rahmen von VN und NATO über Art. 24 Abs. 2 GG als zulässig angesehen, wobei ausdrücklich offengelassen wurde, ob diese Norm eine ausdrückliche Zulassung im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG ist.1 Das Gericht hat die Auffassung vertreten, Art. 24 Abs. 2 GG sei seit 1949 Bestandteil des GG gewesen und habe als Grundlage der Mitgliedschaft in einem System kollektiver Sicherheit auch die Option von aus der Einordnung in ein solches System folgenden Auslandseinsätzen in sich getragen. Es sei nicht erkennbar, daß der verfassungsändernde Gesetzgeber daran, insbesondere bei Gelegenheit der wehrrechtlichen Ergänzungen des GG von 1954, 1956 oder 1968, etwas geändert hätte. Dies sei besonders bei der Einfügung der Notstandsverfassung nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen und es sei nicht darum gegangen, Mitwirkungsmöglichkeiten Deutschlands im Rahmen etwa der VN zu schmälern. Diese Frage habe außerhalb dessen gelegen, was zwischen den Mitwirkenden an der Verfassungsänderung den „Gegenstand der Verhandlung“ bildete. Aus diesem Grund würden von Art. 24 Abs. 2 GG ermöglichte Auslandseinsätze der Bundeswehr i. e. S. von Art. 87a Abs. 2 GG nicht berührt. Ohne auf die vielfältigen zweifelnden Äußerungen einzugehen, die diese Erwägungen hervorgerufen haben,2 soll darauf eingegangen werden, wie 1 2

BVerfGE 90, 286 (355). Vgl. beispielsweise E. Schemann, 93 ff.

B. Verfassungswandel

403

sich der Ansatz des BVerfG auf die in Rede stehenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zum Schutz von Großveranstaltungen und zur Abwehr terroristischer Bedrohungen auswirken würde. Vor der Notstandsnovelle 1968 war aufgrund der Existenz des Art. 143 GG a. F. in eindeutiger Weise geregelt, daß Inanspruchnahmen der Streitkräfte im Inneren nur zulässig würden, wenn dies ein verfassungsänderndes Gesetz nach Art. 79 GG regelte. Im Laufe der Untersuchung ist bei der Bestimmung des Inhalts des Einsetzens in Art. 87a Abs. 2 GG stets auf Art. 143 GG a. F. Bezug genommen worden. Dies ergab, daß Einsätze nach Art. 87a Abs. 2 GG auch Inanspruchnahmen im Sinne von Art. 143 GG a. F. gewesen wären, da die Begriffe entweder identisch zu verstehen wären oder Einsetzen gar der engere Begriff ist. Dies wurde in genetischer und teleologischer Hinsicht bestätigt.3 Hieraus folgt, daß alle Verwendungen, deren Bewertung zu diesem Zeitpunkt noch aussteht, vor Inkrafttreten der Notstandsverfassung wegen Art. 143 GG a. F. unzulässig gewesen wären. Denn diese haben sämtlich Einsatzcharakter und wären deshalb Inanspruchnahmen der Streitkräfte gewesen und wären zugleich nicht von einem verfassungsändernden Gesetz erlaubt gewesen.4 Das heißt, daß diese Einsätze vor 1968 unzulässig gewesen wären.5 Ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Ansatz des BVerfG läßt sich deshalb feststellen, daß auch bei dessen Zugrundelegung diesem Gedankengang nicht entnommen werden kann, daß irgendwelche zuvor von Art. 143 GG a. F. ausgeschlossenen Verwendungen nach 1968 ohne Erfassung vom Verfassungsvorbehalt in Art. 87a Abs. 2 GG zulässig geworden wären, weil der verfassungsändernde Gesetzgeber an ihrer Zulässigkeit nichts habe ändern wollen. Auch der argumentative Ansatz des BVerfG aus dem Urteil zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr i. e. S. kann die noch zur Bewertung ausstehenden Einsätze der Bundeswehr i. e. S. somit nicht legitimieren.

B. Verfassungswandel Sodann soll auf die Figur des Verfassungswandels eingegangen werden. Diese Figur geht davon aus, daß es durchaus denkbar ist, daß es über einen langen Zeitraum, über welchen eine Norm durchgehend ohne inhaltliche 3

Vgl. oben 4. Teil, B., C.III., IV. Vgl. dazu H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 117. 5 Insbesondere wurde eine Legitimation obrigkeitlicher Verwendungen der Streitkräfte über Art. 35 Abs. 1, 37 GG auch unter Geltung von Art. 143 GG a. F. abgelehnt. 4

404

7. Teil: Sonstige Rechtfertigungsansätze

Veränderung durch den Gesetzgeber gilt, zu tatsächlichen Veränderungen der Wirklichkeit kommt. Wenn nun der historische Gesetzgeber beim Erlaß der Norm nur die alte tatsächliche Situation im Auge hatte, und auch nur an diese Situation dachte und entsprechende Normzwecke verfolgte, als er die Norm erließ, wird die Norm regelmäßig genau in diesem Sinne in der alten Situation angewendet worden sein. Vermutlich werden andere tatsächliche Situationen, die der Normgeber nicht vor Augen hatte, von der Anwendung ausgeschlossen gewesen sein. Wenn nun durch allmähliche Veränderung der Lebenswirklichkeit im von der Norm geregelten Bereich eine neue Situation entstanden ist, die der Normgeber überhaupt nicht bedacht hat, bzw. deren Erfassung von der Norm er aufgrund der vormalig bestehenden Situation nach seinen Vorstellungen eventuell sogar ausgeschlossen sehen wollte, so stellt sich die Frage, wie mit dieser Konstellation umzugehen ist. Auf der Grundlage der gemischt objektiv-subjektiven Auslegungsmethode ist zwar vom Vorstellungsbild des historischen Gesetzgebers auszugehen, dieses ist jedoch aufgrund im von der Norm erfaßten Lebensbereich eintretenden Veränderungen und veränderter Vorstellungen in der Gesellschaft zu überprüfen und die Normanwendung entsprechend zu modifizieren.6 Dies setzt gewissermaßen die Unterstellung voraus, daß der historische Gesetzgeber, hätte er die Veränderung vorausgesehen, seine Vorstellungen und eventuell auch die Norm dieser antizipierten Veränderung angepaßt hätte. Auf diese Weise kann auf der Grundlage der Erkenntnis, daß „die Norm weiser ist als der Normgeber“ mittels der Berücksichtigung objektiver Normzwecke, die sich aus Veränderungen im Normbereich ergeben, eine zuvor feststehende, einen gewissen Bereich erfassende bzw. nicht erfassende Auslegung bei entsprechender Veränderung der Wirklichkeit inhaltlich geändert werden, ohne daß die Norm im Wortlaut durch den Gesetzgeber verändert wird.7 Dies gilt auch für die Verfassungsauslegung, weil die Verfassung als normativ-inhaltlich nur fragmentarisch durchgebildete Rahmenordnung dem geschichtlichen Wandel in besonderer Weise gerecht werden muß.8 Nun könnte man im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG und terroristische Bedrohungen versuchen, diese unter die Norm zu subsumieren, indem man einen Verfassungswandel annähme. In der Tat ist es so, daß der historische Verfassungsgesetzgeber 1968 an solche Bedrohungen nicht gedacht hat. Auch wenn Terrorismus auf nationaler und internationaler Ebene schon recht bald – in den 70er Jahren – in den Blickpunkt von Gesetzge6 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rn. 55 f.; K. Larenz/C. W. Canaris, 170 ff.; U. Schopohl, 94; M. Schultz, 193. 7 Man spricht hier von der Veränderung der Normsituation, vgl. K. Larenz/C. W. Canaris, 170 ff. 8 M. Schultz, 193.

B. Verfassungswandel

405

ber und Öffentlichkeit trat, so war dies im Hinblick auf Art. 87a Abs. 4 GG kein Gesichtspunkt, den der Gesetzgeber bedachte. Seitdem sind verschiedene Wellen von Terror über die Bundesrepublik und andere Staaten der Welt gegangen und gegenwärtig erscheint die Bedrohung durch den Terror gegenwärtiger und gefährlicher als diejenige durch „schwerste Erscheinungsformen innerer Unruhen“ unter Beteiligung von verfassungsfeindlichen Kräften. Da der vom Wortlaut gezogene Rahmen weit genug ist, auch diese Bedrohungen – zumindest teilweise – unter die Vorschrift zu fassen, ließe sich an die Berücksichtigung dieser Veränderung der Wirklichkeit denken. Mit dem Argument des Verfassungswandels ließen sich Argumente, die zuvor für eine Verengung des Wortlauts sprachen und die Erfassung der meisten terroristischen Bedrohungen ausschlossen, zurückdrängen. Hierbei sind jedoch zwei wichtige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zum einen führt die Veränderung in der Wirklichkeit, die hier in Form der zunehmenden Bedeutung des internationalen Terrorismus unter Anwendung von durch Proliferation verfügbaren Massenvernichtungswaffen zum Tragen kommt, nicht dazu, daß eine Regelungslücke entsteht, indem ein neues Phänomen in bisherige Kategorien des Rechts nicht hineinpaßt und vom Recht deshalb nicht erfaßt wird. In einem solchen Fall kann man eine Erstreckung von Rechtsnormen durch Veränderung deren Anwendungsbereichs über das Argument des Verfassungswandels erwägen. Hinsichtlich terroristischer Bedrohungen lagen zum einen dessen Mittel im wesentlichen schon 1968 vor, auch wenn der Verfassungsgesetzgeber diese Bedrohung nicht berücksichtigt hat, weshalb es sich nicht um eine vollkommene Neuerung in der Lebenswirklichkeit handelt. Zudem läßt sich diese tatsächliche Erscheinung rechtlich, insbesondere auf Ebene der Verfassung, einordnen. Zwar fällt Terrorismus regelmäßig nicht unter Art. 87a Abs. 4 GG, aber solche Bedrohungen können durch die Länder im Wege normaler Gefahrenabwehr, eventuell auch unter Anforderung des BGS über Art. 35 Abs. 2 S. 1 GG bekämpft werden. Daß über diese Kompetenzbereiche eventuell aufgrund von Defiziten in personeller oder sachlicher Hinsicht diese Gefahren nicht mit Aussicht auf Erfolg abgewehrt werden können, ist keine Frage des Rechts, sondern der tatsächlichen Ausstattung und Ausbildung der nicht-militärischen Sicherheitskräfte. In rechtlicher Hinsicht kann die Gefahrensituation somit bewältigt werden, ohne wegen behaupteten Verfassungswandels Art. 87a Abs. 4 GG anders als zuvor auslegen zu müssen. Zum anderen ist als Besonderheit dieses Regelungsbereichs zu beachten, daß Art. 87a Abs. 4 GG im Zusammenhang mit Abs. 2 der Norm steht. Diese Vorschrift wurde vom verfassungsändernden Gesetzgeber 1968 mit weiterhin bestehender Aktualität als Schranke zur Verhinderung der „Ab-

406

7. Teil: Sonstige Rechtfertigungsansätze

leitung ungeschriebener Zuständigkeiten“9 und als „Interpretationsbremse“ normiert. Auch wenn es hier nicht um die Ableitung einer ungeschriebenen Zuständigkeit jenseits des Wortlauts, sondern um eine innerhalb des Wortlautrahmens liegende, aber insbesondere durch systematische und teleologische Argumente ausgeschlossene Variante des Einsatzes der Streitkräfte geht, ist Art. 87a Abs. 2 GG und die von ihm geforderte Zurückhaltung in der Auslegung gleichwohl zu berücksichtigen. Denn es ist anerkannt, daß ein Verfassungswandel voraussetzt, daß der Verfassungsgesetzgeber Spielraum für Veränderungen und Anpassungen gelassen hat.10 Art. 87a Abs. 2 GG läßt sich grundsätzlich der Gedanke und die Absicht des Verfassungsgebers entnehmen, daß – unabhängig davon, wie dies in anderen Bereichen der Verfassung geschieht – jede Hinzufügung weiterer Möglichkeiten des Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. im Inneren der Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers überantwortet werden sollte. Dies gilt auch und gerade für die Bewältigung neu auftretender Gefahren. Der Katalog der Ermächtigungsnormen für Einsätze der Streitkräfte im Inneren, welcher als abschließend gedacht war,11 sollte nur durch den verfassungsändernden Gesetzgeber und nicht im Wege der Auslegung erweitert werden. Aus diesen Erwägungen folgt, daß trotz der unbestrittenen Entstehung neuer Bedrohungen seit 1968, die der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht vorausgesehen hat, deren tatsächliche und rechtliche Bewältigung nicht durch Rechtswissenschaft, Rechtsprechung oder den Normanwender zu erfolgen hat, sondern daß diese Aufgabe allein dem verfassungsändernden Gesetzgeber zugedacht ist. Dies korrespondiert mit der hinsichtlich der Berücksichtigung von Veränderungen der Normsituation als Verfassungswandel zu bedenkenden Erkenntnis, daß eine faktische inhaltliche Änderung des Bedeutungsgehaltes einer Norm auf Verfassungsebene nur mit besonderer Vorsicht zu erwägen ist. Dies folgt daraus, daß der Verfassung eine erhöhte Stabilisierungsfunktion zukommt, weshalb ihre Änderung an besondere verfahrensrechtliche Kautelen gebunden ist, weshalb auch ihrer „Änderung“ durch Neuinterpretation aufgrund Verfassungswandels Grenzen gezogen sind.12 Dieser Gedanke bestätigt das gefundene Ergebnis.

9 So auch BVerfGE 90, 286 (356 f.) unter Berufung auf den Bericht des Rechtsausschusses der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/2873, 13; J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (214); N.-P. Kleiner, 189; W. Speth, 57. 10 S. Brunner, 234, Fn. 10; Brunner spricht davon, daß Verfassungswandel die „Weisheit des Verfassungsgebers“ voraussetzt, sie jedoch nicht ersetzen kann. 11 Vgl. den Bericht des Rechtsausschusses der 5. Wahlperiode, BTDrucks. 5/ 2873, 2. 12 K. Larenz/C. W. Canaris, 173 f.

C. Über-/Außerverfassungsrechtlicher Notstand

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Eine Erstreckung von Art. 87a Abs. 4 GG oder anderer Ermächtigungen des GG auf anderweitig nicht zulässige Bundeswehreinsätze zur Abwehr terroristischer Bedrohungen über das Argument des Verfassungswandels ist deshalb nicht möglich.

C. Über-/Außerverfassungsrechtlicher Notstand Es ist auch auf die Möglichkeit eines Einsatzes der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr ansonsten nicht zu bewältigender terroristischer Bedrohungen aufgrund eines denkbaren überverfassungsrechtlichen, extrakonstitutionellen oder ungeschriebenen Staatsnotrechts einzugehen. Ein solches wurde bereits vor dem Erlaß des GG und auch in der Folgezeit in der Staatslehre stets diskutiert.13 Auch nach Erlaß der Notstandsverfassung endete diese Diskussion nicht und bis heute wird darüber gestritten – wenn auch die offenen Befürworter eines solchen Staatsnotrechts seltener geworden sind. Ansätze zu dessen Begründung gehen auf naturrechtlicher, gewohnheitsrechtlicher oder völkerrechtlicher Argumentationsgrundlage14 vor allem in zwei Richtungen. Die erste verschafft einer Vorstellung des Staates Raum, die das Gemeinwesen und seine Existenzsicherung über das Individuum stellt und dadurch den Erhalt des Staates als Selbstzweck vor Individualinteressen und auch vor die geschriebene Verfassung stellt.15 Häufiger findet sich jedoch ein Argumentationsmuster, welches erkennt, daß der Staat nicht Selbstzweck ist, sondern nach den Gedanken der Vertragstheorie im Interesse der Summe der Individuen besteht. Bezugspunkt einer staatsnotrechtlichen Argumentation kann bei dieser Sichtweise nur der Gedanke sein, daß der Staat und das Gemeinwesen allein im Interesse des Gemeinwohls als Chiffre für gesamt-gesellschaftlich betrachteten Rechtsgüterschutz und für die Gewährleistung von kollektiver Sicherheit im Individualinteresse seine Existenzberechtigung erhält. Das Staatsnotrecht wird nach diesem Ansatz unter diesen Voraussetzungen auch jenseits der positiven Verfassung unter Berufung auf überpositive Werte oder die Staatsaufgabe der Gewährleistung von Sicherheit für die Bürger im Wege einer Güterabwägung gewonnen.16 13 Einen sehr guten Überblick (auf dem Stand 1962) gibt H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 151 ff. 14 Darstellung der Argumentation und namhafter Vertreter dieser Richtungen bei H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 180 f., und E. Siegers, Staatsnotrecht, 99 ff., 111 f. 15 J. C. Bluntschli, Nothrecht, in: Deutsches Staatswörterbuch, 7. Bd., 334 ff.; U. Scheuner, Verfassungsschutz im Bonner GG, 318 f. (naturrechtlich); Darstellung bei H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 175 f. 16 H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 152 ff., besonders 169, 190 ff.; R. v. Jhering, 1. Bd., 420 ff.; E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 64; H. Krüger, 30 f.; E. Siegers, 125 ff. (argumentiert mit einer Analogie zum

408

7. Teil: Sonstige Rechtfertigungsansätze

Viele lehnen ein ungeschriebenes Staatsnotrecht jedweder Begründung grundsätzlich ab.17 Auch wenn sich neben Stimmen aus Zeiten vor dem GG und vor dem Erlaß der Notstandsverfassung selbst prominente Staatsrechtslehrer der Gegenwart zu einem ungeschriebenen Staatsnotrecht bekennen, erscheint die – gegenwärtig soweit erkennbar nicht mehr vertretene – staatsorientierte erste Variante angesichts der auf Menschenwürde und individuelle Freiheit ausgerichteten Orientierung des GG als unvertretbar. Auch die individualrechtlich über den Gedanken der Güterabwägung begründete Variante begegnet schwerwiegenden rechtsstaatlichen Bedenken. Bei unterstellter Berücksichtigung der beispielsweise von K. Stern aufgestellten Voraussetzungen18 würde zwar das Modell der Optimierung des Schutzes individueller Freiheit bei Herstellung praktischer Konkordanz mit konfligierenden Freiheitsrechten Dritter im Hinblick auf den Gedanken der Gerechtigkeit verwirklicht, jedoch würden dabei wichtige formale rechtsstaatliche Garantien aufgeopfert.19 Die historische und auch die gegenwärtige Lebenswirklichkeit zeigt, daß mit rechtmäßigem Verhalten staatlicher Amtsträger – gleich ob dies an positiv normiertem oder überpositivem Recht gemessen wird – nicht jederzeit gerechnet werden kann. Gerade die Erfahrung von Willkürherrschaft und totalitären Systemen führte zum heutigen Verständnis des Rechts- und strafrechtlichen übergesetzlichen Notstand); K. Stern, StaatsR II, § 52 V, 1328 ff.; letztendlich in diese Richtung auch Kogon, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 55. Sitzung, 9.11.1967: 1. Notstandshearing, 19; Zweigert, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 95. 17 R. Grau, Diktaturgewalt des Reichspräsidenten, 276; R. Hoffmann, 86 (107); J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (214); H. Kelsen, 156 f.; H. Oberreuter, 3, 279; H. M. Parche, 179; R. Schikowski, 21; R. Thoma, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. II, § 76, 221 (231 f.); der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann zitierte A. Arndt im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 23: „Alles Spekulieren mit einem überverfassungsgesetzlichen Notstand [. . .] ist nichts anderes als eine verwerfliche Beschönigung des Verfassungsbruchs, des Verfassungsverrats“. 18 K. Stern, StaatsR II, § 52 V z), 1337 f., stellt unter Berufung auf weitere Stimmen in Fn. 217 die folgenden Voraussetzungen auf: 1. zum Schutz essentieller Verfassungsgüter; 2. subsidiäre ultima ratio gegenüber den Befugnissen des positivierten Rechts; 3. wesentliches Überwiegen des zu schützenden Rechtsguts bei Abwägung der kollidierenden Rechtsgüter; 4. Verhältnismäßigkeit der Notstandsmaßnahme; 5. Notstandsbewältigungs-, nicht Verfassungsänderungswille und Absicht, zur Normalverfassung zurückzukehren; ähnlich E. Klein, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 169, Rn. 64; etwas anders E. Siegers, 37; von anderen postulierte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des ungeschriebenen Notrechts bei H. E. Folz, Staatsnotstand und Notstandsrecht, 178 f. 19 F.-B. v. Wehrs, 116, spricht mit Recht die Grundsätze der Bestimmtheit, der Gewaltenteilung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung an.

C. Über-/Außerverfassungsrechtlicher Notstand

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Verfassungsstaats, in dem sich jedes staatliche Handeln auf eine aus der positiven Verfassung ableitbare Rechtsnorm zurückführen lassen muß. Auch wenn die angedeuteten Zweifel bestehen, so soll doch eine generelle Entscheidung über das ungeschriebene Staatsnotrecht unterbleiben, weil sie hier nicht notwendig ist.20 Denn in Bezug auf Einsätze der Streitkräfte besteht eine besondere Situation, die dazu führt, daß die Frage nach dem Staatsnotrecht über oder neben der Verfassung eindeutig zu beantworten ist: Angesichts der historischen Erfahrungen der deutschen Verfassungsgeschichte mit Notstandsnormen, insbesondere jener mit Art. 48 WRV während der Weimarer Republik, war für den verfassungsändernden Gesetzgeber schon eine Generalklausel zur Regelung des Staatsnotstandes nicht akzeptabel. Eine im Vergleich dazu noch deutlich weniger rechtsstaatliche Variante der Bewältigung des Staatsnotstandes in Form eines ungeschriebenen Staatsnotrechts kam für den Verfassungsgesetzgeber 1968 deshalb umso weniger in Betracht. Deshalb war es für den verfassungsändernden Gesetzgeber bei der Einfügung der Notstandsverfassung, insbesondere von Art. 87a Abs. 2 GG, ein zentraler Zweck der gesamten Regelung, durch den mit dieser Norm errichteten Verfassungsvorbehalt in Form des Erfordernisses ausdrücklicher Zulassung durch das GG selbst für alle verteidigungsfremden Einsätze die Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten aufgrund von Staatsnotrechtsvorstellungen auszuschließen.21 Ließe man gleichwohl ein ungeschriebenes Staatsnotrecht neben den geschriebenen Notstandsnormen des GG und den vier Einsätze der Streitkräfte ausdrücklich zulassenden Ermächtigungen – Art. 35 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 87a Abs. 3 und Abs. 4 GG – zu, so würde der gesamte Aufwand einer über zehnjährigen gesellschaftlichen und parlamentarischen Diskussion über die Notstandsverfassung, von in drei Legislaturperioden betriebenen Verfahren der 20 Grundsätzlich ablehnend N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 162; auch H. E. Folz dürfte nach Inkrafttreten der Notstandsverfassung zu einem anderen Ergebnis kommen als in seiner 1962 veröffentlichten Diss. (Staatsnotstand und Notstandsrecht), wo er sich a. a. O., 172, dahingehend äußert, ein Staatsnotrecht käme nach dem GG nicht in Betracht, wenn sich ein das ungeschriebene Staatsnotrecht ausschließender Wille des Verfassungsgebers feststellen lasse. 21 Vgl. die Aussage des Abg. Stammberger (SPD), Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, 175. Sitzung, 16.5.1968, 9451A, der in der 2. Beratung der Notstandsnovelle äußerte, es solle „ganz klar festgelegt werden, wo als ultima ratio, aber auch nur dann, Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei eingesetzt werden soll, damit man nicht mit einem übergesetzlichen Notstand manipulieren müsse“; ebenso Schäfer, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 57. Sitzung, 16.11.1967: 2. Notstandshearing, 73: „Ziel einer Notstandsverfassung muß sein, Rückgriff auf überverfassungsmäßiges Recht auszuschließen“; auch W. Speth, 57, ist der Auffassung, durch Art. 87a Abs. 2 GG werde der „Streit um die Frage überflüssig, ob es ein extrakonstitutionelles Notrecht gebe“; ebenso E. Schemann, 65; A. F. Semerak, DÖV 1989, 897 (898).

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7. Teil: Sonstige Rechtfertigungsansätze

Verfassungsänderung inklusive umfangreicher Verhandlungen in Ausschüssen und im Plenum von Bundestag und Bundesrat sowie der vom Rechtsausschuß des Bundestages veranstalteten tagelangen Hearings von Sachverständigen22 im Grunde obsolet. Stünde neben den als abschließende detaillierte Notstandsregelung gedachten, von vielen für schon zu perfektionistisch gehaltenen Notstandsregelungen ein ungeschriebenes Staatsnotrecht, so hätte man sich all das ersparen können. Dann könnte alles über das ungeschriebene Staatsnotrecht laufen, da die Funktion, auch im Notstand den Rechtsstaat weitestmöglich aufrechtzuerhalten und das Recht für die Steuerung exekutiven Handelns in seiner zentralen Rolle zu belassen, leerlaufen würde. Aufgrund dieser Erwägungen ist ein Einsatz der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr innerer Gefahren auf der Grundlage eines ungeschriebenen Staatsnotrechts abzulehnen.23 Auch über den Gedanken des ungeschriebenen Staatsnotrechts können Einsätze der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr von terroristischen Bedrohungen, die auf keiner anderen positiv normierten verfassungsrechtlichen Grundlage zulässig sind, nicht gerechtfertigt werden.

D. Rechtsfortbildung Es ist zu fragen, ob Normen, die Einsätze der Streitkräfte ausdrücklich zulassen, aber aufgrund ihres Tatbestandes die noch offenen Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nicht im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG erlauben, eventuell über ihren Tatbestand hinaus angewandt werden können. Alternativ kommt eine Erstreckung anderer Ermächtigungen zur Gefahrenabwehr im GG, die nach ihrem Wortlaut nicht den Einsatz der Streitkräfte ermöglichen, in Betracht. Der Normzweck der Erfüllung der allgemeinen Staatsaufgabe der Gewährleistung von physischer Sicherheit, der Erfüllung der staatlichen Schutzpflichten und der Zweck der Notstandsverfassung zur Abwehr schwerwiegender Gefahren von innen und außen im Interesse der Rechtsgüter der Bürger spricht für eine solche Erstreckung. Ein solches methodi22 Die Notstandshearings am 9., 16. und 30.11. sowie am 7. und 14.12.1967: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode, Stenographisches Protokoll, Nr. 55, 57, 59, 60 und 62. 23 Ebenso G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87a, Rn. 38; J. Isensee, Bundeswehr als internationale Krisenfeuerwehr, 210 (214); N.-P. Kleiner, 189; H. M. Parche, 179; N. K. Riedel, Einsatz deutscher Streitkräfte, 162 ff.; W. Schreiber, DÖV 1969, 729 (731); W. Speth, 57; A. Hamann jr., in: Hamann/Lenz, GG, Art. 87a, Anm. B.2.; K. Ipsen, in: Bonner Kommentar, Art. 87a, Rn. 35; a. A. P. Wilkesmann, NVwZ 2002, 1316 (1322), der dies über § 34 StGB zu rechtfertigen versucht.

D. Rechtsfortbildung

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sches Vorgehen, welches eine von einer Norm angeordnete Rechtsfolge für einen Fall anwendet, welcher außerhalb des vom Wortlaut der Norm gezogenen Rahmens liegt, ist Rechtsfortbildung. Rechtsfortbildung ist auch auf Ebene der Verfassung grundsätzlich möglich24 und vom Grundsatz her auch für Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. denkbar.25 Jedoch ist Art. 87a Abs. 2 GG zu berücksichtigen, der mit dem errichteten Verfassungsvorbehalt und der aus ihm folgenden verfassungsrechtlichen Auslegungsregel bereits bezüglich des Verfassungswandels und des ungeschriebenen Staatsnotrechts entscheidend war. Da die Begründung einer Zulässigkeit von Einsätzen der Streitkräfte im Hinblick auf Art. 87a Abs. 2 GG nur durch ausdrückliche Zulassung möglich sein sollte, um explizit „die Ableitung ungeschriebener Zuständigkeiten“ zu verhindern, stellt diese Norm – in Verstärkung und Absicherung der bekannten Funktion als Interpretationsbremse – als Ausnahme von der grundsätzlichen auch im Verfassungsrecht gegebenen Möglichkeit der Rechtsfortbildung eine Rechtsfortbildungssperre dar.26 Wegen Art. 87a Abs. 2 GG ist es nicht möglich, verfassungsrechtliche Ermächtigungsnormen in einer Weise rechtsfortbildend zu verstehen, daß diese Einsätze der Streitkräfte außer zur Verteidigung zuließen.

24

BVerfGE 69, 369; DVBl. 1990, 691; E. Schemann, 67. Auch E. Schemann, 66 ff., denkt über die Möglichkeit von Rechtsfortbildung nach, allerdings hinsichtlich der Auslandseinsätze. 26 Konkret hinsichtlich der Möglichkeit einer Analogie stellt E. Schemann, 68, fest, daß es wegen Art. 87a Abs. 2 GG an einer planwidrigen Lücke als Voraussetzung fehle und lehnt eine solche dementsprechend ab; zu diesem Erfordernis K. Larenz/C. W. Canaris, 191 ff. 25

8. Teil:

Schlußteil A. Zusammenfassung konkreter Ergebnisse Es soll versucht werden, in möglichst übersichtlicher Form die Ergebnisse darzustellen, welche im Laufe der Untersuchung bezüglich konkreter Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr terroristischer Bedrohungen und zum Schutz von Großveranstaltungen erzielt wurden. Daß in der Folge nicht alle denkbaren Verwendungen klassifiziert werden, liegt an der unendlichen Vielfalt denkbarer Bedrohungen und entsprechend auch der Vielfalt denkbarer Verwendungen. Nicht aufgeführte Verwendungen sind anhand der hier entwickelten generell-abstrakten Ergebnisse zu bewerten, die in den Thesen zusammenfassend dargestellt werden.1 Unter der Prämisse, daß die nicht-militärischen Kräfte zur Wahrnehmung dieser Aufgaben aus personellen oder materiellen Gründen nicht befähigt sind, gilt für Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. allein im Hinblick auf Art. 87a GG: • Immer zulässig ist im Zusammenhang mit der Abwehr terroristischer Bedrohungen und dem Schutz von Großveranstaltungen jede Tätigkeit von Soldaten, insbesondere von militärischen Führern, die in der beratenden Weitergabe von Wissen besteht, wenn diese gegenüber Personen ausgeübt wird, denen diese Soldaten nicht organisatorisch zugeordnet und nicht zurechenbar sind. • Zulässig ist die Nutzung der personellen Ressourcen der Streitkräfte für eine Vielzahl von organisatorischen, logistischen und technischen Arbeits- und Dienstleistungen einfacher Art bei der Vorbereitung einer Großveranstaltung, wie z. B. Bautätigkeiten, der Transport von Material oder die Überlassung von Spezialfahrzeugen oder von Kraftfahrzeugen für den Transport. • Zulässig sind in der Durchführungsphase einer Großveranstaltung alle schlichten Verwendungen, beispielsweise die Verwendung im Bereich der Verpflegungszubereitung oder des Service hinsichtlich der Verköstigung von Politikern oder sonstiger Teilnehmer sowie die Verwendung als Garderobenpersonal. 1

Vgl. unten C.

A. Zusammenfassung konkreter Ergebnisse

413

• Zulässig ist jede Verwendung der Bundeswehr i. e. S., die Tätigkeiten nicht-militärischer Kräfte unmittelbar unterstützt, die den vorstehenden Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. entsprechen. • Unzulässig ist die Verwendung bei Großveranstaltungen als Türsteher jedweder Art, als Absperr- oder Verkehrsposten sowie als Einweiser. • Unzulässig sind alle sonstigen Tätigkeiten in der Absicherung von Großveranstaltungen, z. B. im Personenschutz oder als Wachposten, Präsenz zeigende Patrouillen, Eingreifgruppen oder als absperrende Kräfte, die gewisse Bereiche von Gegnern der Veranstaltung freihalten sollen, sowie die Unterstützung Dritter bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben. • Unzulässig ist eine Verwendung, bei der Soldaten Fahrzeuge der Streitkräfte, insbesondere Luftfahrzeuge, mit oder ohne Bewaffnung allein mit Befugnis und Auftrag zur Überwachung von Großveranstaltungen und deren Umgebung benutzen und etwaige Aufklärungsergebnisse über Gefahren durch Veranstaltungsgegner an die für die Abwehr dieser Gefahren zuständigen nicht-militärischen Kräfte weitergeben. • Zulässig ist die Verwendung von Luftfahrzeugen und Soldaten der Bundeswehr i. e. S., z. B. in Form des Überfliegens eines ländlichen Gebietes mit „Recce-Tornados“, die im Hinblick auf Entführungen von Personen allein dazu dient, eine vermißte Person in totem oder lebendigem Zustand aufzufinden. Unzulässig ist in diesem Zusammenhang jede Verwendung, die auf die Beendigung der Entführung oder auf die Ergreifung der Täter jedweder terroristischer Taten gerichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn sie – insbesondere durch Personal des MAD – ermittelnd, suchend oder analytisch ist oder die Kräfte der Ämter für Verfassungsschutz, der Kriminalämter des Bundes und der Länder und der Bundesanwaltschaft in deren repressiver oder präventiver Tätigkeit unterstützen soll. • Zulässig ist jede Verwendung zur Abwehr von Angriffen, die sich mittelbar oder unmittelbar gegen Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. in der Bundesrepublik richten oder diese bedrohen und zugleich nicht mehr als ein nicht-militärisches Ziel bedrohen. Unabhängig davon, mit welchen Mitteln ein terroristischer Angriff ausgeführt wird, gegen welche Ziele er sich richtet oder welche Folgen er voraussichtlich bewirkt, sind alle Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. zulässig, wenn der Angriff • mittels eines Luftfahrzeugs ausgeführt wird und die Terroristen die Gewalt über dieses Luftfahrzeug außerhalb des deutschen Staatsgebietes übernehmen und damit in den deutschen Luftraum hineinfliegen; • mittels eines militärischen Luftfahrzeugs ausgeführt wird und die Terroristen dieses im Einverständnis mit demjenigen Staat nutzen, zu dessen

414

8. Teil: Schlußteil

Streitkräften das Luftfahrzeug gehört, und damit von außen unberechtigt in den deutschen Luftraum hineinfliegen; • mit einem militärischen Luftfahrzeug der Bundeswehr i. e. S. ausgeführt wird, welches außerhalb der Bundesrepublik entwendet oder entführt wird und mit dem in den deutschen Luftraum hineingeflogen wird; • mit einem zivilen Luftfahrzeug ausgeführt wird, über das die Handelnden die Verfügungsgewalt im Ausland ohne offen feindseliges Verhalten in Form von Entführung oder Entwendung erlangt haben, wenn das Luftfahrzeug unberechtigt in den deutschen Luftraum einfliegt; • mit land-, luft- oder seegestützten Raketen jedweder Bauart mit beliebigen Gefechtsköpfen ausgeführt wird, die von einem Ort außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik gestartet werden und Ziele innerhalb der Bundesrepublik bedrohen; • im Wege eines Selbstmordattentats innerhalb der Bundesrepublik mit Verkehrsmitteln irgendeiner Art erfolgt, die im Ausland entwendet oder entführt wurden; • in einer Weise erfolgt, daß sich die handelnden Personen unabhängig davon, ob und welche Verkehrsmittel hierbei benutzt werden, in Form eines Kommandounternehmens vom Ausland aus in erkennbar feindseliger Haltung unmittelbar zu dem Ort innerhalb der Bundesrepublik begeben, an dem sich das Angriffsziel befindet. Darüber hinaus ist die Abwehr terroristischer Angriffe unter Verwendung der Bundeswehr i. e. S. zulässig, wenn der Angriff unabhängig von der Art der Ausführung oder seiner Herkunft • geeignet erscheint, mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als 50% der Einwohner des Bundes oder eines Landes zu töten oder nachhaltig deren genetisches Material zu verändern; • geeignet erscheint, mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als 50% des Staatsgebiets des Bundes oder eines Landes nicht nur kurzfristig in die normale Nutzung ausschließender Weise zu kontaminieren. Für diese Voraussetzungen kommen aller Wahrscheinlichkeit nach nur Angriffe in Betracht, bei denen nukleare, biologische oder chemische Kampfmittel benutzt werden oder bei denen nukleare, biologische oder chemische Gefahrstoffe als Konsequenz des Angriffs auf eine bestimmte Einrichtung, insbesondere auf Kernkraftwerke, frei werden. Zulässig ist zudem die Abwehr jedweder Angriffe, die gegenüber öffentlichen Gebäuden oder Veranstaltungen erfolgen, in denen sich Politiker und insbesondere Regierungsmitglieder aufhalten, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls damit zu rechnen ist, daß

A. Zusammenfassung konkreter Ergebnisse

415

die infolge der Tötung der Politiker eintretende momentane Destabilisierung des politischen Systems zum Versuch einer Revolution oder einer anderen Veränderung der politischen Grundordnung außerhalb der vom GG vorgesehenen Verfahren benutzt werden wird. Alle Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. zur Abwehr terroristischer Bedrohungen, die nicht unter die vorstehenden Fallgruppen fallen, sind unzulässig. Vorbehaltlich der Erfassung durch die dargestellten speziellen Kategorien von Verwendungen sind deshalb insbesondere unzulässig • die Abwehr von Angriffen auf Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S., wenn in diesen eine Veranstaltung stattfindet, die keinen inneren Bezug zur Bundeswehr i. e. S. aufweist; • die Abwehr von Angriffen, welche sich gegen Großveranstaltungen oder andere Ziele richten, durch die neben nicht-militärischen Teilnehmern auch Soldaten gefährdet sind; • die Abwehr von Angriffen unter Verwendung von Luftfahrzeugen mit Bomben, Luft-Boden-Raketen oder im Wege des Selbstmordattentats, die sich gegen Großveranstaltungen oder andere Ziele richten; • die Abwehr von Angriffen, bei denen nukleare, biologische oder chemische Kampfmittel benutzt werden und die nicht die besonderen Voraussetzungen hinsichtlich der Folgen für Bevölkerung oder Staatsgebiet erfüllen; • die Abwehr von Angriffen, bei denen nukleare, biologische oder chemische Gefahrstoffe als Konsequenz von Angriffen auf bestimmte Einrichtungen, insbesondere Kernkraftwerke, frei werden und die nicht die besonderen Voraussetzungen hinsichtlich der Folgen für Bevölkerung oder Staatsgebiet erfüllen; • die Abwehr sonstiger Angriffe auf technische Einrichtungen, die aufgrund der ihnen innewohnenden Gefahren für die Allgemeinheit Ziel von terroristischen Anschlägen sein können, wie z. B. Dämme von Stauseen und Talsperren; • die Abwehr von Versuchen, sich in Einrichtungen, in denen für terroristische Angriffe nutzbare gefährliche Stoffe hergestellt oder gelagert werden, mit Gewalt diese Stoffe zu verschaffen; • die Abwehr von Versuchen, Einrichtungen zur Wasseraufbereitung oder größere Trinkwasserreservoire durch eigenhändiges Ausbringen toxischer Substanzen, von Luftfahrzeugen aus oder mittels Raketen zu kontaminieren; • die Abwehr von Angriffen mit Luftfahrzeugen, Raketen, Mörsern, Granatwerfern, sonstigen Waffen oder als Waffen verwendeten Gegenständen – eventuell im Wege des Selbstmordattentats – gegenüber öffentli-

416

8. Teil: Schlußteil

chen Einrichtungen, in denen sich Politiker und insbesondere Regierungsmitglieder aufhalten, gegenüber großen Menschenmengen, gegenüber hochgestellten Entscheidungsträgern der Wirtschaft und gegenüber allen privaten Vermögensgütern; • die Abwehr jedweder Angriffe auf Einrichtungen der Daseinsvorsorge; • alle Maßnahmen der Bundeswehr i. e. S., die zur Verhinderung der Entführung von Verkehrsmitteln durch Terroristen als Voraussetzung von Selbstmordattentaten dienen: Absicherung von Verkehrsmitteln auf Flughäfen, in Bahnhöfen, Busbahnhöfen oder Häfen bzw. die verdeckte oder offene, bewaffnete oder unbewaffnete Begleitung dieser Verkehrsmittel (z. B. als sog. sky marshals). • Sind Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. nach den vorstehenden Aussagen unzulässig, so ist es ebenfalls unzulässig, wenn die Bundeswehr i. e. S. den nicht-militärischen Sicherheitskräften Waffen, Waffensysteme und sonstige Ausrüstung zur Verfügung stellt, über die diese selbst nicht verfügen und die diese befähigt, an Stelle der Bundeswehr i. e. S. diese Aufgaben wahrzunehmen. • Ebenso ist es unzulässig, die nicht-militärischen Kräfte an solchen Waffen, Waffensystemen und sonstiger Ausrüstung auszubilden. Dies gilt auch dann, wenn diese nicht von der Bundeswehr i. e. S. stammen, jedoch die nicht-militärischen Kräfte zur Wahrnehmung der Bundeswehr i. e. S. verbotener Aufgaben befähigen. • Sind Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. hingegen zulässig, so ist auch die Gebrauchsüberlassung von Waffen, Waffensystemen und sonstiger Ausrüstung an nicht-militärische Kräfte sowie deren dementsprechende Ausbildung zulässig, die diese befähigen, zulässige Aufgaben an Stelle der Bundeswehr i. e. S. wahrzunehmen. • Die sonstige Unterstützung von Tätigkeiten nicht-militärischer Sicherheitskräfte zur Abwehr terroristischer Bedrohungen durch die Bundeswehr i. e. S. ist zulässig, wenn die wahrgenommene Aufgabe einer nach den vorstehenden Kriterien zulässigen Verwendung der Bundeswehr i. e. S. entspricht. Entspricht die von den nicht-militärischen Sicherheitskräften wahrgenommene Aufgabe einer unzulässigen Verwendung der Bundeswehr i. e. S., so ist diese Unterstützung ebenfalls unzulässig. • Zulässig ist jede Tätigkeit militärischer Führungskräfte, die sich auf zulässige Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. nach den vorstehenden Kriterien bezieht. • Unzulässig ist jede Tätigkeit militärischer Führungskräfte, die sich auf unzulässige Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. nach den vorstehenden Kriterien bezieht.

B. Schluß

417

• Unzulässig ist aber auch jede Tätigkeit militärischer Führungskräfte, die selbst Führungsverantwortung wahrnehmen oder die verantwortliche Führungsaufgabe einer nicht-militärischen Führungskraft durch dieser zurechenbare Wahrnehmung von delegierten Aufgaben unterstützen, wenn sich dies auf Tätigkeiten nicht-militärischer Kräfte bezieht, die unzulässigen Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. nach den vorstehenden Kriterien entsprechen. Beziehen sich solche Verwendungen jedoch auf Tätigkeiten nicht-militärischer Kräfte, die zulässigen Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. entsprechen, so sind diese ebenfalls zulässig.

B. Schluß Nach intensiven teils sehr abstrakten und teils auch sehr konkret auf die Realität bezogenen Erörterungen kommt die Untersuchung, nachdem bereits zusammenfassend die konkreten Ergebnisse dargestellt wurden, zu ihrem Ende. Es hat sich gezeigt, daß das Phänomen des internationalen Terrorismus, welches von vielen als die zentrale Bedrohung nationaler und internationaler Sicherheit der Gegenwart wahrgenommen wird, vom verfassungsändernden Gesetzgeber beim Erlaß der notstandsbezogenen Normen des GG 1968 nicht bedacht wurde und deshalb auch keiner speziellen Regelung zugeführt wurde. Gezeigt hat sich jedoch, daß das Konzept der Gefahrenabwehr und insbesondere der Notstandsabwehr, welches die grundgesetzliche Ordnung in der Bundesrepublik zur Verfügung stellt, in rechtlicher Hinsicht keine Lücken aufweist und sich sämtliche terroristischen Bedrohungen, die in dieser Arbeit Gegenstand der Untersuchung waren, einer Ermächtigungsnorm des GG oder der Landeskompetenz zur allgemeinen Gefahrenabwehr zuordnen lassen. Das geschaffene System der sog. Notstandsverfassung ist somit, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt, in rechtlicher Hinsicht lückenlos, auch wenn schon mancher das Gegenteil behauptet hat.2 Die Arbeit hat Lücken in der tatsächlichen Bewältigung möglicher Varianten der terroristischen Bedrohungen aufgezeigt, die aufgrund ihres nicht nur punktuellen Charakters zur Vermeidung euphemistischer Begriffe eher als „Bereiche“ mangelnder Fähigkeit zur Gefahrenabwehr zu bezeichnen sind. Diese resultieren nicht aus Lücken in der rechtlichen Regelung, sondern auf einer unzureichenden, den schon lange und nicht erst seit dem 11. September 2001 bestehenden Bedrohungen nicht angemessenen Ausstattung der nach dem verfassungsmäßigen System der Gefahrenabwehr zuständigen Kräfte. Dieser tatsächliche Zustand folgt nicht nur aus dem Fehlen einer bedrohungsangemessenen Weiterentwicklung der Fähigkeiten im Bereich der nicht-militärischen Sicherheitskräfte. Ab Mitte der 90er Jahre wurden aufgrund von 2

H. Schäfer, Die lückenhafte Notstandsverfassung, AöR 93 (1968), 37.

418

8. Teil: Schlußteil

haushaltswirtschaftlichen Sparzwängen sogar personelle und materielle Reduzierungen im Bereich nicht-militärischer Sicherheitskräfte vorgenommen. Das Fehlen bedrohungsangemessener Ressourcen bei den nicht-militärischen Sicherheitskräften war der Ausgangspunkt dieser Untersuchung und Auslöser von vielfältigen Äußerungen von Politikern, die eine diesbezügliche Erweiterung des Aufgabenspektrums der Bundeswehr i. e. S. vorschlugen. Ob diese sicherheitsrelevante Diskrepanz zwischen Bedrohungspotential und Abwehrpotential durch Verwendungen der Bundeswehr i. e. S. im Inneren im Hinblick auf die für das Militär zentrale Norm des Art. 87a GG geschlossen werden könne, war die Fragestellung dieser Arbeit. Es wurde versucht, Art. 87a GG unter Berücksichtigung der veränderten sicherheitspolitischen Situation und der bald fünfzigjährigen Bewährung der Bundeswehr i. e. S. als dem demokratischen Rechtsstaat angemessene Institution ergebnisoffen auszulegen und hierbei Scheuklappen abzulegen, die aus der Berücksichtigung früherer Interpreten folgen. Gleichwohl erwies sich eine Erstreckung der verfassungsmäßigen Verwendungsmöglichkeiten der Bundeswehr i. e. S. auf die zu bewältigenden terroristischen Bedrohungen weitgehend als unmöglich.3 Abgesehen von terroristischen Angriffen, die außerhalb der Bundesrepublik begonnen werden, von Angriffen auf Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. selbst und von terroristischen Angriffen unter Verwendung von Massenvernichtungswaffen oder Methoden mit dem Potential zur Wirkung wie solche sind Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nach dem GG ausgeschlossen. Zentraler Grund dieses Befundes ist der verfassungstechnisch realisierte Versuch des verfassungsändernden Gesetzgebers des Jahres 1968, Erweiterungen des in der Verfassung als abschließende Aufzählung gewollten Aufgabenspektrums der Bundeswehr i. e. S. nur durch Verfassungsänderung zuzulassen. Soll diese Wertentscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers nicht Makulatur werden, so ist dieses im GG verankerte Regelungssystem zu respektieren und systemkonform weiterzuentwickeln. Da festgestellt wurde, daß der größte Teil der zu bewertenden terroristischen Bedrohungen nicht mittels der Streitkräfte abgewehrt werden darf, ist zu fragen, wie mit dieser Erkenntnis umzugehen ist. Da zu dieser Gruppe selbst schwerste Gefahren gehören, wie z. B. Selbstmordattentate mit entführten Passagiermaschinen auf Kernkraftwerke, welche potentiell Millionen von Menschen schwer bedrohen und weite Gebiete durch Kontamination zur Ödnis werden lassen könnten, können diese angesichts der fundamentalen Bedeutung der Staatsaufgabe zur Gewährleistung von Sicherheit 3 Völlig anders sehen dies G. Krings/C. Burkiczak, DÖV 2002, 501 (511), bei denen aus dem Fehlen polizeilicher zur Gefahrenabwehr geeigneter Ressourcen der (Fehl-)Schluß auf die „originär militärische Aufgabe“ gezogen wird.

B. Schluß

419

und der daraus folgenden staatlichen Schutzpflichten nicht ignoriert und als Restrisiko toleriert werden. Aber auch andere terroristische Bedrohungen aus dem Spektrum der untersuchten Gefahren bedürfen unter diesem Blickwinkel einer staatlichen Bewältigung. Ein Teil der untersuchten Bedrohungen liegt hingegen sicher in dem Bereich, hinsichtlich dessen dem Staat in Zeiten begrenzter Ressourcen aufgrund einer Abwägung das Recht zusteht, deren Bewältigung hinter andere Aufgaben zurückzustellen. Denn: absolute Sicherheit gibt es nicht und kann deshalb auch nicht Gegenstand der staatlichen Schutzpflicht sein.4 Deshalb ist es eine Aufgabe der Politik, zu entscheiden, welche Gefahren der Staat im Interesse der Bürger abwehren will und welche er bewußt vernachlässigt, weil er deren Realisierung für nicht wahrscheinlich oder den Grad der Gefährdung für gering hält. Auf der Grundlage dieser Entscheidung sind dann die Fähigkeiten für die Abwehr terroristischer Bedrohungen zu schaffen. Dies kann entweder durch Erweiterung der Kapazitäten der nicht-militärischen Sicherheitskräfte erfolgen, indem diese personell aufgestockt oder hinsichtlich ihrer Ausrüstung „aufgerüstet“ werden. Die Alternative besteht darin, durch Verfassungsänderung neue Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte hinsichtlich terroristischer Bedrohungen ausdrücklich im GG zuzulassen. Dabei ist natürlich grundsätzlich zu fragen, was unter Nutzung der militärischen Kapazitäten überhaupt an Gefahrenabwehr geleistet werden kann und soll. Diese zum einen rechtspolitische, zum anderen rein tatsächliche, technische und militär- bzw. polizeitaktische Frage wurde bisher nicht erörtert, weil es hier um die rechtliche Untersuchung ging. Jedoch darf der realistischen Einschätzung wegen nicht verschwiegen werden, daß Kräfte der Bundeswehr i. e. S. manche terroristische Bedrohung genausowenig abwehren können wie die sonstigen Sicherheitskräfte. Aus diesem Grunde ist unter Beteiligung militärischer Fachleute genau zu ermitteln, welche Bedrohungen die Streitkräfte mit ihrer gegenwärtigen Ausstattung, ihren Einsatzverfahren und ihrer räumlichen Dislozierung innerhalb der Bundesrepublik überhaupt abwehren können.5 Zum anderen hält Verf. es nicht für sinnvoll, auf die Streitkräfte für die Bewältigung personeller Engpässe bei Großveranstaltungen zurückzugreifen, welche mit Gefahrenab4 Dies erkannte bereits der damalige Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Kluncker, im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 20. 5 Die Begrenztheit militärischer Ressourcen aufgrund von „Verfügbarkeits- und Haushaltsschwierigkeiten“ betont E. Schmidt-Jortzig, DÖV 2002, 773 (778); zudem müßte auch die Ausbildung innerhalb der Bundeswehr an neue Auftragskomponenten angepaßt werden; dies sah schon 1968 im 3. Notstandshearing der Abg. Schulte (SPD), in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 16.

420

8. Teil: Schlußteil

wehr nichts zu tun haben. Hier sind Lösungen ohne Rückgriff auf das Militär durch sinnvolle Personalwirtschaft im Bereich der nicht-militärischen Kräfte zu entwerfen. Auch wenn haushaltswirtschaftliche Erwägungen für die Nutzung bestehender militärischer Kapazitäten vor der Schaffung neuer nicht-militärischer Kapazitäten sprechen, so ist doch die seit Vorschlägen von W. Schäuble oder anderen signifikant veränderte verteidigungspolitische Situation in Rechnung zu stellen. Zum einen wurde die Bundeswehr i. e. S. seit Anfang der 90er Jahre von kurzzeitig erreichten etwa 670.000 Soldaten auf jetzt rund 300.000 Soldaten reduziert und wird schon bald nur noch eine Stärke von ca. 280.000 haben. Sie unterlag jährlichen realen Kürzungen des Verteidigungshaushalts,6 welche hinsichtlich der Ausstattung der Bundeswehr i. e. S. dringend erforderliche Investitionsprojekte zur rüstungstechnischen Modernisierung verzögerten oder vereitelten. Zum anderen hat sich die Bundeswehr i. e. S. seit Anfang der 90er Jahre von einer Ausbildungsarmee mit vielen Überkapazitäten und Leerlauf beim Warten auf den hoffentlich nie eintretenden „großen“ Konflikt mit dem Warschauer Pakt zu einer Einsatzarmee gewandelt, die seit Mitte 1994 verfassungsgerichtlich sanktioniert zu einem aktiven Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik geworden ist. Gegenwärtig ist die Bundeswehr i. e. S. mit insgesamt 10.000 Soldaten weltweit in zehn verschiedenen Ländern v. a. an mehreren Einsätzen auf dem Balkan und zugleich an der internationalen Schutztruppe in Afghanistan beteiligt. 7 Schon hinsichtlich des letzteren Einsatzes wurden gesteigerte Zweifel an der militärischen Darstellbarkeit der politisch gewünschten Fähigkeiten geäußert, die zwar letztendlich zurückgestellt wurden, aber jedenfalls eine deutsche Wahrnehmung der Funktion als Lead nation ausschlossen. Die Bundeswehr i. e. S. ist schlicht nicht mehr die gelangweilt hinter Kasernenzäunen herumsitzende oder auf Truppenübungsplätzen gefechtsübende Armee, sondern sie ist eine unterfinanzierte, mäßig ausgestattete, mit Nachwuchsproblemen kämpfende und vor allem hinsichtlich ihrer Informations- und Kommunikationstechnologie defizitäre Armee, die nur aufgrund hoher Flexibilität, permanenter Improvisation und tendenzieller Überlastung ihrer Soldaten die Vielzahl der ihr von der Politik erteilten Aufträge „in aller Welt“ zu erfüllen vermag. Unter Berücksichtigung dieser Situation verfügt die Bundeswehr i. e. S. nicht über „brachliegende“ Kapazitäten, die für die Gewährleistung innerer Sicherheit als Teil eines auf Dauer angelegten Systems zur Verfügung stünden. Sie könnte eventuell kurzfristig aushelfen – auch wenn selbst dies 6 Der für die Verteidigung bestimmte Einzelplan 14 des Bundeshaushalts schrumpfte von 57,535 Mrd. DM im Jahre 1990 auf 46,862 Mrd. DM 2001. 7 Vgl. dazu DER SPIEGEL 11/2002, 172.

B. Schluß

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nicht unproblematisch wäre. Auf Dauer kann sie diese Aufgaben jedenfalls nicht erfüllen. Dazu müßten auch bei ihr kostenrelevante Veränderungen in Ausrüstung und Struktur erfolgen. Hinzu kommt, daß Einsatzverfahren entwickelt werden müßten und die Ausbildung der in Betracht kommenden Truppenteile auf diese neuen Aufgaben hin ergänzt werden müßte. Diese Überlegungen zeigen, daß trotz der nicht mehr wie früher eindeutig vorzunehmenden Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit und der insofern verschwimmenden Grenzlinien eine Aufrechterhaltung des bestehenden Systems der Gefahrenabwehr nach dem GG grundsätzlich sinnvoll ist. Dies gilt trotz des Umstandes, daß bereits das bestehende System nicht konsequent zwischen inneren und äußeren Gefahren trennte, was mancher gern bewußt oder unbewußt übersah und in der Darstellung vereinfachend überging. Die Politik möge, vor allem wenn es nur um die personelle Unterstützung nicht-militärischer Sicherheitskräfte geht, alternativ über eine gefahrenangemessene personelle und materielle Ausstattung der nicht-militärischen Sicherheitskräfte nachdenken.8 Bevor hinsichtlich allein den Streitkräften zur Verfügung stehender technischer Mittel Verfassungsänderungen erwogen werden, ist die Verfügbarkeit dieser Mittel angesichts vielfältiger Einsätze und deren technisch-tatsächliche Eignung zur Bewältigung terroristischer Bedrohungen präzise zu evaluieren. Kommt man jedoch aus militärischer, polizeilicher und politischer Sicht zum Ergebnis, daß die Bundeswehr i. e. S. ein Segment der Gefahrenabwehr hinsichtlich neuartiger terroristischer Bedrohungen im Inneren wahrnehmen soll und hierzu die Verfassung zu ändern ist, so bestehen seitens dieser Arbeit im Hinblick auf die Auswirkungen auf das innerstaatliche Kräftegleichgewicht im besonderen und den demokratischen Rechtsstaat im allgemeinen keine Bedenken. Ihre demokratische Zuverlässigkeit hat die Bundeswehr i. e. S. seit ihrer Aufstellung hinreichend bewiesen. Von ihr geht nicht mehr und nicht weniger Gefahr für die innere politische Ordnung der Bundesrepublik aus als von anderen der Gefahrenabwehr dienenden Institutionen.9 Sieht man insofern bei ihr gleichwohl gesteigerte Gefahren, weil sie über die gefährlichere Bewaffnung verfügt und eine größere Personalstärke aufweist, so steht man vor der Alternative, die nicht-militärischen Sicherheits8 Diesen Lösungsansatz favorisierte bereits im 3. Notstandshearing der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Kuhlmann, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 25. 9 Diese bereits vom ÖTV-Vorsitzenden Kluncker im 3. Notstandshearing, in: Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages, Stenographisches Protokoll, 60. Sitzung, 30.11.1967, 20, geäußerte Einschätzung gilt rund 35 Jahre später erst recht, da sich seitdem keine antidemokratischen Ereignisse aufgrund der Bundeswehr ergeben haben.

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8. Teil: Schlußteil

kräfte personell und materiell aufzurüsten, wodurch die von diesen innerstaatlich ausgehende Gefährdung entsprechend ansteigen würde. Diese Variante ist deshalb auch nicht problemfrei. Verzichtet man aufgrund dieses Dilemmas ganz auf das Ergreifen von Maßnahmen und die Herbeiführung politischer Entscheidungen, so bietet sich als letzte Option die bewußte Untätigkeit unter Inkaufnahme der gegenwärtig nicht bewältigten terroristischen Bedrohungen an. Diese Arbeit sieht hierin jedoch keine Alternative für eine verantwortliche Politik, die sich den Bedrohungen der Gegenwart stellt und ihre öffentlichen Erklärungen über die Notwendigkeit des Ergreifens von Maßnahmen zur Terrorabwehr ernst nimmt.

C. Abstrakte Thesen 1. Der im einfachen Recht enthaltene Begriff Bundeswehr wird in einem engeren und einem weiteren Sinne gebraucht. 2. Die Bundeswehr im engeren Sinne umfaßt den nicht-zivilen Teil des Verteidigungsressorts, welcher aus uniformierten und in einem öffentlichrechtlichen Sonderrechtsverhältnis stehenden Soldaten im Sinne von § 1 Abs. 1 SoldatenG und § 4 WPflG besteht. 3. Die Bundeswehr im weiteren Sinne umfaßt die Bundeswehr im engeren Sinne sowie die Bundeswehrverwaltung, die Rechtspflege der Bundeswehr und die Militärseelsorge. 4. Die Streitkräfte im Sinne von Art. 87a GG sind die Kräfte der Bundeswehr im engeren Sinne. Polizei, Bundesgrenzschutz, Bundeswehrverwaltung, Rechtspflege der Bundeswehr und Militärseelsorge gehören nicht zu ihnen. 5. Art. 87a Abs. 2 GG gilt nicht nur für die Verwendung der gesamten Streitkräfte, sondern auch für die Verwendung einzelner Truppenteile, einzelner Soldaten oder von Material der Streitkräfte, unabhängig davon, ob diese durch den Bund oder nach Anforderung durch ein Land verwendet werden. 6. Die Streitkräfte werden im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG im Inneren eingesetzt, wenn sie unmittelbar oder mittelbar obrigkeitlich verwendet werden. 7. Eine unmittelbar obrigkeitliche Verwendung liegt vor, wenn die Streitkräfte mit der rechtlichen Befugnis oder dem militärischen Auftrag zu Regelung oder Zwangsausübung ausgestattet sind oder diese Befugnis oder den Auftrag tatsächlich ausführen. 8. Eine Ausübung von Zwang liegt dann vor, wenn körperliche Gewalt, eventuell unter Verwendung von Hilfsmitteln, zur Anwendung kommt oder psychischer Zwang gegenüber den Adressaten ausgeübt wird.

C. Abstrakte Thesen

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9. Eine Ausübung psychischen Zwanges liegt immer dann vor, wenn ein durchschnittlicher Angehöriger des Kreises der von der Verwendung Betroffenen den Eindruck erhält, es bestehe die jederzeitige Möglichkeit der Gewaltanwendung, unabhängig davon, ob die Ausübung psychischen Zwanges vom Auftrag der Streitkräfte umfaßt ist. 10. Eine mittelbar obrigkeitliche Verwendung liegt vor, wenn die Streitkräfte ein unmittelbar obrigkeitliches Vorgehen Dritter, welches der Bewältigung derselben konkreten tatsächlichen Situation wie die Verwendung der Streitkräfte dient, in nicht unmittelbar obrigkeitlicher Weise unmittelbar oder mittelbar ermöglichen. 11. Ein unmittelbares Ermöglichen ist dann gegeben, wenn die unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte durch nicht unmittelbar obrigkeitliche Verwendung der Streitkräfte personell oder materiell unterstützt wird, wobei diese Unterstützung unmittelbarer Zweck der Streitkräfteverwendung ist. 12. Ein mittelbares Ermöglichen der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte liegt u. a. dann vor, wenn die Streitkräfte in nicht unmittelbar obrigkeitlicher Weise und auch nicht in unmittelbarer Unterstützung der unmittelbar obrigkeitlichen Tätigkeit nicht-militärischer Kräfte verwendet werden und hierdurch mehr nicht-militärische Kräfte für zur Bewältigung derselben tatsächlichen Situation ebenfalls erforderliche unmittelbar obrigkeitliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, als dies zuvor der Fall war. 13. Ist eine Verwendung der Streitkräfte bei der Ausführung ein Einsatz, so ist auch die auf den Auftrag zu dieser Verwendung bezogene Führungstätigkeit aller militärischen Vorgesetzten in der gesamten Hierarchie der Bundeswehr i. e. S. einschließlich der militärischen Führungsspitze ein Einsatz. Dies gilt für den gesamten auftragsbezogenen Führungsvorgang, welcher Lagefeststellung, Lagebeurteilung, den Entschluß und die Durchführung umfaßt. Einsatz ist deshalb auch die gesamte auftragsbezogene Vorbereitung und Planung. 14. Auch die Entscheidung des zuständigen Staatsorgans, Streitkräfte einzusetzen, und der diese Entscheidung umsetzende Befehl an die Streitkräfte ist Einsatz. 15. Bereiten Soldaten, insbesondere militärische Vorgesetzte, Tätigkeiten anderer militärischer Vorgesetzter mit Einsatzcharakter vor, ohne daß sie selbst die Entscheidungsbefugnis und Führungsfunktion für die Umsetzung dieser Planungen innehätten, so ist auch dies ein Einsatz, wenn sie aufgrund der Delegation des Entscheidungsträgers mit Führungsfunktion diesem zurechenbar arbeitsteilig handeln. 16. Eine auf Weitergabe von Wissen gerichtete Tätigkeit von Soldaten, die nicht-militärischen Führungskräften bei ihrer Aufgabe potentiell hilft,

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8. Teil: Schlußteil

ist kein Einsatz, wenn die beratenden Soldaten dem beratenen Vorgesetzten nicht organisatorisch zugeordnet und zurechenbar sind. 17. Alle vorstehenden Grundsätze für die Bewertung einer Einsatzentscheidung des für die Streitkräfte zuständigen Staatsorgans und der Tätigkeit militärischer Führer gelten auch dann, wenn die letztendliche Ausführung des Auftrages in unmittelbar obrigkeitlicher Weise durch nicht-militärische Kräfte erfolgt. 18. Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG ist die mittels der Streitkräfte erfolgende Abwehr von außen herrührender Angriffe souveräner Staaten mittels ihrer Streitkräfte und sonstiger äußerer Angriffe, soweit diese nicht durch Kräfte des BGS abgewehrt werden können, unabhängig davon, ob die Abwehr innerhalb oder außerhalb des Staatsgebiets der Bundesrepublik stattfindet. 19. Zur Verteidigung erfolgen nicht nur alle Maßnahmen, die unmittelbar solche Angriffe abwehren, sondern auch alles, was Grundlage und Voraussetzung konkreter Verteidigungsmaßnahmen darstellt. Dies umfaßt die Herstellung und Erhaltung der Fähigkeit und jederzeitigen Bereitschaft der Bundeswehr i. e. S. zur Wahrnehmung ihres Verteidigungsauftrages, wozu insbesondere die Abwehr jeglicher Gefahren für Einrichtungen der Bundeswehr i. e. S. gehört. 20. Der Selbstschutz der Bundeswehr i. e. S. gegenüber Angriffen, die von innen oder von außen stammen, ist Bestandteil des Verteidigungsauftrags. 21. Aufgrund der Selbstschutzbefugnis sind Einsätze der Bundeswehr i. e. S. nach Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG zulässig, soweit sicher ist, daß sich ein Angriff allein gegen eine Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. richtet. 22. Steht dies nicht mit Sicherheit fest, so ist mit der Abwehr des Angriffs zum Zwecke der Erlangung weiterer Erkenntnisse bis zu dem Zeitpunkt zuzuwarten, zu dem aufgrund einer militärischen Bewertung des Angriffs und der zur Abwehr zur Verfügung stehenden Fähigkeiten spätestens ein Versuch der Abwehr unternommen werden muß, damit dieser Aussicht auf Erfolg hat. Ein Einsatz zum Selbstschutz ist dann nur zulässig, wenn neben der Einrichtung der Bundeswehr i. e. S. nicht mehr als ein nicht-militärisches Ziel bedroht wird. 23. Die Abwehr von Angriffen auf Rechtsgüter innerhalb der Bundesrepublik ist keinesfalls Verteidigung, wenn im gesamten Kausalverlauf bis zur Rechtsgutsverletzung überhaupt keine Bezüge zu ausländischen Verursachungsfaktoren bestehen. 24. Die Abwehr von Angriffen auf Rechtsgüter innerhalb der Bundesrepublik erfolgt dann zur Verteidigung, wenn der Angriff nicht nur innerhalb der Bundesrepublik stattfindet und deshalb ein äußerer Angriff vorliegt.

C. Abstrakte Thesen

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25. Die für einen äußeren Angriff notwendige Feststellung, daß der Angriffsbeginn als Ende der noch nicht zum Angriff selbst gehörigen Vorbereitung des Angriffs und als Beginn der Ausführung des Angriffs im Ausland stattfindet, ist unter Würdigung des Einzelfalls bei wertender Betrachtung zu ermitteln. 26. Ein Angriff beginnt in Anlehnung an strafrechtliche Methoden zur Abgrenzung der straflosen Vorbereitung vom strafbarem Versuch, wenn die ausführenden Personen in subjektiver Hinsicht die Schwelle des Jetzt geht’s los! überschreiten und aus Sicht eines objektiven Beobachters, der nicht mehr weiß, als er optisch wahrnehmen kann, ein feindseliges unmittelbar auf die Verletzung eines Rechtsguts gerichtetes Verhalten vorliegt. 27. Die Abwehr von über die Beschädigung oder Zerstörung des unmittelbaren Angriffsziels hinausgehenden mittelbaren Folgen eines äußeren Angriffs erfolgt nicht zur Verteidigung im Sinne von Art. 87a Abs. 1, Abs. 2 GG, weil der Angriff mit dem Erreichen des Angriffsziels abgeschlossen ist. 28. Bei der Auslegung von Art. 87a Abs. 4 GG ist grundsätzlich ein restriktiver Maßstab anzulegen. 29. Die Gefahr in Art. 87a Abs. 4 Satz 1 GG ist als Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines Schutzguts führt. Dies muß sich aus objektiv feststellbaren tatsächlichen Anhaltspunkten im Einzelfall ergeben. 30. Der Bestand des Bundes oder eines Landes umfaßt nur das schlichte Fortbestehen der staatlichen Existenz, durch die das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die souveräne Staatsgewalt geschützt wird. 31. Eine Verletzung des Schutzguts Staatsvolk ist gegeben, wenn die gesamte Bevölkerung des Bundes oder eines Landes vernichtet wird. Eine drohende Gefahr hierfür besteht bereits, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß mehr als 50 Prozent der Bevölkerung vernichtet oder dauerhaft geschädigt werden. 32. Das Schutzgut Souveräne Staatsgewalt läßt sich in die Handlungsfähigkeit nach außen als Völkerrechtssubjekt und in die innere Souveränität differenzieren. 33. Die innere Souveränität wird durch einzelne Rechtsverletzungen nicht beeinträchtigt und ist insbesondere unabhängig von Angriffen auf den Staat in seiner konkreten Ausgestaltung mit allen seinen Einrichtungen, Sachmitteln, seinen Bediensteten und der Integrität sowohl seines Gewaltmonopols als auch der durch ihn errichteten Rechtsordnung und der Funktionsfähigkeit der von ihm gewährleisteten Daseinsvorsorge sowie von Angriffen auf das friedliche und freie Zusammenleben der Bürger.

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8. Teil: Schlußteil

34. Geschützt ist hinsichtlich der Souveränität nach innen vielmehr die Fähigkeit, als effektive Ordnungsmacht grundsätzlich Sicherheit und inneren Frieden zu gewährleisten. Gegenbegriff zum nach innen souveränen Staat ist der failed state. 35. Eine drohende Gefahr für die innere Souveränität besteht dann, wenn eine gesellschaftliche Gruppe den Herrschaftsanspruch des Staates nicht nur punktuell, sondern grundsätzlich negiert und dies bezogen auf das gesamte Staatsgebiet durch die tatsächliche Mißachtung des staatlichen Gewaltmonopols unter Durchbrechung der bestehenden Rechtsordnung und den Versuch der Errichtung einer „Gegenrechtsordnung“ tatsächlich und nachhaltig dokumentiert. 36. Keine drohende Gefahr für die innere Souveränität besteht bei Angriffen auf hochgestellte wirtschaftliche Entscheidungsträger und auf Politiker, insbesondere auf Regierungsmitglieder, sowie durch Angriffe auf sonstige Bürger und andere private Rechtsgüter. 37. Die innere Souveränität ist verletzt, wenn das gesamte Staatsgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum kontaminiert ist, wodurch die Ausübung der Staatsgewalt deutlich erschwert oder ausgeschlossen ist und es für den Staat unmöglich wird, seinem Staatsvolk eine normale Existenz auf dem Staatsgebiet zu ermöglichen. Eine drohende Gefahr in dieser Hinsicht besteht, wenn dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für mehr als 50 Prozent des Staatsgebiets zu erwarten ist. 38. Eine drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung liegt vor, wenn bei im Inneren erfolgenden nicht unerheblichen Verletzungen der Rechtsordnung, die zu einer momentanen Destabilisierung des existierenden Systems führen, eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß, wenn die Rechtsverletzung nicht erfolgreich abgewehrt werden kann, in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang ein Versuch der Veränderung der Grundordnung außerhalb dafür nach dem GG vorgesehener Verfahren unternommen wird. 39. Die Zulässigkeit von Einsätzen der Bundeswehr i. e. S. im Inneren über die bestehenden ausdrücklich zugelassenen hinaus läßt sich unter Berücksichtigung von Art. 87a Abs. 2 GG und des ihn umgebenden wehr- und notstandsverfassungsrechtlichen Systems weder über einen eingetretenen Verfassungswandel noch über ein ungeschriebenes Staatsnotrecht oder im Wege der Rechtsfortbildung begründen. 40. Art. 87a Abs. 2 GG wirkt auch unter Berücksichtigung des argumentativen Ansatzes des BVerfG im Urteil zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr vom 12. Juli 1994 unverändert als Interpretationsbremse, Verfassungsvorbehalt und Rechtsfortbildungssperre.

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Sachwortverzeichnis ABC-Abwehr 61, 194 ABC-Abwehrtruppe 193 ABC-Kampfmittel 296, 310, 313 ABC-Kampfstoff 296 Abgeordneten 27, 44, 71, 95, 104, 115, 165, 228, 352, 356 Ablauflinie 288 Ablauforganisation 56, 174 abschirmen 195 abschließend 25, 94, 132, 139, 247, 334, 406 Abschreckung 278 Abschuß 59, 248, 290, 293 Abschußvorrichtung 293 Abschußvorrichtungen 294 Absicherung 56–57, 60, 176, 180, 190–191, 193, 277, 289, 295–296, 308–310, 313, 379, 387, 395–396, 400, 411, 413, 416 Absicherungsmaßnahmen 55, 191, 193 Absperrmaßnahmen 177 Absperrposten 56, 174–176 Absperrung 28, 194, 197 Absperrungen 148, 176–177 abstrakte Gefahr 336, 380, 384, 392 Abstraktionsniveau 119 Absturz 291 Abtrennung 393 Abwehrbereitschaft 57 Abwehrfähigkeit 239 Abwehrfähigkeiten 307 Abwehrfunktionen 91, 373 Abwehrmaßnahmen 335, 350, 384 Abwehrmöglichkeiten 293, 351 Abwehrpotential 418 Achille Lauro 59 Adressat 178

Adressaten 179, 203, 205, 277, 422 Adressatensicht 178 Afghanistan 24, 31, 60, 420 Aggression 24, 214, 246, 270, 317 Aggressionsdefinition 246 Akzeptanz 172 Al Qaida 31, 219 Allgemeinen Redaktionsausschusses 357 Allgemeinheit 58, 192, 294, 395, 415 Allianz 21, 100 Ambivalenz 32, 156 Amtsführung 368 Amtshilfe 29, 54, 142, 146, 159, 207, 320, 327–328, 372, 376 Amtshilfeabkommen 29 Amtshilfeersuchen 165 Amtshilfemaßnahme 328 Amtsträger 348, 384, 391, 408 Analogie 78, 407, 411 Analysten 203 Androhung 31, 76, 106, 150, 197, 246, 290 anfordern 54, 74, 320, 324, 331, 354, 357 Anforderung 29, 97, 188, 321, 324– 325, 331, 354, 405, 422 Anforderungsrecht 321, 323, 325 Anforderungsrechts 324, 363 angefordert 97 Angreifer 214–215, 219, 230, 235, 241, 245, 247, 256, 259, 262, 273, 275, 288, 296 Angreifers 213–214, 218, 222, 235, 247–248, 265, 270, 273 Angriff 22, 25, 39, 58, 63, 96, 211– 214, 216, 218–219, 221–222, 228, 230, 233, 241, 245–247, 255–256,

440

Sachwortverzeichnis

259, 261, 269, 271, 273–275, 277, 279–280, 282, 285–291, 293–294, 296–300, 302, 304, 306–307, 309, 311–313, 316, 318, 339, 341, 362– 363, 369, 380, 382–383, 390–392, 394, 396, 400, 413–414, 424–425 Angriffe 25, 31, 33–34, 59–60, 177, 192, 211, 215, 217–218, 221, 229, 233, 240–241, 243–246, 248–249, 253, 255–256, 270, 272–276, 279, 281, 286, 289, 293–295, 297–299, 305, 307, 309–313, 321, 327, 381, 384, 386–387, 391–392, 394, 396, 399–401, 414–416, 424, 426 Angriffs 57, 211–215, 219, 227, 231, 233–235, 245–247, 256, 262, 265, 269, 271, 273, 275, 277, 280, 282, 287, 289, 291–294, 296–297, 299– 301, 307–308, 311–314, 339, 386, 391–392, 394, 400, 414, 424–425 Angriffsbeginn 286–288, 290–297, 312, 425 Angriffscharakter 213–215, 218–219 Angriffsinstrument 253 Angriffskrieg 30, 317 Angriffsobjekt 213 Angriffsrichtung 214–215, 218–219, 235, 273, 298 Angriffsursprungs 213 Angriffsziel 213–214, 286, 290, 307, 309, 341, 414, 425 Angriffsziels 300–301, 312, 425 Anhörungen 18, 352 Anlagen 58, 61, 192–193, 241, 294, 296, 395–396 Annäherung 57 Anschlag 61, 193–194, 196, 208, 289, 293–294, 326, 386 Anschläge 31, 58, 61, 193–194, 202– 204, 207–208, 295, 326, 388 Anschlägen 58, 60, 192, 194, 202, 294–295, 326, 395, 415 Anschlags 195, 383, 386 Anschütz 69, 221–222 Anwendungsbereichs 100, 405 Arbeitskraft 137, 159

Arbeitsteilung 147, 188–189, 199, 202, 204–205, 208 armed attack 217, 245 Armee 24, 38, 61, 69–71, 81–82, 84– 88, 93, 95–96, 107, 128–131, 133, 137, 139–141, 145, 150–151, 162, 164, 169, 231, 253, 256, 258, 261– 263, 267–268, 271–272, 280–281, 301–303, 306, 365, 371, 396, 420 Arndt 84–85, 137, 322, 408 Artillerie 59, 166 atomaren 310 Atomkraft 29 Atomkraftwerke 58, 192, 294, 395 Attentaten 57 Attentatsversuchs 57 Außenbezug 231, 239, 279, 281, 288 Außeneinsätze 168 Außenpolitik 22 Außenrichtung 229 Außenwirkung 120 äußere Gefahr 21, 281–282, 287, 301 äußere Gefahren 94, 232, 236–237, 247, 253–254, 270, 281 äußere Sicherheit 89, 127 äußeren Gefahren 221, 226, 236–237, 239, 247, 259, 279–280, 362, 421 äußerer Gefahren 133, 226–227, 231, 237, 242, 251, 253–255, 264–268, 272, 274–275, 280, 301, 304–306, 308, 317, 321 Aufgabenspektrums 306, 418 Aufgabenzuweisungen 66 Aufklärung 158 Aufklärungsergebnisse 192, 413 Aufklärungsmittel 61 Aufklärungssysteme 192 Aufmarsch 288 Aufmunitionieren 159 Aufrechterhaltung 84, 178, 194, 197, 222, 231, 278, 297, 320, 323–324, 340, 352, 363, 382, 387, 421 Aufruhr 67, 354 Aufsplitterung 17

Sachwortverzeichnis Aufstand 287–288, 342, 353–354, 360, 370, 388 Aufstände 342, 353–354, 360, 388, 399 Aufständische 158, 236, 388 Aufständischen 149, 287–288, 333, 343 Aufständischer 149, 238, 287, 326, 332, 353, 355, 360 Aufstellung 41, 43, 71, 74–75, 80–81, 86, 89, 95, 101, 128, 130, 134, 144, 153, 164, 230, 240, 256, 258, 267– 268, 272, 298, 301, 305–306, 421 Auftrag 20–22, 45, 107, 112, 148, 150, 157, 162–163, 165, 172, 175, 177–180, 183–187, 190–193, 199– 200, 204–206, 277, 279, 281, 322, 396, 413, 422–423 Auftragsbindung 112, 183 Auftragsdurchsetzung 157 Aum-Sekte 61 Ausbildungsarmee 420 ausdrücklich 33, 43, 53–54, 63, 77, 94, 102, 110, 115, 123–124, 139, 142, 148–149, 166–168, 170, 175, 178, 180, 186, 207, 225, 235–238, 243, 261, 275, 284–285, 298, 306, 323–324, 327–328, 330, 332, 350– 351, 361, 373–374, 401–402, 409– 410, 419, 426 ausdrückliche Zulassung 53, 64, 138, 144, 150, 170, 191, 209–210, 216, 236, 262–263, 267, 306, 315, 323, 328–329, 332, 366, 402, 411 ausdrücklichen Zulassung 64, 103, 132, 143, 152, 168, 240, 262, 268, 323, 326, 332, 363 ausdrücklichen Zulassungen 119, 123– 124, 139, 166, 236, 243, 268, 324– 325, 332, 366 ausdrücklicher 36, 53, 94, 97, 104– 105, 120, 125, 132, 135, 140, 142, 177, 237, 240, 260, 264, 268, 304, 311, 315, 323, 328, 330–331, 362, 409

441

ausdrücklicher Zulassung 36, 53, 94, 97, 104–105, 120, 132, 135, 140, 142, 237, 240, 260, 264, 304, 311, 315, 323, 328, 330–331, 362, 409 Auseinandersetzung 18, 27–28, 36, 38, 68, 75, 101, 152, 158, 163–164, 167, 205, 218, 221, 256, 320, 332, 360, 365, 389, 403 Ausführungsphase 56, 174, 187 Ausführungsstadium 193, 203 Ausgliederung 97 Ausland 21, 23, 48, 77, 101, 105, 108, 217–218, 249, 277–279, 281, 284, 286, 288–289, 294–296, 312–314, 414, 425 Auslandseinsätze 22–23, 36, 101, 105, 107, 129, 402, 411 Auslandseinsätzen 22, 24, 171, 402– 403, 426 Auslandsverwendung 216 Auslandsverwendungen 24, 101, 105, 172, 215, 328 Ausnahmecharakter 363, 370, 382 Ausnahmefälle 93 Ausnahmezustand 18, 54, 142, 243, 355, 357 Ausrüstung 24, 34, 49, 58, 66, 89, 144, 153–154, 158, 164, 176, 192, 196, 221, 267, 288, 298, 305, 310, 312, 353, 372–373, 416, 419, 421 Ausrüstungsgegenstände 61, 152 Ausschreitungen 28, 147, 152, 176– 177, 196 Ausschüsse 43, 70 auswärtige Gewalt 229 auswärtigen Angelegenheiten 230–231 auswärtigen Beziehungen 229 AWACS 24, 36 Bahnhöfen 193, 295, 309, 395, 416 Balkan 30, 420 Bändigung 93, 258 Bataillonsstabes 189 Bautätigkeiten 56, 174, 181, 190, 208, 412

442

Sachwortverzeichnis

Beamten 28, 45–46, 48, 76 Bedeutungslücke 377 Bedrohung 19, 22, 25, 31, 57, 61, 82, 84, 90, 96, 128, 156–157, 233, 273, 299, 308, 351–352, 381, 405, 417, 419 Bedrohungen 24, 29, 32–35, 52, 55– 57, 59, 81, 86, 88–89, 127, 133, 139, 143, 191–193, 199, 204–205, 207– 211, 218–219, 221–222, 224, 227– 228, 230, 235, 253–258, 268–269, 273–274, 276, 278–279, 281, 289, 294, 298, 300–302, 304, 317, 319– 320, 324–325, 327–328, 331, 343, 348, 352, 371, 374–376, 379, 386, 390, 395, 400, 402–407, 410, 412, 415–419, 421–422 Bedrohungskomponenten 25 Bedrohungspotential 25, 418 Bedrohungsszenario 60 Beer 29 Befehl 65–66, 82, 89, 96, 98–99, 112, 151–152, 181, 183–186, 188, 190, 199, 204, 206, 260, 423 Befehle 185, 187, 204 Befehls- und Kommandogewalt 66, 75, 99, 111–112, 224, 263 Befehlsgebung 185, 187–189 Befehlsgewalt 82–83, 85, 108, 168 Befehlsprinzip 65–66, 158 Befugnis 148, 156, 162–163, 165, 172, 175, 178–179, 183, 186–187, 192, 200, 205, 224–225, 227, 238, 240, 242, 267, 277, 296, 311, 315, 321, 325, 328–329, 333, 349, 354, 359, 413, 422 Befugnisse 18, 34, 76, 82, 117, 127, 129, 135, 146–149, 155–156, 162, 165, 171, 175, 177–178, 220, 238– 239, 242, 265, 298, 326, 328, 348– 349, 360, 363, 377, 379 Befugnissen 82, 93, 115, 147, 156, 184, 333, 408 Begründungen 70 Bekämpfung 28, 31, 33–34, 59, 91, 95, 117, 135, 149, 157, 160, 170,

193, 195–198, 202, 204, 237–238, 249, 287, 290, 295, 297, 301, 325– 327, 331–333, 353–355, 360, 373, 396 Benda 90, 92, 225–226, 283, 285 Benda-Entwurf 225–226, 283, 285 beratend 204 beratende 189, 191, 207–208 Beratung 18, 38, 43–44, 71, 84, 90– 92, 116, 126, 130, 137, 189, 227, 232, 317–318, 322, 350, 352, 409 Bereitschaftspolizei 76 Bereitschaftspolizeiverbänden 160 Berlin 23, 29, 116, 319, 391, 438 Berufssoldaten 42 Besiedelungsdichte 300 Bestand 17, 34, 123, 145, 226, 235, 238, 282–286, 331–334, 336, 338– 343, 347–351, 354–359, 361–363, 365, 367–371, 375, 377–380, 382– 383, 385–387, 390–391, 393–398, 400, 425 Bestimmtheitsgrundsatzes 337 Betriebsstoffe 196 Betriebsstoffen 154, 158 Bevölkerung 18, 20, 22, 30, 131, 136, 152, 172, 257, 327, 339, 342, 348, 353, 386, 392–393, 395–396, 398, 415, 425 Bewachung 192, 310 bewaffnet 107, 148–150, 152, 170, 177–179 bewaffnete 65, 69–70, 84, 108, 112– 113, 118, 147, 149, 160, 166, 178, 193, 241, 245, 248, 255, 282, 295– 296, 309, 342, 353–354, 395, 399, 416 bewaffnete Macht 65, 69–70, 84 bewaffneten Angriff 219, 245, 247, 318 bewaffneter Angriff 217, 245–247 bewaffneter Angriffe 249, 276 Bewaffnung 58–60, 65, 76, 82, 86, 89, 96, 107, 110, 117–118, 121, 125,

Sachwortverzeichnis 145, 148–149, 151–152, 154, 167, 174, 176, 192, 330, 413, 421 Bewaffnungskriterium 118 Bewirtschaftung 49, 56, 174 BGS 28, 32, 73–76, 78, 88, 96, 98, 135, 247, 249–252, 254–255, 274– 275, 290, 310–311, 313–314, 321– 322, 324, 334–335, 337, 351–352, 363, 372, 376, 401, 405, 424 BGSG 75–76, 249–254, 275, 322, 367 Bildung 128, 130–131, 182, 258, 337, 361 biologische 60, 300, 400, 414–415 biologischen 60, 194, 310, 396–397 biologischer Kriegsführung 60 Blank 40, 43, 66, 71, 74–75, 77, 81, 85–86, 121, 154, 217, 245, 247 BMVg 18, 21, 24–25, 28–29, 39–40, 42–51, 56, 60, 66, 71, 76, 81, 85–86, 99, 109–110, 119, 139, 146–147, 149, 154, 162, 182–183, 257, 262– 263, 309, 328 Boden-Boden-Raketen 191, 289, 293– 294, 390, 394 Bodyguards 176 Bombe 289–290, 395 Bomben 99, 191, 290, 293–294, 300, 309, 313, 415 Bombenangriffe 57 Bombenangriffen 289, 390 Bombenterror 81 Bordwaffen 99, 313 Bosnien 24, 36, 100 Botmäßigkeit 343, 361 Brückenbau 150 Budgetrecht 88, 223 Bundesakademie für Wehrverwaltung 47, 49 Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung 49 Bundesamt für Wehrverwaltung 48 Bundesanwaltschaft 61, 203, 413 Bundesauftragsverwaltung 229 Bundesgebiet 48, 74, 216, 233–234, 284, 286–287, 316, 356

443

Bundesgebiets 233, 266, 295 Bundesgesetz 73–74, 236, 269, 318 Bundesgrenzen 250, 275, 321 Bundesgrenzschutz 18, 23, 27, 34, 57, 73, 101, 249, 251, 321–323, 332, 334, 364, 422 Bundesgrenzschutzbehörden 74, 249– 250 Bundesgrenzschutzes 32, 74, 76, 282, 320–322, 324, 327, 331–333, 342, 354 Bundesinnenminister 57 Bundeskanzler 31, 82, 86, 122, 380 Bundeskanzleramt 61 Bundeskompetenz 135, 229, 265, 304 Bundeskriminalamts 76 Bundesland 74, 97, 122, 324, 354, 386, 395, 400 Bundesländer 97, 342 Bundeslandes 53, 327, 329, 343, 386– 387, 391–392, 396–397, 400 Bundesnachrichtendienstes 77 Bundespräsident 316, 380 Bundesrat 38, 70, 94, 115, 135, 142, 224, 238, 332, 352, 410 Bundesregierung 28, 43–44, 64, 74, 81, 87–88, 95, 102–105, 108, 110, 115, 117, 121, 123, 126, 129, 132, 135, 147, 149, 157, 182, 215–217, 229, 233, 238, 243, 245, 269, 274, 283, 316, 318, 323, 327, 329–332, 349, 354–356, 372, 376, 391, 401 Bundesregierungen 110 Bundesrepublik 18–24, 26, 28, 31–34, 38, 46, 48, 52, 60, 65, 73–74, 76, 81–82, 86, 89, 91–93, 96, 99–103, 105, 111, 128, 132–133, 136, 140, 143, 151, 156, 161, 172, 176, 201, 215–219, 224, 229, 232, 235–236, 243–245, 249–250, 256–257, 259, 262, 264, 267–269, 271–274, 277– 278, 280–282, 284–287, 289, 291– 297, 299, 301–302, 306, 308, 310– 313, 321–322, 328, 330, 337–338, 342, 357, 361–362, 364, 369, 379,

444

Sachwortverzeichnis

382–383, 386, 391–392, 397, 399, 405, 413–414, 417–421, 424 Bundessicherheitsrats 22 Bundessprachenamt 47, 49 Bundesstaatlichkeit 358–359 Bundesstaatsfähigkeit 341 Bundestag 24, 31, 43–44, 70–71, 88, 94, 115, 118, 123, 130, 137, 157, 159, 161, 165, 216, 224, 233, 237– 238, 316, 318–319, 332, 350, 352, 367, 391, 410 Bundestages 17–19, 27–28, 38–39, 44, 55, 60, 64, 71, 81–88, 90–92, 94, 102–105, 108, 110, 113, 116–117, 121, 123, 126, 129–132, 135–137, 146–147, 150, 157, 159, 161, 165, 215–217, 223–224, 227–228, 232– 233, 240–243, 245, 260, 263, 269, 274, 283, 285, 316–319, 322, 330– 331, 334, 342–343, 350, 352–354, 357, 363–364, 391, 401, 408–410, 419, 421 Bundeswehr 19–22, 24, 27, 30–36, 406, 408–410, 419, 421 Bundeswehr im weiteren Sinne 40–41, 51 Bundeswehrkaserne 307 Bundeswehrliegenschaften 29 Bundeswehrverwaltung 39–41, 43–44, 46–51, 66, 77–78, 89–90, 96, 98, 422 Bundeswehrverwaltungsschulen 47, 49 Bundeszwanges 329–331 Bündnis 19, 81, 227 Bündnisfall 216, 245–246 Bündnisintegration 89, 271, 280 Bündnispartner 20, 217–218 Bündnisse 271–272 Bündnisverteidigung 21 Bürgerkrieg 279, 342–344 Bürgerkrieges 342–343 bürgerkriegsähnlichen Situationen 342 Bürgerkriegsarmee 343, 365 Bürgerkriegscharakter 279

BVerfG 22–23, 36, 75, 79, 82–83, 95, 101–102, 110, 127, 218, 227, 230, 234, 245, 255, 263, 274, 323, 330, 337–338, 358, 361, 364–365, 377, 383, 399, 401–403, 426 BVerfGG 349, 358 BVerfSchG 361–362, 367, 369, 381, 399 C-Kampfstoffen 194 C-Waffen 29, 61, 193, 295, 396 Camp David 30 CASTOR 28 Castor-Behälter 28 CDU 17, 23, 27, 30, 32–33, 38, 71, 81–82, 84–85, 102, 110, 126, 147, 157, 217, 223, 318, 322, 328, 352– 353, 356 CDU/CSU 17, 23, 27, 33, 38, 71, 81– 82, 84–85, 102, 110, 126, 147, 157, 217, 223, 322, 328, 352–353 CDU/CSU-Fraktion 27, 102, 157, 217 Chaos-Tagen 28 Chemikalien 60 chemische 60, 192, 294, 300, 395, 400, 414–415 chemischen 31, 60, 194, 310, 396–397 chemischen Kampfstoffen 60, 194 CSU 17, 23, 27, 33, 38, 71, 81–82, 84–85, 102, 110, 126, 147, 157, 217, 223, 322, 328, 352–353, 357 Czermak 228 Daseinsvorsorge 194, 297, 366, 370, 375, 378, 381, 398, 416, 425 Däubler-Gmelin 29 Debatten 71 Defensive 214 Dehler 356 Deichen 201 Dekontaminieren 194, 202 Delegation 188–189, 191, 204–208, 423 Demarkationslinie 271, 284

Sachwortverzeichnis Demokratie 84–85, 93, 126, 131, 137, 151, 156, 164, 271, 346–347, 352, 364, 378, 384 Demokratietreue 130 demokratischen Rechtsstaats 82, 145 Demonstranten 28, 152, 158, 185 Demonstration 152, 156–157, 160, 166, 168, 179, 182–183, 185, 202 Demonstrationen 29–30 Denninger 339–340, 358, 361, 365, 369 Depenheuer 63, 91, 217, 244 Destabilisierung 384–385, 392, 399– 400, 415, 426 Deutschlandvertrag 92 Deutschlandvertrages 92 Dezentralisierung 142 DGB 126 Dienstaufsicht 48, 185 Dienstleistungen 56, 173, 190, 208, 375, 412 Dienstvorschrift 119 Dispositionsbefugnis 95 Disziplin 152, 158 Divisionen 42, 67 drohenden Gefahr 54, 198, 228, 238, 285–286, 331–336, 338, 343, 349, 352, 354–357, 360, 363, 369–371, 375, 377–379, 390, 395–397 Durchführung 25, 45, 50, 111–112, 119, 125, 147, 172–174, 180–183, 185, 187–189, 193, 199, 204, 206– 208, 214, 229, 323, 360, 423 Durchführungsphase 56, 181, 184, 190, 208, 412 Durchhaltefähigkeit 136, 152 Durchschnittsempfängers 179 Durchsetzung 24, 107, 110, 168, 171, 175, 178 Durchsuchung 175 Ebert 88, 350 Effektivität 91, 184, 188 Effektivitätsprinzip 91

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Eigendynamik 87, 128, 130, 141, 258 Eigengesetzlichkeit 86–87, 105, 128, 130, 141, 258 eigenmächtiges 112, 183 Eigensicherung 58 Eigenstaatlichkeit 135, 341 Eilentscheidung 36 einfachen Notstandsgesetze 136 Eingliederung 85, 189 Eingreifgruppe 176–177, 289, 387 Eingreifgruppen 190, 413 Eingriffsmöglichkeiten 109 Einheit der Verfassung 72, 120 Einheitsführers 188 Einrichtungen 18, 40, 49, 57–58, 60, 74, 89, 100, 188, 192–193, 240–241, 252, 260, 279, 284, 287, 289, 294, 296, 298–300, 306–307, 309–310, 313, 320–322, 324, 331, 350, 354, 362, 366–368, 370, 375, 378, 381, 388, 391, 395–396, 398, 413, 415– 416, 418, 424–425 Einsatzschwelle 35, 53, 108, 207, 276, 320, 328 Einsatzarmee 420 Einsatzbefehl 186 Einsatzbegriff 53, 64, 93, 106, 110– 111, 116–118, 120–121, 124, 132, 138, 141, 144, 148, 156–157, 165, 168, 171, 179, 184, 200–201, 206, 264, 276, 328 Einsatzcharakter 64, 139, 142, 183– 184, 186, 188, 190–191, 202, 206– 209, 218–219, 298, 308, 310, 329, 403, 423 Einsatzcharakters 185, 208 Einsätzen 21, 30, 34, 94, 100, 104, 117–118, 120, 139, 145, 147, 149, 167, 173, 183, 227, 236, 243, 262, 301, 305–306, 309, 317, 320, 324, 329–330, 332, 343, 366, 374, 376, 395, 409, 411, 420, 426 Einsatzentscheidung 182–183, 424 Einsatzkräfte 42, 158

446

Sachwortverzeichnis

Einsatzmöglichkeiten 121, 123, 261, 302, 372, 419 Einsatzsubjekt 111 Einsatzverfahren 57, 279, 419, 421 Einsetzen 64, 76, 101, 106, 111, 113, 115, 117, 119, 138, 141, 144–145, 157, 161, 164–167, 172–173, 179, 181, 183, 189, 192, 194–195, 198– 200, 202, 204–205, 332, 403 einstweilige Anordnung 36 Einweiser 56, 174–175, 190, 277, 413 Einzelmaßnahme 52 Einzelplan 14 19 Eisernen Vorhang 271 elitären Bewußtseins 128, 258 Eliteeinheiten 196 Empfängerhorizont 175, 179 Empfängersicht 205 entern 59 entführen 60, 290 Entführer 59, 299 Entführung 59, 193, 289, 291, 294– 295, 309, 313, 384–385, 395, 413– 414, 416 Entführungen 209, 295, 413 Entscheidung 23, 34, 97, 101–102, 105, 110, 112, 124, 132, 135, 138, 143–144, 165, 181–183, 186, 188– 190, 204, 206, 209, 218, 233–234, 263–264, 303, 305, 318, 327, 330, 364, 376, 401, 406, 409, 419, 423 Entscheidungsbefugnis 141, 191, 206– 207, 423 Entscheidungsbefugnisse 190 Entscheidungsträger 60, 109, 157, 171, 178, 196–198, 200, 204, 207– 208, 380–383, 387, 426 Entscheidungsträgern 110, 380, 399, 416 Entschluß 185–186, 188, 204, 206, 423 Entwurf 18, 23, 114–115, 117–118, 125–126, 223, 225, 229, 232, 238, 283–286, 319, 349–353, 355, 357, 372, 389

Enumeration 191 enumerativ 132, 144, 165, 264, 303 Erdarbeiten 158, 173 Ermächtigungsnormen 406, 411 Ermessen 75, 105, 143, 196–197, 199, 257, 364 Ernteeinsätze 150 Erntehilfe 115, 118, 150, 201 Erpressungsversuch 59 Erschließung 173 Eschede 17 Eskalation 332 Eskalationsniveau 149, 253 Eskorte 176 EU-Gipfel 55, 176 evakuieren 195, 197 evakuiert 194, 197, 391 Evakuierung 194, 196, 297, 393 Evakuierungen 147 Even 126, 318, 352 EVG 81, 92, 271 Exekution 330 Exekutive 83, 86–87, 92–93, 128, 132, 139, 145, 151–152, 154, 257–258, 260, 319, 364, 376, 401 Exekutivkompetenz 74, 223, 250, 265 Exekutivkräfte 156 Existenzbedrohungen 268, 272 extrakonstitutionellen 407 Fähigkeiten 61, 99, 179, 181, 253, 274, 304, 307, 311, 364, 376, 417, 419–420, 424 Fahndungserfolg 61 Fahrzeuge 153, 158, 174, 192, 413 Fahrzeugkontrollen 60, 193 failed state 382, 398, 426 Fans 176–177, 277, 279 FDP 38, 44, 71, 81, 88, 95, 102, 318, 352–353, 356 Feldjäger 130, 176, 182 Festnahme 76

187, 373,

394,

223,

Sachwortverzeichnis Feststellung 50, 88, 109, 143, 163– 164, 183, 187, 199, 203, 212–213, 216, 224, 232–234, 237, 249–250, 305, 309, 316–320, 337, 368, 385, 425 Feststellungserfordernis 316 Feuerkraft 59, 99 Feuerwehr 195–196 Finanzmitteln 288, 312 Finanzverfassung 137, 164 Fliegerfaust 59 Flugabwehr 59, 290, 299, 307 Flugabwehrhandwaffen 60 Flugabwehrsystemen 193 Flugabwehrwaffensysteme 60 Flugbegleiter 295 Flughäfen 193, 295, 309, 395–396, 416 Flugsicherheit 292–293, 295 Flugverbots 24 Flugzeuge 58–60, 246, 295, 299 Flugzeugen 24, 122, 290 Flutkatastrophe 17, 122, 146, 325 föderalen Prinzips 134, 341 Folgen 31, 34, 61, 90, 122, 124, 176, 191, 194–195, 202, 204, 207–208, 261, 265, 297, 308, 312, 372, 389, 392, 413, 415, 425 Folgenbekämpfung 193, 297, 326–327 Folgenbeseitigung 195 Folgenbetrachtung 124 force public 70 Formationen 74, 221, 294 formelle Polizeibegriff 252 Formulierungshilfe 283 Fortbestand 370, 378–380, 383, 386, 392 Fortbestehen 348, 398, 425 Frankfurt 22–23, 27, 34–35, 391 Frankreich 19, 92, 100 Freiheit 81, 90, 93, 126, 228, 275– 276, 337, 340, 345–347, 361–362, 374, 378, 408 Freiheitlichkeit 345

447

Frieden 23, 33, 56, 66, 212, 228, 340, 398, 426 Friedensauftrag 269 Friedensbedrohung 248 Friedenspflicht 381, 388 Fußballweltmeisterschaft 55, 386 führend 150 Führens 187 Führer 180–181, 184, 187–191, 204, 206, 208, 260, 424 Führung 42, 81–82, 89, 117, 128–130, 158, 170, 180–181, 185–186, 191, 204, 258–259, 269, 284 Führungsaufgabe 188, 208, 417 Führungsaufgaben 160, 181, 184, 188 Führungsfunktion 190–191, 204, 206– 207, 423 Führungsfunktionen 187, 289, 390 Führungsgrundsätzen 108, 168 Führungskraft 187, 417 Führungskräfte 181, 187, 416–417 Führungskräften 187, 423 Führungsorganisation 56, 181 Führungspersonal 184, 190, 208 Führungspersonals 183 Führungsspitze 206, 423 Führungsstabes 189 Führungsstruktur 151–152, 154 Führungssystem 89, 96 Führungstätigkeit 183, 206, 423 Führungstruppe 159 Führungsverantwortung 417 Führungsvorgang 185, 189–190, 204, 206, 423 Führungsvorgangs 184 Fundamentalismus 26 Funktionen 47, 84, 87–88, 94, 99, 131, 140, 155, 176, 212, 220, 234, 262, 272, 302, 371 Funktionsfähigkeit 20, 154, 240, 350, 366–367, 370, 378, 381, 391, 398, 425 funktionsgerechte Verwendung 168, 328

448

Sachwortverzeichnis

funktionsgerechten 108 g-e-b-b 51 Garderobenpersonal 174, 190, 208, 412 GAU 392 GB/BHE 223, 228 Gebietshoheit 393 Gefährdungsgrad 271, 342 Gefährdungskategorien 372 Gefährdungspotentiale 89 Gefahrenabwehr 17, 33, 96, 109, 127, 133, 135, 139, 141–142, 148, 161, 163, 171, 195–198, 200–201, 203, 219, 222, 239, 247, 250–252, 254, 256–259, 261, 263–265, 267, 272– 273, 277, 281, 297, 303–304, 308, 320, 324, 329, 332, 334–335, 360, 363, 366, 370, 372–373, 375–376, 378–379, 405, 410, 417–419, 421 Gefahrenabwehraufgabe 251 gefahrenabwehrende 61 Gefahrenbegriff 337, 351, 360 Gefahrenkomponenten 198 Gefahrenniveau 149, 253, 337, 350, 366 Gefahrenpotential 58 Gefahrenradius 393 Gefahrensituation 123–125, 166, 196– 198, 200–201, 208, 224, 239, 261, 287, 331, 334, 344, 349–350, 353, 356, 358–359, 362–363, 366, 369, 378–379, 387–388, 391, 394–395, 397, 400, 405 Gefahrentatbestand 123, 341 Gefecht 287 Gefechtsköpfen 313, 414 Gefechtswert 153 Gegenrechtsordnung 382, 398, 426 Gehorsam 65–66, 82, 89, 96, 98–99, 151–152 Geiselbefreiungen 59 Geiseln 59 Geiselnahme 57–58 Geiselnahmen 57

Generalität 85 Generalklausel 214, 350, 372, 409 Generalversammlung 246 Genozid 339 Genua 176 gepanzerte Fahrzeuge 57 Gerster 28 Gertz 29 Gesamtheit 38–39, 52, 66, 68–69, 155, 214, 220, 252, 333, 339, 341, 391 Gesamtstreitkräfte 44, 71 Gesamtverteidigung 232 gesellschaftliche Gruppe 136, 163, 304, 398, 426 gesellschaftlicher Rückhalt 163, 266 gesellschaftlichen Rückhalts 136, 144, 163, 266, 304, 374, 376, 379 Gesellschaftsform 341 Gesellschaftsordnung 214 Gesetzentwürfe 70, 322 Gesetzesmaterialien 70 Gesetzesverstöße 203 Gesetzesvollzug 146 Gesetzgebungskompetenzen 133 Gesetzgebungsverfahren 18, 42, 44, 70–71, 80, 355 Gewalt 31, 59, 74, 76, 83, 91–92, 106–110, 115–116, 118, 130, 150, 153–155, 163, 167–169, 171, 178, 180, 182–183, 188, 197, 205, 219, 221, 245–249, 254, 256, 275, 277, 282, 287–288, 290–292, 313, 321, 337, 351, 353, 361, 373–374, 381– 383, 413, 415, 422 Gewaltanwendung 25, 149, 177–179, 185–186, 192–193, 199, 203, 205, 247–248, 287–288, 381, 423 Gewaltanwendungsbefugnissen 107 gewaltausübend 122 Gewaltausübung 108, 122, 151, 168, 177, 248 Gewaltbegriff 179 Gewaltenteilung 79, 337, 346, 408 Gewaltkriminalität 29

Sachwortverzeichnis Gewaltmonopol 162, 374, 381, 398 Gewaltmonopols 362, 370, 378, 381, 398, 425–426 Gewaltpotential 132, 151, 153–154, 174 Gewaltpotentiale 139, 151, 264, 304 gewalttätige 166, 169, 176, 196, 277, 289 Gewaltverbot 245 Gewaltverbots 106, 167, 247 Gewerkschaften 126 gewohnheitsrechtlicher 407 Gipfel 28, 55, 176 Gipfelteilnehmer 176 Gipfeltreffen 55–56, 174, 176–177, 191 Gleichzeitigkeit 242 Globalisierungsgegner 176, 387 Globalisierungsgegnern 177 Golfkrieg 26, 100 Granatwerfern 293–294, 394, 415 grenzpolizeilich 251 Grenzschutz 249–254, 287 Grenzübertritt 249–250 Großbritannien 19, 31, 92 Großdemonstrationen 29, 163 Großen Koalition 17 Großveranstaltung 28, 56, 173–174, 181, 184, 187, 189–190, 208, 278, 290, 293, 308–309, 313, 326, 380, 386–387, 394, 412 Großveranstaltungen 28, 33, 35, 52, 55–58, 61, 173–174, 176–178, 180– 183, 187, 189–192, 204–205, 207– 211, 218–219, 276–279, 288–289, 294, 309, 312, 320, 324–329, 343, 348, 371, 374–376, 379, 387, 391, 400, 403, 412–413, 415, 419 Großverbände 98 Grundfunktion 89, 95 Grundgesetzänderung 18 grundlegende 63, 80, 345, 365 Grundordnung 17, 34, 67, 82, 84–86, 90, 93, 119, 123, 127, 129, 139, 151, 226, 235, 238, 258–259, 268, 282,

449

284–286, 331–334, 336–338, 342– 347, 349–352, 354–359, 362–367, 369–371, 375, 377–379, 383–385, 387, 389–391, 397, 399–400, 415, 426 Grundrechte 84, 138, 221, 346, 357– 358, 374 Grundwehrdienst 49 Grundwehrdienstleistenden 136 Grundwerte 83, 119 Gruppenführer 185 GSG 9 196 Guerilla 26, 58 Guerillakämpfer 343 Güterabwägung 407–408 Häfen 193, 295, 309, 395, 416 Halbwertzeiten 393 Hamburg 23, 129, 146, 149, 322, 325, 393 Hamburger Flutkatastrophe 122, 146 Handlungsfähigkeit 90, 340, 348, 371, 381, 398, 425 Handlungsfreiheit 340 Handlungsstörern 336 Handwaffe 89, 153 Hauptaufgabe 49, 253 Hauptausschuß 356 Hauptausschusses 356–357 Hauptverteidigungskräften 42 Haushalt 21, 98 Haushaltsmittel 20, 267 Haushaltsplan 53, 63, 75, 222 haushaltsrechtliche 164 haushaltsrechtlichen 137, 144, 164, 267, 272, 305, 374 Heer 40–41, 59, 69, 71 Heeresflieger 59 Heeresflugabwehr 57 Heidewaldbrand 122 Herrenchiemsee 355, 358 Herrschaftsanspruch 398, 426 Hiebwaffen 153, 168–169

450

Sachwortverzeichnis

Hierarchie 183–184, 186, 190, 204, 206, 260, 328, 423 Hierarchieebenen 56, 181 High Tech 59 Hilfeleistungen 56, 113, 146–147, 160 Hilfsdiensten 150 Hilfseinsatz 148 Hilfsfunktionen 121 Hilfsmaßnahmen 22, 122 Hilfsmittel 107, 122, 153, 168 historische Gesetzgeber 70, 404 Hoch 357 Höcherl-Entwurf 117 Hochhäuser 58 Hochhauses 297 Hochschulstudium 129 Hochwasser 17, 145, 156, 161–162, 169–170, 196–197 Hochwasserkatastrophe 17 Hochwasserlage 197 hoheitlich 109, 122, 147, 155–156, 162, 170–171, 195–197, 199, 202, 208 hoheitliche 106, 108–109, 112–113, 147–149, 155, 171, 194–198, 200– 202 hoheitlichen 18, 107, 109, 122, 125, 145, 155, 162, 171, 195, 198, 200– 201 hoheitlicher 109, 115, 146, 149, 171, 194–196, 198, 200–201, 208 Hoheitlichkeit 106, 156 Hoheitsbereich 73 Hoheitsgebiets 254, 290 Hoheitsgewalt 73 Homogenitätsklausel 338 Hooligans 176–177, 180, 277, 279 Hubschrauber 29, 57, 163 Hubschraubern 24, 122, 158 humanitäre 21–22, 25 ICE-Unglück 17 ideologisch 68, 288 IFOR 24, 100

II. Weltkrieg 19, 100, 228, 270 Inanspruchnahme 108–109, 112–113, 116, 118, 124, 129, 168, 171 Industriegesellschaften 32, 374 Ineffizienzen 239 infanteristischer 60 Infektionen 60 information warfare 26 informationellen Selbstbestimmung 32 Informationskriegsführung 26 Infrastruktur 159 Inkorporation 244 Inland 259, 279, 281, 286, 296–297, 301 Innenausschuß 88, 354 Innenbezug 94, 104, 242, 277–278 innenpolitischen Auseinandersetzungen 97, 266, 371, 376, 379 innenpolitisches Machtmittel 88, 94, 132, 141, 262–263, 267–268, 302– 303, 372 Innensenator 122, 130, 146–147 Innenverwendungen 102, 104–105 Innenwirkung 120 Innere Führung 130 innere Gefahren 82, 219, 235, 237– 238, 243, 265, 302, 362, 369 innere Notstand 18 innere Sicherheit 60, 127 inneren Gefahren 229, 236, 258, 262, 271, 280, 343, 369 Inneren Führung 128, 258–259 Inneren Notstand 17–18, 35, 53–54, 94, 224, 243, 288 inneren Notständen 90, 136, 224–226, 285, 372 inneren Notstandes 27, 34–35, 95, 103, 139, 169, 224, 279, 285, 287, 331, 333 inneren Sicherheit 27, 89, 257 Innerer Führung 129 innerer Gefahren 225, 228, 237, 257, 264, 266–268, 287, 297, 303–304, 308, 312, 366, 370–375, 377, 410

Sachwortverzeichnis innerer Notstand 53, 224, 284, 334 innerer Unruhen 352, 359, 388, 405 instandsetzen 158, 160 Instandsetzung 159, 194 Instandsetzungstruppen 153, 158 institutionelle 66 Insurgenten 343, 389 Integration 21, 87–89, 128, 130, 141, 258, 268, 272, 301 Integrität 25, 67, 214, 246–247, 339, 362, 370, 378, 381, 383, 398, 425 Intensität 133, 219, 246, 270, 272, 280, 363 intentionellen 107, 168 internationale Sicherheit 217–218 Interpretationsbremse 132, 406, 411, 426 Irak 26, 100 israelischer 57–58 Judikative 79, 260 Jugoslawien 24, 102 Jugoslawienkonflikts 24 Kalten Krieges 19, 39, 229, 270 Kameradschaft 66 Kampfauftrag 66, 159 Kampfeinsatz 30 Kampfeinsätzen 119, 216 Kampfflugzeug 291, 299, 394 Kampfflugzeuge 59, 290, 295, 299, 307 Kampfflugzeugen 99, 166 Kampfflugzeugs 248, 295 Kampfhandlungen 67, 107–108, 110, 282 Kampfhubschrauber 59, 290, 394 Kampfhubschraubern 166 Kampfmittel 28, 60, 291, 296, 300, 314, 394, 396, 400, 414–415 Kampfmitteln 57, 310, 313, 396, 400 Kampfpanzern 166 Kampfschwimmer 59 Kampfstoffe 193, 296, 313, 396

451

Kampftruppe 89, 159 Kampftruppen 89, 153 Kampfunterstützungstruppe 159 Kanther 29 Kanzlerarmee 85, 137 Kapazitäten 20, 52, 57, 107, 144, 173, 247, 296, 373, 376, 379, 387, 396, 419–420 Kapp-Putsch 354 Katastrophe 108, 170 Katastrophen 21, 25, 149–150, 194, 332, 366 Katastropheneinsatz 129 Katastrophenhilfe 25, 104, 113, 121– 122, 125, 146–147, 161, 166 Katastrophennotstand 18, 53–54, 121, 148, 327, 366 Katastrophennotstände 372 Katastrophennotstandes 54, 324 Katastrophenschutz 147, 196, 208 Katastrophenschutzes 194 Katastrophensituation 148 Kausalverlauf 279, 285, 311–312, 424 Kernkraftwerk 300, 304, 308, 392, 394–395, 418 Kernkraftwerke 31, 392, 396, 400, 414–415 Kerosinexplosion 293 KFOR 24 Kinkel 29 kleinen Gewalt 249, 255 Kleinkrieg 58 Know-how 169, 187, 191, 207–208 Know-hows 108, 112, 169, 189 kollektiver Sicherheit 23–24, 100–102, 217, 330, 402, 407 Köln 176, 354 Kombattanten 219, 245, 275, 286 Kombattantenstatus 76, 219, 275 Kombattantenverbände 65 Kommando 42, 57, 59, 97, 99, 176 Kommando Spezialkräfte 59, 99, 176 Kommandocharakter 314

452

Sachwortverzeichnis

Kommandogewalt 66, 75, 83, 86, 99, 111–112, 224, 263 Kommandounternehmens 414 Kommunikationstechnologie 420 Kompanien 67, 130 Kompetenzen 17, 53, 379 Kompetenzerweiterungen 265 Kompetenzverteilung 165, 247, 265, 304 Kompetenzzone 142 Konfiguration 257 Konfrontation 19, 26, 288 konkreten Gefahr 336 Konstitutionalisierung 82 Kontamination 31, 194, 296, 314, 392–396, 418 kontaminieren 61, 193, 314, 414–415 Kontaminierens 296 kontaminiert 399–400, 426 konventionell 25 Konzeptionellen Leitlinien 112 körperlichen Gewalt 153, 197 Kosovo 24, 30, 102 KPD 82, 337, 356, 358 Kräftegleichgewicht 93, 127, 139–140, 145, 151, 155, 258, 421 Kräftegleichgewichts 86, 93, 141–142, 151 Kräftekonfiguration 197 Kräftepotential 198 Kräfteverhältnis 151, 162, 168, 195 Kräfteverhältnisse 151, 157, 161, 166, 170, 179, 196–199 Kräfteverhältnisses 162, 169 Kraftfahrer 29 Kraftfahrzeuge 56, 158 Kraftfahrzeugen 158, 190, 208, 412 Krieg 49, 66, 76, 81, 216, 221, 228, 232, 235, 256, 276, 279–280 Krieges 19, 26, 39, 221, 229, 317 Kriminalämter 61, 203, 413 Kriminalpolizei 74, 76 Kriminelle 278, 288, 293, 297, 313, 326

kriminellen Organisation 279, 288 Krise 49, 169 Krisen 108, 125, 143, 168, 389 Krisenreaktionskräften 42 Krisenstäben 204 KSK 59, 99 Kuhlmann 88, 92, 241, 260, 342–343, 353, 408, 421 Kurden 28 Laforet 357 Lagebeurteilung 185, 187, 206, 260, 307, 423 Lagefeststellung 185, 187, 204, 206, 260, 423 Landeskompetenzen 134, 165 Landeskriminalämter 76 Landesregierungen 74, 327, 380 Landesterritoriums 329 Landesverteidigung 40, 43, 75, 86, 88–89, 95, 127, 136, 216, 227–228, 230, 256, 268, 270–273, 276, 279– 280, 301 Landesvolk 394 Landmacht 69 Laufbahngruppen 128 Lautner 336–338, 358, 361 Lazaretten 122 Legaldefinition 233–234, 236, 316, 318, 349, 361, 366 Legislative 79, 257, 260 Leitung 51–52, 56, 111, 183 Leitungsfunktionen 181 Leitungsverband 66 Leutheuser-Schnarrenberger 29 Liegenschaft 308 Liegenschaften 158, 298–299, 348 logisch-teleologisches 120 Logistik 47, 55 Logistiktruppen 158 logistischen 56, 173, 190, 208, 412 Low Tech 59, 293 Luft-Boden-Raketen 289, 313, 415 Luftbrücke 24

Sachwortverzeichnis Luftfahrzeuge 57, 59, 61, 192–193, 291, 294–295, 413 Luftfahrzeugen 57, 61, 191, 193, 289, 292, 295, 300, 390, 392, 394, 396, 413, 415 Luftfahrzeugs 290, 292, 313, 390, 392, 413 luftgestützte 57 Luftlinien 58 Luftraum 24, 248, 290–292, 295, 299, 313–314, 362, 413–414 Luftstreitkräfte 69, 299 Luftwaffe 24, 40, 57, 59, 62, 69, 71, 99, 158 Lüneburger Heide 17 machtausübenden 159 Machtfaktor 152 Machtgleichgewichts 140 Machtinstrument 84, 87, 89, 94, 129– 130, 139, 141, 151, 161, 259, 261, 267, 301–302, 371, 376 Machtpotential 90, 108, 140, 151, 154–155, 157, 159, 168, 171, 186, 192, 195–198, 200, 263–264, 303– 304 Machtpotentials 145, 154, 167–168, 179 Machtrelevanz 152, 168 MAD 43, 61, 188, 203, 397, 413 Mangoldt 46–49, 63, 66, 70, 74–77, 86, 103, 109, 112, 115, 117, 121, 134, 157, 161, 210, 212, 227, 229– 230, 234, 243–245, 248, 317, 319, 323, 330, 335, 337–339, 341, 356, 362, 368, 380–381, 385, 393 manpower 56, 61, 173–174, 180 Marine 24, 40, 45, 59, 69, 71, 77 Maschinenwaffen 166 Massen 147 Massendemonstrationen 28 Massenmoment 152, 154 Massenmoments 151 Massenungehorsam 342

453

Massenvernichtungswaffen 25, 304, 307, 310, 343, 380, 386, 405, 418 Material 158, 174, 190, 208, 279, 288, 312, 322, 392, 412, 414, 422 Materialien 70–71, 80, 114, 117, 227– 229, 319, 355, 393 materiell-funktionelle 66 materielle Polizeibegriff 252–253 Matthöfer 227 Mazedonien 24 Meeresverseuchung 26 Mehrparteienprinzip 337 Mellies 84–86 Mende 44, 71 Menschenmenge 124, 169 Menschenmengen 386, 416 Menschenrechten 337 Messeturm 390–391 Meuterei 342 Mißbrauch 18, 87, 90–91, 94, 129, 169, 259, 261–262, 282, 302, 309, 371 Mißbrauchs 54, 94, 97, 105, 129–130, 139–141, 145, 151, 161–162, 261, 267, 269, 301–302, 309, 371, 376, 379 Mißtrauen 81, 130 Militär 22, 69, 76, 84, 96, 133, 162, 212, 214, 219, 228, 230, 241, 252, 254, 264, 364, 418, 420 militäradäquat 274 militäradäquater 274 Militärbeobachter 24 Militärflugplatz 248 Militärflugzeug 291 Militärgeistliche 45 Militärgeschichte 129 Militärhilfe 101 Militärische Abschirmdienst 43 militärische Führung 89 militärische Instrument 65, 99 militärische Objekte 240, 298, 300 militärischen Führern 206, 412 militärischen Objekt 300

454

Sachwortverzeichnis

militärischen Verwendung 122, 125, 145, 155 militärischer Gewalt 107, 168, 219, 254, 275 Militärluftfahrzeug 291, 394 Militärputsch 87, 129, 259–260, 301 Militärseelsorge 40–41, 43–46, 51, 77–78, 89–90, 96, 98, 422 Militärseelsorgevertrag 46 Militärstaats 86 Militärtypik 122 militärtypischen 110, 153 Militärwesen 69, 212 military forces 70 Milzbrandbakterien 60 Minentaucher 59 Ministerien 129 Ministerium 98 mittelbar obrigkeitlichen 161–162, 168, 170–171, 183, 204–205 mittelbar obrigkeitlichen 323 mittelbar obrigkeitlicher 194 mittelbaren Angriffs 300–301, 308 Mobilmachung 288 Mörsern 293–294, 394, 415 Mosel 17 München 23, 34, 57, 60, 320 Munition 154, 158–159, 196, 293 Nachschub 159 Nachschubtruppen 153 Nahkampf 169, 176 Napoleon 388 Nation 85, 137 Nationalen Volksarmee 19 nationalsozialistischen 82 NATO 19–20, 22–24, 26, 30, 38, 55, 73, 81, 89, 97, 100, 102, 216, 245– 246, 270–271, 291–292, 309, 402 Natur der Sache 95, 132, 144, 165, 269, 271, 280–281, 286 Naturkatastrophe 123, 196, 324–325, 327, 354–355

Naturkatastrophen 113, 146–147, 325, 366 naturrechtlicher 407 Nebenziele 80 Neue Aufgaben 41 New York 58, 127, 194 Nicht-Einsatz 64, 276 Nicht-Einsätze 35 nicht-militärischen 59–60, 145, 158, 179, 189, 192, 199, 202, 214, 242, 258, 268, 289, 297, 299, 302–303, 305–307, 309, 364, 372–373, 396, 405, 412–413, 415–419, 421, 423 nicht-obrigkeitlich 162 nicht-obrigkeitliche 160 nicht-obrigkeitlicher 161 nicht-rechtsfähigen 66 Niedersachsen 17, 122 Normalverfassung 17, 82, 92, 373, 408 Normsituation 116, 126, 142, 169, 404, 406 Nothilfe 146–147, 217 Notkompetenz 401 Notsituationen 19 Notstand 17–18, 34–35, 53–54, 82, 91, 94, 96, 108, 137, 170, 224, 243, 277, 282–283, 288, 331–334, 349, 372, 401, 407–410 Notstandsabwehr 349, 377, 379, 417 Notstandsbegriff 54 Notstandsbekämpfung 96 Notstandsfall 18, 34 Notstandshearing 19, 55, 60, 88, 90– 92, 113, 126, 129–131, 135–136, 146–147, 150, 241, 260, 285, 334, 342–343, 352–355, 357, 363–364, 408–409, 419, 421 Notstandshearings 354, 360, 410 Notstandsnormen 268, 409 Notstandsnovelle 18, 78, 80, 90–92, 130, 137, 147, 150, 164, 227, 238, 282–283, 285–286, 318–319, 330, 352, 357, 403, 409 Notstandssituationen 82, 238, 268

Sachwortverzeichnis Notstandsstaat 91 Notstandsverfassung 17–18, 25, 34, 82, 90–93, 95–96, 99, 103, 117, 125–127, 132, 134–135, 137–139, 146, 151, 162, 164, 226, 241, 256– 258, 272–274, 280, 282–283, 301, 306, 319–320, 330, 333, 350, 355, 359, 364, 370–371, 373–374, 377, 381, 402–403, 407–410, 417 Notstandsvorsorge 126 Notverordnungen 350, 356 Notverordnungsrecht 355–356 Novellierung 223, 229, 257 nukleare 400, 414–415 nuklearen 25, 39 Nuklearwaffen 310 numerus clausus 94 Nutzungsüberlassung 158, 192 objektiv-teleologische 78, 271 Objektschutz 29, 60, 240 obrigkeitlich 156–158, 160–161, 167, 170, 172, 174–175, 177, 180–182, 184, 186–187, 189–190, 193, 195– 196, 198–204, 208, 277, 422 obrigkeitliche 147, 157, 159–160, 163, 165–166, 170, 172, 175, 181, 184, 186, 190, 192, 194–198, 200–203, 205–206, 208, 264, 325, 422–423 obrigkeitlichem 109, 113, 161, 164, 168, 175, 177, 181, 187, 198, 200 obrigkeitlichen 157, 160–162, 168, 170–171, 180, 183, 186–187, 189, 194, 198–202, 204–206, 323, 423 obrigkeitliches 159, 171, 182, 184, 186, 190–192, 194, 197–198, 200– 204, 206–207, 209, 423 Obrigkeitlichkeit 174, 188, 203, 264 Oderbruch 17 öffentlich-rechtlich 155 öffentliche Einrichtungen 375, 391 öffentliche Gebäude 60–61 öffentliche Sicherheit 109, 123, 221, 254, 320, 325, 350, 355–357, 359– 360, 363, 366–367, 369, 377, 389

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öffentlichen Sicherheit 92, 197, 221– 222, 320, 323–324, 334, 350, 353, 359, 363, 370, 387 öffentlichen Verwaltung 89, 99 Öffentlichkeit 27, 44, 261, 302, 371, 405 Offiziere 129, 174 Offiziersstand 86 Offizierweiterbildungen 128 Ölquellen 26 Olympiade 57 Olympiastadion 57 Olympischen Spielen 28, 57, 386 Opposition 29, 163, 283, 337, 361 Optimierungsgebot 164 optisch-elektronisch 57 Ordnungsbehörden 251 Ordnungsgewalt 26 Ordnungskräfte 176, 178 Ordnungskräften 177 Ordnungsmacht 340, 382, 398, 426 organisierten Kriminalität 28 Organträgern 383–384 Osama bin Laden 30, 219, 294 Ost-West-Konfrontation 19 out of area 21–22 Panzer 59 Panzerabwehrlenkflugkörper 59 Panzeraufklärungstruppe 59 Panzerfaust 59 Panzergrenadier 59, 182 Pariser Verträge 93 Parlament 70, 81, 261, 263, 318, 371– 372 parlamentarische Kontrolle 84–85, 91, 94, 140, 260, 263 Parlamentarische Rat 330 parlamentarischen Kontrolle 82, 84, 97, 140, 262, 268, 302, 371 Parlamentarischen Rat 355 Parlamentarischen Rates 356–357 parlamentarischer Kontrolle 82 Parlamentes 85, 137

456

Sachwortverzeichnis

Parlamentsvorbehalt 263, 401 Parteien 21–22, 73, 87, 94, 129, 246, 284, 337, 342, 358, 365, 391, 399 Partisanen 26 Partisanenkrieg 58 Passagierflugzeug 61, 297, 326 Passagierflugzeugen 194 Passagiermaschine 30, 299, 307, 418 Passagierschiff 59 passiver Bewaffnung 152, 154 Patrouillen 190, 413 peace-enforcing 216 peace-keeping 216 Peacekeeping-Operationen 20 Pentagon 30, 58 Personal 48, 50, 55–57, 89, 122, 158, 174, 192, 201, 203, 321, 413 Personalbedarf 55 Personalökonomie 241 Personalwesen 46 Personalwirtschaft 420 Personenfeststellung 175 Personenkontrollen 56, 174–175, 190, 277, 380 Personenschutz 177, 289, 387, 413 Personenschützer 190, 277, 383 Pflichtverletzung 329 Pioniere 56, 150 Pioniertruppe 173 Pioniertruppen 158 PKK 30 Planer 189, 191, 207 Planung 56, 91, 112, 153, 181, 184, 187, 189–190, 206–207, 288, 373, 423 Planungen 191, 206–207, 423 Planungsstab 181 Planungsstäbe 191, 207 Planungsstadium 203 Plünderer 147, 197 Plünderungen 147, 194, 196–197 Politik 20, 22–23, 33, 81, 88, 90, 94, 97, 112, 128, 132, 140, 257, 261– 263, 302–303, 346, 371, 419–422

Politiker 31, 130, 163, 170, 380, 385, 387, 400, 414, 416, 426 Politikern 56, 190, 208, 218, 371, 383, 399, 412, 418 politische Unabhängigkeit 106, 246 Politischen Bildung 128 politischen Notstand 53, 137, 331– 333, 349, 401 Politischen Notstandes 133 politischen System 387 politischer Notstand 226 Polizeibehörden 251, 265 Polizeigewalt 34, 107 Polizeigewerkschaft 88, 241, 260, 342, 353, 408, 421 polizeilich 141, 148, 161, 251–253, 335 polizeilichen Generalklausel 214, 350 Polizeipräsident 55, 58, 60, 147, 353 Polizeirecht 335, 360, 377, 380, 397 Potential 33, 157, 159, 180, 196, 199, 418 Potentials 32, 55, 157, 169 Praktikabilität 128 praktischer Konkordanz 131, 138, 164, 261, 271, 281, 408 Prävention 31 präventiv 278, 326 präventiver 203, 294, 413 Präventivkrieg 269 Präventivkriegen 269 Primärauftrag 266, 321 Primat 85, 88, 94, 112, 140, 263, 303, 372 Primats 21, 90, 97, 132, 140, 262– 263, 302–303, 371 privatrechtlich 155 Proliferation 25–26, 294, 405 Protokolle 70 psychische Zwangswirkung 180 psychischer Zwang 179, 205, 422 Putsch 342, 354 Radioaktivität 392–393

Sachwortverzeichnis RAF 367 Rahmenordnung 79, 404 Raketen 57, 59, 99, 191, 289, 293– 294, 300, 304, 309, 313, 390, 394, 414–415 Raketenabwehr 57, 290, 296 Raketenangriffs 293 Raketensysteme 60 Raketentechnologie 25 Realakte 162 Recce-Tornados 62, 203, 209, 413 Rechtsausschuß 18–19, 55, 60, 64, 71, 87–88, 90–92, 94, 102–105, 108, 110, 113–115, 120–121, 123, 126, 129–132, 135–136, 146–148, 150, 157, 215–217, 223–224, 226–227, 230, 238–243, 245, 260, 269, 274, 282–283, 285, 317–318, 330–331, 334, 342–343, 352–354, 357, 363– 364, 408–410, 419, 421 Rechtsausschusses 18, 43, 70, 81, 90, 92–93, 95, 114–116, 127, 223–224, 226–228, 230, 232, 238, 240, 242, 281, 283, 285, 319, 352–353, 406 Rechtsbegriff 155, 170, 211, 335–336, 338 Rechtsberater 40, 45 Rechtsfähigkeit 66 Rechtsfortbildung 36, 67, 78, 410– 411, 426 Rechtsfortbildungssperre 411, 426 rechtsgeschichtliche 68 Rechtsgüter 127, 256, 268, 271–272, 278, 284, 291, 297, 303, 311–313, 329, 366, 371, 375, 389, 399, 408, 410, 424, 426 Rechtsgutsverletzung 297, 311, 424 Rechtsmißbrauchs 309 Rechtsordnung 54, 64, 72, 79, 90, 126, 277, 283, 350, 362, 370, 372, 378, 381, 384, 389, 398–399, 425– 426 Rechtspflege 40–41, 44–46, 51, 77– 78, 89–90, 96, 98, 422 Rechtsprinzipien 79

457

Rechtsstaat 87, 91, 97, 105, 127, 131, 140, 145, 162, 169, 256–261, 265, 280–281, 302, 364, 379, 410, 418, 421 rechtsstaatlichen 18, 79, 92, 95, 255, 336, 377, 408 Rechtsverordnungen 119 Redundanz 236–237, 381 Redundanzargument 237, 243 Redundanzen 253–254, 369 Referentenentwurf 349 reformbedürftig 34 regelnd 162, 177–178, 181–182 regelnde 149, 156, 163, 166, 171, 179, 327 regelndem 183 Regelung 18–19, 24, 33–34, 114–115, 130, 134, 140, 146, 149, 156, 162– 163, 165, 171–172, 175, 178, 185– 187, 191–193, 200, 205, 214, 222, 224–226, 229, 236–237, 239, 241– 242, 277, 282–285, 300, 409, 417, 422 Regelung 317, 356, 376 Regelungen 35, 67, 76, 80, 119, 127, 132, 134–135, 175, 196, 203, 212, 238, 265, 349, 354 Regelungsbefugnisse 167, 193 Regelungsbefugnissen 149 Regelungsbereichs 102–103, 405 Regelungscharakter 109 Regelungsgegenstand 17, 212, 215, 230, 232, 360 Regelungslücke 102, 405 Regelungsobjekt 100 Regelungssystematik 39 Regierungsentwurf 18, 81, 90, 92–93, 95, 148, 225, 238, 281–282, 284– 285, 317, 354 Regierungsentwurfs 130, 228, 283– 285, 317 Regierungskoalition 22, 30, 32, 101 Regierungsmitglieder 391, 400, 414, 416, 426 Regierungsmitgliedern 383, 399

458

Sachwortverzeichnis

regionalen 53–54, 121, 149, 324 Reichsexekution 135, 222 Reichstag 31, 222, 390–391 Reichsverfassung 69, 81, 83, 220–221, 351 Reichswehr 69–70, 72, 76, 81, 85, 135 Reischl 104, 318 Repräsentation 201 repräsentative Aufgaben 150 repräsentativen 115, 118, 163 Repressalie 219 repressive 61 repressiver 203, 413 requirieren 195 requiriert 197 Ressourcen 55–56, 61, 136–137, 143– 144, 153, 159, 164, 173, 190, 198, 203, 208, 266–267, 305, 374, 376, 412, 418–419 Ressourcenbewertung 143 Restlichtverstärkern 57 Restrisiko 419 Revolution 388, 400, 415 Rhein 17, 270 Risikoreserve 29 Rückrufrecht 372 Rühe 29 Ruland 336–338, 347, 358–359, 361, 399 Rüstungsverwaltung 47, 49–50 Rüttgers 28 Sabotage 26, 395 Sachverständigenanhörung 354 Saddam Hussein 100 Sandsäcke 145, 196 Sandsäcken 156, 161–162, 169–170, 196, 201 Sanitätsdienst 41 Sanitätspanzer 29, 158, 164 Sanitätspersonal 42, 61, 122 Sarin-Attentat 61 Schadensbegrenzung 193 Schadensereignissen 325

Schadensfall 327 Schädigungsabsicht 336 Schah von Persien 176 Scharping 28–29, 60 Schäuble 27–28, 32–33, 55, 57, 275, 324, 420 Schaulustige 195, 197, 203 Schaulustigen 197 Schlagstöcken 168–169 Schlegelberger 285, 334, 353, 363– 364 Schleswig-Holstein 17, 122 schlicht-hoheitlichen 155, 162, 195, 198, 200–201 schlicht-hoheitlicher 109, 171, 194– 196, 198, 200–201, 208 schlichte Verwendung 63, 160, 169– 170, 175, 177, 187, 194–195, 207– 209 schlichte Verwendungen 65, 106, 140, 143–144, 171, 183, 188, 190, 207– 208, 315, 328 schlichten Verwendungen 109, 120, 139, 145, 148–149, 173, 209, 412 Schmidt 48, 65, 75, 82, 86, 104, 107, 110, 113, 122, 129–130, 132, 134, 146, 150, 161, 216, 243, 246–247, 275, 315, 317, 325, 329–330, 332, 367–368, 401, 419 Schmitt 337–338, 348, 361, 399 Schönbohm 29 Schriftlichen Bericht 70–71, 81, 95, 114–115, 148, 223, 230, 281, 283 Schröder 92, 350 Schußwaffe 153, 160, 286 Schußwaffen 153–154 Schutzgüter 301, 344, 360, 367–368, 389 Schutzlücken 34 Schutzpflichten 96, 217, 375, 378, 381, 410, 419 Schutzpolizei 76 Schwarzhaupt 82, 84 Schweregrad 197, 224 Seattle 176

Sachwortverzeichnis Seestreitkräfte 69 sekundäre Verwendungen 209 Sekurität 128 Selbstbehauptung 34, 144, 165 Selbstbestimmungsrecht 346 Selbsthilfe 247–248, 290–291 Selbstmordanschlag 59 Selbstmordanschläge 194 Selbstmordanschlägen 192, 289, 390 Selbstmordattentat 291–292, 297, 299, 304, 313, 326, 392–393, 418 Selbstmordattentate 31, 193, 294–295, 390, 395 Selbstmordattentaten 193, 294–295, 309, 395, 416 Selbstmordattentätern 59 Selbstmordattentats 58–59, 290, 293, 307, 309, 313, 343, 380, 390, 414– 415 Selbstschutz 299–310, 314, 424 Selbstschutzbefugnis 303, 308, 311, 424 Selbstschutzes 300, 302–305, 308, 311 Selbstverständnis 25, 131 Selbstverteidigung 24, 89, 216, 243, 245, 247–248 Selbstverteidigungsrecht 245–246, 248 Sezessionsbestrebungen 342 SFOR 24, 100 show of force 176–177, 180, 278, 289, 387 Sicherheit 20–29, 31–32, 57, 59–61, 89, 92–93, 101–102, 123, 127, 129, 134, 197, 199, 217–219, 221–222, 228, 230–231, 250, 254, 256–257, 269, 271, 274–275, 278, 295, 298– 300, 308, 311, 317, 320, 323–325, 330, 334, 339, 344, 350, 353, 355– 357, 359–360, 363, 366–370, 374– 375, 377–378, 381, 383, 387, 389, 398, 402, 407, 410, 417, 419–421, 424, 426 Sicherheitsdienste 60, 203 Sicherheitsinteressen 217–218

459

Sicherheitskräfte 29, 33, 60, 68, 157, 160, 162, 170, 175–177, 179, 188, 192, 195–196, 289, 297, 305–307, 364, 372, 376, 396, 405, 416–417, 419, 421–422 Sicherheitskräften 59, 158, 190, 192, 194, 196, 199, 299, 372–373, 416, 418 Sicherheitslücke 247, 274 Sicherheitspakets 367 Sicherheitspersonal 277 Sicherheitspolitik 216, 420 Sicherstellung 18, 194 Sicherung 18, 115, 132, 140–141, 143, 151, 177–178, 201, 209, 213, 235, 238–239, 262–263, 268, 302–303, 340, 368, 370–371, 376, 378, 382 Sitzung 18–19, 27–28, 38, 44, 55, 60, 64, 71, 81–82, 84–88, 90–92, 94, 102–105, 108, 110, 113, 116, 121, 123, 126, 129–132, 135–137, 146– 147, 150, 157, 215–217, 227–228, 232, 241, 243, 245, 260, 269, 274, 285, 317–318, 322, 330–331, 334, 342–343, 350, 352–354, 356–357, 363–364, 408–409, 419, 421 sky marshal 395 sky marshals 295, 416 Soldaten 21–22, 24, 27–29, 34, 38–39, 41, 44–45, 49, 52, 56, 59–61, 66, 71, 85, 89, 98–101, 107–110, 122, 128– 129, 136, 141, 147, 149–150, 152, 155–162, 169–170, 173–174, 176– 181, 183–185, 187–193, 198, 204, 206–207, 209, 239–241, 258, 260– 261, 277–278, 287–289, 296, 298, 309, 379, 387, 390, 396–397, 412– 413, 415, 420, 422–423 SoldatenG 39, 41, 43–44, 66, 70, 81, 422 Sollensordnung 377 Somalia 23–24, 36, 100 Sonderbefugnisse 91 Sonderrechtsverhältnis 41, 422 Sonderstatus 83 sonstige Verwendung 64, 191

460

Sachwortverzeichnis

souveräne Staaten 272 Souveränität 20, 25, 86, 246, 340, 381, 387, 394, 396–399, 425–426 sowjetischen Besatzungszone 284 Sozialstaatsprinzip 337 Spannungsfall 24, 33, 121, 123, 236– 238, 241–242, 282, 315–316, 318– 319 Spannungslage 108 Sparpaketen 20 Sparsamkeit 137, 144, 164, 267, 272, 305, 374 SPD 17, 23, 29–30, 64, 82, 84–88, 95, 102–105, 108, 110, 113, 121–123, 126, 129–130, 132, 137, 147, 157, 160, 165, 215–217, 227, 232, 243, 245, 269, 274, 318, 322, 330–331, 353, 356–357, 409, 419 Sperren 153, 158 Sperrvorschrift 132 Spezialeinheiten 176 Spezialfahrzeuge 174 Spezialfahrzeugen 190, 208, 412 Spezialkräfte 59, 99, 176 Spionage 26 Sportler 57–58, 278–279, 288 Sprengladungen 192, 294, 395 Sprengstoffattentat 289 Sprühflugzeugen 193, 295, 396 SRP 82, 337, 358, 365 Staat im Staate 83–85, 141, 258 Staates 17–18, 24, 26, 52, 54, 67–69, 81, 83–84, 87, 94, 105–106, 127– 128, 132, 137, 152, 162, 219, 227, 239, 246–248, 253, 256, 258, 268, 272, 279–281, 286–287, 290–291, 339–340, 342, 345–346, 350, 359, 362, 365–366, 370, 378, 380, 382– 383, 386, 391–392, 395, 398, 407, 426 Staates im Staate 83–84, 87, 94, 105, 128 staatlichen Existenz 81, 235, 268, 378, 380, 398, 425

Staatlichkeit 155, 217, 340, 348, 368, 370 Staats im Staate 128 Staatsakten 163, 170, 201 Staatsämter 384–385 Staatsangehörigkeit 278–279, 288, 312 Staatsaufgabe 374–375, 378, 407, 410, 418 Staatsbegriff 380 Staatsbürger 21, 90, 129, 217, 346, 371 Staatsbürger in Uniform 129–130 Staatsbürgern 58 Staatsbürgers in Uniform 128, 258– 259 Staatsführung 83 Staatsgästen 170 Staatsgebiet 217, 248, 269, 271–273, 275, 277, 280–282, 286, 291, 296, 339, 348, 362, 382–383, 393, 398– 399, 415, 425–426 Staatsgebietes 26, 53, 253, 270, 290, 313, 380, 395, 413 Staatsgebiets 270, 281, 293, 310, 313, 341, 393–394, 396, 399–400, 414, 424, 426 Staatsgewalt 66, 82, 126, 156, 182, 217, 287–288, 302, 333, 339–342, 346, 348, 361, 366, 380, 382–384, 387–389, 393–399, 425–426 Staatsgrenze 270, 280–282, 286–287, 292 Staatsgrenzen 25, 244, 253 Staatsloyalität 130 Staatsnotrechts 407, 409–411 Staatsnotstandes 409 Staatsoberhaupt 85 Staatsorgan 196, 198, 267 Staatsorgane 82, 87, 91, 94, 129, 139, 151, 183, 218, 261, 267, 302, 340, 389 Staatsorgans 183, 186, 190, 204, 206, 423–424 Staatspraxis 110, 171, 173 Staatsstreich 260, 342

Sachwortverzeichnis staatstheoretischen 73 Staatsvolk 217, 339, 341, 383, 386– 387, 394, 396, 398–399, 425–426 Staatsvolks 339, 341, 380–382, 386, 392 Staatswesen 20, 82, 280 Stäbe 189 Stabilisierungsfunktion 406 Stade 393 StGB 361–362, 369, 381, 399, 410 Stichwaffen 153 Stinger 59 Störer 177, 195–197, 203, 214, 240, 242, 343, 388 Störern 197, 241, 282 Störfall 392 Störungen 56, 133, 196, 233, 240, 247, 255, 278, 326, 334, 370 Straftat 203 Straftaten 45, 62, 203, 277–278 Straftäters 203 Strafverfolgung 203 Strahlung 392, 398 Streifenpolizist 196 Streikende 126 streitbare Verfassung 365 streitbaren Demokratie 370, 378 Streitkräfte 403, 409–410 Streitkräftebasis 41–42 Struktur 22, 40–42, 46–47, 49, 51, 80, 89, 91, 184, 189, 298, 310, 357, 421 Strukturprinzipien 365 Sturmflut 122, 129, 149 Sturmschäden 17 subjektiv-teleologischen 78 Süddeutschland 17 Synchronität 242 Talbrückenstaudämme 58, 192, 294, 395 Taliban 31 Talsperren 61, 193, 296, 415 Tarnstangen 153 technische Mittel 61

461

Technisches Hilfswerk 196 Technologiekritiker 59 Teilstreitkräfte 41, 44, 69, 71, 159 territoriale Unversehrtheit 106 Territorialorganisation 41, 71 Territorien 22, 217 Territorium 34, 102, 111, 136, 246, 288, 294, 392 Territoriums 105, 111, 214–215, 236 Terror 30–31, 375, 405 Terrorabwehr 28, 32, 36, 55, 73, 327, 422 Terrorakt 203 Terrorangriffe 127, 343, 400 Terrorbezug 33 Terrorismus 25, 28, 30–31, 33–34, 58, 248–249, 257, 290, 294, 374, 404– 405, 417 Terrorismusabwehr 30 Terrorist 30, 294 Terroristen 57–60, 193, 196, 203, 274, 278–279, 288–289, 293, 295–297, 299–300, 307, 309, 313, 326, 329, 367, 376, 385–386, 390, 392, 395– 397, 413, 416 terroristische 32, 36, 56, 192–193, 207–209, 218, 300, 304, 402, 404, 415, 419 terroristischen 25–26, 29, 32–33, 58– 59, 61, 191–192, 194–195, 202, 204, 209–211, 218–219, 276, 278, 294, 297–298, 302, 304, 317, 319–320, 325–326, 371, 395, 400, 405, 410, 415, 417–418, 422 terroristischer 31, 33–35, 52, 55, 57, 192, 202–205, 207–208, 243–244, 246–248, 278, 289, 297, 301, 309, 312, 320, 324, 327–328, 331, 343, 348, 352, 371, 374, 379, 390, 400, 403, 405, 407, 412–416, 419, 421 Texttreue 95, 323, 328 THW 196 Tirana 24 Todesopfern 194 totalitäre Staatsordnung 343

462

Sachwortverzeichnis

Transport 28–29, 158, 174, 190, 201, 208, 288, 412, 419 Transportfahrzeugen 196 Transportleistungen 56 Transportraum 158, 174 Trennung 133–134, 141, 161, 222, 226, 239, 241, 251–252, 254, 264, 267, 283, 304, 308, 373, 421 Trennung von Polizei und Militär 133, 162, 219, 241, 252, 264 Trennungsprinzip 162, 278 Trinkwasser 61, 193, 296, 396 Trinkwasserreservoir 314 Trinkwasserreservoire 415 Trinkwasserreservoirs 61, 193, 296, 396 Truppen 73, 93, 97, 111 Truppendienstgerichte 44–45, 77 Truppengattungen 153 Truppenstatut 73 Truppenteile 49–50, 56, 61, 97–98, 124, 153, 158, 160, 174, 183, 288, 293, 397, 421–422 Truppenverwaltung 47, 50–51 Tschernobyl 394 Türsteher 56, 174, 190, 277–278, 288, 308, 379, 383, 385–387, 413 Twin Towers 30, 391 überregionalen 53–54, 121, 149, 327 Überschwemmungen 17 Übertragung 53, 75, 100 überverfassungsrechtlichen 407 Überwachung 24, 185, 192, 249–250, 413 UdSSR 19, 81 Ule 92, 354 ultima ratio 53, 96, 137, 408–409 Umgehung 199, 202, 371 Umgehungsabsicht 200 Umsturzunternehmen 343 Umweltschutz 48 Unabänderlichkeitsgarantie 365 unbestimmten Rechtsbegriff 211, 335

unbewaffnet 121, 153, 178 unbewaffnete 113, 118, 150, 160, 166, 169, 193, 295, 309, 395, 416 undifferenziert 299 Unfällen 194 ungeschriebene Staatsnotrecht 409 ungeschriebene Zuständigkeiten 95 ungeschriebenen Staatsnotrechts 407, 409–411 ungeschriebener Zuständigkeiten 132, 144, 165, 331, 406, 409, 411 ungeschriebenes Notrecht 19 ungeschriebenes Staatsnotrecht 408– 410, 426 Unglücksfall 123, 324, 326–327 UNIFIL 24 Uniformierung 41, 96 United Airlines 58 unmittelbar obrigkeitlich 160–161, 170, 172, 174–175, 177, 180–181, 190, 193, 195–196, 198, 200, 202– 203 unmittelbar obrigkeitliche 160, 170, 172, 175, 190, 192, 194–198, 200– 203, 205–206, 208, 422–423 UNOMIG 24 UNOSOM II 24, 100 UNPROFOR 24, 100 Unrechtsstaat 91 UNTAC 24 Unterhaltung 19, 74–75, 86, 89, 128, 134, 144, 164, 221, 240, 256, 267, 301, 305 Unterkunft 122, 160 Unterlegenheit 58 Unteroffiziere 38, 174, 260 Unterstellung 76, 97, 404 unterstützend 150, 158, 202 unterstützende 157, 159, 289 unterstützenden Tätigkeiten 158 unterstützt 21, 25, 171, 175, 190, 192, 195–196, 200, 206, 284, 287–288, 291, 364, 413, 423

Sachwortverzeichnis Unterstützung 42, 101, 108, 110, 122, 136, 157–161, 163, 168, 170–171, 177, 181, 187–188, 190, 192, 194– 195, 197, 200, 202–203, 206–207, 224, 238, 248, 278–279, 312, 315, 320, 322, 324, 327, 332, 342, 352– 353, 385, 409, 413, 416, 421, 423 Unterstützungstätigkeit 195 USA 19, 25, 30, 32, 60–61, 100, 246, 384 Veranstaltung 56, 175–176, 181, 190, 192, 278, 289, 308–309, 386–387, 390, 413, 415 Veranstaltungsbesucher 277 Veranstaltungsgegner 278, 388–390, 413 Veranstaltungsgelände 176, 178, 380 Veranstaltungsteilnehmer 208, 277 Veranstaltungsteilnehmern 278, 388 Verbände 65, 69, 76, 78, 98, 238 Verbandsstruktur 98 Verbote 175 verdecktem Kampf 26 verdeckten Kampf 26 Vereinigten Staaten 92, 295, 313 Vereinten Nationen 20–23, 45, 101, 106, 245–246 verfassungsändernden 72–73, 75–76, 78, 92, 96, 105, 126, 132, 139, 143– 144, 154, 165–167, 169, 183, 199, 201, 234, 237, 242–243, 263–264, 303, 331, 351, 365, 403, 406, 417– 418 Verfassungsänderung 23, 32, 89, 101, 103, 131, 133, 142, 165, 168, 237, 331, 354, 365, 388, 402, 410, 418– 419 Verfassungsänderungsverfahren 117, 137, 164, 223, 227, 306, 318, 359, 401 Verfassungsbruch 261 Verfassungsgeschichte 27, 35, 133, 220, 231, 409 verfassungskonform 72

463

verfassungskonformen Auslegung 245 Verfassungsorgan 182 Verfassungsschutz 61, 203, 366, 370, 378–379, 407, 413 Verfassungsschutzes 74, 77, 364 Verfassungsstils 119, 124 Verfassungstreue 130 Verfassungsverletzungen 156 Verfassungsvorbehalt 63, 93, 96–97, 99–100, 106, 109, 113, 116, 132, 138, 140–142, 144, 152, 179–180, 182, 186, 191, 193–195, 199, 202, 209–210, 226, 264, 267, 303, 306, 323, 331–332, 364, 370, 403, 409, 411, 426 Verfassungsvorbehalts 150, 162, 199, 202 Verfassungswandel 36, 403–404, 406, 426 Verfassungswandels 403, 405–407, 411 verfassungswidrig 76, 89, 112, 182, 184, 265, 269, 353 verfassungswidriger Befehl 260 Verfassungswidrigkeit 235 Vergeltungscharakter 58 Verhältnismäßigkeit 80, 408 Verheugen 29 Verkehrsmittel 59, 193–194, 295, 309, 313, 395, 414, 416 Verkehrsmitteln 59, 193, 294–295, 309, 395–396, 414, 416 Verkehrsposten 190, 277, 413 Verkehrsregelung 28, 53, 121–122, 147, 149, 175, 194, 197, 238–239, 241, 315 Verkehrswegen 238 Vermögensgütern 416 Vermögenswerte 390 Verpflegung 50, 122, 158–159 Verpflegungsbereich 56, 174 Verpflegungszubereitung 190, 208, 412 Versammlungsrecht 152, 166

464

Sachwortverzeichnis

Versorgung 18, 24, 56, 158–159, 174, 194, 196 Versorgungseinrichtungen 368, 370, 381 verstärken 57, 158 Verteidigung 21, 23, 27, 35, 41, 43– 44, 46, 53, 63–65, 71, 75, 93, 95, 101, 108, 115, 123, 125, 127, 134, 136, 139, 142–143, 148, 170, 177, 185, 191, 207, 209–225, 227–237, 239–241, 243–251, 253–259, 262– 270, 272–281, 283, 286–299, 301, 303–304, 306, 308–314, 315, 317– 318, 320, 324, 327–328, 362, 369– 370, 374, 378, 411, 420, 424–425 Verteidigungsbegriff 36, 212, 215, 217, 219, 223, 227, 235–236, 244, 249, 251, 253, 255, 258, 262–266, 268, 271, 274–275, 303 Verteidigungsauftrag 136, 143, 210, 217, 231, 237–240, 244, 251, 254, 266, 269, 298–299, 374, 376 Verteidigungsauftrages 209, 234, 238– 239, 241–242, 305, 424 Verteidigungsauftrags 143, 240, 298– 299, 304, 306, 310, 315, 376, 424 Verteidigungsausschuß 44, 88, 114, 212, 224–225 Verteidigungsbereitschaft 301, 310, 319 Verteidigungsbezug 216, 218 Verteidigungsbündnis 38, 88 Verteidigungsbündnisse 86, 235, 256, 268, 271, 301 Verteidigungsbündnissen 81, 244 Verteidigungsfähigkeit 143, 306–307 Verteidigungsfall 18, 45, 53, 77, 95, 115, 216, 225, 231, 233–237, 240– 242, 286, 316–319 Verteidigungsfalls 233–234, 236, 316– 320 verteidigungsfremd 219, 281, 286 verteidigungsfremde 94, 105, 113, 155, 312, 328, 362 verteidigungsfremden 94, 143, 301, 409

verteidigungsfremder 94, 286 Verteidigungsgut 213 Verteidigungshandlungen 274 Verteidigungshaushalt 19, 212 Verteidigungshaushalts 420 Verteidigungskompetenz 127 Verteidigungsmaßnahmen 213–215, 248, 294, 298, 310, 424 Verteidigungsminister 66, 212, 309 Verteidigungsobjekt 213–215, 218– 219, 234 Verteidigungsobjekte 217 Verteidigungsobjekts 213, 215–216, 218, 229, 234–235, 276 Verteidigungsressort 45 Verteidigungsressorts 41, 43, 422 Verteidigungszweck 213, 371 Verteidigungszwecks 213, 306 Verwaltung in der Truppe 47, 50 Verwaltungsakt 149 Verwaltungsakte 150 verwaltungsaktsähnliche Maßnahme 149 Verwaltungseffizienz 241 Verwaltungskompetenz 134, 142, 229, 265 Verwaltungskompetenzen 133–135, 142, 265, 304, 373 Verwaltungsvorschrift 120 Verwaltungsvorschriften 119 Verwendungsarten 196, 198, 200, 202, 207 Verwendungsbegriff 52, 116, 119 verwundbar 58 Verwundete 158, 202 Verzögerung 270, 280 VN 20–24, 30, 97, 100–101, 107, 216, 245–246, 330, 402 Vogel 29 Völkerrecht 219, 243–245, 247–249, 255, 269, 382 völkerrechtlich 112, 218, 244, 247– 249, 270, 290–291

Sachwortverzeichnis völkerrechtliche 73, 101, 235, 244, 247, 316, 340, 382 völkerrechtlichen 25, 235, 243–244, 246–247, 249, 255, 290, 294, 398 völkerrechtlicher 25, 243–244, 248– 249, 407 Völkerrechts 45, 217, 244–247, 249, 276, 286 Völkerrechtsfreundlichkeit 244 völkerrechtskonforme Auslegung 244 völkerrechtskonformer Auslegung 247, 249 Völkerrechtssubjekt 249, 381, 398, 425 Völkerrechtssubjektivität 246 völkerrechtswidrigen 244 Volksaufstand 343 Volkssouveränität 337 Volkswirtschaft 380 Volkswirtschaften 387 vollziehenden Gewalt 83, 91, 109– 110, 115–116, 118, 155, 167–168, 171, 188, 361, 373 vollziehenden Staatsgewalt 66 Vollzugsbefugnisse 116, 118 Vollzugsbefugnissen 115 Vollzugsorgane 156 Vorbehaltsrechte 92–93 vorbereitende 187–188 Vorbereitung 25, 56, 119, 173, 180– 181, 188–191, 204, 206–208, 235, 287–289, 312, 412, 423, 425 Vorgängernormen 68, 316 Vorgesetzte 183–184, 199, 206, 423 Vorgesetzten 45, 98, 183–185, 188– 189, 204, 206–208, 423–424 Vorgesetztenfunktionen 184 Vorgesetzter 185–186, 189, 206, 208, 423 Vorneverteidigung 270 Vorsorge 126 Wachdienst 57, 298 Wachposten 190, 413

465

Wachsoldaten 193, 308 Waffe 59, 117, 293, 386, 395 Waffen 29, 34, 39, 57, 59, 61, 66, 69, 89, 107, 118, 150, 152–154, 158, 175, 182, 192–193, 197, 269, 274, 279, 286, 288, 295, 312, 342, 396, 415–416 Waffeneinsatz 107, 148, 193 Waffeneinsatzes 149 Waffengebrauch 57, 152, 154, 192 Waffengebrauchs 151 Waffengewalt 24, 57, 108, 110, 178, 182–183, 216, 219, 233–234, 245– 246, 254, 275, 279, 286, 316, 342 Waffensysteme 28, 49, 57, 59, 99, 192, 416 Waffentechnik 99, 294 Waffenträger 66, 116, 118 Wahrnehmungszuständigkeit 383 Wahrscheinlichkeit 102, 108–109, 136, 171, 219, 232, 270, 292–293, 299, 307–308, 311, 335–336, 345, 350, 360, 374, 376, 380, 385–386, 389, 392–400, 414, 425–426 Waigel 29 Waldbrände 17 Wärmebild-Aufklärungsmittel 62 Wärmebildtechnik 57 Warschauer Pakt 19, 229, 235, 271, 420 Washington 19, 30, 58, 127, 194 Wasseraufbereitung 314, 415 Wasserfahrzeuge 59 Wasserwerken 193, 296 WehrbeauftragtenG 39 Wehrbeitrag 38, 71, 81, 86, 256, 301, 306 Wehrbeitrags-Novelle 71, 80, 95, 103 Wehrbeitragsnovelle 84, 164, 222–223, 228, 232 Wehrbereichsverwaltung 42 Wehrbereichsverwaltungen 48, 51 Wehrdienstgerichtsbarkeit 44 Wehrdienstleistende 42

466

Sachwortverzeichnis

Wehrdienstsenate 44–45 Wehrdienstverhältnis 66 Wehrdisziplinaranwälten 44 Wehrhoheit 86 Wehrmacht 44, 68–71, 220, 222, 228 Wehrorganisation 67 Wehrpflicht 39 Wehrpflichtigen 49 Wehrstrafgerichte 77 Wehrstrafgerichtsbarkeit 45, 77–78 Wehrverfassung 52, 80, 86, 88–90, 93, 103, 125, 127, 134, 164, 220, 229, 232, 257 Weißbüchern 112 Weiße Haus 30 Weimarer Republik 72, 76, 81–82, 85, 87, 222, 350, 354, 365, 409 Weisung 74, 327 Weltfrieden 21, 217–218 Weltkrieg 19, 70, 100, 228, 270 Weltkriege 81 Weltwirtschaftsgipfel 55, 57, 176 Werkzeuge 153 Wertentscheidungen 79 Westintegration 235 WEU 38, 81, 271 Wiederaufbereitungsanlage 29 Wiedervereinigung 19, 21 Willensbeeinflussung 178 Willkürherrschaft 337, 361, 408 Windthorst 335–337, 339–341, 380, 398–399 Wirtschaftlichkeit 51, 137, 144, 164, 267, 272, 305, 374 Wirtschaftskraft 380 Wirtschaftssystem 387 Wirtschaftstruppenteile 50 Wissen 25, 128, 178, 189, 206, 307, 412, 423 Wissensaustausch 189 World Trade Center 58, 391 WPflG 39, 41, 86, 422 WRV 69, 77, 81, 220–222, 247, 255, 350, 356, 359, 409

ZDv 119, 124 Zentralgewalt 134 Zentralisation 91 Zentralnorm 53, 63 Zielprioritäten 261 Zielrichtung 212–213 Zinn 84, 356 Zivilbevölkerung 136, 231–232, 236, 318 zivile Objekte 31, 238, 241, 293–294, 301, 315, 394 zivilen Charakters 86, 93 zivilen Objekten 149, 238, 240, 242, 332 zivilen Ungehorsams 136 ziviler Objekte 53, 148, 193, 238–240, 287, 295, 299, 315, 326, 333, 355, 401 ziviles Objekt 240 Zivilflugzeuge 290 Zugführer 188 Zugriffsversuch 289 Zulassungserfordernis 166 zulassungsfreie 99, 144, 163, 169 Zusatzvereinbarungen 73 Zustand der äußeren Gefahr 18, 225, 282, 285, 317 Zustand der inneren Gefahr 226, 282– 284 Zustand innerer Gefahr 282–283, 285– 286 Zuwanderung 28 Zwang 109–110, 147, 171, 175, 179– 181, 199–200, 345, 422 Zwangsanwendung 193, 199 zwangsausübend 162, 177, 180, 196 zwangsausübende 149, 156, 180, 205 zwangsausübendem 183 zwangsausübenden 157, 180 Zwangsausübung 115, 146, 148, 156, 162–163, 165–166, 171–172, 175, 178–179, 186–187, 191–193, 205, 277, 422 Zwangsbefugnisse 109, 147, 149, 156

Sachwortverzeichnis Zwangsbefugnissen 156 Zwangsevakuierung 197 Zwangsmaßnahmen 248, 329 Zwangswirkung 180 zweckmäßiges 75

467

Zwischenlager 28 zwischenstaatliche Beziehungen 245 zwischenstaatlichen 149, 233 zwischenstaatlichen Einrichtungen 100