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German Pages 394 [396] Year 2008
Loch • Das Gesicht der Bundeswehr
Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt
Band 8
R. Oldenbourg Verlag München 2008
Thorsten Loch
Das Gesicht der Bundeswehr Kommunikationsstrategien in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr 1956 bis 1989
R. Oldenbourg Verlag München 2008
Umschlagabbildungen: Foto:
Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden, Zentralbild/ Berg TTI/Qu vom 3. Oktober 1956, 1N-(Rest unleserlich) Plakat: Streitkräfteamt, Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr, Bildarchiv
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Zugl.: Hamburg, Helmut-Schmidt-Universität, Diss., 2006 © 2008 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Str. 145, D-81671 München Internet: www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Lektorat: Rebecca Schaarschmidt (Köln), Knud Neuhoff (Berlin) Satz: Christine Mauersberger (Militärgeschichtliches Forschungsamt, Potsdam) Grafiken: Sabrina Gherscfeld (Berlin) und Bernd Nogli (Militärgeschichtliches Forschungsamt, Potsdam) Bildredaktion: Thorsten Loch (Potsdam) Umschlag- und Bildseitengestaltung: Knud Neuhoff (Berlin) Herstellung: Wuhrmann Druck & Service GmbH, Freiburg
ISBN 978-3-486-58396-0
Inhalt Widmung ................................................................................................................. IX Danksagung .............................................................................................................. XIII I.
Einleitung .........................................................................................................1 1. Von Bildern, Werbung und Soldaten......................................................1 2. Forschungsstand und Quellenlage ........................................................14 3. Methodik...................................................................................................26 a) Die Militärgeschichte ..........................................................................27 b) Die Werbegeschichte...........................................................................31 c) Die Historische Bildkunde .................................................................38 4. Der Komplex Kommunikation – komplexe Kommunikation ...........47 a) Die Werbung als Kommunikationsprozess .....................................47 b) Eine Annäherung an die Werbung ...................................................49 c) Bildgestaltung: Der Einfluss von Agentur und Auftraggeber.......54 5. Die Mediensemiotik ................................................................................55 a) Semiotik für Historiker.......................................................................56 b) Die Semiotik als Instrument der Bilddeutung.................................59
II.
Historische Entwicklungslinien...................................................................65 1. Soldatenwerbung ... .................................................................................65 a) ... für Stehende Heere..........................................................................66 b) ... für Wehrpflichtarmeen des 19. Jahrhunderts ..............................69 c) ... zwischen 1918 und 1945..................................................................73 d) ... für die NVA in den 1950er- und 1960er-Jahren ..........................86 2. Von der Reklame zur Werbung .............................................................88 a) Querschnitt der Anzeigen- und Plakatwerbung .............................88 b) Darstellungsformen in der Werbung................................................95 3. Das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung der Wehrmacht........97
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Inhalt
III.
Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung im Zeichen der »Armee ohne Pathos« (1956-1960)........................................................... 105 1. Bestimmungsfaktoren westdeutscher Bewaffnung .......................... 106 a) Die Aufstellung der Bundeswehr ................................................... 106 b) Der »Ohne-Michel« und die Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen ......................... 110 c) Die Innere Führung und ihr Bild vom künftigen deutschen Soldaten................................................. 132 2. Verquickungen allerorten .................................................................... 135 3. Die Anfänge der Freiwilligenwerbung .............................................. 136 a) Aller Anfang ist schwer: Hilfe aus der Wirtschaft ...................... 137 b) Do ut des: Etablierung der Wirtschaftswerbung .......................... 145 c) Die Weichen werden gestellt: Ein neues Werbeverständnis ...... 148 4. Die Werbelinien..................................................................................... 154 a) »Freiwillige«: Die ersten Plakat- und Anzeigenwerbungen ....... 155 b) »Unsere Bundeswehr«: Plakate werben um Zustimmung......... 160 c) »Der Offizier auf Zeit«: Anzeigen werben um bayerische Abiturienten............................. 166 d) »Der junge Leutnant«: Anzeigen im Zeichen von Technik und Abenteuer ...................... 168 e) »Mach Mit!« – »Bau Mit!«: Der Appell in der Werbung............. 170 f) Feldzeugtruppe – Mangeltruppe: Illustrationen in der ad-hoc-Werbung............................................ 172 g) Zwischenresümee ............................................................................. 174
IV.
Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit – Ideelle Anreize gegen wirtschaftliche Vollbeschäftigung (1960-1969) ................................................................. 179 1. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in den Sechzigerjahren.......................................................................... 180 2. Vom Schwinden des Nachwuchses .................................................... 185 3. Die Wehrwerbung zwischen Gut und Böse....................................... 190 a) Erste Rufe nach Wissenschaftlichkeit ............................................. 190 b) Die Demoskopie als Allheilmittel................................................... 192 c) Die Anfänge der Professionalisierung ........................................... 211 4. Die Werbelinien..................................................................................... 213 a) »Wir schützen, wir bewahren, wir sichern«: Plakate im Zeichen von Mauerbau und Kubakrise....................... 213 b) Neue Zielgruppe – neuer Stil: der beginnende Abschied vom Plakat ............................................ 216
Inhalt
VII c) »Offizier sein heißt: Der Freiheit dienen!« – Anzeigen werben mit Ethos (1960-1965) .......................................220 d) Trendwende: Der »Musterknabe?« anstelle der Musterknaben (1965-1966) .........................................225 e) Vom »Mannsein« (1966-1969) ......................................................... 235 f) Hier beginnen die 1970er: »Vorteile für den Zivilberuf« (1968-1971) .....................................238 g) Zwischenresümee..............................................................................239
V.
Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit – Professionalisierung und faktische Anreize (1969-1980) ......................243 1. Politik und Gesellschaft in den 1970er-Jahren ...................................244 2. Die Bundeswehr zwischen Reaktion und Aufbruch.........................258 3. Die Nachwuchswerbung auf dem Vormarsch...................................256 a) Oberstes Ziel: Kontaktgewinnung...................................................257 b) Auswirkungen der Ausbildungs- und Bildungsreform ..............279 c) Von Big Bands und Preisausschreiben, von infopost und Fan-Clubs.............................................................287 4. Die Werbelinien .....................................................................................292 a) Die Bundeswehr als Großunternehmen und Produzent von Sicherheit (1969-1974) ...................................292 b) Von Top-Jobs und Panzern (1972-1974) ........................................296 c) Die doppelt sichere Zukunft: Arbeitsplatz und Friede (1976-1980) ..............................................300 d) Abstrakt, abstrakter: Plakate im Zeichen der Nachrüstung .......304 e) Zwischenresümee ..............................................................................306
VI.
»Bundeswehr – eine starke Truppe«: Ausblick in die 1980er-Jahre (1981-1989/90) ...........................................309
VII.
Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee.............................................323
Übersicht über die verschiedenen Anzeigelinien der Bundeswehr ...................333 Statistiken ...................................................................................................................335 Abkürzungen .............................................................................................................337 Quellen- und Literaturverzeichnis..........................................................................341
Widmung Das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA) widmet diesen Band Herrn Leitenden Wissenschaftlichen Direktor Dr. phil. Bruno Thoß aus Anlass der Beendigung seiner aktiven Dienstzeit und bringt auf diesem Wege Dank und Anerkennung zum Ausdruck. Nach fast drei Jahrzehnten im MGFA verliert unser Haus einen Wissenschaftler von internationalem Rang, der sich um die deutsche Militärgeschichte, ihre Verortung in der Wissenschaftslandschaft und deren Vermittlung in die Streitkräfte und die Öffentlichkeit besonders verdient gemacht hat. Vielleicht ist es kein Zufall, dass sich im Lebensweg von Bruno Thoß militärgeschichtliche Wegmarken kreuzen, die auch in seinem wissenschaftlichen Werk ihren Niederschlag gefunden haben. Geboren wurde Bruno Thoß am 19. Januar 1945 in Dresden, wenige Wochen vor dem verheerenden Bombenangriff auf die bis dahin weitgehend vom Krieg verschont gebliebene Kulturmetropole an der Elbe. Als jüngstes von insgesamt sechs Geschwistern waren seine ersten Kindheitsjahre wie bei vielen Angehörigen seiner Generation von materieller Entbehrung geprägt. Im Mai 1949 floh die Familie aus der sowjetisch besetzten Zone und fand nach einer ersten Aufnahme im Flüchtlingslager bei Hof im bayerischen Pocking ein neues Zuhause. Ab 1958 besuchte er das Gymnasium in Straubing, wo er 1965 sein Abitur ablegte. An die Schulzeit schloss sich ein dreijähriger Dienst bei der Bundeswehr an, die er 1968 als Leutnant der Reserve verließ. Über ein Stipendium der Bundeswehr, das mit einer Weiterverpflichtung als Zeitoffizier für weitere acht Jahre verbunden war, studierte Bruno Thoß daraufhin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Neuere Geschichte, Bayerische Landesgeschichte und Politische Wissenschaften. Im engeren Kollegenkreis erzählt Bruno Thoß manchmal bis heute mit glänzenden Augen, wie sehr ihn die akademischen Lehrer seiner Studienjahre geprägt haben. Der Kenner versteht sofort warum, denn die Namen lesen sich wie ein Who's who der deutschen Geschichts- und Politikwissenschaft, allen voran Martin Broszat, Karl Bosl, Hans Maier, Kurt Sontheimer, Gottfried Karl Kindermann und nicht zuletzt sein Doktorvater Thomas Nipperdey. Im Sommer 1976 schloss er seine universitären Studien mit der wenig später veröffentlichten Dissertation zum Thema »Der LudendorffKreis 1919-1923. München als Zentrum der mitteleuropäischen Gegenrevolution zwischen Revolution und Hitler-Putsch« ab. Dieser bis heute als Standardwerk geltenden Untersuchung liegt ein Forschungskonzept zu Grunde, in dem sich militärische Fragestellungen mit politik- und geistesgeschichtlichen Perspektiven verbinden.
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Widmung
Der »akademischen Reifeprüfung« schloss sich nach der militärischen Wiedereinstellung zwischen 1976 und 1979 eine ganz andere Herausforderung als Kompaniechef im Panzergrenadierbataillon 242 Mitterharthausen an. Nach truppendienstlicher Bewährung erfolgte die Versetzung in das MGFA, das sich seinerzeit noch in Freiburg i.Br. befand. Dort zeichnete Dr. Thoß zunächst in der Abteilung Ausbildung, Information und Fachstudien (AIF) mitverantwortlich für das Konzipieren und Verfassen der Reihe »Historische Bildung«, die Unterrichtsbeispiele für die Truppe in fünf Heften umfasste. Von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, gehörte er außerdem zwischen 1980 und 1994 der Redaktion der »Militärgeschichtlichen Mitteilungen« (MGM) an, der Vorgängerin der »Militärgeschichtlichen Zeitschrift« (MGZ), die eine wichtige Schnittstelle zwischen MGFA, universitärer Wissenschaft und interessierter Öffentlichkeit darstellt. 1983 wechselte er in die Abteilung Forschung und widmete sich fortan vorrangig der Grundlagenforschung der frühen Militärgeschichte der Bundesrepublik. Die Fähigkeit von Bruno Thoß, komplexe historische Fragestellungen analytisch zu strukturieren und die für den Wissenschaftsbetrieb notwendigen Konzeptionen daraus abzuleiten, wurden im MGFA früh erkannt und genutzt. Als Mitherausgeber des 1982 erschienenen Sammelbandes »Militärgeschichte. Probleme – Thesen – Wege« konnte er wesentliche Impulse zur Standortbestimmung einer modernen Militärgeschichte geben. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Militärgeschichte vor 25 Jahren, im Unterschied zu heute, noch um ihre wissenschaftliche Wahrnehmung und Anerkennung rang und zuweilen eher argwöhnisch beäugt wurde. Bis heute ist ihm die Verortung der Militärgeschichte als intergraler Teil der Geschichtswissenschaft und – daraus resultierend – die Teilnahme des Amtes an deren Diskurs über neue erkenntnisleitende Fragestellungen sowie Methoden ein unverzichtbares Anliegen. Der inzwischen zum Major beförderte Offizier wechselte 1984 in die Laufbahn eines wissenschaftlichen Beamten im Bundesdienst. Es ist ein besonderer Glücksfall, dass er dem MGFA dabei gleichwohl erhalten blieb. Als Mitautor des Reihenwerkes »Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956« setzte er dort zuerst mit seinem Großbeitrag »Der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur WEU und NATO im Spannungsfeld von Blockbildung und Entspannung (1954-1956)« einen Eckstein. Während er seine Beschäftigung zu Fragen des Ersten Weltkrieges kontinuierlich fortsetzte, fand er in den Forschungsvorhaben »Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland« ein zweites wissenschaftliches Standbein, das mit der Zeit durch viel beachtete Vorträge und Veröffentlichungen zu einer tragenden Säule der Nachkriegsforschung des MGFA werden sollte. Mit dem Zusammenbruch des SED-Regimes und der überraschend schnellen Vereinigung beider deutscher Staaten musste das MGFA neue wissenschaftliche und organisatorische Herausforderungen bewältigen. Bruno Thoß gehörte zu den ersten Mitarbeitern unseres Hauses, denen die Chance und die Verpflichtung einer empirisch kritischen Aufarbeitung des Zusammenwirkens von Militär, Staat und Gesellschaft in der SBZ/DDR bewusst war. Noch während des Vereinigungsprozesses plädierte er in einer amtsinternen Denkschrift
Widmung
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weitsichtig, die Aufarbeitung der Militärgeschichte der DDR als Beitrag zur Erforschung der SED-Diktatur müsse in Zukunft zu den Kernaufgaben des MGFA gehören. Die kurz darauf unter seiner Leitung eingesetzte Arbeitsgruppe zur NVA-Forschung legte 1994 unter dem programmatischen Titel »Volksarmee schaffen – ohne Geschrei! Studien zu den Anfängen einer ›verdeckten Aufrüstung‹ in der SBZ/DDR 1947-1952« einen bis heute Maßstäbe setzenden Beitrag vor. Die Notwendigkeit einer methodischen Vielfalt in der deutschen Nachkriegsgeschichte, die vom Perspektivwechsel Ost–West bis zur Einbindung von Zeitzeugenerinnerung reichen sollte, unterstrich er mit dem kurz darauf erschienenen Band »Vom Kalten Krieg zur deutschen Einheit. Analysen und Zeitzeugenberichte zur deutschen Militärgeschichte 1945 bis 1995«. Im Forschungsbereich »Militärgeschichte der Bundesrepublik Deutschland im Bündnis«, den er seit 2001 leitete, gingen wichtige Konzeptionen für Großprojekte und wissenschaftliche Reihen wesentlich auf seine Initiative zurück. Neben der Erforschung der Teilstreitkräfte der Bundeswehr, deren erste Ergebnisse 2006 vorgelegt werden konnten, sind hier die Fortsetzung der Edition »Protokolle Verteidigungsausschuss« zu nennen, deren zweiter Band gegenwärtig in Vorbereitung ist, sowie die Reihe »Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland«, in der auch der vorliegende Band erscheint. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass sich Dr. Thoß immer wieder von den Fesseln des Administrators und Wissenschaftsmanagers zu befreien verstand, um mit beindruckender Disziplin gewichtige Beiträge in den wissenschaftlichen Diskussionsprozess einzubringen. Herauszuheben ist dabei sein Maßstäbe setzender Aufsatz »Die Zeit der Weltkriege. Epochen als Erfahrungseinheit?«, in dem von ihm maßgeblich verantworteten Tagungsband »Erster Weltkrieg. Zweiter Weltkrieg. Ein Vergleich« aus dem Jahre 2003. Dass er zudem 2006 die wissenschaftlich zurückgelegte Strecke unseres Hauses durch einen weiteren »Meilenstein« erweitern konnte, nämlich sein vielbeachtetes Werk »NATOStrategie und nationale Verteidigungsplanung. Planung und Aufbau der Bundeswehr unter den Bedingungen einer massiven atomaren Vergeltungsstrategie 1952 bis 1960«, dem die FAZ das Prädikat »vorzüglich« verlieh, verdient unser aller Anerkennung. In einer für das Amt schwierigen Situation schulterte er zusätzlich seit Ende 2005 die Dienstgeschäfte des Leiters der Abteilung Forschung. In dieser Funktion hat er noch einmal sein ganzes wissenschaftliches Gewicht unter vollem persönlichen Einsatz in die Waagschale geworfen. Für seine Freundschaft, seine unverbrüchliche Kollegialität und seine absolute Loyalität, ohne welche die Erhaltung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Qualität ihrer Ergebnisse im MGFA in dieser Zeit kaum möglich gewesen wären, bin ich Bruno Thoß persönlich über alle Maßen dankbar. Mit dem Leitenden Wissenschaftlichen Direktor Dr. Bruno Thoß, der zum 31. Januar 2008 in den Ruhestand tritt, verliert das MGFA einen in jeder Hinsicht herausragenden Wissenschaftler. Wie wenige Historiker versteht er es auf den unterschiedlichsten Klaviaturen unseres Faches, von der Frühen Neuzeit über das Zeitalter der Weltkriege, bis hin zur ost- und westdeutschen Nach-
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Widmung
kriegsgeschichte virtuos zu spielen. Er hat dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt und allen Kollegen unserer Disziplin mehr gegeben, als seine über einhundert Veröffentlichungen deutlich machen können. Seine Bescheidenheit, das Zurückstellen von persönlichen Ambitionen hinter die Sache, seine Aufgeschlossenheit für neue Fragestellungen und Methoden, sein nicht nachlassender Fleiß und das ständige Ringen um eine unabhängige Forschung von hoher Qualität bleiben uns als Richtschnur. Das Militärgeschichtliche Forschungsamt hat nicht ohne Grund die an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg herausragend bewertete Arbeit von Hauptmann Dr. Thorsten Loch, einem ehemaligen Mitarbeiter des Amtes, für diese Widmung ausgewählt. Bruno Thoß hat die dort im Zentrum stehenden kulturhistorischen Fragestellungen im Rahmen anderer Strömungen und Möglichkeiten innovativer Zugriffe immer aufmerksam beobachtet, für seine eigenen Forschungen herangezogen und bei seinen Mitarbeitern nach Kräften gefördert. Dr. Hans Ehlert Oberst und Amtschef des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes
Potsdam, im Januar 2008
Danksagung Beginnen möchte ich mit dem, was für gewöhnlich dem Abschluss einer solchen Arbeit folgt – Worte des Dankes. Sie bedeuten Verpflichtung und Freude gleichermaßen. Zurückblickend möchte ich jenen danken, die mich über all die Jahre oder auch nur streckenweise begleitet haben, und mir mittels ihrer Gedanken und Anregungen, aber auch ihrer konstruktiven Kritik, ermöglichten vorliegendes Werk zu verfassen. An erster Stelle sei mein akademischer Lehrer Bernd Wegner (Hamburg) genannt, der die Arbeit über die Jahre hinweg mit der ihm eigenen Großzügigkeit begleitete und mir sowohl die notwendigen Freiräume gewährte als auch mit hilfreichen Anregungen stets zur Stelle war. Mit ebensolchem Engagement nahm sich auch Gerhard Paul (Flensburg) der Arbeit an. Die Idee zu dieser Studie geht auf Wolfgang Schmidt vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Potsdam zurück. Ihm und Matthias Rogg fühle ich mich vieler konstruktiver und spannender Gespräche rund um das Thema wegen verpflichtet. Franz Theo Reiß (St. Augustin) konfrontierte mich stets mit anregenden Gedanken zur Freiwilligenwerbung der Bundeswehr und zwang mich damit zu stringenter Argumentation. Herausragende Unterstützung im Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg i. Br. gewährte mir Michael Poppe. Das Lektorat übernahm mit großer Geduld und Akribie Frau Rebecca Schaarschmidt. Herrn Knud Neuhoff verdanke ich den professionellen Aufbau der Bildseiten sowie die Koordination des Projektes. Ihnen und der Schriftleitung des MGFA unter Leitung von Arnim Lang gilt ein besonderer Dank, hier vor allem Christine Mauersberger, die für den Satz verantwortlich war und Sabine Gerscfeld sowie Bernd Nogli, welche die Grafiken beisteuerten. Ebenso möchte ich Ingo Wessels (†) und Ralph Kneflowski danken, die mir während meiner truppendienstlichen Verwendung in Augustdorf über die Maße Freiräume für grundlegende Archivaufenthalte ermöglichten. Aus gleichem Grund gilt mein Dank auch meinen Vorgesetzten im MGFA, HansHubertus Mack, Jörg Hillmann und Thomas Vogel. Gerne erinnere ich mich an die Gesprächsrunden des akademischen »Nachwuchses« im MGFA. Vor allem werden mir die Diskussionen mit Agilolf Keßelring immer in Erinnerung bleiben. Auch Jörg Henseler und Dirk Wilhelmi sei gedankt. Wir drei konnten uns über die Jahre hinweg immer wieder gegenseitig ermutigen und so unsere Bemühungen auch aus der Entfernung gegenseitig unterstützen. Gemeinsam haben wir unsere Ziele erreicht.
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Danksagung
Julija danke ich von ganzem Herzen für ihre Unterstützung und Liebe in all den Jahren. Die vorliegenden Zeilen schrieb ich in Zeiten größter persönlicher Trauer und Schmerzen nieder. Alle Hoffnungen blieben letztlich unerfüllt: Für meinen Vater, dem es nicht vergönnt war, dieses Buch zu seinen Lebzeiten in Händen zu halten. Für meine Mutter, die sich aufopfernd sorgte. Ich widme diese Arbeit der Liebe meiner Eltern Adele und Alfons († 8. Juni 2005) Loch.
I. Einleitung 1. Von Bildern, Werbung und Soldaten Bilder sind vielschichtig1. Sie können auf verschiedene Weisen gesehen und somit unterschiedlich verstanden werden. Sie bilden die Dinge modellhaft ab, die wir durch unsere Augen sehen, aber auch durch unsere Vorstellung wahrnehmen2. So kann vom Doppelsinn äußerer und innerer Bilder gesprochen werden3. Manche Bilder, innere wie äußere, verfestigen sich als Resultat persönlicher oder gesellschaftlicher Erfahrung. Einige Bilder erlangen so den Status visueller Platzhalter bestimmter historischer Ereignisse im kulturellen Gedächtnis4 einer Gesellschaft: sie werden zu Ikonen und verkörpern einen visuellen Mythos. Mythen zu dekonstruieren ist Aufgabe der Geschichtswissenschaft. Am 21. Juli 1956 trat durch die Verkündung des Wehrpflichtgesetzes die allgemeine Wehrpflicht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft5. Nur wenige Tage später, am 25. Juli, erschien zum ersten Mal in der Wochenzeitschrift »Der Spiegel« eine Anzeigenwerbung der Bundeswehr (Abb. 7)6. Die in den folgenden Ausgaben abgedruckten Leserbriefe zeugen von den emotionalen Reaktionen, die dieses erste offizielle Soldatenbild der Bundeswehr bei den Lesern auslöste. Unter der Überschrift »Blanks Anzeige« brachten sie ihren Unmut darüber zum Ausdruck, ausgerechnet im Leitmedium der Kritiker der Wiederbewaffnung zum ersten Mal Werbeanzeigen der Bundeswehr vorfinden zu
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Siehe die Übersicht über den Stand der gegenwärtigen Diskussion zur Bildwissenschaft bei Gerhard Dirmoser, Ein Diagramm ist (k)ein Bild. Ein Überblick als Gedächtnistheater. Studie zum Stand der Bildwissenschaften. Kunst im Kontext diagrammatischer Studien. Eine multiperspektivische Reflexion über Bildbegriffe. Beitrag für eine Ausstellung in der Galerie Maerz–Linz 12.2005 zum Thema »Concept«. Die Internetquelle lautet http://www.servus.at/kontext/diagramm/Diagrammbild_3_0_D.pdf [Stand: 10.12.2005]. Eco, Einführung in die Semiotik, S. 213. Belting, Bild-Anthropologie, S. 11. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis; Erll, Kollektives Gedächtnis; Erll, Medium des kollektiven Gedächtnisses, S. 3-22. Das Wehrpflichtgesetz wurde am 7.7.1956 im Deutschen Bundestag beschlossen und am 24.7.1956 im Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 36 mit dem 21.7.1956 verkündet. Napp, Wehrpflichtgesetz. Der Spiegel, 10, Nr. 30 vom 25.7.1956. Die Analyse dieser Anzeige liegt vor in: Loch, Die Historische Bildkunde, S. 57-75.
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I. Einleitung
müssen7. Ein Leser konnte sich »diesen Missgriff nur mit einer mangelnden Absprache zwischen Anzeigen- und politischer Redaktion erklären«8. Ein anderer drohte, die Zeitschrift nie wieder kaufen zu wollen, ein weiterer drückte seine Enttäuschung darüber aus, dass gerade »Der Spiegel« die Wiederbewaffnung unterstütze9. Neben diesen Vorwürfen, die sich gegen das scheinbar politisch unkorrekte Verhalten der Redaktion wandten, sind auch solche Reaktionen überliefert, die sich auf den Inhalt der Werbeannonce bezogen. Ein Leser kritisierte, die Anzeige sei verlogen und unlauter. Lieber sollten die Werbenden den Jungen, »die man als Freiwillige gewinnen will, das, was sie im Kriegsfall – Verzeihung – Verteidigungsfall erwartet, [zeigen], nicht aber, wie sie ahnungslos hingegeben auf der Landkarte Vernichtung spielen«10! Eine andere Zuschrift kritisierte die schöne Scheinwelt der Werbung in Verbindung mit dem wechselhaften Schicksal des deutschen Soldaten der Vergangenheit: »Wenn schon Werbung für dulce et decorum est, dann doch aber nur so: Vorgestern waren sie Soldaten der deutschen Wehrmacht, kämpften und fielen. Gestern waren sie Verbrecher, wurden gehenkt oder geschmäht. Heute liegen ihre Gebeine aber bereits in herrlich gelegenen, der Landschaft angepassten Soldatenfriedhöfen – gepflegt, umsorgt. Morgen kannst auch Du der Glückliche sein! Darum melde Dich umgehend bei der usw., usw.11« Diese Reaktionen sind zwar nicht repräsentativ für die gesamte Bevölkerung, dennoch stehen sie stellvertretend für die Positionen der Wiederbewaffnungsgegner in den 1950er-Jahren12. Obwohl mit dem Einrücken der ersten tausend Freiwilligen am 2. Januar 1956 die Gründungsphase der Bundeswehr bereits erkennbar in den Aufbau übergegangen war, sorgten doch die im Sommer 1956 erstmals veröffentlichten Soldatenbilder der Freiwilligenwerbung bei einem Teil der Spiegel-Leser für Aufregung. Warum wurden die Werbeanzeigen der Bundeswehr anders wahrgenommen als die im Dutzend erscheinenden Anzeigen für Shampoos und Rasierwasser? Verband das kulturelle Gedächtnis mit Werbeanzeigen der Bundeswehr vielleicht politische Werbung, gar eine Propaganda nationalsozialistischer Prägung? Die in den Anzeigen der Bundeswehr transportierten Soldatenbilder beunruhigten und störten die Erfahrungen der »Shampoo- und Rasierwassergesellschaft« des Wirtschaftswunders. Obwohl die noch in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre geführten heftigen Diskussionen über die so genannte Wiederbewaffnung eigentlich im Abklingen waren, kamen 7
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Dass sich die Redaktion des »Spiegel« als Kritiker der Bundeswehr verstand, geht aus dem Kommentar Rudolf Augsteins hervor, der als Reaktion auf die Leserbriefe in: Der Spiegel, 10, Nr. 32 vom 8.8.1956, S. 8, veröffentlicht wurde. Der Spiegel, 10, Nr. 31 vom 1.8.1956, S. 3. Ebd. Ebd. Der Spiegel, 10, Nr. 32 vom 8.8.1956, S. 6. Geyer, Der Kalte Krieg, S. 267-318; Meier-Dörnberg, Die Auseinandersetzung um die Einführung der Wehrpflicht, S. 107-118. Zeitgenössisch Jahn, Für und Gegen den Wehrbeitrag.
I. Einleitung
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dennoch mit diesen ersten Werbebildern erneut Emotionen auf. Die Soldatenbilder erinnerten die Menschen elf Jahre nach der totalen moralischen, politischen und militärischen Niederlage vor allem an Zerstörung und Elend. Sie fügten sich nicht problemlos in die gewohnte visuelle Erfahrung von Prosperität und Wohlstand der Wiederaufbaujahre. Die im Kleid der Wirtschaftswerbung erscheinenden und öffentlich verbreiteten äußeren Soldatenbilder evozierten bei den Menschen innere Bilder, die Angstvorstellungen im kulturellen Gedächtnis heraufbeschworen. Noch 1978 erinnerte Bundespräsident Walter Scheel13 vor Kommandeuren der Bundeswehr: »Unser Volk hat sehr schlimme Erfahrungen mit Kriegen gemacht. Es haßt den Krieg, und es hat gute Gründe, den Krieg zu hassen. In unserer Vorstellung verbindet sich ganz automatisch der Begriff Soldat mit dem Begriff Krieg. Und weil wir an den Krieg nicht denken mögen, möchten wir auch nicht an den Soldaten denken14.« Manfred Messerschmidt stellt fest, es seien die öffentlich verbreiteten Soldatenbilder, die Aufschluss über die »politischen und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen15« eines Gemeinwesens gäben. Somit lägen diese Bilder an der Schnittstelle von Staat, Gesellschaft und Militär. Gerhard Paul betont in diesem Zusammenhang den Stellenwert der Bilder. Weder aus der Analyse von Reden und programmatischen Schriften, noch mit den Mitteln der Ideologiekritik lasse sich das Wesen einer Gesellschaft so erfassen, wie es mit der Analyse der öffentlich verbreiteten Bilder und Inszenierungen möglich sei16. Welche Bilder sind öffentlicher und gelten als inszenierter als Werbebilder? Bildern wird immer wieder eine besondere Macht zugesprochen17. Diese beruht auf der Eigenschaft, Botschaften vermitteln, visuell kommunizieren zu können18. In diesem Zusammenhang kommt einer Eigenart, die den modernen Bildmedien19 wie Film oder Fotografie nachgesagt wird, eine wesentliche Rolle zu: »Realitäten« festhalten zu können. Die Befähigung, die Umwelt authentisch wiederzugeben, hilft nicht nur beliebige Botschaften, sondern vor allem beliebige Abbilder der Welt zu schaffen und somit eine vermeintliche Wahrheit widerzuspiegeln. Bildern eignet somit eine scheinbare, aber auch tatsächliche Beweiskraft. Die Schwierigkeit liegt für den Betrachter darin, die Trennlinie zwischen Tatsache und Inszenierung auszumachen, sich also Klarheit über das 13
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Walter Scheel, *18.7.1919, FDP-Politiker. 1961-1966 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, 1969-1974 Bundesminister des Auswärtigen, 1974-1979 vierter Bundespräsident. Scheel, Über die sittlichen Grundlagen, S. 14. Messerschmidt, Die Wehrmacht im NS-Staat, S. 200. Paul, Aufstand der Bilder, S. 13; auch Paul, Bilder des Krieges, S. 11 f. Vgl. Grassi, Macht des Bildes; Sachs-Hombach, Die Macht der Bilder, S. 175-189; Schmidt, Die Macht der Bilder; Iconic Turn. Sachs-Hombach, Das Bild als kommunikatives Medium; Kommunikation visuell; Authentizität und Inszenierung; Müller, Grundlagen der visuellen Kommunikation; Nonverbale Kommunikation durch Bilder. In der Kommunikationswissenschaft werden Medien verstanden als technische Mittel oder Instrumente, die der Verbreitung von Aussagen dienen. Der Begriff ist jedoch sehr weit gefasst. Ein Konsens darüber, wie weit er zu fassen ist, besteht nicht.
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I. Einleitung
vielschichtige Wesen der Bilder und ihren beliebigen Aussagewert zu verschaffen. Es sind aber gerade diese Eigenschaften des Bildes, die Fragen nach Beeinflussung und Manipulation aufwerfen und mit ihrem Verständnis vom Bild als Medium der Propaganda einen seiner Wesenszüge formulieren20. Dies gilt für die hier zu untersuchenden Anzeigen- und Plakatwerbungen umso mehr, als in Werbebildern von vornherein ein möglicher Betrachter vorgesehen und somit Teil des Bildes selbst ist. Es geht zudem um die Frage, ob die Bilder der Freiwilligenwerbung lediglich aus sich selbst heraus zu betrachten sind, oder ob von ihnen eine prägende und somit die Einstellung beeinflussende Binnenbzw. Außenwirkung ausging21? Bilder sind vielschichtig. Sie entziehen sich oft einer eindeutigen Zuordnung, sei es in der Deutung ihres Inhaltes, der Frage nach ihrem Wesen oder der Einordnung als historischer Quelle. Seit den 1990er-Jahren findet eine breite Diskussion über das Wesen des Bildes in der Wissenschaftslandschaft statt22. Eine Bildwissenschaft ist das vermeintliche Ziel. In diesem Kontext beginnt sich die Geschichtswissenschaft gerade erst in einer breiteren Diskussion den Bildern und deren Erscheinungsformen zuzuwenden und lotet dabei die Tragfähigkeit der Bilder als historische Quelle aus23. Diese Arbeit möchte einen Beitrag zu diesen jüngsten Bemühungen der Geschichtswissenschaft beisteuern und die Quellengattung Bild in ihren Eigenschaften und Eigenarten begreifen lernen. Bilder nach ihrem Aussage- und somit Quellenwert zu befragen, heißt zuallererst nach dem Zweck des Bildes zu fragen. Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Bilder sind Plakate und Anzeigen der Nachwuchswerbung der Bundeswehr, die sie zwischen 1956 und 1980/8924 publizierte. Welche sozialen oder mentalen Verfasstheiten spiegeln sich in ihnen wider? Treffen sie Aussagen über den Alltag in der Bundeswehr? Enthalten sie Informationen über das Verhältnis von Gesellschaft und Streitkräften? Welche Realität drückt sich durch sie aus? Um sich diesen Fragen zu nähern, ist es aus unserem Verständnis unabdingbar, sich dem Charakter des Bildkorpus zu nähern. Damit stellen wir uns einem der zentralen Bereiche der Analyse: Die hier vorliegenden Bilder sind das Produkt eines ungeheuer komplexen historischen Vorgangs. Sie verbinden in ihrer Entstehung Elemente von Militär- und Werbegeschichte und bedürfen für ihre Analyse zudem einer wie auch immer
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Beispielsweise Sachs-Hombach/Schirra, Zur politischen Instrumentalisierbarkeit, S. 28-39. Zum Themenfeld der Propaganda siehe Bussemer, Propaganda; sowie Kultur der Propaganda. Dussel, Amerikanisierung und Postmoderne, S. 224. Siehe den programmatischen Titel Was ist ein Bild? sowie Mitchell, Was ist ein Bild?, S. 17-68. Zum Forschungsstand der Historischen Bildkunde siehe Kapitel I.3.c. Zur Entwicklung des Bildes in der Anzeigen- und Plakatwerbung siehe Kapitel II.2. Zum Bild des Soldaten in der Wehrmacht siehe Kapitel II.3. Der 46. Historikertag 2006 in Konstanz stand unter dem Motto »Geschichtsbilder«. Der Ausblick gegen Ende der Arbeit reicht bis ins Jahr 1989, der Aktenbestand allerdings nur bis 1980.
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zu verstehenden Historischen Bildkunde25. Diese drei Elemente voneinander zu trennen, hieße, das Wesen der Quelle nicht zu begreifen und fälschlicherweise zu simplifizieren. Ob Werbebilder nämlich die Realität des beworbenen Gegenstands widerspiegeln, bleibt zu bezweifeln. Bilder der Nachwuchswerbung sind weder Überreste einer Außenansicht auf die Bundeswehr, noch die einer Innenansicht. Sie sind ein besonderes Produkt eines besonderen Beobachtungsvorganges, dessen Komplexität der Untertitel einer jüngst zur Werbe- und Kommunikationsforschung erschienenen Monografie wie folgt umschreibt: »Was wir beobachten, wenn wir beobachten wie die Werbung uns beobachtet26.« Diesen verschlungenen Zopf zu entwirren und in seine Ursprungsfäden zu zerlegen, ist die Voraussetzung, um das Bild als historische Quelle besser zu verstehen und das in der Freiwilligenwerbung transportierte Gesicht der Bundeswehr deuten zu können. Wir erhoffen uns somit Aussagen sowohl über das Verhältnis von Gesellschaft und Bundeswehr, als auch Erkenntnisse darüber, welche Rolle Bildern in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr zugedacht war. Sind sie im weitesten Sinne als Medien einer Herrschaftskommunikation einer Bildstrategie zuzuordnen oder stellen sie das Ergebnis einer zufälligen Entwicklung dar? Nicht nur auf dem Gebiet der Bilder wird neues Terrain beschritten. Die Werbegeschichte ist eine ebenso junge historische Disziplin, die sich seit Anfang der 1990er-Jahre in die Vergangenheit vortastet27. Bislang wandte sich die Werbegeschichtsschreibung der Periodisierung ihres Gegenstandes zu28 und war wirtschafts- und sozialgeschichtlich geprägt29. In jüngerer Zeit geraten zusehends auch die Medien der Werbung und mit ihnen auch die Geschichte der Medien in den Blick der Historiker30 und auch anderer Fachdisziplinen31. Werbung wird zunehmend zum Gegenstand medien- und kommunikationswissen-
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Eine inhaltliche Unterscheidung zwischen »Historische Bildkunde«, »Historische Bildforschung« oder »Historische Bildwissenschaft« treffe ich in dieser Arbeit nicht. Matthias Bruhn urteilt zwar, die Begriffe würden zunehmend synonym verwendet, obwohl sie von ihrer Entwicklung und methodischen Bedeutung her verschieden seien. Diese Auffassung teile ich aber angesichts der sich in Aufbruch und Orientierung befindenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit der historischen Quelle Bild nicht. Vielmehr sollte eine solch notwendige Unterscheidung erst am Ende einer breit geführten Diskussion vorgenommen werden, nachdem ein Konsens über Begriffsinhalte gefunden wurde. Bruhn, Historiografie der Bilder. Zurstiege, Zwischen Kritik und Faszination. Siehe auch die Einschätzung bei Luhmann, Die Realität der Massenmedien, S. 85-95. Zum Forschungsstand der Werbegeschichte siehe Kapitel I.3.b. Zur Entwicklung der Wirtschaftswerbung siehe Kapitel II.2. Werbung als Geschichte. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, sowie Bilderwelt des Alltags. Siehe z.B. Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland; Kommunikationsrevolutionen, S. 191-201; Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. Werbung, Medien und Kultur; Meffert, Werbung und Kunst; Werbung, Mode und Design. Zurstiege, Mannsbilder.
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schaftlicher32, aber ebenso kulturwissenschaftlicher Fragestellungen33. Im Kontext der Subdisziplin Werbewissenschaft stellt die vorliegende Arbeit eine der ersten Untersuchungen dar, die sich der Geschichte der Werbung über einen geschlossenen Bilderkorpus nähert und, diesen dabei in seinen Entstehungskontext einbettend, auf Kommunikations- und Funktionszusammenhänge hin untersucht. Obwohl im Vergleich das Feld der Militärgeschichtsschreibung wesentlich älter und in seinen Methoden erprobter zu sein scheint34, beschreiten wir gleichwohl auch hier partiell Neuland. Nicht nur die interdisziplinäre Methodik weist der Militärgeschichte einen weiteren erfahrungsgeschichtlichen Ansatz zu. Vor allem der Versuch, eine Facette der Bundeswehrgeschichte bis 1980/89 zu beleuchten und die Erkenntnisse auf einer fundierten Quellenbasis zu präsentieren, greift der bisherigen Grundlagenforschung zur Geschichte der bundesdeutschen Streitkräfte vor. Bislang sind die »Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik«35 bis 1956 grundlegend erforscht. Daran anschließende Studien sind im Begriff, sich den Aufbaujahren der Bundeswehr bis in die 1960er-Jahre, teilweise darüber hinaus in die 1970er-Jahre, zuzuwenden36. Die meisten neueren wissenschaftlichen Studien beschränken sich weiterhin auf die Anfangsjahre der Bundeswehr37 oder bieten Überblicksdarstellungen38. Die Zusammenführung von Militär- und Werbegeschichte sowie Historischer Bildkunde charakterisiert die vorliegende Arbeit. Sie soll das in den Werbebildern präsentierte Gesicht der Bundeswehr nachzeichnen, um Fragen zum Verhältnis von Gesellschaft und Militär in der Bundesrepublik anzuschließen. Zudem soll die Rolle der Bilder bei der zivil-militärischen Kommunikation beleuchtet werden. Weiterhin soll gefragt werden, ob diesen Soldatenbildern eine Strategie im Sinne einer umfassenden Manipulation zugrunde lag. Letztlich betrachten wir somit die Tragfähigkeit der Quellengattung Werbebild und gewinnen Eindrücke über die Grenzen ihrer Aussagekraft. Wir untersuchen einen historisch komplexen Vorgang innerhalb einer modernen pluralistischen Industriegesellschaft. Daher scheint es unangemessen, den Untersuchungsgegenstand nach verschiedenen Subdisziplinen zu unterscheiden. Vielmehr kommt es darauf an, die geschichtswissenschaftliche Einheit in der Vielfalt zu wahren; Geschichte ist mehr als die Summe ihrer Teildisziplinen. Die Untrennbarkeit des Gesamten spiegelt sich in einem der zentralen Begriffe schillernd wider: Werbung. Seine semantischen Bedeutungsverschiebun32
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Zur Unterscheidung dieser beiden Wissenschaftsfelder siehe Hickethier, Einführung in die Medienwissenschaft, S. 5-8. Ingenkamp, Werbung und Gesellschaft. Zum Forschungsstand der Militärgeschichte siehe Kapitel I.3.a. Zur Entwicklung der Soldatenwerbung bis 1945 siehe Kapitel II.1. AWS, Bd 1-4. Vgl. Hammerich/Kollmer/Rink/Schlaffer, Das Heer; Krüger/Lemke/Rebhan/Schmidt, Die Luftwaffe; Sander-Nagashima, Die Bundesmarine; Thoß, NATO-Strategie. Vgl. Kollmer, Rüstungsgüterbeschaffung; Manig, Die Politik der Ehre. Entschieden für Frieden; Vom Kalten Krieg zur deutschen Einheit; Verteidigung im Bündnis; Bald, Die Bundeswehr.
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gen in den letzten 150 Jahren verknüpfen die drei wesentlichen Erkenntnisfäden von Militär- und Werbegeschichte sowie der Historischen Bildkunde miteinander. Wirft man einen Blick in das von Hermann Meyer herausgegebene Konversations-Lexikon von 1867, so ist unter »Werbung« ausschließlich »Anwerbung«, also »die Ergänzung des Heeres durch Rekruten, welche gegen ein gewisses Handgeld freiwillig in den Militärdienst treten, im Gegensatz zur Konskription und zum Kantonsystem39« zu verstehen. Diese Verwendung im Sinne einer Soldatenwerbung, also der militärischen Nutzung, behält das Wort bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts bei und reflektiert somit den militärgeschichtlichen Aspekt der hier vorliegenden Arbeit40. Noch 1940 verstand ein militärisches Wörterbuch unter »Werbung« nach wie vor die Soldatenwerbung41. Während in dieser Wahrnehmung das Bemühen um Jemanden im Zentrum stand und mit in der Frühneuzeit geprägten Begriffen wie Werbeoffizieren, Handgeld, und dem ursprünglichen Rühren der Werbetrommel in Verbindung gebracht werden konnte, legte ein militärisches Taschenlexikon von 1958 bereits andere Bezüge und somit einen ersten spürbaren Wandel offen. »Werbung« war kein Schlagwort mehr, es musste der »Nachwuchswerbung« und den »Werbemitteln« weichen. »Nachwuchswerbung« blieb zwar »Werbung des Nachwuchses für die Bundeswehr42«, war jedoch explizit auf die Hilfe verschiedener Werbemittel angewiesen. Unter »Werbungsmittel« fielen demnach »Zeitungsinserate, Broschüren, Prospekte, offizielle Merkblätter, spezielle Hinweis- und Faltblätter, Plakate, Werbefilme und Stehbildreihen über Laufbahnen, Dienstzweige und Truppengattungen; gezielte Information an Presse, Rundfunk und Film; persönliche Ansprache durch die Truppe«43. Diese Bedeutungsverschiebung trug einem seit den 1920er-Jahren einsetzenden Wandel Rechnung. »Werbung« erlebte eine fortschreitende Differenzierung und verschob sich allmählich vom militärischen Bedeutungsfeld in das der Wirtschaft. Es verdrängte dort den ursprünglichen Begriff des »Reklame Machens« und repräsentiert im Sinne einer Werbegeschichtsschreibung den zweiten Strang dieser Arbeit44. Spätere Auflagen von Meyers Konversationslexikon verschweigen den militärgeschichtlichen Ursprung und betonen umso mehr entweder das absatzpolitische Instrument, das alle Maßnahmen der Herstellung, Anwendung und Verbreitung von Werbemitteln zur Beeinflussung von 39
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Neues Konversations-Lexikon, Bd 15, S. 759. Die Konskription war eine im 19. Jahrhundert bestehende Form der allgemeinen militärischen Dienstpflicht. Sie erlaubte eine Befreiung von der Pflicht durch Stellvertretung bzw. Loskauf. Das Kantonsystem war im 18. und 19. Jahrhundert eine Form des Heeresersatzes in Preußen. Regimenter erhielten dabei einen Aushebungsbezirk, ein Kanton, zugewiesen. Beide Arten der Ersatzgewinnung basieren auf einer Dienstpflicht. Meyers Konversations-Lexikon, Bd 17, S. 663; Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd 20, S. 533. Militärisches Wörterbuch, S. 445. Militärisches Taschenlexikon, S. 220. Ebd., S. 349 f. Deutsches Wörterbuch, 14. Bd, I. Abt., 2. T., Sp. 205-216, Sp. 184.
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Konsumentengruppen beschrieb45, oder fassten es als »bewußte Beeinflussung von Menschen auf einen jeweiligen Werbezweck hin mit Hilfe spezifischer Werbemittel46«. Werben um jemanden, im Sinne von sich um jemanden bemühen, wich dem werben für etwas. Nicht mehr das Werben als eine Handlung stand im Mittelpunkt, sondern vielmehr das beworbene Produkt. Meyers Enzyklopädisches Lexikon von 1981 verstand unter »Werbung« jedoch nicht allein ein absatzpolitisches Instrument, sondern bot darüber hinaus einen Querverweis auf die »politische Werbung« an: Propaganda. Damit können wir für »Werbung« nicht allein eine Bedeutungsverschiebung vom militärischen zum wirtschaftlichen Gebrauch feststellen, sondern betreten mit ihr auch das Feld der politischen Kommunikation: Der Frage des Einflusses von Werbung auf das Verhalten von Menschen. Werbung reflektiert und vereint somit die (wirtschaftlich geprägte) Freiwilligenwerbung der Bundeswehr als eine in der deutschen Militärgeschichte neue Form der Soldatenwerbung, indem sie die in ihr kommunizierten Soldatenbilder mit einschließt und nach deren Rolle in der politischen Kommunikation fragt. Wir bewegen uns somit im historischen Raum der politischen Kommunikation47. Kommunikation erfolgt verbal, non-verbal und visuell. Doch wer kommuniziert? Im modernen Staatswesen, das sich durch das wachsende Bewusstsein der Bürger und deren Partizipation am politischen Willensbildungsprozess auszeichnet, sind es auf staatlicher Ebene die Regierungen und ihre Subsysteme, die auf die Meinung sowohl im In- wie Ausland Einfluss nehmen48. Diese Kommunikation geschieht rezeptiv (»Hörrohrfunktion«), aber auch operativinformationspolitisch (»Sprachrohrfunktion«), im älteren Terminus auch Aufklärung genannt. Sie versteht sich weniger als Lenken im Sinne einer Manipulation, wie sie in der Rezeption von Adorno und Horkheimer im Zuge eines gesellschafts- und wirtschaftskritischen Denkens der 1960er und 1970er aufgefasst wurde49. Vielmehr verbirgt sich hinter diesem »Lenken« der als legitim zu bezeichnende Versuch, durch bestimmte qualitative wie quantitative Maßnahmen Einfluss auf das Meinungsbild zu nehmen50. Die vorliegende Arbeit ordnet sich in einen größeren Kontext zur Forschung über die Geschichte der Bundeswehr und somit der Bundesrepublik Deutsch45 46 47 48 49 50
Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd 25, S. 237. Meyers Neues Lexikon, Bd 8, S. 706. Frevert, Politische Kommunikation, S. 7-19. Daniel, Zur Praxis gouvernementaler Selbstrepräsentation; Pressepolitik und Propaganda. Horkheimer/Adorno, Dialektik. In diesen Kontext des »Lenkens« und somit der Beeinflussung spielt das Erzwingen von Verhaltensänderungen genauso hinein, wie Erklärungsansätze, die auf Verschwörungstheorien basieren. Da sich die vorliegende Studie im historischen Raum einer pluralistischen Demokratie bewegt, erscheint die auf Gewalt zurückgreifende Form der Beeinflussung hier vernachlässigbar. Auch erscheint mit Umberto Ecos »Il pendolo di Foucault« ein auf Verschwörungstheorien basierender Erklärungsansatz für das Feld von Beeinflussung und Meinungslenkung als unseriös und zudem unwahrscheinlich.
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land ein, indem sie sich mit dem Themenkomplex von Armee, Staat und Gesellschaft befasst51. Die Integration der Streitkräfte in den demokratischen Staat und in die offene Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland wird ebenso thematisiert, wie der nachträgliche Einbau von Streitkräften in die parlamentarische Demokratie und das Hineinwachsen in die pluralistische Gesellschaft der Bundesrepublik52. Wie wurden vor dem Hintergrund von Bedrohungsperzeption, nuklearer Vernichtungskapazität und historisch bestimmter Militarismusangst Sicherheitspolitik und Streitkräfte von der Gesellschaft wahrgenommen, wie ging die Bundeswehr damit um und wie wirkte sie darauf ein? Wie änderte sich das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung angesichts einer sich wandelnden Gesellschaft im Scharnierjahrzehnt der 1960er- und dann der 1970er-Jahre? Im Zuge der ersten Debatten um eine mögliche Bewaffnung der Bundesrepublik Deutschland ab 1950, also noch eine halbe Dekade vor ihrer eigentlichen Gründung, stand die Bundeswehr53 als eine mögliche neue deutsche Armee im Zentrum der Diskussionen. Diese in der Politik und der breiten Öffentlichkeit geführten Debatten reflektierten nicht allein in einer notwendigen Vergangenheitsbewältigung »über die Rolle der Streitkräfte in der deutschen Geschichte, sondern auch über die Stellung des Soldaten in Staat und Gesellschaft. Diese Überlegungen, die zunehmend die Form eines Versuchs annahmen, die Inhalte des überlieferten Bildes vom deutschen Soldatentum zu reformieren, waren eng mit einer viel allgemeineren Debatte von langer Dauer verbunden, bei der es um das Wesen der militärischen Institutionen in Deutschland und ihre Beziehung zur staatlichen Macht und zur Gesellschaft ging54.« Sowohl die Politiker als auch die verantwortlichen neuen Spitzenmilitärs hatten für die Gründung der Bundeswehr sowohl außen- wie innenpolitische Parameter zu beachten. Außenpolitisch betrachtet lag das vergangene Deutsche Reich aufgeteilt an der Nahtstelle zweier antagonistischer Blöcke. Der zukünftigen westdeutschen Armee, aber auch der Gesellschaft drohte zudem in einem möglichen militärischen Konflikt die Aussicht eines Bruderkrieges, gefolgt von
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Nägler, Die personelle Rüstung; Schlaffer, Der Wehrbeauftragte; Schmidt, Integration und Wandel. Anstelle einer ausufernden Literaturliste sei hier auf neuere Überblicksdarstellungen verwiesen: Schubert, Sicherheitspolitik und Bundeswehr, S. 279-323; Bald, Militär und Gesellschaft; Bredow, Demokratie und Streitkräfte; Bredow, Die Zukunft der Bundeswehr. Die Bezeichnung »Bundeswehr« erhielten die neuen Streitkräfte erst nach ihrer Aufstellung. Nach längeren Verhandlungen im Bundestag, in denen der Vorschlag des FDPPolitikers Erich Mende für »Wehrmacht« und der Vorschlag von Richard Jaeger (CDU) für »Bundeswehr« seit Herbst 1955 diskutiert wurden, entschieden sich die Parlamentarier erst im Februar 1956 für »Bundeswehr«. Der negativ besetzte Assoziationshintergrund des Begriffes »Wehrmacht« sollte nicht mit dem Neubeginn der Streitkräfte in Verbindung gebracht werden. Hierzu AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert), S. 507 f. Weitere Informationen in AWS, Bd 3 (Beitrag Meyer), S. 858, Anm. 1. Als Übergang für Januar und Februar 1956 fällt in zeitgenössischen Wochenschauberichten der Begriff »Bundeswehrmacht«. Abenheim, Bundeswehr und Tradition, S. 1.
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der atomaren Vernichtung. Gleichzeitig galt es, im nunmehr verbündeten westlichen Ausland Vorbehalte abzubauen. Innenpolitisch sahen sich Politiker und Militärplaner Ressentiments in der Bevölkerung ausgesetzt. Die Rolle, die das deutsche Militär in den letzten Jahrzehnten gespielt hatte und vor allem die Verantwortung, die Reichswehr und Wehrmacht beim Aufstieg des Nationalsozialismus zukam, ließen Zweifel aufkommen, ob das Militär von morgen nicht der Versuchung erliegen könnte, »die früher politisch und gesellschaftlich herausgehobene Stellung des Militärs auf Kosten des neuen demokratischen Systems wiederzuerlangen«55? Dennoch war die Aufstellung bundesdeutscher Streitkräfte – ob supranational oder national – im Zuge der Adenauerschen Westpolitik eine Conditio sine qua non. Doch welches Selbstverständnis sollte den neuen Streitkräften zugrunde liegen? Wie konnten die Bundesregierung und die ihr untergeordnete Bundeswehr den vorhandenen Ressentiments bei Teilen der Bevölkerung, aber auch denen im westlichen Ausland entgegentreten? Wie konnte die Stationierung von Atomwaffen, und somit letztlich die NATO, in der Bevölkerung, die z.T. leidenschaftlich gegen den »Atomtod« demonstrierte, popularisiert werden56? Welches Bild vermittelte die Bundeswehr von sich selbst, wie präsentierte sie das Produkt Bundeswehr, wenn es andererseits darum ging, Freiwillige für die ersten Kader, aber auch Längerdienende zu gewinnen? Dies sind Fragen, die das wechselseitige Selbstverständnis von Gesellschaft und Armee betreffen. Vor allem das Menschenbild und somit das Selbstverständnis der neuen Armee sollten sich radikal von dem der Wehrmacht unterscheiden, wie schon 1950 in der Himmeroder Denkschrift betont wurde57. Dies galt es nach außen wie nach innen zu vermitteln und zwar auf verschiedenen Kanälen mit unterschiedlichen Medien. Katja Protte konstatiert in diesem Zusammenhang, dass das Soldatenbild beispielsweise im Ausbildungs- und Informationsfilm der Bundeswehr einer Suchbewegung unterlag, um »scheinbar unabänderliche soldatische Erscheinungs- und Lebensformen der demokratisch-pluralistischen Gesellschaftsform entsprechend zu verändern, anzupassen oder umzuwidmen«58. Dabei stellt sie fest, dass ästhetisch nicht an Altbekanntes angeknüpft, »sondern radikal Modernität beschworen« 59 wurde. Treffen diese Feststellungen auch auf die in der Freiwilligenwerbung verbreiteten Soldatenbilder zu? Während die Bundesregierung zunächst durch das Bundespresseamt (BPA), seit 1952 im Referat für »Wehrfragen« bzw. »Wehrschrifttum« und ab 1955 im Referat für »Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen« die Meinung der 55
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Ebd., S. 2; Bald, Alte Kameraden, S. 50-64; Bald, Von der Wehrmacht zur Bundeswehr, S. 387-409; Maizière, Die Bundeswehr, S. 1171-1183; Jacobsen, Wehrmacht und Bundeswehr, S. 1184-1191. Zur atomaren Bewaffnung der Bundeswehr siehe Bald, Die Atombewaffnung der Bundeswehr; Bald, Die Atombewaffnung der Bundeswehr in den fünfziger Jahren, S. 203-217. Rautenberg/Wiggershaus, Die »Himmeroder Denkschrift«, S. 53. Die kritische Würdigung bei Bald, Die Bundeswehr, S. 31-34. Protte, Auf der Suche, S. 603. Ebd.
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Bevölkerung zur Bundeswehr aber auch zur NATO pflegte60, verblieben dem Amt Blank, dem Vorgänger des Verteidigungsministeriums, benannt nach seinem ersten Leiter, Theodor Blank, ab 1954/55 neben der hauseigenen Pressestelle61 zwei Bereiche, in denen direkt mit der Öffentlichkeit kommuniziert werden konnte: die Wehraufklärung und die Freiwilligenwerbung62. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Freiwilligenwerbung als der Schnittstelle der visuellen Kommunikation zwischen Bundeswehr und Gesellschaft. Anhand dieses Kommunikationskanals sollen die überwiegend visuell wirkenden Anzeigen und Plakate, deren Zweck die Nachwuchswerbung war, betrachtet werden. Darüber hinaus werden diese historischen Quellen im Schwerpunkt nach ihren kommunikativen Entstehungs- und Wirkungszusammenhängen befragt. Werbebilder können als Gestaltungsmittel verstanden werden, die mit dem Betrachter genuin in Verbindung stehen. Daher soll das oben artikulierte Interesse an den vermeintlichen Lenkungsmechanismen anhand der Frage nach der persuasiven Gestaltung und somit beabsichtigten Wirkung der Bilder überprüft werden. Diese Mechanismen, so die These, erlauben in diesem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit Rückschlüsse auf die Selbstwahrnehmung der Bundeswehr in der Gesellschaft. Kunst- und stilgeschichtliche Kategorien werden deswegen nur am Rande betrachtet. Der Beginn des Untersuchungszeitraums ist zunächst durch die Anfänge der Freiwilligenwerbung im Jahre 1956 bestimmt. Die Untersuchung erstreckt sich letztlich bis zur Wiedervereinigung 1989/90. Aufgrund der eingeschränkten Aktenlage kann für die Jahre nach 1980 aber nur ein kursorischer Ausblick gewagt werden. Freilich erlaubt er es, zusammen mit den Eindrücken der 1970erJahre, zu einem einheitlichen Bild zu kommen. Die Freiwilligen- bzw. Wehroder Nachwuchswerbung, wie sie später hieß, unterlag im Untersuchungszeitraum nicht nur verschiedenen strukturellen und organisatorischen Änderungen. Vor allem bediente sie sich der verschiedensten Medien. Wenn ich mich hier also im Wesentlichen der Anzeigen- und Plakatwerbung zuwende, tue ich dies wegen ihres bildlichen Charakters. Aber auch wegen der Tatsache, dass keine Studie über die Nachwuchswerbung der Bundeswehr an sich vorgelegt werden soll, sondern wir uns auf dieses besonders öffentlichkeitsintensive Feld konzentrieren, um Aufschluss über das vermittelte Soldatenbild der Bundeswehr und auch über Mechanismen der Meinungslenkung bzw. -bildung zu erhalten. Es versteht sich von selbst, dass trotzdem die Organisationsstruktur der Nachwuchswerbung in ihren wesentlichen Zügen betrachtet werden muss, da hier der organisatorische Rahmen und somit eine wesentliche Einflussgröße auf die Bildgestaltung zu vermuten ist. Das Spannungsfeld von Bundeswehr und Gesellschaft ist vielschichtig. Es bedeutet nicht nur zu fragen, wie die Gesellschaft die Armee und die Armee die 60 61
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Hoffmann, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«, S. 51, auch Anm. 34. Kraske, Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit, S. 63-71; Hauschild, Prototyp vor der Nullserie, S. 114-125. Siehe auch die autobiografischen Anmerkungen des Pressesprechers Schmückle, Ohne Pauken und Trompeten. Walker, Das Presse- und Informationsamt, S. 227-229, 233.
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Gesellschaft bewertete, sondern auch, inwieweit die Bundeswehr im Untersuchungszeitraum selbst Bestandteil der Gesellschaft war und sich in ihr frei bewegte. So könnte man beispielsweise danach fragen, ob sich die Nachwuchswerbung der Bundeswehr Erkenntnissen und Methoden bediente, die auch in der Wirtschaft angewandt oder in der Forschung diskutiert wurden; oder kapselte sich die Führung der Streitkräfte von solchen Entwicklungen ab? Eine besondere Herausforderung dieser Arbeit stellt der transdisziplinär angelegte Methodenkanon dar. Er stützt sich auf Ansätze sowohl der modernen Militär- als auch der Werbegeschichte und schließt die Historische Bildkunde ein. Diese drei Stränge begegnen dem Leser immer wieder und werden im Idealfall zu einem einzigen Beziehungsgeflecht zusammengewoben, um Interdependenzen herausarbeiten zu können. Methodisch steht die Historische Bildkunde im Vordergrund. In ihrem bislang sehr kunst- und kulturgeschichtlich ausgerichteten Bildverständnis stößt diese Subdisziplin aber an ihre Grenzen, wenn es darum geht, einen auf die Kommunikation bzw. die Medien abzielenden Bildbegriff zu analysieren63. Es bleibt zu sehen, in welchen Wissenschaftsfeldern diesbezüglich Anleihen vorgenommen werden müssen. Gerade aber das Problem der Einordnung eines Werbebilds in einen Kommunikationszusammenhang hat zur Folge, dass die vorliegende Untersuchung mitunter einen Grat zwischen Geschichtswissenschaft einerseits und Kommunikations- und Medienwissenschaft andererseits beschreitet64. Dies wird umso deutlicher, wenn sich der Leser vor Augen führt, dass die Werbeforschung weniger eine historische, als vielmehr eine an ökonomischen und kommunikationstechnischen Fragen ausgerichtete Disziplin ist. Unsere Fragestellung unterscheidet drei übergeordnete Komplexe: 1. Welches Gesicht der Bundeswehr wurde durch die Motive in der Anzeigenund Plakatwerbung der Nachwuchswerbung entworfen und welche Schlussfolgerungen für das Verhältnis von Gesellschaft und Bundeswehr können gezogen werden? 2. Welche Rolle kam den Bildern innerhalb der visuellen Kommunikation der Freiwilligenwerbung zu? 3. Welche Erkenntnisse können über Werbebilder als historische Quelle gewonnen werden? Hinter der Frage nach dem Gesicht der Bundeswehr und der Rolle der darin vermittelten Bilder verbergen sich folgende Einzelaspekte: – Wie war die Nachwuchswerbung der Bundeswehr organisiert? Welche Einflüsse auf die Bildgestaltung gingen von ihr aus?
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Uhlitzsch, Der Soldat in der bildenden Kunst. Der Verfasser gehört zu jenen Historikern der 1980er-Jahre in Ost wie West, die Bilder ausschließlich als Kunstwerke verstanden: »In jeder Epoche der Geschichte war das Bild des Soldaten, des Angehörigen bewaffneter Kräfte, ein bedeutungsvolles und folgenreiches Werk der Kunst. Kaum einer der Großen der Kunstgeschichte hat sich dem Soldatenbild verweigert.«, S. 7. Crivellari/Sandl, Die Medialität der Geschichte, S. 619-654.
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– Welcher Zweck war den Bildern in der visuellen Kommunikation zugedacht? Waren sie Teil eines Organs im Sinne einer zentralistischen Meinungslenkung? – Wie sahen die Mechanismen eines solchen »Lenkens« aus? Gab es Bildstrategien? – Welches Bild der Bundeswehr wurde vermittelt und wie lauten die Gründe, die für die Wahl eines bestimmten Soldatenbildes ausschlaggebend waren? Wer entwarf diese Bilder? – Wie wurden die Attribute der Bundeswehr in Anzeigen und Plakaten visuell umgesetzt? Wann und wodurch bedingt veränderten sich Darstellungsweisen? – Wie änderte sich das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung angesichts einer sich wandelnden Gesellschaft in den 1960er- und 1970er-Jahren? Haben sich politische Veränderungen in den Bildinhalten niedergeschlagen? – Finden sich in den Werbebildern Aspekte des Leitgedankens des Staatsbürgers in Uniform? Gibt es Traditionen zur Darstellung des Soldaten der Wehrmacht oder wurde eine radikale Modernität beschworen? – Kann man am Erfolg der Nachwuchswerbung die Einstellung der Bevölkerung zur Bundeswehr ablesen? Bedeutet in einer pluralistischen Gesellschaft die Zustimmung zur Bundeswehr gleichzeitig eine hohe Bewerberzahl? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Situation bei der Bereitschaft sich zu verpflichten? In Hinblick auf den Fragenkomplex nach der Leistungsfähigkeit der Historischen Bildkunde und der Tragfähigkeit der Quelle Werbebild lassen sich weiterführende Fragen mit grundsätzlich methodischer Relevanz aufwerfen: – Inwieweit ist die bislang kunst- und kulturgeschichtlich ausgerichtete Historische Bildkunde in der Lage, persuasive Strukturen in der Werbung offenzulegen? – Inwieweit kann die Historische Bildkunde erweitert werden, um das Bild unter der Prämisse eines kommunikativen Mediums zu erfassen? – Kann die Historische Bildkunde über das »Lesbarmachen« und Einordnen von Bildern hinaus Aussagen und Zusammenhänge erschließen? – Inwiefern können Aussagen über das Phänomen »Bild« in Hinblick auf die ihm zugesprochene Macht gemacht werden? – Wo liegen die Grenzen der Quelle Werbebild? Welche Nutzen für die Militär- oder auch Gesellschaftsgeschichte ergeben sich aus ihr? Die hier vorliegende Untersuchung hält eine Kombination von Neuem bereit und beruht vor allem auf Neugier. Zu ihr gesellt sich der Wunsch, Neues zu erproben und in seiner Tragfähigkeit für die Geschichtswissenschaft zu testen. Diese Arbeit verlangt den Mut, komplexen Zusammenhängen auf ungewohnten Wegen nachzuspüren und sich auf unkonventionelle Ansichten einzulassen.
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2. Forschungsstand und Quellenlage Die Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr ist bisher wenig erforscht. Sieht man von einigen publizierten Studien zur Nachwuchswerbung ab65, so liegen neben wenigen wissenschaftlichen Aufsätzen66 lediglich Beiträge aus offiziösen Zeitschriften der Bundeswehr vor67. Ebenso selten wurde die Frage nach dem durch die Bundeswehr vermittelten Soldatenbild gestellt68. Wissenschaftliche Abhandlungen hierzu fehlen und bezeichnen, im Gegensatz zu jüngst erschienenen wissenschaftlichen Untersuchungen zur Nachwuchsgewinnung in der Nationalen Volkarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ein Desiderat69. Auch Joachim Kannichts »Die Bundeswehr und die Medien« lässt den Leser in Hinblick auf historische oder kommunikationswissenschaftliche Zusammenhänge im Stich. Es stellt lediglich eine Momentaufnahme der Nachwuchswerbung zum Zeitpunkt des Erscheinens am Beginn der 1980erJahre dar, gleichwohl wird die damalige öffentliche Kritik an der Nachwuchswerbung nicht verschwiegen70. Für das Nachbarfeld der Nachwuchswerbung, die Personalplanung der Bundeswehr, trat das zeitlich früh einzuordnende Problem des Aufbaus eines Kaders an Offizieren auf. In diesem Zusammenhang wurde oft die Frage nach dem Personalgutachterausschuss und seiner Rolle bei der Auswahl der ersten Offiziere für Spitzenverwendungen in der Bundeswehr gestellt71. Aufgrund des gewählten Zeitrahmens lässt sich die zum Thema vorliegende Literatur in Hinblick auf ihren Quellenwert aufteilen: Beiträge, die bis Anfang der 1980er-Jahre erschienen sind, eignen sich mit ihrem deskriptiven Charakter zur Rekonstruktion der Nachwuchswerbung bzw. der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Gleichzeitig können sie als ein Dokument der Zeitgeschichte Fragen zur so genannten Legitimationskrise der Bundeswehr und zur Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft beantworten helfen. Die seit den 1960er-Jahren aufkommende Literatur zur Soldatenwerbung teilt sich weitestgehend in zwei Kategorien auf. Wenige Aufsätze lassen sich einer politisch motivierten, militärkritischen Autorenschaft zuordnen, deren 65
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Diller/Beba, Corporate Communication; Gonsior, Untersuchung der Anzeigen; Warnke, Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Brockmann, Das wiederbewaffnete Militär; Klauser, Eine starke Truppe. Knopf, Werbung für die Bundeswehr; Mensch und Medien. Eine Ausnahme stellen die Beiträge dar, die im Zuge dieses Projektes entstanden sind: Loch, Die Historische Bildkunde; Loch, Soldatenbilder im Wandel; Loch, Nachwuchswerbung. Im Zuge der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Militärgeschichte der DDR war die Frage von Rekrutierung und Werbung häufig Gegenstand der Untersuchungen: Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee; Fingerle, Waffen in Arbeiterhand?; Müller, Tausend Tage; Ross, Wird der Frieden nicht an der Werkbank verteidigt?; Ross, What About Peace and Bread?, S. 111-135. Kannicht, Die Bundeswehr und die Medien, S. 200-202. Zum Personalgutachterausschuss siehe AWS, Bd 1 (Beitrag Rautenberg), S. 788-795. Ausführlicher siehe AWS, Bd 3 (Beitrag Meyer), S. 1020-1156.
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Provinienz aus dem Lager der Friedensforschung bzw. einem militärfeindlichen Milieu eindeutig ist72. Diese Beiträge stehen der Bundeswehr als Institution und somit auch ihrer Werbung, die ein verharmlosendes Soldatenbild zeichne, kritisch gegenüber. Andererseits treffen wir auf apologetisch und applikatorisch73 ausgerichtete Verfasser, zumeist selbst Soldaten/Militärangehörige, die nicht der Nachwuchswerbung an sich, sondern vielmehr deren Organisation und der vermeintlich »unsoldatischen« Werbeaussage kritisch gegenüberstehen74. All diesen Beiträgen eignet, dass sie ohne Kenntnis und Rückgriff auf die Aktenlage verfasst und wenig ausgewogen sind. Doch kommt ihnen als Beitrag zur mittlerweile historischen Tagespolitik der Charakter eines Zeitdokuments zu, das einen gewissen Einblick in die damalige Meinungs- und Stimmungslage vermitteln kann. Neben diesen tendenziösen Abhandlungen existieren nur wenige wissenschaftlich-kritische Untersuchungen, die, über das Feld der Nachwuchswerbung hinausgehend, die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr als Ganzes zum Untersuchungsgegenstand haben75 und über einen Teileinblick in die Aktenlage zur Nachwuchswerbung verfügen76. Die ersten militärkritischen Untersuchungen zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr stammen aus der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre. Während Rolf Gutte in seiner einseitigen Betrachtung Zitate aus den Kontexten herausgelöst präsentiert und in der Mentalität der Bundeswehr Parallelen zur Wehrmacht herzuleiten versucht77, um somit eine aus seiner Sicht antidemokratische Haltung der Bundeswehr zu entlarven, untersucht Bernt Richter exemplarisch Anzeigen der Nachwuchswerbung78. Dabei teilt er die für die späten 1960er-Jahre typisch kritische Auffassung hinsichtlich der autoritären Kraft der Werbung79. Ähnlich wie Gutte vergleicht Richter die Bundeswehr mit der Wehrmacht. Er stellt die These auf, dass die »Traditionalisten«80 innerhalb der Bundeswehr die 72
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Gutte, Die Mentalität unserer Armee, S. 6-16; Wir produzieren Sicherheit; Richter, Männer und Könner, S. 321-335. Vgl. als Beispiel einer solchen Autorenschaft, die mit der Adaption eines Werbeslogans der Nachwuchswerbung Aufmerksamkeit erregen will: »Wir produzieren Sicherheit«. Zur Rolle des Militärs. Ebenfalls einen Werbeslogan als Aufmacher nutzend: Unsere Bundeswehr?; vgl. auch Probleme des Klassenkampfes, S. 202-212. Eine Erläuterung des Begriffes findet sich in Kapitel I.3.a. Brüning, Neue Wege für die Nachwuchswerbung im Heer, S. 355-358; Christian, Nachwuchsproblem und Bildungsgang, S. 418-421; Langer, Werbung von Bw-Arbeitern tut not, S. 404-407; Middeldorf, Bundeswehr und Offiziernachwuchs, S. 582-586; Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr, S. 516 f.; Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr (Fortsetzung), S. 583-586; Rhades, Die Nachwuchswerbung in der Marine, S. 61-69; Sadlowski, Nachwuchswerbung für die Luftwaffe, S. 885-889. Delitz/Plake, Präsentation von Normalität, S. 149-170; Bredow, Information, S. 238-249; Bredow, Der Primat militärischen Denkens. Knopf, Werbung für die Bundeswehr, S. 54-58; Klauser, Eine starke Truppe, S. 266-285. Gutte, Die Mentalität unserer Armee, S. 7. Richter, Männer und Könner, S. 321-335. Zu verschiedenen Paradigmen der Werbeforschung siehe Kapitel I.3.b. Zum Komplex von »Reformern« und »Traditionalisten« siehe Tradition und Reform, S. 7-96, sowie Abenheim, Bundeswehr und Tradition. Beide Begriffe sind Sammelbezeichnungen für Personengruppen, die bestimmten politischen und ethischen Grundhal-
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suggestive Kraft der Werbung nutzten, um über die Nachwuchswerbung ein unrealistisch freundliches Bild der Streitkräfte zu zeichnen. Das Autorenteam um Berthold Meyer wiederum vertritt eine These, nach der die Bundeswehr eine geheime Agenda verfolge, die mit Hilfe einer verschleiernden und verharmlosenden Werbung die Integration der Jugend ins Militär beabsichtige, um aufgrund der hohen Durchlaufquote der Wehrpflichtigen mittelfristig die Anpassung der Gesellschaft an militärische Normen zu erreichen81. Dieser Hypothese folgte noch Anfang der 1980er-Jahre Matthias Münch, indem er die Ansicht teilte, dass die Anzeigenstrategie der Nachwuchswerbung einerseits zwar der Gewinnung Freiwilliger diene, darüber hinaus aber auch »einer gezielten Legitimations- und Imagekonstruktion unter Verschleierung der militärischen Realität« zugute käme82. Eigen ist diesen Beiträgen zunächst die Verbindung der Bereiche »Nachwuchswerbung und Öffentlichkeitsarbeit« mit dem Feld von »Militär und Gesellschaft«. Alle genannten Autoren vertreten zudem die Auffassung, dass die Gestaltung der Werbung direkt durch die Bundeswehr geschehe. Eine Annahme, deren Verifizierung, bzw. Falsifizierung von zentraler Bedeutung für unsere Arbeit sein wird. Die Verbindung von Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung mit dem Problem der Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft beschreibt auch Mathias Jopp, der diese Zusammenhänge anhand der Bildungsreform der Bundeswehr Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre untersucht83. Für Jopp ist die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft auf zwei Ebenen zu betrachten: Während die Streitkräfte als eine soziale Institution gesellschaftlich anerkannt seien, sei die Mehrheit der Bürger jedoch nicht bereit, das Bundesgebiet militärisch gegen eine Aggression aus dem Geltungsbereich des Warschauer Paktes (WP) zu verteidigen. In dieser scheinbar widersprüchlichen Haltung der Bürger erkennt Jopp eine »größere Attraktivität des Soldatenberufes«, die aber in erster Linie auf »die verstärkten Werbemaßnahmen des Verteidigungsministeriums für die Nachwuchsgewinnung« zurückgeführt werden müsse84. Ähnlich wie die früheren Autoren kritisiert Jopp die unrealistische Darstellung der Bundeswehr in der Werbung. So sei es noch Anfang der 1970er-Jahre das Ziel der Personalwerbung gewesen, den Streitkräften krampfhaft ein ziviles Image zu geben85. Doch schon wenige Jahre später, nach Einführung der beiden
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tungen nahe stehen. Sie bezeichnen keine fest umrissene Größe oder eine definierte Gruppe. Hinter den »Traditionalisten« verbergen sich mutmaßliche Angehörige der Bundeswehr, die für Reaktion und Konservatismus stehen. Unter den »Reformern« hingegen werden all diejenigen subsumiert, die eine Demokratisierung der Bundeswehr unterstützen. Jene gelten als Gegner der »Inneren Führung«, diese als Befürworter. Ob beide Bezeichnungen überhaupt existente Personengruppen umfassen und nicht bloß reine Schlagwörter in der politischen Debatte waren, bleibt zu hinterfragen. Wir produzieren Sicherheit, S. 13. Münch, Bundeswehr – Gefahr für die Demokratie?, S. 165. Jopp, Militär und Gesellschaft. Ebd., S. 99 f. Ebd., S. 100.
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Hochschulen der Bundeswehr86, der gleichzeitigen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage und der parallelen Einführung des verschärften Numerus clausus an den bundesdeutschen Universitäten, warb die Bundeswehr »selbstbewußt mit der Tatsache, daß die Bundeswehr Arbeitsplätze anzubieten hat und Qualität bei Bewerbern fordern kann«87. Im Grunde richtet sich die Kritik der Bundeswehrgegner zwar gegen die Inhalte der Nachwuchswerbung, die die vermeintliche Realität und den vermeintlich destruktiven Charakter einer jeden Armee eben nicht zeigten. Indirekt aber, und das erscheint von zentraler Bedeutung, wendet sich die Kritik an eine Metaebene, etwa im Sinne Adornos und Horkheimers, nämlich an die Funktionsweise und das Selbstverständnis der Wirtschaftswerbung88. Doch stehen die oben genannten Autoren nicht allein der Bundeswehr und ihrer Rolle in der Gesellschaft kritisch gegenüber. Vielmehr taucht Mitte der 1960er-Jahre mit der Militärsoziologie eine eigenständige Subdisziplin der Soziologie in der Wissenschaftslandschaft auf89. Auch hier dominiert die Diskussion um die Einbindung der Bundeswehr in die Gesellschaft und die offen diskutierte Frage, »Wie integriert ist die Bundeswehr90?« Die in der kritischen Öffentlichkeit latent oder gar offen vorhandene Ablehnung des Militärischen in der Bundesrepublik, nicht zuletzt bedingt durch die historische Rolle des Militärs in Deutschland und die damit einhergehende Militarismusangst, erhielt durch politische und öffentliche Vorkommnisse innerhalb der Bundeswehr Anlässe, an der Verfassungstreue der Armee zu zweifeln91. Ein häufig thematisiertes Argument war die (scheinbare) Auseinandersetzung zwischen den so genannten demokratischen »Reformern« und den als rückwärtsgewandt bezeichneten »Traditionalisten« innerhalb der Bundeswehr, was häufig mit den Schlagwörtern »Krise der Inneren Führung« und »Legitimationskrise« verbunden wurde92. Mitte der 1980er-Jahre griff Wolfgang Vogt diesen Themenkomplex erneut auf und formulierte eine Gegenkulturthese, nach der spätestens seit dem Beginn des Jahrzehnts die Bundeswehr einer Re-Kultivierung der »Suigeneris«-Ideologie unterliege, was zur Überhöhung des Militärischen an sich
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Jopp, Militärische Bildungsreform, S. 167-196. Jopp, Militär und Gesellschaft, S. 100. Siehe hierzu Kapitel I.3.b. Beiträge zur Militärsoziologie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Hrsg. von René König, Sonderheft 12/1968, Köln, Opladen; Mosen, Bundeswehr – Elite der Nation?; Mosen, Eine Militärsoziologie; ›Demokratische‹ Elitenherrschaft; Schössler, Militärsoziologie; Streitkräfte im gesellschaftlichen Wandel; Militär, Krieg, Gesellschaft. Außerhalb der eigentlichen Militärsoziologie stehend zudem Anti-Wehrkunde. Wie integriert ist die Bundeswehr?; Friedeburg, Zum Verhältnis von Militär und Gesellschaft, S. 10-65. Reinicke, Was ist los mit der Bundeswehr? Bredow, Die unbewältigte Bundeswehr; Esser, Das Traditionsverständnis; Bundeswehr und Industriegesellschaft; Technokraten in Uniform; Die unbewältigte Vergangenheit; Bundeswehr und Schule; Klausenitzer, Die Diskussion um die Innere Führung, S. 159-244; Simon, Die Integration der Bundeswehr.
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und zu einer Abkopplung der Streitkräfte von der Gesellschaft im Besonderen führe93. Gerade aber die Diskussion über die Öffentlichkeitsarbeit94 der Bundeswehr, zu der auch seit 1970 die Nachwuchswerbung gezählt werden muss, ist nachhaltig untersucht worden95. Vor allem für Wilfried von Bredow ist eine transparente Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um einer kritischen Öffentlichkeit die Kontrolle militärischer Macht zu ermöglichen. Er erkennt jedoch die Gefahr, dass die Bundeswehr die Gesellschaft bewusst nicht allumfassend informieren könne und wolle96, woraus er folgert: »Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr war und ist denn auch versucht, ihre Zielsetzungen so einzurichten, daß sie mit den Forderungen einer modernen Demokratie übereinstimmen. Allerdings wurde in diese neuen Schläuche oft abgestandener Wein gefüllt. Die modernen Formen dienen der Propagierung überlieferter Traditionen, welche der gesellschaftlichen Realität nicht mehr adäquat sind97.« Diese oft anzutreffende Ansicht spiegelt die Sorge vor einem neuerlichen Staat im Staate wider. Doch gerade diese These Bredows, nach welcher alte, vermeintlich militaristische oder gar nationalsozialistische Werte lediglich in Form neuer Medien in die Öffentlichkeit transportiert wurden, bedarf einer kritischen Überprüfung anhand des dieser Untersuchung zugrunde liegenden empirischen Materials. Lässt sich durch das vermittelte Soldatenbild der Nachwuchswerbung zeigen, welche tatsächlichen Codes der visuellen und verbalen Informationen in der Anzeigen- und Plakatwerbung präsentiert wurden? Inwieweit wurde tatsächlich »alter Wein in neue Schläuche gefüllt«? Es ist auch zu fragen, ob die Wege der Werbung (die Schläuche) oder das vermittelte Soldatenbild (der Wein) einem militaristischen oder nationalsozialistischen Heldenkult entsprachen. Während bei den bisher angeführten Autoren das militärkritische Milieu deutlich hervortritt, zeichnen sich Teile der applikatorischen Beiträge aus militärischen Fachzeitschriften eindeutig durch gedankliche Kontinuitäten zur Soldatenwerbung vor 1945 aus. Dies erklärt auch deren Kritik an der werblichen Aussage der Nachwuchswerbung der Bundeswehr98. Den Auftakt zu einer Anfang der 1960er-Jahre angesichts rückläufiger Bewerberzahlen geführten Diskussion zur Verbesserung der Nachwuchswerbung machte dabei ein Komman93 94
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Vogt, Gegenkulturelle Tendenzen, S. 28 f. Kraske, Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit; Wolf, Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Brandt/Friedeburg, Aufgaben der Militärpublizistik; Bredow, Information; Bredow, Der Primat militärischen Denkens. Bredow, Information, S. 239: »Im gesamten Bereich der Sicherheitspolitik und speziell im militärischen Teilbereich kollidiert das Öffentlichkeitsprinzip mit einem stark ausgeprägten professionsinternen Hang zur Geheimhaltung aus ›staatspolitischer Notwendigkeit‹.« Bredow, Der Primat militärischen Denkens, S. 71. Für einen Querschnitt durch die Geschichte der Soldatenwerbung und besonders der Form der Werbung in Reichswehr und Wehrmacht siehe Kapitel II.1.c.
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deur eines in Norddeutschland stationierten Panzerbataillons99. Charakteristisch sowohl für seinen Heeresbeitrag als auch für Manfred Sadlowskis Äquivalent für die Luftwaffe ist die Auffassung, dass die Nachwuchswerbung in erster Linie Angelegenheit der Truppe sei bzw. [wieder] werden sollte. Der zum damaligen Zeitpunkt in Sachen Nachwuchswerbung verantwortliche Führungsstab der Bundeswehr (Fü B) im Ministerium bzw. die nachgeordnete Leistung des Bundeswehramtes (BwA) werden entweder übergangen oder gar als unzureichend abgelehnt100. Allein der Beitrag Jürgen Rhades über die Nachwuchswerbung in der Marine erläutert und verbindet die verschiedenen frühen Werbemaßnahmen und die Organisationsstrukturen über den Fü B, das BwA und den Führungsstab der Marine (Fü M) im Ministerium, das die Werbung in der Truppe steuerte101. Vor allem Brüning argumentiert zugunsten einer reinen Werbung durch die Truppe. Dabei stellt er die zentrale Verantwortung des Ministeriums in Abrede, will die Verantwortung auf die Truppe vor Ort transferiert wissen und sie jedem Kommandeur und Kompaniechef und gar dem gesamten Offizierkorps eines Verbandes zusprechen. Gerade diese Form, wie noch zu sehen sein wird, erinnert sehr stark an die Art und Weise des Werbeverständnisses in Reichswehr und früher Wehrmacht. Die Kontinuitäten treten bei folgender Auffassung Brünings deutlich zutage: »Der Schwerpunkt der Werbung muß, wie anfangs schon einmal erwähnt, auf die zweiten Söhne von Bauern und kleinen Handwerkern zielen. Sie sind fast durchweg technisch interessiert, gehen täglich mit Maschinen, Traktoren und Kfz um und sind für jede Funktion in einem mechanisierten Bataillon zu gebrauchen [...] Zweite Söhne von Bauern und Handwerkern waren schon in der kaiserlichen Armee und in der Reichswehr die besten Unteroffiziere. Die Bundeswehr muß anstreben, aus dem gleichen Personenkreis die Masse seiner Unterführer zu werben102.« Bei der Werbung sei dabei weniger auf die Inserate durch das Ministerium zu bauen, als vielmehr auf die Truppe, die der Zielgruppe ein Vorbild durch Taten sein sollte. Interessant an der Kritik der Nachwuchswerbung scheint, dass sie sowohl von Bundeswehrgegnern als auch von Befürwortern der Streitkräfte betrieben wurde. Noch aufschlussreicher ist dabei die gemeinsame Auffassung der eigentlich antagonistischen Kritiker an der bildlichen Darstellung des Soldaten und seiner Umwelt. Ebenso wie die Systemgegner das allzu unrealistische, das unsoldatische Bild des Soldaten beklagen, das nur dazu führe, dass die Bundeswehr mit diesem Medium die Jugend und die Gesellschaft irreführe oder gar manipuliere und somit die Gesellschaft potenziell unterwandere, kritisieren 99 100
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Brüning, Neue Wege für die Nachwuchswerbung im Heer, S. 355-358. Sadlowski, Nachwuchswerbung für die Luftwaffe, S. 885, stellt heraus: »OTL Brüning hat uns gelehrt, daß die Truppe über bessere Werbemöglichkeiten als das Ministerium verfügt.« Rhades, Die Nachwuchswerbung in der Marine, besonders S. 66 f. Brüning, Neue Wege für die Nachwuchswerbung im Heer, S. 357.
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die eigentlichen Systemanhänger dasselbe Bild gleichfalls als »unsoldatisch«. Die dargestellten Szenen wirkten in ihren Augen verfremdend und gaukelten dem Betrachter ein unrealistisches Bild vor. Diese Auffassung mag geistige Wurzeln in der Auffassung von Soldatendarstellungen in der Weimarer Republik bzw. der Wehrmacht haben103. Den Verantwortlichen für die Nachwuchswerbung war diese zeitgenössische Kritik nicht fremd: »Seit es die Nachwuchswerbung der Bundeswehr gibt, wird sie von Kritik begleitet. Die Kritik kommt nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch aus der Bundeswehr. Die Kritik aus der Bundeswehr gipfelt im allgemeinen in zwei Punkten: a) Die Nachwuchswerbung ist mit dafür verantwortlich, daß sich Soldaten in ihren persönlichen Vorstellungen vom Dienst in der Bundeswehr enttäuscht fühlen. b) Die Nachwuchswerbung für die Streitkräfte zielt meist nur auf die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile und auf die technischen Aufgaben ab. Ein Bekenntnis zu dem, was den Beruf ausmacht, fehlt weitgehend. Dadurch wird das ›Job-Denken‹ in den Streitkräften gefördert104.« Neben diesen hier vorgestellten Arbeiten liegt mit Diplom- und Dissertationsschriften eine weitere Kategorie an Untersuchungen zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr vor105. Mit dem Prestige und dem Image der Soldaten, einem anderen Bildbegriff also, befassen sich Arbeiten dieser Kategorie106. Vor allem den Arbeiten Ulrich Gonsiors, der seiner Untersuchung eine verhaltensorientierte Sichtweise verleiht, Norbert Beisenherz’ und Dieter Sandforths, die ihre Arbeiten aus soziologischer Sicht verfassten, mangelt es an der historischen Perspektive und an weiterführenden methodischen Ansätzen. Dennoch kommt ihnen mit Blick auf die Vielzahl der beigefügten Werbeanzeigen eine nicht zu verachtende Bedeutung als Bildquelle zu107. Aber nicht nur zeitgenössische Beiträge stellen die Nachwuchswerbung der Bundeswehr kritisch in Frage. So analysiert Hilke Brockmann vor dem Hintergrund einer generellen Militärskepsis die Selbstdarstellung der Bundeswehr zwischen 1977 und 1994 anhand verschiedener Publikationen, u.a. auch an der
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Siehe Kapitel II.1.c. BA-MA, Bw 1/114712, Papier vom 15.4.1980 des IPStab 3. Beisenherz/Sandforth, Das Erscheinungsbild von Militärpiloten; Diller/Beba, Corporate Communication; Gonsior, Untersuchung der Anzeigen. Meister, Unteroffiziere der Bundeswehr; Herrguth, Zum Prestige einzelner Waffengattungen. Leider sind die einzelnen Anzeigen hinsichtlich ihrer Herkunft nicht eindeutig bezeichnet. Allein Gonsior hat 355 (!) Anzeigen in seiner Arbeit einzeln aufgeführt, ohne ihre Quelle zu benennen. Sie liegen als schlechte Schwarz-Weiß-Kopien vor. Auf Nachfrage erteilte der Verfasser die Auskunft, er habe die originalen Belegexemplare der Anzeigen leihweise vom SKA erhalten. Seine Ortsbeschreibung deutet auf die Liegenschaft der Gruppe NwW im SKA der Rochusstraße in Bonn hin, wo sich um 1996 die Spur der Anzeigen und Plakate verliert. Siehe hierzu auch die Beschreibung der Quellenlage der Bilder weiter unten.
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Nachwuchswerbung108. Hierbei orientiert sich ihre Argumentationslinie an den wechselnden werblichen Aussagen der geschalteten Anzeigen. Nach ihrer Ansicht vollzogen die Nachwuchswerber(!) Anfang der 1980er-Jahre eine radikale Kehrtwende. So hätten die Aussagen vor dem NATO-Doppelbeschluss noch gesellschaftliche Funktionen der Streitkräfte herausgestrichen, während danach ein immer stärkeres Abstrahieren der spezifischen militärischen Funktionalität zu Anzeigenkampagnen führte, die jeglichen Hinweis auf den Auftrag der Bundeswehr vermissen ließen109. Allein der Beitrag Raimund Klausers zur »Bundeswehrwerbung in der Wendezeit«110, obwohl in einem Sammelband zur »Propaganda in Deutschland«111 erschienen, geht weder von militärkritischen noch von militärfreundlichen Prämissen aus. Er wählt mit der Beeinflussungsgeschichte einen kommunikationswissenschaftlichen Zugang. Zudem verfügt Klauser als erster Autor über einen gewissen Einblick in die Strukturen der Nachwuchswerbung. Für seinen Untersuchungszeitraum der 1980er-Jahre bis zur politischen Zäsur von 1989/90 findet er eine werbliche Aussage in der Nachwuchswerbung, die ein »waffenloses Militär als hedonistische Erlebniswelt junger Menschen, eine friedliche und vergnügliche Welt voller Abenteuer, Naturerleben und Freundschaft«112 präsentiert. Obwohl schon Brockmann als Vertreterin der militärskeptischen Autorenschaft dies so konstatiert hatte, ist es doch Klauser, der als erster diesen Wandel in der werblichen Aussage nicht mit einer vermeintlich geheimen Agenda der Nachwuchswerber begründet, um die Zielgruppe zu manipulieren, sondern dies mit einem gesellschaftlichen Wandel in der Zielgruppe selbst in Zusammenhang bringt. Dieser habe die zivilen Werbeagenturen und das Ministerium gezwungen, ihr Produkt anders »anzubieten«113. Hieran wird ein erfolgversprechender werbe- bzw. kommunikationsgeschichtlicher Ansatz deutlich. Denn gerade die Feststellung, dass der Wandel in der Darstellung der Nachwuchswerbung nicht direkt auf Strategien der Verantwortlichen beruhte, um die Gesellschaft zu unterwandern, sondern vielmehr eine Reaktion der Werbenden auf einen Einstellungswandel der Zielgruppe bedeutete, stellt einen qualitativen Sprung in den Untersuchungen zur Nachwuchswerbung der Bundeswehr dar. Denn wenigstens unbewusst wird hier einem Kommunikationsmodell zur Werbung Rechnung getragen (siehe bspw. Abb. 3). Gemeinsam ist den Beiträgen über die Nachwuchswerbung, dass sie alle gleichermaßen einen Wechsel in der werblichen Aussage in den 1970er-Jahren feststellen. Demnach bemühte sich die Nachwuchswerbung zu Beginn des Jahr108 109 110
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Brockmann, Das wiederbewaffnete Militär. Ebd., S. 289. Klauser, Eine starke Truppe. Interessant erscheint die Nomenklatur »Bundeswehrwerbung«. Dieser Begriff taucht in den Akten an keiner Stelle auf und bezeichnet wohl auch weniger speziell die Nachwuchswerbung als vielmehr die Werbung für die Bundeswehr im Ganzen, also die Öffentlichkeitsarbeit an sich. Dennoch wählt der Verfasser jenen Begriff synonym für die Nachwuchswerbung. Propaganda in Deutschland. Klauser, Eine starke Truppe, S. 266. Ebd., S. 269-271.
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zehnts »mit betont zivilem Image um den Nachwuchs«114. Einhergehend mit einer sich verschlechternden Arbeitsmarktlage und der Bildungsreform innerhalb der Bundeswehr überstiegen die Bewerberzahlen erstmals die freien Stellen. Dadurch war die Armee seit langen Jahren in der Lage, eine Auswahl der Bewerber treffen zu können, was sie in ihrer Nachwuchswerbung auch kommunizierte, ihren Stellenwert als einer der größten Arbeitgeber und Bildungseinrichtung betonte115, gleichzeitig aber auch selbstbewusster ihre Waffensysteme und Kampfaufträge artikulierte116. Die Beiträge der Friedensforschung zur Nachwuchswerbung enden Anfang der 1980er-Jahre und halten lediglich noch eine Abstrahierung der Nachwuchswerbung im Zuge des NATO-Doppelbeschlusses fest. Während also die werbliche Darstellung für die 1970er-Jahre durch zeitgenössische militärkritische Beiträge recht einseitig diskutiert wurde, liegen vergleichbare Aussagen über die Jahrzehnte seit Gründung der Bundeswehr Mitte der 1950er-Jahre nicht vor, obwohl Klauser vermutet: »Die öffentliche Selbstdarstellung der Bundeswehr durfte eigentlich nie auf den Ausweis von Auftrag und Funktion für die Abwehr von vermeintlichen oder tatsächlichen Bedrohungen verzichten, was sich zu Zeiten des Kalten Krieges an außenpolitischen Konstellationen unschwer festmachen ließ117.« Dabei bezieht er sich auf einen Beitrag aus einem weiteren Sammelband zum Thema Werbung und Propaganda: Die »Public Relations der Stärke«118 untersucht eine Werbekampagne zur Steigerung der Akzeptanz der NATO, die Ende der 1950er-Jahre betrieben wurde. Klauser vermischt dabei jedoch nicht nur die Begriffe von Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung, sondern auch die institutionelle Zuständigkeit für dieses Projekt, die beim BPA und dort im Referat »Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen« lag119. Obgleich gerade diese Kampagne in der bildlichen Darstellung sehr wohl Auftrag und Funktion von Bundeswehr und NATO eindeutig in den Vordergrund treten lässt, bleibt seine Vermutung irrig, dass in den Anfangsjahren der Nachwuchswerbung, wie auch
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Jopp, Die Bundeswehr als Arbeitsplatz, S. 225. Der Verfasser zitiert den Slogan »›interessante Jobs‹ in einer ›ganz normalen Firma‹«. Jopp, Die Bundeswehr als Arbeitsplatz, S. 225. Brockmann, Das wiederbewaffnete Militär, S. 289. Klauser, Eine starke Truppe, S. 266. Gries/Illgen/Schindelbeck, Public Relations der Stärke, S. 125-151. Die Anzeige auf S. 140 ebenfalls abgedr. in: Der Spiegel, 13, Nr. 13 vom 25.3.1959. Gries/Illgen/Schindelbeck, Public Relations der Stärke, S. 126. Zum BPA siehe Walker, Das Presse- und Informationsamt. Zu einem ähnlichen Vorgang der vorbereitenden Meinungspflege bei der Stationierung nuklear ausgerüsteter NATO-Einheiten in der Bundesrepublik Deutschland siehe BA-MA, Bw 1/21639 vom Februar 1959. Die Anzeigenstreuung und Anzeigengestaltung der medialen Meinungspflege lag bei einer Werbeagentur, die in den Anfangsjahren die Federführung für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr innehatte. Interessanterweise liefen die Verhandlungen über das Pressereferat des BMVg, das lediglich die Rechnung an das BPA weiterleitete: »beabsichtigt das Bundesministerium für Verteidigung, den Vorgängen um die Stationierung einer britischen Lenkwaffeneinheit in Dortmund mit einer Serie von PUBLIC RELATION – Anzeigen zu begegnen.« Schreiben vom 2.2.1959 (p. 104).
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in den 1960er-Jahren, stets ein sicherheitspolitischer Bezug gegeben war120. Gerade die Nachwuchswerbung verzichtete in den Anfangsjahren häufig auf diesen Bezug. An dieser Stelle wird deutlich, wie die Vermischung der verschiedenen Felder – Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen und Nachwuchswerbung – zu Fehlschlüssen führen kann. Die Organisation und die inhaltliche Arbeit der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr basierten im Betrachtungszeitraum maßgeblich auf drei Säulen: Die strategischen Vorgaben und somit die Gesamtplanung und Verantwortung lagen im Bundesministerium für und ab 1957 der Verteidigung. Bis 1970 waren die zuständigen Referate im Führungsstab der Bundeswehr, danach im Informations- und Pressestab (IPStab) disloziert. Hier finden wir die erste Säule. Für die Aufbaujahre liegen lediglich spärliche Überlieferungen im Bestand des Bundesarchivs, Abteilung Militärarchiv (BA-MA) Bw 9, aber auch in Bw 2 vor. Akten zur Nachwuchswerbung in den 1960er-Jahren wurden in diesem Bestand bis auf einige Beispielbände kassiert, d.h. durch Einzug vernichtet. Der IPStab ist hingegen in Bw 1 ausführlich überliefert und erlaubt einen guten Einblick in das Geschehen. Zudem finden sich darin Akten aus der Frühzeit der Nachwuchswerbung, die zur Rekonstruktion der 1950er- und 1960er-Jahre genutzt werden konnten. Die zweite Säule in der Umsetzung der Freiwilligenwerbung war das dem Ministerium nachgeordnete Bundeswehramt, das 1975 in Streitkräfteamt (SKA) umbenannt wurde121. Das BwA/SKA übernahm ausführende Tätigkeiten für das Ministerium und handelte auf dessen Anweisung und Richtlinien hin. Die überlieferten Akten hierzu sind im Bestand Bw 6 des BA-MA gelagert, jedoch leider nicht erschlossen und nur über Abgabelisten zugänglich. Deren Auswertung ergab, dass für meine Fragestellungen bislang kein aussagekräftiges Material archiviert zu sein scheint. Darüber hinaus befinden sich in den Archiven der ehemaligen Gruppe Nachwuchswerbung122 (NwW) in der Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr (SKA/IMZBw) in St. Augustin Dokumente, die bislang noch nicht an das BA-MA abgegeben wurden. Sie konnten jedoch eingesehen werden. Nach Aussagen des langjährigen Dezernatsleiters Nachwuchswerbung des BwA/SKA, Wolfgang Olk123, lag die alleinige Verantwortung für die Entwicklung der Anzeigen- und Plakatwerbung im Ministerium. Das BwA/SKA wurde in der Konzeptionsphase für Plakate und Anzeigen nur beratend tätig. Dennoch fand hier die »handwerkliche« Arbeit statt. Von hier aus wurden Anzeigen im 120
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Beachte hierzu auch die Bildauswahl bei Loch, Die Historische Bildkunde, und Loch, Nachwuchswerbung, sowie generell hier Kapitel III. Das BwA wurde zum 1.4.1975 umgegliedert und in Streitkräfteamt umbenannt. BA-MA, Bw 1/102228, IPStab, Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-02-42 vom 3.12.1975. Die Gruppe NwW wurde umbenannt in Abteilung I ÖA/InfoService. Wolfgang Olk, ∗4.11.1923, Angestellter im BMVg. Während des Zweiten Weltkriegs zur Wehrmacht eingezogen, Ausbildung zum Fluglehrerausbilder. Nach 1956 zunächst im Pressereferat BMVg, seit 1958 bis in die 1980er-Jahre hinein unmittelbar bei der Nachwuchswerbung tätig, zuletzt als Dezernatsleiter.
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Zusammenspiel mit den Werbeagenturen geschaltet und rückgesandte Coupons ausgewertet. So fanden sich in den Archiven des SKA/IMZBw Akten mit Zusammenstellungen von Jahreswerbeplänen und Erfahrungsberichten, die z.T. in das Jahr 1961 zurückreichen. Ferner konnte durch Recherche vor Ort und im Gespräch mit ehemaligen Mitarbeitern in Erfahrung gebracht werden, dass im Zuge der Auswertung der Couponrückläufe beinahe jede Anzeige im Original aufbewahrt und nach ihrer Wirkung ausgewertet wurde124. Die Spur der mehrbändigen Aktenordner verliert sich aber um das Jahr 1996, als die Gruppe NwW innerhalb Bonns neue Dienstunterkünfte bezog. Da im BA-MA keine entsprechenden Abgabelisten vorhanden sind, ist bis auf Weiteres von einem Verlust auszugehen125. Die dritte tragende Säule im Haus der Freiwilligenwerbung bildet die Zusammenarbeit mit den externen Werbeagenturen. Es konnten für die Jahre bis 1980 vier größere, für die Zusammenarbeit mit dem BMVg relevante, weil immer wiederkehrende Agenturen ausgemacht werden126. Die Firma Dr. Grupe existiert nicht mehr an ihrem ursprünglichen Sitz in Hamburg. Kontaktaufnahmen mit Werbeagenturen gleichen Namens in Frankfurt a.M. und in Österreich blieben erfolglos. Die Agentur Dr. Hegemann aus Düsseldorf ist ebenfalls nicht mehr verzeichnet. Die WESTAG ist gegenwärtig zwar noch am Markt, wechselte aber mehrfach den Besitzer und die Organisationsform. Dort ist heute weder Schriftgut jener Zeit archiviert, noch sind ehemalige Mitarbeiter bekannt127. Allein die Firma Dorland, die ihren Sitz mittlerweile in Berlin hat, verfügt über ein eigenes Werbearchiv128. Akten konnten dort jedoch nicht eingesehen werden. Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) spielte eine – weitgehend technische – Rolle in der Freiwilligenwerbung. Es entwarf die Verträge mit den Werbeagenturen129, bzw. von dort liefen die Auftragserteilungen zum Schalten von Anzeigen130. Da das BWB jedoch keinen Einfluss auf die Gestaltung bzw. die Rahmenplanungen hatte, wird es in der Betrachtung vernachlässigt. Um zu überprüfen, ob die Freiwilligenwerbung tatsächlich Angelegenheit des BMVg gewesen ist und nicht doch auch im Bundespresseamt (BPA) durchgeführt wurde, fand eine Durchsicht von Akten im Bundesarchiv in Koblenz (BA-KO) statt. Dieser Einblick bestätigt die Aussage von Walker, dass die Frei124
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Gemäß einer in Fragmenten erhaltenen Karteikarte wurden die Anzeigen ausgewertet nach Schaltung, Werbeträger, Werbemittel, Folge, Farbe, Format, Auflagenhöhe, Anzeigenpreis, Werbeträger und Folge. Es kann spekuliert werden, ob diese Akten mitsamt der mehrere hundert Anzeigen und Dutzende Plakate umfassenden Sammlung entgegen geltender Vorschriftenlage über den Abfall entsorgt wurden. Die Zentrale Dienstvorschrift der Bundeswehr ZDV 64/3, »Behandlung und Sicherung von Unterlagen der Bundeswehr im Frieden und bei der Alarmierung«, Neudruck September 1992 der Ausgabe April 1990, DSK AA 440120000 regelt die Abgabe von Archivmaterial an das BA-MA. Ziffern 302 und 305. Dr. Grupe, WESTAG, Dr. Hegemann und Dorland. Schreiben der trio-westag vom 21.11.2004 an den Verfasser. Schug, Vom Newspaper space salesman, S. 5-25. Siehe beispielsweise in BA-MA, Bw 1/285426. Solche Aufträge an das BWB liegen für 1972 beispielsweise vor in BA-MA, Bw 1/73641.
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willigenwerbung Angelegenheit des BMVg gewesen ist131, was durch mehrere Schriftwechsel gestützt wird132. Der vorhandene Bildkorpus spielt eine zentrale Rolle für diese Untersuchung. Eine geschlossene Dokumentation der Anzeigen und Plakate existiert nicht mehr. Sie musste für diese Arbeit rekonstruiert werden. Bildmaterial in Form von Anzeigen liegt vereinzelt in den Beständen des BA-MA vor133. Es handelt sich dabei um genehmigte Exemplare bzw. Belegexemplare. Da diese jedoch nicht den gesamten Zeitraum abdecken, wurden Originale in den inserierten Zeitschriften gesucht. Dabei ist im Wesentlichen das Wochenmagazin Der Spiegel gemeint. Die Anzeigen der Nachwuchswerbung wurden weit gestreut. Es ist nur selten nachzuvollziehen, in welchen Zeitschriften sie zu welchem Zeitpunkt abgedruckt wurden. Da Der Spiegel eines der wenigen Organe ist, das über den gesamten Untersuchungszeitraum erschien, wird es hier als Referenzmedium genutzt. Hinzu treten Originale aus anderen Periodika wie dem Merian und weitere Einzelanzeigen im Eigentum des Verfassers. Wie oben bereits beklagt, ist eine Dokumentation von Originalanzeigen verschollen. Nichtsdestoweniger gelang es durch Recherchen im SKA/IMZBw, einen auf Dias festgehaltenen Teilbestand an Anzeigen wiederzufinden. Der dieser Arbeit zugrunde liegende Korpus umfasst gegenwärtig über 275 Einzelanzeigen, dies dürfte mehr als der Hälfte aller im Untersuchungszeitraum erschienenen Motive entsprechen. Wesentlich seltener erhalten geblieben scheinen Plakate zu sein. Ihre Auflage war geringer. Zudem sind sie als Medien der Außenwerbung häufig nach Gebrauch der Vernichtung anheim gefallen. Originale wurden ebenfalls im SKA aufbewahrt, gelten jedoch wie die Anzeigensammlung im Zusammenhang mit einem Umzug Mitte der 1990er-Jahre als unauffindbar. Die Medienzentrale des SKA verwahrt aber noch heute eine Auswahl an Werbeplakaten in Diaform auf. Die für diese Arbeit herangezogenen Plakate gehen auf diesen Bestand zurück. Die Plakatsammlungen im BA-KO und auch im Deutschen Historischen Museum (DHM), dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr (MHM) sowie im BA-MA ergaben keine wesentliche Ergänzung, ebenso wenig ein Rechercheauftrag im Archiv der Deutschen Städtemedien GmbH134. Insgesamt liegen etwa 35 verschiedene Plakatmotive vor. Für Werbeplakate der Wehrmacht wurden drei Dokumente aus dem Landesarchiv NRW/Staats- und Personenstandsarchiv Detmold (LADt) genutzt135. Ergänzend fanden Akten aus dem Zeitungsarchiv der Presseauswertung beim Bundesministerium der Verteidi131 132
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Walker, Das Presse- und Informationsamt, S. 227-229, 233. BA-KO, B 145/6140. 2. Akte. Schreiben vom 19.6.1957 an BMVg z.Hd. OTL Dr. v. Groote, siehe auch die Schreiben vom 12.4.1972, nach welchen »sehr sorgfältig« zwischen »Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen« und der Nachwuchswerbung unterschieden wurde. In den Beständen Bw1 und Bw2. Schreiben Deutsche Städte-Medien GmbH vom 24.11.2004 an den Verfasser. Dieses Archiv beherbergt zudem das Stadtarchiv Detmold im Nordrhein-Westfälischen Staatsarchiv Detmold.
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gung (ZAPA-BMVg) Verwendung. Dieses Archiv ist zur Zeit Depositum des MGFA. Gemäß der hier Anwendung findenden drei methodischen Ansätze fällt die theoretische Einleitung dieser Arbeit ausführlich aus. Neben dem Überblick über die Paradigmen und Forschungsstände der drei verwendeten Subdisziplinen der Geschichtswissenschaft in Kapitel I.3. steht vor allem die Frage nach dem Zweck der hier verwendeten Bilder im Vordergrund. Werbebilder dienen a priori immer einer Form der (visuellen) Kommunikation. In Kapitel I.4. sollen daher die Begriffe von Werbung und Kommunikation erläutert werden. Kapitel I.5. betrachtet die Semiotik, um diese als ein mögliches Instrument der Bilddeutung näher zu beleuchten. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit dem in der Freiwilligenwerbung entwickelten Bild der Bundeswehr. Kapitel II. zeichnet die historische Entwicklung der einzelnen Stränge von Soldatenwerbung, Reklame und dem Soldatenbild in der Wehrmacht nach, um Kontinuitäten und Vergleiche für den eigentlichen Untersuchungszeitraum von 1956 bis 1980 aufzuzeigen. Die Kapitel III., IV. und V. befassen sich mit der Entwicklung des Soldatenbildes in der Nachwuchswerbung und zwar vor dem Hintergrund der Organisationsgeschichte dieses Aufgabenfeldes der Bundeswehr. Dabei wurde eine Einteilung gewählt, die sich scheinbar an einer Chronologie der Jahrzehnte orientiert. Die Aufteilung ergibt sich aber aus organisatorischen Zusammenhängen innerhalb der Nachwuchswerbung selbst. Aufgrund der eingeschränkten Aktenlage für die 1980er-Jahre dient Kapitel VI. als Ausblick und rundet die Untersuchung somit bis zur Zäsur 1989/90 ab.
3. Methodik Im Titel vorliegender Studie fallen sofort Aspekte von Militär- und Werbegeschichte sowie der Historischen Bildkunde ins Auge. Allein dieser erste oberflächliche Blick macht es notwendig, den Charakter dieser Arbeit und die angewandten Methoden zu diskutieren und somit nachvollziehbar zu begründen. Jede Verschiebung in der Akzentuierung der drei Subdisziplinen vermag der Arbeit einen jeweils völlig anderen Charakter zu verleihen. Um der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden, möchten wir an dieser Stelle darlegen, um was es nicht geht. Es geht nicht darum, eine Organisations- und Strukturgeschichte der Nachwuchswerbung der Bundeswehr zu zeichnen. Es geht auch nicht darum, nachzuzeichnen, wie sich die Bundeswehr personell entwickelte oder welchen Einfluss die Werbung auf das Bewerberverhalten des Einzelnen hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass auf viele Fragen wünschenswerte Antworten ausbleiben müssen, wollen wir uns allein auf die von und in der Bundeswehr vermittelten Bilder der Plakat- und
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Anzeigenwerbung konzentrieren. Wir wollen diese historischen Quellen nach ihrem Entstehungszusammenhang, aber auch nach ihrer Bildaussage befragen, um so eine Facette im Verständnis und Verhältnis von Gesellschaft und Armee in der Bundesrepublik Deutschland näher zu beleuchten. Um hierauf Antworten zu finden, ist es unbedingt notwendig, die hier vorgestellten Bilder in den Kontext von Militär- und Werbegeschichte zu stellen, was auch den Blick auf die verschiedenen Paradigmen dieser (Sub-)Disziplinen einbezieht.
a) Die Militärgeschichte Was ist Militärgeschichte136? Diese Frage im Titel eines der grundlegenden Werke über die Paradigmen der deutschen Militärgeschichtsschreibung ist bezeichnend für die Methodendiskussion eines Fachs, das eigentlich so alt ist, wie sich Menschen Geschichten über Kriege und Schlachten erzählen. Keine andere historiografische Subdisziplin scheint über lange Jahre so umstritten wie die Militärgeschichte. Dies mag an ihrer eigenen Geschichte liegen, die sich auf eine zweifache Herkunft bezieht und auf einem dualistischen Verständnis beruht137. Militär- oder Kriegsgeschichte war zunächst eine Teildisziplin der Kriegswissenschaften. Vielleicht ist Carl von Clausewitz' Werk »Vom Kriege«138 eine der frühesten Schriften in deutscher Sprache, die sich mit der historischen Dimension von bewaffneten Konflikten befasst und aus ihnen gleichzeitig allgemeine Lehrsätze politischer und auch militärischer Natur formuliert. Gerade militärische Auseinandersetzungen sicherten oder erweiterten die eigene Herrschaft. Hieraus durch Anschauung und Beobachtung Lehren zu ziehen, ähnlich wie es die Technik- und Naturwissenschaften seit dem 18., aber verstärkt im 19. Jahrhundert taten, liegt im Wesen des Nationalstaates. Im wilhelminischen Deutschland hatte sich zu diesem Zweck innerhalb des Generalstabs eine kriegswissenschaftlich-historische Methode entwickelt139. Nicht nur, dass durch das Studium rekonstruierter Schlachten der eigene Offiziernachwuchs in taktischem Denken geschult wurde, vielmehr galt es, aus den eigenen Feldzügen und geführten Kriegen so zu lernen, dass künftige Auseinandersetzungen gewonnen werden konnten. Dieser Ansatz einer Kriegsgeschichte war auf den gegenwärtigen und zukünftigen Nutzen ausgerichtet. Historische Ereignisse und Abläufe wurden zu Instrumenten. Diese Art des Umgangs mit militärgeschichtlichen Ereignissen umschreibt die Literatur mit dem Adjektiv applikatorisch.
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Was ist Militärgeschichte? Weitere Überblicksdarstellungen und Einführungen zur Militärgeschichte bei Nowosadtko, Krieg, Gewalt und Ordnung; Militärgeschichte. Probleme – Thesen – Wege; Wohlfeil, Wehr-, Kriegs- oder Militärgeschichte? Ebenfalls abgedr. in: Geschichte und Militärgeschichte, S. 165-175; Militärgeschichte in Deutschland und Österreich. Opitz, Der Weg der Militärgeschichte. Clausewitz, Vom Kriege. Siehe auch Heuser, Clausewitz lesen! Einen Überblick bietet Deist, Bemerkungen zur Entwicklung, S. 315-322.
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Ihr Gegenstück fand diese amtlich-militärische und instrumentalisierte Geschichtsschreibung in der akademisch-universitären Forschung, deren Geschichte um vieles jünger ist. Als ihr ältester Protagonist gilt Hans Delbrück, der im wilhelminischen Deutschland, aber auch in der Weimarer Republik eine zweckfreie militärgeschichtliche Forschung betrieb140. Der von ihm mit dem Generalstab geführte »Strategiestreit« markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung der Kriegsgeschichte von einer Generalstabsdisziplin zu einer Subdisziplin der Geschichtswissenschaft, der es wesentlich auf »das Verstehen von geschichtlichen Strukturen und Interdependenzen141« ankam. Nach Ende des Ersten Weltkriegs lief die militärisch ausgerichtete kriegsbzw. ab 1937 wehrgeschichtliche Forschung im Reichsarchiv im Sinne einer ideologischen Wehrhaftmachung und Mobilisierung der Bevölkerung weiter142. Ihr amtliches, aber auch gesellschaftliches Ende trat mit der totalen Niederlage 1945 ein. Die zeitgenössische Wahrnehmung des Militärischen nach 1945 und die Rolle, die dabei auch der applikatorisch und ideologisch ausgerichteten Wehrgeschichte zukam, tabuisierte jede Form der universitären Beschäftigung mit dem Komplex Militär: Eine universitäre Form der »Ohne-Mich«-Bewegung, die aus der ablehnenden Haltung gegenüber allem Militärischen nach 1945 gespeist wurde. Im Militärgeschichtlichen Forschungsamt, einer Dienststelle der Bundeswehr, wurde 1958 erneut eine »amtliche« Militärgeschichtsschreibung etabliert143, der jedoch von vornherein ausdrücklich die Freiheit der Forschung zugesichert wurde144. Hier gelang es, federführend eine als historiografische Subdisziplin verstandene Militärgeschichtsschreibung zu entwickeln145, nicht zuletzt wegen der fehlenden militärgeschichtlichen Forschung an den Universitäten. Dass die Militärgeschichtsschreibung von einer Generalstabsdisziplin über das Instrument der Wehrhaftmachung letztlich ihren Weg in die universitäre Wissenschaftslandschaft Deutschlands gefunden hat, belegt die Renaissance der Militärgeschichtsschreibung an deutschen Universitäten seit Ende der 1990erJahre146. Im Übrigen deutet die verlorene Berührungsangst auf einen gesellschaftlichen Wandel hin, zumindest aber auf einen selbstverständlicheren Umgang mit dem Komplex Militär. Es ist in jüngster Zeit mit Herfried Münkler ein erneuter paradigmatischer Wandel in der gegenwärtigen Militärgeschichtsforschung zu verzeichnen, in dessen Folge Stimmen lauter werden, die angesichts 140 141 142 143 144 145
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Lange, Hans Delbrück und der »Strategiestreit«; Delbrück, Geschichte der Kriegskunst. Lange, Hans Delbrück und der »Strategiestreit«, S. 15. Pöhlmann, Kriegsgeschichte und Geschichtspolitik. Wiggershaus, Die amtliche Militärgeschichtsforschung, S. 115-121. Nowosadtko, Krieg, Gewalt und Ordnung, S. 72. Militärgeschichte. Probleme – Thesen – Wege; Wohlfeil, Wehr-, Kriegs- oder Militärgeschichte? Siehe beispielsweise Krieg und Frieden; Nowosadtko, Krieg, Gewalt und Ordnung; Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg; Pröve, Militär, Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert oder auch die Reihe »Krieg in der Geschichte« (KRiG) von Stig Förster, Bernhard R. Kroener und Bernd Wegner.
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der Herausforderung des globalen Terrors eine auf den politischen Nutzen ausgerichtete Militärgeschichtsschreibung in Deutschland fordern147. Eine breitere Debatte dazu existiert bis jetzt allerdings nicht. Für unseren Zweck ist weder eine wehr- oder kriegsgeschichtliche148 noch eine operationsgeschichtliche149 Ausrichtung relevant. Vielmehr gilt es, das elementare Selbstverständnis einer demokratisch legitimierten Armee in einer pluralistischen Gesellschaft als Referenz heranzuziehen. Bereits Rainer Wohlfeil plädiert dafür, das soziale Verhältnis einer Armee nicht für sich zu betrachten, sondern vielmehr das Selbstverständnis der Streitkräfte dahingehend zu untersuchen, inwieweit es Ausdruck der freien Gesellschaft und des öffentlichen Lebens ist150. Die Verknüpfung von Militär und bundesdeutscher Gesellschaft macht aber deutlich, dass die Militärgeschichte über einen integrativen Ansatz verfügen muss, um den vielschichtigen Perspektiven gerecht zu werden. Seit den ersten Planungen unterliegt die Bundeswehr dem Primat demokratisch legitimierter Politik. In diesem Sinne plädiert Jost Dülffer für einen politischen Ansatz der Militärgeschichtsschreibung151. Die Gründung und politische Ausrichtung der Bundeswehr ist ohne den Ost-West-Konflikt, die Westorientierung unter Bundeskanzler Konrad Adenauer und die Rolle der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft nicht zu verstehen. Hieraus resultiert die parlamentarische Kontrolle und somit die innere Neuausrichtung der Streitkräfte. Damit lassen sich die oben aufgeführten Fragen nach dem Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft ableiten, die dem Erkenntnisinteresse dieser Arbeit zugrunde liegen. Eine inhaltliche Trennung von Bundeswehr und politischem Willen und der Stimmung der Gesellschaft erscheint nicht legitim. Ganz im Gegenteil kann die Bundeswehr als eine soziale Institution des Staates im Schnittpunkt von Gesellschaft und Politik verstanden werden. Gerade aber der gesellschaftliche Verweis wirft die Frage auf, inwiefern der bisherige integrative Ansatz um Perspektiven der Sozialgeschichte ergänzt werden muss152? Hier kann die sozialgeschichtliche Fragestellung nach den wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Bundeswehr und der jugendlichen Zielgruppe im Speziellen und der Gesellschaft im Allgemeinen weiterhelfen. 147
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Münkler, Die neuen Kriege; Münkler, Der Wandel des Krieges. Überlegungen für einen anwendungsbezogenen Blick auf die Militärgeschichte bei Heuser, Kriegswissenschaft. Deist, Bemerkungen zur Entwicklung. Einen Aspekt gegenwärtiger Militärgeschichtsschreibung stellt die Diskussion um die Bedeutung der Operationsgeschichte dar. Siehe hierzu u.a. die Beiträge von Wegner, Wozu Operationsgeschichte?, S. 105-113, sowie Neitzel, Des Forschens noch wert?, S. 403-429. Ältere Beiträge siehe Die operative Idee, und Operatives Denken und Handeln. Wohlfeil, Wehr-, Kriegs- oder Militärgeschichte?, S. 27. Dülffer, Militärgeschichte, S. 127-139. Der Verfasser versteht unter Kriegsgeschichte alle im Zusammenhang mit Krieg oder der Möglichkeit eines Krieges stehenden Erscheinungen. Demnach sei Militärgeschichte »nur ein Teil der Kriegsgeschichte, indem sie sich der politisch-sozialen Organisation des ›Militärs‹ annimmt und ihrerseits wieder eine breite Auffächerung von Ansätzen ermöglicht.« S. 127. Diese Auffassung wird in der vorliegenden Arbeit nicht geteilt. Funk, Militär, Krieg und Gesellschaft, S. 157-174.
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Von der Sozialgeschichte ist es ein kurzer Weg zur Mentalitäts- und Alltagsgeschichte153, die bereits früher in das Konzept einer Militärgeschichtsschreibung integriert worden ist154. In der vorliegenden Arbeit kommt der Mentalitätsgeschichte die Aufgabe zu, Traditions- und Wirkungslinien aufzuzeigen. Das heißt zum einen, Verbindungen zwischen den Gesellschaften, dem Kunstund Lebensstil vor und nach dem Zweiten Weltkrieg offenzulegen. Das heißt zum anderen, Wandel in der bundesrepublikanischen Gesellschaft aufzudecken und die damit möglicherweise verbundenen Reflexe in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr aufzuzeigen. Überdies kann auch die Frage gestellt werden, inwiefern die Erforschung der Nachwuchswerbung dazu beiträgt, gesellschaftliche Entwicklungen aufzuzeigen. Mit einer These gesprochen: Ein grundlegender Wandel in der optischen Darstellung der Bundeswehr in der Nachwuchswerbung ist ein Indikator für einen gesellschaftlichen Wandel in der Zielgruppe. Die Voraussetzung für die Richtigkeit dieser These ist, um der Diskussion der Werbegeschichte vorwegzugreifen, dass die Instrumente erfolgreicher Werbung fein justiert sein müssen, um solche Schwankungen bzw. einen solchen Wandel zu erkennen. Denn Werbung erzeugt keine Meinungen, sondern spricht »eine schon vorher gesprochene Sprache«, weswegen sie überhaupt erkannt und verstanden wird155. Die Möglichkeit zur Verklammerung sozialgeschichtlicher Ansätze und einer Sozialgeschichte des Militärs wird am Beispiel der Soldatenwerbung deutlich156. Doch zeichnen sich bereits weitere Möglichkeiten interdisziplinärer Forschung ab. Gerade unter dem Einfluss junger Wissenschaftsfelder wie der Medien- oder Kommunikationsgeschichtsschreibung wandte sich die Militärgeschichte bereits seit den 1990er-Jahren vermehrt solchen Fragen zu, die beispielsweise Film, Fernsehen oder Malereien stärker in ihr bisheriges Konzept integrierten und damit das eigene Untersuchungsfeld entscheidend erweitern konnten157. So fordert Karl Prümm, dass die Geschichte der »Neuen Kriege« auch eine Mediengeschichte sein müsse158. Bereits hier deutet sich eine Schnittstelle zwischen Militärgeschichte und der Historischen Bildkunde an. Nachdem ich eine politische Militärgeschichte zur Mutterdisziplin erhoben habe, stehen die Betrachtungen über die Werbegeschichte und die der Historischen Bildkunde noch aus. Anders als in der Militärgeschichte oder der Politikwissenschaft überkommt den Historiker auf diesen beiden Gebieten mitunter ein Gefühl der eigenen methodischen Hilflosigkeit. Heike Talkenberger spricht angesichts der verwendeten Methoden und Fragestellungen im Rahmen der
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Schulze, Mentalitätsgeschichte, S. 247-270; Sellin, Mentalität und Mentalitätsgeschichte, S. 555-598; Sellin, Mentalitäten, S. 101-121; Mentalitäten-Geschichte. Kriegserfahrungen; Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch. Eco, Einführung in die Semiotik, S. 290. Kroener, Vom »extraordinari Kriegsvolck« zum »miles perpetuus«, S. 164. Krieg und Militär im Film; Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht, S. 45-76; Schmidt, Maler an der Front, S. 635-684; Schmidt, Wehrzersetzung, S. 387-405. Prümm, Die Historiographie der »neuen Kriege«, S. 100-104.
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Bildinterpretation sogar von einem »Gefühl der Inkompetenz«159 und das völlig zu Recht.
b) Die Werbegeschichte Der Weg der Werbewissenschaft ist breit ausgetreten. Er wird von verschiedenen Pfaden flankiert, die sich mit sozialen, ökonomischen, kulturkritischen, künstlerischen, psychologischen, linguistischen, aber auch mit historischen Aspekten der Werbung befassen. Dirk Reinhardt bezeichnet diese einzelnen Pfade als »so gut wie ausnahmslos ahistorisch«160 beschritten. Doch nicht nur einzelne Aspekte der Werbewissenschaft mögen aus Sicht des Historikers unzureichend beleuchtet worden sein. Vor allem die Werbegeschichte selbst ist bis in die Mitte der 1990erJahre eine aus historiografischer Sicht methodisch kaum aufbereitete Subdisziplin161, die gerade in den letzten Jahren aber eine methodische Zuwendung erfährt162. Ein Blick auf verschiedene Paradigmen der Werbeforschung seit Ende des Zweiten Weltkrieges lohnt zweifach: Einmal, weil wir so die Entwicklung der Forschung zur Werbewissenschaft nachzeichnen, gleichzeitig aber auch die jeweils zeitgenössische Kritik bzw. die Vorgehensweise der Nachwuchswerbung in den historischen Kontext einordnen können. Die »Geschichte der Werbung« wird vor allem in volkswirtschaftlich motivierten Arbeiten als Arabeske am Rande behandelt163. Weniger arabesk, dafür umso monumentaler wirkt dagegen Hanns Buchlis wirtschafts- und sozialwissenschaftlich orientiertes, dreibändiges Werk über die Geschichte der Wirtschaftswerbung und Propaganda, das reichlich 6000 Jahre widerspiegelt, ohne methodische Anreize zu liefern164. Buchli kennzeichnet mit seinem Werk gleichzeitig eine Phase nach dem Zweiten Weltkrieg, die durch applikatorische Beiträge zum Wiederaufbau einer wirtschaftlich orientierten Werbung beitrug165. Bereits seit Mitte der 1950er-Jahre keimte eine von den USA ausgehende, populäre, aber dennoch gesellschaftskritische Betrachtungsweise von Werbung und in diesem Zusammenhang der Massenmedien auf, die in der Bundesrepu-
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Talkenberger, Von der Illustration zur Interpretation, S. 290. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 11. Diese Auffassung wird bestätigt durch Wischermann, Werbung, S. 191-201. Vgl. ebenfalls Wischermann, Einleitung, S. 8-19. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing. Darüber hinaus: Ins Gehirn der Masse kriechen!; Werbung als Geschichte; Bonacker, Illustrierte Anzeigenwerbung. Als Beispiel mögen dienen Schweiger/Schrattenecker, Werbung; 5., neu bearb. Auflage, S. 1-5; Sowinski, Werbung, S. 4-7. Buchli, 6000 Jahre Werbung, Bde 1-3. Als Beispiele ähnlicher Werke können gelten Bergler, Werbung und Gesellschaft; Holzschuher, Psychologische Grundlagen der Werbung; Hundhausen, Wirtschaftswerbung; Hundhausen, Public Relations; Hundhausen, Werbung; Hundhausen, Wesen und Formen der Werbung, T. 1; Kropff, Neue Psychologie in der neuen Werbung; Kropff, Die Werbemittel.
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blik seit Ende der 1960er-Jahre durchaus marxistisch orientiert war166. Entzündete sich der gesellschaftskritische Ansatz aus den USA an Berichten, die von unterschwellig verbreiteten Werbemethoden ausgingen167, orientierten sich die bundesdeutschen Autoren vor allem an den Überlegungen Max Horkheimers, Theodor Adornos sowie Walter Benjamins168. Deren Arbeiten beleuchten in erster Linie den gesellschaftlichen Aspekt von Werbung und formulierten das Bedenken, dass Werbung dazu angetan sei, die Errungenschaften der Aufklärung durch die Einflüsse der Kulturindustrie169 zu verdrängen. Ihren Ausgangspunkt fanden diese Überlegungen in den etwa um 1957 aufkommenden kritischen Fragen nach der nationalsozialistischen Vergangenheit weiter Teile der mittleren und älteren Gesellschaft und kulminierten vor allem in der Studentenbewegung170. Deren Protest gegen das »Establishment« und die Werbeindustrie zeigte sich in Blickrichtung auf die Bundeswehr exemplarisch am zum Teil gewalttätigen Protest junger Demonstranten gegenüber der Werbewanderausstellung »Unser Heer« in Bad Kreuznach 1971171. Als prominente literarische Vertreter dieser Richtung sind Hans-Magnus Enzensberger und Herbert Marcuse zu nennen172. Die einseitigen Ansätze der gesellschaftskritischen Rezeptionen sahen sich jedoch, wie Reinhardt zeigt, seit Mitte der 1970er-Jahre mit neuen kommunikationswissenschaftlichen und marketingtheoretischen Untersuchungen konfrontiert, die jene schließlich verdrängten173. Vor allem die Annahmen Horkheimers und Adornos hinsichtlich des unmündigen Verhaltens der Rezipienten erfuh166
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Hierzu u.a. der Abschnitt »Werbegeschichte als Geschichte der Konsum- und Gesellschaftskritik« bei Gries/Illgen/Schindelbeck, Kursorische Überlegungen, S. 9-11. Siehe auch Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 2-7. Den Anstoß lieferte Packard, Die geheimen Verführer, erschienen 1958 als »The Hidden Persuaders«. Dazu kritisch Brand, Die Legende von den »geheimen Verführern«. Der Verfasser geht dabei auf verschiedene Meldungen ein, wonach Werbeagenturen unterschwellige Werbebotschaften angewendet hätten. Der bekannteste Fall dürfte die Verlautbarung einer amerikanischen Agentur vom 12.9.1957 gewesen sein, wonach ein »subliminales Projektionsverfahren« entwickelt und durch unterschwellige Einspielungen von Werbebotschaften in laufende Spielfilme eine »beträchtliche Steigerung des Umsatzes von Coca-Cola und Popcorn erzielt« worden sei. In der Öffentlichkeit beschwor dies Schreckensszenarien, die an Huxley oder Orwell erinnerten. Ebd., S. 9-11. Der Verfasser konnte mit seiner Untersuchung die »Effizienz unterschwelliger Stimulationen zum Zwecke der Herbeiführung bestimmter Erlebens- oder gar Verhaltensweisen [...] verneinen.« S. 211. Horkheimer/Adorno, Dialektik; Benjamin, Das Kunstwerk. Horkheimer/Adorno, Dialektik. Zum gesellschaftskritischen, gar kulturpessimistischen Begriff der Kulturindustrie siehe S. 108-150. Demnach sei die Reklame das Lebenselixier der Kulturindustrie, die das Individuum illusionär werden lasse. Rusinek, Von der Entdeckung der NS-Vergangenheit, S. 114-147. Von dieser gesellschaftskritischen Haltung beeinflusste Werke: Badura, Bedürfnisstruktur und politisches System; Visuelle Kommunikation; Haug, Kritik der Warenästhetik, S. 254-267. BA-MA, Bw 1/27630. Enzensberger, Bewußtseins-Industrie, S. 7-17; Marcuse, Der eindimensionale Mensch. Erstmals erschienen unter dem Titel One-Dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial Society. Boston 1964. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 6-11.
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ren durch die Arbeit Jürgen Habermas' Widerspruch. Habermas zeigte in seiner »Theorie des kommunikativen Handelns«174, dass die moderne Werbung zweierlei bewirken kann: Einerseits verfüge die Werbung in der Medienöffentlichkeit zwar über ein autoritäres Potenzial, mit welchem sie den Menschen zu einer willenlosen Maschine im Sinne Adornos umfunktionieren könne, andererseits sei ihr emanzipatorischer Wert nicht zu unterschätzen, der zu Widersprüchen gegenüber der Werbung und ihren Trägern führe. An diese neuen Überlegungen lehnten sich, wie oben schon angedeutet, vor allem die kommunikationswissenschaftlichen und marketingorientierten Arbeiten zur Werbung an. Infolge dieses Paradigmenwechsels entstand eine rezipientenorientierte Werbeforschung, die zum einen die physischen und psychischen Aufnahmemechanismen der Zielgruppen und zum anderen die Möglichkeit, dieses Wissen für die Werbung mündlich, schriftlich und bildlich fruchtbar zu machen, untersuchte175. Gerade dieser kommunikationswissenschaftliche Aspekt erweiterte den Weg der Werbewissenschaft. Zu den rein ökonomisch und werbepsychologisch motivierten Arbeiten trat das sprachwissenschaftliche Interesse der Linguistik, welche die Werbung als ein Feld für ihre Forschung entdeckte und zugleich psychologisch-sprachliche Handlungsanweisungen für eine erfolgreiche Werbung versprach. Mit der wegweisenden Arbeit Ruth Römers176 begannen die Untersuchungen über den Einsatz und die Wirkung der Sprache in der Werbung177. Gerade in den 1990erJahren folgte eine Reihe von Werken, die sich mit der sprachwissenschaftlichen Ebene der Werbung befasste178. Doch auch diese linguistisch oder literaturwissenschaftlich orientierten Arbeiten sind nur wenig dazu angetan, der Arbeit des Historikers methodische Hilfestellungen zu geben. Zwar bemühen sich die Autoren, ihren Studien einen historischen Anstrich zu verpassen, doch beschränkt sich dies auf kurze einleitende Abschnitte, die keine historischmethodische Reflektion bieten. Eine Analyse von Erkenntnissen aus Sprachund Geschichtswissenschaft findet darüber hinaus kaum statt. An dieser Stelle zeigt sich aber, welches Potenzial eine interdisziplinär angelegte Werbegeschichte in sich birgt. Vor allem neuere, in diesem Sinn operierende Arbeiten zur Werbung zeigen, wie Fragestellungen verschiedenster Fach174
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Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, hier Bd 2, S. 573 f. Zur kommunikationswissenschaftlichen Rezeption siehe Krallmann/Ziemann, Grundkurs Kommunikationswissenschaft, S. 281-307. Zur Habermaschen Kritik an der Werbung siehe Ingenkamp, Werbung und Gesellschaft, S. 285-299. Kroeber-Riel, Strategie und Technik der Werbung; Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation; Ronneberger, Leistungen und Fehlleistungen der Massenkommunikation, S. 97-126; Rosenstiel, Psychologie der Werbung. Später erneut und für die Wirkung von Bildern bedeutend Kroeber-Riel, Bildkommunikation. Römer, Die Sprache der Anzeigenwerbung. Die Erstauflage stammt aus dem Jahr 1968. Eine frühe Arbeit Betz, Sprachkritik, siehe besonders das Kapitel über »Sprachkritik und Werbesprache. Grenzen der Sprachlenkung«; Sowinski, Werbeanzeigen und Werbesendungen. Müting, Die Literatur »bemächtigt sich« der Reklame; Adam-Wintjen, Werbung im Jahr 1947; Janich, Werbesprache; Seyfarth, Bild und Sprache; Stark, Stilwandel von Zeitschriften.
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richtungen zusammenfinden können179. Eines bleibt jedoch zu bedenken: Das »Lesen« und Interpretieren von Werbeplakaten und Anzeigeninseraten ist kein Feld, auf dem der Historiker ursprünglich zu Hause ist. Es ist vielmehr die Domäne der Kommunikations-, Sprach- oder Kunstwissenschaften. Um also die Plakate und Inserate richtig zu lesen, muss eine Auswahl aus den möglichen Methoden der »Spezialisten« getroffen werden. Deren Anwendung setzt allerdings eine ausgiebige Beschäftigung mit dieser fremden Materie voraus. Sollen die dann so »gelesenen« Gebrauchsgrafiken in die historische Analyse einbezogen werden, müssen die Maßstäbe des Historikers in den Vordergrund treten. An dieser Stelle der Überlegungen wird aber bereits deutlich, wie fließend die Übergänge gerade zwischen diesen Disziplinen sind. Neben den Linguisten nahmen sich seit den 1990er-Jahren auch die Historiker dem weiten Feld von Reklame und Werbung an. Als Katalysator wirkte die veränderte Wahrnehmung der Werbung, die spätestens seit den 1980erJahren nicht mehr unter dem rigiden Manipulationsverdacht der 1960/70erJahre stand und es dem Historiker ermöglichte, sich der Werbung quellenkritisch zu nähern180. Ein Kennzeichen dieser jüngsten Werbegeschichte ist ihr pluralistisch angelegter methodischer Ansatz, der die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes einzubeziehen versucht181. Obwohl die Werbehistoriker diese methodische Vielfalt berücksichtigen, dominiert die Annahme, dass die Werbung seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr die Fortsetzung bisheriger Werbeformen ist, sondern vielmehr den Ausdruck eines neuen Lebensgefühls darstellt und gleichzeitig aufgrund ihres kommunikativen Wesens die Kultur wesentlich geprägt haben könnte182. Auf der selben Linie argumentieren Knoch und Morat, die die Zeitspanne zwischen 1880 und 1960 als eine »massenmediale Sattelzeit« und »Epochenschwelle« begreifen, welche die Zeit der alten Massenmedien von der Informationsgesellschaft trenne183. Gerade aber neuere Untersuchungen zur medialen Kommunikation erweitern das für unsere Arbeit notwendige Verständnis zur Funktion der Werbung in der jungen Bundesrepublik Deutschland184. Zudem wird die Werbegeschichte vermehrt als ein Mit179
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Bilderflut und Sprachmagie; Ingenkamp, Werbung und Gesellschaft; Meffert, Werbung und Kunst; Werbung, Mode und Design; Zurstiege, Mannsbilder. Werbung als Ausdrucksform eines Zeitgeistes betrachtet bei Steininger, Eleganz der Oberfläche, S. 181-198. Wischermann, Werbung, S. 197; siehe dazu auch den Sammelband Bilderwelt des Alltags. Das Feld der Werbung wird dabei untersucht auf Aspekte von Kommunikation, Kultur, Kunst, Medien, Unternehmen, u.a. Wischermann, Werbung, S. 200. Werbung als ein zentrales Element ökonomischer Kommunikation sieht Reinhardt, Zur Historizität der Phänomene, S. 28-39. Knoch/Morat, Medienwandel und Gesellschaftsbilder, S. 9 f. »Mit Einführung und Durchsetzung eines massenmedialen Ensembles während der ›langen Jahrhundertwende‹ zwischen 1880 und 1930 hat das Verhältnis von ›Medien‹ und ›Gesellschaft‹ eine neuartige Qualität angenommen. Konzept und Wirklichkeit sozialer Figurationen sind seitdem nicht mehr ohne die Disposition, Implikationen und Rückkopplungen der vielfach miteinander verschränkten technischen Kommunikationsmittel zu denken, zu leben und zu deuten.«, ebd., S. 10. Bösch, Das Politische als Produkt, S. 229-248; Gries, Die Medialisierung der Produktkommunikation, S. 113-130.
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tel zur Annäherung an die Historiografie der bundesdeutschen Kultur der 1950er- bis 1980er-Jahre genutzt185. Seit Jahrzehnten erscheinende Bildbände erfüllen an der Schnittstelle von Werbe- und Bildgeschichte entweder eine ästhetische oder eine apologetische Funktion. Sie liefern jedoch kaum historisch-methodische Ansätze186. Hinzu treten thematisch eingegrenzte Produkt-Biografien187. Dennoch steht diesen Arbeiten ein Wert zu, der ihnen in der Literatur nur selten zugesprochen wird. Denn, obwohl diese Publikationen bereits durch ihre Themenwahl eine Auswahl an Gebrauchsgrafiken darstellen und somit nicht repräsentativ sein können, ermöglichen sie als Sammlungen einer Bild- und somit Quellengattung einen vielfältigen Vergleich der gestalterischen Umsetzung der Werbung über Jahrzehnte hinweg. Solche Bildbände spielen mitunter in den Bereich von Kunst- und Kulturgeschichte hinein188. Diese Form der Werbegeschichtsschreibung befasst sich nach Gries/Ilgen/Schindelbeck mit der gesamten Werbeproduktion in ihren Erscheinungsformen wie Plakaten, Filmen oder Anzeigen189. Ein Problem der kunst- bzw. kulturgeschichtlich orientierten Arbeiten hingegen sei der meist fehlende historische Bezugsrahmen und die bloße Beschreibung der Gebrauchsgrafiken als reine Bild-Wort-Komposition190. Die Verfasser plädieren dafür, in der Bildanalyse eher einen ästhetisch-kommunikativen Vermittlungsprozess zu sehen, der der Kommunikationsgeschichtsschreibung nahe stünde. In diesem Zusammenhang ist eine der grundlegenden Annahmen, dass Werbung eine Form der Kommunikation darstelle191. Dabei sind vor allem das Plakat, das Poster oder die Zeitschriftenannonce als Werbeträger zugleich Mittel und Ausdruck von Kommunikation, egal ob ein wirkliches oder fiktives Abbild der Wirklichkeit gezeichnet wird. Werbegeschichte präsentiert sich innerhalb der Kommunikationswissenschaften als ein Sonderfall der Beeinflussungsgeschichte, was der grundlegenden Fragestellung der vorliegenden Arbeit entspricht, wenn die wechselseitigen Prozesse der Steuerung der Nachwuchswerbung offengelegt werden sollen192. Auch für Reinhardt findet die Werbegeschichte nicht in erster Linie eine An185
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Steininger, Eleganz der Oberfläche, S. 181-198; Knop, Zwischen Afri-Cola-Rausch und dem Duft der großen weiten Welt, S. 241-271; Knop, Von Flower Power zur Pril-Blume, S. 211-230; Knop, Zwischen Campari-Kunstwelten und Reisen ins Marlboro-Land, S. 209-229. Beispiel hierfür sind Anschläge und politische Plakate mit z.T. abweichenden Abdrucken in den verschiedenen Auflagen. Vgl. Aynsley, Grafik-Design; Gallo, Geschichte der Plakate; Hillier, Plakate; Staeck, Die Reichen müssen noch reicher werden; Kriegeskorte, Werbung in Deutschland; Lorenz, Reklamekunst um 1900; Neuburg, Moderne Werbeund Gebrauchs-Grafik; Sailer, Das Plakat; Politische Plakate; Weisser, Deutsche Reklame; Wündrich, Das Plakat. Rimmler, Die Image-Bildung des Automobils. Ins Gehirn der Masse kriechen!, S. 6-9. Ebd., S. 8. Hierzu zählen die Verfasser auch die Studien der Linguisten und Semiotiker. Ins Gehirn der Masse kriechen!, S. 9. Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 6-15. Ins Gehirn der Masse kriechen!, S. 9, S. 12-15. Weitere Felder der Beeinflussungsgeschichte sind die Geschichte der Propaganda und der Public Relations.
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wendung im Bereich von Wirtschafts- und Sozialgeschichte, sondern sollte als Teil einer noch zu definierenden Kommunikationsgeschichtsschreibung betrieben werden193. Dabei versteht Reinhardt unter Kommunikationsgeschichte durchaus einen sozialgeschichtlichen Teilaspekt der Geschichtswissenschaft, der sich allein aus dem kommunikativen Charakter der Werbung und ihrem ökonomischen und sozialen Wirkungsbereich ergibt194. Gerade aber weil er Werbung als Begleiterscheinung eines gesamtgesellschaftlichen kommunikativen Wandels betrachtet, auf den Unternehmer wie Verbraucher nur selektiv reagieren können195, schließt er eine Geschichtsschreibung aus, die Wandlungen in der Werbung als strategische Absichten der Werbenden untersucht. Seiner Ansicht nach ist es nicht möglich, aus dem Werbeträger und dessen optischer Umsetzung (Plakat, Poster) Rückschlüsse auf die Absichten der Absender zu ziehen. Er begründet dies damit, dass ein Wandel in der Werbung Ausfluss eines »gesamtgesellschaftlichen kommunikativen Wandels«196 sei. Damit folgt er indirekt der These Marshall McLuhans, der das Medium als die wahre Botschaft versteht197. Jedoch erscheint dieser kategorisch ausschließende Ansatz die Realitäten nicht zu beachten. Zwar ist durchaus einzuräumen, dass gesellschaftliche Umwälzungen bzw. technische Neuerungen neue Formen des sozialen Lebensumfelds mit sich bringen und somit auch neue Formen von Kommunikation, doch schließt dies nicht aus, dass auf der Ebene der Entscheidungsträger und »Macher«, wie Reinhardt sie nennt, Strategien entworfen werden, die zu Veränderungen im Ausdruck der Werbung führen, ohne den autoritären Charakter der Werbung dabei zu sehr in den Vordergrund stellen zu wollen. Ähnlich wie bei der Militärgeschichtsschreibung kann auch hier die Mentalitätsgeschichte ergänzend Verwendung finden, wenn die Strukturen in der Nachwuchswerbeorganisation der Bundeswehr und die damit in den Werbeprodukten transportierten Informationen aufgedeckt werden sollen. Obwohl Gries/Ilgen/Schindelbeck einer mentalitätsgeschichtlich ausgerichteten Werbegeschichte den Rang eines Schlüsselinstruments zusprechen, wenn es darum geht, Werbebilder- und -botschaften als »symbolische Repräsentanten psychologischer Verfasstheit, ihre visuellen und verbalen Formulierungsleistungen als potentielle Quellen im Rahmen einer Geschichtsschreibung kollektiver Befindlichkeiten«198 aufzufassen, relativieren sie dies sogleich, wenn sie kritisieren, dass eine als »Wirtschafts-, Kommunikations- oder Kunstgeschichte ausgelegte Werbegeschichte« dem zu untersuchenden Gegenstand nicht gerecht wird199. Vielmehr sei die Vielschichtigkeit zu beachten, sobald ein solch komplexes Feld betrachtet werden muss. Deshalb sind aus ihrer Sicht bei einer Werbegeschichte 193 194 195 196 197 198 199
Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 14 f. Ebd., S. 17. Ebd. Ebd. McLuhan, Die magischen Kanäle, S. 231-236. Ins Gehirn der Masse kriechen!, S. 15. Ebd., S. 4.
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immer auch streckenweise Wirtschafts-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte, wie auch Aspekte der Kommunikationswissenschaft und auch der Gesellschaftsphilosophie zu berücksichtigen, ohne dass dabei etwas über die Leistungsfähigkeit einzelner Teilbereiche ausgesagt werden könne. Dennoch stuft vor allem die Werbe- und Kommunikationsforschung die Werbung als einen Resonanzkörper oder sensiblen Indikator »des soziokulturellen Wandels im Lebens- und Weltgefühl der Menschen« ein200. Konrad Dussel identifiziert in diesem Zusammenhang drei größere Problemfelder für die Werbegeschichtsschreibung201. Zunächst relativiert er die weitreichenden Quellenaussagen Gries’/Ilgens/Schindelbecks und verdeutlicht, dass gerade im Bereich der Werbung die Versuchung bestehe, vor allem ihre bildlichen Quellen als einen wahren sozialpsychologischen Repräsentanten zu verstehen. Doch sei vielmehr zu fragen, welches Bild in der Werbung vermittelt werde: Wird ein Bild vermittelt, das den Adressaten gewinnen soll und eine Idealsituation darstellt? Oder wird bei näherer Betrachtung der grafische oder filmische Entwurf eines Grafikstudios, ausgewählt, von dem der Sender glaubt, er spräche den Empfänger am ehesten an? Im Grunde liegt in solch einem Bild eine doppelte Verzerrung der Wirklichkeit vor. Dennoch scheint uns dieser Umstand abhängig von der Fragestellung zu sein. Die vorliegende Arbeit möchte keine Realienkunde im weitesten Sinne betreiben, um über das idealisierte – im positiven wie im negativen Sinne – Abbild Aussagen über die gesellschaftliche Verfasstheit einer Generation zu treffen. Vielmehr sollen eben über die Decodierung bildlicher Zeichen Ansätze zur Interpretation von Absichten getroffen werden, die hinter dem Bild stehen. Die Frage lautet also, mit welchen in der Werbebotschaft versteckten bzw. offenen Aussagen möchte der Sender den Empfänger ansprechen? Aus diesen Absichten und ihrer zeitgemäßen kreativen Umsetzung – denn die Werbemittel entspringen ihrer Zeit – können nun Aussagen darüber getroffen werden, welches Bild der Sender von sich und der Zielgruppe innerhalb der Gesellschaft hatte. Hieran schließt sich ein weiteres Problem der Werbegeschichte an, nämlich durch die Analyse einzelner auf die Gesamtheit aller Werbeträger und ihrer Aussagen zu schließen. Dabei ist Vorsicht geboten, generell von der Werbung schlechthin zu sprechen. Was repräsentiert die Werbung einer Zeit? Abhilfe kann hier die Eingrenzung auf bestimmte Werbeträger bzw. die Einschränkung auf bestimmte Felder der Werbung schaffen. Zudem sei nach Dussel gerade bei der Werbung darauf zu achten, welche Zielgruppen mit welchen Produkten angesprochen wurden, d.h. es muss in der Untersuchung eine klare Segmentierung vorgenommen werden. Um den methodischen Ansatz noch einmal zu verdeutlichen: Die Werbegeschichte ist für diese Arbeit eine Subdisziplin, deren Aufgabe es ist, dem Historiker Erkenntnisse zu vermitteln, um den Entstehungskontext der hier zu untersuchenden Bilder einordnen zu können. Das bedeutet aber zugleich, dass mit der Kategorisierung der Werbegeschichte zur Subdisziplin bestimmte Inter200 201
Schmidt, Werbung, S. 518 f.; Werbung, Medien und Kultur, S. 40-43. Dussel, Wundermittel Werbegeschichte?, S. 416-418.
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pretationsschemata nicht berücksichtigt werden. Darunter fallen z.B. Analysen der Media- oder Streupläne202. Wir haben es in der vorliegenden Arbeit mit einer kommunikations- und mentalitätsgeschichtlich orientierten, spezifischen Werbegeschichte zu tun, die aufgrund ihrer bildhaften Natur Wege und Möglichkeiten finden muss, die vorliegenden Gebrauchsgrafiken »lesbar« zu machen.
c) Die Historische Bildkunde Ähnlich wie die Erforschung der Werbung wird die wissenschaftliche Untersuchung von Bildern durch verschiedenste Disziplinen wahrgenommen. Traditionell wenden sich vor allem Kunst- und Kulturwissenschaftler den Bildern zu. Aber auch Historiker und Pädagogen und in den letzten Jahren verstärkt Kommunikations- und Medienwissenschaftler sowie Softwareingenieure und Informatiker beleuchten das Phänomen Bild gemäß ihren Fragestellungen und Methoden. Innerhalb der Geschichtswissenschaft erfährt der Umgang mit Bildern oft eine Gleichsetzung mit den Begriffen von Ikonographie und Ikonologie, wie sie Kunst- und Kulturwissenschaften verwenden203. Wie kam es dazu204? Die Geschichtsschreibung orientiert sich hauptsächlich am Schriftlichen, sowohl was ihre Quellen als auch die Ausdrucksform anbelangt. Diese Marginalisierung des Bildlichen durch die Historiker (und nicht nur durch sie) hatte und hat zur Folge, dass die Deutungshoheit über Bilder und die Entwicklung von Methoden zunächst den Kunst- und Kulturwissenschaftlern und ab Ende des 19. Jahrhunderts Kunsthistorikern vorbehalten blieb. Dies wiederum führte dazu, dass der Bildbegriff sich einerseits auf einen ästhetischen Kern reduzierte und sich andererseits häufig auf antike, mittelalterliche und frühneuzeitliche Darstellungsformen beschränkte205. Die Ikonographie entwickelte sich in diesem Sinne zu einem Verfahren der Kunstgeschichte206, das Themen und Darstel202
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Media- oder Streuplanung sind Elemente innerhalb der Werbeplanung. Ihnen kommt eine wichtige Funktion zu. Ihre Aufgabe ist es, für eine Werbekampagne die richtigen Werbeträger mit der gewünschten Zahl der Schaltungen im gewünschten Umfeld zu einem geplanten Zeitpunkt einzusetzen. Ziel der Streuplanung ist eine maximale Wirkung des Werbebudgets. Siehe Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 246-282. Zum schwammigen Gebrauch dieser Begriffe und der zunehmenden Unschärfe der Definition in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Gegenständen siehe Ikonographie und Ikonologie, Bd 1, S. 487-492, hier der Anhang I, der sich mit den unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs »Ikonologie« befasst. Bereits bei Warburg und Panofsky werden die Begriffe nicht synonym verwendet. Diese Unklarheit veranlasst uns dazu, bislang stets von »Historischer Bildkunde« zu sprechen. Dabei ist von der reinen Wortbedeutung streng genommen unter Ikonographie die »Beschreibung« eines Bildes und unter Ikonologie die »Interpretation« eines Bildes zu verstehen. Einen Überblick bieten Kämpfer, Ikonographie-Imaginarium, S. 8-19; Jäger, Geschichtswissenschaft, S. 185-195; Paul, Von der Historischen Bildkunde zur Visual History, S. 7-36. Haskell, History and its Images; Wahrnehmungsgeschichte; Roeck, Das historische Auge. Bätschmann, Einführung in die kunstgeschichtliche Hermeneutik.
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lungsweisen sowie deren Symbolgehalt in Bildern im Allgemeinen und für die christliche Ikonographie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit im Besonderen untersuchte207. Damit steht der bislang oft synonym für die Historische Bildkunde genutzte Begriff der Ikonographie mehr für eine Entschlüsselung immer wiederkehrender Formen und deren Symbolgehalt und kann in einem übertragenen Sinne als Grammatik verstanden werden, indem er die Art und Weise der Darstellung einer bestimmten bildlichen Aussage auf ihren Bedeutungsgehalt hin untersucht208. Mit dem Osloer Historikerkongress von 1928 rückten Bilder in den Blickwinkel der Historiker209, vermochten sich aber weder aus ihren ikonographischen, illustrierenden oder realienkundlichen Rollen zu emanzipieren, noch gegen den Einfluss der Kunstwissenschaften durchzusetzen. Noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs gerieten sie wieder in den Hintergrund der geschichtswissenschaftlichen Betrachtungen in Deutschland210. In den folgenden Jahrzehnten kamen Bilder kaum über den Status von Illustrationen hinaus. Lediglich Mediävisten nutzten bildliche Überlieferungen, beschränkten sich jedoch weiterhin häufig auf die Ikonographie oder befragten Bilder nach Realien211. Seit den 1980er-Jahren gibt es im Wesentlichen drei Entwicklungsstränge in der deutschen historischen Bildforschung. Anfang der 1980er-Jahre war es Rainer Wohlfeil, der sich bewusst dem Bild als Quelle näherte212. Auf der Suche nach Interpretationsinstrumentarien für mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Darstellungen stieß er dabei auf den kunst- und kulturwissenschaftlich geprägten Ansatz von Erwin Panofsky: die Ikonographie/Ikonologie213. Panofsky zählte in den 1920er- und 1930er-Jahren zu jenen Kunst- und Kulturwissenschaftlern214, die sich abseits des Historismus und einer politik- und diplomatieorientierten Geschichtsschreibung dem Bild zuwandten215. Er entwickelte ein 207
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Poeschel, Handbuch der Ikonographie; Sachs/Badstübner/Neumann, Wörterbuch der christlichen Ikonographie; Telesko, Einführung in die Ikonographie der barocken Kunst. Bspw. Emblemata. Steinberg, Die internationale und die deutsche ikonographische Kommission, S. 287-296; Andrup/Blum/Depréaux, Enquête sur l’organisation, S. 525-531. Die historische Erforschung der Bildquellen blühte in Deutschland mit der Schriftenreihe Historische Bildkunde in den 1930er-Jahren kurze Zeit auf, vgl. z.B. Keyser, Das Bild als Geschichtsquelle, S. 5-32. Der Verfasser lehnt bereits damals den Begriff der Ikonographie ab. Einerseits sei er »undeutsch«, andererseits jedoch zu kunstgeschichtlich ausgerichtet. Er empfahl den Begriff der Bildkunde, S. 5. Vgl. auch Fleischhauer, Richtlinien zur Bildnisbeschreibung. Vgl. Stammler, Schrifttum und Bildkunst, S. 613-698. Wohlfeil/Wohlfeil, Das Landsknechts-Bild, S. 81-99; Wohlfeil/Wohlfeil, Landsknechte im Bild, S. 104-119; Wohlfeil/Wohlfeil, Nürnberger Bildepitaphien, S. 129-180; Wohlfeil, Das Bild als Geschichtsquelle, S. 91-100; Wohlfeil, Methodische Reflexionen zur Historischen Bildkunde, S. 17-37. In Anbetracht der unübersehbaren Literatur sei der Einfachheit halber an dieser Stelle auf folgende Werke verwiesen: Panofsky, Sinn und Deutung; Panofsky, Zum Problem der Beschreibung, S. 185-206; Panofsky, Ikonographie und Ikonologie, S. 207-225. Hier sind Jakob Burckhardt, aber vor allem Aby Warburg zu nennen. Zu letzterem Wind, Warburgs Begriff der Kulturwissenschaft, S. 165-184. Hardtwig, Der Historiker und die Bilder, S. 305-322.
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dreistufiges Interpretationsinstrumentarium, das auf mehreren »Sinnesebenen« basierte: Phänomensinn (Bildbeschreibung), Bedeutungssinn (ikonographische Bedeutungszuweisung) und Dokumentsinn (ikonologische Interpretation)216. Panofskys Verständnis des Bildes war das des einzelnen Kunstwerkes. Die Bedeutung und der Einfluss der Kunst- und Kulturwissenschaften des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wirkte auf diese Weise auf die Überlegungen Wohlfeils als auch auf die der Historiker der DDR nach217. Denn die Wahl der Mediävisten und Frühneuzeitforscher fiel nicht zufällig auf die Methoden der Kunstund Kulturwissenschaftler: Ihre Untersuchungsgegenstände waren in Teilen identisch218. Diese Schnittmenge führte dazu, dass Wohlfeil den Kunstbegriff Panofskys übernahm, auch wenn er dessen Ansatz um historiografische Merkmale erweiterte219. Dennoch bleibt auch Wohlfeils Ansatz zu sehr auf frühneuzeitliche und mittelalterliche Bilderformen ausgerichtet. Für einen divergierenden Bildbegriff wichtige Aspekte der Produktionsbedingungen oder Rezeptionserfahrungen, wie sie die Fotografie, der Film oder die Werbegrafik darstellen, werden durch diesen Ansatz nicht berücksichtigt220. Dies führte dazu, dass die Historische Bildkunde in Deutschland bis weit in die 1990er-Jahre von einem am Kunstwerk orientierten Bildbegriff ausging, was ein methodisches Verharren in ästhetischen Dimensionen zur Folge hatte221. Zu dieser Hamburger kunsthistorischen Tradition und Schule kann neuerlich Bernd Roecks »Das historische Auge«222 genauso gezählt werden wie der Sammelband des Arbeitskreises Historische Bildforschung in Hamburg zum Thema »Der Krieg im Bild – Bilder vom Krieg«223. In diesem Umfeld leistete Heike Talkenberger einen ersten Beitrag zur Differenzierung des Bildbegriffes. Sie lenkte die Aufmerksamkeit auf andere Wissenschaftsfelder, die sich ebenfalls mit der Bilddeutung befassten224. Zudem wies sie, wie eingangs erwähnt, zu Recht darauf hin, dass angesichts der Vielfalt der heute verwendeten Methoden und Fragestellungen zur Interpretation von Bildern der Historiker durchaus von einem Gefühl der Inkompetenz ergriffen wird225.
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Zur Kritik an Panofsky siehe Knauer, Dokumentsinn, S. 17-47. Wohlfeil, Das Bild als Geschichtsquelle, S. 94; Jakob, Zur Historischen Bildkunde, S. 53: »daß Bilder in ihrem Wesen nach Kunstwerke sind.« Die Historische Bildkunde als Stichwort in einer Einführung findet sich bereits früh in: Einführung in das Studium der Geschichte. Zum gleichen Schluss kommen Jäger, Photographie, S. 75, und Treml, Schreckensbilder, S. 280. Wohlfeil, Methodische Reflexionen zur Historischen Bildkunde. Jäger, Photographie, S. 76. Eine kunstgeschichtliche Deutung des Bildes liefert grundlegend Mitchell, Iconology; Mitchell, Picture Theory; Mitchell, Was ist ein Bild? Roeck, Das historische Auge. Der Krieg im Bild. Talkenberger, Historische Erkenntnis durch Bilder, S. 83-98; Talkenberger, Von der Illustration zur Interpretation. Talkenberger, Von der Illustration zur Interpretation, S. 290.
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Interessanterweise wandten sich seit den 1980er-Jahren auch die Erziehungswissenschaften dem Bild als historische(!) Quelle zu226 und beanspruchen bis heute einen Bereich innerhalb der Historischen Bildkunde227. Ein weiterer Strang zur Historischen Bildkunde ist seit 1985 Frank Kämpfer zuzurechnen. In seiner Monografie »Der rote Keil«, die sich der Theorie und Geschichte des politischen Plakats zuwandte, nutzte er bereits damals zeichen- und kommunikationstheoretische Ansätze, um sich dem Plakat als Bild-Text-Quelle historisch zu nähern228. Er inspirierte in der Folge als Reihenherausgeber mehrere Arbeiten, die sich dem Verhältnis von Bild und Herrschaftskommunikation unter dem Stichwort der Propaganda zuwandten229. Jedoch fanden diese Arbeiten in der historischen Forschung bisher nur bedingt Aufmerksamkeit. Noch zu Beginn der 1990er-Jahre konnte Brigitte Tolkemitt die Historische Bildkunde als »ein ›Stiefkind‹ der Geschichtswissenschaft«230 bezeichnen. Nichtsdestoweniger begann sich die bislang einseitig auf die Antike, das Mittelalter oder die Frühe Neuzeit beschränkte Historische Bildkunde zu emanzipieren und Untersuchungen zur Neuzeit bzw. zur Zeitgeschichte etablierten sich. Historiker lösten sich vom einseitig kunstgeschichtlich ausgerichteten Bildbegriff, stellten erste Fragen an die Quelle Bild231 und nutzten Fotografien232, Postkarten233 und Karikaturen234 genauso wie sich bewegende Bildquellen235 als Mittel zur Erforschung gesellschaftlicher Dimensionen. Hier sind die Ansätze für einen dritten Strang in der historischen Bildforschung zu suchen. Auf dem weiten Feld der Sozial- und Alltagsgeschichtsschreibung, wie beispielsweise der Industriefotografie bei Klaus Tenfelde236 oder der Fotografie in der DDR bei Karin Hartewig und Alf Lüdtke237, klopfen Historiker die Quelle Bild auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Aussagemöglichkeiten hin ab238. Während hier bereits 226 227
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Keck, Die Entdeckung des Bildes, S. 81-124; Keck, Das Bild als Quelle, S. 13-53. Bild und Bildung; Bildung im Bild. Hieran lehnen sich auch Schriften an, die Geschichtslehrern Anhalte bieten und, wie in diesem Fall, an den methodischen Ideen der 1980er orientiert bleiben. Vgl. Praxis Geschichte, 15, 2002, 2. Kämpfer, Der rote Keil. Fleischer, Feind hört mit; Propaganda. Von der Macht des Wortes; Eisermann, Pressephotographie; Kämpfer, Propaganda; Bildpropaganda im Ersten Weltkrieg. Historische Bildkunde, S. 7. Buntz/Popp, Das Bild als Quelle, S. 223-248; Bild und Geschichte; Geschichte in Bildern. Beachte die als historische Einführung konzipierte Darstellung von Jäger, Photographie. Der Verfasser widmet sich nicht nur einem neuen Bildbegriff, sondern wendet sich kritisch gegen die Überlegungen Wohlfeils und Panofskys, S. 75 f.; Hartewig, Fotografien, S. 427-448; Neue Geschichte der Fotografie; Die Eroberung der Bilder; Knoch, Die Tat als Bild. Jaworski, Alte Postkarten, S. 88-102. Sellin, Kriegskarikaturen des Simplicissimus, S. 301-317; Kemnitz, The Cartoon As a Historical Source, S. 81-93. Steinle, Vom Feinbild zum Fremdbild; Spicer, Film Studies, S. 147-155; Bartels, Die Wochenschau im Dritten Reich; Mediale Mobilmachung; Heimann, Erinnerung als Wandlung, S. 37-85. Bilder von Krupp. Die DDR im Bild. Bilder von Krupp. Einführung, S. 10.
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gezielte Fragen nach dem Quellenwert für die Technik- oder Sozialgeschichtsschreibung gestellt werden239, sind andere Bereiche der Geschichtswissenschaft gerade erst im Begriff, zu ihren Bildern vorzustoßen240. Die Militärgeschichtsschreibung beispielsweise erweiterte seit den 1990er-Jahren durch den Blick auf die (modernen) Bildmedien zwar ihr Forschungsfeld241, lässt jedoch eine breit geführte Diskussion über den Wert der Quelle Bild noch vermissen. Mit der Wahrnehmung des steigenden Einflusses der Massenmedien242 auf die Gesellschaft und somit auch auf die Gesellschaftswissenschaften begann eine allmähliche Akzentverschiebung243. Damit trat, mitunter unbewusst und methodisch unreflektiert, die Kommunikationswissenschaft in das Blickfeld der Historischen Bildkunde. In der deutschen Geschichtswissenschaft etablierten sich solche Fragstellungen ab Ende der 1990er-Jahre, unter anderem durch Wolfgang Schmidts Untersuchung über den Einfluss westdeutscher Militärund Kriegsfilme in den 1950er- und 60er-Jahren244. Für die Diskussion über den Umgang mit der Quelle Bild war besonders Ende der 1990er-Jahre die so genannte Hamburger »Wehrmachtsausstellung«245 prägend246. Sie zeigte eindrucksvoll, wie Bilder in der Lage sind, aufgrund ihrer scheinbaren Authentizität Wirklichkeiten zu konstruieren. Vor allem wurde die Frage nach der Instrumentalisierung der Bilder – hier überwiegend der Fotografien – zunehmend aufgegriffen. Gerhard Paul schloss dabei den Bogen von der Kommunikations- und Medienforschung hin zur Militärgeschichtsschreibung einerseits247 und erweiterte andererseits die Historische Bildkunde über die traditionellen ikonographischen Ansätze hinaus zu einer visual history248. Die Frage nach der Instrumentalisierung von Bildern ist unter anderem im Bereich der Beeinflussungsgeschichte anzusiedeln. An dieser Stelle schließt sich also ein methodischer Kreis zwischen der Werbegeschichte und der Histori239 240 241
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Wengenroth, Die Fotografie, S. 89-104; Konstruierte Sichtbarkeiten. Heßler, Bilder zwischen Kunst und Wissenschaft, S. 266-292. Brüning, Kriegs-Bilder, S. 13-43; Hüppauf, Kriegsfotografie, S. 875-909; Hüppauf, Kriegsfotografie und die Erfahrung, S. 29-50; Jürgens-Kirchhoff, Verbrannte Erde, S. 783-819; Paul, Krieg und Film, S. 3-76; Rogg, Landsknechte und Reisläufer; Rother, Die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, S. 822-838; Schmidt, Maler an der Front; Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht; Schmidt, Wehrzersetzung. Siehe auch Schmidt, Krieg und Militär im deutschen Nachkriegsfilm, S. 441-452. Mit der Kamera bewaffnet ist nicht direkt der Militärgeschichtsschreibung zuzurechnen, wendet sich aber der Kriegsfotografie zu. Zum Gebrauch des Begriffes »Massenmedien« siehe Kapitel I.4. Requate, Öffentlichkeit, S. 5-32; Schildt, Das Jahrhundert der Massenmedien, S. 177-206. Schmidt, Wehrzersetzung. Siehe auch Schmidt, Krieg und Militär im deutschen Nachkriegsfilm. Ein weiteres Feld, auf dem ein moderner Bildbegriff wirken kann, bei Zahlmann, Erinnerungen an Erinnerungen, S. 791-799. Zum Film in der Militärgeschichtsschreibung ferner Rother, Die Erfahrungen des Erstens Weltkrieges. Vernichtungskrieg. Schmidt-Neuhaus, Die Tarnopol-Stellwand, S. 596-603; Treml, Schreckensbilder; Ungváry, Echte Bilder – problematische Aussagen, S. 584-595. Als Versuch einer Systematisierung Sauer, Bilder, S. 114-124. Paul, Bilder des Krieges; Paul, Der Bilderkrieg. Visual History.
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schen Bildkunde mit der Möglichkeit, beide Ansätze unter der Prämisse der Kommunikation im Allgemeinen und der Beeinflussung im Speziellen zu betrachten und gleichzeitig der Militärgeschichtsschreibung einen weiteren Weg einer interdisziplinären Gesellschafts- und Erfahrungsgeschichte aufzuzeigen. Doch nicht nur die Historiker wenden sich dem Phänomen des Bildes zu, vor allem sind es die Kommunikations- und Medienwissenschaftler, die ihr Interesse auf dieses Feld ausdehnen und das Feld der Geschichtswissenschaften in ihre eigenen Forschungen integrieren249. Ihre Ansätze sind dabei vielfältig, wie die schon länger etablierte »cultural analysis«250 oder die »visual culture«251 aus dem angelsächsischen Raum einerseits, oder die Erforschung einer allgemeinen Bildwissenschaft252 als interdisziplinäre Forschung andererseits beweisen. Gerade die deutsche Erforschung einer allgemeinen Bildwissenschaft verspricht innovative Ansätze. Bezeichnenderweise fehlen in diesem durchaus breitgefächerten Ansatz Beiträge der Historiker253. Während also benachbarte Disziplinen bereits seit längerem aufgebrochen sind, um den zu ihnen passenden Bildbegriff methodisch zu erfassen, sich in interdisziplinär angelegten Untersuchungen zum Thema Bildkunde sammeln und über eine allgemeine Bildwissenschaft diskutieren, vermisst man nicht nur Beiträge aus Sicht des Historikers, sondern stellt in jüngeren und jüngst erschienenen Einführungen zur Geschichtswissenschaft fest, dass der kunstgeschichtliche Ansatz Panofskys noch immer das Gerüst Historischer Bildkunde darstellt254. Zudem verfestigt sich diese Ausrichtung durch Publikationen, die sich bemühen, verschiedene pictorial oder iconic turns zu verkünden und weiterhin auf den kunsthistorischen Methodenkanon rekurrieren255. Knut Hickethier hinterfragt aus Sicht der Medienwissenschaften diesen scheinbar paradigmatischen Wandel einer »bildlichen Wende« und vermutet zurecht Positionierungskämpfe innerhalb der Wissenschaftslandschaft256. Dennoch bleibt festzuhalten, dass sich Historiker zunehmend dem Bild als Quelle stellen und in die regen Diskussionen der Kunst-, Medien- und Kommunikationswissenschaften eingreifen257.
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So bspw. bei Hickethier, Kriegserlebnis und Kriegsdeutung, S. 759-775. Vgl. Reading Images sowie Deacon [et al.], Researching Communications. Die fortschreitende Nutzung der historischen Filmanalyse verleitet Spicer, Film Studies, dazu zu mutmaßen, dass mit der Filmgeschichtsschreibung aufregende Zeiten für die cultural historians anbrächen, S. 147-155. Somit erkennt der Verfasser die Polyvalenz des Bildes an und differenziert das Arbeitsfeld des Historikers. The visual Culture Reader. Bildwissenschaft; Sachs-Hombach, Das Bild als kommunikatives Medium; Bildgrammatik; Vom Realismus der Bilder; Bildhandeln. Das Bild wird untersucht aus philosophischer, semiotischer, kommunikationstheoretischer, psychologischer und kunstgeschichtlicher Sicht sowie als Gestalt multimedialer Systeme. Die Reihe ließe sich beliebig erweitern. Theuerkauf, Einführung in die Interpretation, S. 204-209; Maurer, Bilder, S. 402-426; Reichardt, Bild- und Mediengeschichte, S. 226. Mitchell, Picture Theory, S. 11; Iconic Turn. Hickethier, Zwischen Gutenberg-Galaxis und Bilder-Universum, S. 146-171. Roeck, Visual turn?; Heßler, Bilder zwischen Kunst und Wissenschaft.
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Wenn wir die Historische Bildkunde unter der Prämisse von Kommunikation als einem Ansatz zur Lesbarmachung von Bildern verstehen, bedarf die bisherige Ausrichtung einer methodischen Erweiterung. Die Bilddeutung muss dafür über ein an ästhetischen Fragestellungen orientiertes Verständnis von Bildern hinausgreifen. In der Forschung zur visuellen Kommunikation hat Marion Müller entsprechend zwar durchaus Anschluss an Panofskys Modell der Sinnebenen gesucht, gleichzeitig aber eingeräumt, dass die Ikonologie auf Interdisziplinarität und ständige Grenzüberschreitungen angewiesen sei258. Dem ist zuzustimmen, wenn der Begriff der »Ikonologie« nicht im bisweilen irrationalen Sinne Panofskys, sondern im Sinne einer allgemeinen Bildwissenschaft Verwendung findet. Unserer Auffassung nach hängt das Instrument für die Bildanalyse von zwei Faktoren ab: der Bildgattung259 einerseits und der erkenntnisleitenden Fragestellung andererseits. Bilder können mehr sein als nur Kunstwerke, sie können als Medien verstanden einen zentralen Stellenwert in der Untersuchung von Beeinflussungs- oder Kommunikationsstrukturen einnehmen. Dieses Verständnis des Bildes wird umso deutlicher in den Vordergrund treten, als im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert das Bild »im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit«260 einerseits durch totalitäre Systeme, andererseits durch die Werbeindustrie zunehmend instrumentalisiert wurde. In diesem Zusammenhang entwickelte es sich zu einem wichtigen Funktionsträger innerhalb der visuellen Kommunikation261, was uns veranlasst, für einen differenzierteren Blick auf das Bild zu plädieren262. Nicht zuletzt ist diese Differenzierung in Hinblick auf den dem Bild ursprünglich zugedachten Zweck notwendig. Denn ohne die Berücksichtigung der Produktionsbedingungen bleibt die Bildanalyse rudimentär263. Ein solches Verständnis vom Bild als Quelle erweitert nicht nur den methodischen Zugang, sondern lässt sich auf dieser Ebene mit den zuvor dargelegten methodischen Ansätzen verbinden. Der kommunikative Akt, ob auf Beeinflussung abzielend oder nicht, verbindet letztlich die methodische Ebene der Historischen Bildkunde mit der inhaltlichen Ebene von Militär- und Werbegeschichtsschreibung und kann durch die Analyse der Plakat- und Anzeigenwerbungen einen umfassenden Spannungsbogen errichten. Doch zurück zum methodischen Rahmen der Bildanalyse264. Im Folgenden wird das Bild in einen Analyseprozess eingebettet, der sich über vier Schritte erstreckt. In einem ersten Schritt betrachten wir den historischen Entstehungs258 259
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263 264
Müller, Bilder – Visionen – Wirklichkeiten, S. 15. Ebd., S. 22. Die Verfasserin betont, dass »Bilder nur dann adäquat – und das bedeutet wissenschaftlich sinnvoll – analysiert und interpretiert werden können, wenn ihr Kommunikationsprinzip erkannt wurde«. Dies entspricht der Forderung des vorliegenden Bandes, Bilder ihrer Funktion nach differenziert zu betrachten. Benjamin, Das Kunstwerk. Müller, Grundlagen der visuellen Kommunikation. Zur Authentizität von Bildern und ihrem medialen Missbrauch siehe Meckel, Visualität und Virtualität, S. 25-36, sowie Authentizität und Inszenierung. Hierzu auch Jäger, Photographie. Loch, Die Historische Bildkunde.
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hintergrund des Bildes. Der zweite Schritt beschreibt das Bild, um es in einem dritten der Bilddeutung zukommen zu lassen. Abgerundet wird die Bildanalyse durch die Untersuchung der Wahrnehmungs- und Wirkungsgeschichte. Der gesamte Prozess der Bildanalyse ist somit vom einzelnen Schritt der Bilddeutung zu unterscheiden. Letzterer jedoch ist abhängig vom Erkenntnisinteresse. Die Historische Bildkunde muss sich an dieser Stelle flexibel erweisen und je nach Fragestellung verschiedene Ansätze oder Instrumentarien der Bilddeutung nutzen. Talkenberger nennt fünf solcher Ansätze, um sich einem Bild zu nähern: Die Realienkunde, den ikonographisch/ikonologischen Ansatz, die Funktionsanalyse, den semiotischen sowie den rezeptionsästhetischen Ansatz265. Der semiotische Ansatz stellt mehr als alle anderen die kommunikative Funktion der Bilder in den Vordergrund. Er erlaubt somit einen Zusammenhang aufzuzeigen zwischen der zu ermittelnden Bildstruktur, der Strategie und der Absicht, die im visuellen Kommunikationsprozess versteckt ist266. Das heißt, die semiotische Methode nimmt an, dass in einem Bild Zeichen kommuniziert werden, die beim Betrachter bestimmte und durchaus gewollte Wirkungen erzielen, mindestens aber bestimmte Eindrücke hinterlassen sollen. Damit eignet sich die semiotische Sichtweise, um den auf Beeinflussung und Kommunikation abzielenden Ansatz der Historischen Bildkunde zu ergänzen, wie dies außerhalb Deutschlands bereits ansatzweise getan wird267. Doch nicht nur in der Historischen Bildkunde, sondern auch in der Medieninhaltsforschung wird die Semiotik als Methode diskutiert268. Legen wir die Annahme zugrunde, dass in dieser Arbeit in erster Linie Plakate, Poster und Anzeigen, also Text-Bild-Medien269 untersucht werden, ist die Semiotik als Methode der Medienwissenschaft geeignet, auch der Historischen Bildkunde zu dienen. Seit den 1960er-Jahren beschäftigten sich immer wieder vereinzelt Forscher mit der Bildanalyse von Werbeanzeigen. Auf deren Ansätze und auf die der Semiotik wird in Kapitel I.5. eingegangen. Die kommunikative Ausrichtung der semiotischen Forschung und die Überzeugung, versteckte Strategien270 bzw. ungewollte Effekte entdecken zu können, 265 266 267 268
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Talkenberger, Historische Erkenntnis durch Bilder, S. 84-92. Ebd., S. 90. Duprat, De l’iconologie, S. 33-43. Bonfadelli, Medieninhaltsforschung, S. 161-177; Posner, Zur Systematik der Beschreibung, S. 267-313; Visuelle Kommunikation: Empirische Analysen. Staßner, Text-Bild-Kommunikation, S. 41-52; Rippl, Text-Bild-Beziehungen; Stöckl, Der »picture relation type«, S. 49-61. Wenn in diesen Zeilen von Strategien gesprochen wird, muss eine Relativierung vorgenommen werden: »Strategie« im Sinne der vorliegenden Arbeit hat zur Annahme, dass jede Werbung zielgerichtet ist und bestimmte Attribute und Eigenschaften eines Produktes vermarkten möchte. Dies bedingt eine Planung und Artikulation von Absichten, die anhand des persuasiven Charakters von Werbung, wenn nicht unterschwellig doch zumindest versteckt geschieht. Die Annahme, dass die Gesellschaft durch den manipulativen Charakter der Werbung völlig beherrschbar wird, wird nicht geteilt, vielmehr wird auf den durch Habermas beschriebenen emanzipatorischen Wert von Werbung hingewiesen. Siehe hierzu auch Kap. I.3.b.
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I. Einleitung
rücken dieses Feld in die Nähe der Kommunikationsgeschichte im Allgemeinen und der Beeinflussungsgeschichte im Besonderen. Damit böte sich die Semiotik an, um Werbe- und Bildgeschichte miteinander zu verbinden. Sie ist der Bildgeschichte ein Instrument, um sich Bildern anders als ausschließlich kunstwissenschaftlich zu nähern. Eine besondere Herausforderung für den Historiker liegt im vierten Schritt der Bildanalyse: der Wahrnehmungs- und Wirkungsgeschichte271. Nur in Ausnahmefällen geben die Akten oder sonstige Überlieferungen Auskunft über die Wirkung eines Bildes. Auch für unser Bild des Soldaten in der Freiwilligenwerbung ist dies der Fall. An dieser Stelle sei ein Punkt zum Verständnis der hier untersuchten Bildquellen abschließend aufgegriffen. Ich frage im Zuge meiner Bildanalyse nicht, wie Bilder oder Bildkommunikation aus systemtheoretischer272, wahrnehmungspsychologischer273 oder neurobiologischer Sicht aufgebaut sind. Es geht also nicht darum, wie der Einzelne oder die disperse Masse ein bestimmtes Bild wahrnahmen, sondern um eine Analyse, warum die Bundeswehr ein bestimmtes Werbebild präsentierte. Das schließt nicht aus, Wahrnehmungen und gegebenenfalls auch Wirkungen einzelner Bilder in die Analyse mit einzubeziehen. Fassen wir an dieser Stelle noch einmal die bisherigen Überlegungen zur Methodik dieser Arbeit zusammen: Die moderne Militärgeschichte als Subdisziplin historiografischer Forschung ist der Rahmen der vorliegenden Arbeit. Dieser Bereich wird fokussiert durch das Thema der Nachwuchswerbung im Querschnitt der Bildwerbung. Die dabei zum Tragen kommenden Methoden der Werbegeschichte als auch der Historischen Bildkunde können jeweils aus verschiedenen Blickwinkeln heraus betrachtet werden. Ein kommunikationswissenschaftlicher Ansatz ist sowohl für die Werbegeschichte als auch für die Historische Bildkunde zweckmäßig, da sich das Erkenntnisinteresse auf die Strategien hinter der Werbung und den vermittelten Bildern richtet. Dieser erweitert den bislang in der Historischen Bildkunde verwendeten Bildbegriff und unternimmt mit der Adaption semiotischer Ansätze den Versuch, die bisweilen metaphysisch anmutende kunst- und kulturwissenschaftliche Ausrichtung der Bilddeutungsinstrumente, zumindest für diese Fragestellung, zu ersetzen. Der persuasive Charakter der Werbung wird auf diese Weise in den Vordergrund gestellt und erlaubt, nach den Hintergründen der Bildentstehung zu fragen. Neben der Umsetzung des politischen Willens spielt jedoch, wie Dussel relativierend einwirft, die Rolle der Werbeagenturen eine nicht zu vernachlässigende Rolle274. Zu untersuchen ist, welcher der Einflussfaktoren (Vorgaben durch das BMVg oder Sicht der Bevölkerung auf das Produkt Bw) einen größeren Einfluss auf den Entwurf der Grafik hatte. Doch zunächst kom-
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272 273 274
Tschopp, Das Unsichtbare begreifen, S. 39-81. Die Verfasserin schlägt für die Analyse der zeitgenössischen Wahrnehmung einen kommunikationsgeschichtlichen Ansatz vor. Jongmanns, Bildkommunikation. Schuster, Wodurch Bilder wirken. Dussel, Wundermittel Werbegeschichte?, S. 416-430.
I. Einleitung
47
men wir zu einigen einführenden kommunikations- und werbewissenschaftlichen Bemerkungen.
4. Der Komplex Kommunikation – komplexe Kommunikation Im Folgenden werden die Felder von Werbung und Kommunikation näher beleuchtet. Dabei kann hier – dies ist Stärke und zugleich Schwäche des interdisziplinären Vorgehens – nicht mehr als eine Annäherung an die Fachwissenschaften gelingen. Nichtsdestoweniger ergeben sich Wirkungszusammenhänge für die historische Erkenntnis.
a) Die Werbung als Kommunikationsprozess Mit seiner Bedeutung von »Mitteilungen zwischen Menschen« ist das Wort »Kommunikation« im Grunde recht profan275. Es leitet sich vom lateinischen »communicare« bzw. »communio« ab. Gerade der erweiterten Bedeutung von »communio« als »Gemeinschaft« oder »Gemeinsamkeit« kommt in Hinblick auf den notwendig wechselseitigen Charakter der Kommunikation eine besondere Rolle zu. Auf den ersten Blick erscheint der Begriff »Kommunikation« in seiner Bedeutung von direkter oder indirekter Informationsübertragung zwischen Personen in Form von Gestik, Mimik, Sprache oder anderen Mitteln also als recht alltäglich. Gerade aber diese begriffliche Alltäglichkeit tritt hinter der faktischen Komplexität des Prozesses, der sich in der Forschung widerspiegelt, zurück. Klaus Merten hat bereits 1975 insgesamt 160(!) verschiedene Definitionen von Kommunikation unterschieden276. Kommunikation kann indes über verschiedene Kanäle stattfinden, unter anderem auch über den visuellen, der anderen Kanälen in Hinblick auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit überlegen ist277.
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Burkart, Kommunikationswissenschaft, S. 15. Beachte hier den Gebrauch der Bedeutung der Kommunikation im nicht-semiotischen Sinne. Merten, Kommunikation, T. 2, S. 412-448. Wie bereits angedeutet, stellt eine ausufernde Einbindung der Kommunikationswissenschaft in diese historische Arbeit die Gefahr dar, den historischen Pfad unbemerkt zu verlassen. Dies ist der Anlaß, bei der Definition von Kommunikation so exotische kommunikative Vorgänge wie z.B. zwischen Nicht-Lebewesen u.ä. auszuklammern. Pürer, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Der Verfasser zählt daneben noch auditive, taktile, thermale, olfaktorische und gustatorische Kanäle auf; vgl. S. 64 f.
I. Einleitung
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Einer der allgemeinsten Kommunikationsansätze ist der Harold Lasswells mit folgenden Parametern278: Wer (Sender, Quelle, Kommunikator) sagt Was (Botschaft) zu Wem (Empfänger, Rezipient, Kommunikant) auf welchem Kanal (Medium) mit welcher Wirkung (Effekt) Dieser einbahnstraßenartig anmutende Satz Lasswells impliziert, dass mit Ablauf der fünf Schritte eine Kommunikation stattfindet. Demgegenüber sieht Roland Burkart unter diesem einseitigen Ablauf noch keine Kommunikation, sondern vielmehr ein »kommunikatives Handeln«279. Erst aus dieser kommunikativen Absicht (beabsichtigter Effekt) entsteht dann eine Kommunikation, sobald ein Kommunikator (Wer) einem Kommunikanten (Wem) eine Botschaft (Was) zukommen lässt, die dieser auch bereit ist zu empfangen, zu rezipieren und zu decodieren. Damit wird Kommunikation deutlich als ein »implizit reziproker Prozeß«280. Für die Werbung kann daraus gefolgert werden, dass erst dann eine werbliche Kommunikation vorliegt, wenn der Kommunikant die Botschaft verstehen will. Das ist gerade in Hinblick auf die Nachwuchswerbung der Bundeswehr eine entscheidende Einschränkung, denn hier handelt es sich um Werbung für den Soldatenberuf, eine mit Werten und ideologischen Hintergründen versehene Tätigkeit. Das heißt, Personengruppen, die a priori den Staat bzw. das System Bundeswehr ablehnen, werden der Werbung im Sinne des Kommunikators keine Aufmerksamkeit widmen, bzw. sie ablehnen und somit keine Kommunikation zustande kommen lassen281. Setzen wir nun voraus, dass tatsächlich eine Kommunikation stattfindet, so ist die Werbung aufgrund ihres persuasiven Charakters innerhalb des Gesamtsystems Kommunikation der beeinflussenden Kommunikation zuzurechnen282: 278
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Lasswell, The Structure and Function of Communication, S. 117-130. Ursprünglich erschienen in The Communication of Ideas. Burkart, Kommunikationswissenschaft, S. 25-29, S. 65 f. Ebd., S. 66; Janich, Werbesprache, S. 18. Dieser Tatsache trugen z.B. demoskopische Untersuchungen, die die Bundeswehr im Rahmen ihrer Nachwuchswerbung regelmäßig in Auftrag gab, Rechnung. So wurden diejenigen, die der Bundeswehr ablehnend gegenüberstanden, für die Befragungen rausgefiltert. Zudem war diese Personengruppe nicht die angesprochene Zielgruppe. Die Nachwuchswerbung wandte sich u.a. an die positiv und neutral zur Bundeswehr eingestellten jungen Männer. Hierzu siehe auch BA-MA, Bw 1/102211. IPStab 4 Az.: 01-55-01 vom 24.10.1974. Zur Demoskopie siehe BA-MA, Bw 1/114720. Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., Abb. 105, S. 323; Werbung kann aber auch schlicht einen informierenden Charakter haben.
I. Einleitung
49 Das Verhltnis von Kommunikation und Werbung Kommunikation
Zweckfreie Kommunikation
Beeinflussende Kommunikation
Anweisung Befehl
Werbung
formeller Zwang
kein formeller Zwang
psychischer Zwang
flie§ender bergang
Quelle: Schweiger / Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 323.
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b) Eine Annäherung an die Werbung Doch zunächst zur etymologischen Herkunft und Bedeutung des Begriffes »Werbung«. Das unserem heutigen Verb »werben« zugrunde liegende althochdeutsche »(h)werban« bzw. mittelhochdeutsche »werben«, »werven« bedeutete ursprünglich soviel wie »sich drehen, wenden, umkehren, einhergehen, sich bemühen«. Eine bereits früh einsetzende Bedeutungswandlung vollzog sich dann von »sich drehen« hin zu »sich um die Gunst einer Person bemühen«, also jemanden für eine Arbeit oder ein Amt gewinnen. Auffällig ist dabei, dass bereits früh unter »werben« auch die Rekrutierungspraxis des Militärs verstanden wurde283. Die Nähe des semantischen Feldes Werbung zur Kommunikation ist alleine aufgrund der Wortbedeutung sich um jemanden bemühen nicht a priori gegeben. So wie die Werbung eine Möglichkeit der Kommunikation darstellt, so existieren auch verschiedene Formen der Werbung. Nach Schweiger/Schrattenecker ist eine dieser Formen die Personalwerbung, wie Abbildung 2 aufschlüsselt284.
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284
Deutsches Wörterbuch, 14. Bd, I. Abt., 2. T, s.v. Werbung, Sp. 205-216. Beachte hier auch den Unterschied zwischen »Werbung« und »Aushebung«. Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 4. Aufl., Abb. 5, S. 11.
I. Einleitung
50 Verschiedene Formen der Werbung
Werbung
Fr politische Zwecke
Fr wirtschaftliche Zwecke
Fr religise und kulturelle Zwecke
Politische Werbung, frher auch Propaganda
Wirtschaftswerbung, frher auch Reklame
Religise und kulturelle Werbung
Werbung fr die wirtschaftspolitischen Ziele eines Staates (wirtschaftspolitische Werbung)
Werbung fr die Ziele eines Betriebes als Ganzes
Werbung fr Teilfunktionen eines Unternehmens
Werbung zur Frderung des Absatzes (Absatzwerbung)
Werbung zur Frderung der Beschaffung (Beschaffungswerbung - Materialbeschaffung - Kapitalbeschaffung)
Werbung zur Gewinnung von Mitarbeitern
Quelle: Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 4. Aufl., S. 11.
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I. Einleitung
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Die uns interessierende Nachwuchswerbung kann demnach als eine Form der Personalwerbung eines Unternehmens zur Wirtschaftswerbung gerechnet werden. Nach Schweigert/Schrattenecker ist dies Marktwerbung, die davon ausgeht, dass Kommunikatoren ihre Aktivitäten in den Dienst kommerzieller Absichten stellen285. Dabei unterscheidet die Marktkommunikation zwischen symbolischer Kommunikation und Produktinformation. Während bei der Produktinformation das Produkt selbst Träger und Übermittler der Information ist (z.B. ein Tag der Offenen Tür, eine Flugschau bzw. die Wanderausstellungen »Unser Heer«, »Unsere Luftwaffe« und »Unsere Marine«), wird bei der symbolischen Kommunikation das Produkt physisch nicht greifbar, sondern in Wort und Bild dargestellt286 (Plakat, Anzeige). Die Vermittlung von Botschaften kann dabei über verschiedene Kanäle erfolgen, aber auch in verschiedenen Arten von Kommunikation verlaufen. Die symbolische Kommunikation kann als Individual- bzw. als Massenkommunikation287 auftreten. Während es sich bei ersterer um eine direkte und zweiseitige kommunikative Handlung handelt, deren Möglichkeit der direkten Rückkopplung aus dem kommunikativen Handeln eine tatsächliche Kommunikation werden lässt, ist die Massenkommunikation eine einseitige kommunikative Handlung. Sie ist vor allem durch einen dispersen Kreis von Kommunikanten gekennzeichnet288. Dies wiederum wirkt sich auf die Werbung aus. Das unüberschaubare, heterogene und anonyme Publikum innerhalb dieser einseitigen kommunikativen Handlung erschwert ohne die Möglichkeit eines Feedback eine Kommunikation. Bei dieser Massenkommunikation lässt sich nicht ad hoc ermitteln, ob und wie der Kommunikant mit der Botschaft erreicht wurde und ob sich letztlich der gewünschte Effekt einstellt. In der Konsequenz heißt das, dass der Kommunikator in der Massenkommunikation nicht unmittelbar erfährt, ob es ihm gelungen ist zu kommunizieren. Bei der Individualkommunikation hingegen steht sofort fest, ob aus einem kommunikativen Handeln auch eine Kommunikation wurde. Pürer führt daher für die Massenkommunikation den Begriff des einseitigen und somit asymmetrischen Kommunikationsprozesses an289. Die Nachwuchswerbung muss entsprechend mit Methoden der Massenkommunikation betrachtet werden, da sie sich an eine disperse Zielgruppe wendet. Das Modell Lasswells einmal mit Inhalt gefüllt, stellt sich wie folgt dar: 285 286 287
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Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 7. Ebd. Der Begriff ist vom englischen »mass communication« übernommen. Das Lexem »Masse« erweckt die Vorstellung, dass man die Kommunikanten von Massenkommunikation mit der »Masse« im Sinne Gustav le Bons oder José Ortega y Gassets gleichsetzen könne. Die Theorien der Massengesellschaft als auch der Instinkttheorie gelten inzwischen als überholt. Demgegenüber verstehen wir hier unter dem Terminus »Masse« im Wort »Massenkommunikation« eine heterogene, anonyme Vielzahl von Menschen, an die Botschaften gerichtet werden. Siehe hierzu auch Burkart, Kommunikationswissenschaft, S. 167 f. Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, S. 28 f. Zur Massenkommunikation auch Pürer, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, S. 74-87. Pürer, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, S. 78.
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I. Einleitung
Wer: Die zuständige Stelle für Nachwuchswerbung der Bundeswehr sagt Was: die Bundeswehr stellt Freiwillige ein/bietet Arbeitsplätze zu Wem: der Zielgruppe auf welchem Kanal: u.a. mit Plakaten und Anzeigen mit welcher Wirkung: Interesse und Reaktion der Zielgruppe. Es fällt auf, dass das Modell Lasswells die Möglichkeit des Feedback nicht einschließt. In der Praxis der Nachwuchswerbung ist die Rückkopplung an den Werbeimpuls – das Lasswell’sche »Was« – aber das eigentliche Ziel der »Kommunikation«. Eine der Möglichkeiten, dies zu erreichen, besteht darin, dem Medium ein Antwortinstrument wie z.B. einen Antwortcoupon, eine Telefonnummer oder – in neuester Zeit – eine E-Mail-Adresse beizufügen290. In den Anfängen der Nachwuchswerbung geschah dies anhand von Antwortcoupons, deren Rücksendung gleichzeitig als der eigentliche Indikator für den Erfolg der Werbung galt291. Die in dieser Arbeit untersuchten Bildquellen, die als Kommunikationskanäle zwischen einem Kommunikator und einer dispersen Gruppe von Rezipienten fungieren, sind Plakate292, Poster und Zeitschriftenanzeigen. Diese wiederum nutzen einen bestimmten Code, der sich in erster Linie grafischer Elemente bedient, nämlich Bild und Schrift zugleich. Der Nachwuchswerbung der Bundeswehr standen im untersuchten Zeitraum nicht nur die von uns ausgewählten Medien zur Verfügung, sie nutzte bisweilen auch völlig andere Wege, um ihre Zielgruppe zu erreichen, wie z.B. seit Anfang der 1970er-Jahre mit dem Bundeswehrschauorchester (Big Band der Bundeswehr unter Günter Noris) oder mit Preisausschreiben293. Doch stellen die untersuchten Quellen Medien innerhalb der Massenkommunikation dar, die anhand von Schrift und Bild eine physische wie symbolische Botschaft zwischen Kommunikator und Kommunikant vermitteln. Dabei versuchen die Werbetreibenden, die Attribute der Massenkommunikation durch Hilfsmittel der Rückkoppelung tendenziell in die Nähe der Individualkommunikation zu rücken. Ziel ist es, aus der ursprünglich kommunikativen Handlung eine wahre Kommunikation werden zu lassen und somit einen Kontakt, die Daten des potenziellen Bewerbers, zu erhalten. 290 291
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Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 9. Diese Auffassung teilen zeitgenössisch Kropff, Neue Psychologie in der neuen Werbung, S. 355-359; Holzschuher, Psychologische Grundlagen der Werbung, S. 256-263. Ein erweitertes Verständnis zur Erfolgsmessung bei Rogge, Werbung, S. 299-312. Zur generellen Problematik der Erfolgsmessung von Werbung siehe Halff, Die Malaise der Medienwirkungsforschung. Dorn, Plakat, S. 324-338. BA-MA, Bw 1/27831, Erfahrungsbericht Leiter IPStab vom 27.11.1969-30.9.1971, S. 38.
I. Einleitung
53 Vorgangsschema der werblichen Kommunikation
Produzent
Kommunikator (Sender, Werber) Werbekonzeption
Kodierung
Werbebotschaft
Kommunikationskanal
Selektion / Filter
Dekodierung Verstehen Akzeptieren
Kommunikant
Opinionleader
Konsum
Quelle: Sowinski, Werbeanzeigen und Werbesendungen, S. 46.
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I. Einleitung
Dazu bemühe ich mit Abbildung 3 ein weiteres Modell zur Werbekommunikation, um deren Komplexität zu verdeutlichen294. Diese spiegelt sich auch im Entstehungsprozess eines Werbemediums wider295. An diesem Prozess sind verschiedene Akteure beteiligt, wie der Auftraggeber (die Bundeswehr), der Produzent von werblichen Medienangeboten (verschiedene Werbeagenturen), Distributoren von werblichen Medienangeboten (Anzeigen, Plakate), die Rezipienten und schließlich die Verarbeiter (Medienkritiker oder Medienforscher)296.
c) Bildgestaltung: Der Einfluss von Agentur und Auftraggeber An dieser Stelle betrachten wir die Struktur der Produzenten werblicher Medienangebote, also der Werbeagenturen, unter dem Aspekt ihres Einflusses auf die Bildentstehung und -gestaltung. Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung und Verantwortlichkeit von Werbeagentur, Auftraggeber und Medien in Hinblick auf den Bildentstehungsprozess297. Ein Auftraggeber kann entweder auf eine organisationsinterne Werbeabteilung zurückgreifen oder sich auf eine externe Betreuung durch Werbeagenturen stützen298. Entscheidet sich ein Unternehmen für die zweite Möglichkeit, wird es zunächst eine Liste von Agenturen zusammenstellen. Am Ende einer Vorauswahl steht in der Regel eine Wettbewerbspräsentation zwischen den verbliebenen Konkurrenten. Ausgehend von einem allgemeinen Briefing erarbeiten die eingeladenen Agenturen innerhalb einer gesetzten Frist Vorschläge für ein umfassendes Werbekonzept. Die Agentur mit dem erfolgversprechendsten Ansatz erhält den Zuschlag. Dieser Ablauf wird uns in der Struktur der Nachwuchswerbung der Bundeswehr begegnen299. Die Werbeplanung verlangt auf Agenturseite eine Vielzahl komplexer Fragestellungen: gesellschaftliche, marktspezifische und gesetzliche Bedingungen, Mitbewerber, Unternehmenspolitik, Marketing- und Kommunikationsmix, Marktforschung und Verhalten der Zielgruppe. In der Betrachtung der vorliegenden Anzeigen- und Plakatwerbungen kommt der komplexen Kommunikationssituation eine wesentliche Rolle zu. Dabei ist in der Frage der Bildgestaltung das Wechselspiel zwischen der Bundeswehr als Auftraggeber und den jeweils beteiligten Werbeagenturen von
294 295
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Sowinksi, Werbeanzeigen und Werbesendungen, S. 46. Zur Medienwissenschaft und einzelnen Medien siehe Grundwissen Medien; Faulstich, Einführung in die Medienwissenschaft; Hickethier, Einführung in die Medienwissenschaft. Tropp, Die Verfremdung der Werbung, S. 97. Ebd. Die folgenden Aussagen bei Schweiger/Schrattenecker, Werbung, 5. Aufl., S. 129-135. Siehe dazu exemplarisch BA-MA, Bw 1/102209, IPStab 4, Az.: 01-55-01 vom 4.1.1973. Der Einweisungsvortrag und weitere vorbereitende Vorträge durch das BMVg in BA-MA, Bw 1/73655. Zur Arbeitsweise einer Werbeagentur Hattemer, Die Werbeagentur.
I. Einleitung
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zentraler Bedeutung. Dieses Problem beschäftigt uns um so mehr, je weniger eindeutig die Quellen hierzu Aussagen bieten. Doch wie groß ist der Einfluss der Werbung auf die Bildgestaltung? Sowinski bietet Erschließungsfragen zu den kommunikativen Bedingungen, um auf Entstehungsfaktoren Bezug nehmen zu können300. Auch Janich plädiert für eine genaue Beobachtung der Kommunikationsbedingungen301. Gleichzeitig beschreibt sie das methodische Dilemma aus Sicht der Sprachwissenschaftler und vergleichbar das der Historiker, wenn es um die interindividuelle Gültigkeit der Interpretation geht: »Werbung wird gesammelt und untersucht, und dann werden die sprachwissenschaftlich abgesicherten Ergebnisse hinsichtlich ihrer Werbewirkung, der geplanten wie der tatsächlichen, interpretiert. Zumeist stehen den Forscherinnen und Forschern dafür aber nur ihre eigenen Assoziationen zur Verfügung und nicht immer hat man die Zeit und die Möglichkeit, diese durch eine Umfrage abzusichern. Und ob sich die Werbetexter tatsächlich genau das dabei gedacht haben, was wir hinein- bzw. herausinterpretieren, oder ob nicht oft auch Sprachintuition auf der einen Seite, ganz bestimmte Vorgaben des Auftraggebers und werbegestalterische Rahmenbedingungen auf der anderen Seite eine Rolle gespielt haben, ist fraglich302.« Vor allem die Einflussnahme des Auftraggebers auf den Produktionsprozess und die eigenständige Ausgestaltung durch die Werbeagenturen stellen einen zentralen Aspekt der Bilddeutung dar. Das endgültige Urteil des Historikers über diesen Zusammenhang orientiert sich jedoch immer an der jeweiligen Situation und hängt dabei von der jeweiligen schriftlichen Quellenlage ab.
5. Die Mediensemiotik Der Begriff der Semiotik als Lehre von den Zeichen und den Zeichenprozessen wird nicht einheitlich verwendet303. Folgt man Umberto Eco, so kann unter Semiotik die Untersuchung aller kulturellen Abläufe als Kommunikationsprozesse verstanden werden. Dabei soll gezeigt werden, wie diesen kulturellen Abläufen Systeme zugrunde liegen304. In ihrem Versuch, diese Prozesse kommunikativ zu 300 301 302 303
304
Sowinski, Werbeanzeigen und Werbesendungen, S. 54. Janich, Werbesprache, S. 35. Ebd., S. 40. An dieser Stelle wird auf eine ausführliche Darstellung der Semiotik verzichtet und auf die Masse an Einführungen verwiesen: Barthes, Elemente der Semiologie, erstmals erschienen in Communications, 4/1964 als Eléments de sémiologie. Barthes, Das Reich der Zeichen; Bense, Zeichen und Design; Semiotik und Massenmedien; Eco, Einführung in die Semiotik; Morris, Grundlagen der Zeichentheorie, erstmals erschienen als Foundations of the theory of signs, Chicago 1938; Nöth, Handbuch der Semiotik; Sebeok, Theorie und Geschichte der Semiotik; Trabant, Elemente der Semiotik; Volli, Semiotik. Eco, Einführung in die Semiotik, S. 38.
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verstehen, bedient sich die Semiotik des Begriffes des Zeichens, das die kleinste Einheit darstellt305. Kommunikation stellt somit einen Schlüsselbegriff der Semiotik dar, gleichwohl umfasst diese einen größeren Bereich als ausschließlich den der Kommunikation. Die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen haben sich der Semiotik, jeweils auf ihre Art, bedient306. Insofern stellt mein Versuch, Elemente der Semiotik in die Historische Bildkunde einzubinden, nichts grundlegend Neues dar. Die Semiotik der Werbung und die Semiotik des Bildes sind Winfried Nöth zufolge Teilaspekte der Mediensemiotik307. Auch wenn die Semiotik keinen einheitlichen medienwissenschaftlichen Ansatz bietet, so liegt eine mögliche Erkenntnis darin, die Botschaften der Medien im Allgemeinen und die der Werbung im Speziellen nicht nur als verbale Texte, sondern auch im Rahmen einer nonverbalen, visuellen Kommunikation zu betrachten308. Somit entsteht die Möglichkeit, die Werbung und die in ihr und durch sie vermittelten Bilder in ihrem jeweiligen sozialen und kulturellen Umfeld zu analysieren. Dies rückt die semiotische Methode in die Nähe der Mentalitätsgeschichtsschreibung. Im Folgenden sollen die semiotischen Ansätze lediglich dafür genutzt werden, ein Instrument für die Bilddeutung innerhalb der Bildanalyse der Historischen Bildkunde zu gewinnen. Die Semiotik als theoretisches Modell in seiner ganzen Tiefe steht hier ebensowenig zur Diskussion309, wie eventuelle psychoanalytisch argumentierende Ansätze semiotischen Ursprungs310. Doch soll kurz auf die theoretischen Grundlagen eingegangen werden, insofern sie für das Verständnis der Semiotik notwendig sind.
a) Semiotik für Historiker Etymologisch hat der Begriff der »Semiotik«, verstanden als Zeichen oder Signal, seinen Ursprung im Griechischen311. Im 16. Jahrhundert taucht er zum ersten Mal im Zusammenhang mit Medizin auf, wird dort später jedoch durch das Wort »Diagnostik« abgelöst. Ende des 19. Jahrhunderts nimmt die Semiotik 305
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An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Semiotik der 1960er- und 1970er-Jahre durch den Strukturalismus geprägt war. Für den Historiker, der die Semiotik als Hilfswissenschaft nutzen möchte, gilt es, »Gesetzmäßigkeiten« in der Geschichte kritisch gegenüberzustehen. Vgl. Dosse, Geschichte des Strukturalismus, Bd 1 und Bd 2; Der französische Strukturalismus. Über den Einfluss des so genannten »linguistic turn« auf die Geistes- und besondere die Geschichtswissenschaft siehe: Hunt, Psychologie, S. 671-693. Bechstein, Werbliche Kommunikation; Fledelius, Zur Semiotik der Geschichte, S. 362-370; Hahn, Werbediskurs; Sartorti, Pressefotografie; Seidensticker, Werbung mit Geschichte; Zielke, Beispiellos ist beispielhaft. Nöth, Handbuch der Semiotik, siehe Kapitel IX Mediensemiotik, S. 467-511. Ebd., S. 467. Siehe auch Lahusen, Zur Ikonographie visueller Kommunikation, S. 91-115. Blanke, Vom Bild zum Sinn; Bildsemiotik, S. 219-340, Sonesson, Die Semiotik des Bildes, S. 127-160. Bonfadelli, Medienwirkungsforschung, Bd 2, S. 137 f. Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 1.
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als Wissenschaft, wie wir sie heute kennen, Gestalt an. Ohne auf die weiteren begrifflichen und theoretischen Vorreiter312 der modernen Semiotik Bezug zu nehmen, sei auf die Überlegungen von Charles Sanders Peirce313, Ferdinand de Saussure314 und Charles W. Morris315 verwiesen. Peirce gilt als Begründer der neueren Semiotik, die er für die allgemeinste Wissenschaft, die Grundlage des Denkens hielt316. Parallel zu den linguistisch ausgerichteten Überlegungen seines Zeitgenossen de Saussure317 entwickelte er ein Semiosemodell, das auf einer triadischen Relation des Zeichens basiert (Zeichen – Objekt – Interpretant). Erst durch die Rezeption des Werks von Peirce in den 1960er-Jahren wurde die Semiotik zur Erforschung auch non-verbaler Prozesse herangezogen318. De Saussure ordnete die allgemeine Sprachwissenschaft, als Lehre der Schriftzeichen, der Semeologie unter. Im Gegensatz zu Peirce entwickelte er ein dyadisches Zeichenmodell von Lautbild (Signifikant) und Vorstellung (Signifikat). Morris wiederum beschäftigte sich maßgeblich mit dem Zeichenverhalten319. Für ihn barg die Semiotik darüber hinaus die Möglichkeit, einen »Schritt in Richtung auf die Integration der Wissenschaften«320 zu
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Siehe hierzu die Entwicklung von der Antike über das Mittelalter und die Renaissance bis ins 20. Jahrhundert bei Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 4-57. Siehe auch Sebeok, Theorie und Geschichte der Semiotik, S. 18-43 sowie den Sammelband von Historiographia Semioticae. Charles Sanders Peirce, *10.9.1839, †19.4.1914, US-amerikanischer Gelehrter, gilt als Begründer der modernen Semiotik. Den Namen sprich wie engl. »purse«. Gilt als USamerikanischer Universalgelehrter und bis heute als der bedeutendste Philosoph in der Geschichte der USA. Siehe hierzu Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 59-70. Siehe auch: Oehler, Charles Sanders Peirce. Ferdinand de Saussure, *26.11.1857, †22.2.1913, Schweizer Sprachwissenschaftler. Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Original erschienen 1916 unter dem Titel Cours de linguistique générale. Siehe hierzu Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 71-77. Charles William Morris, *1901, †1974/9, US-amerikanischer Semiotiker. Morris, Grundlagen der Zeichentheorie. Siehe hierzu Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 88-94. Siehe dort auch die widersprüchlichen Lebensdaten. Withalm, Zeichentheorien der Medien, S. 134. De Saussure kommt das Verdienst zu, als erster den Begriff der »Semeologie« in die moderne Sprachwissenschaft eingeführt zu haben. Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, S. 19. Er sah eine Wissenschaft, »welche das Leben der Zeichen im Rahmen des sozialen Lebens untersucht«, voraus, denn sie »würde uns lehren, worin die Zeichen bestehen und welche Gesetze sie regieren«. Beachte die Schreibweise »Semeologie« in der vorliegenden ersten deutschen Übersetzung durch Hermann Lommel und die Schreibweise »Semiologie« bei Nöth, passim. Zur Konkurrenz der Begriffe »Semiotik« und »Seme(i)ologie«, die in den romanischen Ländern heute noch synonym verwendet werden, bleibt festzuhalten, dass sich der erste Begriff in der internationalen Forschung seit einem Konferenzbeschluss von 1969 durchsetzte, obwohl einige Autoren aus terminologischen Gründen eine sprachliche Unterscheidung für notwendig halten, welche uns hier aber nicht weiter beschäftigen soll. Hahn, Werbediskurs, S. 40. Withalm, Zeichentheorien der Medien, S. 134. Morris, Grundlagen der Zeichentheorie, S. 18.
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tun, womit er bereits 1938 der Debatte um die These der »Zwei Kulturen«321 Charles Snows vorgriff. In der vorliegenden Arbeit soll die Semiotik für die Historische Bildkunde genutzt werden, um die komplexen Zusammenhänge der denotativen Ebene und der dahinter verborgenen konnotativen Ebene herauszuarbeiten und ihre Rolle für die Bildvermittlung zu klären322. Dazu ist es nötig, sich mit einigen Termini der Semiotik vertraut zu machen323. Eine der grundlegenden Annahmen geht von der Arbitrarität der Zeichen aus. Das heißt, dass Worte ihre Bedeutung erst durch den Code einer Sprachgemeinschaft erlangen, da sie nichts von Natur aus Existierendes sind. Die Denotation eines Zeichens ist seine grundlegende Position in einem semantischen Feld, das durch Konvention einer Sprachgemeinschaft geschaffen wurde. Die Konnotation eines Zeichens hingegen zielt auf die hinter der Denotation liegende Ebene ab und verleiht einem Zeichen weitere Bedeutungen im semantischen Feld. Diese bestehen aus einer großen Zahl gedanklicher Assoziationen und unterschwelligen Bewertungen. Auf der Grundlage von Peirces dreigliedrigem System folgt eine Trichometrie von Ikon, Index und Symbol, die ich im Folgenden näher erläutern will, da deren Begriffswelt in die vorliegende Arbeit einfließt. Bei einem Index besteht ein physischer Zusammenhang zwischen dem Zeichen und dem bezeichneten Gegenstand. So ist Rauch beispielsweise ein Index für Feuer. So wie die schäumende Gischt am Bug eines Schnellbootes ein Index für eine rasante und kraftvolle Fahrt über ein Meer sein kann. Ein visueller Index also teilt aufgrund eines Systems von Konventionen etwas mit, was wiederum bedeutet, dass Indizes, um als solche verstanden werden zu können, auch als konventionelle Zeichen betrachtet werden können324. Bei einem Ikon hingegen besteht eine Ähnlichkeit zum bezeichneten Gegenstand aufgrund innerer Merkmale des Zeichens. So ist ein auf dem Werbeplakat abgebildeter Soldat oder Panzer ein Ikon für einen realen Soldaten oder Panzer. Ein Zeichen kann ein Ikon sein, gleichzeitig aber auch als Index verstanden werden. Dann nämlich, wenn der Rauch nicht nur ein Index für Feuer darstellt, sondern einfach nur den Rauch »an sich« abbilden soll. Das grundsätzliche und philosophische Problem, dass ein Ikon zwar eine Realität abbildet, diese aber auf dem Plakat nicht fühlbar wird, weil es kein materielles Element ist und nur dem Bezeichnetem gleich erscheint, soll für unsere Belange nicht von Interesse
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Charles Percy Snow, *15.10.1905, †1.7.1980, englischer Romancier, Wissenschaftler und Staatsbeamter, hielt 1959 in Cambridge einen Vortrag mit dem Titel »The two Cultures and the Scientific Revolution« in dem er u.a. die These vertrat, dass die Geistes- und Naturwissenschaften zwei grundsätzlich verschiedene Kulturen repräsentierten. Die Rede ist auf deutsch abgedruckt in: Snow, Die zwei Kulturen, S. 11-25. Bonfadelli, Medieninhaltsforschung, S. 164. Die denotative Ebene beinhaltet die konstante begriffliche Grundbedeutung, die konnotative Ebene umfasst individuelle, regional unterschiedliche Bedeutungskomponenten. Für die folgenden Termini übersichtlich Bonfadelli, Medieninhaltsforschung, S. 162-166. Eco, Einführung in die Semiotik, S. 199.
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sein325. Wichtig und für die Analyse von Werbeträgern relevanter ist die Feststellung Ecos, dass der ikonische Code eine »semantische Beziehung zwischen einem Zeichenträger und einer schon codierten Wahrnehmungsbedeutung326« herstellt. Das heißt, dass das Ikon einen Gegenstand abbildet, dessen Denotation aber auch Konnotation beim Empfänger der Werbebotschaft bekannt ist. Dies führt uns zu dem Schluss, dass Werbebotschaften nichts grundsätzlich »Neues« kreieren, sondern sich auf Bekanntes beziehen. So kann das Ikon »Panzer« eben nicht nur das Denotat »ein Kampfpanzer eines besonderen Typs« darstellen, sondern eben auch Stärke, Macht, Dynamik, Waffengewalt, Zerstörungskraft usw. konnotieren. Diese Informationen sind bei jedem Betrachter, der aus dem Konventionsbereich des Codes stammt, gleichermaßen vorhanden und werden nicht erst neu evoziert. Das bedeutet aber zugleich, dass jedes Bild bzw. jedes Zeichen in Bezug zum Objekt von verschiedenen Personen verschieden gelesen und verstanden werden kann. Je mehr ein Zeichen also einen Code benutzt, der vieldeutig verstanden werden kann, desto wahrscheinlicher ist es, dass die psychische Botschaft nicht verstanden wird. Diese Wechselwirkung gilt es zu beachten, wenn Aussagen über die Wirkung von Werbebotschaften bzw. über vermittelte Bilder getroffen werden sollen. Zuletzt unterscheidet Pierce noch das Symbol. Für ihn ist ein Symbol ein willkürliches Zeichen, dessen Beziehung zum Gegenstand arbiträr durch einen Code festgelegt ist, wie z.B. das Eiserne Kreuz an Kampffahrzeugen ein Hoheitszeichen darstellt, oder das Stoppschild im Straßenverkehr ein arbiträrer Code ist, der Autofahrer zum Stoppen auffordert.
b) Die Semiotik als Instrument der Bilddeutung Im Folgenden diskutiere ich die Semiotik nicht als Methode der Werbewirkung oder der Historischen Bildkunde, sondern als Instrument der Bilddeutung. Das Bild, in unserem Fall Werbe- und Gebrauchsgrafiken, Poster und sonstige bildliche Darstellungen, ist, dem Verständnis der Semiotik folgend, nichts anderes als eine Vielzahl von Zeichen bzw. eine Komposition derselben327. Dennoch ist der Begriff des Bildes nicht eindeutig. Es öffnet sich vielmehr ein semantisches Feld, das eine Dualität bzw. eine Polyvalenz offenbart. Eine Bedeutung des Begriffes »Bild« bezeichnet das real existierende oder visuell wahrgenommene Bild (die Mona Lisa, das Werbeplakat). Der darüber hinaus reichende Begriff ist der des rein mentalen Bildes, das ohne äußere Reize nicht wahrgenommen, sondern eher in der Vorstellung, vielleicht sogar als Idee, vor325
326 327
Ebd., S. 204. Siehe auch S. 213: »Das ikonische Zeichen konstruiert also ein Modell von Beziehungen (unter graphischen Phänomenen), das dem Modell der Wahrnehmungsbeziehungen homolog ist, das wir beim Erkennen und Erinnern des Gegenstandes konstruieren. Wenn das ikonische Zeichen mit irgendetwas Eigenschaften gemeinsam hat, dann nicht mit dem Gegenstand, sondern mit dem Wahrnehmungsmodell des Gegenstandes.« Ebd., S. 208 f. Nöth, Handbuch der Semiotik, S. 473 f. Auch zu den folgenden Überlegungen.
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handen ist (Klischee, Wunschdenken, Vorstellung). Denkbar sind auch Bildbegriffe, die von Ideal- oder Vorbildern, aber auch von sprachlichen Bildern ausgehen. Die verschiedenen Bildbegriffe bedingen jedoch einander und das umso mehr, je weiter wir uns dem Bild in der Werbung nähern. In unserem Falle verschmilzt das reale, aufgedruckte Bild auf einem Werbeplakat mit dem perzipierten Bild der Bundeswehr, sei es durch die Wahrnehmung oder durch den Vergleich des vermittelten mit dem mentalen, bereits im Kopf befindlichen Bild, das der Betrachter von der Bundeswehr hat. Interessant aber ist die Frage, weshalb genau dieses materielle Bild vonseiten der Werbemacher vermittelt wurde und welche Eindrücke und Vorstellungen, also durchaus Bilder, es evoziert? Welches Bild der Bundeswehr soll vermittelt werden und welches hat der Betrachter bereits im Kopf, bzw. wird auf diesem Wege erzeugt? Wer vermittelte dem Jugendlichen ein mentales Bild über die Bundeswehr? Hier spielen Meinungsbildner wie Familie, Lehrer, ehemalige Soldaten der Wehrmacht, Medien usw. eine Rolle. Es ist zu fragen, ob nicht das Soldatenbild der Wehrmacht, einerseits als Kommiss und Barras verschrien, andererseits als heroische Kämpfer konnotiert, das Bild von der Bundeswehr in der Frühzeit geprägt haben könnte? Doch kommen wir zunächst zu verschiedenen Ansätzen, die sich seit den 1960er-Jahren mit der Analyse von Werbeanzeigen beschäftigen. Leo Spitzers Analyse einer Sunkist (»sun-kissed«)-Werbeanzeige basierte in erster Linie auf den Werkzeugen der Linguisten, womit darauf hingewiesen ist, dass seine Untersuchung nicht nur den Text der Reklame, sondern vielmehr auch das Bild aus der Sicht und mit den Mitteln des Sprachwissenschaftlers anging. Auffallend sind seine Versuche, bestimmte einzelne Bildteile in Analogie zu Stilmitteln der Sprache zu setzen, ohne auf die Frage einzugehen, ob es eine Bildrhetorik oder Bildgrammatik328 überhaupt gibt329. Anders geht Roland Barthes in seiner Analyse einer Panzani-Werbung vor330. Das Werbeplakat zeigt ein Einkaufsnetz, in welchem sich verschiedene Produkte der Marke Panzani (Spaghetti, Sauce, Parmesankäse) sowie marktfrisches Gemüse (Tomaten, Pilze, Zwiebeln) wiederfinden. Am unteren Bildrand findet sich ein Text (Pates-Sauce-Parmesan/A l’italienne de Luxe), des Weiteren findet sich auf den Produktpackungen die Textaufschrift »Panzani«. Barthes differenziert zwischen drei Nachrichten: einer linguistischen, einer codierten ikonischen (symbolischen) und einer nicht codierten ikonischen (buchstäblichen). Auf der linguistischen Ebene ist der Text einzuordnen, der in französischer Sprache abgefasst, für ein italienisches Produkt wirbt. Zur Unterscheidung der beiden ikonischen Nachrichten führt Barthes die Begriffe Denotation und Konnotation ein, wobei die buchstäbliche Nachricht der Denotation und die symbolische der 328 329 330
Bildgrammatik. Spitzer, Amerikanische Werbung, S. 180-205. Barthes, Rhetorik des Bildes, S. 158-166. Zur Kritik an Barthes siehe Sonesson, Die Semiotik des Bildes, S. 127-160.
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Konnotation entspricht331. So findet sich auf der buchstäblichen Ebene die Beschreibung der oben bereits angesprochenen Gegenstände, das halb geöffnete Netz, aus dem die benannten Lebensmittel fallen. Die symbolische Ebene konnotiert aus dem marktfrischen Gemüse »zwei euphorische Werte«332, nämlich die Frische der Produkte der Marke Panzani und die traditionelle Zubereitung durch die Hausfrau. Auch die in den italienischen Landesfarben abgebildete Werbung, inklusive der in dieser Farbe gehaltenen Früchte und Gemüse konnotieren »italienisch«. Auf diese Weise wird ein bestimmtes, durchaus auch auf touristischen Klischees beruhendes Bild von Italien vermittelt und die Verbindung mit der linguistischen Nachricht »Panzani« hergestellt. Der französische Wortklang der linguistischen Nachricht in Verbindung mit »de Luxe«, konnotiert, neben dem bildlich vermittelten Eindruck von Frische, Fülle und Natürlichkeit, eine gewisse »noblesse«333. Durch diese Differenzierung gelingt es Barthes, aus den abgebildeten Ikons und deren Komposition nicht nur deren buchstäbliche Bedeutung (Denotation) herauszulesen, sondern darüber hinaus deren symbolische Nachricht (Konnotation) zu erkennen. Diese Konnotationen wiederum basieren in ihrer Bedeutung auf kulturellen Codes, deren Erkennen durchaus zwischen einzelnen Individuen schwanken kann, je nach Bildung und Wissen. Zusätzlich bilden für Barthes alle in der vorliegenden Reklame vorkommenden Konnotationen eine Rhetorik des Bildes, für die es zum Teil sprachwissenschaftliche Gegenstücke gebe: So steht eine reife, rote Tomate für das »Italienische« und stellt auf diese Weise eine Metonymie334 dar. Diese Analyse Barthes' erweitert die Untersuchung der Sunkist-Reklame Leo Spitzers um entscheidende linguistische und semiotische Aspekte und ist durch den Strukturalismus geprägt. Für Heinz Bonfadelli markiert der Aufsatz Barthes’ den Ausgangspunkt für die visuelle Semiotik335. In Deutschland war es Hermann Ehmers, der sich 1970/71 mit seiner Analyse einer Doornkaat-Reklame an Barthes orientierte336. Ehmers Erkenntnisinteresse ist in erster Linie am Bild als Kunstwerk ausgerichtet, das im Kunstunterricht der Schule das Informations- und Manipulationspotential von Bildern aufdecken soll, also der von Adorno und Horkheimer vertretenen gesellschaftskritischen Wirkung von Werbung folgt337. Ehmer beginnt in seiner Analyse mit der Beschreibung der Reklame, die er die buchstäbliche Nachricht nennt. Hinter 331 332 333 334
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Barthes, Rhetorik des Bildes, S. 162. Ebd., S. 161. Damit ist bewusst die Bedeutung von »noblesse« als einer Geisteshaltung gemeint. Metonymie, gr. Umbenennung, gehört zu den Tropen, also den Wörtern mit übertragener Bedeutung; Ersatz des eigentlichen Wortes durch ein anderes, das mit dem gemeinten in realer Beziehung steht. So steht z.B. eine abgebildete Konserve mit Rindfleisch für eine lebendige Kuh. Bonfadelli, Medieninhaltsforschung, S. 166. Ehmer, Zur Metasprache der Werbung, S. 162-178. Beachte die falsche Seitenangabe für die Abbildung der Reklame, die sich auf S. 226 befindet. Zur Kritik an Ehmer siehe Heller, Wie Werbung wirkt, S. 92-98. Ehmer, Zur Metasprache der Werbung, S. 163.
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dieser ersten Ebene vermutet Ehmer eine weitere, nämlich die der versteckten (codierten) Nachricht. Hier unterscheidet er, im Gegensatz zu Barthes, zwischen einer versteckten linguistischen und einer versteckten ikonischen Nachricht. Umberto Eco setzte die Grundannahmen, die Barthes gewonnen hatte, 1972 in Italien um338. Er unterscheidet bei den Reklamecodes wie Barthes und Ehmer eine verbale und eine visuelle Nachricht, die er Register nennt339. Das linguistische Register dient, wie bei Barthes, der Verankerung der visuellen Botschaft, die aufgrund ihrer Codierung durchaus missdeutet werden kann. Das visuelle Register unterteilt sich seinerseits in fünf Ebenen: a) die ikonische Ebene (Denotation), b) die ikonographische Ebene (Konnotation), c) die tropologische Ebene (Stilmittel), d) die topische Ebene (plausible Argumentationsmittel), e) die enthymematische Ebene (Schlussfolgerungen). Allein der Versuch, die Aufzählung dieser fünf Ebenen des visuellen Registers auf Anhieb zu verstehen, führt dem Historiker den Satz Talkenbergers (Gefühl der Inkompetenz) erneut und in aller Deutlichkeit vor Augen. Dennoch müssen wir uns der Bedeutung dieser Begriffe nähern, um sie für den Gebrauch der Historischen Bildanalyse nutzbar zu machen. Unter der ikonischen und ikonographischen Ebene fassen wir für unsere Analyse die Denotation und Konnotation der einzelnen Zeichen. Wobei Eco für die ikonographische Ebene zwei Codierungstypen nennt: den historischen und den modernen. Im ersten finden historische Elemente Verwendung (z.B. steht die Aureole für Heiligkeit). Im zweiten Codierungstyp hingegen finden sich moderne bzw. zeitgenössische Elemente. Die tropologische340 Ebene umfasst die visuellen Äquivalente der verbalen Tropen, geht aber über diese hinaus, da die Reklamesprache »typische Tropen der visuellen Kommunikation eingeführt [hat], die nur schwer auf präexistente verbale Tropen zurückgeführt werden können«341. Das heißt, wir versuchen aus den Zeichen und deren Anordnung untereinander Stilmittel zu isolieren, die die Wirkung bestimmter Bilder verstärken und somit auf den Betrachter wirken. Die topische342 Ebene enthält die Argumentationsmuster der Zeichen, wendet sich also eher an die Darstellungsinhalte. Diese Ebene wird abgeschlossen durch die enthymematische343 Ebene, die aus den Bildern und Argumenten die 338 339 340
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Eco, Einführung in die Semiotik, S. 267-292. Ebd., S. 271. Tropus: Sammelbegriff der klassischen Rhetorik für Wörter mit »übertragener« Bedeutung, die sich als variierender Ersatz des normalen, »eigentlichen« Wortes auffassen lassen. Als Beispiele: Allegorien, Antonomasie, Hyperbel, Litotes, Metapher, Synekdoche. Eco, Einführung in die Semiotik, S. 273. Als Stilmittel nennt der Verfasser an dieser Stelle den Litotes, die Hyperbel, die Metapher, die doppelte Metonymie oder die Antonomasie. Topos: Aus der Argumentationslehre der antiken Rhetorik stammende Bezeichnung für ein plausibles Argumentationsmuster, das inhaltlich verschieden konkretisiert und dann als Schlussregel eines Enthymems in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt werden kann. Enthymem: Von Aristoteles in die Rhetorik eingeführter Begriff der Argumentationslehre für ein Schlussverfahren, das nicht der logischen Deduktion, sondern der alltagssprachlichen Begründung und Durchsetzung von Meinungen dient. Argument und Schlussregel des Enthymems müssen nicht wahr, sondern nur plausibel sein.
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Schlussfolgerung zieht. Beide Ebenen bedingen sich. Versuchen wir uns dem Gegenstand anhand eines Beispiels Ecos zu nähern344: So denotiert ein Bild eine junge Frau, die sich lächelnd über eine Säuglingswiege beugt, aus der sich ihr Kinderarme entgegenrecken. Dies konnotiert »junge Mutter«, gleichzeitig aber ruft es eine Reihe von Persuasionen hervor, die wie folgt umschrieben werden können: »Mütter lieben ihre Kinder – es gibt nur eine Mutter – die Liebe der Mutter ist die stärkste von allen – Mütter beten ihre Kinder an – alle Kinder lieben ihre Mutter usw.« Über diese Topoi hinaus werden jedoch weitere Argumentationsmuster konnotiert, die lauten könnten: »wenn alle Mütter so sind, warum sollten Sie dann nicht auch so sein?« An dieser Stelle wird nun klar, wie aus diesen Topoi plausibel erscheinende Argumentationsschlüsse, die Enthymeme, folgen, wie z.B. »alle Mütter tun nur das, was ihren Kindern gut tut – alle Mütter füttern ihre Kinder mit dem Produkt X – wer seine Kinder mit dem Produkt X füttert, tut seinen Kindern Gutes – und ist selbst eine gute Mutter«. Anhand des Argumentationsschlusses wird auch der Tropos, nämlich eine Antonomasie, die in der Reklame eine dominierende Stellung innehat, deutlich345. Die enthymematische Ebene verlangt im strengen semiotischen Sinne eine Gliederung der Argumente, die aber für die historische Analyse der Werbeplakate nicht relevant ist. Für meine Analyse der Werbemedien der Bundeswehr möchte ich dennoch den Ansatz Barthes’ und Ecos übernehmen, auch wenn dieser weiter unten für unsere Bedürfnisse modifiziert wird. Das heißt zunächst, ich unterscheide ein verbales und ein visuelles Register. Vom visuellen Register übernehme ich eine ikonische und ikonographische Ebene, die ich im Folgenden als buchstäbliche (Denotation) und als symbolische (Konnotation) Nachricht im Sinne Barthes’ verstehe. Hier empfiehlt es sich, die Reihenfolge einzuhalten. Ecos weiterführende Differenzierung der Stilmittel, Argumente und Schlussfolgerungen werden zudem aufgenommen. Allein bei der tropologischen, topischen und enthymematischen Ebene wollen wir in einer an historischen Erkenntnissen interessierten Arbeit die Grenzen zur Sprachwissenschaft nicht überschreiten. Diese Punkte bilden meiner Meinung nach zwar einen wesentlichen Aspekt einer jeden persuasiven Kommunikation, da sie verdeckt zu einem Handeln auffordern können. Aber auch wenn die Gefahr besteht, Fachregeln zu verletzen, müssen linguistische oder semiotische Feinheiten unberücksichtigt bleiben. Unter der tropischen Ebene wollen wir die eingesetzten rhetorischen Stilmittel verstehen, die aus der Anordnung der einzelnen Zeichen entstehen und die Aussage eines Bildes bzw. die Wirkung der Argumente und Schlussfolgerungen unterstützen. Der Ansatz Barthes’ und Ecos bedarf nicht nur einer Anpassung an die Bedürfnisse der Historischen Bildkunde. So schlägt Sowinski vor, die fünf Ebenen 344 345
Das folgende Beispiel ist nachzuschlagen bei Eco, Einführung in die Semiotik, S. 274 f. Ebd., S. 273 f. Antonomasie, griech.: »andere Benennung«: Ersatz eines Eigennamens durch einen umschreibenden Gattungsnamen oder eine Wortgruppe. Beispiel: Barbarossa = Kaiser Friedrich I.
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Ecos durch eine weitere der grafischen Mittel zu ergänzen. Denn auch grafische Elemente wie Drucktyp, Schriftart oder Farbenwahl üben einen Einfluss auf den Betrachter aus, indem sie bestimmte Stimmungen vermitteln. So kann die Verwendung der Schriftgruppe der Gebrochenen Schriften wie z.B. der Fraktur bei einer Asbach-Uralt Werbung Werte wie Tradition und Erfahrung konnotieren346. Dieser Meinung schließe ich mich an und nehme den Aspekt der grafischen Elemente mit in meine Überlegungen auf347. Die Möglichkeit, Elemente eines Bildes in ihre Bestandteile zu zerlegen unter Anwendung von Werkzeugen, die in der Linguistik und in der Semiotik erprobt und bewährt sind, bietet Vorteile gegenüber der bisherigen kunstgeschichtlich ausgerichteten Historischen Bildkunde. Auf diese Weise ist es möglich, Aussagen einzelner Bilder durch eine entsprechende Analyse aufzudecken, was vor allem dem persuasiven Charakter der Werbung entgegenkommt. Zwischen den Vorgehensweisen Panofskys und Wohlfeils einerseits und Ecos und Barthes’ andererseits tun sich allerdings Parallelen auf. Diese liegen in der Natur des Bildes, wenn es darum geht, zunächst ein Bild zu beschreiben und anschließend in einen Kontext gestellt zu analysieren. Der empirische Ansatz und das Erkenntnisinteresse der Semiotik erscheinen jedoch für die Analyse von Werbeplakaten des 20. Jahrhunderts angemessener als der bisweilen metaphysisch anmutende Ansatz Panofskys.
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Sowinski, Werbung, S. 84. Rebel, Druckgrafik; Teschner, Fachwörterbuch für visuelle Kommunikation.
II. Historische Entwicklungslinien Angelehnt an die hier überwiegend verwendeten Subdisziplinen der Geschichtswissenschaft – Militär- und Werbegeschichte sowie Historische Bildkunde – führt dieses Kapitel an den Untersuchungsgegenstand heran. Betrachtet werden die Entwicklungen von Soldatenwerbung, Reklame und Werbung sowie des Soldatenbildes in der Werbung der Wehrmacht.
1. Soldatenwerbung ... Die Werbung von Soldaten war im Gegensatz zu verschiedenen Wehrergänzungs- und Wehrersatzformen bis Ende der 1990er-Jahre ein nur spärlich bestelltes Feld innerhalb der deutschen Militär- und Gesellschaftsgeschichte1. Im Zuge der »neuen Militärgeschichtsschreibung«2 und einer regeren Publikationsbereitschaft ist in den letzten Jahren eine vermehrte Hinwendung zum Soldatenalltag und somit auch der Soldatenwerbung vor allem in der Frühen Neuzeit zu verzeichnen3.
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Bleckwenn, Bauernfreiheit durch Wehrpflicht, S. 55-72. Den sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen Aspekt betonen stärker Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr; Eckert, Ulrich Bräkers Soldatenzeit, S. 122-190; Rosenberg, Soldatenwerbung. Ältere Werke: Bötte, Rekrutierung und Beurlaubung; Heuel, Werbungen in der Reichsstadt Köln; Thum, Die Rekrutierung. Das Thema der Soldatenwerbung in der Frühen Neuzeit ist für den Geschichtsunterricht pädagogisch-literarisch verarbeitet in Raab, Dierk, der Klingenschmied. Die Reihe hat den Anspruch, Schülern an ausgewählten Bildern einzelne »Epochen an Hand eindrücklicher Beispiele« zu zeigen. Vorwort, o.S. Dabei zeigt sich, welche einseitigen und falschen »Bilder«, die nicht mehr dem Stand der Forschung entsprechen, als Erziehungsinstrumentarien Verwendung finden. Pröve, Vom Schmuddelkind zur anerkannten Subdisziplin? Als Überblick: Klio in Uniform?; als regional begrenzte Untersuchung: Huck, Soldatenhandel in der Sattelzeit, S. 183-200; Kroll, Soldaten im 18. Jahrhundert; Mastnak, Werbung und Ersatzwesen, S. 119-142; Muth, Flucht aus dem militärischen Alltag; Pröve, Stehendes Heer, S. 33-43; Pröve/Winnige, »... kein großer Trieb zu Krieges-Diensten«, S. 91-99; Schneider, Heeresergänzung und Sozialordnung; Tresp, Söldner aus Böhmen; Winter, Untertanengeist durch Militärpflicht? Als Beispiel für die Auswertung USamerikanischer Werbeanzeigen Reiß, Kampf für den »American Way of Life«, S. 77-103.
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a) ... für Stehende Heere Die Frage nach der Nachwuchswerbung ist die nach der Perspektive von Werbendem und Geworbenem. Herrscher und Heerführer warben, bemühten sich also dem Wortsinne nach – zumindest seit dem Europa des Dreißigjährigen Krieges – um Soldaten4. Folgten im Mittelalter die Vasallen ihrem Lehnsherren aus der Verpflichtung zur Landfolge5 (un-)freiwillig in die Schlacht, so ersetzten die Söldnertruppen seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts allmählich die militärisch überkommenen Aufgebotsheere6. Mit dem Aufkommen des Absolutismus und dem Ende des Dreißigjährigen Krieges7 verschwand die Gattung der Söldnertruppen allmählich, die Bötte als Übergangserscheinung verstanden wissen will; sie wich den ersten stehenden Verbänden8 und verschiedenen Formen der Defensionswerke9. Obwohl überlieferte Werbeplakate in Form von Flugschriften beweisen, dass schon im frühen 18. Jahrhundert bildlich um die Gunst von jungen Männern geworben wurde, um die landeshoheitlichen Regimenter zu füllen10, ist doch nur wenig über das Procedere der Werbung und die Ursachen für den Entschluss zum freiwilligen Dienst dieser jungen Männer bekannt11. Nicht nur die Werbung und mit ihr auch die Lebensverhältnisse der Soldaten, im Sinne einer »Militärgeschichte von unten«12, sondern generell das Militär als Faktor der Frühen Neuzeit findet erst seit den letzten Jahren Beachtung13. 4
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Zur Entwicklung des Berufsfeldes des Soldaten siehe Rogg, Der Soldatenberuf in historischer Perspektive, S. 396-408. Schnitter, Die überlieferte Defensionspflicht, S. 29 f. Die Söldnerheere begannen die Ritterheere bereits im 14. Jahrhundert abzulösen. Als Überblick Papke, Von der Miliz zum Stehenden Heer, S. 1-311. Neben den Söldnertruppen etablierte sich aber aus der Landfolge stammend parallel die Defensionspflicht, die eine Vorform, aber keine frühe Form der Wehrpflicht gewesen ist. Siehe hierzu Schnitter, Die überlieferte Defensionspflicht, S. 33 f. Zum Söldnerwesen am Beispiel Böhmens siehe Tresp, Söldner aus Böhmen. Zur bildlichen Darstellung von Werbung und Musterung im 16. Jahrhundert siehe Rogg, Landsknechte und Reisläufer, S. 22-33. Burkhardt, Der Dreißigjährige Krieg, S. 213-224. Bötte, Rekrutierung und Beurlaubung, S. 28. Winter, Untertanengeist durch Militärpflicht?, S. 40-42. Der Verfasser betont, dass die »Kombination aus stehenden Kerntruppen und nur zeitweise dienenden Teilen« darauf verweist, dass nur schwerlich von den »›stehenden Heeren des Absolutismus‹« gesprochen werden kann (S. 42). Fiedler, Militärgeschichte im Zeitalter des Absolutismus, S. 44. Werbeplakat von 1740 für das Regiment Anhalt-Zerbst. Pröve, Stehendes Heer, S. 5; Hansen, Zur Problematik einer Sozialgeschichte, S. 440. Der Krieg des kleinen Mannes. So diese Untersuchungen stattgefunden haben, sind sie dem Urteil Pröves zufolge durch »diplomatie- und organisationsgeschichtliche Fragestellungen« geprägt. Pröve, Stehendes Heer, S. 4. Dem Verfasser ist zuzustimmen, wenn er die für diese Desiderate verantwortlichen Berührungsängste deutscher Historiker auf die jüngste deutsche Vergangenheit und die Interpretation und Instrumentalisierung der Militärgeschichtsschreibung vor 1945 verantwortlich macht. Dass der Streit über die Zuordnung und das Verständnis der Militärgeschichtsschreibung noch lange nach 1945 nicht geklärt war, zeigen 1958 die Artikel im Militärischen Taschenlexikon, demzufolge die Militärgeschichte als Subdisziplin
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Entwicklungslinien in der Nachwuchswerbung im weitesten Sinne vermögen aber nicht nur Organisationsstrukturen oder gesellschaftsgeschichtliche Tendenzen aufzuzeigen, sondern weisen in erster Linie auf einen anderen – durchaus banalen – Umstand hin: Geworben werden muss verstärkt dort, wo ein Mangel herrscht, sei es, weil keine Dienstpflicht vorgesehen war, sei es, dass Männer dem freiwilligen Dienst nicht (mehr) nachkamen. Die Stehenden Heere des 17. und 18. Jahrhunderts kannten keine Wehrpflichtarmeen14, wenngleich zum Beispiel Preußen mit der Kantonatsverfassung erste Schritte zu einem Rekrutierungssystem verfügt hatte15. Da jedoch diese Systeme noch lange Zeit unzureichend blieben und aufgrund vieler »Exemtionsbestimmungen«16 der Bedarf vor allem an Mannschaften nur unzureichend gedeckt werden konnte, war die Werbung, vor allem unter Ausländern, ein wesentlicher Bestandteil der Rekrutierung und entwickelte sich zu einem »grenzüberschreitenden Gewerbe17«. Tresp spricht in diesem Zusammenhang bereits für das späte 15. Jahrhundert von einem Söldnermarkt im Spannungsgefüge zwischen Angebot und Nachfrage18. Mit der Werbung waren Offiziere beauftragt, welche diese Aufgabe an ihre jeweiligen Untergebenen delegierten. In Friedenszeiten war zum Beispiel in Kurhannover der Kompaniechef für die Werbung verantwortlich und hatte sämtliche Kosten, wie das Handgeld für den neuen Soldaten und die Prämie für den erfolgreichen Werber sowie die erste Ausrüstung des Neuen und die Spesen des Werbenden, aus eigenen Mitteln zu bestreiten19. In außenpolitischen
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einer allgemeinen Militärwissenschaft weiterhin applikatorisch interpretiert wurde, siehe S. 205 und 210 f. Zum Themenkomplex der Wehrpflicht siehe grundlegend Die Wehrpflicht. Bleckwenn, Bauernfreiheit durch Wehrpflicht, S. 58. Das Kantonatssystem von 1733 enrollierte jeden männlichen Untertanen nach seiner Geburt. Jeder in solchen Rollen Erfasste hatte, wenn nötig, bis zu seinem Tode Kriegsdienst zu leisten. Angesichts der merkantilistisch ausgerichteten Wirtschaftspolitik durften jedoch niemals alle Mannschaften eines Kantons gezogen werden. Zum Wechselspiel zwischen Kantonatssystem und der Werbung von Soldaten siehe Rosenberg, Soldatenwerbung, S. 100-110. Auch Winter, Untertanengeist durch Militarisierung? Stübig, Die Wehrverfassung Preußens, S. 40 f. Neben der sozialen Herkunft, wie beim Adel, richtete sich die Befreiung vom Dienst nach Bildung und Besitz, da diese Faktoren für den Staatsdienst außerhalb des Militärs unentbehrlich waren. Pröve, Stehendes Heer, S. 33. Demnach war das Geschäft mit der Werbung phasenweise so lukrativ, dass nicht nur Militärs und Landesherren, sondern auch Privatleute hohe Gewinne erzielen konnten. Vor allem für »stark nachgefragte« Männer, wie z.B. potentielle »Lange Kerls«, wurden hohe Summen geboten. Die »Langen Kerls« waren aufgrund ihrer langen Arme begehrt, mit denen sie in der Lage waren, die langen Gewehre treffsicher zu bedienen. Unter »Ausländern« wurden in erster Linie Deutsche anderer Landsmannschaft verstanden. Zum Soldatenalltag und auch zum Aspekt der Werbung siehe Muth, Flucht aus dem militärischen Alltag. Älter, jedoch sehr ausführlich: Eckert, Ulrich Bräkers Soldatenzeit, S. 122-190. Zum Soldatenhandel siehe Huck, Soldatenhandel in der Sattelzeit, S. 183-200. Tresp, Söldner aus Böhmen, S. 173-190. Pröve, Stehendes Heer, S. 34. Neben diesen Ausgaben nahm der Kompaniechef aber auch Gelder aus den Reihen seiner Soldaten ein. Der Verfasser bezeichnet Kompanie und Kompaniechef als eine wirtschaftliche Interessengemeinschaft. Zur Situation unter dem
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Krisen- und Kriegszeiten übernahm der Kurfürst die Werbekosten, wenn die Sollzahlen der Kompanien erhöht werden mussten. Die Geschichte der Soldatenwerbung der Frühen Neuzeit wird häufig als die von Pressung und Desertion dargestellt20. In Zeiten, in denen der Ausfall der Soldaten durch Tod, Verwundung oder Desertion hohe Zahlen erreichte, und gleichzeitig der Druck zur Nachbesetzung wegen des Krieges hoch war, verfuhren die Werber in der Tat nicht zimperlich21. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und nicht haltbarer Versprechen wurden Männer überzeugt, aber sie wurden auch durch Alkoholisierung, Androhung von Gewalt oder sonstige Formen von Einschüchterung zum Dienst »gepresst«. Stefan Kroll zeigt zudem auf, dass deviante junge Männer von ihrer Umwelt unter Zwang den Werbern zugeführt wurden, was auf ein Bild des Militärs »als einer Korrektur- und Disziplinaranstalt22« verweist. Aber nicht nur unfreiwillig, sondern eben auch freiwillig traten viele Männer aus allen Schichten einem Regiment bei. Dabei lassen sich drei Motive unterscheiden23: Abenteuerlust und Neugier, Ausweg aus einer persönlichen Notsituation24 und nicht zuletzt der Militärdienst aus Berufung und als Alternative zu einem bürgerlich-zivilen Lebensentwurf. Hatte sich ein junger Mann zum freiwilligen Dienst entschlossen, suchte er in seinem Bezirk einen Werber auf und handelte in der Regel bestimmte Konditionen wie Länge der Dienstzeit und Höhe des Handgeldes mit diesem aus25. Noch während der Napoleonischen Kriege funktionierte dieses Werbungssystem. Mit der Auflösung der kurhannoverschen Armee 1803 fanden sich viele Soldaten, Offiziere wie Mannschaften, außerhalb ihrer gewohnten Sozialordnung wieder und traten häufig in die neu aufzustellende britische Kings German Legion ein. Deren mit britischen Werbebriefen ausgestattete Chefs bauten gezielt ein Werbernetz im besetzten Gebiet auf, das, oft durch die Bevölkerung
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Großen Kurfürsten siehe Bötte, Rekrutierung und Beurlaubung, S. 37-42. Beachte hier auch den Versuch, die aus dem Truppendienst entlassenen Soldaten in der Region anzusiedeln. Hierzu wurde Bauholz zugeteilt und die Ehemaligen von bestimmten Abgaben befreit. S. 38, Anm. 1. Siehe auch Winter, Untertanengeist durch Militärpflicht?, S. 45-47. Der Landesherr war also durchaus bemüht, die ausgebildeten Soldaten und zugleich vermeintlich treuen Untertanen anzusiedeln. Es kann aber auch die Frage gestellt werden, inwiefern potentielle Soldaten hiermit zu werben waren, d.h. inwiefern hier bewusst Anreize geschaffen wurden. In der Schulbuchliteratur beispielhaft verarbeitet und verbreitet bei Raab, Dierk, der Klingenschmied. Zu den verschiedenen »extraordinären« Methoden siehe Rosenberg, Soldatenwerbung, S. 134-136. Pröve, Stehendes Heer, S. 39-43. Auch Rosenberg, Soldatenwerbung, S. 138-141. Der Verfasser zeigt eindrucksvoll, dass bei der Werbung von beiden Seiten, also sowohl vonseiten der Werber als auch der zu Werbenden, »Straftaten« begangen wurden. Soldaten im 18. Jahrhundert, S. 106, generell S. 98-112. Pröve, Stehendes Heer, S. 37 f. Darunter fallen finanzielle Verpflichtungen, familiäre Probleme und die Flucht vor Schikanen des Lehrmeisters. Die Höhe des Handgeldes hing interessanterweise nicht nur von der Länge der Dienstzeit, sondern auch von der Körpergröße des Freiwilligen ab. Hier galt erneut, je länger der Soldat, desto besser die Beherrschung des langen Gewehrs.
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unterstützt, die ehemaligen Hannoveraner im Visier hatte26. Aber auch in britischen Kriegsgefangenenlagern wurden deutsche Soldaten angeworben, um in die Kings German Legion aufgenommen zu werden. Dabei überzeugten der relativ gute englische Sold sowie das hohe Handgeld und die attraktiven bunten Uniformen27. Inwieweit hier grafische Werbemittel zum Einsatz kamen, ist nicht überliefert, darf aber angesichts eines im modernen Sinne nicht existenten Werbeverständnisses und der Notwendigkeit zur heimlichen Werbung im besetzten Ausland bzw. in Gefangenenlagern eher die Ausnahme denn die Regel gewesen sein. Deutlich wird allerdings, dass jene, die freiwillig der Armee beitraten, sich Vorteile von ihrer Verpflichtung versprachen, bzw. mit der Befreiung ihrer Heimat von der französischen Besatzung idealistische Ziele verfolgten. Vorteile, die sich ein Soldat erdienen konnte, bestanden über die reale Versorgung im täglichen Leben hinaus in verschiedenen Formen von Renten, späteren Anstellungen im Staatsdienst und schließlich für Offiziere in besonderen Gnadenbekundungen ihres Landesherrn.
b) ... für Wehrpflichtarmeen des 19. Jahrhunderts Der Sieg über Napoleon brachte im Zuge der preußischen Reformen28 die Einführung der Wehrpflicht mit sich und somit erstmalig ein Rekrutierungssystem, das davon ausging: »Alle Bewohner des Staats sind geborne Verteidiger desselben29.« Mit der Einführung der Wehrpflicht entfiel die Notwendigkeit, Mannschaften im großen Stile anzuwerben. Die Offiziere ergänzten sich aus den alten Offiziersfamilien30. Anders wurde die Situation nun für den länger dienenden Unteroffiziernachwuchs. In Preußen hatten die nach drei Jahren der Wehrpflicht ausscheidenden Mannschaften die Möglichkeit zu kapitulieren, das heißt, sie konnten sich zum weiteren Dienst als Unteroffizier verpflichten31. Die Laufzeit lag zwischen einem und zwölf Jahren. Nach Beendigung der Dienstzeit hatte der Soldat ein Anrecht auf Zivilversorgung32. Thomas Schneider kommt jedoch in seiner Untersuchung, die sich auf das Württembergische beschränkt, zu dem 26 27 28 29
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Mastnak, Werbung und Ersatzwesen, S. 120-129. Ebd., S. 142. Walter, Preußische Heeresreformen. Das Zitat stammt aus § 1 des »Immediatbericht[s] der Militär-Reorganisationskommission« vom 15.3.1808. Abgedr. in: Die Reorganisation des Preußischen Staates, T. 2, Bd 1, S. 324. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 2, S. 6. Zum Selbstverständnis des Offizierkorps in der Gesellschaft siehe Demeter, Das Deutsche Offizierkorps. Zum Komplex der Kapitulanten in der alten Armee siehe Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 2, S. 166-175. Siehe auch Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd 2, Abschnitt IV, S. 108 (Beitrag Messerschmidt). Stübig, Die Wehrverfassung Preußens, S. 49-53.
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Schluss, dass die Zahl der Unteroffiziere, die sich freiwillig weiter verpflichteten, niemals auch nur annähernd ausreichte33. Auch Rudolf Absolon stimmt dem indirekt zu, wenn er äußert, dass ab 1825 »geeigneter Unteroffiziernachwuchs immer schwieriger zu beschaffen war«34. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Unteroffizierlage waren praktischer Art und sollten potenziell Interessierten Anreize bieten: So wurde 1842 die Verpflichtungsdauer gekürzt, neue Dienstgrade eingeführt, höher dotierte Dienstposten vermehrt und schließlich die Uniformen attraktiver gestaltet35. Für die Revolutionsjahre 1848/49 beziffert Sabrina Müller die Zahl freiwillig länger dienender Soldaten in preußischen Einheiten auf rund 25 Prozent und die Zahl der freiwillig dienenden Mannschaften in süddeutschen Regimentern auf ein bis drei Prozent36. Obwohl die Forschungsliteratur zu diesem Themenkomplex durch ein Desiderat gekennzeichnet ist, bleibt anzunehmen, dass keine institutionalisierte Werbung betrieben wurde, die auf grafische Medien zurückgriff. Für uns muss an dieser Stelle offen bleiben, mit welchen Medien die Armeeführung attraktivitätssteigernde Neuerungen in die Öffentlichkeit kommunizierte. Für die Zeit des Kaiserreiches bleibt das Wissen über die Art und Weise, wie die Armee ihren Nachwuchs für Unteroffiziere und Offiziere werblich ergänzte, ebenfalls spärlich. Doch scheint auch hier für die Aspiranten auf eine Offizieranwärterstelle zu gelten, dass sie sich bei einem Regiment ihrer Wahl bzw. in ihrer Nähe meldeten. Die weiterbestehende Wehrpflicht scheint dazu geführt zu haben, dass zumindest im Mannschaftsstand ausreichend Soldaten vorhanden waren37, aus deren Kapitulanten sich die Unteroffiziere rekrutieren ließen. Der Beitrag eines unbekannten zeitgenössischen Autors offenbart für die ersten Jahre nach der Reichsgründung ein interessantes Eingeständnis: nämlich den Mangel an Feldwebeln und Unteroffizieren in den Kompanien38. Der Beitrag ist insofern aufschlussreich, als er uns vor Augen führt, dass selbst in einer Armee, die in der vorangegangenen Dekade erfolgreich drei Kriege gefochten
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Schneider, Heeresergänzung und Sozialordnung, S. 161. Im Zeitraum zwischen 1828 und 1866 hätten sich in den vier untersuchten Oberämtern nur 336 Freiwillige gemeldet. In der selben Zeit wurden 10 825 Männer ausgehoben. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 2, S. 164. Ebd. Müller, Soldaten in der deutschen Revolution, S. 123. Schmidt-Richberg, Die Regierungszeit Wilhelms II., S. 49-53. Nach dem Urteil des Verfasser konnten aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums um die Jahrhundertwende nicht alle wehrpflichtigen und gleichzeitig wehrtauglichen Männer einberufen werden, so dass zu Kriegsbeginn 1914 rund 5,4 Millionen wehrtaugliche Männer nicht ausgebildet waren (S. 52). Zur Umsetzung der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen siehe auch Walter, Preußische Heeresreformen, S. 470-482. Der Unteroffizier-Mangel, S. 6. Gründe sind unter anderem darin zu suchen, dass viele Unteroffiziere im Krieg 1870/71 ihr Leben verloren bzw. durch die Doppelrechnung der Kriegsjahre drei Jahre früher versorgungsberechtigt wurden. Durchschnittlich fehlten mindestens fünf Unteroffiziere pro Kompanie (S. 9).
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hatte und ein hohes gesellschaftliches Ansehen39 genoss, ein Nachwuchsproblem existieren konnte. Dies erstaunt umso mehr, als die Armee immer wieder als Hort und Geburtshelfer der Nation verklärt wird. Ungeachtet der Tatsache, dass hier eine einseitig national ausgerichtete Historiografie betrieben wurde, werden Parallelen zum Unteroffiziermangel wenige Jahre nach Ende der Napoleonischen Kriege offenkundig. In beiden Fällen sank die Zahl des Unteroffiziernachwuchses, kurz nachdem »populäre« Kriege geführt wurden. Und eben so, wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts attraktivitätssteigernde Maßnahmen ergriffen worden waren, diskutierte der unbekannte Autor 60 Jahre später Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Unteroffizierberufes. Dies nährt die Annahme, dass zu keinen Zeiten eine (deutsche) Armee über ausreichend spezialisierten Nachwuchs verfügte und stets ähnlich auf den Mangel reagierte, wie selbst noch im Falle der Bundeswehr zu sehen sein wird40. Die dabei in dieser Schrift diskutierten Maßnahmen, die »Unterofficiercarriere durch noch andere Mittel wieder zu einer begehrenswerthen machen«41 zu wollen als durch die Aufstockung des Soldes, kulminierten in zwei Ebenen, die bereits 1846 ähnlich zu fassen sind: Die eine betrifft das Bild des Soldaten in der Öffentlichkeit, sein Prestige also. Die andere die Versorgungsansprüche während und nach der Dienstzeit. Zur ersten Ebene gehören Vorschläge wie die Verbesserung von »Aeusserlichkeiten« durch Verschönerungen der Uniform, die das Ansehen des Unteroffiziers stärken sollten42. Maßnahmen, die auf die nach innen gerichteten Dienstvorteile abzielten, fanden sich in den Bereichen Sold, Kasernenleben43 sowie in der wissenschaftlichen Betätigung des Unteroffiziers und der Verbesserung der Unteroffizierschulen44. Mit anderen Worten: Es wurde versucht, Anreize nach innen und außen zu setzen, um jungen Menschen den Unteroffizierberuf als denkbare Berufsalternative zu präsentieren. Wie wir später sehen werden, finden sich diese Überlegungen dem Sinn nach bei der Bundeswehr der 1960er-Jahre wieder45. Kapitulanten, die sich entschlossen hatten, ihre Dienstzeit zu verlängern, um Unteroffiziere zu werden, schlug der Kompaniechef bei entsprechender Eig-
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Zum Komplex von Militär und bürgerlicher Gesellschaft siehe neuerlich Becker, Strammstehen vor der Obrigkeit?, S. 87-113 und die dort genannte Literatur. Siehe hierzu auch die Studie »Personallage der Offiziere in der Geschichte und in der Bundeswehr. 1967« in: BA-MA, Bw 1/25488. Der Unteroffizier-Mangel, S. 6. Der Unteroffizier-Mangel. Hierunter verstand der Autor z.B. die Einführung eines Offizier-Seitengewehrs und Portepees für höhere Unteroffiziersränge, S. 33. Hier war an das Einrichten von separaten Unteroffizierküchen und Kantinen in der Kaserne gedacht bzw. an die bessere Ausstattung der Unteroffizierstuben. Der UnteroffizierMangel, S. 19-21, 24 und 51. Zum Komplex der Unteroffiziersvorschulen und –schulen siehe Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 1, S. 146-149. Siehe hierzu eine Studie zur Behebung des Unteroffiziermangels im Heer in: BA-MA, Bw 1/315307 von 1963. Vergleiche die beinahe identischen Ansätze mit der Schrift des Unbekannten von 1873.
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nung dem Regiments- bzw. Bataillonskommandeur vor46. Diese von Detlef Bald als dezentralisiertes Rekrutierungssystem bewertete Nachwuchsgewinnung hatte Bestand bis über die Heeresvermehrung der 1930er-Jahre hinaus47 und weist darauf hin, dass keine zentrale Nachwuchswerbung betrieben wurde. Der wirtschaftliche Vorteil bestand im Anspruch des Militäranwärters auf eine untere oder mittlere Stelle im Beamten- und Verwaltungsapparat; ein Verfahren, das zunächst bis in die Wehrmacht hinein bestand und auch bei der Bundeswehr angewendet wird48. Die Zulassung des Nachwuchses zum Offizierberuf im Kaiserreich war nicht frei49. Bewerber mussten, so sie nicht aus »erwünschten Kreisen« stammten, einem »Adel der Gesinnung«50 entsprechen. Die Auswahl des Nachwuchses war also ein Instrument der Herrschaftssicherung51. Der Mangel an Offiziernachwuchs aus adeligen oder staatstragenden Kreisen musste, zumal im Zuge der Heeresvergrößerungen vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, über die teilweise Öffnung dieses Berufsstandes für bestimmte bürgerliche Kreise kompensiert werden. Freiwillige, die sich dezentral bei einem Truppenteil bewarben, wurden nach ihrer Ausbildung und Offiziersprüfung vom jeweiligen Offizierkorps eines Regimentes kooptiert und vom Regimentskommandeur eingesetzt52. Da jedoch nicht jeder Bewerber gesellschaftlich erwünscht war, ist davon auszugehen, dass eine flächendeckende, grafisch unterstützte Werbung nicht stattfand. Diese Annahme wird durch den Umstand gestützt, dass die grafische Werbeindustrie in Deutschland erst seit den 1890er-Jahren Gestalt annahm53. Eine Ausnahme mag die Flottenpropaganda des Nachrichtenbureaus des Reichsmarineamtes darstellen, das jedoch im Verbund mit dem Flottenverein eher eine politische als eine Soldatenwerbung betrieb54. Während das Heer seinen Nachwuchs dezentral über die Regimenter gewann, organisierte die kaiserliche Marine ihr Annahmeverfahren zentral55; was vermutlich auf andere Organisationsstrukturen (keine Regimentergliederung) zurückzuführen ist. Ein-
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Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr, S. 52. Zur Frage, ob Regiments- oder Bataillonskommandeur über die Annahme entschieden, siehe Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 2, S. 12, hier v.a. Anm. 42. Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr, S. 53; Förster, Militär und staatsbürgerliche Partizipation, S. 58-61. Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr, S. 53 f. Nach Hintze, Der Beamtenstand, S. 53, war diese Versorgungsleistung »eine bleibende Einrichtung in Preußen und dann auch allgemein im Deutschen Reich [...], weil man nur so den nötigen Ersatz für das Unteroffizierkorps gewinnen konnte [...].« Zum deutschen Offizier im 20. Jahrhundert siehe Bald, Der deutsche Offizier. Der Erlass Wilhelms II. über die Ergänzung des Offizierkorps vom 29.3.1890 in: Offiziere im Bild, Nr. 59, S. 197. Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr, S. 20. Armee und Marine, S. 134-151. Siehe hierzu Kapitel II.2. Deist, Flottenpolitik und Flottenpropaganda; Etmanski, Blaue Jungens, S. 105-131. Doepner, Zur Auswahl der Offizieranwärter, T. 1, S. 200.
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gehende Meldungen wurden an die Seekadetten-Annahme-Kommission in Kiel weitergeleitet, wo die Aspiranten entsprechende Prüfungen ablegen mussten56.
c) ... zwischen 1918 und 1945 Nach 1918 war das deutsche Militärwesen an den Vertrag von Versailles gebunden, der die Obergrenze für die Reichswehr bei rund 115 000 Mann festlegte und die Wehrpflicht abschaffte57. Obwohl sich der Kern der Weimarer Kaderarmee aus ausgewählten freiwilligen Soldaten des Ersten Weltkrieges und der Freikorps rekrutierte58, bestand die Notwendigkeit zur Ergänzung des Personalbedarfs. Nun war nicht mehr nur Nachwuchs für Unteroffiziere und Offiziere59 sicherzustellen, sondern auch Nachwuchs für die Mannschaftsstellen. Wie Wohlfeil berichtet, deckten in den Anfangsjahren der Reichswehr die Bewerberzahlen nicht die zu besetzenden Stellen, was sich jedoch im Laufe der Stabilisierung der Armee und der Wirtschaftskrisen zugunsten der Reichswehr änderte60. Absolon urteilt daher, dass die Reichswehr nicht unter Nachwuchssorgen litt61. Über Werbemaßnahmen im weitesten Sinne schweigen sich beide Autoren aus. Wohlfeil nennt jedoch die Wehrkreiskommandos als Leiter der Heeresergänzung und die Truppenteile als die eigentlichen Werbestellen, deren Werbemaßnahmen keiner parlamentarischen Kontrolle unterstanden62. Inwieweit es sich dabei um Nachwuchswerbung im eigentlichen Sinne handelte, muss offen bleiben. Entweder wurden sie in ihrer Region werbend tätig63 oder waren lediglich die Anlaufstellen für die Interessenten, die sich bei ihrem Wunschtruppen-
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Armee und Marine, S. 151-176, hier S. 156. Das Vertragswerk ist abgedruckt in: Der Vertrag von Versailles, S. 118-375. Siehe die Artikel 160, 163, 183 und 199. Demnach waren 100 000 Mann für das Heer, 15 000 für die Marine und kein Personal für die Luftstreitkräfte erlaubt. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 1, S. 30 f. Gordon, Die Reichswehr, siehe Kap. 3.III und 3.IV, S. 66-77. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 2, S. 40-47. Zum Werdegang eines Offizieranwärters aus möglicherweise biografischer Sicht siehe Meier-Welcker, Der Weg zum Offizier im Reichsheer, S. 147-180; Doepner, Zur Auswahl der Offizieranwärter, T. 1, S. 200-203; Doepner, Zur Auswahl der Offizieranwärter, T. 2, S. 259-263. Einen Eindruck vermittelt auch Maizière, In der Pflicht, S. 21-33. Wohlfeil, Heer und Republik, S. 177, 184. Aufgrund des Handbuchcharakters findet sich leider keine Quellenangabe. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 1, S. 151, hier v.a. Anm. 741, wonach auf 50 bis 80 im Jahr freiwerdende Stellen in einem Truppenteil die bis zu hundertfache Zahl an Bewerbern, darunter viele Abiturienten, kam. Ähnliche Zahlen bei Volkmann, Die Reichswehr, S. 329-337. Wohlfeil, Heer und Republik, S. 184. Dazu zeitgenössisch auch Hedler, Aufbau des Ersatzwesens. Der Verfasser weist ausführlich in Kapitel XX auf den freiwilligen Eintritt in die Wehrmacht hin, doch findet sich kein Hinweis auf institutionalisierte Werbung vonseiten der Wehrmacht. Wie eine solche aktive Werbung ausgesehen haben mag, bleibt offen. Vorstellbar sind eher Paraden und Musikvorführungen, als das Anschlagen von Flugblättern oder Schalten von Anzeigen.
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teil dezentral bewarben64. Erkennbar bleibt allein die gedankliche Kontinuität zu älteren Armeen, in denen die Truppe selbst für die Nachwuchsgewinnung zuständig war. Dass die Werbung sich im heutigen Rahmen eines pluralistischen Staates abgespielt hat, ist kaum anzunehmen. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die 1926/27 geführte Diskussion um die Wehrersatzfrage in eine Regierungskrise mündete65. Kern des Anstoßes war der Vorwurf, die Reichswehr arbeite auch auf dem Gebiet der Nachwuchsgewinnung mit der so bezeichneten »Schwarzen Reichswehr«66 zusammen, wobei die Zusammenarbeit stellenweise soweit reichte, dass »Verbindungsoffiziere« so genannter vaterländischer Vereine eigene »Werbebüros« unterhielten, in denen Bewerber für die Reichswehr ihre Unterlagen einzureichen hatten, und deren Vorsteher auch über die Aufnahme in die Reichswehr entschieden67. Dennoch waren die Chefs der Einheiten befugt, die Auswahl der Freiwilligen selbst vorzunehmen und sich bei einem späteren Verhältnis von 15:1 zwischen Bewerbern und freien Stellen nicht nur die erfolgversprechendsten jungen Männer, sondern auch die von ihrer politischen Ausrichtung »integeren« Soldaten auszuwählen68. Auch die Bewerber für Offiziersstellen wurden durch den Regiments- oder Bataillonskommandeur vorgeschlagen, nachdem sie ihre Ausbildung durchlaufen hatten69. Für den freiwilligen Eintritt in die Armee dürften vor allem in wirtschaftlich schwachen Zeiten handfeste Vorteile gesprochen haben: Offiziere wie Unteroffiziere und Mannschaften erhielten in der Reichswehr mehr Gehalt als noch im Kaiserreich. Gleichzeitig sorgte der Staat für die ausscheidenden Soldaten und erleichterte den Übergang ins Zivilleben. So standen dem Offizier bereits nach zehn Jahren Dienst ein lebenslängliches Ruhegehalt bzw. Übergangsgelder nach vier Dienstjahren zu. Darüber hinaus konnten ehemalige Soldaten eine Beamtenlaufbahn einschlagen70. Für Unteroffiziere und Mannschaften bestand die Möglichkeit, in den letzten Dienstjahren auf Heeresfachschulen und anderen Ausbildungseinrichtungen weitergebildet zu werden, bzw. erhielten sie mit Eingliederungsscheinen für den öffentlichen Dienst oder finanziellen Abfin-
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Doepner, Zur Auswahl der Offizieranwärter, T. 1, S. 200 f. Trampe, Reichswehr und Presse, S. 105-119. Zur Frage der Integration der Reichswehr in die Weimarer Republik siehe Vogelsang, Zur innenpolitischen Position, S. 311-324. »Schwarze Reichswehr«, unscharfer Sammelbegriff und inoffizielle zeitgenössische Bezeichnung für Zeitfreiwillige und Arbeitskommandos, mit denen Reichswehrführung und Heeresleitung den Aufbau von Einrichtungen betrieben, »die eine vertragswidrige, unter dem Gesichtspunkt ihrer Vorsorge für die Landesverteidigung jedoch begreifliche Verstärkung der bewaffneten Macht bedeuteten«. Wohlfeil, Heer und Republik, S. 207. Trampe, Reichswehr und Presse, S. 105 f. Der erhobene Vorwurf zielte darauf ab, dass die Offizierkasinos mit »siebenmal gesiebten rechtsgerichteten Kreisen aufgefüllt« werden, wie der Vorwärts vom 9.10.1926 auf S. 1 schrieb. Zit. nach Trampe, Reichswehr und Presse, S. 107. Wohlfeil, Heer und Republik, S. 182 f. Ebd., S. 178. Ebd., S. 181.
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dungen Mittel an die Hand, um den Übergang in das Zivilleben erfolgreich zu gestalten71. Dies zeigt, dass dem Soldaten vor Eintritt in die Armee Argumente an die Hand gegeben wurden, die ihm unter Umständen die Entscheidung erleichterten. Lediglich die Frage, wie dies geschah, ob diese Informationen visuell kommuniziert wurden oder ob Informationsmaterialien auslagen, bleibt offen. Bereits vor der Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten begann die Reichswehrführung mit Rüstungsplanungen zum Ausbau des Friedensheeres72. Im Dezember 1933 nahmen im Rahmen von Planungen zum Aufbau eines 300 000-Mann Heeres die Probleme der Personalgewinnung einen größeren Raum ein73, nachdem zuvor finanz- und rüstungstechnische Aspekte im Vordergrund der Überlegungen gestanden hatten. Und obwohl bereits im Dezember 1933 davon ausgegangen wurde, dass 1934 eine allgemeine Dienstpflicht eingeführt werden würde74, betonte der Chef des Wehramtes die Notwendigkeit, dass die »Truppenteile [...] sofort mit allem Nachdruck werben« müssten75. Somit schien der Reichswehrleitung bereits früh klar zu sein, dass sie im Rahmen der Heeresvermehrung auf dem Gebiet der Werbung stärker als noch in den 1920er-Jahren tätig werden musste. Der Vorbehalt absoluter Geheimhaltung in dieser Tarnphase76 verlangte jedoch eine besondere »Propaganda [...] Sie darf aber nur von Mund zu Mund erfolgen77.« Auf gar keinen Fall durften die Presse oder politische Verbände eingeschaltet werden, wobei das »Herantreten an den Einzelnen bekannten Stahlhelmmann usw., der einen Sohn hat, mit der Angabe es sei78 gerade noch eine Stelle frei79« im Rahmen der erlaubten Propaganda lag. Diese besondere »Flüsterpropaganda« mag neben der tradierten Werbeform mit ein Grund dafür gewesen sein, keine Werbe- bzw. Propagandaorganisation für den Nachwuchs zu installieren. Zumal sich als Träger der Werbung neben 71 72
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Ebd., S. 185 f. Geyer, Das Zweite Rüstungsprogramm, S. 125-172. Beachte die hier abgedruckten Dokumente. Rautenberg, Drei Dokumente zur Planung eines 300 000-Mann-Friedensheeres, S. 103-139. Aus einer Denkschrift des Truppenamtes in der Heeresleitung vom 14.12.1933 über den Aufbau des künftigen Friedensheeres. Dokument abgedruckt in Rautenberg, Drei Dokumente zur Planung eines 300 000 Mann-Friedensheeres, S. 115-117, demnach auch in BAMA, RH 15/34. Zur Einführung der Wehrpflicht siehe Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 3, S. 6-22. Aus einer Niederschrift über die Besprechungen im Reichswehrministerium am 20. und 21.12.1933 zum Aufbau des 300 000-Mann-Heeres. Dokument abgedruckt in Rautenberg, Drei Dokumente zur Planung eines 300 000-Mann-Friedensheeres, S. 119-127, auch in BA-MA, RH 53-7/v.1086. Sywottek, Mobilmachung. BA-MA, RH 53–7/v.430. Schreiben vom 10.8.1932 des Wehrkreiskommandos (Bayer.) VII – 7. (Bayer.) Division. Besprechung vom 8.8.1932 beim Heeres-Personalamt. S. 5 des Schreibens (p. 54). Hervorhebung im Original. Zur Mund-zu-Mund-Propaganda siehe auch Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 72 f., v.a. das zweite Kapitel. Der Verfasser bezieht sich auf dieselbe Quelle. Dieses Wort ist im Dokument handschriftlich eingefügt. BA-MA, RH 53-7/v.430. Schreiben vom 10.8.1932. S. 5 (p. 54).
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der Truppe80 die am 1. Dezember 1933 entstandenen »Reichswehrwerbestellen«, hinter deren Tarnbezeichnungen sich die neu geschaffenen »Wehrbezirkskommandos« verbargen, herauskristallisierten81. Diese waren die Zubringer »des Bedarfs an Freiwilligen und später Dienstpflichtigen82«. Erst ein knappes Jahr später, vom 1. November 1934 an, betrieb die Reichswehr das Werbegeschäft des Friedensheeres offen83, legte Reichswehrminister Werner von Blomberg84 den Befehlshabern nahe, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit für die Wehrmacht zu betreiben85. Bis dahin jedoch hatte die Heeresleitung noch 1934 darauf hingewiesen, dass das Werben in öffentlichen Reden und in der Presse verboten sei. Gleichzeitig aber verkündete sie, dass die Reichswehrwerbestellen ihren Bedarf an Ergänzungsmannschaften aus Angehörigen der SA und der SS zu decken und deswegen bei deren Dienststellen Personal anzufordern hätten86. Das Hauptmotiv der Nachwuchspropaganda bildete in dieser Tarnphase weiterhin die in den 1920er-Jahren betriebene Rekrutierungspolitik der »erwünschten Kreise«87. Wie die eigentliche Werbung der Reichwehrwerbestellen ausgesehen haben mag, vermittelt das Beispiel zur Aufbringung Freiwilliger für Grenzschutzergänzungseinheiten des Wehrbereichskommandos VII. In Frage kamen Verbindungsaufnahmen mit örtlichen SA-Dienststellen, vorläufig noch nicht mit der SS, mit den Arbeitsgauleitungen, den Bezirksämtern, Bürgermeistern und Gemeindevorstehern. Das Einschalten der Presse blieb weiterhin verboten88. Die Maßnahmen, die die Truppe ergreifen sollte, werden wie folgt umschrieben:
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BA-MA, RH 53–7/v.1086. Reichswehrminister 606/33 geh. Kdos. WehrA./allg.IIIa, 30.11.1933, S. 1. Demnach warb die Truppe um Nachwuchs. Für die Trägerschaft von Truppe und Kreiskommandos spricht auch BA-MA, RH 537/v.430. Dort das Schreiben vom 12.7.1934 des Reichsministers der Luftfahrt. L.P.Nr. 7400/34 g.Kdos. P I (3). Demnach erfolgte die Werbung sowohl mündlich durch die Offiziere im Bekanntenkreis, die Fliegerverbände und Dienststellen als auch durch die Luftkreiskommandos bei den in ihrem Bereich liegenden Landesgruppen des Luftsportverbandes. S. 1 (p. 107). Rautenberg, Drei Dokumente zur Planung eines 300 000 Mann-Friedensheeres, S. 123. Auch BA-MA, RH 53-7/v.1086. Ihre eigentliche Haupttätigkeit war die Steuerung des Nachwuchses im Militärapparat. Rautenberg, Drei Dokumente zur Planung eines 300 000 Mann-Friedensheeres, S. 138, Anm. 172 und 210. Werner Eduard Fritz von Blomberg, *2.9.1878, †14.3.1946, Reichskriegsminister und Generalfeldmarschall. Offizier im Ersten Weltkrieg, Übernahme in die Reichswehr, 1933-1935 Reichswehrminister, 1935-1938 Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, 1936 Generalfeldmarschall, 1938 aus Armee und Ministeramt entlassen. 1945 von den Alliierten verhaftet, während der Verwahrung im Kriegsverbrechergefängnis in Nürnberg verstorben. Förster, Geistige Kriegführung, S. 493 f. BA-MA, RH 53-7/v.1085. Abschnitt B der Verfügung Chef H.L. Nr. 10300/34 g.Kdos. AHA Ia, S. 8 (p. 144). Siehe generell Absolon, Die personelle Ergänzung der Wehrmacht. Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 74-83. BA-MA, RH 53-7/v.1085. Wehrbereichskommando VII, 7.2.1935, S. 1 (p. 228).
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»1. Werbung durch das Offizierkorps des Regiments usw., indem jeder Offizier in seinem Bekanntenkreis Väter und Söhne, die uns nahe stehen, auf die Offizierlaufbahn hinweist. 2. Werbung der Regiments-Kommandeure und der unterstellten Kommandeure bei den örtlichen Regiments-Vereinen. 3. Besuche des Regiments-Kommandeurs und der unterstellten Kommandeure bei den Rektoren der örtlichen Mittelschulen. 4. Einladung des örtlichen Leiters der Berufsberatung für Studierende und Abiturienten zu einer Aussprache beim Regiments=usw. Kommandeur. 5. Verbindungsaufnahme der Kommandeure der neuen Truppenteile mit Kommandeuren der alten Truppenteile, um den Überschuß an geeigneten Persönlichkeiten, der in größeren Städten und bei techn. Truppen zweifellos vorhanden ist, an sich zu ziehen89.« In diesem Stadium der Nachwuchswerbung wird die dezentrale Organisation derselben deutlich, was offensichtlich zu stark schwankenden Ergebnissen im Werbeerfolg führte90. Spätestens ab 1936 nutzte das Heer dann auch die Presse, indem über Tageszeitungen die Bewerbungsfristen für die Truppenteile verbreitet wurden91, doch fällt dies eher unter den Begriff Informationsvermittlung. Mit der zunehmenden Gleichschaltung wandelten sich die Schulen zu einer weiteren Säule der Nachwuchswerbung. Zu den Maßnahmen der Soldatenwerbung in Schulen zählte neben dem Verteilen von Merkblättern92 das Halten von Vorträgen93, in denen Bildmaterial zum Einsatz kam. Schließlich fanden auch Führungen in Kasernenanlagen und auf Flugplätzen statt, wobei dort die angebotenen Rundflüge sicherlich einen Höhepunkt der Werbung darstellten94. Die Marine führte als erster Wehrmachtsteil eine durch Bilder breiter angelegte Werbetätigkeit durch, Heer und Luftwaffe folgten diesem Beispiel. Dem Einsatz der Bilder war eine unterstützende Funktion der Vorträge an den Schulen zugedacht und er diente darüber hinaus dem Zweck, potenziellen Bewerbern aufzuzeigen, dass der Offizierberuf verschiedene Berufsfelder ab-
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BA-MA, RH 53–7/v.430. Wehrkreiskommando VII. B.22.a/e.IIa geh. Nr. 312. geh., 24.1.1935, S. 2 (p. 140 f.). BA-MA, RH 53–7/v.430. Schreiben vom 7.10.1937 des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe. L.P.Nr. 6781/37 I 5, S. 1 (p. 198). BA-MA, RH 2/963. Oberkommando des Heeres. Nr. 5634/36 PA 1(A), 21.11.1936 (p. 141). Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 92. Thema/Titel dieser Merkblätter waren z.B.: Der Offiziernachwuchs des Heeres; Bestimmungen für personelle Ergänzung der Wehrmacht; Der Offiziernachwuchs der Luftwaffe. Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 92-98. Nach der offiziellen Bekanntgabe des Aufbaus der Wehrmacht und der Einführung der Wehrpflicht entfiel der Grund für eine diskrete Nachwuchswerbung, so dass die Marine bereits ab Mai 1935 Offiziere an Schulen Werbevorträge halten ließ. Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 94, 131. Aus versicherungstechnischen Gründen entfiel seit Sommer 1938 das Mitfliegen von Schülern. Siehe hierzu BA-MA, RH 53–7/v.430. Schreiben vom 7.10.1937 des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe. L.P.Nr. 6781/37 I 5, S. 4 (p. 199 f.).
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deckte, unter anderem den des Ingenieurs95. Die in diesen Jahren verteilten Marinebilder trugen die Motive von Schiffseinheiten96, Organisationsplänen und Konstruktionszeichnungen97 und ähneln damit verblüffend dem, was wir später in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr als Poster kennenlernen werden. Als jüngste Truppengattung litt die Luftwaffe besonders unter den Auswirkungen des Versailler Vertrags98. Es fehlte an fachkundigem Personal und Piloten. Daher hatte die Nachwuchsfrage hier eine besondere Bedeutung. 1937 ließ die Luftwaffe gezielt für Nachwuchs der Flieger- und Luftnachrichtentruppe werben und beauftragte damit die Luftkreiskommandos, die die Zahl der Bewerbungen zu steigern und die Werbung für die kommenden Jahre zu planen hatten99. Zudem profitierte die Luftwaffe vom Einsatz des Mediums Film, der jedoch maßgeblich durch das Propagandaministerium gesteuert wurde100. Das Werben ihres Nachwuchses überließ die Luftwaffenführung damit dem NSFliegerkorps. Somit ruhte die Nachwuchswerbung zwischen 1934 und 1943 auf zwei maßgeblichen Säulen: Schule und Truppe, wobei die allgemeine Wehrmachtpropaganda101 und auch die Filmindustrie der NSDAP zur Wehrhaftmachung der Bevölkerung die Werbemaßnahmen flankierten. Der Begriff »Werbung« lief dabei weniger darauf hinaus, junge wehrpflichtige Männer zum freiwilligen Dienst zu bewegen, als vielmehr deren Interesse zu kanalisieren, wenn es darum ging, ihre Verwendungswünsche während der Musterung auf eine bestimmte Waffen- oder Truppengattung zu lenken. Die generelle Einstellung der jeweiligen Wehrmachtteile zur Werbung und Rekrutierung verdeutlicht die dezentrale Organisation der Nachwuchswerbung. Während die »junge« Luftwaffe und die seit den Tagen der Flottenpropaganda mit Werbung vertraute Marine102 keine Berührungsängste mit der Nachwuchswerbung zeigten, war die »medienwirksame Selbstdarstellung nach 95
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Einen Überblick über die Spannbreite der Berufsmöglichkeiten bietet das zeitgenössische Werk des Hauptmanns Thomée, Die Laufbahnen in der Wehrmacht. Beachte hierzu exemplarisch die Bilder, die der Hamburger Maler Günther Todt anfertigte und die nach dem Krieg als Postkartenmotive Verwendung fanden. Originalexemplare dieser Postkarten sind im Besitz des Verfassers. Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 93. Zum personellen und materiellen Aufbau der Luftwaffe siehe Völker, Die Deutsche Luftwaffe; Dokumente und Dokumentarfotos zur Geschichte der deutschen Luftwaffe. BA-MA, RH 53–7/v.430. Schreiben vom 7.10.1937 des Reichsministers der Luftfahrt und Oberbefehlshabers der Luftwaffe. L.P.Nr. 6781/37 I 5, S. 1. (p. 198-200). Demnach waren die Bereiche der Luftkreiskommandos in lückenlos kleinere Bezirke einzuteilen, was eine flächendeckende und effektive Werbung ermöglichen sollte. Diese Maßnahmen sind umgesetzt in BA-MA, RH 53-7/v.430. Schreiben des Luftkreiskommandos 5, Az. 22 e 14/Abtlg.IIa. Nr. 18043/37 geh., 25.10.1937. Felbinger/Scherl, Flieger sind Sieger!, S. 119-165; Seubert, Junge Adler, S. 371-400; Kindler, »Wo wir sind, da ist immer oben«, S. 401-438. Die Luftwaffe produzierte demnach erst 1942 ihren ersten eigenen Werbefilm, S. 420. Hierzu sind auch Publikationen wie Ein Buch vom neuen Heer zu rechnen. Deist, Flottenpolitik und Flottenpropaganda.
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außen [...] nicht die Sache der alten Heeresoffiziere«103. Dass die Wehrmacht auch in der Übergangszeit von Reichswehr zu Wehrmacht keine zentral gesteuerte Werbung im modernen Sinne betrieb, mag auch aus dem Erlass über die »Erziehung in der Wehrmacht« von 1935 hervorgehen, in dem es heißt: »Die Wehrmacht hat es nicht nötig, Prestigepolitik zu treiben. Ihre beste Propaganda ist erfolgreiche Erziehungsarbeit an der Jugend im Geiste des Nationalsozialismus und nach dem Willen ihres Oberbefehlshabers104.« Dieser stark idealisierende und auch für diese Zeit archaisch anmutende Ansatz, der seine Wurzeln in den Anschauungen des Offizierkorps des Kaiserreichs haben dürfte, wies die in den 1930er-Jahren existierenden modernen Methoden der Werbung von sich105. Dies mag erklären, weshalb auch im Zuge der Heeresvermehrung seit 1934 und dem Ausbau der SS-Verfügungstruppe und späteren Waffen-SS106 keine zentralisierte und nur bedingt institutionalisierte Nachwuchswerbung betrieben wurde. Obwohl die verschiedenen Ministerien Informationsblätter und Broschüren zum freiwilligen Dienst herausgaben, sind keine Bemühungen um bildliche Werbung zu erkennen107. An dieser Stelle greifen wir Überlegungen des kommenden Abschnittes über die Entwicklung der Werbung vor und merken an dieser Stelle an, dass hinsichtlich der Verwendung von Bildern immer die dahinter stehende Intention zu berücksichtigen ist. Das heißt, die Bildaussage ist immer vor der beabsichtigten Bildwirkung her zu untersuchen. Anders ausgedrückt: Auch wenn es keine institutionalisierte Nachwuchswerbung gab, so existierten doch eine Menge bildlicher Darstellungen des Soldatischen, bzw. wirkte die Wehrpropaganda durch steigende und ständige Präsenz der Wehrmacht in der Öffentlichkeit auf potenzielle Bewerber, was durch Gleichschaltung und einen gesteigerten wehrerzieherischen Gedanken unter der Jugend flankiert wurde108. Dieses popularisierte Soldatenbild hatte unter anderem zur Folge, dass 20 Prozent der Abiturienten zu Kriegsbeginn als Berufswunsch »Offizier« angaben109.
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Kersting, Militär und Jugend im NS-Staat, S. 91. Der Erlass ist abgedruckt bei Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 3, S. 9-12, hier S. 11. Ein Zitat aus den letzten Kriegsjahren mag dies unterstreichen: »Ihr Geist [jeder Offz., Uffz. und Mann, Th.L.] und ihre Haltung, die sich in den Taten der Frontdivision beweisen, sind die höchste Werbung.« In BA-MA, RH 53-6/82. Inspekteur der Panzertruppen U In 6/ Pr. Nr. 6008/44, 20.4.1944. Zum Begriff der Modernität der Werbung siehe Kapitel II.2. Zum Themenkomplex der Waffen-SS grundlegend Wegner, Hitlers Politische Soldaten. Der Offiziernachwuchs des Heeres; Bestimmungen für personelle Ergänzung der Wehrmacht; Der Offiziernachwuchs der Luftwaffe. Förster, Geistige Kriegführung. Zur Wehrerziehung zeitgenössisch Spielhagen, Wehrerziehung in der Schule. Beachte hier die beiden bezeichnenden Bilder Eik Elbers im Frontispiz. Zur Jugend im Dritten Reich ein Beitrag aus Sicht der Historischen Jugendforschung: Schubert-Weller, Hitler-Jugend. Als Beispiel der Umsetzung für eine gesteigerte Wehrpropaganda auf der Ebene der Wehrkreiskommandos siehe BA-MA, RH 53-9/v.28. Wehrkreiskommando IX, Az. 1 t 16, Abt. Ic, 8.11.1938. Kroener, Die personellen Ressourcen, S. 738.
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Gerade aber im Zuge der Heeresvermehrung stieg der Bedarf an Unteroffizieren und Offizieren, der durch die Rekrutierung ehemaliger Weltkriegssoldaten sowie durch Übernahme von Polizisten110 und österreichischen Offizieren in die Wehrmacht nur zum Teil sichergestellt werden konnte111. Den wesentlichen Teil des Unteroffiziernachwuchses stellten diejenigen Freiwilligen, die sich über die Dauer des aktiven Wehrdienstes von zwei Jahren hinaus verpflichteten112. Dennoch litt die Wehrmacht bis Kriegsbeginn unter einem chronischen Mangel an Unteroffizieren, aber auch an Offizieren113. Verstärkt wurde dieser Mangel durch Abwerbeversuche der SS-Verfügungstruppe, denen die Wehrmacht verstärkt finanzielle Anreize, aber auch die Verkürzung der Verpflichtungsdauer für Unteroffizieranwärter entgegensetzte. Auch hier sind Bemühungen erkennbar, faktische Anreize zu schaffen, um freiwilligen Dienst zu leisten. Die SS-Verfügungstruppe ergänzte sich wie die Wehrmacht durch ihre eigene Werbung, wobei auch hier offen bleibt, was unter Werbung zu verstehen ist114. Doch scheint die SS bereits vor der Wehrmacht nicht nur die Notwendigkeit von Werbung erkannt zu haben, sondern fand das aktive Werben nicht unter ihrer Würde. Dies wird nicht nur daran ersichtlich, dass die SS der Wehrmacht Freiwillige abspenstig machte115, sondern vor allem daran, dass Himmler noch vor Kriegsbeginn damit begann, Volksdeutsche bzw. »germanische« Söldner für verschiedene Verbände der Waffen-SS werben zu lassen116. Im Verlaufe des Krieges wurden diese Bemühungen intensiviert, sei es, um die Ressource Mensch verfügbar zu machen117, sei es, weil es der ideologischen Ausrichtung des Nationalsozialismus entsprach, vor allem »germanische« Freiwillige unter die Banner der SS zu scharen118. Dabei wirkten in den werblichen Aussagen 110
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Zur Übernahme der Landespolizeigruppe »General Göring« in die Luftwaffe als »Regiment General Göring« zum 1.10.1935 siehe den Auszug in RH 53-9/v.28. Der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe. L.A. Nr. 5450/35 g.Kdos.L.A.II 2 A, 29.10.1935. Im Übrigen war dieses Regiment für die Werbung seiner Freiwilligen selbst zuständig, was erneut für den dezentralen Charakter der Werbung spricht. Kroener, Die personellen Ressourcen, S. 732 f. Absolon, Wehrgesetz und Wehrdienst, S. 157. Zum Ersatzwesen der Wehrmacht siehe zeitgenössisch Hedler, Aufbau des Ersatzwesens. Kroener, Die personellen Ressourcen, Kap. 2. Absolon, Wehrgesetz und Wehrdienst, S. 159. Zur Werbung der Waffen-SS ab 1940 Stein, Geschichte der Waffen-SS, S. 39-43. Als Beispiel für ein Werbeplakat der SS siehe Anschläge. Politische Plakate (beachte die Auflage), insbesondere Plakat Nr. 115 »Sudetendeutsche Männer« von 1939. Für Plakate der Waffen-SS hinsichtlich Freiwilligenwerbung in den Niederlanden siehe Barnicoat, Kunst und Plakat, S. 238, Abb. 249. Für eine schriftliche Übersicht weiterer Werbeplakate für die ausländische Waffen-SS siehe Neulen, An deutscher Seite, S. 393 f. Der Verfasser nennt als Thematik der bildlichen Aussage Militanz, Antikommunismus, Patriotismus, Europäismus und Antisemitismus. Rempel, Gottlob Berger and Waffen-SS Recruitment, S. 107. Wegner, Auf dem Wege zur pangermanischen Armee, S. 101-136. Förster/Ueberschär, Freiwillige, S. 908-935. »Germanische« Freiwillige sollten der WaffenSS zugeschlagen werden, alle anderen der Wehrmacht. Ein Hinweis auf eine Werbestelle der Waffen-SS in Dänemark in BA-MA, RH 14/44. Der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark. Abt. Ia Br.B.Nr. 40/41 geh., 18.1.1941
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besonders Argumente des gesamteuropäischen »Schicksalskampfes« und der Denationalisierung, was in erster Linie als ein politisches Zeichen an die unter deutscher Herrschaft stehenden Staaten verstanden werden muss119. Auch wenn für die Werbung bzw. Propaganda der pangermanischen Utopie der SS das SSHauptamt bzw. -Führungsamt als Schaltzentralen genannt werden, bleiben die Vorgehens- und Funktionsweisen der Werbung im Dunkeln120. Selbst nach den ersten Kriegsjahren, nach denen bereits Lücken in den Offizier- und Unteroffizierstellen zu verzeichnen waren, blieb in der Wehrmacht eine zentrale Nachwuchswerbung aus121. Dafür spricht auch der Hinweis, dass noch 1941 die OKW-Führung einer »Freiwilligenwerbung« nur wenig Spielraum ließ, als es darum ging, Freiwillige unter der französischen Bevölkerung zu gewinnen122. Die Marine hingegen verschärfte bereits zu Kriegsbeginn ihre Bemühungen um Nachwuchs. In Zusammenarbeit von Marinedienststellen mit dem Landesverband des Nationalsozialistischen Deutschen Marine Bundes (NSDMB) sandte dieser jedem Mitglied ein Aufforderungsschreiben zur Meldung bei der Kriegsmarine mit beigefügter Antwortkarte zu. Ziel war es, durch die freiwilligen Antworten an umfangreiches Adressenmaterial zu gelangen. Jedes Mitglied des NSDMB, das, durch das Aufforderungsschreiben motiviert, geantwortet hatte, erhielt ein persönlich gehaltenes Antwortschreiben der Kriegsmarine, dem das Werbeheft »Wie komme ich zur Kriegsmarine?« beigefügt war123. Interessant an diesem Vorgehen der Marine ist der modern anmutende Charakter dieser Werbeaktion. Denn spätestens seit Mitte der 1960er-Jahre ist es ein zentrales Anliegen der Nachwuchswerbung der Bundeswehr, Adressen potenzieller Bewerber zu akquirieren, um diese über einen längeren Zeitraum mit Informations- und Werbematerial begleiten zu können. Erst mit sinkenden Zahlen des Führernachwuchses im Verlaufe des Jahres 1942 begannen sowohl Regime als auch Wehrmachtführung mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit, also auch mit Werbung im weitesten Sinne, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Die Luftwaffe zentralisierte ihre Nachwuchswerbung 1944 mit der Schaffung des »Generals für Nachwuchs-Luftwaffe«, nachdem sie sich bislang selbst zu wenig um den Nachwuchs gekümmert hatte124. An ihrem
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(p. 330 f.). Demnach befand sich das Ergänzungsamt Nebenstelle Nordsee in Kopenhagen. Diese Nebenstelle des Ergänzungsamtes Hamburg warb Freiwillige für die SSStandarte Nordland in Klagenfurt. Für die west- und osteuropäische Waffen-SS siehe Stein, Geschichte der Waffen-SS, S. 123-176. Wegner, Auf dem Wege zur pangermanischen Armee, S. 111; Förster/Ueberschär, Freiwillige, S. 927, nennen auch faschistische und antibritische Themen in der Werbung vor »Barbarossa«, danach zusätzlich antikommunistische. Wegner, Auf dem Wege zur pangermanischen Armee, S. 107. Ebenfalls bei Wegner, Hitlers politische Soldaten, S. 291-294. Kroener, Die personellen Ressourcen, S. 845-847. Förster/Ueberschär, Freiwillige, S. 916 f. BA-MA, RH 53-9/v.28. Wehrersatz-Inspektion Kassel. Gr.M Az. 212, 10.11.1939. Nur eine Seite des Schreibens ist überliefert, über den Erfolg der Aktion ist nichts bekannt. Boog, Die deutsche Luftwaffenführung, S. 292, auch Anm. 533.
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Beispiel wird deutlich, dass die dezentrale Organisation der Werbung und das Konkurrenzdenken der Teilstreitkräfte zu einem Kampf um den Nachwuchs führten. Obwohl Flieger-HJ und NS-Fliegerkorps junge Männer ausbildeten und auch werben sollten, war das kein Garant dafür, dass sich diese später auch zur Luftwaffe meldeten. Vielmehr warben Heer, Marine und Waffen-SS gleichermaßen erfolgreich um diese jungen Männer. Das Heer errichtete bereits zum 1. Juli 1943 die Abteilung »Heeresnachwuchs« beim Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres125: Der Hinweis bei Absolon, Hitler habe bereits im November 1943 in Hinblick auf das Ansehen der Wehrmacht angeordnet, die Plakatwerbung in Zukunft zu unterlassen, berechtigt zu der Annahme, dass zumindest zwischen Juli und November 1943 auch bildlich um die Gunst junger Freiwilliger geworben wurde126. Beispiele solcher Plakate, die eindeutig als Nachwuchswerbeplakate zu identifizieren sind, liegen im Detmolder Landesarchiv vor127. Obwohl im Bestand »Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres« im BA-MA keine Informationen bezüglich des Heeresnachwuchses zu finden sind, existiert jedoch in den Unterlagen des Wehrkreiskommandos VI aus Münster eine Akte, die Auskunft über die Verfahren der Heeresnachwuchswerbung ab dem Sommer 1943 gibt128. Demnach lag ab 1943 die Nachwuchswerbung in den Händen des Oberkommandos des Heeres, dort beim Generalinspekteur des Führernachwuchses in der Abteilung Heerespropaganda. Die Werbung wurde insofern zentralisiert, als nun beispielsweise für die Panzertruppen bei ihrem Inspekteur ein Referat errichtet wurde, das die Werbung für die gesamte Truppengattung zentral steuern sollte. Eine Ebene tiefer, innerhalb der stellvertretenden Generalkommandos, beauftragten nun die Kommandeure der Panzertruppen einen Offizier mit der Werbung für ihre Truppengattung129. Dieser wiederum instruierte die so genannten Betreuungsoffiziere in den Ersatz- und Ausbildungseinheiten, die ihren Kommandeuren damit in der Arbeit der Werbung verantwortlich waren. Träger der Werbung blieb die Truppe. 125
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Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 6, S. 308 f. Siehe auch Anm. 119. Der Umfang des im BA-MA vorliegenden Verzeichnisses dieser Dienststelle in RH 14 ist sehr gering und gibt kaum Hinweise auf Nachwuchswerbung. Absolon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Bd 6, S. 309. Einen Hinweis auf ein Verbot der Plakatierung in der Öffentlichkeit auch in BA-MA, RH 53-6/v.82. Lt. Bremme Nachwuchsoffz. (Pz.), 13.6.1944. In seinem Bericht über eine Arbeitstagung vom 7.6.1944 bei der Annahmestelle VI des Generalinspekteurs für den Führernachwuchs merkt er unter Punkt 13 an, »daß Plakatwerbung in der Öffentlichkeit verboten ist. Werbeplakate dürfen in Räumen von Wehrmachtdienststellen und Schulen angebracht werden«. Handschriftlich hinzugefügt »+Parteidienststellen«. Ein früheres Schreiben in derselben Akte vom 31.3.1943 weist explizit auf Werbung durch Plakate und Werbeschriften hin. Abschrift von Abschrift. Der Reichsarbeitsführer D 3 Nr. 1051 – 1200/43. LADt D81/Nr. 2114, D81/Nr. 2125 und D81/Nr. 2661. Ich danke Herrn Dr. Andreas Ruppert für die freundliche Unterstützung. Diese Plakate werden im Folgenden noch besprochen. BA-MA, RH 53-6/v.82. Ebd. Insp.d.Pz.Truppen. In 6/Pr. Nr. 6708/43, 17.7.1943.
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Dem Inspekteur der Panzertruppe zufolge war eine intensive Werbung erforderlich, um die anhaltende Abwanderung des Freiwilligennachwuchses zu anderen Truppengattungen innerhalb des Heeres bzw. zu anderen Wehrmachtteilen zu verhindern130. Damit ergibt sich indirekt ein Ziel der Nachwuchswerbung aus der Gliederung des Nachwuchsgewinnungswesens, das es in der Bundeswehrnachwuchswerbung so nicht gab: nämlich die Lenkung des Nachwuchses zu den einzelnen Waffen. Dies zeugt erneut von der dezentralen Struktur der Nachwuchswerbung, die auch nach Einführung der Abteilung Heerespropaganda nicht gänzlich beseitigt wurde. Andererseits zeigt dieses Denken aber den grundsätzlichen Unterschied zwischen der nicht mehr eindeutig zu rekonstruierenden Nachwuchswerbung der Wehrmacht und der Bundeswehr. Während es der Bundeswehr um die Gewinnung Freiwilliger für die Gesamtstreitkräfte ging, scheint der Konkurrenzgedanke unter den Wehrmachtteilen auch in der Nachwuchswerbung fortgeführt worden zu sein. So ging es eben nicht um die zentrale Gewinnung von Nachwuchs, sondern um die Lenkung der künftig Dienstverpflichteten, bzw. der Kapitulanten zu einzelnen Truppengattungen. So wollten sich die Panzertruppen »nicht mit dem begnügen, was von anderen Wehrmachtsteilen übrig gelassen wird. Die Panzertruppen bleiben kampfentscheidende Waffe, sie müssen zur Erfüllung ihres Auftrages entsprechenden Nachwuchs erhalten131.« Dabei sollte folgender Leitsatz gelten: »Die Jungens sollen nicht mit billigen Phrasen und Versprechungen gefangen, sondern für die Panzertruppe ehrlich begeistert werden, sodass sie sich mit dem ganzen Herzen dieser Waffe und ihrem Angriffsgeist verschreiben. Darüber hinaus soll die Pz.Waffe im Herzen des ganzen Deutschen Volkes den Platz einnehmen, der ihren großen Aufgaben, geschichtlichen Erfolgen und besonderen Opfern gebührt132.« Führt man den Ansatz der aus dieser Akte hervorgehenden Struktur des Nachwuchsgewinnungswesens fort, bedeutet dies, dass in jedem Wehrbezirk bzw. in jedem stellvertretenden Generalkommando mehrere Werbeoffiziere vertreten gewesen sein müssen, nämlich so viele, wie verschiedene Truppengattungen und Wehrmachtteile dort stationiert waren133. Dass dies nicht zu einer einheitlichen Werbestrategie führte, leuchtet angesichts des Konkurrenzkampfes ein. Als Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung empfahl das Referat für Nachwuchswerbung beim Inspekteur der Panzertruppen Aushänge und Ausstellungen in Schaukästen, Schulen und Betrieben sowie besondere Wettkämpfe. Besonders ausgezeichnete Soldaten auf Heimat- oder Genesungsurlaub sollten 130 131 132 133
Ebd. Ebd. Ebd. BA-MA, RH 53-6/v.82. Panzerjäger-Ers.u.Ausb.-Abt. 6, 28.1.1944. Hier wird diese Vermutung indirekt bestätigt. Demnach sah die Abteilung von Werbevorträgen in Schulen und bei der HJ ab. Wenn »alle drei Wehrmachtteile durch ihre Nachwuchs-Offiziere mit Vorträgen in den Schulen und bei der H.J. werben, wäre ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb in Frage gestellt, wenn sich ausserdem [sic] noch alle Waffengattungen der einzelnen Wehrmachtteile mit Vorträgen an die Vorgenannten wenden würden.« S. 2.
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Vorträge halten134. Zu Übungen der Panzertruppen waren HJ-Einheiten, Schulen und Ausbildungsbetriebe ebenso wie die Presse einzuladen. Was Bildmaterial anbelangte, so sollten künstlerische Arbeiten zur Panzertruppe an den Inspizienten weitergeleitet werden135. Den dezentralen und durchaus auch unprofessionellen Charakter der Nachwuchswerbung der Panzertruppen verdeutlicht ein weiteres Schreiben ihres Inspekteurs. Der mit der Werbung beauftragte Offizier solle demnach »keine Organisation mit Menschen- und Materialverbrauch aufbauen, sondern sich mit Anregungen und persönlicher Initiative in die bestehende Organisation des Heeres für Nachwuchswerbung einschalten und nach Weisung und eigenen, aus den Verhältnissen entspringenden Ideen den Kommandeuren der Ersatz- und Ausbildungseinheiten Material und Anregungen zukommen lassen136«. Der Einsatz von Fotografien oder gemalten Bildern in der Werbung war im Zuge der Bestückung der oben bereits angesprochenen Schaukästen zu leisten. Dabei konnte entweder auf Material zurückgegriffen werden, das vom Inspekteur der Panzertruppen zur Verfügung gestellt oder aber vom jeweiligen Truppenteil selbst aufgenommen wurde137. Hinweise auf die Nutzung von Ausbildungs- oder Spielfilmen fehlen. Dies verdeutlicht, dass das Bild, sei es als Fotografie oder als Film, nicht durchweg gezielt als beeinflussendes Medium eingesetzt wurde138. Gleichwohl führte die lokale Zentralisierung der Werbung zu einer Straffung. Auf diese Weise war zum Beispiel der Inspekteur der Panzertruppe in seinem Wehrbezirk in der Lage, auf Nachwuchslücken einzelner Truppengattungen innerhalb der Panzertruppe eingehen zu können und die Werbung entsprechend zu steuern. 134
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Eine bei Kroener aufgeführte Maßnahme betrifft die Einführung bzw. Intensivierung von Vorträgen hochdekorierter junger Offiziere an Schulen bzw. in Jugendlagern. Kroener, Menschenbewirtschaftung, S. 857. Dem entspricht auch die Aussage bei Mende, Das verdammte Gewissen, S. 279-283. Zum militärischen Vortragswesen siehe BA-MA, RH 539/v.28. Stellv. Generalkommando IX. A.K. (Wehrkreiskommando IX). 37 g Ic/W Pr/mV Nr. 8999/42, 12.9.1942. Demnach existierten zur Nachwuchswerbung an Schulen so genannte Schulverbindungsoffiziere, deren Sache es war, Vorträge ebendort zu halten. S. 6 des Schreibens. BA-MA, RH 53-6/v.82. Insp.d.Pz.Truppen. In 6/Pr. Nr. 6708/43, 17.7.1943. BA-MA, RH 53-6/v.82. Insp.d.Pz.Truppen. In 6/Pr. Nr. 14190/43, 6.10.1943. BA-MA, RH 53-6/v.82 enthält ebenfalls eine Materialsammlung des Chefs der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres für die Panzertruppen. Diese zweite Materialsammlung enthält ausschließlich Prosa und Lyrik zu folgenden Punkten: »Krieg ohne Linien«, »Gedicht: Panzergrenadiere«, »Ein Husarenstück«, »Ein Tornisterfunker«, »Abwehr«, »Gedicht: Panzer vor!«, »Gespensterfahrt der Panzerspitze«, »Panzer in Abwehr«, »Gedicht: ›Horrido‹ und ran!«, »Panzerjagd«, »Panzernahkampf«, »Mirko Jelusich: Aufklärer«, »Ein Spähtrupp«, »Gedicht: Auf Gefechtsvorposten«, »Panzerzug in der Abwehrschlacht«. Die erste Materialsammlung enthielt folgende Themen: »Worte von Generaloberst Guderian«, »Berichterstattung über Panzertruppen«, »Was sind Panzertruppen?«, »Der Dichter Edwin Erich Dwinger über ›Panzertruppen‹«, »Guderian«, »Panzergrenadiere«, »Heiliges Opfer«, »Vom Streitwagen zum ›Tiger‹«, »Die Besatzung«, »Mit dem Spähwagen im Feind«, »Der Freie«, »Reißende Rudel«. BA-MA, RH 53-6/v.82. Insp.d.Pz.Truppen. In 6/Pr. Nr. 14190/43, 6.10.1943. Punkt 5.
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Die verschiedenen Werbeaktionen zielten stets auf mehrere Ebenen ab, deren Schwerpunkt auf der direkten Jugendarbeit einerseits und auf flankierenden öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen andererseits basierte. Da die Jugendlichen zumeist in der HJ gleichgeschaltet waren, wurden bestehende Patenschaften zwischen den Wehrmachtstruppenteilen und der HJ genutzt, um dem möglichen Nachwuchs ein Bild des Soldatischen näherzubringen. So lud ein Ersatz- und Ausbildungsbataillon die HJ zu Übungen bzw. Lehrvorführungen ein, was bei den potenziellen Bewerbern auf großen Anklang stieß139. Bemerkenswert ist, dass das Bataillon für den Mai 1944 erstmals eine »große Werbeveranstaltung geplant [hat], in der zum ersten Male die Werbung an die breite Öffentlichkeit gebracht werden soll«140. Bei durchgeführten Herrenabenden wurden die Meinungsbildner von Industrie und Schule sowie Pressevertreter eingeladen, um diese im persönlichen Gespräch von der Wichtigkeit der Nachwuchswerbung zu überzeugen141. Diese Form der Werbung erinnert noch sehr an die »Mund-zu-Mund-Propaganda« aus den Jahren der Heeresvermehrung Anfang der 1930er-Jahre und offenbart in Verbindung mit der Aussage, dass der Werbeoffizier vor Ort auf sich allein gestellt war, einen wenig professionellen Charakter der Nachwuchswerbung. Auch wenn in diesem Querschnitt nicht mehr als ein flüchtiges Bild zur Entwicklung der Nachwuchswerbung gezeigt werden konnte, zeichnet sich aber, der spärlichen Akten- und Forschungslage zum Trotz, eine Entwicklung ab, die mit einem anderen methodischen Feld unserer Arbeit korreliert: der Werbegeschichte. Wie noch zu sehen sein wird und weiter oben bereits angedeutet worden ist, besteht ein mentalitätsgeschichtlicher Zusammenhang zwischen der spärlichen Ausbildung eines kommerziellen Werbeverständnisses einerseits und eines tradierten Verständnisses von Soldatenwerbung andererseits. Die überlieferte Form der Personalergänzung und Werbung, in welcher seit den Tagen der Stehenden Heere die jeweilige Truppe selbst für ihre Werbung verantwortlich zeichnet und der jeweilige Kommandeur bzw. Chef einstellt, findet erst ein Ende mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Der Bundeswehr gelang es, wie noch zu sehen sein wird, in dieser Facette deutscher Militärgeschichte einen Schlussstrich zu ziehen (ob bewusst oder unbewusst, erscheint mir irrelevant), der ihr jedoch durch wesentliche Änderungen im Werbesektor erleichtert bzw. diktiert wurde. Aber auch die NVA der DDR brach mit der hergebrachten Form der Soldatenwerbung. Gleichwohl unterschied sich ihr Ansatz von dem der Bundeswehr und bietet sich somit als Vergleichsmöglichkeit zwischen beiden Gesellschaftssystemen auf diesem Feld an.
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BA-MA, RH 53-6/v.82. Pz.-Gren.-Ers.-u.Ausb.-Btl. 361. Abt. Ia – Az. 31, 19.4.1944. Ebd., Punkt 5. Ebd., Punkt 1. Auch BA-MA, RH 53-6/v.82. Gesch.E.u.A.Kp.f.Pz.Gren. 57, 20.4.1944, Punkt a).
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d) ... für die NVA in den 1950er- und 1960er-Jahren Die Anwerbung von Soldaten für die Kasernierte Volkspolizei142 (KVP) ab 1952 bzw. ab 1956 für die Nationale Volksarmee ist im Zuge der Erforschung der Militärgeschichte der DDR für die verschiedenen Dienstgradgruppen im Sinne einer Sozialgeschichtsschreibung dargelegt worden143. Bereits seit Ende der 1940er-Jahre fand auf dem Boden der SBZ/DDR eine Anwerbung für die Volkspolizisten in den kasernierten Polizeieinheiten statt. Im Zuge der Verschärfung des Ost-West-Konfliktes galt es für Moskau und seinen Satelliten Ostberlin, in der ersten Hälfte des Jahres 1952 weiterführende Maßnahmen zu ergreifen. Unter dem Deckmantel des »Aufbaus des Sozialismus« sollte eine »Volksarmee ohne Geschrei zu schaffen«144 sein. Die bereits vormilitärisch ausgebildeten Volkspolizisten sollten nun den Kern für die seit dem 1. Juli 1952 neu geschaffene KVP bilden, die ihrerseits den Nukleus der späteren NVA darstellte. Für Diedrich/Wenzke begann die erste umfassende Werbekampagne für die KVP bereits im März 1952145. Auch wenn sich die Autoren nicht explizit darüber äußern, ob unter Werbung »Anwerbung« oder »Reklame« zu verstehen ist, kristallisiert sich doch ein wesentlicher Unterschied zur bisherigen deutschen Soldatenwerbung heraus: Nicht mehr die Truppe, das einzelne Regiment war Träger der Werbung vor Ort, sondern in allererster Linie war dies die Partei, die vermöge ihres »Organisationsmonopols« einen umfassenden Werbeapparat aufbaute146. Verantwortlich für die Werbung waren so genannte »Werbekommissionen«, an deren Spitze die »Sozialistische Einheitspartei Deutschlands« (SED) die Leiter ihrer Landes- und Kreisleitungen installierte. Somit sicherte sich die Partei personellen und vor allem ideologischen Einfluss147, worin Parallelen zur Personalgewinnung der Kaiserzeit zu erkennen sind, da in beiden politischen Systemen die Beschränkung auf die »erwünschten Kreise« als ein Instrument zur Herrschaftssicherung deutlich hervortritt148. Die Tatsache, dass sich unter den ersten Geworbenen nur ein geringer Anteil der »erwünschten Kreise« aus der Arbeiter- und Bauernschaft befand, veranlasste die Funktionäre dazu, den Kern des Nachwuchses mit jungen Parteimitgliedern oder Angehörigen der »Freien Deutschen Jugend« (FDJ) zu stärken. Dieses Stärken durch parteinahe »Freiwillige« geschah durch »Abkommandierung« zur KVP.
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Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee. Allgemeiner bei Ross, Wird der Frieden nicht an der Werkbank verteidigt? und Ross, What about peace and bread? Für die Gruppe der Unteroffiziere siehe Müller, Tausend Tage und für die Offiziere Fingerle, Waffen in Arbeiterhand? Volksarmee schaffen. Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee, S. 172. Ross, Wird der Frieden nicht an der Werkbank verteidigt?, S. 440 f. Fingerle, Waffen in Arbeiterhand?, S. 104 f. Zum Einfluss der SED siehe Hagemann, Parteiherrschaft.
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Bereits hier wird deutlich, welche Möglichkeiten dem DDR-Regime zur Verfügung standen. Vergleichbare Ansätze in der Bundesrepublik waren angesichts politischer wie gesellschaftlicher Unterschiede nicht denkbar. Später kam zu den Einflussmöglichkeiten der Partei auf ihre Mitglieder ein weiterer Aspekt: die Einflussnahme auf die Staatsbürger selbst. Beeinflussung, wie eingangs bereits erwähnt, findet nicht nur nicht herrschaftsfrei statt, sondern bedient sich oft der Repression149. Kann dies für die politische Kommunikation im historischen Raum der Bundesrepublik weitestgehend ausgeschlossen werden, wird am Regime in der DDR deutlich, dass Druckausübung und Gewaltanwendung durchaus ein Mittel zur Lenkung der Bevölkerung darstellen. Damit ist jedoch nichts über den mittel- oder langfristigen Erfolg solcher Maßnahmen ausgesagt. Es ist gerade für das Beispiel der DDR anzunehmen, dass die Anwendung repressiver Maßnahmen auf Dauer zur Schwächung des eigenen Systems führte. Obwohl auf dem Gebiet der DDR die Partei die Gewinnung von Soldaten kontrollierte und steuerte und somit ein Unterschied zur früheren Werbepraxis deutlich wird, erinnert aber gerade die Umsetzung in der Praxis bisweilen an frühneuzeitliche Methoden. Oft scheinen nicht nur regelrechte Werber – zivile und militärische – losgezogen zu sein, um in Betrieben und Schulen die Trommel zu rühren; für einzelne Kreise lagen sogar unterschiedliche Rekrutierungsquoten »Freiwilliger« vor150. Der Druck, den die Werber – offiziell war dieser verboten – ausübten, war immens. »Das Spektrum reichte von Entlassungsdrohungen, über das Abliefern junger Männer direkt in einer KVP-Kaserne zum Führen eines ›Gesprächs‹, bis zum Einladen zu einem Besäufnis, um sie anschließend in betrunkenem Zustand der KVP zuzuführen151.« Der KVP/NVA traten – hier unterscheiden sich weder Ost von West, noch Gegenwart von Vergangenheit – auch junge Männer bei, die subjektiv ideologisch überzeugt waren oder sich Vorteile von einer Verpflichtung versprachen, genauso wie diejenigen, die einen militärischen Lebensentwurf einem zivilen vorzogen. Interessant ist, dass die geforderten Sollzahlen für die KVP/NVA nicht erfüllt werden konnten. Dies mag einerseits an illusorischen Forderungen gelegen haben, welche die demografische Realität missachteten152, andererseits war die Bereitschaft der jungen Männer zum Dienst an der Waffe in der DDR gering. Ähnlich gering war die Bereitschaft der jungen Männer in der Bundesrepublik, wo die Bundeswehr von frühester Zeit an Schwierigkeiten hatte, ihre Sollzahlen an Freiwilligen zu erfüllen. Offen bleibt an dieser Stelle die Vergleichbarkeit dieser Tatsache. Bemerkenswert erscheint, dass einerseits eine Diktatur, trotz ihrer totalen Durchdringung, genauso wie andererseits eine offene Gesellschaft, 149
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Für die gleichzeitige Anwendung »weicher« und »harter« Mittel zur Meinungslenkung siehe Loch, Aufklärung der Bevölkerung. Ross, Wird der Frieden nicht an der Werkbank verteidigt?, S. 441. Ebd. Inhaltlich siehe Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee, S. 623-630. Weitere Beispiele bietet Müller, Tausend Tage, S. 87-95. Ross, Wird der Frieden nicht an der Werkbank verteidigt?, S. 447 f.
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trotz ihrer medialen Mittel, nicht in der Lage waren, die volle Zahl an Männern für einen freiwilligen Dienst an der Waffe zu gewinnen. Vielmehr ist auf den Umstand hinzuweisen, dass in der deutschen Geschichte ein freiwilliger Militärdienst allgemein in der jeweiligen männlichen Jugend unpopulär gewesen zu sein scheint, und deutsche Armeen stets vor Nachwuchsproblemen standen. Deutlich wird abschließend, dass die NVA bzw. die SED zumindest in dieser Phase weniger die Möglichkeiten zur Werbung nutzte, als vielmehr durch die repressiven und totalen Maßnahmen zeigte, dass Volk und Staat keine Gemeinschaft bildeten und nebeneinander existierten.
2. Von der Reklame zur Werbung Dieser hinleitende Abschnitt verfolgt die Absicht, den Leser mit dem Genre der Anzeigen- und Plakatwerbung und seiner historischen Entwicklung vertraut zu machen und damit auch werbetechnische Entwicklungslinien für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr aufzuzeigen. Dabei geht es neben der Entwicklung von Plakat und Anzeige als Medium vor allem um die Entstehungsgeschichte der Werbeagenturen, deren Zusammenspiel mit den Werbetreibenden verdeutlicht werden soll. Obwohl die Literatur das antike Rom bereits als Nutzer von Plakaten für Ankündigungen von Gladiatorenkämpfen153 oder gar von politischen Wahlplakaten154 nennt, beschränke ich mich dennoch auf die Vorläufer der gewerblichen Werbung nach der Innovation der Buchdruckerkunst an der Schwelle von Mittelalter und Früher Neuzeit.
a) Querschnitt der Anzeigen- und Plakatwerbung Im Zuge der einsetzenden weltanschaulichen und politischen Auseinandersetzungen des 16. und 17. Jahrhunderts entwickelte sich neben der Anzeige auch das Flugblatt bzw. das Plakat als das in Deutschland älteste bekannte grafische Werbemittel überhaupt. Aufgrund noch nicht vorhandenen wirtschaftlichen Liberalismus' kam ihm weniger ein moderner werblicher, als vielmehr informierender Charakter zu155. In jener Zeit entstanden als Vorläufer der heutigen Zeitungen Nachrichtenzusammenstellungen in Flugblattform, die, wenn sie überhaupt Werbung ent-
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Sailer, Das Plakat, S. 7. Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats, S. 1. Wischermann, Werbung, S. 192 f. Allgemein: Handbuch der Mediengeschichte; Wahrnehmungsgeschichte.
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hielten, Buchanzeigen zum Gegenstand hatten156. Während zur Anzeige immer die Veröffentlichung in einer Zeitung gehörte, war Werbung in Flugblattform einfacher und wurde häufig vom fahrenden Volk und weniger von ansässigen Unternehmern genutzt. Im Laufe des späten 17. und dann auch des 18. Jahrhunderts vermehrten sich die werblichen Anzeigen in dem sich weiter ausdehnenden Zeitungsmarkt. Die beworbenen Waren und Dienstleistungen blieben jedoch auf die Lücken der zunftgebundenen Wirtschaftsordnung beschränkt, sie waren also nicht durch ein geregeltes Absatzverhältnis gesichert157. Mit der einsetzenden merkantilen Wirtschaftsordnung des absolutistischen Staates entwickelte sich, von Frankreich kommend, in Preußen und später im ganzen deutschsprachigen Raum das so genannte Intelligenzwesen158. Mit diesen Blättern wurde die Anzeigenwerbung und -vermittlung verstaatlicht und sicherte dem Staat eine Einkommensquelle. Die Inhalte der Intelligenzblätter, für die später ein Insertionszwang bestand, d.h. in ihnen musste inseriert werden, waren weniger geprägt durch gewerbliche Anzeigen, als vielmehr durch Kleinanzeigen, amtliche Bekanntmachungen und Verordnungen, Familienanzeigen sowie Lebensmittelpreise, Stellen- und Mietgesuche und Nachrichten über das Wetter und Wasserstandsmeldungen159. Dennoch blieben vereinzelt auch Inserate in politischen Zeitungen bestehen, in denen beispielsweise für Wein, Bier, Tuche, Leder, Bücher, Heilmittel, Kaffee oder Möbel geworben wurde160. Zwar wurde die Plakatwerbung auch weiterhin von Zirkusakrobaten oder reisenden Ärzten genutzt, doch veränderte sich die Nutzung dieses Mediums im Zuge der bürgerlichen Revolutionen in Europa, dem erwachenden Interesse der Bevölkerung an politischer Meinungsbildung161 und der beginnenden Liberalisierung der Wirtschaft. In diese Zeit fällt die Ausbildung der modernen Werbung162. Begleitet wurde sie auf technischer Seite von einer Weiterentwicklung, die einen nicht zu unterschätzenden Einfluss gehabt haben dürfte: die 156
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Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 169 f. Aus dieser Zeit stammt im Übrigen auch der Begriff Propaganda, der missionarische Wurzeln hat. Hierzu siehe Schieder/ Dipper, Propaganda, S. 69-112. Die Literatur zur Geschichte und Entwicklung der deutschen Presselandschaft im weitesten Sinne ist Legion. Aus diesem Grund und weil die Arbeit Reinhardts die erste grundlegende historische Arbeit auf diesem Gebiet ist, wird auf die Aufnahme weiterführender Literatur weitgehend verzichtet. Siehe aber auch Dussel, Deutsche Tagespresse; Stöber, Deutsche Pressegeschichte; Wilke, Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 171 f. Ebd., S. 172 f. Siehe auch Reinhardt, Vom Intelligenzblatt zum Satellitenfernsehen, S. 44-63; Stöber, Deutsche Pressegeschichte, S. 74-78. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 174. Zur Sprache und Ausgestaltung der Anzeigenwerbung jener Zeit: Stolze, Untersuchungen zur Sprache. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing; Reklame, S. 175. Nicht übersehen werden sollte der Umstand, dass sich politische Zeitungen weiterhin weigerten, Anzeigen in ihre Ausgaben aufzunehmen. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 234 f. Siehe auch Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats. Wischermann, Werbung, S. 199; Geiger, Die Genesis der Reklame, S. 325-337.
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Erfindung der Lithografie163. Diese erste Phase ist gekennzeichnet durch eine beginnende Massenproduktion, deren Erzeugnisse erstmals ihre lokalen Herstellungsgrenzen überschritten164, was zu einer neuen Situation im Verhältnis von Produzent und Abnehmer führte: Da der potenzielle Käufer das Produkt vor Ort nicht mehr in »Augenschein« nehmen konnte, mussten sich Hersteller und Händler um das Interesse und das Vertrauen der Kunden »bemühen«. Kurz: Sie waren gezwungen zu werben165. Mit der Abschaffung der Intelligenzblätter 1849 verlor die bisherige Anzeigenverbreitung durch den sich liberalisierenden Wirtschaftsmarkt ihre Darstellungsform166. Mit dem Fortschreiten der Industriellen Revolution und ihrer Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft und Wirtschaft veränderte sich nicht nur das Bild der Anzeigen in den Zeitungen, es stieg gleichzeitig auch deren Zahl167. Diese Veränderung in der Annoncierung in Zeitungen markiert den Beginn der Wirtschaftswerbung168. Einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung seit Mitte des 19. Jahrhunderts trugen die so genannten Annoncenexpeditionen, die als Anzeigenvermittler zwischen den Unternehmern und den Zeitungen fungierten169. Aber auch das Plakatwesen ordnete sich neu. Wenn die Annoncenexpeditionen Angebot und Nachfrage zwischen Unternehmern und Zeitungen koordinierten, so stießen Plakatanschlagsinstitute in die Lücke für Plakatwerbung. In diese Jahre fiel die Innovation der Litfaßsäule, die das unkoordinierte Plakatieren der Revolutionsjahre bändigte170. Doch woher kamen die grafischen Darstellungen und Inhalte in den Anzeigen und auf den Plakaten, wenn die Annoncenexpeditionen und Plakatanschlagsinstitute nur eine Vermittlerrolle zwischen Sender und Medium darstellten und nur die wenigsten Unternehmen firmeninterne Vorläufer von Werbeabteilungen unterhielten171?
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Rebel, Druckgrafik, S. 92-98. Gries, Die Medialisierung der Produktkommunikation, S. 115. Ebd. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 176 f. Siehe auch Werbegraphik. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 180. Mit 50-70 % der Gesamteinnahmen einer Zeitung trugen die Anzeigen zu nie erreichten Einnahmen bei. Borscheid, Die Wirtschaftswerbung, S. 20-43. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 100 f. In Altona wurde 1855 mit der »Insertions-Agentur« die erste deutsche Annoncenexpedition gegründet, die französischem und englischem Beispiel folgte. Ausführlicher zur Rolle der Annoncenexpeditionen und Insertionsagenturen als früheste Vorläufer der Werbeagenturen siehe Reinhardt, Zur Historizität der Phänomene, S. 29-33. Zur Plakatierung und zu Flugblattschriften während der revolutionären Jahre in Europa Ruckhäberle, Flugschriftenliteratur; Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 235 f. Nachdem 1849 eine Verordnung das Anschlagen von Plakaten verbot, war es Ernst Litfaß, der die Marktlücke erkannte, die die Wirtschaft mit ihrer Forderung nach geordnetem Anschlag von Werbeplakaten öffnete. Schoeller vermutet, dass Litfaß die Idee für die gleichnamige Säule aus England mitgebracht hat. Zur Person Litfaß’ siehe Schoeller, Ernst Litfaß. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 24-35.
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Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts waren Wort-Bildkombinationen die Ausnahme; die Werbenden vertrauten allein auf die informative Wirkung des Textes, der nicht sonderlich hervorgehoben wurde172. In den 1870er-Jahren gab es dann zunehmend Versuche, die Werbeanzeigen und -plakate mit Abbildungen zu versehen, denen jedoch der Stand der Technik Grenzen setzte. Vereinzelt wurden auch Grafiken von Künstlern entworfen, die, meist dem Neoklassizismus bzw. dem Historismus verschrieben, überladene Plakate entwarfen173. Erst in den 1890er-Jahren stand der Werbung allmählich eine eigenständige Werbegrafik zur Verfügung. Diese bildete sich vom Kunsthandwerk her aus und hatte ihren Ursprung in Kunstausstellungsplakaten, auf welchen Künstler für Ausstellungen ihres eigenen Metiers warben174. Die Motivation vonseiten der jungen Künstler, häufig bereits vom Jugendstil beeinflusst, bestand darin, die Kunst aus den Museen in den Alltag der Bevölkerung zu tragen175. Diese neuen und durchaus ästhetischen Plakatdarstellungen erfüllten den Anspruch des Mediums auf Fernwirkung und rückten damit in die Nähe der modernen Werbegrafik176. Außerhalb Deutschlands waren es vor allem Künstler in Frankreich und Großbritannien, die das Plakat und die Anzeige ästhetisierten und deren funktionellen Charakter durch drei Vorzüge betonten: »möglichst einfache Gestaltung, Farbe als Fläche und eine originelle Grundidee«177. Dennoch akzeptierten die Unternehmer in Deutschland diese neue Berufsrichtung der Plakatgrafiker und die sich ihnen bietende Chance nicht. Ähnlich erging es der Anzeigenwerbung, die mit technischen Problemen in der Umsetzung der Grafikentwürfe zu kämpfen hatte178. Doch führte die Jugendstilrichtung zur Ablösung des überladenen Historismus und wirkte nicht nur ästhetischer, sondern verhalf dem Medium Plakat mit »schlankeren« Darstellungen zu einer ersten effizienten Fernwirkung179. In diese Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts verortet Wischermann den Beginn der zweiten Phase der modernen Werbung. Deren Aufgabe sei es bis 172 173 174 175
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Ebd., S. 202-204. Zum Komplex von Werbung und Kunst siehe Meffert, Werbung und Kunst. Barnicoat, Kunst und Plakat, S. 12. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 60. Zum Jugendstil in der Plakatwerbung siehe Barnicoat, Kunst und Plakat, S. 29-47. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 49-52. Nach dem Urteil des Verfassers wäre es aber zu weit gegriffen, die Fernwirkung erst der aufkommenden Ästhetisierung und dem Jugendstil zuzuschreiben, vielmehr sei diese bereits aus sozialökonomischen Gründen in den Plakaten vor 1896 angelegt gewesen. Dennoch ist die Weiterentwicklung und Vervollkommnung dieses Wirkungsprinzips erst durch grafisch und künstlerisch geschultes Personal möglich gewesen, S. 245 f. Sailer, Das Plakat, S. 10. Die Protagonisten in Frankreich waren v.a. der gebürtige Italiener Leonetto Cappiello und der Franzose Henri de Toulouse-Lautrec. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 60. Nur wenige Publikumsblätter nutzen bereits um die Jahrhundertwende ästhetische Anzeigen. So z.B. das Blatt »Die Jugend«. Siehe hierzu die Titelblätter der Jugend. Zur Wirkung und Ausgestaltung von Plakaten im Stile des Historismus und Jugendstils siehe Meffert, Werbung und Kunst, S. 54-59. Zur Entwicklung des Berufsstandes des Werbegrafikers aus der Wechselbeziehung zwischen den schönen und den angewandten Künsten siehe Barnicoat, Kunst und Plakat, S. 110-122.
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zum Abschluss des wirtschaftlichen Wiederaufbaus der Bundesrepublik Deutschland in den 1970er-Jahren gewesen, den Massenkonsum zu stimulieren180. Gries identifiziert darüber hinaus die 1950er-Jahre als eine Dekade der werbekommunikativen Revolution, in der das Produkt zum Medium der Werbung avancierte181. Auf dem Feld der politischen Werbekommunikation findet für Bösch ebenfalls Anfang der 1950er-Jahre ein Professionalisierungsschub statt: die Einbindung von Werbeagenturen in den Wahlkampf182. Doch zunächst zu den Anfängen. Zwischen der Jahrhundertwende und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges vollzog sich eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen dem grafischen Gewerbe und der werbetreibenden Wirtschaft183, was Reinhardt in Anlehnung an Horkheimer und Adorno mit dem Begriff der Kulturindustrie verbindet184. Mit der Ästhetisierung der Werbung veränderte sich auch allmählich das Feld der Mittler zwischen Unternehmer und Zeitung bzw. Druckerei. Die Annoncenexpeditionen und Plakatanschlagsinstitute erhielten eine Konkurrenz, die sich seit den 1925er-Jahren durchsetzte: Werbeagenturen185. Inspiriert durch Ideen, die aus den USA und Großbritannien nach Europa kamen, verband sich mit Werbeagenturen zunächst die Vorstellung einer Rationalisierung der eingesetzten Mittel bei gleichzeitiger Ausweitung der Instrumentarien, wie Marktforschung, psychologischer Betriebsführung und einer am Absatz orientierten Werbetätigkeit186. Damit wurden bereits um die Jahrhundertwende einsetzende Tendenzen weiterentwickelt, dem werbetreibenden Kunden als Dienstleister entgegenzutreten und ihn mit weitreichenden Serviceangeboten, wie dem Entwerfen von Werbegrafiken u.ä. an die jeweilige Annoncenagentur zu binden187. Die Aufgabenbereiche der Werbevermittlung und der Werbeberatung differenzierten sich und sollten durch Werbeagenturen gebündelt an den Kunden gebracht werden. Der Service für den Kunden reichte dabei »von der Durchführung eingehender Produkt- und Marktanalysen über die Aufstellung des Werbeplans bis hin zur Ausarbeitung der Werbeidee in Bild und Text«188. Die Weltwirtschaftskrise und die seit 1933 einsetzende Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten verdrängten die angloamerikanischen Werbeagenturen vom Markt. Bestehen blieben die durch den gleichgeschalteten Werbe-
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Wischermann, Werbung, S. 199. Gries, Die Medialisierung der Produktkommunikation, S. 119-124. Bösch, Das Politische als Produkt, S. 236. Zur einsetzenden Reklame um 1900 siehe Lamberty, Reklame in Deutschland. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 69, sowie Adorno/Horkheimer, Dialektik, S. 108-150. Schindelbeck, »Asbach Uralt« und »Soziale Marktwirtschaft«, S. 235-252. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 126. Zu einem Aspekt der Werbung in der Weimarer Republik siehe Sneering, The Shopper as Voter, S. 476-501. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 126 f. Siehe auch Reinhardt, Zur Historizität der Phänomene, S. 34 f. Ebd., S. 35.
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rat leichter zu kontrollierenden Annoncenexpeditionen189. Damit trennten sich die Bereiche von Werbevermittlung und Werbegestaltung. Nach dem Zusammenbruch von 1945 und dem allmählich einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung entstand wieder ein Werbewesen, das zunächst sowohl an der schlechten Papierlage litt als auch den Auflagen der Militärregierung unterlag, aber seit der Währungsreform zunehmend prosperierte190. Zunächst folgte es den überlieferten Traditionen der Mittler und Berater. Erst später begannen in der Bundesrepublik wieder erste Werbeagenturen Fuß zu fassen, die erneut die Bereiche von Werbevermittlung und Werbegestaltung miteinander verbanden und dem US-amerikanischen Modell der umfassenden Werbeagentur folgten191. In den ersten Nachkriegsjahren war die Werbung zunächst durch eine Phase der Erinnerungswerbung geprägt, indem an bekannte Vorkriegs- aber auch Kriegsprodukte angeknüpft wurde. Ihr folgte eine Phase der Betonung der Einzigartigkeit des jeweiligen Produktes. Anfang der 1950erJahre begann die Werbeindustrie nicht mehr »nur« eine Sache zu vermitteln, sondern versuchte mit dem Produkt gleichzeitig eine Stimmung, Haltung oder Sehnsüchte zu kommunizieren. In diesem Paradigmenwechsel sind die Anfänge der Werbepsychologie zu suchen192. Im Zuge dieser Erweiterung der Werbeinstrumentarien verschwanden die einzelnen Werbemittler in dem Maße, in welchem die Werbeagenturen in der Lage waren, ihren Kunden eine immer umfassendere Betreuung zukommen zu lassen. Neben dem Einsatz der Werbeagenturen auf dem Wirtschaftsmarkt fand im Zuge des Wahlkampfes zum Zweiten Deutschen Bundestag eine erstmalige Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaftswerbung zum Zweck einer politischen Kommunikation statt. Bösch wertet diese Weiterentwicklung und Modernisierung der politischen Kommunikation als ein Lernen »weniger aus der Beobachtung des Politischen als aus der Beobachtung des Konsumverhaltens in der Werbewirtschaft, die bereits in zahlreichen Schriften äußerst interessante Gesellschaftsanalysen publizierte«193. Gerade aber diese Feststellung, dass die Kommunikation des Produktes »Politik« auf Erfahrungen und Methoden der Wirtschaftswerbung zurückgriff, ist eine zentrale Erkenntnis, die für unsere Untersuchung der Entwicklung der Kommunikation des politischen Produktes »Bundeswehr« von zentraler Bedeutung ist194. Denn von den ersten Tagen der Nachwuchswerbung an haben die zuständigen Stellen mit Werbeagenturen zusammen gearbeitet. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist 189
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Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 128. Zum Werberat und zum Tätigkeitsverbot für ausländische Agenturen siehe Westphal, Werbung im Dritten Reich; Rücker, Wirtschaftswerbung. Brix, Anzeigenwerbung, S. 255 f. Einen Überblick bietet Schmidt, Werbung. Steininger, Eleganz der Oberfläche, S. 186-188; Gries, Zum Selbstbildnis westdeutscher Werbeunternehmer, S. 251-274. Steininger, Eleganz, S. 185 f. Zur zeitgenössischen Literatur der Werbepsychologie siehe Kapitel I.3.b. Bösch, Das Politische als Produkt, S. 236. Eine Auswahl dieser Literatur in Kapitel I.3.b. Hierzu zeitgenössisch Hirsch-Weber/Schütz, Wähler und Gewählte, und Schmidtchen, Die befragte Nation.
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die nach der Aufgabenverteilung und dem Einfluss der Werbeagenturen auf die Gestaltung. Auf dem Feld der wahlpolitischen Kommunikation überließ die CDU 1957 als erste deutsche Partei die gesamte Gestaltung ihres Wahlkampfes einer Werbefirma. Die Düsseldorfer Agentur Dr. Hegemann195, die im Übrigen immer wieder die Nachwuchswerbekampagnen der Bundeswehr begleitete, übernahm die Gestaltung fast aller Slogans und Plakate für die Partei, nachdem sie »kurzerhand die meisten Entwürfe aus der CDU« verworfen hatte196. Die professionellen Plakate der Agentur waren in ihrer Aussage besser aufeinander abgestimmt, von ihrer Erscheinung her werbewirksamer aufgemacht und orientierten sich am US-amerikanischen Werbemarkt197. Inwiefern die zivilen Agenturen in die Gestaltung der Nachwuchswerbung und die Entwicklung von Werbestrategien involviert gewesen sind und inwieweit die Strategien Vorgaben der zuständigen Bundeswehrstellen waren, bleibt eine der zentralen Fragen, die dem Verständnis für die Produktkommunikation und das Bild »Bundeswehr« zugrunde liegt. Neben der skizzenhaften Entwicklung der Werbung ist jedoch nicht nur dieser eher werbegeschichtliche Aspekt von Interesse, sondern darüber hinaus auch die Frage nach dem Charakter der bildlichen Darstellung in der Werbung. An dieser Stelle berühren wir den nicht eindeutig zu klärenden Punkt, ob Werbegrafiken Kunst darstellen und somit Plakate oder Anzeigen Kunstwerke sind oder nicht198? Diese Frage verdeutlicht die Polyvalenz des Bildes auf einer anderen Ebene. Sie verlässt den Bereich der Verschiedenartigkeit der Wahrnehmung des Bildes als solches und befasst sich vielmehr mit dem Charakter des Bildinhalts, der als künstlerisch, gewerblich oder als politisch bezeichnet werden kann. An dieser Stelle verwischt die so einfach erscheinende Unterteilung der Werbung in die Felder Propaganda und Reklame für die Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr199. Folgt man der Ansicht, dass die Bundeswehr an sich einem Industrieunternehmen gleichkommt, was sie im Übrigen in ihrer Werbung seit Ende der 1960er-Jahre immer wieder selbst betonte (oder betonen ließ), mag die Auffassung stimmen, dass die Anzeigen und Plakate als Personalwerbung zu verstehen sind. Als solche werben sie für Teilfunktionen eines Unternehmens und entsprechen somit einer Unterfunktion innerhalb der Werbung für wirtschaftliche Zwecke, der Reklame. Doch können die Plakate der Bundeswehr zugleich den politischen Bildplakaten zugerechnet werden, die als Werbegrafiken »im Dienste konkreter politischer Aufgaben stehen«200. Die Bundeswehr ist nämlich kein reines Industrieunternehmen, sondern Teil der Exekutive des Staates und somit politisch. Gleichzeitig jedoch steht sie von Beginn 195
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Verzeichnet als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Werbungsmittler, in: Der Mittler in der Werbung, S. 151. Bösch, Das Politische als Produkt, S. 237 f., Zitat S. 238. Ebd., S. 238. Die Zusammenarbeit zwischen den Werbeleuten der Partei und denen der Werbeagentur war wohl aufgrund dieser Tatsache nicht immer spannungsfrei. Siehe hierzu Meffert, Werbung und Kunst; Wündrich, Das Plakat, S. 47. Siehe Abb. 3, S. 53. Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakates, S. 15.
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ihrer Existenz an vor Personalsorgen im Bereich längerdienender Soldaten aller Ränge. So bedient sich die Armee der Instrumente der Wirtschaft, um dieses Problem zu lösen. Es wird zu sehen sein, wie die Nachwuchswerbung der Bundeswehr den Spagat zwischen Propaganda und Reklame bewältigt. Keiner der beiden Begriffe ist in der Lage, diese Situation zu beschreiben, die im Übrigen gar nicht so singulär ist. Denn auch andere staatliche (Wirtschafts)Institutionen hatten Personalbedarf: die Bundespost, die Bundesbahn, aber auch der Bundesgrenzschutz und die Länderpolizeien. Auch sie betrieben Nachwuchswerbung, ohne dabei jedoch das Odium der Propaganda in der Öffentlichkeit zu erzeugen201.
b) Darstellungsformen in der Werbung Wie oben bereits beschrieben, löste der Jugendstil im ausgehenden 19. Jahrhundert den Historismus in der Plakat- und Anzeigengestaltung ab. Die schlichteren Formen ermöglichten die Konzentration auf das Wesentliche der Plakatkommunikation und erfüllten somit die Anforderungen an die Fernwirkung für Plakate, auch wenn die Besonderheiten für die Anzeigenkommunikation noch nicht erkannt wurden. In den ersten Jahren war ein sensationsorientierter Werbestil bezeichnend, der aber bereits nach der Wende zum 20. Jahrhundert durch künstlerisch geprägte Grafiken verdrängt wurde202 und auch im Ersten Weltkrieg Bestand hatte. In dieser Zeit begannen die Firmen in einem als patriotisch zu bezeichnendem Stil, soldatische Motive für ihre Produktwerbung zu wählen203. Dies ist ein interessanter, bis jetzt nicht angesprochener Aspekt: Denn der Soldat als Motiv war Bestandteil und Ergebnis der Reklame und nicht der Propaganda. Soldatendarstellungen für politische Zwecke waren, wie für Kriegsanleihen u.ä., hingegen nicht nur der Propaganda zuzuordnen, sie waren grafisch auch anders gestaltet204. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges begann sich die künstlerisch orientierte Plakat- und Anzeigenwerbung hin zu einer eher nüchternen Gebrauchsgrafik zu entwickeln205. Mitte der 1920er-Jahre, parallel zum Aufkommen der ersten Werbeagenturen, vollzog sich nach Reinhardt ein tiefgreifender Wandel in der Anzeigengestaltung, wie er sich auch schon um die Jahrhundertwende 201
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Dies mag nicht nur an der Darstellungsform und den Inhalten sowie der ablehnenden Haltung verschiedener Kreise zu verschiedenen Zeiten liegen, sondern in erster Linie an der Intensität der Werbung und ihrer Präsenz in der Öffentlichen Meinung. Für eine Werbeanzeige des BGS vom Dezember 1958 siehe BA-MA, Bw 2/20235 sowie ein Werbemotiv in Der Spiegel, 13, Nr. 4, 21.1.1959, S. 22; Der Spiegel, 13, Nr. 7, 11.2.1959, S. 46; Der Spiegel, 13, Nr. 45, 4.11.1959, S. 40; Der Spiegel, 13, Nr. 49, 2.12.1959, S. 64; Der Spiegel, 14, Nr. 20, 11.5.1960, S. 76; Der Spiegel, 14, Nr. 24, 8.6.1960. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 211. Siehe hierzu die Auswahl bei Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, Abb. 40 und 41, S. 217 f. Siehe hierzu die Auswahl bei Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats, Abb. 55-78. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 219.
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vollzogen hatte206. Die Werbung wurde sachlicher und realistischer207. Sie versuchte durch »vordergründig aufklärend und informativ gestaltete Texte, von der Qualität der angebotenen Ware zu überzeugen«208. Zudem erreichte, aus den USA kommend, die Fotoanzeige den deutschen Markt, die vorgab, die Wirklichkeit widerzuspiegeln, um so den Konsumenten zu überzeugen. Auch wenn unter der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten angloamerikanische Werbeagenturen vom deutschen Markt verdrängt wurden, blieb der in den 1920er-Jahren neu entstandene Werbestil bis in die heutige Gegenwart bezeichnend für die Anzeigen- und Plakatwerbung und kann somit als Vorläufer der gegenwärtigen Werbebilder bezeichnet werden. Reinhardt fasst dies wie folgt zusammen: »So wird auch in der Anzeigengestaltung jene grundlegende Wandlung sichtbar, die sich seit Mitte der zwanziger Jahre in der Werbung vollzog. Aus der naiven Selbstbeweihräucherung des Kapitalismus, wie sie vor 1914 in der Anzeigenwerbung dominiert hatte, entstand unter Zuhilfenahme von exakter Werbeplanung und Marktanalyse, handwerklich geschulter Gebrauchsgraphik und wissenschaftlich untermauerter Werbepsychologie eine subtile Methode zur Beeinflussung von Konsumenten. Die Taschenspielertricks und der vorgegaukelte künstlerische Anspruch der Vorkriegsanzeigen wichen einer Anzeigengestaltung, die mit nüchternen, aber dennoch interessant gestalteten Texten und Illustrationen in erster Linie das Vertrauen der Konsumenten finden will209.« Stimmt also Reinhardts Einschätzung, dass sich die Grundlagen der Anzeigenund Plakatwerbung seit Mitte der 1920er-Jahre in ihrem Wesenskern nicht verändert haben, können daraus Rückschlüsse auf verschiedene Darstellungsformen gezogen werden. Etwaige Unterschiede in der Soldatendarstellung gingen somit weniger auf eine Veränderung der Werbung an sich, als vielmehr auf eine Veränderung der Intention des Werbenden zurück. Sollte dies nachweisbar sein, vor allem vor dem Wissen des Wechsels politischer Systeme, ist diese Form der Werbung als eine politische und weniger als eine wirtschaftliche zu verstehen. Hier wird aber auch noch einmal die Bedeutung der unterschiedlichen Darstellungsformen deutlich. Es ist zu fragen, welchen Zweck Soldatendarstellungen während des Ersten Weltkrieges, in der Reichswehrzeit, der Aufbauphase der Wehrmacht, der Waffen-SS oder der Wehrmacht während der Kriegsjahre hatten. Standen personaltechnische Fragen im Vordergrund oder sollte der Durchhaltewillen des Volkes gestärkt, Ersatz für Frontverbände gefunden oder die Größe der Partei glorifiziert werden? Kurz, hatten die Anzeigen- und Plakatwerbungen einen personaltechnischen oder einen im weitesten Sinne politi206 207
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Ebd., S. 220. Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats, S. 321. Der Verfasser benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff »Realismus«. Reinhardt, Von der Reklame zum Marketing, S. 223. Ebd.; Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats, S. 231, stützt dessen These indirekt, wenn sie vermutet, dass die meisten Weltkriegsplakate (1914/18) »motivisch stärker mit dem Plakatschaffen des 19. Jhs. zusammenhängen als mit dem Plakat der Weimarer Zeit«.
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schen Zweck? Diese Frage muss gestellt werden, sollen qualifizierende Vergleiche durchgeführt werden. Im Folgenden werden die für das nationalsozialistische Soldatenbild typischen Muster herausgearbeitet. Dabei werden drei Bilder näher beleuchtet, die als Medien der Soldatenwerbung der Wehrmacht eingesetzt waren. Damit soll dieser Abschnitt Vergleiche mit den Soldatenbildern in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr erlauben, um Kontinuitäten darzustellen oder Brüche zu dokumentieren.
3. Das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung der Wehrmacht Dass das vermittelte Soldatenbild zugleich Aufschluss über die »politischen und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen210« einer Gesellschaft bietet, leuchtet ein, ist gleichwohl jedoch nur selten historisch untersucht worden. Doch gerade an dieser Stelle ist erneut auf die Wechselwirkung und auf die Abhängigkeit zwischen verschiedenen Bildbegriffen hinzuweisen. Denn das Bild des Soldaten wird nicht nur durch Gemälde, Fotografien oder Drucke211, sondern auch durch das geschriebene Wort212 oder durch Filme213 vermittelt. Diese Medien evozieren beim Kommunikanten somit ein mentales Bild des Soldatischen. Das Bild des Soldaten der Wehrmacht wurde jedoch bewusst vonseiten der NSDAP und der Wehrmachtführung im Zuge der »Wiederwehrhaftmachung« gesteuert und entworfen214. Es sollte die »Heimatfront« im wahrsten Sinne in das Kriegsgeschehen mit eingebunden, die Bevölkerung zu Teilnehmern am Krieg erhoben werden215. So ergibt sich eine Verkettung, die, setzt man beim Soldatenbild der Wehrmacht an, folgende Parameter zu berücksichtigen hat: Das erste Glied der Kette ist die Vorstellung, das Ideal, das Verbreitung finden soll. Dieses Idealbild des Soldaten stellte bereits ab der Ära Blomberg die Verquickung der nationalsozialistischen Weltanschauung mit den überlieferten Konventionen deutschen Soldatentums dar216. Es diente als Grundaussage der Stärkung des Wehrgedankens in der Bevölkerung und der mentalen Vorbereitung auf einen Weltan210 211
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Messerschmidt, Die Wehrmacht im NS-Staat, S. 200. Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht, S. 45-76; Schmidt, Maler an der Front, S. 635-684; Veltzke, Kunst und Propaganda in der Wehrmacht. Dazu als zeitgenössische Literatur: Maler an der Front; Eigener, Mein Skizzenbuch; Große Deutsche Kunstausstellung 1941; aber auch Köhne, Das Bild des deutschen Offiziers, S. 389-412. Ehrke-Rotermund, Die Wehrmacht als Gegenstand der Literatur, S. 685-718; Kurzke, Das Bild des Offiziers, S. 413-435. Bartels, Die Wochenschau im Dritten Reich; Mediale Mobilmachung. Förster, Geistige Kriegführung, S. 469. Siehe auch Kundrus, Totale Unterhaltung?, S. 93-157. Paul, Bilder des Krieges, S. 225 f., 236-243. Messerschmidt, Die Wehrmacht im NS-Staat, S. 207.
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schauungskrieg. Die Umsetzung dieser Vorstellungen in reale Bilder, egal ob in Abbildungen oder in Textform, ist das zweite Kettenglied. Das reale Bild kann hier aber auch das tatsächliche Auftreten des Soldaten und die vermehrte Präsenz des Militärischen im Alltag bedeuten. Man denke dabei auch an das reale Bild des Einmarsches deutscher Soldaten in das Rheinland und das dabei evozierte innere Bild der Stärke im Bewusstsein der Öffentlichkeit, die gleichsam das dritte Bindeglied der Bilderkette darstellt. Eine andere Schwierigkeit für eine vergleichende Bildanalyse ergibt sich aus dem dem Bild ursächlich zugedachten Zweck. Während wir für die Zeit ab 1956 ausschließlich für die Personalwerbung gedachte Grafiken betrachten, stellen die ausgewählten Bilder aus der Zeit vor 1945 einen Kommunikationsversuch dar, der einem anderen Zweck gedient haben mag. Wurden zunächst, wie noch darzustellen sein wird, in der Bundeswehr Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung differenziert betrachtet, scheint diese Unterscheidung weder während des Ersten Weltkrieges, noch in der Reichswehr oder Wehrmacht gegolten zu haben. Da aber, wie oben bereits hinterfragt, der Zweck der Darstellung die bildliche Umsetzung beeinflussen kann, muss der Erkenntniswert eines Vergleichs bildlicher Darstellungen so lange bezweifelt werden, wie nicht über den organisatorischen Hintergrund im weitesten Sinne Klarheit herrscht. Die erste klärende Frage sollte daher den Entstehungszusammenhang der Bilder beleuchten. Eine Auswahl an Bildern, die eine bestimmte Aussage unterstreicht, hindert womöglich den Betrachter daran, sich andere Bildmotive und Bildaussagen vorzustellen. Es muss also gefragt werden, inwiefern es heuristisch legitim ist, von einer eine bestimmte Aussage kommunizierende Bilderreihe auf die Gesamtheit aller produzierten Bilder zu schließen? Wie verfährt man, wenn keine einheitliche Aussage in einer Vielzahl von Bildern vorhanden ist? Es muss ebenfalls hinterfragt werden, inwiefern die Wehrmacht in einem totalitären System, das zudem die Wehrpflicht kennt, zu Kriegszeiten überhaupt für Freiwillige oder Nachwuchs werben musste, wenn diese doch generell zwangsverpflichtet wurden? Es muss gefragt werden, inwieweit die Reichswehr als ein auf ein bestimmtes Limit begrenzte Armee mit geringer Sollstärke für Nachwuchs werben musste? Eine andere Frage kann lauten, inwiefern das politische System Soldatenbilder zur Vermittlung bestimmter Werte und Normen nutzte? Inwiefern waren also Soldatendarstellungen Propaganda, wie Schmidt es für die Kriegsmalereien nachweist217, und nicht Werbung im personaltechnischen Sinne? Das Bild des Wehrmachtsoldaten, wie es von den »Malern an der Front« in Bild und Film durch die Propagandakompanien gezeichnet wurde218, ist vor dem Hintergrund der dem Malerkorps zugedachten Funktion im Gesamtgefüge der Propagandamaschinerie zu betrachten219. Der Zweck dieser Kunstform war 217
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Schmidt, Maler an der Front, und Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht. Paul, Bilder des Krieges, S. 225-229. Zur Wehrhaftmachung siehe Förster, Geistige Kriegführung, S. 469-640. Siehe auch Kundrus, Totale Unterhaltung?
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ein politischer. Wenn es uns also gelingt, das gezeichnete oder getextete Bild des Wehrmachtsoldaten als ein Instrument einer Wehrerziehung der Bevölkerung bzw. als Medium zur Vermittlung nationalsozialistischer Ideale zu verstehen, decken wir eine wesentliche Funktion des »Bildes von der Front« auf, ohne zu übersehen, dass die Kriegsmalerei neben dieser instrumentalisierten politischen Dimension ebenfalls über künstlerische Qualitäten verfügte220. Auf diese Weise wurden Bilder vom nationalsozialistischen Krieg inszeniert, die durch eine überhöhte Ästhetik faszinierten221. Dem Nationalsozialismus inhärente Wesenszüge finden sich in den Wehrmachtsmalereien wieder, die Schmidt unter Rubriken wie Führermythos, Volksgemeinschaft, Kampf, rassischer Kämpfer, Feind, Kameradschaft, Verwundung und Tod einteilt und dabei erste Kontinuitäten von Darstellungen zur Kriegsanleihe des Ersten Weltkrieges aufdeckt222. Dabei dominieren Bilder, die den Soldaten als das Idealbild des deutschen Mannes darstellen, der analog zum nationalsozialistischen Heldenkult über eine »arttypische« Physiognomie verfügt, die Alfred Rosenberg223 wie folgt beschrieb: »Die Gesichter, die unterm Stahlhelm auf den Kriegerdenkmälern hervorschauen, sie haben fast überall eine mystisch zu nennende Ähnlichkeit. Eine steile durchfurchte Stirn, eine starke gerade Nase mit kantigem Gerüst, ein festgeschlossener schmaler Mund mit der tiefen Spalte eines angespannten Willens. Die weitgeöffneten Augen blicken geradeaus vor sich hin. Bewußt in die Ferne, in die Ewigkeit224.« Laut Jens Jäger war das nationalsozialistische Soldatenbild am heroischen Individuum ausgerichtet und zeigte eine hochmoderne, effektive und professionelle Wehrmacht225. Diese Vorstellungen wurden getragen von begeisterten jungen Gewaltspezialisten wie Panzerkommandanten, Fliegern und Sturmtrupp-
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Es muss an dieser Stelle eingeräumt werden, dass das umfangreiche Werk der professionellen Kriegsmaler nicht ausschließlich politisch motiviert gewesen ist. Aber allein die Tatsache, dass unter den beinahe 9000 Gemälden, Zeichnungen und Aquarellen auch (scheinbar) »friedliche« Landschaftsmalereien entstanden, offenbart nur die ungeheure Problematik im Umgang mit der Quellengattung Bild. Andererseits weist Schmidt, Maler an der Front, S. 666, darauf hin, dass auch solche Bilder durch die Propagandamaschinerie politisch instrumentalisiert und mit Texten versehen wurden. Aber auch das zeugt lediglich von der Problematik im Umgang mit Quellen; die Deutung eines Bildes ist abhängig vom Betrachter. Siehe auch Veltzke, Kunst und Propaganda in der Wehrmacht. Paul, Bilder des Krieges, S. 230. Schmidt, Maler an der Front, S. 635-639, hier v.a. S. 646 f.; Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht, S. 47-51. Alfred Rosenberg, *12.1.1893, †16.10.1946, Ideologe und Politiker der Nationalsozialistischen Partei. Redakteur und Herausgeber des Völkischen Beobachters, seit 1930 Reichstagsabgeordneter, 1941 »Reichsminister für die besetzen Ostgebiete«. Er wurde im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zum Tode verurteilt. In seinem radikal antisemitischen und auch antichristlichen Buch »Der Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts« tritt er für eine neue Religion des Blutes ein. Das Buch gilt nach Adolf Hitlers »Mein Kampf« als das zweite Standardwerk der nationalsozialistischen Ideologie. Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts, S. 448. Jäger, Photographie, S. 121.
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führern, die ein »Image von Gewaltbereitschaft«226 vermittelten. Aber nicht nur der Krieg als Ort der Bewährung männlicher Tugenden im rassischen Existenzkampf, sondern auch Themen wie bürgerliche Ordnungsvorstellungen, NSRassenhygiene oder der Krieg als »grandioses touristisches Unternehmen« oder als sportlicher Wettkampf fanden Verbreitung227. Ähnliche Motive und Themen in der Darstellung des Soldatischen erwartet der Betrachter auch für die Nachwuchswerbung. Es ist die Frage zu stellen, ob die Intention des Historiengemäldes eines Frontmalers für eine Ausstellung im Reich die gleiche ist wie die eines Bildes für die Nachwuchswerbung. Zumindest jedoch erscheint es offensichtlich, dass es keinen grundlegenden Wechsel in der nationalsozialistisch betonten Themenwahl geben sollte. Wenden wir uns den vorliegenden Nachwuchswerbeplakaten zu und erinnern uns der Typologisierung Rosenbergs. Zwei der Plakate werben Nachwuchs direkt für eine Waffengattung, das dritte wendet sich an die Zielgruppe des Unteroffiziernachwuchses. Das Werbeplakat für die Division »Grossdeutschland« (Abb. 4) kann um das Jahr 1942/43 datiert werden228. Es warb wahrscheinlich um Nachwuchs für die seit 1942 stattfindende Umgliederung vom Regiment zur Division229. Gezeichnet wurde es von Herbert Rothgängel230. Das Bild ist dreigeteilt, wobei die Überschrift »Freiwillige vor!« nicht nur in einer für die Zeit typischen, handschriftlich anmutenden Schrift gedruckt ist, sondern das Gesamtbild sofort als einen Aufruf zur Freiwilligenmeldung identifiziert und somit textliche und bildliche Informationen miteinander verbindet. Die gewählte Schrift unterstützt durch ihren markigen und energisch wirkenden Stil die Appellfunktion. Der untere und zugleich dritte Teil des Plakates ist ebenfalls eine rein textliche Information einer serifenlosen Antiqua, die die Plakatüberschrift näher bestimmt und verankert. Die Strenge dieser Schrift korrespondiert mit dem geringen Buchstabenabstand, der den Verband »Grossdeutschland« in den Mittelpunkt der Aussage rückt. Das eigentliche Bild wird somit von zwei Textgruppen chiastisch gerahmt und erhält erst durch diese Informationen seine eigentliche Aussagekraft: nämlich als Werbeplakat für einen Truppenteil zu fungieren.
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Howard, Die Erfindung des Friedens, S. 73. Paul, Bilder des Krieges, S. 236-241. Das Plakat liegt vor im LADt unter der Signatur D81/Nr. 2114. Es ist dort datiert auf 1939/45. Im Frühjahr 1942 wurde aus dem bisherigen Infanterie-Regiment (mot.) »Grossdeutschland« die gleichnamige Infanteriedivision aufgestellt. Am 23.6.1943 wurde sie in Panzergrenadierdivision umbenannt. Die in der Anzeige benannte Ersatz-Brigade (Ers.Brig) in Cottbus existierte unter diesem Namen seit dem 1.6.1942. Demnach warb das Bild zwischen Juni 1942 und Juni 1943. Siehe hierzu auch die Angaben über die Schriftarten im Ärmelband weiter unten. Siehe zudem die Chroniken in der Erinnerungsliteratur bei Scheibert, Panzer-Grenadier-Division Grossdeutschland. Herbert Rothgängel, Grafiker und Illustrator aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Er entwarf viele politische Plakate, war aber auch Werbezeichner. Zeichnungen von Soldaten finden sich z.B. in Deutschland siegt!, Soldatenbilder auch in Eckardt/Morawietz, Die Handwaffen des brandenburgisch-preußisch-deutschen Heeres.
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Doch interessieren uns in diesem Kapitel weniger die werblichen Aussagen, als vielmehr die Darstellung des Soldaten. Die abgebildete Szene zeigt drei Heeressoldaten, die neben einem Kampfpanzer des Typs III oder IV im augenscheinlichen Angriff begriffen sind. Dominiert wird die Szene durch den im Vordergrund des Plakates aufrecht marschierenden Soldaten. In seiner Linken hält er einen Karabiner 98 mit aufgepflanztem Bajonett kurz über dem Verschluss der Waffe. Mit seiner Rechten umfasst er zupackend eine Stielhandgranate. In seinem Koppel stecken zwei weitere. Der Betrachter selbst findet sich in einer Froschperspektive wieder, die den vorwärtsschreitenden Soldaten gleichsam erhöht. An der Gestaltung der Uniform fällt die zeichnerische Genauigkeit zweier Effekten auf: die Zeichen des Verbandes »Grossdeutschland«. Die Division trug als einer der wenigen Verbände Ärmelstreifen mit dem Namen der Truppe. Die Darstellung hier ist so arrangiert, dass der Betrachter mühelos in der Lage ist, die in deutscher Kurrent231 gehaltene Aufschrift als die von »Grossdeutschland« zu entziffern. Ebenfalls besonders deutlich sind die Großbuchstaben »GD« auf den Schulterstücken gehalten, was ebenfalls auf die Division hinweist. Auch beim im Hintergrund stürmenden Soldaten sind die Ärmelstreifen besonders deutlich gemacht, obgleich die gezeichnete Person insgesamt relativ unscharf erscheint. Diese jeweilige Scharfzeichnung in Verbindung mit der im dritten Teil des Plakates verankerten textlichen Botschaft, es handele sich um Freiwilligenmeldungen bei der Division »Grossdeutschland«, verbinden sich zu einer Gesamtbotschaft. Doch nun zum Ausdruck des Soldaten. Die bisherige Schilderung der Körperhaltung und der Tätigkeit des Soldaten wird durch seine Physiognomie determiniert. Hätte der Mann bisher auch auf einem einfachen Marsch sein können, verdeutlichen die Marschbewegung und sein ernster Blick, der durch die weit aufgerissenen Augen und das starre Leuchten des Augapfels unterstrichen wird, dass die Szene eine Kampfhandlung, genauer einen Angriff der Division »Grossdeutschland« darstellt. Erinnern wir uns der Schilderung Rosenbergs und übertragen sie auf das Gesicht dieses Soldaten, so erscheinen alle »Anforderungen« erfüllt. Denn der fest entschlossene Blick unter dem Stahlhelm hervor, mit der starken und geraden Nase in einem markanten Gesicht und dem festgeschlossenen, schmalen Mund demonstrieren den angespannten Willen und unterstreichen damit den aus dem Bild herausstarrenden Blick. Diese zeichentechnische Finesse ist ein in diesen Bildern häufig auftretendes Mittel, um den Blick nicht nur vorwärts auf den Feind, sondern vielmehr ent231
»Grossdeutschland« bekam im Laufe der Jahre verschiedene Ärmelbänder verliehen, erstmals am 15.9.1939. In dieser und in der zweiten Version vom Mai 1940 war der Schriftzug »Grossdeutschland« in Fraktur gehalten. Erst die dritte Version vom 7.10.1940 zeigte die hier abgebildete deutsche Kurrentschrift. Eine reformierte Schreibweise der Kurrent ist die 1911 entworfene Sütterlinschrift. Beide werden 1941 im Deutschen Reich durch eine lateinische Schrift ersetzt. Dies schlägt sich um 1944 auch auf dem Ärmelband des Verbandes nieder. Möchte man Uniformstücke zur Datierung einer Abbildung hinzuziehen, muss bedacht werden, dass oft nach der Einführung neuer Bekleidungsstücke parallel weiterhin die »Altbestände« aufgetragen wurden. Dieser Ansatz eignet sich, um den frühestmöglichen, nicht jedoch den spätesten Zeitpunkt zu bestimmen.
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schlossen und trotzend in die Ewigkeit und den heroischen Tod zu werfen. Obwohl die dynamische Grundstimmung, die durch den im Hintergrund fahrenden Panzer verstärkt wird, typisch für den nationalsozialistischen Soldaten ist232, fehlt doch sowohl auf dem Hoheitszeichen auf der rechten Brust als auch auf dem Koppelschloss die Darstellung eines Hakenkreuzes. Dies ist umso erstaunlicher, als sowohl das Hoheitszeichen als auch das Koppelschloss deutlich zu erkennen sind und wirft die Frage auf, weshalb die »Hoheitszeichen« der Division so deutlich und die des Regimes so undeutlich gezeichnet werden? Die Dynamik der gesamten Szene, die ein Sinnbild des erfolgreichen Angriffes symbolisiert, wird verstärkt durch die Wahl der Schriftart in der Plakatüberschrift. Nicht nur im visuellen, sondern auch im verbalen Register steht die Division »Grossdeutschland« im Vordergrund, gerade die gesperrten serifenlosen Versalien, in denen »GROSSDEUTSCHLAND« geschrieben ist, verdeutlichen dies. Ob somit der ideologische Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Regimes durch einen Kampf für Deutschland, also durch einen patriotischen Wert, ersetzt werden sollte? Dieses Plakat stützt die These, dass die Nachwuchswerbung der Wehrmacht in erster Linie darauf bedacht war, zu musternde junge Männer für bestimmte Waffengattungen bzw. direkt für bestimmte Truppenteile zu werben. Solch ein Plakat verdeutlicht auch, was es bedeutet haben mag, dass die Division selbst Träger der Werbung gewesen ist. Wir können festhalten, dass dieses Plakat für die Division »Grossdeutschland« warb. Der dargestellte Soldat entsprach dem heroischen Ideal des nationalsozialistischen Soldaten, auch wenn auf seiner Uniform Hinweise auf das »Hoheitszeichen« der Partei fehlen. Vom Charakter anders angelegt ist die Werbung für Bordfunker (Abb. 5) bei der Luftwaffe durch das NS-Fliegerkorps233. Dieses war seit Ende der 1930erJahre in Kooperation mit der Flieger-HJ für die Gewinnung von Nachwuchs und die technische sowie fliegerische Vorausbildung der späteren Luftwaffensoldaten verantwortlich234. Der Aufruf wandte sich ausschließlich an die Mitglieder der Flieger-HJ235. Das als Faltbeilage konzipierte, plakatähnliche Medium erschien um 1943. Das in der Aussage zweigeteilte Bild verbindet textliche und bildliche Information besonders auffällig. Wir können hier sogar behaupten, dass das Bild den Text illustriert. Der Text, der zwei Drittel der Fläche einnimmt, wird dominiert von einer Über- und einer Unterschrift, die zusammen gelesen eine eigenständige Aussage in Imperativform ergeben und somit als 232 233
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Schmidt, Maler an der Front, S. 649. Das Plakat liegt vor im LADt unter der Signatur D81/Nr. 2125. Es ist dort um 1943 datiert. Zum NS-Fliegerkorps und der dortigen Bordfunkerausbildung siehe zeitgenössisch Kehrberg, Das Nationalsozialistische Fliegerkorps, S. 170-203. Kindler, »Wo wir sind, da ist immer oben«, S. 419 f.; Boog, Die deutsche Luftwaffenführung, S. 292, weist darauf hin, dass diese Ausbildung nicht zwangsläufig zu einer späteren Meldung bei der Luftwaffe führte. Darauf weist nicht nur der Plakattext hin, sondern auch die Aussagen in Kehrberg, Das Nationalsozialistische Fliegerkorps, S. 182.
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optischer Aufhänger fungieren. Der eine persönliche Ansprache vermittelnde handschriftliche Duktus unterstreicht die Appellfunktion. Der zwischengeschaltete Text in einer nüchternen serifenlosen Schrift informiert den Interessenten über die Tätigkeit des Bordfunkers. Die erste Aussage jedoch, die der Leser wahrnimmt, ist eine Suggestion, die dem Betrachter aus der Zielgruppe vermittelt, dass doch beinahe alle Jungen Bordfunker der Luftwaffe werden wollen. An dieser Stelle greift das Stilmittel der Metonymie, die dem Leser suggeriert, selbst Teil des Ganzen werden zu wollen. Die im Text beschriebenen Tätigkeiten des Funkens und Kämpfens, die gegenseitige Durchdringung »von Krieger und Kriegstechnik«236, werden im Bild deutlich durch die zeichnerische Betonung des Morsetasters und des Maschinengewehrs237. Die Figur des abgebildeten Soldaten blickt nicht wie für dieses Genre typisch aus dem Bild heraus, sondern vielmehr in einer Portraitansicht mit einem Auge auf den Betrachter und unterstreicht durch den ermahnenden Blick die Imperativform des Textes und der Gesamtkomposition: »Auch du willst sicherlich als (zukünftiges) Mitglied des NS-Fliegerkorps die Ausbildung zum Bordfunker mitmachen?« Nichtsdestoweniger – oder gerade deshalb – ist das Gesicht des Mannes gekennzeichnet durch gerade, strenge, fast metallisch wirkende Züge238 und einen fest geschlossenen Mund; Eigenschaften, die seine Entschlossenheit, gleichzeitig aber auch sein ruhiges, überlegenes Können als Techniker und Fachmann, als Ingenieur des Krieges239 verdeutlichen. Dies sind kriegerische Werte, die den Hitlerjungen bekannt gewesen sein dürften. Das dritte Plakat (Abb. 6) kommt mit einer gänzlich anderen Komposition aus240. Es handelt sich um ein Arrangement von Fotografien, die verschiedene Waffengattungen des Heeres symbolisieren, und dürfte 1943/44 entstanden sein. Die Fotografien sind im Rechteck um das Zentrum des Plakates angeordnet, in dem sich textliche Informationen finden, die das Bildarrangement erst erklären. Auch hier wirbt der textliche Teil mit dem Stilmittel des Imperativs, indem dem Betrachter gleichsam befohlen wird, was er zu wollen hat, nämlich in erster Linie sich zum Heer zu melden und zweitens die Laufbahn des Unteroffiziers einzuschlagen. Die Kombination von Imperativ und moderner Fotografie zeichnet dieses Werbeplakat aus. In diesem Medium kommt kein gezeichneter und somit stilisierter Typus des Wehrmachtsoldaten vor, vielmehr zeigt dieses Plakat der Nachwuchswerbung »reale« Eindrücke und verdeutlicht damit, dass bildliche Darstellungen mit ähnlichem Zweck aus dem selben Zeitraum völlig verschieden aufgemacht sein können. Denn in diesem Plakat fehlt nicht nur jeglicher offensichtliche Hinweis auf den Nationalsozialismus, sondern auch die übliche nationalsozialis236
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Kindler, »Wo wir sind, da ist immer oben«, S. 414. Beachte auf dieser Seite auch die Standbilder aus Filmen und ihre Ähnlichkeit mit dem im Plakat abgebildeten Soldaten. Beachte die beinahe identische Wortwahl über die Aufgaben des Bordfunkers als Fliegerschütze in Plakat und Buch: Kehrberg, Das Nationalsozialistische Fliegerkorps, S. 181. Siehe das Pilotengesicht bei Rother, Stukas, S. 366. Paul, Bilder des Krieges, S. 236. Das Plakat liegt vor im LADt unter der Signatur D81/Nr. 2661. Es ist dort datiert auf 1943/44.
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II. Historische Entwicklungslinien
tische Gestik im stilisierten Soldaten. Gleichwohl bleibt einzuräumen, dass sowohl mit der abgebildeten modernen Technik als auch dem Medium Fotografie selbst Aspekte der ideologischen und ästhetischen Modellierung der NSIdeologie vorliegen. Dennoch bleibt zu bedenken, dass sowohl modernes Kriegsgerät als auch die Fotografie die Mittel und die Realität der Zeit darstellen und nicht als bewusste Instrumente der Herrschaftskommunikation fungieren, sondern diese Rolle sekundär, das heißt nicht instrumentalisiert, wahrnehmen. Dennoch bleibt vor allem im Vergleich zum Plakat des NS-Fliegerkorps das Fehlen vordergründiger nationalsozialistischer Ideologie festzustellen. Ob dieses Heeresplakat ähnlich wie der Aufruf der Division Großdeutschland damit eher auf nationale als auf nationalsozialistische Werte setzte, muss als Frage offen bleiben. Die drei Bilder verdeutlichen, wie unterschiedlich der Ansatz zur Soldatenwerbung ausfallen konnte. Sie zeigen, dass einerseits die Truppe, aber auch parteinahe Organisationen warben, aber wie in Abb. 6 dargestellt, sich auch eine Teilstreitkraft zentral um junge Männer bemühte. Es war zu sehen, dass einmal nationalsozialistische Werte transportiert wurden, ein anderes Mal aber eher nationale Werte im Vordergrund standen.
III.
Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung im Zeichen der »Armee ohne Pathos«1 (1956-1960)
Der Historiker Friedrich Meinecke2 stellte bereits unmittelbar nach Kriegsende vorausschauend und klar fest: »Der radikale Bruch mit unserer militaristischen Vergangenheit, den wir jetzt auf uns nehmen müssen, führt uns aber auch vor die Frage, was aus unseren geschichtlichen Traditionen überhaupt nun werden wird3.« Zumindest in Hinblick auf die kommende Armee der Bundesrepublik mag als eine Antwort oder Reaktion das zeitgenössisch programmatische Schlagwort Adelbert Weinsteins gelten, eines ehemaligen Generalstabsoffiziers, der nach dem Krieg als Redakteur der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ) tätig war. Im Zuge der öffentlichen Diskussionen um den Wehrbeitrag bedeutete für ihn eine deutsche Wiederbewaffnung: »Nicht Restauration der alten Armee – keine Kopie der Wehrmacht sondern eine neue Armee, die Armee ohne Pathos4.« Hiermit war der Rahmen der inneren Ausrichtung der Bundeswehr beschrieben. Auch die Verfasser der Himmeroder Denkschrift merkten zum Inneren Gefüge neuer bundesdeutscher Streitkräfte an, »daß ohne Anlehnung an die Formen der alten Wehrmacht heute grundlegend Neues zu schaffen ist«5. Die »Armee ohne Pathos« erscheint im Rückblick nicht als einfacher Wunschgedanke. Vielmehr verbirgt sich hinter diesem Begriff der grundlegende Unterschied zwischen der »alten« und der »neuen« Wehrmacht, der nicht nur von der Politik, sondern auch von Teilen der Bevölkerung und von den Siegermächten gefordert wurde. Somit kommt diesem Ausdruck eine Art Leitfunktion in der Diskussion um die Aufstellung der Bundeswehr zu. Er ist daher geeignet, diesem Zeitabschnitt als Motto voranzustehen.
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Weinstein, Armee ohne Pathos. Eine Annäherung an den Begriff des »Pathos« bietet die Diskussion in Kapitel VI »Ohne Tritt – marsch!«. Zur Rolle Weinsteins siehe Schmückle, Ohne Pauken und Trompeten. Friedrich Meinecke, *20.10.1862, †6.2.1954, Historiker. Professuren an den Universitäten Straßburg, Freiburg und Berlin. Herausgeber der Historischen Zeitschrift, Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei, 1932 Emeritus, 1948 erster Rektor der Freien Universität zu Berlin. Meinecke, Die Deutsche Katastrophe, S. 156. Weinstein, Armee ohne Pathos. Siehe Klappentext. Rautenberg/Wiggershaus, Die »Himmeroder Denkschrift«, S. 53. Hervorhebung im Original. Die kritische Würdigung dieses Zitats bei Bald, Die Bundeswehr, S. 31-34.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
1. Bestimmungsfaktoren westdeutscher Bewaffnung Dieser Abschnitt bietet zunächst einen Überblick über die Hintergründe und Geschehnisse, die zum Aufbau der Bundeswehr führten. Dabei ist der Fokus auf solche Bestimmungsfaktoren gerichtet, die die Nachwuchswerbung der Bundeswehr beeinflusst haben könnten. Weitere Facetten in der Historiografie westdeutscher Nachkriegsgeschichte können daher nicht näher beleuchtet werden6. Aus diesem Grund fragt diese Studie nicht nach dem weiten Feld von Sein oder Nichtsein einer »Stunde Null«7, sondern befasst sich mit der Aufstellung bundesdeutscher Streitkräfte und der Haltung der Bevölkerung auf der einen sowie der inneren Ausrichtung der Bundeswehr als einer zu demokratisierenden deutschen Armee auf der anderen Seite.
a) Die Aufstellung der Bundeswehr Die militärische Bewaffnung der Bundesrepublik stellte keinen isolierten Akt dar, sondern vollzog sich als ein dem Primat der Politik des Bundeskanzlers Konrad Adenauer8 untergeordneter Prozess, an dessen Anfang die Alliierten standen9. Um der jungen Bundesrepublik ein steigendes Maß an Eigenentwicklung und Eigenständigkeit zu verschaffen, steuerte Adenauer bereits früh einen Westkurs10, der im sich verschärfenden Ost-West-Konflikt11 durch die US-
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Als Überblick über Geschichte und Geschichtsschreibung siehe Stöver, Die Bundesrepublik Deutschland; Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland. Facetten der Nachkriegsgeschichte beleuchten: Westdeutschland; Niclauß, Der Weg zum Grundgesetz; Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung; Nachkrieg in Deutschland. Kocka, 1945: Neubeginn oder Restauration?, S. 141-168. In diesen Zusammenhang fallen auch alle weiteren Fragen nach Periodisierungen und Kontinuitäten für jene Jahre. Dazu auch Mommsen, Der lange Schatten der untergehenden Republik, S. 552-586. Konrad Adenauer, *5.1.1876, †19.4.1967, christdemokratischer Politiker. 1917-1933 Oberbürgermeister der Stadt Köln, Präsident des Parlamentarischen Rates, 1949-1963 Bundeskanzler und in Personalunion 1950-1955 Außenminister. Adenauer, Erinnerungen 1945-1953. Zur Person Adenauers essayistisch Schwarz, Anmerkungen zu Adenauer. Haftendorn, Deutsche Außenpolitik, S. 17. Zur Besatzungszeit siehe: Deutschland unter alliierter Besatzung; Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik; Naimark, Die Russen in Deutschland. Gersdorff, Adenauers Außenpolitik; Baring, Außenpolitik in Adenauers Kanzlerdemokratie; Herbst, Option für den Westen. Zur Begrifflichkeit des Ost-West-Konfliktes und des Kalten Krieges siehe Link, Die Entwicklung des Ost-West-Konflikts, S. 242-274. Es wird für diese Arbeit die Begriffsbestimmung des Verfassers übernommen, der den Kalten Krieg als einen Regulierungsmodus des Ost-West-Konflikts zwischen 1947/48 und etwa 1955, mit dem Korea-Krieg als Höhepunkt, bezeichnet. Daneben gab es in anderen Phasen des Ost-West-Konfliktes andere Regulierungsmodi, S. 243.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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amerikanische Containment-Politik gefordert, aber auch gefördert wurde12. Diese Strategie der Eindämmung bedingte zunächst die Aktivierung der westdeutschen Wirtschaftskraft, sowie deren Einbindung in Westeuropa13. Im Rahmen der europäischen Integration stand zudem die französische Absicht zur Kontrolle der deutschen Rüstungsmöglichkeiten im Vordergrund14. Erst nachdem mit der bundesdeutschen Teilnahme an der OEEC sowie der Unterbreitung des Schuman-Plans vom Frühjahr 1950 einleitende Schritte auf dem Weg zur Souveränität erfolgt waren, stand mit dem Korea-Krieg als Katalysator15 die Frage der Aufrüstung Westdeutschlands plötzlich im Zentrum der Überlegungen16. Adenauer verknüpfte den Gedanken der Wiederbewaffnung mit dem Wunsch nach außenpolitischer Gleichberechtigung17. Kurz, Souveränität und Wiederbewaffnung verbanden sich zu einem Junktim, wie in seinen Erinnerungen zu lesen ist: »Auf dem Weg über die Wiederbewaffnung konnte die volle Souveränität der Bundesrepublik erreicht werden18.« Erste Truppenteile mit deutscher Beteiligung existierten in den deutschen Dienstgruppen19. Dort unterstanden ehemalige Soldaten dem Kommando der Alliierten. Die erste Kontaktaufnahme zwischen Konrad Adenauer, damals noch Vorsitzender des Parlamentarischen Rates, und einem ehemaligen Spitzenmilitär der Wehrmacht erschöpfte sich in einem Treffen mit General a.D. Hans Speidel20 im Dezember 194821. In einem Interview mit dem Cleveland Plain Dealer von Anfang Dezember 1949 schloss Adenauer zwar nationale deutsche Streitkräfte aus, deutete aber die Möglichkeit an, einer europäischen Armee deutsche Kontingente zur Verfügung zu stellen22. Eine erste Beschleunigung in der Frage der Bewaffnung der Bundesrepublik erfuhr der politische Prozess durch den Krieg in Korea im Juli 1950. Nachdem 12
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Zum Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik siehe die Sammelbände: Die USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges; Deutschland und die USA. Für Großbritannien siehe Dockrill, Britain’s Policy; auch The Bundeswehr and Western Security. Zum Beispiel auf dem Sektor der Ruhrkohle, hierzu siehe Bührer, Ruhrstahl und Europa. Allgemeiner gehalten bei Guldin, Die Bundesrepublik Deutschland. Wettig, Entmilitarisierung und Wiederbewaffnung. Zum Komplex von Wirtschaft und Rüstung siehe AWS, Bd 4 (Beitrag Abelshauser), S. 1-185. Mai, Westliche Sicherheitspolitik. AWS, Bd 1 (Beitrag Wiggershaus), S. 325-402. Gersdorff, Adenauers Außenpolitik, S. 275. Siehe auch Adenauer und die Wiederbewaffnung. Zur Frage der Souveränität der Bundesrepublik siehe AWS, Bd 4 (Beitrag Schwengler), S. 187-566. Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 345. Borgert/Stürm/Wiggershaus, Dienstgruppen. Hans Speidel, *28.10.1897, †28.11.1984, General, 1914 Eintritt in das Württembergische Heer, Übernahme in die Reichswehr, dabei Studium, 1925 Promotion zum Dr. phil., 1944 Generalleutnant und Chef des Stabes der Heeresgruppe B (Rommel), 1944-1945 GestapoHaft, 1950-1955 Gutachter und Angestellter des Amtes Blank, 1955 Generalleutnant, 1957-1963 Befehlshaber der alliierten Landstreitkräfte Mitteleuropa. Speidel, Aus unserer Zeit. Ebd., S. 248-254. Haftendorn, Deutsche Außenpolitik, S. 32 f.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
der Bundeskanzler den General der Panzertruppen a.D. Gerhard Graf von Schwerin23 schon im Mai 1950 zum »Berater des Bundeskanzlers in Sicherheitsfragen« berufen hatte, erfolgte der Aufbau der »Zentrale für Heimatdienst« ab Juli24. Die Tätigkeiten erfuhren auch dort durch die Entwicklungen in Asien eine Beschleunigung. Als Äquivalent zu den seit 1948 gebildeten »kasernierten Einheiten der Schutzpolizei« und den offiziell erst ab 1952 entstehenden Verbänden der Kasernierten Volkspolizei der DDR, gerieten in Bonn Überlegungen zum Aufbau einer Bundespolizei in Bewegung25. In diese Phase fällt auch die Überreichung eines Sicherheitsmemorandums Adenauers an die Alliierte Hohe Kommission26, das auf einer Denkschrift basierte, die auf seinen Wunsch hin von den Generalen a.D. Speidel, Hermann Foertsch27 und Adolf Heusinger28 vorgelegt wurde. In einem Memorandum über die »Sicherung des Bundesgebietes nach innen und außen« und in einem Memorandum »zur Frage der Neuordnung der Beziehungen der Bundesrepublik zu den Besatzungsmächten«29 näherte sich Adenauer den Westmächten und signalisierte gleichzeitig in einem undatierten Aide-mémoire an die USamerikanische Seite seine Bereitschaft zur Aufrüstung der Bundesrepublik30. Erst hier, so Gersdorff, verband Adenauer Bewaffnung und Souveränität auch außenpolitisch zu einem Junktim31. 23
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Gerhard Graf von Schwerin, *23.6.1899, †29.10.1980, General der Panzertruppen a.D., 1912-1914 Kadett, Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Übernahme in die Reichswehr, während des Zweiten Weltkriegs überwiegend taktischer und operativer Führer, zuletzt eines Panzerkorps, 1945-1947 britische Kriegsgefangenschaft, 1950 Sicherheitsberater des Bundeskanzlers, seit 1951 Rüstungslobbyist. Zu den Planungen der Zentrale für Heimatdienst siehe AWS, Bd 1 (Beitrag Foerster), S. 508-570. Zur Kasernierten Volkspolizei siehe Diedrich/Wenzke, Die getarnte Armee, S. 22. Die Alliierte Hohe Kommission wurde von Vertretern der drei westlichen Siegermächte, den USA, Großbritannien und Frankreich, am 21.9.1949 gebildet. Ihre Befugnisse waren im so genannten Besatzungsstatut geregelt, das bis 1955 in Kraft blieb und ihr Vorbehaltsrechte hinsichtlich Abrüstung, auswärtiger Angelegenheiten, Devisenverkehr, Reparationen u.ä. einräumte. Die Handlungsfreiheit der Bundesregierung erfuhr dadurch starke Einschränkungen. Nicht zu verwechseln mit seinem jüngeren Bruder Friedrich Albert Foertsch, dem späteren Generalinspekteur der Bundeswehr. Adolf Bruno Heinrich Ernst Heusinger, *4.8.1897, †30.11.1982, Generalinspekteur der Bundeswehr, Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Offizier, dabei britische Kriegsgefangenschaft, 1920 Übernahme in die Reichswehr, 1940-1944 Chef der Operationsabteilung im Oberkommando des Heeres, 1944 Gestapo-Haft, 1944-1945 ohne Verwendung, 1945-1948 amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1950-1952 Gutachter für das Amt Blank, 1952-1955 Angestellter und Abteilungsleiter im Amt Blank und Verteidigungsministerium, 1955 Generalleutnant, 1957-1961 erster Generalinspekteur der Bundeswehr, 1961-1964 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Siehe auch die Biografie von Meyer, Adolf Heusinger. Beide Memoranden liegen vor in: Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland, T. 1, S. 79-83 und 84 f. Letzteres ebenfalls abgedr. in: Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 358 f. Haftendorn, Deutsche Außenpolitik, S. 31-38; Rautenberg/Wiggershaus, Die »Himmeroder Denkschrift«, S. 13 f. Gersdorff, Adenauers Außenpolitik, S. 277.
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Angesichts der sich abzeichnenden europäischen Haltung in der Bewaffnungsfrage Westdeutschlands initiierte Adenauer für Anfang Oktober 1950 eine militärische Expertenrunde im Eifel-Kloster Himmerod, deren Denkschrift Graf von Schwerin im Nachhinein als die »Magna Charta« der Bundeswehr bezeichnete32. Vorbehalte im außereuropäischen Ausland, maßgeblich in Frankreich, führten auf Initiative Paris’ bereits im Oktober 1950 im Pleven-Plan zum so genannten EVG-Prozess33. Den EVG-Plänen lag die Kontrolle über die deutschen Streitkräfte durch deren Einbindung in alliierte Verbände zugrunde. Doch parallel zu den Gesprächen über die EVG fanden Anfang 1951 auch Gespräche über die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO statt, die jedoch am französischen Widerstand scheiterten. Ab Sommer 1951 verhandelten die Parteien nur noch über die EVG-Variante der Wiederbewaffnung Westdeutschlands. Im Frühjahr 1952 kam es zur Unterzeichnung des Vertrages über die EVG. Sein Inkrafttreten scheiterte letztlich an der ausbleibenden Ratifizierung in Paris, die am 30. August 1954 in der französischen Nationalversammlung endgültig von der Tagesordnung abgesetzt wurde34. Doch auch in der Bundesrepublik war die Ratifizierung nicht unumstritten und löste in der bundesdeutschen Bevölkerung die »Ohne-Mich«-Opposition aus35. Nachdem die EVG-Überlegungen durch die französische Nationalversammlung gekippt worden waren, schwenkten die supranationalen Überlegungen nun auf die nationale Schiene ein. Der britische Außenminister Anthony Eden und der Außenminister der USA, John Foster Dulles, forcierten die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO. Durch Umformung des Brüsseler FünfMächte-Paktes von 1948 zur West-Europäischen-Union (WEU) wurde der Weg zur Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland geebnet. Noch im Herbst 1954 kam es zur Ausfertigung der Pariser Verträge, die nach Ratifizierung am 5. Mai 1955 in Kraft traten. Gleichzeitig endete das Besatzungsregime in der Bundesrepublik, wenngleich die letzten alliierten Vorbehalte über Gesamtdeutschland und Berlin erst 1990 mit den »Zwei-plus-Vier-Verträgen« ausgeräumt wurden. In diesen Monaten des Herbstes 1954 liefen die Planungen im Amt Blank auf Hochtouren. Aus dieser Zeit liegen auch die ersten realen Überlegungen zu einer Freiwilligenwerbung vor. Mit der Umbenennung des Amtes Blank in Bundesministerium für Verteidigung (ab 1961 erst »der«) im Juni 1955 war die Aufstellung deutscher Truppenkontingente offiziell. Am 12. November 1955 erfolgte die Ernennung der ersten 101 Soldaten in der Bonner Ermekeil-Kaserne. Am 2. Januar 1956 begannen in Andernach, Nörvenich und Wilhelmshaven die 32
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Rautenberg/Wiggershaus, Die »Himmeroder Denkschrift«. Die Bezeichnung »Magna Charta« findet sich in einem Diskussionsbeitrag in: Aspekte der deutschen Wiederbewaffnung, S. 142. Siehe hierzu generell AWS, Bd 2, sowie vorbereitend dazu: Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft. Haftendorn, Deutsche Außenpolitik, S. 43-46. Eine zeitgenössische Dokumentation dieses Protestes bei Jahn, Für und gegen den Wehrbeitrag.
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ersten Freiwilligen ihren Dienst. Im Sommer des Jahres traten etwa 9000 Angehörige des Bundesgrenzschutzes in die Bundeswehr über. Nach der Debatte der Wehrgesetze vom Sommer 1956 war der Weg sowohl für weitere Freiwillige als auch für die Wehrpflichtigen frei. Letztere zogen im April 1957 erstmalig in die bundesdeutschen Kasernen ein. Neben den außenpolitischen Faktoren, welche die deutsche Politik zu berücksichtigen hatte, blieb aber auch das Feld der Innenpolitik und hier maßgeblich die Protesthaltung großer Teile der Bevölkerung gegenüber einer Aufrüstung virulent. Seit Ende der 1940er-, Anfang der 1950er-Jahre maßen Meinungsforscher die Stimmung in der Bevölkerung und loteten die Grenzen hinsichtlich des demoskopisch Machbaren im Zusammenhang mit der Wiederbewaffnung aus36. So können wir zwei große Bereiche vermuten, die Einfluss auf das vermittelte Soldatenbild ausübten: Der politische Wille zur Neuorientierung deutscher Streitkräfte, der sich in den Konzepten der Parlamentsarmee und der »Inneren Führung« niederschlagen sollte und die Haltung der Bevölkerung zur Bundeswehr. Die Haltung in der Bevölkerung wirkte sich zudem zweifach aus, einmal nämlich als Zielgruppe der Nachwuchswerbung, darüber hinaus aber auch als Zielgruppe der Politik: als Wählerschaft37.
b) Der »Ohne-Michel« und die Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen So wurde die Haltung der Bevölkerung gegenüber einer möglichen Aufrüstung speziell und dem Militär allgemein zu einem Bestimmungsfaktor, der sich auf die Gestaltung eines möglichen Soldatenbildes in der Nachwuchswerbung hatte auswirken können38. An dieser Stelle soll aber keine Gesellschaftsgeschichte der jungen Bundesrepublik Deutschland skizziert werden, zumal diese bislang nur in ersten Studien erforscht ist39. Vielmehr ist es notwendig, sich der Faktoren, die möglicherweise Einfluss auf die Gestaltung der Bilder hatten nehmen können, bewusst zu werden. Bereits Hans-Erich Volkmann weist darauf hin, dass die in weiten Kreisen der Bevölkerung vorherrschende Ablehnung gegenüber den Aufrüstungsplä-
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AWS, Bd 1 (Beitrag Foerster); AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert). Dieses Wechselspiel, nur in einem anderen Bezugsrahmen, ebenfalls angedeutet bei Sneering, The Shopper as Voter. Zu diesem Komplex gibt es zwei Dokumentensammlungen: Sonderheft der »Blätter für deutsche und internationale Politik«, sowie, zeitgenössisch tendenziös, Jahn, Für und gegen den Wehrbeitrag. Jahn, geboren 1914, war Weltkriegsteilnehmer und Leutnant, nach dem Krieg Journalist und Bundestagsabgeordneter für die CDU. Er war zudem aktiv in der 1951 gegründeten, regierungsnahen Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise (ADK), die als Instrument zur positiven Aufklärung in Fragen der Wehraufklärung genutzt wurde. Die ADK wurde 1969 gemäß der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD aufgelöst. Siehe die Beiträge in: Modernisierung im Wiederaufbau. Zum Komplex von Medien und Öffentlichkeit siehe Hodenberg, Konsens und Krise.
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nen eine komplexe Gemengelage darstellte40. Diese Vielschichtigkeit der Stimmungslagen, die Michael Geyer41 herausarbeitet, war den Zeitgenossen bereits bekannt42 und stellte einen nicht zu vernachlässigenden, wenn nicht sogar wesentlichen Faktor der Bonner Sicherheitspolitik dar43. Diese ablehnende Haltung in der Bevölkerung war zudem seit Ende der 1940er-, Anfang der 1950er-Jahre durch demoskopische Untersuchungen nachgewiesen worden44. Die Meinungslage einer Bevölkerung stellt sich als eine heterogene Größe dar. Folglich muss auch in der Front der Aufrüstungsgegner differenziert werden. Neben der Haltung in Koalition45 und Opposition lassen sich allgemein pazifistische Strömungen sowie kirchliche und gewerkschaftliche46 Gruppierungen identifizieren; auch die Gruppe der ehemaligen Wehrmachtsoldaten gilt es differenziert zu betrachten. Vor diesem Hintergrund sind die in Meinungsumfragen bezifferten Prozentsätze der ablehnenden Bevölkerungsanteile zu sehen. So reichte auch das Spektrum derer, die den Wehrbeitrag ablehnten und u.a. in der »Ohne-Mich«- oder der »Paulskirchen«-Bewegung47 zusammengefasst werden, von denen, »die persönlich den Wehrdienst verweigern, über die, die den Kurs der militärischen Westintegration aus gesamtdeutscher Verantwortung nicht mitsteuern wollten, zu denjenigen, die die Wiedergeburt eines deutschen Militarismus befürchteten, bis letztlich hin zu den Systemveränderern. Politische Sorgen und Ängste, Leidenschaften und Emotionen wurden freigesetzt, demagogische Umtriebe inszeniert. Nicht wenigen ging es um einen Gewissensentscheid aus politischem, moralischem oder religiösem Antrieb48.« Der Schwung der Bewaffnungsgegner jedoch verlor im Zuge der Ratifizierung des EVG-Vertragswerkes, des Aufstandes vom 17. Juni in der DDR sowie der Bundestagswahl von 1953 an Zugkraft. Doch ließen das Scheitern der EVGPläne im August 1954 und die daraufhin einsetzenden Überlegungen zu einer nationalen Lösung der Bewaffnungsfrage die Diskussionen in der Öffentlichkeit erneut anwachsen49. Die Umfrageergebnisse wiesen weiterhin eine niedrige
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AWS, Bd 2 (Beitrag Volkmann), S. 463. Dazu auch Jacobsen, Zur Rolle der Öffentlichen Meinung, S. 61-117. Geyer, Der Kalte Krieg. Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 385. AWS, Bd 2 (Beitrag Volkmann), S. 463. Siehe exemplarisch Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1947-1955, Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1957, Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1958-1964, Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1965-1967, Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1968-1973. Darüber hinaus die Verarbeitung demoskopischer Daten in der Literatur. Zu bedenken sind aber dennoch die quellenkritische Problematik und die Tragweite der Aussagekraft solcher Umfrageergebnisse. Wagner, FDP und Wiederbewaffnung. Volkmann, Zur innenpolitischen Diskussion, S. 144-163. Auch Trottenberg, Bundeswehr und Gewerkschaften. Dietzfelbinger, Die westdeutsche Friedensbewegung, S. 72-75. AWS, Bd 2 (Beitrag Volkmann), S. 493. AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert), S. 321 f.
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Zustimmung aus50. Dem lagen wohl negative Erfahrungen aus Kriegszeiten, die verordnete Demilitarisierung und die alliierten Umerziehungsversuche, aber auch die öffentliche Diffamierung des deutschen Soldaten zugrunde51. Vor allem in der Rezeption des diffamierten Soldatenbildes durch die ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht erkennt Geyer ein Erklärungsmuster. Für ihn lässt sich aus den niedrigen Umfragewerten zur Bewaffnung der Bundesrepublik nicht allein eine Ablehnung aus pazifistischen Gründen heraus ablesen. Vielmehr drücke sich darin eine generelle Distanziertheit zum neuen Staatswesen, zum Staat an sich aus52. Daher identifiziert er neben einem prinzipiellen Pazifismus überraschenderweise eine nationale, wenn nicht sogar nationalistische Motivation. Für Geyer rückte eine Wendung ins Private und ins Bürgerliche, eine Besinnung auf die ökonomische Existenzsicherung nun in den Vordergrund des Alltagslebens der Menschen. Diese Emanzipation des Untertans vom Staat bzw. Militärstaat hin zum freien Bürger führte zur Ablehnung der Bundeswehr und vor allem der Wehrpflicht. Hierin sah der von der Militärromantik losgelöste Bürger die neu geschaffene Welt potenziell gefährdet. Aus diesem Zusammenhang zieht Geyer die Schlussfolgerung, dass eine »nichtbedrohliche Bundeswehr« das Ideal der Zeit bzw. das mentale Bild der Streitkräfte darstellte53. Die Folgerung, dass sich das Bild einer solch »nichtbedrohlichen« Armee in den Werbebildern ausdrückt, kann angezweifelt werden. Doch lohnt es sich zu fragen, ob in diesem Bild der »nichtbedrohlichen Bundeswehr« vielmehr der generelle Wunsch nach Frieden und materieller Sicherheit zum Ausdruck kommt. Dass diese Stimmung in der Bevölkerung Widerhall in den Bildern der Nachwuchswerber bzw. der Werbeagenturen fand, ist demgegenüber vorstellbar. Einen ähnlichen Hinweis liefert Hans Braun, für den das Streben nach »Sicherheit« in der Gesellschaft der 1950er-Jahre eine bedeutende Rolle spielt54. In Anlehnung an Helmut Schelsky vertritt Braun die These der »sozialen Sicherung durch sozialen Aufstieg«55. Demnach erfahre die Wiederbewaffnung einerseits zwar Zustimmung, wenn durch diese neu gewonnene Sicherheit der Lebensstandard steige; sie erzeuge jedoch dann Widerspruch, wenn der einzelne z.B. durch die Wehrpflicht in seinem sozialen Aufstieg gebremst werde. Aber auch aus nationalkonservativer Motivation heraus konnte die junge Bundeswehr abgelehnt werden. Jörg Echternkamp vertritt die These, »dass die Erfahrungen von Nationalsozialismus und Krieg einen Nationalismus der Nach50
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Ebd., S. 331: Die Allensbacher Meinungsforscher »fanden graduell niedrige Werte der persönlichen Wehrbereitschaft sowie ein distanziertes Verhältnis zum Militär und zum künftigen deutschen Soldaten bei ihren Umfragen heraus.« Zum Kampf der ehemaligen Soldaten gegen die aus ihrer Sicht erfolgte Diffamierung siehe Manig, Die Politik der Ehre. Geyer, Der Kalte Krieg, S. 286 f. Ebd., S. 300. Braun, Das Streben nach »Sicherheit«, S. 279-306. Ebd., S. 300, 303; Schelsky, Vom sozialen Defaitismus, S. 331-336; Schelsky, Die skeptische Generation.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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kriegszeit gefördert haben, der seinerseits die Rede über die jüngste Vergangenheit auf eine spezifische Weise strukturierte«56. Die Armee Adenauers hätte nämlich ausdrücklich nicht zum Wiedererstehen einer nationalen deutschen Armee geführt, was von vielen Kreisen abgelehnt wurde57. Daneben liegt die ablehnende Haltung wohl auch in der persönlichen Enttäuschung vieler Menschen der Nachkriegszeit begründet. Unterstützung mag diese Annahme darin finden, dass die kollektive Erinnerung den Krieg und die Verbrechen der Wehrmacht ausblendete und den einzelnen Soldaten in den Fokus der Betrachtung rückte. Die Frage nach der Verantwortlichkeit der Wehrmachtführung wurde damit ausgeblendet, der Deutungshorizont verschob sich58. So wechselte der Soldat von der Rolle des Täters in der unmittelbaren Nachkriegszeit in den 1950er-Jahren in die Rolle des Opfers59. Der Wehrmachtsoldat wurde nicht mehr »als Heros geehrt, wohl aber als ganz normaler Soldat geachtet«60. Auch hier fällt es schwer, direkte Rückschlüsse auf das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung zu ziehen. Doch bleibt festzuhalten, dass die Menschen nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Diktatur einen Soldatentypus bevorzugten, der Anderes verkörperte als Krieg und Zerstörung und somit die Vorstellungen von Frieden und zu erreichendem Wohlstand nicht gefährdete. Denn, so eine zeitgenössische Schlussfolgerung: »Militär bringt Krieg, Krieg bringt Elend61.« Es ist anzunehmen, dass der Wunsch nach Frieden und Wohlstand für wesentliche Teile der Gesellschaft am ehesten durch einen demokratisch verfassten Staat zu erreichen war, und die bisherige Vorstellung von Militär dem diametral entgegenstand. So bleibt zu vermuten, dass weniger das Militär an sich als vielmehr die Perzeption einer antidemokratisch und somit militaristisch und kriegstreiberisch ausgerichteten Bundeswehr das Übel darstellte. Die Gefahr einer undemokratischen Ausrichtung bedeutete einen latenten Gefahrenherd für Frieden und somit Wohlstand, was sich im zeitgenössischen Ausdruck »Die Gefährdung der Freiheit durch ihre Verteidiger«62 widerspiegelte. Die Bundesregierung überließ diese Stimmung hinsichtlich der Wehrfrage aber auf Dauer nicht dem Zufall. Schon seit 1952 befasste sich im BPA ein zunächst geheim gehaltenes »Wehrreferat« mit der Lenkung der Wehrfrage in der Öffentlichkeit63. Offenbar war es Johann Graf von Kielmansegg64, der bereits 56 57 58 59
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Echternkamp, Verwirrung, S. 222. Geyer, Der Kalte Krieg, S. 281. Wegner, Erschriebene Siege, S. 287-302. Echternkamp, Arbeit am Mythos, S. 421-443; Echternkamp, Mit dem Krieg seinen Frieden schließen, S. 78-93; Echternkamp, Wut auf die Wehrmacht?, S. 1058-1080; Knoch, Der späte Sieg des Landsers, S. 163-186. Echternkamp, Arbeit am Mythos, S. 438. Jahn, Für und gegen den Wehrbeitrag, S. 212. Weniger, Die Gefährdung der Freiheit, S. 349-381. Hoffmann, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«, S. 51, auch Anm. 34. Johann Adolf F.W. Graf von Kielmansegg, *30.12.1906, †26.5.2006, General, 1926 Eintritt in die Reichswehr, 1943-1944 Operationsabteilung im Oberkommando des Heeres, 1944
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Ende 1953 die verteidigungspolitische Öffentlichkeitsarbeit umstrukturieren wollte, nachdem zuvor durch die Subventionierung meinungskonformer Publikationen versucht wurde, Einfluss auszuüben65. Eine Beschleunigung erfuhr die Frage der Öffentlichkeitsarbeit im Frühjahr 1954. Nach dem Scheitern der EVGPläne wurden Überlegungen zur Aufgabenteilung auf diesem Feld zwischen dem Amt Blank und dem BPA konkret. Das Amt Blank verzichtete auf den Ausbau seines Pressereferates zu einer Presseabteilung und beließ es bei dem Tagesgeschäft der Presseinformation66. Ihm verblieben zudem die Wehraufklärung und die Freiwilligenwerbung. In ständiger Fühlung und Abstimmung mit dem Amt Blank begann nun die »Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen« des BPA. Die Arbeit »wirkte durch sachte Stetigkeit und kam auf so leisen Sohlen daher, daß das BPA fast immer unsichtbar blieb«67. Dabei nutzte das BPA für seine Wehraufklärung in erster Linie Film- und Printmedien. Mit seiner Mobilwerbung wandte es sich vornehmlich an die ländliche Bevölkerung. Aber auch verschiedene Zielgruppen wie die Frauen68 und die Jugend rückten bereits früh in den Fokus der Werber69. Besonders letztere stellte die Zielgruppe der Freiwilligenwerbung dar. Für Axel Schildt begann sich zur selben Zeit, Mitte der 1950er-Jahre, eine »jugendliche Teilkultur« herauszubilden, bei der es sich nicht um eine »Rebellion« handelte, »sondern um eine gesellschaftliche Suche nach Orientierungssicherheit für die Zeit nach dem Wiederaufbau, bei der die junge Generation voranging70«, eine Bestandsaufnahme, welche die Wehraufklärung zwischen 1956 und 1959 nicht genügend verinnerlichte und in späteren Jahren ignorierte. Während das BPA vor 1955 maßgeblich darauf ausgerichtet war, die Meinung der Öffentlichkeit in Hinblick auf die Wiederbewaffnungsdebatte im Sinne der Bundesregierung zu lenken, versuchte es seit 1955, die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft voranzutreiben71. Inwiefern hier Absprachen zwischen dem BPA und dem Führungsstab der Bundeswehr stattgefunden
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Gestapo-Haft, 1944-1945 Oberst i.G. und Kommandeur eines Panzergrenadierregiments, 1945-1946 amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1950-1955 Angestellter des Amtes Blank, 1955 Ernennung zum Brigadegeneral, 1955-1958 Verwendung im alliierten Hauptquartier der NATO, 1960-1963 Kommandeur einer Panzergrenadierdivision, 1963-1966 Befehlshaber der alliierten Landstreitkräfte in Mitteleuropa, 1966-1968 Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Mitteleuropa. Sie die Biografie bei Feldmeyer/Meyer, Johann Adolf Graf von Kielmansegg. Buchwald, Adenauers Informationspolitik, S. 69. Zum Komplex des BPA auch Hoffman, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«; Schalamun, Wege und Schleichwege. Walker, Das Presse- und Informationsamt, S. 228 f. Zu den Anfängen der Öffentlichkeitsarbeit siehe Kraske, Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit; Hauschild, Prototyp vor der Nullserie. Buchwald, Adenauers Informationspolitik, S. 70. Siehe hierzu auch das Faltblatt »Brigitte sagt ja«. (Exemplar im Besitz des Verfassers), sowie Buchwald, Adenauers Informationspolitik, S. 88 f. Buchwald, Adenauers Informationspolitik, S. 71-98. Schildt, Von der Not der Jugend, S. 348. Schalamun, Wege und Schleichwege, S. 2.
Abb. 4: Werbeplakat für die Division »Grossdeutschland« um 1942/43 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Abb. 5: Werbeplakat für das NS-Fliegerkorps um 1943 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Abb. 6: Werbeplakat für Unteroffiziere der Wehrmacht Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Abb. 7: Eine der ersten Werbeanzeigen der Bundeswehr SKA/IMZBw
Abb. 10: Fotografie vom 13. Oktober 1956 MHM
Abb. 8: Vermutlich erstes Werbeplakat der Bundeswehr 1956 SKA/IMZBw
Abb. 9: Fotografie vom 16. November 1956 MHM
Abb. 11: Werbeanzeige der ersten Werbelinie aus dem Jahre 1956 SKA/IMZBw
Abb. 12: Karikatur auf die ersten Werbeanzeigen der Bundeswehr Simplicissimus
Abb. 13: Werbeplakat um 1957/1958 SKA/IMZBw
Abb. 14: Werbeplakat für das Heer um 1959 SKA/IMZBw
Abb. 15: Werbeplakat für die Marine um 1957 SKA/IMZBw
Abb. 16: Werbeplakat für die Luftwaffe um 1957 SKA/IMZBw
Abb. 18-20: Serie von Werbeanzeigen, die in der ersten Jahreshälfte 1957 in bayerischen Tageszeitungen erschienen sind SKA/IMZBw
Abb. 21: Werbeanzeige 1957 SKA/IMZBw
Abb. 22-24: Serie von Werbeanzeigen aus dem Jahre 1957 SKA/IMZBw
Abb. 25: Werbeplakat für die Luftwaffe Ende der 1950-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 26: Werbeplakat für die Luftwaffe Ende der 1950-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 27: Werbeplakat für das Heer Ende der 1950-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 28: Werbeplakat für die Marine Ende der 1950-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 29a: Werbeanzeige 1958
Abb. 29b: Werbeanzeige 1958
SKA/IMZBw
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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haben, bleibt unklar72. Es steht aber zu vermuten, dass die Versuche des BPA nicht durch ein gegenteiliges Soldatenbild in der Freiwilligenwerbung unterlaufen werden sollten. Das BPA stützte sich bereits früh auf die Expertise von Meinungsforschungsinstituten, die mit der Demoskopie eine neue Technik aus den USA übernommen hatten73. Gerade der Verweis auf die Demoskopie und ihre Instrumente liefert uns aber weitere Hinweise. Das Instrument der Meinungsumfrage war, wie die moderne Wirtschaftswerbung, eine aus den USA stammende Neuerung, die bereits 1948 erstmals im politischen Umfeld eingesetzt wurde74. Die Demoskopie avancierte im Laufe der Zeit zu einem tragfähigen Herrschaftsinstrument. An die Spitze der Meinungsforscher setzte sich das Allensbacher Institut für Demoskopie (IfD), das sich bereits 1949 an die Bundesregierung wandte und, wie die Bielefelder Konkurrenz von EMNID75, ihre Dienste anbot76. Das BPA ließ sich ab Herbst 1950 regelmäßig von den Meinungsforschungsinstituten »über die Haltung der deutschen Öffentlichkeit zu aktuellen politischen Fragen sowie über das allgemeine Stimmungsbild in der Bevölkerung unterrichten77.« Diese Informationen fanden Eingang in die Planungen und die Gestaltung der Informationsarbeit des BPA. So ist auch davon auszugehen, dass die speziellen »Freiwilligen«-Umfragen des IfD vom Juli 1956 nicht allein »rein interessenhalber und zufällig«, sondern vielmehr im Zusammenhang mit der in diesem Monat einsetzenden Freiwilligenwerbung der Bundeswehr zu betrachten sind78. Auffallend ist ferner, dass die hier gestellten Fragen und die abgefragten potenziellen Verpflichtungsmotive in der Anfangsphase der Werbung auftauchen werden. Dieser Zusammenhang deutet darauf hin, dass die Wahl der Werbemotive sich viel eher an den Erkenntnissen der Demoskopen und somit an der Zielgruppe ausrichtete, als dass hier Vorstellungen der Bundeswehrführung eine Rolle spielten. Dabei bleibt aber zu bedenken, dass
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Von einer lückenlosen Zusammenarbeit zwischen dem BPA und dem Fü B VII auszugehen, erscheint nicht unbedingt richtig. Buchwald, Adenauers Informationspolitik, S. 81-83, schildert im Bereich der Fernsehwerbung einen Misserfolg der Werber vom Fü B VII, der die Bemühungen des BPA konterkarierte. Der zuständige Fernsehreferent des BPA äußerte: »Diese Panne sei passiert, weil sich Leute [die Planer im Verteidigungsministerium] in einem Metier betätigen, das sie weder kennen noch beherrschen.« Zitiert nach ebd., S. 82. Zur steigenden Bedeutung des wissenschaftlichen Einflusses siehe Raphael, Die Verwissenschaftlichung, S. 165-193. Frühe demoskopische Umfragen bei: Public Opinion in occupied Germany. Hoffmann, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«, S. 140. Erste repräsentative Umfragen ließ Ludwig Erhard 1948 als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft im Vereinigten Wirtschaftsgebiet der Trizone erheben. EMNID steht für »Erforschung der öffentlichen Meinung, Marktforschung, Nachrichten über die Wirtschaftsentwicklung, Informations-Dienst«. Hoffmann, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«, S. 141; Schmidtchen, Die befragte Nation, S. 23, nennt das Jahr 1950; AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert), S. 323, nennt das Jahr 1951. Hoffmann, Adenauer: »Vorsicht und keine Indiskretionen!«, S. 140 f. Jahrbuch der Öffentlichen Meinung. 1957, S. 153-159.
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die vom IfD gestellten Fragen und Motive durchaus den Vorgaben des Führungsstabes der Bundeswehr entsprochen haben können. Im Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Ratifizierung der Pariser Verträge strengte die Bundesregierung Überlegungen an, »wie der Verteidigungsbeitrag und der eben beschlossene Streitkräfteaufbau popularisiert und das bei vielen negativ besetzte Image des Militärs verbessert werden könne«79. In einem Gutachten kam das IfD zu dem Ergebnis, dass eine stärkere Akzeptanz der Bundeswehr bei den Bürgern eines erheblichen Propagandaaufwands bedürfte. Eine der Konsequenzen, die das IfD aus den Umfrageergebnissen zog, war strategischer Natur. Es schlug zur Popularisierung des Wehrbeitrags eine breit angelegte Medienkampagne vor, bei »der die Erkenntnisse der modernen Werbung zu nutzen80« seien.
c) Die Innere Führung und ihr Bild vom künftigen deutschen Soldaten Der politische Wille verlangte in Hinblick auf die neuen bundesdeutschen Streitkräfte eine bewusste Abkehr von der alten Wehrmacht bzw. den wie auch immer aufzufassenden und zu füllenden Begriffen des »Deutschen Soldatentums« und eines »Preußischen Militarismus«. Diesen wiesen die Bevölkerung und die Politiker bereits früh einen Großteil der Schuld zu, wenn es darum ging, den Aufstieg der NS-Diktatur zu erklären. Zu der politisch geforderten Abkehr von der Wehrmacht traten die Reformbestrebungen innerhalb des Kreises der ehemaligen Soldaten im Amt Blank und dann auch im BMVg. Vor allem Wolf Graf von Baudissin81 steht hierfür Pate. Der folgende Abschnitt versucht, bestimmte Vorstellungen bzw. Ideale im so genannten Menschenbild der »Inneren Führung«82 zu identifizieren, um diese später als eine Art Prüffolie einer eventuellen visuellen, aber auch verbalen Codierung in den Anzeigen- bzw. Plakatwerbungen zuordnen zu können. Dabei bleibt zu hinterfragen, ob die »Innere Führung« in ihren Anfangsjahren überhaupt ein bestimmtes, einheitliches Menschenbild entwickelte? 79 80 81
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AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert), S. 332. Ebd., S. 333. Wolf Stefan Traugott Graf von Baudissin, *8.5.1907, †5.6.1993, Generalleutnant der Bundeswehr. 1926 Eintritt in die Reichswehr, 1930 Wiedereintritt in die Reichswehr, 1941-1947 britische Kriegsgefangenschaft, 1951-1955 Angestellter im Amt Blank und im Verteidigungsministerium, 1955-1958 Unterabteilungsleiter im Fü S, 1958-1961 Kommandeur einer Brigade, 1963-1965 Kommandeur des NATO-Defence College, 1965-1967 stv. Stabschef Plans and Operations beim alliierten Hauptquartier Europa. Von 1971-1984 Gründungsdirektor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, 1979 Ernennung zum Professor. Siehe die Sammelbände Gesellschaft, Militär, Krieg und Frieden; Innere Führung; sowie Wolf Graf von Baudissin 1907-1993. Stellvertretend für die Legion an Beiträgen und Abhandlungen zur »Inneren Führung« siehe AWS, Bd 3 (Beitrag Meyer), S. 851-1162; Nägler, Innere Führung, S. 321-339; Nägler, Die personelle Rüstung.
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Die neue Bundeswehr brach nicht nur mit ihren deutschen Vorgängerarmeen, indem sie erst im Nachhinein in ein bereits existierendes Staatswesen integriert wurde. Vielmehr war sie die erste deutsche Armee, die in einem freiheitlichen, demokratischen Staat mit einer pluralistischen Gesellschaft als Parlamentsarmee aufgestellt war. Gerade der Missbrauch der Soldaten der Wehrmacht durch ein totalitäres politisches System einerseits und die gleichzeitige Mitverantwortung der Wehrmachtführung für politische und menschliche Verbrechen andererseits führten zu einem politisch gewollten Bruch in der Tradition deutscher Militärgeschichte. »Tradition«, als Form des »Sich-Erinnerns und Gedenkens vergangener Taten«, musste nun neu verstanden werden als ein Instrument der politischen Bildung83. Hinzu trat die veränderte Perzeption kommender Kriege angesichts der atomaren Bedrohung. Inwiefern die Vorstellungen eines möglichen Menschenbildes der »Inneren Führung« Einfluss auf das Soldatenbild in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr hatten, kann aus den Quellen heraus nicht beurteilt werden. Vielmehr geht es darum, den intellektuellen Rahmen zu skizzieren, der sich in offiziellen Schriften wie »Vom künftigen Deutschen Soldaten« von 1955 oder dem »Handbuch für Innere Führung« von 1957 fand und einen Anhalt vermittelte, an dem sich der Zeitgenosse orientieren konnte84. Der Begriff des »Inneren Gefüges«, aus dem sich der der »Inneren Führung« herleitete, ist zunächst ein hochkomplexes Denkmodell, das die Grundanforderungen für eine militärisch effiziente und in der Demokratie verwurzelte Armee miteinander verband85. Nach Baudissin ist unter der Bezeichnung »Innere Führung« der Versuch zu verstehen, »den Plan für eine demokratische Armee zu erarbeiten«86. Einer der wesentlichen Aspekte einer demokratischen Armee war für ihn, dass in Armee und Gesellschaft die gleichen Werte zu gelten hätten87. Er sah darin einen Balanceakt zwischen Restauration und Revolution, mithin eine reformatorische Aufgabe, »die in Anerkennung des historischen Gefälles dem neuen Staats- und Menschenbild gerecht wird und den speziellen Aufgaben der Streitkräfte im gegebenen Falle Rechnung trägt«88. Baudissin zufolge konnte der Krieg »für den Staatsbürger in Uniform kein Feld ersehnter Bewährung sein, wo erst die Mannestugenden geweckt und betätigt [sic] werden können«89. Damit hob er sich vom offiziellen und offiziösen Propagandabild des Zweiten Weltkrieges ab. Neben der Heroisierung des Todes lehnte Baudissin auch die Glorifizierung der Schlachten ab90. Wenn also der
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Zum Themenkomplex der Tradition in der Bundeswehr siehe Tradition und Reform. Handbuch Innere Führung; Vom künftigen deutschen Soldaten. Siehe auch die in Anlehnung an diesen Titel veröffentlichten offiziösen Werke: Elble, Vom künftigen deutschen Offizier; Schroeder, Vom künftigen deutschen Unteroffizier. Simon, Die Integration der Bundeswehr, S. 32. Baudissin, Soldat für den Frieden, S. 157. Simon, Die Integration der Bundeswehr, S. 32. Baudissin, Soldat für den Frieden, S. 24. Ebd., S. 208. Ebd., S. 27-51.
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Krieg, die Schlacht, der einzelne Kämpfer nicht mehr glorifiziert werden soll, stellt sich die Frage, wie der Soldat stattdessen dargestellt werden kann? Nimmt man die Reden des Grafen Baudissin, des geistigen Vaters der »Inneren Führung« und des Leitbildes vom »Staatsbürger in Uniform«91, als Ausgangslage, stößt der Leser immer wieder auf Begriffe wie Freiheit, Recht, Friede als tragendes Motiv sowie auf die konkrete Verantwortung gegenüber dem Individuum92. In dem Maße, in dem der Soldat als einzelner Kämpfer keine Erhöhung als Heros erfährt, wird er in den Zusammenhang von Gruppe, Team und Partnerschaft gestellt93. Mit diesem, auf die Gemeinschaft fokussierten Ansatz wandelte sich das Bild von Mannschaft und Führer: »Der Vorgesetzte im arbeitsteiligen Team – seinen Untergebenen im Sinne der Koordination übergeordnet, ihnen an Spezialkenntnissen meist unterlegen und auf seine Funktion beschränkt – ist heute auf das freiwillige Mitdenken und –handeln seiner Untergebenen ebenso angewiesen wie die Untergebenen auf die Führungsqualitäten ihres Vorgesetzten94.« Erneut trat auch das Element der Menschlichkeit und der Fürsorge für das Individuum in den Vordergrund: »In den Streitkräften eines freien Gemeinwesens kann der Soldat nicht Funktionär der Waffe sein, sondern muß vom ersten Tag seines Dienstes an als Mensch geachtet und behandelt werden, wie es in guten Truppenteilen, vor allem an der Front, immer üblich war95.« Was die Ausbildung anbelangte, distanzierten sich die Reformer von inhaltlich belegten Floskeln: »Das, was man heutzutage mehr oder weniger genau unter ›Kommiß‹ oder ›Barras‹ begreift, soll in ihr keinen Platz haben96.« Greift man zudem Baudissins Vorstellung von einer größtmöglichen Kongruenz von gesellschaftlichen und militärischen Wertvorstellungen im Sinne einer »liberal-bürgerlichen Wertordnung«97 auf, könnte hierin eine Motivation für die Gestaltung der Werbeanzeigen und Plakate gefunden werden. Die »Innere Führung« bietet also durchaus Elemente eines soldatischen Menschenbildes, die uns als Orientierungshilfen in der Betrachtung und Analyse der Werbebilder helfen können.
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Wochenschauaufnahmen vom Januar 1956 sprechen noch vom »Bürger im Waffenrock«. Baudissin, Soldat für den Frieden, S. 27-51. Ebd., S. 200, 203, 207. Ebd., S. 160 f. Vom künftigen deutschen Soldaten, S. 59. Ebd., S. 84. Simon, Die Integration der Bundeswehr, S. 37.
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2. Verquickungen allerorten Neben diesen Einflussgrößen, deren tatsächliche Wirkung auf die Bildgestaltung nur bedingt gemessen werden kann, gilt es, noch einen weiteren Aspekt zu betrachten. Er berührt weniger die direkte Ebene der Bildgestaltung. Vielmehr lenkt er die Aufmerksamkeit auf die Frage, warum gerade Methoden der Wirtschaftswerbung für die Nachwuchswerbung genutzt wurden. Hinter der Organisationsebene schälen sich in diesem Fall die Aktivitäten handelnder Personen heraus, die in den Akten in der Regel verborgen bleiben. Der gesamte Sektor der Presse- und Informationspolitik im Umfeld der Bundesregierung war zumindest auf der Ebene der Bekanntschaften miteinander verwoben. Diesen Eindruck gewinnt, wer sich mit der Literatur über die innenpolitischen Auseinandersetzungen um die Wiederbewaffnung sowie den Memoiren der handelnden Persönlichkeiten befasst und allein die Namensverzeichnisse miteinander vergleicht98. Besonders ein Name aus dem Amt Blank und später dem BMVg, der eigentlich aufgrund der hierarchischen Ordnung eine eher nachgeordnete Rolle spielen sollte, ist auffallend oft zu finden. Es handelt sich um den Oberstleutnant i.G. a.D. und späteren General Werner Drews99. Er war im Amt Blank zuständig für die Wehraufklärung und in den Anfangsjahren des Ministeriums Referatsleiter für Wehraufklärung und Freiwilligenwerbung. Spätestens ab 1958 bekleidete er als Oberst dann die Position des Unterabteilungsleiters IV (Allgemeine Militärische Fragen), in welcher sämtliche Belange von Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Aufklärung disloziert waren. Folgt man den Erinnerungen Hans Edgar Jahns, war Drews, noch als Oberstleutnant a.D., schon mindestens seit 1952 auf diesem Sektor im Amt Blank tätig. Zusammen mit Heusinger sei Drews beispielsweise als Vertreter des Amtes Blank bei einer Besprechung zur Unterstützung der Wehrpolitik der Bundesregierung zugegen gewesen100. 1953 taucht Drews auch auf einer Rednerliste anlässlich einer Begegnung mit Dienstgruppenleitern auf, woraus deutlich wird, dass BMVg respektive »Amt Blank« und BPA in Fragen der Öffentlichkeits98
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AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert); Eckardt, Ein unordentliches Leben; Im Zentrum der Macht; Jahn, An Adenauers Seite; Maizière, In der Pflicht. Werner Drews, *1914, †1974, Generalmajor. 1932 Eintritt in die Reichswehr, 1941-1945 Stabsdiensttätigkeiten, 1945-1948 amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1951-1955 Angestellter im Amt Blank und im Verteidigungsministerium, 1955 Oberst, 1955-1957 Unterabteilungsleiter, 1958-1960 Brigadekommandeur, 1964-1967 Divisionskommandeur, 1969-1972 Befehlshaber des Territorialkommandos Süd. Der spätere General Werner Drews findet sich sowohl in der Erinnerungsliteratur bei Jahn, An Adenauers Seite, als auch bei Wildenmann, Bürger in Uniform?, S. 9, der ihn in seiner konzeptionellen Bedeutung für die Etablierung und Verteidigung der »Inneren Führung« auf eine Stufe mit Graf Baudissin stellt. Maizière, In der Pflicht, S. 235, urteilte über Drews: »Uns verbanden gemeinsame Auffassungen über Theorie und Praxis in der Inneren Führung.« Jahn, An Adenauers Seite, S. 159. Dass Schriftverkehr zwischen Drews und der ADK herrschte, ist nachweisbar in: BA-MA, Bw 2/1283. Schreiben vom 16.6.1955.
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arbeit zusammenarbeiteten101. Zudem fällt der Name Drews im Zusammenhang mit der »Inneren Führung«102. In diesen Funktionen hatte Drews Kontakt zum BPA, zum Arbeitskreis Demokratischer Kreise (ADK) und somit vermutlich auch zu Meinungsforschungsinstituten wie dem IfD103. Wie oben beschrieben, war es das IfD, das zur breiteren Akzeptanz der Bundeswehr in der Gesellschaft eine Werbekampagne nach Methoden der Wirtschaftswerbung empfahl. An dieser Stelle haben wir eine personelle Verbindung zu den Methoden der Wirtschaftswerbung. Dass in regierungsnahen Kreisen moderne Methoden der Wirtschaftswerbung bereits Einzug gehalten hatten, und vor allem die CDU auf diesem Gebiet als fortschrittlich galt, ist bekannt104. Es ist durchaus denkbar, dass ein Mann wie Werner Drews, der als aufgeschlossen galt und im Umfeld von Heusinger, Kielmansegg, de Maizière und Baudissin zu den Befürwortern der Idee des »Staatsbürgers in Uniform« und der »Inneren Führung« gerechnet werden kann, seine Augen vor neuen und vielversprechenden Ansätzen nicht verschloss. Zumal, wenn ihm diese Methoden durch seinen Umgang mit Organen der Öffentlichkeitsarbeit »vorgelebt« wurden. Zudem verlangte das Aufgabenfeld eines »Öffentlichkeitsarbeiters« Aufgeschlossenheit in der Sache, was die Freiwilligenwerbung auf die Bühne »zwischen Politik und Presse«105 hob. Diese denkbaren Verquickungen auf persönlicher Ebene reichen jedoch alleine nicht aus, um nachzuvollziehen, wie es zum Einsatz moderner Methoden der Wirtschaftswerbung in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr kam.
3. Die Anfänge der Freiwilligenwerbung Obwohl der Nachweis über die Anfänge der Nachwuchswerbung in der Bundeswehr nur schwer zu führen ist, reichen die ersten gedanklichen Überlegungen für eine Werbung von Soldaten wohl noch in die EVG-Phase hinein106. So sah ein grafisches Ablaufschema unter der Überschrift »Wie kann ich Soldat der EVG werden?« vor, am Anfang einer Informationskette mit Aufrufen an Litfaßsäulen zu werben. Auf einem weiteren Entwurf findet sich sogar ein stilisiertes
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Jahn, An Adenauers Seite, S. 184. Ebd., S. 187; Maizière, In der Pflicht, S. 235; Waldmann, Soldat im Staat, S. 163-166. Hinweise auf solche Kontakte zum ADK und die persönliche Bekanntschaft von Drews und Jahn finden sich ebenfalls in BA-MA, Bw 2/1292. Bösch, Das Politische als Produkt, S. 229-248. Siehe auch die Kapitel I.3.b) und III.2. Diehl, Zwischen Politik und Presse. BA-MA, Bw 1/15742.
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Plakat »Soldat der EVG« auf diese Litfaßsäule geklebt: Ein zarter Hinweis auf eine angedachte Werbung107.
a) Aller Anfang ist schwer: Hilfe aus der Wirtschaft Die ersten Hinweise auf Freiwillige und deren Anwerbung finden sich bereits in einer Denkschrift vom August 1950, deren geistige Nähe zur Werbung in Reichswehr und Wehrmacht, wie es sich in der Forderung nach dem Charakter der Werbung widerspiegelt, erinnert108. Demnach war nicht an eine wirtschaftlich geprägte Werbung gedacht, sondern vielmehr daran, der deutschen Jugend Ziele und Ideale zu bieten. Darüber hinaus wurde erwogen, die Aufstellung deutscher Truppenkontingente aus innen- wie außenpolitischen Gründen getarnt ablaufen zu lassen, was Parallelen zur Heeresvermehrung der Reichswehr in den frühen 1930er-Jahren aufweist, aber auch auf die Auflagen des Besatzungsstatuts von 1949 verweist109. Im Rahmen der Diskussion über den Aufbau einer Bundesschutzpolizei trat die Forderung auf, »die Anwerbung durch geeignete Propaganda in der Öffentlichkeit zu unterstützen«110. Hieran wird deutlich, welche Begriffsvorstellungen hinsichtlich des Wortes »Werbung« vorlagen. Der Autor verstand unter Werbung in diesem Kontext eben nicht eine Form der persuasiven Kommunikation; diesen Charakter schreibt er der Propaganda zu. Unter Werbung wird vielmehr der Ablauf der Gewinnung bzw. die Aushebung des Freiwilligen als Soldaten verstanden, was Erinnerungen an die überlieferte Form der Soldatenwerbung weckt. Weitere Ähnlichkeiten ergeben sich aus den detaillierten Vorstellungen zur Anwerbung. Wenngleich die Werbung nach diesen Vorstellungen nicht getarnt verlaufen sollte und dementsprechend auch öffentliche Werbeaufrufe durch Plakate, Presse und Rundfunk vorgesehen waren, sollte doch später auf eine »weitgehende persönliche Anwerbung Wert zu legen sein, wozu neben den Angehörigen der Bundesschutzpolizei gleich nach Beginn der Anwerbungen auch die Truppen-Kameradschaften der ehem. Wehrmacht, die Soldatenbünde und der ›Bund vers. ber. ehem. Wehrmachtsangehöriger‹ anzuhalten sind111.« 107
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Ebd., beachtenswert sind hier die Fotografien, die das Annahmeverfahren schematisch darstellen. Am Anfang der verschiedenen Schemata zum Annahmeverfahren steht generell eine Litfaßsäule, an der sich die Bürger informieren. BA-MA, Bw 9/1353. Aide Mémoire Nr. 3 »Gedanken über die Frage der Deckung des personellen Bedarfs im Falle der Wiederaufstellung deutscher Truppenverbände.« Unterzeichnet am 19.8.1950 durch von Boltenstern, Bachelin und Goecke, S. 5 (p. 9) und 11 (p. 18). BA-MA, Bw 9/1353. Aide Mémoire Nr. 3, S. 12 (p. 19) und 20 f. (p. 27 f.) Zum Aufbau eines Wehrersatzwesens siehe auch BA-MA, Bw 9/2002, »Vorschlag zur Organisation des Wehrersatzwesens«, 26.4.1951 (p. 42-52). Der dortige Hinweis auf Freiwillige erwähnt keine Ansätze für eine Werbung. BA-MA, Bw 9/3115, Denkschreiben zum »Aufbau einer Bundesschutzpolizei« o.D., S. 2 (p. 143). Das Schreiben datiert wahrscheinlich vom Sommer 1950. Ebd., S. 28 f. (p. 169 f.). Zur Verwicklung ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS siehe BA-MA, Bw 9/1812, Schreiben des Siegfried Rothemund, gemäß Anmerkung von dem
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Dieses Verfahren wiederum erinnert stark an die Einbindung der »Schwarzen Reichswehr« in die Werbeverfahren der Reichswehr und deren tradierte Politik der erwünschten Kreise, wie sie weiter oben beschrieben wurde112. Dass in der Anfangsphase auf dem Sektor der Personalgewinnung weiterhin ein nicht-wirtschaftliches Verständnis von Soldatenwerbung vorherrschte, geht aus weiteren Überlegungen hervor. Im Zusammenhang mit der Aufstellung eines deutschen Kontingents sah eine Planung vom Spätsommer 1951 als einzige werbliche Maßnahme das Ausarbeiten und Verteilen von Merkblättern für freiwillige Bewerber vor, was eher an Informieren als an Überzeugen erinnert und an die Wege der Wehrmacht angelehnt war113. Zudem sollten die Bewerber durch einen Aufruf der Bundesregierung zum freiwilligen Dienst motiviert werden114. Im selben Schreiben tauchen zudem Überlegungen auf, Freiwilligen nach Beendigung ihrer Dienstzeit den Übergang in einen Zivilberuf zu erleichtern, nachdem zuvor davon ausgegangen wurde, dass sich aus den in Frage kommenden Jahrgängen »ohne Schwierigkeiten« die benötigten Zahlen für zunächst vier Divisionen und später für das Unteroffizierkorps der zwölf Divisionen des Heeres sowie von Luftwaffe und Marine würden decken lassen können115. Abgesehen davon, dass die Idee des »Versorgungsscheins« alten deutschen militärischen Traditionen folgte, erstaunt die optimistische Einschätzung der Personalsituation, die offensichtlich die damalige Stimmung in der Bevölkerung bzw. die Entwicklung der Arbeitsmarktlage bei Weitem unter- und die Attraktivität des Soldatenberufes überschätzte. Im Spätsommer 1952, also schon in der Vorbereitungsphase für die EVG, wurden erste Überlegungen hinsichtlich der Freiwilligenwerbung angestellt116. Interessant ist der Vorschlag des Amtes Blank, das Feld der Freiwilligenwerbung an die Bonner »Gesellschaft freies Europa«117 anzuschließen, die als unabhängige Rechtsgründung des Staatssekretariats von diesem finanziert wurde. Dies hätte eine Beanstandung der politischen Opposition und Vorwürfe, es werde Werbung im Sinne der Regierungspartei betrieben, ausgeschlossen118. Gekoppelt waren diese Überlegungen an generelle Anstrengungen zur »Auf-
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Bussches ein früherer höherer Adjutant der Waffen-SS, vom 17.7.1952. Beachte auch die handschriftliche Notiz von von dem Bussche. Siehe Kapitel III.1. BA-MA, Bw 9/2002, »Zeit- und Organisationsplan für die Aufstellung eines deutschen Kontingentes auf dem Gebiete des Personalwesens« durch II/Pl/2 vom 12.9.1951, S. 2 (p. 270). Ebd., S. 6 (p. 275). BA-MA, Bw 9/2002, Anlage zum »Zeit- und Organisationsplan für die Aufstellung eines deutschen Kontingentes auf dem Gebiete des Personalwesens« durch II/Pl/2 vom 12.9.1951 (p. 278). So ging man von 1,8 Millionen in Frage kommenden Männern aus, aus deren Reihen sich ausreichend geeignete Freiwillige sollten rekrutieren lassen. BA-MA, Bw 9/1812, Vermerk für Herrn de Maizière, 22.9.1952 von II, 1/3 (von dem Bussche), S. 3 (p. 129). Siehe auch AWS, Bd 3 (Beitrag Ehlert), S. 333. Zu solchen außerministeriellen Überlegungen siehe auch Hinweise bei Walker, Das Presseund Informationsamt, S. 228.
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klärung innerhalb der Bevölkerungskreise«119 über die Ratifizierung des EVGVertrages und die Schaffung einer Abteilung für spezielle Wehrfragen120. Offensichtlich folgten bald auch schon die ersten Planungen für eine Werbeschrift121. Die ersten Überlegungen zur Institutionalisierung einer Freiwilligenwerbung finden sich erst in einem Schreiben der Unterabteilung II/Pl/G1 vom November 1954. Demnach sollte sich in der Amtsgruppe »Personalverwaltung« eine separate Gruppe mit den »Forderungen und Rahmenbestimmungen für die Freiwilligenwerbung« befassen122. In diesen Zusammenhang reihen sich Kontaktaufnahmen ziviler Werbeagenturen ein, die sich von selbst an das Amt Blank wandten und ihre Dienste anboten. Den Anfang machte ein mittelständisches Berliner Werbeunternehmen, das in mehreren Anläufen seit November 1954 versuchte, Beiträge zur »Wehraufklärung« anzubieten123. Schließlich wurde die Angelegenheit an II/1/2 weitergeleitet, die zuständige Gruppe für Wehraufklärung. Die Antwort des Verantwortlichen, Werner Drews, fiel jedoch negativ aus: Obwohl er von der Wirkung einer solchen Schrift überzeugt war, hing es am Geld, denn der Dienstelle stünden für solche Zwecke keine Mittel zu Verfügung124. Auslöser für die Versuche der freien Wirtschaft dürften Presseberichte gewesen sein, aus denen hervorging, dass das Amt Blank die Aufstellung von Streitkräften psychologisch vorbereiten wollte125. Aus einer Gesprächsnotiz vom März 1955 zwischen II/1/2 und dem Werbeverlag Neubauer geht in Hinblick auf die Gestaltung der künftigen Wehraufklärung ein interessanter Hinweis auf den Ablauf solcher Aktionen hervor. Demnach warb der Verlag für sich, indem er betonte, dass die Firma »nicht nur die drucktechnische Ausführung, sondern mit einem eignen Zeichnerstab auch die gesamte Gestaltung der Faltprospekte durchführen kann [...] Die Entwürfe machen einen guten Eindruck und zeugen von Fantasie in der
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BA-MA, Bw 9/1812, Memorandum zur »Errichtung einer Abteilung für spezielle Wehrfragen«, o.D., S. 1 (p. 139). Hier ist der Begriff der »Aufklärung« zu beachten, der seit 1916 einen Terminus der deutschen Inlandspropaganda des Ersten Weltkrieges dargestellt hatte und als Terminus technicus erst gegen Ende der 1960er-Jahre auslief. Siehe hierzu Loch, Aufklärung der Bevölkerung. Bedenkenswert ist auch die Möglichkeit, gedankliche Kontinuitäten anhand sprachlicher Ausdrucksformen zu identifizieren. BA-MA, Bw 9/1812, Memorandum zur »Errichtung einer Abteilung für spezielle Wehrfragen«, o.D. BA-MA, Bw 9/2731. Beachte im Zusammenhang mit der Werbeschrift die Stellungnahmen von G5 vom 30.10.1952 (p. 8) und G3 vom 31.10.1952 (p. 11) hinsichtlich der Forderung zur Wiederherstellung der Ehre des deutschen Soldaten. BA-MA, Bw 9/3533. Anlage 1 zu II/Pl/G1, 26.11.1954 Nr. 298, II. Ang. BA-MA, Bw 9/784, Schreiben vom 17.12.1954 an den Bundeskanzler, S. 1 (p. 9). Das Unternehmen verlegte demnach u.a. den »Wegweiser«, »Der Fernschreiber« und das »Notizbuch des Agitators«. BA-MA, Bw 9/784, Schreiben II/1/2-979-17-14, 27.4.1955 (p. 143). BA-MA, Bw 9/785, Schreiben vom 8.12.1954 des Werbeverlags Neubauer aus Braunlage. Ein späterer Hinweis auf Pressenotizen, nach denen das Amt Blank bzw. das BMVg Plakatanschläge plane, findet sich in BA-MA, Bw 9/785. Schreiben des Werbungsmittlers Müller vom 14.6.1955 an das Bundeskanzleramt (p. 43) mit der Absicht, sich selbst ins Spiel zu bringen.
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grafischen und textlichen Gestaltung126.« Dies weist bereits für diese frühe Phase auf den gestalterischen Einfluss der Werbeagenturen hin. In die Zeit dieser ersten Kontakte zur Werbebranche fällt gleichzeitig das Bestreben, Expertisen von externen Sachverständigen127 zum Themenkomplex der Freiwilligenwerbung einzuholen. So wurde bereits im Dezember 1954 ein Sachverständigenauftrag zum Thema »Analyse der Werbemöglichkeit von Berufssoldaten und längerdienenden Freiwilligen aufgrund neuzeitlicher Methoden mit Kostenanschlag« beantragt128. Die Begründung lautete: »Die Freiwilligenwerbung muss dem Aufbau der Streitkräfte vorangehen. Dieses Gutachten soll hierfür die Methoden generell erbringen, nach denen im einzelnen vorgegangen wird129.« Doch scheint der Antrag auf Expertise nicht sofort genehmigt worden zu sein. Vielmehr traten hausinterne Irritationen auf. Zunächst kamen Bedenken hinsichtlich Geheimhaltungsbestimmungen auf130, ferner generelle Bedenken, was die Verträglichkeit von Methoden der Wirtschaftswerbung mit den Zielen und Vorstellungen der Streitkräfte anbelangte131. Einzelheiten gerade über diesen letzten Aspekt wurden nicht explizit geäußert. Ob sich hier Vorstellungen gehalten hatten, nach denen die Streitkräfte es nicht wie Kaufleute nötig hatten, ihre »Produkte« feilbieten zu müssen? Im März 1955 schließlich wurde ein Gutachter ins Spiel gebracht132, der dann, so legen es die Akten nahe, frühestens ab Juni, wahrscheinlich aber im September desselben Jahres mit einer Expertise tätig wurde, die leider nicht überliefert zu sein scheint133. Der vorgeschlagene Fachmann war ein Werbetreibender aus Hamburg namens Gerhard Grupe. Es wird seine Werbeagentur sein, die die ersten Werbelinien für die Freiwilligenwerbung der Bundeswehr entwirft134. Der Absender eines Schreibens an die Werbeagentur »Dr. Grupe« ist das Referat für Wehraufklärung in der Gruppe 4 »Militärische Inlandsfragen«. Damit ist der Hinweis auf die Organisation der Freiwilligenwerbung gefunden. Auch wenn hier noch nicht explizit von Nachwuchswerbung gesprochen wird, kann die organisatorische Kontinuität der »Wehraufklärung« Rückschlüsse für die weitere Entwicklung erlauben. Denn der erste faktische Hinweis auf Freiwilligenwerbung findet sich in einer Gliederung nach Umstrukturierung des Amtes Blank zum BMVg mit Stand vom 22. November 1955. In der Abteilung IV 126 127 128 129 130 131 132 133
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BA-MA, Bw 9/785, Notiz Nr. 14/55 von II/1/2-979-17-11 (Dr. Buhl), 31.3.1955 (p. 6). Zur Praxis, externe Gutachten einzuholen, siehe AWS, Bd 1 (Beitrag Rautenberg), S. 798 f. BA-MA, Bw 9/785, II/1/2, 14.12.1954 (p. 31). Ebd. BA-MA, Bw 9/785, II/1/2, 4.2.1955 (p. 33). BA-MA, Bw 9/785, I/1, 23.2.1955 (p. 35). BA-MA, Bw 9/785, II/1/2, 9.3.1955 (p. 34). BA-MA, Bw 9/785, II/2/41-979-17-24, 3.6.1955. Auch später BA-MA, Bw 9/785, II/2/41-97917-24, 15.6.1955 (p. 58). Für den Monat September spricht ein Schreiben in BA-MA, Bw 2/1283, I/1/6b –Pers.Kart.- vom 16.9.1955 an Dr. Gerhard Grupe. In einem Entwurf von II/2/Grp.4 vom 23.9.1955 heißt es, dass das Gutachten eingegangen sei und die Erwartungen erfülle. Die Werbeagentur Dr. Grupe & Co Allg. Wirtschaftswerb. GmbH ist verzeichnet als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Werbungsmittler, siehe Der Mittler in der Werbung, S. 152.
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(Streitkräfte) ist in der Unterabteilung IV C (Ausland/Inland) das Referat 7 mit den »Grundlagen der Wehraufklärung und Freiwilligenwerbung« betraut135. Gestützt wird diese Annahme durch ein Schreiben einer Münchner Prospektverteilungsfirma, die sich bereits im Juni 1955 aus freien Stücken an die »Leitung der Abteilung für Werbung von Freiwilligen« im Amt Blank wandte. Das Schreiben ist per schriftlicher Notiz »zuständigkeitshalber« an II/2136 weitergeleitet worden, was darauf hinweist, dass im Sommer 1955 noch kein eigenes Referat zur Nachwuchswerbung bereitstand137. Offenbar führte also der steigende Druck im Zuge der gescheiterten EVG-Verhandlungen seit Herbst 1954 zur Einrichtung einer Stelle für die Freiwilligenwerbung. Entgegen erster Überlegungen, diese bei der personalbearbeitenden Abteilung einzurichten, dem scheinbaren Bedarfsträger also, wurde die Freiwilligenwerbung letztlich der Wehraufklärung zugerechnet. Doch wieder zurück zu den externen Gutachten. Dass für die Freiwilligenwerbung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht die notwendigen Voraussetzungen geschaffen waren, geht aus einem Schreiben der Gruppe »Militärische Inlandsfragen« hervor. Der Gruppenleiter wandte sich an die Kölner Westdeutsche Anzeigen-Gesellschaft (Westag), die kurz zuvor, vermutlich auf eine neuerliche Mitteilung in der Presse hin, an das Amt Blank herangetreten war138. Das Schreiben wird hier seiner Prägnanz halber ausführlich zitiert: »Sehr geehrter Herr Ministerialdirigent139, Pressemitteilungen entnehme ich, daß man beabsichtigt, eine größere Aktion zur freiwilligen [sic!] Werbung für die Wehrmacht zu starten, und zwar voraussichtlich mit Plakaten und Anzeigen. Ich wäre Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie mein Unternehmen bei der Vergabe dieser Aufträge im Auge behielten. Ich habe mich gleichzeitig auch wieder an die zuständigen demokratischen Organisationen mit der Bitte um Berücksichtigung gewandt [...]140.« Das Anschreiben verdeutlicht exemplarisch, wie sich Werbeagenturen dem BMVg mit Maßnahmen zur Wehraufklärung bzw. mit der Freiwilligenwerbung in Verbindung brachten. Mit der Werbeagentur Dr. Hegemann wandte sich im Sommer eine weitere renommierte Werbeagentur an das Haus. Diese Agentur betreute zu diesem Zeitpunkt bereits die Wahlkampfkampagnen der CDU und sollte die Nachwuchswerbung der Bundeswehr auf lange Jahre begleiten. Der Einfluss, den diese aus dem marktwirtschaftlichen System bedingten Versuche auf die Konzepte und Ideen des BMVg zur Nachwuchswerbung hatten, können 135
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Siehe hierzu BA-MA, Bw 2/8533. Akten dieser Unterabteilung in BA-MA, Bw 2/1247; BAMA, Bw 2/1283; BA-MA, Bw 2/1284; BA-MA, Bw 2/1292. Krüger, Das Amt Blank, S. 213, Abb. 10. Abteilung II: Heusinger, S. 215, Abb. 13. UAbt II/2: de Maizière, Gruppe II/2/4: Drews. BA-MA, Bw 9/785. Schreiben vom 4.6.1955 der Münchner Prospektverteilung Mühlbauer & Seifert. BA-MA, Bw 9/785. Schreiben Westag vom 23.6.1955 (p. 61), Schreiben II/2/41-979-17-24Wa-271/55 vom 30.7.1955 (p. 62), sowie das Exposé der Firma Westag (pp. 63-111). Der Adressat ist vermutlich Edmund Forschbach, *11.12.1903, †23.3.1988, Chef des BPA und Sprecher der Bundesregierung von 1955 bis 1956. BA-MA, Bw 9/785. Abschrift des Schreibens von Ernst A. Ihle, Verlagsdirektor, ehemals IHK Baden-Baden vom 8.6.1955 (p. 115).
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in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden. Das gesellschaftliche Subsystem Bundeswehr wurde bereits in einem sehr jungen Stadium zumindest in Teilbereichen von der gesellschaftlichen und marktpolitischen Realität eingeholt und beeinflusst. Obwohl die Abteilung für Wehraufklärung und Freiwilligenwerbung seit spätestens Herbst 1955 existierte, datieren die überlieferten Anfänge der Werbung aus dem Juni 1956. Vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Mangels an ungedienten Bewerbern schon für das Jahr 1956141 forderte Staatssekretär Josef Rust142 in einer Abteilungsleiterbesprechung des Ministeriums die dringende Aktivierung der Werbung143, deren Konzeption in einer Sitzung des Verteidigungsrates vorgestellt werden sollte144. Generalleutnant Speidel erachtete in diesem Zusammenhang eine klare Stellungnahme der Bundesregierung zum Soldatenberuf im Rahmen der Wehrpflichtdebatte für erforderlich, was in der schon angesprochenen Sitzung des Verteidigungsrates thematisiert werden sollte145. Eine zustimmende Reaktion der Bundesregierung angesichts der noch anhaltenden Wehrdebatte im Bundestag war jedoch fraglich. Bereits am 25. Juni 1956 ersuchten Offiziere der Bundeswehr im bayerischen Kultusministerium um Unterstützung für Werbeaktionen unter bayerischen Abiturienten146: »Das Bundesministerium für Verteidigung beabsichtigt, noch in dieser Woche in allen in Frage kommenden höheren Schulen, an denen Reifeprüfungen abgelegt werden, Aufklärungsvorträge über die Berufslaufbahn des aktiven Offiziers durchzuführen147.« Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus erklärte sich einverstanden, dass die Schüler an diesen Veranstaltungen freiwillig teilnehmen könnten. Bereits einen Tag später meldeten sich an 31 Schulen 62 Offiziere. Sie hielten ihre Vorträge und verteilten unter anderem Schriften wie »Vom künftigen deutschen Soldaten«148 oder »Vom künftigen deutschen Offizier«149. Unter der Lehrer- und Schülerschaft stieß diese Werbeaktion, die an die Werbemaßnahmen der Wehrmacht erinnerte, auf ein geteiltes Echo. Von den etwa 7500 bayeri141
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BA-MA, Bw 2/2050, Kurzprotokoll der 28. Abteilungsleiterbesprechung vom 16.5.1956, S. 8-10 (p. 86-88). Josef Rust, *1907, †5.7.1997, Staatssekretär. Zunächst Beamter im Reichswirtschaftsministerium, 1949-1952 Finanzministerium Niedersachsen, 1949-1952 Referent im Bundeskanzleramt, 1952-1955 Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium, 1955-1959 beamteter Staatssekretär im Verteidigungsministerium, 1959-1978 Positionen in der freien Wirtschaft. BA-MA, Bw 2/2050, Kurzprotokoll der 32. Abteilungsleiterbesprechung vom 13.6.1956, S. 2 (p. 104). BA-MA, Bw 2/2050, Kurzprotokoll der 33. Abteilungsleiterbesprechung vom 22.6.1956, S. 3 (p. 112). Ebd., S. 7 (p. 116). Der Spiegel, 10, Nr. 29 vom 18.7.1956, S. 16-18. Zit. nach ebd., S. 17. Die Wahl fiel wahrscheinlich aus terminlichen Gründen auf Bayern, da hier gerade die Abiturprüfungen liefen. Vom künftigen deutschen Soldaten. Elble, Vom künftigen deutschen Offizier.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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schen Abiturienten ließen sich 54 einen Bewerbungsbogen aushändigen. Diese geringe Erfolgsquote veranlasste die verantwortlichen Planer im Ministerium, von ähnlichen Aktionen in anderen Bundesländern Abstand zu nehmen150. Zudem schien es während weiterer Werbeveranstaltungen in Bayern zu Tumulten gekommen zu sein. So wird von einer Vorführung des Werbefilms »Die ersten Schritte«151 im fränkischen Schwandorf vor 1000 Zuschauern berichtet, die abgebrochen werden musste, weil ein Major einigen störenden Gästen drohte, sie abführen zu lassen, woraufhin die Menge »eine bedrohliche Haltung«152 einnahm. Auch in anderen Städten wurden Soldaten von Schülern »in herausfordernder und pöbelnder Weise belästigt«153. Anfang Juli legte der zuständige Gruppenleiter, Oberst Drews, mittlerweile wieder Soldat, die ersten Entwürfe für die »beabsichtigte Anzeigen- und Plakatwerbung« vor154. Wenngleich der Abteilungsleiter III (Personal) Karl Gumbel155 die Texte für unzureichend hielt und die Einschaltung der Teilstreitkräfte zur Erstellung der Werbungsunterlagen forderte, bezeugt doch die Wortwahl, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Anzeigen- oder Plakatwerbung aktiviert war, was der Forderung des Staatssekretärs Rust vom Mai des Jahres entspricht. Darüber hinaus weist die Forderung des AbtLtr. III auf ein Werbeverständnis hin, das sich weniger an den Forderungen der Werbeindustrie orientierte, als vielmehr an die Soldatenwerbung durch die Wehrmacht erinnert. Die erste Anzeigen- und Plakatlinie verfehlte ihre Wirkung in der Öffentlichkeit wohl nicht156. Wenn noch im Mai angesichts rückläufiger Bewerberzahlen bezweifelt wurde, dass die angestrebte Zahl von 96 000 Soldaten für 1956 zu erreichen sei, stellte ein Teilnehmer der Abteilungsleiterbesprechung fest, dass die Zahl der ungedienten Bewerber in letzter Zeit erheblich zugenommen habe157, was bereits im Oktober zum Stopp von Einberufungen Freiwilliger und wohl auch zu einem Stopp der Werbeaktionen führte158. Unter150 151
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Der Spiegel, 10, Nr. 29 vom 18.7.1956, S. 18. Über diesen ersten »Bundeswehrfilm« aus dem Jahr 1956 und die zeitgenössische Rezeption siehe Protte, Auf der Suche. »Die ersten Schritte« wurden nicht nur verfilmt, sondern auch in Form der Illustrierten »Die ersten Schritte« verteilt. ZAPA-BMVg 87-1 (Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen) von 1956 – 31.12.72, 1. Mappe. Demnach, aber unleserlich, aus der Süddeutschen Zeitung vom 18.8.1956. BA-MA, Bw 2/1292, IV/C/ – 979-17-30, 23.2.1956. BA-MA, Bw 2/2050, Kurzprotokolle der 35. Abteilungsleiterbesprechung vom 7.7.1956, S. 3 (p. 135). Karl Gumbel, *10.12.1909, †21.5.1984, Staatssekretär. 1946/47 Regierungsrat in Neustadt/ Weinstraße, 1947-1949 Innenministerium Rheinland-Pfalz, 1949-1955 Referent im Bundeskanzleramt, 1955-1959 Leiter der Personalabteilung im BMVg, 1959/60 Stellvertreter Hans Globkes, 1960-1964 Leiter der Personalabteilung im BMVg, 1964-1966 Staatssekretär im BMVg, 1966-1969 Staatssekretär im Bundesinnenministerium, 1969-1972 Tätigkeit in der Industrie. Die Analyse der ersten Anzeigenwerbung der Bundeswehr in Loch, Die Historische Bildkunde. BA-MA, Bw 2/2050, Kurzprotokoll der 42. Abteilungsleiterbesprechung vom 23.8.1956, S. 6 (p. 185). BA-MA, Bw 2/2051, Kurzprotokoll der 47. Abteilungsleiterbesprechung vom 10.10.1956, S. 4 (p. 7). Der Einstellungsstopp ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf logistische Gründe
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
stützt wird dies durch einen Zeitungsausschnitt aus der Deutschen Tagespost vom 5. September 1956: »Auf die erste Anzeige, die am 24. Juli erschien, meldeten sich innerhalb von zehn Tagen 26 000 Interessenten. Die zweite Anzeige am 6. August brachte in 24 Stunden 1600 neue Interessenten. Unter diesen Interessenten sind nach einem ersten Überblick zahlreiche Ausländer. Besonders stark sind die Bewerbungen aus Südtirol von solchen jungen Männern, die nicht in der italienischen Armee dienen wollen. Auf die Anzeigen meldeten sich auch nicht wenige Mädchen. Einige von ihnen legten sogar Photographien bei und meinten, sie könnten manchem jungen Manne noch etwas vormachen. Im Ministerium wird jedoch betont, dass die weiblichen Bewerbungen nicht berücksichtigt werden können, da der Einsatz von Nachrichtenhelferinnen o.ä. nicht vorgesehen ist159.« Auf ein geteiltes Echo stieß auch der Versuch, die erste »Werbeschau« der Bundeswehr im Rahmen der 9. Bremer Landesausstellung »Landwirtschaft und Wirtschaft« zwischen dem 24. August und dem 2. September 1956 auftreten zu lassen160. Besonderen Anlass zum Protest seitens Politikern aus Bremen gab die beabsichtigte Präsentation eines Kampfpanzers. Unter Hinweis auf erst kürzlich bei Manövern in der Lüneburger Heide entstandene Flurschäden empfahl Hermann Wolters, sozialdemokratischer Senator für Wirtschaft, dem Veranstalter, »einige Zuchtbullen der Besamungsstation statt der Panzer kommen zu lassen, da diese der Landwirtschaft verbundener sind«161. Der Veranstalter, Präsident der Landwirtschaftskammer, konterte. Er betonte, dass viele andere Veranstalter ihn darum beneideten, die erste Schau der Bundeswehr bekommen zu haben. Mit der künstlerischen Ausgestaltung der Werbeschau der Bundeswehr war das Düsseldorfer Werbebüro Karl Wörlen beauftragt. Einem Urteil der Stuttgarter Zeitung zufolge fristete diese erste Ausstellung in Bremen aber ein ziemlich kümmerliches Dasein und das nicht nur, weil sie im hintersten Winkel der Roland-Halle ausgestellt war. Es handelte sich um »zwei Behelfswände, mit graphischen Darstellungen, Inschriften und Kleidungsstücken«, um streng gegliedertes und spärliches, aber keineswegs anziehend zusammengestelltes Material162.
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zurückzuführen, da u.a. schlicht nicht genügend Unterkunftskapazitäten durch den schleppenden Kasernenbau zur Verfügung standen. ZAPA-BMVg 87-1 (Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen) von 1956 – 31.12.72, 1. Mappe. Die Tatsache, dass sich Südtiroler meldeten, mag darauf zurückzuführen sein, dass zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien Mussolinis eine Regelung bestand, die den jungen Männern die Wahl zur Ableistung ihrer Wehrpflicht in einem der beiden Staaten offen ließ. Aus BA-MA, Bw 2/1247, geht hervor, dass bei einem Planspiel über die Organisation der Annahmestellen Probleme bei der Behandlung von Bewerbern aus Österreich diskutiert wurden. Schreiben von II/1 vom 8.12.1952. Sommer, Wiederbewaffnung, S. 198-200. Zit. nach Der Spiegel, 10, Nr. 32 vom 8.8.1956, S. 20. ZAPA-BMVg 87-1 (Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen) von 1956 – 31.12.72, 1. Mappe. Demnach aus den Stuttgarter Nachrichten vom 28.8.1956. Treppenwitz der Geschichte: Die Landwirtschaftsausstellung wurde u.a. auch vom amtierenden Bundesratspräsidenten, dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Kai-Uwe von Hassel eröffnet.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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b) Do ut des: Etablierung der Wirtschaftswerbung Wie bereits erwähnt, scheinen weder die ersten Expertisen noch die ersten Werbekonzepte überliefert zu sein. Zudem ist eine mögliche Dokumentation des Vortrags des Obersten Drews zu Werbekonzepten vor dem Verteidigungsrat163 nicht zugänglich, so dass wir keine genauen Kenntnisse über Planung und Verlauf der Werbung in den Jahren 1955 bis 1957 haben164. Bemerkenswerterweise liefert uns ein Rechtsstreit zwischen dem BMVg und der Werbeagentur Dr. Grupe Ende der 1950er-Jahre jedoch einige Hinweise165. Anlässlich der vom Staatssekretär angeordneten Überprüfung der Zusammenarbeit mit der Werbeagentur Dr. Grupe vom Frühjahr 1957 geht hervor, dass das BMVg bereits seit 1955 mit dieser Firma zusammengearbeitet hatte, da die Abteilung IV nicht über ausreichend Personal verfügte, um die Freiwilligenwerbung durchführen zu können166. Die Zusammenarbeit lief bereits ab den ersten Tagen ohne einen schriftlichen Vertrag zwischen dem BMVg und der Werbeagentur167, was wohl dazu führte, dass selbst in der zuständigen Abteilung keine lückenlose Dokumentation vorlag. Diese Annahme wird gestützt durch eine Formulierung im »Rechtsgutachten über die Berechtigung von Ansprüchen der Firma Dr. Grupe & Co., Hamburg« vom Dezember 1959, in welchem zum Sachverhalt folgende Feststellung getroffen wurde: »Die Bundeswehr, die Freiwilligenwerbung mit kommerziellen Methoden betreibt, nahm hierfür seit mindestens 1957 die Dienste der Fa. Grupe in Anspruch. In den ersten Jahren der Zusammenarbeit erteilte das BMVtdg der Fa. Grupe zur Durchführung der einzelnen Werbemaßnahmen jeweils besondere Aufträge, für die die Firma die branchenüblichen Gebühren berechnete. Daneben beriet die Firma von Anfang an das BMVtdg laufend in Angelegenheiten der Freiwilligenwerbung, ohne daß der Bund hierfür eine besondere Gebühr zu zahlen hatte. Tatsächlich war die Firma also bereits damals der ständige Betreuer des BMVtdg auf dem Gebiet der Freiwilligenwerbung168.«
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Der spätere Bundesminister der Verteidigung würdigte bzw. erwähnte die Ausstellung der Bundeswehr in seiner Eröffnungsrede mit keinem Wort. Dass vor dem Verteidigungsrat vorgetragen wurde, ist nachweisbar in BA-MA, Bw 2/ 2050, Kurzprotokoll der 33. Abteilungsleiterbesprechung vom 22.6.1956, S. 3 (p. 112). Diese Akten liegen im Archiv des Bundeskanzleramts. Sie sind nicht zugänglich. BA-MA, Bw 1/77653. Ebd., Abschrift von X A 4, 7.5.1957. Was die personelle Ausstattung anbelangt, so geht aus einem Gutachten zur Freiwilligenwerbung von 1958 hervor, dass dort mit vier Offizieren gearbeitet wurde. Siehe hierzu BA-MA, Bw 1/382523, »Gutachten über die mit der Freiwilligenwerbung zusammenhängenden Probleme, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigung einer Werbeagentur« von Prof. Dr. Kurt Bußmann vom März 1958, S. 1. BA-MA, Bw 1/77653, VIII A 1 – 1074/57, 13.5.1957. Vermerk über ein Telefonat mit OTL Dr. von Groote, IV C 7. BA-MA, Bw 1/77653, Rechtsgutachten, VR II 1 Az. 39-85-02-25, 28.12.1959, S. 2. Hervorhebung durch den Verfasser.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
Dieser Tatsache wurde auch schon 1958 im Zuge der Umstrukturierung des BMVg Rechnung getragen. Die Freiwilligenwerbung hatte nun ihr eigenes Referat (6) unter Oberstleutnant und wenig später Oberst Hauschildt169 in der Unterabteilung VII (Allgemeine militärische Fragen) im Führungsstab der Bundeswehr (FüB)170. Für diese Zeit liegt ein Geschäftsverteilungsplan vor. Demnach bestand das Referat neben Hauschildt, der für die Gesamtplanung der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr verantwortlich zeichnete, aus drei weiteren Stabsoffizieren, einem Zivilangestellten sowie einem Portepeeunteroffizier171. Dass bereits zum damaligen Zeitpunkt die Unterstützung durch eine Werbeagentur vorgesehen und fest eingeplant war, geht aus der Tätigkeitsbeschreibung des Zivilangestellten hervor, dem die Lenkung und Organisation mit »der beratenden Werbeagentur« oblag172. Ein Jahr später, aufgrund einer Umschichtung in der Unterabteilung VII, veränderte sich die Freiwilligenwerbung in das Referat 2173, um 1960 nach einer grundlegenden Veränderung wieder in der Unterabteilung VII (jetzt »Ausbildung, Wehraufklärung«) erneut das Referat 6 zu bilden174. Im Zuge der Umgliederung des Fü B ab Herbst 1964 verlor das Referat Freiwilligenwerbung seine Eigenständigkeit und bildete nun mit dem früheren Referat 5 (Film-BildTon) das neue Referat 5 für »Film-Bild-Ton und Wehrwerbung«175, blieb aber weiterhin in der Unterabteilung Wehraufklärung. Erst im September 1958 wurde mit der Werbeagentur Dr. Grupe ein Werbevertrag abgeschlossen, der zunächst bis zum 31. März 1959 befristet war und zwei Jahre später auch Stein des Anstoßes für das bereits angesprochene Zerwürfnis wurde176. Da die Agentur in den Haushaltsjahren 1957/58 und 1958/59 als Berater fungierte, wurden die meisten Aufträge über sie vergeben. Mündliche Absprachen mit dem BMVg erlaubten es Dr. Grupe, bei der Streuung von Anzeigen weitere Werbeagenturen zu beteiligen. Über diesen Weg kam das BMVg bereits in dieser Phase mit der Westag177 in Verbindung, die in den 1960er-Jahren einer der Partner des BMVg wurde178. Gemäß § 1 Absatz 2 des Vertrages gehörten zu den Leistungen des Auftragnehmers: 169
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Nicht zu verwechseln mit Reinhard Hauschild. Beide dienten in etwa zur selben Zeit im BMVg. Hauschild war zum damaligen Zeitpunkt Hauptmann und zeitweise in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Von ihm liegt bspw. vor: Jahrbuch der Bundeswehr 1958 sowie Hauschild, Beurteilung für Hauptmann Brencken. BA-MA, Bw 2/8539. Stand vom 10.1.1958. BA-MA, Bw 2/30982. Die drei weiteren Stabsoffiziere waren zwei Oberstleutnante und ein Major. BA-MA, Bw 2/30982. BA-MA, Bestand Bw 2, Findbuch, S. XVII. BA-MA, Bw 2/8539, Organisationsplan des BMVg vom 1.8.1960. BA-MA, Bw 2/8530, Umgliederung FüB. Anlage zu Aktenzeichen 10-02-05-35, 8.10.1964 und Bw 2/7830, 20.1.1965. BA-MA, Bw 1/77653. Hier liegt ein Werbevertrag im Entwurf vor. Hinweise darauf, dass ein Werbevertrag abgeschlossen wurde, ebd. passim. Westag steht für Westdeutsche Anzeigen-Gesellschaft Prigge & Co. Interne Verhandlungen und Vertragsentwürfe in BA-MA, Bw 1/347559.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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»a) Vorschläge über die Gestaltung und Durchführung der Werbung mit Anzeigen, Beilagen, Broschüren und sonstigen Drucksachen, Plakaten, Ausstellungen, Werbefilmen und Werbefernseh- und -funksendungen sowie Vorschläge über die Gestaltung und Durchführung der Meinungsforschung und Werbeerfolgskontrolle unter Berücksichtigung der Nachwuchsbedürfnisse in der Bundeswehr. b) Textliche und grafische Ausarbeitung von Entwürfen für Anzeigen, Beilagen, Broschüren, Plakate und sonstige Drucksachen. Fertigstellung der von Fü B VII 6 genehmigten Entwürfe bis zur reproduktionsfähigen Vorlage an die Auftraggeberin, Überprüfung der Andrucke und Korrekturabzüge sowie deren Druckreifeerklärung. c) Streuung von Anzeigen, Plakaten und sonstigen Drucksachen sowie Nachweis über die Durchführung dieser Werbemaßnahmen gegenüber Fü B VII 6179.« Die Zusammenarbeit zwischen dem BMVg und der Werbeagentur Dr. Grupe war zwischen 1955/57 und 1959/60 auf Geben und Nehmen ausgelegt. Nachdem Dr. Grupe bereits 1955 eine erste Analyse zur Freiwilligenwerbung vorgelegt hatte, blieben BMVg und Werbeagentur in Kontakt. Der Druck zur Aufstellung westdeutscher Kontingente nach Abschluss der Pariser Verträge vom Mai 1955 wuchs zusehends, was die zunächst nur rudimentär umrissene Problematik der Personalwerbung in den Fokus der Betrachtung rücken musste. Fehlende Erfahrungen mit einer zentral geführten Soldatenwerbung und die Unkenntnis über Methoden der Wirtschaftswerbung aufseiten des BMVg führten zusammen mit dem Druck, längerdienende Freiwillige gewinnen zu müssen, zu einem sich verselbständigenden Prozess, der in der Zusammenarbeit mit der Werbeagentur Dr. Grupe mündete. Wesentliche Umstände, die zur Kooperation führten, sind zudem in der schwachen personellen Besetzung des Referates zu suchen, was angesichts des enormen Tätigkeitsfeldes zur Auslagerung von Tätigkeiten führen musste, wollten die Verantwortlichen rechtzeitig und effektiv um Nachwuchs werben. Der erste Werbeplan wurde für das Haushaltsjahr 1958/59 vorbereitet180. Leider ist er nicht überliefert. Mit der Ausarbeitung des Werbeplans war Dr. Grupe beauftragt. Im Vorfeld der Arbeiten verschickte das zuständige Referat im Ministerium einen Fragebogen an die beteiligten Dienststellen. Sie wurden gebeten, mitzuwirken und gegebenenfalls Vorschläge einzureichen. Diesem Fragebogen war eine bildliche Zusammenstellung der zwischen April und Dezember 1957 erschienenen Anzeigen und Plakate sowie eine Liste aller Werbeaktionen beigefügt, die heute noch als wertvolle Quellenbasis dient. Aus einem weiteren Fragebogen für das Haushaltsjahr 1959/60 geht auch der Unterschied zwischen Wehrwerbung und Freiwilligenwerbung hervor: »Die Aufgabe der Wehraufklärung umfaßt die Aufklärung der Öffentlichkeit über Wesen, Bedeutung und Notwendigkeit der Bundeswehr durch pub-
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BA-MA, Bw 1/77653. BA-MA, Bw 1/663, FüStab Bw C (Inland) 6, Januar 1958.
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lizistische Informationen. Die Wehraufklärung baut dadurch der Freiwilligenwerbung eine Grundlage und unterstützt sie wesentlich [...] Die Freiwilligenwerbung ist gezielte Nachwuchswerbung. Ihre Aufgabe besteht darin, eine möglichst große Zahl von Freiwilligenmeldungen für alle Truppengattungen, Dienstzweige, Laufbahnen, Dienstverhältnisse und Fachrichtungen zu erreichen. Diese Werbung muss sich an die entsprechenden Jahrgänge, aber auch an die verantwortlichen Erzieher wenden. Sie bedient sich hierbei der »Werbung durch die Truppe« (Tage der offenen Tür, Teilnahme an Übungen usw.) und der kommerziellen Werbung (Anzeigen, Prospekte, Plakate, Filme usw.)181.« Obwohl Fü B VII 2 für die Planung, Gestaltung und Durchführung der Freiwilligenwerbung Erfahrungen der letzten Jahre vorlagen, wollten die Verantwortlichen in Erfahrung bringen, welche »grundlegenden Motive« nach Ansicht der Angeschriebenen für die »augenblickliche Situation« am Besten seien182.
c) Die Weichen werden gestellt: Ein neues Werbeverständnis Unstimmigkeiten in der wirtschaftlichen Abrechnung der Nachwuchswerbung mit der Firma Dr. Grupe sowie die Forderungen vonseiten des Ministers, im Sinne eines Marktwettbewerbes mehrere Firmen an dem mit 9 Millionen DM versehenen und somit lukrativen Etat teilhaben zu lassen, führten, einhergehend mit der Nichtverlängerung des Vertrages mit der Werbeagentur Dr. Grupe 1959, zu Unstimmigkeiten zwischen Fü B VII 6 und der Abteilung Wirtschaft (W) sowie dem BWB183. Im Zuge dieser Debatten um die Ablösung der Firma Dr. Grupe und die Neuregelung der finanziellen Modalitäten ging es um die erstmalige, auf Erfahrungen der bislang durchgeführten Nachwuchswerbung basierende Strukturierung der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr. Ein Gutachten vom März 1958184 urteilte, dass der Umfang der zur Verfügung stehenden Gelder »sich in der Größenordnung der großen Werbeetats der Markenartikelindustrie« bewege. Dies erfordere einen großen und ausgebildeten Kreis an Spezialisten, die das verhältnismäßig schwach besetzte Referat nicht stellen könne. Für den Fachmann boten sich daher »zwangsläufig die Mittel der Wirtschaftswerbung an. Wenn auch die militärischen Organisationen in den zurückliegenden Jahren ihren Nachwuchs im wesentlichen unmittelbar, z.B. durch Werbeoffiziere oder das Auftreten der Truppe in der Öffentlichkeit, geworben haben, so müssen heute neben diese alten und bewährten Werbemöglichkeiten wie z.B. ›Werbung durch die Truppe‹ doch die wissenschaftlich erprobten Mittel der modernen Wirtschaftswerbung treten. In gleicher Weise wendet sich der 181 182 183 184
BA-MA, Bw 1/4873, FüB VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959, S. 2. Hervorhebung im Original. Ebd. BA-MA, Bw 1/382524, Vermerk von W III 6. Az.: 01-55-02-55, 31.1.1961. Die folgenden Aussagen sind zu finden in BA-MA, Bw 1/382523 »Gutachten über die mit der Freiwilligenwerbung zusammenhängenden Probleme, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigung einer Werbeagentur« von Prof. Dr. Kurt Bußmann vom März 1958.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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Staat auch mit diesen Mitteln an die Bevölkerung, wenn es gilt, z.B. sozialen oder wirtschaftlichen Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen (vgl. die Anzeigen für die soziale Marktwirtschaft oder die wirtschaftlichen Pläne des Bundeswirtschaftsministers), oder die Ernährungswünsche in bestimmte Bahnen zu lenken. Das folgt daraus, dass die Öffentlichkeit an die Mittel der Wirtschaftswerbung wie Anzeige, Plakat, Film und dergleichen gewöhnt und ihnen gegenüber aufgeschlossen ist. Daher wird man in der Zeit der Vollbeschäftigung und in Konkurrenz zu den vielen Arbeitgebern überhaupt nur noch auf diesem Wege mit bemerkenswerten Erfolgen rechnen können185.« Von der Absicht, sich nun eingehender Gedanken über die Organisation der Freiwilligenwerbung zu machen, zeugt die Überlegung, sich von externen Werbeagenturen zu trennen. Dem Beispiel der Bundesbahn folgend, strengten die beteiligten Stellen im BMVg Überlegungen an, eine eigene Werbeabteilung zu gründen. Die Quintessenz der Expertise des Werbeamtes der Bundesbahn lautete zusammengefasst: »1. Ein eigenes Werbebüro hat nur Sinn, wenn für einen längeren Zeitraum (5-6 Jahre) Werbung von der186 Bundeswehr geplant ist und dabei die Gewähr für die Stetigkeit der personellen Besetzung eines eigenen Werbeamtes der Bundeswehr gegeben ist. 2. Falls das Bundesverteidigungsministerium kein eigenes Werbeamt einrichtet, dann nur erstklassige Werbeagenturen einsetzen. Von der Einschaltung kleiner Agenturen wurde dringend abgeraten. 3. Auch unter größeren Werbeagenturen gibt es nach den Erfahrungen der Bundesbahn eine Preiskonkurrenz, die die Bundeswehr für sich ausnutzen könne187.« Schon im April 1960 scheint die Idee der Etablierung eines eigenen Werbeamtes vonseiten Fü B VII 2 zugunsten der Zusammenarbeit mit Werbeagenturen verworfen worden zu sein. Denn, wie Oberst Hauschildt schrieb: »Um alle Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit der Öffentlichkeit auszunutzen, muss sich die Freiwilligenwerbung der Bundeswehr auch kommerzieller Werbemethoden bedienen. Die größte Erfahrung ihrer fachgerechten Anwendung besitzen die führenden deutschen Werbeagenturen, die in den Verbänden GWA (Gesellschaft Werbeagenturen) und AWM (Arbeitsgemeinschaft Werbeagenturen und Marketingberatung) zusammengeschlossen sind. Im Mittelpunkt aller werblichen Bemühungen steht immer der Mensch. Die Privatwirtschaft wirbt um den Menschen für Waren oder Dienstleistungen, das BMVtdg. für den Dienst in der Bundeswehr. Werbung um den Menschen ist demnach das tägliche Brot sowohl der Werbeagenturen wie auch des BMVtdg. Daraus ergibt sich folgerichtig die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen beiden188.« Die Neuausrichtung vollzog sich auch in einer erstmals differenzierten Beschreibung der Nachwuchswerbung in den ersten Überlegungen für einen 185 186 187 188
Ebd., S. 3. Dieses Wort ist handschriftlich eingefügt. BA-MA, Bw 1/382524, Vermerk von W III 6. Az.: 01-55-02-55, 31.1.1961, S. 6. BA-MA, Bw 1/382523, Fü B VII 2. Az.: 01-55-02-31, 21.4.1960. Hervorhebungen im Original.
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Werbeplan für 1961/62. Während mit der Formulierung der Zielsetzung der Werbung weiterhin die Deckung des Personalbedarfs der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung definiert wurde, unterschied die Werbemethodik zwischen »Werbung durch die Truppe und in der Truppe« sowie »Zentrale Maßnahmen mit Mitteln moderner Werbung«189. Vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden Arbeitsmarktlage und schrumpfender Geburtenjahrgänge geriet die Gruppe der Wehrpflichtigen nun vermehrt in den Blick der Verantwortlichen. So sollte die Truppe neben der Werbung in den eigenen Reihen vor allem bei »Tagen der offenen Tür«, Flugtagen, Einschiffungen und durch Einladungen an Jugendliche und Meinungsbildner wie Eltern und Lehrer werben. Neben der Truppe selbst sollten die Wehrbereichskommandos (WBK)190, aber auch die Laufbahnberatungsdienste flankierend zum Einsatz kommen. Einen weiteren zentralen Stellenwert erhielten die »Mobilen Ausstellungen« der Teilstreitkräfte191 zugesprochen, deren Wirkung mit »Klimawerbung« umschrieben wurde und im Grunde einen Teilbereich der zeitgenössischen Wehraufklärung abdeckte192. Aus den zentralen Maßnahmen der modernen Wirtschaftswerbung bediente man sich der Insertion, des Plakatanschlags, Werbefilme und Werbefernsehen sowie der gezielten Streuung von Werbedruckschriften. Während an der Durchführung dieser Maßnahmen bislang sieben Agenturen beteiligt gewesen waren, äußerte Fü B VII 6 nun die Absicht, im Sinne der Gewährleistung einer einheitlichen und werbewirksamen Kontinuität in der Werbelinie, nunmehr für 1961 drei Werbeagenturen heranzuziehen. Offenbar war die Alternative zwischen der Etablierung eines bundeswehreigenen Werbeamtes und der Heranziehung einiger weniger, dafür aber leistungsstarker Werbeagenturen zugunsten letzterer aufgelöst worden. Dabei waren den drei Agenturen verschiedene Felder der Werbung zugedacht, was gleichfalls einer Differenzierung in der Sache entsprach. So plante Fü B VII 6 in Zukunft den Einsatz einer Agentur für die Werbung des Offiziernachwuchses einschließlich der Bundeswehrverwaltung, einer Agentur für die Werbung des Nachwuchses für die Unteroffiziersund Mannschaftslaufbahnen sowie den Einsatz der verbleibenden Firma für die 189
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BA-MA, Bw 1/382524, Entwurf von Fü B VII 6. Az.: 01-55-01-92, Januar 1961. Siehe auch später den Vermerk, der auf diesem Entwurf basierte: Ebd., Vermerk Fü B VII 6, Februar 1961. Der Spiegel, 10, Nr. 29 vom 18.7.1956, S. 16-18, berichtet von einem Versuch im Wehrbereich VI, Bayern, Werbe- und Aufklärungsoffiziere Ende Juni an die höheren Schulen zu entsenden, um für den Beruf des Offiziers zu werben. Der Spiegel, 10, Nr. 32 vom 8.8.1956, S. 20, berichtet von der ersten Werbeschau der Bundeswehr, die im September 1956 im Rahmen der Landesausstellung »Landwirtschaft und Wirtschaft« zu sehen sein sollte. Anfang der 1960er-Jahre gab es sechs solcher mobilen Ausstellungen, drei für das Heer, je eine für Luftwaffe und Marine, sowie eine für das Sanitätswesen. Frühe Berichte über die Durchführung der Ausstellungen von Luftwaffe und Marine unter dem Briefkopf der Mobilwerbung in BA-MA, Bw 1/101561, Fü B VII 2. Az.: 01-5505-52/53, 29.12.1959.
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allgemeine Nachwuchswerbung, »bei der durch ›black [sic] ground‹-Werbung das allgemeine Interesse für die Bundeswehr« geweckt werden sollte193. Das Anforderungsprofil an diese Agenturen war eindeutig. Sie sollten in ihrer Ausstattung so beschaffen sein, dass sie neben der Streuung der Medien vor allem personell und materiell in der Lage waren, »von der Anwendung ermittelter Forschungsergebnisse über die Formung der Grundidee bis zur Streuung des gestalteten Werbemittels alle Arbeiten übernehmen194« zu können. Über den Ablauf und die Zusammenarbeit zwischen dem BMVg und den Werbeagenturen ist in den vorliegenden Akten kaum Stichhaltiges überliefert. Es gibt lediglich vereinzelte Hinweise, die aber eher eine Ideallinie darstellen dürften. So sollte die Erstellung von Plakaten zwar durch ausgesuchte Grafiker geschehen, jedoch nach thematischen Vorgaben von Fü B. Ähnliches galt für die Gestaltung von Anzeigen, auch hier lag die inhaltliche Richtlinienkompetenz bei Fü B195. Inwiefern auch das BwA als eine dem BMVg nachgeordnete Dienststelle mit einzelnen Gruppen für das BMVg ausführend tätig wurde, ist nicht direkt ersichtlich. Bereits für die frühen 1960er-Jahre ist jedoch dessen Mitarbeit an der Nachwuchswerbung überliefert. Die zuständige Stelle für Nachwuchswerbung im BMVg arbeitete, obwohl doch allein verantwortlich, innerhalb des Hauses mit verschiedenen Stellen zusammen. Der Verteiler für den Fragekatalog zum Werbeplan der Nachwuchswerbung für 1959/60 sah allein über zwei Dutzend Stellen innerhalb wie außerhalb des Ministeriums vor. In einer Art »Waschfrauentest« lotete Fü B VII 6 die Ansichten der angeschriebenen Stellen zur Planung der Nachwuchswerbung aus. Um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen, sei eine vorausschauende Planung notwendig, dennoch oder gerade deshalb sollten die Angesprochenen mitteilen, »welche grundlegenden Motive nach Ihren Erfahrungen und nach der augenblicklichen Situation am besten für die Freiwilligenwerbung geeignet erscheinen«196. So sollten per »Umfrage« die wesentlichen Motive und Leitideen für die Werbung geklärt werden, indem eine Liste mit folgenden Aspekten für die Werbung vorgelegt wurde: »1) Soldatische Tradition 2) Der Soldat als Bürger in Uniform 3) Der Soldat als echter Beruf 4) Das interessante, aussichtsreiche Dienstverhältnis als Berufssoldat bzw. für den Soldaten auf Zeit: a) die kostenlose fachliche Aus- und Weiterbildung b) die beachtlichen Übergangsgebührnisse und -beihilfen 5) Der Wunsch, neue Länder und deren Menschen kennenzulernen (z.B. NATO-Länder, Seefahrt)
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194 195 196
BA-MA, Bw 1/382524, Entwurf von Fü B VII 6. Az.: 01-55-01-92, Januar 1961, S. 4. Gemeint war hier wohl »Background«-Werbung. Ebd., S. 5. BA-MA, Bw 1/382523, BwB. US III 1. Az.: 01-55, 5.7.1960, S. 2. BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959.
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6) Die Freude an sportlicher Betätigung (z.B. Fallschirmspringen, Fliegen, Schilaufen) 7) Das Erlebnis der soldatischen Gemeinschaft und Kameradschaft 8) Naturrecht der Verteidigung 9) Verpflichtung zum westlichen Verteidigungsbündnis (NATO) 10) Welche Motive noch197?« Leider liegen die Ergebnisse dieser Umfrage nicht vor. Inwiefern diese oben aufgeführten Aspekte, die die wesentlichen Motive darstellen sollten, den Vorstellungen der Militärs oder aber aus den Vorschlägen der Werbeagentur(en) entsprangen, bleibt offen. Ebenso ungeklärt muss bleiben, inwiefern diese Motive tatsächlich bewusst Eingang in die Gestaltung der Anzeigen fanden. Unklar bleibt auch, ob nun das Werbereferat sich mit dem Auftrag an die ausführenden Agenturen wandte, eine Anzeige z.B. zum Motiv »Staatsbürger in Uniform« zu entwerfen. Letztlich wird aber bereits in diesem frühen Stadium der Freiwilligenwerbung deutlich, dass vom Vorhandensein einer Strategie in der Motivund Bildwahl nicht gesprochen werden kann. Nachdem der Fragebogen die wesentlichen Motive auf diese Weise ausgelotet hatte, differenzierte er weiter. Nun wurden die Aufteilung der speziellen Werbeaufgaben auf die einzelnen Truppengattungen, aber auch die Zielgruppen für eine gezielte Werbung erfragt. Dies gibt uns zumindest den Hinweis, dass die Nachwuchswerbung bereits zu diesem Zeitpunkt verschiedene Personengruppen unterschied. Demzufolge sollte es sich um eine gezielte Freiwilligenwerbung von Interessenten zwischen 16 und 28 Jahren, eine gezielte Beeinflussung der meinungsbildenden Schichten wie Eltern oder Lehrer sowie eine vorbereitende Aufklärung und Begeisterung der Nachwuchsjahrgänge unter 16 Jahren handeln. Darüber hinaus wurden die angeschriebenen Stellen auch über ihre Empfehlungen hinsichtlich der Gestaltung und Wahl der Werbemittel befragt198. Dieses Vorgehen, sofern sich tatsächlich auf die Aussagen der anderen Referate verlassen wurde, vermittelt einen wenig organisierten und im Sinne einer zentral gesteuerten Meinungslenkung verfolgten Plan zur Beeinflussung der Bevölkerung. Neben den entsprechenden Referaten in den Führungsstäben der Teilstreitkräfte fand vor allem die Abteilung Personal Berücksichtigung. Oft ging gerade von hier der Impuls für spezielle Anzeigenlinien aus. So stieg im Sommer 1958 der Bedarf an geeigneten Feldzeug-Offizieren199. Da diese Nachfrage weder aus dem Pool der infrage kommenden ehemaligen Wehrmachtsangehörigen, noch aus dem der jüngeren Bewerber zu decken war, stand für das Personalreferat fest,
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BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959, S. 2. BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959. Die Feldzeugtruppe war wie die Quartiermeistertruppe eine Neuschöpfung der Anfangsjahre der Bundeswehr. Im Militärischen Taschenlexikon von 1958 finden beide Truppengattungen noch Erwähnung, werden aber schon bei Schmückle, Unser Heer, S. 5 f., unter dem Begriff der Versorgungstruppen zusammengefasst.
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»die Freiwilligenwerbung für die Feldzeugtruppe erheblich zu verstärken. Insbesondere müssen die TH-Absolventen und die Studierenden der Technischen Hochschulen angesprochen und auf die sich für sie auf Grund der SLV § 16 ergebenden Möglichkeiten des Eintritts als Offizier in die Bundeswehr hingewiesen werden. Auch ein Hinweis auf die besoldungsmäßige Vergünstigung der Angehörigen der weißen Jahrgänge scheint im Hinblick auf die z.Zt. überaus guten Angebote der Industrie von besonderer Bedeutung. Das Referat bittet daher um Aufgabe von Anzeigen zur Offizierbewerbungen in Studentenzeitschriften der technischen Fakultäten und Zeitschriften der studierenden Verbindungen [sic]200.« Diese Passage vermittelt nicht nur einen bereits zeitlich frühen Hinweis auf den als Konkurrenz empfundenen freien Arbeitsmarkt. Vielmehr griff das Personalreferat mit seinem »Vorschlag« in die Nachwuchswerbung ein, als es mit »Die Schwarzburg«201 eine hamburgische Studentenzeitschrift als Insertionsorgan und mit dem »Motor« eine Verbandszeitschrift ins Gespräch brachte. Diese Vorgehensweise des Personalreferates schien die Komplexität des Werbegeschäftes nicht berücksichtigt zu haben. Auch wenn der »Motor« als Insertionsmöglichkeit per Marginalie als ungeeignet erklärt wurde, kommt dieses Vorgehen für die Anzeigenwerbung dem damaligen Ablauf nahe. Diese Form der Werbung konzentrierte sich auf die so genannten Mangeltruppen, die dem Werbereferat jeweils vom Personalreferat bzw. von den Führungsstäben der Teilstreitkräfte direkt mitgeteilt wurden. Die Konzeption des Werbeplans 1958/59, die nur indirekt überliefert ist, sah vor, 18 Stellenanzeigen für Mangeltruppen in Tageszeitungen zu platzieren202. Bislang hatte die Freiwilligenwerbung hauptsächlich allgemein um Freiwillige geworben, nun sollten die Anzeigen direkt auf die Mangeltruppen abzielen. Dieses »Abzielen« bzw. »abgestimmt sein« bedeutete jedoch einzig, dass die jeweilige Mangeltruppe »im Text in einer kleinen Graphik hervorgehoben wird«203. Diese Art des Vorgehens verdeutlicht, dass nicht jeder grafischen Darstellung eine werbende, d.h. nach unserem Verständnis persuasive Funktion zukommt, sondern mitunter auch einzig und allein eine illustrierende. Mit solchen werblichen Vorstellungen wandte sich das Referat zur Freiwilligenwerbung an die zuständige Werbeagentur, die sich um die textliche und grafische Umsetzung dieser Ideen kümmerte. Vorlagen, die später durch die Agentur zur Abnahme vorgelegt wurden, gingen ihren Mitzeichnungsgang durch das BMVg. Auch hier ist leider kein Vorgang für eine bestimmte Werbeanzeige nachweisbar, die in ihrem Werdegang gänzlich nachvollzogen werden 200
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BA-MA, Bw 2/20235, P IV 7, 18.7.1958. Die hierzu vorliegenden Anzeigen sind in Kapitel III.4.f besprochen. Das Adelsgeschlecht Schwarzburg hatte seinen Sitz im heutigen Thüringen. »Die Schwarzburg« ist das Vereinsorgan der studentischen Vereinigung »Schwarzburgbund«. Mit der Wahl dieses Organs dem empfehlenden Referat zu unterstellen, eine Politik »erwünschter Kreise« betrieben zu haben, ist nicht stichhaltig genug, dennoch bleibt der Vorschlag in diesem Zusammenhang bemerkenswert. BA-MA, Bw 2/20235, Fü B VII 6, 21.5.1958. Ebd.
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könnte. Bei den Mitzeichnungsgängen handelte es sich in der Regel weniger um »Genehmigungen«, sondern vielmehr um den redaktionellen Blick eines militärischen Fachmanns. Dass diese sich nicht nur auf die sachliche Richtigkeit von Bildunterschriften und Textinhalten konzentrierten, sondern darüber hinaus auch vermeintliche Verbesserungen in werbliche Texte einarbeiteten, stellt einen anderen Sachverhalt dar. Änderungen an Anzeigen gingen in aller Regel, soweit überhaupt rekonstruierbar, ohne größeres Umgestalten einher. Nachdem die Anzeige in Text und Bild genehmigt war, erhielt die Werbeagentur den schriftlichen Auftrag, die Anzeige nach medialen und finanziellen Gesichtspunkten zu streuen204. Bisweilen scheint es aber auch vorgekommen zu sein, dass das Freiwilligenwerbereferat Rücksprache mit dem hauseigenen Pressereferat hielt, um die Auswahl der ausgesuchten Illustrierten und Zeitschriften gegenprüfen zu lassen205. Insertionen in Berlin-Ausgaben von Zeitungen, die in der Bundesrepublik erschienen, waren nicht vorgesehen206.
4. Die Werbelinien Wie sahen die Werbelinien in den Anfangsjahren der Bundeswehr aus? Neben dem politischen Rahmen der Entstehungsphase, vor dessen Hintergrund die Werbung gesehen werden muss, kam ferner die Organisationsgeschichte der Freiwilligenwerbung, auf die Anzeigen- und Plakatwerbung zugespitzt, zur Darstellung. Gemäß den dargelegten Vorstellungen für die Bildanalyse folgen nun die Bildbeschreibung, die Bilddeutung und die Wahrnehmungs- und Wirkungsgeschichte. Wie oben bereits angedeutet, verwischen in der Praxis Bildbeschreibung und Bilddeutung miteinander. Da sowohl über die Entstehung als auch über die Rezeption der Anzeigen und Plakate nur vereinzelt Auskünfte bzw. Reaktionen vorliegen, werden wir diese, insofern sie vorhanden sind, an Ort und Stelle mit einbinden. Mit der Analyse der zeitgenössischen Rezeption historischer Quellen tut sich der Historiker allgemein sehr schwer. Woran sollen Wahrnehmung und vor allem Wirkung festgemacht, geschweige denn gemessen werden? Dies trifft den
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Hierzu generell die Akten BA-MA, Bw 2/20194, und BA-MA, Bw 2/20235. BA-MA, Bw 1/101561, Fü B VII 2. Az.: 01-55-05-31, 19.1.1960. BA-MA, Bw 1/101561, Schreiben des Staatssekretärs vom 10.8.1960. Damit sollte vermieden werden, Werbematerial der Bundeswehr wie Informationsbroschüren u.ä. nach Berlin zu verschicken. West-Berlin war kein vollwertiger Teil der Bundesrepublik, der Bundestag konnte deshalb keine Gesetze mit Wirkung für Berlin erlassen. Berliner mussten keinen Wehrdienst leisten.
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Bereich der Historischen Bildkunde umso schwerer, zumal mit den vorliegenden Werbebildern eine »Massenware« auf ein »Massenpublikum« einwirkte. Unumgänglich für eine historische Analyse sind daher auch textliche Quellen. Nur in Ausnahmefällen sind Reaktionen auf einzelne Werbeaktionen oder Bilder überliefert, offenbar lagen sie auch zeitgenössisch nicht vor. Wo sie überliefert sind, werden sie in diese Analyse mit einbezogen. Darüber hinaus finden sich bisweilen indirekte Aussagen, die sich aus der zeitgenössischen Einschätzung der »Werbelage« ergeben. Diese gehen auf Auswertungen der Rücklaufquote der Coupons oder auf Umfragen zurück207. Bisweilen aber stützten sich die Verantwortlichen in ihren Aussagen auch auf die Höhe der Bewerberzahlen, was aus Sicht des Historikers eingedenk der ungeheuer komplexen Kommunikationssituation äußerst kritisch zu hinterfragen bleibt. Allzu oft also bleiben die Wahrnehmung und geschweige erst die Wirkung der publizierten Werbemaßnahmen unbeantwortet. Noch schwieriger erscheint die Frage nach der Binnenwirkung dieser Soldatenbilder. Regten sie Diskussionen an, führten sie zu Auseinandersetzungen zwischen »Traditionalisten« und »Reformern«? Prägten diese Bilder das Selbstverständnis, gar die Mentalität von Soldatengenerationen? Ohne eindeutige Aussagen in den schriftlichen Quellen bzw. aussagekräftige Hinweise bleiben jedoch auch diese Fragen, so wünschenswert Antworten auch wären, im Dunkel. In unseren bisherigen Untersuchungen zum visualisierten Soldatenbild aus der Anfangsphase der Bundeswehr überwog eine als postheroisch zu bezeichnende Darstellung des Soldatischen208. Alles Hypertrophe oder Schicksalhafte, was z.B. den Kriegsmalereien aus dem Zweiten Weltkrieg nachhing, verschwand. Es wird zu sehen sein, inwiefern die Betonung des Neuen durch Reduzierung oder Weglassung des Militärischen in den hier vorgelegten Bildquellen vorzufinden ist.
a) »Freiwillige«: Die ersten Plakat- und Anzeigenwerbungen Die erste Werbelinie zur Freiwilligenwerbung der Bundeswehr lässt sich unter dem Slogan »Freiwillige« zusammenfassen und begegnet uns sowohl in der ersten Plakatwerbung, als auch in einer frühen Anzeigenwerbung vom Sommer 1956. Plakat- und Anzeigenwerbungen sind der Gebrauchsgrafik zuzuordnen. Gleichwohl unterscheiden sie sich: Plakate, als Medien der flüchtigen Fernwirkung, vermitteln neben einem dominierenden visuellen Eindruck nur wenige verbale Informationen. Diese beschränkten sich in der Regel auf einen Slogan oder gaben Hinweise auf die Freiwilligenannahmestellen der Bundeswehr. Die Anzeigen hingegen zielten auf Kontaktgewinnung ab. In ihrem dreigleisigen 207
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Zur Problematik des Messens der Werbewirkung bzw. der Medienwirkungsforschung und somit zur Rezeption allgemein siehe Kapitel I.4.b. Loch, Die Historische Bildkunde; Loch, Nachwuchswerbung; Loch, Soldatenbilder im Wandel.
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Aufbau vermittelten sie sowohl visuelle als auch verbale Informationen und verfügten über einen Couponabschnitt209. Abbildung 8 zeigt die vermutlich erste Plakatwerbung der Bundeswehr, gleichzeitig ist das Plakat in modifizierter Form als Anzeigenwerbung in mehreren Zeitschriften vom Herbst 1956 nachzuweisen210. Das zeitgleiche Verwenden eines Motivs sowohl in einer Anzeige als auch in einem Plakat stellt eine Ausnahme in der Frühphase der Freiwilligenwerbung dar. Die Annahme, dass diese Außenwerbung die erste ihrer Art war, resultiert aus zwei DDR-Fotografien (Abb. 9 und 10), welche die zeitgenössische Verbreitungsform zu Propagandazwecken festgehalten haben und den Zeitpunkt des Plakatierens auf den Herbst 1956 festlegen211. Die Fotografien dienten der Propaganda und geben rückseitige Einschätzung wieder: »Es ist schon wieder so weit! In verschiedenen Städten der Deutschen Bundesrepublik hat das Bonner Kriegsministerium eine Plakataktion zur Werbung von Freiwilligen für die Bonner Nato-Armee gestartet. Ubz. Auf Rekrutenfang gehen diese Plakate in Düsseldorf, die den Jugendlichen ein angenehmes Leben beim Barras vorgaukeln, um sich für fremde Interessen opfern zu können212.« »Nur Zufall oder im Bonner Staat wirklich dasselbe? – Plakatanschlag an der Tür des Gemeinderates Tiefenbach in Bayern. Die Freiwilligen-Werbung für die Bonner NATO-Armee und die Zuchtviehversteigerung wurde auf einen Nenner gebracht213.« Die Szene in Abbildung 9 kann gleichzeitig als Realie befragt werden, ist sie doch die einzig mir bekannte fotografische Überlieferung der Distribution solcher Plakate214. Vor allem erstaunt die flächendeckende und großzügige Plakatierung. Auch Abbildung 10 liefert mit dem Bild eines Plakatanschlags auf der Tür eines bayerischen Gemeindevorstehers zwar einen Ort und den Umstand der Verbreitung der Werbemittel, gleichsam muss aber die kollagenartige Aufmachung des Plakatensembles darauf deuten, dass die Zufälligkeit der »freiwilligen Zuchtviehversteigerung« und somit eine eindeutig negative Konnota-
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Auf eine Erläuterung der kommunikativen Elemente in Anzeigen wird hier verzichtet. Diese werden in die Analyse der Werbelinien mit einbezogen. Siehe erläuternd Zielke, Beispiellos ist beispielhaft, S. 65-93. Der Spiegel, 10, Nr. 37 vom 12.9.1956. Der Monat, 9, Nr. 97, Oktober 1956. Dieses Motiv fand ebenfalls Verwendung in einem Faltblatt »Ist Wehrpflicht notwendig?«, das die Notwendigkeit der Wehrpflicht in Deutschland und die Situation in anderen europäischen Staaten zeigte. Die Fotografien liegen vor im Bildarchiv des MHM Dresden. Zentralbild/Berg TTI/Qu vom 13.10.1956. 41 992/1N-, Zentralbild/Berg Wjt/Qu vom 16.11.1956. 42 881/1N- (Signaturen unleserlich). Siehe Abbildungsverzeichnis, Abb. 9 vom 13.10.1956. Siehe Abbildungsverzeichnis, Abb. 10 vom 16.11.1956. Nach einer Aussage ehemaliger Mitarbeiter der Gruppe NwW im SKA existierte ein Aktenordner mit fotografischen Dokumentationen der Plakat-Aktionen. Auch dieser scheint verschollen zu sein.
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tion – und das nicht nur in Verbindung mit dem Hinweis auf die Eheschließung –, für die DDR-Propaganda inszeniert wurde215. Das farbige Plakat wird dominiert durch das visuelle Register, das nichtsdestoweniger durch das verbale Register im Bundeswehrkontext verankert wird. Demnach sind es Freiwillige, die auf dem Plakat zu sehen sind und die, so stellt es der Aussagesatz im verbalen Register dar, »den Grundstein für die Bundeswehr« legen. Die drei, aufgrund ihrer Kleidung als Soldaten zu identifizierenden Männer, gehen, aus der Tiefe des Raumes kommend, auf den Betrachter zu. Sie marschieren von rechts nach links gestaffelt, bilden jedoch gleichwohl eine »Front«, welche die gesamte Breite des Plakates einnimmt. Die drei Soldaten, deren jeweiliger Rang unbestimmt bleibt, verkörpern in ihren jeweiligen Uniformen die drei Teilstreitkräfte (TSK) der Bundeswehr: Marine, Luftwaffe und Heer. Diese Form der Darstellung der drei TSK taucht in der Nachwuchswerbung häufig auf und verweist zudem auf die zeitgenössische und traditionelle Aufteilung der Streitkräfte in diese drei Bereiche216. Die äußerst grafisch wirkende Zeichnung vermittelt ein unpersönliches Gefühl und unterstreicht somit das allgemein gehaltene Äußere. Die Grafik führt zu einer Reduzierung von Einzelheiten, wie in den Uniformen bereits angesprochen, und verdeutlicht auf diesem Wege eine schlichte, eben unpathetisch auftretende Bundeswehr. Attribute von Technik oder sonstige Anreize fehlen. Allein über ein gewisses Maß an Dynamik und vordergründiger Präsenz vermag dieses Plakat zu wirken. Der Marsch der drei Freiwilligen mag an den Phönix aus der Asche erinnern, gleichwohl konnotierten die geschlossene Reihe der drei Männer, ihr Marsch sowie das »Helm festschnallen« des Piloten eine Art von dynamischer Aufbruchsstimmung. Der Betrachter wird durch die jeweiligen Blickrichtungen der drei Freiwilligen in der Bildmitte fixiert. Gleichzeitig wirken die Freiwilligen jedoch nicht als Vorbilder, dafür sind ihre Gesichter zeichnerisch zu allgemein, fast androgyn gehalten, vielmehr kann sich der jugendliche männliche Betrachter in ihnen wiederfinden. An dieser Stelle verbindet sich das verbale mit dem visuellen Register, denn im Text wird mit verkürzten Ausbildungszeiten und günstigen Aufstiegsmöglichkeiten geworben. Dabei wirkt das Wort »Sie« doppeldeutig, denn es mag sich einerseits auf »die Freiwilligen«, andererseits aber auch als Anredeform auf den Betrachter selbst beziehen und somit als Imperativ fungieren. Wir wollen hier abschließend noch einmal auf die Ikonografie der drei Soldaten eingehen. Aufgrund ihrer Darstellung wirken die Männer unpersönlich, auf das Wesentliche reduziert, aber auch beinahe geschlechtslos. Gleichwohl scheinen ihre Gesichtszüge einerseits ernst (Marine, Heer), andererseits lächelt 215
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Wenn nicht für diesen Zweck inszeniert, so dann wenigstens eine großartige Zufälligkeit provinzieller »Micheligkeit« oder aber der ländliche Genius eines »Ohne-Michels«. Siehe auch Abb. 13. Zudem mag mit dem »Gemeinschaftsaspekt« ein Aspekt der »Inneren Führung« Widerhall finden. Vgl. Kapitel III.1.c.
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der Pilot der Luftwaffe und verbreitet ein Gefühl der Zuversicht. Dennoch scheinen die drei identisch zu sein. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch die einheitliche Front, die sie einnehmen. Unterscheidungsformen, wie Rangabzeichen, fehlen, die drei bilden eine entschlossene und zuversichtlich wirkende Einheit. Hierin Aspekte der Inneren Führung wie die »Gemeinschaft« oder das »Team« wiederfinden zu wollen, erscheint möglich. Näher liegt vielleicht der Schluss, aus dem »mageren« Bild und dem wenigen Text auf eine gewisse »Schlichtheit« schließen zu wollen, die in ihrer ganzen Form eben »unpathetisch«217 daherkommt, ohne aber an Entschlossenheit und Zuversicht eingebüßt zu haben und mit einem ausgesprochenen »Wir-Gefühl« eine Art Aufbruchsstimmung vermittelt. Andererseits unterscheiden sich aber die Marschierenden auf dem Plakat der Bundeswehr von Soldatendarstellungen der Wehrmacht. Während hier entweder der heroische Einzelkämpfer oder die schicksalhaft miteinander verbundene Gruppe kämpft, erscheint dort eine Gruppe von Individuen, deren Kontext alles andere als militärisch präsentiert wird. Diese Gruppe nichtkämpfender Soldaten wirkt im Vergleich mit der Wehrmachtsikonografie antithetisch und erweckte somit unter Umständen die Aufmerksamkeit des Betrachters. Das Motiv der drei nebeneinander marschierenden Soldaten der Teilstreitkräfte konnte den Zeitgenossen noch vom Triptychon »Arbeiter, Bauern und Soldaten« des Künstlers Hans Schmitz-Wiedenbrück, der 1941 während der »Großen Deutschen Kunstausstellung« erstmalig präsentiert wurde, bekannt vorkommen218. Trotz allen Verzichtes auf eine hypertrophe Darstellung des Militärischen steht der Soldat im Vordergrund dieses Plakates, auch wenn keine augenscheinlich traditionellen militärischen Argumente strapaziert werden. Ähnliches gilt für eine frühe Anzeigenwerbung vom Sommer 1956. Die vermutlich erste Anzeige der Bundeswehr war mit »Die Deutsche Bundeswehr« überschrieben und zeigte ein Soldatenbild, das über ein klassisches Aufgabenfeld definiert war, im weitesten Sinne also militärische Tradition verkörperte (Abb. 7)219. Die zweite Anzeige dieser Linie (Abb. 11), die nur wenig später erschien, titelte wie die Plakatwerbung in Abbildung 8 in der Headline mit »Freiwillig«220. Die Aufteilung der Anzeige in Bild-, Text- und Couponteil entspricht der Aufteilung der vorausgegangenen Anzeige und wird Vorbild für beinahe alle Anzeigen in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr sein. Auch diese frühe Anzeige wirkte in erster Linie über ihr visuelles Register, das einen jungen Mann zeigt, der gerade im Begriff ist, seine Zivilkleidung gegen eine Uniform, die er soeben anlegt, zu tauschen. Damit bemüht das visuelle Register
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In diese Kategorie des Unpathetischen und Schlichten fällt auch die Frage der Uniformierung der Bundeswehr, die von den Zeitgenossen als zu schlicht und wenig kleidsam bewertet wurde. Siehe hierzu zeitgenössisch Rauchhaupt, Vom bunten Rock zum bunten Schlips, S. 15-21. Kunst und Propaganda, S. 340. Loch, Die Historische Bildkunde. Der Spiegel, 10, Nr. 32 vom 8.8.1956.
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bereits in dieser frühen Werbeanzeige den Begriff des »Staatsbürgers in Uniform« und visualisierte einen Bereich der »Inneren Führung«. Das verbale Register bietet im Fließtext, im so genannten Copy, wie das der Schwesteranzeige einen allgemein informierenden Teil. Es enthält darüber hinaus aber eine individuelle Passage und erinnert den zeitgenössischen Betrachter an die aktuelle Diskussion über das Soldaten- und das Wehrpflichtgesetz, die im Sommer 1956 im Bundestag beraten wurden. Das verbale Register setzt dieser Pflicht zum Wehrdienst in der Bundeswehr den Dienst als Freiwilliger entgegen. Dieser Dienst als Freiwilliger wird der Wehrpflicht gegenüber als Vorteil dargestellt, da der Freiwillige Herr seiner Entschlüsse und seiner Zeit bleiben könne. Damit verrät die Anzeige, dass in der Bevölkerung oder zumindest in der Zielgruppe der Dienst in der Bundeswehr sowohl als Zeitverlust als auch als Verlust der »Bewegungsfreiheit« empfunden wurde. Im Grunde impliziert das verbale Register die Schlussfolgerung: Wenn Ich sowieso als Wehrpflichtiger dienen muss, kann Ich das auch als Freiwilliger – als Freiwilliger nutze Ich meine Zeit sinnvoller – und bin zudem Herr meiner selbst. Unterstützung findet diese Annahme in den Umfragen des IfD vom Juli 1956. In dieser Umfrage wurde nach dem besten Standpunkt für eine freiwillige Verpflichtung in der Bundeswehr gefragt. Mit 39 Prozent Zustimmung fand folgende Einstellung den größten Zuspruch: »Einmal muß man in jedem Fall zum Militär, da habe ich mir gesagt, wenn ich gleich gehe, habe ich es hinter mir und werde nicht später, wenn es mir vielleicht gar nicht passt, aus meinem Beruf gerissen221.« Hinzu treten die Informationen aus dem allgemein gehaltenen Teil des Textes, welche die Bundeswehr als eine defensiv eingestellte Armee präsentieren und zudem schnelle Aufstiegsmöglichkeiten versprechen. Dieses im verbalen Register vorgestellte Bild der Bundeswehr wird durch das visuelle Register verstärkt. Denn erneut wird hier ein friedvolles Soldatenbild präsentiert. Text und Bild verleiten den Betrachter zu dem Enthymem: Für Mich ist der Wehrdienst verlorene Zeit – aber Ich werde eingezogen werden, es ist Gesetz – aber in der Bundeswehr bestehen wegen der Aufstellungsphase günstige Aufstiegschancen – die Bundeswehr ist zudem eine Gemeinschaft von Staatsbürgern – Kommiss hat da keine Chance – also melde Ich mich freiwillig – tausche Mantel gegen Rock – und werde aus eigenen Stücken vom Objekt zum Subjekt in diesen defensiv eingestellten Streitkräften. Abschließend sei von einer zeitgenössischen Reaktion auf diese Anzeigenlinie berichtet. Der »Spiegel« druckte in einer Septemberausgabe eine verballhornte Form dieser Anzeigen des Simplizissimus nach, die in Abbildung 12 vorliegt222. Offenbar war der zuständige Redakteur des Simplizissimus von zehn weiblichen Angestellten der Infanterieschule der Bundeswehr in Ham-
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Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1957, S. 155. Der Spiegel, 10, Nr. 36 vom 5.9.1956, S. 25. Leserbriefreaktionen liegen vor in: Der Spiegel, 10, Nr. 38 vom 19.9.1956, S. 7 f.
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melburg sowie der Staatsanwaltschaft auf Beleidigung verklagt worden. Er wurde schließlich vom Bayerischen Obersten Landesgericht freigesprochen223.
b) »Unsere Bundeswehr«: Plakate werben um Zustimmung Das Plakat in Abbildung 13 kann ebenfalls als eine der frühesten Plakatdarstellungen gelten, obwohl nicht mit letzter Sicherheit feststeht, ob es zeitlich auf das Plakatmotiv in Abbildung 8 von 1956 oder erst 1958 folgte224. Plakate sind als Medien der Außenwerbung auf Fernwirkung ausgelegt. Deshalb dominiert in diesem Beispiel mit zwei Dritteln der Fläche zwar das visuelle Register, dennoch verankert erst das verbale Register das Gesehene mit der Bundeswehr. Das Possessivpronomen »Unser« suggeriert dabei eine Zugehörigkeit zwischen dem Betrachter und der jungen Bundeswehr, die in vielen zeitgenössischen Publikationen zu finden ist225. Doch hatten bereits Wehrmacht und Reichswehr ebenfalls das Motto »Unsere Wehrmacht« oder »Unsere Luftwaffe« z.B. in Ansichtskarten genutzt226. Auch im Ersten Weltkrieg wurde auf diese Weise ein Zusammengehörigkeitsgefühl konstruiert. Hierin Kontinuitäten oder einfach nur die eingeschränkte Vielfalt der deutschen Sprache zu erkennen, zeugt von der Problematik in der Quelleninterpretation. Durch die Darstellung der drei Soldaten, welche, wie in Abbildung 8, erneut die drei Teilstreitkräfte verkörpern, wird der anonymen Bundeswehr ein Gesicht verliehen. Eine auraähnliche Umrandung umgibt die drei Männer und vereint sie als die Bundeswehr. Gleichzeitig konzentriert die Aura den Blick des Betrachters auf die Gesichter der drei Soldaten, wodurch eine Personifizierung erleichtert werden sollte. Es ist anzunehmen, dass also gerade die Physiognomie eine besondere Botschaft transportierte. Allen drei Soldaten ist in ihrem Ausdruck eine Abkehr von der Soldatendarstellung der Wehrmacht zu eigen. Vor allem die auf den Betrachter gerichteten Augen und das Lächeln der Soldaten konnotieren eine offenere und weniger heroisch dem Schicksal entgegenblickende Haltung und Ausrichtung. Unterstützt wird diese Annahme durch das verbale Register. Vor allem die grafische Umsetzung über die Schriftfamilien und -arten korrespondiert mit dem visuellen Register. Besonders der typografisch hervorgehobene Schriftzug »Bundeswehr« fungiert hier als Headline227 und wirkt somit auf das visuelle Register zurück. Die hier genutzte Schrift steht 223 224
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Der Spiegel, 13, Nr. 5 vom 28.1.1959, S. 66. Die Originalvorlage befindet sich im Besitz des Verfassers. Es liegt ferner abgedruckt vor unter VI/11 in: Anschläge. Deutsche Plakate (beachte die Auflage). Auch in der SKA/ IMZBw. Das Plakat ist vermutlich mit »Lieg« signiert, doch ist der Namenszug nur schwer leserlich. Eine Zuordnung zu einem Plakatkünstler bzw. -maler blieb erfolglos. Unsere junge Bundeswehr; Unsere Bundeswehr. Beispiele solcher Ansichtskarten sind im Besitz des Verfassers. Die Position der Headline muss nicht grundsätzlich als Überschrift oder Kopfzeile verstanden werden. Vielmehr transportiert sie die werbliche Hauptschlagzeile. Zielke, Beispiellos ist beispielhaft, S. 67-69.
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Pate für die folgenden Plakat- und Anzeigenwerbungen und verkörpert eine frühe Form des Corporate Design. Hieraus kann gefolgert werden, dass dieses Plakat wahrscheinlich tatsächlich erst 1958 entstand. Dabei mutet der Schriftzug mit seinen Versalien dynamisch und ein wenig verspielt an und bringt eine gewisse zeitgenössische Modernität228 zum Ausdruck. Die Attribute und Argumente wirken somit über den Schriftzug auf das visualisierte Bild der Bundeswehr zurück. Sowohl der Schriftzug als auch die Gesichter der Soldaten wirken offen, dynamisch und freundlich und stehen somit dem Klischee des starren und strengen »Barras« entgegen229. Offen bleibt bei dieser Werbung, welche Zielgruppe angesprochen werden sollte: der junge Freiwillige über einen personenbezogenen Topos, oder der ehemalige Soldat der Wehrmacht. Dieses Plakat mag aber vielleicht auch weniger für den Nachwuchs werben, als vielmehr die neuen Streitkräfte im Bewusstsein der Bevölkerung als »Unsere Bundeswehr« etablieren und darüber hinaus informieren, dass »Unsere Bundeswehr« Freiwillige einstellt. Faktische Anreize über Verdienstmöglichkeiten oder eine Artikulation der Aufgaben der Bundeswehr werden in diesem Plakat nicht gesetzt. In erster Linie wirkt das Zugehörigkeit stiftende Possessivpronomen. Aber auch die Darstellung dieser Soldaten als Gruppe und Team und deren Mimik konnte einer dem Militär kritisch gegenüberstehenden Gesellschaft entgegenkommen. Die Hervorhebung der Hoheitszeichen der jungen Bundesrepublik Deutschland in Form von Kokarden und Nationalfarben konnte einerseits sowohl patriotische Assoziationen wecken, als auch als Bekenntnis zur jungen Demokratie verstanden werden. Andererseits mag gerade in der Darstellung dieser Hoheitszeichen gelten, dass der Grafiker das illustrierte, was er sah, denn die Hoheitszeichen sind integraler Bestandteil der Uniform. Dies gilt auch für den Schriftzug in der Mütze des abgebildeten Matrosen. Die hier als Fraktur angedeutete Schriftart konnotiert konservative Werte und steht der Botschaft des Schriftzugs »Bundeswehr« und den offenen Gesichtsausdrücken entgegen. Hier eine versteckte Botschaft herauslesen zu wollen, oder anzunehmen, dass der Grafiker das malte, was er sah, bleibt offen230. Hieran zeigen sich erneut die Grenzen der Historischen Bildkunde, wenn keine schriftlichen Überlieferungen vorliegen. Ähnlich ist das Plakat »Unser Heer« in Abbildung 14 konzipiert, das laut einer Zusammenstellung der Werbeagentur Dr. Grupe wenigstens in der zweiten Jahreshälfte 1957 an öffentlichen Stellen aushing231 und einzelne Truppengat228 229 230
231
Vgl. die Abbildungen bei Kriegeskorte, Werbung in Deutschland. Vgl. die Filmplakate des Films »Barras heute« bei Schmidt, »Barras heute«, S. 520 f. Vergleicht man das Cover bei Marcks, Die Bundeswehr im Aufbau, fällt einerseits die Parallele in der Präsentation der drei Teilstreitkräfte auf, aber auch, dass der Schriftzug in den Mützen der Marine in Fraktur gehalten war. BA-MA, Bw 1/663. 1. Plakatierung in allen Bahnhöfen vom 1. bis zum 15. Oktober 1957 in DIN A1. 2. Plakatierung in allen Orten von Ende September bis Oktober 1957 für zehn Tage in DIN A2 sowie 3. Plakatierung in allen Postämtern vom 1. bis zum 15. November in DIN A3.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
tungen des Heeres präsentierte. In dieser Reihe stehen weitere werbliche Darstellungen der anderen Teilstreitkräfte von Marine und Luftwaffe (Abb. 15 und 16). Dieser Plakatlinie ist neben dem Thema »Teilstreitkraft« gemein, dass sie im visuellen Register auf Zeichnungen basiert und im verbalen Register neben der Headline über einen Hinweis zur weiteren Berufsberatung verfügt. In Abbildung 14 wirkt der Schriftzug »Unser Heer« analog zu »Unsere Bundeswehr« in Abbildung 13. Dieses Plakat hatte noch ein Schwesterplakat mit einer vergleichbaren Gestaltung232. Auch hier sind das verbale Register und das visuelle Register durch die Headline miteinander verbunden. Das handschriftlich gehaltene Possessivpronomen »Unser« appelliert nicht nur auf einer linguistischen, sondern auch auf einer visuellen Ebene anhand einer Personifizierung an ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Gleichzeitig ist der Schriftzug »Heer« weiterhin durch Dynamik und Modernität gekennzeichnet, was sich ebenfalls in der Darstellung des Heeressoldaten widerspiegelt233. Obgleich ein augenscheinlich lebensälterer Soldat dargestellt zu sein scheint und somit eventuell auch ehemalige Wehrmachtssoldaten angesprochen werden sollten, sind die Gesichtszüge freundlich und offen gehalten. Einer Assoziation mit negativ belegten Klischees wie z.B. einer unmenschlichen Ausbildungspraxis in der Wehrmacht, wie sie in der zeitgenössischen Verfilmung von Hans Hellmut Kirsts Roman »08/15«234 hervorgerufen oder fortgeführt wurde, konnte so entgegengewirkt werden. Hingegen ist die Aufzählung der einzelnen Truppengattungen innerhalb des Heeres in serifenlosen Versalien gehalten, was dem nüchternen Informationsgehalt entspricht. Im Schwesterplakat ist die schriftliche Aufzählung der einzelnen Truppengattungen des Heeres durch vier Fotografien ersetzt, die als Ikonen für einzelne Truppengattungen wie die Infanterie oder die Panzertruppe stehen. Das Plakat in Abbildung 15235 »Mehr erleben – das Meer erleben« warb in den Größen DIN A1, 2 und 3 für die Marine. Sein Schwesterplakat »Deine Welt: Die See und der Himmel darüber« erschien ebenfalls 1957, jedoch lediglich im Format DIN A1. Beide hingen zwischen Mai und Dezember 1957 aus236. Neben der üblichen Plakatierung in allen Bahnhöfen und Postämtern fällt eine 14tägliche Plakataktion in allen Orten bis 50 000 Einwohnern auf, welche jedoch
232
233
234
235
236
Als Abdruck in: BA-MA, Bw 1/663. Ferner liegt das Plakat als Dia vor in BA-KO, Plakatsammlung 5/1/30. Diese Schriftart findet sich mit Wiedererkennungseffekt in der Werbebroschüre »Berufssoldat und Soldat auf Zeit in der Bundeswehr« von 1957 in: BA-MA, Bw 1/664. Kirsts Roman erschien 1954. Verfilmt als Trilogie zwischen 1954 und 1956, verkörpern Roman und Film das gängige Bild der unmenschlichen Ausbildungspraxis der Wehrmacht. Die Rezeption fiel in die Phase der Aufstellung der Bundeswehr. Dies belegt eine zeitgenössische Kukidentwerbung, die mit einer Kasernenhofszene und dem vermeintlichen Spießausruf »Wer hat da gewackelt?« kokettiert, indem sie die Doppeldeutigkeit des Wortspiels nutzte. Die Werbung in: Der Spiegel, 10, Nr. 52 vom 26.12.1956. Dieses Plakat ist vergleichbar besprochen in: Loch, Nachwuchswerbung. Als Abdruck in: BA-MA, Bw 1/663. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. BA-MA, Bw 1/663.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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das Saarland ausklammerte237. Dort fand zwischen dem 5. und 14. August 1957 eine eigene Plakatierung statt. Die Darstellung in Abbildung 15 ist in drei Grafikelemente gegliedert. Hinzu treten oben links der prägende Slogan »Mehr erleben ... das Meer erleben«, sowie unten links die Auskunfts- und Kontaktadressen. Beide sind dem verbalen Register zuzuordnen. Vor dem im Vordergrund dargestellten jungen Matrosen, der ein modernes Funksprechgerät bedient, durchpflügen moderne Waffensysteme Wasser und Himmel. Das Szenario erlaubt es, bereits aufgrund der Waffensysteme und des abgebildeten Matrosen einen Zusammenhang mit der Bundeswehr herzustellen und das am Beispiel der Teilstreitkraft Marine. Der Hinweis auf die Auskunfts- und Beratungsstelle bei der Marine ist die konsequente Hinführung des Themas (Slogan) oben links zur gewollten weiterführenden Berufsberatung. Doch welches Bild von der Bundeswehr wird vermittelt? Neben den Eindrücken im visuellen Register dominiert am oberen Rand des Plakates der Slogan »Mehr erleben ... das Meer erleben«. Es sind solche auffälligen Attribute, welche die Aufmerksamkeit auf eine Werbung lenken. In diesem Falle basiert der Slogan auf einem Wortspiel, welches besonders durch einen erheiternden Effekt wirkt und vermöge der Anspielung eine gewisse lockere Atmosphäre vermitteln und darüber hinaus zum Nachdenken anregen kann, was auf eine Merkwirkung abzielt. Die Aussage, dass das Erleben des Meeres, also der Marine, gleichzusetzen sei mit einem »Mehr an Erlebnissen«, lenkt durch diesen positiv wirkenden Tonfall auf das visuelle Register. Das »Mehr an Erlebnissen« wird im Wesentlichen durch drei grafische Attribute unterstrichen: Dynamik, Modernität und Technik. Die Dynamik wird sowohl durch den Index des wehenden Haares des jungen Matrosen, seine entschlossen wirkende Haltung und die betont verantwortungsvolle Tätigkeit vermittelt. Diesen Eindruck unterstreichen auch die Indizes der schäumenden Gischt der Bugwellen der Schnellboote, als auch die Luftströme der überfliegenden Jetflugzeuge. Ein weiterer Aspekt in der Darstellung der Gefechtsfahrzeuge ist bemerkenswert und dies umso mehr, als er sich in beinahe allen Werbegrafiken dieser Zeit wiederfindet: Die Fahrzeuge bewegen sich von rechts nach links, oder anders gesagt, sie fahren von Ost nach West. Diese Darstellung der Bewegungsrichtung konnotiert zweierlei und wirkt auf einer historischen und einer zeitgenössischen Codierungsebene. Wehrmachtsdarstellungen zeigen im Zusammenhang mit Kämpfen an der Ostfront des öfteren Soldaten und Fahrzeuge, die sich von links nach rechts, also von Westen nach Osten, kurz immer auf dem Vormarsch in die Sowjetunion, bewegen. Dieses gewohnte Darstellungsmuster wird hier durchbrochen und wirkt auf der historischen Ebene als Antithese, also als Abgrenzung zwischen Bundeswehr und Wehrmacht. Darüber hinaus verdeutlicht es 237
Das Saarland stand nach 1945 unter französischer Verwaltung. Mit den Pariser Verträgen von 1954 erhielt das Saarland einen europäischen Status. Im Oktober 1955 stimmten die Saarländer über das Saarstatut ab und votierten für die Rückkehr nach Deutschland. Ab 1.1.1957 wurde es politisch und ab 1.1.1960 auch wirtschaftlich an die Bundesrepublik angegliedert.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
dem Zeitgenossen, dass die Bundeswehr eben nicht »gen Osten« fährt, also keine aggressiven Absichten hat und als eine defensiv eingestellte Armee zu verstehen ist. Andererseits mag diese Darstellungsform gewählt worden sein, weil durch die Gestaltung der Blickachse ein grafischer Spannungsbogen erzielt wurde, der mit der historischen Codierungsebene in keinem Zusammenhang stand. Neben der Technik, die sich per se durch Modernität und auch Dynamik definiert – der junge Matrose wird durch das Funkgerät aktiv in die Vorgänge an Bord des Schiffes und der Flieger eingebunden – stehen aber auch zwei scheinbare »Kleinigkeiten« zeichentechnisch im Vordergrund. Es sind dies die deutlich erkennbare Kokarde an der Mütze und die Eisernen Kreuze an den Tragflächen der Flugzeuge als Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland. Sie verorten sowohl den Soldaten, den Menschen, der ja bereits zeichnerisch im Vordergrund steht, als auch die Technik auf den verfassungsmäßigen Boden der jungen Demokratie. Somit zieht diese Werbung den Betrachter über den Slogan in eine zwar militärische Szene, vermittelt dabei jedoch folgendes Enthymem: Die Marine (also die Bundeswehr) bietet jungen Soldaten ein Mehr an Erlebnissen – dabei besteht sie aus verantwortlichen jungen Soldaten – so wie Ich auch einer sein kann – sie verfügt über modernste Technik auf dem Wasser und in der Luft – so wie auch Ich sie bedienen kann – ist demokratisch legitimiert und somit kein stumpfer Kommiss – sie führt keine Kriege, sondern erlebt das Meer und somit ein Mehr an (Seefahrer-)Romantik und Abenteuer, ein Mehr auch an Technik und Kameradschaft – zur Marine gehen ganze Männer, die die Welt erleben wollen. Dass hier das Argument Abenteuer nachgerade mit »Fernweh« verbunden wird, verdeutlicht sich auch im Slogan des Schwesterplakats »Deine Welt: Die See und der Himmel darüber«. Das hier gezeichnete Bild der Marine wirkt zwar vor dem Hintergrund militärischer Tätigkeiten, ist jedoch keinesfalls mit der heroisierenden Darstellung des nationalsozialistischen Soldaten im Kampf und im Tod vergleichbar. Die Plakatwerbung für die Luftwaffe »Dein Feld – die freie Welt« in Abbildung 16238 stammt aus dem Jahr 1957 und entspricht der Linie in den Abbildungen 14 und 15. Analog zu diesen gab es ein Schwesterplakat, das unter der gleichen Überschrift warb und in Abbildung 17 dargestellt ist239. Für dieses Plakat existierte offenbar auch eine Schwesteranzeige, die in Abbildung 24 vorliegt. Im visuellen Register der Abbildung 16 sind drei bundesdeutsche Düsenjets denotiert, die aus Südwest nach Nordost kommend, Europa überqueren, dabei jedoch betont westwärts des »Eisernen Vorhangs« fliegen. Natürlich wirkt hier das Argument der Technik, doch wird das Gesehene durch das verbale Register besonders akzentuiert. Denn das Wortspiel »Dein Feld – die freie Welt« trägt 238
239
Dieses Plakat ist vergleichbar besprochen in: Loch, Nachwuchswerbung. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Die Originalvorlage befindet sich im Besitz des Verfassers.
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nicht nur zur Auflockerung der dargestellten Situation bei, sondern regt aufgrund seiner Doppeldeutigkeit besonders zum Nachdenken an. Zunächst unterstützt es zwar die Faszination des Fliegens, frei wie ein Vogel über der Welt zu gleiten und somit das Argument des Abenteuers, führt dem Zeitgenossen aber sofort die politische Situation vor Augen, wenn von der »Freien Welt«240 die Rede ist. Damit ist diese Werbung eine der ersten Darstellungen in Plakatform, die den politischen Auftrag der Bundeswehr thematisiert. Gleichzeitig verzichtet sie jedoch darauf, Kampfszenen darzustellen. Diese Werbung wirkt also über die Aspekte von Technik und Abenteuer, macht dem potenziellen Bewerber aber zugleich die politische Bedeutung des Beitrages der Luftwaffe für die »Freie Welt« deutlich. Durch das betonte »westlich halten« von der innerdeutschen Grenze wird der Auftrag der Luftwaffe und somit der Bundeswehr als beschützend, d.h. defensiv dargestellt. Somit wird der nicht wegzudiskutierende Auftrag des Kampfes jedoch nicht über offensive Handlungen und somit negativ konnotierte Assoziationen belegt, sondern über die Bündnisverteidigung (Freie Welt) möglichst positiv hervorgehoben. Das Enthymem könnte lauten: Die modern ausgerüstete Luftwaffe gibt Mir die Möglichkeit, ein Jetpilot zu sein – natürlich muss sie auch kampfbereit sein – aber sie verteidigt die westliche Welt – zu der auch Ich gehöre – Ich verteidige unsere freie Welt, Meine Welt – Ich fliege, um zu beschützen. Das Schwesterplakat in Abbildung 17, das als Anzeige in Abbildung 24 besprochen wird, denotiert hingegen ausschnittsweise aufsteigende Düsenjets, wobei der Plakatvordergrund durch den Blick in das Cockpit und auf den Piloten einer solchen Maschine dominiert wird. Der Betrachter wird dadurch in diese rasante und zugleich kraftvolle Szene im wahrsten Sinne hineingerissen. Der Blick auf den Piloten mag auf den Betrachter zurückwirken, der sich selbst ins Cockpit versetzt fühlen mag. Das Bild ist einerseits zwar als eine militärische Szene zu erkennen, gleichzeitig vermittelt sie aber weder einen heroisch wirkenden Soldaten noch einen Kampf, wie z.B. in Büchern der Kriegsberichterstatter des Zweiten Weltkriegs beschrieben241. Dennoch erinnert das Motiv an zahlreiche bildliche wie filmische Darstellungen der Luftwaffe aus der NS-Zeit, die den Piloten als einen »allgewaltig lenkenden, dabei anscheinend unabhängig agierenden und freien Flieger-Helden«242 darstellten. Weder der Kampf, noch der Soldat, sondern vielmehr die moderne und dynamische Technik und ein »Geschwindigkeitsrausch«, der im wahrsten Sinne aufsteigenden Bundeswehr, stehen im Vordergrund der Aussage.
240 241 242
Siehe auch die zeitgenössische Werbeschrift Soldaten der Bundeswehr. Grabler, Mit Bomben und MGs über Polen. Kindler, »Wo wir sind, da ist immer oben«, S. 421.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
c) »Der Offizier auf Zeit«: Anzeigen werben um bayerische Abiturienten Die folgende Anzeigenreihe (Abb. 18-20), die ausschließlich in bayerischen Tageszeitungen erschien, warb für eine in der deutschen Militärgeschichte neue Laufbahn: den Offizier auf Zeit. Vor diesem Hintergrund ist auch das alleinige Inserieren in bayerischen Tageszeitungen unmittelbar vor, während und nach den Abiturprüfungen 1957 als eine Art Testlauf zu werten243. Gerade diese Linie ist inhaltlich mehr als alle anderen als eine zusammenhängende Werbebotschaft konzipiert, auch wenn jede Anzeige für sich stehen könnte. Die Anzeigen sind jeweils in vier Grafikelemente aufgeteilt. Das visuelle Register als erstes Element ist in jedem Fall unterschiedlich gestaltet. Im verbalen Register folgen drei Textpassagen. Diese sind durch eine hervorgehobene Textzeile in Frage- oder Aussageform von der Grafik getrennt. In der Mitte der Anzeige unterteilt der sloganähnliche Schriftzug »Offizier auf Zeit« die Elemente im verbalen Register und verdeutlicht den militärischen Kontext der Werbung, der ohne weiteres nicht zu erschließen ist. Während der obere Textteil in jeder der drei Anzeigen individuelle Informationen vermittelt und das Gesehene in den gewünschten Zusammenhang bringt, stellt sich der untere Textabschnitt als ein identischer, rein informierender Bestandteil der Anzeige heraus. Diesem mittleren Block schließt sich der Couponteil als viertes Element der Anzeige an. Er verweist konsequent auf den militärischen Kontext und dient der Generierung von Kontaktadressen. Die Anzeigenlinie versetzt den Betrachter in das zeitliche Umfeld der Abiturprüfungen. Die Anzeigen wirken in erster Linie über ihre verbalen Register, indem sie die hervorgehobene Frage bzw. die Aussagen direkt mit der dominierenden Zeile »Offizier auf Zeit« verbinden. Allein dieser Hinweis auf das Militär, jeglicher Bezug zur Bundeswehr fehlt im Übrigen in den ersten beiden Anzeigen, hilft das visuelle Register zu verankern und erzeugt so Aufmerksamkeit. Denn die Verbindung zwischen erster verbaler Information und dem visuell aufgenommenen Bild aus der Grafik wirkt gegensätzlich und somit antithetisch. Die zuerst erschienene Anzeige (Abb. 18) wendet sich in beiden Registern an die angehenden Abiturienten, indem sie diese über die situationstypische Phrase »Was soll ich werden?« in die Anzeige hineinzuziehen versucht. Die abgebildete Szene spielt in einem Klassenzimmer, sowohl die Schultafel als auch die Hefte auf dem Schultisch verdeutlichen dies. Drei gutgekleidete junge Männer befinden sich in einem Gespräch. Ihr Erscheinungsbild und die mathematische Formel an der Tafel konnotieren durchaus ein gehobenes Niveau. Einer der drei abgebildeten jungen Männer befindet sich zeichnerisch im Mittelpunkt. Die im 243
Aussagen darüber, dass die verantwortlichen Stellen sich vom alleinigen Inserieren im Freistaat Bayern besonders viel oder besonders wenig versprachen, sind nicht überliefert. Die Anzeige »Was soll ich werden?« erschien am 20.4., »Der Weg ins Leben?« am 4.5., »Er hat keine Sorgen!« am 18.5.1957. Die Anzeigen stammen aus BA-MA, Bw 1/663.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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verbalen Register sofort anschließende Frage »Was soll ich werden?« verdeutlicht das mögliche Gesprächsthema der drei. Der weiterführende Text bestätigt diese erste Annahme, denn der Leser wird dahin gelenkt, dass die Frage nach der beruflichen Zukunft ein zentrales Problem der angehenden Abiturienten sei. Die Probleme und Fragen der jungen Menschen, die im individuell gehaltenen Textabschnitt angesprochen werden, leiten dabei zielgerichtet auf die einzig gültige Antwort hin: »Offizier auf Zeit«. Nachdem also der »Offizier auf Zeit« die Antwort auf die beruflichen Fragen der jungen Männer ist, wird im allgemein gehaltenen Textabschnitt tatsächlich der »Offizier auf Zeit« als eine neuartige und gleichermaßen zeitgemäße Berufswahl vorgestellt, die hervorragende Möglichkeiten böte. Faktische Anreize wie eine kurze Verpflichtungsdauer oder Übergangsbeihilfen für ein ziviles Berufsleben werden zusätzlich angeboten. Während die erste Anzeige der Serie also vornehmlich die eigentlichen Abiturienten anspricht, wendet sich die zweite (Abb. 19) eher an die so genannten Meinungsbildner, hier an die Eltern. Dies wird zunächst über das visuelle Register gewährleistet, aber vor allem über das individuell gestaltete verbale Register verankert. Denn hier wird mit potenziellen Wünschen der Eltern gespielt und ihnen, ähnlich den Fragen der jungen Männer in der ersten Anzeige, mit dem Berufsbild des »Offiziers auf Zeit« eine Lösung geboten. Dabei wird der Beruf des Soldaten nicht mit ideellen Begriffen wie Männlichkeit oder Kampf in Verbindung gebracht, sondern vielmehr mit materiellen Begriffen wie »finanzielle Möglichkeiten« oder »Studienmöglichkeiten« belegt. Den Abschluss bildet die Anzeige »Er hat keine Sorgen« (Abb. 20) und ist somit im Sinne der Werbung die einzig logische Fortsetzung der bisher gestellten Fragen. In dieser Anzeige wird im visuellen Register mit dem »Offizier auf Zeit« Familienglück, aber auch ein gewisser Wohlstand in Verbindung gebracht. Gleichzeitig ist mit dem vermeintlichen Freiwilligen nicht mehr ein junger Abiturient gezeigt, sondern ein reifer wirkender Mann. Mehr als alle anderen Anzeigenlinien kann diese als eine bewusst gestaltete Serie verstanden werden. Diese Ansicht verstärkt sich, nimmt der Betrachter an, dass der dunkelhaarige junge Mann in allen drei Anzeigen dieselbe Person darstellen soll. Der Betrachter kann sich auf diese Weise mit den visualisierten und verbal präzisierten Situationen identifizieren. D.h., der dargestellte junge Mann wirkt stellvertretend für alle jungen Männer, die sich fragen, was nach dem Abitur zu machen, welche beruflichen Wege einzuschlagen seien. In dieser Anzeigenfortsetzung bewarb der Kommunikator nicht die Bundeswehr als Ganzes, sondern den Teilbereich »Offizier auf Zeit«244, als eine neuartige Form der Verpflichtungsart. Das Bild der Bundeswehr, das durch diese Anzeigenserie gezeichnet wurde, kann sowohl als unmilitärisch, ja postheroisch als auch als ein problemorientiertes Allheilmittel zur Lösung der beruflichen 244
Auch beworben in der Faltbroschüre »Offizier auf Zeit in der Bundeswehr«, Stand 15.5.1959, Gestaltung durch die Werbeagentur »Dr. Grupe« und das Atelier Warnke. Im Besitz des Verfassers.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
Probleme der jungen Männer bezeichnet werden. Der Begriff »Bundeswehr« fällt nur einmal in allen drei Anzeigen. Alle militärischen Attribute fehlen. In der Vermittlung des Produktes »Bundeswehr« stehen wirtschaftliche und berufsbezogene Argumente im Vordergrund.
d) »Der junge Leutnant«: Anzeigen im Zeichen von Technik und Abenteuer Diese Anzeigenserie erschien ebenfalls 1957/58, nutzte aber für die Werbung der Offizieranwärter im Gegensatz zur »Abiturserie« militärische Attribute und erschien in Tageszeitungen in ganz Westdeutschland. Die Anzeigenabbildungen 21-23 der Linie ähneln sich in ihren Aufmachungen. Allen drei im Stil der Zeit gezeichneten Anzeigen liegen vermutlich Fotografien zugrunde245. Die Anzeigen wirken in erster Linie durch ihr visuelles Register, das die obere Hälfte der Anzeige einnimmt. In allen drei Fällen sind junge Männer zu sehen, die in den Vordergrund einer militärischen Szene hineingestellt sind. Das verbale Register ist zweigeteilt. Neben einem informierenden Textanteil ist der Anzeige am unteren Abschnitt erneut ein Coupon angefügt. Alle drei Anzeigen zeigen junge und dynamische Leutnants des Heeres im Kampfanzug während einer Gefechtsübung im Gelände. In den symbolischen Vordergrund rücken dabei zwei Ebenen: Zunächst der Topos der Metonymie, der in vielen Werbungen zu finden ist. Die abgebildeten jungen Männer, die Stellvertreter für den Angesprochenen, üben, trotz ihrer offensichtlichen Jugend, verantwortungsvolle Tätigkeiten aus. Zudem sind sie als Führer dargestellt, auf ihre Zeichen und Befehle hin folgen ihnen Infanteristen und Grenadiere bzw. Panzer. Diese Macht und Stärke ausstrahlenden und somit für Männlichkeit stehenden Tätigkeiten werden mit der Aussage im verbalen Register, dass es sich bei diesen jungen Männern um Führer und Ausbilder, um Offiziere der Bundeswehr handelt, verbunden. Zudem scheint die dynamisch wirkende Gesamtsituation als Ganzes jedoch »ungefährlich«, da auf Kampfszenen verzichtet wird. Hier findet sich erneut das Prinzip, Gefechtsfahrzeuge von rechts nach links kommend darzustellen, sie also nicht in »Richtung« des Gebiets des Warschauer Pakts fahren zu lassen. Unterstützt wird diese Bildachse durch die Blickachse der drei Leutnants, die betont nach »Westen« schauen. Die Argumente, die hier vermittels der Metonymie wirken, sind Verantwortungsbewusstsein, Männlichkeit und Abenteurertum ohne Gefahr. Zudem wirkt durch die Darstellung der amerikanischen Modelle der Schützenpanzer M 39 und der Kampfpanzer M 47 der Aspekt der Technik.
245
Die Anzeigen liegen vor in: BA-MA, Bw 1/663. Für die Abb. 21 und 23 vergleiche die Fotografien in: Unsere Bundeswehr, S. 8. Diese Fotografien liegen ebenfalls in einer Werbebroschüre »Fähnrich – Offizier von morgen!« vor, die von der Werbeagentur »Dr. Grupe« 1957/58 angefertigt wurde. Im Besitz des Verfassers.
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Eine weitere Ebene ist in den Einzelheiten der Uniformierung der in den Vordergrund gestellten Leutnante zu suchen. Die Uniformstücke und Ausrüstungsgegenstände sind zwar vor allem getreu ihrer fotografischen Vorlagen gezeichnet, dennoch wirken, in erster Linie in den Anzeigen 20 und 21, zwei Merkmale: Der am US-amerikanischen Vorbild orientierte Stahlhelm sowie der Leutnantsstern auf den Schulterklappen. Beides sind Stücke, die diese Uniformen deutlich von denen der Wehrmacht unterscheiden und über den Kausalschluss »Neues Äußeres = neuer innerer Geist« dem Zeitgenossen vor Augen führen konnten, dass diese neue Armee anders ist als ihre Vorgängerin, was im Übrigen nicht von jedem Zeitgenossen als Vorteil aufgefasst werden musste246. Die Argumente, die hier hauptsächlich wirken, sind in der verantwortlichen Tätigkeit und Männlichkeit im Frieden zu suchen. Gleichzeitig vermitteln die Bilder Abenteurertum und, vor allem in den Abbildungen 21 und 23, Technik. Dem verbalen Register kommt in erster Linie ein informierender Charakter zu. Ausgeblendet werden in beiden Registern Auskünfte über den Werdegang und die Ausbildung der jungen Offizieranwärter. Das Bild vermittelt somit den Eindruck, als übe der Anwärter relativ bald, gestützt auf seine Neigungen und Leistungen, solch verantwortliche Tätigkeiten aus. Dies verleitet zu dem Enthymem: Junge Offizieranwärter werden zu jungen Leutnanten – das kann auch Ich schaffen – Leutnante üben verantwortliche Tätigkeiten aus – sie sind Führer und Ausbilder, zu ihnen schauen die Soldaten auf, ihnen folgen sie – sie unterscheiden sich äußerlich und technisch von denen der Wehrmacht – in diese Position bringen einen Neigung und Leistung – dazu bin auch Ich fähig – auch Ich kann in kurzer Zeit zu einem jungen Leutnant, einer erfolgreichen Respektsperson werden – und zugleich mit Menschen und modernster Technik umgehen, ohne dabei in den Krieg ziehen zu müssen. Auch der junge Leutnant als Pilot eines Düsenflugzeuges (Abb. 24)247 ist in einem militärischen Kontext dargestellt. In dieser ausschnittartigen Szene, die den Betrachter in das »aufsteigende« Bild hineinzieht, stechen im visuellen Register eindeutig Argumente von Technik und Dynamik hervor. Auch hier verankert in erster Linie das verbale Register das visuelle, obschon die textlichen Informationen sich von denen der Abbildungen 21-23 nicht unterscheiden. Die Darstellung des »jungen Leutnants«, der gemäß der textlichen Aussage bereits Führer eines Düsenflugzeuges ist, wirkt neben den Attributen von Technik und Dynamik. Das gleichermaßen von Anstrengung durch, aber auch von Beherrschung über die Technik gezeichnete Gesicht des Piloten scheint reif und männlich, ist also mit diesen positiven, personenbezogenen Topoi belegt. Diese wirken auch hier in einem Enthymem, das den Betrachter mit Männlichkeit und der technischen Faszination des Fliegens konfrontiert. Auch in diesem Beispiel verzichtet die Werbeanzeige auf die Darstellung von kriegerischen und heroischen Attributen. Zudem fanden Argumente wie z.B. Friede oder Freiheit, die den Auftrag der Bundeswehr hätten umschreiben können, keine Verwendung. 246 247
Siehe hierzu Manig, Die Politik der Ehre. Beachte das Schwesterplakat aus der selben Linie in Abb. 17.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
e) »Mach Mit!« – »Bau Mit!«: Der Appell in der Werbung Die in den Abbildungen 27-28248 abgebildeten Plakate folgen sowohl in ihrer bildlichen Aussage als auch in ihrer Gestaltung den frühen Gebrauchsgrafiken in der Nachwuchswerbung. In der Typologie entsprechen sie den Plakaten der späten 1950er-Jahre. Dennoch kann ihre Datierung aus den Akten nicht einwandfrei bestimmt werden. Ähnlich wie in Abbildung 15 zieht in Abbildung 25 der Slogan »Fliegen müsste man können« den Betrachter in das Bild hinein249. Am ausgestreckten Arm des Jungen entlang wandert der Blick in den Himmel zu den beiden aufsteigenden Düsenflugzeugen, die wohl den Ende der 1950er-Jahre eingeführten US-amerikanischen Jet F 104 G »Starfighter« zeigen und somit modernste Technik konnotieren. Vergleichbar mit Abbildung 16 sind auch hier besonders deutlich mit Eisernen Kreuzen bundesdeutsche Hoheitszeichen dargestellt, welche die Luftwaffe auf den Boden der Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland stellen250. Erneut liegen der Darstellung der Militärtechnik keine Kampfhandlungen und damit für die Zeitgenossen negativ konnotierte Szenen zugrunde. Die Aussage bleibt auf eine defensiv eingestellte Bundeswehr sowie das Argument modernster Technik und Fliegerei begrenzt. Demgegenüber stellen die im Vordergrund stehenden, in zivil gekleideten jungen Männer einen mehrdeutigen Bezug her. Sie repräsentieren einerseits die Zielgruppe, die mit offenen Augen die Düsenjäger im wahrsten Sinne anhimmelt und ihnen somit einen positiven Charakter verleiht. Andererseits können diese jungen Männer stellvertretend für die Gesellschaft begriffen werden, die zu ihrer Luftwaffe aufschaut, welche die Freie Welt schützt, denn auch hier starten die Düsenjets nach Westen. Diese angenommene Wirkung wird verstärkt durch die an eine Aura erinnernde zeichentechnische Hervorhebung, die den Arm des Jungen umgibt. Die Darstellung der jungen Männer wirkt wie eine visuelle Metonymie: Die Jungen können als Teil aller jungen Männer, als Teil der Gesellschaft verstanden werden, woraus ihrer Bewunderung für die Luftwaffe eine Stellvertreterfunktion erwächst. Diese vermag den Eindruck zu vermitteln, dass alle jungen Männer, vielleicht sogar die Gesellschaft, diese bewundernde Position einnehmen. Ferner konzentriert die Aura, wie in Abbildung 13, den Blick des Betrachters auf die beiden Jungen, die offen und freundlich wirken. Dieses Plakat vermittelt also ein Bild der Bundeswehr, in dem einerseits der Mensch und eine moderne Ausrüstung im Vordergrund stehen, gleichzeitig aber beide nicht einem kriegerischen Ideal folgen, sondern vielmehr an den 248
249 250
Diese Plakate werden ebenfalls besprochen in: Loch, Nachwuchswerbung. Zur Werbelinie »Bau mit!« siehe Loch, »Stufen zum Erfolg«. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Aber auch hier bleibt anzumerken, dass in realiter auf den Flugzeugen diese Eisernen Kreuze angebracht waren und der Grafiker vielleicht nur das illustrierte, was er sah.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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Wertevorstellungen einer zivilen, bürgerlichen Gesellschaft ausgerichtet sind. Gleichwohl spricht das Plakat besonders über die Faszination des Fliegens stellvertretend die Jugendlichen an. Die Typografie im Slogan »Fliegen müsste man können« ist zweigeteilt. Besonders hervorgehoben, in Größe und Schriftart, ist dabei »Fliegen«. Die gewählte Schrift vermittelt Dynamik und Frische, welche durch den anmutenden Pinselstrich im »F« unterstrichen wird. Der Hinweis im verbalen Register, die Luftwaffe stelle Freiwillige ein, verankert einerseits erneut das Gesehene in seinen Kontext, andererseits bietet das Werbeplakat immer noch die konsequente Hinführung des Interessenten zur weiterführenden Berufsberatung. Obwohl die Entstehungsgeschichte des folgenden Plakats (Abb. 26) aus den Akten ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, kann es aufgrund des verbalen Registers als Schwesterplakat des vorausgegangenen (Abb. 25) gelten251. Mit den beiden, in einer Seitenansicht dargestellten Jagdbombern vom Typ F-84F Thunderstreak252 wirkt es im Vergleich mit den vorherigen Plakaten anachronistisch. Die Darstellung der beiden Jets scheint nicht nur dynamisch, sondern gleichzeitig machtvoll und unterschwellig heroisch. Diese Wirkung wird verstärkt durch das malerisch realistisch gestaltete visuelle Register. Im verbalen Register wird als Überschrift bzw. als Slogan der Appell »Flieg mit« genutzt, der in serifenlosen Versalien gehalten ist. Diese typografisch streng gestaltete Aufforderung wird durch die Subheadline »Werde Flugzeugführer in der Luftwaffe« verstärkt. Im Gegensatz zu den vorhergegangenen Plakaten entbehrt dieses sowohl im visuellen als auch im verbalen Register »weicher« Attribute. Weder in der Typografie ist eine verspielt und auflockernd wirkende Schrift der Familie der Grotesken vorhanden, wie z.B. im »Bundeswehr« in Abbildung 13 oder in Abbildung 25 mit »Fliegen«, noch lässt das visuelle Register auf einen personenbezogenen Topos eines »offenen« Soldaten schließen. Vielmehr dominieren strenge Schriften als auch eine »energische« Darstellung der Kampflugzeuge. Dieses Bild ist eines der wenigen dieser Frühphase, vielleicht sogar das einzige, das eine Bundeswehr im Kampf andeutete. Einem anderen Leitbild folgen die beiden Werbeplakate (Abb. 27-28), die sich am Ende der 1950er-Jahre unter dem Slogan »Mach mit!« eines ähnlich appellativen Duktus bedienten wie die Werbelinie »Bau mit!« von 1959253. Somit bezogen sich beide Linien in erster Linie auf den Empfänger254. Hier wirbt eine 251
252 253 254
Die Vorlage stammt aus dem MHM, Sammlung Hill Nr. 131. Das Plakat ist mit dem Schriftzug »Scherrer« signiert. Eine Zuordnung zu einem Plakatkünstler oder -maler blieb erfolglos. Die ersten 20 Maschinen diesen Typs erhielt die Luftwaffe im November 1956. Die Anzeigenlinie »Bau mit!« liegt vor in: BA-MA, Bw 2/20194. Die Vorlagen stammen aus dem SKA/IMZBw. Sie sind auf das Jahr 1962 datiert, was aber anzuzweifeln ist. Die Plakate enthalten die Signatur »Engel«. Eine Recherche nach diesem Namen blieb ohne Erfolg. Zu den beiden Darstellungen des Heeres und der Marine gehört ein weiteres Plakat, das die Luftwaffe in ähnlicher Aufmachung darstellt. Für den Grafiker »Engel« ist ein weiteres Plakat nachzuweisen, das vermeintlich im Bundeswehrkontext steht: Diederich/Grübling, Stark für die Freiheit, S. 42, Plakat Nr. 44. Die Verfasser machen keine genauen Angaben zu dem mit »Stark für die Freiheit« überschriebenen
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
postheroische Darstellung des Militärischen, die dem Klischee des Kommiss eindeutig entgegentritt. Diese Motive veranschaulichen, dass Außenwerbung bisweilen eben nicht den Zweck verfolgte zu ästhetisieren, sondern beabsichtigte, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Während in beiden Plakaten junge Soldaten ein Lenkrad oder ein Steuerruder bedienen255, sind es doch ihre Gesichter, die eine Botschaft transportieren. Neben den erneut hervorgehobenen Kokarden, welche die Bundeswehr politisch eindeutig zuordnen, vermittelt die Mimik der beiden jungen Soldaten ausgesprochen positive Eindrücke. Der Imperativ des Slogans fordert junge Männer auf mitzumachen, suggeriert dadurch, dass bereits viele andere junge Männer in der Bundeswehr dienen und dabei keinen »08/15-KommissBetrieb«256 durchleben, sondern bei technisch definierten Betätigungen besonders viel Freude und Spaß haben. Erneut begegnet dem Betrachter eine Szene, deren militärischer Zusammenhang sich nicht auf den ersten Blick erschließt, sondern sich beinahe ausschließlich über das verbale Register der Werbung ergibt, die somit Text- und Bildaussage miteinander verankert. Auch in dieser Werbung teilt das verbale Register mit, dass die Bundeswehr Freiwillige einstelle und verweist zielgerichtet auf die Auskunfts- und Annahmestellen. Es möge aber auch noch der Hinweis auf medienübergreifende Darstellungsformen beachtet werden. Vor allem das Motiv des Heeressoldaten konnte den Zeitgenossen an Filmplakate wie »Immer diese Radfahrer« mit Heinz Erhardt erinnern. Anzumerken bleibt ferner, dass gerade der Hinweis auf das Autofahren für junge Männer einen attraktiven Anreiz dargestellt haben mag, denn in den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren war der Besitz eines Führerscheins noch nicht selbstverständlich.
f) Feldzeugtruppe – Mangeltruppe: Illustrationen in der ad-hoc-Werbung Die folgenden Werbeanzeigen (Abb. 29a und 29b) sind in ihrer Entstehung in den Akten in Teilen nachzuvollziehen257. Demnach meldete das Personalreferat im Sommer 1958 Bedarf an Feldzeugoffizieren258 an und bat um entsprechende Werbung. Die hier vorliegenden Anzeigen stammen zumindest in Teilen aus
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Plakat. Ob es sich hierbei um ein Plakat der Freiwilligenwerbung handelt, bleibt zu hinterfragen. Es ist vielmehr der Wehrwerbung des BPA zuzuordnen. Vergleiche die Motive einer VW- und einer PAN-AM-Werbung, die auf ein ähnliches visuelles Register zurückgreifen: Der Monat, 13, Heft Nr. 145, Oktober 1960. Der Monat, 13, Heft Nr. 146, November 1960. Kraske, Anfänge, S. 69. Dies wurde auch durch die Zeitgenossen in dem 1954 verfilmten militärkritischen Roman von Hans Hellmut Kirst wahrgenommen, siehe Schmidt, »Barras heute«. BA-MA, Bw 2/20235, P IV 7, 18.7.1958. Die Feldzeugtruppe war wie die Quartiermeistertruppe eine Neuschöpfung der Anfangsjahre der Bundeswehr. Sie fasste die Versorgungs- und Instandsetzungstruppe zusammen.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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dem November desselben Jahres259. An ihnen wird deutlich, dass die Anzeigenwerbung nicht zwangsweise einer langfristig angelegten »Strategie« folgen muss, sondern vielmehr ad hoc auf »Zuruf« zur punktuellen Füllung von Personallücken kurzfristig entworfen wurde. Auffallend ist zudem, dass den Bildern in dieser Werbung eine untergeordnete Rolle zukommt und sie aus der ersten, kommunikativen, in eine zweite, eher illustrative Reihe zurücktreten. Diese spezielle Werbung für eine Mangeltruppe wie die junge Feldzeugtruppe weist zudem auf die Nachwuchswerbung der Wehrmacht hin, der es in erster Linie um eine Lenkung der Freiwilligen zu einzelnen Waffengattungen oder TSK ging. So fallen in diese Linie weitere Werbeanzeigen, die Nachwuchs für die Fernmelde- und Pioniertruppe bewarben. Die Anzeigen sind parallel aufgebaut. Auch sie folgen dem klassischen Dreiklang von Bild, Informationstext und abschließendem Coupon. Gerade diese Anzeigenlinie für die Feldzeug- und Quartiermeistertruppe erlebte verschiedene redaktionelle Aufmachungen. Die Anzeigen werben um Soldaten für die Feldzeugtruppe. Beide sind, wie oben angedeutet, parallel aufgebaut. Aufschlussreich bleibt jedoch, dass der Coupon beider Annoncen letztlich dem Kommunikanten die Möglichkeit einräumte, sich Informationsmaterial für die verschiedenen Laufbahnen zukommen zu lassen. Doch zunächst zu den Anzeigen. Das visuelle Register in Abbildung 29a denotiert eine Szene, in der zwei Menschen mit Hilfe eines Kranwagens an einem Artilleriegeschütz arbeiten. Damit die abgebildete Szene von einem möglichen Kommunikanten auch in der beabsichtigten Weise decodiert werden konnte, musste das visuelle Register unmittelbar durch das verbale Register »Instandsetzung eines Geschützes« verankert werden. Dies weist bereits auf den vom Kommunikator als gering eingeschätzten persuasiven Nutzen dieser Abbildung hin, die dem zeichenüblichen Werbestil der späten 1950er-Jahre entsprach. Die abgebildete Szene vermag weder durch Dynamik, noch durch einen personenbezogenen Topos oder durch Argumente von Kameradschaft oder Sport, aber auch nicht durch die gezeigte Technik zu wirken. Offenbar legten die Verantwortlichen hier den Schwerpunkt auf das verbale Register und entschieden sich, den Soldatenberuf als einen echten Beruf bzw. als ein interessantes und aussichtsreiches Dienstverhältnis hinzustellen, durch welches man eine kostenlose Aus- und Weiterbildung erhalten konnte260. Dies wird im Standardtext des verbalen Registers, der die Feldzeugtruppe beschreibt, deutlich. Angesprochen fühlen sollten sich in erster Linie junge Männer mit technischem Interesse und einer bereits erfolgten technischen Lehre. Unterstrichen wurde dies durch die hervorgehobene Zwischenüberschrift »Für junge Fachleute«. Auch hier können die Ergebnisse der IfD-Umfrage vom Sommer 1956 herangezogen wer259
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Siehe die handschriftliche Notiz auf einer der Anzeigen in Abb. 26. Diese ist abgedruckt in: Der Güterverkehr, 7, Heft 11, November 1958, S. 283. Siehe die Umfrage für den Werbeplan von 1959/60. BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959, S. 2.
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den, denn mit 24 Prozent erhielt folgende Aussage, die zweithöchste Zustimmung: »Auf jeden Fall erhält man hier eine technische Spezialausbildung, die man später für sein Fortkommen gebrauchen kann, deshalb bin ich freiwillig gekommen261.« Die Verwendung der positiv einzuschätzenden Argumente wie »vollmotorisierte Truppe«, »bewegliche Instandsetzungseinheiten« und »ortsfeste Werkstätten«, zielte dabei nicht nur auf die technische Seite ab, sondern war ebenso dazu angetan, einem möglichen Klischee vom Militär entgegenzuwirken. Damit konnten Bedenken ausgeräumt werden, als Soldat in erster Linie eben doch Kälte und Schlamm ertragen zu müssen. Entscheidend ist jedoch die Aussage, dass neben dem militärischen Dienst, der ja angenehm, weil vollmotorisiert, beweglich und wetterfest und somit warm abläuft, eine berufsnahe Aus- und Weiterbildung geboten werden würde. Die Argumente gipfeln sodann in der Aussage, dass diese Ausbildung einer zivilberuflichen Weiterbildung zugute käme. In dieser Anzeigenserie lässt sich der Versuch erkennen, dem »Soldatsein« einen weiteren Aspekt hinzuzufügen. Eindeutig wirkt hier für die Zielgruppe das Argument, entweder Berufserfahrung zu sammeln oder das einzubringende Können weiter auszubauen, um für die Zeit nach der Bundeswehr eine berufliche Zusatzqualifikation für den Arbeitsmarkt erreicht zu haben.
g) Zwischenresümee Es waren in erster Linie die Anzeigen- und Plakatwerbungen, die von allen in der Nachwuchswerbung eingesetzten Medien die größte Aufmerksamkeit der Zielgruppe erweckten, wie Umfragen von EMNID ergaben262. Das Grundmuster der vorliegenden Anzeigen- und Plakatwerbungen ist geprägt durch den Versuch der Etablierung der jungen Bundeswehr und ihrer Soldaten in der bundesdeutschen Gesellschaft, die zu Teilen noch in den vorangegangenen Jahren leidenschaftlich gegen die Remilitarisierung demonstriert hatte263. Die frühere Feststellung, nach welcher in diesen Werbebildern kein martialisches Bild und kein heroischer Soldatentypus, wie ihn die Wehrmacht zeigte, zum Tragen kam, findet sich grundsätzlich bestätigt. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass in der überwiegenden Zahl der Anzeigen und Plakate
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Jahrbuch der Öffentlichen Meinung 1957, S. 155. BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 6. Folge Nr. 8, November 1960. Demoskopische Umfrage unter jungen Männern zwischen 17 und 22 Jahren. Die Zahl der Befragten geht aus der Zusammenfassung nicht hervor. Da solche Umfragen aber häufig von professionellen Einrichtungen wie EMNID durchgeführt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Befragten repräsentativ gewesen ist. Siehe hierzu auch die ähnliche Einschätzung für den frühen Bundeswehrfilm bei Protte, Auf der Suche, S. 601-604.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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nichtsdestoweniger stets der Soldat im Vordergrund der Darstellung stand264 und dies somit die vorgenommene Einschätzung relativiert und zeigt, dass der Begriff des Postheroischen nicht etwa gleichzusetzen ist mit Konnotationen wie pazifistisch oder antimilitärisch265. Die Verantwortlichen transportierten das politische Produkt Bundeswehr demnach stets gebettet in einen militärischen Kontext. Hieraus kann geschlossen werden, dass sich sowohl der Kommunikator und vielleicht auch die Kommunikanten die »neue Wehrmacht« eben nur über ein kodiertes Soldatenbild vorstellen konnten. Auch wenn der Kontext militärisch ausgerichtet blieb und somit die Werbegrafiken immer einen militärischen Charakterzug aufwiesen, wirkten vor diesem Hintergrund jedoch verschiedenste Argumente. Es sind genau diese, die dem eigentlich militärischen Hintergrund einen eher postheroischen Charakterzug verliehen. Häufig wirkten Argumente von Technik und Dynamik, die sich im Übrigen auch in Kapitel II.3 für die Soldatenwerbung der Wehrmacht nachweisen ließen. Die Tatsache, dass der Nationalsozialismus in seiner Herrschaftskommunikation die Argumente von Technik und Dynamik ebenfalls verwandte, kann aber nicht dafür herhalten, gedankliche Kontinuitäten zwischen beiden Armeen oder Systemen aufzudecken. Vielmehr bleibt festzustellen, dass es ein Kennzeichen moderner Armeen ist, Technik und Dynamik verkörpern zu können. Somit bietet sich dieses Argument immer für eine bildliche Darstellung an und dies umso mehr, wenn über die Technik Begeisterung geweckt werden soll. Deutlich wird hieran erneut, wie schwierig es sein kann, eindeutige Aussagen aus der Quelle Bild zu gewinnen. Neben der Technik bemühten die Kommunikatoren aber verschiedene weitere Argumente. Die Anzeigen und Plakate vermittelten genauso traditionelle militärische Soldatenbilder, wie sie auch das Bild des »Staatsbürgers in Uniform« und Aspekte des »normalen Berufs« des Soldaten versuchten zu kommunizieren. Im Grunde finden sich in diesen Argumenten und Motiven die Ideen und Vorstellungen aus der Umfrage zum Werbeplan 1959/60 wieder266. Es sind diese Argumente, die den dargestellten Soldaten als postheroisch charakterisieren und ihn von den Darstellungen der Wehrmacht unterscheiden. Neben diesen offensichtlichen Argumenten, die den Soldaten eben nicht in ein kriegerisches oder schicksalhaftes Umfeld betteten, wirkte vor allem die Ikonografie der Mimik und Gestik der dargestellten Soldaten. Das durch die Ideologie des Nationalsozialismus geprägte Soldatengesicht des Wehrmachtstypus wich einem offeneren und weicheren Gesichtsausdruck267. Dies wird vor allem dann augenscheinlich, wenn der Soldat in ein ausgesprochen militärisches Um264
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Sieht man vielleicht von der »Abiturlinie« in den Abb. 18-20 einmal ab. Selbst dort dominiert aber der Schriftzug »Offizier auf Zeit« das verbale Register. Zum Begriff der postheroischen Gesellschaft ein Überblick bei Münkler, Der Wandel des Krieges, S. 310-354. BA-MA, Bw 1/4873, Fü B VII 2. Az.: 01-55-01-10, 11.3.1959, S. 2. Vergleiche auch die Darstellung des Bundeswehrsoldaten im Filmplakat »Barras heute« neben dem zeitgenössischen Filmplakat von »08/15« bei Schmidt, »Barras heute«, S. 521 f.
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III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
feld gestellt war, wie z.B. in den Abbildungen 21 bis 24. Hier wirkten zwar militärische und sicherheitspolitische Aussagen, gleichwohl wurden sie visuell so kodiert, dass positiv konnotierte Attribute zur Wirkung kamen. Unterstützung für die These des postheroischen Soldaten findet sich in einer anderen Form der zeitgenössischen grafischen Darstellung des Bundeswehrsoldaten. Der ehemalige PK-Maler Hans Arlart268, der mit Soldatendarstellungen aus dem Zweiten Weltkrieg einen gewissen Bekanntheitsgrad erzielte, illustrierte Anfang der 1960er-Jahre für die offiziöse Zeitschrift »Soldat und Technik« Beiträge zu Bundeswehrthemen269. Die dort gezeichneten, »nichtamtlichen« Bundeswehrsoldaten unterschieden sich stark vom präsentierten Typus in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr und scheinen eher an die Werke der »Maler an der Front«270 angelehnt gewesen zu sein: Zum einen sind die Soldaten der Bundeswehr kämpfend dargestellt, zum anderen erinnert ihre Mimik an den Typus des Wehrmachtssoldaten. Für diese erste Phase der bildlichen Darstellung des Bundeswehrsoldaten kann festgehalten werden, dass sich die visuelle Aussage von dem Bild des heroischen Wehrmachtsoldaten, wie es die »Maler an der Front« entwarfen, unterschied. Anders mag hier die Frage nach der künstlerischen und technischen Darstellungsform in den Plakaten und Anzeigen gelagert sein. Denn die frühen Plakate der Bundeswehr erinnern durchaus in ihrer Gestaltung an die Aufmachung der 1930er und 1940er-Jahre. Die Ursachen hierfür sind jedoch im Kunstgeschmack und den Produktionstechniken der 1950er-Jahre zu suchen271. Das neue Bild des Soldaten kam also durchaus in einem ästhetisch gewohnten Werbeumfeld der 1930er und 1940er-Jahre daher, war aber schon eindeutig geprägt durch den Werbestil der 1950er-Jahre272. Wenn dieser Umstand zutreffend ist, kann hieraus gefolgert werden, dass die Neugestaltung des Soldaten in der Werbung weniger auf einen technischen oder geschmacklichen Wandel in der Werbung an sich zurückzuführen ist, sondern vielmehr in einer bewussten Abkehr des überlieferten Soldatenbildes und somit seiner politischen Aussage zu suchen ist. Daraus lässt sich zudem schließen, dass Bilder in der damaligen Perzeption eine Rolle im Diskurs der Herrschaftskommunikation gespielt haben und dass über sie eindeutig versucht wurde, ein bestimmtes mentales Bild zu transportieren. Gleichwohl bleibt zu 268
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Hans Arlart. Einsätze als PK-Maler in Russland und Nordafrika. Nach 1945 als Illustrator tätig, häufig für Tierbücher. Siehe Veltzke, Kunst und Propaganda in der Wehrmacht, S. 249. SuT, 1960, S. 646 f. oder SuT, 1963, S. 624 f. Schmidt, Maler an der Front, sowie Schmidt, Maler an der Front. Die Kriegsmaler der Wehrmacht. Im Gegensatz zum frühen Bundeswehrfilm, für den Protte, Auf der Suche, S. 603, einen ästhetischen Neuanfang in der Darstellungsform festgestellt hat. Damit wurde jedoch nicht nur »radikal die Moderne« beschworen, sondern dem Zuschauer auch ein aus der Gewohnheit der Gegenwart vertrautes Bild des Soldatischen geboten. Beachte hier die These bei Bredow, Der Primat militärischen Denkens, S. 71, welche davon ausging, dass durchaus in neuen Schläuchen (Ästhetik der Werbung) alter Wein (alte Werte) angeboten werden würde. Zur Frage der gewohnten Ästhetik der Werbung kommt zu einem ähnlichen Schluss Selle, Das Produktdesign der 1950er-Jahre, S. 615 f.
III. Die Freiwilligenwerbung als Wehraufklärung
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unterstreichen, dass ihnen nicht immer eine persuasive Rolle zukam; häufig erfüllten sie schlicht einen illustrierenden Zweck. Doch welchen politischen Vorstellungen folgten die Anzeigen und Plakate der Freiwilligenwerbung, welches mentale Bild vermittelten sie? Aspekte der Inneren Führung scheinen sich in diesen Bildern durchaus widerzuspiegeln. Der Versuch, den Staatsbürger in Uniform abzubilden und das tradierte Kommissklischee, wie es z.B. noch durch den zeitgenössischen Film »08/15« kolportiert wurde, abzuwenden, wird deutlich. Doch bleibt die zentrale Frage offen, ob dies aus innerer Überzeugung der militärisch Verantwortlichen oder in Umsetzung des politischen Willens geschah oder ob die Werbung in diesem Falle nicht einfach nur der Spiegel der bürgerlich-liberalen Normvorstellungen war, die sich mit dem Wertekanon der Inneren Führung deckten. Können wir in diesen Werbebildern so ohne weiteres politische Bilder erkennen? Müssten dies nicht erst eindeutige Aussagen in den Akten belegen? Unterscheiden sich diese Bilder vom Soldaten der Bundeswehr von dem der Wehrmacht vielleicht nur deshalb, weil die Gesellschaft im Allgemeinen und die Zielgruppe im Besonderen mit einem hypertrophen Soldatenbild nicht zu erreichen gewesen wäre? Zu einer Zeit, in welcher Teile der Gesellschaft gegen die Einführung der Armee an sich, später gegen die Einführung der Wehrpflicht oder gegen den »Atomtod« demonstrierten, und die Bundesregierung über das BPA mühsam eine moderne Form der »Aufklärung der Bevölkerung«273 startete, konnte und durfte das in der Werbung präsentierte Soldatenbild dem nicht entgegenstehen, sondern musste vielmehr vor diesem Hintergrund wirken. In diesem Zusammenhang tritt erneut deutlich die Rolle der Werbeagenturen hervor, deren Marktexpertise zunehmend am Einfluss gewann. Die Anzeigen und Plakate sprachen aufgrund ihres durchaus als militärisch zu bezeichnenden Hintergrunds in erster Linie diejenigen Interessenten an, die entweder von einer politischen Notwendigkeit überzeugt waren bzw. die einen militärischen Lebensentwurf einem zivilen vorzogen. Diese Werbung zielte hingegen weniger auf diejenigen ab, die maßgeblich durch materielle Anreize im weitesten Sinne, wie etwa gute Verdienstmöglichkeiten oder Ausbildungsvorteile, zu überzeugen gewesen wären. Ich habe diesem Kapitel eine Frage Friedrich Meineckes vorangestellt und möchte abschließend darauf eine Antwort bieten. Meinecke fragte, welche Konsequenzen der radikale Bruch mit der deutschen militaristischen Vergangenheit in Hinblick auf die geschichtliche Tradition überhaupt nach sich ziehe? Ohne den Soldatendarstellungen eine zu große Rolle zusprechen zu wollen, bleibt aber festzuhalten, dass die totale militärische Niederlage von 1945 in der Folge nicht nur eine neue Form der Soldatenwerbung in Deutschland etablierte, sondern auch die gesellschaftliche Stellung des Soldaten umdefinierte, was sich zweifelsfrei in der postheroischen Ikonografie des bundesdeutschen Soldaten niederschlug. 273
Siehe bspw. die Anzeigenwerbung der Bundesregierung »Kampf dem Atomtod in der ganzen Welt«, in: Der Monat, 10, Nr. 116, Mai 1958.
IV.
Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit – Ideelle Anreize gegen wirtschaftliche Vollbeschäftigung (1960-1969)
Die Anfangsjahre (1956-1960) der Nachwuchswerbung waren vor allem durch den Spannungsbogen zwischen der Aufstellung der Bundeswehr als Teil der Adenauerschen Westpolitik und der heterogen ablehnenden Haltung großer Bevölkerungskreise charakterisiert. Bei den 1960er-Jahren handelt es sich um einen Zeitraum, dessen Terrain für den Zeitgeschichte erforschenden Historiker schwierig zu fassen ist. So beschreibt Gabriele Metzler die 1960er-Jahre, »jene reichlich anderthalb Jahrzehnte zwischen ca. 1957 und 1973«1, als eine geschichtswissenschaftliche Terra Incognita. Ihr bleibt nach wie vor insofern zuzustimmen, als mittlerweile zwar fundierte Studien zur bundesdeutschen Gesellschaft der Nachkriegsjahre vorliegen2, doch nur wenige über die 1960er-Jahre3 hinaus in die 1970er-Jahre4 hinein reichen (können). Noch diskutieren Historiker arbeitstaugliche Periodisierungen für eine westdeutsche Geschichtsschreibung5 oder verorten die Bundesrepublik innerhalb der deutschen Geschichte6. Auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Überblicksdarstellungen sind bislang die Ausnahme7. Selbst wenn allgemein akzeptierte Periodisierungen für die 1950er und 1960er-Jahre erst im Begriff sind, Anerkennung zu erlangen, scheint der veränderte aber auch verändernde Charakter jener beider Jahrzehnte in der wissenschaftlichen Diskussion eindeutig. Vor allem die 1960er-Jahre werden in der Literatur als »dynamische Zeiten«8, als »Wendezeit«9 oder als »Aufbruch zur sozialliberalen Ära«10 beschrieben; ihr Charakter als »Gelenkzeit«11 betont. Vor 1 2
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Metzler, Am Ende aller Krisen?, S. 57. Deutschland unter alliierter Besatzung; Sozialgeschichte; Die Kultur der fünfziger Jahre; Kleßmann, Die doppelte Staatsgründung; Modernisierung im Wiederaufbau. Die Kultur der sechziger Jahre; Kleßmann, Zwei Staaten, eine Nation; Dynamische Zeiten. Die Kultur der siebziger Jahre; Ellwein, Krisen und Reformen; Haftendorn, Sicherheit und Stabilität; Metzler, Konzeptionen politischen Handelns. Zäsuren nach 1945; Doering-Manteuffel, Deutsche Zeitgeschichte nach 1945, S. 1-29; Schildt, Nachkriegszeit, S. 567-584. Herbert, Liberalisierung als Lernprozeß, S. 7-49. Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland; Haftendorn, Deutsche Außenpolitik; Ritter, Über Deutschland. Dynamische Zeiten. Demokratisierung und gesellschaftlicher Aufbruch. Schönhoven, Aufbruch in die sozialliberale Ära, S. 123-145. Erker, Zeitgeschichte als Sozialgeschichte, S. 202-238.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
allem stünden diese Jahre nach »der institutionellen Demokratisierung und der außenpolitischen Westorientierung« vor der »Liberalisierung und Demokratisierung der Gesellschaft«12. Damit wird neben den wirtschaftlichen und politischen Wandlungsprozessen der 1950er und 1960er-Jahre ein gesellschaftlicher Wandel deutlich. Können wir diesen Nachholprozess gesellschaftlicher Liberalisierung auch in der bildlichen Darstellung der Nachwuchswerbung der Bundeswehr erkennen? Welche Aussagen wurden über die Anzeigen- und Plakatwerbung in diesem »Scharnierjahrzehnt« transportiert?
1. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in den Sechzigerjahren Die Geschichte der Bundesrepublik in den 1960er-Jahren kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und somit verschieden periodisiert werden. Die Geschichte der Bundesrepublik ist in besonderer Weise eine Wirtschaftsgeschichte13. So betrachtet stellt dieses Jahrzehnt das Ende einer Rekonstruktionsphase nach dem Zweiten Weltkrieg dar, das mit dem ersten konjunkturpolitischen Einbruch von 1966 zu fassen ist14. Zuvor hatte das sprichwörtliche »Wirtschaftswunder« in den 1950er und 1960er-Jahren die Legitimationsbasis für die sicherheitspolitische Ausrichtung gebildet15. Die wirtschaftliche Prosperität führte seit Mitte der 1950er-Jahre zu einer ständig sinkenden Arbeitslosenzahl, die 1961 erstmals unter ein Prozent fiel. Gleichzeitig verlangte die Wirtschaft nach weiteren Arbeitskräften, die nach dem Versiegen der Flüchtlingsströme aus der DDR seit dem Mauerbau aus angeworbenen Gastarbeitern rekrutiert wurden16. Wirtschaft und Bundeswehr mussten sich entsprechend in den 1960er-Jahren als Konkurrenten auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt empfinden. Dieser Konkurrenzkampf entschied sich aufgrund der stetig steigenden monatlichen Nettoeinkommen17 zu Gunsten der Wirtschaft. Auch auf dem Sektor des Wohnungsbaus erzielte das öffentliche wie private Leben einen kontinuierlich qualitativen wie quantitativen Aufschwung. Es galt das Schlagwort vom »Wirtschaftswunder«, flankiert durch die Phänomene von »Reise- und Fresswelle«. Auch innenpolitisch stellten die 1960er-Jahre eine Art »Scharnierjahrzehnt« dar. Die letzten gesellschaftlichen Entwicklungslinien, die aus dem 19. Jahr-
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Herbert, Liberalisierung als Lernprozeß, S. 30. Ellwein, Krisen und Reformen, S. 42. Zur Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik: Abelshauser, Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945. Kleßmann, Zwei Staaten, eine Nation, S. 22. Ebd., S. 21. Herbert/Hunn, Gastarbeiter und Gastarbeiterpolitik, S. 273-310. Schildt, Materieller Wohlstand, S. 26.
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
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hundert bzw. aus den 1920er/30er-Jahren stammten, liefen aus18. Gleichzeitig nahmen die Zeitgenossen bereits in der ersten Hälfte des Jahrzehnts einen gesellschaftlichen Wandel wahr19. Diese Auffassung versinnbildlichte sich in Bundeskanzler Ludwig Erhards20 bekannt gewordenem Ausspruch: »Die Nachkriegszeit ist zu Ende21!« Vieles war im Fluss: Einerseits stabilisierte sich die Parteienlandschaft, andererseits endete zwischen 1963 und 1969 schrittweise die Vorherrschaft der CDU auf Bundesebene. 1969 stellte die SPD mit Willy Brandt22 erstmals einen bundesdeutschen Kanzler. Aus der Außerparlamentarischen Opposition (APO) heraus formierte sich während der Großen Koalition die »Neue Linke«23. Die anbrechenden 1970er-Jahre standen unter dem Zeichen der Reformvorhaben der Sozialdemokraten, die im Übrigen auch die Bundeswehr betrafen. Diese Zeit überschreibt Manfred Görtemaker als »Umgründung der Republik« und betont damit ebenfalls den Prozess des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels, der seinen Ursprung in den 1960er-Jahren hatte24. Parallel zur allgemeinen Stabilisierung des politischen Systems und zum steigenden Wohlstand formierte sich eine Opposition, deren Aktivisten sich in zahlreichen Gruppierungen sammelten und die politische Bühne in der Bundesrepublik charakterisierten. Nach den ersten Wiederbewaffnungsprotesten keimte die »Kampf-demAtomtod«-Bewegung auf, die um 1958 mit Massendemonstrationen einsetzte, in ihrer Quantität bald abklang, sich aber in kleinen Ostermarschierergruppen bis 1968 hielt und dann mit den Osterdemonstrationen der Studentenbewegung von 1968 verschmolz25. Verschiedene Rüstungsaffären wie die um den Schützenpanzer HS-3026 oder um die FIBAG27 rückten die Bundeswehr zudem in ein schlechtes Licht. Weitere negative »Presse« brachte zeitgleich ein Spiegel-Be18 19
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Mommsen, Der lange Schatten der untergehenden Republik; Sozialgeschichte. Schildt, Materieller Wohlstand, S. 21-53. Siehe auch die Erkenntnisse für den Mediensektor bei Hodenberg, Konsens und Krise, S. 293-360. Ludwig Erhard, *4.2.1897, †5.5.1977, christdemokratischer Politiker, 1949-1963 Bundeswirtschaftsminister, 1963-1966 Bundeskanzler. Aus der Regierungserklärung vom 18.10.1963, abgedr. in: Die großen Regierungserklärungen, S. 122. Willy Brandt, eigentlich Herbert Ernst Karl Frahm, *18.12.1913, †8.10.1992, sozialdemokratischer Politiker, 1969-1974 Bundeskanzler. Für die Phase der Kanzlerschaft siehe Brandt, Begegnungen und Einsichten. Zur »Neuen Linken« siehe Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 275-281. Zum Begriff siehe zeitgenössisch Weiss, Schlagwörter der Neuen Linken. Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 475. Kleßmann, Zwei Staaten, eine Nation, S. 158-162. Siehe auch die »Werbemaßnahmen« der Bundesregierung, z.B. eine Anzeige unter dem Motto »Kampf dem Atomtod in der ganzen Welt«. In: Der Monat, 10, Heft Nr. 116, Mai 1958. Kollmer, Rüstungsgüterbeschaffung; Barth, Rüstung und Öffentlichkeit, S. 219-240. FIBAG steht für Finanzbau Aktiengesellschaft. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, 15, Nr. 23 vom 31.5.1961, S. 40-44, und Der Spiegel, 15, Nr. 44 vom 25.10.1961, S. 52-55, berichtete, der damalige deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Strauß habe seinem amerikanischen Kollegen Thomas Gates die Firma Fibag empfohlen, um in Deutschland mehrere Tausend Wohnungen für die amerikanische Armee zu bauen. Strauß wurde Vorteilsnahme im Amt vorgeworfen, da sein Freund Kapfinger Anteile an der Fibag hielt.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
richt über das NATO-Manöver »Fallex 62«28. Dieser Bericht löste die »SpiegelAffäre« aus29. Nicht nur, dass der »Spiegel« anlässlich des Manövers das NATO-Urteil über die Bundeswehr »zur Abwehr bedingt geeignet« zitierte. Es waren vor allem die Ereignisse auf der politischen Bühne mit den Protagonisten Bundeskanzler Adenauer, Verteidigungsminister Franz Josef Strauß30 und Spiegelherausgeber Rudolf Augstein31, die dem politischen Ansehen Deutschlands schadeten. Der Prozess wegen Landesverrats erschütterte sowohl die politische Landschaft als auch die Bundeswehr, die zusehends im Verdacht stand, eine reaktionäre Linie zu verfolgen. Dies und außenpolitische Ereignisse wie die Kritik an der atomaren Bewaffnung der NATO und vor allem die Ablehnung des von den USA geführten Krieges in Vietnam32 führten schließlich neben anderen Faktoren zur Formierung der APO. Gleichzeitig verdeutlichte die Doppelkrise von Berlin und Kuba 1961/62 die realpolitische Gefahr im Ost-West-Konflikt und zeigte, dass die Bundeswehr im Verbund mit der NATO einen Beitrag zur Abschreckung leistete33. In der Nachwuchswerbung der Bundeswehr dieser Jahre fand die faktische Bedrohung durch den Warschauer Pakt sogar erstmals überhaupt Eingang in die Werbebotschaft. Weitere positive Schlagzeilen brachte der erste nationale Katastropheneinsatz während der norddeutschen Sturmflut von 1962. Die »Spiegel-Affäre« weckte aber nicht nur Kritik an der Bundesregierung und der Bundeswehr, sondern förderte auch die Diskussion um die Meinungsfreiheit der Presse und die Rolle der kritischen Öffentlichkeit an sich34. In diesem Zusammenhang beurteilte die Gesellschaft die Wirtschaftswerbung und
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Der Spiegel, 16, Nr. 41 vom 10.10.1962, S. 32-53. Zu einer Fallex-Übung siehe Dorn, So heiß war der kalte Krieg. Der Spiegel, 16, Nr. 41 vom 10.10.1962, S. 32-53. Zur »Spiegel-Affäre« auch Ellwein, Krisen und Reformen, S. 33-37. Ob dieser Bericht tatsächlich die »Spiegel-Affäre« aus Gründen des Landesverrats auslöste, oder ob lediglich eine Gelegenheit erkannt wurde, die kritische Berichterstattung des »Spiegel« anzugreifen, sei dahingestellt. Franz Josef Strauß, *6.9.1915, †3.10.1988, Politiker der CSU. Teilnahme am Zweiten Weltkrieg als Offizier. 1953-1955 Bundesminister für besondere Aufgaben, 1955-1956 Bundesminister für Atomfragen, 1956-1962 Bundesminister der Verteidigung, 1966-1969 Bundesminister der Finanzen, 1978-1988 Ministerpräsident Bayerns. Ihm folgte als Verteidigungsminister Kai Uwe von Hassel (CDU). Siehe autobiografisch Strauß, Die Erinnerungen. Rudolf Augstein, *5.11.1923, †7.11.2002, Journalist und Verleger. Herausgeber des Wochenmagazins »Der Spiegel«. Mehrfach vor Gericht gestellt, im Zuge der »Spiegel-Affäre« am 26.10.1962 unter Verdacht des Landesverrats in Untersuchungshaft genommen. Vietnamkrieg oder 2. Indochinakrieg. Die USA griffen seit 1964 in den schon vorher bestehenden Konflikt zwischen dem kommunistisch unterstützten Nordvietnam und dem westlich unterstützten Südvietnam ein. Sie schieden 1975 nach massivem innenpolitischen Druck aus dem Krieg aus. Eine der Ursachen des Krieges liegt unter anderem im Verbleib bzw. in der Rückkehr der französischen Kolonialtruppen um 1945/46 begründet. Der im Folgenden zwischen den kommunistischen vietnamesischen Streitkräften (Viet Minh) und der französischen Kolonialarmee ausgetragene 1. Indochinakrieg endete mit der Niederlage der Franzosen bei Dien Bien Puh im Jahre 1954. Thoß, Bedingt abwehrbereit, S. 65-84. Kleßmann, Zwei Staaten, eine Nation, S. 166-172.
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die Kulturindustrie zunehmend kritischer35. Einen vorläufigen Höhepunkt fand diese Entwicklung in der »68er-Bewegung«, deren Auslöser der Erlass der Notstandsgesetze und das Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke gewesen waren36. Die Ursachen hingegen liegen bereits in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre begründet37. Die Angst, in vordemokratische Ordnungssysteme zurückzufallen, bewegte vor allem Studenten. Der damit einhergehende generelle »Faschismusverdacht« richtete sich gegen viele gesellschaftliche und politische Institutionen und berührte auch die Bundeswehr. Sie stand umso mehr unter kritischem Vorbehalt, da den bewaffneten Kräften in Deutschland eine entscheidende Rolle am Zustandekommen der beiden Weltkriege zufiel. So verwundert es nicht, dass gerade die Streitkräfte der Kritik ausgesetzt waren. So trat neben die geringen faktischen Anreize, die der Soldatenberuf im Vergleich zur Wirtschaft bot, häufig eine negative Presse. Einer der ersten Vorfälle, der die Presse beschäftigte und seinen Ursprung innerhalb der Bundeswehr hatte, war die »Nagold-Krise« vom Januar 1962. Eine Fallschirmjägerausbildungskompanie wurde aufgelöst, weil in ihr menschenverachtende Ausbildungspraktiken an der Tagungsordnung waren. Erinnerungen an das Illerunglück von 1957, bei dem 15 junge Soldaten ertranken, kamen wieder hoch. Ein halbes Jahr später folgte die »Spiegel-Affäre«. Das Jahr 1964 schürte mit dem in der Illustrierten »Quick« veröffentlichten Bericht des Wehrbeauftragten Hellmuth Heye38 weitere Spekulationen über einen »Staat im Staate« in der öffentlichen Diskussion39. 1966 schließlich war ein von mehreren Krisen gezeichnetes Jahr. Die Luftwaffe verlor regelmäßig Flugzeuge vom Typ F104 G »Starfighter« durch Absturz40, und die Marine beklagte den Verlust ihres U-Bootes »Hai«, das mitsamt seiner Besatzung unterging41. Im Sommer 1966 unterzeichnete Verteidigungsminister Kai Uwe von Hassel42 den »Gewerkschaftserlass«, der es Gewerkschaften ermöglichte, ihr Informations- und Werbematerial in Kasernen auszulegen. Dieser Erlass, in erster Linie aber die Starfighterkrise und die Auseinandersetzung um die Stellung des Staatssekretärs und die des Generalinspekteurs führten zu erheblichen Protesten innerhalb 35 36 37 38
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Siehe hierzu Kapitel I.3.b. Ellwein, Krisen und Reformen, S. 11-29. Rusinek, Von der Entdeckung der NS-Vergangenheit. Hellmuth Guido Alexander Heye, *9.8.1895, †10.11.1970, Admiral und christdemokratischer Politiker. MdB von 1953-1961. Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags 1961-1964. Siehe auch Schlaffer, Der Wehrbeauftragte. Siehe auch die Ausgabe Der Spiegel, 18, Nr. 26 vom 24.6.1964, die mit »Die Bundeswehr: Ein Staat im Staate?« titelte. Zur »Starfighter-Affäre« siehe zeitgenössisch die Titelgeschichte in: Der Spiegel, 20, Nr. 5 vom 24.1.1966, S. 21-36. Nur ein Matrose überlebte das Unglück. Kai Uwe von Hassel, *21.4.1913 in Deutsch-Ostafrika, †8.5.1997, christdemokratischer Politiker. 1954-1963 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, danach bis 1966 Bundesminister der Verteidigung, 1966-1969 Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, 1969-1972 Präsident des Deutschen Bundestages. Ihm folgte als Verteidigungsminister Gerhard Schröder (CDU). Hassel, Verantwortung für die Freiheit; Speich, Kai-Uwe von Hassel.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
der Bundeswehr und mündeten schließlich in der »Generalskrise«, als Generalinspekteur Heinrich Trettner43 und andere höchste Generale aus Protest ihren Abschied nahmen44. Für weiteren Unmut sorgten Äußerungen von Generälen wie Heinz Karst45 oder Hellmut Grashey, die auf eine vordemokratische Werteorientierung hindeuteten. Seinen Abschluss fand das Jahrzehnt in der »SchnezStudie«46, die der Inspekteur des Heeres, Albert Schnez, 1969 vorlegte und nach der es einer »Umformung der zivilen Gesellschaft an Haupt und Gliedern« nach militärischem Vorbild bedurfte. Die Bundeswehr stand in den 1960erJahren an der Wegscheide zwischen Reaktion und Aufbruch. All diese Ereignisse waren dazu angetan, die Bundeswehr als »hässliches Militär«47, als einen Fremdkörper in der gesellschaftlichen und politischen Verfasstheit der Bundesrepublik Deutschland zu sehen. Aus der Aufzählung einzelner Krisen in den 1960er-Jahren lässt sich kein allumfassendes Stimmungsbild ableiten, dennoch stand die Bundeswehr oft in den Schlagzeilen und dies zumeist aus negativem Anlass. Zudem trat neben das Bild vom »hässlichen Militär« mit den vernichtenden NATO-Urteilen bzw. den Unfällen und Abstürzen der Eindruck einer unfähigen und unprofessionell geführten Armee. Halten wir uns gleichzeitig vor Augen, dass die bundesdeutsche Gesellschaft in dieser Zeit prosperierte und die Wirtschaft qualifizierte Arbeiter und Angestellte entsprechend entlohnte, passte das wahrgenommene Bild des »hässlichen Entleins Bundeswehr« nicht in die allgemeine Stimmungslage. So hatte die Bundeswehr im Vergleich zu der Konkurrenz des freien Arbeitsmarktes im wahrsten Sinne »schlechte Karten«. Wie die Nachwuchswerbung der Bundeswehr mit dieser Situation umging, mit welchen Argumenten sie die Zielgruppe und deren Meinungsbildner ansprach und zu gewinnen versuchte, wird im Weiteren zu sehen sein. Die Bundeswehr hatte aber nicht nur mit einem schlechten »Image«, also einem mentalen Bild zu kämpfen. Die 1960er-Jahre standen insgesamt unter dem Vorzeichen gesellschaftlichen Wandels, dem die Bundeswehr zu begegnen hatte48.
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Heinrich Trettner, *19.9.1907, † 18.9.2006, General. 1925 Eintritt in die Reichswehr. Zunächst bei der Kavallerie, später Pilot in der Luftwaffe, Angehöriger der »Legion Condor«. Im Krieg u.a. Divisionskommandeur in Italien. Amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1956 Eintritt in die Bundeswehr als Generalmajor, bis 1959 NATO-Verwendung. 1960 Kommandierender General des I. Korps. 1964 Generalinspekteur der Bundeswehr. 1966 Bitte um Abschied. Ihm folgte General Ulrich de Maizière. Siehe zeitgenössisch die Titelgeschichte »Aufstand der Generale« in: Der Spiegel, 20, Nr. 36 vom 29.8.1966, S. 17-27. Dem Druck der Starfighterkrise wich der Inspekteur der Luftwaffe Werner Panitzki. Zudem trat Günther Pape, Generalmajor und Befehlshaber im Wehrbereich III zurück. Karst, Das Bild des Soldaten; später Karst, Die Bundeswehr in der Krise. Die »Schnez-Studie« liegt vor in: BA-MA, Bw 1/17333. Siehe hierzu auch Kapitel V.2. Bald, Die Bundeswehr, S. 66. Doering-Manteuffel, Westernisierung, S. 311-341.
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2. Vom Schwinden des Nachwuchses Das beherrschende Problem des Personalmangels in der Bundeswehr wurde ab 1959 spürbar49. In einem ersten Tätigkeitsbericht der Stammdienststelle des Heeres, welche die Personalführung für die Mannschaften und Unteroffiziere übernahm, deutet deren Leiter für das Jahr 1957 keinen Fehl an Längerdienenden an, vielmehr war stellenweise von einem Überhang die Rede50. Gleichwohl war in einem Monatsbericht desselben Jahres bereits zu lesen: »Die Zahl der zur Verfügung stehenden Freiwilligen deckt bei Heer und Marine z.Zt. den Bedarf nicht voll. Bei der Luftwaffe sind ab Oktober Fehlstellen zu erwarten51.« Für das zweite Halbjahr 1958 stellte die Personalabteilung ein nicht ausreichendes Freiwilligenaufkommen bei den Offizieren auf Zeit und technischem Personal fest52. Folglich ergab sich aus diesen ersten frühen Fehlstellen die Forderung nach der Fortsetzung geeigneter Werbemaßnahmen. Obwohl die Bewerberzahlen spätestens seit 1959 spürbar zurückgingen, wurde dieses Manko wohl erst seit Anfang der 1960er-Jahre signifikant53. Doch nicht nur im militärischen Bereich, auch in Hinblick auf zivile Mitarbeiter für die Bundeswehrverwaltung beklagten die zuständigen Dienststellen Personallücken. Vor allem das Reservoir jüngerer Ingenieure sei durch Industrie und Behörden bereits abgeschöpft54. Das Offizierkorps verzeichnete ebenfalls in einigen Bereichen Unterbesetzungen55. Ohne hier genaue Zahlen liefern zu wollen, sanken in den 1960er-Jahren die Bewerberzahlen tendenziell56. Im Unruhejahr 1968 gingen vor allem die Bewerbungen für die Unteroffizierlaufbahn drastisch zurück, was eine Studie auf die zunehmende »Wehrunwilligkeit«
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Gleichwohl fehlen bislang geschichtswissenschaftlich fundierte Untersuchungen zur Personallage und -entwicklung der Bundeswehr. BA-MA, Bw 1/4887. Stammdienststelle des Heeres, Leiter, Az. 11-72, vom 24.3.1958, Erfahrungs- und Tätigkeitsbericht. Zur Personalführung in der Bundeswehr siehe zeitgenössisch Hecht, Handbuch für die Personalstatistik; Krosigk/Czisnik, Die militärische Personalführung. BA-MA, Bw 1/4887, Abteilung III, III-3411/57 NfD, 9.8.1957, Monatsbericht Juli 1957, S. 1. BA-MA, Bw 1/4887, P III 2 an P III 1 vom 2.10.1958. Neben den in der Folge genannten Akten siehe exemplarisch auch folgende mit Hinweisen auf Personalstatistiken: BA-MA, Bw 1/4841, Bw 1/5512, Bw 1/5666, Bw 1/5667. BA-MA, Bw 1/4887, Abteilung III, III-3411/57 NfD, 9.8.1957, Monatsbericht Juli 1957, S. 3 f. Aussagen zur Zahl der Offiziere in: BA-MA, Bw 1/17324 und Bw 1/17333. Beachte hier aber auch das ungeheuer komplexe System der Personalbewirtschaftung. In einigen Bereichen herrschte ein Überhang an Offizieren, in anderen ein Mangel. Pauschalurteile im Bereich des Personalwesen sind kritisch zu hinterfragen. In BA-MA, Bw 1/25488 liegt eine Studie vor über »Die Personallage der Offiziere in der Geschichte und in der Bundeswehr – 1967«. Verteilt von P II 1 Az.: 16-10-01 vom 15.6.1967. Eine historische Studie, die sich der personellen Entwicklung der Bundeswehr zuwendet, fehlt bislang.
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zurückführte57. Eine Begründung, deren »berufsethisches« Argument sich in der Anzeigenwerbung jener Jahre wiederfinden wird. Zwischen 1962 und 1970 lag das durchschnittliche Defizit bei Offizieranwärtern bei etwa 16 Prozent58. Bei den Unteroffizieren mit und ohne Portepee betrug das Defizit 1970 runde 21 bzw. 15 Prozent59. Die Rahmenbedingungen, mit denen die Nachwuchswerber indirekt bereits früh zu kämpfen hatten, lagen nicht nur in einer womöglich gesellschaftlich geringen Attraktivität des Soldatenberufes begründet, sondern auch in den geringen faktischen Anreizen, die sich für potenzielle Bewerber durch weitere negative Nachrichten zu bestätigen schienen: So stellte ein Zustandsbericht des I. Korps von 1963 einen unmittelbaren »Zusammenhang zwischen der unzureichenden Wohnungslage und dem Absinken des Uffz-Bestandes« her. Die lokale Presse berichtete über kostspielige Gefängnisneubauten, wohingegen keine Mittel für den Wohnungsbau der Bundeswehr zur Verfügung stünden60. Dies vermochte keine Anreize für Freiwillige zu setzen! Erste Analysen zur Personalsituation von 1959 sprachen das Feld der Freiwilligenwerbung und die Nachwuchsprobleme an: Grundsätzlich sei es unerheblich, ob die Werbung »außerhalb oder innerhalb der Bundeswehr«61, also durch externe Agenturen oder durch interne Werbebüros gesteuert und durchgeführt würde. Für einen ausgelernten jungen Menschen schaffe das Einkommen in der Bundeswehr keine Anreize. Wenn ein solcher Facharbeiter Soldat werde, verspräche sich dieser von seiner Dienstzeit eine Weiterbildung in und für seinen Zivilberuf. Es folgt eine für diese Zeit bemerkenswerte Einschätzung, die von der Betrachtung in Kapitel III gestützt wird: Die Facharbeiter »gehen dabei nicht von ›berufsethischen‹ Erwägungen, sondern sehr nüchtern von der Erkenntnis aus, daß sie um so mehr an der allgemeinen Prosperität partizipieren können, je mehr sie in ihrem Beruf leisten. [...] Als Ergebnis der Analyse kann für beide Gruppen festgehalten werden, daß durch den Dienst in der Bundeswehr keine Erhöhung des gegenwärtigen Einkommens zu erreichen ist, also kein finanzieller Anreiz für die Freiwilligenwerbung gegeben ist. Der Anreiz liegt vielmehr in der Möglichkeit, durch den Dienst in der Bundeswehr in Verbindung mit der Versorgung – Berufsförderung und Dienstzeitversorgung (Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfe) – zukünftig, d.h. nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr, zu einer quali-
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BA-MA, Bw 1/113887, Fü S I vom 20.2.1969 an den Stellvertreter des Generalinspekteurs, S. 8. Demnach sank das Aufkommen an Freiwilligen für die Laufbahnen der Mannschaften und Unteroffiziere 1968 im Vergleich zu den Vorjahren um fast die Hälfte. Siehe auch Neuordnung der Ausbildung, S. 198. Neuordnung der Ausbildung, S. 195. Dieses Ergebnis wird im Jahr 1966 mit einem Plus von 54 Prozent bei Weitem übertroffen. Als Gründe wurden das Kurzschuljahr mit zwei Abiturjahrgängen in einem Kalenderjahr, als auch das Nachlassen der wirtschaftlichen Konjunktur angeführt. Ebd., S. 197. BA-MA, BH 7-1/34, I. Korps, G 3 Az.: 11-72, TgbNr. 713/63 geh. vom 22.3.1963. Siehe auch die in diesen Jahren sich stetig verbessernde private Wohnungsmarktlage. BA-MA, Bw 1/315310, VR I 7. Az.: 37-20-00 vom 21.10.1959, S. 1.
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fizierteren Tätigkeit und damit zu einem höheren Einkommen als vor dem Eintritt in die Bundeswehr zu kommen62.« Unterlegt wurden diese Aussagen mit Zahlenmaterial, nach welchem nur knapp 15 Prozent den Soldatenberuf aus Neigung ergriffen, etwa 15 Prozent Soldat wurden, um einen Zulassungsschein für den Öffentlichen Dienst zu erhalten, aber jeweils etwa 35 Prozent hofften, eine Fortbildung im erlernten Beruf zu erfahren bzw. einen Berufswechsel durchführen zu können63. Gerade aber jene Soldaten der letzten beiden Gruppen, die aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung in der Truppe eben keine Vorteile für sich hatten erwerben können, neigten dazu, sich nicht weiter zu verpflichten und wirkten zudem in der Gesellschaft als enttäuschte Multiplikatoren. Um einen Anreiz zu setzen, schlugen bereits 1959 zivile Verwaltungsangestellte (!) der Bundeswehrverwaltung vor, die Attraktivität des Dienens durch weitreichende Maßnahmen zur Berufsförderung zu erhöhen64. Auch andere Referate machten sich Gedanken zur Verbesserung der Nachwuchswerbung. Die diesbezügliche Stellungnahme des Personalreferates P III 1 – hier spricht also das Militär – vom Mai 1959 wies dabei in eine ganz andere Richtung. Es wurde vorgeschlagen, »Unterführervorschulen« zu schaffen, in welchen junge Männer als Lehrlinge nicht militärisch, sondern fachlich und handwerklich bis zur Gesellenprüfung ausgebildet werden sollten65. Im Januar 1963 legte ein Referat im Führungsstab des Heeres eine Studie zur »Behebung des Unteroffiziermangels im Heer« vor, in der alle Denkstrukturen zutage traten66. Demnach schwand der Prozentsatz des Stellenplansolls der Unteroffiziere seit 1959 kontinuierlich. Waren 1959 noch beinahe 75 Prozent aller Unteroffizierstellen besetzt, sank die Zahl bis 1963 auf 67 Prozent, gleichzeitig gingen auch die Bewerbungen bei den Kommandos der Freiwilligenannahmestellen zurück67. Die Vorschläge zur Behebung des Unteroffiziermangels von 1963 lassen sich in den Aussagen mit den Vorschlägen von 1873 vergleichen68. Verbesserungen sollten auf wirtschaftliche, dienstliche und rechtliche Besserstellungen abzielen, die Ausbildung aber auch die Hebung des Sozialprestiges und des öffentlichen Ansehens fördern, also jene Bereiche, die das Bild des Soldaten in der Öffentlichkeit bestimmen. Ferner wurde vorgeschlagen, einen »Hilfsdienst für den Unteroffizier« einzuführen, was mit dem handschriftlichen Kommentar »Sind wir schon wieder so weit?« versehen wurde. Dies mag ein erster Hinweis auf die »Richtungskämpfe« innerhalb der Bundeswehr zwischen den »Reformern« und den »Traditionalisten« sein: »Es erzieht zur Verantwortung und hebt sein Ansehen, wenn dem Unteroffizier gestattet wird, sich gegen Entgelt von einem seiner Soldaten helfen zu 62 63 64
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Ebd., S. 1-3. Ebd., S. 4. Ebd., S. 10 f. Als Beispiele seien Vorschläge zur Verbesserung von Bundeswehrfachschulen und des Berufsförderungsdienstes genannt. BA-MA, Bw 1/315310, P III 1, Az.: 33-01 vom 16.5.1959. BA-MA, Bw 1/315307, Fü H I 2. BA-MA, Bw 1/315307, Gutachten, S. 5 f. Siehe Kapitel II.1.b.
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lassen (Stiefelputzen, Sacheninstandhalten, Bettenmachen, ggf. Waffenreinigen). Freiwillige für diese Arbeiten finden sich immer und der Gruppenführer, dessen Freizeit ohnehin knapp bemessen ist, wenn er seine Aufgaben ernst nimmt, gewönne dadurch Zeit, sich vermehrt seinen Soldaten zu widmen und sich um Fahrzeuge, Waffen und Gerät seiner Gruppe, seinen Panzer, sein Geschütz, seinen Trupp zu kümmern. Es ist sicher auf diese Dinge zurückzuführen, daß zum Beispiel die englische Armee einen Nachwuchsmangel nicht in dem Umfange kennt wie wir69.« Aber auch die Änderung der Uniformen wurde gefordert, so zum Beispiel die (Wieder)Einführung der Tressen für die Unteroffiziere, »weil die Abzeichen großer Unteroffiziere jetzt für kleinere Soldaten kaum zu erkennen sind«70 (!) Aber auch die Einführung von Leistungsabzeichen und Schießschnüren wurde vorgeschlagen, denn: »Die beste Werbung für Freiwillige und Unteroffiziernachwuchs ist ein straffer, gut organisierter Dienst in einer disziplinierten Truppe mit gutem Geist und hohen Anforderungen71.« Diese tendenziell reaktionäre Einstellung findet sich außerhalb des Fachreferats Nachwuchswerbung häufig und erinnert an die Vorstellungen älterer deutscher Armeen72. In diesem Zusammenhang muss auch die vom Führungsstab des Heeres immer stärker betriebene »Nachwuchswerbung durch die Truppe« bewertet werden. Der Grundsatz »jeder Truppenteil wirbt seine Freiwilligen selbst«73 hatte sich anscheinend als richtig erwiesen, »denn nur sie [die Truppe] kann durch Gespräch und persönlichen Augeschein Vorurteile überwinden und überzeugen«74. Diese Einstellung des Führungsstabes des Heeres spiegelt sich auch in der Weisung für die Öffentlichkeitsarbeit für das Jahr 1964 wider. Durch eine unablässige Öffentlichkeitsarbeit sollte »unser Volk in zunehmendem Maße die Forderungen der militärischen Verteidigung anerkennen und begreifen«75. Als Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit verstand der Führungsstab des Heeres »korrektes, diszipliniertes Auftreten des Einzelnen«, aber auch die »Rücksichtsnahme und Höflichkeit im Straßenverkehr« (!), denn sie »kann entscheidend zur Erhöhung des Ansehens der Bundeswehr in der Öffentlichkeit beitragen«76. Dieser Einstellung fehlte jegliche Einsicht in die auch schon Mitte 69 70
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BA-MA, Bw 1/315307, Gutachten, S. 29. Ebd. Eine zeitgenössische Reaktion bei Middeldorf, Bundeswehr und Offiziernachwuchs, S. 584. Der Verfasser war am Zustandekommen der »Schnez-Studie« beteiligt und zog als General in Unna diejenigen Hauptleute zusammen, die ein Dokument verfassten, das die angekündigten Reformen unter Helmut Schmidt ablehnte. Siehe hierzu Bald, Die Bundeswehr, S. 89, vergleiche Kapitel V.2. BA-MA, Bw 1/315307, Gutachten, S. 31. Vgl. diese Auffassung auch mit Kapitel II.1.c). BA-MA, Bw 1/5581. So auch im Jahresbericht 1962 des Leiters der Stammdienststelle des Heeres (SDH) vom 31.12.1962, dort S. 2, Ziffer 1. Demnach erkennt die SDH einen wesentlichen Werbungsfaktor in »der Stärkung des Vertrauens des Soldaten aller Dienstgrade zu ihren Disziplinarvorgesetzten und den personalbearbeitenden Stellen«. BA-MA, Bw 1/157957, BMVg Fü H I 3, Az.: 01-55-01 vom 30.5.1961, S. 1. Ebd. BA-MA, Bw 1/73709, BMVg, FÜ H I 3, Az.: 01-60-00 vom 12.3.1964, S. 1. Ebd.
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der 1960er-Jahre existierenden Methoden und Arbeitsweisen einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit. Letztlich erkannten die verschiedenen Stellen im Bundesministerium für Verteidigung, dass der Nachwuchsmangel auf fehlende Anreize wie Geld und die Möglichkeit zur Berufsausbildung, aber auch auf Aspekte wie Prestige und Ansehen zurückging. Ausflüchte ins Pathetische oder Ethische halfen da nichts. In der Werbung für die 1960er-Jahre ist dies zu erkennen. Auch in der Truppe machte sich der Nachwuchsmangel bemerkbar. In verschiedenen Beiträgen offiziöser Zeitschriften gingen Autoren aus der Truppe dem Problem des Personalmangels auf den Grund77. Tenor war, dass die bisherigen Mittel und Methoden der Freiwilligenwerbung nicht ausreichten78. Auch hier wurde zwar konstatiert, dass die beste Werbung nach wie vor Geist, Haltung und Auftreten der Truppe sowie einzelner Vorbilder seien79, aber auch materielle Anreize zum Dienen80 geboten werden müssten. Ob es dabei wirklich damit getan gewesen wäre, den Soldaten und ihren Angehörigen verbilligt Urlaub in den NATO-Staaten anzubieten, indem dort Campingplätze und Ferienheime bereitgestellt und die Teilnahme an der ausländischen Truppenverpflegung ermöglicht worden wäre, bleibt allerdings zu bezweifeln81. Das Referat zur Freiwilligenwerbung erkannte, dass der Nachwuchsmangel in engem Zusammenhang mit der Lage des Arbeitsmarktes einerseits, aber auch mit der Attraktivität des Produktes »Bundeswehr« zusammenhing. Aufgrund der Erkenntnisse aus demoskopischen Erhebungen und den oben genannten Analysen und Gutachten musste die Bundeswehrführung Maßnahmen ergreifen, um den Soldatenberuf attraktiver zu gestalten. Der Freiwilligenwerbung kam dabei die Aufgabe zu, dies nach außen zu kommunizieren. Wie sie das tat, und vor allem wie sie organisatorisch darauf reagierte, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.
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Langer, Werbung von Bw-Arbeitern tut not; Middeldorf, Bundeswehr und Offiziernachwuchs; Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr; Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr (Fortsetzung). Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr (Fortsetzung), S. 584. Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr, S. 517. Hervorzuheben ist bei Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr (Fortsetzung), S. 584, in diesem Zusammenhang das Wort »Dienen«. In diesem Gebrauch spiegelt sich eine bestimmte Auffassung wider, die den Soldatenberuf als Berufung und nicht als Beruf wahrnahm. So der Vorschlag bei Niggemeyer, Der Personalmangel in der Bundeswehr (Fortsetzung), S. 584.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
3. Die Wehrwerbung zwischen Gut und Böse Über die Organisation der Freiwilligenwerbung in den 1960er-Jahren ist nur wenig bekannt. Die entsprechenden Akten wurden größtenteils kassiert82.
a) Erste Rufe nach Wissenschaftlichkeit Mit der so genannten Nachfasswerbung begann sich in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre eine bestimmte Form der Werbung zu entwickeln. Ihr Ziel war das Generieren von Kontakten über Coupons. Einsender des entsprechenden Alters wurden von nun an mit speziellen Broschüren bedient83. Diese Broschüren dienten der »Personal-Basis-Werbung«, einer Art Klima- oder »goodwill«-Werbung84. Hier erhielt der Interessent Informationsmaterial, mit dem er seine Kenntnisse über die Bundeswehr vertiefen konnte. Zweck der Broschüren sollte es sein, alte und neue Vorurteile über die bundesdeutschen Streitkräfte auszuräumen, über Rechte und Pflichten des Soldaten zu informieren, die Bundeswehr in ein größeres Ganzes der westlichen Verteidigungsanstrengungen einzubetten und letztlich »die Einordnung der Bundeswehr oder die Integration der Institution Bundeswehr in unser Staatsgefüge [zu] beweisen«85. Seit wann solche Publikationen erstellt wurden, ist nicht eindeutig zu rekonstruieren. Schon in den Anfangstagen der Freiwilligenwerbung existierten mit Merk- oder Hinweisblättern vergleichbare Instrumente; aber auch kleinere Schriften, die einzelne Waffengattungen vorstellten, lagen vor86. Die Herstellung bzw. Aktualisierung solcher Broschüren fiel in der Regel in den Aufgabenbereich der zuständigen Gruppe im Bundeswehramt87. Solchen Prospekten kam ein zentraler Stellenwert zu; so sollte durch den Prospekt »Technik in der Bundeswehr« für die beworbenen Mangeltruppen des
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Nachweis des Kassierens in: Findbuch BA-MA, Bw 2, S. 176. Eine erste Formulierung dieses Vorgehens findet sich bereits 1960: BA-MA, Bw 1/101561, Fü B VII 2, Az.: 01-55-05-31 vom 19.1.1960. BA-MA, Bw 1/73678, Konzept des Personal-Basis-Prospekts der Werbeagentur Hermann Bruder KG von 1966, S. 1. Ebd. Als Beispiel einer solchen Drucksache siehe die Heftreihe »Unser Heer«. Das Heft Nr. 1 »Unser Heer« gab Aufschluss über Laufbahnen, Ausbildungsphasen, Beförderungsrichtlinien, Berufsförderungsmaßnahmen, Besoldung und Abfindungszahlungen für Längerdienende. Diese Information stammt aus Heft Nr. 12 »Gebirgsdivision«, im Besitz des Verfassers. In: BA-MA, Bw 1/664 siehe die Broschüren »Fähnrich – Offizier von Morgen. Offizier – Laufbahnen in der Bundeswehr«, hergestellt von der Werbeagentur Dr. Grupe 1957, sowie die Reihe »Berufssoldat und Soldat auf Zeit in der Bundeswehr« von 1957 für jede der TSK. Einen Überblick über solche Drucksachen bietet BA-MA, Bw 1/73678, Bundeswehramt Arbeitsgebiet Allg. Militärische Fragen, Grp. Nachwuchswerbung vom 3.11.1969. Auch BA-MA, Bw 1/25966.
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Heeres der »berufsnahe Dienst« besonders herausgestellt werden88. Auch für die Marine lag solch eine Broschüre unter dem Titel »Zivilberufe im Spiegel der Bundesmarine« vor. Sie war reich illustriert und an die Plakatmotive zur Freiwilligenwerbung für die Marine angelehnt89. Auch hier stand die werbliche Aussage der beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten in der Bundeswehr im Vordergrund. Dass die angespannte Personalsituation und die Rolle, die der Führungsstab der Streitkräfte VII dabei spielte, bisweilen den Bundesminister direkt beschäftigten, geht aus einem Vermerk zu einem Vortrag vor dem Minister zur Lage der Nachwuchswerbung vom Sommer 1966 hervor90. Der Leiter des Führungsstabes der Streitkräfte VII, Oberst i.G. Dr. Karl-Christian Trentzsch91, forderte im Rahmen dieses Vortrages, »daß die Wehrwerbung sich zunehmend wissenschaftlicher Methoden bedienen müsse und daß die Werbung auch auf dieser Grundlage durchgeführt«92 werden müsste. Dass Entwicklung und Differenzierung der Freiwilligenwerbung seit Ende der 1950er-Jahre noch nicht wesentlich fortgeschritten waren, wird an der Bewertung der Media-Planung deutlich. Demnach waren vor allem Illustrierte und Schülerzeitungen als Werbeträger von besonderer Bedeutung, auch wenn diese »sich gelegentlich kritisch mit der Bundeswehr befassen«93. Die Funktionalität der Werbemaßnahmen wurde allein anhand der Coupon-Rückläufe gemessen, d.h. dass einzig zwischen dem Umfang der Werbetätigkeit und dem Bewerberaufkommen Wechselbeziehungen angenommen wurden94. Fragen nach den Motivationen der Bewerber und der Strategie der Freiwilligenwerbung erhielten – so es die spärliche Aktenüberlieferung zu beurteilen erlaubt – erst allmählich einen wissenschaftlichen Untersuchungsrahmen. In der gleichen Sitzung billigte der Bundesminister auch das künftige Corporate Design sowie Logo der Bundeswehr, das zunächst in der Freiwilligenwerbung seinen Platz fand: das Eiserne Kreuz95.
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BA-MA, Bw 1/315311, Fü B VII 6, Az.: 01-55-04-10 vom 3.11.1962. Siehe auch den Prospekt »Der Zeit voraus. Der Wehringenieur heute«, Stand Februar 1965. Hrsg. durch BMVg, P II 1. BA-KO, B 145/3422. BA-MA, Bw 1/113887, S VII/S VII 5, Az.: 01-55-01-20 vom 27.6.1966 an den Generalinspekteur. Oberst i.G. Dr. Karl-Christian Trentzsch ist Verfasser verschiedener Schriften mit »aufklärendem« Charakter. Dabei bediente er sich wohl u.a. des Pseudonyms Christian Herms. Herms, Für und Wider die Bundeswehr; Trentzsch, Der Soldat und der 20. Juli; Trentzsch, Bundeswehr und Öffentliche Meinung. BA-MA, Bw 1/113887, S VII/S VII 5, Az.: 01-55-01-20 vom 27.6.1966 an den Generalinspekteur, S. 1. Ebd., S. 4. Ebd., S. 4, »je mehr z.B. inseriert wird, desto stärker der Couponeingang, dem im ganzen gesehen auch ein Anstieg der Bewerberzahlen folgt und umgekehrt«. BA-MA, Bw 1/113887, S VII/S VII 5, Az.: 01-55-01-20 vom 27.6.1966 an den Generalinspekteur, S. 3.
192
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
b) Die Demoskopie als Allheilmittel Ein Mittel zur wissenschaftlichen Analyse der Motivationsstruktur der Zielgruppe war die Demoskopie. Offenbar wurde sie schon seit 1960 durch das Bielefelder Institut EMNID in Form von Kurzbefragungen96 durchgeführt und ab 1961 als »Untersuchung einer Repräsentativgruppe von jungen Männern, deren soziologische Daten sie zur Zielgruppe einer Werbung der Bundeswehr als Nachwuchs für Unterführer und Zeitsoldaten ausweisen«, ausgeweitet97. Diese ersten demoskopischen Untersuchungen geben allerdings nur eine Ahnung von der Intensität, mit der seit den 1970er-Jahren auf diesem Feld gearbeitet wurde. Bereits die Umfragen von 1960 beleuchteten teilweise die Motivation, sich freiwillig in der Bundeswehr zu verpflichten. Obwohl etwa ein Drittel der jungen Männer dazu neigte, sich länger zu verpflichten98, hielt knapp die Mehrheit den Beruf des Soldaten für keinen »echten« Beruf und bezweifelte, ob als Soldat eine gesicherte wirtschaftliche Existenz zu erreichen sei99. Ferner kritisierten die Befragten mit der zu niedrigen Bezahlung ein weiteres Mal einen ökonomischen Anreiz, nannten aber auch die als unkleidsam empfundene Uniform als einen Hemmschuh100. Als Anreiz hingegen wirkten Argumente von Kameradschaft, vielseitigem Sport, moderne Technik und der Geist der soldatischen Gemeinschaft101. Darüber hinaus gaben demoskopische Untersuchungen Auskunft über die Wirkung der zentralen Werbemaßnahmen102. Die bisherigen Werbelinien, die Mediaselektion und die Streupläne wurden als zweckmäßig eingestuft, da die Zielgruppe zu einem hohen Prozentsatz erreicht werden konnte103. Aber warum mangelte es dann weiterhin an Nachwuchs? Vielleicht deutet diese Feststellung darauf hin, dass die Umworbenen zwar die Werbung der Bundeswehr wahrnahmen, sich aber vom Produkt »Bundeswehr« in jenen Tagen nicht überzeugen ließen. Vieles spricht für diese Annahme, folgt man weiteren demoskopischen Untersuchungen. Die Umfragen von 1965 zielten in erster Linie auf die Einstellung der Zielgruppe zur Bundeswehr und tangierten häufig ideelle Inhalte wie »Gibt es Ihrer Meinung nach eine Idee, für die es lohnt, sich einzusetzen?« oder »Wie beurteilen Sie den Weltkommunismus?«. Die Gründe, die dazu führten, dass sich 96
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Die Ergebnisse dieser Kurzbefragungen liegen im Bestand BA-MA, Bw 1, immer wieder vereinzelt vor. Eine beinahe vollständige Übersicht findet sich in: BA-MA, Bw 1/382523. BA-MA, Bw 1/114720, Junge Männer zwischen 17 und 29 Jahren zum Unteroffizierberuf, EMNID 1965, S. 1. Die Untersuchungen von 1961 und 1963 liegen in dieser Akte nicht vor. Sie werden in einer Untersuchung von 1965 angesprochen. BA-MA, Bw 1/382523, Folge Nr. 7. Ebd., Folge Nr. 5. Ebd., Folge Nr. 4. Ebd., Folge Nr. 3. BA-MA, Bw 1/6681, Fü B VII 6, Az.: 01-55-01-60, Demoskopische Information 1963 vom 28.1.1964. Ebd., S. 11. Die Anzeigenwerbung erregte die meiste Aufmerksamkeit.
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
193
die Befragten nicht für längere Zeit verpflichteten, so das Ergebnis, gingen weniger auf eine Kritik an der Bundeswehr zurück, als vielmehr auf die Anziehungskraft anderer Berufe außerhalb der Streitkräfte104. Das Fazit der Untersuchung weist ebenfalls auf diesen Umstand hin; warum verpflichteten sich also Männer in der Bundeswehr? »die Gründe sind finanzieller Art, orientieren sich an der Möglichkeit, etwas fürs Leben zu lernen oder sind motiviert durch Interesse an der Sache. Einstweilen überwiegen die finanziellen Gründe stark. Wie weitgehend die beiden übrigen genannten Gründe künftig im Vordergrund stehen werden, dürfte sich aus der Entwicklung des ›inneren Klimas bei der Bundeswehr‹ selbst ergeben. Es besteht ein grundsätzlicher good-will gegenüber der Bundeswehr auch bei denjenigen, die nur ihren Wehrdienst abgeleistet haben. Kritik am Dienst oder an Einzelheiten des Bundeswehrdaseins rangiert weit hinter der Tatsache, dass der Bundeswehr andere Berufspläne vorgezogen werden. Die Bundeswehr befindet sich eben – genauso wie andere staatliche Institutionen – in hartem Wettbewerb auf einem angespannten Arbeitsmarkt105.« Darüber hinaus glaubte die Untersuchung aber bereits zum damaligen Zeitpunkt, den Einfluss von so genannten Meinungslenkern ausgemacht zu haben. Eltern und Lehrern kam dabei ein großer Stellenwert zu106. Bereits 1966 führte EMNID eine Einzelstudie über den Einfluss von Bezugspersonen auf den Entschluss zum freiwilligen Dienst in der Bundeswehr durch107. Auch diese Studie untersuchte die Argumente für oder gegen eine längere Verpflichtung. Erneut bestätigte sie, dass die Motive für eine mögliche längere Verpflichtung keine ideellen Hintergründe oder eine mögliche Kriegsgefahr sondern vielmehr persönlicher Art seien: Es ginge darum, eine Zeit lang versorgt und unabhängig vom Elternhaus zu sein und eine mögliche Berufsausbildung sowie Abfindungsgelder zu erhalten. Anlass zur Bewerbung konnte auch der Versuch sein, einen sozialen Abstieg abzufangen. Was die Rolle der Meinungsbildner anbelangte, kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Familie von entscheidender Bedeutung sei. Im Untersuchungszeitraum wirkte sich die Bezugsgruppe Familie jedoch eher hemmend denn befürwortend auf den Entschluss zur Verpflichtung aus. Die Bedeutung des finanziellen Anreizes wird im folgenden Zitat erneut deutlich: »Verdient die Familie gut und ist die berufliche Lage in Ordnung, so wirkt sie einer längeren Verpflichtung des Sohnes entgegen. Bedeuten aber Wehrsold und Abfindung finanzielle Vorteile, ist die berufliche Situation des Sohnes untergeordnet oder ist die Familie nicht imstande, ihren Angehörigen eine gute Ausbildung zu sichern, so wird der längeren Verpflichtung
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BA-MA, Bw 1/114720, Junge Männer zwischen 17 und 29 Jahren zum Unteroffizierberuf, EMNID 1965, S. 21. Ebd., S. 22. Ebd., S. 10, 16. BA-MA, Bw 1/114720, Der Einfluss der personellen Kontakte (Bezugspersonen u. Bezugsgruppen) auf den Entschluss zum freiwilligen Dienst i.d. Bundeswehr, EMNID 1966.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
zugestimmt. Dabei setzt sich die Familie häufig auch gegen den Willen des Sohnes in dieser wie in jener Richtung durch108.« Hieraus wird erneut nicht nur der Stellenwert der finanziellen Anreize deutlich, sondern auch die Bedeutung, die die Nachwuchswerbung später der Gruppe der Meinungsführer beimaß. Bemerkenswerterweise kommt EMNID in dieser Umfrage zu der Feststellung, dem Für und dem Wider einer Verpflichtung lägen jeweils die gleichen Ursachen zugrunde, sie seien lediglich unterschiedlich akzentuiert: berufliche Weiterbildung versus finanzielle Gründe109. 1967 kam ebenfalls eine EMNID-Untersuchung zu der Einschätzung, dass die ungediente Zielgruppe der Wehrpflicht als solcher zwar positiv gegenüberstünde, dass diese Affinität jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung zur Verpflichtung habe. Vielmehr hänge diese davon ab, »ob der Wehrdienst dem einzelnen in seine Berufspläne passt oder nicht110.« Inwiefern diese Ergebnisse tatsächlich von den zuständigen Stellen inhaltlich angenommen und umgesetzt wurden, bleibt, was die Aktenbestände anbelangt, im Dunkel. Die besprochenen Bildquellen jedoch weisen darauf hin, dass diese Probleme bekannt waren und sich um eine Lösung bemüht wurde. In diesem Fall können uns die Bilder also helfen, Lücken in der schriftlichen Überlieferung zu schließen. Der Zusammenhang zwischen der Konkurrenz des freien Arbeitsmarktes und dem Versuch, gerade bei Ausbildung und Berufswahl Anreize zu setzen, tritt deutlich in den Vordergrund. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts begann der Vergleich des Dienstes in der Bundeswehr mit dem Job in der Wirtschaft auf allen Ebenen. Als erste Anzeigenlinie stand dafür »Unteroffiziere – Meister ihres Faches«111 Pate. Sie baute bewusst auf die Doppeldeutigkeit im Slogan, der sowohl auf das militärische Handwerk als auch auf die weiterführende Ausbildung zum Handwerksmeister anspielte. Der Impuls für die Betonung dieser Inhalte ging offenbar vom angenommen Bedürfnis der Zielgruppe aus. Wenn also von einer Beeinflussung im Zusammenhang mit der Nachwuchswerbung gesprochen wird, bleibt festzustellen, dass weit mehr die vermeintliche Einstellung der Zielgruppe das in der Werbung angebotene Bild beeinflusste, als dass die Bundeswehr über die präsentierten Bilder versuchte, die Zielgruppe zu beeinflussen. Wir gehen davon aus, dass der nötige Anstoß zur Umsetzung dieser demoskopischen Daten aus den Werbeagenturen stammte. Diese erhielten zur Vorbereitung der Präsentation ihrer entwickelten Werbelinien die Ergebnisse solcher Umfragen zur Verfügung gestellt.
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Ebd., S. 11. Ebd., S. 6. BA-MA, Bw 1/114720, Die Jungen Männer zwischen 17 und 29 zum Dienst als Soldat auf Zeit, EMNID 1967, S. 8. Diese Anzeigenlinie ist abgedruckt in: Gonsior, Untersuchung der Anzeigen, S. 165-178. Ebenfalls in: Der Stern, Heft Nr. 33 vom 18.8.1968.
Abb. 30: Werbeplakat des Heeres Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 31 Werbeplakat der Marine Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 32: Werbeplakat der Luftwaffe Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 33: Ankündigungsplakat für die Wanderausstellung »Unser Heer« Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 34: Ankündigungsplakat für die Wanderausstellung »Unsere Marine« Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 35: Ankündigungsplakat für die Werbewanderausstellung »Unser Sanitätsdienst« Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 37: Ankündigungsplakat für die Wanderausstellung »Unser Heer« Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 36: Werbeplakat Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 39: Werbeanzeige um 1961 SKA/IMZBw
Abb. 38: Ankündigungsplakat für die Wanderausstellung »Unsere Marine« Anfang der 1960-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 40: Werbeanzeige um 1961 SKA/IMZBw
Abb. 41: Plakat anlässlich des zehnten Jahrestages der Aufstellung der Bundeswehr SKA/IMZBw
Abb. 42: Werbeanzeigen um 1961 SKA/IMZBw
Abb. 43: Werbeanzeige um 1964
Abb. 44: Werbeanzeige um 1964
SKA/IMZBw
SKA/IMZBw
Abb. 45: Werbeanzeige um 1964 SKA/IMZBw
Abb. 46: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 47: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 48: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 49: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 50: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 51: Werbeanzeige um 1965 SKA/IMZBw
Abb. 52a: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 52b: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 52c: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 53: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 54: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 55: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1967 SKA/IMZBw
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
211
Die Bundeswehr war – wenigstens auf diesem Feld – mitten in der pluralistischen Gesellschaft angekommen und passte sich den gesellschaftlichen Gegebenheiten an, indem sie die Mittel, die die Gesellschaft bot, für sich nutzte.
c) Die Anfänge der Professionalisierung Aufschlussreiche Neuerungen ergaben sich aus einem Strategiepapier, das die Werbeagentur Dr. Hegemann 1968 unterbreitete112. Dieses Strategiepapier fertigte die Agentur nach eigenen Angaben im Auftrag des BMVg unter der Fragestellung »Nachwuchs-Werbung für die Bundeswehr 1968/69« an. Es weist auf zwei Dinge hin: Zum einen auf den Einfluss, den die externen Agenturen hatten, zum anderen wird erstmalig ein Prinzip in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr deutlich, das für den gesamten Untersuchungszeitraum und auch noch darüber hinaus bezeichnend bleiben wird und uns einen Einblick in die Funktionsweise moderner Wirtschaftswerbung erlaubt: Es ging zusehends weniger um die Frage, wie sich das Militär selbst sah und welches Bild es präsentiert wissen wollte, sondern um die demoskopische und psychologische Frage, wie die Zielgruppe medial erreicht werden konnte! Als Ziel definierte die Werbeagentur, längerdienende Freiwillige für die Bundeswehr zu werben, dabei auf die Gruppe der 16- bis 19-Jährigen zu zielen und weiteren Einfluss auf die »beratende Gruppe«, die so genannten opinion leaders, auszuüben113. Dr. Hegemann ging dabei in der Situationsanalyse innerhalb der Zielgruppe von folgender Überlegung aus: »Die Jugend ist nüchtern und überwiegend materiell orientiert. Jugendliche suchen Berufe, die Sicherheit, soziales Ansehen und möglichst hohe Entlohnung bieten. Der Dienst in der Bundeswehr gilt als störende Unterbrechung der beruflichen Laufbahn. Insbesondere eine längere Dienstzeit wird als Minderung der Chancen im Zivilberuf angesehen. Die Entlohnung bei der Bundeswehr gilt als gering.« Gleichzeitig bewertete die Werbefirma den Einfluss der opinion leaders als negativ, weil diese von Wehrmachts- und Kriegserlebnissen geprägt seien. Tatsächlich sei der Dienst als längerdienender Soldat weit von diesem Klischee entfernt, und der Längerdienende sei fast ausschließlich technischer Spezialist. Zudem seien die Ausbildungsmöglichkeiten in der Bundeswehr sehr attraktiv, was die zivile Verwendbarkeit des Erlernten nach sich zöge. Genau hieraus sei ein Vorteil zu schlagen, und die Agentur folgerte für die Aufgaben der Freiwilligenwerbung: »Die Bundeswehr muß als Ausbildungsstätte und als Arbeitgeber für interessante und vielseitige Berufe dargestellt werden. Die Verwandtschaft zwischen Bundeswehr und Wirtschaft hinsichtlich der Aufgaben (Produktion von Sicherheit) sowie der Arbeitsmethoden (modernste Technik, Teamwork, 112
113
BA-MA, Bw 1/73643, Werbeagentur Dr. Hegemann GmbH, Konzeption für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr vom 4.6.1968. Dieses und das Folgende ebd.
212
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
ziviler Umgangston) sind zu betonen. Übergangsbeihilfen und -gebührnisse sichern nach beendetem Wehrdienst den Übergang in ein erfolgreiches Zivilleben. Sie müssen in den Mittelpunkt der Freiwilligen-Werbung gestellt werden114.« Dazu enthielt die Studie der Agentur zwei Werbelinien, von denen wir allerdings nicht wissen, ob sie bereits vorher diskutiert worden waren. Es handelte sich um zwei Anzeigenlinien für Unteroffiziere und Offiziere auf Zeit, in welchen einmal die klaren Vorteile für den späteren Zivilberuf herausgestrichen werden sollten und zum anderen die Bundeswehr als ein modernes (ziviles) Großunternehmen präsentiert wurde (Abb. 67-71). Abschließend legten die Werbefachleute eine Analyse der Reichweite einzelner ausgewählter Werbeträger vor. So erreichte zum damaligen Zeitpunkt eine in der Jugendzeitschrift »Bravo« geschaltete Anzeige 36 Prozent der Zielgruppe, das entsprach 18,6 Prozent der Leser der »Bravo«, wohingegen im »Spiegel« mit 4,9 Prozent der Leserschaft 14 Prozent der Zielgruppe abgedeckt werden konnten115. Einen weiteren Wandel erlebte die Nachwuchswerbung ab 1969 im Zuge der Reformen unter dem ersten sozialdemokratischen Verteidigungsminister Helmut Schmidt116. Nachdem bereits das frühere Pressereferat unter Minister KaiUwe von Hassel zu einem Informations- und Pressezentrum (IPZ) umgewandelt worden war, hatte sich vor allem die Öffentlichkeitsarbeit des BMVg, zu der künftig die Nachwuchswerbung zählte, einer kritischen Bestandsaufnahme zu unterziehen117. Als Ergebnis dieser Bestandsaufnahme ging ein merkbarer Schub durch die Werbekonzeption und die Durchführung. Inwiefern dieser bereits vor 1969 eingesetzt hatte, kann aufgrund der fragmentarischen Quellenlage nicht befriedigend beantwortet werden. Es ist aber zu vermuten, dass Ende der 1960erJahre bereits Verfahren angedacht, in der Entwicklung oder aber bereits umgesetzt waren, deren Existenz jedoch erst mit der Besserung der Aktenlage ab 1970/71 nachgewiesen werden kann. Die nunmehrige Zugehörigkeit der Nachwuchswerbung zum Informations- und Pressestab (IPStab) wurde für die Organisation und die Inhalte von zentraler Bedeutung. Die bisher für die Wehraufklärung (Fü B VII 1) und Freiwilligenwerbung (Fü B VII 5) zuständigen Referate beim Führungsstab der Bundeswehr wurden in den neuen IPStab überführt118. Dieser bestand nun aus fünf Referaten, deren viertes, der IPStab 4, für die 114 115
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Ebd., Hervorhebung im Original. Die Liste der Werbeträger mit den Prozentsätzen der Zielgruppe gesamt und in Klammern in Prozent der Leserschaft. Bravo 36 (18,6), Hör zu 35 (4,4), Stern 31 (4,7), Bild am Sonntag 29 (5,7), Neue Revue 26 (4,4), Quick 24 (4,5), Das Beste 22 (6,9), Twen 21 (20,6), Bunte Illustrierte 20 (4,2), Kicker 16 (13,6), Hobby 16 (18,0), TV-Hören+Sehen 15 (5,0), Spiegel 14 (4,9), ADAC-Motorwelt 12 (7,0) und Auto-Motor-Sport 10 (12,1). Helmut Schmidt, *23.12.1918, sozialdemokratischer Politiker. 1969-1972 Bundesminister der Verteidigung, 1974-1982 Bundeskanzler. Für die Phase der Kanzlerschaft siehe Schmidt, Menschen und Mächte. Weißbuch 1970, S. 117, Ziffer 146. BA-MA, Bw 1/27831, Erfahrungsbericht Leiter IPStab vom 27.11.1969-30.9.1971.
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
213
Personalwerbung zuständig war119. Somit unterstand die Nachwuchswerbung nun direkt der Leitung des BMVg, was die ihr beigemessene Wichtigkeit verdeutlicht. Diese Verlagerung der Nachwuchswerbung von der Wehraufklärung hin zum Pressestab des Hauses bedeutet insoweit eine Zäsur, da sich die Nachwuchswerbung in ihrem Selbstverständnis ändern sollte. Sie wollte von nun an nicht mehr aufklären und beeinflussen, sondern informieren und werben. Aus diesen Gründen wurde eine Kommission zur Neuordnung der Öffentlichkeitsarbeit berufen. Sie merkte an: »Grundsätzlich wird auch die beste Werbung auf dem leeren deutschen Arbeitsmarkt für die Bundeswehr nur dann mehr Kräfte verzeichnen können, wenn die Bundeswehr mehr zu bieten hat. Es wird deshalb darauf ankommen, daß die Werbung sich Zug um Zug mit den aufgrund der vorliegenden Kommissionsberichte fallenden Entscheidungen weiterentwickelt120.«
4. Die Werbelinien Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Werbebotschaften in Plakat und Anzeige. Die hier vorgestellten Werbelinien erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern bemühen sich um einen repräsentativen Querschnitt.
a) »Wir schützen, wir bewahren, wir sichern«: Plakate im Zeichen von Mauerbau und Kubakrise Nachdem für Anzeigenwerbungen aus dem Ende der 1950er-Jahre unter anderem festgestellt werden konnte, dass visuelle Aussagen hinsichtlich des Auftrags der Bundeswehr fehlten, finden wir solche Aussagen in Werbeplakaten um 1960 (Abb. 30-32). Diese als Bildreihe konzipierte Plakatserie fällt zeitlich vermutlich in die Hochphase des Kalten Krieges mit Mauerbau, Kubakrise und Finnlandisierungsängsten121, was aus dem erstmals im verbalen Register formulierten Auftrag und Zweck der Bundeswehr gefolgert werden kann122. Diese Annahme erhärtet sich, zieht man eine demoskopische Studie vom Oktober 1960 hinzu, die feststellt, dass junge Männer die wichtigste Aufgabe der Bun-
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Ebd., S. 3. IPStab 1: Pressereferat, IPStab 2: Information der Bundeswehr, IPStab 3: Öffentlichkeitsarbeit, IPStab 5: Auswertung und Dokumentation. BA-MA, Bw 1/27831, Erfahrungsbericht Leiter IPStab vom 27.11.1969-30.9.1971, S. 40. Zur Finnlandisierung siehe das Projekt »Die NATO und die finnischen Krisen. 1958-1961. Krisenbewältigung und Perzeptionsmuster im Kalten Krieg« von Agilolf Kesselring. Die Vorlagen stammen aus dem SKA/IMZBw. Sie werden dort auf das Jahr 1962 datiert. Obgleich diese Datierungen mit Vorsicht zu betrachten sind, könnte sie hier zutreffen.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
deswehr im »Schutz der Heimat und des Vaterlandes« sowie im Schutz von Frieden und Freiheit sähen123. Unter den Schlagworten »Wir schützen die Heimat«, »Wir sichern die Freiheit« und »Wir bewahren den Frieden« wenden sich die auf visuelle Fernwirkung ausgelegten Bilder an den Betrachter, indem sie erstmals den Auftrag der Bundeswehr thematisieren. Rein gestalterisch erinnern sie an Werbeplakate der Filmindustrie124. In Werbeplakaten überwiegt im Vergleich zur Anzeige in der Regel das visuelle Register. Dies ist auch hier der Fall. In jedem der vorliegenden Plakate sind im visuellen Register zwei Faktoren hervorgehoben: die Technik und der Mensch. Letzterer steht im Vordergrund und repräsentiert jeweils eine Truppengattung aus einer der drei Teilstreitkräfte der Bundeswehr. Das visuelle ist mit dem verbalen Register eng verzahnt: Sowohl die Mimik der Soldaten als auch die Schlagworte wirken über einen Appell und verstärken somit die Aussage der Werbung. Der Blick des Panzersoldaten, dessen Flecktarnanzug im Übrigen seit 1958 nicht mehr getragen werden durfte und also nicht der »Realität« entsprach, ist vom Feldstecher abgewandt auf den Betrachter gerichtet und spricht diesen direkt an. Der so Angesprochene wird in die Situation des Bildes hineingezogen: Der Panzerkommandant, der abgesessen vor seinem USamerikanischen Kampfpanzer M 47 die Situation mit seinem Fernglas beobachtet hat, wendet sich nun mit ernstem Gesicht an den Betrachter. In diesem Moment wirkt das verbale Register mit hinein. Es stellt einerseits mit dem »Wir« eine Verbindung zwischen Soldat und Betrachter her, andererseits verweist es auf den Auftrag der Bundeswehr: zu schützen. Der Gesichtsausdruck, der einmal auf den Ernst der Lage, aber auch auf das ernste und ruhige Wesen des Soldaten schließen lässt und das durch die Untersicht gezeichnete und somit Stärke und Kraft konnotierende Icon des Panzers unterstreichen auch hier den allein defensiv ausgerichteten Auftrag des Schutzes. Ähnlich sind die beiden anderen Plakate angelegt. Auch sie verweisen auf den militärischen Auftrag, der jedoch nicht mit Attributen wie »Kampf«, »Gefecht« und »Verwundung und Tod« belegt ist, sondern stets das defensive Verhalten der Bundeswehr betont125. Unterstützt wird dies durch die Darstellung der Technik, deren Faszination und Modernität zwar vorgestellt werden, die jedoch kein mögliches Kriegsszenario vermittelt, sondern auf den rein abschreckenden Charakter der Bundeswehr hinweist. In der Darstellung der Luftwaffe hingegen wird eine kriegerische Szene angedeutet. Die gerade aufsteigenden Flugzeuge denotieren eine Gruppe des Abfangjägers F-86 Sabre, die anderen Flugzeuge folgen. Ob sie sich einer Gruppe eigener Flugzeuge anschließen oder tatsächlich als Abfangjäger feindliche Maschinen bekämpfen, bleibt offen. Über die auf diesen Plakaten dargestellte Funktion der Abschreckung erfah123 124
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BA-MA, Bw 1/347559, Fü B VII 6, Folge Nr. 6 vom Oktober 1960. Vergleiche hierzu exemplarisch Kriegeskorte, Werbung in Deutschland, S. 82-89. Vgl. zudem Kunst fürs Kino. Siehe die Filmplakate für Kriegsfilme bei Kunst fürs Kino, S. 97-107.
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
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ren die bundesdeutschen Streitkräfte eine Legitimierung und werden indirekt in den Kontext der transatlantischen Gemeinschaft gestellt. In allen drei Plakaten dominieren helle und freundliche Farben. Die Vermittlung von Dynamik und Spannung im Schriftzug des Schützens, Sicherns und Bewahrens durch die Typografie und der Appell über die persönliche Ansprache sind dem Zeitgenossen aus der damaligen Werbelandschaft durchaus bekannt gewesen126. Die hier präsentierte Bundeswehr erscheint dem Betrachter in einer ihm gewohnten »zeichnerischen Hülle«. Das auftragsbezogen dargestellte Produkt »Bundeswehr« wird mit Eigenschaften wie ernst, stark und modern konnotiert und dabei in einem defensiv ausgerichteten und mit positiven Attributen wie »schützen«, »sichern« und »bewahren« versehenen Kontext gestellt. Die Bundeswehr erscheint nicht als ein Fremdkörper in der Gesellschaft, sondern »zeitgemäß« und tritt als Beschützer der Freien Welt, aber auch von Heimat, Freiheit und Frieden auf. Gerade die eng zusammengestellten und serifenlosen Buchstaben dieser zu schützenden Werte betonen deren Bedeutung. Der appellative Charakter der Werbung ist deutlich. Abschließend sollen noch einmal die dargestellten Soldaten dieser Plakatserie betrachtet und mit denen der oben beschriebenen Anzeigenwerbungen verglichen werden. Während dort jeweils junge Männer abgebildet sind, mit denen sich der Umworbene identifizieren kann, ist in dieser Plakatserie ein anderer Männertypus abgebildet: ein erwachsener, reif wirkender, abgeklärter Mann. Durch die untersichtige Darstellung schaut ein Betrachter – im wahrsten Sinne des Wortes – zu diesem reifen Mann auf. Das verbale Register »Wir« spricht zwar auch den potenziellen Bewerber an, verdeutlicht aber in erster Linie, dass der als Vorbild fungierende Soldat als Stellvertreter für die Bundeswehr die Heimat schützt, den Frieden bewahrt und die Freiheit sichert. Hinter den Soldaten wird dabei das »Wir«, als Stellvertreter für die Bundeswehr, durch die Technik der jeweiligen Truppe verkörpert. Das verbale Register unterstreicht, dass das »Wir« die Bundeswehr meint. Die Bundeswehr tritt also als Beschützer und Bewahrer auf. Der potenzielle jugendliche Bewerber kann sich mit dem abgebildeten Soldaten nicht identifizieren, wohl aber wirkt durch den reifen und abgeklärten Soldaten ein personenbezogener Topos mit Vorbildcharakter. Eine ähnliche Funktionsweise mag auch in Werbeplakaten für Hollywoodfilme bzw. Kino- und Musikstars gelten. Stellt man das verbale Register um, liest sich der Text wie folgt: »Wir, die Bundeswehr, stellen nicht nur Freiwillige ein, wir schützen auch die Heimat!« oder »Wir, die Bundeswehr, schützen die Heimat und zu diesem Zweck stellen wir Freiwillige ein!« Das hierbei wirkende Enthymem, in Verbindung mit dem souverän und männlich abgeklärt wirkenden Soldatenvorbild und dem hehren Zweck der Landesverteidigung, wird deutlich. Gleichzeitig bilden diese Plakate das Ende des Mediums, wie es bislang in der Freiwilligenwerbung Verwendung fand.
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IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
b) Neue Zielgruppe – neuer Stil: Der beginnende Abschied vom Plakat Obwohl sich die bildliche Darstellung der mittleren 1960er-Jahre zunächst nicht von denen der späten 1950er und frühen 1960er-Jahre unterschied, änderten sich jedoch Details. Zunächst hielt ein unscheinbares Novum Einzug in die Nachwuchswerbung: das Markenzeichen. Während in den Anfangsjahren häufig ein verbaler Zusammenhang über »Die Bundeswehr« oder »Unsere Bundeswehr« hergestellt werden musste, findet in der Anzeigen- und Plakatwerbung ab Anfang der 1960er-Jahre mit einem stilisierten Bundesadler ein Markenzeichen, ein Logo, seinen Platz127. Dieses Phänomen tritt ebenfalls in der Wirtschaftswerbung auf und weist auf den Einfluss der beratenden Werbeagenturen hin. Mit diesem Schritt beginnend, hält eine neue, wenn auch unterschwellig auftretende Auffassung Einzug in die Nachwuchswerbung: Die Bundeswehr wird zu einem Produkt. Von nun an zeichnen sich die Plakate durch zwei weitere Änderungen aus: Das verbale Register wird um die bislang üblichen Hinweise auf die Annahmeund Auskunftsstellen gekürzt. Darüber hinaus scheinen die Aushänge im visuellen Register nun nicht mehr mögliche Bewerber durch spezielle Argumente, sondern vielmehr eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Die Reduzierung im verbalen Register weist darauf hin, dass sich die Bedeutung der Werbeplakate als Medium der Nachwuchswerbung veränderte. Die Plakate fungierten nun als Klima- oder so genannte Back-Ground-Werbung. Das heißt, sie erfüllten einen anderen, neuen Zweck mit einer veränderten Aufmachung. Die Back-Ground-Werbung zielte verstärkt auf die so genannten opinion leaders und diente der Erzeugung eines mentalen Bildes der Bundeswehr, welches eben nicht den einzelnen Bewerber, sondern das Umfeld ansprach und somit ein bestimmtes Bild transportierte, das in die Breite wirken sollte. Dass die Plakate im Laufe der 1960er-Jahre allmählich an Bedeutung verloren, wird auch an den überlieferten Werbewirtschaftsplänen deutlich128. Demnach waren in den Plänen für 1961 und 1963 keine Gelder für Plakatanschläge vorgesehen. Gleichwohl werden Kosten für Ausstellungen und Laufbahnberatungstrupps aufgeführt. Unter diesem Punkt finden sich die Kosten für Plakate der Wanderausstellungen »Unser Heer«, »Unsere Luftwaffe« und »Unsere Marine«. Das heißt, eine eigenständige Plakatwerbung im Rahmen der Nachwuchswerbung entfiel. Dieses Medium ging in der ausstellungsbegleitenden Werbung für die Wanderausstellungen auf. Das ist der Grund für den veränderten visuellen Charakter der Plakate und das Fehlen der Hinweise auf die berufsberatenden Stellen. Die vorliegenden Plakate in den Abbildungen 33-35 können als »Rohlinge« für die Wanderausstellungen verstanden werden, die je nach Bedarf mit zusätzlichen Informationen, wie 127 128
Zum Logo siehe Zielke, Beispiellos ist beispielhaft, S. 89-91. Die unvollständigen Werbewirtschaftspläne stammen aus dem Archiv des SKA/IMZBw. Kopien im Besitz des Verfassers.
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Veranstaltungsort oder -zeit versehen werden konnten, es handelt sich um so genannte Ankündigungsplakate. Als Zwischenprodukt kann das Plakat in Abb. 36 gelten, da es sowohl über das neue Logo und eine reduzierte Bildaussage, gleichzeitig aber auch noch über einen verkürzten Hinweis auf die Auskunft- und Beraterstelle für die Freiwilligenannahme verfügte. Die Subheadline »Frieden – Freiheit – Sicherheit« verweist auf die Aussage in den Werbeplakaten in den Abbildungen 30-32 und verdeutlicht die gestiegene Wahrnehmung der sicherheitspolitischen Lage. Daraus folgt, dass sich die Bildaussage unter Einfluss des jeweiligen zeitgenössischen Grafikgeschmackes dann ändert, wenn sich der Zweck der Gebrauchsgrafik ändert, d.h., wenn sich der angestrebte Kommunikationszusammenhang wandelt. Weil die ersten Werbeplakatlinien Aufmerksamkeit beim Bewerber auslösen sollten, sprachen sie diesen in der Regel auch direkt an. Diese Form der direkten Ansprache entfiel, sobald den Plakaten ein neuer Zweck als Adressant einer breiten Öffentlichkeit zugedacht war. In erster Linie sticht aber der Bundesadler als Logo ins Auge. Dieses findet sich auf einem Werbeplakat (Abb. 37), das aufgrund seiner Aufmachung scheinbar »aus dem Rahmen fällt«, da es an ein Plakat für eine Kunstausstellung erinnert und somit den bisherigen Werbestil der Nachwuchswerbung durchbricht. Gleichwohl passt gerade dieses Motiv sehr wohl als Ankündigungsplakat für die Wanderausstellung »Unser Heer«. Dieses Plakat bietet darüber hinaus aber eine weitere Besonderheit: Es trägt die Signatur des Künstlers. In der rechten oberen Ecke findet sich der Schriftzug »Binder«, der Verweis auf den Grafiker. Tatsächlich existierte ein österreichischer Werbegrafiker namens Joseph Binder129. Um 1900 geboren, zählt er zu den Schülern der ersten Plakatgrafikergeneration Wiens130. Er war Schüler Berthold Löfflers, der den »Wiener Stil« weiterentwickelte, welcher vor allem für die Bereiche von Malerei und Grafik bedeutsam war. Es war diese »Wiener Flächenkunst«, die in der jungen Plakatgestaltung Anwendung fand und nach 1918 zu einer Spezialdisziplin der Gebrauchs- und Werbegrafik wurde131. Wie in Kapitel II.2 bereits gezeigt, vollzog sich gerade im Europa der 1920er-Jahre ein Zusammenschluss von Kunst, Reklame und Werbung. Die Wiener Plakatkunst jener Jahre wirkte durch vereinfachte und reduzierte illustrative wie farbliche Mittel, welche die Bildflächen dergestalt gliederten, dass Linie und Farbe ausdrucksstark zur Entfaltung kamen. Zudem spielten aber auch die geometrischen Grundformen eine bedeutende Rolle, durch welche eine harmonische und doch spannungsgeladene Gliederung der Flächen und Räume angestrebt wurde132. Diese Grundlinien in der Plakatgestaltung finden sich auch in der hier vorliegenden Plakatkunst für die Bundeswehr wieder. 129 130 131 132
Joseph Binder; Joseph Binder ein Gestalter seiner Umwelt; Joseph Binder. New York. Zum Aufkommen der Plakatkunst siehe Kapitel II.2. Joseph Binder ein Gestalter seiner Umwelt, S. 7 f. Ebd., S. 8.
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Für unseren Gegenstand ist jedoch ein anderer Umstand von Bedeutung. Binder wanderte 1933 in die USA aus, avancierte dort um 1955 zum Art Director der US-Navy und entwarf mit seinen Gebrauchsgrafiken ein modernes Gesicht der US-Navy, mit dem um Nachwuchs geworben wurde133. Alle Werbeplakate hatten mit dem Schriftzug »NAVY« eines gemeinsam: ein Logo. Hieraus zu folgern, dass Binder mit dem Bundesadler in der vorliegenden Plakatwerbung der Vater des Bundeswehrlogos jener Jahre ist, mag zu weit gegriffen sein, lässt sich aber auch nicht ohne Weiteres widerlegen. Auch das Plakat »Unsere Marine« (Abb. 38), das sehr an das Marinemotiv in Abbildung 15 erinnert, reiht sich in diese neue Linie ein134. Hier wird ebenfalls über das Possesivpronomen »Unser« eine Zugehörigkeit konstruiert. Auffallend ist jedoch, dass die Marine weder über einen Handschriftenzug, noch über einen dargestellten Soldaten personifiziert, sondern vielmehr über eine Seemannsmütze am ausgestreckten Arm symbolisiert wird. Obwohl im Hintergrund mit Großschiffen und Marinefliegerei der technische Aspekt der Marine hervorgehoben und das militärische Potenzial angedeutet wird, konnotiert allein der ausgestreckte Arm die große weite Welt der Seefahrer. Gleichzeitig wird mit der geschwenkten Mütze das Klischee der »Blauen Jungs« wiederholt. Der Auftrag der Bundeswehr tritt visuell in den Hintergrund – verbal taucht er gar nicht erst auf. Die im Hintergrund dargestellten Waffensysteme – man erkennt erstmals überhaupt Waffenanlagen – nutzen erneut den bisherigen Stil, sich von rechts nach links zu bewegen, um somit ihre defensive Einstellung zu demonstrieren. Geworben wird mit Technik, aber vor allem mit dem Hauch der »großen weiten Welt« und somit mit der Möglichkeit des Abenteuers. Im Zusammenhang mit Abbildung 15 fällt auf, dass besonders die Werbebilder der Marine die Schlagworte von Abenteuer und »weite Welt« nutzen. Einem ähnlich abstrakten Werbestil folgen die Abbildungen 33 bis 35135, von denen wir ebenso wie bei Abbildung 37 annehmen können, dass sich in ihnen besonders der Zeitgeschmack der Darstellung mit der Werbebotschaft verband. Auch diese drei Werbeplakate, die sich durch einen gewissen Abstraktionsgrad auszeichnen, verbindet das Detail des Bundesadlers als Logo. Anfang der 1960er-Jahre bildete sich durch dieses vereinheitlichende Detail eine Art Corporate Design heraus. Es fand als Schriftzug »Unsere Marine« bzw. »Unsere Bundeswehr« zusammen mit der Abbildung des Bundesadlers in sämtliche Werbeplakate und -anzeigen Eingang. Während in Anzeigen und Plakaten der ersten 133 134
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Siehe hierzu die Abbildungen 76-82 und 93 in: ebd. Die hier vorliegende Fotografie des Plakates aus dem Bildarchiv des SKA/IMZBw trägt die Jahreszahl 1958. Die Richtigkeit wird an dieser Stelle angezweifelt, da das Plakat in der unteren linken Ecke einen Bundesadler als Logo trägt, das aber erst ab etwa 1960 auch in anderen Werbeträgern nachweisbar ist und eben keinen verbalen Bezug zu Anlaufstellen bietet. Die Abbildungen werden ebenfalls besprochen in: Loch, Nachwuchswerbung. Die Vorlagen stammen aus dem SKA/IMZBw. Sie sind dort auf etwa 1960 datiert, was anzuzweifeln ist.
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Jahre der Hinweis auf die Bundeswehr z.B. durch »Die Luftwaffe stellt ein« gegeben war, übernimmt dann der Schriftzug »Die Bundeswehr« diese Funktion und wird Anfang der 1960er-Jahre durch das identitätsstiftende Markenzeichen »Unsere Bundeswehr« ersetzt. Obwohl Abbildung 35 in Hinblick auf die Marke »Unsere Bundeswehr« noch eine Mischform darstellt, ist es die reduzierende Abstraktion des Gegenständlichen, die es in die Nähe der Abbildungen 33 und 34 rückt. Gleichwohl bleibt für dieses Plakat, genauso wie bei den vorhergehenden, bezeichnend, dass das Militärische eine weit untergeordnete Rolle spielt. Es wirbt zwar der Sanitätsdienst der Bundeswehr, gleichwohl fehlt jeder Bezug zum Militär. Es wurde vermieden, eine typische »Sanitäts-Szene« im Krieg mit Schlachtfeld und verstümmelten Soldaten darzustellen, wie sie bei den Zeitgenossen wohl noch lebhaft in Erinnerung gewesen sein wird. Statt einer heroisierenden Szene, wie sie durch die Kriegsmalerei der Wehrmacht geprägt wurde, ist lediglich ausschnittsweise eine helfende Hand dargestellt, die mit einem Roten Kreuz versehen ist und somit als die Hand eines Sanitäters gedeutet werden kann. Einen höheren Abstraktionsgrad erreichen die Werbeplakate in den Abbildungen 33 und 34. Das visuelle Register, das durch den Bezug im verbalen Register sofort als Werbung für die Bundeswehr verstanden werden musste, wirkt auf mehreren Ebenen. Zunächst – und das ist das Augenscheinliche – scheint diese weiche Darstellung des Militärischen antithetisch. Die rhetorische Figur der Antithese, die in der Werbung ein beliebtes Mittel ist, da sie Aufmerksamkeit erzeugen kann, manifestiert sich hier visuell. Von vornherein sollte eine mögliche Assoziation zwischen der Bundeswehr und den in weiten Bevölkerungskreisen vorhandenen negativen Erfahrungen mit der Wehrmacht während der NS-Diktatur unterbunden werden. Gleichzeitig vermag diese Form der Darstellung positiv besetzte Attribute wie Modernität und Aufgeschlossenheit mit der Bundeswehr in Verbindung zu bringen. Der optische Geschmack der Zeit mag genauso wirksam sein, wie der Konkurrenzkampf unter den Werbeagenturen, die einen Vorschlag anboten, der sich vom vorherigen der Konkurrenz abheben musste. Das visuelle Register verdeutlicht mit Schifffahrt und Fliegerei bei der Marine wie mit Panzertruppe, Infanterie und Heeresfliegerei beim Heer die jeweils signifikanten Waffensysteme beider Teilstreitkräfte. Auch hier vermittelt die Art und Weise der Darstellung der einzelnen Waffengattungen Dynamik. Diese Werbeplakate verstehen es also zunächst, die Bundeswehr erneut als eine technisch vielseitige und modern ausgerüstete Armee zu präsentieren und ihr gleichzeitig durch die kollagenartige Aufmachung ein weltoffenes Attribut zu verleihen. Wie oben ausgeführt, verlor die Plakatwerbung in den 1960er-Jahren zunehmend ihren spezifischen Charakter als Personalwerbung und diente vermehrt der Basis- bzw. Klimawerbung. Anders verhält sich dies in den Anzeigen, denen wir uns im Folgenden zuwenden wollen. Jene Anzeigenwerbungen erschienen zu einer Zeit, als sowohl die Zahl der Freiwilligen stagnierte als auch das Ansehen der Bundeswehr nicht besonders hoch war. Wie reagierten die Verantwortlichen der Wehrwerbung hierauf?
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c) »Offizier sein heißt: Der Freiheit dienen!« – Anzeigen werben mit Ethos (1960-1965) Unter dieser Überschrift laufen mehrere Anzeigen zusammen, deren prägendes Charakteristikum das Argument des Ethos bildet. Der ersten Linie liegen nur zwei Beispiele in den Abbildungen 39 und 40 zugrunde. Sie werden bei Gonsior auf 1961 datiert136. Die Anzeige in Abbildung 40 wird im verbalen Register eingeleitet mit der Headline »Offizier der Bundeswehr«. Sie appelliert an normative Aspekte, indem sie die Inhalte und Werte des Offizierberufes darstellt137. Dabei stehen Worte wie »Führer« und »Planer« im Vordergrund, akzentuiert werden sie durch den Begriff der »Technik«. Diese Anzeigenwerbung spricht diejenigen jungen Männer an, die das Soldatsein als Lebensentwurf erwägen bzw. sich zum Militärischen hingezogen fühlen. Deutlich wird dies daran, dass der Kommunikant zwar über den Beruf des Offiziers informiert wird, jedoch Hinweise auf materielle oder finanzielle Anreize oder Vorteile der Laufbahn fehlen. Die Anzeige unterlässt dies konsequent138. Klar wird dies in einer Textpassage, die in jeder Anzeige dieser Linie vorhanden ist: »Offizier sein heißt, Verantwortung zu tragen für die anvertrauten Soldaten, Vorbild sein durch Können und innere Haltung. Der Offizier steht mitten in den geistigen Strömungen unserer Zeit. Er bekennt sich zur Demokratie und stellt sich in den Dienst von Recht und Freiheit, von Volk und Staat.« Junge Männer, die durch materielle Anreize oder finanzielle Vorteile zu überzeugen gewesen wären, konnten mit dieser Linie nicht erreicht werden. Es steht zu vermuten, dass diese Anzeigenlinie einer traditionalistisch zu nennenden Grundstimmung entsprang. Denn die hier verwendeten Argumente könnten durchaus als pathetisch oder idealistisch bezeichnet werden. Obwohl die Anzeige den Bezug zur Demokratie herstellt, steht der »Dienst an Volk und Staat« im Vordergrund. Doch nicht allein diese Anzeigenlinie nutzte solch idealisierenden Argumente, die unter den Eindrücken der Doppelkrise von 1961 und 1962 gestanden haben können. So kann mit einigem Recht vermutet werden, dass der wenig beliebte und in der Kritik stehende Soldatenberuf über das Argument des Dienstes an der Gemeinschaft für Frieden und Sicherheit eine Aufwertung erfahren sollte. Die zwischen 1962 und 1965 erschienenen Anzeigen (Abb. 42-44) warben um Berufs- und Zeitoffiziere139. Sie bieten im visuellen Register jeweils eine 136
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Abbildung 39 geht auf eine Diaaufnahme zurück, die aus dem Archiv des SKA/IMZBw stammt. Weitere Motive dieser Linie finden sich bei Gonsior, Untersuchung der Anzeigen, S. 81. Zudem liegt die Anzeige vor in: Merian, 15 (1962), H. 5, S. 77. Über den Offizier der Bundeswehr zeitgenössisch Der Spiegel, 17, Nr. 52 vom 25.12.1963. Ähnlich ist dies bei den Anzeigen dieser Linie, die bei Gonsior, Untersuchung der Anzeigen, S. 72-81, abgebildet sind. Die Anzeigenlinie liegt in Diaform vor im SKA/IMZBw. Abzüge im Besitz des Verfassers.
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Fotografie mit illustrativem Zweck. Die Fotografien lösten etwa Anfang der 1960er-Jahre die Zeichnung bzw. grafische Entwürfe in den Werbeanzeigen ab. Die Parallele zur zivilen Werbelandschaft ist signifikant. Bundeswehr-Anzeigen waren damit werblich auf der Höhe der Zeit. Dass der Beruf des Soldaten bzw. der des Offiziers in den 1960er-Jahren in der Kritik stand, wird auch in dieser nächsten Linie deutlich. Im verbalen Register findet sich neben der Headline jeweils eine individuelle Textpassage. Immer wiederkehrende Texte sind im »Abbinder140« und im Informations- und Couponteil enthalten. Die Anzeigen ziehen über wörtliche Zitate in den Überschriften die Aufmerksamkeit auf sich. Im darauffolgenden, individuell gehaltenen Textteil kommt jeweils ein fiktiver oder tatsächlicher Sprecher zu Wort, der ein Klischee über die Bundeswehr aufgreift und zu entkräften sucht. Die direkte Rede vermittelt den Eindruck von Authentizität und Glaubwürdigkeit: »Wenn ich ehemalige Klassenkameraden treffe, werde ich oft gefragt: Lohnt es sich denn, Offizier zu werden? Darauf kann ich nur eine Gegenfrage stellen: Was heißt ›lohnt es sich denn‹? Wer den Beruf des Offiziers des klingenden Lohnes wegen ergreift, taugt von vornherein nicht zum Offizier. Offizier zu sein lohnt sich aus ganz anderen Gründen: wegen der vielseitigen Aufgaben, die der Offizier zu erfüllen hat. Hier scheint mir das wirklich lohnende im Beruf des Offiziers zu liegen: dass man als Offizier schon früh Gelegenheit bekommt, Verantwortung zu tragen; dass man junge Menschen erziehen kann; dass man neben allem gesunden Materialismus auch Ideale hat; dass man in puncto Lebenserfahrung ein ganzes Stück voraus ist. Wer hierin den Lohn für seine Arbeit sieht, der sieht den Beruf des Offiziers, der ohne Begeisterung einfach nicht denkbar ist, richtig141.« Dieses Zitat knüpft in seiner Aussage an die vorausgegangene Anzeigenlinie »Offizier sein: heißt der Freiheit dienen!« an. Entweder in Ermangelung materieller und finanzieller Argumente oder aus »Überzeugung« streicht die Linie erneut normative Aspekte heraus und greift dabei gängige Klischees über die Streitkräfte auf. Zunächst wendet sich das verbale Register gegen den Vorbehalt, dass der Sold gering sei. Führt man sich noch einmal die Ergebnisse hinsichtlich der materiellen und finanziellen Ausrichtung der Meinungsumfragen aus Kapitel IV.3 vor Augen, ist es verwunderlich, dass in dieser Anzeige eine Zeile enthalten ist, die sogar so weit geht, dem Beruf des Offiziers den »klingenden Lohn« abzusprechen. Konnte so etwas in Zeiten steigenden, allgemeinen Wohlstands locken? Wohl nur den jungen Mann, der den Soldatenberuf des Soldatseins wegen oder aus ideellen Gründen heraus ergreifen wollte. Gleichzeitig weist der Abbinder darauf hin, dass der Offizierberuf ein Beruf für Tüchtige sei. Damit wirkte die Anzeige dem Vorurteil entgegen, dass nur Arbeitsscheue, Arbeitslose oder Dumme zur Bundeswehr gingen142. 140
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Fachbegriff, der die immer gleichlautenden Abschlusssätze meint, wie z.B. »Offizier unserer Bundeswehr – Ein Beruf für Tüchtige, lebenswichtig für uns alle«. Das Zitat stammt aus der Anzeige in Abbildung 42. Jahrbuch der Öffentlichen Meinung. 1957, S. 157.
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Auch die übrigen Anzeigen dieser Linie versuchten, die Aufmerksamkeit des Betrachters über eine Headline zu gewinnen. Dabei dominierten Argumente von Technik, Abenteuer, Kameradschaft, aber vor allem immer wieder von Verantwortung und Freiheit. Man kommt nicht umhin, diese und die vorherige Anzeigenserie in den Kontext eines Plakates von 1965 zu stellen, das anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Bundeswehr angefertigt wurde (Abb. 41)143. Die Headline lautete »Wer allen dient, verdient Vertrauen«. Diese Aussage, die fast schon einer Klage, aber auch einem Wunsch gleichkam, verdeutlicht, woran das öffentliche Ansehen der Bundeswehr in diesen Jahren litt und wonach sie selbst strebte. Wobei gefragt werden muss, ob diese »Klage« vielleicht weniger die Akzeptanz der Bundeswehr in der Bevölkerung, als vielmehr die Perzeption der Bundeswehr widerspiegelte, ein Fremdkörper in der Gesellschaft zu sein144. In diesen Kontext müssen die hier vorliegenden Anzeigen gebettet werden. Stellvertretend für den Tenor der Anzeigenlinie mag auch die Anzeige »Die Technik und die Verantwortung und die Freiheit« in Abbildung 44 stehen. Hier wirbt der unbekannte Sprecher, der im visuellen Register durch einen jungen Leutnant zur See im Brückendienst personifiziert wird, durch die Verbindung der häufig einzeln aufgeführten Argumente von Technik, Verantwortung und Freiheit. Dabei wird der Beruf des Offiziers mit Anforderungen an geistige und körperliche Attribute versehen. Verbales und visuelles Register transportierten in diesen Linien stets das Bild des »Musterknaben«, der nach höheren Werten strebte und dem Gemeinwohl diente. Deutlich wird anhand dieser Linie, dass den Verantwortlichen die Lage und der Ruf der Bundeswehr in der Gesellschaft bekannt waren. Sie reagierten darauf mit dem Versuch, vorherrschende Klischees argumentativ zu entkräften und den Beruf des Offiziers als eine Mischung aus Technikbegeisterung, Verantwortungsbewusstsein und Dienst an der Freiheit zu präsentieren. Gleichzeitig unterließen es die Anzeigen, faktische Anreize zu setzen, indem sie immer wieder normative Argumente anführten, die bisweilen pathetische Züge annahmen. Die genutzten Anzeigenbilder dienten in erster Linie der Personifizierung des unbekannten Sprechers und der Illustration des verbalen Registers. Ihnen einen eigenständigen Stellenwert in der werblichen Kommunikation zuzusprechen, erscheint hier nicht notwendig. Das Enthymem, das beim jugendlichen Betrachter hätte evoziert werden können, mag lauten: Der Beruf des Offiziers genießt in der Öffentlichkeit zwar kein hohes Ansehen – man verdient auch
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Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Das Plakat ist signiert mit dem Schriftzug Fallin. Eine Recherche nach einem Plakatkünstler oder -maler blieb ohne Erfolg. Das Motiv liegt auch als Werbeanzeige vor. Siehe hierzu die Auswertung der Umfrage »Bild des Soldaten der Öffentlichkeit«, in: BAMA, Bw 1/114875, vom 5.5.1970.
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nicht so gut – dennoch ist es allen Unkenrufen zum Trotz ein Beruf für Tüchtige – so wie auch Ich einer bin – es ist ein Beruf für Technikbegeisterte und für Männer, die Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen und die Freiheit sichern helfen wollen – all das bin Ich bereit zu tun. Es wird deutlich, dass diese Anzeigenlinie in erster Linie diejenigen ansprach, die aus persönlichen oder ideellen Gründen Offizier oder Unteroffizier werden wollten. Nach unseren bisherigen Darlegungen aus Kapitel II.1 bzw. IV.3. erreicht man damit etwa ein Drittel der benötigten Bewerber. Die übrigen zwei Drittel wurden mit diesem Argumentationsmuster nicht erreicht. Hierin mag eine Ursache für die geringen Bewerberzahlen in den 1960er-Jahren liegen. Verstärkt wird diese Annahme durch den Umstand, dass gerade die Jahre zwischen 1964 und 1966 zu den wirtschaftlich prosperierenden zählten, und sich die Jugendlichen laut Meinungsumfragen an materiellem Wohlstand orientierten. Die negativen Schlagzeilen um die »Spiegel-Affäre« und das Krisenjahr 1966 taten ein Übriges. Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt die querformatige Anzeigenserie (Abb. 45-49), deren Erscheinen nicht einwandfrei datierbar ist, gleichwohl in die ersten 1960er-Jahre fallen dürfte145. Die Anzeigen folgen in ihrem Aufbau dem klassischen Dreiklang. Neben einem verbalen Register, das durch eine Überschrift angeführt wird, steht das visuelle Register. Jeweils am rechten Rand der Anzeige befindet sich im Hochformat der Couponteil. Die in den Anzeigen verwendeten Bilder verdeutlichen auf den »ersten Blick« das, was die jeweilige Überschrift anspricht. Der Tenor der Anzeigenüberschriften orientiert sich an den überwiegend normativen Aussagen der vorausgegangenen Anzeigenserien. Hier wie dort stehen Begriffe und Aussagen wie »Verantwortung für viele«, »Führen und den Kurs bestimmen«, »Sich einordnen und viel leisten« oder »Zuverlässig sein bei hohen Anforderungen« im Vordergrund. Auch die Anzeigentexte nutzen solche Argumente, die die hohen Leistungsanforderungen an den jungen Offizier und seinen Beruf beschreiben. Die Anzeigen greifen mitunter indirekt erneut Klischees auf und versuchen, sie durch die Nutzung positiver Attribute zu entkräften und auf diese Weise das Ansehen des »Arbeitsplatzes Bundeswehr« zu steigern. So werden die Anforderungen an den jungen Offizier mit Argumenten wie »Zuverlässigkeit« und »Charakterfestigkeit« und immer wieder mit »Verantwortung« in Verbindung gebracht, die er seinen Untergebenen entgegenzubringen habe, die ihn aber auch gegenüber »dem Staat – das heißt uns allen gegenüber – verpflichtet«. Denn wie es in den Anzeigen heißt: »Wer nur nach leicht zu erringendem Wohlstand und Bequemlichkeit strebt, taugt nicht zum Offizier. Seine Berufsbezeichnung wird nämlich vom lateinischen officium = Pflicht abgeleitet. Wer bereit ist, Pflichten und Verantwortung zu übernehmen, den erwarten dafür aber auch Freude an der Aufgabe, 145
Dafür sprechen einmal die Darstellungsform der Illustrationen und das noch nicht vorhandene Corporate Design in Form des Eisernen Kreuzes. Als Dias vorhanden im SKA/IMZBw. Abzüge im Besitz des Verfassers.
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am Beruf und die Anerkennung, die ihm für seine Leistung im Dienste der res publica gebührt146.« Diese Argumentationslinie spricht in erster Linie erneut die jungen Männer an, die eine Affinität zum Beruf des Soldaten haben. Ihnen werden gleichzeitig Argumente durch grundsätzlich positiv besetzte Wortpaare wie Verantwortung und Anerkennung geliefert. Weitere Anzeigen dieser Linie rufen Enthymeme hervor, indem sie die Bewährung als Mann postulieren und gleichzeitig die emotionalen Ebenen von Abenteuer und Romantik ansprechen. Zudem kokettiert die Anzeige »Formeln allein tun es nicht« (Abb. 49) im visuellen Register mit einem intellektuellen Codierungstyp und könnte auf die steigende Bedeutung der Wissenschaft hinweisen147. Interessant ist die ambivalente Aussage der Anzeige, die auf der einen Seite darauf hinweist, dass die Bundeswehr als hochtechnisierte und moderne Armee Anforderungen an Wissen und Begabung ihrer Offiziere stellen muss. Andererseits tauge die Technik jedoch nur soviel wie der Charakter des militärischen Führers148. Mit dieser Aussage relativierte die Anzeige die Bedeutung der Formel, die als Index für die Wissenschaft an sich stand. Dies als bewusste Kritik oder Distanz gegenüber der in der Gesellschaft und Politik steigenden Bedeutung der beratenden Wissenschaften zu interpretieren, mag gewagt, aber nicht abwegig sein. Auch diese Anzeige betont: »Auch heute noch sind Selbstlosigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Pflichtgefühl die Eigenschaften, die in erster Linie für den Beruf des Offiziers qualifizieren.« Damit knüpft sie vom Textverständnis her an die Vergangenheit an und wendet sich gegen das »Jetzt« in der Gesellschaft. In dieser Anzeigenlinie tritt das visuelle Register hinter das verbale zurück. Die Bilder fungieren in erster Linie zur Verdeutlichung der Überschrift und dienen darüber hinaus als »eyecatcher«, welcher die Aufmerksamkeit des Lesers auf diese spezielle Anzeige ziehen soll. Es fällt auf, dass die gewählten Motive bereits hier aus dem bisherigen, gewohnten Rahmen fallen und sich durch eine hohe Abstraktion auszeichnen, wie z.B. der abgebildete Feldstecher der Anzeige »Aufgaben, die einen klaren Blick erfordern ...« (Abb. 48). Eine eigenständige Aussage in der Gesamtkomposition der Anzeige fällt den visuellen Registern nicht zu. Ihnen kommt mit dem Verweis auf das verbale Register eine anzeigeninterne Funktion zu, indem sie das verbale Register verankern. Träger der Werbeaussage sind also die Anzeigentexte, die den Beruf des Offiziers ausschließlich in einen normativen Kontext stellen. Dabei kommen Argumente von Sport und Männlichkeit nur am Rande vor, das der Technik verstärkt, der Schwerpunkt liegt auf Werten und Ethos.
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Das Zitat stammt aus der Anzeige »Verantwortung für viele...« in Abbildung 46. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 16-18. Siehe Text Abb. 49: »Die Technik taugt aber so viel oder so wenig wie die Menschen, denen sie dient. Der Charakter derer, die diese Technik beherrschen, entscheidet über Wert oder Unwert einer Armee.«
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d) Trendwende: Der »Musterknabe?« anstelle der Musterknaben (1965-1966) Die im Folgenden vorgestellte Anzeigenwerbung erschien vor 1966; ihr fehlt noch das Logo »Eisernes Kreuz«. Auch wenn sie sich in diesem Detail noch nicht von den vorangegangenen Annoncen unterscheidet, treten doch Akzentverschiebungen deutlich hervor. Die Anzeigen bleiben ihrer bisherigen Aufteilung zwar treu, doch tritt zunächst das visuelle Register wieder in den Vordergrund. In der Anzeige »Musterknabe?« (Abb. 50) überwiegt zunächst das visuelle Register149. Es zeigt einen jungen Mann in der Uniform eines Leutnants, der sich dem Betrachter, mit der rechten Schulter nach vorne gedreht, entgegenbeugt. Er hält in seiner rechten Hand eine brennende Zigarette, seine Linke steckt lässig in der Hosentasche. Über seiner rechten Brusttasche ist ein Fallschirmspringerabzeichen aufgenäht150, Icon einer Auszeichnung als Soldat, ein Index von Männlichkeit. Der Gesichtsausdruck des jungen Offiziers ist offen, gleichzeitig leicht provokant. Er hält Blickkontakt mit dem Betrachter und erzeugt dabei eine Atmosphäre aus jugendlicher Lässigkeit und gereifter Männlichkeit. Der Szene ist ein Schuss erotischer Provokation untergemischt, wodurch der junge Mann überlegen und angriffslustig wirkt: Die Bundeswehr geht mit dieser »Humphrey Bogart«-Pose in die Offensive. Die Anzeige ist überschrieben mit »Musterknabe?«. Es ist das betont gesetzte Fragezeichen, das die Provokation erzielt. Sie liegt im sich »selbst in Frage stellen«, das die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht. Die Kenntnis der vorhergehenden Anzeigen vorausgesetzt, kann dieses Männerbild nur als ein schroffer Gegensatz, als eine Antithese verstanden werden. Zum ersten Mal in den 1960er-Jahren wird weniger an einen Ethos appelliert, als vielmehr der Soldat als Teil der Gesellschaft, gar als Teil der Jugendgeneration, als »Twen« angesprochen. Gerade diese Anzeige deutet auf den in dieser Zeit sich vollziehenden Wertewandel hin151. Visuelles und verbales Register stehen erneut in Wechselbeziehung zueinander. Gleichwohl betont der Anzeigentext weiterhin die Ernsthaftigkeit des Berufs, erinnert er daran, »daß mehr Dienen meist weniger Verdienen bedeutet«. Doch wird diese Botschaft sowohl im verbalen, aber vor allem im visuellen Register vorteilhaft »angeboten«. Denn der junge Leutnant wirkt überlegen, verkörpert den modernen, erfolgreichen und selbstsicheren »Twen«: der Typ des Trendsetters mit männlich-erotischer Ausstrahlung. Dass diese Bildaussage aber nicht die gesamte Linie bestimmte, wird an »Der einsame Soldat« (Abb. 51)152 deutlich, was für eine »kontextbezogene 149 150
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Die Anzeige liegt als Dia vor im SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers. Inwiefern es ein Zufall ist, dass die »Nagold-Affäre« von 1962 in einer Fallschirmjägerkompanie ausgelöst wurde, sei dahingestellt. Siehe Kapitel IV.1. Schönhoven, Aufbruch in die sozialliberale Ära, S. 141. Die Abbildung liegt vor als Dia im SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers. Ferner abgedruckt in: Neue Illustrierte, 20, Heft Nr. 23 vom 6.6.1965 und in: Die Bunte, Heft Nr. 20 vom 10.5.1967, Münchner/Frankfurter Ausgabe.
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Koexistenz« zwischen »Pflicht, Hedonismus und Selbstverwirklichung«153 in den 1960er-Jahren spricht. In dieser Anzeige, in der das verbale Register dominiert, ist ein in voller Fliegermontur abgebildeter Pilot eines »Starfighters« zu sehen. Er verkörpert nicht den lässigen Twen, sondern den verantwortungsbewussten Soldaten. Obwohl zur selben Werbelinie gehörend, unterscheidet sich die Aussage. Die Anzeige betont nicht die »Jugendlichkeit« des Twens, sondern vielmehr die Verantwortung für die Freiheit, die sowohl der »einsame Soldat« in seinem Jet, als auch der »Musterknabe?« tragen kann. Eine der letzten Anzeigen dieser Linie erschien im Januar 1966, sie titelte mit »Paßt!« (Abb. 52)154. Wie die beiden vorangegangenen Anzeigen zeigt sie einen Soldaten im dominierenden visuellen Register und wählt eine kurze und einprägsame Überschrift. Während das Anzeigenbild einen Mann abbildet, der sich soeben lächelnd eine Uniform des Heeres anzieht, weist der Anzeigentext auf die zahlreichen Berufe hin, die die Bundeswehr zu bieten hat. Dabei ist auffällig, dass die vielfältigen Berufe, die in der Bundeswehr zu finden sind, hier als Zivilberufe dargestellt werden. Erst am Ende des verbalen Registers wird darauf hingewiesen, dass eben nicht nur viele unterschiedliche »Einzelberufe« zu finden seien, sondern auch der Beruf des soldatischen Führers und Ausbilders. In dieser Mannigfaltigkeit, so der Text, liege aber auch die Chance zur Individualität. Im Grunde stellen die Begriffspaare von Individualität und Soldatenberuf einen Widerspruch dar, der sich auf diese Weise auch im Anzeigenbild widerspiegeln mag. Denn obwohl sich der Mann eine Uniform anlegt, wirkt er auf seine Art nicht konform und uniformiert. Auch hier ergänzen sich verbales und visuelles Register. Zur Individualität passt auch die Aussage, dass das komplexe Berufsleben der Bundeswehr genauso organisiert sei wie in einer modernen Industriegesellschaft. Die Werber setzten also den Soldatenberuf, der zumindest bis weit in die 1960er-Jahre hinein als mit dem Zivilleben nicht vergleichbar galt, nun mit der modernen Zivilgesellschaft gleich. Die werblichen Botschaften der Bundeswehr beginnen sich um die Mitte der 1960er Jahre zu wandeln und sich von der Vorstellung des Soldatenberufs als Sonderrolle in der Gesellschaft zu lösen. Die Anzeigen dieser Linie greifen vielmehr erste Aspekte des gesellschaftlichen und industriellen Wandels auf155. Besonders die Linie »Solche Männer braucht die Bundeswehr« scheint erfolgreich gewesen zu sein, weswegen eine Folgelinie diesen Slogan aufgriff und leicht verändert inhaltlich fortführte156.
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Schönhoven, Aufbruch in die sozialliberale Ära, S. 141. Der Spiegel, 20, Nr. 1/2 vom 3.1.1966. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 15. Zu dieser Bewertung kommt ein Bericht aus dem Jahr 1979 in: BA-MA, Bw 1/113957, Sachstandsbericht über die »infopost« vom 1.3.1979, S. 6.
Abb. 56: Werbeanzeige um 1967 SKA/IMZBw
Abb. 58: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 57: Werbeanzeige um 1966 SKA/IMZBw
Abb. 60a: Werbeanzeige um 1968 SKA/IMZBw
Abb. 59: Werbeanzeige um 1967 SKA/IMZBw
Abb. 60b: Werbeanzeige der Bundeswehr 1968 SKA/IMZBw
Abb. 61a: Werbeanzeige der Bundeswehr 1968 SKA/IMZBw
Abb. 61b: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1968 SKA/IMZBw
Abb. 62: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1967 SKA/IMZBw
Abb. 63: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1968 SKA/IMZBw
Abb. 64: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1968 SKA/IMZBw
Abb. 65: Werbeanzeige der Bundeswehr um 1968 SKA/IMZBw
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e) Vom »Mannsein« (1966-1969) Vom Titel des Abbinders her betrachtet, kann die folgende Werbelinie der vorausgegangenen gefolgt sein: »Solche Männer hat die Bundeswehr«. Ob sie tatsächlich im Anschluss an »Solche Männer braucht die Bundeswehr« publiziert wurde, bleibt offen. Sie unterscheidet sich von früheren Anzeigen erstmals durch das Logo des Eisernen Kreuzes mit dem umrandenden Schriftzug »Unsere Bundeswehr« und erschien um 1966. Nach Aussage von Wolfgang Olk symbolisierte die Form des Logos einen Schild und konnotierte somit Wehrhaftigkeit. Die hier vorliegenden Anzeigen (Abb. 53-55) sind wie gewohnt mit einem dominanten visuellen und einem verbalen Register sowie einem auf die Berufsberatung verweisenden Couponabschnitt parallel aufgebaut157. Die Anzeige »Fester Boden« (Abb. 53)158 zeigt einen Fahnenjunker des Heeres, wie er ein Geländehindernis mit Hilfe eines Seilstegs überquert. Dabei ist sein Blick unter dem Stahlhelm hervor auf den Betrachter gerichtet. Ungeachtet der eigentlich körperlich anstrengenden Tätigkeit lächelt der Offizieranwärter dem Angesprochenen zu und vermittelt eine gewisse Offenheit, vor allem aber Gelassenheit. Denn das verbale Register verrät, dass der Soldat einen 80 Meter tiefen Abgrund auf diese Weise überwindet. Dabei gäbe ihm nicht nur seine körperliche Fitness als Einzelkämpfer diese Ruhe, sondern vor allem sein Wissen um die funktionierende Kameradschaft der ihn umgebenden Soldaten und die funktionierende Gemeinschaft in der Bundeswehr. Dadurch ist dieser Seilsteg kein »seidener Faden« für ihn. Dieses Wissen lässt ihn »festen Boden« unter seine Füße bekommen. Die Metapher des »festen Bodens unter den Füßen« steht gleichzeitig aber auch für eine gewisse finanzielle und soziale Basis. So wirkt das selbstsichere Lächeln des jungen Soldaten im visuellen Register auf die Aussage im verbalen Register zurück und lässt eine mehrfache Botschaft anklingen: Männlichkeit, Kameradschaft und ökonomische Sicherheit. Ein an Ethos appellierendes Argument wird hier nicht aufgeführt. Ähnliche, an die Männlichkeit appellierende Argumente vermittelt die Anzeige »Er weiß, daß er gut ist« in Abbildung 54a159. Der hier abgebildete Bootsmann wirkt weniger offen, vielmehr betont die Technik seine Männlichkeit. Das verbale Register unterstreicht seine körperlich hohe Leistungsfähigkeit und auch die Anforderungen, die die Bundeswehr an ihn stellt. Die Anzeigen der frühen 1960er-Jahre stellten den Soldaten in den Kontext eines entbehrungsreichen Dienstes und eines ungewissen Dankes der »res publica«. Hier hingegen wartet auf den Bewerber zwar auch harter Dienst, aber der Lohn äußert sich in erworbener Männlichkeit. Darüber hinaus weist das verbale Register auch 157
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Die Anzeigen liegen als Dias im SKA/IMZBw vor. Ferner im Original »Er weiß, daß er gut ist« in: Der Spiegel, 20, Nr. 35 vom 22.8.1966, »Fester Boden« in: Der Spiegel, 20, Nr. 37 vom 5.9.1966, sowie »Aufstiegskandidat« in: Der Spiegel, 21, Nr. 35 vom 21.8.1967. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel 20, Nr. 37 vom 5.9.1966. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: BA-MA, Bw 2/20300 und Der Spiegel, 20, Nr. 35 vom 22.8.1966.
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darauf hin, dass die Bundeswehr zwar viel verlange, gleichzeitig aber auch viel böte. Auch die Anzeige »Aufstiegskandidat« (Abb. 55)160 greift 1967 diese Argumente auf. Das dominierende visuelle Register lässt einen Feldwebel dynamisch über ein Geländehindernis hinweg springen. Der Blick des Mannes ist auf den Betrachter gerichtet. Mühelos, wie er dieses Hindernis nimmt, wird er auch die im verbalen Register beschriebenen Herausforderungen meistern und vom Feldwebel zum Offizier aufsteigen. Das verbale Register weist den Feldwebel als vormaligen Beamten aus, der somit bereits eine sichere soziale Stellung innegehabt hatte. Sein Wechsel aus einer vermeintlich sicheren Berufswelt zur Bundeswehr wird somit zum (sozialen) Aufstieg, wie es die Anzeigenüberschrift »Aufstiegskandidat« ankündigt. Gleichwohl verweist die Anzeige auf einen harten Wettbewerb, um innerhalb der Bundeswehr aufsteigen zu können. Damit vermittelt sie, dass nur diejenigen Männer, die an sich glauben und an sich arbeiten den Aufstieg innerhalb der Streitkräfte schaffen, also nur zielstrebige oder, wie die Anzeige es vermittelt, »harte« Männer. Auch hier verdeutlicht das visuelle Register die im verbalen Register gebotene Entschlossenheit des Soldaten. In dieser Anzeigenlinie entwickelt sich die Darstellung der Bundeswehr in der Nachwuchswerbung vom trockenen Ethos der »res publica« hin zu einer an Männlichkeit orientierten Erfolgsgeschichte. Gleichwohl räumen die Anzeigen einen harten Dienst und starken Wettbewerb ein, dennoch bieten sie den potenziellen Bewerbern Anreize, die denen der freien Wirtschaft vergleichbar sind. Es folgte eine Anzeigenlinie, die zwischen 1966 und 1968 erneut das visuelle Register betonte und Wortspiele bzw. markante Schlagworte nutzte, um die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich zu lenken. Die Headline leitet über in den Fließtext, der die in der Überschrift angerissenen Themen vertiefte. Dabei baute die Botschaft vor allem auf zwei Argumente: der vom Bewerber geforderten Leistung und der daraus resultierenden Möglichkeit beruflicher Karriere. Bereits das visuelle Register lockte mit ungewöhnlicher Aufmachung. Es präsentierte in allen Anzeigen einen Ausschnitt aus dem, was Bundeswehr sein konnte. In den Abbildungen 56161 und 57162 nutzte es in Verbindung mit der Überschrift das Stilmittel der Antithese. Die Verbindung des abgebildeten Einberufungsbescheids mit der Information, dass damit sogar ein doppeltes Stipendium verbunden sei, musste ebenso verwundern, wie der Hinweis, dass gerade in einem Wachhäuschen Karrieren beginnen sollten. Neben den bildlichen Antithesen mochten aber auch die textlichen Informationen verwundern: Die Bundeswehr trat als Arbeitgeber weiterhin selbstbewusst auf, wenn sie schrieb, dass sie Stipendien gewähre, aber nur dann, wenn das Format des Bewerbers sie überzeuge. Diese Leistungsanforderung passte so gar nicht zu einer Armee, die unter Nachwuchssorgen litt. Auch 160 161 162
Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel, 21, Nr. 35 vom 21.8.1967. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel, 21, Nr. 3 vom 9.1.1967. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel, 20, Nr. 28 vom 4.7.1966.
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die Anzeige in Abbildung 57 machte schnell klar, dass die Bundeswehr Leistung verlangte, aber auch denjenigen, denen es im Schilderhäuschen nicht zu zugig wäre, der Weg zur Karriere frei stünde. Beide Anzeigen bewarben die Vorteile einer Verpflichtung. Diese lagen in guten Ausbildungsmöglichkeiten, wie moderner Führungspraxis und modernem Management (Anzeige 58163) oder in modernen Kenntnissen (Technik und Führungspraxis) gepaart mit alten Erkenntnissen (Pflichterfüllung und Verantwortungsbewusstsein). In den Anzeigen der ersten Hälfte der 1960er-Jahre hingegen überwogen noch die alten Erkenntnisse. Nun war also eine Synthese gelungen, die zeitgemäß transportiert wurde. Besonders musste die selbstbewusste Art der Werbung überrascht haben. Keine Spur mehr von der hilflosen, sich selbst bemitleidenden Bundeswehr. Wer zu den Streitkräften wollte, konnte dies unter der Voraussetzung des richtigen eigenen Formats gerne tun, und wurde mit einer vielseitigen Ausbildung, aber auch mit finanziellen Abfindungen belohnt. Wer also das richtige Format mitbrachte – wer möchte sich schon gerne nachsagen lassen, er habe nicht das richtige Format – hatte sich in Sachen Berufswahl richtig orientiert (Abb. 59)164. Der Soldatenberuf war nicht mehr mit einer Schicht schlichten Ethos’ überzogen, sondern präsentierte sich provokant und erfolgsorientiert. Das Enthymem könnte lauten: Zum Bund muss Ich sowieso, da kann Ich mich auch als Zeitsoldat verpflichten – die bieten immerhin eine zeitgemäße Ausbildung in Menschenführung und Technik – die fordern Leistung von ihren Männern – sonst gibt’s keine Förderung – denen werd’ Ich’s zeigen – Ich bin leistungsstark – Ich hole mir mein Stipendium. Im selben Zeitraum erschien eine weitere Anzeigenlinie (Abb. 60-62)165, die das »Mannsein« stärker betonte und es im visuellen Register als emotionalen Einstieg anbot. Hier stand die Bewährung als Mann zwischen sportlichkörperlicher Herausforderung und einem romantischen Abenteuer im Vordergrund. Während in der parallel laufenden Anzeigenlinie, wie gerade oben beschrieben, Fotografie und Headline einander bedingten, um als Antithese Aufmerksamkeit zu erzeugen, ergänzten sich hier Bild und Text und erläuterten bzw. illustrierten sich gegenseitig. Interessanterweise äußern auch die verschiedenen Texte der Anzeigen keinen Hinweis auf andere Argumente wie z.B. Ausbildungsanreize. Die elf vorliegenden Anzeigen variieren in ihrem verbalen Register kaum und betonen durchweg Verstand, Kraft und Mut als Eigenschaften von Männern, die gebraucht werden, um den Dienst an der Gemeinschaft leisten zu können. Dieser normative Ansatz, der sich auch im Wort des Wehrdienst leistenden Staatsbürgers spiegelt, tritt jedoch sowohl in Text und Bild hinter dem Bild des »ganzen Mannes« zurück. Die visuellen Register zeigen dabei überwiegend Gruppen von Männern, die im Team sportliche Herausforderungen zu bestehen haben. Dabei sind bisweilen typisch zivile Sportarten 163 164 165
Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel, 20, Nr. 34 vom 15.8.1966. Die Vorlage stammt aus dem SKA/IMZBw. Ebenfalls in: Der Spiegel, 21, Nr. 28 vom 3.7.1967. Die Vorlagen stammen aus dem SKA/IMZBw. Ihre Entstehungsgeschichte ist in den überlieferten Akten nicht vorhanden.
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wie Skilanglauf oder Wildwasserfahrten denotiert, aber auch ausgesprochen militärische Szenen, wie das Überwinden von Hindernisbahnen in Abbildung 62166 oder das Fahren mit Panzern in Abbildung 61. Obwohl Waffen ganz bewusst im Bild gezeigt werden, dienen diese augenscheinlich keinem unmittelbaren kriegerischen Zweck. Die Bundeswehr wird als eine körperlich fordernde und somit leistungsfähige Armee dargestellt, die ganze Männer braucht.
f) Hier beginnen die 1970er: »Vorteile für den Zivilberuf« (1968-1971) Die folgende Werbelinie, die in ihrer Ansprache zumindest in der Headline zwischen Unteroffizier- und Offizierbewerbern unterschied, stellt die Werbelinie der Werbeagentur Dr. Hegemann dar, die ihre Konzeption am 4. Juni 1968 vorstellte167. Basierend auf den der Bundeswehr zur Verfügung stehenden Umfrageergebnissen sah es die Werbeagentur als Aufgabe an, die Streitkräfte als Ausbildungsstätte und Arbeitgeber für interessante und vielseitige Berufe darzustellen. Es sei dabei die Verwandtschaft zwischen Bundeswehr und Wirtschaft hinsichtlich der Aufgaben sowie der Arbeitsmethoden zu betonen. In den Mittelpunkt wollte Dr. Hegemann die Übergangsbeihilfen und -gebührnisse stellen168. Damit vollendete die Agentur nur das konsequent, was eigentlich seit Mitte der 1960er-Jahre allmählich Realität wurde: Die Bundeswehr ging werblich in der Gesellschaft auf. Die beiden Werbelinien (Abb. 63-65) für Unteroffiziere und Offiziere auf Zeit unterscheiden sich in ihren Aussagen nicht. In der jeweiligen Headline dominiert die Aussage, dass die Laufbahn der Unteroffiziere und Offiziere auf Zeit klare Vorteile für einen möglichen späteren Zivilberuf bietet. An diese typografisch hervorgehobene Überschrift schließt sich bescheidener eine schriftliche Personifizierung an, die der Anzeige eine gewisse Authentizität verleihen soll. Hier werden die Berufe vorgestellt, die ein potenzieller Bewerber mit in eine dieser Laufbahnen bringen konnte, wie beispielsweise Bauschreiner, Hilfslaborant, KFZ-Mechaniker oder Abiturient. Auf dieses verbale Register folgt die zentrale Fotografie, die jene Person vermeintlich darstellte, die gerade als (Muster-)Beispiel vorgestellt wurde. Unter der Fotografie schließt sich ein wörtliches Zitat des ehemaligen Zeitsoldaten an, in dem er erklärt, welche Ausbildung und Qualifikation er während seiner Dienstzeit erworben habe, die ihm schließlich zusammen mit seiner bezifferten Abfindung einen vorzüglichen Start ins zivile Berufsleben ermöglichte. Inwiefern die persönlichen Geschichten authentisch sind oder gar die abgebildeten Personen tatsächlich mit den benannten Zeitsoldaten übereinstimmen, sei dahingestellt. Ferner ist unbekannt, inwieweit die vorgestellten Karrieren die 166
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Dieses Motiv liegt als relative späte Einschaltung ebenfalls vor in: Der Spiegel, 23, Nr. 26 vom 23.6.1969. Beachte das leicht veränderte verbale Register. BA-MA, Bw 1/73643. Ebd., Strategiepapier Dr. Hegemann.
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
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Ausnahmen oder die Regel abbildeten. Fest steht lediglich, dass nun die Chancen zur Berufsausbildung und die Höhe der finanziellen Abfindung werblich in Text und Bild kommuniziert wurden.
g) Zwischenresümee Welche Auswirkungen haben die zu Beginn des Kapitels gestellten Fragen nach dem Charakter der 1960er-Jahre als »Scharnierjahrzehnt« und dem Nachholprozess gesellschaftlicher Liberalisierung auf das von der Bundeswehr präsentierte Soldatenbild? Die Bilder der Plakat- und Anzeigenwerbungen der 1960er-Jahre sind Ausfluss der Standortsuche der Bundeswehr. Sie spiegeln beispiellos die innere Zerrissenheit der Bundeswehr zwischen Reaktion (Kontinuitäten tradierter Wertund Rollenvorstellungen) einerseits und Aufbruch (Akzeptanz der Rolle als Parlamentsarmee in einer sich wandelnden pluralistischen Gesellschaft) andererseits wider. Die sinnbildliche Verkörperung dieser Orientierungssuche und gleichzeitiger Kulminationspunkt ist das Plakat zum zehnjährigen Bestehen der Bundeswehr (Abb. 41) im Jahre 1965. In den Anzeigen dieser Jahre werben die Streitkräfte mit ideellen Argumenten und dem Anreiz des »Danks des Vaterlandes«. Gleichzeitig glaubt die Bundeswehr an den abnehmenden Bewerberzahlen und der allgemeinen Stimmungslage zu spüren, wie wenig sie von der Gesellschaft akzeptiert wird. Eine Annahme, die vielleicht mehr die Perzeption als die Realität widerspiegelt. Diese Hilflosigkeit drückt sich wie ein letztes Aufbäumen auslaufender Kontinuitätslinien am Ende des Jahrzehnts in der »Schnez-Studie« aus, der Reaktion auf den »Gewerkschaftserlass« und der »kritischen Bestandsaufnahme« der Bundeswehr. »Wer allen dient, verdient Vertrauen« lautet der anklagende Hilferuf des Jubiläumsplakates von 1965. Noch im selben Jahr macht sich die Bundeswehr auf, in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland anzukommen. Das »Scharnierjahrzehnt« erweist sich für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr als Dekade einer erstaunlichen Zäsur. Im Jahre 1965 weichen aus den Anzeigen die bislang überwiegend transportierten Wert- und Normvorstellungen und machen zunächst einem unkonventionellen und provokant-frechen Soldatenbild Platz. Die Bundeswehr wirbt seit 1966/68 mit Argumenten, die in der Lage sind, die Zielgruppe zu berühren. Sie nutzt dabei Wege, die dem konservativen und obrigkeitsstaatlichen Klischee völlig zuwiderlaufen. So erhält sie in der Öffentlichkeit z.B. als »Schule der Nation« eine völlig neue Bedeutung: Nicht Begriffe wie »Schule der Nation«, verstanden als »Vaterländischer Unterricht«169, son-
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So noch zu finden bei Höhn, Die Armee als Erziehungsschule.
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dern deren persiflierende Umdeutung in »Fahrschule der Nation« werden hoffähig. Die Bundeswehr beginnt Ende der 1960er-Jahre, auf die Bedürfnisse der Zielgruppe verstärkt einzugehen und nutzt zusehends die Mittel, die ihr die Gesellschaft bietet. Kurz: Sie findet einen Weg, sich einen Platz in der Gesellschaft einzurichten, sie macht sich auf den Weg, sowohl eine von der Gesellschaft akzeptierte als auch in ihrem Inneren demokratisch ausgerichtete Parlamentsarmee zu werden. 1968 beginnt sie mit der Linie »Zeitsoldat – klare Vorteile für den Zivilberuf« im großen Maßstab faktische Anreize zu kommunizieren. Sie bietet neben ethischen und sportlichen Argumenten erstmals klare Hinweise auf eine spätere Berufsausbildung. Die Bundeswehr wirbt bewusst mit der Aussage, dass der Beruf des Soldaten eine Durchgangsstation auf dem Weg zu einem sozial gesicherten, zivilberuflichen Aufstieg sei. Die Rolle, die den Bildern in den obigen Anzeigen zugedacht war, beschränkte sich vor allem in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre auf das Verankern des verbalen Registers, d.h. sie verdeutlichten, sie illustrierten. Damit kommt den Bildern in der visuellen Kommunikation eine untergeordnete Funktion zu. Andererseits dienten sie vor allem in den die Männlichkeit herausstreichenden Linien als »eyecatcher«. Sie erzeugten Aufmerksamkeit und dienten als Einstieg in die Anzeige. Bei aller Interpretation muss aber in Erinnerung gerufen werden, dass die in der Nachwuchswerbung präsentierten Soldatenbilder nur mittelbarer Ausdruck der tatsächlichen Gegebenheiten in der Bundeswehr sein konnten. Als Quintessenz dieser Jahre gilt, dass bis genau in die Mitte des Jahrzehnts eine (Über-)Betonung des Ethos stattfand und faktische Anreize, die auch tatsächlich nur begrenzt vorhanden waren, verneint wurden. Den Kulminationspunkt stellt das Plakat »Wer allen dient, verdient Vertrauen« (Abb. 41) dar. Noch im selben Jahr tritt die Bundeswehr in ihrer Nachwuchswerbung provokanter und ungewohnt unkonventionell, sogar bisweilen »frech« auf. Die faktischen Anreize werden nun zaghaft angedeutet, gegen Ende stärker betont. Als Dauerbrenner in Sachen Werbung kristallisieren sich zusehends Argumente wie Sport, Abenteuer und Technik heraus. Aus Sicht der präsentierten Soldatenbilder in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr bilden die 1960er-Jahre das »Scharnierjahrzehnt« mit ihrem Gelenkjahr 1965, in welchem die erste Hälfte geprägt war durch eine tradierte Wertvorstellung des Soldaten und die zweite ein davon losgelöstes, zeitgerechtes, ein liberalisiertes Soldatenbild zeichnete. Gemeinsam war beiden jedoch der bereits in Kapitel III so bezeichnete postheroische Charakter, d.h. die Betonung der bürgerlichen Seite des Militärs. Nicht unterschätzt werden darf dabei die Rolle der Werbeagenturen. Dennoch waren es letztlich die verantwortlichen Werbeplaner im Ministerium, die die Gesamtverantwortung trugen und die Vorschläge der Agenturen akzeptierten. Vielleicht war die Bundeswehr kein Anachronismus innerhalb der Gesellschaft. Vielleicht spürte sie als Teil des Ganzen nur als eine der ersten staatlichen Organisationen eine Notwendigkeit zum Wandel. Die Streitkräfte began-
IV. Die Wehrwerbung zwischen Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit
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nen in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre zumindest in ihrer Werbekommunikation diesen Prozess des Wandels und der Anpassung. Es gelang ihnen, die neue Zeit nicht nur zu verstehen, sondern auch anzunehmen und mit ihr mitzugehen. Inwiefern ihr hier z.B. die Wehrpflicht bzw. die ständig nachkommenden jungen Unteroffiziere und Offiziere, die ja dieser Gesellschaft entsprangen, halfen, bleibt als anregende Frage offen.
V.
Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit – Professionalisierung und faktische Anreize (1969-1980)
Sind die 1960er-Jahre für den Zeithistoriker eine sich allmählich erhellende Terra Incognita, trifft diese geografische Umschreibung für die Bundesrepublik der 1970er-Jahre erst Recht zu1. In der historischen Forschung ist von den »langen 60er-Jahren« die Rede, die mit der Bundestagswahl 1957 beginnen und mit der Annahme des Grundlagenvertrages von 1973 bzw. dem Regierungswechsel auf Helmut Schmidt enden2. Was aber spricht dagegen, die 1960er-Jahre schon Mitte der 1960er enden lassen? Also den Übergang zu etwas vermeintlich Neuem mit den ersten gesellschaftlichen Wandlungstendenzen beginnen lassen, wie wir sie in den Werbeanzeigen der Bundeswehr festgestellt haben? Dennoch soll mit der Regierungsübernahme Willy Brandts 1969, die als »Machtwechsel«3 charakterisiert wurde, ein Fixpunkt gewählt werden. Das Wort einer »zweiten Stunde Null«4 sowie das einer »großen demokratischen Revolution«5 waren im Umlauf. Von dieser Regierung gingen Impulse für die Bundesrepublik im Allgemeinen und auch Anregungen für die Bundeswehr im Besonderen aus, auch wenn Pläne dafür schon durch die Große Koalition initiiert worden waren. Speziell die anstehenden Änderungen innerhalb der Bundeswehr, die von der politischen Leitung vorangetrieben wurden, beleuchten das Verhältnis von Regierung und Streitmacht, von Gesellschaft und Armee direkt6. Hier sind also durchaus plausible Argumente für eine kommende Periodisierung deutscher Militärgeschichte zwischen 1945/56 und 1990 zu vermuten. Gerade diese Phase deutscher Militärgeschichte ist bis heute noch weitgehend unerforscht, verspricht aber aufschlussreiche Einsichten nicht nur in das Innenleben der Bundeswehr am Scheideweg zwischen Aufbruch und Reaktion, sondern auch in das Selbstverständnis bundesdeutscher Politik und Gesellschaft.
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Aus der Münchner Reihe zur Deutschen Geschichte der neuesten Zeit liegen einige Bände vor, die über die 1970er in die 80er-Jahre reichen: Bender, Die »Neue Ostpolitik«; Ellwein, Krisen und Reformen; Haftendorn, Sicherheit und Stabilität. Metzler, Am Ende aller Krisen?, S. 57-103. Baring, Machtwechsel. Hennis, Machtwechsel, S. 160. Greiffenhagen, Einleitung, S. 11. Der Verfasser zitiert hier Alexis de Tocqueville »Über die Demokratie in Amerika«. Bald, Die Militärreform, S. 341-353.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
1. Politik und Gesellschaft in den 1970er-Jahren Willy Brandts Koalitionsregierung der inneren Reformen, die »mehr Demokratie wagen«7 und eine höhere Lebensqualität schaffen wollte, hatte gedankliche und auch planerische Vorläufer8. Tatsächlich begann bereits um 1966 mit der »technokratischen Wende«9 ein Reformschub in Bund und Ländern, der jedoch erst mit dem Wechsel zur sozial-liberalen Koalition als eine Art »Bewusstseinsrevolution«10 wahrgenommen wurde. Inwiefern diese Reformen tatsächlich nicht nur angepackt, sondern auch umgesetzt wurden und das politische und gesellschaftliche Feld der 1970er-Jahre prägten, ist fraglich11. Die Öffentlichkeit wandte sich in Diskussionen dem zu, was als Modernisierungs- und Veränderungsschub erfassbar wurde. Die Felder, auf denen sich die Reformen auswirkten, fasst Gabriele Metzler zusammen: Es sind dies Vorhaben mit (re)distributiven Effekten, Veränderung der ökonomischen und gesellschaftlichen Ordnung, Reformen der politischen Organisationen sowie des sozialen Status einzelner Gruppen und schließlich die Gruppe an Reformen, von der sich die Koalition eine größere Teilhabe der Bürger am politischen Prozess versprach12. Hinter diesen Vorhaben verbarg sich der Wille zur Erneuerung der als verkrustet empfundenen Gesellschaft. Diese sollte auf dem Weg des Wandels mit der Bundesregierung als zentraler Lenkungsinstanz gesteuert werden. Der Schwerpunkt der Erneuerung lag auf der Außenpolitik, obwohl Brandt in seiner Regierungserklärung die Bildungspolitik dazu erklärt hatte13. Unter dem bereits 1963 aufgekommenen Schlagwort »Wandel durch Annäherung«14 verfolgte die neue Regierung in ihrer Ostpolitik neue Ansätze und veränderte das innerdeutsche Verhältnis ebenso wie die Beziehungen zu Moskau und Warschau15. Die Reformen im Inneren wurden jedoch zugunsten der neuen Ostpolitik nur zaghaft umgesetzt16. Die wesentlichen Eckpfeiler dieser »inneren Reformen« bildeten der Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, der Umbau der Betriebsverfassung und der Mitbestimmung, die Änderung des »Abtreibungsparagraphen« 218, das neue Ehe- und Familienrecht und die umfassende Bil-
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Aus der Regierungserklärung Willy Brandts am 28.10.1969, abgedr. in: Die großen Regierungserklärungen, S. 163. Ellwein, Krisen und Reformen, S. 71. Ebd. Baring, Machtwechsel, S. 233. Zum Versanden der »Reformeuphorie« siehe Ellwein, Krisen und Reformen, S. 79-88. Zudem Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 347-382. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 351 f. Die großen Regierungserklärungen, S. 171, Bildungsbericht 70. 1963 von Egon Bahr, einem Mitarbeiter des Parteivorsitzenden Willy Brandt, geprägte Formel für die Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Hierzu Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland, S. 81 f. Bender, Die »Neue Ostpolitik«. Görtemaker, Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 565.
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dungsreform. Letztere scheiterte dem Urteil Manfred Görtemakers nach am umfassendsten17. Von der Bildungspolitik der neuen Regierung lässt sich der Bogen zur weiteren Entwicklungsgeschichte der Bundeswehr schlagen. Auch sie war Gegenstand der Regierungserklärung Brandts. Demnach verlangte der gesellschaftliche Wandel, dem sich die Streitkräfte ausgesetzt sähen, eine »umfassende kritische Bestandsaufnahme der Bundeswehr«18, die unverzüglich eingeleitet werden sollte. Gerade und vor allem die Erneuerung der Bildung und Ausbildung in den Streitkräften war eines der vordringlichsten Reformvorhaben von Bundesverteidigungsminister Helmut Schmidt19. Aber auch andere Felder der Bundeswehrreform, die ihrerseits den organisationsbezogenen Vorhaben20 zuzurechnen waren, wie die Wehrgerechtigkeit21, Wehrstruktur22 und Personalstruktur23 oder die »Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften«24 wurden veröffentlicht. Die hierbei entstandenen Veröffentlichungen der Regierung und des BMVg entsprachen dem »Boom«25 des Berichtswesens jener Jahre, womit die Regierung dem »kritischen Bedürfnis nach Information«26 aus ihrer Sicht Genüge tat. Auch die Reihe der Weißbücher der Bundesregierung »Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr«27, welche die Idee des ersten »Weißbuches 1969«28 fortführte, können als Exponenten des Versuchs, mehr »Demokratie zu wagen«, verstanden werden. Bemerkenswert ist, dass die Reformen in der Bundeswehr, die zumindest in den Sektoren Bildung, Nachwuchswerbung und Öffentlichkeitsarbeit einen entscheidenden Schub leisteten, in der Literatur bislang vernachlässigt worden sind, wie die Geschichte der Bundeswehr fast gänzlich aus der allgemeinen zeithistorischen Literatur ausgeblendet wird29.
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Ebd., S. 566 f. Die großen Regierungserklärungen, S. 170. Als Ergebnis der Arbeit der Bildungskommission wurde veröffentlicht: Neuordnung der Ausbildung und Bildung. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 353. Wehrgerechtigkeit. Die Wehrstruktur. Die Personalstruktur der Streitkräfte. Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften. Dieser Bericht ist im Gegensatz zu den oben genannten nicht veröffentlicht worden. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 362 f. Die großen Regierungserklärungen, S. 163. Weißbuch 1970. Darüber hinaus erschienen bislang die Weißbücher 1969, 1971/1972, 1973/1974, 1975/1976, 1979, 1983, 1985, 1994 sowie 2006. Als Gegenstück siehe: Ein AntiWeißbuch. Beachte auch das Weißbuch des Innenministeriums von 1972: Weißbuch zur zivilen Verteidigung, sowie Die Atlantische Gemeinschaft. Das erste militärische Weißbuch erschien noch unter CDU-Verteidigungsminister Gerhard Schröder: Weißbuch 1969. Weder Ellwein, Krisen und Reformen, noch Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, führen diesen Teilaspekt der Reformen der späten 1960er und frühen 1970er-Jahre an.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
Doch standen nicht die gesamten 1970er-Jahre unter dem Eindruck der Reformen im Inneren wie Äußeren. Bereits mit dem Kanzlerwechsel auf Helmut Schmidt 1974 zeichnete sich eine »Tendenzwende«30 ab – nicht zuletzt durch Brandts Rücktritt versinnbildlicht –, die vor dem Erbe reformerischer Halbheiten der Regierung Brandt stand31. Außenpolitisch rangierte vor allem die Annäherung und Entspannung, die seit der Kubakrise zwischen den beiden Blockführungsmächten spürbar war und durch die neue Ostpolitik im Zuge des »Harmel-Berichtes« verstärkt wurde, weiterhin im Mittelpunkt32. Sie führte zu einer Reihe von Abrüstungsverhandlungen wie SALT33 und MBFR34. Innenpolitisch sahen sich Regierung und Gesellschaft mit dem aufkeimenden Terrorismus und ökonomischen Krisen konfrontiert. Vor allem auf dem Wirtschafts- und Arbeitsmarktsektor begann eine Phase der Destabilisation. Nicht nur, dass die Wirtschaft auf die bis dahin größte Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik zusteuerte. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, zweistellige Lohnforderungen der Gewerkschaften und Arbeitsniederlegungen brachten das Ende der »Konzertierten Aktion«35 und gefährdeten im Inneren die wirtschaftliche Stabilität. Verschärfend wirkte sich zudem der Zusammenbruch der Währungsordnung von Bretton Woods36 und der Ölboykott der Erdöl exportierenden arabischen Länder nach dem verlorenen »Yom-Kippur-Krieg«37 vom Oktober 1973 aus. Die Bundesrepublik stand am »Ende des Wachstums« – als Symbol dafür gelten bis heute die leeren Autobahnen an den autofreien Sonntagen –, was gleichzeitig das Ende der Reformvorhaben bedeutete38. Aber nicht nur aus diesen ökonomischen Krisen heraus scheiterten die Reformen im 30 31 32 33
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Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 563. Ebd., S. 564 f. Haftendorn, Deutsche Außenpolitik. SALT steht für Strategic Arms Limitations Talks. Die Vertragsverhandlungen fanden zwischen 1969 und 1979 statt. SALT I wurde am 26.5.1972 zwischen US-Präsident Richard Nixon und dem sowjetischen Generalsekretär Leonid Breschnew in Moskau unterzeichnet. SALT II wurde am 18.6.1979 in Wien zwischen Leonid Breschnew und Jimmy Carter vereinbart. MBFR steht für Mutual Balanced Force Reduction. Die »Verhandlungen über die gegenseitige Verminderung von Streitkräften und Rüstungen in Europa« begannen am 30.10.1973 in Wien. Sie gestalteten sich zäh und wurden am 2.2.1989 erfolglos abgebrochen und am 9.3.1989 durch den VKSE (Vertrag über die konventionellen Streitkräfte in Europa) ersetzt. Zeitgenössisch zu diesem Komplex siehe Haftendorn, Abrüstungs- und Entspannungspolitik. Eine seit der Großen Koalition bestehende Gesprächsrunde von Regierung, Sozialpartnern und Wissenschaft mit dem Zweck, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik abzustimmen. Siehe Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 450-453. Haftendorn, Sicherheit und Stabilität, S. 35-44. Das Bretton-Woods-System, benannt nach der Konferenz von Bretton Woods im Juli 1944, war ein Währungssystem, das vom USDollar als Leitwährung bestimmt wurde. Ziel war die reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen. Das System hatte Bestand bis zu seinem Zusammenbruch 1973. Der Yom-Kippur-Krieg begann am 6.10.1973 mit dem Angriff syrischer und ägyptischer Verbände auf Israel. Es war der vierte israelisch-arabische Krieg, er endete am 24.10.1973 mit einem Sieg der israelischen Truppen. Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 571-573.
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Inneren, sondern auch wegen »institutioneller Blockaden«39 in Politik und Verwaltung. Eine der herausragenden »Veränderungen«40, die die bundesdeutsche Geschichte erlebte, war der sich seit Mitte der 1960er-Jahre zum Terrorismus steigernde Protest der radikalen Gruppierungen. Die Gewalt »gegen Sachen« und »gegen Menschen«, wie noch in den Studentenunruhen des Jahres 1968 differenziert, steigerte sich im Verlauf der 1970er-Jahre. Der Terrorismus in der Bundesrepublik entwickelte sich von der Entstehung der »Baader-MeinhofGruppe« bis hin zur Gründung der »Rote Armee Fraktion«41 (RAF). Den Höhepunkt stellte der »deutsche Herbst« 1977 dar, als Generalbundesanwalt Siegfried Buback, der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto und der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hanns Martin Schleyer, ermordet wurden42. Auch die eingeleitete Entspannungspolitik zwischen den Blöcken wankte. Die Sowjetunion begann einseitig sowohl konventionell als auch nukleartaktisch aufzurüsten. Vor allem die Bedrohung durch die neue Boden-BodenAtomrakete SS-2043 war ernst zu nehmen. Mit ihren Rüstungsvorhaben destabilisierte die Sowjetunion die Abschreckungstriade44 der NATO. Als Reaktion hierauf artikulierte Bundeskanzler Schmidt 1977 in einer Rede vor dem International Institute for Strategic Studies die Besorgnis der Westeuropäer und verdeutlichte das gestiegene Bedrohungspotenzial45. Diese Veränderung in der Wahrnehmung der Bedrohungslage führte im Sinne der »flexible response« zum »NATO-Doppelbeschluss«. Dieser sah eine Nachrüstung mit Pershing-IIRaketen und Cruise-Missile-Marschflugkörpern vor, falls Abrüstungsverhandlungen mit dem Warschauer Pakt keine Einigung bringen würden. Da diese scheiterten, kam es 1983 zum Nachrüstungsbeschluss der NATO. Dies führte zu wachsenden Protesten und letztlich zur Wiedergeburt der Friedens- und Ostermärsche, die seit dem Ausklang der »Kampf-dem-Atomtod«-Proteste ein Schattendasein geführt hatten.
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Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 349. So bewertet bei Ellwein, Krisen und Reformen, S. 11. Eine zeitgenössische Dokumentation mit zahlreichen Faksimile bietet: Dokumentation über Aktivitäten anarchistischer Gewalttäter. Hierzu im Überblick Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 584-588, und Ellwein, Krisen und Reformen, S. 21-29. »SS-20« stellt die NATO-Kategorisierung »Surface-Surface-20« für die sowjetische Rakete dar. Diese basierte auf einer ausgewogenen Mischung von konventionellen, nukleartaktischen sowie nuklearstrategischen Arsenalen. Haftendorn, Sicherheit und Stabilität, S. 11-31. Die Rede vom 28.10.1977 ist abgedr. in: Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland, T. 2, S. 618-631.
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2. Die Bundeswehr zwischen Reaktion und Aufbruch Was für die Historiografie der Bundesrepublik Deutschland der 1970er-Jahre gilt, trifft ebenfalls auf die Geschichtsschreibung der Bundeswehr zu. Gleichwohl liegen zahlreiche soziologische, aber auch politologisch motivierte Studien dieser Jahre vor, ebenso wie kritische oder apologetisch46 ausgerichtete Beiträge, die jedoch alle eher von der Auseinandersetzung um die Bundeswehr als von einer historischen Analyse der Bundeswehr künden. Seit Mitte der 1960er-Jahre galt der organisatorische Aufbau der bundesdeutschen Streitkräfte als weitestgehend abgeschlossen, auch wenn diese die Höchstzahl ihrer Soldaten von 495 000 Mann erst im Laufe der 1970er-Jahre erreichen sollten. Es schloss sich eine Phase der Konsolidierung an, die dennoch von Rückschlägen und Krisen gezeichnet war. Die seit 1967 verbindliche NATO-Doktrin der »flexible response« brachte eine neue militärtaktische Ausrichtung. Der »Harmel-Bericht«47 ermöglichte mit seinen beiden Säulen von militärischer Abschreckung und politischem Dialog nicht nur die Neue Ostpolitik der Bundesregierung, sondern übte auch einen »Wandlungsdruck«48 auf die Einsatzführung der Bundeswehr aus. Aus organisationsgeschichtlicher Sicht begann für die Bundeswehr ab Ende der 1960er-Jahre eine Phase der Reorganisation und der Ausbildung neuer Strukturen49. Hieraus resultierte eine insgesamt höhere Friedensstärke und auch eine höhere Kampfkraft, gleichzeitig stieg aber auch die Überzeugung, dass die Kombination aus glaubwürdiger Abschreckung und aktiver Entspannungspolitik einen Krieg eher unwahrscheinlich werden ließ50. Seit der Amtsübernahme von Helmut Schmidt als Bundesminister der Verteidigung fand unter Anteilnahme der SPD51 eine »Bestandsaufnahme« der Bundeswehr statt, wie sie in der Regierungserklärung von Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Oktober 1969 angekündigt worden war52. Die Ergebnisse veröffentlichte das Bundesverteidigungsministerium als »Weißbuch 1970«, was auch dem Versuch Schmidts nach einer weitergehenden Demokratisierung der Bundeswehr im Sinne einer Steigerung der Transparenz nach außen und Steigerung 46
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Beispiele hierfür sind soziologisch: Unternehmen Bundeswehr; politologisch: Die unbewältigte Vergangenheit; kritisch: Unsere Bundeswehr?, apologetisch: Ilsemann, Die Bundeswehr; Maizière, Bekenntnis zum Soldaten; Waldmann, Soldat im Staat. Als »Harmel-Bericht« wird der durch den belgischen Außenminister Pierre Harmel, *16.3.1911, angeregte Bericht bezeichnet, der seinen Niederschlag in der 1967 verabschiedeten NATO-Doktrin »flexible response« fand. Bald, Die Bundeswehr, S. 83. Neben neuen Strukturen in den TSK führte die Bundeswehr eine neue Waffen- und Systemgeneration ein. Diese Maßnahmen sind veröffentlicht in: Die neue Struktur der Bundeswehr (1974). Haftendorn, Sicherheit und Stabilität, S. 33. Y 2. Bundeswehr in der Gesellschaft; Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD; Kempe, SPD und Bundeswehr. Siehe Weißbuch 1970, Einleitung.
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des Meinungspluralismus nach innen entsprach53. Die Förderung der Diskussion im Inneren der Bundeswehr führte zu Gesprächsrunden des Ministers mit Angehörigen einzelner Dienstgradgruppen, aber auch eingesetzter »Arbeitsgruppen«, die ihre Vorschläge z.B. zur Nachwuchswerbung an die verantwortlichen Stellen einsenden konnten54. Insbesondere die »Neue Linke« verfolgte in den späten 1960er-Jahren aufmerksam die »Demokratisierung«55 der Bundeswehr und somit deren »Integration in die Gesellschaft«56. Und nicht nur sie vermutete »im gesellschaftlichen Hinterland der Bundeswehr bemerkenswerte Entwicklungen«57. Zunehmend keimten Diskussionen darüber auf, ob die bundesdeutschen Streitkräfte ihren »festumrissenen geistigen Standort in der Bundesrepublik«58 gefunden hätten. Die Bundeswehr stand »im Zwielicht«59. In den Streitkräften schien es zu gären; ein Untersuchungsfeld, das bislang jedoch mehr von Spekulationen und Polemisierungen, denn von wissenschaftlich-historischen Erkenntnissen gekennzeichnet ist60. Die Bundeswehr befand sich zwischen Reaktion und Aufbruch. Als Protagonisten gelten die vermeintlichen Angehörigen der wenig trennscharfen Gruppencharakterisierungen von »Traditionalisten« auf der einen und »Reformern« auf der anderen Seite61. Anstoß nahmen die Kritiker der Bundeswehr an den von rechts kommenden Vorwürfen gegen die Grundsätze der Inneren Führung. Die meist zivile Kritik an der Inneren Führung stellte für sie ein vermeintliches Spiegelbild der inneren Verfassung der Bundeswehr dar62. Es kam die Frage auf, ob die Prinzipien der »Inneren Führung« nicht in alte Gleise, in vordemokratische Zustände eines Militärstaates gelenkt werden könnten. Und ob ein falsch verstandenes Elitebewusstsein63 nicht die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft verhindere, wie es Bredow befürchtete64. Auch 53 54
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Für die These der Demokratisierung siehe Bald, Die Bundeswehr, S. 81-84. Zu solchen Einsendungen und deren Auswertung siehe BA-MA, Bw 1/102210. Deutlich wird der laienhafte Charakter der Kommentare, was wiederum Rückschlüsse auf die Transparenz im Gesamtsystem zulässt. Weißbuch 1970, S. 115-137. Simon, Die Integration der Bundeswehr. Der Verfasser liefert in einer politologischsoziologisch ausgerichteten Studie einen bemerkenswerten Überblick über die geführten Diskussionen. Siehe auch: Wie integriert ist die Bundeswehr? Lohmar, Demokratisierung in Deutschland, S. 85. Ebd. Bundeswehr im Zwielicht. Siehe hierzu Simon, Die Integration der Bundeswehr, S. 24-32. Auch Harder, Traditionspflege, S. 98, sieht in dieser Zergliederung ein Erklärungsmuster, das zu kurz greift. Eine gute Analyse bietet Simon, Die Integration der Bundeswehr, S. 28-32, der vorschlägt, eher von »Liberalen« und »Konservativen« zu sprechen. Der Verfasser weist aber auch auf die Heterogenität in der Bundeswehr hin und bezweifelt die Existenz einer einheitlichen Denkschule. Siehe exemplarisch Studnitz, Rettet die Bundeswehr!; Karst, Das Bild des Soldaten. Bereits früher, aber getragen von einem metaphysischen Weltbild, das das militärische Kämpfertum proklamierte: Picht, Vom Wesen des Krieges, sowie Picht, Wiederbewaffnung. Solch ein elitäres Bewusstsein forderten für die Bundeswehr Martini, Wehrmotiv – heute, S. 653-661; Mosen, Bundeswehr – Elite der Nation? Bredow, Die unbewältigte Bundeswehr, S. 85.
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aus der militärischen Führungsspitze der Bundeswehr waren Attacken gegen die »Innere Führung« zu vernehmen. Als herausragender Exponent dieser Befürchtungen galt weniger der Traditionserlass von 196565 als vielmehr die Äußerungen des Heeresinspekteurs Hellmut Grashey, der 1969 von der »Maske der Inneren Führung«66 sprach, und vor allem die »Schnez-Studie«67, die den Soldatenberuf als einen Beruf »sui generis« darstellte und Grundgesetzänderungen zugunsten des Militärischen forderte68. Die Gegenantwort der »Leutnante 70«69 fand geringeren öffentlichen Widerhall, löste aber eine Reaktion der »Putschisten aus dem Pumpernickel-Land«70 aus. Diese Verfasser des »Papiers der Hauptleute von Unna«71, das als Nachhutgefecht der Heeres-Studie gesehen werden kann, lieferten mit ihren Forderungen eine vielleicht gesteuerte Reaktion auf das Hamburger Thesenpapier der »Leutnante«72. Zudem schienen »Gammeldienst«73 sowie Vorfälle mit rechtsradikalen Hintergründen74 in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre die »innere Krise der Bundeswehr«75 zu bestätigen. Zuspruch verdiente sie sich indes mit ihren Hilfseinsätzen während der Olympischen Spiele 1972 in München76. In diese Phase des schwindenden Nachwuchses77 und der öffentlichen Diskussion um die politische Zuverlässigkeit der Bundeswehr fiel die Bestandsaufnahme der Bundesregierung. Für Verteidigungsminister Schmidt sollte sich die Reform der Bundeswehr auf die Neuordnung des Verteidigungsministe65 66 67
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Abgedr. in: Abenheim, Bundeswehr und Tradition, S. 225-229. In einer Rede an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg am 19.3.1969. Die »Schnez-Studie« ist abgedr. in: BA-MA, Bw 1/17333. Die zeitgenössische Reaktion u.a. in: Der Spiegel, 24, Nr. 1/2 vom 5.1.1970, S. 22-27. Es wird häufig übersehen, dass die »Schnez-Studie« u.a. das Ergebnis der von Minister Schmidt angesetzten Klausurtagung vom 19. bis 21.12.1969 gewesen ist, die einen Teil der kritischen Bestandsaufnahme der Bundeswehr darstellte. Siehe Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 162-170; Bald, Die Bundeswehr, S. 88 f. An der Heeresoffizierschule II in Hamburg-Wandsbek verfassten am 18.12.1969 nach einer Podiumsdiskussion mit Wolf Graf von Baudissin, dem Schöpfer der »Inneren Führung«, acht junge Leutnante Thesen als Gegenpapier zur »Schnez-Studie«. Abgedr. in: Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 170 f. Zeitgenössisch in: Der Spiegel, 24, Nr. 6 vom 2.2.1970, S. 34-41. So bezeichnet in: Der Spiegel, 25, Nr. 14 vom 29.3.1971, S. 23. Im Oktober 1970 verfassten etwa 30 Hauptleute der 7. Panzergrenadierdivision aus Unna im lippischen Augustdorf anlässlich einer Arbeitstagung für Kompaniechefs eine Niederschrift, die im Januar 1971 dem Generalinspekteur de Maizière vorgelegt wurde. Im März gingen die Hauptleute mit ihrem Papier an die Öffentlichkeit, da ihnen durch Minister Schmidt keine ausreichende Aufmerksamkeit zuteil wurde. Abgedr. in: Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 174 f. Siehe andere zeitliche Daten bei Bald, Die Bundeswehr, S. 89. Siehe die zeitgenössische Titelstory »Hauptmann 71. Der Aufstand der Kompaniechefs« in: Der Spiegel, 25, Nr. 15 vom 5.4.1971, S. 26-34. Hierzu Bald, Die Bundeswehr, S. 89. Lippert, »Gammeldienst«; Der Spiegel, 26, Nr. 12 vom 13.3.1972, S. 36-41. Zu diesen Vorfällen in der Zeit der Regierungsverantwortung der SPD siehe: Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 274-276. Technokraten in Uniform. Der Spiegel, 25, Nr. 8 vom 15.2.1971, S. 30 f. Für den militärischen Einsatz nach den Anschlägen von München siehe Der Spiegel, 26, Nr. 39 vom 18.9.1972, S. 49-51. Siehe Kapitel IV.2.
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riums, die Umorganisation des Führungsstabes, die Lösung des Personalproblems, die Überprüfung der Wehrstruktur, die Abschaffung der Gewissensprüfung für Kriegsdienstverweigerer und die Weiterentwicklung und verstärkte Umsetzung der Prinzipien der »Inneren Führung« erstrecken78. Aber zwei Bereiche erforderten nach der Bestandsaufnahme besondere Überprüfungen: die Ausbildung und Bildung79 sowie die Öffentlichkeitsarbeit80. Obwohl die Umorganisation des Ministeriums die Stellung des Generalinspekteurs stärkte81, lag der Schwerpunkt darauf, »Ausbildung und Bildung in der Bundeswehr neu zu ordnen«82. »Die Bundeswehr muß mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten. Sie muß ihre Berufsbilder, ihre Bildungs- und Ausbildungsgänge so gestalten, daß die Soldaten daraus für ihren beruflichen Werdegang innerhalb der Bundeswehr und ebenso später im zivilen Leben den größtmöglichen Nutzen ziehen. Dies dient gleichzeitig der Effektivität der Bundeswehr und der Attraktivität der soldatischen Laufbahnen83.« Damit wird bereits in diesem Stadium deutlich, dass die Bundeswehr auf ihre Personalnot der 1960er-Jahre ebenso reagieren wollte, wie auf ihre Stellung in der Gesellschaft. Der entscheidende Wurf sollte durch die Erhöhung verschiedener Anreize geleistet werden. Dass dies jedoch nicht allein ein Verdienst der neuen Regierung war, legt das »Weißbuch 1969« nahe. Es konstatierte einen Bedarf von 40 000 längerdienenden Freiwilligen und kündigte »Maßnahmen zur Verbesserung der personellen Struktur«84 an. Die wesentlichen Felder, auf denen Sofortmaßnahmen greifen sollten, waren finanzieller, aber auch struktureller Natur. Neben die Berufsförderung85, die schon seit 1957 bestand, traten vor allem die wiedereingeführten Dienstbezüge anstelle des geringeren Wehrsoldes für Zeitsoldaten, die sich auf zwei Jahre verpflichteten, sowie die Verabschiedung des Eingliederungsgesetzes86 für Zeitsoldaten, von dem Otto Hintze bereits für das 19. Jahrhundert zu berichten wusste87. Diese materiellen und finanziellen Verbesserungen wurden auch über die Anzeigen der Nachwuchswerbung kommuniziert. Die großseitigen Anzeigen warben in ihren Überschriften mit »Welche Chancen gibt der Staat seinen Bürgern als Soldat? – 78 79 80 81
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Hofmann, Sicherheitspolitik der SPD, S. 153 f. Weißbuch 1970, S. 130, Ziffer 173. Ebd., S. 117, Ziffer 146. Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 158. Es handelt sich um den »Blankeneser Erlaß« vom 21.3.1970. Die Stärkung ergibt sich aus der Tatsache, dass der Generalinspekteur nun die Stellung eines Hauptabteilungsleiters oder vierten Staatssekretärs innehatte. Der Erlass liegt in Kopie vor in BA-MA, Bw 1/157958. Weißbuch 1970, S. 130, Ziffer 173. Ebd. Weißbuch 1969, S. 44. Tuchel/Blumenhagen, Berufsförderung. Das Eingliederungsgesetz datiert vom 25.8.1969. Unteroffiziere und Mannschaftsdienstgrade, nicht jedoch Offiziere auf Zeit hatten nach einer Verpflichtungsdauer von in der Regel zwölf und mehr Jahren Anspruch auf einen Eingliederungsschein für eine Beamtenlaufbahn. Siehe Tuchel/Blumenhagen, Berufsförderung, S. 158-162. Siehe Kapitel II.1.b.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
Verbesserte Laufbahnen – verbesserte Besoldung« bzw. mit »Neues von der Bundeswehr. Wer bereit ist, für Millionen von Menschen Sicherheit zu produzieren, kann sicher sein, nicht nur akzeptiert, sondern auch entsprechend honoriert zu werden88.« (Abb. 66a, 66b) Das »Weißbuch 1969« forderte darüber hinaus gleichzeitig die »gesellschaftspolitische Anerkennung des soldatischen Dienstes«89. Hierin unterschied sich das erste Weißbuch für die Bundeswehr überhaupt vom ersten Weißbuch der sozial-liberalen Koalition von 1970. Somit wird deutlich, dass die angestrebten Reformen der sozial-liberalen Koalition zumindest auf dem Gebiet der Bundeswehr ihre Ursprünge bereits in der Großen Koalition hatten90. Nur gingen die Reformansätze der neuen Regierung weiter. Vor allem in der Ausbildungs- und Bildungspolitik galt es, die Ausbildungsgänge und Abschlüsse im militärischen Bereich soweit wie möglich denen des zivilen Bereichs entsprechen zu lassen91. Ziel war es, »die unmittelbare zivilberufliche Anerkennung des militärischen Fachlehrgangs oder die Anerkennung nach erfolgreichem Besuch eines Ergänzungslehrgangs im Rahmen der dienstzeitbeendenden Ausbildung92« zu erlangen. Ganz deutlich wurde erkannt, dass es nicht genügte, »daß die Soldaten auf Zeit nach ihrer Rückkehr in das zivile Berufsleben nur dort wieder anfangen können, wo sie vor ihrem Eintritt in die Bundeswehr aufgehört haben«93. Entscheidend war nun die offiziell formulierte Forderung: »Die Bundeswehr als ›Arbeitgeber‹ muß ihn [den Zeitsoldaten] rechtzeitig und umfassend auf seine Rückkehr in den Zivilberuf vorbereiten. Sie muß ihm die Voraussetzungen für einen beruflichen und sozialen Aufstieg nach seinem Ausscheiden schaffen94.« Damit war nun öffentlich das gefordert und angekündigt, was die demoskopischen Umfragen in den 1960er-Jahren ergründet und die Werbeagentur Dr. Hegemann in ihrem Strategiepapier von 1968 bereits vorgeschlagen hatte: die Konzentration auf die materiellen Anreize. Wir werden sehen, dass die Nachwuchswerbung dies aufgreifen und sofort umsetzen wird. Das in den frühen und mittleren 1960er-Jahren besonders herausgestrichene »Berufsethos« wurde geschmälert, die in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre etablierten berufsbezogenen Argumente für die finanziellen und ausbildungstechnischen Vorteile stärker betont, ohne jedoch diese zu einseitig herauszustreichen. 88
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Diese Anzeigen liegen vor in ZAPA-BMVg 87-1 (Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen) von 1956 bis zum 31.12.1972. 1. Mappe. Die erste, hier zitierte Variante erschien demnach u.a. am 5.9.1969 in der Stuttgarter Zeitung, die zweite am 25.8.1969 in der BildZeitung. Weißbuch 1969, S. 45. So für die Ausbildungs- und Bildungsreform bestätigt bei Radbruch, Das Ausbildungsund Bildungssystem der Bundeswehr, S. 126. So wurde unter anderem auch der Ausbildungsgang für Stabsoffiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg neu organisiert. Dazu: Tradition und Reform im militärischen Bildungswesen. Weißbuch 1970, S. 130, Ziffer 173. Ebd., S. 131, Ziffer 174. Ebd.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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Um die militärische Bildungsreform zu planen, berief Schmidt eine »Bildungskommission« unter Thomas Ellwein95 ein, der in einem Spiegel-Interview sogleich betonte: »Ein unter dem Gesichtspunkt des politischen Auftrags der Bundeswehr wertvoller Kämpfer muss über sein Tun nachdenken96.« Ob er damit konservative Kritiker97 beruhigen wollte oder nicht, deutlich wird, dass die Ausbildungs- und Bildungsreform nicht allein aus Attraktivitätsgründen, sondern auch zur Steigerung der Effektivität und des Kampfwertes betrieben wurde98. Auch das Gutachten der Bildungskommission betonte die Aspekte sowohl der Nachwuchsgewinnung als auch der Einsatzbereitschaft99. In Sachen Nachwuchsgewinnung ging es sogar soweit zu behaupten, dass die Integration des Ausbildungssystems der Streitkräfte eine wesentliche Voraussetzung sei, »um den erforderlichen Nachwuchs zu gewinnen«100. Auf den Punkt gebracht hieß es: »Je mehr die Tätigkeit des Soldaten mit seinen eigenen Interessen im Einklang steht, desto eher wächst die Bereitschaft für den Dienst in den Streitkräften. Diesem Zusammenhang muß die Ausbildung in den Streitkräften Rechnung tragen101.« Damit stellen die Reform der Ausbildung und Bildung in der Bundeswehr und die damit einhergehenden Veränderungen eine wesentliche Einflussgröße für die Anzeigengestaltung in der Nachwuchswerbung der Bundeswehr dar. Die Kommission konnte schon knapp ein Jahr nach ihrer Berufung ihr Gutachten mit detaillierten Vorschlägen bis hin zu konkreten Modellen präsentieren102. Den Verfassern der »Ellwein-Studie« aber war klar, dass für die Gewinnung von Nachwuchs die verbesserten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten allein nicht ausreichten. Es mussten andere »Maßnahmen der sozialen Sicherung«103 hinzukommen. So traten neben die Errichtung der beiden Hochschulen104 der Bundeswehr in München und Hamburg für Offiziere der Erwerb eines Meisterbriefs für Zeitsoldaten mit mittlerer Reife sowie zahlreiche soziale und monetäre Verbesserungen, wie die Einführung der Weihnachts- oder Erhöhung der Entlassungsgelder105. 95
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Thomas Ellwein, *16.7.1927, †6.1.1998. 1962-1970 Professor in Frankfurt am Main, 1970-1974 Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr, 1974-1976 Präsident der Hochschule der Bundeswehr in Hamburg, 1976-1989 Professor in Konstanz. Der Spiegel, 25, Nr. 9 vom 22.2.1971, S. 50. Kritiker der Ausbildungsreform befürchteten, dass aus »Kämpfern« verweichlichte »Pappkameraden« würden. Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 181. Siehe auch Neuordnung der Ausbildung, S. 25, Ziffer 23. Neuordnung der Ausbildung, S. 24 f., Ziffern 20-23. Ebd., Ziffer 21. Ebd., Ziffer 22, Hervorhebung im Original. Für einen Überblick über die wichtigsten Vorschläge und die Diskussion siehe Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 182-192. Neuordnung der Ausbildung, S. 24, Ziffer 21. Die beiden Hochschulen wurden 1985 in »Universitäten der Bundeswehr« umbenannt. Hofmann, Die Sicherheitspolitik der SPD, S. 191.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
Einen organisatorischen Einfluss auf die Ausgestaltung der Nachwuchswerbung übte die Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften aus106. Wie zuvor geschildert, fand bereits im Oktober 1970 eine Umgliederung im Verteidigungsministerium statt. Die Nachwuchswerbung war organisatorisch nun nicht mehr Teil des Führungsstabes der Bundeswehr und somit Teil der Wehraufklärung, sondern Teil des aus dem IPZ hervorgegangenen IPStabes und als »IPStab 4« Element der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit107. Bereits Anfang 1970 wurden auf Weisung des Verteidigungsministers Untersuchungen zur Nachwuchswerbung angestrengt108. Am 23. November 1970 berief Minister Schmidt eine Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit ein109. Am selben Tag erhielt das BwA den Auftrag, eine Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Nachwuchswerbung und der Öffentlichkeitsarbeit für die Bundeswehr zu gründen110. Zweck dieser Arbeitsgruppe war es, die Zielgruppen, auf die die Werbung ausgerichtet sein sollte, die dazu zweckmäßigen Werbemethoden, sowie die Organisation, die Erfolgskontrolle und die Haushaltsmittel zu untersuchen. Schon der Bericht zur Neustrukturierung der Öffentlichkeitsarbeit strich den Zusammenhang zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung heraus. Denn ausreichender Nachwuchs könne nur gewonnen werden, »wenn die Öffentlichkeit intensiv, kontinuierlich und differenziert über die beruflichen Aufgaben, Anforderungen und Möglichkeiten in der Bundeswehr unterrichtet wird«111. Dabei zielte das Papier nicht allein auf die Öffentlichkeitsarbeit auf ministerieller Ebene, sondern vor allem auf die Truppenebene ab. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe aus dem BwA zur Lage der Nachwuchswerbung war in Teilen ernüchternd, entspricht damit aber den Erkenntnissen, die in Kapitel IV für die 1960er-Jahre ermittelt werden konnten. So kam die Arbeitsgruppe zu dem Schluss, dass es bislang kein mittel- oder gar langfristiges Werbekonzept gegeben habe112. Weiter wurde bemängelt, dass der Anzeigen- und Druckschriftenkonzeption keine mittelfristige Bedarfsanalyse zugrunde läge, dass die Anzeigen vielmehr in »nahezu allen Fällen kurzfristig 106
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Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften. BA-MA, Bw 1/27831. Erfahrungsbericht Leiter IPStab vom 27.11.1969-30.9.1971, S. 3. IPStab 1: Pressereferat, IPStab 2: Information der Bundeswehr, IPStab 3: Öffentlichkeitsarbeit, IPStab 5: Auswertung und Dokumentation. Siehe BA-MA, Bw 1/102210, Fü S VII 4. Az.: 01-55-01-10, 3.3.1970. Demnach hatte Minister Schmidt bereits am 10.2.1970 in einer Abteilungsleiterbesprechung einen Bericht und Vorschläge zur Nachwuchswerbung gefordert. Abgedr. in Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften als Anhang 2, S. 50 f. Abgedr. in ebd., S. 52 f. Ebenso das Folgende. Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften, S. 57. Siehe auch zeitgenössisch Klein, Reporter und Soldaten; Borchers, Bundeswehr und Presse. Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften, Anl. 5, S. 87.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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konzipiert113« würden. Der Zeitraum zwischen der Forderung eines Bedarfsträgers, in der Regel wohl die Personalabteilung, und der Schaltung einer Anzeige wurde mit drei bis 18 Monaten angegeben. Die Herstellung von Informationsschriften dauerte teilweise noch länger. Einer der Gründe hierfür lag in dem bereits in Kapitel III dargelegten langen Mitzeichnungsgang, der wohl bis zu 50(!) Stellen umfasste114. Der ausschlaggebende Grund ist jedoch mit großer Sicherheit in der personellen Ausstattung der Gruppe Nachwuchswerbung im BwA zu suchen: Ein(!) Angestellter war mit der redaktionellen und der technischen Herstellung aller Werbe- und Informationsschriften beauftragt115. Die Kurzfristigkeit der Werbung sollte umgangen werden, indem »›krisenfestere‹ Werbeinhalte, (z.B. die Möglichkeiten berufsbezogener Verwendung in der Bundeswehr), verstärkt in den Mittelpunkt der Werbung«116 gerückt wurden. Das Urteil über die Planungsgrundlagen der Werbung fiel nicht wesentlich besser aus117. Wie in Kapitel IV gezeigt, wurden zwar seit 1960 Repräsentativumfragen durchgeführt, »sowie gelegentliche Situationsberichte der in der Öffentlichkeitsarbeit stehenden Personen«(!) berücksichtigt. Meinungsumfragen oder Expertisen, die außerhalb der Nachwuchswerbung veranlasst wurden, fanden jedoch keine Berücksichtigung. Vielmehr hätte ein Austausch an Informationen über personelle und materielle Fragen, die eine Relevanz für die Werbung gehabt haben konnten, nur unzureichend und zufällig stattgefunden, »weil es hierfür keine Regelung«(!) gab. Die Werbeaussagen wurden in dem Papier ebenfalls analysiert. Die Werbung zielte sowohl auf rationale als auch emotionale Verhaltensweisen. Ohne dass diese näher bestimmt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass unter rationalen Argumenten z.B. berufliche und finanzielle, unter emotionalen wiederum ethische Argumente, aber auch Sport oder Abenteuer zu verstehen waren. Dass der Anteil der emotionalen Aussagen überwog, konnte die Bildanalyse in Kapitel IV zeigen. Dass die Nachwuchswerbung in den 1960er-Jahren offensichtlich an Mängeln und Unzulänglichkeiten in der Organisation litt, wurde im Papier der Arbeitsgruppe des BwA deutlich. Als Gründe wurden in erster Linie fehlende Abgrenzungen von Kompetenzen, eine fehlende Zuordnung von Verantwortungsbereichen sowie unterschiedliche Auffassungen über die Bedeutung und Wertigkeit der Werbung genannt. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem vorgesetzten Referat im IPStab und der Dezernatsgruppe Nachwuchswerbung im BwA funktionierte nicht optimal. Ebenfalls wurde eine fehlende Abgrenzung in den Tätigkeiten bemängelt. Das organisierte Chaos trat in folgender Stellungnahme zutage:
113 114 115 116 117
Ebd., S. 90. Ebd. Ebd., S. 91. Ebd. Ebd., S. 87. Für die folgenden Anmerkungen siehe die Seiten 87-89.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
»Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Referaten und Ämtern erfolgt im wesentlichen auf der Ebene zwischenmenschlicher Kontakte und ist nicht durch organisatorische Zuordnung gesichert. Führungs- und Durchführungsebene sind in wesentlichen Teilen nicht gegeneinander abgegrenzt, sondern überschneiden sich und konkurrieren miteinander. Ein Berichts- und Meldewesen als Grundlage einer Informationskette zur gezielten und aktuellen Werbung ist nicht vorhanden. Erforderliche Daten werden je nach Meinung und Bedarf abgerufen118.« Abschließend machte das Papier Vorschläge zur Straffung und Neugliederung der Organisationsabläufe der Nachwuchswerbung119. Ersichtlich wird die Komplexität des Ablaufs und der Einfluss, den externe Werbeagenturen hatten. Deutlich wird aber auch der Einfluss der Bedarfsträger der einzelnen Führungsstäbe der TSK und des Personalamtes. Interessant erscheint darüber hinaus der Vorschlag für die neue Organisation der Planung von Werbekonzeptionen. In einer Führungsgruppe sollten demnach Vertreter der Leitung des BMVg, des IPStabes, des FÜ S aber auch Angehörige des BPA(!) vertreten sein, die schneller und vor allem reibungsfreier, im Sinne einer zielgerichteten »Meinungslenkung« arbeiten sollten120. Diese vorgeschlagene Struktur wurde jedoch nicht umgesetzt. Die Nachwuchswerbung der Bundeswehr und mit ihr das vermittelte Soldatenbild stellten somit eher ein zufälliges denn zielgerichtetes Produkt dar. Eine zentralistische Lenkung oder gar Steuerung bestimmter Soldatenbilder ist kaum anzunehmen. Die Möglichkeit, die Nachwuchswerbung in ihren Aussagen zentraler zu lenken, wurde auch für die Zukunft abgelehnt. Als Grundsatz galt von nun an: »Personalwerbung ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit«121.
3. Die Nachwuchswerbung auf dem Vormarsch Anders als der Aktenbestand zur Nachwuchswerbung der 1960er-Jahre, der in großen Teilen kassiert wurde, liegt für die 1970er-Jahre ausreichend Quellenmaterial vor, um die organisatorischen Entwicklungen zu rekonstruieren. So lässt sich bereits Ende der 1960er-Jahre eine beginnende Professionalisierung der Nachwuchswerbung nachweisen122. Mit der Gründung des IPZ bzw. ab 1970 mit dem IPStab rückte die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr verstärkt in den Fokus der Leitung des Ministeriums und unterstrich die Bedeu118 119
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Ebd., S. 98. Einen grafischen Eindruck vermitteln die Anlagen C und D im Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften, Anl. 5, S. 110. Ebd., S. 98-100. Siehe auch die Grafik in Anlage D auf S. 110. Bericht der Kommission zur Neuordnung der Presse- und Informationsarbeit in den Streitkräften, Anl. 5, S. 98. Siehe Kapitel IV.3.c.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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tung, die diesem Instrument nunmehr entgegengebracht wurde. Vor allem die Tatsache, dass die Nachwuchswerbung integraler Bestandteil des IPStabes wurde, betonte das123. Die Nachwuchswerbung änderte ihr Paradigma. Sie wechselte vom Fü B VII, also dem Bereich von Wehraufklärung und psychologischer Kriegführung, hin zur Öffentlichkeitsarbeit. Hierin liegt eine der Stärken der Nachwuchswerbung, aber auch der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr begründet: Im Laufe der 1970er-Jahre wird sich eine sich wechselseitig bedingende Informationsarbeit herausbilden, die aufeinander abgestimmt verschiedene Zielgruppen anspricht124. Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung bilden Schnittmengen, sind aufeinander abgestimmt und ergänzen einander125. Nicht zuletzt bildete die so genannte Image- oder Basiswerbung, für die seit 1974 mit der Frankfurter Firma Horst Slesina eine dritte Agentur verpflichtet wurde126, einen wesentlichen Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr bis in die 1980er und 1990er-Jahre hinein. Auch wenn historisch fundierte Untersuchungen über die Organisation und die Wirkung der Öffentlichkeitsarbeit im IPStab ausstehen, bleibt gerade hier ein wesentlicher Faktor für das Verhältnis von Gesellschaft und Bundeswehr zu vermuten. Zunächst gilt es aber, den organisatorischen Wechsel und die Einbettung in die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Auswirkungen auf die Inhalte der Nachwuchswerbung näher zu beleuchten.
a) Oberstes Ziel: Kontaktgewinnung Helmut Schmidt erteilte bereits im Februar 1970 die Weisung, über die bisherigen Werbemaßnahmen zu berichten und forderte gleichzeitig Vorschläge für eine moderne Werbung ein127. Aus der geforderten Vorlage geht hervor, dass die Nachwuchswerbung auf Grundlage von Werbe- und Marktpsychologie sowie der Werbewissenschaften durchgeführt wurde und in ihrer Konzeption den Ergebnissen der demoskopischen Umfragen folgte. Sie sei nicht militärisch, sondern vielmehr kaufmännisch/werblich ausgerichtet gewesen128 und hätte seit 1969 eine gewisse »Effektivität«129 erreicht. Als Werbeagenturen standen 1970 die Firmen Dr. Hegemann aus Düsseldorf, zum damaligen Zeitpunkt Nummer vier der 50 größten bundesdeutschen Agenturen, und die Münchner Dorland als Nummer zehn unter Vertrag.
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Ein STAN-Entwurf und ein Geschäftsverteilungsplan für die Zeit nach der Umgliederung im IPStab für BwA/NwW in: BA-MA, Bw 1/102228. Klauser, Eine starke Truppe, S. 267, wählt den Begriff des »Kommunikations-Mix«. Siehe die hausinterne Studie in: BA-MA, Bw 1/194852. IPStab 4, Az.: 01-55-01 vom November 1972. Vor- und Nachteile der Durchführung der Werbung mit Hilfe von Werbeagenturen, S. 1 f. BA-MA, Bw 1/285411. BA-MA, Bw 1/102209, Fü S VII 4, Az.: 01-55-01-10, 3.3.1970. Ebd., S. 1 f. BA-MA, Bw 1/102210, Fü S VII 4, 28.8.1970, S. 1.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
In einem Bericht an die Wehrstrukturkommission von 1971 definierte der Leiter des IPStab 4 den Auftrag für die Freiwilligenwerbung wie folgt: »Die Nachwuchswerbung der Bundeswehr hat den Auftrag, Interesse für den Dienst in den Streitkräften zu wecken, entsprechende Kontakte zu schließen und zu pflegen mit dem Ziel, auch nach Folgeanstößen aus den verschiedensten Richtungen möglichst viele Bewerbungen für die einzelnen Laufbahnen auszulösen130.« Hieraus ergab sich auch der Aufbau der Nachwuchswerbung, der hier ausführlich und ausdrücklich formuliert vorliegt131. Die Nachwuchswerbung der Bundeswehr verfolgte spätestens seit Anfang der 1970er-Jahre einen stufenweisen Aufbau ihrer werblichen Konzeption. Dieser ist zwar auch schon für frühere Zeiten in Ansätzen erkennbar, aber nicht so konsequent formalisiert. Damit folgte die Nachwuchswerbung der in der Werbung gängigen »AIDA-Formel«132. Diese steht für die Schlagwörter Attention, Interest, Desire und Action. Hierin spiegelt sich eine Stufeneinteilung, eine Informationskette, wider. Zunächst sollte die Aufmerksamkeit eines möglichen Betrachters erregt werden, danach das Interesse des Betrachters für die Werbung geweckt, d.h. eine Beschäftigung mit der Werbung erzielt werden. Im folgenden Schritt sollte das Verlangen nach dem beworbenen Produkt sowohl auf einer rationalen als auch emotionalen Ebene geweckt werden. Die abschließende Action stellte bereits die Kaufhandlung bzw. im vorliegenden Fall den Eintritt in die Bundeswehr dar. Für die Verantwortlichen begann die Action mit dem Truppenbesuch des Jugendlichen. Anzeigen, Poster, andere Printprodukte oder die Big Band, mit denen die Bundeswehrwerbung an die Öffentlichkeit trat, waren also Elemente der AIDA-Formel der Werbebranche133. Die erste Stufe der Nachwuchswerbung versuchte entsprechend, die Aufmerksamkeit (Attention) auf die Bundeswehr zu lenken. Dies sollte in der Regel über die Anzeigen, aber auch über Ausstellungen oder seit Anfang der 1970erJahre mit Preisausschreiben geschehen. Mit der Auswertung der eingesandten Coupons – aus einer kommunikativen Handlung wird eine echte Kommunikation – startet die zweite Stufe der Werbung, mit der Interesse (Interest) für die angebotene Leistung geweckt werden sollte. Dies geschah über das Zusenden von Werbe- und Informationsschriften an die Couponeinsender. In der dritten Stufe sollte der Wunsch (Desire), in die Bundeswehr als längerdienender Soldat einzutreten, vertieft werden. Dazu diente die so genannte Nachfasswerbung. Sie sollte den Kontakt, der über Anzeigen oder andere Wege zustande gekommen war, möglichst über einen langen Zeitraum aufrechterhalten,
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BA-MA, Bw 1/102243, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 22.11.1971, S. 4. Aufgrund der kassierten Akten, die den Zeitraum der 1960er-Jahre maßgeblich abdecken, kann aber nicht völlig ausgeschlossen werden, solche oder ähnliche Gedanken bereits früher zu finden. Dennoch wird die Arbeits- und Funktionsweise der NwW in diesen Jahren erst völlig verinnerlicht und umgesetzt. So zu lesen in BA-MA, Bw 1/194852, IPStab 4, Az.: 01-55-01, November 1972. Vor- und Nachteile der Durchführung der Werbung mit Hilfen von Werbeagenturen, S. 3. BA-MA, BW 1/102209, IPStab Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-01, 13.12.1974.
Abb. 66: Werbeanzeige 1969 SKA/IMZBw
Abb. 68: Werbeanzeige 1972 SKA/IMZBw
Abb. 67: Werbeanzeige 1970 SKA/IMZBw
Abb. 69: Werbeanzeige 1972 SKA/IMZBw
Abb. 70: Werbeanzeige 1974 SKA/IMZBw
Abb. 71: Werbeanzeige 1973 SKA/IMZBw
Abb. 72: Werbeanzeige 1973 SKA/IMZBw
Abb. 73: Werbeanzeige 1972 SKA/IMZBw
Abb. 74: Werbeanzeige 1972 SKA/IMZBw
Abb. 75: Werbeanzeige der Bundeswehr 1974 SKA/IMZBw
Abb. 76: Werbeanzeige der Bundeswehr 1976 SKA/IMZBw
Abb. 77-78: Werbeanzeigen der Bundeswehr aus dem Jahre 1979 SKA/IMZBw
Abb. 79: Werbeanzeige 1977 SKA/IMZBw
Abb. 80: Werbeanzeige 1976 SKA/IMZBw
Abb. 81: Werbeanzeigen 1978 SKA/IMZBw
Abb. 82-83: Werbeanzeigen 1980 SKA/IMZBw
Abb. 84: Ankündigungsplakat der Wanderausstellung »Unsere Luftwaffe« Anfang der 1970-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 85: Ankündigungsplakat der Wanderausstellung »Unsere Marine« Anfang der 1970-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 86: Ankündigungsplakat der Wanderausstellung »Unser Heer« Anfang der 1970-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 87: Ankündigungsplakat der Wanderausstellung »Unsere Luftwaffe« Ende der 1970-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 88: Ankündigungsplakat der Wanderausstellung »Unsere Marine« Ende der 1970-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 89: Ankündigungsplakat der Werbewanderausstellung »Unser Heer« Anfang der 1980-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 90: Ankündigungsplakat der Werbewanderausstellung »Unsere Luftwaffe« Anfang der 1980-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 91: Ankündigungsplakat der Werbewanderausstellung »Unsere Marine« Anfang der 1980-Jahre SKA/IMZBw
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
275
»um nun den jungen Menschen entscheiden zu lassen, ob er der Bundeswehr als längerdienender Soldat beitritt. Deshalb gilt in der Bundeswehrwerbung der Gewinnung von ständig neuen Kontakten besonderer Vorrang134.« Dieses stufenweise Vorgehen mit der endgültigen Einführung der Nachfasswerbung wurde forciert, weil man erkannte, dass der Meinungsbildungsprozess einer Entscheidung mit so großer Tragweite sehr lange dauert und von sehr viel mehr Einflussgrößen abhängt, als bei einem Einkauf eines Produktes X im Supermarkt. »Denn Meinung entsteht erst durch gedankliche Auseinandersetzung des Empfängers und ist nicht bereits mit der werblichen Information gegeben. Sie muß in jedem Falle glaubwürdig sein. Das gilt auch für die Bundeswehr. Die Grundstruktur jeder Anzeige ist die plakative Aufmachung. Sie hat hier etwas gemeinsam mit der Boulevard-Zeitung, bei der es wesentlich auf die jeweilige Schlagzeile ankommt. So also ist auch für die Anzeige die Schlagzeile von entscheidender Bedeutung. Für sie gilt die Regel, daß man zwar genau wie bei der Boulevard-Zeitung über das Blatt lästert und sich gelegentlich auch abfällig äußert, aber lesen tut man sie doch. Nicht umsonst hat die größte deutsche Boulevard-Zeitung eine Auflage von mehreren Millionen135.« Die Nachfasswerbung, die ab Januar 1972 voll anlief136, sollte bereits möglichst frühzeitig einsetzen, etwa bei den 14- bis 16-Jährigen und möglichst lange fortgeführt werden und »u.U. bis in die ersten Monate des Wehrdienstes als Wehrpflichtiger aufrechterhalten bleiben«137. Um diese Zielsetzung umzusetzen, war einmal der Coupon vonnöten, der also nicht nur einen appellativen Charakter hatte, sondern auch den eines Informationsträgers. Die über die Coupons oder die Kontaktkarten erhaltenen Daten wurden über eine elektronische Datenverarbeitung – bis dahin per Handauszählung – weiter gepflegt. Diese Datenerfassung lief zwar bereits seit 1966138, konnte sich aber erst mit der sich entwickelnden Computertechnik Anfang und Mitte der 1970er-Jahre effektiv auswirken139. Mit Hilfe der EDV war die Bundeswehr schon früh bestrebt, das Rückkopplungsinstrument über die empfangene Werbebotschaft in ein messbares Ergebnis umzusetzen und somit gleichzeitig auch einen Gradmesser über die Werbewirksamkeit des jeweiligen Werbeträgers zu erhalten140. Gleichwohl waren 134 135 136 137 138
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BA-MA, Bw 1/102243, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 22.11.1971, S. 7. Hervorhebung im Original. Ebd., S. 6 f. Hervorhebung im Original. BA-MA, Bw 1/102209, Angest. Grünthal, IPStab 4, 15.9.1971, Jahresarbeitsplan 1972, S. 2. BA-MA, Bw 1/102243, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 22.11.1971, S. 16. Zum Einsatz moderner Elektronik in der bundesdeutschen Verwaltung der 1960er-Jahre siehe Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 113 f. BA-MA, Bw 1/102210, Fü S VII 4, 27.5.1970. Demnach war der 2.1.1971 als Start für das neue Verfahren vorgesehen. Zum Stand des EDV-Programms siehe BA-MA, Bw 1/102211, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 27.9.1972. Es ist bekannt, dass jede einzelne Anzeige nach ihrem »Erfolg« bei der Kontaktgenerierung hin ausgewertet wurde. Die Unterlagen sind verschollen. Dennoch liegen vereinzelte Hinweise in den Akten vor. So beispielsweise in BA-MA, Bw 1/114740, IPStab 3, Meinungs- und Motivforschung, Az.: 01-55-03-03, 21.4.1980. Demnach ergab sich folgende Medienreihenfolge für die Häufigkeit von erzielten Kontakten: Infoschriften, formlose Infowünsche, Preisausschreiben, Poster, Infopost, Anzeigen, Computerspiel. In der Rub-
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
sich die handelnden Personen spätestens seit 1971 bewusst, dass die Messung des Werbeerfolgs, vor allem über die Rücklaufquote der Coupons und der daraus resultierenden Kontaktpreise, für jede geschaltete Anzeige nicht mehr als eine Annäherung sein konnte, zumal Manipulationsfälle bekannt wurden141. Die Ermittlung der Kontaktpreise diente überwiegend der Kontrolle des Haushalts und des effizienten Einsatzes der Werbemittel und –träger. Zur Erfolgskontrolle der Werbung wurden in erster Linie demoskopische Instrumentarien genutzt142. Der IPStab 4 unterschied 1971 zwischen zentralen und dezentralen Werbemaßnahmen. Zu den zentralen zählten insbesondere Anzeigenaktionen und vergleichbare Maßnahmen, die der IPStab 4 selbst organisierte. Zu den dezentralen zählte die vormalige »Werbung in und durch die Truppe«. Zu diesem Zeitpunkt wurden die folgenden Werbemittel genutzt: »1)Anzeigen in regionalen und überregionalen Zeitungen, Publikums- und Fachzeitschriften, Illustrierten und Programmpresse, Jugend- und Schülerzeitungen 2)Plakate und Aushänge 3)Preisausschreiben 4)Informations- und Werbefilme 5)Laufbahninformationen 6)Taschenbuch für Wehrfragen für Multiplikatoren mit Sonderdruck für Einzelwerbung 7)Wanderausstellungen 8)Zimmer- und berufskundliche Ausstellungen 9)Einladungen von Besuchergruppen durch die Truppe 10)Werbung unter den dienenden Wehrpflichtigen in der Truppe 11)Beratungen durch Wehrdienstberater 12)Modellbaukästen zum Selbstbasteln 13)Schauorchester der Bundeswehr143.« Zudem wurde auch die Zuständigkeit für die Werbung ziviler Angestellter der Bundeswehrverwaltung geregelt144. Besonderen Wert legten die Verantwortlichen des IPStabes 4 auf die Einheitlichkeit in den Werbeaussagen, da sämtliche Maßnahmen der zentralen Laufbahnwerbung zum Darstellungsbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit gehörten, was einen Hinweis auf das Zusammenspiel von Nachwuchswerbung und Öffentlichkeitsarbeit gibt. Denn nur durch
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rik Anzeigen verteilte sich die Häufigkeit der Kontakte im Jahr 1977/78 auf folgende Reihenfolge der Werbeträgergruppen: Programmzeitschriften, Zeitschriften/Jugendzeitschriften, Illustrierte, Boulevardpresse, Frauen/Zuhause/Wohnen, Sorayapresse, Auto/Motor/ Sport, Jugend- und Studentenzeitschriften, Zeitschriften mit Sondercharakter, berufsständische Blätter, überregionale Tageszeitungen, regionale Tageszeitungen, Eltern/Erziehung/Wissenschaft, Luftfahrt/Wassersport, konfessionelle Blätter, Kalender/Jahrbücher. BA-MA, Bw 1/73676, BwA Abteilung I, Nachwuchswerbung, 20.12.1971. Demnach schickte die Redaktion der Zeitschrift »Der Flieger« die Coupons der Anzeigen selbst ausgefüllt zurück an das BwA, um eine hohe Akzeptanz der Leser vorzugaukeln, damit die Zeitschrift weiterhin mit Anzeigen bedacht werden würde. BA-MA, Bw 1/114720, IPStab 4, Az.: 01-55-01-60, 18.10.1971, S. 5. Mit Zimmer-Ausstellungen sind vermutlich Stellwände in öffentlichen Einrichtungen wie Arbeitsämtern u.ä. gemeint. BA-MA, Bw 1/102243, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 22.11.1971, S. 9. BA-MA, Bw 1/102299, Diskussionspapier vom 17.9.1971, BwA, Abteilung I, 16.9.1971.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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ein geschlossenes Auftreten in der Öffentlichkeit konnte positiver Einfluss auf die Meinungsbildung ausgeübt werden. So wurde betont, dass vor allem das Corporate Design im Erscheinungsbild der Werbung beachtet werden müsste, wie auch die Werbeaussagen aufeinander abgestimmt sein sollten145. Aber auch die Werbung durch die Truppe geriet in Bewegung146. Nicht nur, dass ihr Einfluss auf die Werbung nun geregelter verlief; der IPStab 4 entdeckte – durchaus auch auf Initiative und Drängen der Inspekteure der TSK147 – die Möglichkeiten der Truppe und nutzte diese. Die wachsende Bedeutung, die der Truppenwerbung148 nun zukam, spiegelt sich auch in deren stetig steigendem Anteil am Werbeetat wider149. So konnten im Zuge der Nachfasswerbung 1971 im Heer erstmals versuchsweise Interessenten für die Heereslaufbahn zu einem Truppenbesuch eingeladen werden, was dem vierten Schritt des AIDAWerbeprinzips der Action entsprach. Auch wenn dieser ersten Einladung nur 28 Prozent der Angeschriebenen Folge leisteten150, verpflichteten sich von diesen zwischen 12 und 35 Prozent direkt während ihres Truppenbesuchs151. Deutlich wird hieran vor allem das Funktionsschema der Nachwuchswerbung. Die Zahl von 4000 jungen Männern konnte nur deswegen eingeladen werden, weil diese vorher über Coupons in Verbindung mit der Bundeswehr getreten waren, ihre Daten per EDV bzw. per Handauszählung erfasst wurden und nun im Sinne der Nachfasswerbung durch die Truppe betreut werden konnten. Die Auswertung der Daten auf den eingesandten Coupons ermög145 146
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BA-MA, Bw 1/102299, BwA, Abteilung I, 16.9.1971, S. 2. Beachte auch das Schreiben des Inspekteurs der Marine vom 27.11.1972 in: BA-MA, Bw 1/ 102299. BA-MA, Bw 1/102210, Führungsstab des Heeres, Fü H IV 3, Az.: 01-55, 13.4.1970, unterschrieben von Albert Schnez. Als Beispiel für die Überlegungen im Führungsstab des Heeres zwischen 1973 und 1979 siehe BA-MA, Bw 1/113975; BA-MA, Bw 1/73691, BMVg, InspH, Fü H I 3, Az.: 01-55-00, Nachwuchswerbung im Heer im Jahr 1974. Vergleiche die Statistiken im Anhang. Siehe auch den Versuch, den Musterungsjahrgang 1956 im Vorfeld des Grundwehrdienstes zu einem Truppenbesuch einzuladen. Siehe hierzu BA-MA, Bw 1/102211, IPStab Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-01, 24.10.1974, S. 4, sowie die entsprechende Anzeige abgebildet bei Gonsior, Untersuchung der Anzeigen, S. 205. Andere Entwürfe für einen Truppenversuch in der 7. Panzergrenadierdivision in BA-MA, Bw 1/102218. Zum Versuch der TSK, einen größeren Einfluss auf die Etats und die Gestaltung der Werbung zu nehmen, siehe BA-MA, Bw 1/28005, Fü H I 3, Az.: 01-55-01-30, 18.10.1972. Zur Motivation der Eingeladenen siehe BA-MA, Bw 1/113933, Streitkräfteamt, Gruppe Nachwuchswerbung vom 30.9.1975. »Auswertung einer schriftlichen Befragung Jugendlicher, deren ursprüngliche Absicht war, einen Truppenbesuch beim Heer zu machen, die der Einladung dann jedoch nicht Folge leisteten.« Aus der Gruppe der Nichterschienenen wollten etwa 67 Prozent den versäumten Termin nachholen. Ebenfalls die Gegenprobe in: BA-MA, Bw 1/113933. Streitkräfteamt, Gruppe Nachwuchswerbung vom 9.6.1975 »Auswertung einer schriftlichen Befragung Jugendlicher, die einen Truppenbesuch beim Heer gemacht haben«. Demnach habe für über 60 Prozent der Befragten der Truppenbesuch einen prägenden Einfluss für ihre Wehrdienstzeit gehabt und über 90 Prozent hielten einen Truppenbesuch für lohnend und würden eine Teilnahme daran weiterempfehlen. BA-MA, Bw 1/102299, Aktennotiz BwA, Abteilung I. Auch Bericht BwA Abteilung I, 2.10.1972.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
lichte einen gezielten Einsatz aller Werbemittel zum individuell richtigen Zeitpunkt152. Diese Form der Truppenwerbung erinnert an das in Kapitel II.1.c) geschilderte Werbeverfahren der Kriegsmarine zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Ähnlichkeit im organisatorischen Verfahren ist allerdings nur eine scheinbare: In der Bundeswehr war die Truppe nicht Träger der Werbung, sie war in diesem Fall Teil eines vom IPStab 4 geleiteten Gesamtkonzeptes der Nachwuchswerbung153, bestehend aus einer Informationskette mit den Elementen Anzeige, Informationsschrift, Truppenbesuch und der eventuellen Bewerbung154. Um diese Informationskette effektiv und auch effizient bedienen zu können, bedurfte es einer ausgefeilten Datenbasis. Die zentrale Bedeutung des Coupons und die Wichtigkeit seiner effektiven Auswertung wurde durch die Verantwortlichen erkannt und mit Nachdruck ausgebaut. Coupons waren bis dato in Anzeigenwerbungen vorhanden, vereinzelt auch schon in Druckschriften. Von nun an wurden beinahe alle Werbeträger von der Anzeige über die Druckschrift hin zum neuen Medium Poster mit Einheitscoupons versehen. Dies verdeutlicht auch, weshalb das Plakat als Medium der Außenwerbung der Bundeswehr in seiner Bedeutung als Werbeträger sank und im Grunde durch das Poster ersetzt wurde. Diese kamen etwa 1972 erstmals zum Einsatz und wurden haushaltstechnisch unter dem Titel der Werbe- und Druckschriften abgerechnet, ebenso wie die wenigen noch verbliebenen Plakatmotive. Die Druckschriften waren in zwei Kategorien aufgeteilt: In das »Streumaterial« und das »Qualitätsmaterial«. In die erste Kategorie fielen die Poster, aber z.B. auch Typentafeln, das sind Sammelposter mit z.B. allen Geräten und Waffensystemen des Heeres. Sie sollten die Aufmerksamkeit auf die Bundeswehr lenken und »ein Interesse nach vertiefenden Informationen«155 wecken. Dementsprechend hatten diese Streumittel einen die Aufmerksamkeit weckenden und steigernden Informationswert. Zugleich stellten sie preiswerte Träger von Kontaktkarten (Coupons) dar, deren Zielgruppe in erster Linie 15-jährige und jüngere männliche Jugendliche waren. Daher konzentrierten sich die Poster in ihrer bildlichen Aussage in erster Linie auf Motive von Technik und romantischer Erlebniswelt. Anders das »Qualitätsmaterial«: Es hielt vertiefende Informationen über Laufbahnen, Verwendungen oder die Besoldung bereit156. Während die Poster emotional wirken sollten, dienten die Informationsbroschüren mehr der Ent152 153
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BA-MA, Bw 1/102299, Bericht BwA Abteilung I, 2.10.1972, S. 3. Siehe BA-MA, Bw 1/114015, SKA, Abteilung I Gruppe Nachwuchswerbung, Truppenwerbung Heer, Hinweis für den S1-Bearbeiter, Nr. 2/77. Die Truppe nahm die Form der Truppenwerbung gut an. BA-MA, Bw 1/114015, Az.: 01-55-01, 7.1.1977. Halbjahresbericht Truppenwerbung (Heer) II/76, S. 5. So beschrieben in BA-MA, Bw 1/113968, Werbekonzeption und Vorhaben 1977, S. 20. BA-MA, Bw 1/114015, SKA, Abteilung I Gruppe Nachwuchswerbung, Truppenwerbung Heer, Hinweis für den S1-Bearbeiter, Nr. 2/77, Anl. 2. Über die Arbeit und Korrekturen solcher Druckschriften siehe beispielsweise BA-MA, Bw 1/102228, IPStab Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-04, 29.7.1975. IPStab, Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-02, 17.7.1974.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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scheidungsfindung für die Berufswahl und waren für Jugendliche und junge Männer ab 16 Jahren gedacht. Das Qualitätsmaterial unterteilte sich in »Basismaterial« und »Spezialmaterial«. In Ersterem sollten Grundinformationen vermittelt und ein größerer Personenkreis erreicht werden, letzteres wandte sich an Interessenten mit entsprechender schulischer oder beruflicher Vorbildung157. Grundsätzlich wird jedoch klar, dass die Informationsschriften zunehmend einem »Baukastenprinzip« folgten, »das die einzelnen Schriften so zu Informationsreihen zusammenfaßt, daß sie den Bewerber von einem allgemeinen Interesse an der Bundeswehr zu speziellem und intensivem Interesse158« führen und schließlich den Truppenbesuch aktivieren. Seit 1971 liegen Jahresberichte159 und -pläne160 für die Informationstätigkeit und die Öffentlichkeitsarbeit des IPStabes und somit auch Pläne161 und Berichte162 für die Nachwuchswerbung vor. Unter anderem geht hieraus hervor, dass die Mitarbeit der Führungsstäbe der TSK an der Anzeigengestaltung über den Mitzeichnungsgang für die Texte selten hinaus kam. Auf die gewählten Motive nahmen sie demnach nur geringen Einfluss163. Deutlicher tritt hingegen das Zusammenspiel von Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung zutage.
b) Auswirkungen der Ausbildungs- und Bildungsreform Die Umstrukturierung der Ausbildung und Bildung in den Streitkräften übte bereits frühzeitig einen Wandlungsdruck auf die Organisation, aber auch die Inhalte der Nachwuchswerbung aus. Nachdem im Juli 1969 Bundesminister Gerhard Schröder164 in einer Abteilungsleitersitzung angeordnet hatte, dass mit dem neu eingeführten Eingliederungsgesetz und weiteren Verbesserungen
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BA-MA, Bw 1/114015, SKA, Abteilung I Gruppe Nachwuchswerbung, Truppenwerbung Heer, Hinweis für den S1-Bearbeiter, Nr. 2/77, Anl. 2. Als Beispiel für das »Basismaterial« vgl. die Broschüre »Offizier des Heeres«, als Beispiel für das »Spezialmaterial« die Broschüre »Elektroberufe im Heer«. BA-MA, Bw 1/49748, IPStab. Jahresplanung 1975 des Informations- und Pressestabes, Dezember 1974, S. 10. Jahresbericht über die Öffentlichkeitsarbeit 1971 und 1972 in BA-MA, Bw 1/73615. Für 1974 in BA-MA, Bw 1/73709. Jahresplan 1977 und 1979 in BA-MA, Bw 1/114714, auch in BA-MA, Bw 1/77922, Jahresplan für 1978 in BA-MA, Bw 1/102212, Jahresplan für 1980 in BA-MA, Bw 1/114987, siehe auch BA-MA, Bw 1/114715. Pläne zur Nachwuchswerbung 1980 in BA-MA, Bw 1/114717 und 1982 in BA-MA, Bw 1/ 114718. Der Jahresbericht für 1971 liegt vor in BA-MA, Bw 1/102243. BwA Abteilung I Gruppe Nachwuchswerbung, 20.7.1972. Der Jahresbericht 1976 in BA-MA, Bw 1/77921. Der Jahresbericht 1977 in BA-MA, Bw 1/113877, IPStab 3, Az.: 01-55-00, 16.5.1978. Der Jahresbericht 1979 in BA-MA, Bw 1/114985, IPStab 3, Az.: 01-55-01-40, 31.3.1980. BA-MA, Bw 1/114015, Fü H I, Az.: 01-55-01, 20.10.1976. Planungen für die Nachwuchswerbung für 1977, S. 2. Gerhard Schröder, *11.9.1910, †31.12.1989, christdemokratischer Politiker. 1953-1961 Innenminister, 1961-1966 Außenminister, 1966-1969 Verteidigungsminister.
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innerhalb wie außerhalb der Bundeswehr geworben werden sollte165, forderte auch der Leiter des IPStabs, Carl-Gero von Ilsemann166 1970 die »Koordinierung der Werbemaßnahmen mit den Ergebnissen der Wehrstrukturkommission und der Bildungskommission«167. In der Folge tagten Kommissionen zur Verbesserung der Nachwuchswerbung, aber auch solche zur Übernahme der Forderungen der eingesetzten Kommissionen168. Eine der wesentlichen Veränderungen für die Nachwuchswerbung ergab sich aus ihrer nunmehrigen Zugehörigkeit zum IPStab des BMVg. Die Personalwerbung, wie die Nachwuchswerbung bisweilen nun auch genannt wurde, war seit ihrer Zugehörigkeit zur Informationspolitik auch in deren strategische Ausrichtung eingebettet. Ein Sprechzettel für eine Präsentation der Nachwuchswerbung vor den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages vom Dezember 1974 stellt fest, dass die Nachwuchswerbung sich nur in der Zielgruppe, jedoch nicht in der Methode von der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit unterschied. Deshalb sei für die Verantwortlichen die Nachwuchswerbung eine spezielle Form der Public Relation, die in erster Linie »durch Information die Gewinnung von geeignetem Nachwuchs für die Bundeswehr zum Ziel« hatte169. Der »Plan für die Öffentlichkeitsarbeit im Jahre 1972« legte den Leitgedanken der Öffentlichkeitsarbeit wie folgt fest: »a) Der Frieden ist der Ernstfall Darstellung von Aufgabe, Konzeption und Leistung der Bundeswehr unter den Gegebenheiten des Friedens. b) Das Leitbild des Soldaten in unserer Zeit Veranschaulichung der Stellung sowie der Rechte und Pflichten des Soldaten als Angehöriger der Streitkräfte und als integriertes Mitglied der Gesellschaft. c) Sozialer Aufstieg durch die Bundeswehr Verdeutlichung der Aufstiegsmöglichkeiten in den verschiedenen Fachund Laufbahnrichtungen, der Übernahmemöglichkeiten in höherwertige Laufbahnen sowie des breitgefächerten Angebots des Berufsförderungsdienstes170.« Für den IPStab 4 legte der Plan für die Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls fest, wie die Image-Werbung die Bundeswehr darzustellen hatte: 165 166
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BA-MA, Bw 1/113887, Fü S VII 4, Az.: 01-55-01-20, 15.7.1969, Vermerk, S. 1. Carl-Gero von Ilsemann, später Generalleutnant, Autor zahlreicher Schriften über die Bundeswehr. Ilsemann, Die Bundeswehr. BA-MA, Bw 1/102210, IPStab, 14.12.1970. Plan für die Informationstätigkeit und Öffentlichkeitsarbeit des IPStabes im Jahre 1971, S. 3. BA-MA, Bw 1/102209, IPStab 4, Az.: 01-55-01. Vermerk vom 10.12.1971. Siehe auch BAMA, Bw 1/113887, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 10.12.1971. Für die Arbeitsgruppe 11 »Nachwuchswerbung/Öffentlichkeitsarbeit« beim Beauftragten für Erziehung und Bildung beim Generalinspekteur (BEBGInsp) siehe BA-MA, Bw 1/73677. BA-MA, Bw 1/102209, IPStab, Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-01, 13.12.1974. Die Präsentation sollte am 18.12.1974 stattfinden. BA-MA, Bw 1/102243, IPStab, Plan für die Öffentlichkeitsarbeit im Jahre 1972, 10.11.1971, S. 1 f.
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»– als Institution zur Sicherung unserer freiheitlichen-demokratischen [sic] Lebensform und unserer politischen Selbstverwirklichung – als hochtechnisierter Leistungsbetrieb mit modernen Managementmethoden – als Garant der persönlichen Sicherheit durch berufliche Mobilität171«. Zudem war das neue Bildungskonzept besonders herauszustellen. Die Vergleichbarkeit des Soldatenberufs mit zivilen Berufen war für die Anzeigengestaltung eine der wesentlichen Auswirkungen der Ausbildungs- und Bildungsreform, aber auch der Studien zur Wehrgerechtigkeit und Wehrstruktur. Die Wehrstrukturkommission führte in ihrem Bericht zur Wehrgerechtigkeit eine Untersuchung der innerhalb der Bundeswehr ausgeübten Berufe durch172. Eine Tatsache, die im Rahmenplan 1972 der Nachwuchswerbung aus dem BwA aufgegriffen wurde und erneut die Bedeutung der konkreten Anreize verdeutlichte: »Die Personalwerbung ist vor allem auf das Einstellungs- und Motivationsgefüge der Zielgruppe angelegt. Im Vordergrund muß das möglichst konkrete Laufbahnangebot stehen. Die nüchtern-kritische Einstellung (Attitüde) gegenüber der Institution Bundeswehr setzt das voraus. Auch der Jugendliche, der positiv zur Bundeswehr steht, will die konkrete berufliche Chance verdeutlicht sehen, die ihm durch den Dienst in den Streitkräften geboten wird. Die werbliche Aussage muß aus vorliegenden Erkenntnissen der Meinungs- und Motivforschung eine große Bandbreite aufweisen173.« Die Werbeagenturen hatten sich bereit zu halten, möglichst kurzfristig nach möglichen Kabinettsentscheidungen zur Bildungsreform Flugblätter mit allgemeinen Informationen oder Anzeigen zum Hochschulstudium für Offiziere zu entwerfen174, wie dies zum Beispiel mit dem Motiv »Viel diskutiert – jetzt endlich verwirklicht« dann letztlich auch geschah175. Die Anzeigen der Bundeswehr ließen sich Anfang der 1970er-Jahre bereits in drei Bereiche gliedern: Neben der Werbung für Offizier- und Unteroffizierslaufbahnen existierte mit der für die Öffentlichkeitsarbeit nicht unwesentlichen Basis- oder Imagewerbung eine dritte Ebene. Hier sollten maßgeblich laufbahnund teilstreitkraftübergreifende Themen so behandelt werden, dass Vorbehalte abgebaut und eine positive Einstellung in der Zielgruppe und bei ihren Meinungsbildnern erreicht wurde.
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BA-MA, Bw 1/102243, IPStab, Plan für die Öffentlichkeitsarbeit im Jahre 1972, 10.11.1971, S. 11. Wehrgerechtigkeit, S. 175. BA-MA, Bw 1/102243, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 9.11.1971. BA-MA, Bw 1/73641, Werbeagentur Dr. Hegemann, Besprechung am 4.5.1972, MemoNr. 15/72, S. 2 f.; Werbeagentur Dr. Hegemann, Besprechung am 5.5.1972, Memo-Nr. 13/ 72; Werbeagentur Dr. Hegemann, Besprechung am 19.5.1972, Memo-Nr. 16/72; Werbeagentur Dr. Hegemann, Besprechung am 26.6.1972, Memo-Nr. 18/72. BA-MA, Bw 1/73641, Werbeagentur Dr. Hegemann, Besprechung am 28.11.1972, MemoNr. 25/72, S. 2 f. Entwurf der Anzeige in BA-MA, Bw 1/102218, abgedr. in: Der Spiegel, 27, Nr. 12 vom 19.3.1973.
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Ab 1977 sollten anstelle der bisherigen »starren Anzeigenlinien«176 für die Laufbahnen für Offiziere und Unteroffiziere die einzelnen Karrieremöglichkeiten besonders betont werden. Als grundsätzliche Aussage schlug die hausinterne Werbekonzeption für 1977 vor, die Bundeswehr als einen langfristigen und sicheren Arbeitsplatz darzustellen, zu betonen, dass die Ausbildung in der Bundeswehr die Arbeitssicherheit im Zivilberuf erhöhe und dass die Streitkräfte unbedingte Qualität bei den Bewerbern einforderten. Für Soldaten auf Zeit waren die zahlreichen Berufsausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten herauszustreichen. Für potenzielle Offizierbewerber waren zudem folgende Aspekte zu visualisieren bzw. durch die verbalen Register zu kommunizieren177: »1) Herausstellung der Führungsaufgabe und der Pflichten. 2) Der Weg zu dieser Führungsaufgabe mit den entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten, vor allem für Offiziere auf Zeit. 3) Den militärischen und zivilberuflich verwendbaren Aufstieg. 4) Teilstreitkraft – oder waffenspezifische Anforderungsbesonderheiten. 5) Sonstige verwendbare Ausbildungsmöglichkeiten. 6) Die Stellung des Soldaten, wobei die Pflichten nicht vergessen werden dürfen.« Für Unteroffiziere: »1) Die Ausbildung des Unteroffiziers mit seinen vielfältigen Aufstiegsmöglichkeiten, vor allem für Unteroffiziere auf Zeit. 2) Die günstigen Ausbildungsangebote, die auch zivilberuflich verwendbar sind. 3) Das Fachschulangebot der einzelnen Teilstreitkräfte. 4) Teilstreitkräfte- oder waffen- oder verwendungsbezogene Besonderheiten. 5) Die Rechte und Pflichten des Soldaten«. Die so genannte Basis- oder Imagelinie sollte vor allem dem Aufbau oder der Verstärkung eines positiven Images des Soldaten dienen und auf aktuelle Themen reagieren können. Gestalterisch sollte sie sich von den anderen Linien abheben und vor allem die Komponenten soziales Umfeld und Freizeit der Soldaten berücksichtigen178. Der Imagewerbung kam zudem gegen Ende der 1970er-Jahre die Aufgabe zu, Hemmschwellen, wie z.B. Angst vor dem Leben in Kasernen, abzubauen, worauf sie mit einer Poster- und Anzeigenserie Kaserne (Abb. 92) reagierte179. Es wurde hervorgehoben, dass der potenzielle Bewerber sowohl über emotionale als auch rationale Argumente angesprochen werden sollte. Oberstes 176
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BA-MA, Bw 1/113968, Werbekonzeption und Vorhaben 1977, S. 19. Für das Folgende: S. 21 f. Die folgenden Zitate aus: BA-MA, Bw 1/113968, Werbekonzeption und Vorhaben 1977, S. 23. BA-MA, Bw 1/113968, Werbekonzeption und Vorhaben 1977, S. 24. Zum Motiv »Kaserne« auch BA-MA, Bw 1/113877, BMVg IPStab, Nachwuchswerbung, Az.: 01-55-00, 20.6.1979. Jahresbericht 1978 der Nachwuchswerbung der Bundeswehr, S. 7. Generell BA-MA, Bw 1/172496; BA-MA, Bw 1/172481, Psychologische Analyse der Anzeige »Kaserne« vom Oktober/November 1978.
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Gebot für die Nachwuchswerbung blieb auch in dieser Konzeption die Glaubhaftigkeit der Informationen. Diese Auffassung findet sich in vielen Dokumenten und wurde durch externe Gutachten unterstützt. So ergab eine Umfrage von infas 1974, dass die Anzeigen der Bundeswehr von den Jugendlichen häufiger beachtet und aufmerksamer gelesen wurden als andere Anzeigen, woraus die Verantwortlichen folgerten, dass solche Anzeigen zu schalten seien, »die einen hohen Informationswert vermitteln und den Informationswünschen der Zielgruppe entsprechen«180. Die Intensivierung der Werbung in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre machte die Auswahl einer dritten Werbeagentur, die für die Basis- und Imagewerbung zuständig war, notwendig181. Zudem wurde die Nachwuchswerbung auch externen Überprüfungen unterzogen. So trat der IPStab auf Entscheidung der Abteilungsleiterkonferenz vom März 1972 an Carl Hundhausen heran, der sich zeitgenössisch durch zahlreiche Publikationen zu Werbung und Public Relations hervorgetan hatte182. Aber auch interne Studien wurden vorlegt. So diskutiert ein Papier von 1972, wie bereits um 1960 geschehen, die Vor- und Nachteile der Durchführung der Nachwuchswerbung mit Hilfe von Werbeagenturen. Anhand einer Vergleichsanalyse mit anderen werbetreibenden Bundesministerien kam der zivile Mitarbeiter im IPStab 4 zu dem Schluss, dass sich die bisherige Mischform in der Zusammenarbeit von IPStab, BwA und Werbeagenturen bewährt habe183. Im Vergleich mit dem BPA hätten die mit dem BMVg zusammenarbeitenden Werbeagenturen einen größeren Gestaltungsfreiraum. Verglichen mit dem Bundesministerium für Verkehr und für das Postund Fernmeldewesen sei er aber geringer184. Aber auch andere Institute und Organisationen fertigten Studien zu Nachwuchswerbung an, deren Ergebnisse und Vorschläge jedoch auf geteilte Meinung bei den verantwortlich Handelnden stießen185. Einerseits ließ man sich gerne bestätigen, dass es der Nachwuchswerbung der Bundeswehr gelungen 180
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Unsystematische Ablage SKA/IMZBw. Jahresbericht der Gruppe Nachwuchswerbung 1974. Kopie im Besitz des Verfassers, S. 11. Hervorhebung im Original. BA-MA, Bw 1/102209, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 21.5.1973. Auf die Ausschreibung hatten sich 68 Agenturen beworben. Nach einer Vorauswahl wurden neun Agenturen zu einer Präsentation aufgefordert. Drei Agenturen schließlich wurden zu einer Einweisungstagung eingeladen. Dies in: BA-MA, Bw 1/102209, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 4.1.1973. Vergleiche die Ausführung in Kapitel I.4.c. Carl Hundhausen, Professor für Public Relations, insbesondere für industrielle Unternehmungen, an der Rhein.-Westf. Technischen Hochschule in Aachen. BA-MA, Bw 1/ 102209, Angst. Grünthal, IPStab 4, Vermerk vom 16.5.1972. Auch BA-MA, Bw 1/102211, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 3.5.1972. Enthält das Anschreiben an Prof. Hundhausen. Auch BAMA, Bw 1/194852. Zeitgenössisch: Hundhausen, Über das politische Plakat, S. 11-44. Zum weiteren Werk Hundhausens siehe Kapitel I.3.b. Kritisch zur Vergangenheit Hundhausens im gleichgeschalteten Werberat zwischen 1933 und 1945 siehe Westphal, Werbung im Dritten Reich, S. 160. BA-MA, Bw 1/194852, IPStab 4, Az.: 01-55-01, November 1972. Vor- und Nachteile der Durchführung der Werbung mit Hilfen von Werbeagenturen, S. 11. Ebd., S. 7 f. Bspw. in: BA-MA, Bw 1/114720, IPStab 4, Az.: 01-55-01-60, 18.10.1971.
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sei, »ihre Bezugsgruppe hundertprozentig zu erfassen – ein Erfolg, von dem andere Werbungstreibende nur träumen können186«, andererseits kritisierte man aber auch Studien, deren Ergebnisse entweder missliebig oder aber handwerklich und in der Schlussfolgerung fehlerhaft zu sein schienen187. Es sind diese wissenschaftlichen Untersuchungen, die die Motivation junger Männer zum Eintritt in die Bundeswehr hinterfragten und dabei den Stellenwert des verbesserten Ausbildungs- und Bildungskonzeptes betonten. Die Bedeutung der gestiegenen Anreize wird dabei besonders deutlich. So lag der hauptsächliche Bewerbungsgrund bei kurzdienenden Soldaten auf Zeit im Geldverdienst (Prämienzahlungen), für langdienende Soldaten auf Zeit in der Möglichkeit, ihre Berufskenntnisse zu erweitern bzw. sich für einen neuen Zivilberuf zu qualifizieren188. Dieser Einsatz von wissenschaftlichen Instrumenten sowie von externen und internen Untersuchungen und Studien bildete ein weiteres Charakteristikum der Nachwuchswerbung in den 1970er-Jahren und, soweit es zu überblicken ist, auch für die 1980er-Jahre. Es liegen – ähnlich wie für die 1960er-Jahre – Konzepte einzelner Werbeagenturen vor und auch Ergebnisse demoskopischer Umfragen. Doch wird in den 1970er-Jahren darüber hinaus der Einsatz der Sozialwissenschaften189 unübersehbar. Dieser Einsatz trug einen wesentlichen Teil zum professionellen, weil differenzierten Umgang mit dem Komplex Nachwuchswerbung bei. Ein weiterer entscheidender Faktor war die organisatorische Zugehörigkeit der Nachwuchswerbung zum IPStab, in welchem auch ein Teil der Meinungs- und Motivforschung vorgenommen wurde. Letztlich führten die Auswertungen dieser Untersuchungen zu einem verfeinerten Instrumentarium, das es erlaubte, bestimmte Reaktionen wie z.B. steigende oder fallende Kontaktzahlen oder die sich wandelnde Einstellung der Zielgruppe in visuelle und verbale Werbebotschaften besser koordinieren und umsetzen zu können. So führte das SKA Erfolgskontrollen190 in der Nachwuchswerbung durch, ließ der IPStab Schrifttypenuntersuchungen vornehmen191, die öffentliche Meinung ausloten192 oder von externen Instituten psychologische Anzei-
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BA-MA, Bw 1/102211, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 1.12.1972. Beitrag IPStab 4 zum Bericht der Bundesregierung 1972. Zu letzterer vor allem die »Warnke-Studie«: Warnke, Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Hierzu BA-MA, Bw 1/102215, IPStab 4, Az.: 01-5501, 7.11.1972 und IPStab 4, Az.: 01-55-01-60, 11.12.1972. BA-MA, Bw 1/102215, IPStab 4, Az.: 01-55-01-60, 2.2.1973. Metzler, Konzeptionen politischen Handelns, S. 384-392, beschreibt deren verstärkte Nutzung seit den 1960er-Jahren. Grundsätzlich untersuchte das SKA Gruppe Nachwuchswerbung die Reichweite, die Nutzung und die Resonanz einzelner Aktionen. BA-MA, Bw 1/114740, Analysen und Ergebnisse 6/1980 zur Erfolgskontrolle in der Nachwuchswerbung von F. Jungebloed. Ebd. auch »Das Preisausschreiben als Instrument der Werbung und Verkaufsförderung im Rahmen der Nachwuchswerbung der Bundeswehr« vom 26.2.1980. BA-MA, Bw 1/114740, Slesina Bates, Schrifttypenuntersuchung (Bw80/0/3) vom 4.9.1980. BA-MA, Bw 1/73652; BA-MA, Bw 1/114730; BA-MA, Bw 1/114741.
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genanalysen193 oder Assoziationstests194 durchführen. Einen zentralen Stellenwert erhielten zudem Analysen über die Bewerbermotivation junger Männer195 oder aktiver und ehemaliger Zeitsoldaten196. Wenngleich für die Auswertung solcher sozialpsychologischer Studien – deren Analyse im historischen Kontext vielversprechendes Material zu bieten scheint – hier nicht der gebotene Rahmen ist, wird deutlich, woher die Informationen stammten, die Einfluss auf die Gestaltung der Werbebilder in der Anzeigen- und Plakatwerbung nahmen. Es war dies ein komplexes und sich im Laufe der Jahre einspielendes Arbeitsdreieck aus Forschung, Durchführung und Kontrolle197. Die Methoden der Öffentlichkeitsarbeit und Nachwuchswerbung hatten sich seit etwa 1969 zu einem effektiven Pool entwickelt, der von einer professionellen Auffassung zeugt. Bereits die Ankündigung der Neustrukturierung der Ausbildung und Bildung in den Streitkräften, aber auch andere, erstmals oder wieder eingeführte Anreize wie Verpflichtungsprämien begannen sich Anfang der 1970er-Jahre auszuzahlen. Im Vergleich zum I. und II. Quartal 1971 stieg die Zahl der Einstellungen, Weiterverpflichtungen oder der Statuswechsler im Jahr 1972 um über 11 000 Soldaten198. Auch die Zahl der Bewerbungen von Offizieranwärtern stieg. Doch führten die Verantwortlichen dies zu einem Großteil auf die interne Verbesserung der Einplanung von ungedienten Bewerbern zurück; die Zahl der gedienten Bewerber hingegen war stark gesunken199.
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BA-MA, Bw 1/114741, IPStab 3, Az.: 01-55-03-03, 16.1.1981. Das Papier des Instituts für Jugendforschung ebenda: »Inhaltliche und formale Kriterien der Anzeigen-Nachwuchswerbung aus Zielgruppen-Sicht.« August 1980. Bspw. in: BA-MA, Bw 1/85245, IPStab 3 vom 4.8.1978. Siehe auch die Arbeit »Rekrutierungsstrategien für die Bundeswehr« von infas von 1974 in: BA-MA, Bw 1/113929 und BA-MA, Bw 1/113930. Bspw. in: BA-MA, Bw 1/114720, »Sozialpsychologische Analyse der jetzigen und künftigen Lage der Bundeswehr« von 1972; »Vorstellungen der Oberschüler und Abiturienten vom Offizier des Heeres – Heute« von 1970, BA-MA, Bw 1/114722; »Der BundeswehrBewerber 77«; »Sozialpsychologische Untersuchung. Die Berufsmotivation von Freiwilligenbewerbern der Bundeswehr. Der Unteroffiziersbewerber 77«; »Sozialpsychologische Untersuchung der Motive von Freiwilligenbewerbern. Untersuchungsplan«. Die beiden Akten enthalten weitere Studien, die hier nicht aufgeführt wurden. Ebenso enthält BAMA, Bw 1/102215 zahlreiche Auswertungen von EMNID- und INFAS-Umfragen. Warnke, Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Siehe auch BA-MA, Bw 1/114728, InfasStudie »Soldat auf Zeit: Rückblick auf den Dienst. – Intensivauswertung –« vom Februar 1982. Ein Arbeitspapier von 1980 ordnete der Forschung folgendes Aufgabengebiet zu: Sicherung der Erkenntnisse zur Personallage und zur Motivstruktur der Zielgruppe. Zu untersuchen war die Einstellung zur Bundeswehr, berufsbezogene Persönlichkeitsmerkmale, berufliche Erwartungen, Bereitschaft zum Engagement und die Ansprechbarkeit durch verschiedene Medien. Die Erfolgskontrolle hingegen untersucht die Reichweite, Nutzung und Resonanz einzelner Aktionen. BA-MA, Bw 1/114717, IPStab 3, Az.: 01-55-00-01, 11.11.1980, Grundsätze, Ziele und Methoden der Nachwuchswerbung, S. 3 f. BA-MA, Bw 1/102299, Fü S I 2, Az.: 01-55, 2.10.1972, S. 3. Ebd. Hieran zeigt sich, dass die vordergründige Aussage von Zahlen und Statistiken kritisch zu hinterfragen ist und Zusammenhänge nicht immer auf den ersten Blick deutlich werden.
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In den 1970er-Jahren erlebten die Kontaktzahlen der Nachwuchswerbung zwei wesentliche »Booms«: 1974 und 1978200. Nochmals sei aber darauf hingewiesen, dass Kontaktzahlen nicht gleichzusetzen sind mit der tatsächlichen Bewerberzahl. Während die stark ansteigende Zahl der Bewerber 1974 auf die Einführung des Hochschulstudiums in der Bundeswehr, aber auch auf die »angespannte Arbeitsmarktlage«201 zurückzuführen sein dürfte, ist der Anstieg für 1978 zu Teilen in der Rücknahme der seit 1976 geltenden Kürzungen bei Besoldung und Prämienzahlungen für Zeit- und Berufssoldaten zu vermuten202. Die Tatsache, dass die Nachwuchswerbung im Vergleich zu den Vorjahren die Zielgruppe mit ihren Kontakten besser erreichte, mag ebenso ein Grund gewesen sein, wie die geburtenstarken Jahrgänge an sich203. Ungeachtet der schwankenden Bewerberzahlen führte die unter dem Strich wohl entspannte Personalsituation in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre zu einem Umdenken, was sich auch in einem Motto der Nachwuchswerbung niederschlug: »Von größerer Quantität zu besserer Qualität«204. Die höhere Zahl an Bewerbern ermöglichte es, entsprechend qualifizierte Bewerber für eine Einstellung als Soldat auszuwählen205. Der gestiegenen Zahl an Bewerbern stand die gleiche Zahl an Dienstposten gegenüber, was für die Perzeption »Die Bundeswehr nimmt lange nicht jeden« sorgte. Dies schlug sich parallel in den Aussagen der Werbeanzeigen nieder, die somit eine Verknappung des Gutes »Ausbildungsstätte Bundeswehr« in die Öffentlichkeit kommunizierten.
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Siehe BA-MA, Bw 1/157964, Nachwuchswerbung und Bewerberpotential mit Abitur vom August 1979. Demnach stiegen die Zahlen der ungedienten Bewerber für die Laufbahnen der Unteroffiziere und Mannschaften 1974 und 1978 besonders deutlich an. Für die ungedienten Offizieranwärter galt vergleichbares nicht. Hier blieben die Zahlen seit 1974 auf einem hohen Niveau, schwankten jedoch. BA-MA, Bw 1/114015, IPStab/Public Relations, 28.6.1976, Bewerberlage und SaZ-2-Werbung, S. 6. Einen Überblick über die Kürzungen bietet Weißbuch 1975/76, Seite 184, Ziffern 330-333. Demnach wurden Verpflichtungsprämien gestrichen oder gekürzt und Zeitsoldaten erhielten in den ersten sechs Monaten ihres Dienstes keine Besoldung, sondern den niedrigeren Wehrsold. Ferner BA-MA, Bw 1/113877, IPStab 3, 22.8.1978. Nachwuchslage im ersten Halbjahr 1978. Daran zweifelt jedoch der Leiter der Personalabteilung in: BA-MA, Bw 1/157964, Abteilungsleiter P vom 28.7.1978, S. 4. BA-MA, Bw 1/157964, IPStab 3, 6.9.1978. BA-MA, Bw 1/102211, IPStab Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-01, 24.10.1974, Probleme und Gedanken zur Nachwuchswerbung/Public Relations, S. 3. Zu einem ähnlichen Schluss kommt die Werbeagentur Dr. Hegemann in einem Strategiepapier »Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Bedarfsdeckung der Teilstreitkräfte« auf S. 12 f. vom 4.10.1974 in: BA-MA, Bw 1/73638. Weitere konzeptionelle Überlegungen von Dr. Hegemann in: BA-MA, Bw 1/73644. Was bislang noch nicht angesprochen wurde, jedoch nicht übersehen werden sollte: Eine steigende Zahl an Bewerbern sagt nichts über deren Qualität aus. In diesem Sinne fragten sich die Verantwortlichen auch, ob sie mit ihrer Werbung überhaupt die »Richtigen« ansprächen. Dazu BA-MA, Bw 1/114740, Analysen und Ergebnisse 6/1980 zur Erfolgskontrolle in der Nachwuchswerbung von F. Jungebloed, S. 7.
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c) Von Big Bands und Preisausschreiben, von infopost und Fan-Clubs Die für die Nachfasswerbung benötigten Kontaktzahlen stiegen. Jedoch stiegen sie nicht erst seit den Reformen, sondern bereits seit 1966/67. Die Ursache hierfür liegt im Dunkel, doch wird ihr sowohl ein langfristiger Werbeeffekt als auch ein gestiegenes Informationsbedürfnis in der Gesellschaft zugrunde liegen. Dem standen zugleich auch neue Instrumentarien der Nachwuchswerbung gegenüber. Zum 1. November 1971 trat ein Vertrag zwischen der Bundeswehr und dem Dirigenten Günter Noris in Kraft206. Er sollte die Funktion des Chefdirigenten des neugegründeten Schauorchesters übernehmen, das als Günter Noris und die Big Band der Bundeswehr bekannt wurde. Noris übte dieses Amt zwölf Jahre lang aus207. Die so genannte Big Band war zunächst ein Instrument der Nachwuchswerbung, dann auch der Öffentlichkeitsarbeit und wurde als ein modernes und aktuelles musikalisches Kommunikationsmittel verstanden. Mit ihr sollte den jugendlichen Freizeiterwartungen entsprochen und ein zeitgemäßes Erlebnis präsentiert werden. Die Verantwortlichen versprachen sich davon einen werbewirksamen Erinnerungswert sowie ein vermehrtes Interesse für den Dienst in der Bundeswehr208. Deutlich wird, dass versucht wurde, die Zielgruppe dort »abzuholen«, wo sie vermeintlich anzutreffen war209. Diese Absicht verfolgten auch die Preisausschreiben, die seit Anfang der 1970er-Jahre als Instrument der Nachwuchswerbung ihren Platz fanden. Die Preisausschreiben, die mit lukrativen Hauptpreisen für Einzelpersonen oder Schulklassen wie z.B. mehrtägigen Reisen in die USA warben210, verfolgten zwei Zwecke: Erstens die Generierung neuer Kontakte und darüber hinaus zweitens für die Zielgruppe die Beschäftigung mit sicherheitspolitisch relevanten Themen, denn die Preisausschreiben waren nicht ohne die Lektüre einschlägiger Broschüren zu bewältigen. Vor allem in den mittleren 1970er-Jahren avancierten die Preisausschreiben zum erfolgreichsten Instrument der Nachwuchsge206
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Dieser und weitere Änderungsverträge liegen vor in BA-MA, Bw 1/172857. Günter Noris, *5.6.1935, deutscher Bandleader, Pianist und Komponist. BA-MA, Bw 1/27831, Erfahrungsbericht Leiter IPStab vom 27.11.1969-30.9.1971, S. 38. In einem Protokoll über die Referentenbesprechung am 21.10.1971 ordnete der Leiter des IPStabes an, »alle Akten, die im Zusammenhang mit dem Bw-Show-Orchester entstanden sind, geschlossen aufzubewahren, damit eine Rekonstruktion in späterer Zeit möglich ist.« (!) Siehe den 7. Änderungsvertrag vom Juli 1982. Kopie im Besitz des Verfassers. Vgl. Ernst/Beck/Neuber, Swing und Pop in Uniform. Dazu auch BA-MA, Bw 1/102211, IPStab Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-01, 24.10.1974, S. 4. Werbeplakate oder Anzeigen siehe beispielsweise in: BA-MA, Bw 1/73642. Dort auch die Konzeption der Werbung durch die Agentur Dr. Hegemann. Siehe beispielsweise die Preisausschreibenanzeigen in: Der Spiegel, 24, Nr. 7 vom 9.2.1970, Der Spiegel, 26, Nr. 15 vom 3.4.1972, Der Spiegel, 26, Nr. 38 vom 11.9.1972, Der Spiegel, 29, Nr. 4 vom 20.1.1975. Motive ebenfalls in: BA-MA, Bw 1/102210, IPStab 4, Az.: 01-55-01, 22.11.1971 (Angestellter Grünthal). Vorlage für die Wehrstrukturkommission der Bundesregierung.
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winnung, da sie die meisten Kontakte bei vergleichsweise niedrigen Kosten erzielten211. Hieran wird erneut deutlich, was Nachwuchswerbung in dieser Zeit bedeutete: ein mehrstufiges System, das potenzielle Bewerber mit verschiedenen Mitteln erst einmal auf die Bundeswehr aufmerksam machte, diese dann einige Jahre altersgerecht informierend begleitete, bis eine Entscheidung für oder gegen die Bundeswehr als Arbeitsplatz getroffen wurde. In diesem Sinne wurde auch die »infopost« als begleitendes Printprodukt für die Nachfasswerbung entwickelt212. Sie erschien erstmals im Februar 1977 und wurde in der Redaktion der Gruppe Nachwuchswerbung als drei bis sechsseitiges Heft erarbeitet. Zunächst erschien sie dreimal, später viermal jährlich. Ihre Aufgabe war es, 14- bis 17-jährige Jugendliche, die über Kontaktkarten und Coupons mit der Bundeswehr in Verbindung standen, im Zuge der Nachfasswerbung kontinuierlich mit Informationen über die Laufbahnen in der Bundeswehr zu versorgen. Dieser »Kontakthalter« wurde ausschließlich an solche Jugendliche verschickt, die ausdrücklich um laufende Zusendung baten und damit ihr Interesse an den Streitkräften betonten. Die Kosten der »infopost« lagen im Rahmen des Gesamtwerbeetats Ende der 1970er-Jahre bei unter einem Prozent. Gleichzeitig bediente man damit acht bis neun Prozent aller Personen, die jährlich Informationsmaterial über die Berufs- und Verwendungsmöglichkeiten der Bundeswehr über das Streitkräfteamt213 anforderten. Die »infopost« steigerte das Verlangen nach weitergehenden Informationen über die Bundeswehr, was für die Verantwortlichen einen werblichen Erfolg bedeutete. In der öffentlichen Meinung wurde die »infopost« mit den etwa zeitgleich entstehenden »Bundeswehr-Fan-Clubs« in Verbindung gebracht214. Demnach entstanden die Fan-Clubs, die von Bundeswehrseite als »Bw-Info-Club« bezeichnet wurden, »nicht etwa überraschend aus der Jugend selbst. Der Trend wurde gemacht, initiiert vom Streitkräfteamt der Bundeswehr, Abteilung Nachwuchswerbung215«, so die Kritiker. Den Aussagen der Nachwuchswerber aus dem SKA zufolge kam die Initiative aus den Reihen der Jugendlichen selbst. Es wurde demnach strikt darauf geachtet, die Adressen der etwa 500 Clubs mit rund 3000 »Fans« nicht an Reservistenkameradschaften oder an 211
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Siehe hierzu das Urteil der externen Untersuchung »Das Preisausschreiben als Instrument der Werbung und Verkaufsförderung im Rahmen der Nachwuchswerbung der Bundeswehr« vom 26.2.1980, S. 12 in: BA-MA, Bw 1/114740. Dort auch Motive der geschalteten Anzeigen. Siehe aber auch die Kritik an den Preisausschreiben und die Empfehlung, künftig auf Preisausschreiben der jeweiligen TSK zu verzichten und sie unter einem Preisausschreiben der Bundeswehr zusammenzufassen. Ebd., S. 33-39. BA-MA, Bw 1/113957, Sachstandsbericht über die »infopost« vom 1.3.1979. Siehe auch das Folgende. Das BwA wurde zum 1.4.1975 umgegliedert und in Streitkräfteamt umbenannt. BA-MA, Bw 1/102228, IPStab, Arbeitsbereich Public Relations, Az.: 01-55-02-42, 3.12.1975. So z.B. bei Jopp, Militär und Gesellschaft, S. 101-104, ebenso Jopp, Die Bundeswehr als Arbeitsplatz, S. 225-227; Müller, Bundeswehr-Fan-Clubs, S. 35 f.; Der Spiegel, 32, Nr. 14 vom 3.4.1978, S. 78-81. Müller, Bundeswehr-Fan-Clubs, S. 36.
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Standortverwaltungen weiterzugeben, die ihrerseits Patenschaften für die »FanClubs« zu übernehmen planten216. Die Motivation der Jugendlichen ging laut Aussagen des Leiters der Gruppe Nachwuchswerbung im SKA »weniger auf extreme Wehrfreudigkeit als auf technisches Interesse und schließlich auch auf die wachsende Sorge um die berufliche Zukunft«217 zurück. Der Themenkomplex »infopost« und »Fan-Clubs« wurde vor allem im Sommer 1978 von linksextremen Gruppen, aber auch ab September 1978 durch die Medien der DDR aufgegriffen, die hieraus die Legitimierung ihres eingeführten Wehrkundeunterrichts in der DDR ableitete218. Dass indes die Realität anders aussah, als von vielen angenommen, belegt der Jahresbericht 1981 der Nachwuchswerbung. Er berichtete, dass von den ehemaligen Mitgliedern der bis dahin insgesamt 888 existierenden Clubs219 zum Stichtag 6. November 1981 lediglich 96 Mann als Soldat auf Zeit dienten220. Wie bereits erwähnt, wurden die Aspekte berufliche Sicherheit und persönliche Zukunft zeitgenössisch als die Hauptargumente für die steigenden Bewerberzahlen der 1970er-Jahre gewertet221. Doch das tatsächliche Auf und Ab an Bewerbern lässt erahnen, dass auch hier Mythen sowohl vonseiten der Bundeswehr als auch von ihren Kritikern erzeugt und tradiert wurden. Wie bereits geschildert, stagnierte die allgemeine wirtschaftliche Situation 1975 mit einer Arbeitslosigkeit von erstmals über einer Million Menschen und dem gleichzeitigen Mangel an Ausbildungsplätzen. Andererseits führte der Numerus clausus an den Universitäten zu verschärften Bedingungen für die angehenden Studenten. In dieser Situation stellte der »Spiegel« in seiner Titelgeschichte von Anfang Dezember 1975 die Bundeswehr als Zufluchtsstätte für sichere Lehrstellen und sichere Arbeitsplätze dar222. Ein Argument, das häufig aufgegriffen wurde und sowohl innerhalb223 wie außerhalb der Bundeswehr in einem plausibel erscheinenden Schlagwort kulminierte: »Bundeswehr: Armee von Arbeitnehmern«224. Für Jopp war die Bundeswehr der Gewinner der »gesellschaftlichen Krisenerscheinungen«225. Diesem Zusammenhang nahmen sich auch Beiträge der Friedensforschung zum Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft am Bei216 217 218
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Der Spiegel, 32, Nr. 14 vom 3.4.1978, S. 81. Ebd. Mende, Wehrunterricht in der DDR, S. 37 f.; diese Einschätzung vonseiten der Bundeswehr in: BA-MA, Bw 1/113957, Sachstandsbericht über die »infopost« vom 1.3.1979, S. 5. In diesen Jahren lösten sich jährlich mit etwa 90-100 Clubs so viele auf, wie sich neu gründeten. Archiv SKA/IMZBw, SKA Abteilung I Gruppe Nachwuchswerbung, Az.: 01-55-01, 25.1.1982, S. 7. Kopie im Besitz des Verfassers. Geht man dabei von einer Gesamtzahl zwischen 4500 und 10 000 Jugendlichen aus, stellt die Zahl 95 mit einem Anteil von etwa einem Prozent eine recht bescheidene Quote dar. BA-MA, Bw 1/114015, IPStab/Public Relations vom 28.6.1976. Bewerberlage und SaZ 2Werbung. Siehe auch Weißbuch 1975/76, S. 141, Ziffer 521. Der Spiegel, 29, Nr. 49 vom 1.12.1975, S. 46-65. So beispielsweise in Weißbuch 1979, S. 218 f., Ziffer 289. Der Spiegel, 29, Nr. 49 vom 1.12.1975, S. 46. Jopp, Die Bundeswehr als Arbeitsplatz, S. 222.
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spiel der »Bundeswehrwerbung« an226. Sie vermuteten einen Zusammenhang zwischen der Werbung und der gestiegenen Akzeptanz der bundesdeutschen Streitkräfte in der Bevölkerung und erkannten oder vermuteten dahinter tiefergehende Instrumente zur Manipulation der Jugend und somit auf lange Sicht auch der Gesellschaft. Ganz zu Recht erkannten die Autoren einerseits, dass die »Bundeswehr-Werbung sich den eher zivilen und Ausbildungsbedürfnissen ihrer Adressaten«227 anpasste, andererseits verkannten sie aber aus ihrer Perspektive die Motivation und Absicht der verantwortlichen Nachwuchswerber sowie die Organisationsrealität, die eine umfassende Manipulation der Gesellschaft weder wollte noch umzusetzen in der Lage war. Häufig wurde kritisiert, dass in den Botschaften der Nachwuchswerbung sowohl der Soldatenalltag als auch der Auftrag des Kampfes hinter den Aussichten, eine zivile Ausbildung erhalten zu können, zurücktreten würden228. Kritik kam aber nicht nur aus dem vermeintlich »linken« Lager, sondern auch aus Reihen der Bundeswehr selbst. Vor allem störte der Vergleich mit dem zivilen Arbeitsmarkt. Es wurden Rufe laut, die befürchteten, dass das Soldatische leiden könnte229. Nicht nur vermeintlich bundeswehrfreundlich gesinnte und konservative Autoren urteilten, dass die Bundeswehr schlecht beraten sei, »wenn sie sich – in Werbeanzeigen oder sonst wo – wie irgendein Unternehmen der Wirtschaft präsentiert«230. Auch der Wehrbeauftragte mahnte in seinem Jahresbericht 1972: »Die völlige Gleichmacherei der Anforderungen des militärischen Dienstes mit dem zivilen Jobdenken ist geeignet, den Konflikt insbesondere des Wehrpflichtigen innerhalb der militärischen Ordnung zu verschärfen. Je geringer die Restgröße der militärischen Eigentümlichkeiten angesetzt wird, desto geringer wird auch das Verständnis der Wehrpflichtigen für Befehl und Gehorsam sein231.« Bundespräsident Walter Scheel merkte 1978 vor Kommandeuren der Bundeswehr an: »Betrachtet man die Werbung der Bundeswehr, stellt man erstaunt fest, daß von dem militärischen Auftrag, von den demokratischen Aufgaben der Bundeswehr, von den unabdingbaren Prinzipien des Befehlens und Gehorchens in dieser Werbung kaum die Rede ist. In ihrer Werbung stellt sich die Bundeswehr eher als ein sportliches Freizeitunternehmen dar, das Gelegenheit bietet, in modernstem technischem Gerät zu Wasser, zu Luft und zu Lande herumzufahren, oder als staatliche Ausbildungsstätte für hochqualifizierte technische Berufe. [...] Geht man den Gründen dieser Art Werbung nach, so erfährt man, Informationen über den eigentlichen Auftrag der Bun-
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Wir produzieren Sicherheit. Ebd., S. 17. Ebd., S. 17-38. Der Spiegel, 29, Nr. 49 vom 1.12.1975, S. 63-65. Reichert, Die Bundeswehr in der sich wandelnden Gesellschaft, S. 398. Die Bundeswehr in Staat und Gesellschaft (IV), S. 99.
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deswehr seien nicht gefragt; sie hätten auch nicht die erwünschte Wirkung232.« Darüber hinaus wurden neben der schlechten Arbeitsmarktsituation die Umstrukturierungsmaßnahmen der Ausbildungs- und Bildungsreform als Argument für die steigenden Bewerberzahlen angeführt. Vor allem schälte sich aus der Diskussion die These »Je schlechter die Arbeitsmarktlage – desto höher die Bewerberzahlen« heraus, also das Verhältnis von Arbeitsmarktsituation und Verpflichtungsverhältnis als Erklärungsmuster für die steigenden Bewerberzahlen in den 1970er-Jahren233. Doch muss diese aufgestellte Korrelation mit Fragezeichen versehen werden. Es fehlt bislang an historischen Studien, die sich intensiv mit dem komplexen System der Personalentwicklung der Bundeswehr befassen und den gesellschaftlichen und politischen Kontext dabei in die Analyse einbeziehen. Denn es spielen gerade in die Personalsituation der Bundeswehr mit ihren unterschiedlichen Verpflichtungsmodellen und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich ausgeprägten Anreizen zu viele Faktoren hinein, um die eingängige und somit plausible Argumentation »Je schlechter die Arbeitsmarktlage – desto höher die Bewerberzahlen« historisch bestätigen zu können. Es ist zwar ein Zusammenhang anzunehmen, doch erscheint das Postulat zu absolut. Provokant formuliert: Die Arbeitsmarktlage in einer pluralistischen und offenen Gesellschaft könnte noch so schlecht und die finanziellen Anreize noch so hoch sein: Wenn den Bewerber in den Streitkräften tatsächlich ein täglicher Spießrutenlauf und eine unmenschliche Behandlung erwarteten, wäre zu bezweifeln, ob sich immer noch viele Bewerber meldeten. Umgekehrt ist also bei steigenden Bewerberzahlen während einer schlechten Arbeitsmarktlage und vorhandenen finanziellen und materiellen Anreizen auf Seiten der Armee anzunehmen, dass die Streitkräfte eine ernstzunehmende Alternative im Denken der jungen Männer darstellen. In der Konsequenz heißt das, die Streitkräfte sind ein akzeptierter, wenn auch nicht notwendigerweise geliebter Bestandteil des gesellschaftlichen Systems. Unterstützt wird diese These dadurch, dass die Motivforschung gerade Ende der 1970er-Jahre bei jungen Männern Hemmschwellen in Hinblick auf Fragen von »Verhältnis zum Vorgesetzten«, »Möglichkeit zur Mitbestimmung und eigener freien Entscheidung« sowie »Kasernierung« ausmachte234. Gerade diese Felder des gesellschaftlichen Lebens, die auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit rekurrieren, waren es also, die Ende der 1970er-Jahre dem Wunsch nach beruflicher Qualifikation und damit dem Aufstiegs- und Weiterbildungsinteresse der jungen Männer entgegenstanden. Stellvertretend mag dafür folgende zeitgenössische Einschätzung des IPStabes stehen. Der Eintritt junger Männer in die Bundeswehr war
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Scheel, Über die sittlichen Grundlagen, S. 19 f. Als Reaktion auf diese Kritik siehe BA-MA, Bw 1/172481, BMVg, Leiter IPStab vom 26.4.1978. Siehe beispielsweise die Einschätzung in der Jahresplanung für die Öffentlichkeitsarbeit von 1977 in: BA-MA, Bw 1/114714, S. 6-10. Ebd., S. 7 f.
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»in den Augen der jungen Leute in erster Linie eine Berufsentscheidung, keine politische. Das Motiv ist also nicht die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, vielmehr sind es persönliche, private Gründe. Alle Untersuchungen ergeben, daß für die Attraktivität eines Berufs die Qualifikationsund Aufstiegschancen ausschlaggebend sind. Dies muß deshalb Kern der Werbeaussagen sein. Andererseits haben Auswertungen gezeigt, daß als ein Hindernis, Soldat zu werden, die Vorstellung vom sturen Kommissbetrieb anzusehen ist. Diese Vorstellung wird häufig auch mit dem Prinzip von Befehl und Gehorsam in einen Topf geworfen. Es zählt zu den Aufgaben der Nachwuchswerbung, dieses Vorurteil zu korrigieren und abzubauen235.« Es handelt sich also bei der Annahme »Je schlechter die Arbeitsmarktsituation – desto höher die Bewerberzahlen« vielmehr um eine Scheinkorrelation, die nur deswegen funktionierte, weil ein wesentlicher Aspekt im Hintergrund wirken konnte: Der Dienst in der Bundeswehr war seit den späten 1960er und frühen 1970er-Jahren als eine Möglichkeit der Berufsausübung akzeptiert. Wären die Streitkräfte einer unmenschlichen Ausbildungspraxis gefolgt, hätte in einem Sozialstaat wie die BRD einer war – so die Annahme – jeder Arbeitslose gezögert oder sich geweigert, sich solchen Streitkräften anzuschließen, die nicht den Spielregeln einer pluralistischen und demokratisch organisierten Gesellschaft entsprechen. Es scheint vielversprechend, sowohl die Bundeswehr als auch die NVA auf diese Fragestellung hin zu vergleichen.
4. Die Werbelinien a) Die Bundeswehr als Großunternehmen und Produzent von Sicherheit (1969-1974) Die Werbelinie »Wir produzieren Sicherheit« erschien in verschiedenen Ausformungen. In der Anfangszeit um 1969/70 war das dies zunächst die Headline einer farbigen Anzeige (Abb. 67a und b)236, um 1972 dann der prägende Slogan einer neuen Linie. Gerade dieser Slogan war es, der vonseiten der kritischen Autoren wie von konservativen Befürwortern als krampfhafter verbaler Versuch, der Bundeswehr ein ziviles Image zu geben, kritisiert wurde237. Am 30. Juni 1969 wurde die neue Anzeigenlinie »Wir produzieren Sicherheit« mit dem Slogan »Männer für die Bundeswehr« Staatssekretär Eduard Adorno vorgestellt238. Die Linie, die wahrscheinlich durch die Werbeagentur 235 236 237
238
BA-MA, Bw 1/172481, BMVg, Leiter IPStab vom 26.4.1978. Anzeige in: Der Spiegel, 24, Nr. 5 vom 26.1.1970. Jopp, Militär und Gesellschaft, S. 100. Der Verfasser zitiert zwar nicht diesen Slogan, schließt ihn aber indirekt mit ein. Siehe auch: Wir produzieren Sicherheit, S. 34-38. BA-MA, Bw 1/113887, Fü S VII 4, Az.: 01-55-01-20, Juni 1969. Vermerk über Vortrag bei Staatssekretär vom 30.6.1969.
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Dorland erstellt wurde, fand seine volle Zustimmung. Dabei hatte er zunächst das Wort Soldat in der Anzeige vermisst, musste aber einräumen, dabei keine »Lücke« erkannt zu haben. In einem Vermerk aus dem Frühjahr 1971 stellte ein ziviler Angestellter im IPStab 4 fest, dass jener Slogan ursprünglich durch Karl-Eduard von Schnitzler239, der hier als Chefpropagandist der SED bezeichnet wird, in einem Sonderbericht zum 10. Jahrestag der NVA im März 1966 geprägt worden sei: »Dafür produzieren unsere Soldaten Sicherheit240.« Da der Film wohl auch an das Publikum in der Bundesrepublik gerichtet gewesen sei, müsste, so der zivile Angestellte, nach dem Werbegrundsatz, »nicht mit den gleichen Argumenten, Slogans, Formulierungen usw. wie die Konkurrenz zu werben«241, der Slogan »Wir produzieren Sicherheit« überdacht werden. Vielleicht führten diese Überlegungen dazu, dass »Wir produzieren Sicherheit« aus den Headlines in die Ebene der Slogans wanderte und immer wieder variierte, bis er ab 1974 nicht mehr benutzt wurde. Ein Plakat des Verbands der Kriegsdienstverweigerer hingegen, das unter dem leicht abgewandelten Slogan »Wir produzieren Sicherheit [...] nach bewährter Methode« eine städtische Trümmerlandschaft des Zweiten Weltkrieges zeigte und somit versuchte den Slogan zu konterkarieren, dürfte nicht der Anlass zur Beendigung des Slogans gewesen sein, wie in der Literatur vermutet wird242. Die Linie »Wir produzieren Sicherheit« war eine der bekanntesten in der Geschichte der Nachwuchswerbung. Deutlich wird dies unter anderem daran, dass der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages243 auf einer Rede an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg noch im Herbst 1986 darauf Bezug nahm und von einem hausgemachten Fehlverständnis sprach: »Da erscheinen Soldaten zunächst als ›Produzenten von Sicherheit rund um die Uhr‹, ein Bild, was von der nutzenorientierten Gesellschaft durchaus akzeptiert wird. Aber ich will das Bild nicht fortspinnen, weil am Ende dieses millionenteuren Missverständnisses stehen könne: Unternehmen Bundeswehr, Produktion, ständige Lagerhaltung und Vertrieb von Sicherheit244.« Die Anzeige (Abb. 67), die zum ersten Mal mit der Überschrift »Wir produzieren Sicherheit« erschien, zeigte im visuellen Register eine Fotografie mit zehn Männern. Im verbalen Register unterschied sie zwei Versionen. In einer blieben die verbalen Informationen entgegen der bisherigen Gewohnheit knapp bemessen, die Information unter dem schräg eingefügten Couponteil wurde mit ei239
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Karl Eduard von Schnitzler, *28.4.1918, †20.9.2001, Journalist und Moderator des DDRFernsehens, dort besonders »Der Schwarze Kanal«. Er drehte ebenfalls Dokumentarfilme und galt als politischer Hardliner. BA-MA, Bw 1/102209, Angestellter Grünthal, IPStab 4 vom 8.3.1971. Ebd., Punkt 4. Wir produzieren Sicherheit, S. 36. Es dürfte sich dabei um Willi Weiskirch handeln, *1.1.1923, †11.9.1996, Bundestagsabgeordneter für die CDU, Wehrbeauftragter von 1985 bis 1990. BA-MA, Bw 1/285607, WB 1/1, Bonn 3.10.1986. Sprechzettel für das Referat vor den Teilnehmern Verwendungslehrgänge Stabsdienst an der Führungsakademie der Bundeswehr am 20./21.10.1986, S. 11. Hervorhebung im Original.
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nem Pinselstrich hervorgehoben245. Eine andere Variante hingegen wies ein recht ausführliches verbales Register auf. Gerade aber der nachträglich eingeführte »Pinselstrich«, der auf zusätzliche »Hinweise auf die jeweils zum Anzeigenmotiv passende Laufbahnverbesserung«246 deutete, durchzieht die frühen Anzeigen dieser Linie. Die neue Linie sollte den Interessenten verdeutlichen, was die Bundeswehr angehenden Soldaten bieten könnte. Zum Beispiel den »einzigen echt funktionierenden zweiten Bildungsweg«247 in der Bundesrepublik, wie die Frankfurter Rundschau vom 24. Juli 1969 einen Sprecher des BMVg zitierte. So stellte das verbale Register über das Stichwort der »Produktion« den Zusammenhang zu zivilen »Großunternehmen« her. Auch wenn die in Kraft getretenen Verbesserungen noch nicht kommuniziert wurden, wird der Soldat als Mitarbeiter, als Vorarbeiter, Meister und Manager angesprochen und ein eindeutiger Bezug zur zivilen Arbeitswelt hergestellt sowie auf die vorherigen Anzeigenlinien Bezug genommen, die die klaren »Vorteile für den Zivilberuf« betonten. Die Aussagen im verbalen Register korrelieren mit den im visuellen Register abgebildeten Männern, die den Einstieg in die Anzeige boten. Es sind dort Soldaten in verschiedenen Uniformen dargestellt, die ihrerseits die verschiedenartigen Ausbildungs- und Berufszweige innerhalb der Streitkräfte abbilden sollten und über diese Mannigfaltigkeit das Interesse des Beobachters auf die Anzeige lenkten. Die hier gezeigten Soldaten repräsentieren die im verbalen Register angesprochenen Berufe wie beispielsweise Techniker, Arzt, Pilot oder Wissenschaftler. Auffallend dabei ist, dass neben diesen berufsbezogenen Attributen auch und gerade solche Soldaten in der bildlichen Darstellung präsentiert wurden, die vermeintlich interessante militärische Tätigkeiten, zumindest aber an die Männlichkeit appellierende Vorbilder, wie z.B. Fallschirmspringer, Pilot, Sportler und Taucher verkörperten. Somit appelliert diese Anzeige an die Möglichkeit der beruflichen Aus- und Weiterbildung, spricht gleichzeitig aber auch über das Argument der »Produktion von Sicherheit« durchaus diejenigen an, für die ein ideeller Ansatz oder sportliche Anreize im Vordergrund standen. Nicht übersehen werden darf jedoch der abschließende »Pinselstrich«, der auf die »neuen Fakten« verwies. Dieses verbale Register deutet auf die monetären und organisatorischen Verbesserungen in der Laufbahn der Soldaten hin. So spielt der Hinweis in einer Anzeige aus dem ersten Quartal 1971 eine zentrale Rolle: »Wichtig! Eingliederungsgesetz: nach 12 Jahren Aufnahme in den öffentlichen Dienst. Keine Existenzprobleme248.« Dies 245
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Diese Variante liegt als Dia vor in der unsystematischen Ablage SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers. BA-MA, Bw 1/113887, Fü S VII 4, Az.: 01-55-01-20, 31.7.1969, S. 3. ZAPA-BMVg 87-1 (Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen) von 1956-31.12.1972, 1. Mappe. Demnach in der Frankfurter Rundschau vom 24.7.1969. Dies ist die Anzeige »Bei uns sehen Sie mit den Augen des 20sten Jahrhunderts.« Sie liegt als Dia vor im unsystematischen Archiv des SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers. Die Anzeige erschien demnach am 11.4.1971 in der Nr. 15 der »Neuen Revue«. Sie ist besprochen in Loch, Soldatenbilder im Wandel.
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verweist auf die Tatsache, dass den Zeitgenossen deutlich war, dass faktische Anreize eher in der Lage waren zu überzeugen, als jedes noch so attraktiv gestaltet Plakat. Letztlich verband diese Anzeige die Motive von »Arbeitsplatz Bundeswehr«, Ethos und Männlichkeit viel eher, als es die zeitgenössischen Kritiker wahrnahmen bzw. wahrhaben wollten. Die folgende Linie (Abb. 68-70) setzte ebenfalls auf die Kombination von zivilverwertbarer Berufsausbildung und Profilierung als Soldat. Bereits in den Überschriften warb sie zwischen 1972 und 1974 mit dem »aktuellen Berufsangebot«. Die Anzeigen entsprachen der klassischen Gliederung. So erweckten sie bereits in ihren Headlines Aufmerksamkeit, weil sie einen scheinbaren Gegensatz aufzeigten. Eine der ersten Anzeigen »Das aktuelle 72er Berufs-Angebot der Marine – Für Seebeine und Landratten«249 spielte bereits mit einem solchen Begriffspaar (Abb. 68). Im visuellen Register dominiert die Foto-Collage. Auch sie bildet im Verbund mit dem »Berufsangebot« einen Gegensatz, verdeutlicht vielmehr den Aufruf »Für Seebeine und Landratten« und nutzt somit eher einen emotionalen Einstieg, indem Technik und Abenteuer im Vordergrund stehen. Das verbale Register konzentriert sich hingegen auf die berufliche Aus- und Weiterbildung. Eindeutig werden hier militärische Tätigkeiten wie beispielsweise die des Funkers mit einem zivilen Abschluss, in diesem Fall Fremdsprachen-Korrespondent, gleichgesetzt. Zudem vermittelt die Anzeige den Eindruck, dass dieser zivil anerkannte Abschluss während der Dienstzeit erworben werden konnte. Ob dies regelmäßig möglich war, bleibt zu hinterfragen. Deutlich wird an dieser Anzeige der typische inhaltliche Aufbau der ganzen Serie. Die inhaltlich antithetisch angelegte Überschrift lenkte im Verbund mit der Foto-Collage die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Dieser Einstieg war emotional angelegt und argumentierte mit Attributen von Technik und Militärromantik. Der weitere verbale Abschnitt wirbt mit Informationen und stellt dabei »zukunftsorientierte Arbeitsplätze« in den Vordergrund. In diesem Sinne ist der abschließende Slogan »Wir produzieren Sicherheit – zu Wasser, zu Lande und in der Luft« doppeldeutig. Klarer tritt diese Mehrdeutigkeit in weiteren Slogans anderer Anzeigen dieser Linie hervor wie »Wir produzieren Sicherheit – drinnen, draußen, überall«250 (Abb. 69) und »Wir produzieren Sicherheit – in Berufen von morgen«251 (Abb. 70). Die Produktion von Sicherheit kann sich gemäß der visuellen und verbalen Botschaften als doppelt zu deutendes Enthymem konkretisieren. Nämlich sowohl in Bezug auf einen ethischen (Wir verteidigen den Frieden) als auch auf einen fiskalisch-faktischen Anreiz (Hier erlernst Du einen Beruf und Deine Zukunft ist gesichert), in welchem die Sicherheit »erwirtschaftet«, aber auch geboten wird. 249
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Anzeige in: Der Spiegel, 26, Nr. 25 vom 12.6.1972. Die Anzeige war eine der wenigen, die farbig erschienen. Anzeige »Das aktuelle 72er Berufs-Angebot des Heeres. Halb Zehnkämpfer, halb Lehrer.« In: Der Spiegel, 26, Nr. 21 vom 15.5.1972. Anzeige »Das aktuelle 74er Berufs-Angebot der Marine. Die neuen blauen Jungs.« In: Der Spiegel, 28, Nr. 26 vom 24.6.1974.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
Die Variante »Die Hobbys der harten Männer« verdeutlicht in Abbildung 71 erneut, dass die Nachwuchswerbung die Faktoren Mann und Sport immer wieder betonte252. So dominieren in dieser Anzeige in Bild und Text Hinweise auf körperliche, technische und sportliche Betätigungen, wobei der Hinweis auf Berufswissen und Abfindungssummen nicht fehlte. Interessant ist der variierte Slogan »Konditionsstark für eine harte Aufgabe«, weil erstmals in dieser Linie auf den Aspekt der »Produktion von Sicherheit« verzichtet wurde253. Die Anzeige war in der Ferienzeit zu schalten und sollte dabei nur solche Medien berücksichtigen, die sich in diesem Zeitraum einer hohen Zahl an Lesern erfreuten. Ziel war es, bei den Schülern im Vorwehrdienstalter Interesse für das Heer zu wecken. Hier liegen auch die Gründe, weshalb gerade diese Anzeige vom bisherigen Stil abwich. Andere Anzeigen, z.B. »Aufstiegskandidat« (Abb. 55), sollten ebenfalls in der Sommerpause das Interesse der Jugendlichen auf die TSK lenken und zudem »der Bundeswehr gegenüber positiv eingestellte Multiplikatoren in ihrer Haltung« bestärken254. Für die oben skizzierten Linien gilt zusammenfassend, dass sie die Bundeswehr einerseits, wie es die Kritiker immer wieder gerne betonten, zwar als Großunternehmen und Ausbildungsstätte darstellten, andererseits aber niemals vergaßen, visuell zu betonen, dass hier Militär um Nachwuchs wirbt. Die »Dauerbrenner« Sport, Abenteuer und Romantik waren nach wie vor vorhanden.
b) Von Top-Jobs und Panzern (1972-1974) Die folgende Linie (Abb. 72-73) betonte im Vergleich zu den beiden vorherigen das soldatische Element stärker. Diese Linie für Offizierbewerber entwarf die Werbeagentur Dr. Hegemann 1972, sie lief bis etwa 1974. Sie folgte der Idee, eine attraktive Führungsaufgabe in jungen Jahren mit einer guten Ausbildung als Voraussetzung für einen späteren Zivilberuf zu verbinden. Diese Kombination, die den Faktor Geld gemäß einer EMNID-Umfrage weniger stark gewichtete, sagte sowohl den Vertretern des IPStabes als auch denen der drei TSK zu. Bereits bei dieser frühen Anzeigenlinie, die das zivile Element, den »Top-Job« hervorhob, wiesen die Vertreter der Bundeswehr darauf hin, dass es einerseits wichtig sei, die Chancen für einen späteren Zivilberuf zu betonen, es dürfe andererseits aber nicht der Eindruck entstehen, »die Bundeswehr sei nur eine Zwischen-Station«255. Vor allem der Abbinder »Offizier – Auftrag und Aufgabe«, der von der Werbeagentur stammte, wies auf das Problem von wirtschaftlichem Anreiz und Betonung des Ethos hin. Damit wird bereits 1972 deutlich, 252
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»Die Hobbys der harten Männer« in: BA-MA, Bw 1/102228. Entwürfe in BA-MA, Bw 1/ 102218. Anzeige in: Der Spiegel, 27, Nr. 30 vom 23.7.1973. Weitere Anzeigen dieser Linie befinden sich in: Der Spiegel, 26, Nr. 17 vom 17.4.1972; Der Spiegel, 26, Nr. 33 vom 7.8.1972; Der Spiegel, 28, Nr. 8 vom 18.2.1974. BA-MA, Bw 1/102228, IPStab 4, Az.: 01-55-02, 10.7.1973 [Datum unleserlich], S. 1. BA-MA, Bw 1/73641, Werbeagentur Dr. Hegemann. Besprechung vom 7.2.1972 in Bonn, Memo-Nr. 7/72, S. 3. Text- und Bildentwürfe in: BA-MA, Bw 1/102218.
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welchen Bogen die Anzeigenwerbung der Bundeswehr spannte und sowohl soldatische Belange berücksichtigte als auch auf die ermittelten Vorstellungen der Zielgruppe einging. Auch diese Anzeigen waren nach dem bewährten Muster aufgebaut. Als Einstieg wirkte neben der mit »Top-Job«, also mit einem Berufshinweis versehenen Überschrift eine Fotografie bzw. eine Foto-Collage, die einen militärischen Hintergrund zeigte. Bereits auf den ersten Blick wurde hier also eine Verbindung zwischen Bundeswehr und Berufsausbildung aufgebaut. Nichtsdestoweniger betonten diese Anzeigen in ihrem visuellen, aber vor allem auch in ihrem verbalen Register das »Militärische«. Bei dieser Anzeigenlinie ist zum ersten Mal festzustellen, dass die Bundeswehr in ihrer Nachwuchswerbung, wie im Beispiel der Anzeige »Panzergrenadier-Offizier«256 (Abb. 72) Kampffahrzeuge wie »Leopard« oder »Marder« ansprach und auch den militärischen Charakter betonte, wenn sie schrieb, dass der Panzergrenadier-Offizier zunächst »Zugführer oder Kompaniechef einer hochtechnisierten Kampftruppe« sei. Gleichzeitig vergaß die Werbung aber auch nicht den Hinweis: »Wer bei uns Panzergrenadier-Offizier wird, braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen zu machen. Das Bildungs- und Fortbildungsprogramm der Bundeswehr bietet attraktive Möglichkeiten bis zum Hochschulstudium mit Diplom. Damit stehen Sie auch im Zivilberuf Ihren Mann257.« Damit verband diese Linie wiederum die Motive von sozialer Sicherheit und sozialem Aufstieg für ein späteres Zivilleben mit den normativen und ethischen Anforderungen an einen militärischen Vorgesetzten. Hier wurde allerdings das Argument des Militärischen stärker betont. Die Tatsache, dass die Anzeigenlinien also sowohl militärische als auch zivile Aspekte miteinander verbanden, zeigt, dass die zeitgenössischen Kritiker sich jeweils nur die Ansatzpunkte auswählten, die in ihre Argumentationskette passten. Dass sich in diesen Anzeigen verbales und visuelles Register auch weiterhin nicht nur auf militärische oder ausbildungstechnische Aspekte reduzierten, sondern darüber hinaus auch persuasive Strukturen aufwiesen, bleibt anzumerken. So wird im verbalen Register die Aufgabe des Panzergrenadiers beschrieben und mit Adjektiven und Adverbien wie beweglich, gemeinsame Aktion, flexibel, vielseitig belegt und die Soldaten als wendig und intelligent bezeichnet. Dies sind Charakteristika, die auf einer emotionalen Ebene wirken und in Verbindung mit der abgebildeten Fotografie auf den Betrachter zurückwirken sollen. Diese Attribute traten jedoch hinter die Hauptargumente von Ausbildung und »Soldatsein« zurück. Einen weit emotionaleren und abstrakteren Einstieg wählte die Anzeige »Nehmen Sie Ihr Glück selbst in die Hand« von 1972 (Abb. 74)258. Die Freigabe 256
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Diese Anzeige in: Der Spiegel, 27, Nr. 48 vom 26.11.1973. Weitere Anzeigen dieser Linie in: Der Spiegel, 26, Nr. 28 vom 3.7.1972; Der Spiegel, 27, Nr. 27 vom 2.7.1973; Der Spiegel, 28, Nr. 22 vom 27.5.1974. Anzeigentext »Top Job: Offizier des Heeres. Panzergrenadier-Offizier« in: Der Spiegel, 27, Nr. 48 vom 26.11.1973. Die Anzeige liegt als Dia vor im SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
für diese Anzeige der Werbeagentur Dr. Hegemann erfolgte im Oktober 1972259, die Schaltung im Dezember desselben Jahres260. Visuelles und verbales Register evozieren das Enthymem, dass die Bundeswehr im wahrsten Sinne einen »guten Wurf« darstellt. Nach diesem Einstieg in die Anzeige zeigt der Werbetext die Vorteile auf, die in einer längeren freiwilligen Verpflichtung liegen und verspricht dem Tüchtigen eine Chance für einen sozialen Aufstieg. Auf einen visuellen militärischen Hintergrund verzichtet diese Anzeige ganz. Die Streitkräfte werden hier als Chance im Spiel um eine Aus- oder Weiterbildung dargestellt. Damit bildet sie in den bisher vorgestellten Anzeigenlinien eine Ausnahme. Für die folgenden, ebenfalls im IV. Quartal 1974 erschienenen Anzeigen, ist hingegen die Präsentation einer männlichen Erlebniswelt charakterisierend (Abb. 75)261. Ferner liegen uns für diese Anzeigenlinie Kontaktmesswerte262 ebenso wie Strategiepapiere263 vor. Demnach erhielt die Werbegesellschaft Horst Slesina den Auftrag, für 1974 eine Basis-Image-Werbung mit drei Motiven264 durchzuführen. Als Zielgruppe wurden drei Personenkreise festgelegt: die Kernzielgruppe der 14-20-Jährigen, ferner die Bezugspersonen der Jugendlichen und schließlich, auf das Innen-Verhältnis der Bundeswehr abzielend, die Angehörigen der Bundeswehr zur Eigenidentifizierung. Die vorgesehene Werbung sollte die Jugendlichen für die Bundeswehr interessieren. Deswegen war ein emotionaler Einstieg in die Werbung vorgesehen, zudem sollte die weitere Beschäftigung, also das Lesen der Anzeige, einen hohen Informationsgehalt bieten. Werbeagentur und Vertreter des IPStabes einigten sich darauf, »die männliche Erlebniswelt und den Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer erfolgreichen Gemeinschaft in den Mittelpunkt der Werbung zu stellen«265. Die Abschluss-Motivation sollte ein ansprechender Slogan bilden. Der Vorschlag zur
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BA-MA, Bw 1/73641, IPStab 4, Az.: 01-55-02, 18.10.1972. BA-MA, Bw 1/73641, Werbeagentur Dr. Hegemann vom 8.11.1972. Demnach erschien die Anzeige in den Illustrierten Weltbild, Neue Revue, Stern, Quick und Bunte Illustrierte. Bei den Programmzeitschriften kamen folgende Titel zur Auswahl: Fernsehwoche, Hör zu, Gong, Bild und Funk, Funk-Uhr, TV/Hören und Sehen, Programm und Schalt ein. Bei den Zeitschriften und Jugendzeitschriften kamen zum Zuge: Hobby, Bravo, Das Beste, Der Spiegel, Das neue Guckloch, Neue Stafette, Judo-Karate Aikido sowie Wir experimentierten. In der Rubrik Auto/Motor/Sport waren es Das Motorrad, Glück, Kicker Sportmagazin, Auto-Motor-Sport sowie die Auto-Zeitung. In der Kategorie Eltern/Erziehung/Wissenschaft wurde die Kombination Bild der Wissenschaft/X-Magazin gewählt. Die Anzeige liegt als Dia vor im Archiv des SKA/IMZBw. Abzug im Besitz des Verfassers. BA-MA, Bw 1/102228, BwA/NwW vom 22.5.1974, Kontaktmesswerte der Einschaltung »dabei sein« von Slesina Bates 2/74. BA-MA, Bw 1/194853, Basis-Image-Werbung der Bundeswehr 1974 vom 18.1.1974; BAMA, Bw 1/102228, Horst Slesina Werbegesellschaft vom 19.12.1973. Auch das Folgende hieraus. Zwei sollten vierfarbig, eine schwarzweiß sein. BA-MA, Bw 1/102228, Horst Slesina Werbegesellschaft vom 19.12.1973, S. 1 f.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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Kampagne »dabei sein« stammte direkt aus der Werbeagentur und wurde vonseiten der Verantwortlichen der Nachwuchswerbung akzeptiert. Dem zunächst vorgeschlagenen Slogan »Der Frieden ist unser Auftrag« fehlte nach Ansicht der Bundeswehr der Aspekt der »Freiheit«. Die Media-Planung blieb Aufgabe des BwA, dennoch wurde die Werbeagentur aufgefordert, einen Alternativplan vorzulegen. Der »Erfolg« einer Anzeige wurde in den 1970er-Jahren über die Höhe der erzielten Kontakte und der daraus resultierenden Kontaktpreise bewertet. Für die Linie »dabei sein« liegen Kontaktmesswerte für das II. Quartal 1974 vor266. Der Richtwert für die Kosten pro Kontakt lag im Vergleichsvorjahr bei etwa 61 DM. An diese Werte reichte »dabei sein« im II. Quartal 1974 nicht heran. In der Werbegruppe der Programmzeitschriften (Hör-Zu, Gong usw.) wurden 452 Kontakte erzielt, das entsprach einem Kontaktpreis von etwa 445 DM. In der Gruppe Zeitschriften (Hobby, Bravo) wurden 145 Einsendungen bei Kosten von 226 DM registriert. Die Gruppe Auto-Motor-Sport (z.B. Deutsche Auto-Zeitung) erzielte 66 Kontakte und einen Kontaktpreis von 593 DM. Auch in Boulevardzeitungen (Bild am Sonntag) wurden mit 86 Kontakten und einem Preis von 546 DM keine herausragenden Ergebnisse erzielt. Insgesamt erzielte die Linie in diesem Quartal etwa 972 Kontakte. Dabei lag die »Bravo« mit 125 Kontakten und einem Kontaktpreis von 214 DM auf dem Spitzenplatz. Der Slogan »dabei sein« ist doppeldeutig angelegt. In erster Linie korrespondiert er mit dem visuellen Register, nämlich als Abenteurer und Mann in einer Gruppe sportliche Herausforderungen zu bestehen. Dieser Eindruck wird durch die ersten Absätze des Anzeigentextes unterstützt. Erst danach informiert die Anzeige – ohne jedoch konkret zu werden – über mögliche Bildungs- und Fortbildungsprogramme, mit denen der Soldat die Mittlere Reife erwerben, Meister werden oder aber sogar eine Hochschule besuchen könnte. In diesem Sinne lohnt es sich auch, »dabei zu sein« und als Teil dieser soziale Gruppe nicht nur als Mann Anerkennung zu finden, sondern auch von den handfesten Vorteilen zu profitieren. Auch hier ist das Bild, das von der Bundeswehr gezeichnet wurde, eingeordnet zwischen Ausbildungsvorteilen einerseits und einer männlichen Erlebniswelt andererseits. Ein militärischer Bezugspunkt ist nicht gegeben. Das Enthymem könnte lauten: Ich muss sowie zum Bund – da kann ich mich auch für ein wenig länger verpflichten – verdiene direkt richtiges Geld – gehöre dazu und profitiere von deren Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten – und erlebe eine spannende Zeit für richtige Männer. Unterstrichen wird dies durch die Aufmachung des Couponabschnittes, der mit »informiert sein« auf sich aufmerksam macht und im verbalen Register verdeutlicht, dass es für den Interessenten darum gehe, die eigene Zukunft zu planen und sich mit handfesten Tatsachen informieren zu lassen.
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BA-MA, Bw 1/102228, BwA/NwW vom 22.5.1974, Kontaktmesswerte der Einschaltung »dabei sein« von Slesina Bates 2/74.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
c) Die doppelt sichere Zukunft: Arbeitsplatz und Friede (1976-1980) Die zweite Hälfte der 1970er-Jahre steht in Hinblick auf die Slogans der Anzeigen unter dem Motto der doppelt sicheren Zukunft. Eine der zwischen 1976 und 1979 publizierten Anzeigenlinien war geprägt durch den Slogan »Der Frieden ist unser Auftrag« und warb in verschiedenen Aufmachungen. So beispielsweise in einer Anzeige, die mit »7.15 Uhr. 2 Mann. 36 Raketen« im Telegrammstil den Betrachter anzusprechen versuchte (Abb. 76a)267. Neben der visuellen Vermittlung von militärischen und zivilen Bildern unternimmt das verbale Register den deutlichen Versuch, Hemmschwellen zu reduzieren. Die Demoskopie hatte in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ausgemacht, dass gerade das große »Unbekannte« hinter den Kasernentoren manchen Bewerber abschreckte. Eigens um diese Hemmschwellen zu senken, ließ der IPStab Poster und Anzeigen schalten (Abb. 92). Auch der Hinweis auf die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung innerhalb der Kaserne oder außerhalb in der Stadt zielte darauf ab. Im Vergleich mit den Anzeigen der ersten Hälfte des Jahrzehnts ist in dieser jedoch das Argument der Aus- und Weiterbildung weit in den Hintergrund getreten. Neben den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung steht die rein militärische Ausbildung im Vordergrund, wie auch die beiden Fotografien im visuellen Register verdeutlichen. Einem ähnlichen Argumentationsmuster folgen zwei Anzeigen einer Sloganlinie, die drei Jahre später, 1979, erschienen (Abb. 77-78)268. Unter den Überschriften »Schweiß verbindet 00:45 Uhr Nachtmarsch« [sic] oder »Eintopf verbindet Erfolg macht hungrig« [sic] wird sowohl im verbalen als auch im visuellen Register in erster Linie an militärische und körperliche Herausforderungen appelliert, die an die männliche Erlebniswelt der Linie »dabei sein« erinnern. Während diese jedoch auch die Möglichkeit zur Aus- und Weiterbildung beinhaltete, findet dies hier weder visuell noch verbal Eingang in die Argumentation. Vielmehr versuchen diese Anzeigen, die militärischen Elemente zu betonen und die Bundeswehr als eine Gemeinschaft von erfolgreichen Soldaten zu präsentieren, die »die Aufgabe gemeinsam erfolgreich meistern«269. Über die Klischees von »Schweiß« und dem obligatorischen »Eintopf« greifen die Anzeigen tendenziell negative Aspekte der Bundeswehr auf und kehren sie über das nachzuvollziehende erfolgreiche Gemeinschaftserlebnis ins Gegenteil um. Die Bundeswehr wird in dieser Linie nicht als Ausbildungsstätte, sondern
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Abgedr. in: Der Spiegel, 30, Nr. 14 vom 29.3.1976. Die Anzeigen liegen vor in: BA-MA, Bw 1/114740 sowie BA-MA, Bw 1/114741. Aus dem Anzeigentext der Anzeige »Schweiß verbindet« in BA-MA, Bw 1/114740. Für diese Anzeige liegen Kontaktergebnisse vor. So scheint sie 1979 etwa 5140 Kontakte erzielt zu haben. Die meisten erreichte sie dabei in den Programmzeitschriften, Jugendzeitschriften und Illustrierten, die wenigsten in der »Soraya«- und Boulevardpresse. Siehe dazu BA-MA, Bw 1/114740, IPStab 3, Meinungs- und Motivforschung, Az.: 01-55-03-03, 21.4.1980.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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als Armee präsentiert, die mit sportlichen und erfolgreichen jungen Männern den gemeinsamen Auftrag – den Frieden zu sichern – erfüllt. Der Aspekt der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeit verschwand jedoch nicht aus den Anzeigen. Eine Linie weist mit ihrem zwischen 1974 und 1978 verwendeten Slogan »Bundeswehr – mehr als ein Job«270 bzw. »Bundeswehr – mehr als ein Job. Wir fordern und fördern271« erneut auf den Spagat in der Darstellung der Bundeswehr zwischen zivilvergleichbarer Arbeitsstelle und militärischer Großorganisation hin. Interessant ist zudem, dass ein Teil der Anzeigen dieser Linie völlig auf die Nutzung einer Fotografie oder Grafik verzichtete. Stattdessen wählten die verantwortlichen Werbeagenturen den Einstieg über eine provozierende Überschrift. Dabei spielte diese vermeintlich mit dem Klischee, dass nur »Zivilversager« zur Armee gingen und fragte »Warum gehen Leute mit gutem Lehrabschluß als ›Panzermann‹ für 12 Jahre zum Heer?« (Abb. 79) oder »Warum gehen erstklassige Elektriker als Soldat für 8 Jahre zur Elektroinstandsetzung des Heeres?« (Abb. 80). Diese provokant wirkende Frage, die als rhetorisches Stilmittel das Interesse des Lesers auf die Anzeige lenken sollte, wird im weiteren Verlauf der Anzeige direkt beantwortet. Dabei kommen im Text verschiedene Stilmittel zum Einsatz, die dem Interessierten das Gefühl vermitteln, einerseits gewollt und begehrt, also umworben zu sein, ihm andererseits aber auch nicht verheimlichen, dass er sich freiwillig für den Dienst in einer Armee melden soll. Einer Selbstaufwertung, die der Leser empfinden konnte – wir verlangen viel von Ihnen und nehmen nur die Besten, weil Sie mehr können – steht zudem eine abschließende Koketterie zur Seite: »Bei uns geht zwar vieles nach Befehl«272 spielte erneut auf ein Klischee an und sprach damit eine vermeintliche Hemmschwelle (Befehl und Gehorsam) an, die auf diese Weise verharmlost werden konnte, denn: »jedes Jahr ist ein Gewinn für Sie.« Damit schlägt das verbale Register von der provokant einleitenden Frage bis zum Ende des Anzeigentextes einen Bogen, der die Bundeswehr sowohl als eine technisierte und leistungsstarke Armee als auch als Ausbildungsstätte mit »Aufstiegs-Plan nach Maß« charakterisierte, die zudem in der Lage schien, selbstbewusst mit Kritik an ihrem System umzugehen. In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre wird die Präsentation von militärischem Großgerät in den Werbeanzeigen ein gewohntes Bild, wie es beispielsweise die Anzeige »Autofahren ist leichter. Aber nicht halb so exklusiv!«273 vom Sommer 1978 zeigt (Abb. 81). Die Anzeige denotiert im Hintergrundbild einen im Gelände fahrenden Kampfpanzer »Leopard«, aus dessen Kommandantenluke 270 271
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Anzeigen in: BA-MA, Bw 1/114741. Anzeigen in: Der Spiegel, 30, Nr. 28 vom 5.7.1976, Der Spiegel, 30, Nr. 31 vom 26.7.1976, Der Spiegel, 30, Nr. 33 vom 9.8.1976, Der Spiegel, 31, Nr. 15 vom 4.4.1977, Der Spiegel, 31, Nr. 18 vom 25.4.1977. Zur Konzeption siehe BA-MA, Bw 1/73645. Dorland, AnzeigenKonzept 1974 für Unteroffiziere vom 11.4.1974. Dieses und das folgende Zitat aus der Anzeige »Warum gehen Leute mit gutem Lehrabschluss als ›Panzermann‹ für 12 Jahre zum Heer?« in: Der Spiegel, 31, Nr. 15 vom 4.4.1977. Die Anzeige liegt vor in: BA-MA, Bw 1/114741.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
heraus ein Soldat die »Marschrichtung« angibt. Dies konnotiert neben Zerstörung und Gewalt auch Kraft, Dynamik und vor allem für den befehlenden Panzerkommandanten Macht. »Bundeswehr – mehr als ein Job« titelt der Slogan und zeigt damit, dass der Zielgruppe in diesen Jahren durchaus bewusst gewesen sein muss, dass die Bundeswehr zwar nicht nur, aber eben doch auch ein »Job« war. Hieraus jedoch zu folgern, die Bundeswehr hätte die Militarisierung der Jugend geplant, wie es Kritiker behaupteten274, scheint angesichts der hier dargelegten organisatorischen Hintergründe abwegig. Vergessen werden darf in diesem Zusammenhang nicht, dass die Nachwuchswerber mittlerweile ein »Produkt« verkauften, das sich eben auch über Kampfpanzer einzigartig definieren ließ und bei den Interessierten einen Erwartungshorizont evozierte. Die zunehmend militärisches Großgerät abbildenden Anzeigen haben aber auch noch einen anderen Hintergrund. Ende 1979 führte die Werbeagentur Dr. Hegemann einen Copy-Test der PR-Anzeige »Wir sind die Bundeswehr von morgen« durch. Das Ergebnis ist verblüffend: Der Test ergab, dass Bilder mit militärischem Inhalt sowohl von Männern und Frauen häufiger betrachtet wurden als solche mit »zivilem«. Das Fazit lautete, »daß ›militärisches‹ Bildmaterial die Bundeswehr attraktiver als ›ziviles‹ repräsentiert. Insbesondere Abbildungen von Gerät und Personal mit spontan erkennbaren militärischen Funktionen sind geeignet, die verbalen Aussagen über die Bundeswehr und ihre Aufgaben zu unterstützen und zu attraktivieren. [...] Wie auch immer interpretiert und beurteilt, stellt die größere Attraktivität des Militärischen ein Faktum dar, das es bei den werblichen Überlegungen zu berücksichtigen gilt275.« Angesichts dieser Aussage ist das Anzeigenmotiv mit dem Kampfpanzer »Leopard« geeignet, um die These »Werbung ist ein Spiegelbild der geistigen Verfasstheit einer Gesellschaft« kritisch zu hinterfragen. Die zunehmenden militärischen Motive und Texte in den Anzeigen können nicht darauf schließen lassen, dass die Gesellschaft militärischer geworden war oder der Bundeswehr völlig zustimmend gegenüber gestanden hätte. Vielmehr scheint die Bundeswehr gerade in den ausgehenden 1970er-Jahren in allen Gesellschaftsbereichen polarisiert zu haben. Dies äußerte sich nicht nur in kritischen oder apologetischen Schriften, das äußerte sich vor allem auch handfest, denkt man beispielsweise an die bürgerkriegsähnlichen Szenen während des Feierlichen Gelöbnisses im Bremer Weserstadion am 6. Mai 1980. Eine Dichotomie bilden auch die steigenden Kontaktzahlen einerseits und die steigenden Kriegsdienstverweigererzahlen andererseits. Vor allem darf bei der zunehmenden »Militarisierung« der Anzeigen nicht vergessen werden, dass ein weiterer Slogan dieser Jahre lautete: »Der Friede ist unser Auftrag«. Dieser stellte die Bilder der Waffensysteme in den Kontext der Friedenssicherung und versuchte somit die Bundeswehr im Rahmen des sich anbahnenden NATO-Doppelbeschlusses als Verteidigungsarmee zu legitimieren. 274 275
Wir produzieren Sicherheit. BA-MA, Bw 1/172669, Copy-Test PR-Anzeige »Wir sind die Bundeswehr von morgen.« Aufbereitung und Kommentar Dr. Hegemann ABH International GmbH, S. 5.
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Weitere Anzeigen, die den gesicherten Frieden in den Vordergrund stellten, erschienen im Jubiläumsjahr 1980 (Abb. 82-83)276. Der Slogan »25 Jahre gesicherter Frieden« fand Eingang in mehrere Anzeigenlinien, darunter eine ImageKampagne für Unteroffiziere der Werbeagentur Slesina Bates. Die Anzeigen präsentierten erneut die Bundeswehr vor einem teilweise militärischen Hintergrund, entweder als sicheren Arbeitgeber, wie die Überschrift »Ihr Arbeitsplatz Bundeswehr« zeigt, oder als Möglichkeit des sozialen Aufstiegs, wie im doppeldeutigen Slogan »Bundeswehr – Ihr Weg in eine sichere Zukunft«. Grundlegend waren jedoch für alle Anzeigen- und Werbelinien des Jubiläumsjahres die Anweisungen aus der Jahresplanung für die Öffentlichkeitsarbeit277. Demnach hatte sich die Öffentlichkeitsarbeit an den Leitthemen »gesicherte Verteidigungsfähigkeit«, »Bundeswehr als Teil der Gesellschaft« und »Einsatzbereitschaft« zu orientieren. Für die Nachwuchswerbung lag zu Beginn der 1980er-Jahre angesichts rückläufiger Bewerberzahlen und absehbar geburtenschwacher Jahrgänge das besondere Augenmerk auf der Werbung längerdienender Soldaten. Für die Entwicklung einer neuen Image-Linie liegt ein Konzept der Agentur Slesina Bates vor278. Dabei ging diese von der Prämisse der Bundeswehr aus, in den 1980er-Jahren vor erheblichen Personalproblemen zu stehen, und schlug deshalb vor, eine Unteroffizier-Image-Kampagne zu starten. Sie sollte erreichen, »daß in der breiten Öffentlichkeit ein Arbeitsplatz bei der Bundeswehr gegenüber einem Zivilberuf als absolut gleichwertig eingeschätzt wird, wie dies bei der Offizierlaufbahn bereits jetzt weitgehend der Fall ist279.« Daher sei das zu vermitteln, was die Bundeswehr als Arbeitgeber zu bieten habe: »Die Sicherheit eines der größten ›Unternehmen‹ Deutschlands. Eine außergewöhnlich gute und vielseitige Ausbildung. Moderne, hoch technisierte Arbeitsplätze. Verantwortungsvolle Positionen in kürzester Zeit. Bemerkenswerte soziale Sicherheit. Ein menschliches und kameradschaftliches Klima280.« Bemerkenswert, aber auch typisch für die Anzeigenlinien der 1970er-Jahre ist der handschriftliche Hinweis der verantwortlichen Werber im IPStab, dass die Bundeswehr nicht allein als »Arbeitgeber« darzustellen sei, sondern, wie es »offizielle politische Forderung« wäre, eine ideelle politische Komponente und ein soldatisches Image in den Anzeigen mit anklingen zu lassen. Hier sind Reflexe aus den Forderungen der Jahresplanungen für die Öffentlichkeitsarbeit eindeutig. Interessant ist auch zu sehen, dass die im Entwurf vorliegenden Anzeigen beinahe alle eins zu eins in Anzeigen umgesetzt wurden.
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Solche Anzeigen liegen vor in: BA-MA, Bw 1/114740, BA-MA, Bw 1/114741 und BA-MA, Bw 1/114760. BA-MA, Bw 1/114987, IPStab, Az.: 01-54/01-55/01-56, 26.10.1979. BA-MA, Bw 1/114740, Slesina-Bates, Bundeswehr Basiswerbung 1980, Anzeigenkampagne für die Unteroffiziers-Nachwuchswerbung, Frankfurt 4.3.1980. Ebd., o.S., Ausblick in die 1980er-Jahre. Ebd., o.S., Die Ausgangssituation.
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
d) Abstrakt, abstrakter: Plakate im Zeichen der Nachrüstung Nicht nur über Werbeanzeigen präsentierte sich die Bundeswehr in diesem Jahrzehnt, sondern auch über Plakate. Diese dienten etwa seit Mitte der 1960erJahre nicht mehr unmittelbar der Freiwilligenwerbung, sondern offenbar der Illustration verschiedener Anlässe281. Da sie aber dennoch weiterhin ein Bild der Bundeswehr in die Öffentlichkeit transportierten und zudem meist als Ankündigungsplakate von Werbeausstellungen der Bundeswehr dienten, soll hier kurz auf sie eingegangen werden. Für die 1970er und frühen 1980er-Jahre konnten drei Plakatlinien identifiziert werden, die jeweils die drei Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine abbildeten282. Die erste, auf das Jahr 1972 datierte Linie zeigt im verbalen Register jeweils »Unsere Luftwaffe«, »Unsere Marine« bzw. »Unser Heer« vor einem collageartigen Hintergrund, über den Carl Hundhausen in seinem Gutachten über die Nachwuchswerbung urteilte, es sei malerische Motivverschwendung, bei der kein Zweck erkennbar sei283 (Abb. 84-86). Die Bilder der Plakate wirken gezeichnet, bzw. gemalt. Als Vorlage dienten Fotografien. Jede der drei Collagen ist wiederum mit einem Soldatenporträt im Vordergrund versehen. Im Hintergrund finden sich jeweils Zusammenstellungen militärischen Großgeräts, was auf den Zusammenhang mit den Werbeausstellungen »Unser Heer«, »Unsere Marine« und »Unsere Luftwaffe« hinweist. Die im Vordergrund gezeigten Soldaten transportieren vor den Detailabbildungen die Hauptbotschaft. Die drei Männer verkörpern unterschiedliche positive Attribute. Sie wirken alle freundlich, sie lächeln und weisen weiche Gesichtskonturen auf. Dabei strahlt der Luftwaffensoldat neben Selbstsicherheit Verantwortungsbewusstsein und Ernsthaftigkeit aus. Der Heeressoldat hingegen ist offener und wärmer, der Matrose zudem sogar mit einem Hauch Überschwang in seiner Mimik versehen. Es erinnert an den Topos der »Blauen Jungs« an das »Mehr erleben, das Meer erleben ...« und das Abenteuer und die Romantik zu See. Auf diese Weise konnte der visuelle Eintritt in die Plakate mögliche Ressentiments abbauen helfen, bzw. die positive Vorstellung bestärken: Die Bundeswehr besteht nicht aus »Kommissköpfen«, sondern aus freundlichen und selbstbewussten jungen Männern. Der Hintergrund der Plakate hingegen zielte in jedem Fall auf die technische Ausrüstung und auch auf ihren Einsatz ab. Damit wurde vor allem die Technikbegeisterung, die Faszination militärischen Großgerätes, aber auch Motive von Abenteuer und die Erlebniswelt »Mann« angesprochen. Dass von diesen Aspekten aber in erster Linie die Technikbegeisterung avisiert wurde, zeigt die 281 282
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Siehe Kapitel IV.4.b. Die Plakatvorlagen stammen als Dia aus dem Bestand des SKA/IMZBw. Sie sind dort auf die Jahre 1972, 1978 und 1982 datiert. Diese Jahresangaben bleiben kritisch zu hinterfragen. Abzüge im Besitz des Verfassers. BA-MA, Bw 1/194852, Eine neue öffentliche Meinung über die Bundeswehr und in der Bundeswehr ist notwendig, 12.11.1972, S. 10.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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Tatsache, dass in drei Plakaten sechs Mal der Aspekt des Fliegens hervorgehoben wurde. Während dies bei der Luftwaffe eine Normalität darstellt, wurden aber auch bei Heer und Marine die Fliegerei der Truppengattungen, wie Marine- oder Heeresflieger, besonders hervorgehoben. Somit sprachen diese Plakate in der Regel Besucher der Werbeausstellungen an, also Menschen, deren Bezug zur Bundeswehr als wohlwollend zu bezeichnen ist, und vermittelten das Bild einer menschlich freundlichen, fachlich kompetenten und technologisch modernen Bundeswehr. Einen anderen Ansatz wählten die Plakate, die Ende des Jahrzehnts erschienen284. Vor einem weißen Hintergrund umrandet der Schriftzug »Unsere Luftwaffe« oder »Unsere Marine« (Abb. 87-88) kreisförmig eine Fotografie. Von diesem visuellen Register geht die Hauptbotschaft aus. Im Vergleich zu den vorherigen Plakaten tritt hier jedoch der Aspekt der Militärtechnologie weit in den Hintergrund. Im Vordergrund sind jeweils ein Soldat und eine Frau in zivil abgebildet, wobei er ihr, durch eine Armbewegung verdeutlicht, vermeintlich seine Teilstreitkraft erklärt. Warum dieses patriarchalisch anmutende Bildmotiv gewählt wurde, ist aus den Akten heraus nicht nachzuvollziehen. Auch bleibt zu hinterfragen, ob diese Plakate tatsächlich für die Werbewanderausstellungen der Teilstreitkräfte warben, da die abgebildete Technik auf ein Minimum reduziert ist. Einen Höhepunkt der Abstraktion des Gegenständlichen bieten die hier abschließend vorgestellten Plakate, die Anfang der 1980er-Jahre aufgelegt wurden (Abb. 89-91). Sie verkörpern erneut die drei Teilstreitkräfte, verzichten dabei jedoch völlig auf jedweden personellen oder technischen Zusammenhang. Für den Betrachter war eine besondere Transferleistung notwendig, die er ohne die Verankerung des visuellen durch das verbale Register nicht hätte leisten können. So denotieren die visuellen Register gezeichnete Grafiken, die als Wellen, Wolken und Hecken wahrgenommen werden müssen. Die Verbindung des jeweiligen Schriftzuges wie beispielsweise »Heer« mit dem Ikon »grüne Hecke« legt nahe, dass sich hier tatsächlich hinter den Hecken Heeressoldaten vermuten lassen. Dabei ist die Linie wohl nicht auf die Aussage der besonderen Tarnfähigkeit der Soldaten hin angelegt, sondern verweist tatsächlich auch auf gesellschaftliche Umstände. Seit Ende der 1970er, Anfang der 1980er-Jahre stand der so genannte NATO-Doppelbeschluss im Raum. Die Konfrontation zwischen den Blöcken hatte sich verschärft. Der Westen führte Abrüstungsverhandlungen, die letztlich bei ihrem Scheitern 1983 zum Nachrüstungsbeschluss und somit zur atomaren Aufrüstung in Westeuropa und in der Bundesrepublik Deutschland führten. In diesen Jahren erfuhr das Verhältnis von Gesellschaft und Bundeswehr eine erneute Zuspitzung und Polarisierung, was sich nicht nur an gewalttätigen Protesten wie in Bremen, sondern auch in Großdemonstrationen äußerte, denen sich auch Soldaten, vor allem Reservisten, anschlossen. 284
Es liegen im Archiv des SKA/IMZBw die Motive für Luftwaffe und Marine vor. Abzüge im Besitz des Verfassers.
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So scheinen diese Plakate, die ein verharmlosendes, vielleicht sogar »niedliches« Bild der Bundeswehr präsentierten, mehr als andere Plakate dieser Jahre nicht nur gesellschaftliche Vorbehalte zu berücksichtigen, sondern gleichzeitig Ausdruck der Spannungen Anfang der 1980er-Jahre zu sein. Zu bedenken bleibt aber auch, dass gerade diese, an ein Comic erinnernde Darstellungsform in jenen Jahren weit verbreitet gewesen ist und als Einflussgröße der Bildgestaltung berücksichtigt werden muss.
e) Zwischenresümee Nachdem die Anzeigenwerbung zu Beginn der 1970er-Jahre den Ausbildungscharakter der Bundeswehr stark betonte, wurde schon ab 1973 mit der Linie »Top-Job« der für dieses Jahrzehnt charakteristische Zweiklang in den Werbeaussagen deutlich. Obwohl gerade in dieser Linie vom »Job« und also nicht von einer Berufung gesprochen wurde, verdeutlichte der Slogan »Offizier: Auftrag und Aufgabe« den normativen Ansatz. Diese »Kombination von militärischer und zivilberuflicher Ausbildung«285 zieht sich durch die Anzeigenlinien der 1970er-Jahre und bleibt auch bis in die 1980er-Jahre hinein signifikant. Sowohl die Aussagen der »Kritiker von Links« als auch die der »Kritiker von Rechts« scheinen somit überspitzt und für die jeweilige Argumentation instrumentalisiert. Im Grunde handelt es sich bei diesen Anzeigen um Variationen eines Themas. In der Regel haben die bildlichen Darstellungen in Verbindung mit einer markanten Überschrift das Interesse des Betrachters zu wecken und diesen zum Lesen des weiteren Anzeigentextes zu animieren. Ob der Einstieg in die Anzeige dabei beispielsweise über Emotionen oder Provokationen geschieht, ist zweitrangig. Festzustellen bleibt, dass die Bilder innerhalb der Text-BildKomposition neben dieser Einstiegsfunktion in der Regel auch als Hintergrund fungierten und die Bundeswehr entweder vor einer militärischen, einer sportlichen oder einer ausgesprochen zivil anmutenden Folie präsentierten. Die beiden Register sind gerade in Hinblick hierauf häufig miteinander verankert und beschreiben bzw. illustrieren sich gegenseitig. Für die 1970er-Jahre kann festgehalten werden, dass vor allem die erste Hälfte eindeutig unter dem Eindruck der Ausbildungs- und Bildungsreform der Streitkräfte stand. Dabei nutzte die Werbung diese neuen faktischen Anreize und warb mit ihnen. Auch hier ist zu erkennen, dass nicht die Werbung als solche, sondern vielmehr ihr Inhalt ausschlaggebend gewesen ist. In diesem Sinne ist die Nachwuchswerbung seit 1970 Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr gewesen und nutzte in ihren Kommunikationsversuchen die Möglichkeit, nicht nur um Nachwuchs zu werben, sondern auch die Einstellung sowohl der Zielgruppe als auch die der Meinungslenker gegenüber der Bun285
BA-MA, Bw 1/113877, IPStab 3, Az.: 01-55-00, 16.5.1978, Jahresbericht 1977 der Nachwuchswerbung der Bundeswehr, S. 4.
V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
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deswehr zu verbessern. Die Verantwortlichen der Nachwuchswerbung betonten dabei aber immer, dass es nicht darum gehen konnte, diese Personengruppen im Sinne einer totalitären Propaganda zu lenken. Vielmehr ging es ihnen darum, mit einem Repertoire an faktischen Anreizen (Abfindungssummen, Ausbildungsvorteile, sozialer Aufstieg, berufliche Absicherung) als auch emotionalen (Sport, Abenteuer, Romantik, Mann-Sein, Technik) realistische Informationen zu vermitteln, so dass die Bundeswehr für den potenziellen Bewerber interessant werden konnte. Die Entscheidung des Einzelnen sollte weder durch Druck noch durch unterschwellige Botschaften erzwungen werden. Vielmehr stellten vor allem die Anzeigen den ersten Schritt dar, sich mit der Bundeswehr auseinanderzusetzen und sie als eine Möglichkeit der Berufsausübung zu akzeptieren. Wenn die Anzeige dies erreicht hatte, lag der folgende Schritt, sich weitergehende Informationen zu beschaffen, ausschließlich in der Hand des Betrachters, sprich in der Hand des potenziellen Bewerbers. Einen Masterplan in den Anzeigenlinien der 1970er-Jahre gab es nicht. Die Entwicklung orientierte sich vielmehr kurzfristig entweder an neuen Vorgaben aus dem Ministerium (Bildungsreform) oder an Ergebnissen der Meinungsund Motivforschung. Anzeigenlinien hatten in der Regel eine »Lebensdauer« von etwa zwei, manchmal auch drei Jahren. Neue Linien wurden meistens erst zu Ende der Vertragslaufzeit einer Agentur oder aber am Ende der Laufzeit einer Linie entworfen. Von einer langfristigen Motivplanung zu sprechen, erscheint nicht möglich. Die Anzeigenlinien wurden vielmehr kurzfristig geplant und hatten eine höchstens als mittelfristig zu bezeichnende Lebensdauer. Im Gegensatz dazu ist in der Organisation und vor allem in der Konzeption der Nachwuchswerbung eine langfristige Methode zu finden. Das seit Ende der 1960er, Anfang der 1970er-Jahre der AIDA-Formel folgende, stufenweise aufgebaute Ablaufschema verdeutlicht den Stellenwert der Anzeige als Bild-TextKomposition. Sie bildet die erste Stufe der Werbung ab, die Aufmerksamkeit auf die Bundeswehr lenken soll. In einem zweiten Schritt lag es bereits am Interessenten, sich weitergehende Informationsmaterialien zuschicken zu lassen, um sich in einem letzten Schritt zu bewerben. Den Bildern und Anzeigen kam also in erster Linie die Funktion eines »Marktschreiers« zu, der die Leute an den »eigenen« Marktstand zu locken hatte. Das Bild, das diese »Marktschreier« dabei transportierten, prägte allerdings das Meinungsbild vieler bis weit in die 1990er-Jahre hinein und zeugt von einer weitgehenden Normalisierung im Verhältnis der Bürger zu ihren Soldaten. Die Bundeswehr war in erster Linie zu einem akzeptierten Ausbildungsund Arbeitsplatz geworden, der eben nicht mit der »Bundespost« oder der »Deutschen Bahn« vergleichbar war. Die seit Ende der 1970er-Jahre häufiger auftretenden militärischen Bildinhalte lassen dabei weniger auf die Absicht der Bundeswehr schließen, die Gesellschaft zu militarisieren, als vielmehr darauf, die bei Anzeigen so wichtige erste Aufmerksamkeit am Besten mit solchen Mo-
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V. Die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit
tiven zu erreichen, »die die militärischen Aufgaben der Bundeswehr sichtbar machen«286. Die Bundeswehr war Ende der 1970er-Jahre für einen Teil der Bevölkerung eine sich selbstbewusst präsentierende, technisch moderne Armee, die einem jungen Mann für eine gewisse Zeit Bestätigung und Herausforderung bot, ihn gut entlohnte und mit einer möglichen Ausbildung für den zivilen Arbeitsmarkt »fit« machte. Wichtig war dabei, dass die faktischen Anreize vor der Folie eines weiterhin postheroischen und bürgerlichen Soldatentyps präsentiert wurden.
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BA-MA, Bw 1/172669, IPStab 3, Meinungs- und Motivforschung vom 12.5.1980.
VI.
»Bundeswehr – eine starke Truppe«: Ausblick in die 1980er-Jahre (1981-1989/90)
Soweit es die vorliegenden Quellen erlauben, soll abschließend ein Ausblick in die Nachwuchswerbung der 1980er-Jahre gewagt werden, um den Überblick über die Entwicklung der Nachwuchswerbung der Bundeswehr bis zur Deutschen Einheit 1990 abrunden zu können. Vieles spricht dafür, dass sich die Arbeitsweise des IPStabes in den 1980er-Jahren im Vergleich zu den 1970er-Jahren nicht wesentlich veränderte. Grundlage für die Anzeigenwerbung blieben demoskopische Umfragen und sozialwissenschaftliche Untersuchungen im Zusammenspiel mit der intensiven Auswertung der gestreuten Werbemittel und der genutzten Werbeträger1. Zudem fanden weiterhin die Daten der Personalentwicklung Eingang in die Planungen des IPStabes2. So darf davon ausgegangen werden, dass sich beispielsweise die Erkenntnis einer »Jugendlichenstudie« 1980 in der Jahresplanung für die Öffentlichkeitsarbeit 1981 spiegelt. Die Studie stellte fest, dass die Motivation zur Verpflichtung als Zeitsoldat weiterhin überwiegend durch »die zivilberufliche Perspektive bestimmt« 3 werde. Die Jahresplanung legte dementsprechend folgende Aussagen für die Nachwuchswerbung fest: »Der Arbeitsplatz Bundeswehr – ist sicher, – ist interessant, – bildet zivilberuflich weiter, – bietet eine sinnvolle Aufgabe im Dienst der Friedenssicherung4.« Diese Vorgaben für die Nachwuchswerbung blieben bis 1984 gültig 5. Die Anzeigen sollten nicht in erster Linie dem Zweck der Bewerbung dienen. Vielmehr hatten sie nach wie vor Interesse zu wecken und die Anforderung
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BA-MA, Bw 1/114741. Inhaltliche und formale Kriterien in den Anzeigen aus Zielgruppensicht, August 1980. BA-MA, Bw 1/157964; BA-MA, Bw 1/157984; BA-MA, Bw 1/194854. BA-MA, Bw 1/114731, IPStab 3. Meinungs- und Motivforschung vom 15.4.1981. Jugendlichenstudie 1980, S. 2. BA-MA, Bw 1/114982, IPStab 24.9.1980. Jahresplanung des IPStabes für das Jahr 1981, S. 4. BA-MA, Bw 1/285647, IPStab 3. Az.: 01-55-06-01, 16.1.1984.
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VI. »Bundeswehr – eine starke Truppe«
von Informationsmaterial sowie die persönliche Kontaktaufnahme anzuregen. Darüber hinaus sollten sie »die Bundeswehr im Gedächtnis halten, da Berufsentscheidungen sehr früh fallen und den starken Außeneinwirkungen, denen der Jugendliche ausgesetzt ist, entgegengearbeitet werden muß6.« Unverändert blieb auch, dass die Nachwuchswerbung versuchte, ihre Zielgruppe dort »abzuholen«, wo sie anzutreffen war. So wie Anfang der 1970er-Jahre die Big Band der Bundeswehr gegründet oder in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts die Jugendzeitschrift der Bundeswehr »infopost« entwickelt wurde und 1980 erstmals Werbekurzsendungen im Radio 7 gesendet wurden, so nutzte die Nachwuchswerbung der 1980er-Jahre Werbeträger wie Aufkleber und Buttons, die aus der Jugendkultur hervorgegangen waren. Auffällig sind die Motive, die dort im Zuge von Nachrüstungsdebatte, Friedensdemonstrationen und Ostermärschen präsentiert wurden8. Unter den Slogans von »Bundeswehr – ganz schön auf Draht« oder »Bundeswehr – ganz schön auf Zack« wurden Tiere wie Igel, Spatz, Elefant und Giraffe in Comicform als Sinnbilder für Attribute wie Wehrhaftigkeit, Übersicht, Cleverness und Stärke genutzt (Abb. 93-96). Dass die Nachwuchswerbung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit hiermit auch auf die Bevölkerung reagierte, ist offensichtlich. Hier wurde der Versuch unternommen, ein »friedliches«, z.T. vielleicht gar »niedliches«, gleichzeitig aber über die Doppeldeutigkeit der durch die Tiere verkörperten Attribute auch ein wehrhaftes und zugleich sympathisch konnotiertes Bild der Bundeswehr zu zeichnen. Auch scheint die Absicht, die Bundeswehr weiterhin sowohl als Arbeitgeber als auch als Armee im Dienste der Friedenssicherung zu präsentieren, mit der Linie »Herausforderung Bundeswehr« und dem Slogan »Die Bundeswehr – Hundert Chancen und ein Ziel: der Friede« 9 (um 1981/85) und »Beweis Dir selbst was in dir steckt«, »Bundeswehr – der andere Arbeitsplatz« 10 (um 1985/86) weiter fortgeführt worden zu sein11. In die gleiche Richtung argumentierte die Linie »Die Bundeswehr – Wir machen uns für 6 7
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Ebd., S. 2. BA-MA, Bw 1/114742, IPStab 3. Meinungs- und Motivforschung vom 7.5.1981. Werbesendungen bei Radio Luxemburg 1980. Demnach wurden 26 Werbekurzsendungen von jeweils drei Minuten Dauer gesendet. Die in die Ausstrahlung gesetzte Erwartung wurde nicht erreicht, die Sendungen lösten keinen einzigen neuen Kontakt aus. Siehe ebd. das Schreiben SKA, Abteilung 1, Gruppe Nachwuchswerbung vom 3.3.1981. Erfolgskontrolle der Nachwuchswerbung in Radio Luxemburg. BA-MA, Bw 1/285656. Siehe die Jahresplanung für 1982 in: BA-MA, Bw 1/114718, IPStab 3. Az.: 01-55-02, November 1981, S. 2. Auch: BA-MA, Bw 1/285648. Anzeigen in: BA-MA, Bw 1/172655; BA-MA, Bw 1/172656; BA-MA, Bw 1/172657; BA-MA, Bw 1/172658; BA-MA, Bw 1/172659; BA-MA, Bw 1/172660; BA-MA, Bw 1/172661; BA-MA, Bw 1/172662; BAMA, Bw 1/172663. Siehe hierzu BA-MA, Bw 1/285689. Auch: BA-MA, Bw 1/285549. Zu den Zielen der NwW ab 1981 siehe: BA-MA, Bw 1/114717, IPStab 3, Az.: 01-55-0001, 11.11.1980. Grundsätze, Ziele und Methoden der Nachwuchswerbung.
VI. »Bundeswehr – eine starke Truppe«
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Ihre Zukunft stark« (um 1986/88) (Abb. 97-99). Diese Kampagne hatte zum Ziel, »den Arbeitsplatz Bundeswehr aus immer neuen und ungewöhnlichen Blickwinkeln darzustellen und damit Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe zu wecken12«, was sie gemäß der Resonanzmessungen wohl auch erreichte. Auswirkungen auf die Durchführung der Werbung, vor allem auch im Bereich der Anzeigen, hatte der seit etwa 1980 stark rückläufige Werbeetat. So sank die Zahl der jährlich verwendeten Motive, die in den 1970er-Jahren zwischen 25 und 30 lag, auf unter zehn in den 1980er-Jahren. Auch die Zahl sonstiger Publikationen verringerte sich13, die letzten nachzuweisenden Ankündigungsplakate stammen aus der Mitte des Jahrzehnts (Abb. 100 bis 102). In dieser Situation sollte ab 1981 ein modifiziertes Werbekonzept wirksam werden, dessen Schwerpunkte die Anzeige, die Druckschrift sowie die dezentrale Werbung über die TSK, die Truppe und die Bundeswehrverwaltung bilden sollten. Für die Anzeigengestaltung bedeutete dies eine Maximierung ihrer Ergebnisse unter der Prämisse, dass die Anzeige gut sichtbar platziert, psychologisch wirksam und in einem permanent identischen Erscheinungsbild präsentiert werden müsse14. Eine Belebung des Werbegeschäfts brachte Mitte der 1980er-Jahre eine Neuordnung der »dezentralen Werbung« 15, d.h. der Werbung durch die Truppe, aber auch die Einführung neuer, zeit- und jugendgerechter Medien belebte die Nachfrage. Daher war das Jahr 1986 in doppelter Hinsicht von besonderer Bedeutung: Zunächst wurde der seit Anfang des Jahrzehnts rückläufige Werbeetat auf 13 Millionen DM aufgestockt, ferner wurden offenbar verschiedene Pilotprojekte »Neue Medien« gestartet, mit denen man sich die Erschließung der Fernseh- und Kinowerbung erhoffte16. Eine Änderung in den Werbeaussagen will Klauser seit einer Klausurtagung 1988 feststellen. Für ihn ist die Zusammenkunft, zu der u.a. Meinungs- und Jugendforscher geladen waren, der Moment, in welchem mit »Bundeswehr – Eine starke Truppe« ein neues »Werbekonzept«17 geschaffen worden sei 18. Auch wenn hier kein umfassend neues Werbekonzept, son-
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BA-MA, Bw 1/285688, IPStab 3, Az.: 01-55-06/01, 22.6.1988. BA-MA, Bw 1/114718, IPStab 3, Az.: 01-55-02, November 1981. Auch: BA-MA, Bw 1/114717, IPStab 3. Az.: 01-55-00-01, 11.11.1980. Grundsätze, Ziele und Methoden der Nachwuchswerbung, S. 2. BA-MA, Bw 1/114717, IPStab 3. Az.: 01-55-00-01, 11.11.1980. Grundsätze, Ziele und Methoden der Nachwuchswerbung, S. 2. Siehe auch: BA-MA, Bw 1/285636. Dort die »Richtlinien für die Gestaltung von Kommunikationsmitteln der Bundeswehr«. Grundsatzweisung für die Nachwuchswerbung im Heer vom August 1985. Siehe Ablage SKA/IMZBw. SKA Abteilung I, Gruppe Nachwuchswerbung. Az.: 01-55-01-05, 2.2.1987, S. VIII. Kopie im Besitz des Verfassers. Ablage SKA/IMZBw. SKA Abteilung I, Gruppe Nachwuchswerbung, Az.: 01-55-01-05, 2.2.1987, S. VII. Kopie im Besitz des Verfassers. Klauser, Eine starke Truppe, S. 269. Den Vorgang siehe in: BA-MA, Bw 1/285688.
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VI. »Bundeswehr – eine starke Truppe«
dern eher eine neue Linie entwickelt wurde, verdeutlicht das bei Klauser betonte Vorgehen eine Kontinuität der Werbe- und Anzeigenentwicklung, die auf den Ergebnissen demoskopischer Umfragen in Zusammenarbeit zwischen dem IPStab, dem SKA und der Werbeagentur McCann-Erickson basierte. Interessanter erscheint, dass die Umfragen offenbar einen »verbreiteten Hedonismus« 19 innerhalb der Zielgruppe ausmachten, dem sich in der Konzeption mit »Bundeswehr – Eine starke Truppe« angepasst werden sollte (Abb. 103-105)20. Deutlich wird, dass die Grundlinie der Anzeigen einen Reflex auf die angenommene Haltung der Zielgruppe darstellte. Da es den jungen Menschen vermeintlich um Erlebnisse wie Kameradschaft, Natur, Sport und Reisen ging, zielte der Slogan zusammen mit der Anzeigengestaltung, in der vor allem das Bild wirken sollte, auf diese Erlebniswelten und –werte ab21. Zu dem selben Schluss kommt auch Karin Knop, die gerade für die 1980er-Jahre eine »vorherrschend hedonistische Grundeinstellung« 22 beschreibt, die von der Werbeindustrie aufgegriffen worden sei. Besonders diese Feststellung bestärkt mich aber einmal mehr in der Annahme, dass das präsentierte Soldatenbild viel eher das Ergebnis einer sich am Zielgruppenverhalten orientierenden Motivforschung darstellte, als dass es auf Vorstellungen aus dem BMVg zurückgegangen wäre. Klauser bietet zudem einen wesentlichen Hinweis, wenn er für den Slogan »Bundeswehr – Eine starke Truppe« darauf aufmerksam macht, das »Stark« in der Jugendsprache der späten 1980er-Jahre soviel wie »sehr gut« oder »toll« bedeutete und somit ein Wortspiel vorliegt, das eigentlich aber nur dem Zeitgenossen bekannt sein konnte. Dies verdeutlicht für das verbale Register noch einmal recht beeindruckend, was wir vorher für das visuelle Register angemerkt haben: Dass es für die Decodierung verbaler wie visueller Zeichen unabdingbar ist, die historischen Codes des Untersuchungszeitraums zu kennen, denn erst deren Kenntnisse lassen Bilder »sprechen«. Mit der Werbelinie »Bundeswehr – Eine starke Truppe«, die wohl auch filmische Verbreitung fand, wurde eine nicht bedrohliche, sondern vielmehr »sympathische und im Umgangsstil lockere, gleichwohl leistungsbereite und offenbar leistungsfähige, wohl am Rande auch militärische23«
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Klauser, Eine starke Truppe, S. 270. Diese Werbeanzeigen stammen aus BA-MA, Bw 1/285688. Ablage SKA/IMZBw. SKA. Gruppe Nachwuchswerbung. Jahresbericht 1988 über die zentrale Nachwuchswerbung im Streitkräfteamt, Stand: 3.1.1989, S. 25. Kopie im Besitz des Verfassers. So auch immer wieder in: BA-MA, Bw 1/285688. Siehe IPStab 3. Az.: 0155-06/01, 17.10.1988. Dort heißt es: »Das Bild soll vermitteln, daß man bei der Bundeswehr – im Unterschied zu zivilen Arbeitgebern – gemeinsam mit Kameraden etwas erleben und sportliche Herausforderungen meistern kann.« Knop, Zwischen Campari-Kunstwelten und Reisen ins Marlboro-Land, S. 210. Klauser, Eine starke Truppe, S. 280.
VI. »Bundeswehr – eine starke Truppe«
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Bundeswehr vermittelt. Damit leistete diese Linie einen Beitrag im Zuge der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. So brachten zwei im November und Dezember 1990 geschaltete Anzeigen insgesamt 17 000 Kontakte, von denen über 9500 aus den neuen Bundesländern stammten. Obwohl nach der Wiedervereinigung 1990 die Zielgruppe der Nachwuchswerbung um etwa 25 Prozent angewachsen war, führte dies nur zu kurzfristigen Steigerungen der Kontaktzahlen. Schon im Sommer 1991 wurde, auch unter Einfluss des Golfkrieges24, mit rückläufigen Bewerberzahlen gerechnet25. Es scheint für die 1980er-Jahre diejenige Maxime zu gelten, deren Grundstein schon im Jahrzehnt zuvor gelegt wurde: »Alle Aktionen der NwW unterliegen a) vorheriger Lagefeststellung und b) begleitender bzw. anschließender Erfolgskontrolle, so daß ein fester Zusammenhang von Forschung, Durchführung und Kontrolle gesichert ist26.« Die auch in den 1980er-Jahren durchgängig postheroisch gestalteten Plakatund Anzeigenmotive der Nachwuchswerbung der Bundeswehr lassen als öffentlich verbreitete Soldatenbilder nicht nur Rückschlüsse auf das Verhältnis von Armee und Gesellschaft in den ersten vier Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland zu. Sie künden zudem von einem neuen politischen und gesellschaftlichen Selbstverständnis. Sie stehen nicht nur stellvertretend »für den betont zivilen politischen Stil der neuen Republik27«, sondern können als Exponenten des politologischen Konzepts von Zivilmacht verstanden werden28. Verkörpern aggressive Bilder der Wehrmacht ein politisches und teilweise auch gesellschaftliches Verständnis einer expansiven Militärmacht, so spiegelt das Gesicht der Bundeswehr eben auch die historischen Lernprozesse aus Erstem und vor allem Zweitem Weltkrieg wider. Diese Soldatenbilder stehen bis zur Wendezeit für das Rollenverständnis bundesdeutscher Außenpolitik als einer Zivilmacht und somit der Entlegitimierung militärischer Gewalt29. Auf diese Weise verbindet die hier gewonnene historische Erkenntnis die politologischen Konzepte der Zivilmacht und des postheroischen Gesellschaftsbegriffs30 und offenbart so einen Teil des Verhält-
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Hier ist der so genannte 2. Golfkrieg zwischen 1990 und 1991 gemeint. Nachdem 1990 irakische Truppen nach Kuwait einmarschiert waren, beendete eine Militärallianz unter Führung der USA die Annexion 1991. Ablage SKA/IMZBw. SKA Abteilung I, Gruppe Nachwuchswerbung, Az.: 01-55-01-05, 19.6.1991. Jahresbericht über die zentrale Nachwuchswerbung im Streitkräfteamt, S. 29. Kopie im Besitz des Verfassers. Oldhaver, Öffentliche Meinung in der Sicherheitspolitik. BA-MA, Bw 1/114717, IPStab 3. Az.: 01-55-00-01, 11.11.1980. Grundsätze, Ziele und Methoden der Nachwuchswerbung, S. 3. Frei, Die Besatzungsherrschaft als Zäsur?, S. 784. Maull, Zivilmacht, S. 771-786. Ebd., S. 776. Zur postheroischen Gesellschaft siehe Münkler, Der Wandel des Krieges, S. 310-354.
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VI. »Bundeswehr – eine starke Truppe«
nisses von Armee, Staat und Gesellschaft in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte.
Abb. 93-96: Werbeaufkleber der Bundeswehr aus der ersten Hälfte der 1980-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 92: Werbeposter »Kaserne« SKA/IMZBw
Abb. 98: Werbeanzeige 1986 SKA/IMZBw
Abb. 97: Werbeanzeigen 1980 SKA/IMZBw
Abb. 100-102: Ankündigungsplakate zu den Wanderausstellungen der Bundeswehr Mitte der 1980-Jahre SKA/IMZBw
Abb. 99: Werbeanzeige 1988 SKA/IMZBw
Abb. 103-105: Werbeanzeigenlinie »Eine starke Truppe« 1988 SKA/IMZBw
VII. Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee Das Werben von Soldaten, das Bemühen um freiwillig länger dienende Männer war in deutschen Streitkräften bis 1945 Aufgabe der jeweiligen Truppe. Die Ursprünge hierfür sind in der Frühen Neuzeit zu suchen. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich ein Brauchtum, das auch den Begriff der Werbung militärisch festlegte: der Vorgang der Gewinnung von freiwillig dienenden Soldaten. Dieses Werbeverständnis wandelte sich erst mit der Etablierung der Reklame in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit ihr hielt ein ökonomisch geprägtes Verständnis des Begriffs Werbung Einzug in den Sprachgebrauch. Dieser Wandel machte sich auch in der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr bemerkbar. Auf diesem Feld gelang es der Bundeswehr, unbewusst mit dem Brauchtum der überlieferten Soldatenwerbung zu brechen und eine in der deutschen Militärgeschichte neue Form der Freiwilligenwerbung zu etablieren, indem sich ein Referat im Verteidigungsministerium zentral um die Freiwilligen bemühte. Organisationsgeschichtlich kristallisieren sich für den Untersuchungszeitraum (1956-1980/89) im Wesentlichen drei Phasen heraus. Die erste Phase (1956-1960) war geprägt durch die Schaffung einer provisorischen Arbeitsstruktur, um die notwendige Freiwilligenwerbung ab Sommer 1956 überhaupt durchführen zu können. Aufgrund mangelnder Sachkenntnisse und nicht vorhandener personeller Kontinuität nutzte das Militär die zahlreich eingehenden Angebote der Werbewirtschaft und ließ sich von Anfang an von einer Werbeagentur beraten. Organisatorisch war die Personalwerbung der Wehraufklärung zugeordnet. Obwohl ab etwa 1960 erste Versuche einsetzten, die bisherige Form der Freiwilligenwerbung zu reformieren, behielt sie diese organisatorische Zuordnung bei. Die zweite Phase (1960-69) ist im Wesentlichen durch die Loslösung von der ersten beratenden Agentur und einer veränderten Werbebotschaft geprägt. Im Zuge der Amtsübernahme durch Verteidigungsminister Helmut Schmidt fand für die Nachwuchswerbung ein Paradigmenwechsel statt, der die dritte Phase (1969-1980/89) einleitete. Die Freiwilligenwerbung wurde im Zuge der ministeriellen Umstrukturierungsmaßnahmen nun Teil der Öffentlichkeitsarbeit. Diese Zuordnung ließ eine wissenschaftlich fundierte und professionell arbeitende Nachwuchswerbung entstehen, die die mediale Präsenz der Streitkräfte in der Öffentlichkeit steigerte. Es ist anzunehmen, dass diese Strukturen über den Untersuchungszeitraum hinaus bis Ende der 1990erJahre Bestand hatten. Dann fand ein erneuter Paradigmenwechsel statt: Die Nachwuchswerbung wurde Teil des Personalwesens und somit Teil des militä-
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VII. Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee
rischen Bedarfsträgers. Es ist zu vermuten, dass sich durch diesen Wechsel die Ausprägung der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr verändert hat. Im hier untersuchten Zeitraum fanden mehrere hundert verschiedene Gesichter der Bundeswehr mit einer hundertmillionenfachen Auflage Verbreitung. Bei allen Unterschieden haben die in diesem Umfeld präsentierten Bilder des Bundeswehrsoldaten eines gemeinsam: Sie zeigen einen postheroischen Typus. Postheroisch bedeutet, immer den Vergleich zum nationalsozialistischen Soldatenbild der Wehrmacht zu ziehen, das eine überwiegend wehrkraftsteigernde Funktion in der Herrschaftskommunikation des Systems erfüllte und einen oft aggressiv-entschlossenen und nationalsozialistischen Werten entsprechenden Kämpfer präsentierte. Es bedeutet jedoch in diesem Zusammenhang nicht automatisch, dass die Bundeswehr antimilitärisch oder pazifistisch gezeichnet worden wäre. In den Plakaten und Anzeigen sind durchaus militärische Szenen dargestellt. Diese waren aber so codiert, dass Konnotationen mit einem deutschen Militarismus, der Erinnerungen an Krieg, Elend und Verbrechen heraufbeschwören konnte, nicht unbedingt möglich waren. Erreicht wurde dies beispielsweise durch das Weglassen von Waffen bzw. Kampfszenen, aber vor allem durch die Präsentation eines neuen Ausdrucks des Soldaten. Der Soldat der Bundeswehr wurde überwiegend vor den Folien von Technik, (Militär-) Romantik und Sport, und damit einer männlichen Erlebniswelt präsentiert. Eine Bewährung im Kampf hingegen wurde nie dargestellt. Woher kamen diese Bilder? Es bleibt zu vermuten, dass der Einfluss der beratenden Werbeagenturen sowie Erkenntnisse der jungen Demoskopie hier ebenso den Ausschlag gegeben haben dürften, wie der Versuch der Bundesregierung, über das Bundespresseamt die Meinung der Bevölkerung zur Aufstellung der Bundeswehr zu verbessern. Die Motive aus der ersten Phase der Freiwilligenwerbung waren wesentlich durch die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges, die Niederlage und die folgende Protesthaltung von Teilen der Bevölkerung in den 1950er-Jahren bestimmt. Die Darstellung des Soldaten der Bundeswehr ist in dieser Zeit durch die Betonung des Neuen und somit durch die Abgrenzung vom Alten gekennzeichnet. So erhält die postheroische Grundstimmung der Soldatenbilder neben einem offenen und weichen Gesichtszug eine als bürgerlich zu bezeichnende Haltung. Nicht der aggressive, pathetische Kämpfer wurde präsentiert, sondern der »andere Soldat«, der vermeintliche »Nichtkämpfer«, der aber gleichwohl wehrhaft dargestellt wurde. Das Bild war durch die Antithese von offensiv/aggressiv und defensiv/schützend geprägt. Die zweite Phase war verbal zunächst durch eine (Über)Betonung des Ethos gekennzeichnet. Nachdem die Bilder keine pathetischen Züge mehr aufwiesen, verwundert es, dass mit dem Wechsel der ersten Werbeagentur ein ethischer Ansatz in den Anzeigen gewählt wurde. Während in der ersten Phase im Gesicht der »neuen Wehrmacht« das Neue, das Andere, das Nicht-Mehr-Wehrmacht-Sein Betonung fand, überwog zwischen 1960 und 1965 eine staatstragende Argumentation. Auch wenn nicht überliefert ist, ob hier Erkenntnisse der Motivforschung Eingang fanden, oder die Verantwortlichen im Führungsstab
VII. Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee
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der Bundeswehr verstärkt ein mögliches Selbstverständnis der Bundeswehr kommuniziert wissen wollten, drücken doch gerade diese Bilder die Orientierungslosigkeit der Streitkräfte in der bundesdeutschen Gesellschaft aus: Einerseits nutzten die Streitkräfte moderne Medien der Wirtschaftswerbung, andererseits transportierten sie Inhalte, mit denen die Zielgruppe nur bedingt zu erreichen war. Aus ihrem Selbstverständnis heraus dienten die Streitkräfte der Gesamtheit und verdienten sich daher den Respekt und das Vertrauen der Gesellschaft. In der so perzipierten fehlenden Anerkennung drückt sich das Dilemma der Streitkräfte in den 1960er-Jahren aus. In den demoskopischen Umfragen der 1960er-Jahre waren die Skalen auf die sicherheitspolitische Situation ausgerichtet. Auch wenn die männliche Jugend die Sicherheitslage als prekär empfand, so war dies für sie kein Grund sich zu verpflichten. Hieran verdeutlicht sich eine unterschiedliche Motivation beider sozialer Gruppen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Während die Bundeswehr in den Umfragen und in den Anzeigen jener Zeit ethische und sicherheitspolitische Argumente betonte, stand für die männliche Jugend ein guter Ausbildungsplatz, also die Anziehungskraft eines sozial abgesicherten Lebens im Vordergrund. Die Haltung der Bundeswehr scheint sich aus zwei Quellen gespeist zu haben: Einerseits aus der Tradition, den Beruf des Soldaten mit Wert- und Normvorstellungen zu denken, andererseits aber auch aus der Kenntnis um die allgemeine Bedrohungslage und die Szenarien der Atomkriegführung. Zumindest für diese Phase der Nachwuchswerbung mag die eingangs aufgegriffene Frage Bredows nach dem Verhältnis von altem Wein in neuen Schläuchen am ehesten zutreffen. Doch lässt sich generell feststellen, dass die Freiwilligenwerbung neuen Wein (ein neues Soldatenbild) in neuen Schläuchen (auf neuen Wegen) präsentierte. In beiden Bereichen wurde, wenn auch aus Mangel an Alternativen und somit notgedrungen, Modernität beschworen. Einen ersten Schritt zum Wandel vollzog die Werbung 1965, als die Anzeige »Musterknabe?« (Abb. 50) erschien, damit eine Abkehr vom Ideal des Dienstes an der Res Publica einleitete und sich dem Ideal der Jugendkultur annäherte. Die Bundeswehr erreichte in ihrer Werbung nicht nur technisch, sondern auch von der Botschaft her den Stand der Zeit. Der Personalmangel in den 1960er-Jahren ist somit vielleicht nicht nur auf eine wirtschaftliche Vollbeschäftigung und eine teilweise Ablehnung der Bundeswehr durch die kollektive Erinnerung an das Elend des Krieges zurückzuführen. Neben unzureichend vorhandenen faktischen Anreizen waren die Werbemedien schlicht nicht in der Lage, ihre Zielgruppe anzusprechen. Die Bundeswehr stand mit ihrer Werbung am Scheideweg. Der entscheidende Impuls zur Weichenstellung wurde von außen gegeben. Es war eine Werbeagentur, die 1968 aufgrund der ausgewerteten demoskopischen Daten den Anstoß gab, die Wünsche und Erwartungen der Zielgruppe stärker in den Vordergrund zu stellen. Einhergehend mit fiskalischen und ausbildungstechnischen Verbesserungen, die noch unter der Großen Koalition initiiert wurden, betonten die Anzeigen nun, dass der freiwillige Dienst in der Bundeswehr eine Übergangstätigkeit sei, die Vorteile für einen späteren Beruf
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VII. Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee
in der zivilen Wirtschaft verspräche. Der Ethos trat in den Hintergrund, das Soldatsein war Beruf, keine Berufung mehr. Obwohl diese Argumentation auch schon in Ansätzen für 1959/60 nachweisbar ist, waren es doch Ende der 1960erJahre die tatsächlich verbesserten finanziellen und materiellen Anreize, die potenzielle Zeitsoldaten aufhorchen ließen. Nachdem der Dienst als Soldat der Bundeswehr zunächst als nicht mehr vergleichbar mit dem in der Wehrmacht dargestellt und dann als entbehrungsreicher Ehrendienst am Vaterland präsentiert worden war, erschien er seit Ende der 1960er-Jahre als ein für den zivilen Arbeitsmarkt vorbereitender und vollwertiger Beruf. Damit entsprachen die Werber dem, was Demoskopen bereits seit Anfang der 1960er-Jahre feststellten: Der Dienst als Soldat durfte sich nicht nur auf einer ideellen und berufsethischen, sondern musste sich vor allem auf einer beruflichen Ebene abspielen. Dieser Einstellung hatte die Bundeswehr in den frühen 1960er-Jahren versucht entgegenzusteuern, musste nun aber einsehen, dass sie auf diese Weise nicht genügend freiwillig länger Dienende gewinnen konnte. Die Realität des Personalmangels und die Interessen der männlichen Jugend drückten dem Gesicht der Bundeswehr ihren Stempel auf. Nicht nur die Werbung begann die Vorteile für den späteren Zivilberuf in den Vordergrund zu stellen. Es war in erster Linie die Politik, die seit der Großen Koalition, spätestens aber seit Helmut Schmidt auf Veränderungen bestand und große Anstrengungen forderte. Die Ausbildungs- und Bildungsreform war eine solche Anstrengung. Die Reformen der sozial-liberalen Koalition Anfang der 1970er-Jahre wirkten sich auf die Nachwuchswerbung in zwei Bereichen aus. Es war dies einmal die Zuordnung der Nachwuchswerbung zum IPStab, was ein neues, professionelles Verständnis von Werbung mit sich brachte. Zum anderen waren dies eine Reihe faktischer Verbesserungen. Dies führte dazu, dass nun tatsächlich vorhandene faktische Anreize im Sinne einer funktionierenden Öffentlichkeitsarbeit in die Gesellschaft kommuniziert werden konnten. Dabei wurde das Soldatenbild weiterhin vor einer postheroischen Folie präsentiert. Seit den 1970er-Jahren galt mehr denn je, dass die eingesetzten sozialwissenschaftlichen Instrumentarien die Meinungen und Vorlieben der Zielgruppe und der Meinungslenker so genau untersuchten, dass Änderungen im Anzeigenbild stets die Annahme widerspiegeln, auf diesem Wege die jungen Männer noch besser erreichen zu können. »Dauerbrenner« in den Anzeigenmotiven blieben weiterhin Argumente von Sport, Technik, (Militär-)Romantik und Abenteuer. Zu Beginn der 1970er-Jahre überwog das reine, auf den Zivilberuf abzielende Argument. Später oszillierten die Anzeigenbilder zwischen den Polen »Zivilberuf« und »Soldatsein«. War die Wehrdienstzeit bzw. die Verpflichtung als Soldat auf Zeit in den 1950er- und 1960er-Jahren nicht mit sozialem Aufstieg und Teilhabe am »Wirtschaftswunder« in Übereinstimmung zu bringen, so wurde dieser Widerspruch seit den späten 1960er-Jahren nicht nur sukzessive aufgelöst, sondern so in Kongruenz gebracht, dass der Wehrdienst als Vorbereitung auf einen Zivilberuf oder eine Zivilkarriere wahrgenommen werden konnte. Bei aller Kritik von Links und Rechts sollte dabei niemals übersehen werden, dass der Zweck der Anzeigen und ihrer Bilder weder die Militarisierung der
VII. Das Gesicht der Bundeswehr: ein Resümee
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Gesellschaft, noch die Wehrkraftförderung oder -zersetzung gewesen ist. Sie dienten vielmehr als »Hingucker«, die den Betrachter dazu veranlassen sollten, sein Augenmerk auf die Anzeige zu lenken, die stets nur das erste Glied einer komplexen Informationskette im Gesamtsystem der Nachwuchswerbung bildete. Der Wandel in diesen »Blickfängern« beruhte demnach weniger auf veränderten Strategien, als vielmehr auf dem angenommenen Wandel im Geschmack der Zielgruppe. Es war also nicht die Bundeswehr, die versuchte, mit ihren Vorstellungen die Gesellschaft zu beeinflussen. Es war vielmehr die Gesellschaft, die Einfluss auf das durch die Bundeswehr verbreitete Soldatenbild nahm. Welche Realitäten spiegeln sich in den Bildern der Freiwilligenwerbung wider? Woher kamen sie und sind sie als Propaganda zu bezeichnen? Warben die Bilder der Anzeigen- und Plakatwerbungen zwischen 1956 und 1960 mit dem Neuen, um den Meinungskampf zugunsten der Aufstellung der Bundeswehr zu unterstützen und von einem neuen Ideal zu künden, wurde die Bundeswehr seit Ende der 1960er-Jahre zusehends zu einem Produkt. Damit wurden die Streitkräfte von der ökonomischen Realität eingeholt, doch wurden sie zugleich, und das drücken die Werbebilder aus, zu einer Alternative in der Berufswahl der jungen Männer. Die Werbebilder der Bundeswehr stellen dabei weder ein Abbild der Begebenheiten in der Bundeswehr dar, noch waren sie das Ergebnis einer Außenansicht. In ihnen lassen sich Erwartungshaltungen finden. Diese entsprechen dem komplexen System der Werbung: die Beobachtung der Beobachter. Demoskopen loteten die Meinung von Zielgruppen aus. Diese Erkenntnisse wiederum griffen die Werbetreibenden auf und versuchten sie in unserem Fall visuell und verbal zu codieren. Die Bundeswehr hatte auf diesem Feld zu lernen. Auch wenn sie durch Werbeagenturen beraten wurde, lag die Verantwortung für die Werbung dennoch zentral im BMVg. Dies bedeutet aber nicht, dass dort mittel- oder langfristige Werbe- oder gar Bildstrategien entwickelt worden wären. Dafür war der zur Verfügung stehende Apparat sowohl personell zu klein ausgestattet als auch zunächst werbefachlich nicht hinreichend gebildet genug. Dies änderte sich erst in der dritten Phase mit der Zuordnung zum IPStab. Das Selbstverständnis und die Qualifikation der überwiegend zivilen Mitarbeiter als auch der militärisch Verantwortlichen im IPStab und im BwA/SKA waren seit den 1970er-Jahren weitestgehend so professionell und von den Erkenntnissen der modernen Sozialwissenschaften geprägt, dass die Information und nicht die Manipulation der Zielgruppe im Vordergrund der Werbearbeit stand. Die Werbung ist sowohl aus diesem Grund nicht als Manipulation zu bewerten, als auch wegen der Möglichkeit des Einzelnen, die Informationskette von Anzeige – Couponeinsendung – Informationsschrift – Truppenbesuch – Bewerbung jederzeit selbständig unterbrechen zu können. Im Grunde war der männliche Jugendliche viel mehr Kunde in einem marktwirtschaftlichen Sinne, als dass er Gegenstand einer Beeinflussung war. Entscheidend dabei ist aber in erster Linie die zeitgenössische Perzeption der Verantwortlichen, die eine Rolle als Propagandisten ablehnten. Die beschriebene Informationskette legte eine Wertigkeit fest. So ist anzunehmen, dass über die
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Anzeigen einerseits zwar die höchste bildliche Verbreitung der Bundeswehr in die Gesellschaft stattfand, diese gleichzeitig aber den Einstieg in die Informationskette der Nachwuchswerbung darstellte. Demnach musste die Anzeige so wirken, dass sie Interesse weckte (Emotion), gleichzeitig aber bei näherer Betrachtung schon so viele Informationen transportierte, dass eine weitere Beschäftigung mit dieser Materie – im wahrsten Sinne – lohnend erschien (Ratio). Das erklärt den Aufbau der Anzeigen, die über Technik und Romantik den Einstieg zu finden hofften, zudem aber auch immer den Arbeitsplatz Bundeswehr betonten. Zu den spezifischen Notwendigkeiten, die sich aus der Organisation der Nachwuchswerbung ergaben, traten nun noch die durch demoskopische und weitere sozialwissenschaftliche Untersuchungen belegten bzw. vermuteten Motivationsgefüge der Zielgruppe, die ihrerseits Einfluss auf die Gestaltung der Bilder in der Werbung ausübten. Beides, die Notwendigkeit zum Aufbau einer Informationskette sowie die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Analysen und die durchgeführten Auswertungen müssen zusammen gedacht werden, um zu wissen, wie es zu den Bildern in den Plakat- und Anzeigenwerbungen der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr kam. Diese Bilder waren das Produkt der Gesellschaft, da sie speziell auf die angenommenen Bedürfnisse der Zielgruppe ausgerichtet waren. Hier erfolgte weniger die Militarisierung der Gesellschaft, als vielmehr die Verbürgerlichung des Militärs selbst. Es bleibt zu fragen, inwiefern diese präsentierten Soldatenbilder nicht nur auf die Gesellschaft wirkten, sondern auch auf das Selbstverständnis der Soldaten zurückwirkten und somit unter Umständen ein neues Selbstverständnis von dem erzeugten, was Militär in einer demokratischen Gesellschaft im Sinne einer Zivilmacht sein konnte? In Hinblick auf Friedrich Meineckes Frage, was aus der deutschen geschichtlichen Tradition nach dem radikalen Bruch mit der militaristischen Vergangenheit nun überhaupt werde, lässt sich zusammenfassend urteilen, dass im Unterschied zwischen den Bildern der Wehrmacht und dem öffentlich verbreiteten Gesicht der Bundeswehr nichts weniger als der Wandel von einer Militärhin zu einer Zivilmacht, von einer heroisierten hin zu einer postheroischen Gesellschaft seinen Ausdruck fand. Die präsentierten Bilder waren das Ergebnis eines komplexen Beobachtungsvorgangs. Die in ihnen transportierten Anreize als auch die den Verantwortlichen Erfolg versprechenden Bildmotive entsprachen der (angenommenen) Erwartungshaltung der Zielgruppe und weniger dem Selbstverständnis des heterogenen Großsystems Bundeswehr. Auf den ersten Blick könnte daher die These, Werbung sei ein Spiegelbild der Gesellschaft und Repräsentant einer vergangenen Verfasstheit, zutreffen. In der Tat kann ihr zweifelsfrei zugestimmt werden, es bleibt jedoch die dabei einzig relevante Frage unbeantwortet: welcher Verfasstheit? Ein über mehrere Jahre oder Jahrzehnte angelegter Querschnitt erlaubt tiefe Einblicke, nur welche es genau sind, bleibt unbeantwortet. Sicher erscheint hier lediglich, dass solch ein Querschnitt keine allumfassende Antwort auf eine alle Facetten einschließende Fragestellung erlaubt. Das einzige, was aus dem Querschnitt der Plakat- und Anzeigenwerbung direkt abgele-
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sen werden kann – neben Realien im weitesten Sinne, wie z.B. die Information, dass es nun Hochschulen der Bundeswehr gab – ist die technische und künstlerisch-grafische Gestaltung dieser Medien. Auch kann nicht ohne weiteres auf die Verfasstheit der gesamten Gesellschaft, aber auch nur bedingt auf die der Zielgruppe geschlossen werden: Die Anzeigenentwicklungen unterlagen zwar der Meinungs- und Motivforschung, doch wandten sich diese in ihren Untersuchungen nicht an die Gesamtheit der Zielgruppe. Bereits hier wurde differenziert. Es fand eine Konzentration auf diejenigen Gruppen statt, die der Bundeswehr positiv oder wenigstens neutral gegenüberstanden. Und selbst in den Gruppen der positiv zur Bundeswehr Stehenden wurde je nach Instrument weiter unterschieden und unterschiedliche Motivationsstrukturen untersucht, die in der Anzeigenwerbung berücksichtigt werden sollten. Aber selbst dann, wenn jede demoskopische Studie in ihren Verästelungen analysiert werden würde, bliebe zu bedenken, dass auch solche Forschung kein Abbild tatsächlicher Begebenheiten zeichnen konnte. Aus den Werbebildern so ohne weiteres auf die Einstellung der Adressaten zu schließen, hieße, alle über einen Kamm zu scheren und zu egalisieren und zudem den Instrumenten der Demoskopie ohne weiteres Glauben zu schenken. Gerade die dichotome Haltung der Bevölkerung gegenüber der Bundeswehr Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre mahnt hier zur Vorsicht. Was erwartet den Historiker im Umgang mit der Quelle Werbebild? Es ist schwer, aus Bildern auf eine vergangene Verfasstheit zu schließen. Umgekehrt erscheint es aber notwendig, aus der Kenntnis der Vergangenheit auf die Aussagen in den Bildern zu schließen. Es wäre schön, könnte der Historiker aus Bildern direkt auf vergangene Zeiten schließen. Im Sinne einer Realienkunde ist dies auch möglich, vorausgesetzt, man traut den gezeigten Abbildungen. Wie verhält es sich mit Werbebildern? Können aus ihnen über die schriftlichen Quellen hinausgehende, selbständige Aussagen gewonnen werden? Versteht man Bilder als eine Kombination verschiedener grafischer Codes, ist die Kenntnis dieser Codes unabdingbare Voraussetzung zur Lesbarmachung der Bilder. Zu ihrer Kenntnis zählen nicht allein das Wissen um historische Fakten, sondern vor allem die Kenntnis um »weiche« Faktoren der Alltags- und Kulturgeschichte eines bestimmten Kulturkreises. Gerade in Werbebildern, von denen ihre »Macher« vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts behaupteten, immer auf »Höhe des Zeitgeistes« gewesen zu sein, nutzten die Werbenden tagesaktuelle oder zumindest doch zeitaktuelle Anspielungen, die vielleicht schon dem Zeitgenossen ein Jahr später nichts mehr sagten. Der Historiker hat also neben dem Faktenwissen auch ein »Gespür« für seine Zeit zu entwickeln. Aber auch dieses »Gespür« muss belegbar sein. Wie also, wenn nicht über die schriftliche Überlieferung kann sich der Historiker den Bildinhalten nähern? Nutzt er die schriftlichen Quellen nicht, läuft er Gefahr, zwei Dinge geschehen zu lassen: Im weniger tragischen Fall wird er Bildaussagen nicht wahrnehmen. Im schlechteren Fall nutzt er seine eigenen Codierungsmöglichkeiten, um die Codes mit den Erfahrungen aus seiner eigenen Zeit zu decodieren, was zu Fehlinterpretationen führen kann.
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Bilder nach ihrem Kommunikationszusammenhang hin zu untersuchen, setzt also die Kenntnis bzw. die Erschließung der codierten Inhalte und des Codierungsverfahrens voraus. Denn nur so können eventuelle Botschaften erkannt und verstanden werden. Je weiter kulturell entfernt die Botschaft und ihre zeitgenössische Codierung zurückliegen, desto wichtiger wird im Vergleich mit anderen Disziplinen die Arbeit des Historikers. Bilder können als historische Quellen betrachtet werden, die uns dazu dienen, gemäß verschiedener Fragestellungen Erkenntnisse zu vermitteln. Bilder sind in einem gewissen Sinne aber auch Kunst, zumindest wirken sie visuell und stimulieren unsere Wahrnehmung. Diese individuelle Wahrnehmung, aber auch der unterschiedliche Kunstgeschmack können bei der Betrachtung eines Bildes zu unterschiedlichen Eindrücken und Reaktionen führen. Mit der Analyse der hier vorgestellten Werbebilder wurde daher lediglich eine Sichtweise angeboten. Dass Diskrepanzen in der Wahrnehmung und somit in der Bewertung der hier vorgenommenen Bildanalyse auftreten, ist dabei in erster Linie auf den Quellencharakter der Bilder zurückzuführen. Schriftliche Quellen unterliegen im Zuge der Quelleninterpretation einer Einordnung und Auslegung. Auch sie lässt einen Spielraum für anders lautende Auffassungen, was dem wissenschaftlichen Diskurs und somit dem Erkenntnisgewinn dienen kann. Die Analyse der Bilder ist aber auch nichts anderes als eine Quelleninterpretation, die am Ende Spielraum für anders lautende Annahmen offen lassen muss. Der Unterschied zwischen schriftlichen und bildlichen Quelleninterpretationen mag darin liegen, dass die tatsächliche oder auch nur scheinbare Spannbreite bei der Quelle Bild größer ist, als im Bereich der schriftlichen Quelle. Gerade aber in diesem scheinbaren Interpretationsangebot liegt eine der Schwierigkeiten für die Historische Bildkunde: Wie kann empirische Forschung subjektive Sinneseindrücke nachvollziehen oder gar messen? Für die Historische Bildkunde bedeutet dies, dass sie sich in der Wahl der Methode der Bilddeutung flexibel erweisen muss, um je nach Fragestellung und Bildgattung unterschiedliche Ansätze zu nutzen. Neben die etablierte kunstwissenschaftliche Ausrichtung trat in dieser Arbeit die Semiotik, die im besonderen Maße geeignet ist, mögliche Kommunikationsabsichten des Adressanten zu decodieren, indem sie die Möglichkeit bietet, die Ebenen von Denotation und Konnotation zu erschließen. Auch wenn Bildern im Alltag und auch in der Wissenschaftslandschaft immer wieder eine gewisse Wirkungsmächtigkeit zugesprochen wird, gilt diese noch lange nicht für die historische Quelle Bild. Bilder stellen den Historiker oft vor Probleme, wie am Beispiel der Werbebilder der Bundeswehr gezeigt werden konnte. Bilder müssen in ihren Entstehungskontext gestellt und schriftliche Überlieferungen müssen befragt werden. Es müssen Kenntnisse über das Abgebildete vorhanden sein. Zudem sind Erkenntnisse von Wahrnehmung und Wirkung der Bilder sowohl schwer nachzuweisen, als auch als Formen subjektiver Sinneswahrnehmung schwer zu fassen. Werbebilder verlangen zudem Kenntnisse über die zeitgenössischen Produktionsbedingungen. Sie unterliegen einem komplexen Entstehungsprozess, der es nahezu verbietet, in ihnen die Repräsentanten der Verfasstheit einer vergangenen Zeit zu sehen.
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Gleichwohl vermittelt die Beschäftigung mit der Freiwilligenwerbung der Bundeswehr Einblicke in das Innenleben der Streitkräfte. Für künftige Untersuchungen dieses Binnenklimas kristallisieren sich anhand vorliegender Arbeit Desiderate heraus, die die Bereiche der Personalentwicklung, der Öffentlichkeitsarbeit und die so genannte Reform der Bundeswehr zwischen 1969 und 1974 umfassen. Wollen wir in Zukunft moderne westliche Gesellschaften verstehen, indem wir Fragen an Medien- und Kommunikationszusammenhänge stellen, ist eine weitere Erforschung von dem, was diese Felder historisch ausmach(t)en, notwendig. Ein simples gesellschaftliches Spiegelbild bietet die Beschäftigung von Medien- und Kommunikationsgeschichte nicht. Den Historiker erwarten eher Zerrbilder, die es zu dekonstruieren gilt.
Übersicht über die verschiedenen Anzeigelinien der Bundeswehr 1956 1956-1957 1957 1957 1959-1960
1959-1960 1959 1957-1959 1959-1960 1959-1960 1960-1962 1961 1961 1962-1965 1962-1964 1964 1965-1967 1965-1967 1966-1968 1966-1968 1966-1968 1968-1969 1969-1971 1969-1971 1969-1971
Die Deutsche Bundeswehr Freiwillig Offizier in der Bundeswehr Ich bin Leutnant Der junge Leutnant Bau mit Offizier auf Zeit Schreib an die Bundeswehr Stufen zum Erfolg Offizier auf Zeit in der Bundeswehr Die Bundeswehr stellt Freiwillige ein Auf eigenem Schiff/Schon Leutnant/Gratuliere Leistung entscheidet Offizier sein heißt: Der Freiheit dienen! Die Bundeswehr – Vieles lernen, vieles können, viel erreichen Die Bundeswehr – Der Beruf des Soldaten Offizier unserer Bundeswehr – ein Beruf für Tüchtige, lebenswichtig für uns alle Dieser Unteroffizier ... Der Offizier im Dienste der »res publica« Solche Männer braucht die Bundeswehr Unteroffiziere – Meister ihres Fachs (Die Bw verlangt viel – hat aber auch vieles zu bieten) Solche Männer hat die Bundeswehr Sie können sich verpflichten Bei der Bundeswehr stehen Männer ihren Mann Soldat auf Zeit – klare Vorteile für den Zivilberuf Die Chancen Wir produzieren Sicherheit – Männer für die Bundeswehr Männer für die Bundeswehr
334 _____________________________________________________________ Übersicht 1971-1974 1972-1974 1972 1972-1974 1973 1974-1980 1974-1978
1977 1980 1980 1980-1984 1982-1985 1985-1986 1986-1988 1988-1992
Wir produzieren Sicherheit – Wir fordern und fördern Top Job: Offizier – Auftrag und Aufgabe Die Bundeswehr – Ihr Partner für Ihre berufliche Zukunft Das aktuelle Berufsangebot Konditionsstark für eine harte Aufgabe Der Frieden ist unser Auftrag Bundeswehr: Mehr als ein Job – Damit der Friede sicherer wird Bundeswehr: Mehr als ein Job – Wir fordern und fördern Unser Auftrag ist Sicherheit Bundeswehr – Ihr Weg in eine sichere Zukunft 25 Jahre gesicherter Frieden Die Bundeswehr – Hundert Chancen und ein Ziel: der Friede Herausforderung Bundeswehr – Die Bundeswehr. Hundert Chancen und ein Ziel: der Friede Bundeswehr – der andere Arbeitsplatz: Beweis Dir selbst was in Dir steckt Bundeswehr – Wir machen uns für Ihre Zukunft stark Bundeswehr – Eine starke Truppe
Statistiken _____________________________________________________________ 335
Anteil der Anzeigenwerbung am Werbeetat 1956 Ð1990 25
Etat in Mio. DM
20
Werbeetat Anteil Anzeigenwerbung
15
10
5
1989
1986
1983
1980
1977
1974
1971
1968
1965
1962
1959
1956
0
© MGFA
05756-02
Entwicklung der Werbekontakte 1956 Ð1990 450 000
350
400 000
300
250 000
200
200 000
150
150 000
Kontakte Preis/Kontakt
100 000
100
Preis je Kontakt in DM
250
300 000
50
50 000 0
1989
1986
1983
1980
1977
1974
1971
1968
1965
1962
1959
0
1956
Zahl der Kontakte
350 000
© MGFA
05755-02
Abkürzungen a.D. ADK ADW AfSG AIK APO AWS
außer Dienst Arbeitskreis Demokratischer Kreise Arbeitsgemeinschaft Deutscher Werbungsmittler Archiv für Sozialgeschichte Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation Außerparlamentarische Opposition Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik
BA-KO BA-MA BE BEBGInsp BGS BICHS BMVg BMVtg BPA Bw BwA BwB
Bundesarchiv in Koblenz Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg Betrifft: Erziehung Beauftragter für Erziehung und Bildung beim Generalinspekteur Bundesgrenzschutz Bulletin of the International Committee of Historical Sciences Bundesministerium für/der Verteidigung Bundesministerium für Verteidigung Bundespresseamt Bundeswehr Bundeswehramt Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
DDR DHM DSM DZW
Deutsche Demokratische Republik Deutsches Historisches Museum in Berlin Deutsche Städte Medien GmbH in München Deutsche Zeitung mit Wirtschaftszeitung
EDV EMNID EVG
Elektronische Datenverarbeitung Erforschung der öffentlichen Meinung, Marktforschung, Nachrichten über die Wirtschaftsentwicklung, Informations-Dienst Europäische Verteidigungsgemeinschaft
FA FAZ FDJ FH Fü B
Foreign Affairs Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Deutsche Jugend Frankfurter Hefte. Zeitschrift für Kultur und Politik Führungsstab der Bundeswehr
338 __________________________________________________________ Abkürzungen Fü H Fü Lw Fü M Fü S
Führungsstab des Heers im Ministerium Führungsstab der Luftwaffe im Ministerium Führungsstab der Marine im Ministerium Führungsstab der Streitkräfte
GMH GSR GuG GWU
Gewerkschaftliche Monatshefte. Zeitschrift für soziale Theorie und Praxis German Studies Review Geschichte und Gesellschaft Geschichte in Wissenschaft und Unterricht
HPA HZ
Heerespersonalamt Historische Zeitschrift
i.G. IfD IFDT IMZBw INFAS IPStab IPZ IZEBF
im Generalstab Allensbacher Institut für Demoskopie Information für die Truppe Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr Institut für angewandte Sozialwissenschaft Informations- und Pressestab Informations- und Pressezentrum Informationen zur erziehungs- und bildungshistorischen Forschung
JCH JIH
Journal of Contemporary History The Journal of Interdisciplinary History
KC KVP
Kunstchronik Kasernierte Volkspolizei
LADt
Landesarchiv NRW/Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
MBFR MdB MGM MGZ MHM
Mutual Balanced Forces Reduction Mitglied des Deutschen Bundestages Militärgeschichtliche Mitteilungen Militärgeschichtliche Zeitschrift Militärhistorisches Museum der Bundeswehr in Dresden
NPL NSDMB NVA NwW
Neue Politische Literatur Nationalsozialistischer Deutscher Marine Bund Nationale Volksarmee Nachwuchswerbung
O OMGUS
Oberst Office of Military Covernment for Germany
Abkürzungen ___________________________________________________________ 339
OTL
Oberstleutnant
P PH PK pr PzL
Publizistik Psychologie Heute Propagandakompanie Print (Druck) Papiere zur Linguistik
SALT SBZ SDH SDZ SED SI SKA SKA/IMZBw STAN START Stellv. SuT SW
Strategic Arms Limitation Talks Sowjetische Besatzungszone Stammdienststelle des Heeres Süddeutsche Zeitung Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sociologia Internationalis. Internatiole Zeitschrift für Soziologie, Kommunikations- und Kulturforschung Streitkräfteamt Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr Stärke- und Ausrüstungsnachweis Strategic Arms Reduction Treaty Stellvertreter, stellvertretend Soldat und Technik Soziale Welt
TP TSK
Truppenpraxis Teilstreitkraft/Teilstreitkräfte
VfZ VMBlatt
Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Ministerialblatt des Bundesministeriums der Verteidigung
WBK WEU WK WP
Wehrbezirkskommando Westeuropäische Union Wehrkunde Warschauer Pakt
ZAPA ZDV ZfÄuK ZfHF ZHF ZParl ZfS ZF/SCH ZfUG
Zeitungsauswertungs- und Pressearchiv des BMVg Zentrale Dienstvorschrift Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft Zeitschrift für Historische Forschung Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Semiotik Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History Zeitschrift für Unternehmensgeschichte
Quellen- und Literatur Unveröffentlichte Quellen Bundesarchiv Koblenz (BA-KO) B 145: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg (BA-MA) RH 2: Reichsheer: Chef des Truppenamtes / Generalstab des Heeres RH 14: Reichsheer: Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres RH 53: Reichsheer: Wehrkreiskommandos Bw 1: Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung Bw 2: Generalinspekteur und Führungsstab der Streitkräfte Bw 9: Dienststellen zur Vorbereitung des westdeutschen Verteidigungsbeitrages BH 7-1: I. Korps
Bundesministerium der Verteidigung ZDV 64/3, »Behandlung und Sicherung von Unterlagen der Bundeswehr im Frieden und bei der Alarmierung«, Neudr. September 1992 der Ausg. April 1990
Zeitungsarchiv der Presseauswertung beim Bundesministerium der Verteidigung (ZAPA-BMVg) [z.Zt. Depositum Militärgeschichtliches Forschungsamt] 87-1: Wehraufklärung/Werbung/Ausstellungen
342 ____________________________________________________ Quellen und Literatur
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 343 Aspekte der deutschen Wiederbewaffnung bis 1955. Mit Beitr. von Hans Buchheim, Kurt Fett, Peter Gosztony, Hans-Adolf Jacobsen, Paul Noack, Hans Täzler und Gerhard Wettig. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Boppard a.Rh. 1975 (= Militärgeschichte seit 1945, 1) Assmann, Jan, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, 4. Aufl., München 1992 Die Atlantische Gemeinschaft. Grundlagen und Ziele der Organisation des Nordatlantikvertrages. Eine Dokumentation. Hrsg. vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn 1972 Aufriß der Historischen Wissenschaften, Bd 4: Quellen. Hrsg. von Michael Maurer, Stuttgart 2002 Aufrüsten, um abzurüsten? Informationen zur Lage. Friedensforscher reagieren auf die internationale Krise. Hrsg. von der Studiengruppe Militärpolitik, Reinbek bei Hamburg 1980 Authentizität und Inszenierung von Bilderwelten. Hrsg. von Thomas Knieper und Marion G. Müller, Köln 2003 Aynsley, Jeremy, Grafik-Design in Deutschland 1890-1945, Mainz 2000 Badura, Bernhard, Bedürfnisstruktur und politisches System. Macht, Kultur und Kommunikation in »pluralistischen« Gesellschaften, Stuttgart [u.a.] 1972 Bätschmann, Oskar, Einführung in die kunstgeschichtliche Hermeneutik. Die Auslegung von Bildern, 4., aktual. Aufl., Darmstadt 1992 (= Die Kunstwissenschaft) Bald, Detlef, Alte Kameraden. Offizierskader der Bundeswehr. In: Willensmenschen, S. 50-64 Bald, Detlef, Die Atombewaffnung der Bundeswehr in den fünfziger Jahren. Öffentlichkeit und die Kontrolle der Militärpolitik. In: Parlamentarische und öffentliche Kontrolle, S. 203-217 Bald, Detlef, Die Atombewaffnung der Bundeswehr. Militär, Öffentlichkeit und Politik in der Ära Adenauer, Bremen 1994 Bald, Detlef, Die Bundeswehr. Eine kritische Geschichte 1955-2005, München 2005 Bald, Detlef, Der deutsche Offizier. Sozial- und Bildungsgeschichte des deutschen Offizierkorps im 20. Jahrhundert, München 1982 Bald, Detlef, Militär und Gesellschaft 1945-1990. Die Bundeswehr der Bonner Republik, BadenBaden 1994 (= Militär und Sozialwissenschaften, 13) Bald, Detlef, Die Militärreform in der »Ära Brandt« – zur Integration von Militär und Gesellschaft. In: Entschieden für Frieden, S. 341-353 Bald, Detlef, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr. Sozialstruktur des Militärs: Politik der Rekrutierung von Offizieren und Unteroffizieren, Frankfurt a.M., Bern 1981 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 31, Politikwissenschaft, 28) Bald, Detlef, Von der Wehrmacht zur Bundeswehr. Kontinuität und Neubeginn. In: Sozialgeschichte, S. 387-409 Baring, Arnulf, Außenpolitik in Adenauers Kanzlerdemokratie. Bonns Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, München, Wien 1969 (= Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, 28) Baring, Arnulf, Machtwechsel. Die Ära Brandt – Scheel, ungek. Ausg., Berlin 1998 Barnicoat, John, Kunst und Plakat. Eine Geschichte des Posters, München, Wien, Zürich 1972 Bartels, Ulrike, Die Wochenschau im Dritten Reich. Entwicklung und Funktion eines Massenmediums unter besonderer Berücksichtigung völkisch-nationaler Inhalte, Frankfurt a.M. 2004 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, 995) Barth, Peter, Rüstung und Öffentlichkeit in den fünfziger und sechziger Jahren – Das Beispiel HS 30. In: Parlamentarische und öffentliche Kontrolle, S. 219-240
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 345 Bilder von Krupp. Fotografie und Geschichte im Industriezeitalter. Hrsg. von Klaus Tenfelde, 2. Aufl., München 2000 Bilderflut und Sprachmagie. Fallstudien zur Kultur der Werbung. Hrsg. von Hans A. Hartmann und Rolf Haubl, Opladen 1992 Bilderwelt des Alltags. Werbung in der Konsumgesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts. Festschrift für Jürgen Teuteberg hrsg. von Peter Borscheid und Clemens Wischermann, Stuttgart 1995 (= Studien zur Geschichte des Alltags, 13) Bildgrammatik. Interdisziplinäre Forschungen zur Syntax bildlicher Darstellungsformen. Hrsg. von Klaus Sachs-Hombach und Klaus Rehkämper, Magdeburg 1998 (= Bildwissenschaft, 1) Bildhandeln. Interdisziplinäre Forschungen zur Pragmatik bildhafter Darstellungsformen. Hrsg. von Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg 2001 (= Bildwissenschaft, 3) Bildlichkeit. Internationale Beiträge zur Poetik. Hrsg. von Volker Bohn, Frankfurt a.M. 1990 Bildpropaganda im Ersten Weltkrieg. Hrsg. von Raoul Zühlke, Hamburg 2000 (= 20th Century Imaginarium, 4) Bildsemiotik. Hrsg. von Börries Blanke. In: ZfS, 20 (1998), 3/4, S. 219-340 Bildung im Bild. Bilderwelten als Quellen zur Kultur- und Bildungsgeschichte. Hrsg. von Rudolf W. Keck, Sabine Kirk und Hartmut Schröder, Bad Heilbrunn 2004 Bildungs- und kulturgeschichtliche Bildforschung. Tagungsergebnisse – Erschließungshorizonte. Hrsg. von Rudolf Keck, Sabine Kirk und Hartmut Schröder, Baltmannsweiler 2006 Bildungsbericht 70. Bericht der Bundesregierung zur Bildungspolitik. Hrsg. vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Bonn 1970 Bildungsgeschichte als Sozialgeschichte. Hrsg. von Heinrich Kanz, Frankfurt a.M., Bern, New York 1986 Bildwissenschaft. Disziplinen, Themen, Methoden. Hrsg. von Klaus Sachs-Hombach, Frankfurt a.M. 2005 Blanke, Börries, Vom Bild zum Sinn. Das ikonische Zeichen zwischen Semiotik und analytischer Philosophie, Wiesbaden 2003 (= Bildwissenschaft, 4) Bleckwenn, Hans, Bauernfreiheit durch Wehrpflicht – ein neues Bild der altpreußischen Armee. In: Friedrich der Große und das Militärwesen seiner Zeit, S. 55-72 Bösch, Frank, Das Politische als Produkt. Selbstbeobachtungen und Modernisierungen in der politischen Kommunikation der frühen Bundesrepublik. In: Kommunikation als Beobachtung, S. 229-248 Bötte, Otto, Rekrutierung und Beurlaubung im altpreußischen Heere in ihrer Verbundenheit mit der Wirtschafts- und Sozialordnung, Phil.Diss., Frankfurt a.M. 1941 Bonacker, Kathrin, Illustrierte Anzeigenwerbung als kulturhistorisches Quellenmaterial, Marburg 2000 (= Marburger Beiträge zur Kulturforschung, 5) Bonfadelli, Heinz, Medieninhaltsforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Konstanz 2002 Bonfadelli, Heinz, Medienwirkungsforschung, Bd 2: Anwendungen in Politik, Wirtschaft und Kultur, 2., überarb. Aufl., Konstanz 2004 Boockmann, Hartmut, Über den Aussagewert von Bildquellen zur Geschichte des Mittelalters. In: Wissenschaft, Wirtschaft und Technik, S. 29-37 Boog, Horst, Die deutsche Luftwaffenführung 1935-1945. Führungsprobleme, Spitzengliederung, Generalstabsausbildung, Stuttgart 1982 (= Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte, 21) Borchers, Rudolph, Bundeswehr und Presse [o.O. o.J.]
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 347 Die Bundeswehr in Staat und Gesellschaft (IV). Jahresbericht 1972 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Fritz-Rudolf Schultz. Vorgelegt am 2. März 1973. Hrsg. vom Presseund Informationszentrum des Deutschen Bundestages, Bonn 1973 (= Zur Sache, 2/73) Die Bundeswehr 1955 bis 2005. Rückblende – Einsichten – Perspektiven. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Frank Nägler, München 2007 (= Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, 7) Bundeswehr und Industriegesellschaft. Hrsg. von Bernhard Fleckenstein, Boppard a.Rh. 1971 Bundeswehr und Schule. Militarisierung – Jugendoffiziere – Friedenserziehung. Hrsg. von Renate Kerbst und Gregor Witt, Köln 1984 Bundeswehr – Waffe des Kapitals. Materialien zur Rolle der Bundeswehr im Gesellschaftssystem der BRD. Hrsg. von der Vereinigung zur Kritik der politischen Ökonomie e.V., Erlangen [o.J.] (= Probleme des Klassenkampfes. Zeitschrift für politische Ökonomie und sozialistische Politik, Sonderheft 4) Buntz, Herwig, und Harald Popp, Das Bild als Quelle. Historienbilder als Quellen im Geschichtsunterricht. In: Bilder erzählen Geschichte, S. 223-248 Burkart, Roland, Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder. Umrisse einer interdisziplinären Sozialwissenschaft, 4., überarb. und aktual. Aufl., Wien, Köln, Weimar 2002 Burkhardt, Johannes, Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt a.M. 1992 Bussemer, Thymian, Propaganda. Konzepte und Theorien, Wiesbaden 2005 Christian, Lothar, Nachwuchsproblem und Bildungsgang. In: Truppenpraxis, 6 (1964), S. 418-421 Clausewitz, Carl von, Vom Kriege. Hinterlassenes Werk des Generals Carl von Clausewitz. Vollst. Ausg. im Urtext mit erneut erw. histor.-kritischer Würdigung hrsg. von Werner Hahlweg, 19. Aufl., Bonn 1980 The Communication of Ideas. Ed. by Lyman Bryson, New York 1948 Communications. A Book of Readings. Sel. and ed. by the Director of the Institute for Communication Research at Stanford University, Wilbur Schramm, 3. pr., 2. ed., Urbana, IL 1966 Crivellari, Fabio, und Marcus Sandl, Die Medialität der Geschichte. Forschungsstand und Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Geschichts- und Medienwissenschaften. In: HZ, 277 (2003), 3, S. 619-654 Daniel, Ute, Zur Praxis gouvernementaler Selbstrepräsentation vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. In: Propaganda, S. 44-82 Die DDR im Bild. Zum Gebrauch der Fotografie im anderen deutschen Staat. Hrsg. von Karin Hartewig und Alf Lüdtke, Göttingen 2004 Deacon, David, [et al.], Researching Communications. A Practical Guide to Methods in Media and Cultural Analysis, London 1999 Deist, Wilhelm, Bemerkungen zur Entwicklung der Militärgeschichte in Deutschland. In: Was ist Militärgeschichte?, S. 315-322 Deist, Wilhelm, Flottenpolitik und Flottenpropaganda. Das Nachrichtenbureau des Reichsmarineamtes 1897-1914, Stuttgart 1976 (= Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte, 17) Delbrück, Hans, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, Bd 1: Das Altertum; Bd 2: Die Germanen; Bd 3: Das Mittelalter; Bd 4: Neuzeit, Neuausg. des Nachdr. von 1962, Berlin, New York 2000
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 357 Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1965-1967. Hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann, Allensbach, Bonn 1967 Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1968-1973. Hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann, Bd 5, Allensbach, Bonn 1974 Jakob, Frank-Dietrich, Zur Historischen Bildkunde in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. In: Historische Bildkunde, S. 49-61 Janich, Nina, Werbesprache. Ein Arbeitsbuch, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., Tübingen 2001 Jaworski, Rudolf, Alte Postkarten als kulturhistorische Quellen. In: GWU, 51 (2000), 2, S. 88-102 Jongmanns, Georg, Bildkommunikation. Ansichten der Systemtheorie, Bielefeld 2003 Jopp, Mathias, Die Bundeswehr als Arbeitsplatz und die Krise des Bildungs- und Beschäftigungssystems. In: Aufrüsten, um abzurüsten?, S. 217-231 Jopp, Mathias, Militär und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Das Beispiel der Bildungsreform in der Bundeswehr, Frankfurt a.M., New York 1983 Jopp, Mathias, Militärische Bildungsreform und Demokratie. Idee und Wirklichkeit des Studiums an den Bundeswehrhochschulen. In: Unsere Bundeswehr?, S. 167-196 Joseph Binder, ein Gestalter seiner Umwelt: Plakate, Werke graphischer und freier Kunst. Aufzeichnungen aus der Joseph Binder Collection. Hrsg. vom Österreichischen Museum für angewandte Kunst, Wien, München 1976 Joseph Binder, New York. Nonobjective Art. Ausstellung. Hrsg. vom Österreichischen Museum für angewandte Kunst, Wien 1972 Joseph Binder. Wien – New York. Hrsg. von Peter Noever, Wien 2001 (= MAK Studies, 1) Jürgens-Kirchhoff, Annegret, Verbrannte Erde: Kriegslandschaften in der Kunst zum Ersten und Zweiten Weltkrieg. In: Erster Weltkrieg – Zweiter Weltkrieg, S. 783-838 Kämpfer, Frank, Ikonographie-Imaginarium. Anfänge und Prinzipien bildkundlicher Forschung. In: Kämpfer, Propaganda, S. 8-19 Kämpfer, Frank, Propaganda. Politische Bilder im 20. Jahrhundert. Bildkundliche Essays, Hamburg 1997 (= 20th century imaginarium, 1) Kämpfer, Frank, »Der rote Keil«. Das politische Plakat. Theorie und Geschichte, Berlin 1985 Kannicht, Joachim, Die Bundeswehr und die Medien – Material zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen, Regensburg 1982 (= Die Bundeswehr. Eine Gesamtdarstellung, 14) Karst, Heinz, Das Bild des Soldaten. Versuch eines Umrisses, Boppard a.Rh. 1964 Karst, Heinz, Die Bundeswehr in der Krise. Führungsstrukturen im Wechsel. Wandel der Aufgaben. Veraltete Technik. Demotivation der Freiwilligen. Umstrittene Wehrpflicht. Öffentliche Diskreditierung, München 1997 Keck, Rudolf W., Das Bild als Quelle pädagogisch-historiographischer Forschung. In: Informationen zur erziehungs- und bildungshistorischen Forschung, 32 (1988), S. 13-53 Keck, Rudolf W., Die Entdeckung des Bildes durch die Pädagogik oder: Pädagogikgeschichte als Bildgeschichte. In: Bildungsgeschichte als Sozialgeschichte, S. 81-124 Kehrberg, Arno, Das Nationalsozialistische Fliegerkorps. Die Vorschule der deutschen Flieger, Berlin 1942 »Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch ...« Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs. Hrsg. von Gerhard Hirschfeld, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1996 Kemnitz, Thomas Milton, The Cartoon as a Historical Source. In: JIH, 4 (1973-1974), 1, S. 81-93
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 359 Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Johannes Burkhardt und Christine Werkstetter, München 2005 (= Historische Zeitschrift, Beiheft, NF 41) Kommunikation visuell. Das Bild als Forschungsgegenstand – Grundlagen und Perspektiven. Hrsg. von Thomas Knieper und Marion G. Müller, Köln 2001 Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts. Hrsg. von Michael North, Köln, Weimar, Wien 1995 (= Wirtschafts- und Sozialhistorische Studien, 3) Kompass der Geschichtswissenschaft. Ein Handbuch. Hrsg. von Joachim Eibach und Günther Lottes, Göttingen 2002 Konstruierte Sichtbarkeiten. Wissenschafts- und Technikbilder seit der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Martina Heßler, München 2006 Krallmann, Dieter, und Andreas Ziemann, Grundkurs Kommunikationswissenschaft. Mit einem Hypertext-Vertiefungsprogramm im Internet, München 2001 Kraske, Konrad, Anfänge der Öffentlichkeitsarbeit in der Dienststelle Blank. In: Vom Kalten Krieg zur deutschen Einheit, S. 63-71 Der Krieg des kleinen Mannes. Eine Militärgeschichte von unten. Hrsg. von Wolfram Wette, München 1992 Der Krieg im Bild – Bilder vom Krieg. Hamburger Beiträge zur Historischen Bildforschung. Hrsg. vom Arbeitskreis Historische Bildforschung, Frankfurt a.M. 2003 Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Bernhard R. Kroener und Ralf Pröve, Paderborn 1996 Krieg und Militär im Film des 20. Jahrhunderts. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Bernhard Chiari, Matthias Rogg und Wolfgang Schmidt, München 2003 (= Beiträge zur Militärgeschichte, 59) Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg. Hrsg. von Konrad H. Jarausch und Christoph Kleßmann in Verbindung mit Zeitgeschichte-online, Göttingen 2005 (= Zeithistorische Forschungen, 2, 2005, 1) Kriegeskorte, Michael, Werbung in Deutschland 1945-1965. Die Nachkriegszeit im Spiegel ihrer Anzeigen, Köln 1992 Kriegserfahrungen. Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs. Hrsg. von Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Dieter Langewiesche und Hans-Peter Ullmann, Essen 1997 (= Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, NF, 5) Kroeber-Riel, Werner, Bildkommunikation. Imagerystrategien für die Werbung, München 1993 Kroeber-Riel, Werner, Strategie und Technik der Werbung. Verhaltenswissenschaftliche Ansätze, 4. Aufl., Stuttgart 1993 Kroener, Bernhard R., »Menschenbewirtschaftung«, Bevölkerungsverteilung und personelle Rüstung in der zweiten Kriegshälfte (1942-1944). In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 5/2, S. 777-1001 Kroener, Bernhard R., Die personellen Ressourcen des Dritten Reiches im Spannungsfeld zwischen Wehrmacht, Bürokratie und Kriegswirtschaft 1939-1942. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 5/1, S. 693-1001 Kroener, Bernhard R., Vom »extraordinari Kriegsvolck« zum »miles perpetuus«. Zur Rolle der bewaffneten Macht in der europäischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit. In: MGM, 43 (1988), 1, S. 141-188. Wiederabdr. in: Bernhard R. Kroener, Kriegerische Gewalt und militärische Präsenz in der Neuzeit. Ausgewählte Schriften. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Ralf Pröve und Bruno Thoß, Paderborn 2008, S. 3-63
360 ____________________________________________________ Quellen und Literatur Kroll, Stefan, Soldaten im 18. Jahrhundert zwischen Friedensalltag und Kriegserfahrung. Lebenswelten und Kultur in der kursächsischen Armee 1728-1796, Paderborn 2006 (= Krieg in der Geschichte, 26) Kropff, H.F.J., Neue Psychologie in der neuen Werbung. Methodische Grundlagen für die praktische Anwendung, Stuttgart 1951 Kropff, H.F.J., Die Werbemittel und ihre psychologische, künstlerische und technische Gestaltung, Essen 1953 (= Grundriss der Werbung, 2) Krosigk, Eschwin von, und Ulrich Czisnik, Die militärische Personalführung in der Bundeswehr. Grundsätze – Organisation – Auswahl und Ausbildung, Heidelberg, Hamburg 1977 Krüger, Dieter, Das Amt Blank. Die schwierige Gründung des Bundesministeriums für Verteidigung, Freiburg i.Br. 1993 (= Einzelschriften zur Militärgeschichte, 38) Kühne, Thomas, und Benjamin Ziemann, Militärgeschichte in der Erweiterung. Konjunkturen, Interpretationen, Konzepte. In: Was ist Militärgeschichte?, S. 9-46 Die Kultur der fünfziger Jahre. Hrsg. von Werner Faulstich, München 2002 Die Kultur der sechziger Jahre. Hrsg. von Werner Faulstich, München 2003 Die Kultur der siebziger Jahre. Hrsg. von Werner Faulstich, München 2004 Die Kultur der achtziger Jahre. Hrsg. von Werner Faulstich, München 2005 Kultur der Propaganda. Hrsg. von Rainer Gries und Wolfgang Schmale, Bochum 2005 (= Herausforderungen. Historisch-politische Analysen, 16) Kundrus, Birthe, Totale Unterhaltung? Die kulturelle Kriegführung 1939 bis 1945 in Film, Rundfunk und Theater. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 9/2, S. 93-157 Kunst fürs Kino. Die Plakate des Filmpreisträgers Klaus Dill. Hrsg. von Hans-Martin Heider und Eberhard Urban, Berlin 2002 Kunst und Propaganda im Streit der Nationen 1930-1945. Im Auftrag des Deutschen Historischen Museums hrsg. von Hans-Jörg Czeck und Nikola Doll, Dresden 2007 Kurzke, Hermann, Das Bild des Offiziers in der deutschen Literatur. In: Das deutsche Offizierkorps, S. 413-435 Lahusen, Christian, Zur Ikonographie visueller Kommunikation. Eine soziologisch-semiotische Interpretation graphischer Zeichen. In: Sociologia Internationalis, 34 (1996), 1/2, S. 91-115 Lamberty, Christiane, Reklame in Deutschland 1890-1914, Berlin 2000 (= Beiträge zur Verhaltensforschung, 38) Lange, Sven, Hans Delbrück und der »Strategiestreit«. Kriegführung und Kriegsgeschichte in der Kontroverse 1879-1914, Freiburg i.Br. 1995 (= Einzelschriften zur Militärgeschichte, 40) Langer, Günter, Werbung von Bw-Arbeitern tut not. In: Truppenpraxis, (1961), 5, S. 404-407 Lasswell, Harold D., The Structure and Function of Communication in Society. In: Communications, S. 117-130 Lemke, Bernd, Dieter Krüger, Heinz Rebhan und Wolfgang Schmidt, Die Luftwaffe 1950 bis 1970. Konzeption, Aufbau und Integration einer Teilstreitkraft der Bundeswehr, München 2006 (= Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, 2) Link, Werner, Die Entwicklung des Ost-West-Konflikts. In: Einführung in die Internationale Politik, S. 242-274 Lippert, Ekkehard, »Gammeldienst«. Zum Kasernenalltag in der Bundeswehr. In: Der Krieg des kleinen Mannes, S. 424-439
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 363 Meyers Neues Lexikon, Bd 8: Tembe-Zz, Leipzig 1964 Middeldorf, Eike, Bundeswehr und Offiziernachwuchs. (Unter Verwendung eines Beitrages der Oberleutnante Pfundstein und Köhler). In: Truppenpraxis, (1962), 8, S. 582-586 Militär, Krieg, Gesellschaft. Texte zur Militärsoziologie. Hrsg. von Günther Wachtler, Darmstadt 1983 Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR. Forschungsfelder, Ergebnisse, Perspektiven. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Hans Ehlert und Matthias Rogg, Berlin 2004 (= Militärgeschichte der DDR, 8) Militärgeschichte – Erfahrung und Nutzen. Beiträge zum 80. Geburtstag von Reinhard Brühl. Hrsg. von Detlef Nakath und Lothar Schröter, Schkeuditz 2005 (= Beiträge zur Militärgeschichte und Militärpolitik, 6) Militärgeschichte in Deutschland und Österreich vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Mit Beiträgen von Johann Christoph Allmeyer-Beck, Peter Broucek, Othmar Hackl, Gerhard Heyl, Friedrich Freiherr Hiller von Gaertringen, Friedhelm Klein, Manfried Rauchensteiner, Walter Rehm und Michael Salewski. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Herford, Bonn 1985 (= Vorträge zur Militärgeschichte, 6) Militärgeschichte. Probleme – Thesen – Wege. Im Auftrag des Militärgeschichtliche Forschungsamtes ausgew. und zusgest. von Manfred Messerschmidt, Klaus A. Maier, Werner Rahn und Bruno Thoß, Stuttgart 1982 (= Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte, 25) Militärisches Taschenlexikon. Fachausdrücke der Bundeswehr. Hrsg. von K.H. Fuchs und F.W. Kölper, Bonn 1958 Militärisches Wörterbuch. Hrsg. von Fritz Eberhardt, Stuttgart 1940 Mit der Kamera bewaffnet. Krieg und Fotografie. Hrsg. von Anton Holzer, Marburg 2003 Mitchell, W.J. Thomas, Iconology. Image, Text, Ideology, Chicago, IL, London 1987 Mitchell, W.J. Thomas, Picture Theory. Essays on verbal and visual representation, Chicago, IL, London 1995 Mitchell, W.J. Thomas, Was ist ein Bild? In: Bildlichkeit, S. 17-68 Der Mittler in der Werbung. 1855-1955. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Werbungsmittler, Frankfurt a.M. 1955 Modernisierung im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre. Hrsg. von Axel Schildt und Arnold Sywottek, ungek., durchges. und aktual. Studienausgabe, Bonn 1998 Mommsen, Hans, Der lange Schatten der untergehenden Republik. Zur Kontinuität politischer Denkhaltungen von der späten Weimarer zur frühen Bundesrepublik. In: Die Weimarer Republik, S. 552-586 Morris, Charles William, Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik und Zeichentheorie, München 1972 [EA 1938] Morsey, Rudolf, Die Bundesrepublik Deutschland. Entstehung und Entwicklung bis 1969, 3., überarb. und erw. Aufl., München 1995 (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, 19) Mosen, Wido, Bundeswehr – Elite der Nation? Determinanten und Funktionen elitärer Selbsteinschätzungen von Bundeswehrsoldaten, Neuwied, Berlin 1970 (= Soziologische Texte, 67) Mosen, Wido, Eine Militärsoziologie. Technische Entwicklung und Autoritätsprobleme in modernen Armeen, Neuwied, Berlin 1967 (= Soziologische Essays) Müller, Christian Th., Tausend Tage bei der »Asche«. Unteroffiziere in der NVA. Untersuchungen zu Alltag und Binnenstruktur einer »sozialistischen« Armee. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Berlin 2003 (= Militärgeschichte der DDR, 6)
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 375 Tradition und Reform im militärischen Bildungswesen. Von der preußischen Allgemeinen Kriegsschule zur Führungsakademie der Bundeswehr. Eine Dokumentation 1810-1985. Hrsg. von Detlef Bald, Gerhild Bald-Gerlich und Eduard Ambors, Baden-Baden 1985 Tradition und Reform in den Aufbaujahren der Bundeswehr. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Hans-Joachim Harder und Norbert Wiggershaus, Herford, Bonn 1985 (= Entwicklung deutscher militärischer Tradition, 2) Trampe, Gustav, Reichswehr und Presse. Das Wehrproblem der Weimarer Republik im Spiegel von »Frankfurter Zeitung«, »Münchner Neueste Nachrichten« und »Vorwärts«, Phil.Diss., München 1962 Treml, Manfred, »Schreckensbilder« – Überlegungen zur Historischen Bildkunde. Die Präsentation von Bildern an Gedächtnisorten des Terrors. In: GWU, 48 (1997), 5/6, S. 279-293 Trentzsch, Karl-Christian, Bundeswehr und Öffentliche Meinung. Kurzfassung. In: 12. Kommandeur-Tagung der Bundeswehr Trentzsch, Karl-Christian, Der Soldat und der 20. Juli. Vortrag vor dem 1. Lehrgang für höhere Offiziere der Bundeswehr in Sonthofen, 3. Aufl., Darmstadt 1956 Tresp, Uwe, Söldner aus Böhmen. Im Dienst deutscher Fürsten. Kriegsgeschäft und Heeresorganisation im 15. Jahrhundert, Paderborn 2004 (= Krieg in der Geschichte, 19) Tropp, Jörg, Die Verfremdung der Werbung. Eine Analyse zum Zustand des Werbewirtschaftssystems, Opladen 1997 (= Studien zur Kommunikationswissenschaft, 25) Trottenberg, Wilhelm, Bundeswehr und Gewerkschaften (1945-1966). Ende einer hundertjährigen Feindschaft, Münster, Hamburg 1995 (= Bonner Beiträge zur Politikwissenschaft, 5) Tschopp, Silvia Serena, Das Unsichtbare begreifen. Die Rekonstruktion historischer Wahrnehmungsmodi als methodische Herausforderung der Kulturgeschichte. In: HZ, 280 (2005), 1, S. 39-81 Tuchel, Günter, und Karl-Heinz Blumenhagen, Berufsförderung in der Bundeswehr, München 1974 Uhlitzsch, Joachim, Der Soldat in der bildenden Kunst. 15. bis 20. Jahrhundert, Berlin (Ost) 1987 Die unbewältigte Vergangenheit der Bundeswehr. Fünf Offiziere zur Krise der Inneren Führung. Hrsg. von Bernd C. Hesslein, Reinbek bei Hamburg 1977 Ungváry, Kriztián, Echte Bilder – problematische Aussagen. Eine quantitative und qualitative Fotoanalyse der Ausstellung »Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944«. In: GWU, 50 (1999), 10, S. 584-595 Unsere Bundeswehr? Zum 25jährigen Bestehen einer umstrittenen Institution. Hrsg. von Reiner Steinweg, Frankfurt a.M. 1981 (= edition suhrkamp, NF 56) Unsere Bundeswehr. Hrsg. vom Bundesministerium für Verteidigung, Offenburg o.J. Unsere junge Bundeswehr. Sonderdruck aus »Bunte Illustrierte«, [o.O.] Oktober 1957 Unter Druck gesetzt. Vier Kapitel deutscher Pressegeschichte. Hrsg. von Jürgen Wilke, Köln, Weimar, Wien 2002 (= Medien in Geschichte und Gegenwart, 17) Unternehmen Bundeswehr. Zur Soziologie der Streitkräfte. Hrsg. von Erhard Klöss und Heinz Grossmann, Frankfurt a.M. 1974 (= Informationen zur Zeit) Der Unteroffizier-Mangel bei der Infanterie, eine Existenzfrage für die Armee, Leipzig 1873 (= Militärische Zeit- und Streitfragen, 15) Die USA und Deutschland im Zeitalter des Kalten Krieges 1945-1990. Ein Handbuch, Bd 1: 1945-1968; Bd 2: 1968-1990. Hrsg. von Detlef Junker in Verbindung mit Philipp Gassert, Wilfried Mausbach und David B. Morris, München, Stuttgart 2001
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Quellen und Literatur _____________________________________________________ 377 Vor dem Abgrund. Streitkräfte der USA und UdSSR sowie ihrer deutschen Bündnispartner in der Kubakrise. Hrsg. von Dimitrij N. Filippovych und Matthias Uhl, München 2005 (= Schriftenreihe der VfZ, Sondernr.) Wagner, Dietrich, FDP und Wiederbewaffnung. Die wehrpolitische Orientierung der Liberalen in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1955, Boppard a.Rh. 1978 (= Militärgeschichte seit 1945, 5) Wahrnehmungsgeschichte und Wissensdiskurs im illustrierten Flugblatt der Frühen Neuzeit (1450-1700). Hrsg. von Wolfgang Harms und Alfred Messerli, Basel 2002 Waldmann, Eric, Soldat im Staat. Der Staatsbürger in Uniform. Vorstellung und Wirklichkeit, Boppard a.Rh. 1963 Walker, Horst O., Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Eine Untersuchung zu Fragen der Organisation, Koordination und Kontrolle der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, Frankfurt a.M. 1982 Walter, Dierk, Preußische Heeresreformen 1807-1870. Militärische Innovation und der Mythos der »Roonschen Reform«, Paderborn 2003 (= Krieg in der Geschichte, 16) Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980. Hrsg. von Ulrich Herbert, 2. Aufl., Göttingen 2003 (= Moderne Zeit, 1) Warnke, Rudolf, Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Aus der Sicht von Zeitsoldaten und Wehrpflichtigen am Beginn ihrer Bundeswehrzeit, Bonn 1973 (= Schriftenreihe Innere Führung, Reihe Führungshilfen Wehrsoziologische Studien, 15) Was ist ein Bild? Hrsg. von Gottfried Boehm, 3. Aufl., München 2001 (= Bild und Text) Was ist Militärgeschichte? In Verbindung mit dem Arbeitskreis Militärgeschichte e.V. hrsg. von Thomas Kühne und Benjamin Ziemann, Paderborn 2000 (= Krieg in der Geschichte, 6) Wegner, Bernd, Auf dem Wege zur pangermanischen Armee. Dokumente zur Entstehungsgeschichte des III. (»germanischen«) SS-Panzerkorps. In: MGM, 28 (1980), 2, S. 101-136 Wegner, Bernd, Erschriebene Siege. Franz Halder, die »Historical Division« und die Rekonstruktion des Zweiten Weltkrieges im Geiste des deutschen Generalstabes. In: Politischer Wandel, S. 287-302 Wegner, Bernd, Hitlers Politische Soldaten. Die Waffen-SS 1933-1945. Studien zu Leitbild, Struktur und Funktion einer nationalsozialistischen Elite, 6. Aufl., unveränd. Nachdr. der 5., erw. Aufl. 1997, Paderborn 1999 Wegner, Bernd, Wozu Operationsgeschichte? In: Was ist Militärgeschichte?, S. 105-113 Wehrgerechtigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Bericht der Wehrstruktur-Kommission an die Bundesregierung. Hrsg. von der Wehrstruktur-Kommission der Bundesregierung, Köln 1971 Die Wehrmacht. Mythos und Realität. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Rolf-Dieter Müller und Hans-Erich Volkmann, München 1999 Die Wehrpflicht. Entstehung, Erscheinungsformen und politisch-militärische Wirkung. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes hrsg. von Roland G. Foerster, München 1994 (= Beiträge zur Militärgeschichte, 43) Die Wehrstruktur in der Bundesrepublik Deutschland. Analyse und Optionen [Bericht an die Bundesregierung]. Hrsg. von der Wehrstruktur-Kommission im Einvernehmen mit der Bundesregierung, Köln 1972/73 Die Weimarer Republik. 1918-1933. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft. Hrsg. von Karl Dietrich Bracher, Manfred Funke und Hans-Adolf Jacobsen, 2., durchges. Aufl., Bonn 1988 (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung, 251)
378 ____________________________________________________ Quellen und Literatur Weinstein, Adelbert, Armee ohne Pathos. Die deutsche Wiederbewaffnung im Urteil ehemaliger Soldaten, Bonn 1951 Weiss, Andreas von, Schlagwörter der Neuen Linken. Die Agitation der Sozialrevolutionäre, München, Wien 1974 (= Geschichte und Staat, 179/180) Weißbuch 1969. Zur Verteidigungspolitik der Bundesregierung. Im Auftrage der Bundesregierung hrsg. vom Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1969 Weißbuch 1970. Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr. Im Auftrag der Bundesregierung hrsg. vom Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1970 Weißbuch 1975/76. Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr. Im Auftrage der Bundesregierung hrsg. vom Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1976 Weißbuch 1979. Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr. Im Auftrag der Bundesregierung hrsg. vom Bundesminister der Verteidigung, Bonn 1979 Weißbuch zur zivilen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. vom Bundesminister des Innern, 2. geänd. Aufl., Köln 1973 Weisser, Michael, Deutsche Reklame. 100 Jahre Werbung 1870-1970. Ein Beitrag zur Kunst- und Kulturgeschichte, Bassum 2002 Wendepunkte deutscher Geschichte 1848-1945. Hrsg. von Carola Stern und Heinrich August Winkler, Frankfurt a.M. 1979 Wengenroth, Ulrich, Die Fotografie als Quelle der Arbeits- und Technikgeschichte. In: Bilder von Krupp, S. 89-104 Weniger, Erich, Die Gefährdung der Freiheit durch ihre Verteidiger. In: Schicksalsfragen der Gegenwart, Bd 4, S. 349-381 Werbegraphik 1830-1870. Aus niedersächsischen Zeitungen. Hrsg. von Reinhard Oberschelp, Hildesheim 1986 (= Veröffentlichungen der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover) Werbung als Geschichte: Geschichte der Werbung. Hrsg. von Geschichtswerkstatt e.V., Bonn 1992 (= Geschichtswerkstatt, 25) Werbung, Medien und Kultur. Hrsg. von Siegfried J. Schmidt und Brigitte Spieß, Opladen 1995 Werbung, Mode und Design. Hrsg. von Guido Zurstiege und Siegfried J. Schmidt, Wiesbaden 2001 Westdeutschland 1945-1955. Unterwerfung, Kontrolle, Integration. Hrsg. von Ludolf Herbst, München 1986 Westphal, Uwe, Werbung im Dritten Reich, Berlin 1989 Wettig, Gerhard, Entmilitarisierung und Wiederbewaffnung in Deutschland 1945-1955, München 1967 (= Schriften des Forschungsinstituts der deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., 25) Wie integriert ist die Bundeswehr? Zum Verhältnis von Militär und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. von Ralf Zoll, München, Zürich 1979 Wiggershaus, Norbert, Die amtliche Militärgeschichtsforschung in der Dienststelle Blank und im Bundesministerium für Verteidigung 1952 bis 1956. In: MGM, 20 (1976), 2, S. 115-121 Wiggershaus, Norbert, Die Entscheidung für einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag 1950. In: AWS, Bd 1, S. 325-402 Wildenmann, Rudolf, Bürger in Uniform? In: Innere Führung, S. 6-15 Wilke, Jürgen, Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Köln, Weimar, Wien 2000
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380 ____________________________________________________ Quellen und Literatur Zahlmann, Harald, Erinnerungen an Erinnerungen. Deutsche Schuld und deutsche Sühne in der filmischen Gedächtnistradition der deutschen Nachkriegszeit. In: Schuld und Sühne?, S. 791-799 Der Zeit voraus. Der Wehringenieur heute. Hrsg. vom Bundesminister der Verteidigung P II 1, Hannover 1965 Zeller, Ursula, Die Frühzeit des politischen Bildplakats in Deutschland (1848-1918), Stuttgart 1987 Zielke, Achim, Beispiellos ist beispielhaft oder: Überlegungen zur Analyse und zur Kreation des kommunikativen Codes von Werbebotschaften in Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen, Pfaffenweiler 1991 (= Medienwissenschaft, 5) Zuber, Hubertus, Innere Führung in Staat, Armee und Gesellschaft, Regensburg 1981 Zurstiege, Guido, Mannsbilder – Männlichkeit in der Werbung. Eine Untersuchung zur Darstellung von Männern in der Anzeigenwerbung der 50er, 70er und 90er Jahre, Opladen, Wiesbaden 1998 (= Studien zur Kommunikationswissenschaft, 34) Zurstiege, Guido, Zwischen Kritik und Faszination. Was wir beobachten, wenn wir die Werbung beobachten, wie sie die Gesellschaft beobachtet, Köln 2005 12. Kommandeur-Tagung der Bundeswehr. Hrsg. vom Bundesministerium der Verteidigung S VII 4, [o.O.] 1966