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German Pages 407 Year 2016
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 454
Der Einfluss Europas auf das BGB Gesetzgebungstechnik europarechtlich veranlasster Änderungsgesetze
Von
Katharina Wagner
Duncker & Humblot · Berlin
KATHARINA WAGNER
Der Einfluss Europas auf das BGB
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 454
Der Einfluss Europas auf das BGB Gesetzgebungstechnik europarechtlich veranlasster Änderungsgesetze
Von
Katharina Wagner
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2015 von der FriedrichAlexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Ich möchte nun die Gelegenheit nutzen und denjenigen danken, die mich bei meinem Promotionsvorhaben begleitet, unterstützt und gefördert haben. An erster Stelle gilt mein Dank meinem Doktorvater Professor Dr. Bernd Mertens, der meine Promotion hervorragend betreut hat. Danken möchte ich ihm außerdem für die schöne Zeit an der Universität während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl und als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Fachbereich. Mein Dank gilt insoweit auch meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Danken möchte ich außerdem Professor Dr. Jochen Hoffmann für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und Professor Dr. Jürgen Stamm für die Teilnahme an der Prüfungskommission. Darüber hinaus bin ich der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität, die mein Promotionsvorhaben mit dem Fakultätsfrauenpreis 2012 unterstützt hat, zu Dank verpflichtet. Schließlich ist es mir ein besonderes Anliegen, meinen Freunden und natürlich meiner Familie zu danken. Meine Eltern, wie auch meine Schwester haben mich stets motiviert und verständnisvoll unterstützt und damit ganz entscheidend zu diesem Erfolg beigetragen. Meiner Familie möchte ich dieses Buch daher widmen. Lauf, im Frühjahr 2016
Katharina Wagner
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . 23 I. Grundformen eines Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Begriff und Abgrenzung einzelner besonderer Mittel der Gesetzestechnik . . . . 25 1. Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Einteilung nach dem Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Einteilung nach dem Verweisungsausspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 c) Einteilungen im Zusammenhang mit dem Verweisungsobjekt . . . . . . . . . . 28 d) Einteilung nach dem Verweisungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Fiktion und gesetzliche Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Legaldefinitionen, Allgemeiner Teil und Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 III. Grad der Abstraktion, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe . . . . . . 31 IV. Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Nationale Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Quellen europarechtlichen Einflusses und ihre nationale Umsetzung . . . . . . . . . 37 III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des AGB-Gesetzes vom 9. Dezember 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des Gesetzes zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 . . . . . . . . . . . . . 42 IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. AGB-Gesetz vom 9. Dezember 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 V. Analyse der Gesetzeslage im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . 45 1. Sprachliche Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Legaldefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Fiktionen/Gesetzliche Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4. Grad der Abstraktion/Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
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Inhaltsverzeichnis 5. Systematik des Abschnitts zum AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Äußere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Strukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (1) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 307 BGB . . . . . . . . . . . 57 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 310 BGB . . . . . . . . . . . 59 (3) Die Regelungen zum Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (4) Zusammenfassung von Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (5) Stellung des § 306 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Innere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 aa) Persönlicher Anwendungsbereich und Schutzzweck des AGB-Rechts. 67 bb) Gegenstand des AGB-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (1) Auswirkungen des § 310 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Bedeutung für den Grundsatz der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . 69 (3) Transparenz der Abschnittsüberschrift der §§ 305 ff. BGB . . . . . . 71 cc) Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 dd) Anwendbare Vorschriften des AGB-Rechts bei Einmalbedingungen i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 ee) Einheitlichkeit der Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (1) Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . 74 (2) Das Aushandeln der Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6. Systematik im Gesamtzusammenhang des BGB – insbesondere die Stellung im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
D. Verbrauchsgüterkaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Quellen des europarechtlichen Einflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 II. Nationale Umsetzung und Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. Die Entstehung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 IV. Das äußere Erscheinungsbild des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 V. Analyse der Gesetzeslage im Verbrauchsgüterkaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Sprachliche Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Legaldefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Inhaltsverzeichnis
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b) Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Schlüssige Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Ausdrückliche Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 cc) Verweisungshäufung und Verweisungsketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Fiktionen/Gesetzliche Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4. Grad der Abstraktion/Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 5. Systematik des Abschnitts zum Verbrauchsgüterkaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Äußere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Strukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (1) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 474 bis 477 BGB . . . 118 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB . . . . . . 122 (3) Unstimmigkeiten in Hinblick auf den Anwendungsbereich des Verbrauchsgüterkaufrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (4) Stellung einzelner Regelungen im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (5) Vorschlag für eine Strukturierung des Abschnitts zum Verbrauchsgüterkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Innere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Konzeptionelle Stimmigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (1) Umsetzung des Verbraucherschutzgedankens, insbesondere die Handhabung des § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf und die Regelung zur Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (2) Die Ausgestaltung des Unternehmerregresses im Vergleich zum eigentlichen Verbrauchsgüterkauf – insbesondere die Unabdingbarkeitsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (3) Die Stimmigkeit der Ausgestaltung der Rückgriffsrechte im Unternehmerregress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 bb) Einheitlichkeit der Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6. Systematik im Gesamtzusammenhang des BGB und der Rechtsordnung . . . 143 a) Stellung im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Konzeptionelle Stimmigkeit im Zusammenhang des Kaufrechts . . . . . . . . 144 aa) Die Verjährungsregelung gemäß § 479 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Unterlaufen des Rechts zur zweiten Andienung des Lieferanten durch § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 cc) Nutzungsersatzpflicht des Verbrauchers – Wertungswidersprüche durch § 474 Abs. 5 S. 1 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 dd) Die Regelung der Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB – insbesondere der Wertungswiderspruch zwischen Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
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Inhaltsverzeichnis c) Konzeptionelle Stimmigkeit im Gesamtzusammenhang des BGB und der Rechtsordnung im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 aa) Einschränkungen der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Anordnung zwingenden Rechts gemäß § 475 BGB . . . . . . . . . . . . 155 (2) Transparenzgebot, Informationsgebot und Formanspruch gemäß § 477 Abs. 1 bis 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (3) Einschränkungen der Privatautonomie im Unternehmerregress – insbesondere die Anordnung eingeschränkter Unabdingbarkeit gemäß § 478 Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Die Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (1) Die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (2) Die Erstreckung der Beweislastumkehr gemäß §§ 478 Abs. 3, Abs. 5 BGB auf den Unternehmerregress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Unternehmerregress und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Wertungswidersprüche durch die Regelung zum Fälligkeitszeitpunkt in § 474 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 d) Einheitlichkeit der Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Die Begriffe des Verbrauchsgüterkaufs, des Unternehmers und der Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Der Begriff der Aufwendungen in § 478 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Das Verbot des Sich-Berufens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 dd) Die Umgehungsverbote gemäß §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 ee) Die Begriffe der gebrauchten und der neu hergestellten Sache . . . . . . 180 ff) Der Begriff des Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 gg) Der Begriff der Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . 181 (1) Sehr weitgehendes Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (2) Erfordernis des Weiterverkaufs an den Verbraucher bei noch laufender Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (3) Sehr eingeschränktes Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Verbrauchsgüterkaufrechts . . . . . . . . . . . . . . 186
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Quellen des europarechtlichen Einflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Vor Erlass der Verbraucherrechterichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Die Verbraucherrechterichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 II. Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
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III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Das Gesetzgebungsverfahren beim Haustürwiderrufsgesetz vom 16. Januar 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie vom 20. September 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Das Haustürwiderrufsgesetz vom 16. Januar 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 2. Das Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie vom 20. September 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 V. Analyse der Gesetzeslage im Recht der besonderen Vertriebsformen . . . . . . . . . 201 1. Einzelanalyse der Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) §§ 312 – 312k BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 aa) Sprachliche Analyse und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (1) Legaldefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (a) Die Definition von Finanzdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (b) Die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Geschäftsräume . . . . . . . . . . . . . 205 (c) Die Definitionen der Fernabsatzverträge und der Fernkommunikationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 (d) Die Definition der digitalen Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (e) Die Definition der öffentlich zugänglichen Versteigerung . . . . 209 (f) Definition des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr . . 210 (2) Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (a) Schlüssige Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (b) Ausdrückliche Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (c) Verweisungshäufungen und Verweisungsketten . . . . . . . . . . . . 214 (3) Fiktionen/gesetzliche Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 cc) Grad der Abstraktion/Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Bestimmtheit der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (2) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) §§ 355 – 361 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 aa) Sprachliche Analyse und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 bb) Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (1) Legaldefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (2) Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (a) Stillschweigende Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (b) Ausdrückliche Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (c) Verweisungshäufungen und Verweisungsketten . . . . . . . . . . . . 230 cc) Grad der Abstraktion/Bestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (1) Bestimmtheit der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
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Inhaltsverzeichnis (2) Kasuistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Fazit zur Einzelanalyse und Vergleich mit dem Haustürwiderrufsgesetz . . 234 2. Systematik der Abschnitte in sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Äußere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 aa) Aufbau des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Strukturierung der §§ 312 – 312k BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (1) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312, 312a BGB . . . . . 238 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312b – 312h BGB . . . 240 (3) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312i, 312j BGB . . . . . 243 (4) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 312k BGB . . . . . . . . . . 243 (5) Uneinheitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (6) Stellung des § 312h BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 (7) Die Regelung von Informationspflichten und formalen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (8) Mehrfachregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 cc) Strukturierung der §§ 355 – 361 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (1) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 355 BGB . . . . . . . . . . . 252 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 356 – 356c BGB . . . . 256 (3) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 357 – 357c BGB . . . . 258 (4) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 358, 359, 360 BGB . . 260 (5) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 361 BGB . . . . . . . . . . . 262 (6) Stellung des § 359 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (7) Unübersichtliche Strukturierung, fehlende Untergliederung des Abschnitts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 (8) Festlegung des Anwendungsbereichs einzelner Normen . . . . . . . . 267 b) Innere Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 aa) Das System der Ausnahmeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (1) Notariell beurkundete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (2) Reiseverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (3) Die Erlöschenstatbestände des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB . . . . . . . 272 bb) Die Umsetzung des Verbraucherschutzgedankens . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (1) Informationsflut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (2) Verschlechterungen für den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 cc) Die Rechtsfolgenregelungen bei der Verletzung von Unternehmerpflichten bzw. Vorgaben zum Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 3. Systematik der Abschnitte im Gesamtzusammenhang des BGB . . . . . . . . . . 283 a) Stellung in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 aa) Stellung im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 bb) Die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten im EGBGB . . . . 285
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b) Konzeptionelle Stimmigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 aa) Konsequenzen der Verletzung von Pflichten des Unternehmers . . . . . 286 (1) Die „Button-Lösung“, § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . 287 (2) Die Regelungen zur Pflicht der Kostentragung, §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 bb) Das Verbraucherschutzkonzept und seine Auswirkungen auf den Grundsatz der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 (1) Hintergrund des Verbraucherschutzes bei den §§ 312 ff, 355 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 (a) Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge . . . . . . . 294 (b) Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . 296 (c) Verbraucherverträge im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (2) Die einzelnen Verbraucherschutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (a) Informationspflichten und formale Anforderungen . . . . . . . . . 297 (aa) Informationspflichten bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 (bb) Informationspflichten bei den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (cc) Informationspflichten bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (b) Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 (c) Inhaltskontrolle von Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 (d) Eingriffe in den Grundsatz der Relativität von Schuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 (e) Das Erfordernis der Ausdrücklichkeit als neues Verbraucherschutzinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 (f) Die Anordnung zwingender Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 c) Einheitlichkeit der Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 aa) Die Anordnung der zwingenden Wirkung und die Umgehungsverbote 324 bb) Verträge über die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, Verbrauchsgüterkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 cc) Der dauerhafte Datenträger und die Textform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 dd) Die Vorgaben zur Erteilung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 ee) Abweichungen von der etablierten Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 (1) Der Begriff der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 (2) Der Begriff der Vertragserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 (3) Das Erfordernis der Ausdrücklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 4. Fazit zur Systematik der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
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F. Die Verortung der Verbraucherschutzmaterien – Integration in das BGB, zahlreiche Sondergesetze oder ein Verbraucherschutzgesetzbuch? . . . . . . . . . . . . . . . 350 G. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400
A. Einleitung „Es geht um das BGB, und das BGB ist ein Kulturdenkmal – als solches gebietet das BGB Respekt, auch wenn man es ändert. Diejenigen, welche an den hier besprochenen Änderungen des BGB durch das Fernabsatzgesetz beteiligt gewesen sind, wissen offenbar nichts von einem solchen Respektsgebot. Es ist schlechthin unerträglich, dass man sich erdreistet, durch eine solche Gesetzgebung, wie das Fernabsatzgesetz sie bietet, das BGB zu verunstalten.“1
So lautete die Bilanz Werner Flumes im Jahr 2000 zu den im Zuge der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie2 am BGB vorgenommenen Änderungen. Auch an der Umsetzung der Überweisungsrichtlinie im BGB durch das Überweisungsgesetz3 ließ er kein gutes Wort. Er bezeichnete das Überweisungsgesetz als „monstrum horribile“ und sagte überdies eine „Zerstörung des Kaufrechts des BGB“ durch die bevorstehende Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie4 voraus.5 Diese Aussagen liegen nunmehr fast 15 Jahre zurück, seitdem hat sich Einiges getan. Das BGB als die zentrale Kodifikation des deutschen Zivilrechts unterliegt in jüngerer Vergangenheit immer mehr europäischem Einfluss. Europäische Richtlinien haben mehr und mehr zentrale Materien des Zivilrechts zum Gegenstand, es gilt diese in das nationale Zivilrecht umzusetzen. Dabei ist der nationale Gesetzgeber eine Zeit lang weitgehend den Weg einer Umsetzung in Sondergesetzen gegangen, wodurch das BGB in seiner gesetzestechnischen Ausgestaltung nicht unmittelbar berührt wurde. Die Wende hin zu einer Regelung im BGB selbst wurde im Zuge der von Flume derart kommentierten Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie eingeleitet, anlässlich derer zumindest einzelne Elemente der Richtlinienumsetzung zur Vereinheitlichung verschiedener Materien in das BGB eingefügt wurden.6 Fortgeführt und ausgebaut wurde diese Linie des nationalen Gesetzgebers im Rahmen der 1
Flume, ZIP 2000, 1427, 1429 f. Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144 vom 04. 06. 1997, S. 19; Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I 2000, 897. 3 Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, ABl. EG Nr. L 43 vom 14. 02. 1997, S. 25; Überweisungsgesetz (ÜG) vom 21. Juli 1999, BGBl. I 1999, 1642. 4 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. EG Nr. L 171 vom 07. 07. 1999, S. 12. 5 Flume, ZIP 2000, 1427, 1430. 6 Vgl. dazu E. II. 2
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Schuldrechtsreform im Jahr 2001 durch die Reintegration verschiedener Sondergesetze in das BGB, die weitgehend zumindest auch auf europarechtliche Vorgaben zurückgingen und durch die Umsetzung weiterer Richtlinienvorgaben unmittelbar im BGB.7 Auch in der Folgezeit hat der nationale Gesetzgeber an diesem Konzept der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben unmittelbar im BGB festgehalten. Als jüngste Beispiele sind die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie,8 sowie die Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie9 zu nennen. Zahlreiche Bereiche des BGB sind daher nunmehr auf eine solche Umsetzungsgesetzgebung zurückzuführen. Angesichts dessen und angesichts solch harscher Aussagen, wie der Flumes, stellt sich daher die Frage, inwieweit sich in diesen europarechtlich beeinflussten Bereichen gesetzestechnische Besonderheiten und Probleme feststellen lassen und, inwieweit sich Veränderungen der Gesetzestechnik des BGB durch die europarechtlich veranlassten Änderungsgesetze ergeben. Als Folgefrage ist es interessant, inwieweit attestierte Schwierigkeiten auch tatsächlich auf die europäischen Vorgaben zurückzuführen sind, oder vielmehr doch dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnen sind. Flume meinte dazu: „Die Verantwortung für die Richtliniengesetzgebung trifft nicht die Verfasser der Richtlinie. Es geht vielmehr bei der Änderung des BGB durch die Richtliniengesetzgebung um die Unfähigkeit des deutschen Gesetzgebers zu einer dem BGB adäquaten Gesetzgebung. Verantwortlich dafür ist das Bundesjustizministerium.“10
Es wird zu prüfen sein, ob dieser Aussage für die aktuelle Rechtslage zugestimmt werden kann. In der vorliegenden Arbeit werden daher zentrale europarechtlich beeinflusste Bereiche aus dem BGB einer näheren Analyse unter dem Blickwinkel der Gesetzestechnik unterzogen. Angesichts dessen, dass mittlerweile durchaus viele Bereiche des BGB auf europäische Richtlinien zurückgehen, konnte allerdings keine umfassende Analyse des gesamten Gesetzbuchs unter diesem Gesichtspunkt erfolgen. Auch eine Betrachtung sämtlicher einzelner Normen, die europäischem Einfluss ausgesetzt sind, muss unterbleiben. Vielmehr wurden, um auch die nötige Tiefe der gesetzestechnischen Analyse zu gewährleisten, drei wichtige Teilbereiche exem7
BT-Drs. 14/6040, S. 97, 166. Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 304 vom 22. 11. 2011, S. 64; Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, BGBl. I 2013, 3642; vgl. dazu auch E. II. 9 Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EU Nr. L 48 vom 23. 02. 2011, S. 1; Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22. Juli 2014, BGBl. I 2014, 1218. 10 Flume, ZIP 2000, 1427, 1430. 8
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plarisch herausgegriffen. Es handelt sich dabei zum einen um das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum anderen um das Verbrauchsgüterkaufrecht und schließlich um das Recht der Verbraucherverträge im Allgemeinen und der besonderen Vertriebsformen, wie auch die damit in Zusammenhang stehenden Regelungen zum Widerruf. Mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen war erstmals ein zentraler Bereich des nationalen Zivilrechts, insbesondere des Vertragsrechts, europäischem Einfluss ausgesetzt. Dies gilt umso mehr für das Kaufrecht, welches zudem seit Inkrafttreten des BGB kaum verändert worden war.11 Der letzte Teilbereich schließlich unterlag erst in jüngster Vergangenheit einer umfassenden Neuregelung und Neustrukturierung zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, die ihrerseits auf europäischer Ebene einzelne Vorgängerrichtlinien ablöste. Damit ergibt sich ein Querschnitt aus der Umsetzungsgesetzgebung auch in zeitlicher Hinsicht. Außerdem liegen jeweils unterschiedliche Modalitäten bei der Richtlinienumsetzung vor. Im AGB-Recht wurde auf das bestehende AGB-Gesetz zurückgegriffen, das zur Anpassung an die Richtlinienvorgaben lediglich punktuell geändert wurde.12 Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurde weitgehend überschießend im allgemeinen Kaufrecht umgesetzt, der hier untersuchte Abschnitt des Verbrauchsgüterkaufrechts beschränkt sich auf die Regelungen, denen spezifische verbraucherschützende Wertungen zugrunde liegen.13 Die Regelungen zu den besonderen Vertriebsformen und den Verbraucherverträgen allgemein schließlich stellen einen in sich abgeschlossenen Komplex dar. Auf europäischer Ebene ging die Entwicklung außerdem vom Prinzip der Mindestharmonisierung hin zu einer grundsätzlichen Vollharmonisierung.14 Bei der Untersuchung der einzelnen Teilbereiche soll zunächst ein Überblick über die jeweiligen Quellen des europäischen Einflusses, wie auch die nationale Ausgangslage und die Umsetzung der Vorgaben in nationales Recht gegeben werden. Im Anschluss daran wird die Frage untersucht, ob sich beim Gesetzgebungsverfahren Besonderheiten erkennen lassen, wie auch bei dem äußeren Erscheinungsbild der jeweiligen Umsetzungsgesetze. Soweit möglich soll dazu ein Vergleich mit dem Gesetzgebungsverfahren und dem äußeren Erscheinungsbild der Gesetzgebungsakte der jeweiligen nationalen Ausgangslage erfolgen. Unter dem Gesichtspunkt des äußeren Erscheinungsbildes eines Gesetzes ist dabei das Augenmerk auf die Grundformenwahl, die Überschriften der Gesetze und ihre Untergliederung zu legen. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet dann allerdings die gesetzestechnische Analyse der jeweils aktuellen Gesetzeslage. Dabei werden im Wesentlichen zunächst die einzelnen Normen in Hinblick auf Sprache, Besonderheiten bei der Terminologie, besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik, sowie das Abstraktionsniveau und Bestimmtheitsprobleme untersucht. Im Anschluss daran erfolgt ein Blick auf die 11 12 13 14
Ebenso Schwartze, ZEuP 2000, 544, 545; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721. Dazu später unter C. II. BT-Drs. 14/6040, S. 242; näher zur nationalen Umsetzung später unter D. II. Vgl. dazu die Ausführungen unter C. II., D. I. und E. I.
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äußere und innere Systematik der Regelungen, wobei sie auch in den Gesamtzusammenhang des BGB und zum Teil darüber hinausgehend der nationalen Zivilrechtsordnung eingestellt werden. Bei dieser Analyse wird der Blick auch immer wieder auf die Ausgangssituation des nationalen Rechts vor der jeweiligen Richtlinienumsetzung fallen. Darüber hinaus werden die Richtlinienvorgaben in die Betrachtung mit einbezogen, um die Frage nach einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen gesetzestechnischen Auffälligkeiten und der Richtlinienumsetzung beantworten zu können. Abschließend soll bereichsübergreifend die Frage nach dem Regelungsstandort der Umsetzungsgesetzgebung betrachtet werden, namentlich also, ob eine Integration in das BGB zu begrüßen ist oder doch eine Verortung außerhalb in Form von Sondergesetzen oder in einem Verbraucherschutzgesetzbuch vorzugswürdig ist. Der abschließenden Gesamtbetrachtung kommt neben der Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse der Arbeit auch die Aufgabe zu, soweit vorhanden, Parallelen zwischen den drei Teilbereichen zu ziehen, und eine Bewertung in Hinblick auf die europarechtliche Veranlassung vorzunehmen. In Hinblick auf die Frage nach einer europarechtlichen Veranlassung lohnt sich ein kurzer Blick auf die Anforderungen an eine Umsetzung europäischer Richtlinien in das nationale Recht. Dem nationalen Gesetzgeber verbleiben hierbei durchaus Spielräume. Ausgangspunkt für die Betrachtung ist Art. 288 AEUV, wonach Richtlinien für die Mitgliedstaaten auch bei Vollharmonisierung nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind, nicht jedoch, was die Wahl der Form und der Mittel angeht. Daraus lässt sich zum einen folgern, dass der nationale Gesetzgeber Freiheiten bei der Gesetzessystematik dahingehend genießt, dass er den Regelungsstandort der Umsetzungsvorschriften frei bestimmen kann und auch darüber hinaus die äußere Systematik, die Struktur der Rechtsnormen, nach seinem Belieben gestalten kann.15 Außerdem müssen auch Begriffe und Formulierungen der Richtlinienvorgaben nicht wortwörtlich übernommen werden. Maßgeblich ist allein, dass im Ergebnis die materielle Rechtslage hergestellt wird, wie sie den Richtlinienvorgaben entspricht.16 Eingeschränkt wird diese Freiheit des nationalen Gesetzge15
Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 179, 180; Riehm, in: Gsell/Herresthal, S. 83, 100 ff. jeweils noch zu Art. 249 EG; auch Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 270, wobei hier missverständlich von der inneren Struktur der Regelungen die Rede ist. 16 Z. B. EuGH, Urt. v. 09. 04. 1987, Rs. 363/85 (Kommission/Italien), Slg. 1987, I-1733, Rn. 7, 13, 15; EuGH, Urt. v. 28. 02. 1991, Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, I-825, Rn. 6; EuGH, Urt. v. 20. 05. 1992, Rs. C-190/90 (Kommission/Niederlande), Slg. 1992, I3265, Rn. 17; EuGH, Urt. v. 09. 09. 1999, Rs. C-217/97 (Kommission/Deutschland), Slg. 1999, I-5087, Rn. 31; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 179; dies., ZEuP 2011, 263, 270; Riehm, in: Gsell/Herresthal, S. 83, 100 ff.; ausführlich dazu Schultze, S. 237 ff.; vgl. auch Streinz-Schroeder, Art. 288 AEUV Rn. 89. Soweit Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 270 und dies., in: Jud/Wendehorst, S. 153, 180 von einer Verengung des terminologischen Spielraums der Mitgliedstaaten ausgeht, wenn die Richtlinien Formblätter vorsehen, kann dem meiner Ansicht nach nicht gefolgt werden. Wirklich europaweit einheitliche Formblätter lassen sich angesichts der verschiedenen Sprachfassungen ohnehin nicht verwirklichen. Eine Vereinfachung für ausländische Unternehmer erfolgt zudem schon dadurch, dass die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen entsprechende Formblätter vorsehen, die übernommen werden können.
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bers allerdings dadurch, dass die Richtlinienumsetzung nach der Rechtsprechung des EuGH hinreichend klar und bestimmt sein muss. Wenn die Richtlinie dem Einzelnen Rechte einräumt, muss dieser in der Lage sein, von allen seinen Rechten Kenntnis zu erlangen.17 Über diese eher formalen Aspekte hinaus bestehen auch materiellrechtlich verschiedene Freiheiten der nationalen Gesetzgeber. Zum einen eröffnen die Richtlinien zum Teil ausdrücklich Spielräume, indem auf das nationale Recht verwiesen wird, den nationalen Gesetzgebern Gestaltungskompetenzen überlassen oder Regelungsoptionen gegeben werden.18 Außerdem bleibt der nationale Gesetzgeber natürlich in den Bereichen frei, die nicht dem persönlichen und/oder sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen. Diese sachlich nicht harmonisierten Bereiche kann er also anderweitig regeln, es steht ihm aber auch frei, die sich aus den Richtlinienvorgaben ergebenden Regelungen auf diese Bereiche auszudehnen, die Richtlinie also überschießend umzusetzen.19 Daneben verbleibt dem nationalen Gesetzgeber ein Spielraum für Regelungen außerhalb des inhaltlich harmonisierten Bereichs. Dabei ist die schwierige Frage zu stellen, welche Rechtsfragen die Richtlinie positiv regelt oder auch in negativer Hinsicht noch erfasst, das heißt, wofür sie eine Sperrwirkung entfaltet.20 Innerhalb des Geltungsbereichs können bei lediglich mindestharmonisierenden Richtlinien zudem nationale Vorschriften geschaffen werden, die von der Richtlinie abweichen, aber einen höheren Schutz gewährleisten. Diese Möglichkeit fällt bei den vollharmonisierenden Richtlinien weg, sofern die Richtlinie nicht im Einzelfall eine entsprechende Öff-
Demgegenüber wäre es wenig sinnvoll, den nationalen Gesetzgebern die Einpassung des Richtlinienrechts in die nationalen Rechtsordnungen zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, indem ihnen durch die Vorgabe von Formblättern durch die Hintertür der terminologische Spielraum genommen würde. Die stimmige Einpassung in den nationalen Sprachgebrauch dient nämlich auch der effizienten Anwendung der Umsetzungsvorschriften, vgl. Grundmann, JZ 1996, 274, 285 und Schultze, S. 241. Außerdem würde die Grenze zur Verordnung allzu sehr verschwimmen, vgl. Schultze, S. 238. Auch der deutsche Gesetzgeber ging jedenfalls bei Umsetzung der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/ 102/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 133 vom 22. 05. 2008, S. 66, hinsichtlich der europäischen Standardinformationen nicht davon aus, dass deren Wortlaut zwingend zu übernehmen war. Vielmehr wurden einzelne Umformulierungen vorgenommen und eine weitere Anpassung an die nationale Terminologie erwogen und aus anderen Gründen abgelehnt, vgl. BT-Drs. 16/ 11643, S. 147 f. 17 Z. B. EuGH, Urt. v. 09. 04. 1987, Rs. 363/85 (Kommission/Italien), Slg. 1987, I-1733, Rn. 7; EuGH, Urt. v. 28. 02. 1991, Rs. C-131/88 (Kommission/Deutschland), Slg. 1991, I-825, Rn. 6; EuGH, Urt. v. 20. 05. 1992, Rs. C-190/90 (Kommission/Niederlande), Slg. 1992, I-3265, Rn. 17; EuGH, Urt. v. 09. 09. 1999, Rs. C-217/97 (Kommission/Deutschland), Slg. 1999, I5087, Rn. 32; Streinz-Schroeder, Art. 288 AEUV Rn. 91. 18 Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 267 f.; Riehm, in: Gsell/Herresthal, S. 83, 102 ff. 19 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 21 f.; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 162 f., 170 f.; dies., ZEuP 2011, 263, 268 f.; Riehm, in: Gsell/Herresthal, S. 83, 91 ff. 20 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 23, 25 f.; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 163 f., 174; dies., ZEuP 2011, 263, 269; Riehm, in: Gsell/Herresthal, S. 83, 94 ff.
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nungsklausel enthält.21 Diese Anforderungen sind also bei der Frage nach der unmittelbaren Veranlassung durch europäische Vorgaben zu berücksichtigen. Bevor jedoch mit der Untersuchung der einzelnen Bereiche begonnen wird, bietet es sich an, eine kurze Einführung in die der Arbeit zugrunde gelegten Begrifflichkeiten der Gesetzgebungstechnik vorzunehmen und deren weitere Verwendung festzulegen. Im Rahmen der Gesetzgebungslehre bzw. präziser noch der Lehre zur Gesetzgebungstechnik gibt es nämlich kein einheitlich festgelegtes Schema, nach dem Gesetze zu untersuchen sind. Vielmehr werden immer wieder verschiedene Punkte angesprochen und insbesondere auch die Begrifflichkeiten zum Teil abweichend verwendet. In Teil B. der Arbeit sollen die wichtigsten terminologischen Punkte daher vorab klargestellt werden. Wirft man einen Blick auf die Forschung zur Richtlinienumsetzung, so finden sich einige Arbeiten, die diesem Komplex zuzuordnen sind. Sie beschäftigen sich in der Regel mit der Umsetzung einer europäischen Richtlinie in das nationale Recht. Der Fokus liegt dabei nicht auf dem Gesichtspunkt der Gesetzestechnik, wenngleich sich natürlich zum Teil durchaus auch in dieser Hinsicht relevante Aspekte finden, sondern auf anderen Gesichtspunkten, wie der Ermittlung des Umsetzungsbedarfs im nationalen Recht und einer Bewertung der erfolgten nationalen Umsetzung in dieser Hinsicht oder es werden noch im Vorfeld der nationalen Umsetzung Regelungsvorschläge unterbreitet.22 Zum Teil enthalten die Arbeiten zudem rechtsvergleichende Untersuchungen zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben in verschiedenen Mitgliedstaaten.23 Im Bereich der besonderen Vertriebsformen liegen allerdings noch kaum monographische Auseinandersetzungen mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie vor, insbesondere keine solchen, die die neuen Regelungen im BGB vertieft mit in die Betrachtung einbeziehen würden.24 Nicht unerwähnt sollen außerdem diejenigen Arbeiten bleiben, die sich mit den Harmonisierungskonzepten, gerade auch mit dem Konzept der Vollharmonisierung, bei der Richtliniengesetzgebung im Privatrecht beschäftigen und dabei deren Zweckmäßigkeit unter dem Gesichtspunkt der Rechtsangleichung beleuchten oder auch die Zulässigkeit und Europarechtskonformität nationaler Abweichungen von den europäischen Vorgaben untersuchen.25 Berührungspunkte mit der vorliegenden Untersuchung zeigen sich hier allerdings allenfalls am Rande, zumal auch dort die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in die nationalen Rechtsvorschriften noch keine Berücksichtigung findet.26 21
Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 25. Z. B. Jorden; Kretschmar; Nobis. 23 Z. B. Nobis; Zerres, Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. 24 Die Dissertation von Hörmann ist auf den Internethandel beschränkt und untersucht im Wesentlichen die Regelungen der Verbraucherrechterichtlinie. Es findet sich lediglich am Ende (S. 275 ff) ein kurzer Ausblick auf die Richtlinienumsetzung in Deutschland. 25 Z. B. Mittwoch; Schultze; Sonntag. 26 Auch Mittwoch, S. 266 ff. bezieht sich nur auf die Regelungen in der Verbraucherrechterichtlinie selbst und nicht auf die deutsche Umsetzung. 22
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Außerdem finden sich Abhandlungen zum Verbraucherschutzrecht als solchem. Diese setzen sich etwa mit dessen Legitimation, den Verbraucherschutzinstrumenten und der Eingliederung in das Schuldvertragsrecht auseinander und versuchen eine rechtstheoretische Einordnung des Verbraucherschutzrechts und die Ausarbeitung eines Verbraucherschutzkonzepts.27 Insoweit können sich Überschneidungen zu einzelnen in dieser Arbeit behandelten Aspekten ergeben, für die hierauf zurückgegriffen werden kann. In der neueren spezifisch gesetzgebungstechnischen Literatur wird der Aspekt der Umsetzung europarechtlicher Richtlinien durchaus als Problemkreis wahrgenommen. Die Abschnitte hierzu bleiben jedoch relativ kurz und oberflächlich.28 Auf Schwierigkeiten, die sich bei der Umsetzung in nationales Recht ergeben können, wie etwa die Zuordnung von Richtlinienvorgaben zu den Begriffen und Regelungen des nationalen Rechts29 oder Gefahren für die Systematik und Übersichtlichkeit insbesondere bei der Minimalumsetzung,30 wird zwar hingewiesen, eine vertiefte Diskussion und Analyse oder gar eine Betrachtung speziell bezogen auf den europäischen Einfluss im BGB findet sich hingegen nicht. Das Handbuch der Rechtsförmlichkeit des Bundesministeriums der Justiz widmet dem Recht der Europäischen Union ebenfalls einen eigenen Abschnitt, der unter anderem einen Unterabschnitt zur Umsetzung von europäischen Richtlinien enthält.31 Auch hier wird erkannt, dass sich die Vorgaben europäischer Richtlinien in Hinblick auf Terminologie und Regelungstechnik oftmals deutlich vom nationalen Recht unterscheiden. Deshalb wird es als wichtigste Arbeit bei der Umsetzung angesehen, dass sich die richtlinienkonformen Regelungen auch bestens in die nationale Rechtsordnung einfügen.32 Gerade bei der wörtlichen Übernahme von Begriffen und Regelungen einer Richtlinie hat diesbezüglich eine sorgfältige Prüfung zu erfolgen.33 Inwieweit dies dem nationalen Gesetzgeber in den hier untersuchten Bereichen des BGB gelungen ist, wird sich zeigen. Zu erwähnen ist außerdem eine Dissertation, die sich unter dem Blickwinkel der Gesetzgebungslehre mit dem Haustürwiderrufsgesetz auseinander setzt.34 Der Untersuchungsgegenstand ist dort aber deutlich weiter gefasst, lediglich ein kleiner Abschnitt beschäftigt sich mit in der vorliegenden Arbeit untersuchten Aspekten der Gesetzestechnik.35 Angesichts der zwischenzeitlichen Änderungen der Gesetzeslage beim Haustürwiderruf wird das Haustürwiderrufsgesetz vorliegend zudem nur am Rande eine Rolle spielen. Schließlich steht der gesetzgebungstechnische Einzelas27 28 29 30 31 32 33 34 35
Z. B. Drexl; Meller-Hannich; Tamm, Verbraucherschutzrecht. Vgl. Schneider, Gesetzgebung, Rn. 225 ff.; Kluth/Krings-Kluth, § 21, Rn. 45 ff. Schneider, Gesetzgebung, Rn. 228. Kluth/Krings-Kluth, § 21, Rn. 59. BMJ, Handbuch, Rn. 291 ff. BMJ, Handbuch, Rn. 294. BMJ, Handbuch, Rn. 300. Förschler. Förschler, S. 130 ff.
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pekt der Frage der richtigen Verortung der Umsetzungsgesetzgebung im Zivilrecht gerade jüngst wieder in der wissenschaftlichen Diskussion, das heißt die Frage, ob die Umsetzung innerhalb der zentralen Zivilrechtskodifikation, dem BGB, erfolgen soll, oder ob eine Ausgliederung in Sondergesetze bzw. ein Verbraucherschutzgesetzbuch angezeigt ist.36 Hieran ist in Teil F. dieser Arbeit anzuknüpfen.
36 Vgl. dazu nur die Behandlung der Thematik auf dem 69. Deutschen Juristentag, namentlich die These 1 bei Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 117 und die Thesen unter III. bei Ball, Referat zum 69. DJT, I 11, 26 f.
B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten der Gesetzgebungstechnik I. Grundformen eines Gesetzes Unter dem Oberbegriff „Grundformen“ eines Gesetzes ist zwischen verschiedenen Ausprägungen des äußeren Erscheinungsbildes und der Zusammensetzung eines Gesetzes zu unterscheiden. Dabei kann zunächst zwischen einer Erstregelung und einem Änderungsgesetz differenziert werden.1 Ein Änderungsgesetz kann in Form einer Einzelnovelle ergehen, als Mantelgesetz oder als Ablösungsgesetz.2 Eine Einzelnovelle enthält in der Hauptsache die Änderung nur eines einzigen Stammgesetzes. In Hinblick auf andere Stammgesetze erfolgen allenfalls Folgeänderungen die sich aus dieser Hauptänderung ergeben.3 Demgegenüber kann man als Ablösungsgesetz ein Gesetz bezeichnen, durch das ein bestehendes Stammgesetz vollständig aufgehoben und gleichzeitig ein neues Stammgesetz geschaffen wird, das dieses ersetzt.4 Das Mantelgesetz oder auch Artikelgesetz5 ist ein Gesetz, das mehrere Einzelgesetze in sich vereint, gleichsam verklammert. Bildlich gesprochen werden diese durch das Mantelgesetz „gewissermaßen wie ein Blumenstrauß zusammengebunden“.6 Dabei können diese Einzelgesetze Änderungen eines oder mehrerer Stammgesetze sein, eine oder mehrere Erstregelungen in Form neuer Stammgesetze oder auch die Aufhebung bestehenden Rechts beinhalten.7 Damit ist das Mantelgesetz eine mögliche Grundform nicht nur eines Änderungsgesetzes, sondern auch von Erstregelungen. Eine Erstregelung kann außerdem in Form eines schlichten neuen Stammgesetzes ergehen, das wiederum allenfalls mit Folgeänderungen verbunden ist.8 Hierdurch wird es, wie auch die Einzelnovelle, noch nicht zum Mantelgesetz, selbst, wenn die Folgeänderungen in einem gesonderten Artikel erfolgen.9 Zwar soll nach den Vorgaben des Bundesministeriums der Justiz in seinem Handbuch der Rechtsförm1
Vgl. auch Brandner, S. 17 ff. BMJ, Handbuch, Rn. 494. 3 BMJ, Handbuch, Rn. 494, 517 f.; Hugger, S. 298. 4 BMJ, Handbuch, Rn. 494, 505; Hugger, S. 298. 5 BMJ, Handbuch, Rn. 718; vgl. ausführlich zu der Uneinheitlichkeit der Terminologie und zu weiteren Bezeichnungen Lachner, S. 18 ff. 6 Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 277. 7 BMJ, Handbuch, Rn. 494, 717 ff. 8 Hugger, S. 298. 9 So auch Brandner, S. 33 mit Fn. 141. 2
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B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
lichkeit in diesem Fall ein Mantelgesetz vorliegen.10 Dies widerspricht jedoch dem Verständnis der Einzelnovelle, die durch das Vorliegen bloßer Folgeänderungen noch nicht zum Mantelgesetz werden soll.11 Ein plausibler Grund, weshalb dies bei einer Erstregelung in Form eines Stammgesetzes anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Das Einführungsgesetz und die Kodifikation kann man als weitere Grundformen eines Gesetzes ansehen.12 Als problematisch wird bei dieser Kategorisierung zum Teil die Abgrenzung zwischen einer Einzelnovelle und einem Mantel- bzw. Artikelgesetz angesehen. Dem Handbuch der Rechtsförmlichkeit folgend ist dabei die Differenzierung zwischen Hauptänderungen und bloßen Folgeänderungen maßgeblich.13 Unter Ersteren sind Änderungen zu verstehen, die das eigentliche rechtspolitische Ziel des Gesetzgebers unmittelbar umsetzen sollen, wohingegen Letztere durch die Hauptänderungen bedingt sind und lediglich die Stimmigkeit der Rechtsordnung erhalten sollen.14 Demgegenüber wird vorgeschlagen, das Mantel- bzw. Artikelgesetz rein formal als Gesetz zu definieren, das mehrere Einzelgesetze, die üblicherweise in jeweils einem eigenen Artikel enthalten sind, zusammenfasst.15 Der Kritik ist dabei zuzugeben, dass es im Einzelfall schwierig sein kann zu bestimmen, ob es sich um eine weitere Haupt- oder um bloße Folgeänderungen handelt.16 Trotzdem ist an diesem Abgrenzungskriterium festzuhalten. Eine rein formale Kategorisierung würde über den Gehalt und die Zusammensetzung des Gesetzes letztlich keinerlei Aussage treffen und wäre insoweit wenig hilfreich. Außerdem wären nach einer solchen rein formalen Begriffsbestimmung konsequenterweise wohl auch Erstregelungen, die ein neues Stammgesetz und in einem zweiten Artikel sich daraus ergebende Folgeänderungen beinhalten, als Mantel- bzw. Artikelgesetze einzuordnen.17 Auch daran zeigt sich der geringe Aussagegehalt einer solchen Kategorisierung. Weiterhin wäre zu fragen, ob sich an der Zuordnung zur Grundform etwas ändert, wenn die Folgeänderungen nicht in einem eigenen Artikel sondern in einem Paragraphen des Stammgesetzes selbst vorgenommen werden.18 Es ergeben sich also ebenfalls Abgrenzungsfragen. Die Differenzierung nach Haupt- und Folgeänderungen entspricht darüber hinaus den Unterschieden im Prozess der politischen Willensbildung und der parlamentarischen Erörterung, was auch die Kritiker anerkennen.19 10
BMJ, Handbuch, Rn. 367, 425. BMJ, Handbuch, Rn. 517 f. 12 So Hugger, S. 298. 13 BMJ, Handbuch, Rn. 496, 517 f., 719. 14 BMJ, Handbuch, Rn. 497. 15 Lachner, S. 27 ff. 16 Lachner, S. 29. 17 So wenig überzeugend und in sich widersprüchlich BMJ, Handbuch, Rn. 367, 425, vgl. schon oben und B., Fn. 10. 18 So der Vorschlag bei Hugger, S. 298. 19 Lachner, S. 29. 11
II. Begriff und Abgrenzung einzelner besonderer Mittel der Gesetzestechnik
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Soweit darüber hinaus die Einordnung des Mantel- bzw. Artikelgesetzes unter die Kategorie der Änderungsgesetze kritisiert wird,20 ist dem entgegenzuhalten, dass nach der hier vorgenommenen Einteilung das Mantel- bzw. Artikelgesetz keineswegs als Grundform nur eines Änderungsgesetzes verstanden wird,21 so dass sich bei der Regelung mehrerer neuer Stammgesetze keine Einordnungsprobleme ergeben. Aus diesen Gründen ist an der Definition des Artikel- bzw. Mantelgesetzes über seinen Regelungsgehalt festzuhalten, auf Grenzfälle kann im Einzelfall hingewiesen werden. Begrifflich passender erscheint in dieser Hinsicht der Terminus des Mantelgesetzes, da, wie gezeigt, auch andere Grundformen aus mehreren Artikeln bestehen können.22 Da aber auch der Begriff des Mantelgesetzes nicht völlig eindeutig und unproblematisch ist23 und beide Bezeichnungen durchaus gängig sind, sollen in der vorliegenden Arbeit beide Termini synonym gebraucht werden.
II. Begriff und Abgrenzung einzelner besonderer Mittel der Gesetzestechnik Gesetzestechnische Mittel wie die Verweisung, die Fiktion, die gesetzliche Vermutung oder auch Legaldefinitionen bzw. die Verwendung eines Allgemeinen Teils sind nicht immer offensichtlich und trennscharf voneinander abzugrenzen und gehen teilweise ineinander über. Eine vorweggenommene Klärung der Begrifflichkeiten, Abgrenzungen und Überschneidungen bietet sich daher auch insoweit an. 1. Verweisung Bei genauer Betrachtung gibt es schon bei der Technik der Verweisung selbst Abgrenzungsfragen und Begriffsprobleme. Ganz allgemein zeichnet sich eine Verweisung dadurch aus, dass eine Norm auf einen anderen Inhalt Bezug nimmt.24 Die in Bezug genommene Regelung soll hier als Verweisungsobjekt, die Ausgangsnorm als Verweisungsnorm bezeichnet werden.25
20
Lachner, S. 29 f. Vgl. oben; so wohl auch BMJ, Handbuch, Rn. 494, 717, indem auch die Neuschaffung mehrerer Gesetze genannt wird, wenngleich das Mantelgesetz im Abschnitt zu den Änderungsgesetzen behandelt wird. 22 Kritisch zur Bezeichnung „Artikelgesetz“ auch BMJ, Handbuch, Rn. 718; Brandner, S. 33 mit Fn. 141. 23 Dazu Lachner, S. 22 ff, vgl. S. 18 ff. allgemein zur Problematik der Begrifflichkeiten. 24 Debus, S. 35. 25 Vgl. zu diesen und den sonst gängigen Begrifflichkeiten Debus, S. 35 f.; Karpen, Verweisung, S. 19. 21
26
B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
a) Einteilung nach dem Regelungsgehalt Bei der Verweisung kann zunächst zwischen den echten bzw. konstitutiven und den unechten bzw. deklaratorischen Verweisungen unterschieden werden.26 Die Abgrenzung wird dabei nicht ganz einheitlich vorgenommen. Teilweise wird auf die Anwendbarkeit des Verweisungsobjekts abgestellt. Ist dieses nach geltender Rechtslage ohnehin anwendbar, sei demnach von einer unechten Verweisung auszugehen, werden die in Bezug genommenen Normen durch die Verweisung erst anwendbar, von einer echten Verweisung.27 Etwas weitergehender ist das Verständnis der echten Verweisung derjenigen, die den Fokus auf die Verweisungsnorm legen. Bei einer echten Verweisung stellt das Verweisungsobjekt demnach die Vervollständigung der zumindest teilweise unvollständigen Verweisungsnorm dar.28 Maßgeblich ist demnach die Unvollständigkeit der Verweisungsnorm, das heißt die Frage, ob diese Norm selbst den ihr vom Gesetzgeber zugedachten Sinngehalt vollständig wiedergibt oder ob dieser erst durch das Hinzulesen des Verweisungsobjekts voll erfasst werden kann.29 Der Inhalt einer anderen Norm bzw. zumindest eines Teils davon wird in die Verweisungsnorm inkorporiert und ist in diese hineinzulesen.30 Bei der unechten Verweisung hingegen ist die Bezugnahme lediglich erläuternder, klarstellender Natur, sie erleichtert das Auffinden der anderen Regelungen, ist hilfreich, aber nicht erforderlich.31 Aus Sicht des Gesetzesadressaten kommt es maßgeblich auf die Verständlichkeit und den Inhalt einer Norm an. Dieser Aspekt sollte deshalb auch bei der Kategorisierung von Verweisungen im Vordergrund stehen. Deshalb, und um den Terminus der echten Verweisung nicht zu sehr einzuengen, wird im Folgenden das etwas weitere Verständnis der echten Verweisung zugrunde gelegt und zur Abgrenzung von der unechten Verweisung das Hauptaugenmerk auf die Verweisungsnorm gerichtet.32 Neben den beiden Arten der Verweisung gibt es noch allgemeinere Bezugnahmen, die jeder rechtserheblichen Bedeutung entbehren und demgemäß etwa als bloße „Anführung“ bezeichnet werden können.33 26 Karpen, Verweisung, S. 19; BMJ, Handbuch, Rn. 219, 230 f.; zu weiteren Bezeichnungen, vgl. Debus, S. 39 ff.; Karpen, Verweisung, S. 21, 29. 27 Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 169. 28 Brugger, VerwArch. 1987, 1, 3 ff.; vgl. auch Karpen, Verweisung, S. 21 f., 29, der insoweit allerdings von einer Ergänzung des Abgrenzungsansatzes Müllers, a.a.O. spricht; an anderer Stelle stellt er die Ansätze dagegen ohne ein solches Ergänzungsverhältnis gegenüber, vgl. Karpen, in: Rödig, S. 221, 224. 29 Kastner, in: FS ABGB, S. 536, 551 f.; Aymans, Archiv für katholisches Kirchenrecht 1964, S. 293, 295, 297; Karpen, Verweisung, S. 23 f., 29; BMJ, Handbuch, Rn. 231. 30 Brugger, VerwArch. 1987, 1, 4; BMJ, Handbuch, Rn. 231. 31 Kastner, in: FS ABGB, S. 536, 551 f.; Karpen, Verweisung, S. 20 f.; Brugger, VerwArch. 1987, 1, 2 f.; BMJ, Handbuch, Rn. 230. 32 Im Ergebnis ebenso Debus, S. 41 f. 33 Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 168; Karpen, Verweisung, S. 19 f.
II. Begriff und Abgrenzung einzelner besonderer Mittel der Gesetzestechnik
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b) Einteilung nach dem Verweisungsausspruch Der Ausspruch einer Verweisung kann ausdrücklich vorgenommen werden, indem andere Regelungen explizit für anwendbar erklärt werden.34 Dabei können die in Bezug genommenen Normen bereits genau bezeichnet sein, so dass eine sog. normgenaue Verweisung vorliegt, oder sie werden inhaltlich umschrieben, was als sog. inhaltsbezogene Verweisung bezeichnet werden kann.35 Daneben kann eine Verweisung aber auch stillschweigend erfolgen, indem etwa durch die Verwendung bestimmter Begrifflichkeiten schlüssig der Bezug zu einer anderen Regelung hergestellt wird.36 Dabei ist insbesondere an die Verwendung von legaldefinierten Begriffen zu denken.37 Hierdurch wird der Wortlaut der Legaldefinition in die Verweisungsnorm inkorporiert. Er ist in diese hineinzulesen, um den vollständigen Sinngehalt der Regelung letztlich erfassen zu können. Auch hierbei handelt es sich, selbst, wenn sich die Begriffsbestimmungen in einem Allgemeinen Teil des Gesetzes befinden, mithin bei konsequenter Anwendung der hier vertretenen Unterteilung um echte Verweisungen.38 Darüber hinaus beinhaltet ein Besonderer Teil generell Verweisungen auf die Regelungen des Allgemeinen Teils und besondere Vorschriften Verweisungen auf die allgemeinen gemeinsamen Vorschriften.39 Beispielsweise setzen die Regelungen eines Vertragstyps im Besonderen Teil des Schuldrechts dessen Zustandekommen voraus. Es werden also konkludent die §§ 145 ff. BGB des Allgemeinen Teils des BGB in Bezug genommen. Auch diese einzelnen Sachregelungen aus dem Allgemeinen Teil oder sonstigen allgemeinen Vorschriften sind mithin für das Verständnis der Verweisungsnorm hinzuzuziehen und stellen demnach bei einem weiten Verständnis echte Verweisungen dar.40 Die Grenze liegt jedoch dort, wo es lediglich um die wechselseitigen Bezüge im Gesamtgefüge der Rechtsordnung geht.41 Sofern es sich aber unter Umständen zwar um eine Vielzahl von Regelungen handelt, diese aber dennoch überschaubar und zusammenhängend im gleichen Bereich der Rechtsordnung geregelt sind, wird dies nicht anzunehmen sein. Auch die Abgrenzung zu lediglich auslegungsbedürftigen, aber dabei aus sich selbst heraus auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmalen kann schwierig sein.42 34
Vgl. Karpen, Verweisung, S. 33 f. BMJ, Handbuch, Rn. 219, 237 f.; zu einer anderen Bezeichnung vgl. Debus, S. 49. 36 Vgl. Karpen, Verweisung, S. 34 ff. 37 Karpen, Verweisung, S. 23, 34; Debus, S. 55. 38 So auch Karpen, Verweisung, S. 23 f. 39 Karpen, Verweisung, S. 18; Rödig/Baden/Kindermann, S. 72; Debus, S. 50. 40 Eine abweichende Einordnung findet sich aber bei Brugger, VerwArch. 1987, 1, 3, der die Verweisungen auf die Begriffsbestimmungen und Festsetzungen des Allgemeinen Teils allgemein den unechten Verweisungen zuordnet; wohl auch Aymans, Archiv für katholisches Kirchenrecht 1964, S. 293, 297. 41 Schneider, Gesetzgebung, Rn. 380. 42 Karpen, in: Rödig, S. 221, 223; Debus, S. 43. 35
28
B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
Der Ausspruch der Verweisung muss nicht zwingend in der Verweisungsnorm erfolgen, dies kann durchaus auch im Rahmen des Verweisungsobjekts geschehen.43 c) Einteilungen im Zusammenhang mit dem Verweisungsobjekt Auch im Zusammenhang mit dem Verweisungsobjekt können sich verschiedene Einteilungen ergeben. Relevant ist dabei zum einen die Kategorisierung nach dem Regelungsort des Verweisungsobjekts. Wird auf Regelungen innerhalb desselben Gesetzes bzw. derselben Rechtsverordnung verwiesen, so spricht man von sog. Binnenverweisungen. Ansonsten liegen sog. Außenverweisungen vor.44 Weiterhin kann zwischen den sog. statischen oder starren Verweisungen und den sog. dynamischen oder gleitenden Verweisungen differenziert werden.45 Bei den Erstgenannten wird auf eine bestimmte feststehende Fassung des Verweisungsobjekts verwiesen, Änderungen am Verweisungsobjekt sollen sich nicht auswirken.46 Die Zweitgenannten beinhalten eine Bezugnahme auf die jeweils geltende Fassung des Verweisungsobjekts, Änderungen desselben schlagen also automatisch auf den Regelungsgehalt der Verweisungsnorm durch.47 Dynamische Verweisungen, insbesondere Außenverweisungen auf Normen anderer Normgeber, sind genau auf ihre Zulässigkeit hin zu untersuchen. Hier können sich verfassungsrechtliche Bedenken ergeben.48 Zum anderen ist die Problematik der Weiterverweisung und der Verweisungsketten anzusprechen. Das Verweisungsobjekt kann seinerseits eine Verweisung auf andere Regelungen beinhalten, mithin eine Weiterverweisung. Enthält die vom Verweisungsobjekt in Bezug genommene Regelung ihrerseits wiederum eine Verweisung, entsteht eine Verweisungskette.49 Je länger diese Kette ist, desto schwerer ist der Regelungsgehalt der ursprünglichen Verweisungsnorm zu ermitteln und desto unübersichtlicher wird das Gesetz.50
43
Vgl. Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 169 f.; Karpen, Verweisung, S. 33 f. BMJ, Handbuch, Rn. 219, 233, 235; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 384. Teilweise wird abweichend hiervon danach unterschieden, ob auf eine Regelung desselben oder eines anderen Gesetzgebers verwiesen wird, vgl. dazu sowie zu anderen Bezeichnungen Debus, S. 57 f. 45 Ossenbühl, DVBl. 1967, 401; BMJ, Handbuch, Rn. 219, 239, 243; zu anderen Bezeichnungen vgl. Karpen, Verweisung, S. 69 und Debus, S. 59 ff. 46 BVerfGE 47, 285, 310, 312; BVerfGE 67, 348, 364; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401; Brugger, VerwArch. 1987, 1, 7; BMJ, Handbuch, Rn. 239. 47 BVerfGE 67, 348, 363; Ossenbühl, DVBl. 1967, 401; Brugger, VerwArch. 1987, 1, 7; BMJ, Handbuch, Rn. 243. 48 Vgl. nur Ossenbühl, DVBl. 1967, 401, 402 ff.; Karpen, Verweisung, S. 69, 115 ff.; BVerfGE 47, 285, 312 ff.; auch Clemens, AöR 111 (1986), S. 63, 100 ff.; Brugger, VerwArch. 1987, 1, 21 ff. 49 Karpen, Verweisung, S. 40; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 384. 50 Karpen, Verweisung, S. 40, 163; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 384. 44
II. Begriff und Abgrenzung einzelner besonderer Mittel der Gesetzestechnik
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d) Einteilung nach dem Verweisungscharakter Schließlich können Verweisungen noch danach eingeteilt werden, ob das Verweisungsobjekt unverändert in Bezug genommen wird oder modifiziert wird. Im zweiten Fall können die vorzunehmenden Abwandlungen entweder im Rahmen der Bezugnahme genau bezeichnet werden oder es wird lediglich allgemein die entsprechende oder sinngemäße Übernahme angeordnet.51 Letzteres wird als Verweisungsanalogie bezeichnet.52 2. Fiktion und gesetzliche Vermutung Die Fiktion wird zwar meist bei der Aufzählung der Mittel der Gesetzgebungstechnik gesondert genannt und auch als eigenständige Gesetzestechnik abgehandelt,53 sie stellt in der Regel aber einen besonderen Fall der Verweisungstechnik dar, da die für einen anderen Tatbestand geltende Rechtsfolge für den vorliegenden Tatbestand zur Anwendung gebracht werden soll. Über die Fiktion wird die Verweisung äußerst knapp, mithin abgekürzt formuliert. 54 Die gesetzliche Vermutung kann heute dahingehend definiert werden, dass infolge des Vorliegens bestimmter tatbestandsfremder Umstände (Vermutungsbasis) das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals angenommen wird (Vermutung).55 Voraussetzung für die Annahme einer gesetzlichen Vermutung ist demnach ein echter zweigliedriger Tatbestand. Liegt hingegen zwar scheinbar ein zweigliedriger Tatbestand vor, wird das Eingreifen der Vermutung aber lediglich vom Vorliegen ohnehin erforderlicher Tatbestandsmerkmale abhängig gemacht, so handelt es sich nicht um eine gesetzliche Vermutung, sondern um eine bloße Beweislastregelung. Diese kann ohne weiteres in einen eingliedrigen Tatbestand umformuliert werden, ohne dass damit eine Veränderung der Bedeutung oder der Wirkung einhergehen würde.56 Betrifft die Vermutung eine Tatsache, handelt es sich um eine Tatsachenvermutung, betrifft sie eine Rechtsposition, handelt es sich um eine Rechtsvermutung.57 Anders als die widerleglichen Vermutungen stellen unwiderlegliche Vermutungen keine Beweislastregelungen, sondern materielle Regelungen dar.58 Der Beweis 51
Karpen, Verweisung, S. 76 ff. Karpen, Verweisung, S. 78; Debus, S. 55; vgl. auch den Begriff der Analogieverweisung in BMJ, Handbuch, Rn. 219, 232. 53 Vgl. z. B. BMJ, Handbuch, Rn. 66, 85; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 368 ff. 54 Esser, S. 26, 29 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 262; Karpen, Verweisung, S. 25 f. 55 Rosenberg, S. 203; Leipold, S. 92 f.; Prütting, S. 48; Gosse, S. 49. 56 Musielak, S. 73 ff.; Gosse, S. 50, 60 f. 57 Leipold, S. 93; Prütting, S. 48. Im Einzelnen ist das Verständnis der Rechtsvermutungen aber umstritten, vgl. Musielak, S. 76 m.w.N. 58 Leipold, S. 102 ff.; Musielak, S. 82; Gosse, S. 62. 52
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B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
des Gegenteils ist hier ausgeschlossen. Damit sind die unwiderleglichen Vermutungen den Fiktionen zum Verwechseln ähnlich. Unterschiedliche Tatbestände werden rechtlich gleich bewertet und dies ist in beiden Fällen nicht widerlegbar.59 Zum Teil werden die unwiderleglichen gesetzlichen Vermutungen daher den Fiktionen zugeordnet.60 Ein Unterschied kann jedoch darin gesehen werden, dass bei der Vermutung etwas, das gleich sein kann oder auch nicht, gleich (oder ungleich) gestellt wird, wohingegen bei der Fiktion etwas, das stets als ungleich (bzw. gleich) zu bewerten ist, gleich (bzw. ungleich) behandelt werden soll.61 Dabei kann die Überlegung, dass das Vermutete der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht oder wahrscheinlich ist,62 ein gesetzgeberisches Motiv für die Formulierung einer gesetzlichen Vermutung sein, maßgeblich für die Annahme einer solchen ist dies jedoch nicht. Eine solche Bewertung zeigt sich in den betroffenen Normen nicht. Auch die unwiderlegliche Vermutung lässt es schlicht dahingestellt, ob sie zutrifft oder nicht.63 Für den Teilbereich, in dem die Vermutung tatsächlich nicht zutreffend ist, kann zudem von einer partiellen Fiktion gesprochen werden.64 Die widerlegliche gesetzliche Vermutung wiederum grenzt sich von den beiden genannten Techniken dadurch ab, dass sie der Berücksichtigung einer abweichenden Wirklichkeit gegenüber offen ist, indem sie eben widerleglich ist.65 Sie wird insoweit häufig schon ihrem Wortlaut nach zu erkennen sein.
3. Legaldefinitionen, Allgemeiner Teil und Verweisungen Legaldefinitionen und auch die Bildung eines Allgemeinen Teils oder gemeinsamer Vorschriften sind äußerlich gut von der Verweisung abzugrenzen. Dennoch bestehen Verzahnungen zwischen diesen Gesetzestechniken. Legaldefinitionen bestehen aus einem Definiendum und dem Definiens. Als Definiendum wird der Begriff bezeichnet, der definiert werden soll. Das Definiens ist der Teil der Definition, mit dem der Begriff erklärt, also definiert wird.66 Zweck der Legaldefinitionen ist es in erster Linie, die Präzision des Gesetzes zu erhöhen, zum anderen dienen sie oftmals gerade auch der Verkürzung des Gesetzestextes durch die Ersparnis von Wiederholungen.67 Der Verwendung der Verweisungstechnik können 59
Musielak, S. 83; Prütting, S. 49; Gosse, S. 62. Z. B. Rosenberg, S. 213. 61 Wach, S. 302 f.; Oertmann, S. 295 f.; Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 106 f.; Leipold, S. 103; Musielak, S. 83; Jachmann, S. 152 f. 62 Prütting, S. 49; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 367; Gosse, S. 63. 63 Jachmann, S. 150 ff.; in diese Richtung bereits Oertmann, S. 295 f. 64 Jachmann, S. 154; ähnlich wohl Meurer, in: Rödig, S. 281, 285. 65 Gosse, S. 63. 66 Lücke, in: FS Rudolf, S. 325, 333; Rödig/Baden/Kindermann, S. 73. 67 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 470 f.; ders., in: Baldus/Dajczak, S. 451, 457 f.; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 357. 60
III. Grad der Abstraktion, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe
31
verschiedene Funktionen zugrunde liegen. Sie kann der Systembildung dienen, indem unnötige Abweichungen vermieden werden und vergleichbare Sachverhalte den gleichen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen unterworfen werden. Hierdurch werden auch Zusammenhänge aufgezeigt. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Abkürzung des Gesetzestextes, da auf diese Weise Wiederholungen vermieden werden können. Daneben kann eine Verweisung z. B. auch der Entlastung des Gesetzes dienen, indem dieses von umfangreichen Regelungen freigehalten wird.68 Das Voranstellen eines allgemeinen Teils schließlich, der für folgende Regelungsbereiche gemeinsame Vorschriften enthält, verdeutlicht deren Gemeinsamkeiten und kann damit ebenfalls der Systembildung und Systemverdeutlichung dienen. Ferner können auch hierdurch Wiederholungen vermieden werden.69 Angesichts dieser Funktionsüberschneidungen können die Gesetzestechniken im Einzelfall austauschbar sein, wenngleich aus Zweckmäßigkeitserwägungen jeweils die eine oder andere Technik vorzuziehen sein wird.70 Darüber hinaus beinhaltet ein Besonderer Teil genauso wie die Verwendung eines legaldefinierten Begriffs eine Verweisung auf die Regelungen des Allgemeinen Teils bzw. auf die Legaldefinition.71
III. Grad der Abstraktion, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe Bei der Thematik des Abstraktionsgrades einer Regelung geht es um den Bereich der Regelungsdichte, also um die Frage, wie detailliert und spezifisch ein Rechtsbereich geregelt wird.72 Dabei stehen sich insbesondere die Regelungstechniken der Abstraktion und der Kasuistik gegenüber. Eine abstrakte Regelung ist durch Verallgemeinerungen und die Orientierung an Grundsätzen gekennzeichnet.73 Demgegenüber orientiert sich eine kasuistische Regelung an Einzelfällen.74 Es liegt also eine hohe Regelungsdichte vor, wenn eine Regelung sehr kasuistisch ist, der Grad der Abstraktion ist dann gering. Je abstrakter eine Bestimmung demgegenüber formuliert ist, desto geringer ist die Regelungsdichte.75 68
Karpen, Verweisung, S. 11 ff.; BMJ, Handbuch, Rn. 225; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 384, 399; ausführlich zu den Vor- und Nachteilen der Verweisungstechnik auch Debus, S. 98 ff. m.w.N. 69 Brugger, VerwArch. 1987, 1, 3; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 337. 70 Rödig, in: Rödig, S. 592, 610 f.; Rödig/Baden/Kindermann, S. 72 f. 71 Vgl. oben B. II. 1. b). 72 So der Oberbegriff bei Hill, S. 108; Hugger, S. 270 wählt demgegenüber hierfür den Begriff der Regelungstiefe. 73 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 287. 74 Holzinger, in: Schäffer, S. 275, 288; Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 287. 75 Vgl. Hill, S. 108.
32
B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
Auch die Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffe sollen angesichts bestehender Überschneidungen im Zusammenhang mit dem Grad der Abstraktion betrachtet werden. Der Begriff der Generalklausel ist im Einzelnen äußerst unscharf abgegrenzt und wird infolgedessen nicht immer übereinstimmend definiert, sofern er nicht ohnehin einfach ohne nähere Erläuterung vorausgesetzt wird.76 Es ist aber nicht Ziel dieser Arbeit, insoweit eine umfassende Begriffsklärung durchzuführen. Deshalb soll es genügen, für das im Folgenden zugrunde zu legende Verständnis auf die typischen Kennzeichen der üblichen Generalklauseln abzustellen. Insoweit ergeben sich Überschneidungen zum Grad der Abstraktion einer Norm. Eine Generalklausel hat in der Regel einen äußerst hohen Abstraktionsgrad.77 So werden Generalklauseln auch teilweise als Gegenbegriff zur Kasuistik genannt bzw. darüber definiert.78 Vorzugswürdig erscheint es mir aber bei Generalklauseln lediglich von einem typischen, dann stark ausgeprägten Beispiel für die Abstraktheit von Normen zu sprechen, zumal nicht alle abstrakt formulierten Normen immer auch Generalklauseln darstellen. Ein solches Verständnis würde den Begriff deutlich zu weit ausdehnen und konturenlos werden lassen.79 Darüber hinaus ist für Generalklauseln ihre inhaltliche Unbestimmtheit kennzeichnend. Diese rührt daher, dass sie üblicherweise einen oder mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Genauer gesagt geht es dabei um sog. wertausfüllungsbedürftige Tatbestandsmerkmale als einen Unterfall der unbestimmten Rechtsbegriffe, deren Besonderheit darin besteht, dass sie nicht nur der Auslegung, sondern vielmehr einer Wertung des Rechtsanwenders bedürfen und daher geeignet zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit sind.80 Abstrakte Regelungen müssen demgegenüber nicht immer auch unbestimmt sein. Die Begrifflichkeiten sind nicht gleichzusetzen.81 Ein maßgeblicher Unterschied zwischen unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln schließlich besteht in ihrer Reichweite. Bei Ersteren geht es um einzelne Tatbestandsmerkmale, wohingegen Letztere vollständige Rechtssätze bezeichnen.82
76
Vgl. z. B. Engisch, Einführung, S. 213 ff.; Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 663 ff. Hugger, S. 285; Ohly, AcP 201 (2001), 1, 9 spricht vom „maximalen Abstraktionsniveau“. 78 Engisch, Einführung, S. 213; Werner, S. 7; Nastelski, GRUR 1968, 545, 546. 79 Zu weiteren Gegenargumenten gegen eine solche Definition vgl. Haubelt, S. 10 ff.; Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 665 ff, nach Kamanabrou gibt es außerdem auch kasuistisch gefasste Generalklauseln. 80 Haubelt, S. 8 f.; Weber, AcP 192 (1992), 516, 524 f.; Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 664, 666 f.; in diese Richtung auch Werner, S. 6 f.; Nastelski, GRUR 1968, 545, 546. 81 Noll, S. 255. 82 Hedemann, S. 53 f.; Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 664 f.; weitere Abgrenzungskriterien finden sich bei Werner, S. 7. 77
IV. Gesetzessystematik
33
Allgemein können unbestimmte Rechtsbegriffe dahingehend definiert werden, dass sich ihr Inhalt und Umfang als weitgehend ungewiss erweist, beispielsweise, weil seine Grenzen unscharf sind.83 Hier stellt sich das Problem, dass zumindest eine geringe Unschärfe bei den meisten rechtlichen Begriffen vorliegen wird.84 Der Unterschied zwischen bestimmten und unbestimmten Rechtsbegriffen ist daher lediglich graduell, das heißt, ein unbestimmter Rechtsbegriff setzt eine Ungewissheit von einigem Umfang voraus.85 Nur dann kann auch von einer weitgehenden Ungewissheit im Sinne der genannten Definition gesprochen werden. Im Einzelnen sind die Grenzen hier sicherlich fließend.
IV. Gesetzessystematik Ein weiterer wichtiger Aspekt der Gesetzgebungstechnik ist die Gesetzessystematik. Sie wirkt sich auf die praktische Handhabbarkeit von Gesetzen sowie deren Verständlichkeit aus. Nicht zuletzt ist sie von Bedeutung für die Ermittlung des Inhalts von Rechtsvorschriften, was sich schon daran zeigt, dass Normen unter anderem nach systematischen Gesichtspunkten ausgelegt werden.86 Bei der Systematik eines Gesetzes wird in Anlehnung an Engisch87 zwischen der äußeren und der inneren Systematik unterschieden. Im Einzelnen kann eine Zuordnung schwierig sein, zumal das äußere System das innere zum Teil widerspiegeln wird.88 Unter der äußeren Systematik ist zunächst der rein formale Aufbau des Gesetzes zu verstehen, also insbesondere dessen Untergliederung.89 Außerdem soll in dieser Arbeit unter diesem Punkt die sich aus dem Aufbau ergebende inhaltliche Strukturierung des Gesetzes oder Gesetzesabschnitts betrachtet werden. Hierbei handelt es sich meines Erachtens um einen Grenzfall der Zuordnung zu äußerer oder innerer Systematik, weil sich gerade hier das innere System im äußeren zeigt. Damit dreht es sich aber doch letztlich um das äußere System.90 Relevante Aspekte im Rahmen der Analyse der inhaltlichen Strukturierung können dabei die dem Aufbau zugrunde gelegten Systemkriterien sein. So können Gesetze logisch strukturiert sein, z. B. in allgemeine und besondere Regelungen bis hin zu einem vorgezogenen Allgemeinen 83
Engisch, Einführung, S. 193; Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 664. Engisch, Einführung, S. 193. 85 Enneccerus/Nipperdey, S. 308 f.; Looschelders/Roth, S. 135. 86 Vgl. Engisch, Studium Generale 1957, S. 173, 188; Hill, S. 98; Hugger, S. 306; auch Noll, S. 204 ff. 87 Engisch, Studium Generale 1957, S. 173, 177 ff, 188; dem folgend Noll, S. 207; Hill, S. 98; Hugger, S. 305. 88 Vgl. dazu Engisch, Studium Generale 1957, S. 173, 180 m.w.N. 89 Engisch, Studium Generale 1957, S. 173, 180; Hill, S. 98, 100 ff.; Hugger, S. 305 ff. 90 Vgl. Engisch, Studium Generale 1957, S. 173, 180 f.; Hill, S. 102 f. 84
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B. Einführung in einzelne Begrifflichkeiten
Teil. Die besonderen Regelungen können dann Konkretisierungen oder Ausnahmeregelungen beinhalten. Die Struktur kann sachlichen Kriterien, wie etwa dem Regelungsobjekt folgen, chronologisch aufgebaut sein oder nach normativen Kriterien, wie etwa der Art der Rechtsinstitute o. Ä.91 Hervorzuheben sind ferner einzelne Grundregeln für die inhaltliche Strukturierung eines Regelungskomplexes. So sollten Regelungsgegenstände, die sachlich zusammengehören, auch im Zusammenhang geregelt werden und dementsprechend Unterschiedliches getrennt normiert werden, etwa in verschiedenen Abschnitten.92 Sinnvoll erscheint es insoweit auch, ein einmal zugrunde gelegtes Systemkriterium, soweit möglich, beizubehalten.93 In einem gewissen Umfang Gemeinsames sollte den Einzelregelungen voranoder nachgestellt werden, differenzierende Regelungen sollten nur dort vorgenommen werden, wo sie wirklich notwendig sind.94 Die innere Systematik umfasst demgegenüber die Stimmigkeit des Gesetzes in sich. Das Gesetz bzw. der Gesetzesabschnitt ist anhand der ihm zugrundeliegenden Konzeption und Grundgedanken auf Widersprüche zu untersuchen. Wiederum in Anlehnung an Engisch95 kann man hier zwischen verschiedenen Arten von Widersprüchen differenzieren. Relativ deutlich zu erkennen, aber eher selten, dürften die sog. Normwidersprüche sein. Hier widersprechen sich die Regelungen schon äußerlich in ihren Anordnungen, beispielsweise ist etwa dasselbe Verhalten nach der einen Norm geboten, erscheint aber nach einer anderen Norm gerade als nicht geboten.96 Eine genauere Betrachtung und Analyse des Rechts wird demgegenüber bei den sog. Wertungswidersprüchen, den teleologischen Widersprüchen und den Prinzipienwidersprüchen erforderlich. Bei den Wertungswidersprüchen behält der Gesetzgeber die von ihm selbst aufgestellten Wertungsgesichtspunkte nicht konsequent bei.97 Das Aufdecken teleologischer Widersprüche bedarf der Hinzuziehung des hinter dem Regelungsvorhaben stehenden Zwecks. Dessen Erreichen wird nun z. B. durch einzelne Vorschriften behindert oder versagt.98 Prinzipienwidersprüche schließlich ergeben sich aus den verschiedenen den Gesetzen zugrundeliegenden Grundgedanken.99 Diese vier Kategorien von Widersprüchen betreffen eher das gesetzgeberische Konzept. Zudem erscheinen die Grenzen gerade zwischen den Wertungs-, den Prinzipen- und den teleologischen Widersprüchen nicht immer ganz trennscharf, zumal letztlich jeweils wertende Aspekte zugrunde liegen. Deshalb sollen diese Punkte im Folgenden gemeinsam unter dem Stichwort der konzeptio91
Noll, S. 210 ff.; Hill, S. 103. Noll, S. 222, 224; Hill, S. 99. 93 Noll, S. 223. 94 Noll, S. 222; ähnlich auch Hill, S. 104 f., der eine gewisse Typenbildung als erforderlich ansieht und die Bildung eines Allgemeinen Teils als weitestgehende Generalisierung anspricht. 95 Engisch, Einführung, S. 273 ff.; dem folgend Hill, S. 99 f.; Hugger, S. 306. 96 Engisch, Einführung, S. 274. 97 Engisch, Einführung, S. 277. 98 Engisch, Einführung, S. 280; vgl. auch Hugger, S. 306. 99 Engisch, Einführung, S. 281 m.w.N. 92
IV. Gesetzessystematik
35
nellen Stimmigkeit erörtert werden. Darüber hinaus nennt Engisch eine weitere Widerspruchsart, den sog. gesetzestechnischen Widerspruch und fasst darunter die uneinheitliche Verwendung der Terminologie.100 Dieser Aspekt liegt mehr auf der begrifflichen äußeren Ebene der Normtexte, kann damit besser abgegrenzt und gesondert behandelt werden. Fragen der Gesetzessystematik stellen sich schließlich in zweierlei Hinsicht. Einerseits ist der zu analysierende Regelungskomplex an sich anhand systematischer Gesichtspunkte zu untersuchen. Zum anderen ist aber auch ein Gesamtzusammenhang mit dem BGB und gegebenenfalls der Rechtsordnung als Ganzes herzustellen.
100
Engisch, Einführung, S. 273.
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Im Folgenden wird ein erster Bereich des BGB eingehend untersucht, der europarechtlichem Einfluss unterliegt – das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das aktuell in den §§ 305 bis 310 BGB geregelt ist.
I. Nationale Ausgangslage Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland existierte bereits deutlich bevor in diesem Bereich gesetzgeberische Aktivitäten auf europäischer Ebene aufgenommen wurden. Ursprünglich beschränkte sich dies auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung, ohne dass es eine spezielle gesetzliche Regelung hierfür gegeben hätte. Dabei agierte das Reichsgericht zunächst noch eher zurückhaltend, indem sachgerechte Ergebnisse über eine restriktive Auslegung von Haftungsfreizeichnungsklauseln und ähnlichen Risikoverlagerungen herbeigeführt wurden und später eine Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Rahmen von § 138 BGB nur unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung einer Monopolstellung vorgenommen wurde. Der BGH intensivierte den Aspekt der Inhaltskontrolle. Dabei legte er weitgehend § 242 BGB zugrunde, lediglich vereinzelt wurde § 315 BGB a.F. herangezogen.1 Schließlich wurde das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9. Dezember 19762 explizit gesetzlich geregelt. Dabei wurde zum Teil an die vorangegangene langjährige Rechtsprechung in diesem Bereich angeknüpft.3 Bei den Vorschriften zur Einbeziehung ging der Gesetzgeber allerdings über die bislang zum Teil großzügigen Vorgaben der Rechtsprechung hinaus.4
1 Vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung z. B. RGZ 20, 115, 117; RGZ 62, 264, 266; RGZ 102, 396, 397; RGZ 115, 218, 219 f.; RGZ 168, 321, 329; BGHZ 22, 90, 96 ff.; BGHZ 38, 183, 186; BGH NJW 1965, 246; BGHZ 50, 200, 206 f.; Stoffels, Rn. 20 ff.; Ulmer/Brandner/ Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 11, § 305 Rn. 108 f., Fuchs, Vorb. v. § 307 Rn. 15 jeweils m.w.N. 2 BGBl. I 1976, 3317. 3 Vgl. BT-Drs. 7/3919, S. 22 f. 4 BT-Drs. 7/3919, S. 13, 17.
II. Quellen europarechtlichen Einflusses und ihre nationale Umsetzung
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II. Quellen europarechtlichen Einflusses und ihre nationale Umsetzung Auf europäischer Ebene wurden Vorgaben zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann durch die Richtlinie 93/13/EWG vom 5. April 19935 gemacht, im Folgenden auch Klauselrichtlinie (KlauselRL) genannt. Diese war gemäß Art. 10 Abs. 1 S. 1 KlauselRL von den Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 1994 in nationales Recht umzusetzen. Da der Rat damals noch keine Richtlinienkompetenz für den Verbraucherschutz hatte, dient die Klauselrichtlinie in erster Linie der Erleichterung der Errichtung eines Binnenmarktes und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen.6 Nichtsdestotrotz kam der Gedanke des Verbraucherschutzes in den Erwägungsgründen bereits deutlich zum Ausdruck und wurde als Mittel zur Erreichung dieser Ziele ausgewiesen.7 Dementsprechend beschränkt sich der Geltungsbereich der Richtlinie auf Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern, vgl. Art. 1 Abs. 1 KlauselRL. Dabei verfolgt die Richtlinie das Konzept der Mindestharmonisierung. Gemäß Art. 8 KlauselRL dürfen die Mitgliedstaaten strengere Regelungen zum Schutz des Verbrauchers erlassen. Erst vor kurzem wurde die Klauselrichtlinie durch die Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher,8 im Folgenden auch Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) genannt, abgeändert. Materiell-rechtliche Vorgaben für das AGB-Recht sind damit jedoch nicht verbunden, so dass die Verbraucherrechterichtlinie in diesem Bereich außen vor bleiben kann.9 Mit dem AGB-Gesetz bestand grundsätzlich bereits eine relativ umfassende gesetzliche Regelung zum Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben aus der Klauselrichtlinie erfolgte sodann durch Abänderung dieses bestehenden Gesetzes zum AGB-Recht durch das Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996.10 Dieses Änderungsgesetz wurde am 24. Juli 1996 im Bundesgesetzblatt verkündet, trat daher gemäß seinem Art. 3 am 25. Juli 1996 in Kraft und damit gut eineinhalb Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist. Das AGB-Gesetz sollte dabei weitestgehend beibehalten werden und eine Änderung wirklich nur in dem Umfang erfolgen, der auch tatsächlich zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben
5 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 vom 21. 04. 1993, S. 29. 6 Vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 5, 6, 7; Gebauer/Wiedmann-Nasall, Kap. 6, Rn. 6. 7 Vgl. die Erwägungsgründe Nr. 6, 8, 9, 10, 22; Nobis, S. 96 f.; Gebauer/Wiedmann-Nasall, Kap. 6, Rn. 6. 8 Siehe A., Fn. 8. 9 Gemäß Art. 32 VRRL war lediglich ein Art. 8a in die Klauselrichtlinie einzufügen, der Mitteilungspflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission festlegt sowie der Kommission Informations- und Weiterleitungsaufgaben auferlegt. 10 BGBl. I 1996, 1013.
38
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
zwingend erforderlich war.11 So wurde lediglich § 12 AGBG abgeändert und ein neuer § 24a AGBG eingefügt. Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung wurde der materiell-rechtliche Teil des AGB-Gesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 200112 als §§ 305 bis 310 BGB mit weitgehend nur kleinen Änderungen in das BGB integriert.13 Dabei wurde auch § 24a AGBG in das BGB übernommen und zwar als § 310 Abs. 3 BGB. Der Regelungsgehalt des § 12 AGBG hingegen war bereits vor der Schuldrechtsreform in das EGBGB überführt und die Norm aufgehoben worden,14 so dass diese Regelung in der folgenden Betrachtung außen vor bleiben kann. Größere Änderungen im AGB-Recht erfolgten im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung allerdings bei § 307 BGB. Hier wurden unter Vertauschung der Reihenfolge die §§ 8, 9 AGBG übernommen. Zusätzlich wurde jedoch in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB das Transparenzgebot erstmals ausdrücklich gesetzlich geregelt. Hierdurch sollte die Klauselrichtlinie noch weiter umgesetzt werden. Das Transparenzgebot war zwar bislang von der Rechtsprechung im Rahmen des § 9 AGBG bereits angewandt worden, diesbezüglich sollte nunmehr jedoch eine Klarstellung im Gesetz erfolgen.15 Zudem war die Umsetzung explizit im Gesetz auch infolge des EuGH-Urteils vom 10. Mai 200116 geboten.17 Des Weiteren wurde in § 307 Abs. 3 BGB in Hinblick auf das Transparenzgebot ein Satz 2 eingefügt, wodurch eine bislang bestehende Lücke bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie geschlossen wurde.18 Die Ermächtigungsnormen des AGB-Gesetzes wurden ins EGBGB, der verfahrensrechtliche Teil weitestgehend in das Unterlassungsklagengesetz übernommen.19 Das AGB-Gesetz wurde durch Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts aufgehoben. Die maßgebliche Umsetzung der Klauselrichtlinie drückt sich mithin im nationalen Recht in § 310 Abs. 3 BGB, in dem sich § 24a AGBG wiederfindet, sowie in § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB aus, so dass sich die Betrachtung im Folgenden vor allem auf diese Regelungen konzentriert. Sonstige Änderungen des AGB-Gesetzes oder später des BGB erscheinen aufgrund ihres sehr punktuellen Charakters im Rahmen der Klauselkataloge gesetzestechnisch wenig aussagekräftig, waren nicht europarechtlich veranlasst oder nur mittelbar, indem eine Anpassung an Gesetzesänderungen aufgrund sonstiger Richtlinienumsetzung erfolgte, so dass hierauf 11
BT-Drs. 13/2713, S. 1, 6; BT-Drs. 13/4699, S. 6. BGBl. I 2001, 3138. 13 BT-Drs. 14/6040, 149 f. 14 BGBl. I 2000, 897, 902; BT-Drs. 14/2658, S. 51. 15 BT-Drs. 14/6040, S. 153 f. zu der entsprechenden Regelung in § 307 Abs. 2 Nr. 3 BGB-E. 16 EuGH, Urt. v. 10. 05. 2001, Rs. C-144/99 (Kommission/Niederlande), Slg. 2001, I-3541 = EuZW 2001, 437. 17 BT-Drs. 14/7052, S. 188. 18 BT-Drs. 14/6040, S. 154; BT-Drs. 14/7052, S. 188. 19 BGBl. I 2001, 3138, 3173 ff.; BT-Drs. 14/6040, S. 274. 12
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens
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nicht eingegangen werden soll. Letzteres gilt insbesondere auch für die jüngsten Änderungen des AGB-Rechts im Zuge der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie.20 Die Richtlinie zielt nicht auf Regelungen im Bereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ab.21 Zudem waren die AGB-rechtlichen Neuregelungen in Form der Klauselverbote des § 308 Nr. 1a, Nr. 1b BGB und den damit im Zusammenhang stehenden Änderungen des § 310 Abs. 1 BGB nicht einmal aufgrund mittelbarer Auswirkungen der Richtlinienumsetzung auf das AGB-Recht notwendig.22 Diese Änderungen sind daher allein dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben.
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens 1. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des AGB-Gesetzes vom 9. Dezember 197623 Da sich auch die Wissenschaft schon seit geraumer Zeit mit der Problematik der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen beschäftigte,24 setzte schließlich auf politischer Ebene Ende 1971 eine ausgiebige Vorbereitungsphase in Hinblick auf 20
Siehe A., Fn. 9. Zwar ergeben sich insbesondere für Zahlungs-, Überprüfungs- und Annahmefristen durchaus z. B. aus Art. 3, Art. 7 ZahlungsverzugsRL Vorgaben für eine Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln, diese sind jedoch nicht auf den Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschränkt, sondern betreffen Vertragsklauseln ganz allgemein, mithin auch ausgehandelte Individualvereinbarungen und gehen damit über den Bereich des AGB-Rechts hinaus, so auch Pfeiffer, BB 2013, 323. 22 Während des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie wurde teilweise angenommen, dass das AGB-Recht durch die Umsetzung der Vorgaben an anderer Stelle, nämlich einem neuen § 271a BGB, mittelbar tangiert werde. Daraus folge nämlich, dass die Vereinbarung von Fristen bis zu den dort geregelten Höchstfristen auch in AGB zulässig sei und es ergebe sich ein neues gesetzliches Leitbild für Zahlungsfristen. Demnach wäre eine Gegensteuerung im AGB-Recht erforderlich. So zum letztlich der Diskontinuität verfallenen Gesetzentwurf aus der 17. Wahlperiode die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/10491, S. 17; auch von Westphalen, ZRP 2013, 5, 7 f.; ders., BB 2013, 515, 515 ff. Dies ist jedoch nicht der Fall. § 271a BGB begrenzt die nach § 271 BGB bestehende Möglichkeit anderweitige Vereinbarungen über die Leistungszeit zu treffen. Es lässt sich aus der Norm jedoch nicht der Schluss ziehen, dass Vereinbarungen, die die in der Norm genannten Höchstfristen unterschreiten, stets, d. h. auch in AGB, wirksam wären. Vielmehr bleiben die Vorgaben der AGB-Kontrolle unberührt, was nunmehr auch durch § 271a Abs. 6 BGB nochmals klargestellt wird. Gesetzliches Leitbild bleibt weiterhin die gesetzliche Fälligkeitsregelung des § 271 BGB. So BT-Drs. 18/1309, S. 13 f., 18; ebenso Verse, Stellungnahme v. 01. 06. 2014, S. 4; DAV, Stellungnahme 12/2014, S. 16; Haspl, BB 2014, 771, 774 ff.; so auch schon die Begründung des Gesetzentwurfs der 17. Wahlperiode, BT-Drs. 17/10491, S. 11, 12, sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10491, S. 19 und Pfeiffer, BB 2013, 323, 324 f.; zweifelnd Sächsische IHK, Stellungnahme, S. 3. 23 Vgl. ausführlich Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335 ff. 24 Vgl. die Übersicht zur einschlägigen Literatur in BMJ, Erster Teilbericht, S. 123 ff. 21
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
den Erlass eines AGB-Gesetzes ein.25 Die erste Äußerung zu dieser Thematik, genauer gesagt zum Schutz des Verbrauchers vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen, erfolgte von offizieller Seite aus am 18. Oktober 1971 im Rahmen des Berichts der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik,26 den der Bundesrat nachdrücklich begrüßte.27 Aus den nachfolgenden Aktivitäten gingen beide Gesetzentwürfe, der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion, der dem Bundestag Ende Januar 1975 vorgelegt wurde,28 und der Regierungsentwurf, der Ende Mai 1975 dem Bundesrat und Anfang August 1975 dem Bundestag mit der Stellungnahme des Bundesrates zugeleitet wurde,29 hervor. Der Regierungsentwurf basierte auf den Vorschlägen, die in der vom Bundesminister der Justiz einberufenen „Arbeitsgruppe zur Verbesserung des Verbraucherschutzes gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ seit Ende 1972 erarbeitet worden waren. Außerdem wurden zahlreiche Stellungnahmen von Wirtschafts- und Verbraucherverbänden eingeholt und Anhörungen durchgeführt, die bei der Erarbeitung des Entwurfs berücksichtigt wurden.30 Der Entwurf der CDU/CSUFraktion übernahm nur leicht verändert den von einem Arbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen parallel erarbeiteten Gesetzentwurf,31 der sich in seinem materiell-rechtlichen Teil allerdings ebenfalls weitgehend mit den Vorschlägen des ersten Teilberichts der AGB-Arbeitsgruppe deckte.32 Dementsprechend wiesen beide Entwürfe in diesem Bereich viele Gemeinsamkeiten auf. Gleichwohl zeigten sich im Einzelnen auch zum Teil deutliche Unterschiede. Dies gilt insbesondere für die Systematik der Klauselverbote, die nur der Regierungsentwurf in Klauselverbote mit und ohne Wertungsspielraum einteilte. Aus diesem Grund legte der Rechtsausschuss seinen Beratungen letztlich den Regierungsentwurf zu Grunde, allerdings wurden auch Regelungen aus dem CDU/CSU-Entwurf eingefügt.33 Einen verfahrensrechtlichen Teil enthielt der Regierungsentwurf ursprünglich, anders als der CDU/CSUEntwurf,34 nicht. Dieser sollte einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren vorbehalten bleiben, um eine sorgfältige Ausarbeitung zu gewährleisten.35 Im Rahmen der 25
Daneben war die Thematik dann auch Gegenstand des 50. Deutschen Juristentages 1974, vgl. dazu Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335, 342 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 15. 26 BT-Drs. 6/2724, S. 8. 27 BR-Drs. 568/71 (Beschluß), Anlage S. 2 f. 28 BT-Drs. 7/3200. 29 BR-Drs. 360/75; BT-Drs. 7/3919. 30 BT-Drs. 7/3919, S. 12 f.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 17; zu Einsetzung und Aufgabe der Arbeitsgruppe vgl. BMJ, Erster Teilbericht, S. 20 f. und zu ihrer Tätigkeit ausführlich Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335 ff. 31 Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen (GAGB), BB 1974, Beilage 9. 32 Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335, 337, 343, 350; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 18. 33 BT-Drs. 7/5422, S. 2. 34 Vgl. §§ 26 ff. des CDU/CSU-Entwurfs, BT-Drs. 7/3200, S. 6 f. 35 BT-Drs. 7/3919, S. 15.
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens
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Beratungen des Rechtsausschusses wurde der Verfahrensteil allerdings doch bereits ergänzt, wobei auf eine neu ausgearbeitete Verfahrensregelung, die von den Fraktionen der SPD und FDP als Änderungsantrag beim Rechtsausschuss eingereicht wurde, zurückgegriffen wurde.36 Dass neben dem Regierungsentwurf ein gesonderter Entwurf der CDU/CSU eingebracht wurde, hatte, soweit ersichtlich, keine verfahrenstechnischen Gründe und wurde auch nicht mit maßgeblich abweichenden inhaltlichen Vorstellungen begründet. Vielmehr wurde in der Entwurfsbegründung schlicht darauf hingewiesen, dass eine gesetzliche Regelung als erforderlich erachtet werde und die Bundesregierung zwar Initiativen angekündigt, bislang jedoch keinen Entwurf vorgelegt habe.37 Der Entwurf des Arbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen an sich sollte zu einem schnellen Fortgang der notwendigen Reformbewegungen beitragen und die „Entschlossenheit …, für die Verwirklichung von mehr Vertragsfreiheit und Gerechtigkeit zu Gunsten des einzelnen Bürgers einzutreten“ zeigen.38 Eine Verzögerung im Gesetzgebungsverfahren ergab sich daraus, dass der Bundesrat mit Beschluss vom 16. Juli 1976 den Vermittlungsausschuss anrief, um v. a. Änderungen im Verfahrensteil des zu erlassenden AGB-Gesetzes zu erreichen, was ihm auch teilweise gelang.39 Das Gesetz wurde schließlich in der letzten Sitzung des siebten Bundestages noch nach der Wahl des neuen Bundestages am 10. November 1976 endgültig verabschiedet.40 Nach Zustimmung des Bundesrats vom 12. November 1976 wurde das Gesetz am 15. Dezember 1976 im Bundesgesetzblatt verkündet.41 Alles in allem lässt sich also eine Vorbereitungsphase von etwas mehr als drei Jahren und eine Phase des eigentlichen parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens von fast zwei Jahren bis zur Verkündung des Gesetzes ausmachen.
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BT-Drs. 7/5422, S. 3; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 20 f. BT-Drs. 7/3200, S. 1 f. 38 So die Einführung von Held zum Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen (GAGB), BB 1974, Beilage 9, 1. 39 Vgl. BT-Drs. 7/5617; BT-Drs. 7/5636; Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335, 353. 40 Hensen, in: FS Heinrichs, S. 335, 353 f.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 22. Die Bundestagswahl hatte bereits am 3. 10. 1976 stattgefunden. Dass die 7. Wahlperiode mehr als 30 Tage nach der Wahl noch andauerte, lag in der damaligen Fassung des Art. 39 GG begründet. Demnach musste der neue Bundestag zwar grundsätzlich spätestens 30 Tage nach der Wahl zusammentreten. Dies galt jedoch nicht, wenn die vierjährige Wahlperiode des vorherigen Bundestages noch nicht abgelaufen war. Da der 7. Bundestag erstmals am 13. 12. 1972 zusammengetreten war, endete seine Wahlperiode erst mit Ablauf des 13. 12. 1976. Der 8. Bundestag konnte nicht vor dem 14. 12. 1976 zusammentreten. Vgl. dazu Zeh, ZParl 1976, 353, 361 f. 41 BGBl. I 1976, 3317; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 22. Ausweislich der Eingangsformel handelt es sich jedoch nicht um ein Zustimmungsgesetz, vgl. dazu BMJ, Handbuch, Rn. 354. 37
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des Gesetzes zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 Die primäre Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996.42 Demnach ist dieses Gesetz für den Vergleich des Ablaufs des Gesetzgebungsverfahrens zu betrachten. Umfassende vorbereitende Entwurfsarbeiten sind bei diesem Umsetzungsgesetz nicht so deutlich dokumentiert wie bei der Vorbereitung des AGB-Gesetzes. Allerdings wurden die Klauselrichtlinie und ihre Umsetzung in nationales Recht nach ihrem Erlass im April 1993 in der Literatur natürlich ausgiebig diskutiert.43 Das Bundesministerium der Justiz legte dann erst Ende November 1994 einen Referentenentwurf44 vor, der den relevanten Verbänden sowie den Landesjustizverwaltungen zur Stellungnahme zugeleitet wurde.45 Die parlamentarische Phase der Gesetzgebung begann schließlich am 1. September 1995, als dem Bundesrat ein Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des AGBGesetzes der Bundesregierung zugeleitet wurde,46 und damit etwa zweieinhalb Jahre nach Erlass der Richtlinie. Dies blieb die einzige Gesetzesinitiative. Das Verfahren im Parlament wurde nun deutlich schneller durchlaufen als beim ursprünglichen AGB-Gesetz. Bis zur Verkündung im Bundesgesetzblatt am 24. Juli 199647 vergingen nur etwa elf Monate. Trotzdem war die durch Art. 10 Abs. 1 S. 1 KlauselRL vorgegebene Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 1994 deutlich überschritten worden. Alles in allem hat sich der nationale Gesetzgeber durch die europarechtlichen Vorgaben jedenfalls nicht zu einem überstürzten Gesetzgebungsverfahren drängen lassen. Der dennoch etwas kürzere Zeitraum als beim Erlass des ursprünglichen AGB-Gesetzes erscheint nicht ungewöhnlich. Die Umsetzung erfolgte letztlich durch eine Anpassung des bestehenden AGB-Gesetzes, indem ein Paragraph abgeändert und ein anderer Paragraph neu eingefügt wurde.48 Das AGB-Gesetz hatte sich nach Einschätzung des Gesetzgebers sowie zahlreicher Literaturstimmen be-
42
Vgl. oben C. II. Vgl. u. a. Eckert, WM 1993, 1070 ff.; Frey, ZIP 1993, 572 ff.; Heinrichs, NJW 1993, 1817 ff.; Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562 ff.; Ulmer, EuZW 1993, 337 ff.; Damm, JZ 1994, 161 ff.; Remien, ZEuP 1994, 34 ff. 44 Abgedruckt in: BB 1995, 110. 45 Eckert, ZIP 1994, 1986, 1989. 46 BR-Drs. 528/95. 47 BGBl. I 1996, 1013. 48 Vgl. oben C. II. 43
IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild
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währt.49 Auf diese zwischenzeitlich 20-jährige Erfahrung konnte zurückgegriffen werden. Der Aufwand war im Vergleich zur erstmaligen Formulierung des aus 30 Paragraphen bestehenden AGB-Gesetzes von 1976 also geringer, wenngleich andererseits darauf geachtet werden musste, den Umsetzungsbedarf zu erfüllen. Die parlamentarische Phase gestaltete sich beim ursprünglichen AGB-Gesetz insbesondere auch deshalb aufwändig, weil nachträglich ein Verfahrensteil ausgearbeitet wurde. Auf diesen bezog sich schließlich in erster Linie auch die Anrufung des Vermittlungsausschusses.50 Ganz generell dürfte der Beratungsaufwand bei einem kurzen Änderungsgesetz wohl geringer sein als bei einem vollständig neuen Stammgesetz. Defizite im Gesetzgebungsverfahren sind somit nicht ersichtlich.
IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild 1. AGB-Gesetz vom 9. Dezember 1976 Bei dem ursprünglichen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen handelt es sich von der Grundform her um eine Erstregelung in Form eines neuen Stammgesetzes. Die Materie wurde erstmalig gesetzlich geregelt und dies geschah auch nicht etwa durch Änderung eines bestehenden Gesetzes oder Einfügen eines neuen Abschnitts oder Ähnliches in ein solches, sondern es wurde ein eigenständiges neues Gesetz geschaffen. Da hier nicht ein breites Rechtsgebiet umfassend in einem Gesetz geregelt wurde, liegt auch keine Kodifikation vor.51 Das Gesetz enthält ausschließlich Regelungen des AGB-Gesetzes. Sich ergebende Folgeänderungen des BGB sowie des Energiewirtschaftsgesetzes sind auch im AGBGesetz selbst geregelt, nämlich in den §§ 25 und 26 im Fünften Abschnitt „Schlußund Übergangsvorschriften“. Daneben finden sich hier weitere Übergangsvorschriften sowie die Regelung des Inkrafttretens in § 30. Zwar empfiehlt das Bundesministerium der Justiz heute bei notwendig werdenden Folgeänderungen diese in einem gesonderten Artikel vorzunehmen,52 jedoch ist die Integration der Folgeänderungen in das neue Gesetz selbst, jedenfalls damals, aber wohl auch heute, nicht ungewöhnlich.53 Das Gesetz vom 9. Dezember 1976 enthält demnach ausschließlich die Regelungen des AGB-Gesetzes und ist nicht weiter in Artikel oder Ähnliches untergliedert. Die Überschrift beinhaltet neben dem Titel eine Kurzbezeichnung im Klammerzusatz. Allerdings hätte man den Titel weiter straffen können, indem man 49 BT-Drs. 13/2713, S. 6; aus der Literatur etwa Ulmer, EuZW 1993, 337, 347; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1822; Damm, JZ 1994, 161, 175. 50 Vgl. dazu oben C. III. 1. 51 Zum Begriff Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 12; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 432. 52 BMJ, Handbuch, Rn. 367, 425, ein Mantelgesetz liegt nach der hier vertretenen Kategorisierung entgegen der Ansicht des BMJ dann aber dennoch nicht vor, vgl. oben B. I. 53 Hugger, S. 298; Kluth/Krings-Weckerling-Wilhelm, § 10, Rn. 42; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 333.
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
die komplizierte Phrase „zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ durch „über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ ersetzt hätte oder gar einfach durch „über Allgemeine Geschäftsbedingungen“.54 2. Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 Dem AGB-Gesetz gegenübergestellt werden soll wiederum das Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 als primärer Umsetzungsakt hinsichtlich der europäischen Vorgaben der Klauselrichtlinie. Dieses Umsetzungsgesetz stellt ein Mantel- bzw. Artikelgesetz dar. Es ist in drei Artikel untergliedert. Durch Artikel 1 wird die Klauselrichtlinie umgesetzt, indem Änderungen am bestehenden AGB-Gesetz vorgenommen werden. Hierauf wird in der Fußnote zur Überschrift hingewiesen. Artikel 2 beinhaltet „überraschenderweise“55 eine Änderung der Insolvenzordnung, Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Man könnte hier auch daran denken, das Gesetz als sog. Omnibusgesetz zu bezeichnen, weil die Änderung der Insolvenzordnung erst nachträglich zum Gegenstand gemacht wurde.56 Allerdings erscheint diese Begrifflichkeit angesichts des geringen Umfangs des Gesetzes von nur einer Seite im Bundesgesetzblatt und der Änderung nur zweier Stammgesetze dann doch weniger passend. Der Terminus wird eher für Artikelgesetze von größerem Umfang verwendet.57 Zwischen den Änderungen des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung besteht kein erkennbarer Zusammenhang. Zwar müssen laut dem Bundesministerium der Justiz die einzelnen Teile eines Mantelgesetzes in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen.58 Die Vorgaben des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit sind jedoch nicht rechtsverbindlich, sondern vielmehr lediglich Empfehlungen für die Praxis aufgrund der Erfahrungen in der Praxis.59 Solche heterogenen Artikelgesetze60 sind also dennoch zulässig. Treffend wäre insoweit wohl die Bezeichnung „Paketgesetz“.61 Ein besonderer Grund dafür, dass die Änderung der Insolvenzordnung an das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des AGB-Gesetzes angehängt wurde, ist nicht ersichtlich. Der Sache nach ging es dabei um eine notwendige Korrektur der bereits verkündeten, aber noch nicht in Kraft getretenen neuen Insolvenzordnung in
54
S. 17. 55 56 57 58 59 60 61
Vgl. zur Überflüssigkeit der Wendung „zur Regelung“ Müller, Gesetzgebungstechnik, Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2191. Vgl. BT-Drs. 13/2713 und 13/4699. Lachner, S. 25 f. BMJ, Handbuch, Rn. 717. Schulze-Fielitz, ZG 2003, 293; Brandner, S. 29; Lachner, S. 87 f. Lachner, S. 73 f. Vgl. Lachner, S. 25.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Hinblick auf das Leasingrecht.62 Trotz dieser Koppelung ist das Änderungsgesetz angesichts der klaren Untergliederung in Artikel und der Kürze von nur einer Seite im Bundesgesetzblatt insgesamt aber durchaus übersichtlich. Auch die einzelnen Änderungen sind im Wesentlichen aus sich heraus verständlich und werden nicht erst klar, wenn man die Änderung zusammen mit dem zu ändernden Stammgesetz liest. Dies gilt insbesondere für die Änderungen des AGB-Gesetzes, da hier mit § 24a ein neuer Paragraph eingefügt wird und § 12 vollständig neu gefasst wird. In § 108 Abs. 1 InsO wird immerhin ein vollständiger Satz neu eingefügt, zum inhaltlichen Verständnis muss hier angesichts der Eingangsformulierung „Dies gilt auch“ jedoch das Stammgesetz mit herangezogen werden. Die typischen Probleme betreffend die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit bei Änderungsgesetzen63 finden sich hier also nur ansatzweise. Die Überschrift ist knapp gehalten und lässt sowohl erkennen, dass es sich um ein Änderungsgesetz handelt, als auch, was geändert wird. Damit verzichtet sie auf unnötige Einschübe und ist demnach als gelungener anzusehen als die Überschrift des ursprünglichen AGB-Gesetzes. Im Übrigen lassen sich beim Vergleich der beiden Gesetze keine nennenswerten Auffälligkeiten erkennen. Die unterschiedliche Grundformenwahl ist schon aus der Situation heraus bedingt.
V. Analyse der Gesetzeslage im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 1. Sprachliche Analyse In Hinblick auf die Satzkonstruktion verdient § 310 Abs. 3 BGB eine nähere Betrachtung, wohingegen § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB unauffällig sind. § 310 Abs. 3 BGB besteht insgesamt aus einem sehr langen Satz, der sich aufgliedert in einen mit einem Doppelpunkt abgeschlossenen Einleitungssatz und darauffolgend drei numerisch aufgezählte, jeweils mit einem Semikolon voneinander getrennte Halbsätze, die ihrerseits grammatikalisch vollständige Sätze darstellen. Die Nummer 2 enthält dabei ebenfalls einen relativ langen Satz. Dieser unterteilt sich in einen Hauptsatz und zwei durch „und“ aneinandergereihte gleichrangige Nebensätze, die präzisieren, für welche Art vorformulierter Vertragsbedingungen die Regelung eingreifen soll. Am Beginn des Hauptsatzes werden die anzuwendenden Paragraphen nicht schlicht nacheinander aufgezählt, sondern strukturiert. Die genannten Normen des BGB werden in die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB, die Rechtsfolgenregel des § 306 BGB und schließlich die Normen der Inhaltskontrolle, §§ 307 bis 309 BGB, gegliedert. Daneben wird abgetrennt durch „sowie“ Art. 46b EGBGB gestellt. Der Gesetzesanwender wird so bereits auf die Relevanz der Normen in unterschiedlichen Bereichen hingewiesen, die Gliederung macht die Regelung übersichtlicher. Die anderen beiden Nummern des § 310 Abs. 3 BGB sind 62 63
Vgl. dazu etwa Schmid-Burgk/Ditz, ZIP 1996, 1123. Kluth/Krings-Maaßen, § 8, Rn. 41; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 451.
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
deutlich kürzer. Unter der Nummer 1 findet sich ein Hauptsatz, gefolgt von einem einschränkenden Nebensatz („es sei denn, dass“). Die Nummer 3 enthält keinen Nebensatz. Stattdessen wird mit „die den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ eine etwas weitere Nominalklammer, das heißt ein Einschub zwischen Artikel und Hauptwort, verwendet.64 Da der Satz der Nummer 3 aber insgesamt relativ kurz ist und auch der Einschub noch überschaubar ist, leidet die Übersichtlichkeit darunter nicht allzu sehr. Trotz des insgesamt langen Satzes bleibt die Regelung des § 310 Abs. 3 BGB relativ gut verständlich, da die Satzstrukturen nicht übermäßig kompliziert sind. Unnötig umständlich ist die Verwendung des Passivs „eingeführt wurden“ in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Da der Handelnde vorliegend genannt wird, „durch den Verbraucher“, und zudem das Hauptaugenmerk auch gerade auf der handelnden Person liegt, ist die Passivkonstruktion an dieser Stelle in Hinblick auf Einfachheit und Verständlichkeit der Gesetzessprache zu kritisieren.65 Außerdem enthalten sowohl § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, als auch § 310 Abs. 3 BGB Kombinationen aus einem Substantiv und einem eher farblosen Verb.66 Solche Konstruktionen finden sich in Gesetzestexten wie auch sonst in der Rechtssprache allerdings häufig, sind aber dennoch als unnötig umständlich zu beanstanden.67 Nachvollziehbar erscheint dies allerdings bei § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Hier wird auf diese Weise lediglich der Bezug zu Satz 1 der Norm kurz und präzise unter Verwendung derselben Begriffe hergestellt und dabei eine gewisse sprachliche Abwechslung gewahrt. Ein gewisser Hang zum Nominalstil zeigt sich aber auch durch die Verwendung von Verbalsubstantiven, wie sie vor allem in § 310 Abs. 3 Nr. 2 und auch Nr. 3 BGB auffällt.68 Auch beim Nominalstil handelt es sich allerdings um einen Kritikpunkt, der Gesetzestexten ganz generell oftmals anhaftet.69 Indem in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB zudem das als Adjektiv gebrauchte Partizip „vorformulierte“ als Substantiv „Vorformulierung“ wiederholt wird, lässt der Satz außerdem Abwechslung in der Wortwahl vermissen. Dies ist aber in Hinblick auf die Verständlichkeit der Regelung sogar geboten, da jeweils der gleiche Inhalt ausgedrückt werden soll.70 Unterschiedliche Begrifflichkeiten könnten insofern zu Auslegungszweifeln führen. Sprachlich fällt außerdem die Wendung „mit folgenden Maßgaben“ in § 310 Abs. 3 64
Vgl. zu Nominalklammern BMJ, Handbuch, Rn. 100; Hill, S. 125, 127; zum Begriff Glück, S. 461. 65 Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 63, 104; Gesellschaft für dt. Sprache, S. 3 f. 66 Vgl. „finden … Anwendung“ in § 310 Abs. 3 a.A. und Nr. 2 BGB; „Einfluss nehmen“ in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB; „Benachteiligung … ergeben“ in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. 67 Grunau, S. 66 f.; Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 107; Gesellschaft für dt. Sprache, S. 44 ff.; die Kritik letztlich einschränkend Schnapp, Jura 2003, 173, 174 f., 176. 68 Vgl. „Vertragsbedingungen“, „Anwendung“, „Verwendung“, „Vorformulierung“ in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB; „Beurteilung“, „Benachteiligung“ in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB; vgl. zum Begriff des Verbalsubstantivs Duden, Rn. 1106. 69 Hill, S. 125 f.; Gesellschaft für dt. Sprache, S. 36 ff.; vgl. auch Glück, S. 463. 70 Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 74.
V. Analyse der Gesetzeslage
47
BGB ins Auge. Sie ist in Gesetzen zwar durchaus üblich, wird aber zum Teil schon lange kritisiert.71 Die Verknüpfung „mit der Maßgabe, daß“ wurde sogar als „sprachlich schlecht“ bezeichnet.72 Andere sahen die Wendung dagegen gerade als elegant und damit vorzugswürdig an.73 Aus heutiger Sicht erscheint sie zumindest etwas veraltet, weshalb in Hinblick auf die Verständlichkeit der Regelung beispielsweise die Wendung „mit folgenden Besonderheiten/Abweichungen/Änderungen“ o. Ä. besser gewesen wäre. 2. Terminologie In terminologischer Hinsicht erwähnenswert sind die Begriffe des Verbrauchers und des Unternehmers, die in § 310 Abs. 3 BGB verwendet und in den §§ 13, 14 BGB legaldefiniert werden. Die Legaldefinitionen fanden sich zunächst in § 24a AGBG, der Vorgängernorm des § 310 Abs. 3 BGB. Später wurde die Definition des Unternehmerbegriffs in § 24 Nr. 1 AGBG verschoben,74 bis die Legaldefinitionen beider Begriffe letztlich ganz aus den §§ 24, 24a AGBG herausgenommen und am heutigen Standort in den §§ 13, 14 BGB und damit im Allgemeinen Teil des BGB geregelt wurden.75 Es handelt sich um juristische Fachausdrücke, was sich nicht zuletzt an eben diesen Legaldefinitionen zeigt. In Hinblick auf den Bürger als Gesetzesadressaten erscheint die Verwendung des Unternehmerbegriffs jedoch etwas problematisch. Der Begriff ist in der Alltagssprache gebräuchlich, wird dort aber sicher nicht immer im Sinne der Definition gemäß § 14 BGB verwendet. Insofern könnte man an dieser Stelle von einem verdeckten Fachausdruck sprechen.76 Den konkreten Begriff des Unternehmers hat der nationale Gesetzgeber ausgewählt. Die Klauselrichtlinie selbst spricht nämlich nicht vom Unternehmer, sondern vom Gewerbetreibenden, vgl. nur die Definition in Art. 2 c) KlauselRL. Freilich ging es dennoch um die Umsetzung der europäischen Vorgaben. Insbesondere wurde der Terminus erstmals im Zuge der Umsetzung der Klauselrichtlinie durch das Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19. Juli 1996 im Rahmen des neuen § 24a AGBG in das AGB-Recht eingefügt.77 Der Begriff des Gewerbetreibenden wäre für den Laien 71
Grunau, S. 95 f. Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 179. 73 Karpen, Verweisung, S. 77 f. 74 So durch das Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) vom 22. Juni 1998, BGBl. I 1998, 1474. 75 So durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, BGBl. I 2000, 897. 76 In Anlehnung an Rödig/Baden/Kindermann, S. 100 f. 77 Die Ersetzung des Kaufmannsbegriffs durch den Begriff des Unternehmers in § 24 S. 1 Nr. 1 AGBG erfolgte später durch das Handelsrechtsreformgesetz, s. C., Fn. 74. Dies war jedoch nicht europarechtlich veranlasst, sondern durch Änderungen des Kaufmannsbegriffs im 72
48
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unter Umständen leichter als Fachausdruck zu erkennen gewesen. Trotzdem ist es begrüßenswert, dass der nationale Gesetzgeber diesen Begriff nicht aus der Klauselrichtlinie übernommen hat.78 Die Legaldefinition des Art. 2 c) KlauselRL ist hier nämlich in sich widersprüchlich. Im Definiens wird, wie nunmehr auch bei der Definition des Unternehmerbegriffs in § 14 BGB, zwischen der gewerblichen und der beruflichen Tätigkeit unterschieden. Dann ist es aber inkonsequent, beides dem Definiendum Gewerbetreibender als Oberbegriff zuzuordnen.79 Darüber hinaus ist der Begriff des Gewerbetreibenden im deutschen Zivilrecht mit einem von Art. 2 c) KlauselRL abweichenden Verständnis belegt. Bekannt ist der Gewerbebegriff im Zivilrecht heute vor allem aus dem Handelsrecht. Er wird üblicherweise verstanden als eine erkennbar planmäßige und auf Dauer angelegte, selbstständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt, wobei jedoch eine freiberufliche, wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit nicht darunter fällt.80 Im BGB ist der Gewerbebegriff weniger verbreitet. Bis zur Schuldrechtsreform fand er sich hier insbesondere im Verjährungsrecht in § 196 BGB a.F. und wurde ganz ähnlich verstanden. Es wurde ein berufsmäßiger Geschäftsbetrieb mit der Absicht dauernder Gewinnerzielung vorausgesetzt, wobei im Wesentlichen von künstlerischen, geistigen oder wissenschaftlichen Leitgedanken beherrschte Tätigkeiten, das heißt u. a. Freiberufler und Künstler, ebenfalls nicht erfasst waren.81 Unter den Begriff des Gewerbetreibenden der Klauselrichtlinie fallen hingegen mit der Alternative der beruflichen Tätigkeit auch die Freiberufler, dieser geht daher über das nationale Begriffsverständnis hinaus.82 Die Verwendung des Begriffs des Gewerbetreibenden in Verbindung mit dieser weitergehenden Definition hätte daher im nationalen Zivilrecht zu Widersprüchen geführt. Etwaigen Missverständnissen in Hinblick auf das Verständnis des Unternehmerbegriffs in der Alltagssprache wird schließlich durch die Legaldefinition in § 14 BGB vorgebeugt. Allerdings führt die Verwendung des Unternehmerbegriffs in diesem Sinn zu einem terminologischen Bruch im BGB. Das Werkvertragsrecht der §§ 631 ff. BGB bezeichnet die Parteien des Werkvertrags nämlich als Besteller und Unternehmer. Mit dem Unternehmer ist damit jedoch nicht der Unternehmer i.S.d. § 14 BGB HGB bedingt und diente zudem der Angleichung an vergleichbare Vorgaben für die Anwendung u. a. des Verbraucherkreditgesetzes, vgl. BT-Drs. 13/8444, S. 46 f. 78 Eine Begründung dieser Abweichung findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrs. 13/2713, BT-Drs. 13/4699) leider nicht. 79 Kretschmar, S. 117; als „unscharf“ bezeichnet auch Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 10 den Begriff des Gewerbetreibenden in der Klauselrichtlinie, ohne dies allerdings näher zu begründen. 80 Baumbach/Hopt-Hopt, § 1 Rn. 12; MüKoHGB-Schmidt, § 1 Rn. 26. 81 RGZ 75, 52, 53; BGHZ 33, 321, 324 f.; BGHZ 95, 155, 157; BGHZ 144, 86, 88; MüKoHGB-Schmidt, § 1 Rn. 25. Auf diese Rechtsprechung wird auch für den handelsrechtlichen Begriff zurückgegriffen, Baumbach/Hopt-Hopt, § 1 Rn. 12. 82 So auch Frey, ZIP 1993, 572, 579; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818, Fn. 14; von Westphalen, EWS 1993, 161, 162.
V. Analyse der Gesetzeslage
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gemeint, sondern vielmehr schlicht der Erbringer der Werkleistung.83 Folglich wird der identische Terminus des Unternehmers, der nunmehr zudem im Allgemeinen Teil scheinbar allgemeingültig legaldefiniert wird, im BGB in unterschiedlichem Sinn gebraucht.84 Aufgrund der Eingängigkeit und mangels leichter Ersetzbarkeit durch einen anderen Begriff wurde dennoch am Begriff des Unternehmers im Werkvertragsrecht festgehalten.85 Eine gewisse Klarstellung und Abgrenzung könnte aber meines Erachtens dadurch erreicht werden, dass im Werkvertragsrecht der Begriff des Unternehmers durch den des Werkunternehmers ersetzt würde. Diese Bezeichnung wird etwa auch in der Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Bereich des Werkvertragsrechts häufig verwendet.86 3. Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik a) Legaldefinitionen Eine Legaldefinition findet sich mit dem Begriff der Verbraucherverträge in dem Einleitungssatz des § 310 Abs. 3 BGB. Sie erfolgt durch einen Klammerzusatz, wie es bei Legaldefinitionen im BGB häufig der Fall ist.87 Dabei wurde die Klammerdefinition erst im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung eingeführt, wobei der definierende Teil jedoch wortwörtlich aus der Vorgängerregelung des § 24a AGBG übernommen wurde. Es kann also dennoch von einer europarechtlichen Veranlassung ausgegangen werden, zumal die Definition in engem Zusammenhang mit dem Unternehmer- und Verbraucherbegriff steht und maßgeblich durch die europäischen Richtlinien, insbesondere die Klauselrichtlinie erforderlich wurde. So findet sich der Begriff des Verbrauchervertrags auch gerade in der Bezeichnung besagter Klauselrichtlinie, die da lautet „Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen“.88 Die Definition befindet sich an der Stelle des Gesetzes, an der der Begriff erstmals gebraucht wird. Dies entspricht den Empfehlungen für die Verortung von Legaldefinitionen, bei denen eine umfassende Vorabklärung der Begrifflichkeiten bereits am Anfang des Gesetzes nicht erforderlich erscheint, z. B. weil die Begriffe nicht derart gehäuft über das ganze Gesetz verteilt vorkommen.89
83
BeckOK-Schmidt-Räntsch (01. 11. 2014), § 14 Rn. 1, 3, 18; Staudinger-Habermann, § 14 Rn. 18. 84 Mertens, in: Baldus/Dajczak, S. 451, 461 f. 85 BeckOK-Schmidt-Räntsch (01. 11. 2014), § 14 Rn. 18. 86 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 259 ff. 87 Vgl. dazu Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 470 f. mit Fn. 786. 88 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 89 Bund, in: Schäffer/Triffterer, S. 57, 62 f.; Lücke, in: FS Rudolf, S. 325, 336. Näher zur Verortung der Legaldefinition im Zusammenhang mit den Neuregelungen zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie später unter E. V. 1. a) bb) (2) (a).
50
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Legaldefinitionen haben einerseits die Funktion die Präzision des Gesetzes zu erhöhen, zum anderen dienen sie häufig gerade auch dazu, den Gesetzestext zu verkürzen, da Wiederholungen entbehrlich werden.90 Mit beidem geht letztlich einher, dass der einmal legaldefinierte Begriff dann auch durchgehend und konsequent im Gesetz verwendet wird. Sonst besteht die Gefahr, dass an anderer Stelle gezweifelt wird, ob tatsächlich das gleiche Verständnis zu Grunde zu legen ist,91 und der Zweck der Verkürzung des Gesetzestextes könnte offensichtlich nicht erreicht werden, wenn doch jedes Mal erneut die Erläuterung wiedergegeben wird. Gerade die Abkürzungsfunktion dürfte in der vorliegenden Regelung im Vordergrund stehen, da eine wirkliche Präzisierung durch die Ergänzung der vorhandenen Erläuterung um den Begriff des Verbrauchervertrages nicht ersichtlich ist. Bezieht man das BGB im Übrigen in die Betrachtung mit ein, so zeigen sich jedoch Defizite, was die konsequente Verwendung des neu legaldefinierten Begriffs des Verbrauchervertrags angeht. Vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie fand sich der Begriff des Verbrauchervertrags überhaupt nur an vier weiteren Stellen.92 Demgegenüber wurde in einigen Normen die Definition des Verbrauchervertrags, wenn auch teilweise unter Ergänzung zusätzlicher Merkmale wiedergegeben, anstatt einfach den Begriff des Verbrauchervertrags zu nennen, was ohne weiteres möglich gewesen wäre.93 Dieses Versäumnis trat umso mehr hervor, als besagte Regelungen auch erst im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB integriert oder gar erst später eingefügt bzw. entsprechend abgeändert worden waren.94 Noch bei Einführung der ButtonLösung im Rahmen der teilweisen vorweggenommenen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie95 wurde in § 312g Abs. 2 S. 1 BGB a.F. die Umschreibung des Verbrauchervertrags wiedergegeben, anstatt den Begriff selbst zu verwenden. Es war also nicht einfach die Angleichung bestehender Regelungen vergessen worden. Eine einheitliche Verwendung dieser neuen Terminologie war mithin nicht gegeben und die Legaldefinition damit weitgehend funktionslos. Auch im Zuge der eigentlichen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie96 wurde diese Inkonsequenz nur teil-
90
Vgl. dazu B., Fn. 67. In diese Richtung geht Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 159. 92 Vgl. die Überschrift des Titels 5 von Buch 2, Abschnitt 3, die Überschrift des Untertitels 2 hierzu und die Überschriften der §§ 355, 356 BGB a.F. 93 Vgl. §§ 312 Abs. 1 S. 1, 312b Abs. 1, 312b Abs. 2, 506 Abs. 2 BGB a.F.; an manch anderer Stelle wäre die Verwendung des Begriffs des Verbrauchervertrags ebenfalls denkbar gewesen, wenngleich hier wohl keine wirkliche Verkürzung des Gesetzestextes erreicht worden wäre, vgl. z. B. §§ 312h, 510 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. sowie in den Überschriften von Buch 2, Abschnitt 8 Titel 3 und den dazugehörigen Untertiteln 2 und 3. 94 Vgl. BGBl. I 2001, 3138, 3148 f.; BGBl. I 2009, 2355, 2362. 95 Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes vom 10. Mai 2012, BGBl. I 2012, 1084; dazu und zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie genauer unter E. II. 96 BGBl. I 2013, 3642. 91
V. Analyse der Gesetzeslage
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weise beseitigt. Der Begriff der Verbraucherverträge wird nun häufiger eingesetzt97 und die überflüssige erneute Wiedergabe der Definition in § 312g Abs. 2 S. 1 BGB a.F. wurde wieder eliminiert.98 In § 506 Abs. 2 BGB findet sie sich jedoch nach wie vor und für die aktuelle Fassung des § 510 Abs. 1 S. 1 BGB wurde erneut eine Formulierung gewählt, die ebenfalls ohne weiteres durch den Begriff des Verbrauchervertrags ersetzt werden könnte.99 b) Verweisungen Wie auch sonst im BGB üblich finden sich auch in § 310 Abs. 3 BGB stillschweigende Verweisungen durch die Verwendung von an anderen Stellen legaldefinierten Begriffen. Dies gilt zunächst für den Gebrauch der Termini des Verbrauchers und des Unternehmers im Einleitungssatz des § 310 Abs. 3 BGB, die in den §§ 13, 14 BGB definiert sind. Sie sind als dynamische Verweisungen auf den jeweils geltenden Unternehmer- bzw. Verbraucherbegriff anzusehen. Da es sich um stillschweigende Verweisungen handelt, kommt dies zwar nicht explizit zum Ausdruck. Man kann aber zumindest bei der hier gegebenen Identität des Gesetzgebers im Zweifel davon ausgehen, dass bei Gesetzesänderungen Verweisungsnorm und Verweisungsobjekt gleichlaufen sollen, mithin dynamische Verweisungen vorliegen.100 Gerade stillschweigende Verweisungen, aber auch ausdrückliche Binnenverweisungen und in abgeschwächter Form auch Außenverweisungen auf Normen desselben Gesetzgebers dienen allgemein der Schaffung von Systemgerechtheit, weshalb die Annahme dynamischer Verweisungen naheliegt.101 Vorliegend steht hinter den Legaldefinitionen der §§ 13, 14 BGB auch gerade der Gedanke der Vereinheitlichung der Grundbegriffe des Verbraucherschutzrechts.102 Durch die Änderung des § 13 BGB in Hinblick auf die Dual-use-Problematik im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie103 ergeben sich also keine Probleme. Außerdem wird durch die Verwendung des Begriffs der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB auf dessen Legaldefinition in § 305 Abs. 1 S. 1 BGB verwiesen.
97
Vgl. die Überschrift von Untertitel 2 des Buches 2, Abschnitt 3, Titel 1, die Überschrift von Kapitel 1 hierzu, die Überschrift des Titels 5 des Buches 2, Abschnitt 3, die Überschrift des Untertitels 2 hierzu, § 312 Abs. 1 BGB, die Überschrift von § 312a BGB, § 312j Abs. 2 BGB und die Überschrift von § 355 BGB. 98 Vgl. nun § 312j Abs. 2 BGB. 99 Auch die zweifelhaften Formulierungen in § 312h BGB und in den Überschriften von Buch 2, Abschnitt 8 Titel 3 und den dazugehörigen Untertiteln 2 und 3 wurden beibehalten. 100 Karpen, Verweisung, S. 136. 101 Debus, S. 68 in Anlehnung an Hotz, in: FS Hangartner, S. 195, 200 ff. 102 Vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 29, 47 f. zu der entsprechenden Regelung in § 361a Abs. 3 BGB-E. 103 BGBl. I 2013, 3642; BT-Drs. 17/13951, S. 61.
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Auch § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB enthalten stillschweigende Verweisungen, wenn auch nicht auf Legaldefinitionen. So wird durch den Ausspruch „unangemessene Benachteiligung“ in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auf § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und durch die Formulierung „andere Bestimmungen“ in § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auf § 307 Abs. 3 S. 1 BGB implizit Bezug genommen. Daneben finden sich auch einige ausdrückliche Verweisungen. Dies gilt zunächst für § 307 Abs. 3 S. 2 BGB, der sowohl in Hinblick auf den Tatbestand als auch die Rechtsfolge Bezug auf § 307 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nimmt. Die Regelung des § 307 Abs. 3 S. 2 BGB besteht damit eigentlich nur aus Verweisungen, was ihr Verständnis deutlich erschwert.104 Ein Vorbild für diese Verweisungshäufung findet sich in der Klauselrichtlinie nicht. Art. 4 Abs. 2 KlauselRL regelt die Transparenz vielmehr schlicht als Voraussetzung für das Eingreifen der Ausnahme von der Klauselkontrolle für den Hauptgegenstand des Vertrages und das Äquivalenzverhältnis, ohne dass insoweit irgendwelche Verweisungen auf die Regelungen der Missbrauchskontrolle erfolgen würden. Auch § 310 Abs. 3 BGB macht ausgeprägten Gebrauch von ausdrücklichen Verweisungen. So nimmt § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB einige Normen aus den §§ 305 ff. BGB in Bezug und enthält daneben eine Außenverweisung auf Art. 46b EGBGB und auch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB enthält eine explizite Bezugnahme auf § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Diesen Verweisungen innerhalb der einzelnen Nummern des § 310 Abs. 3 BGB ist außerdem eine allgemeine Verweisung auf die Vorschriften des Abschnitts zum AGB-Recht im BGB im Einleitungssatz des § 310 Abs. 3 BGB übergeordnet. Das Verweisungsobjekt ist danach modifiziert mit bestimmten bezeichneten Änderungen zu übernehmen. § 310 Abs. 3 BGB ist demnach stark von der Gesetzestechnik der Verweisungen geprägt. Der eigentliche Sinngehalt der Regelungen offenbart sich erst durch die Zusammenschau mit den in Bezug genommenen Vorschriften. Darunter leidet die Lesbarkeit des § 310 Abs. 3 BGB. Dieser umfassende Gebrauch der Verweisungstechnik liegt letztlich darin begründet, dass der nationale Gesetzgeber das bestehende AGB-Gesetz weitestgehend beibehalten und eine Änderung wirklich nur in dem Umfang vornehmen wollte, der auch tatsächlich zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben zwingend erforderlich war.105 Dem wurde Rechnung getragen, indem die vorhandenen Regelungen des AGB-Rechts lediglich für den von der Richtlinie erfassten Anwendungsbereich der Verbraucherverträge über § 310 Abs. 3 BGB an verschiedenen Stellen modifiziert wurden,106 was gesetzestechnisch mit Hilfe der Verweisungen erreicht wurde. Dadurch können auch Verweisungsketten entstehen.107 Besonders auffällig ist dieses Phänomen hier aber nicht. 104
Vgl. zur Verweisungshäufung Karpen, Verweisung, S. 164. BT-Drs. 13/2713, S. 1, 6; BT-Drs. 13/4699, S. 6. 106 Vgl. BT-Drs. 13/2713, S. 7. 107 Vgl. etwa die Verweisung von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 308 Nr. 1 BGB, der seinerseits auf § 355 Abs. 1, Abs. 2 BGB verweist. 105
V. Analyse der Gesetzeslage
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c) Fiktionen/Gesetzliche Vermutungen Auch die besonderen gesetzestechnischen Mittel der Fiktion und der gesetzlichen Vermutung spielen in den Neuregelungen zum Transparenzgebot und in § 310 Abs. 3 BGB eine Rolle. Dabei fällt zunächst die Formulierung in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB „Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt“ ins Auge. Die Verwendung des Wortes „gelten“ kann sowohl eine Fiktion, als auch eine gesetzliche Vermutung anzeigen,108 so dass es nicht überrascht, dass die gesetzestechnische Einordnung und der Sprachgebrauch hier völlig uneinheitlich erfolgen.109 Meiner Ansicht nach beinhaltet die Regelung keine Fiktion, sondern eine unwiderlegliche Vermutung. Bei einem Verbrauchervertrag, an dessen Vorliegen hier der Schluss auf das Vorliegen des Merkmals des Stellens geknüpft wird, stellt häufig in der Tat der Unternehmer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.110 Dementsprechend wird nicht, wie bei einer Fiktion, etwas gleichgestellt, was stets als ungleich zu bewerten ist. Dem Gesetzgeber kam es allerdings insbesondere darauf an, dass von einem neutralen Dritten vorformulierte Klauseln nunmehr der Kontrolle nach AGBRecht unterfallen sollten.111 In diesem Bereich fehlt es tatsächlich an einem Stellen, sofern nicht eine Veranlassung durch eine Vertragspartei vorliegt,112 so dass also etwas tatsächlich Ungleiches bewusst gleichgesetzt wird, was eine Fiktion kennzeichnet. Dem entspricht es, in diesem Teilbereich der gesetzlichen Vermutung von einer partiellen Fiktion zu sprechen. Die gesetzliche Vermutung ist unwiderleglich.113 § 310 Abs. 3 Nr. 1 Hs. 2 BGB zeigt nicht eine Widerlegungsmöglichkeit an, sondern beinhaltet eine Ausnahme von der Geltung der Vermutung.114 Es wird nämlich keine umfassende Widerlegungsmöglichkeit eröffnet. Der Einwand etwa, dass die Vertragsbedingungen von einem Dritten vorgeschlagen wurden, bleibt irrelevant. Ferner deutet auch der Wortlaut „es sei denn, dass“ auf eine Ausnahme108 BMJ, Handbuch, Rn. 85. Auch eine Verweisung ist denkbar, kommt hier aber ersichtlich nicht in Betracht. 109 Von einer Fiktion sprechen: BT-Drs. 13/2713, S. 7; BGHZ 141, 108, 113; MüKoBGBBasedow, § 310 Rn. 59; Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 57; Stoffels, Rn. 138, 141; Wolf/ Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 15; auch Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 70 ff, die aber in Fn. 169 die Einordnung auf eine präsumtionsähnliche Fiktion konkretisieren, was meiner Ansicht nach nach der hier vorgenommenen Einordnung eine unwiderlegliche Vermutung darstellt. Zum Begriff der präsumtionsähnlichen Fiktion vgl. auch Bernhöft, in: FS Bekker, S. 239, 253 ff. Von einer gesetzlichen Vermutung sprechen: BGHZ 184, 259, 263; MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 26; Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 60. 110 So auch MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 59, der an dieser Stelle aber dennoch von einer, wenngleich praktisch wenig relevanten, Fiktion ausgeht; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/ Schäfer, § 310 Rn. 71 Fn. 169 bezeichnet die Regelung deshalb als präsumtionsähnliche Fiktion, s. dazu schon C., Fn. 109. 111 BT-Drs. 13/2713, S. 7. 112 Staudinger-Schlosser, § 305 Rn. 29; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 305 Rn. 31. 113 So auch MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 26. 114 In diese Richtung auch Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2192; auch Wolf/Lindacher/ Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 15 f., der allerdings von einer Ausnahme zur Fiktion ausgeht.
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regelung hin.115 Eine entsprechende Vermutungskonstellation findet sich in der Richtlinie nicht. Wie schon die Verweisungstechnik des § 310 Abs. 3 BGB steht die Wahl dieser Gesetzestechnik im nationalen Recht vielmehr wiederum im Zusammenhang mit dem Bestreben des nationalen Gesetzgebers, das AGB-Gesetz nur soweit zu ändern, wie zur Umsetzung der Klauselrichtlinie unbedingt notwendig.116 Die Vermutung des Stellens trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass die Vorgaben der Klauselrichtlinie das Erfordernis des Stellens der Vertragsbedingungen nicht kennen, ohne jedoch das Konzept des nationalen AGB-Rechts, bei dem zahlreiche Normen an das Merkmal des Verwenders anknüpfen, der wiederum über das Stellen der Vertragsbedingungen bestimmt wird, grundlegend zu verändern.117 Dagegen stellt entgegen vereinzelter Ausführungen in der Literatur118 § 307 Abs. 1 S. 2 BGB gesetzestechnisch keine unwiderlegliche Vermutung der unangemessenen Benachteiligung bei einem Transparenzverstoß dar. Es mag zwar sein, dass im Regelfall eine unangemessene Benachteiligung vorliegen wird119 gesetzestechnisch erläutert Satz 2 jedoch lediglich den Begriff der unangemessenen Benachteiligung, indem ein möglicher Anwendungsfall aufgezeigt wird.120 Gegen die Annahme einer unwiderlegbaren Vermutung spricht schon der Gesetzeswortlaut „kann“ in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und die Bezugnahme des § 307 Abs. 3 S. 2 BGB sowohl auf § 307 Abs. 1 S. 2 BGB als auch auf § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, sowie die Entstehungsgeschichte der Norm und der Schutzzweck des AGB-Rechts.121 Außerdem kann die Regelung des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht unter die Definition einer gesetzlichen Vermutung gefasst werden. Sowohl eine Vermutung der Unangemessenheit als auch unmittelbar der Unwirksamkeit stellen jedenfalls keine Tatsachenvermutungen dar. Bei beidem handelt es sich nämlich um rechtliche Wertungen, bei der Unwirksamkeit sogar um eine Rechtsfolge, die als solche nicht dem Beweis zugänglich sind und mithin keine Tatsachen122 darstellen. Damit liegt aber auch keine Rechtsvermutung vor. Diese hat nämlich eine Rechtsposition zum Gegenstand, umfasst also ebenfalls nicht rechtliche Wertungen oder Rechtsfolgen, wie vorliegend.123 Auch hier geht die Klauselrichtlinie einen anderen Weg, indem das 115
Vgl. Rosenberg, S. 126. Vgl. dazu C., Fn. 105. 117 BT-Drs. 13/2713, S. 7. 118 So Stoffels, Rn. 564. 119 Staudinger-Coester, § 307 Rn. 174; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 331. 120 Vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 188; Staudinger-Coester, § 307 Rn. 174. 121 Staudinger-Coester, § 307 Rn. 174 m.w.N. Die Argumente werden weitgehend als Beleg dafür herangezogen, dass die Intransparenz einer Klausel nicht unmittelbar deren Unwirksamkeit zur Folge hat, sondern zusätzlich eine unangemessene Benachteiligung vorliegen muss. Dann wird aber die unangemessene Benachteiligung gerade nicht unwiderleglich vermutet, so dass die Argumentation übertragen werden kann. 122 Zum Begriff der Tatsache vgl. Th/P-Reichold, Vorbem. § 284 Rn. 13 f. 123 Becker, S. 39 f. zu § 9 Abs. 2 AGBG; Stoffels, Rn. 498 zu § 307 Abs. 2 BGB. Da der Vermutungsgegenstand bei § 307 Abs. 1 S. 2 BGB der Gleiche wäre wie bei § 307 Abs. 2 BGB 116
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Transparenzgebot in Art. 5 S. 1 KlauselRL getrennt von der Missbrauchskontrolle aufgestellt wird. Die Rechtsfolge eines Verstoßes wird dabei offen gelassen. 4. Grad der Abstraktion/Bestimmtheit Die Neuerungen in § 307 BGB sind von mittlerem Abstraktionsniveau und daher in dieser Hinsicht unauffällig. So wird zwar durch § 307 Abs. 1 S. 2 BGB die Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB konkretisiert, indem ein möglicher Anwendungsfall einer unangemessenen Benachteiligung aufgezeigt wird. Dabei handelt es sich um eine dem BGB auch sonst bekannte Technik, durch das Anführen von Beispielen die Abstraktheit einer Regelung abzumildern.124 Die Voraussetzungen dieses Anwendungsfalles sind mit „nicht klar und verständlich“ allerdings sehr allgemein gehalten, so dass das Abstraktionsniveau hierdurch nicht übermäßig gesenkt wird. Der zentrale unbestimmte Rechtsbegriff der unangemessenen Benachteiligung wird aus der Generalklausel des Satzes 1 übernommen. Auch die Begriffe „klar“ und „verständlich“, die aus Art. 5 S. 1 KlauselRL entnommen wurden,125 haben unscharfe Grenzen und können damit als unbestimmte Rechtsbegriffe angesehen werden.126 Bei § 307 Abs. 3 S. 2 BGB ist der Regelungsgegenstand mit „andere Bestimmungen“ sehr allgemein gehalten und erfasst eine Vielzahl von Fällen. Zwar ergibt sich eine Konkretisierung in Zusammenschau mit § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, wonach darunter nicht solche Bestimmungen fallen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Auch dies ist jedoch ziemlich verallgemeinernd. Schließlich haben die über die Verweisung in Bezug genommenen Normen, § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB einen eher hohen Abstraktionsgrad. Dies gilt für § 307 Abs. 1 S. 1 BGB als Generalklausel in besonderem Maß, aber auch das Abstraktionsniveau von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist, wie gerade gezeigt, mittelhoch. Nicht ganz unproblematisch ist § 307 Abs. 3 S. 2 BGB allerdings in Hinblick auf seine Bestimmtheit. So ist nicht sofort klar, was mit der Verweisung auf „Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1“127 genau gemeint ist. Denkbar ist dem Wortlaut nach, dass neben der Transparenzkontrolle auch die allgemeine Inhaltskontrolle eröffnet wird, indem eben auch auf Absatz 1 Satz 1 verwiesen wird, oder, dass nur die Transparenzkontrolle eröffnet wird.128 Die Gesetzesbegründung, nach der sich in der Regelung der schon bislang geltende Zweck des § 307 Abs. 3 BGB, nur die Inhalts-, nicht aber die Transparenzkontrolle in bestimmten Fällen zu bebzw. § 9 Abs. 2 AGBG, kann die Argumentation meiner Ansicht nach darauf übertragen werden. Stoffels sieht § 307 Abs. 1 S. 2 BGB allerdings als unwiderlegliche Vermutung an (vgl. oben C., Fn. 118) ohne hierauf einzugehen. 124 Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 298 f., 301. 125 BT-Drs. 14/6040, S. 153 zur entsprechenden Regelung in § 307 Abs. 2 Nr. 3 BGB-E. 126 Kritisch bezüglich der Begriffe Weick, JZ 2002, 442, 445. 127 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 128 Weick, JZ 2002, 442, 444 f.
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grenzen, ausdrückt, spricht für Letzteres.129 Außerdem wären die Folgen äußerst weitgehend, wenn ein Transparenzverstoß darüber hinaus eine allgemeine Inhaltskontrolle eröffnen könnte. Hierdurch würde letztlich eine Kontrolle der Preise und Leistungsangebote ermöglicht, was angesichts des Grundsatzes der freien Preisbildung am Markt nie bezweckt war.130 Insoweit würde sich ein klarstellender Zusatz in § 307 Abs. 3 S. 2 BGB dergestalt anbieten, dass die anderen Bestimmungen gemäß der bezeichneten Vorschriften wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sein können. Der Wortlaut der maßgeblichen europäischen Vorgabe in Art. 4 Abs. 2 KlauselRL, der die Transparenz zur Vorbedingung für die Ausnahme von der Missbrauchskontrolle macht, deutet allerdings eher in die Richtung, dass bei Intransparenz der eigentlich kontrollfreien Klauseln die Missbrauchskontrolle generell und nicht nur die Transparenzkontrolle eröffnet ist.131 Insofern ist also zunächst die Richtlinienkonformität eines solchen nationalen Verständnisses zu klären. § 310 Abs. 3 BGB hingegen senkt das Abstraktionsniveau des AGB-Rechts ein wenig. Zum einen wird der Anwendungsbereich des AGB-Rechts bereits mit dem Einleitungssatz in persönlicher Hinsicht konkretisiert und eingeschränkt. Zum anderen wird in den folgenden Nummern auch der sachliche Anwendungsbereich jeweils bezüglich eines bestimmten Merkmals modifiziert. Dies ist auf die insoweit vom nationalen AGB-Recht abweichenden Vorgaben der Klauselrichtlinie zurückzuführen. Andererseits unterfallen einem Verbrauchervertrag nach wie vor eine Vielzahl von Fällen, so dass ein gewisses Maß an Abstraktion dennoch erhalten bleibt. 5. Systematik des Abschnitts zum AGB-Recht Interessant ist schließlich die Frage, wie sich die Neuregelungen im Zuge der Umsetzung europäischer Vorgaben auf die Systematik des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgewirkt haben. Vergleicht man insoweit das AGB-Gesetz mit den heutigen §§ 305 ff. BGB, so zeigen sich einige Veränderungen, die jedoch nicht alle unmittelbar auf die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben zurückzuführen sind.
129 BT-Drs. 14/6040, S. 154; unklar aber BT-Drs. 14/7052, S. 188, wo nur allgemein von der „AGB-Kontrolle“ die Rede ist. 130 BT-Drs. 7/3919, S. 22; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 303; so Weick, JZ 2002, 442, 445; in diese Richtung auch BeckOK-Schmidt (01. 11. 2014), § 307 Rn. 85; im Ergebnis ebenso Staudinger-Coester, § 307 Rn. 288. 131 So auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, Art. 4 Rn. 36 m.w.N.
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a) Äußere Systematik aa) Aufbau Rein äußerlich hat sich der Umfang der Normen zum AGB-Recht von etwa 30 Paragraphen im AGB-Gesetz auf nun zehn Paragraphen im BGB verringert. Diese Betrachtung ist jedoch zu kurz gegriffen, da ein Teil der Normen des AGB-Gesetzes nicht in das BGB, sondern in das UKlaG und das EGBGB übernommen wurde.132 Integriert wurden nur die allgemeinen Vorschriften und die Normen zum Anwendungsbereich. Insoweit wurde die Anzahl der Paragraphen im Vergleich zum AGBGesetz vor Umsetzung der Klauselrichtlinie lediglich um drei reduziert. Gerade die Zusammenfassung mehrerer Normen wird zum Teil in Hinblick auf Klarheit und Verständlichkeit des Gesetzes kritisiert. Es fällt weiterhin auf, dass die §§ 305 – 310 BGB anders als das AGB-Gesetz nicht weiter in Unterabschnitte, Titel oder Ähnliches untergliedert wurden. Angesichts der nun überschaubareren Paragraphenanzahl war dies aber auch nicht zwingend. bb) Strukturierung (1) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 307 BGB In § 307 BGB wurden im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung die §§ 8, 9 AGBG zusammengefasst. Dabei wurde allerdings die Reihenfolge der Regelungen vertauscht. § 9 AGBG findet sich in § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB wieder, der Regelungsgehalt des § 8 AGBG folgt in § 307 Abs. 3 BGB. Die Inhaltskontrolle wird demnach nunmehr zunächst inhaltlich erläutert, bevor in Absatz 3 Ausführungen zum Anwendungsbereich folgen. Durch die Änderung der Reihenfolge der §§ 8, 9 AGBG sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass die Inhaltskontrolle von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Grundsatz darstellt und gemäß dem bisherigen § 8 AGBG lediglich für bestimmte Klauseln eine Ausnahme hiervon besteht.133 Dies ist gesetzestechnisch jedoch nicht vollständig geglückt. Der Wortlaut des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB lässt ein solches Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht erkennen. Die Norm ist nämlich nicht als Ausnahme formuliert, sondern stellt vielmehr positiv Voraussetzungen dafür auf, dass eine Inhaltskontrolle stattfinden kann. Aus gesetzestechnischer, normativer Sicht ist daher nach wie vor die Kontrollfreiheit der Grundsatz, die Inhaltskontrolle greift nur unter bestimmten Voraussetzungen ein.134 Allein die Vertauschung der Reihenfolge der Normen ändert
132
Vgl. oben C. II. BT-Drs. 14/6040, S. 154. 134 Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 279; auch Joost, ZIP 1996, 1685, 1686 zur Vorgängernorm des § 8 AGBG, deren Wortlaut aber insoweit übernommen wurde; anders Ulmer/Brandner/Hensen-Brandner, 9. A., § 8 Rn. 5; nun offen gelassen von Ulmer/Brandner/ Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 7. 133
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hieran nichts.135 Hierdurch kann demnach nur das faktische Regel-Ausnahme-Verhältnis angedeutet werden, wonach in der Tat meist eine Inhaltskontrolle stattfinden wird.136 Um diesem eine normative Bedeutung zukommen zu lassen, wäre indes nach meiner Ansicht eine Änderung des Wortlauts nötig gewesen. Gesetzestechnisch wäre es daher konsequenter und für den Gesetzesanwender wohl auch nachvollziehbarer gewesen, den Anwendungsbereich weiterhin an den Anfang zu stellen. Dies gilt im Übrigen auch für den Fall, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis normativ entsprechend der Gesetzesbegründung festgelegt wird. Auch hier macht es doch Sinn dem Gesetzesanwender zunächst den Anwendungsbereich darzulegen, um anschließend die Durchführung der Inhaltskontrolle zu erläutern. Schließlich hätte hierdurch auch die unschöne und unübersichtliche Folge vermieden werden können, dass § 307 Abs. 3 S. 1 BGB mit den Absätzen 1 und 2 auf vorhergehende Regelungen und zugleich mit §§ 308, 309 BGB auf nachfolgende Regelungen Bezug nimmt.137 Letztlich wurden diese Umstrukturierungen aber schlicht im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung vorgenommen und lassen keinen unmittelbaren Bezug zur Umsetzung europarechtlicher Vorgaben erkennen. Unmittelbar europarechtlich veranlasst war hingegen das Einfügen eines zweiten Satzes jeweils in § 307 Abs. 1 und Abs. 3 BGB zur Umsetzung des Transparenzgebots.138 Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob die ausdrückliche Regelung des Transparenzgebots in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB angesichts der zuvor ergangenen Rechtsprechung hierzu nicht überflüssig ist. Der BGH hatte nämlich die Grundsätze zur Transparenzkontrolle entwickelt und in der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG verankert, die wortwörtlich in § 307 Abs. 1 S. 1 BGB übernommen wurde.139 Inhaltlich sollte das Transparenzgebot durch die explizite Normierung nicht geändert werden.140 Insofern könnte man von einem rein deklaratorischen Charakter des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausgehen. Allerdings war der Gesetzgeber im vorliegenden Fall europarechtlich zu einer ausdrücklichen Regelung verpflichtet, da die bloße Entwicklung richterrechtlicher Grundsätze im Rahmen der Auslegung einer bereits bestehenden nationalen Regelung zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie nach
135
So auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 279. Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, Vorb. v. § 307 Rn. 6; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 279. 137 Ähnlich kritisiert auch Weick, JZ 2002, 442, 444 die Stellung der Regelung; zum Diskussionsentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung bereits Ulmer, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215, 222; zur konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs ders, JZ 2001, 491, 492. 138 Vgl. oben C. II. 139 Angedeutet bereits in BGH NJW 1980, 2518, 2519; BGH NJW 1984, 171, 173; gefestigt unter dem Stichwort „Transparenzgebot“ insbesondere BGHZ 106, 42, 49; BGHZ 106, 259, 264; BGHZ 112, 115, 117. 140 BT-Drs. 14/6040, S. 153 f., zu der entsprechenden Regelung in § 307 Abs. 2 Nr. 3 BGBE. 136
V. Analyse der Gesetzeslage
59
der Rechtsprechung des EuGH nicht ausreicht.141 Außerdem kann obige Argumentation meiner Ansicht nach auch unabhängig von dieser europarechtlichen Komponente nicht verfangen. Ansonsten müssten nämlich letztlich alle Regelungen, die eine Generalklausel konkretisieren, als rein deklaratorisch und überflüssig angesehen werden, da sich ihr Inhalt immer schon aus der Generalklausel selbst ergibt. Auch der Bedeutung einer ausdrücklichen Regelung in Hinblick auf die Rechtssicherheit würde nicht Genüge getan. Gleichwohl geht die Entwicklung an dieser Stelle weg von anhand einer Generalklausel entwickelten Grundsätzen hin zu einer expliziten Normierung. Ähnliches gilt für § 307 Abs. 3 S. 2 BGB. Auch diese Regelung entspricht letztlich der Sache nach bestehender Rechtsprechung.142 Diese Rechtsprechung fand allerdings schon in den §§ 8, 9 AGBG keinen deutlichen Anhaltspunkt.143 Man konnte allenfalls die auf die Inhaltskontrolle beschränkte Überschrift des § 8 AGBG dahingehend werten, dass die genannten Schranken eben nur für diese und nicht für die Transparenzkontrolle galten. Da die Transparenzkontrolle allerdings in § 9 AGBG verankert wurde, auf den § 8 AGBG unter anderem Bezug nahm, war die Regelung insoweit nicht eindeutig. Nachdem nun die Transparenzkontrolle explizit in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB geregelt ist und der gesamte Absatz 1 gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht auf deklaratorische Klauseln und Leistungsbeschreibungen anzuwenden ist, ist für diese nach dem Gesetzeswortlaut nunmehr auch die Transparenzkontrolle zunächst ausgeschlossen. Die Überschrift „Inhaltskontrolle“ umfasst den gesamten § 307 BGB, mithin auch das dort explizit niedergelegte Transparenzgebot, so dass sich auch hieraus nichts anderes ergibt. Der Gesetzeswortlaut stünde einer Anwendung der Transparenzkontrolle bei kontrollfreien Klauseln demnach nun klar entgegen, so dass es auch deshalb einer Regelung, die die Anwendbarkeit der Transparenzkontrolle anordnet, bedurfte. (2) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 310 BGB Die Struktur des § 310 BGB ist insgesamt als sehr unübersichtlich und uneinheitlich zu bezeichnen. Es fehlt an einem konsequenten und nachvollziehbaren Aufbau der Norm. So wechseln sich insbesondere Regelungen zum persönlichen und zum sachlichen Anwendungsbereich ab und sind zum Teil ineinander verwoben. Dabei handelt es sich teilweise um Einschränkungen, teilweise um Erweiterungen des Anwendungsbereichs. So sind die Regelungen von § 310 Abs. 2 und Abs. 4 BGB dem sachlichen Anwendungsbereich des AGB-Rechts zuzuschreiben, wobei § 310 Abs. 2 BGB partielle Bereichsausnahmen enthält und § 310 Abs. 4 S. 1 BGB ge141 EuGH, Urt. v. 10. 05. 2001, Rs. C-144/99 (Kommission/Niederlande), Slg. 2001, I-3541, Rn. 17 ff. = EuZW 2001, 437, 438. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt, vgl. BT-Drs. 14/ 7052, S. 188. 142 BGHZ 104, 82, 90 f.; BGHZ 147, 373, 376 f.; BGHZ 165, 12, 20 f.; OLG Celle NJW-RR 1995, 1133; OLG Hamm NJW-RR 2000, 763, 765. 143 So auch BT-Drs. 14/6040, S. 154; Artz, JuS 2002, 528, 530; Koch, WM 2002, 2173, 2175.
60
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
nerelle Bereichsausnahmen.144 Demgegenüber schränkt § 310 Abs. 1 BGB in erster Linie den persönlichen Anwendungsbereich einiger Vorschriften ein. Zwar findet sich in § 310 Abs. 1 S. 3 BGB auch eine sachliche Ausnahme von der Anwendung bestimmter Normen. Diese ist jedoch an den eingeschränkten persönlichen Anwendungsbereich gebunden, so dass das persönliche Element im Vordergrund steht. Außerdem ist der persönliche Anwendungsbereich des AGB-Rechts von § 310 Abs. 3 BGB betroffen. Dieser wird hier durch den Einleitungssatz auf das Vorliegen eines Verbrauchervertrages verengt, um dann im Folgenden einzelne Aspekte des sachlichen Anwendungsbereichs bzw. bei § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB den Beurteilungsmaßstab der Inhaltskontrolle zu erweitern. Nicht nachvollziehbar ist daher, dass die partielle Bereichsausnahme des Absatzes 2 zwischen die beiden Regelungen der Absätze 1 und 3 mit einem besonderen persönlichen Anwendungsbereich als Ausgangspunkt geschoben wurde bzw. die sachlichen Bereichsausnahmen der Absätze 2 und 4 durch Absatz 3 getrennt wurden. Außerdem nimmt Absatz 3 als einziger Modifikationen am Gegenstand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst vor, was seine Stellung ebenfalls als verfehlt erscheinen lässt.145 Erschwert werden Übersicht und Verständnis außerdem dadurch, dass oftmals nur die Anwendung einzelner, verschiedener Normen ausgenommen, erweitert oder modifiziert wird. Zudem werden die Modifikationen am Anwendungsbereich des AGB-Rechts mithilfe unterschiedlicher Regelungsstrukturen vorgenommen. Sie werden zum Teil negativ als Ausnahmen, zum Teil positiv formuliert. Alles in allem ist daher ein nachvollziehbarer „roter Faden“ in Aufbau und Struktur der Norm nur schwer erkennbar. Dies soll nochmals anhand folgender Tabelle verdeutlicht werden, wobei die Struktur der Norm hier bereits etwas vereinfacht wurde. Die Analyse konzentriert sich auf die Betroffenheit von persönlichem und sachlichem Anwendungsbereich, die Art der Betroffenheit, die Formulierung als Ausnahme oder in positiver Weise sowie die betroffenen Normen des AGB-Rechts. Weitergehende Besonderheiten wurden vernachlässigt.
144 145
443 f.
Diese Begriffe verwendet z. B. Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 2. So auch Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 1 f.; Weick, JZ 2002, 442,
V. Analyse der Gesetzeslage Inhalt
61
Formulierung Betroffene Normen
§ 310 Abs. 1 BGB S. 1
persönl. AnwB, Eingrenzung
Ausnahme
§§ 305 Abs. 2, Abs. 3, 308 Nr. 1, 2 bis 8, 309 BGB
S. 2
persönl. AnwB, Eingrenzung
positiv
§ 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB
S. 3
persönl. AnwB, Eingrenzung
Ausnahme
§§ 307 Abs. 1, Abs. 2, 308 Nr. 1a, 1b BGB
sachl. AnwB, Eingrenzung
§ 310 Abs. 2 BGB sachl. AnwB, partielle Bereichsausnah- Ausnahme men
§§ 308, 309 BGB
§ 310 Abs. 3 BGB persönl. Einleitungssatz AnwB, Eingrenzung
positiv
Nr. 1
sachl. AnwB, Erweiterung
positiv mit Ausnahme
§§ 305 ff. BGB insgesamt
Nr. 2
sachl. AnwB, Erweiterung
positiv
§§ 305c Abs. 2, 306, 307 – 309 BGB, Art. 46b EGBGB
Nr. 3
Kontrollmaßstab, Erweiterung
positiv
§§ 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB
S. 1
sachl. AnwB, generelle Bereichsausnahmen
Ausnahme
§§ 305 ff. BGB insgesamt
S. 2
sachl. AnwB, Klarstellung, Eingrenzung
positiv, Ausnahme
§§ 305 ff. BGB insgesamt, § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB
S. 3
Kontrollgegenstand, Eingrenzung
positiv
§ 307 Abs. 3 BGB
§ 310 Abs. 4 BGB
Der aktuelle § 310 BGB vereint dabei mehrere früher geltende Normen in sich. Hierdurch entstand eine überaus lange und wenig übersichtliche Norm. § 310 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB übernimmt zunächst den ehemaligen § 24 AGBG. Beide Regelungen stimmen in Hinblick auf Struktur und Aufbau im Wesentlichen überein. Neu ist in § 310 Abs. 1 BGB allerdings die Regelung des Satzes 3. Dieser formuliert nunmehr ausgehend von dem eingeschränkten persönlichen Anwendungsbereich eine sachliche Ausnahme und trägt daher seinerseits zu der unübersichtlichen Struktur des
62
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
heutigen § 310 BGB bei. Eine solche Vermengung von Modifikationen des persönlichen und des sachlichen Anwendungsbereichs war § 24 AGBG hingegen fremd. Die Norm beschränkte sich konsequent auf den persönlichen Anwendungsbereich, der sachliche Anwendungsbereich in Form von generellen und partiellen Bereichsausnahmen war gesondert in § 23 AGBG geregelt. Dementsprechend gehen die Regelungen des § 310 Abs. 2, Abs. 4 BGB auch auf Teile des § 23 AGBG zurück. So greift § 310 Abs. 2 BGB die Regelung des § 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG inhaltlich etwas erweitert wieder auf. § 310 Abs. 4 BGB übernimmt § 23 Abs. 1 AGBG, allerdings in Hinblick auf das Arbeitsrecht nur eingeschränkt. Die Neuregelung ist infolgedessen deutlich komplizierter als seine Vorgängernorm, was sich bereits daran zeigt, dass zwei weitere Sätze hinzugekommen sind. § 310 Abs. 3 BGB greift § 24a AGBG auf, der aber erst im Zuge der Richtlinienumsetzung neu eingefügt worden war. Diese Zusammenfassung mehrerer Normen und die Art und Weise, wie diese umgesetzt wurde, führte dann auch zu der insgesamt uneinheitlichen, verworrenen Struktur des § 310 BGB. Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich, Einschränkungen und Erweiterungen, positive und negative Formulierungen wurden miteinander vermengt. Naheliegender wäre es dabei zumindest gewesen die beiden Regelungen, die vom persönlichen Anwendungsbereich ausgehen, hintereinander zu stellen, also § 24a AGBG als § 310 Abs. 2 BGB zu übernehmen und dem die beiden Absätze mit den Bereichsausnahmen folgen zu lassen. Dabei die generelle vor die partielle Bereichsausnahme zu setzen, führt allerdings meiner Ansicht nach nicht zu mehr Übersichtlichkeit.146 Mehr Transparenz könnte meines Erachtens aber geschaffen werden, indem die Regelungen auf zwei an Stelle von nur einem Paragraphen aufgeteilt werden. Einer enthielte die Modifikationen im Rahmen der besonderen persönlichen Anwendungsvoraussetzungen des jetzigen § 310 Abs. 1, Abs. 3 BGB und der andere die Bereichsausnahmen des jetzigen § 310 Abs. 2, Abs. 4 BGB.147 Zwar stand zur Eingliederung des AGB-Rechts ins BGB nur eine begrenzte Anzahl an Paragraphen zur Verfügung. Es wurden aber ohnehin einige Normen mit Ziffer- und Buchstabenbezeichnung geschaffen, so dass eine weitere in Form eines § 310a BGB nicht geschadet hätte.148 Trotz der Bündelung in § 310 BGB ist der Anwendungsbereich des AGB-Rechts auch nach wie vor nicht zentral in einer Norm geregelt. Dieser wird nämlich maßgeblich durch § 305 Abs. 1 BGB festgelegt, weshalb auch die Überschrift des § 310 BGB nicht ganz passend ist.149 Auch Ausnahmetatbestände und Modifikationen finden sich zudem in anderen Vorschriften als 146
Anders Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 2. Noch weitergehender sprach sich Ulmer, JZ 2001, 491, 492 in Hinblick auf die konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs zur Schuldrechtsmodernisierung für die Beibehaltung der bisherigen Einteilung aus; ähnlich Weick, JZ 2002, 442, 444, der einen eigenen Paragraphen für § 310 Abs. 3 BGB anspricht. 148 So auch Ulmer, JZ 2001, 491, 492; das gleiche Argument führt Weick, JZ 2002, 442, 443 in Hinblick auf § 305 BGB an. 149 Vgl. Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 2. 147
V. Analyse der Gesetzeslage
63
§ 310 BGB. Hier sei auf §§ 305a, 309 Nr. 7, 8 a), 9 BGB verwiesen. Die Bündelung in § 310 BGB kann daher auch nicht durch eine bessere Übersichtlichkeit in dieser Hinsicht begründet werden.150 Bei aller Kritik an der Strukturierung des § 310 BGB darf jedoch nicht vergessen werden, dass diese weitestgehend allein dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben ist. Zwar dient gerade § 310 Abs. 3 BGB der Umsetzung der Klauselrichtlinie. Seine Stellung als Absatz 3 in § 310 BGB mit den sich gerade daraus ergebenden strukturellen Problemen der Norm ist aber nicht als europarechtlich veranlasst anzusehen. Der zur Umsetzung der Klauselrichtlinie neu geschaffene § 24a AGBG, der dem heutigen § 310 Abs. 3 BGB entspricht, wurde ja vielmehr als gesonderte Norm in den Abschnitt des AGB-Gesetzes zum Anwendungsbereich eingefügt. Er stand gesondert hinter § 23 AGBG zum sachlichen Anwendungsbereich und § 24 AGBG zum persönlichen Anwendungsbereich. Die Zusammenfassung zu einer Norm erfolgte demnach schlicht bei der Integration des AGB-Rechts in das BGB im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung. Auch die neuen Regelungen des § 310 Abs. 4 S. 2, 3 BGB fügen sich nicht richtig ein. Sie beruhen jedoch ebenfalls nicht auf europarechtlicher Veranlassung.151 Anders ist dies hinsichtlich der sich durch das Einfügen von § 310 Abs. 1 S. 3 BGB ergebenden strukturellen Schwierigkeiten zu beurteilen. Das Einfügen des § 310 Abs. 1 S. 3 BGB unter Streichung der Vorgängerregelungen in den jeweiligen Halbsätzen 2 der §§ 308 Nr. 5, 309 Nr. 8 b) ff) BGB152 betrifft nämlich die Behandlung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) und war zumindest auch durch die Diskussion mitveranlasst, ob die bisherige Privilegierung der VOB/B für den Bereich der Verbraucherverträge mit der Klauselrichtlinie vereinbar war.153 (3) Die Regelungen zum Anwendungsbereich Im AGB-Gesetz waren die Ausnahmetatbestände und Modifikationen zentral in aufeinanderfolgenden Normen im vierten Abschnitt geregelt. Dieser war mit „Anwendungsbereich“ überschrieben und beinhaltete mit § 23 AGBG eine Vorschrift zum sachlichen Anwendungsbereich mit generellen und partiellen Bereichsausnahmen und mit § 24 AGBG eine Vorschrift zum persönlichen Anwendungsbereich. Im Rahmen der Richtlinienumsetzung wurde § 24a AGBG unmittelbar an diese Regelungen angefügt. Dies war meiner Ansicht nach auch sachgerecht. Die Regelung beinhaltete Modifikationen des sachlichen Anwendungsbereichs und des per150
So aber MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 1. Die Änderungen in Hinblick auf das Arbeitsrecht wurden vielmehr vorgenommen, um Rechtsunsicherheiten in Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung in diesem Bereich zu beseitigen, vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 189 infolge der Stellungnahme des Bundesrats in BTDrs. 14/6857, S. 17 und der Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drs. 14/6857, S. 53 f. 152 Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. I 2008, 2022. 153 Vgl. BT-Drs. 16/9787, S. 17 f. 151
64
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
sönlichen Anwendungsbereichs. Da es sich bei den erstgenannten nicht um Bereichsausnahmen wie in § 23 AGBG handelte, sondern unmittelbar die sachlichen Anwendungsvoraussetzungen aus § 1 AGBG geändert wurden,154 erschien zwar auch eine Platzierung gleich bei der Begriffsbestimmung des § 1 AGBG denkbar, dies wäre aber den Modifikationen des persönlichen Anwendungsbereichs nicht gerecht geworden, wodurch § 24a AGBG in die Nähe zu § 24 AGBG rückte.155 Im Abschnitt zum AGB-Recht im BGB erfolgt nunmehr die Festlegung des generellen Regelungsgegenstandes des AGB-Rechts mit § 305 Abs. 1 BGB wie schon durch § 1 AGBG unmittelbar zu Beginn der einschlägigen Vorschriften, im Übrigen sind die Regelungen zum Anwendungsbereich aber im Gesetz verstreut, vgl. §§ 305a, 309 Nr. 7, Nr. 8 a), Nr. 9, 310 BGB. Eine weitere Anknüpfung an den persönlichen Anwendungsbereich findet sich zudem infolge der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie nunmehr in § 308 Nr. 1a Hs. 2, Nr. 1b Hs. 2 BGB. Dies macht das Regelungskonzept zum Anwendungsbereich in Bezug auf die Verortung der Regelungen meines Erachtens allerdings nicht unübersichtlicher.156 Die sachlichen Ausnahmen der §§ 305a, 309 Nr. 7, Nr. 8 a), Nr. 9 BGB, wie auch die besondere persönliche Anknüpfung in § 308 Nr. 1a Hs. 2, Nr. 1b Hs. 2 BGB betreffen jeweils nur einzelne Normen aus dem AGB-Recht, in deren unmittelbarem Zusammenhang sie geregelt sind.157 Dies verringert die Gefahr, dass die Ausnahmetatbestände bzw. Sonderregelungen übersehen werden. Für die Regelungen zum Anwendungsbereich aus § 310 BGB wäre diese Technik hingegen nicht praktikabel gewesen, da hierdurch weitgehend der Abschnitt zum AGB-Recht insgesamt bzw. zumindest mehrere Normen daraus betroffen sind. Lediglich die Regelungen von § 310 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 3 BGB wirken sich nur auf einzelne Vorschriften des AGB-Rechts aus.158 Sie knüpfen zudem aber an den in § 310 Abs. 3 BGB geregelten besonderen persönlichen Anwendungsbereich an bzw. stehen im Gesamtzusammenhang des in § 310 Abs. 4 BGB geregelten sachlichen Anwendungsbereichs, so dass eine gesonderte Regelung keinen Mehrwert bringen würde. Eine unmittelbare europarechtliche Veranlassung lässt sich hinsichtlich dieser neuen Strukturierung und Verortung der Regelungen zum Anwendungsbereich zudem kaum erkennen. Sie erfolgte weitgehend einfach im Rahmen der Integration des AGB-Gesetzes in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung, vereinzelt wurde mit einer besseren Übersichtlichkeit argumentiert.159 Lediglich die Klauselverbote gemäß § 308 Nr. 1a,
154 Vgl. dazu die Ausführungen zur Normstruktur des § 310 Abs. 3 BGB, der § 24a AGBG übernommen hat, unter C. V. 5. a) bb) (2). 155 So aber Drexl, S. 410, der im Folgenden aber auch Bedenken gegen die Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs äußert. 156 Kritisch hingegen Weick, JZ 2002, 442, 443. 157 Vgl. dazu Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 3. 158 Vgl. dazu die Tabelle unter C. V. 5. a) bb) (2). 159 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 156.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Nr. 1b BGB wurden im Rahmen der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie kreiert, waren zu ihrer Umsetzung aber nicht erforderlich.160 In inhaltlicher Hinsicht hat sich dagegen das Regelungskonzept des Anwendungsbereichs des AGB-Rechts verkompliziert und ist äußerst verworren und schwer überschaubar. Schon den Regelungen des ursprünglichen AGB-Gesetzes lag kein vollständig einheitlicher persönlicher Anwendungsbereich zu Grunde. Das Gesetz stellte zwar grundsätzlich keine besonderen persönlichen Voraussetzungen für den Verwender und den Klauselgegner auf, gemäß § 24 AGBG waren jedoch einzelne Vorschriften, insbesondere die Einbeziehungsvoraussetzungen und einzelnen Klauselverbote gegenüber Kaufmännern,161 juristischen Personen des öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichen Sondervermögen nicht anwendbar. Diese Stufung des persönlichen Anwendungsbereichs wurde im Zuge der Umsetzung der Klauselrichtlinie erweitert, indem nunmehr durch § 24a AGBG für Verbraucherverträge Modifikationen an den Anwendungsvoraussetzungen des AGB-Rechts im Allgemeinen bzw. einzelner Regelungen und am Kontrollmaßstab vorgenommen wurden. Zu unterscheiden war demnach zwischen der Verwendung von Vertragsbedingungen gegenüber Kaufmännern bzw. Unternehmern (§ 24 AGBG bzw. § 310 Abs. 1 BGB), in Verbraucherverträgen (§ 24a AGBG bzw. § 310 Abs. 3 BGB) und der uneingeschränkten, unmodifizierten Anwendung des AGB-Rechts im sonstigen persönlichen Anwendungsbereich, das heißt zwischen zwei Verbrauchern.162 In jüngster Vergangenheit kam nun zu dieser dreifachen Staffelung genau genommen noch eine weitere hinzu. Die Zweifelsregelungen der neuen Klauselverbote in § 308 Nr. 1a Hs. 2, Nr. 1b Hs. 2 BGB, die in Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie geschaffen wurden, greifen nämlich nur ein, wenn der Verwender kein Verbraucher ist. Hierdurch und durch die Veränderungen in § 310 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die Klauselverbote des § 308 Nr. 1a, Nr. 1b BGB auch gegenüber unternehmerischen Klauselgegnern unmittelbar anwendbar sind, ist nunmehr zudem selbst bei den speziellen Klauselverboten kein vollständig einheitlicher persönlicher Anwendungsbereich mehr gegeben. Mit § 308 Nr. 1a, Nr. 1b BGB finden entgegen dem bisherigen Regelungskonzept einzelne Klauselverbote auch im unternehmerischen Rechtsverkehr Anwendung.163 Dieser letzte Aspekt ist aber trotz Zusammenhangs mit der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie, wie gezeigt, dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben.164
160
Vgl. dazu oben C. II. Zur späteren Ersetzung des Kaufmannsbegriffs in § 24 S. 1 Nr. 1 AGBG durch den Begriff des Unternehmers, s. oben C., Fn. 77. 162 Vgl. dazu auch Meller-Hannich, S. 235 f.; Palandt-Grüneberg, Überbl. v. § 305 Rn. 10 ff. 163 Kritisch auch DAV, Stellungnahme 12/2014, S. 3, 16; Sächsische IHK, Stellungnahme, S. 4. 164 Vgl. dazu oben C. II. 161
66
C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(4) Zusammenfassung von Normen Systematische Veränderungen ergaben sich weiterhin aus der Zusammenfassung einzelner Normen. Auf die Verschmelzung der §§ 8, 9 AGBG zu § 307 BGB unter Vertauschung der Reihenfolge, wie auch auf die Zusammenfassung der Normen zum Anwendungsbereich in § 310 BGB wurde bereits eingegangen.165 Weiterhin wurden §§ 1, 2 AGBG zusammengefasst und in § 305 BGB geregelt. Dies hat zur Folge, dass unter der Überschrift „Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag“ zunächst in § 305 Abs. 1 BGB die Bestimmung des Begriffs der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt, ehe das Gesetz in § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB zu den Einbeziehungsvoraussetzungen kommt. Die Begriffsbestimmung gilt jedoch nicht nur für die Einbeziehung in den Vertrag, sondern ganz allgemein, so dass es systematisch logischer gewesen wäre, sie wie auch bisher in einem gesonderten Paragraphen vorne weg zu stellen.166 Eine Begründung für die Zusammenfassung einiger Normen lassen die Gesetzesmaterialien zur Schuldrechtsreform vermissen. Hier wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Normen des AGB-Gesetzes „weitestgehend wörtlich übernommen, lediglich zum Teil zusammengefasst“ werden.167 Die bloße Reduzierung der Paragraphenanzahl wegen der nur begrenzten Anzahl verfügbarer Paragraphenziffern im BGB kann nicht wichtiger sein als ein systematischer Gesetzesaufbau, zumal ohnehin bereits Normen mit Ziffer-Buchstaben-Bezeichnung verwendet werden.168 Schließlich bezieht sich die Überschrift lediglich auf § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB, was weitere Intransparenz zur Folge hat.169 Ebenso wurde die Reihenfolge der bisherigen §§ 3, 4, 5 AGBG geändert und die §§ 3, 5 AGBG zu § 305c BGB zusammengefasst. Bislang wurde zunächst der Einbeziehungsvorgang in den §§ 2, 3 AGBG abgehandelt, bevor in § 4 AGBG der Vorrang der Individualabrede und in § 5 AGBG eine Auslegungsregel folgten. Diese logische, systematische Struktur wurde nun aufgebrochen, indem zwischen die Regelungen zur Einbeziehung in §§ 305 Abs. 2, Abs. 3, 305a, 305c Abs. 1 BGB mit § 305b BGB der Vorrang der Individualabrede geschoben wurde.170 Auch bleibt unklar, warum die Einbeziehungsregel des § 3 AGBG in § 305c Abs. 1 BGB mit der Auslegungsregel des § 5 AGBG in § 305c Abs. 2 BGB zu einem Paragraphen zusammengefasst wurde, wo sich doch beide bezüglich ihres Regelungsgegenstandes stark unterscheiden.171 165
Vgl. oben C. V. 5. a) bb) (1) und (2). Weick, JZ 2002, 442, 443. 167 BT-Drs. 14/6040, S. 150; kritisch insoweit Weick, JZ 2002, 442, 443 mit Fn. 9. 168 Weick, JZ 2002, 442, 443; dies führt Staudinger-Schlosser, § 305 Rn. 1 als Erklärung an. 169 Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, § 305 Rn. 1; Weick, JZ 2002, 442, 443. 170 Weick, JZ 2002, 442, 443. 171 Weick, JZ 2002, 442, 443; angedeutet auch bei Palandt-Grüneberg, § 305c Rn. 1; kritisch bereits zum Diskussionsentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung Ulmer, in: Schulze/ 166
V. Analyse der Gesetzeslage
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Diese systematischen Änderungen erfolgten aber letztlich im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung bei der Integration des AGB-Rechts in das BGB ohne europarechtliche Veranlassung. Durch das zur Umsetzung der Klauselrichtlinie erlassene Änderungsgesetz zum AGB-Gesetz vom 19. Juli 1996 wurde am Aufbau des AGBGesetzes nichts verändert, mit der Ausnahme, dass ein neuer § 24a AGBG in den Abschnitt zum Anwendungsbereich eingefügt wurde. Die im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung infolge europarechtlichen Umsetzungsbedarfs vorgenommenen Änderungen standen in keinem Zusammenhang mit den am Aufbau vorgenommenen Änderungen. (5) Stellung des § 306 BGB Auffallend ist außerdem die Stellung der Rechtsfolgenregelung in § 306 BGB. Hier wird an die Nichteinbeziehung bzw. die Unwirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen angeknüpft. Die Einbeziehungsvoraussetzungen sind dabei in § 305 Abs. 2, Abs. 3 BGB geregelt, die Wirksamkeitskontrolle in §§ 307 – 309 BGB, so dass die Rechtsfolgenregelung letztlich in die Mitte zwischen die Regelungen zu den Voraussetzungen gerückt wurde. Dies war allerdings bereits im AGB-Gesetz mit § 6 AGBG und der Regelung der Einbeziehungsvoraussetzungen in § 2 AGBG und der Wirksamkeitskontrolle in §§ 9 – 11 AGBG der Fall. b) Innere Systematik aa) Persönlicher Anwendungsbereich und Schutzzweck des AGB-Rechts Zweck des AGB-Gesetzes war nicht der Schutz des unterlegenen Vertragspartners oder gar die Schaffung eines spezifischen Verbraucherschutzrechts an sich, vielmehr sollte generell verhindert werden, dass eine Vertragspartei die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig ausnutzt. Dementsprechend ist das AGB-Gesetz grundsätzlich von einem unbeschränkten persönlichen Anwendungsbereich ausgegangen.172 Insofern könnte eine Durchbrechung des dahinter stehenden Konzepts in den neuen Vorschriften darin liegen, dass § 310 Abs. 3 BGB zur Umsetzung der Vorgaben der Klauselrichtlinie nun an einen bestimmten persönlichen Anwendungsbereich anknüpft.173 Hier zeigt sich jetzt außerdem auch ein spezifischer Verbraucherschutz als
Schulte-Nölke, S. 215, 222; zur konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs ders, JZ 2001, 491, 492. 172 BGHZ 126, 326, 332; Palandt-Grüneberg, Überbl. v. § 305 Rn. 8; Drexl, S. 407; Nobis, S. 56; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 48. 173 Angedeutet bei Kretschmar, S. 129. Zwar wird hier von einer neuartigen „Differenzierung nach der Art des Vertrages“ gesprochen. Gemeint ist dabei das Anknüpfen an den Verbrauchervertrag in § 310 Abs. 3 BGB, dem damaligen § 24a AGBG, was letztlich aber lediglich eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs bedeutet.
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Gesetzeszweck.174 Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs und damit eine Durchbrechung des grundsätzlichen Konzeptes fand sich aber bereits in § 24 AGBG, der sich nunmehr in § 310 Abs. 1 S. 1, 2 BGB wiederfindet. Auch dort wird in Hinblick auf den Verwendungsgegner an besondere persönliche Merkmale angeknüpft, unabhängig davon, ob man zur Rechtfertigung dieser Regelung nun vor allem die besonderen Bedürfnisse des Handelsverkehrs heranzieht175 oder zumindest auch ein geringeres Schutzbedürfnis des Verwendungsgegners.176 Mit § 310 Abs. 3 BGB kam daher lediglich eine weitere Durchbrechung in Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich hinzu, eine grundlegende Veränderung der Systematik ist allein darin jedoch noch nicht zu sehen.177 Auch die Zielrichtung des Gesetzes wurde nicht völlig ausgetauscht, sondern vielmehr in Einklang mit dem bisherigen Schutzkonzept weiterentwickelt. Mit dem spezifischen Verbraucherschutz trat lediglich ein weiterer Aspekt hinzu. Dieser steht jedoch im Zusammenhang mit dem bisherigen Zweck des AGB-Gesetzes bzw. war in dessen umfassenderem Schutzzweck bereits mit enthalten, so dass auch insoweit keine grundlegende Veränderung der Konzeption anzunehmen ist.178 bb) Gegenstand des AGB-Rechts (1) Auswirkungen des § 310 Abs. 3 BGB § 310 Abs. 3 BGB wirkt sich jedoch auf andere Weise stark auf die Systematik des AGB-Rechts aus. Der Gegenstand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde bzw. wird grundlegend in § 1 AGBG bzw. § 305 Abs. 1 BGB durch die Definition des Begriffs der Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt. Das AGB-Gesetz hielt konsequent an dieser Begriffsbestimmung fest. Zwar gab es etwa in § 23 AGBG Bereichsausnahmen und der Gegenstand der Inhaltskontrolle wurde über die AGB-Definition hinaus in § 8 AGBG eingeschränkt, indem AGB bestimmten Inhalts vorausgesetzt wurden, die einzelnen für das Vorliegen von AGB erforderlichen Merkmale gemäß § 1 AGBG blieben jedoch unangetastet. Hier setzt nun aber § 310 Abs. 3 BGB in seinen Nummern 1 und 2 an. Durch die Vermutung in der Nummer 1 wird teilweise faktisch auf die Voraussetzung des Stellens der Ver174 Palandt-Grüneberg, Überbl. v. § 305 Rn. 9; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 54. 175 So Drexl, S. 407 f.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 7 f. 176 So letztlich auch die Gesetzesbegründung zum ursprünglichen AGB-Gesetz, BT-Drs. 7/ 3919, die zwar auf S. 14 auf die Besonderheiten des Handelsverkehrs abstellt, auf S. 43 bei Begründung des dem späteren § 24 AGBG entsprechenden § 12 AGBG-E aber auch das geringere Schutzbedürfnis des Verwendungsgegners im Handelsverkehr heranzieht; ebenso Wolf/ Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 1 Rn. 3 f. 177 Anders wohl Kretschmar, S. 129, 171 f. und Nobis, S. 123. 178 Vgl. etwa die Erwägungen zu § 12 AGBG-E in BT-Drs. 7/3919, S. 43; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818; Ulmer, EuZW 1993, 337, 341; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, Einl. Rn. 54; das sieht auch Kretschmar, S. 172; a.A. Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 569 f., 571.
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tragsbedingungen verzichtet, Nummer 2 verzichtet auf die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen. Trotz der dann fehlenden Eigenschaft, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu sein, soll das AGB-Recht in der Nummer 1 vollständig, in der Nummer 2 zu einem großen Teil anwendbar sein.179 Hier wird also kein über die Voraussetzungen der AGB-Definition hinausgehendes Erfordernis aufgestellt, sondern es werden unmittelbar an diesen Voraussetzungen Modifikationen vorgenommen. Damit geht eine grundlegende Veränderung der dahinterstehenden Konzeption einher, was auch das nun besonders verworrene Geflecht der unterschiedlichen Anwendbarkeit einzelner Normen des AGB-Rechts in verschiedenen sachlichen und persönlichen Anwendungsbereichen zur Folge hat.180 Gerade die Folgen des Verzichts auf die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen werden gleichsam als „Fremdkörper“ im AGB-Recht angesehen.181 (2) Bedeutung für den Grundsatz der Privatautonomie Der Grundsatz der Privatautonomie stellt einen der wichtigsten Grundgedanken des deutschen Privatrechts, insbesondere des Schuldrechts dar. Vorliegend interessiert mit Blick auf die Regelungen zum AGB-Recht die Vertragsfreiheit als Ausprägung der Privatautonomie.182 Sie besagt, dass der Einzelne als selbstbestimmtes Individuum bei Abschluss und Ausgestaltung eines Vertragsverhältnisses grundsätzlich frei ist und dieses nach eigenem Belieben gestalten kann.183 Umfasst sind unter anderem die Abschlussfreiheit, die Kontrahentenwahlfreiheit, die Inhalts- oder Gestaltungsfreiheit und die Formfreiheit.184 Dabei ist nicht von einem rein formalen Verständnis der Privatautonomie auszugehen. Danach wäre diese bereits gewährleistet, wenn dem freien Vertragsschluss rechtlich keine Grenzen gesetzt werden, da die Vertragsparteien als Subjekte des Rechtsverkehrs gleich sind.185 Vielmehr ist darüber hinaus ein materiales Verständnis der Vertragsfreiheit zu Grunde zu legen, das heißt maßgeblich ist, ob dem Einzelnen tatsächliche Entscheidungsfreiheit zukommt.186 Zur Gewährleistung dieser tatsächlichen Entscheidungsfreiheit kann es 179
Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 38. So auch MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 28. 181 Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 40; die Kritik von Canaris, in: FS Lerche, S. 873, 887 f., auf die verwiesen wird, richtet sich gegen den noch weitergehenden Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. C 243 vom 28. 09. 1990, S. 2, der auf das Merkmal der Vorformulierung gänzlich verzichtet. 182 Meller-Hannich, S. 8; MüKoBGB-Busche, Vor § 145 Rn. 2 auch zu den anderen Ausprägungen der Privatautonomie. 183 Flume, AT II, § 1, 1.; Larenz, Schuldrecht I, S. 40 f.; Paulus/Zenker, JuS 2001, 1. 184 MüKoBGB-Busche, Vor § 145 Rn. 2; Fikentscher/Heinemann, Rn. 111. 185 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz, S. 54 ff.; Meller-Hannich, S. 9 f.; ausführlich Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 167 ff. m.w.N. 186 Meller-Hannich, S. 9 ff.; ausführlich Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 170 ff. m.w.N.; vgl. zur Unterscheidung zwischen formaler und materialer Vertragsfreiheit auch Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277 f. m.w.N. in Fn. 5 und zur Entwicklung des Verständnisses der Privat180
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also durchaus angebracht sein, gesetzliche Regelungen zu treffen, die auf den ersten Blick als Beschränkung der Privatautonomie erscheinen mögen, diese tatsächlich aber unter diesem Gesichtspunkt gewährleisten wollen. Indem das AGB-Recht eine Inhaltskontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anordnet, wird die Vertragsfreiheit in Form der Inhalts- und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt. Der Gesetzgeber begründete dies mit einer Störung eben der materialen Privatautonomie, da die Vertragsbedingungen im AGB-Bereich der einen Vertragspartei von der anderen einseitig auferlegt würden. Die Vertragsfreiheit würde also lediglich einseitig in Anspruch genommen.187 Damit gehen ein organisatorischer Vorsprung des Verwenders und die Gefahr einher, dass dem Verwendungsgegner der Überblick über die rechtlichen Konsequenzen der Vertragsbedingungen fehlt.188 Eine wirtschaftliche oder intellektuelle Unterlegenheit des Verwendungsgegners wurde lediglich als nicht selten verstärkendes Element angeführt.189 Als Ausdruck dieser Überlegungen wurde die Inhaltskontrolle über die Begriffsbestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Voraussetzung des Stellens der Vertragsbedingungen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AGBG, dem heutigen § 305 Abs. 1 S. 1 BGB geknüpft.190 Außerdem wurde die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen als zusätzliches formales Kriterium aufgestellt.191 Wenn die Vertragsbedingungen ausnahmsweise dennoch das Ergebnis einer eigenverantwortlichen Prüfung und Abwägung darstellen und für beide Vertragsparteien die Möglichkeit der Einflussnahme gegeben war, sollte das AGB-Recht ausnahmsweise nicht eingreifen, was sich in der Ausnahme für das Aushandeln im Einzelfall in § 1 Abs. 2 AGBG, dem heutigen § 305 Abs. 1 S. 3 BGB niederschlug.192 Dann ist auch keine Störung der materialen Privatautonomie gegeben. Angeknüpft wird damit letztlich an eine bestimmte Abschlusssituation, aus der sich typischerweise Störungen der materialen Privatautonomie ergeben.193 Dieser Grundgedanke zeigt sich auch noch in den Regelungen des § 310 Abs. 3 BGB. So sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nach wie vor eine Vorformulierung der Vertragsbedingungen erforderlich, sowie die fehlende Einflussnahmemöglichkeit des Verbrauchers auf deren Inhalt. Nichtsdestotrotz sind die Anforderungen an das Eingreifen der Inhaltskontrolle nun aber geringer, da hier auf das zusätzlich formale autonomie ausführlich Drexl, S. 35 ff. m.w.N.; auch BverfGE 89, 214, 232 ff. weist auf die Entwicklung des Verständnisses der Privatautonomie im BGB von einem formalen hin zu einem materialen Verständnis unter dem Aspekt der Vertragsparität hin. 187 BT-Drs. 7/3919, S. 9, 15 f. Zu den Diskussionen in der Literatur vgl. etwa Canaris, AcP 200 (2000), 273, 320 ff.; Drexl, S. 328 ff.; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45 ff. 188 BT-Drs. 7/3919, S. 13. 189 BT-Drs. 7/3919, S. 13. 190 BT-Drs. 7/3919, S. 15 f. 191 BT-Drs. 7/3919, S. 16. 192 BT-Drs. 7/3919, S. 17. 193 So auch Meller-Hannich, S. 43 unter Hinweis auf die im Weiteren in der Literatur unterschiedlichen Begründungsansätze m.w.N.
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Kriterium der Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen verzichtet wird und durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB auch das Merkmal des Stellens nahezu vollständig entwertet wird.194 Etwas relativiert wird dies dadurch, dass die Beweislast für die fehlende Einflussnahmemöglichkeit gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nunmehr dem Verbraucher auferlegt ist. Hier wird ihm aber oftmals über die Grundsätze des Anscheinsbeweises geholfen sein.195 Letztlich fügt sich also die Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen beim Verbrauchervertrag von den dahinterstehenden Gedanken durchaus in das bisherige Konzept des AGB-Rechts ein. Die Anforderungen sind hier aber geringer, so dass das das BGB allgemein bestimmende Prinzip der Privatautonomie nunmehr weiter eingeschränkt wird als nach dem bisherigen AGB-Recht.196 (3) Transparenz der Abschnittsüberschrift der §§ 305 ff. BGB Angesichts dieser Abkehr von der Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und damit von dem Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB in einem nicht unwichtigen Teilbereich, stellt sich die Frage, ob die Überschrift des Abschnitts im BGB noch passend ist. Hier wird nach wie vor allein auf Allgemeine Geschäftsbedingungen abgestellt. So wurde in Hinblick auf die Klauselrichtlinie bereits vor ihrer Umsetzung ins nationale Recht teilweise der Schluss gezogen, dass eine Neubezeichnung des AGB-Gesetzes erforderlich werden würde.197 Allerdings war damals noch nicht klar, wie genau die Umsetzung erfolgen würde. Da die AGB-Definition letztlich nicht allgemein abgeändert wurde, sondern Modifikationen allein für den Bereich der Verbraucherverträge vorgenommen wurden, geht die Bezeichnung des AGB-Gesetzes bzw. nunmehr des Abschnitts im BGB nicht völlig fehl.198 Allerdings sind damit die Regelungen in dem auch praktisch sicher bedeutsamen Bereich des Verbrauchervertrags auf bloß vorformulierte Vertragsbedingungen anwendbar. Mehr Transparenz bezüglich des Regelungsgehalts des Abschnitts ist insoweit jedenfalls wünschenswert199 und könnte erreicht werden, indem in der Abschnittsüberschrift zusätzlich zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von vorformulierten Vertragsbedingungen gesprochen wird. Eine gänzliche Streichung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ein Abstellen bloß auf vorformulierte Vertragsbedin194
Vgl. auch Meller-Hannich, S. 137. Palandt-Grüneberg, § 310 Rn. 17. 196 Kritisch Möschel, S. 13: „Die Privatautonomie als Fixstern des Privatrechts verliert so zunehmend an Strahlkraft.“ 197 Eckert, WM 1993, 1070, 1078; Damm, JZ 1994, 161, 178. 198 Ähnlich meint Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2197 nach der Umsetzung der Richtlinie durch das Gesetz vom 19. Juli 1996, dass die Überschrift des AGB-Gesetzes zwar „nicht mehr stimmt“, dies aber „kein sehr schwerwiegendes Manko“ sei; Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 10 f. spricht von einem „bloßen Schönheitsfehler“. 199 Kritisch insoweit auch Drexl, S. 409 f.; in diese Richtung auch bereits Frey, ZIP 1993, 572. 195
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gungen200 könnte demgegenüber angesichts der unmittelbar folgenden Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eher Verwirrung hervorrufen. cc) Kontrollmaßstab Mit der Modifikation des Kontrollmaßstabs durch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist demgegenüber keine grundlegende Veränderung des Konzepts des AGB-Rechts verbunden.201 Dies ergibt sich daraus, dass der bisherige abstrakt-generalisierende Prüfungsmaßstab nicht vollständig ersetzt, sondern vielmehr lediglich ergänzt wird.202 So besagt schon der Wortlaut der Norm, dass „auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen“ sind.203 Auch die Begründung des Gesetzentwurfs geht klar in diese Richtung.204 Demnach müssen „Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen zukünftig nicht nur generalisierend hinsichtlich ihrer Angemessenheit geprüft werden, sondern es ist zudem zu berücksichtigen, welche konkreten Umstände den Vertragsschluß begleiten“.205 Dementsprechend sind bei Verbraucherverträgen beide Kontrollansätze zu kombinieren, es wird von einer zweistufigen Prüfung der Inhaltskontrolle zunächst anhand des abstrakt-generalisierenden Maßstabs wie gewohnt und erst auf zweiter Stufe zusätzlich unter Heranziehung der konkret-individuellen Begleitumstände ausgegangen.206 Zum Teil wird leicht abgewandelt auch eine dreistufige Prüfung vertreten, wodurch sich in Hinblick auf das Verhältnis des hergebrachten Kontrollmaßstabs und des konkretindividuellen jedoch grundsätzlich nichts anderes ergibt.207 Durch die zunächst identische Kontrolle auf der ersten Stufe wird daher der Gefahr wesentlich abweichender Kontrollkonzepte und logischer Widersprüche vorgebeugt.208 Dabei kommt der konkret-individuellen Betrachtung vor allem bei vorformulierten Einzelvertragsklauseln i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB große Bedeutung zu.209 Ein solches kombiniertes Kontrollkonzept ist bereits in der Klauselrichtlinie angelegt. Zwar deutet Art. 4 Abs. 1 KlauselRL in Richtung eines konkreten Maßstabs, dies schließt 200
So hatte es damals Eckert, WM 1993, 1070, 1078 vorgeschlagen. So bereits Wolf/Horn/Lindacher-Horn, 4. A., § 24a Rn. 43; ebenso Nobis, S. 284 f., weitgehend mit den folgenden Argumenten. 202 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Wolf/Horn/Lindacher-Horn, 4. A., § 24a Rn. 43, 46. 203 So auch Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 402; die Hervorhebung erfolgt in Anlehnung an Ulmer/Brandner/Hensen, ebda. 204 So auch Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193. 205 BT-Drs. 13/2713, S. 8; die Hervorhebung erfolgt durch die Verfasserin. 206 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Stoffels, Rn. 479 ff.; Ulmer/Brandner/HensenFuchs, § 307 Rn. 402. 207 Michalski, DB 1999, 677 ff.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 37. 208 Borges, S. 37. 209 Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 70; Stoffels, Rn. 482; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 404; in diese Richtung auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 37; Michalski, DB 1999, 677, 678 will den konkret-individuellen Maßstab wohl generell nur bei den Einzelvertragsklauseln anwenden. 201
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einen abstrakt-generellen Maßstab jedoch nicht aus. Dafür sprechen der Klauselkatalog im Anhang sowie das nach Art. 7 Abs. 2 KlauselRL vorgesehene Verbandsverfahren, bei dem Art. 4 Abs. 1 KlauselRL ausweislich seines Wortlauts nicht gilt, und schließlich die Erwägungsgründe 15 und 16.210 Außerdem war die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls dem AGB-Recht trotz des abstraktgeneralisierenden Maßstabs auch bislang nicht völlig fremd. Sie erfolgte etwa zum Teil beim Transparenzgebot im Rahmen des § 9 Abs. 1 AGBG.211 Zudem ergeben sich die Probleme bei vorformulierten Vertragsbedingungen nicht aufgrund einer Veränderung am Kontrollkonzept durch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, sondern aufgrund der Modifikation am Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, was ein Argument mehr dafür darstellt, dass hierdurch eine Systemdurchbrechung erfolgt, nicht aber durch die Ergänzung der Kontrollgesichtspunkte gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB. dd) Anwendbare Vorschriften des AGB-Rechts bei Einmalbedingungen i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB Entsprechend dem Anliegen des nationalen Gesetzgebers das bestehende AGBRecht nur insoweit zu modifizieren, wie dies zur Umsetzung der Klauselrichtlinie wirklich erforderlich war,212 sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf vorformulierte Einmalbedingungen nur ausgewählte Regelungen des AGB-Rechts anwendbar. Die Aufzählung ist abschließend, so dass sonstige Vorschriften nach Wortlaut und Systematik der Norm grundsätzlich keine Anwendung finden können.213 Dessen ungeachtet wird teilweise vertreten, die Regelungen, in denen das Transparenzgebot neben § 307 BGB noch seine Ausprägung findet, § 305 Abs. 2 Nr. 2, 305c Abs. 1 BGB, in richtlinienkonformer Auslegung analog heranzuziehen.214 Der nationale Gesetzgeber hatte demgegenüber die Verankerung des Transparenzgebots in der anwendbaren Generalklausel des § 9 AGBG als ausreichend erachtet und wollte die von der Richtlinie nicht veranlassten Einbeziehungsvorschriften nicht auf den Bereich der Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen ausweiten. Der zunächst angedachte Verweis auf das damals in § 3 AGBG geregelte Verbot überraschender Klauseln wurde deshalb letztlich gestrichen.215 Auf der Grundlage dieser Argumentation war die Auswahl der anzuwendenden Vorschriften folgerichtig. Sieht man 210 So auch Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 402. 211 BGHZ 116, 1, 5 f.; Wolf/Horn/Lindacher-Horn, 4. A., § 24a Rn. 44. 212 BT-Drs. 13/2713, S. 1, 6; BT-Drs. 13/4699, S. 6. 213 MüKoBGB-Basedow, § 310 Rn. 75; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 91. 214 Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 91; so bereits zu den entsprechenden Regelungen im AGBG Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 28 f.; auch Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193 ohne aber explizit von einer richtlinienkonformen Auslegung zu sprechen. 215 BT-Drs. 13/2713, S. 7; BT-Drs. 13/4699, S. 6.
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hingegen die nunmehr explizit geregelte Ausformung des Transparenzgebots in § 307 BGB nicht als ausreichend an,216 gebietet meiner Ansicht nach der Gedanke der Rechtssicherheit und Transparenz eine Aufnahme der Regelungen in die Aufzählung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ferner wird für die Einmalbedingungen nicht auf den Vorrang der Individualabrede gemäß § 305b BGB verwiesen. Da die Norm ihrerseits explizit auf den Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen abstellt, ist die Norm auch nicht von sich heraus anwendbar, wie beispielsweise meines Erachtens das Umgehungsverbot des § 306a BGB, das allgemein von den Vorschriften des Abschnitts spricht. Geht man allerdings davon aus, dass der Vorrang der Individualabrede hier im Ergebnis ebenfalls gilt, da es sich letztlich um einen allgemeinen Grundsatz der Rechtsgeschäftslehre handelt, der in § 305b BGB lediglich klarstellend kodifiziert wurde217 bzw. sich ein solcher Vorrang bereits allgemein aus §§ 133, 157 BGB ergibt,218 so ist die fehlende Verweisung hierauf zu kritisieren. Aufgrund der unterschiedlichen Regelung können nämlich Zweifel an der gleichen Behandlung der Sachverhalte aufkommen und es ist schlicht nicht nachvollziehbar, warum in dem einen Fall ein Klarstellungsbedarf besteht und in dem anderen Fall nicht. ee) Einheitlichkeit der Terminologie Im Großen und Ganzen halten sich die zur Umsetzung europäischen Rechts neu eingefügten oder abgeänderten Vorschriften an die im AGB-Gesetz verwendete Terminologie. Beispielsweise nimmt § 307 Abs. 1 S. 2 BGB den Begriff der unangemessenen Benachteiligung aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, dem früheren § 9 Abs. 1 AGBG, wieder auf. Gleichwohl ergeben sich im Einzelnen terminologische Schwierigkeiten. (1) Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen So knüpft § 310 Abs. 3 BGB an den Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an, wie er in § 305 Abs. 1 BGB, dem ehemaligen § 1 AGBG definiert ist. Bei genauer Betrachtung ergibt sich hierdurch allerdings ein Bruch bei der einheitlichen Verwendung der Begrifflichkeit. Indem § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB statuiert, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, wird implizit vorausgesetzt, dass diese schon ohne Vorliegen des Merkmals des Stellens gegeben sind. Gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB ist das Stellen aber gerade eine Voraussetzung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Auch die Gesetzesbegründung zum gleichlautenden § 1 Abs. 1 S. 1 AGBG nennt das Stellen 216
Vgl. C., Fn. 214. Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 305b Rn. 3c; im Ergebnis ebenso BeckOKSchmidt (01. 11. 2014), § 305b Rn. 4; in die Richtung einer lediglich klarstellenden Bedeutung des § 305b BGB deutet auch die Begründung des Gesetzentwurfs zur entsprechenden Regelung in § 4 AGBG, BT-Drs. 7/3919, S. 20. 218 von Westphalen, BB 1996, 2101, 2104; Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 28; Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 67. 217
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durch eine Vertragspartei als ein wesentliches Merkmal zur Kennzeichnung des AGB-Begriffs.219 Die Formulierung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist demgemäß misslungen und führt darüber hinaus zu einer uneinheitlichen Verwendung des AGBBegriffs.220 So spricht auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB konsequenterweise nicht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern von „vorformulierte[n] Vertragsbedingungen“. Stimmig und vorzugswürdig wäre es demnach gewesen, in der Nummer 1 ebenfalls diese Begrifflichkeit zu verwenden.221 Zu beachten ist dabei jedoch, dass die Vermutung des Merkmals des Stellens der Vertragsbedingungen dann auch bei Einmalbedingungen i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eingreifen würde, da mangels der Verwendung des Begriffs der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinerlei Bezugnahme auf die sonstigen Elemente des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben wäre. Inwieweit es bei Einmalbedingungen auf das Stellen ankommt, ist nach der tatsächlichen Gesetzeslage umstritten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes, wonach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB explizit, an den AGB-Begriff anknüpft, greift die Vermutung nur, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB verzichtet für die Einmalbedingungen jedoch seinerseits auf das Stellen, da die Regelung ihre sachlichen Anwendungsvoraussetzungen selbst aufstellt und das Erfordernis des Stellens nicht genannt wird.222 Zum Teil wird dabei die Ausnahmeregelung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 a.E. BGB als entsprechend anwendbar angesehen.223 Teilweise wird sogar vertreten, dass die Regelungen der Nummer 1 und 2 zu kombinieren seien, die Nummer 1 also letztlich auch bei Einmalbedingungen generell anwendbar sei.224 Nach einer anderen Ansicht muss hingegen ein Stellen der Klauseln im Fall der Nummer 2 im Sinne einer Zurechenbarkeit an den Unternehmer vorliegen, da eben gerade anders als in der Nummer 1 keine Abweichung vom Erfordernis des Stellens geregelt werde und dies auch besser dem Zweck der Regelung entspreche, den Verbraucher vor der einseitigen Vertragsgestaltung durch den Unternehmer zu schützen.225 Letztlich ist eine Klärung und klarere Regelung im Gesetz daher ohnehin wünschenswert. Ob dies entsprechend dem oben genannten Vorschlag erfolgen sollte, bleibt der Entscheidung des Gesetzgebers in dieser Frage überlassen. Der Gesetzesbegründung bei Einführung der Regelungen als § 24a AGBG ist nicht eindeutig zu entnehmen, wie der Gesetzgeber diese Frage beurteilte. Der oben genannte Vorschlag hat jedenfalls auch den Vorteil, dass eine Differenzierung zwischen den für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten 219
BT-Drs. 7/3919, S. 15 f. Borges, S. 103; Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 55; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 11. 221 So auch der Vorschlag bei Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 39, 55. 222 So auch Braunfels, DNotZ 1997, 356, 372; Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Locher, JuS 1997, 389, 391; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 11, 13, 18. 223 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193. 224 Staudinger-Schlosser, § 310 Rn. 63, 56. 225 Borges, S. 110 ff.; Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 26 f.; ders., in: FS Heinrichs, S. 555, 566 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, 310 Rn. 81. 220
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Vertragsbedingungen und den Einmalbedingungen vermieden wird, bei denen es, wie gezeigt, zumindest nach überwiegender Ansicht jedenfalls im Ergebnis ohnehin ebenfalls nicht auf das Merkmal des Stellens der Vertragsbedingungen ankommen soll. In der Klauselrichtlinie selbst ist generell nicht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rede, sondern jeweils nur ganz allgemein von Klauseln oder Vertragsklauseln. Dem würde die vorgeschlagene Formulierung daher auch näher kommen. Hinsichtlich des Erfordernisses des Stellens werden die Richtlinienvorgaben unterschiedlich beurteilt.226 Wie die Gesetzesbegründung zu § 24a Nr. 1 AGBG zeigt, ging der nationale Gesetzgeber insoweit jedoch von einem Umsetzungsbedarf dahingehend aus, dass es im Anwendungsbereich der Richtlinie auf das Stellen nicht ankommen dürfe.227 Der vorliegende Formulierungsvorschlag wäre daher auch insoweit die sicherere Variante. Alternativ könnte der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB auch durch die Formulierung „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen“ ersetzt werden.228 (2) Das Aushandeln der Vertragsbedingungen Auch bei § 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. BGB ergeben sich Bedenken in Hinblick auf eine einheitliche Verwendung der Terminologie. Das Gesetz spricht hier hinsichtlich der Vertragsbedingungen davon, dass „der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte“ und ähnelt damit stark der Formulierung in Art. 3 Abs. 2 S. 1 KlauselRL. Demgegenüber stellt § 305 Abs. 1 S. 3 BGB darauf ab, ob „die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind“. Nach der Rechtsprechung des BAG229 und der wohl überwiegenden Ansicht in der Literatur ist beides letztlich dennoch gleich zu verstehen. Hierbei wird weitgehend angenommen, dass die zu § 305 Abs. 1 S. 3 BGB bzw. § 1 Abs. 2 AGBG entwickelten Maßstäbe auch auf § 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. BGB bzw. § 24a Nr. 2 a.E. AGBG übertragen werden können.230 Dies entspreche auch den Vorgaben der Klauselrichtlinie, da Art. 3 Abs. 2 S. 1 KlauselRL keine abschließende Definition, sondern lediglich ein Beispiel für das Vorliegen des Nichtaushandelns i.S.d. Art. 3 Abs. 1 KlauselRL darstellt. Darauf deutet der Wortlaut „immer dann“ hin, der impliziert, dass ein Nichtaushandeln anzunehmen ist, wenn die Vorausset226 Vgl. insbesondere gegen dessen Richtlinienkonformität Heinrichs, NJW 1995, 153, 157 f. und dafür Ulmer, in: FS Heinrichs, S. 555, 559, 567 ff. jeweils m.w.N. 227 BT-Drs. 13/2713, S. 7. 228 So Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 11; in diese Richtung auch Borges, S. 103. 229 BAG NJW 2010, 2827, 2829; BAGE 115, 19, 30 f., 33. 230 Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2193; Erman-Roloff, § 310 Rn. 20; Palandt-Grüneberg, § 310 Rn. 17; im Ergebnis auch Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 86 ff, nach dem in richtlinienkonformer Auslegung auf das Erfordernis der Einflussnahmemöglichkeit des Verbrauchers und der Kausalität der Vorformulierung in § 24a Nr. 2 AGBG praktisch zu verzichten und § 1 Abs. 2 AGBG analog anzuwenden ist.
V. Analyse der Gesetzeslage
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zungen vorliegen, aber nicht nur dann. Letztlich entscheidendes Kriterium bleibt damit das Nichtaushandeln, auf das auch der Erwägungsgrund 12 der Klauselrichtlinie allein abstellt.231 Nach anderer Ansicht sind hingegen die Anforderungen an das Aushandeln nach der Richtlinie gemäß Art. 3 Abs. 2 KlauselRL strenger als die an das Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB. Das Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB soll nun jedoch infolge der Umsetzung der Klauselrichtlinie entsprechend den Vorgaben des § 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. BGB auszulegen sein, so dass sich auf diesem Wege ebenfalls ein identisches Verständnis der Begrifflichkeiten ergibt.232 Schließt man sich diesen Ansichten an, ergibt sich also ein Verstoß des Gesetzgebers gegen das Gebot der Verwendung einer einheitlichen Terminologie. Demnach ist darauf zu achten, das, was gleich zu verstehen ist, auch gleich zu formulieren. Unterschiedliche Ausdrucksweisen suggerieren nämlich, dass die Begriffe bzw. Wendungen auch unterschiedlich zu verstehen sind, was zu Meinungsstreits und Rechtsunsicherheit führen kann.233 Ein anderer Teil der Literatur lehnt, dem unterschiedlichen Wortlaut der Regelungen entsprechend, eine Gleichsetzung des Aushandelns gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB mit der Einflussnahmemöglichkeit i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. BGB ab. Hierfür wird unter anderem die andere systematische Stellung und Funktion als Tatbestandsmerkmal und nicht als Ausnahmetatbestand in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB angeführt, wie auch das geringere Schutzbedürfnis des Verbrauchers bei Einmalbedingungen.234 Auch diese Ansicht stützt sich ihrerseits auf die Vorgaben der Klauselrichtlinie. Art. 3 Abs. 2 S. 1 KlauselRL stelle eine Definition des Nichtaushandelns i.S.d. Art. 3 Abs. 1 KlauselRL dar. Der Maßstab der Einflussnahmemöglichkeit, wie er in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB übernommen wurde, stelle geringere Anforderungen als das Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB.235 Dessen strengerer Maßstab könne im Übrigen jedoch angesichts des mindestharmonisierenden Charakters der Richtlinie gemäß Art. 8 KlauselRL beibehalten werden.236 Der Meinungsstreit über die Auslegung der nationalen Vorschriften steht damit gerade auch im Zusammenhang mit der Uneinigkeit über die Auslegung der Richtlinienvorgaben. Wie genau der nationale Gesetzgeber diese Fragestellung bei Erlass der Vorschriften beurteilte, lässt sich den Gesetzesmaterialien leider nicht eindeutig ent231 Heinrichs, NJW 1998, 1447, 1449, Fn. 52; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 86 f.; Erman-Roloff, § 310 Rn. 20; in diese Richtung auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 310 Abs. 3 Rn. 25 f., Art. 3 RL Rn. 23 und Wolf, in: FS Brandner, S. 299, 300 ff, 307 ff, allerdings in erster Linie mit Blick auf das Erfordernis der Vorformulierung. 232 von Westphalen, EWS 1993, 161, 163; ders., BB 1996, 2101, 2103; ähnlich, wenn auch mit anderem Anknüpfungspunkt für den strengeren Maßstab, Braunfels, DNotZ 1997, 356, 378. 233 BMJ, Handbuch, Rn. 74; Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 356 f. m.w.N. 234 Ulmer, in: Karlsruher Forum 1997, S. 9, 24 f.; ders., in: FS Heinrichs, S. 555, 570; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 85, 84. 235 Ulmer, in: FS Heinrichs, S. 555, 570; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Schäfer, § 310 Rn. 85; so schon Klaas, in: FS Brandner, S. 247, 252 ff. noch ohne Bezugnahme auf die nationale Umsetzungsvorschrift. 236 Ulmer, in: FS Heinrichs, S. 555, 564 f., 570.
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nehmen. Lediglich die Ausführungen des Rechtsausschusses zu § 24a Nr. 1 AGBG, in deren Zusammenhang für die Ausnahme des § 1 Abs. 2 AGBG darauf abgestellt wird, ob der Verbraucher auf den Inhalt der Vertragsklauseln Einfluss nehmen konnte, können in die Richtung gedeutet werden, dass beide Merkmale gleich zu verstehen sind, da hier letztlich das in § 24a Nr. 2 a.E. AGBG formulierte Kriterium in Hinblick auf § 1 Abs. 2 AGBG wieder aufgegriffen wird.237 Zwingend ist dieser Schluss auch angesichts des anderen Kontextes jedoch nicht. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass in diesem Bereich Klärungsbedarf besteht. Meiner Ansicht nach ist es vorzugswürdig, im Rahmen des AGB-Rechts auf einen einheitlichen Begriff des Aushandelns zurückzugreifen, um weitere feine Abstufungen bei dieser ohnehin schon schwierigen und in den Grenzen fließenden Frage zu vermeiden. Die Regelungen müssen dann auch einheitlich formuliert werden. Angesichts des Wortlauts „immer dann“ spricht auch viel dafür, dass es sich bei Art. 3 Abs. 2 KlauselRL um ein bloßes Beispiel für das Nichtaushandeln i.S.d. Art. 3 Abs. 1 KlauselRL handelt, welches in den strengen nationalen Vorgaben für die Annahme eines Aushandelns i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB enthalten sein dürfte. Der lediglich mindestharmonisierende Charakter der Klauselrichtlinie überlässt dem nationalen Gesetzgeber zudem den Spielraum auch strengere Anforderungen an das Aushandeln zu stellen, da damit ein höheres Schutzniveau des Verbrauchers einhergeht. Abschließend wird die Frage des europarechtlichen Verständnisses letztlich nur vom EuGH zu klären sein.238 6. Systematik im Gesamtzusammenhang des BGB – insbesondere die Stellung im BGB Das AGB-Recht ist in den §§ 305 ff. BGB verortet. Hinsichtlich dieser Stellung im BGB sind verschiedene Fragestellungen zu unterscheiden. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fand sich zunächst in einem Sondergesetz und nicht im BGB selbst, ohne dass eine Einstellung in das BGB ursprünglich ersichtlich diskutiert worden wäre.239 Erst im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung wurde die Materie in das BGB integriert. Schon diese grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers wurde teilweise kritisiert und demgegenüber eine Beibehaltung des AGB-Gesetzes befürwortet.240 Freilich betrifft diese Frage das AGB-Recht insgesamt und nicht nur den europarechtlich veranlassten Teil und die Integration in das BGB stand auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Umsetzung der Klauselrichtlinie, gleichwohl soll sie in der gebotenen Kürze beleuchtet werden. Der Gesetzgeber begründete seine Entscheidung zur Rückführung des AGB-Rechts in das BGB insbesondere mit einer größeren 237 238 239 240
BT-Drs. 13/4699, S. 5. So schon Heinrichs, NJW 1998, 1447, 1449. Ulmer, JZ 2001, 491, 491 f.; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215. So Ulmer, JZ 2001, 491 ff, ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215 ff.
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Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsordnung. Die Regelungen des AGBRechts stünden in einem engen Zusammenhang mit den Regelungen des Schuldrechts, dem damit auch in Hinblick auf die Einheit des Zivilrechts Rechnung getragen würde. So könne auch der Gefahr einer Entwicklung unterschiedlicher Auslegungsgrundsätze, Termini und Wertungsmaßstäbe entgegengewirkt werden.241 Eine Eingliederung des AGB-Rechts in das BGB scheitere auch nicht an dessen Eigenständigkeit. Vielmehr lägen dem AGB-Gesetz und dem BGB bereits die gleichen Prinzipien zu Grunde, auch in Hinblick auf die Ausgestaltung der Privatautonomie.242 Auch der Charakter des Bürgerlichen Gesetzbuchs als zentrale Zivilrechtskodifikation wurde zur Argumentation herangezogen. Gerade das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei zu einer zentralen Materie des Schuldrechts geworden und sei demnach im BGB zu regeln.243 Dem ist zuzustimmen. Dass das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist, steht außer Frage, zumal sich die Rechtsprechung vor Erlass des AGB-Gesetzes ausschließlich auf Regelungen des BGB stützte.244 Diesen Ursprüngen des AGBRechts widerspricht es auch, dieses als völlig eigenständige und deshalb nicht integrierbare Erscheinungsform anzusehen, zumal angesichts der Einheit des Zivilrechts die Wertungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts auch in Sondergesetzen nicht außer Acht gelassen werden dürfen.245 Dann sollte das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen seinem Stellenwert in der Rechtswirklichkeit entsprechend aber auch im BGB als der zentralen Zivilrechtskodifikation geregelt werden.246 Die Begegnung mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehört im Rechtsverkehr schließlich zum Alltag. Technische Mängel bei der Strukturierung der Vorschriften können nicht herangezogen werden, um eine Integration gänzlich abzulehnen. Diese sind vielmehr zu beheben.247 Gleiches gilt für die zugegebenermaßen schwierige Frage nach dem richtigen Regelungsstandort im BGB.248 Letzteres führt zu einem weiteren Kritikpunkt an der Integration des AGB-Rechts in das BGB, nämlich dem konkreten Regelungsstandort. Die Normen zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden sich im Bereich des Allgemeinen Schuldrechts, nämlich als Abschnitt 2 im Buch 2 des BGB. Demgegenüber wird teilweise eine Integration unter Aufteilung der Regelungen an verschiedenen Stellen
241
BT-Drs. 14/6040, S. 91 f., 149 f. BT-Drs. 14/6040, S. 149 f. 243 BT-Drs. 14/6040, S. 79, 97. 244 So auch Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 500 f.; dies bestreitet auch die Gegenansicht nicht, vgl. Ulmer, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215, 218 f. 245 In diese Richtung auch Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 501 f.; a.A. Ulmer, JZ 2001, 491, 495 ff.; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215, 224 ff. 246 In diese Richtung auch Roth, JZ 2001, 475, 488. 247 So auch Ulmer, JZ 2001, 491, 492; vgl. zu den Strukturierungsmängeln oben C. V. 5. a) bb) (4). 248 Anders Ulmer, JZ 2001, 491, 492; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215, 220 f. 242
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des BGB249 oder aber ebenfalls en bloc, jedoch im Allgemeinen Teil des BGB250 befürwortet. Der erstgenannten Ansicht ist zuzugestehen, dass die Regelungen des AGB-Rechts genau genommen nicht einheitlich einem bestimmten Abschnitt des BGB zugeordnet werden können. Vielmehr betreffen z. B. die Vorschriften zur Einbeziehung in erster Linie den Vertragsschluss, also eine Materie des Allgemeinen Teils, die Inhaltskontrolle an sich steht in der Nähe des § 138 BGB oder auch des § 157 BGB oder des § 242 BGB und gerade die einzelnen Klauselverbote betreffen ganz unterschiedliche Bereiche, so dass eine Aufteilung der Systematik des BGB wohl am besten entsprechen würde.251 Auch hier würden sich jedoch Zuordnungsprobleme ergeben.252 Außerdem ist eine Einhaltung der Systematik des Gesetzes zwar erstrebenswert, sie stellt jedoch keinen Selbstzweck dar, sondern dient unter anderem der Übersichtlichkeit und dem Aufzeigen von Zusammenhängen. Aus diesem Grunde können Durchbrechungen aus sachlichen Gründen hingenommen werden, sofern diese nicht als gänzlich unvereinbar mit der Regelungssystematik zu betrachten sind. Vorliegend würde eine Aufteilung des AGB-Rechts gerade zu einer Unübersichtlichkeit der Materie führen und die einzelnen Normen schwer auffindbar machen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Materie eben nicht völlig neu geregelt wird, sondern bereits im AGB-Gesetz niedergelegt war, mit dessen Systematik der Rechtsanwender vertraut ist. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber für eine Inkorporation en bloc entschieden, was zu begrüßen ist.253 Dies begründet im Weiteren die Frage nach dem richtigen Regelungsstandort, die äußerst schwer zu beantworten ist. Die Verortung im Allgemeinen Schuldrecht ist meiner Ansicht nach zwar vertretbar, geeigneter wäre jedoch der Allgemeine Teil. Die Erwägung des Gesetzgebers, wonach das AGB-Recht in erster Linie auf den Schutz des Klauselgegners bei schuldrechtlichen Verträgen ausgerichtet ist und dort auch seinen hauptsächlichen Anwendungsbereich hat,254 ist nachvollziehbar. Dementsprechend ist eine Verortung an dieser Stelle meines Erachtens nicht als intransparent anzusehen.255 Nichtsdestotrotz beschränkt sich die Anwendbarkeit nicht auf schuldrechtliche Verträge.256 Dies erkennt auch die Gesetzesbegründung, nach der die Einordnung im Allgemeinen Schuldrecht der Anwendung in anderen Bereichen, wie etwa auf sachenrechtliche Verträge, nicht entgegenstehen soll.257 Dann erscheint aber eine Verortung im Allgemeinen Teil konsequenter, zumal eine Vielzahl der AGB249
So Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 502 ff, 524. Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 180; Roth, JZ 2001, 475, 488, Fn. 163; Wolf/ Pfeiffer, ZRP 2001, 303, 306. 251 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 502 f. 252 BT-Drs. 14/6040, S. 150; Ulmer, JZ 2001, 491, 493 ff. 253 BT-Drs. 14/6040, S. 150. 254 BT-Drs. 14/6040, S. 149. 255 Kritisch aber Ulmer, JZ 2001, 491, 492. 256 Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 180; Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 502; Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303, 304 f. 257 BT-Drs. 14/6040, S. 149. 250
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Vorschriften ohnehin diesem Kontext und nicht dem Schuldrecht zuzuordnen ist.258 Dementsprechend wurde das AGB-Recht von der Wissenschaft vor Integration in das BGB auch im Kontext des Allgemeinen Teils des BGB erörtert.259 Dabei erscheint mir die Einordnung in den Abschnitt 3 zu den Rechtsgeschäften nach dem Titel 3 zum Vertrag sinnvoll, wie sie auch in der Literatur vorgeschlagen wird.260 Dabei ist allerdings auch eine Regelung im Allgemeinen Teil mit Problemen verbunden. Die diffizilen Regelungen zum Anwendungsbereich und dessen sich daraus ergebende Staffelung heben das AGB-Recht von anderen Regelungsbereichen des Allgemeinen Teils ab. Es ist zwar richtig, dass auch die Regelungen des Allgemeinen Teils nicht immer ohne Einschränkungen in allen Bereichen des BGB gelten,261 solche umfassenden Anforderungen an die Anwendbarkeit der Regelungen wären jedoch neu. Außerdem würde der Allgemeine Teil hierdurch doch deutlich aufgebläht. Eine weitere Standortdiskussion wurde schließlich unmittelbar im Zusammenhang mit der Umsetzung der Klauselrichtlinie in nationales Recht geführt, nämlich diejenige, ob die Umsetzung durch Änderung des bestehenden AGB-Gesetzes oder durch Schaffung eines neuen eigenständigen Verbraucherschutzgesetzes erfolgen sollte.262 Der Gesetzgeber hat sich bekanntermaßen für Ersteres entschieden. Dies ist nun aber eine Frage, die für alle europarechtlich beeinflussten Materien gleichermaßen zu stellen ist, so dass sie abschließend für alle in dieser Arbeit behandelten Bereiche gemeinsam beantwortet werden soll.263 Auf den terminologischen Bruch im BGB, der durch die Verwendung des Unternehmerbegriffs im AGB-Recht im Vergleich zum Unternehmerbegriff im Werkvertragsrecht entsteht, wurde bereits eingegangen,264 wie auch auf die nicht immer konsequente Verwendung des legaldefinierten Begriffs des Verbrauchervertrags im BGB im Übrigen.265
258
Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303, 304; vgl. dazu auch schon oben und die Nachweise bei C., Fn. 251. 259 Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303, 304 m.w.N. 260 Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303, 306; so auch Ulmer, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 215, 226 f. als zweitbeste Lösung für den Fall, dass eine Integration erfolgen soll. 261 Darauf weist Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 504 f. für den Allgemeinen Teil und das Allgemeine Schuldrecht mit Blick auf die sachlichen Bereichsausnahmen hin. 262 Für eine Änderung des AGB-Gesetzes etwa Ulmer, EuZW 1993, 337, 346; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818; Damm, JZ 1994, 161, 175 ff.; Remien, ZEuP 1994, 34, 65 f. plädierte bereits für ein Einfügen der Umsetzung zusammen mit dem AGB-Gesetz in das BGB anlässlich der Schuldrechtsreform und bis dahin für eine einstweilige Anpassung des AGB-Gesetzes; für die Umsetzung in einem eigenen Verbraucherschutzgesetz dagegen Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 571 f. 263 Vgl. dazu später F. 264 Vgl. oben C. V. 2. 265 Vgl. oben C. V. 3. a).
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Abschließend lässt sich zunächst festhalten, dass zahlreiche in gesetzestechnischer Hinsicht negativ auffallende Veränderungen im Bereich des AGB-Rechts gerade nicht auf europarechtlicher Veranlassung beruhen, sondern anderweitig, insbesondere schlicht im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung, vorgenommen wurden. Hier sind vor allem die Zusammenfassungen einiger Normen des AGBGesetzes und die teilweise Abänderung der Reihenfolge der Regelungen im Zuge der Integration des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in das BGB zu nennen.266 Hervorzuheben ist nochmals die weitgehend daraus resultierende uneinheitliche und verworrene Struktur des § 310 BGB.267 Die im Allgemeinen konsequente und gut nachvollziehbare äußere Systematik des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde insoweit zu ihrem Nachteil modifiziert. Ferner ist auch der kritisierte Standort des AGB-Rechts im BGB ohne europarechtliche Veranlassung im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung ausgewählt worden.268 Bei den im Übrigen europarechtlich veranlassten Änderungen und Neuregelungen ergeben sich sprachlich keine besonderen Auffälligkeiten. Es lassen sich an der Gesetzessprache im Allgemeinen kritisierte Merkmale, wie etwa die Verbindung einer Substantivierung mit einem farblosen Verb, unnötiges Passiv oder ein gewisser Hang zum Nominalstil feststellen, ohne dass dies jedoch besonders auffällig wäre. § 310 Abs. 3 BGB sticht sicherlich durch seine Länge heraus. Da die Satzstrukturen aber nicht übermäßig kompliziert sind, ergeben sich hieraus keine besonderen Probleme in Hinblick auf Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der Norm.269 Von besonderen gesetzestechnischen Mitteln wird in den geänderten bzw. den neuen Regelungen ebenfalls Gebrauch gemacht. Die Verwendung von Verweisungen, Legaldefinitionen etc. ist aber zunächst nichts Ungewöhnliches. Auffällig ist dabei allerdings die Neuregelung des § 310 Abs. 3 BGB, bei der sich die Verwendung von Verweisungen häuft, was die Lesbarkeit der Regelungen erschwert. Der vermehrte Einsatz der Verweisungstechnik an dieser Stelle ist auf das Regelungskonzept des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie zurückzuführen, wonach das vorhandene AGB-Recht beibehalten und lediglich soweit zur Umsetzung zwingend erforderlich modifiziert werden sollte.270 Auch § 307 Abs. 3 S. 2 BGB ist unter dem Gesichtspunkt der Verweisungstechnik auffällig. Dies gilt zum einen aufgrund der dortigen Verweisungshäufung,271 vor allem aber wegen der Unbestimmtheit der Verweisung in Hinblick auf den Umfang der an den eigentlich 266 267 268 269 270 271
Vgl. oben C. V. 5. a) bb) (4). Vgl. oben C. V. 5. a) bb) (2). Vgl. oben C. V. 6. Vgl. oben C. V. 1. Vgl. oben C. V. 3. b). Vgl. oben C. V. 3. b).
VI. Gesamtfazit
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kontrollfreien Klauseln vorzunehmenden Kontrolle. Auch die Richtlinienvorgaben sind in diesem Punkt nicht völlig eindeutig.272 Erwähnenswert ist weiterhin die unwiderlegliche gesetzliche Vermutung des Merkmals des Stellens in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Auch die Anwendung dieser Technik ergibt sich aus dem Konzept der Minimalumsetzung des nationalen Gesetzgebers. Gesetzestechnisch ist die Einordnung wie auch bei der Konkretisierung in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht unumstritten.273 In Hinblick auf die Zielsetzung dieser Arbeit kommt dieser Frage allerdings keine Bedeutung zu. Was den Grad der Abstraktion angeht, so erfolgt durch den eingeschränkten persönlichen Anwendungsbereich des § 310 Abs. 3 BGB und die Modifikation einzelner sachlicher Anwendungsvoraussetzungen eine grundsätzliche Herabsetzung des Abstraktionsniveaus. Eine klare Tendenz hin zu deutlich kasuistischeren Regelungen ist jedoch nicht erkennbar.274 Die Regelung des Transparenzgebots in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann ihrerseits nicht als kasuistisch bezeichnet werden,275 deutet allerdings eine europarechtlich begründete Entwicklung hin zu einer ausdrücklichen Regelung statt der anhand von Generalklauseln entwickelten Rechtsprechung an. Die Regelung des § 307 Abs. 3 S. 2 BGB war demgegenüber aufgrund der Gesetzessystematik in jedem Fall erforderlich.276 Besonders hervorzuheben ist abschließend berechtigte Kritik am Umsetzungsgesetzgeber, die im weiteren Sinn die Gesetzessystematik betrifft. Probleme ergeben sich vor allem im Zusammenhang mit der grundlegenden systematischen Veränderung durch die Modifikationen an den Voraussetzungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Dies hat im AGB-Recht das schwer durchschaubare Geflecht unterschiedlicher sachlicher und persönlicher Anwendungsbereiche einzelner Normen im Vergleich zur vorhergehenden Rechtslage jedenfalls deutlich verschärft. Der Transparenzverlust der Überschrift des Abschnitts des BGB geht damit einher.277 Auch der neue besondere persönliche Anwendungsbereich in Form des Verbrauchervertrags in § 310 Abs. 3 BGB hat zu dieser Verkomplizierung beigetragen, wenngleich freilich bereits zuvor mit § 24 AGBG ein in persönlicher Hinsicht gestaffelter Anwendungsbereich der AGB-Vorschriften gegeben war. Die jüngst im Zuge der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie weitere Verschärfung der Situation in dieser Hinsicht hat ihren Ursprung hingegen nicht in den europarechtlichen Vorgaben.278 Zudem ergeben sich terminologische Probleme im AGB-Recht selbst, nämlich der Bruch in der AGB-Definition durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB und die Schwierigkeiten der an Art. 3 Abs. 2 S. 1 KlauselRL angelehnten Wendung des 272 273 274 275 276 277 278
Vgl. oben C. V. 4. Vgl. oben C. V. 3. c). Vgl. oben C. V. 4. Vgl. oben C. V. 4. Vgl. oben C. V. 5. a) bb) (1). Vgl. oben C. V. 5. b) bb) (1) und (3). Vgl. oben C. V. 5. a) bb) (3) und b) aa).
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C. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
§ 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. BGB im Vergleich mit § 305 Abs. 1 S. 3 BGB.279 Im Gesamtzusammenhang des BGB ergibt sich eine terminologische Uneinheitlichkeit durch die Verwendung des Begriffs des Unternehmers, dem im Werkvertragsrecht eine andere Bedeutung zukommt. Dabei war der Unternehmerbegriff nicht durch die Klauselrichtlinie vorgegeben, aber gegenüber dem dort verwendeten Begriff des Gewerbetreibenden vorzugswürdig.280 Zu erwähnen ist schließlich die im BGB nach wie vor nicht vollständig konsequente Verwendung des Begriffs der Verbraucherverträge, der in § 310 Abs. 3 BGB legaldefiniert wurde.281 Im Einklang mit dem ursprünglichen AGB-Recht stehen demgegenüber das nunmehr erweiterte Schutzkonzept des AGB-Rechts,282 der modifizierte Kontrollmaßstab des § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB283 und auch die Auswirkungen auf den Grundsatz der Privatautonomie. Den Einschränkungen der Vertragsfreiheit liegen nach wie vor die gleichen Gedanken zu Grunde, wobei nunmehr allerdings geringere sachliche Anforderungen gestellt werden.284
279 280 281 282 283 284
Vgl. oben C. V. 5. b) ee). Vgl. oben C. V. 2. Vgl. oben C. V. 3. a). Vgl. oben C. V. 5. b) aa). Vgl. oben C. V. 5. b) cc). Vgl. oben C. V. 5. b) bb) (2).
D. Verbrauchsgüterkaufrecht Europarechtlicher Einfluss zeigt sich mittlerweile auch in einem ganz zentralen und sehr traditionellen Abschnitt des deutschen BGB, dem Kaufrecht. Dieser Bereich war in seinem wesentlichen Gehalt länger als ein Jahrhundert, nämlich seitdem das BGB in Kraft getreten war bis zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 20011, unverändert geblieben.2 Umso interessanter ist es, dass sich nunmehr auch bei diesen Regelungen europäischer Einfluss zeigt.
I. Quellen des europarechtlichen Einflusses Länderübergreifende Bestrebungen zu einer Angleichung der kaufrechtlichen Vorschriften gab es bereits seit einiger Zeit.3 Einen bedeutenden Schritt stellte insoweit das Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommen vom 11. April 19804 (CISG) dar. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein europäisches Regelwerk, es gilt auch nicht in allen Mitgliedstaaten der damaligen europäischen Gemeinschaft und der heutigen Europäischen Union. Von einer Quelle europarechtlichen Einflusses kann hier also nicht gesprochen werden. Regelungen auf europäischer Ebene, die auf das nationale Kaufrecht einwirken, wurden vielmehr erstmals im Rahmen der Vorarbeiten zur Klauselrichtlinie5 entworfen.6 So beinhaltete der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über missbräuchliche Klauseln aus dem Jahr 19907 über seinen Art. 2 Nr. 2 i.V.m. c) (1) des Anhangs dazu Klauselverbote, die die Rechte des Verbrauchers als Käufer bei 1
BGBl. I 2001, 3138. Vgl. Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn 7. 3 Vgl. dazu genauer Gebauer/Wiedmann-Leible, Kap. 10, Rn. 6. 4 BGBl. II 1989, 588. 5 Richtlinie 93/13/EWG, s. C., Fn. 5. 6 Vgl. dazu auch Bartfeld, S. 37 f.; Gebauer/Wiedmann-Leible, Kap. 10, Rn. 7; Schwartze, Sachmängelgewährleistung, S. 605 ff. Angeklungen ist die Thematik zuvor bereits im Zusammenhang mit den Arbeiten an der Produkthaftungsrichtlinie (Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (85/374/EWG), ABl. EG Nr. L 210 vom 07. 08. 1985, S. 29), vgl. Schwartze, Sachmängelgewährleistung, S. 605 f. und Zerres, Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, S. 48 f. Eine Regelung konkret zum Kaufrecht findet sich in diesem Zusammenhang aber noch nicht. 7 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. C 243 vom 28. 09. 1990, S. 2. 2
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
einem Kaufvertrag über Waren, insbesondere dessen Mängelrechte, betrafen. Damit wäre eine gewisse Harmonisierung einhergegangen, zumal der Anwendungsbereich der Richtlinie damals nicht auf vorformulierte Klauseln beschränkt und die Klauselverbote des Richtlinienanhangs als zwingend ausgestaltet waren.8 Darüber noch hinausgehend erteilte Art. 6 des geänderten Vorschlags der Kommission aus dem Jahr 19929 den Mitgliedstaaten einen Regelungsauftrag für das Gewährleistungsrecht bei Kaufverträgen mit Verbrauchern als Käufern. Unter anderem war in Art. 6 Abs. 2 ein Wahlrecht des Verbrauchers zwischen vier Rechtsbehelfen vorgesehen. Außerdem sollte das Gewährleistungsrecht gemäß Art. 3 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Nr. 1 b) durch ein entsprechendes Klauselverbot, das sogar bei individuell ausgehandelten Klauseln eingreifen sollte, abgesichert werden. Die Einwirkung auf das Kaufrecht über den Umweg der Klauselrichtlinie setzte sich letztlich jedoch nicht durch. Die schließlich erlassene Klauselrichtlinie enthält zwar nach wie vor einen Richtlinienanhang, der einzelne missbräuchliche Klauseln aufführt. Es zielt aber keines dieser Klauselverbote mehr ausdrücklich auf Kaufverträge ab, wie noch in den beiden genannten Entwürfen.10 Zudem ist der Richtlinienanhang gemäß Art. 3 Abs. 3 KlauselRL nicht zwingend. Eine dem Art. 6 des geänderten Vorschlags entsprechende Regelung gibt es nicht. Schließlich wurde nach diversen Vorarbeiten,11 beginnend mit der Veröffentlichung eines einschlägigen Grünbuchs,12 mit der Richtlinie 1999/44/EG13 eine gesonderte Richtlinie zum Bereich des Kaufrechts erlassen, nachfolgend Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (VGKRL) genannt. Diese war gemäß Art. 11 Abs. 1 VGKRL mit Wirkung spätestens zum 1. Januar 2002 in nationales Recht umzusetzen. Sie bezweckt die Gewährleistung eines einheitlichen Mindestmaßes an Verbraucherschutz sowie die Verbesserung des Binnenmarkts.14 Entsprechend dem Zweck des Verbraucherschutzes ist der Geltungsbereich der Richtlinie auf Kaufverträge zwischen Verbrauchern auf Käuferseite und unternehmerischen Verkäufern über bewegliche körperliche Gegenstände beschränkt. Dies ergibt sich aus den den weiteren Vorschriften der Richtlinie zugrundeliegenden Begriffsbestimmungen in Art. 1 Abs. 2 a), b), c) VGKRL. Die Richtlinie folgt dem Grundsatz der Mindest-
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Schwartze, Sachmängelgewährleistung, S. 606, 607 f.; Gebauer/Wiedmann-Leible, Kap. 10, Rn. 7. 9 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. C 73 vom 24. 03. 1992, S. 7. 10 Vgl. dazu den Wortlaut der Klauselverbote unter c) (1) des Anhangs des Richtlinienvorschlags aus dem Jahr 1990 sowie die Bezugnahme auf Art. 6 unter 1 b) des Anhangs des geänderten Richtlinienvorschlags aus dem Jahr 1992. 11 Vgl. genauer Bartfeld, S. 38 f. 12 Grünbuch über Verbrauchsgüterkaufgarantien und Kundendienst, KOM(93) 509 endg. 13 Siehe A., Fn. 4. 14 Vgl. Art. 1 Abs. 1 VGKRL, sowie die Erwägungsgründe 1 bis 5; Gebauer/WiedmannLeible, Kap. 10, Rn. 12.
II. Nationale Umsetzung und Ausgangslage
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harmonisierung. Gemäß Art. 8 Abs. 2 VGKRL sind strengere nationale Bestimmungen, die einen stärkeren Schutz des Verbrauchers gewährleisten, zulässig. Wie schon die Klauselrichtlinie15 wurde auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in jüngerer Vergangenheit durch die Verbraucherrechterichtlinie16 abgeändert. Gemäß Art. 33 VRRL war in die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ein Art. 8a einzufügen, der Berichtspflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der Kommission in bestimmten Fällen statuiert. Der europarechtliche Einfluss auf das nationale Kaufrecht hat sich hierdurch nicht geändert. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich aus den übrigen Regelungen der Richtlinie in Ergänzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Vorgaben für das nationale Kaufrecht ergeben können. Hervorzuheben sind insoweit die Begriffsbestimmungen zum Kaufvertrag und zur gewerblichen Garantie aus Art. 2 Nr. 5, Nr. 14 VRRL. Weiterhin betreffen die Vorschriften zur Lieferung in Art. 18 VRRL und dem Risikoübergang in Art. 20 VRRL zumindest auch den Bereich des Kaufrechts.
II. Nationale Umsetzung und Ausgangslage Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurde auf nationaler Ebene durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts umgesetzt. Dabei finden sich Transformationsnormen zum Teil im Allgemeinen Schuldrecht,17 zum Teil im allgemeinen Kaufrecht18 und zudem wurde mit den §§ 474 bis 479 BGB ein neuer Abschnitt speziell zum Verbrauchsgüterkauf eingefügt, dessen Regelungen spezifische Verbraucherschutzerwägungen berücksichtigen und deshalb nicht ins allgemeine Kaufrecht eingestellt wurden.19 Nicht zu vergessen ist die Regelung des § 651 BGB zum Werklieferungsvertrag, mit der Art. 1 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 3 Var. 3 VGKRL umgesetzt wurde.20 Das Konzept zur Modernisierung des Schuldrechts wurde jedoch nicht erst im Zusammenhang mit der erforderlichen Richtlinienumsetzung erarbeitet. Vielmehr hatte es bereits zuvor umfassende Arbeiten an einer Schuldrechtsreform gegeben, die mit dem Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts Ende 1991 vorläufig beendet waren.21 Die Pflicht zur Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wie auch der Richtlinie 2000/35/EG, der ursprünglichen Zah15
Vgl. oben C. II. Siehe A., Fn. 8. 17 Insbesondere §§ 275, 323, 326 BGB, vgl. auch MüKoBGB-Ernst, Vorb. v. § 275 Rn. 23, Lorenz, Vorb. v. § 474 Rn. 2. 18 Z. B. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 434, 438, 439, 443 BGB, vgl. MüKoBGB-Lorenz, Vorb. v. § 474 Rn. 2. 19 BT-Drs. 14/6040, S. 242. 20 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 268. 21 Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; vgl. dazu auch später D. III. 2. 16
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
lungsverzugsrichtlinie,22 und der Richtlinie 2000/31/EG, der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr,23 gab dann den Anstoß dafür, dass die Modernisierung des Schuldrechts schließlich durchgeführt wurde.24 Dabei legte man dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Vorschläge der Schuldrechtskommission zu Grunde und entwickelte diese lediglich fort und passte sie an einigen Stellen an die Richtlinienvorgaben an.25 Dies wurde u. a. von der damaligen Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin als folgerichtig angesehen, da die Richtlinie mit den Vorschlägen der Schuldrechtskommission harmonierte.26 Sowohl die Vorschläge der Schuldrechtskommission als auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie orientieren sich am Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommen.27 Beide verfolgen inhaltlich zumindest teilweise die gleiche Linie, Vorschläge bereits der Schuldrechtskommission finden sich in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wieder.28 Zudem wird der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eine „deutsche Handschrift“ attestiert.29 Sie wurde auch zum Teil unter deutscher Ratspräsidentschaft erarbeitet.30 Aus diesen Gründen ist es gerade in den Bereichen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und des allgemeinen Kaufrechts kaum nachvollziehbar, inwieweit eine neue Regelung oder die Systematik auf dem spezifischen europäischen Einfluss der Richtlinienumsetzung beruht. So rekurriert die Begründung des Gesetzesentwurfs insbesondere im Bereich des Allgemeinen Schuldrechts immer wieder auf die Vorschläge der Schuldrechtskommission, Wesentliches hieraus wird übernommen. Dies gilt beispielsweise für die Transformationsnormen §§ 323, 326 BGB.31 Bei § 323 BGB zeigt sich auch 22 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EG Nr. L 200 vom 08. 08. 2000, S. 35. 23 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABl. EG Nr. L 178 vom 17. 07. 2000, S. 1. 24 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 1 f., 79. 25 BT-Drs. 14/6040, S. 2, 79. 26 Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2283. 27 Vgl. die Begründung zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien (ABl. EG Nr. C 307 vom 16. 10. 1996, S. 8), KOM(95) 520 endg., in seiner allgemeinen Begründung unter I. A. 5. und den Erläuterungen zu den einzelnen Regelungen unter III; BMJ, Abschlußbericht, S. 19 f.; Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann, S. 205, 209. 28 BT-Drs. 14/6040, S. 79; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725; Weis, in: Ernst/ Zimmermann, S. 25, 28; ebenso Schmidt-Räntsch, ZEuP 1999, 294, 300 und Gass, in: FS Rolland, S. 129, 137 bereits zum Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 51/98, ABl. EG Nr. C 333 vom 30. 10. 1998, S. 46. 29 Schlechtriem, in: Ernst/Zimmermann, S. 205, 208 f. 30 Weis, in: Ernst/Zimmermann, S. 25, 27. 31 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 182 f.
II. Nationale Umsetzung und Ausgangslage
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textlich, dass der von der Schuldrechtskommission vorgeschlagene § 323 BGB-KE32 als Grundlage herangezogen und weiterentwickelt wurde. Eine europarechtliche Veranlassung dieser Weiterentwicklungen wird dabei nicht deutlich. Weiterhin kann als Beispiel § 275 BGB herangezogen werden, der auch als Transformationsnorm gilt.33 Hier wurde der Vorschlag der Kommission zwar nicht vollständig übernommen und auch textlich ähneln sich die Normen des Kommissionsvorschlags und des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes kaum. Dennoch wurde gerade in systematischer Hinsicht auf die Arbeit der Schuldrechtskommission zurückgegriffen und beispielsweise die Gleichstellung von anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit sowie von nicht zu vertretender und zu vertretender Unmöglichkeit übernommen.34 Beim allgemeinen Kaufrecht wird die Orientierung an den Vorschlägen der Schuldrechtskommission in der Gesetzesbegründung zur Schuldrechtsmodernisierung zwar weniger klar hervorgehoben als beim Allgemeinen Schuldrecht. Der Vergleich der von der Schuldrechtskommission vorgeschlagenen Regelungen mit denen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zeigt den Einfluss aber wiederum deutlich. So wurde etwa § 434 BGB-KE wortwörtlich in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB übernommen. Auch die grundsätzliche Struktur des Sachmangelbegriffs des § 434 BGB findet sich bereits in § 435 BGB-KE und wurde lediglich um zusätzliche Aspekte ergänzt. Das Gleiche gilt für die Regelung der Nacherfüllung in § 439 BGB im Vergleich zu § 438 BGB-KE. Daher erscheinen die Bereiche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und des allgemeinen Kaufrechts für die Zielsetzung dieser Arbeit als wenig aussagekräftig. Dies gilt jedoch nicht für den Abschnitt speziell zum Verbrauchsgüterkauf in den §§ 474 ff. BGB. Hierbei handelt es sich um konkret europarechtlich veranlasste Gesetzgebung, eine Verzahnung mit den Vorschlägen der Schuldrechtskommission und damit originär deutscher Gesetzgebungsarbeit besteht nicht. So finden sich in dem Abschlussbericht der Schuldrechtskommission keine Normvorschläge dazu und Entsprechendes war auch nicht ersichtlich diskutiert worden.35 Dieser Bereich wird also im Folgenden zu analysieren sein. Auch bei der Neuregelung des § 651 BGB ist keine Verzahnung mit den Vorschlägen der Schuldrechtsreform zu erkennen. Aufgrund des bloß punktuellen europarechtlichen Einflusses an dieser Stelle bleibt diese Norm hier jedoch außer Betracht. Im Zeitraum nach der Schuldrechtsmodernisierung blieben die Regelungen der §§ 474 ff. BGB weitestgehend unangetastet. Lediglich an zwei Stellen wurden Änderungen vorgenommen. In § 474 BGB wurde im Anschluss an die Quelle-
32 Mit BGB-KE werden die von der Schuldrechtskommission vorgeschlagenen Normen bezeichnet, wie sie sich in BMJ, Abschlußbericht finden. 33 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 127 f. 34 BT-Drs. 14/6040, S. 128. 35 Vgl. auch Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, 1639, 1642 f.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Entscheidung des EuGH36 zur Frage der Richtlinienkonformität eines Nutzungsersatzanspruchs gegen den Verbraucher bei Nachlieferung die Regelung des § 474 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., nunmehr § 474 Abs. 5 S. 1 BGB, eingefügt, um die Richtlinienkonformität eindeutig klarzustellen.37 Außerdem wurde die Verbraucherrechterichtlinie durch Gesetz vom 20. September 201338 umgesetzt. In erster Linie erfolgten hierdurch umfassende Änderungen und Neuregelungen im Bereich der besonderen Vertriebsformen und des Widerrufsrechts bei Verbraucherverträgen. Im Kaufrecht waren lediglich zwei Paragraphen, §§ 443, 474 BGB, betroffen. Insoweit sind die Auswirkungen auf § 474 BGB für diesen Teilbereich der Arbeit interessant. Vor der Schuldrechtsreform und der damit einhergehenden Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gab es in Deutschland keine den §§ 474 ff. BGB entsprechenden Vorschriften. Der besondere Vertragstypus des Verbrauchsgüterkaufs war nicht gesondert geregelt, sondern unterfiel den allgemeinen Regelungen des Kaufrechts.39 Anders als im AGB-Recht zeichnet sich hier also keine unmittelbare Vergleichsgrundlage ab, vielmehr wird bei der Analyse der einzelnen Paragraphen zu fragen sein, inwieweit sich ihr Regelungsgehalt bislang an anderer Stelle des BGB zumindest ansatzweise wiederfand.
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens Was das Gesetzgebungsverfahren angeht, kommt als Vergleichsgrundlage gegenüber dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts als dem maßgeblichen Umsetzungsgesetz im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs allenfalls die Entstehung des BGB selbst in Betracht. Allerdings ist eine Vergleichbarkeit insoweit naturgemäß nur sehr eingeschränkt gegeben, da es sich um ein noch um Einiges umfangreicheres und umfassendes Gesetzesvorhaben handelte. 1. Die Entstehung des BGB Die Grundvoraussetzung für die Entstehung des BGB wurde im Jahr 1873 geschaffen, als der Reichsgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für das gesamte 36
EuGH, Urt. v. 17. 04. 2008, Rs. C-404/06 (Quelle), Slg. 2008, I-2685 = NJW 2008, 1433. Gesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen und zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 10. Dezember 2008, BGBl. I 2008, 2399, 2400; BT-Drs. 16/10607, S. 5. 38 Siehe A., Fn. 8. 39 Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 337; vgl. auch Pfeiffer, Neues Schuldrecht, S. 297 ff., wo den neuen §§ 474 – 479 keine alten Vorschriften gegenübergestellt werden. 37
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens
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Bürgerliche Recht erhielt. Im Anschluss daran begannen konkrete Arbeiten an einer umfassenden Kodifikation, indem eine Vorkommission ab 1874 Gutachten zum weiteren Vorgehen erarbeitete. Die eigentlichen Entwurfsarbeiten fanden nachfolgend im Rahmen der ersten Kommission, deren Entwurf 1888 veröffentlicht wurde und anschließend in der zweiten Kommission, die ihren Entwurf am 22. 10. 1895 an den Reichskanzler übergab, der ihn dem Bundesrat übermittelte, statt. Am 17. 1. 1896 leitete das Reichsjustizamt die überarbeitete Fassung des Entwurfs als eine Denkschrift dem Reichstag zu. Schließlich wurde am 1. 7. 1896 nach der dritten Lesung der Gesetzentwurf angenommen, am 24. 8. 1896 verkündet und das Bürgerliche Gesetzbuch trat am 1. 1. 1900 in Kraft.40 Die parlamentarische Phase des Gesetzgebungsverfahrens umfasste demnach einen sehr überschaubaren Zeitraum. So war der Reichstag lediglich ein halbes Jahr damit befasst, von der Zuleitung an den Bundesrat bis hin zur Verkündung verging nicht einmal ein Jahr. Interessant ist, dass es anschließend bis zum Inkrafttreten weitere etwa dreieinhalb Jahre dauerte. Demgegenüber erfolgten jedoch umfassende Vor- und Entwurfsarbeiten, die sich, unter Ausklammerung der darüberhinausgehenden Diskussion im Vorfeld, bereits über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hinzogen. 2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Erlass des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Die Vorarbeiten für eine Modernisierung des Schuldrechts reichen weit zurück. Bereits seit 1979 waren wissenschaftliche Gutachten zu dieser Thematik erstattet worden, deren Veröffentlichung 1981 und 1983 folgte.41 Daraufhin wurde die sog. Schuldrechtskommission, die Kommission für die Überarbeitung des Schuldrechts, vom Bundesminister der Justiz eingesetzt. Diese legte im Jahr 1991 nach 7 Jahren ihren Abschlussbericht vor, der insbesondere einen Gesetzesvorschlag mit Begründung beinhaltete.42 Nach eingehender Diskussion wurde der Grundkonzeption dieses Gesetzesvorschlags auf dem 60. Deutschen Juristentag 1994 in Münster mit großer Mehrheit zugestimmt.43 Trotzdem kam es zunächst nicht zu einer Umsetzung des Vorhabens. Grund hierfür war insbesondere, dass sich auf europäischer Ebene der Erlass einer Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf abzeichnete, den es abzuwarten galt.44 40
Vgl. dazu Eisenhardt, Rn. 745 ff.; Staudinger-Honsell, Einl. zum BGB Rn. 74 ff. Siehe BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band I, II, III; Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX. 42 Siehe BMJ, Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts; Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 2. 43 Vgl. die Beschlüsse, NJW 1994, 3075, den Tagungsbericht der Abteilung Zivilrecht von Frielé, JZ 1995, 189, 190 f. und den Tagungsverlauf, NJW 1994, 3069, 3070. 44 Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 2. 41
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Nachdem dann im Mai 1999 die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erlassen worden war, wurden konkrete Vorarbeiten zu deren Umsetzung verbunden mit einer Reform des Schuldrechts aufgenommen.45 So wurde im August 2000 ein Diskussionsentwurf46 vorgelegt, der weitgehend auf die Vorschläge der Schuldrechtskommission zurückgriff.47 Darüber hinaus sollten die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die ursprüngliche Zahlungsverzugsrichtlinie und die Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr umgesetzt werden.48 Dieser Entwurf wurde, etwa auf den Symposien „Schuldrechtsmodernisierung 2001“ im November 2000 in Regensburg49 und „Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts“ im Januar 2001 in Münster,50 ausgiebig diskutiert und zum Teil heftig kritisiert.51 Das Bundesministerium der Justiz setzte daher erneut eine Kommission ein, die sich von Anfang 2001 bis Ende August 2001 mit dem Leistungsstörungsrecht befasste. Außerdem wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu dem Reformprojekt gebildet.52 Auf der Grundlage dieser Ergebnisse und der Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf erfolgte Anfang März 2001 eine konsolidierte Fassung53 des Diskussionsentwurfs,54 die Ende März 2001 der Sondertagung zur Schuldrechtsmodernisierung in Berlin zugrunde gelegt werden konnte.55 Basierend auf dieser konsolidierten Fassung wurde schließlich im Mai 2001 der Regierungsentwurf vom Kabinett beschlossen.56 Insbesondere das Vorgehen in Form der sog. „großen Lösung“, das heißt verbunden mit einer grundsätzlichen Schuldrechtsreform, war immer wieder vielseitiger Kritik ausgesetzt.57
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Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 3. Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, abgedruckt bei: Canaris, Schuldrechtsreform, S. 3 ff. 47 Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; Huber/Faust-Huber, Einf. Rn. 2; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 3. 48 Huber/Faust-Huber, Einf. Rn. 1 f. 49 Vgl. dazu Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform. 50 Vgl. dazu Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts. 51 Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 3, 5. 52 Canaris, Schuldrechtsreform, S. IX f.; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 3. 53 Konsolidierte Fassung des Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, abgedruckt bei: Canaris, Schuldrechtsreform, S. 349 ff. 54 Canaris, Schuldrechtsreform, S. X; Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn. 66. 55 Vgl. dazu das Sonderheft zur Sondertagung Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001, 473 ff. 56 Huber/Faust-Huber, Einf. Rn. 5; zu den Änderungen Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn. 66. 57 Für eine „kleine Lösung“ u. a. Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410 ff.; Zimmer, in: Ernst/Zimmermann, S. 191, 204; für die „große Lösung“ u. a. Schmidt-Räntsch, ZIP 2000, 1639, 1644 f.; Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 300; vgl. auch Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn. 65 m.w.N. 46
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens
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Die parlamentarische Phase des Gesetzgebungsverfahrens umfasste demgegenüber von der Gesetzesinitiative der Bundesregierung im Mai 200158 bis hin zur Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt am 29. 11. 200159 nur etwa ein halbes Jahr. Dabei wurden nochmals einige Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen, indem insbesondere vielen der Vorschläge des Bundesrates aus seiner Stellungnahme gefolgt wurde.60 Im Rechtsausschuss des Bundestages wurden einige Sachverständige und Interessenvertreter angehört. Sie befürworteten das Konzept einer umfassenden Reform des Schuldrechts mit deutlicher Mehrheit.61 Gemäß seinem Art. 9 Abs. 1 trat das Gesetz weitestgehend bereits am 1. 1. 2002, das heißt nahezu unmittelbar im Anschluss an seine Verkündung, in Kraft. Auf diese Weise gelang es der Bundesrepublik Deutschland die Umsetzungsfrist gemäß Art. 11 Abs. 1 VGKRL genau einzuhalten. Daraus erklärt sich auch das Vorgehen mittels einer Parallelinitiative.62 Neben dem Regierungsentwurf wurde nämlich ein gleichlautender Entwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag eingebracht.63 Dadurch wurde das Verfahren beschleunigt, da der Gesetzentwurf als Fraktionsentwurf unmittelbar dem Bundestag vorgelegt werden konnte, ohne die Stellungnahme des Bundesrates nach Art. 76 Abs. 2 GG abwarten zu müssen.64 3. Fazit Ein wichtiger Kritikpunkt an der Durchführung der Schuldrechtsreform war der Zeitdruck, unter dem das Vorhaben umgesetzt wurde. Man attestierte, dass „ein Teil des BGB … im Schnellverfahren aus den Angeln gehoben“ werde.65 Die parlamentarische Phase des Gesetzgebungsverfahrens wurde als „atemberaubend“ bezeichnet.66 Sowohl die Diskussion mit Vertretern der Wissenschaft und Praxis, als auch die Beratung in den Ausschüssen sei dadurch nicht in ausreichendem und angemessenem Umfang möglich gewesen.67 Bei genauerer Betrachtung lässt sich jedoch feststellen, dass die Erarbeitung der Schuldrechtsreform zeitlich gar nicht so weit von der Entstehung des BGB abweicht. 58
BR-Drs. 338/01. BGBl. I 2001, 3138. 60 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/6857, S. 6 ff.; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6857, S. 42 ff.; Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 4. 61 Palandt-Heinrichs, SMG, Einl. Rn. 4. 62 Zum Begriff vgl. Schürmann, AöR 115 (1990), 45, 50. 63 BT-Drs. 14/6040. 64 Vgl. Schneider, Gesetzgebung, Rn. 93, 117; ausführlich dazu, insbesondere zur Verfassungsmäßigkeit eines solchen Vorgehens Schürmann, AöR 115 (1990), 45 ff. 65 Knütel, NJW 2001, 2519. 66 Saenger, in: Schermaier, S. 191, 206. 67 Huber, in: Ernst/Zimmermann, S. 31, 111 ff.; Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1390; Saenger, in: Schermaier, S. 191, 206. 59
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Unter Einbeziehung der Arbeiten seit 1979 unter Abzug der zwischenzeitlichen Pause von 1991 bis zur Wiederaufnahme des Vorhabens im Jahr 2000 ergibt sich etwa eine Vorbereitungszeit von 13 Jahren. Wie schon bei den Arbeiten an den Entwürfen des BGB bediente man sich auch hier der Einsetzung von Kommissionen zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs. Abgeschlossen wurde das Gesetzesvorhaben anschließend innerhalb einer zugegebenermaßen recht kurzen parlamentarischen Phase von etwa einem halben Jahr. Die Entwurfsarbeiten zum BGB zogen sich demgegenüber zwar über mehr als 20 Jahre hin, beinhalteten aber eben ein noch deutlich umfangreicheres, erstmaliges Gesetzesvorhaben, wohingegen die Schuldrechtsreform zwar auch ein Großvorhaben darstellte, dennoch aber von den bisherigen Regelungen und den damit gemachten Erfahrungen ausgehen konnte und auf die Bereiche des Verjährungs- und Schuldrechts beschränkt war. Die parlamentarische Phase war vergleichbar kurz. Freilich erfolgten die Entwurfsarbeiten zum BGB kontinuierlich und waren nicht wie beim Schuldrechtsmodernisierungsgesetz für einen doch erheblichen Zeitraum unterbrochen. Den Kritikern ist insoweit auch zuzugeben, dass der Abschlussbericht der Schuldrechtskommission dadurch die neuesten gesellschaftlichen, rechtlichen und internationalen Entwicklungen natürlich nicht berücksichtigen konnte.68 Zudem mag eine wissenschaftliche Diskussion damals nicht in der wünschenswerten Breite stattgefunden haben, da eine tatsächliche Umsetzung des Entwurfs nicht unmittelbar bevorstand.69 Der Abschlussbericht blieb aber auch nicht völlig unbeachtet. Auch neben der Diskussion auf dem 60. Deutschen Juristentag in Münster 1994 blieb eine fachliche Erörterung der Vorschläge der Schuldrechtskommission und auch der vorangegangenen Gutachten nicht völlig aus.70 Demnach existierte mit dem Abschlussbericht trotz allem bereits ein sorgfältig ausgearbeiteter Gesetzentwurf, der nun herangezogen und weiterentwickelt werden konnte. Dies erleichterte die Gesetzgebungsarbeiten.71 Zu Bedenken wurde außerdem gegeben, dass ein gewisser Druck durchaus hilfreich für das Gelingen der Reform sei und dass bei Vertagung einer umfassenden Schuldrechtsreform die Gefahr bestünde, dass eine solche auf absehbare Zeit unterbliebe.72 Eine völlig übereilte Reform unter dem Druck der Umsetzungsfrist ist damit meines Erachtens nicht gegeben. Jedenfalls war die umfassende Schuldrechtsreform als solche auch nicht durch die europäischen Richtlinienvorgaben zwingend bedingt.
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Dauner-Lieb, JZ 2001, 8, 15; Zimmermann, in: Ernst/Zimmermann, S. 1, 21 f. Dauner-Lieb, JZ 2001, 8, 15; Zimmermann, in: Ernst/Zimmermann, S. 1, 15 f. 70 Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2283, 2288; Gass, in: FS Rolland, S. 129, 139; Pick, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 25, 29 f. 71 Gass, in: FS Rolland, S. 129, 139 f., 143; Pick, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 25, 29; Schulze/Schulte-Nölke, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 3, 23 f. 72 Weis, in: Ernst/Zimmermann, S. 25, 29; Canaris, JZ 2001, 499, 523 f.; Heldrich, NJW 2001, 2521, 2522; Schulze/Schulte-Nölke, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 3, 8 f., 24. 69
IV. Das äußere Erscheinungsbild
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Hierzu hat sich der deutsche Gesetzgeber vielmehr zwar anlässlich der umzusetzenden Richtlinien, aber dennoch frei entschieden.73 Auffällig ist jedoch die äußerst kurze Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Es blieb gerade ein Monat zwischen der Verkündung im Bundesgesetzblatt und dem weitgehenden Inkrafttreten, was Wirtschaft, Praxis und auch die Juristenausbildung vor eine große Belastung stellte und dementsprechend kritisch gesehen wurde.74 Angesichts der Umsetzungsfrist für die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und der sonst drohenden Schadensersatzverpflichtungen konnte dieses Datum nicht hinausgeschoben werden.75 Dieser Umstand war also europarechtlich veranlasst. Freilich steht der Umfang der erforderlichen Umstellung letztlich aber wiederum im Zusammenhang mit der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers für eine umfassende Schuldrechtsreform. Für eine solche doch sehr umfangreiche Reform in Zentralbereichen des Zivilrechts war eine derart kurze Einarbeitungszeit alles andere als ideal, wenngleich die Praxis diese Herausforderung rückblickend anscheinend ganz gut bewältigt hat.76 Dennoch erscheint es wünschenswert, dass dem nationalen Gesetzgeber in dieser Hinsicht mehr Spielraum seitens der europarechtlichen Vorgaben eingeräumt wird.
IV. Das äußere Erscheinungsbild des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Mit dem BGB wurde das Zivilrecht, unter Ausklammerung einzelner Materien, wie etwa dem Handelsrecht, in einem Gesetzbuch geregelt. Es stellt damit die wesentliche Kodifikation des deutschen Zivilrechts dar und hat eine herausragende Stellung. Demnach ist der Erlass des BGB nach seinem äußeren Erscheinungsbild von vornherein nicht mit nachfolgenden punktuellen oder Änderungsgesetzen vergleichbar. Aus diesem Grund soll lediglich das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auf Besonderheiten in Hinblick auf die Grundformenwahl, Verständlichkeit und Übersichtlichkeit und die Ausgestaltung der Überschrift untersucht werden. Bei dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz handelt es sich um ein Mantelgesetz, das zahlreiche Grundformen und sonstige Regelungen untergliedert in Artikel in sich vereinigt. Es enthält in seinen Artikeln 1 und 2 Änderungen von Stammgesetzen, nämlich dem BGB und dem EGBGB. Soweit bisherige Sondergesetze in das 73
Zimmermann, in: Ernst/Zimmermann, S. 1, 19; vgl. auch Ernst, in: Ernst/Zimmermann, S. 559, 604, der den Zeitdruck der politischen Entscheidung für eine große Reform zuschreibt. 74 Ernst, in: Ernst/Zimmermann, S. 559, 605; Huber, in: Ernst/Zimmermann, S. 31, 113; Lieb, in: Ernst/Zimmermann, S. 553, 556, 558; Weick, JZ 2002, 442 mit Fn. 6. Die damalige Bundesjustizministerin räumte ein, dass „Rechtsanwender und Praxis gefordert werden“, Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2288 f. 75 Gass, in: FS Rolland, S. 129, 139; Weis, in: Ernst/Zimmermann, S. 25, 29. 76 von Westphalen, ZIP 2005, 51; Lorenz, in: Karlsruher Forum 2005, S. 5, 137; StaudingerOlzen, Einl. zum SchuldR, Rn. 205.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
BGB integriert werden, könnte man überlegen, insoweit von einem partiellen Ablösungsgesetz zu sprechen. Dagegen spricht jedoch, dass per definitionem bei einem Ablösungsgesetz das bisherige Stammgesetz durch die Schaffung eines neuen Stammgesetzes ersetzt wird77 und dies vorliegend aber durch eine Änderung des BGB als bestehendem Stammgesetz erfolgt. Artikel 3 beinhaltet das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG). Darin werden im Wesentlichen die verfahrensrechtlichen Vorschriften des AGB-Gesetzes übernommen,78 so dass es sich hier nicht um eine Erstregelung in Form eines Stammgesetzes, sondern nun an dieser Stelle um ein zumindest partielles Ablösungsgesetz handelt. Mit Artikel 4 wird die Verordnung über Informationspflichten von Reiseveranstaltern geändert. Da diese, nun unter der Bezeichnung „Verordnung über Informationspflichten nach bürgerlichem Recht“, auch an die Stelle der bisherigen Verordnung über Kundeninformationen tritt,79 könnte man auch hier an ein zugleich vorliegendes partielles Ablösungsgesetz denken. Es sprechen jedoch die gleichen Argumente wie bei der Integration der Sondergesetze in das BGB dagegen. Artikel 5 schließlich enthält die zahlreichen Folgeänderungen und Anpassungen in anderen Stammgesetzen und Artikel 6 die Aufhebung von Vorschriften. Die Artikel 7, 8 und 9 betreffen die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang, die Neubekanntmachungserlaubnis für das BGB und die Verordnung über Informationspflichten nach bürgerlichem Recht sowie das Inund Außerkrafttreten. Trotz des großen Umfangs von etwa 80 Seiten im Bundesgesetzblatt, wovon knapp 33 Seiten die Änderungen des BGB betreffen, ist das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz infolge der Gliederung in Artikel mit aussagekräftigen Überschriften und deren systematischen weiteren Untergliederung grundsätzlich durchaus übersichtlich gestaltet. Gewisse Schwierigkeiten offenbaren sich lediglich im Rahmen des Artikels 5 bei den zahlreichen Folgeänderungen. Beispielsweise ist der Artikel in Absätze für das jeweils zu ändernde Stammgesetz untergliedert. Werden in einem Stammgesetz dann lediglich einer oder mehrere Absätze einer Norm geändert, so verschwimmen die Gliederungsebenen etwas.80 Eine solche Untergliederung ist aber durchaus gängig.81 Weiterhin zeigen sich teilweise die üblichen Probleme bei Änderungsgesetzen.82 Die Änderungen insbesondere des BGB in Artikel 1 und die Folgeänderungen in Artikel 5 werden teilweise rein punktuell angeordnet, wodurch sich der neue Gesetzestext erst in Zusammenschau mit der alten Regelung erschließt. Bei dem für diese Arbeit relevanten, weil europarechtlich beeinflussten Bereich des Kaufrechts stellt sich dieses Problem aber gerade nicht, da hier eine vollständige 77
Vgl. dazu die Nachweise in B., Fn. 4. Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 274 sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Normen auf S. 275 ff. 79 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 277. 80 Vgl. etwa Art. 5 Abs. 9 oder Abs. 10 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. 81 Vgl. die Vorgaben gemäß BMJ, Handbuch, Rn. 741, 638. 82 Vgl. dazu die Nachweise in C., Fn. 63. 78
V. Analyse der Gesetzeslage
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Neufassung erfolgt.83 Abgemildert wird diese Problematik in Hinblick auf das BGB zudem durch die Neubekanntmachungserlaubnis in Artikel 8 und die darauf beruhende später erfolgte Neubekanntmachung.84 Die Bezeichnung als Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts ist zwar kurz und prägnant. Was den Regelungsgehalt des Gesetzes angeht, ist sie aber etwas ungenau. Im BGB wird nämlich gerade auch das Verjährungsrecht neu geregelt, welches aber Bestandteil des Allgemeinen Teils ist. Die Modernisierung ging damit über den Bereich des spezifischen Schuldrechts hinaus.85 In gleicher Weise ungenau war aber bereits die Bezeichnung der Schuldrechtskommission als Kommission für die Überarbeitung des Schuldrechts, der unter anderem auch der Auftrag erteilt wurde, Vorschläge zu einer Neugestaltung des Verjährungsrechts zu erarbeiten.86 Wirklich europarechtlich veranlasste Besonderheiten zeigen sich beim äußeren Erscheinungsbild des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht. Gerade der relevante Bereich des Kaufrechts oder genauer noch des Verbrauchsgüterkaufs ist insbesondere sehr verständlich gestaltet.
V. Analyse der Gesetzeslage im Verbrauchsgüterkaufrecht 1. Sprachliche Analyse In dem Abschnitt zum Verbrauchsgüterkaufrecht finden sich zahlreiche relativ lange Sätze und auch darüber hinaus oftmals eher komplizierte Satzstrukturen. Hinsichtlich ihrer Länge fallen insbesondere §§ 474 Abs. 4, 475 Abs. 2, 477 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 S. 1 und 479 Abs. 2 S. 1 BGB auf. Noch relativ einfach strukturiert sind dabei mit lediglich einem Nebensatz die Sätze der §§ 475 Abs. 2, 479 Abs. 2 S. 1 BGB. Hinzu kommen allerdings bei § 479 Abs. 2 S. 1 BGB zwei etwas weitere Nominalklammern87 und bei § 475 Abs. 2 BGB eine solche Nominalklammer88 sowie eine Aufzählung zweier Alternativen am Ende des Nebensatzes. Außerdem enthalten beide Regelungen jeweils eine relativ weite
83
Vgl. BGBl. I 2001, 3138, 3154 ff. BGBl. I 2002, 42, berichtigt durch BGBl. I 2002, 2909 und BGBl. I 2003, 738, wobei allerdings die punktuellen Berichtigungen ihrerseits wiederum die gleiche Verständlichkeitsproblematik aufweisen. 85 So auch Peters/Zimmermann, in: Gutachten I, S. 77, 102 f.; auch Staudinger-Olzen, Einl. zum SchuldR, Rn. 193 differenziert entsprechend. 86 BMJ, Abschlußbericht, S. 14 f. 87 Vgl. „der in den §§ 437 und 478 Abs. 2 bestimmten Ansprüche“, „einer an einen Verbraucher verkauften neu hergestellten Sache“; zum Begriff schon C., Fn. 64. 88 Vgl. „der in § 437 bezeichneten Ansprüche“. 84
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
verbale Klammer, da die mehrteiligen Prädikate auseinandergezogen wurden.89 Hierdurch wird die Lesbarkeit der Regelungen doch erschwert. Die genannten Satzkonstruktionen des § 478 BGB bestehen jeweils aus einem Hauptsatz und zwei gleichrangigen Nebensätzen, von denen bei § 478 Abs. 1 und Abs. 4 S. 1 BGB jeweils einer in den Hauptsatz eingeschoben ist. Bei § 478 Abs. 1 BGB finden sich zudem mehrere etwas weitere Nominalklammern,90 die zwar jeweils für sich gesehen nicht übermäßig lang sind und weitere Nebensätze ersparen, den Satz jedoch durch ihre Häufung unübersichtlich machen. Ähnliches gilt für § 478 Abs. 4 S. 1 BGB, der eine relativ lange Nominalklammer91 enthält, und § 478 Abs. 2 BGB, bei dem neben einer etwas weiteren Nominalklammer wiederum eine relativ weite verbale Klammer92 auffällt. Der im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie neu eingefügte § 474 Abs. 4 BGB geht in seiner Satzstruktur noch darüber hinaus. Er enthält zwei Nebensätze, wobei der zweite Nebensatz die Bedingungen für den Gefahrübergang festlegt und damit vom ersten Nebensatz abhängt. Es handelt sich also um einen Nebensatz zweiten Grades.93 Dabei enthält die erste Bedingung vier alternative Akkusativobjekte, die zudem teilweise durch eine etwas weitere Nominalklammer94 näher beschrieben werden. Dies wurde allerdings aus § 447 Abs. 1 BGB übernommen, der seinerseits § 447 Abs. 1 BGB in der Fassung vor der Schuldrechtsmodernisierung wortlautgetreu entspricht. Bei der zweiten Bedingung finden sich zwei alternative Akkusativobjekte. Äußerst lang ist außerdem § 477 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser unterscheidet sich von den eben dargestellten Vorschriften aber dadurch, dass er – als einzige Norm der §§ 474 ff. BGB – numerisch untergliedert wurde, wodurch sein Inhalt besser erfasst werden kann.95 Auffällig ist dabei die Verbstellung, wodurch die Untergliederung ermöglicht wird, ohne dass den Akkusativobjekten der beiden Ziffern noch der Infinitiv „enthalten“ als gemeinsames Element nachfolgen muss. Auf diese Weise wird die Entstehung einer äußerst umfangreichen verbalen Klammer96 vermieden. Allerdings sind auch die Satzstrukturen der einzelnen Ziffern nicht ganz einfach. Dies
89 Vgl. „kann … erleichtert werden“ in § 475 Abs. 2 BGB und „tritt … ein“ in § 479 Abs. 2 S. 1 BGB; zum Begriff der verbalen Klammer oder Satzklammer BMJ, Handbuch, Rn. 99; Duden, Rn. 1339; Glück, S. 583. 90 Vgl. „die in § 437 bezeichneten Rechte“, „des vom Verbraucher geltend gemachten Mangels“, „einer sonst erforderlichen Fristsetzung“. 91 Vgl. „eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung“. 92 Vgl. „der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel“, „kann … verlangen“. 93 Vgl. Duden, Rn. 1638. 94 Vgl. „die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt“. 95 Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 92, 107. 96 Dies entspricht auch den Vorgaben des BMJ, wonach Satzteile zumindest vor längeren Aufzählungen abgeschlossen werden sollen, BMJ, Handbuch, Rn. 107.
V. Analyse der Gesetzeslage
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gilt insbesondere für die Ziffer 2, die einen Relativsatz als Nebensatz enthält und daran noch eine Erläuterung in Form des „insbesondere“-Zusatzes anschließt. Demgegenüber ist § 476 BGB zwar nicht als übermäßig lang einzustufen, seine Satzstruktur ist aber ebenfalls nicht ganz einfach. Hier hätte eine Vereinfachung erfolgen können, indem der letzte einschränkende Satzteil als neuer Satz formuliert worden wäre, etwa so: Dies gilt nicht, wenn diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Auch § 474 Abs. 2 S. 2 BGB fällt nicht durch seine Länge auf, sondern durch die Satzstruktur mit zwei Nebensätzen ersten und zweiten Grades. Angesichts der Kürze des Satzes wirkt sich dies hier aber nicht negativ auf die Verständlichkeit aus. Wie zum Teil schon deutlich geworden ist, finden sich in den §§ 474 ff. BGB zahlreiche etwas weiter gefasste Nominalklammern.97 Hierdurch erfolgt teilweise eine Bezugnahme auf andere Regelungen. Die Klammern sind dann eher kurz und mindern allein die Übersichtlichkeit der Vorschriften noch nicht. Unnötig umständlich ist allerdings die Formulierung „Auf die in diesem Untertitel geregelten Kaufverträge“ in § 474 Abs. 5 S. 1 BGB. Die geregelten Kaufverträge sind die Verbrauchsgüterkäufe, wie sie in § 474 Abs. 1 BGB definiert werden. Ausreichend und eindeutig wäre also die Formulierung „Auf Verbrauchsgüterkäufe“ gewesen. Im Übrigen tragen solche Nominalklammern bei gehäufter Verwendung, zunehmender Länge98 oder in Kombination mit einem ohnehin schon anspruchsvollen Satzbau nicht unbedingt zur Übersichtlichkeit gesetzlicher Regelungen bei. Ein übermäßiger und ungewöhnlicher Gebrauch des Passivs kann den Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf grundsätzlich nicht attestiert werden. Zwar finden sich einige Passivkonstruktionen. Dies entspricht aber teilweise den Formulierungen an anderen, nicht europarechtlich beeinflussten Stellen des BGB99 oder erklärt sich dadurch, dass das Hauptaugenmerk der Regelungen an dieser Stelle nicht auf der handelnden Person liegt.100 Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang allerdings § 477 BGB, da hier die Person des Verpflichteten überhaupt nicht angesprochen wird. Stattdessen wird in § 477 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BGB ganz neutral das Passiv, im Fall des § 477 Abs. 1 S. 1 BGB das Zustandspassiv101 ver97 Vgl. neben den bereits erwähnten, auch „die nach § 433 zu erbringenden Leistungen“ in § 474 Abs. 3 S. 1 BGB, „die in diesem Untertitel geregelten Kaufverträge“ in § 474 Abs. 5 S. 1 BGB, „eine vor Mitteilung des Mangels an den Unternehmer getroffene Vereinbarung“ in § 475 Abs. 1 S. 1 BGB, „Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften“ in § 475 Abs. 1 S. 2 BGB und § 478 Abs. 4 S. 3 BGB und „Die in § 478 Abs. 2 bestimmten Aufwendungsersatzansprüche“ in § 479 Abs. 1 BGB. 98 So auch BMJ, Handbuch, Rn. 100. 99 Vgl. § 474 Abs. 3 S. 1 BGB und § 271 Abs. 1 BGB, §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3 BGB und § 306a BGB sowie § 475 Abs. 2 BGB und § 202 Abs. 1 BGB. 100 Vgl. § 474 Abs. 2 S. 2 BGB, §§ 476, 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 3, 478 Abs. 4 S. 1 BGB; vgl. zur Rechtfertigung des Passivs in solchen Fällen Gesellschaft für dt. Sprache, S. 3 f.; Schnapp, Jura 2004, 526, 528 f. 101 Zum Begriff Duden, Rn. 811; Schnapp, Jura 2004, 526, 527.
100
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
wendet. Die europarechtlichen Vorgaben in Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 VGKRL sind ähnlich neutral formuliert. Dass hier nicht nur Garantien des Unternehmers als Verkäufer erfasst sein sollen, sondern auch solche Dritter ergibt sich im Zusammenspiel mit § 443 BGB, der durch § 477 BGB ergänzt wird.102 Der Dritte muss allerdings Unternehmer sein.103 § 477 Abs. 1 S. 1 BGB weist mit einem Klammerzusatz zur Garantieerklärung ausdrücklich auf § 443 BGB hin. Allerdings ist dabei nicht eindeutig, ob damit auch die Garantiegeber des § 443 BGB maßgeblich sein sollen oder nur die inhaltliche Umschreibung der Garantieerklärung.104 Auch das Erfordernis der Unternehmereigenschaft beim Garantiegeber ergibt sich nicht eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut oder der Gesetzessystematik, nach der die Unternehmereigenschaft lediglich beim Verkäufer vorausgesetzt wird. Insofern hätte die Verwendung des Aktivs in § 477 BGB die Person des Verpflichteten verdeutlichen und zur Verständlichkeit der Norm beitragen können. An einigen Stellen finden sich außerdem Kombinationen eines eher farblosen Verbs mit einem Substantiv.105 Insbesondere wird das Verb „finden“ häufiger mit der Substantivierung „Anwendung“ verwendet.106 Lediglich § 474 Abs. 5 S. 1 und S. 2 BGB vermeiden dies und ziehen stattdessen einfach das Verb „anwenden“ heran. Darüber hinaus hätte man etwa in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB das Verb „beinhalten“ statt der Wendung „zum Gegenstand hat“ verwenden können. Umständlich wirkt ferner die Formulierung „Die Wirksamkeit der Garantieverpflichtung wird nicht dadurch berührt, dass“ in § 477 Abs. 3 BGB, wobei jedoch eine einfachere ebenso präzise Formulierung in Bezug auf den Hauptsatz nicht ohne weiteres auf der Hand liegt.107 Unnötig kompliziert erscheint schließlich § 479 Abs. 2 S. 1 BGB mit der Wendung „Die Verjährung … tritt … ein“. Die alternative Formulierung „Die … Ansprüche … verjähren“ hätte zudem die Genitivkonstruktion überflüssig gemacht. Allerdings findet sich eine entsprechende Formulierung an anderen Stellen des BGB, etwa in §§ 203 S. 2, 210 Abs. 1 S. 1 und 211 S. 1 BGB. Anders als in den beiden erstgenannten Normen wird dabei in § 211 S. 1 BGB der Gegenstand der Verjährung ebenfalls durch eine Genitivkonstruktion angeschlossen. Die Wendung ist für das BGB also nicht völlig ungewöhnlich.
102
6.
MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 1, 3; auch Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477 Rn. 3,
103 Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 552; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 3; MüKoBGBLorenz, § 477 Rn. 3; Soergel-Wertenbruch, § 477 Rn. 17. 104 Auch Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 552 empfindet die Regelung in dieser Hinsicht als nicht eindeutig. 105 Vgl. dazu die Nachweise unter C., Fn. 67. 106 Vgl. §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 3, Abs. 4 S. 3, Abs. 5 und 479 Abs. 3 BGB. 107 Eine Vereinfachung hätte u. U. dadurch erreicht werden können, dass der Nebensatz vermieden wird, z. B. folgendermaßen: Ein Verstoß gegen eine der vorstehenden Anforderungen berührt die Wirksamkeit der Garantieverpflichtung nicht.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Gleiches gilt für das etwas veraltete „mit der Maßgabe“, das in §§ 474 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 478 Abs. 3 BGB verwendet wird und auch im Übrigen gesetzestechnisch nicht unüblich ist.108 Ferner zeigt sich der grundsätzlich an Gesetzestexten kritisierte Nominalstil109 auch im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf. So finden sich in vielen Vorschriften des Abschnitts zahlreiche Substantive. Dies lässt sich teilweise auch damit erklären, dass es häufig auf die handelnden Personen ankommt, so dass insoweit zwangsläufig Substantive gebraucht werden.110 Allerdings werden auch immer wieder Verbalsubstantive111 verwendet. Auffallend ist hier besonders § 474 Abs. 4 BGB, der 17 Substantive enthält. Davon beschreiben zehn die Personen, mit „Untergang“, „Verschlechterung“, „Ausführung“, „Versendung“ und erneut „Ausführung“ liegen zudem fünf Verbalsubstantive vor. Dies erklärt sich aber wiederum weitgehend durch die Orientierung an der Formulierung des § 447 Abs. 1 BGB und auch des § 446 S. 1 BGB, die beide bereits vor der Schuldrechtsreform existierten.112 Etwas steif wirkt außerdem die Substantivierung „Erbringung einer Dienstleistung“113 in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB. Im Übrigen finden sich zwar zahlreiche weitere Verbalsubstantive, eine übermäßige Häufung oder besonders ungewöhnliche Konstruktionen sind aber nicht zu erkennen. Schließlich werden auch einige Wortzusammensetzungen aus Substantiven verwendet.114 Wirkliche „Wortungeheuer“115 wurden jedoch nicht geschaffen. Neben bestimmten Begriffen, die sich in den einzelnen Paragraphen aufgrund ihrer feststehenden Bedeutung mehrfach finden,116 werden teilweise auch ganze Wendungen in verschiedenen Absätzen des gleichen Paragraphen wieder aufgenommen.117 Diese mangelnde sprachliche Abwechslung ist aber mit dem Bedürfnis gesetzlicher Regelungen nach Präzision und Einheitlichkeit zu rechtfertigen.118
108
Vgl. zu der Wendung schon oben C. V. 1. Vgl. dazu die Nachweise unter C., Fn. 69. 110 Vgl. dazu etwa §§ 478, 479 BGB zum Unternehmerregress. 111 Zum Begriff vgl. den Nachweis unter C., Fn. 68. 112 § 446 S. 1 BGB übernimmt § 446 Abs. 1 S. 1 BGB der Fassung vor der Schuldrechtsmodernisierung. 113 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 114 Z. B. „Verjährungsbeginn“ und „Verjährungsfrist“ in § 475 Abs. 2 BGB oder die Zusammensetzungen mit „Garantie-„ in § 477 BGB und allgemein „Verbrauchsgüterkauf“. 115 Gesellschaft für dt. Sprache, S. 43 f.; vgl. auch Schneider, Gesetzgebung, Rn. 439. 116 Vgl. dazu etwa die Häufung der Begriffe Verbrauchsgüterkauf und Unternehmer in § 474 BGB. 117 So „vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer“ in § 475 Abs. 1 und Abs. 2 BGB oder „des vom Verbraucher geltend gemachten Mangels“ in § 478 Abs. 1 BGB und „der vom Verbraucher geltend gemachte Mangel“ in § 478 Abs. 2 BGB. 118 Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 74. 109
102
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
2. Terminologie Bei der Terminologie der §§ 474 ff. BGB fallen zunächst, wie im Verbraucherschutzrecht allgemein, die Begriffe des Unternehmers und des Verbrauchers ins Auge. Hinzuweisen ist insoweit wiederum auf die Einordnung des Unternehmerbegriffs als verdeckten Fachausdruck und die damit verbundenen Schwierigkeiten für den juristischen Laien, was aber durch die Legaldefinition in § 14 BGB abgeschwächt wird.119 Der Verbraucherbegriff findet sich bereits in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Der Terminus des Unternehmers hingegen erscheint auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkaufrecht erst im Rahmen der Verbraucherrechterichtlinie.120 Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie spricht hier schlicht vom Verkäufer. Die Definitionen des Verbrauchers und des Verkäufers in Art. 1 Abs. 2 a) und c) VGKRL entsprachen jedoch im Wesentlichen den bereits vorhandenen Legaldefinitionen des Verbrauchers und des Unternehmers in §§ 13, 14 BGB. Im Übrigen gewährleisteten die §§ 13, 14 BGB ein höheres Schutzniveau, was Art. 8 Abs. 2 VGKRL zulässt. Deshalb wurde hierauf zurückgegriffen.121 Den konkreten Begriff des Unternehmers hatte also auch an dieser Stelle ursprünglich der deutsche Gesetzgeber ausgewählt, freilich um europäische Vorgaben umzusetzen. Der Begriff des Verkäufers wäre im nationalen Recht auch untauglich gewesen, da damit bereits die Partei im allgemeinen Kaufrecht bezeichnet ist. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Begrifflichkeit in den verbraucherschützenden Materien war der Rückgriff auf den Unternehmerbegriff sicherlich folgerichtig. Auch beim Begriff des Mangels oder Sachmangels könnte man an eine Einordnung als verdeckten Fachausdruck denken. Es findet sich aber erneut eine gesetzliche Definition in § 434 BGB und die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf übernehmen den Terminus insoweit schlicht aus dem allgemeinen Kaufrecht. Neu eingeführt wird der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs. Diese Wortwahl ist jedoch äußerst unglücklich und intransparent, wurde gar als sprachlicher „Missgriff“122 bezeichnet. Der Verbrauchsgüterkauf ist nämlich, anders als es sein Wortlaut vermuten lässt, nicht durch den Verkauf von Verbrauchsgütern gekennzeichnet. Sachlich erfolgt in § 474 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich eine grundsätzliche Beschränkung auf bewegliche Sachen.123 Auf deren Eigenschaft als Verbrauchsgut etwa im Sinne einer verbrauchbaren Sache gemäß § 92 BGB kommt es hingegen nicht an. Vielmehr ist der Verbrauchsgüterkauf in Abgrenzung zum allgemeinen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB gerade durch die beteiligten Personen gekennzeichnet, was sich
119 120 121 122 123
Vgl. dazu schon oben C. V. 2. Vgl. Art. 2 Nr. 2, Nr. 5, 18, 20 VRRL. BT-Drs. 14/6040, S. 242 f. MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 1. Erweitert wird dies dann in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB.
V. Analyse der Gesetzeslage
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dagegen in dem Terminus des Verbrauchsgüterkaufs überhaupt nicht ausdrückt.124 Besser, wenn auch in Hinblick auf die Person des Verkäufers nicht aussagekräftig, wäre der Begriff „Verbraucherkauf“ gewesen.125 Dieser sprachliche Fauxpas ist ganz unmittelbar europarechtlich veranlasst. Der deutsche Gesetzgeber hat den Terminus aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie übernommen, die das Verbrauchsgut in Art. 1 Abs. 2 b) VGKRL ihrerseits nicht dem Wortsinn entsprechend schlicht als beweglichen körperlichen Gegenstand definiert. Diese Begrifflichkeit war im Grünbuch und dem darauffolgenden ersten Richtlinienvorschlag verwendet worden,126 wo noch das Verbrauchsgut im eigentlichen Sinne Anknüpfungspunkt war, und im Folgenden beibehalten worden.127 3. Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik a) Legaldefinitionen Legaldefinitionen finden sich in dem Untertitel über den Verbrauchsgüterkauf an zwei Stellen. Gleich als Erstes wird in § 474 Abs. 1 BGB der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs selbst definiert. Dabei enthält Satz 1 die allgemeine Definition und Satz 2 eine Erweiterung der Definition um einen bestimmten Fall, nämlich den, dass der Vertrag neben dem Verkauf auch das Erbringen einer Dienstleistung beinhaltet. Demgegenüber stellt § 474 Abs. 2 S. 2 BGB keine Einschränkung der Begriffsbestimmung dar, sondern eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der §§ 474 ff. BGB,128 da die Regelung systematisch im Zusammenhang mit § 474 Abs. 2 S. 1 BGB zum Anwendungsbereich steht und durch die Eingangsformulierung „Dies gilt nicht“ auch unmittelbar darauf Bezug nimmt. Sie ist also nicht Teil der Definition. Dies galt schon für § 474 Abs. 1 S. 2 BGB,129 wenngleich dies nunmehr durch die Verortung in Absatz 2 losgelöst von der Legaldefinition nochmal deutlicher wird.
124 MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 1; Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 517, 529 f.; StaudingerMatusche-Beckmann, § 474 Rn. 1. 125 Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 530; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 474 Rn. 1; Kohler, GreifRecht 2014, 85, 88, Fn. 20. 126 Vgl. Grünbuch (D., Fn. 12) S. 9; Art. 1 Abs. 2 b) des Richtlinienvorschlags aus dem Jahr 1996 (D., Fn. 27). 127 Vgl. Art. 1 Abs. 2 b) des geänderten Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, ABl. EG Nr. C 148 vom 14. 05. 1998, S. 12; Art. 1 Abs. 2 b) des Gemeinsamen Standpunkts (D., Fn. 28). 128 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 22; in diese Richtung auch BT-Drs. 17/12637, S. 69. 129 Staudinger-Matusche-Beckmann, § 474 Rn. 46; die Gesetzesbegründung war allerdings missverständlich, BT-Drs. 14/7052, S. 198.
104
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Auf die unglückliche Begriffswahl, was das Definiendum, den zu definierenden Begriff, angeht, wurde bereits eingegangen.130 Zwar kann der Gesetzgeber durchaus umgangssprachlich bekannte Begriffe heranziehen und diese auch von der Umgangssprache abweichend definieren.131 Die Begriffe sollen aber aussagekräftig und einprägsam sein, so dass der neue Bedeutungsgehalt nicht völlig inadäquat sein darf.132 Nun ist der Terminus des Verbrauchsgüterkaufs insgesamt nicht unbedingt als umgangssprachlich üblich einzustufen. Mit dem Begriff des Verbrauchsgutes wird jedoch gemeinsprachlich und sogar rechtssprachlich über § 92 BGB, wenngleich hier von verbrauchbaren Sachen die Rede ist, bereits eine gewisse Bedeutung verbunden. Hiervon weicht die neue Begriffsbestimmung unangemessen ab, da das Verbrauchsgut keine Rolle spielt. Ihr fehlt außerdem die wünschenswerte Aussagekraft, zumal die zentralen persönlichen Anknüpfungspunkte überhaupt nicht zum Ausdruck kommen. Insbesondere hätte mit „Verbraucherkauf“ ein zumindest passenderer und nicht derart anderweitig vorbelasteter Begriff zur Verfügung gestanden.133 In technischer Hinsicht wurde im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie die in § 474 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. noch vorliegende Klammerdefinition in einen gesonderten Satz umgewandelt. Auch dies ist im BGB durchaus verbreitet.134 Die Sachregelung zur Anwendbarkeit der §§ 474 ff. BGB folgt nun erst in Absatz 2. Damit wird die Erweiterung der Definition durch § 474 Abs. 1 S. 2 BGB erleichtert. Es handelt sich mithin um eine explizite Definition in Form eines unselbständigen Rechtssatzes.135 Die Stellung der Legaldefinition ist nun in Folge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ungewöhnlich. Bislang befand sie sich mit § 474 Abs. 1 BGB a.F. an der Stelle, an der der Begriff erstmals gebraucht wurde und war demnach sinnvoll und den gängigen Empfehlungen entsprechend verortet.136 Nunmehr wird der Begriff jedoch bereits in den §§ 356 Abs. 2 Nr. 1, 357 Abs. 4 BGB verwendet. In Hinblick auf die richtige Stellung im Gesetz kommt es maßgeblich auf das Gebot der Normenklarheit an, die Begriffsbestimmung sollte gut auffindbar platziert werden. Da die §§ 474 ff. BGB die besonderen Regelungen gerade zum Verbrauchsgüterkauf enthalten, wohingegen §§ 356, 357 BGB primär den Widerruf zum Gegenstand haben und lediglich für einzelne Regelungen an das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs anknüpfen, erscheint die gewählte Verortung aber durchaus nachvoll130
Vgl. oben D. V. 2. BMJ, Handbuch, Rn. 59; Lücke, in: FS Rudolf, S. 325 bezeichnet dies als „modifizierte derivative Rechtsbegriffe“. 132 Rödig/Baden/Kindermann, S. 75; Bund, in: Schäffer/Triffterer, S. 57, 63; vgl. generell zur Wortwahl auch BMJ, Handbuch, Rn. 69, 70. 133 Vgl. oben D. V. 2. 134 Vgl. nur die Begriffsbestimmungen in den §§ 90 ff. BGB. 135 Vgl. zu den Definitionsarten die Kategorisierung bei Lücke, in: FS Rudolf, S. 325, 333. 136 Vgl. die Nachweise unter C., Fn. 89. 131
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ziehbar. Im Übrigen weiß der Leser auf den ersten Blick sowieso nicht, ob der Terminus an dieser Stelle erstmals verwendet wird und muss sich daher ohnehin auf die Suche begeben.137 Sofern er eine gewisse Erfahrung mit Gesetzen hat, wird er allerdings im Zweifel zunächst die vorangehenden Normen durchforsten. Eine bessere Übersichtlichkeit könnte deshalb dadurch gewährleistet werden, dass in die vorhergehenden Regelungen ein Hinweis auf die an späterer Stelle folgende Legaldefinition aufgenommen wird.138 Außerdem wird der Begriff des Lieferanten in § 478 Abs. 1 BGB mittels einer klassischen Klammerdefinition festgelegt. Sie steht an der Stelle des Gesetzes, an der der Begriff das erste Mal verwendet wird. b) Verweisungen Das Mittel der Verweisung wird in den Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf auffallend häufig eingesetzt. aa) Schlüssige Verweisungen Grundsätzlich unauffällig und im BGB auch sonst üblich sind dabei die stillschweigenden Verweisungen durch die Verwendung von Begriffen, die in diesem Abschnitt oder auch an anderer Stelle, wie etwa im Allgemeinen Teil des BGB, legaldefiniert werden. Auch hier zeigen sich jedoch einzelne Besonderheiten. Beispielsweise wird mehrfach der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs verwendet und damit stillschweigend auf dessen Legaldefinition in § 474 Abs. 1 BGB verwiesen. Die Änderungen an dieser Definition durch das Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie sind von den Bezugnahmen umfasst, da es sich um dynamische Verweisungen handelt. Der Gesetzgeber hat ein Interesse an einer einheitlichen Begriffsverwendung. Außerdem können auf diese Weise die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf schnell und effektiv an neue europarechtliche Vorgaben angepasst werden, wie es gerade Hintergrund der vorgenommenen Änderung ist.139 Zudem kann bei Identität des Gesetzgebers im Zweifel von einer dynamischen Verweisung ausgegangen werden.140 Gleiches gilt für die ebenfalls im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie vorgenommenen Änderungen an dem Begriff des Verbrauchers in § 13 BGB141 und dem Begriff der Textform in 137
Vgl. Weber-Lejeune, S. 92. So allgemein auch Lücke, in: FS Rudolf, S. 325, 336 für Legaldefinitionen an späterer Stelle im Gesetz; Bund, in: Schäffer/Triffterer, S. 57, 62 f. empfiehlt die Verweisung auch, wenn die Legaldefinition bei erstmaliger Verwendung des Begriffs erfolgte; Weber-Lejeune, S. 93, 95 stellt darauf ab, wie leicht erkennbar die Legaldefinitionen im Gesetzestext sind. 139 Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 69; allgemein Debus, S. 70. 140 Vgl. die Nachweise unter C., Fn. 100, 101. 141 Vgl. dazu schon oben unter C. V. 3. b). 138
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§ 126b BGB. Durch Letzteres sollte lediglich eine terminologische Anpassung und keine Änderung der Rechtslage erfolgen.142 Dennoch ist die Verwendung des Begriffs der Textform in § 477 Abs. 2 BGB und die damit verbundene stillschweigende Verweisung auf die Legaldefinition in § 126b BGB nicht ganz unproblematisch. Vielfach wird nämlich vertreten, dass die Regelung i.S.d. Verbraucherschutzes und in Hinblick auf die Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 VGKRL europarechtskonform dahingehend auszulegen ist, dass nicht jeder dauerhafte Datenträger immer ausreichend ist, der Verbraucher vielmehr grundsätzlich oder zumindest in bestimmten Fällen sogar eine schriftliche Erklärung verlangen kann.143 Dann ist aber eine einheitliche Verwendung der Terminologie nicht gewährleistet und diese stillschweigende Verweisung erscheint in Hinblick auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht geglückt. Die Anforderungen an die Form wären besser anderweitig umschrieben worden. An anderer Stelle, namentlich § 474 Abs. 5 S. 1 BGB, findet sich hingegen eine unnötig umständliche Umschreibung anstatt einfach den legaldefinierten Begriff des Verbrauchsgüterkaufs und damit eine stillschweigende Verweisung zu verwenden.144 Davon abgesehen ist die Bezugnahme an dieser Stelle generell überflüssig, da die Norm bereits gemäß § 474 Abs. 2 S. 1 BGB für Verbrauchsgüterkäufe gilt, weshalb eine entsprechende Verweisung in § 474 Abs. 3, Abs. 4 BGB auch fehlt. Eine stillschweigende Verweisung erfolgte bislang durch die Verwendung des Terminus der öffentlichen Versteigerung in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. auf die Klammerdefinition dazu in § 383 Abs. 3 S. 1 BGB.145 Dies war allerdings nicht ganz unumstritten.146 In der Neufassung des § 474 BGB ist nunmehr in Absatz 2 Satz 2 von einer „öffentlich zugänglichen Versteigerung“147 die Rede. Dieser Begriff wurde im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie eingeführt und in § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 10 BGB definiert. Damit enthält die Norm nun also eine stillschweigende Verweisung auf diese Legaldefinition.148 Die bisherige Diskussion hat sich damit erledigt. Im Zusammenhang mit der Verweisung ist und war auch in der Altfassung allerdings der Zusatz „an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann“ als überflüssig zu kritisieren. Dies war schon durch das Verständnis des Begriffs der öffentlichen Versteigerung gewährleistet. Gleiches gilt jetzt für den Begriff der öffentlich zugänglichen Versteigerung. Der Zusatz läuft also dem Gebot der 142
BT-Drs. 17/12637, S. 44. So NK-Büdenbender, § 477 Rn. 8; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 10; MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 8. 144 Vgl. dazu schon D. V. 1. 145 Vgl. nur BGH NJW 2006, 613, 613 ff.; BGH NJW-RR 2010, 1210, 1211; Reuter, ZGS 2005, 88, 88 ff.; NK-Büdenbender, § 474 Rn. 15; Palandt-Weidenkaff, § 474 Rn. 2, Grüneberg, § 383 Rn. 4. 146 A.A. Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1981. 147 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. Zur Begriffswahl vgl. später E. V. 1. a) bb) (1) (e). 148 Diese Änderung übersieht Palandt-Weidenkaff, § 474 Rn. 2. 143
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Kürze in dem Sinne zuwider, dass nicht nur der Gesamtumfang des Gesetzes durch die Vermeidung von Überflüssigem gering zu halten ist, sondern auch in einzelnen Bestimmungen überflüssige Wendungen unterbleiben sollen, da hierdurch die Verständlichkeit eher beeinträchtigt als verbessert wird.149 Der Gesetzgeber hat den Zusatz aus Art. 1 Abs. 3 VGKRL übernommen.150 Erwähnenswert sind ferner die stillschweigenden Verweisungen auf den Mangelbegriff der §§ 434, 435 BGB.151 Dabei enthalten die §§ 434, 435 BGB keine klassische Definition des Begriffs des Mangels, vielmehr wird weitestgehend gerade der entgegengesetzte Fall der Mangelfreiheit bestimmt. Auch § 476 BGB scheint durch die Verwendung des Terminus des Sachmangels auf § 434 BGB zu verweisen. Allerdings sind die beiden Begriffe hier nicht identisch. § 434 BGB setzt gemäß Absatz 1 Satz 1 das Vorliegen bei Gefahrübergang für den Sachmangel voraus, wohingegen bei § 476 BGB der Gefahrübergang erst im Rahmen der Vermutungswirkung relevant wird, nicht jedoch beim Sachmangelbegriff auf der Tatbestandsseite.152 Insoweit kann also allenfalls von einer Verweisungsanalogie ausgegangen werden, bei der jedoch die Kennzeichnung der bloß sinngemäßen Übertragbarkeit des Verweisungsobjekts in der Verweisungsnorm fehlt, so dass sich Bedenken in Hinblick auf die Klarheit der Norm ergeben.153 Die Diskrepanz bei dem Verständnis des Sachmangelbegriffs wurzelt dabei im nationalen Recht. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verwendet statt des Begriffs des Sachmangels den Begriff der Vertragswidrigkeit. Anders als im nationalen Recht wird die Frage, wann ein Gut vertragsgemäß ist – auch hier wird nicht die Vertragswidrigkeit, sondern der entgegengesetzte Fall, die Vertragsgemäßheit, näher bestimmt – gemäß Art. 2 Abs. 2 VGKRL nicht bereits auf den Zeitpunkt der Lieferung bezogen, sondern es wird erst in Art. 3 Abs. 1 VGKRL außerhalb des Begriffs der Vertragswidrigkeit festgelegt, dass der Verkäufer nur für zum Zeitpunkt der Lieferung bestehende Vertragswidrigkeiten haftet. Die Richtlinie ist insoweit also anders als das nationale Recht terminologisch stringent. Darüber hinaus wird durch die Verwendung bestimmter Begrifflichkeiten oder Wendungen auch konkludent auf andere Sachregelungen verwiesen. Dabei lohnt sich insbesondere ein Blick auf die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB. Hier wird mit der Wendung „zurücknehmen musste oder der Verbraucher den Kaufpreis gemindert hat“ stillschweigend auf die Regelungen zu den jeweiligen Rechtsbehelfen des Kaufgewährleistungsrechts verwiesen. In Bezug genommen wird eine noch über149 BMJ, Handbuch, Rn. 63, 106; Hill, S. 119; Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 357, 418 ff. m.w.N. 150 Zur alten Rechtslage: BGH NJW 2006, 613, 614; Reuter, ZGS 2005, 88, 89; Wertenbruch, NJW 2004, 1977, 1981 zog dies als Argument dafür heran, dass die Legaldefinition der öffentlichen Versteigerung des § 383 Abs. 3 BGB nicht maßgeblich war. 151 Erfasst ist sowohl der Sach- als auch der Rechtsmangel, Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 534 f., 569 mit Fn. 1245. 152 BGH JZ 2008, 50, 51; Bartelt, S. 238; Gsell, JZ 2008, 29, 30. 153 Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 232.
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schaubare bestimmte Anzahl von Vorschriften des Kaufgewährleistungsrechts, so dass nicht etwa nur die wechselseitigen Bezüge im Gesamtgefüge der Rechtsordnung angesprochen werden. Die Grenzen sind allerdings fließend.154 Da die Rechtsbehelfe auch tatsächlich berechtigterweise geltend gemacht werden müssen,155 ist von einer echten Verweisung auszugehen. Der Sinngehalt des § 478 Abs. 1 BGB, insbesondere die notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen erschließen sich erst vollständig, wenn die in Bezug genommenen Regelungen mitberücksichtigt werden. Problematisch ist bei § 478 Abs. 1 BGB das Verweisungsobjekt. Es ist nämlich äußerst strittig, welche Mängelrechte des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer unter den Gesetzeswortlaut des § 478 Abs. 1 BGB zu fassen sind.156 Bei genauer Betrachtung handelt es sich dabei aber weniger um ein Problem der Verweisungstechnik dahingehend, dass das Verweisungsobjekt ungenau bezeichnet wäre. Vielmehr geht es um Wertungsgesichtspunkte, die im Rahmen der Gesetzessystematik eine Rolle spielen.157 Der Wortlaut „gemindert“ ist deutlich und aus der Sachmangelgewährleistung bekannt. Gleiches gilt aber formal auch für „zurücknehmen“. Verwiesen wird insoweit auf alle Mängelrechte, bei denen eine Rücknahme der Kaufsache durch den Verkäufer geregelt ist, mithin auf den Rücktritt, den großen Schadensersatz und auch die Nachlieferung.158 Nicht gelungen ist die Formulierung aber insofern, als es gemäß dem Wortlaut „zurücknehmen musste“ auf eine Rücknahmepflicht des Unternehmers anzukommen scheint. Maßgeblich ist vielmehr, dass er bei den erfassten Rechtsbehelfen grundsätzlich einen Anspruch auf Rückgewähr hat, an dessen Stelle aber unter Umständen auch ein Wertersatzanspruch treten kann oder der gegebenenfalls auch gänzlich ausgeschlossen sein kann.159 Demgegenüber kann die Formulierung „gemindert hat“ meiner Ansicht nach nicht dahingehend verstanden werden, dass hierunter auch eine Minderung ohne bestehende Gewährleistungspflicht des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher fallen könnte.160 Bereits die Verwendung des Begriffs der Minderung als Terminus des Sachmangelgewährleistungsrechts impliziert doch, dass eine Minderung in diesem Sinne unter Einhaltung ihrer Voraussetzungen vorliegen muss. Überdies ergibt sich dies aus dem Sinn und Zweck der Regelung.161 Der Gesetzgeber hätte dies allenfalls noch etwas 154
Zu den Grenzen für die Annahme einer Verweisung vgl. oben B. II. 1. b). Vgl. MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 19; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 12. 156 Vgl. z. B. NK-Büdenbender, § 478 Rn. 27 ff.; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; Jacobs, JZ 2004, 225, 229 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 124 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 682 f.; Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 569; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 18; StaudingerMatusche-Beckmann, § 478 Rn. 19 ff. 157 Vgl. dazu später D. V. 5. b) aa) (3). 158 So auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/6040, S. 247. 159 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 17; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 18; Schumacher, S. 132. 160 So aber Bereska, ZGS 2002, 59, 60; Höpker, S. 107; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 12. 161 So dann auch Höpker, S. 107; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 12; vorsichtig Bereska, ZGS 2002, 59, 60. 155
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deutlicher machen können, indem er den Zusatz „als Folge ihrer Mangelhaftigkeit“ grammatikalisch auf beide und nicht nur auf die Alternative der Rücknahme bezogen hätte. Ein unmittelbares Vorbild für diesen Regelungswortlaut findet sich in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht. Der Unternehmerregress ist dort vielmehr nur äußerst vage geregelt. Gemäß Art. 4 S. 1 VGKRL wird lediglich festgelegt, dass der Letztverkäufer innerhalb der Vertragskette Regress nehmen können soll, sofern er dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens eines früheren Glieds der Vertragskette haftet. Die nähere Ausgestaltung, das heißt die Person des Regresspflichtigen, das Vorgehen und die Modalitäten, wird gemäß Art. 4 S. 2 VGKRL ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlassen. Demgegenüber ist mit der Erwähnung der gesetzlichen Rechte in § 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB keine schlüssige Verweisung verbunden. Die Regelung ist nämlich nach vorzugswürdiger Ansicht so zu verstehen, dass der Verbraucher schlicht auf die gesetzlichen Rechte als solche hinzuweisen ist und nicht etwa konkret auf die einzelnen Möglichkeiten gemäß § 437 BGB.162 Andernfalls wäre nicht einsichtig, warum eine Belehrung über die gesetzlichen Rechte nur im Fall der zusätzlichen Gewährung einer Garantie, nicht jedoch im Fall des Fehlens einer solchen vorgeschrieben sein sollte.163 Zudem ist dies ausreichend, um dem Verbraucher zu verdeutlichen, dass die Garantie seine gesetzlichen Rechte unberührt lässt, ihm vielmehr lediglich zusätzliche Möglichkeiten einräumt164 und entspricht dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 VGKRL.165 Mithin ist die Norm für sich allein vollständig und enthält keinerlei Bezugnahme auf die Vorschriften, die die gesetzlichen Rechte beinhalten, auch keine deklaratorische. bb) Ausdrückliche Verweisungen Daneben enthalten die §§ 474 ff. BGB eine Vielzahl von Verweisungen mit ausdrücklichem Verweisungsbefehl. Einzelne dieser Verweisungen bedürfen einer genaueren Betrachtung. In § 477 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich der ausdrückliche Verweisungsbefehl aus dem Klammerzusatz. Verwiesen wird damit auf den Garantiebegriff des § 443 BGB. Dort findet sich infolge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie mittlerweile eine Legaldefinition der Garantie. Aus den gleichen Gründen wie auch beim Verbrauchsgüterkauf ist jedoch von einer dynamischen Verweisung auszugehen,166 so dass sich insoweit kein Problem ergibt. 162
So BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 7; MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 6; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477 Rn. 22; a.A. etwa Erman-Grunewald, § 477 Rn. 3. 163 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 7; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477 Rn. 22. 164 So der Zweck der Regelung, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 246. 165 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 7; MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 6. 166 Vgl. oben D. V. 3. b) aa).
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Im Zusammenhang mit der Verweisung des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB auf die „Vorschriften dieses Untertitels“ wurde vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie diskutiert, ob hiervon auch § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. erfasst wurde, mit der Folge, dass eine § 447 BGB entsprechende Gefahrtragungsregelung nicht vereinbart werden konnte.167 Unabhängig davon, ob dieser Streit nun für die Nachfolgeregelungen in § 474 Abs. 4, Abs. 5 S. 2 BGB überhaupt relevant wird, betrifft diese Frage jedoch nicht die Verweisungstechnik als solche, sondern erst Wertungsfragen.168 Als Verweisungsobjekt wurde ganz klar auch § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. bezeichnet.169 Eine gewisse Inkonsequenz ist dem Gesetzgeber allerdings in Hinblick auf die Aufzählung der in Bezug genommenen Normen in § 475 Abs. 1 S. 1 BGB und parallel dazu in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB vorzuwerfen. Die Regelungen zur näheren Ausgestaltung der Mängelrechte, die sich im Kaufrecht finden, namentlich §§ 439, 440, 441 BGB, werden ausdrücklich in Bezug genommen, wohingegen die §§ 323, 326 Abs. 5 BGB keine Erwähnung finden. Auch diese müssen aber nach Sinn und Zweck der Regelungen vom Verbot abweichender Vereinbarungen mitumfasst sein. Dies gelingt über die Verweisung auf § 437 BGB und dessen Weiterverweisung.170 Dann stellt sich allerdings die Frage, warum die genannten Regelungen aus dem Kaufrecht in §§ 475 Abs. 1 S. 1, 478 Abs. 4 S. 1 BGB unmittelbar genannt werden, wo doch auch auf diese in § 437 BGB verwiesen wird. Schließlich wird an mehreren Stellen das Verweisungsobjekt nur in abgeänderter Form in Bezug genommen. Dabei werden die vorzunehmenden Änderungen weitgehend genau bezeichnet, so in §§ 474 Abs. 4, Abs. 5 S. 1, 478 Abs. 3 BGB durch die etwas antiquiert anmutende Formulierung „mit der Maßgabe“.171 Auch in § 478 Abs. 1 BGB werden explizit unter bestimmten Voraussetzungen die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechte aus § 437 BGB modifiziert, indem auf das Fristsetzungserfordernis verzichtet wird. Demgegenüber werden die erforderlichen Modifizierungen in den parallel strukturierten und formulierten Regelungen der §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB nicht bezeichnet. Hierbei handelt es sich also um Verweisungsanalogien. Aus der näheren Umschreibung des Verweisungsgegenstandes wird aber klar, dass die Abwandlungen bei den Personen des Anspruchsstellers und Anspruchsgegners erfolgen müssen. Bestimmtheitsprobleme stellen sich insoweit nicht. Näherer Betrachtung bedarf aber die Frage, ob der Verweisungsgegenstand mit „auf die Ansprüche“ passend umschrieben ist. § 478 Abs. 5 BGB verweist auf die Absätze 1 bis 4 desselben Paragraphen. Diese Regelungen betreffen aber nicht nur 167 So Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 8 f.; a.A. MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 5 jeweils m.w.N. 168 Vgl. dazu später D. V. 5. b) aa) (1). 169 So auch Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 9. 170 NK-Büdenbender, § 475 Rn. 9; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 475 Rn. 4; MüKoBGBLorenz, § 475 Rn. 4; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 15. Entsprechendes gilt eigentlich auch für die Regelungen zum Schadensersatz, diese sind aber gemäß §§ 475 Abs. 3, 478 Abs. 4 S. 2 BGB vom Verbot abweichender Vereinbarungen ausgenommen. 171 Vgl. zu der Formulierung schon oben D. V. 1.
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Ansprüche i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB des Unternehmers gegen den Lieferanten, sondern auch die Gestaltungsrechte Rücktritt und Minderung. So stellt § 478 Abs. 1 BGB allgemein auf „die in § 437 bezeichneten Rechte“ ab, ebenso bezieht sich § 478 Abs. 4 S. 1 BGB allgemein auf § 437 BGB und zudem auf § 440 BGB, der neben dem Schadensersatz auch den Rücktritt zum Gegenstand hat, und auf die Norm des § 441 BGB zur Minderung. § 478 Abs. 3 BGB verweist seinerseits u. a. auf Absatz 1 und betrifft damit ebenfalls auch die Gestaltungsrechte. Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich eine Einschränkung der analogen Anwendung von § 478 Abs. 1 bis 4 BGB in der Lieferkette auf Ansprüche gewollt ist, sind nicht ersichtlich.172 Vielmehr sollten die Regressgrundsätze auf die Lieferkette ausgedehnt werden, so dass die Regressfolgen letztlich denjenigen treffen, in dessen Verantwortungsbereich der Mangel fällt.173 Mithin ist die Formulierung „Ansprüche“ unzutreffend, es hätte insoweit allgemein von „Rechten“ gesprochen werden müssen.174 Überdies ist die Formulierung aber auch in Hinblick auf die Verweisung auf den Aufwendungsersatzanspruch nach § 478 Abs. 2 BGB unscharf. Dieser selbständige neue Rückgriffsanspruch wird nämlich erst durch die Anordnung der analogen Anwendung für die übrigen Glieder der Lieferkette begründet.175 Bei § 479 Abs. 3 BGB passt die Bezeichnung „Ansprüche“ hingegen, da sich in den in Bezug genommenen Absätzen 1 und 2 schon dem Wortlaut nach und, da es um Verjährung geht, auch zwangsläufig lediglich Regelungen zu Ansprüchen finden. Der Verjährung unterliegen nämlich gemäß § 194 Abs. 1 BGB nur Ansprüche. Gleiches gilt für §§ 475 Abs. 2, 479 Abs. 2 S. 1 BGB. Auf die Gestaltungsrechte wirken sich die Regelungen nur mittelbar über §§ 218, 438 Abs. 5 BGB aus.176 Eine gewisse Unsicherheit ergibt sich auf den ersten Blick bei § 478 Abs. 5 BGB auch durch das Verweisungsobjekt. In Bezug genommen werden nur die Absätze 1 bis 4, nicht hingegen Absatz 6, so dass die Annahme naheliegt, § 377 HGB wäre in den vorangegangenen Rechtsverhältnissen der Lieferkette nicht anzuwenden. Bei § 478 Abs. 6 BGB handelt es sich jedoch um eine unechte Verweisung mit bloß klarstellender Funktion, die ohnehin nicht erforderlich ist,177 so dass sich auch das Fehlen in § 478 Abs. 5 BGB nicht auswirkt.178 Da aber die unechte Verweisung in § 478 Abs. 6 BGB erfolgt, wäre es zur Vermeidung von
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So geht auch MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 51 nicht von einer Beschränkung auf die Ansprüche aus. 173 BT-Drs. 14/6040, S. 249 zu der entsprechenden Regelung in § 478 Abs. 3 BGB-E. 174 Schumacher, S. 221 f.; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 131. 175 Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1395 zu der entsprechenden Regelung in § 478 Abs. 3 BGB-E; Schumacher, S. 222; Tröger, AcP 204 (2004), 115, 131 f. 176 Palandt-Weidenkaff, § 475 Rn. 10; MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 17, § 479 Rn. 7; Schumacher, S. 195 f., 222; anders NK-Büdenbender, § 475 Rn. 21, § 479 Rn. 11; Oetker/ Maultzsch, § 2 Rn. 589. 177 Dazu näher sogleich. 178 Schumacher, S. 222; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. A., Rn. 335 argumentiert insoweit mit einem Erst-Recht-Schluss in Hinblick auf die beteiligten Personen.
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Missverständnissen der genannten Art sinnvoll gewesen auch Absatz 6 von der Bezugnahme in Absatz 5 zu umfassen.179 Als unechte Verweisungen sind neben § 478 Abs. 6 BGB auch die Verweisungen in §§ 474 Abs. 3 S. 1, 475 Abs. 3 und 478 Abs. 4 S. 2 BGB auf §§ 271 Abs. 1, 307 bis 309 oder nur 307 BGB einzuordnen. Eine echte Verweisung könnte jeweils allenfalls über die Funktion der Bestimmung des Verhältnisses von Normen zueinander begründet werden.180 AGB-Recht und ebenso die besonderen Bestimmungen des Handelsrechts sind ohnehin anwendbar, die Verweisungsnormen sind aus sich heraus verständlich und bedürfen keiner Vervollständigung zur Erfassung ihres Sinngehalts. Der Verweis auf die besagten Paragraphen ist daher rein deklaratorisch und weist den Gesetzesanwender lediglich darauf hin, erleichtert insoweit die Auffindbarkeit.181 Dabei wird jedoch nur auf einzelne Vorschriften des AGB-Rechts und des Handelskaufes aufmerksam gemacht, was wiederum die Gefahr der irrigen Annahme birgt, dass die übrigen Normen dieser Bereiche nicht anwendbar wären.182 Insofern schaden diese unechten Verweisungen mehr als sie dem Gesetzesanwender nutzen und hätten auch im Sinne der Vermeidung überflüssiger Regelungen weggelassen werden können. § 478 Abs. 6 BGB wird außerdem als „systemfremd“ bezeichnet, weil im Bereich des allgemeinen Kaufrechts auch nicht auf die Geltung des § 377 HGB hingewiesen wird.183 Auch der Verweis auf § 271 Abs. 1 BGB stellt lediglich einen Hinweis darauf dar, wo sich die allgemeine Regelung findet. Der Regelungsgegenstand wird letztlich in § 474 Abs. 3 S. 1 BGB vollständig neu geregelt. Hilfreich ist die Information für den Rechtsanwender insoweit, als dem inzident entnommen werden kann, dass § 271 Abs. 2 BGB anwendbar bleibt.184 Diese weitergehende Schlussfolgerung macht die Verweisung aber noch nicht zu einer echten. Die deklaratorische Verweisung des § 478 Abs. 6 BGB erklärt sich aus den Entwicklungen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens.185 Danach sollte zunächst neben § 377 HGB auf einen § 378 HGB-E verwiesen werden. Entsprechend der Gesetzesbegründung sollten dem unternehmerischen Verkäufer seine Regressansprüche auf diese Weise auch dann erhalten bleiben, wenn er die Rügeobliegenheit des § 377 HGB nicht eingehalten hat.186 Diese Regelung des § 378 HGB-E wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens jedoch gestrichen, es sollte vielmehr bei der Rügeoblie-
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So auch Schumacher, S. 222. Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 231. 181 So auch NK-Büdenbender, § 475 Rn. 30, § 478 Rn. 58, 65; MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 15, § 478 Rn. 52; Schumacher, S. 187 f. 182 NK-Büdenbender, § 475 Rn. 18; diese Argumentation ist auf das Recht des Handelskaufs übertragbar. 183 Büchel, in: GS Walz, S. 33, 42. 184 So BT-Drs. 17/12637, S. 69. 185 So auch Schumacher, S. 187 f.; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 52. 186 BT-Drs. 14/6040, S. 249, 281 zu § 478 Abs. 4 BGB-E und § 378 HGB-E. 180
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genheit des § 377 HGB bleiben, was durch § 478 Abs. 6 BGB klargestellt wird.187 Hinsichtlich der anderen unechten Verweisungen fehlt aber eine solche Erklärung. Es deutet sich mithin eine Tendenz des Gesetzgebers hin zu eigentlich überflüssigen und eher belehrenden Verweisungen an, zumindest soweit es um die Klärung des Verhältnisses von Rechtsvorschriften geht. cc) Verweisungshäufung und Verweisungsketten Wie gezeigt, häufen sich Verweisungen also im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf. Sie kommen regelmäßig innerhalb eines Paragraphen mehrfach vor. Zudem finden sich oftmals auch mehrere Verweisungen innerhalb eines einzigen Satzes, wobei dabei aber meist nur eine ausdrückliche Verweisung mit einer oder mehreren stillschweigenden Verweisungen kombiniert wird.188 Das beeinträchtigt die Lesbarkeit noch nicht übermäßig. In dieser Hinsicht problematisch sind vor allem Häufungen ausdrücklicher Verweisungen, die sich im Verbrauchsgüterkaufrecht hingegen kaum finden.189 Unübersichtlich sind aber auch die Regelungen, die im Rahmen der Verweisung eine lange Aufzählung von Normen enthalten.190 Weitere Probleme in Hinblick auf die Anwenderfreundlichkeit und die Verständlichkeit der Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf ergeben sich durch die Vielzahl von zum Teil mehrgliedrigen Verweisungsketten. So entstehen bei Verweisungen innerhalb des Abschnitts aufgrund der großen Anzahl der dort vorkommenden Verweisungen nahezu zwangsläufig Verweisungsketten.191 Außerdem werden immer wieder Vorschriften des allgemeinen Kaufrechts in Bezug genommen, da die besonderen Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf diese lediglich ergänzen und teilweise modifizieren. Da das allgemeine Kaufrecht seinerseits oftmals auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht Bezug nimmt, das teilweise auch weitere Verweisungen enthält, entstehen hierdurch ebenfalls zum Teil auch längere Verweisungsketten. Dies gilt z. B. für die Verweisungen des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 478 Abs. 4 S. 1 BGB auf § 437 BGB. Dort wird wiederum u. a. auf § 326 Abs. 5 BGB Bezug genommen, der seinerseits auf § 275 Abs. 1 bis 3 BGB und § 323 BGB verweist. Dies beruht zwar in erster Linie auf der Regelungstechnik des allgemeinen Kauf- und Leistungsstörungsrechts, wird aber durch das Verbrauchsgüterkaufrecht noch verschärft. Alles in allem stellen die zahlreichen Verweisungen des Verbrauchsgüterkaufrechts eine Herausforderung für den Rechtsanwender dar.
187 BT-Drs. 14/7052, S. 199, 211; Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/6857, S. 40 f.; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6857, S. 72. 188 Vgl. z. B. §§ 475 Abs. 2, 478 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5, 479 Abs. 2 S. 1 BGB. 189 Vgl. allenfalls § 478 Abs. 3 BGB; vgl. zur Verweisungshäufung C., Fn. 104. 190 Vgl. §§ 475 Abs. 1 S. 1, 478 Abs. 4 S. 1 BGB. 191 Vgl. z. B. § 478 Abs. 3, Abs. 4 S. 1, Abs. 5, 479 Abs. 1, Abs. 2 BGB.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
c) Fiktionen/Gesetzliche Vermutungen Ein weiteres besonderes Mittel der Gesetzgebungstechnik wird in § 476 BGB in Anlehnung an Art. 5 Abs. 3 VGKRL verwendet. Die Norm beinhaltet im ersten Halbsatz eine widerlegbare gesetzliche Vermutung.192 An den tatbestandsfremden Umstand, dass sich ein Sachmangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang zeigt, wird die Tatsachenvermutung geknüpft, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, so dass ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB gegeben ist. Die Widerlegbarkeit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „so wird vermutet“193 und wird nicht etwa durch den zweiten Halbsatz geregelt. Dieser hat vielmehr einen Ausnahmetatbestand zum Gegenstand, das heißt, die Vermutung greift in den genannten Fällen schon gar nicht ein, muss also auch nicht mehr widerlegt werden.194 Eine vergleichbare Regelung, wie sie nun § 476 BGB im ersten Halbsatz enthält, fand sich im Kaufrecht vor der Schuldrechtsmodernisierung mit ganz ähnlicher Formulierung für den Viehkauf in § 484 BGB a.F. Allerdings handelte es sich dabei unter Zugrundelegung der hier verwendeten Definition der gesetzlichen Vermutung nicht um eine solche, sondern um eine bloße Beweislastregelung. Vermutungsbasis war damals das Zeigen eines Hauptmangels innerhalb der Gewährfrist. Dieser Umstand war jedoch nicht tatbestandsfremd, sondern vielmehr gemäß § 482 Abs. 1 BGB a.F. selbst Tatbestandsmerkmal.195 4. Grad der Abstraktion/Bestimmtheit Der Grad der Abstraktion ist bei den §§ 474 ff. BGB schon von vornherein niedriger als etwa beim allgemeinen Kaufrecht, da sie auf eine konkretere Situation zugeschnitten sind, nämlich auf den Verbrauchsgüterkauf. Dies gilt umso mehr, als nun mit § 474 Abs. 1 S. 2 BGB zur Umsetzung von Art. 2 Nr. 5 Hs. 2 VRRL eine Ergänzung des Begriffs des Verbrauchsgüterkaufs um einen konkreten Fall erfolgte.196 Außerdem beinhaltet auch die Ausnahme von der Anwendbarkeit der §§ 474 ff. BGB in § 474 Abs. 2 S. 2 BGB einen recht konkret umschriebenen Fall. Die Formulierung ähnelt hier der Vorgabe in Art. 1 Abs. 3 VGKRL. Generell werden im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf weitgehend Normen des allgemeinen Kauf-
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So auch Palandt-Weidenkaff, § 476 Rn. 8a und Staudinger-Matusche-Beckmann, § 476 Rn. 2, wobei aber unklar ist, ob der Begriff i.S.d. hier zugrunde gelegten Abgrenzung von einer einfachen Beweislastregelung verwendet wird; bei MüKoBGB-Lorenz, § 476 Rn. 1 deutet die Bezeichnung „(qualifizierte) Beweislastregelung“ dagegen auf ein solches Verständnis hin; unklar ist, weshalb Böhle, Rückgriff, S. 35 f. von einer „Beweisfiktion“ spricht. 193 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 194 So auch NK-Büdenbender, § 476 Rn. 13; MüKoBGB-Lorenz, § 476 Rn. 14 f.; PalandtWeidenkaff, § 476 Rn. 9; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 476 Rn. 34. 195 So Musielak, S. 75; Rosenberg, S. 207. 196 Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 69.
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rechts für bestimmte Fälle modifiziert oder ergänzt.197 Auch insofern werden also keine allgemeinen Grundsätze aufgestellt, sondern tendenziell eher einzelfallbezogene Regelungen getroffen. Das heißt aber nicht, dass die Normen zum Verbrauchsgüterkauf hochgradig kasuistisch ausgestaltet sind. So wird eine gewisse Abstraktion durch die Vielzahl von Verweisungen erreicht. Im Übrigen zeigen sich bei der Einzelbetrachtung der Paragraphen sowohl abstrahierende als auch konkretisierende Elemente. Äußerst allgemein ausgestaltet ist beispielsweise das Umgehungsverbot des § 475 Abs. 1 S. 2 BGB, indem schlicht „anderweitige Gestaltungen“ genannt werden, ohne diese näher zu beschreiben. Gleiches gilt für § 478 Abs. 4 S. 1 BGB, soweit lediglich ein „gleichwertiger Ausgleich“ gefordert wird, der ebenfalls nicht näher umschrieben wird. Der Gesetzgeber wollte hier gerade keine detaillierten Vorgaben machen, „um der Vielgestaltigkeit der Vertragsbeziehungen Rechnung zu tragen“.198 Dabei handelt es sich bei dem Erfordernis eines gleichwertigen Ausgleichs um eine neue Begrifflichkeit.199 Sofern an anderer Stelle im BGB ein Ausgleich für von den gesetzlichen Regeln abweichende Vereinbarungen angeordnet wird, bedarf es eines angemessenen Ausgleichs.200 Auch bei der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist die Angemessenheit maßgebliches Kriterium. Daher ist weitgehend unklar, was unter dem Begriff des gleichwertigen Ausgleichs zu fassen ist.201 Er bedarf der Auslegung und Konkretisierung durch die Rechtsprechung, wobei, wie schon der Wortlaut gleichwertig zeigt, eine Wertung vorzunehmen ist. Es liegt also zudem ein unbestimmter Rechtsbegriff vor.202 Beide Formulierungen finden kein Vorbild in den europarechtlichen Vorgaben. Das Umgehungsverbot ist zwar in Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 VGKRL angedeutet, wird dort aber dahingehend umschrieben, dass die Verbraucherrechte auch nicht „mittelbar“ beschränkt werden dürfen. Das Erfordernis des gleichwertigen Ausgleichs bei für den Unternehmer nachteiligen Vereinbarungen im Unternehmerregress ist eine völlig eigene Schöpfung des nationalen Gesetzgebers. Art. 4 VGKRL und auch die übrigen Vorschriften enthalten keinerlei Vorgaben zu einer solchen eingeschränkten einseitig zwingenden Wirkung im Unternehmerregress.203 Demgegenüber sind die Ausnahmetatbestände der Beweislastumkehr des § 476 BGB mit „Art der Sache oder des Mangels“ entsprechend der Vorgabe in Art. 5 Abs. 3 VGKRL sehr allgemein gehalten.204 Auch § 477 Abs. 1 S. 1 BGB umschreibt 197
Vgl. z. B. §§ 474 Abs. 4, 478 Abs. 1 und 474 Abs. 2 S. 1 BGB. BT-Drs. 14/6040, S. 249 zu § 478 Abs. 5 BGB-E. 199 Schumacher, S. 211. 200 So in den §§ 552 Abs. 2, 591a S. 3 BGB. 201 MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 43; ausführlich auch Schumacher, S. 211 f. 202 So auch Schumacher, S. 219. 203 Vgl. dazu auch noch später D. V. 6. c) aa) (3). 204 Kritisch insoweit zu Art. 5 Abs. 3 VGKRL, Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 857; zu § 476 BGB Kelwing, S. 104. 198
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
die Anforderungen an die Abfassung der Garantieerklärung mit „einfach und verständlich“ recht allgemein. Das genaue Verständnis der Begriffe ist auf den ersten Blick nicht ganz klar, so dass auch hier gegebenenfalls von unbestimmten Rechtsbegriffen ausgegangen werden kann. Die Grenzen sind jedoch, wie gesagt, fließend.205 Der Begriff der Einfachheit ist zudem als überflüssig anzusehen, da der Begriff der Verständlichkeit angesichts seiner Offenheit ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden kann, dass er diesen mitumfasst.206 Eine entsprechende Formulierung findet sich allerdings in Art. 6 Abs. 2 Spiegelstrich 2 VGKRL. Kasuistische Tendenzen zeigen sich hingegen deutlich bei § 477 Abs. 1 S. 2 BGB, indem die erforderlichen Elemente einer Garantieerklärung aufgezählt werden. Zwar werden unter Nr. 2 Alt. 2 die nötigen Angaben allgemein als die „wesentlichen Angaben“ umschrieben. Auch hier kann von einem unbestimmten Rechtsbegriff gesprochen werden. Es folgt jedoch eine Konkretisierung in zweifacher Hinsicht. Zum einen werden die wesentlichen Angaben durch den folgenden Relativsatz näher beschrieben, zum anderen folgt mit dem insbesondere-Nachschub eine, wenn auch nicht abschließende, Aufzählung ganz konkreter Punkte, die das Abstraktionsniveau absenkt.207 Der Gesetzeswortlaut orientiert sich hier am Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 VGKRL. Der Begriff der wesentlichen Angaben sowie gerade auch die Konkretisierungen über den Relativsatz und den insbesondere-Nachschub werden übernommen. Ferner ist § 474 Abs. 4 BGB in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Hier werden zunächst der Spediteur und der Frachtführer beispielhaft als Beförderungspersonen aufgeführt, um dann den Auffangtatbestand „sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt“ folgen zu lassen. Da dieser Auffangtatbestand zwar allgemein, aber doch sehr bestimmt ist, ist die vorangehende Aufzählung funktionslos und wäre im Sinne des Gebots der Kürze208 besser weggelassen worden. Allerdings orientiert sich der Wortlaut des § 474 Abs. 4 BGB an § 447 BGB, der bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung existierte, so dass insoweit keine spezifisch europarechtliche Veranlassung anzunehmen ist. Generelle Bestimmtheitsprobleme zeigen sich weiterhin bei der Ausgestaltung des Unternehmerregresses insgesamt. So werden in der Literatur zahlreiche Auslegungsfragen zu den §§ 478, 479 BGB erörtert.209 Dies legt den Schluss nahe, dass sich der Gesetzgeber hier zum Teil auch zu unpräzise ausgedrückt hat. Beispielsweise ist die Diskussion um die Frage, ob § 478 Abs. 1 BGB auch eingreift, wenn der Unternehmer die Nichtnacherfüllung zu vertreten hat, auch darin begründet, dass der Wortlaut der Norm „Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste 205
Vgl. oben B. III. So MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 5; a.A. Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477 Rn. 11, die die Einfachheit dann aber mit dem Erfordernis einer „klaren, gut verständlichen Sprache“ umschreibt. 207 Vgl. zu dieser Technik C., Fn. 124. 208 Vgl. dazu oben D., Fn. 149. 209 Vgl. dazu nur die zum Unternehmerregress vorgelegten Dissertationen, z. B. Bartelt; Böhle, Rückgriff; Höpker; Klose; Loose; Schumacher. 206
V. Analyse der Gesetzeslage
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oder … gemindert hat“ insoweit nicht eindeutig ist.210 Auch die Gesetzesbegründung rekurriert nur auf diesen Gesetzeswortlaut und weist darauf hin, dass mithin ein Anspruch des Verbrauchers bestanden haben muss. Lediglich als Beispiel dafür, was demnach vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen ist, wird die „Kulanz zum Beispiel im Rahmen eines in der Praxis üblichen ,Umtauschs‘“ genannt.211 Weitere Einschränkungen werden nicht explizit angeführt, sind angesichts der beispielhaften Nennung der Kulanz meiner Ansicht nach aber auch nicht ausgeschlossen.212 Dass die Formulierung „zurücknehmen musste“213 ferner nicht gelungen ist, als es demnach auf eine Pflicht zur Rücknahme anzukommen scheint, wurde bereits erläutert.214 Weitere Beispiele aus den umfassenden dogmatischen Diskussionen sind etwa die Frage, ob die Rechtsfolge des § 478 Abs. 1 BGB auf das Regressinteresse des Rückgriffsgläubigers teleologisch zu reduzieren ist,215 und die Auslegung des § 479 Abs. 2 BGB in Hinblick auf die dort geregelte „Ablaufhemmung“.216 Unsauber ist schließlich die Formulierung des § 478 Abs. 2 BGB „beim Verkauf“. Der Aufwendungsersatzanspruch ist nicht etwa zeitlich an den Verkauf geknüpft, maßgeblich ist vielmehr, dass der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher nacherfüllungspflichtig geworden ist und dem nachgekommen ist.217 Dies ergibt sich aber aus dem weiteren Wortlaut der Norm „zu tragen hatte“.218 Diese Probleme liegen im Verantwortungsbereich des nationalen Gesetzgebers. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthält zu diesem Bereich mit Art. 4 VGKRL, wie gezeigt, nur sehr vage Vorgaben und überlässt die genaue Ausgestaltung des Rückgriffs den Mitgliedstaaten.219
210 Vgl. dazu z. B. Böhle, Rückgriff, S. 93 ff.; Schumacher, S. 126 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684; NK-Büdenbender, § 478 Rn. 19; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 18; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 19. 211 BT-Drs. 14/6040, S. 248. 212 Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684 scheinen dagegen in der Gesetzesbegründung ein Indiz dafür zu sehen, dass keine solche Einschränkung vorzunehmen ist. 213 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 214 Vgl. oben D. V. 3. b) aa). 215 Vgl. dazu z. B. Böhle, WM 2004, 1616, 1618 ff.; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, § 2 Rn. 577 f.; Schumacher, S. 147 ff.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 683 f.; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 22. 216 Vgl. dazu noch später D. V. 6. d) gg). 217 Palandt-Weidenkaff, § 478 Rn. 12. 218 Höpker, S. 138. 219 Vgl. dazu schon oben D. V. 3. b) aa).
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
5. Systematik des Abschnitts zum Verbrauchsgüterkaufrecht a) Äußere Systematik aa) Aufbau Der Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf besteht aus sechs Paragraphen, die fortlaufend nummeriert sind, ohne dass Buchstabenzusätze erforderlich wurden. Sie bilden einen mit „Verbrauchsgüterkauf“ überschriebenen Untertitel, der nicht weiter untergliedert ist. Die meisten der Paragraphen sind ziemlich lang. Dies gilt insbesondere für § 474 BGB, der in seiner Fassung seit Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie aus fünf sich jeweils über mehrere Zeilen erstreckenden Absätzen besteht, und § 478 BGB mit sogar sechs zum Teil ebenfalls äußerst langen Absätzen. Auch die §§ 475, 477 und 479 BGB bestehen immerhin aus drei zum Teil gleichfalls längeren Absätzen. Lediglich § 476 BGB beschränkt sich auf nur einen Absatz. bb) Strukturierung (1) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 474 bis 477 BGB § 474 BGB ist seit Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie überschrieben mit „Begriff des Verbrauchsgüterkaufs; anwendbare Vorschriften“. Schon der Semikolon in der Überschrift macht deutlich, dass die Norm zwei verschiedene Regelungsgehalte in sich vereint. Lediglich Absatz 1 beinhaltet die angesprochene Begriffsbestimmung, die anderen Absätze die anwendbaren Vorschriften. Angesichts des nunmehr stattlichen Umfangs des Paragraphen von fünf Absätzen, wäre es übersichtlicher, diese beiden Gegenstände in zwei gesonderten Normen zu regeln.220 Wenig strukturiert erscheinen bei genauer Betrachtung außerdem die Absätze 4 und 5 des § 474 BGB. Absatz 5 Satz 1 enthält ebenso wie Absatz 4 eine Modifikation einer Norm des allgemeinen Kaufrechts, darüber hinaus jedoch den Ausschluss der Anwendung zweier Normen des allgemeinen Kaufrechts. Hier wäre es folgerichtig, entweder sämtliche Modifikationen des allgemeinen Kaufrechts inklusive der Anwendungsausschlüsse in einem Absatz oder jeweils in einem gesonderten Absatz zu regeln oder aber die Modifikationen in einem und die Anwendungsausschlüsse in einem weiteren Absatz. Auch könnten die Abänderungen mangels anderer logisch zwingender Kriterien in der Reihenfolge der zu ändernden Vorschriften angeordnet werden. Der aktuellen Fassung kann außerdem der Vorwurf gemacht werden, dass der Anwendungsausschluss betreffend § 447 Abs. 2 BGB in § 474 Abs. 5 S. 2 BGB eher im Zusammenhang mit § 474 Abs. 4 BGB als mit § 474 Abs. 5 S. 1 BGB steht. 220 Schon Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 338 bezeichneten die Platzierung des Anwendungsausschlusses zum Versendungskauf im Regierungsentwurf zur ursprünglichen Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in § 474 BGB als deplatziert. Freilich war die Norm damals noch ausschließlich mit „Begriff des Verbrauchsgüterkaufs“ überschrieben und enthielt auch keine Modifizierungen sonstiger Normen.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Ersterer nimmt nämlich gerade Modifikationen an § 447 Abs. 1 BGB vor, letzterer dagegen an § 439 Abs. 4 BGB. Bei der Festlegung des generellen Anwendungsbereichs des Verbrauchsgüterkaufrechts in § 474 Abs. 2 BGB bedient sich der Gesetzgeber der Regel-AusnahmeTechnik. Der in Satz 1 aufgestellte Rechtssatz zum Anwendungsbereich wird in Satz 2 durch eine Bereichsausnahme eingeschränkt.221 Außerdem ist § 474 Abs. 3 S. 3 BGB als überflüssig einzustufen. Hier wird, ohne entsprechendes Vorbild in der Richtlinienvorgabe des Art. 18 Abs. 1 VRRL, klargestellt, dass es hinsichtlich der Erfüllbarkeit bei der allgemeinen Regel des § 271 Abs. 1 BGB bleibt, indem diese wiederholt wird. Dies beugt Missverständnissen vor, ist aber unnötig, da § 474 Abs. 3 S. 1 und 2 BGB ganz klar nur eine Abweichung bezüglich der Fälligkeit enthalten. Der übrige Regelungsgehalt des § 271 Abs. 1 BGB, wie auch § 271 Abs. 2 BGB bleiben ohnehin anwendbar.222 Eine eigenständige Bedeutung des § 474 Abs. 3 S. 3 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Regelung auf diese Weise von der einseitig zwingenden Wirkung gemäß § 475 Abs. 1 S. 1 BGB erfasst wäre. § 474 Abs. 3 S. 1, S. 2 BGB sind nämlich abweichend davon nach ihrem Wortlaut entsprechend der Richtlinienvorgabe des Art. 18 Abs. 1 VRRL dispositiv. Dies gilt angesichts der Gesetzessystematik auch für die Regelung zur Erfüllbarkeit.223 Auch die Regelung des § 474 Abs. 4 BGB ist im Vergleich zu der Vorgängerreglung des § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F., wonach die Anwendbarkeit des § 447 BGB für den Verbrauchsgüterkauf insgesamt ausgeschlossen war, überflüssig. Die Vorschrift ist deutlich komplizierter und länger als die Altregelung, führt dabei aber materiellrechtlich zu keinem anderen Ergebnis. Wenn nämlich der Käufer den Transporteur i.S.d. § 474 Abs. 4 BGB beauftragt, dann fehlt es für § 447 Abs. 1 BGB schon an dem Versenden des Verkäufers auf Verlangen des Käufers und es liegt keine Schickschuld vor, so dass § 447 Abs. 1 BGB nicht eingreift und die Verweisung leerläuft.224 Außerdem geht in einer solchen Konstellation die Gefahr bereits nach § 446 S. 1 BGB in dem Moment auf den Käufer über, in dem die Sache an den Transporteur übergeben wird, da dieser Besitzmittler oder Besitzdiener des Käufers ist.225 Die Änderung erklärt sich aus dem Bestreben des Gesetzgebers Art. 20 S. 2 VRRL umzusetzen.226 § 475 BGB betrifft, wie die Überschrift treffend wiedergibt, die Dispositionsfreiheit der Parteien des Verbrauchsgüterkaufs. Dabei wird der durch Absatz 1 Satz 1 angeordnete einseitig zwingende Charakter bestimmter Normen des allgemeinen 221
Zur Regel-Ausnahme-Technik vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 259; Leipold, S. 55. So BT-Drs. 17/12637 S. 69 für § 271 Abs. 2 BGB, hinsichtlich der Erfüllbarkeit geht die Gesetzesbegründung hingegen scheinbar von der Notwendigkeit einer § 271 Abs. 1 Hs. 2 BGB entsprechenden Regelung aus. 223 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 40 f. 224 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 47; Schermaul, JuS 2014, 781, 782 f.; etwas vorsichtiger Erman-Grunewald, § 474 Rn. 12 („regelmäßig“). 225 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 47; Schermaul, JuS 2014, 781, 782 f. 226 Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 70; zu insoweit überdies bestehenden Umsetzungsdefiziten vgl. BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 48. 222
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Kaufrechts und der §§ 474 ff. BGB durch ein explizites Umgehungsverbot in Satz 2 abgesichert. Diese Regelung ist allerdings rein deklaratorisch und dogmatisch daher ebenfalls überflüssig, da sich ein solches Umgehungsverbot bereits aus den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unter Berücksichtigung des Zwecks der Normen ergibt.227 Auch unter dem Aspekt der Rechtssicherheit und Transparenz lässt sich dem Umgehungsverbot wenig abgewinnen.228 Es ist derart allgemein gefasst, dass es zu der Frage, wann eine Umgehung anzunehmen ist, nichts beiträgt. Erklären lässt sich die ausdrückliche Normierung mit der Absicht des Gesetzgebers, Lücken im Schutzkonzept zu vermeiden, wozu es dieser, wie gesagt, aber nicht bedurfte.229 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber auf diese Weise nicht Gefahr läuft, dass ihm der Vorwurf der nicht ausreichenden Umsetzung des Verbots auch der mittelbaren Außerkraftsetzung oder Einschränkung der Verbraucherrechte gemäß Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 VGKRL gemacht wird. Das allgemeine Umgehungsverbot könnte nämlich entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zur Umsetzung des Transparenzgebots im AGB-Recht als nicht hinreichend klar und bestimmt eingeordnet werden.230 Insoweit ist die explizite Normierung durchaus als europarechtlich bedingt einzustufen. Mittlerweile findet sich ein solches explizites Umgehungsverbot an mehreren Stellen im BGB.231 Dabei handelt es sich bei dieser Entwicklung aber nicht um ein allein bei der Umsetzung europäischer Vorgaben auftretendes Phänomen. Bereits das ursprüngliche AGB-Gesetz normierte in § 7 AGBG ein solches Umgehungsverbot. Die Regelung des § 475 Abs. 1 BGB wird in Absatz 2 durch eine spezielle Vorschrift zu Vereinbarungen über Verjährungserleichterungen ergänzt. Damit wird von der allgemeinen Regelung zu Vereinbarungen über die Verjährung in § 202 BGB abgewichen. Da § 475 Abs. 3 BGB eine Ausnahme von den Absätzen 1 und 2 regelt, zeigt sich auch hier wiederum die Regel-AusnahmeTechnik. Bei der Beweislastregelung des § 476 BGB wird ebenfalls von der Regel-Ausnahme-Technik Gebrauch gemacht, indem zunächst die grundsätzliche Vermutung des Vorliegens des Sachmangels bei Gefahrübergang formuliert wird und am Ende des Satzes zwei alternative Ausnahmen hiervon geregelt werden.232 Die Vorschrift des § 477 BGB enthält schließlich besondere Bestimmungen für eine Garantieerklärung. 227 Medicus, BGB AT, Rn. 660 f.; Müller, NJW 2003, 1975; Schürnbrand, JZ 2009, 133, 134 f.; Schumacher, S. 207 f. zur Parallelregelung in § 478 Abs. 4 S. 3 BGB; im Ergebnis ebenso NK-Büdenbender, § 475 Rn. 19, § 478 Rn. 63 zu § 478 Abs. 4 S. 3 BGB. 228 Anders Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 418. 229 Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 417 f. 230 Vgl. dazu oben C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. Müller, NJW 2003, 1975 sieht hingegen keine europarechtliche Veranlassung zur expliziten Regelung. 231 Vgl. §§ 241a Abs. 3 S. 2, 306a, 312k Abs. 1 S. 2, 361 Abs. 2 S. 2, 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3, 487 S. 2, 511 S. 2, 655e Abs. 1 S. 2 BGB. 232 Vgl. dazu schon oben D. V. 3. c).
V. Analyse der Gesetzeslage
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Vor der Schuldrechtsmodernisierung war das deutsche Kaufrecht durch die grundsätzliche Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien gekennzeichnet.233 Eine so weitgehende Anordnung zwingender Wirkung für einen bestimmten Teilbereich, wie nunmehr durch § 475 BGB für den Verbrauchsgüterkauf, existierte nicht. Eine Grenze war im Kaufrecht selbst lediglich für die Vereinbarung von Haftungsausschlüssen bei Arglist des Verkäufers gemäß §§ 443, 476 BGB a.F. normiert.234 Diese findet sich auch heute im allgemeinen Kaufrecht in § 444 BGB wieder. Im Übrigen erfolgte eine Kontrolle von Parteivereinbarungen über das AGB-Recht235 oder im Einzelfall konnte an § 138 BGB als Missbrauchsgrenze gedacht werden.236 Das AGB-Recht war dabei ebenfalls von Gesetzes wegen von einer umfassenderen Kontrolle im Rechtsverkehr gegenüber Verbrauchern gekennzeichnet, wie sie nun auch das Verbrauchsgüterkaufrecht im Vergleich zum allgemeinen Kaufrecht anordnet. Dies ergab sich aus § 24a AGBG, der allerdings seinerseits europarechtlich veranlasst war.237 Aber auch bereits § 24 AGBG lockerte die Maßstäbe gegenüber Unternehmern. Danach waren insbesondere die Klauselverbote der §§ 10, 11 AGBG nicht anwendbar, also vor allem auch nicht § 11 Nr. 10, Nr. 11 AGBG.238 Auch eine derart allgemeine Beweislastregelung, wie sie sich in § 476 BGB für den Verbrauchsgüterkauf findet, kannte das deutsche Kaufrecht nicht. Lediglich für den Bereich des Viehkaufs fand sich in § 484 BGB a.F. eine ganz ähnliche Regelung, die aber nur diesen Spezialbereich umfasste.239 Angesichts des vom Verbrauchsgüterkauf völlig verschiedenen Anwendungsbereichs kann die Norm nicht als Vorgängerregelung des § 476 BGB angesehen werden. Die Beweislast richtete sich im Übrigen nach § 363 BGB, wonach der Käufer ab Annahme der Sache die Voraussetzungen seiner Gewährleistungsrechte beweisen muss, mithin auch das Tatbestandsmerkmal der Gewährleistungsrechte, dass der Fehler bzw. das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft bereits bei Gefahrübergang vorlag.240 § 363 BGB gilt heute noch im Bereich des allgemeinen Kaufrechts.241 233
BT-Drs. 14/6040, S. 80; Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/ Willingmann, S. 293, 338. 234 Vgl. auch Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 338. 235 BT-Drs. 14/6040, S. 80; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXIX; ausführlich dazu Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 338 f. 236 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXIX; allgemein zu § 138 BGB als Grenze der Privatautonomie BGHZ 80, 153, 156; BGHZ 110, 156, 174; BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 138 Rn. 2; Rüthers/Stadler, § 26 Rn. 26. 237 Vgl. dazu oben C. II. 238 Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 339 weisen auf die Relativierung dieser Konzeption durch die Rechtsprechung hin. 239 BT-Drs. 14/6040, S. 81; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 560 mit Fn. 101; StaudingerMatusche-Beckmann, § 476 Rn. 5. 240 MüKoBGB-Westermann, 3. A., § 459 Rn. 99; Soergel-Huber, 12. A., § 459 Rn. 91 f., 189.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Neu ist ferner eine konkret auf Garantien im Kaufrecht bezogene Regelung, die u. a. Transparenz- und Informationsanforderungen aufstellt. Sofern es sich um eine formularvertragliche Garantievereinbarung handelte, konnte allenfalls an das Transparenzgebot aus dem AGB-Recht gedacht werden und eventuell damit einhergehende Hinweispflichten.242 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 478, 479 BGB Die §§ 478, 479 BGB schließlich betreffen den Unternehmerregress. Geregelt wird zunächst der Rückgriff des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten. Gemäß §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB erfolgt aber auch die weitere Rückabwicklung entlang der Lieferkette entsprechend. Vor der Schuldrechtsmodernisierung fand sich keine ausdrückliche Ausgestaltung des Unternehmerregresses im Gesetz. Vielmehr standen den einzelnen Gliedern der Lieferkette gegen ihre jeweiligen Verkäufer die allgemeinen Gewährleistungsrechte zu, wie jedem anderen Käufer auch. Dabei konnten sich im Zuge des Regresses verschiedene Probleme ergeben, die als Regressfallen oder Regresslücken bezeichnet werden. Insbesondere konnte dem Rückgriff die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB a.F. entgegenstehen, die im jeweils maßgeblichen Rückgriffsrechtsverhältnis oftmals bereits abgelaufen war, die handelsrechtliche Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB erwies sich oftmals als problematisch und eine Regressfalle konnte aufgrund unterschiedlicher vereinbarter Haftungsbeschränkungen in den Rechtsverhältnissen entlang der Lieferkette entstehen.243 Außerdem wurde im Zusammenhang mit der Haftungsthematik in einer Lieferkette insbesondere eine direkte Haftung des Herstellers gegenüber dem Endabnehmer diskutiert. In der Literatur fanden sich verschiedene Ansätze, um insoweit eine vertragliche Haftung zu konstruieren.244 Der BGH setzte sich weitgehend mit diesen Theorien auseinander, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Lösung letztlich im Deliktsrecht zu suchen sei und entwickelte die Grundsätze der Produzentenhaftung.245 Hinzu kam auf europarechtliche Veranlassung hin die deliktische Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG.246 Beides ist bereits vom Regelungsgehalt her nicht mit den §§ 478, 479 BGB vergleichbar. Der Gesetzgeber hat sich nunmehr eben nicht für eine Direkthaftung des Herstellers entschieden, sondern er hat den Regress entlang der Lieferkette in den jeweiligen Vertragsverhältnissen näher ausgestaltet. Damit handelt es 241 BT-Drs. 14/6040, S. 217; BGH NJW 2006, 434, 435 f.; Palandt-Weidenkaff, § 434 Rn. 59. 242 So BGHZ 104, 82, 92 ff.; vgl. Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/ Tonner/Willingmann, S. 293, 343 f. 243 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727 f.; ausführlich Schumacher, S. 47 ff. m.w.N. 244 Vgl. dazu ausführlich Schumacher, S. 29 ff. m.w.N. 245 BGHZ 51, 91, 93 ff.; Schumacher, S. 38 ff. 246 Vgl. die Richtlinie 85/374/EWG, s. D., Fn. 6; vgl. dazu Schumacher, S. 43 ff.
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sich auch nicht um eine deliktische, sondern um eine vertragliche Haftung. Zudem sind die Rechtsfolgen der Produzentenhaftung und der Produkthaftung äußerst begrenzt. Sie beinhalten in der Regel nur den Ersatz für Schäden an anderen Rechtsgütern als der gekauften Sache. Etwas anderes gilt allenfalls über die Rechtsprechung zu den weiterfressenden Mängeln.247 Deshalb war auch ein Regress des Verkäufers gegen den Hersteller im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs248 allenfalls in Einzelfällen denkbar. In der Regel wird es an einem Anspruch des Verbrauchers gegen den Hersteller gefehlt haben, der in echter Anspruchskonkurrenz zur vertraglichen Haftung des Letztverkäufers stand.249 Neben den sehr eingeschränkten Möglichkeiten des Deliktsrechts wäre noch an das Vorliegen von Garantieverträgen zu denken.250 Eine wirkliche Vergleichsgrundlage aus dem BGB vor Erlass der Schuldrechtsmodernisierung existiert für den Unternehmerregress also nicht. § 478 BGB vereint nunmehr ganz unterschiedliche Regelungen zum Unternehmerregress in sich. So enthält der erste Absatz eine Modifizierung der Rechte des Unternehmers aus dem allgemeinen Kaufrecht, indem auf das Erfordernis der Fristsetzung verzichtet wird.251 Inwieweit die Regelung rechtspolitisch sinnvoll und wünschenswert ist,252 ist keine Frage der Gesetzgebungstechnik, sondern eine im Vorfeld anzustellende Überlegung und soll hier daher nicht diskutiert werden. Sie wird aber zum Teil auch aus mit der Gesetzgebungstechnik zusammenhängenden Überlegungen als überflüssig angesehen.253 Dem ist zuzustimmen. Beabsichtigt ist, dass der Unternehmer den Kaufgegenstand „möglichst problemlos an seinen Lieferanten ,durchreichen‘“ kann.254 Als Begründung wird der Wegfall des Interesses des Unternehmers am Erhalt einer mangelfreien Sache angeführt. Diese könne er nicht an den Verbraucher weiterreichen, er müsse vielmehr einen erneuten Abnehmer finden.255 Eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung hätte in diesem Fall aber im Wege der Auslegung entweder über § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB bzw. § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB oder über den Auffangtatbestand der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung nach § 440 S. 1 Var. 3 BGB erreicht werden können.256 So ist der Ausnahmetatbestand des § 323 Abs. 2 247
BGHZ 67, 359, 362; BGHZ 86, 256; Schumacher, S. 42 f., 45. Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 221; Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 863. 249 Kelwing, S. 201. 250 Vgl. Brüggemeier, JZ 2000, 529, 533. 251 § 478 Abs. 1 BGB enthält also keine eigenständige Anspruchsgrundlage, vgl. statt vieler nur BT-Drs. 14/6040, S. 247; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 4. 252 Kritisch insoweit Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 f.; Jud, ZfRV 2001, 201, 210 f. 253 Westermann, JZ 2001, 530, 540; Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/ Tonner/Willingmann, S. 293, 354; Schumacher, S. 122; Büchel, in: GS Walz, S. 33, 40. 254 BT-Drs. 14/6040, S. 247. 255 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXI; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 4; Schumacher, S. 122. 256 Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 354; Schumacher, S. 122; Büchel, in: GS Walz, S. 33, 40. 248
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Nr. 3 BGB bzw. § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB gerade als Auffangtatbestand gedacht, der mit einem entsprechenden Beurteilungsspielraum einhergeht.257 Zwar verlangt die Vorschrift eine Abwägung der beiderseitigen Interessen. Die Gesetzesbegründung nennt jedoch Fälle des Interessenfortfalls des Gläubigers, bei denen die Interessen des anderen Teils nicht berücksichtigt werden müssen.258 Der Fall des Unternehmerregresses hätte insoweit ebenfalls genannt werden können. Bei der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung gemäß § 440 S. 1 BGB ist immerhin entsprechend Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 VGKRL auch zu berücksichtigen, für welchen Zweck der Käufer die Kaufsache benötigte.259 Zudem ist der Begriff als unbestimmter Rechtsbegriff sehr offen und Wertungen zugänglich. Zuzugeben ist der Normierung in § 478 Abs. 1 BGB aber ein zunächst größeres Maß an Rechtssicherheit.260 Diese stellt sich jedoch im Laufe der Zeit durch die Entwicklung in der Rechtsprechung ebenfalls ein. Zudem entspricht die Regelung weniger dem gesetzgebungstechnischen Konzept des BGB, auf kasuistische Detailregelungen zugunsten allgemeiner Grundsätze zu verzichten. Ein weiterer Vorteil des Rückgriffs auf die allgemeinen Regelungen liegt in der Verschlankung des Gesetzes,261 was seinerseits zu mehr Übersichtlichkeit und Verständlichkeit führen kann. Insbesondere kann die ausdrückliche Normierung an dieser Stelle auch nicht mit der Rechtsprechung des EuGH zum Erfordernis einer hinreichend klaren und bestimmten Richtlinienumsetzung262 begründet werden, da Art. 4 VGKRL keine Vorgaben hinsichtlich eines Fristsetzungserfordernisses enthält, sondern den Mitgliedstaaten vielmehr einen sehr weiten Gestaltungsspielraum einräumt. § 478 Abs. 2 BGB stellt demgegenüber eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar. Neu eingeführt wurde damit ein Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmers gegen seinen Lieferanten für die im Verhältnis zum Verbraucher angefallenen Nacherfüllungsaufwendungen. Eine solche spezielle Anspruchsgrundlage existierte vor der Schuldrechtsmodernisierung nicht. Ein Aufwendungsersatzanspruch kam vielmehr nur in Betracht, wenn weitere vertragliche Beziehungen bzw. Vereinbarungen zwischen den Parteien vorlagen. So war an §§ 675, 670, 632 BGB a.F. zu denken, sofern ein Vertragshändlervertrag und damit ein Geschäftsbesorgungsvertrag,263 zwischen den Parteien des Rückgriffsrechtsverhältnisses vorlag.264 Versucht 257
So die Gesetzesbegründung zu § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 186. BT-Drs. 14/6040, S. 186 zu § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. 259 BT-Drs. 14/6040, S. 233 f. 260 Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 8. 261 Schumacher, S. 122. 262 Vgl. dazu näher oben C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. 263 MüKoBGB-Westermann, Vorb. v. §§ 433 ff. Rn. 33; Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn. 177 f.; ausführlich zur Rechtsnatur des Vertragshändlervertrags Ulmer, Vertragshändler, S. 241 ff. 264 Ausführlich von Westphalen, DB 1999, 2553, 2555 f.; zustimmend Roth, in: Ernst/ Zimmermann, S. 225, 253; ablehnend BT-Drs. 14/6040, S. 248 und Jorden, S. 468 f. mit Fn. 77. 258
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wurde außerdem, einen generellen Aufwendungsersatzanspruch unabhängig von einer solchen vertraglichen Beziehung zu konstruieren.265 Letzteres war allerdings kaum begründbar.266 Gleiches sollte zudem gelten, wenn der Hersteller eine Garantie übernommen hatte und der Letztverkäufer vom Endabnehmer in Anspruch genommen wurde. Irrelevant sei dabei in der Regel, ob der Endabnehmer Ansprüche aus der Garantie oder aus der gesetzlichen Gewährleistung geltend gemacht habe, da er als rechtlicher Laie diesbezüglich meist nicht unterscheide und es für ihn im Ergebnis auch keinen Unterschied mache.267 Meist sei das dem zugrundeliegende Vertragsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Unternehmer als Händler dann ohnehin ein Vertragshändlervertrag gewesen.268 Angesprochen wurde in diesem Zusammenhang weiterhin ein Aufwendungsersatz- bzw. Freistellungsanspruch des Händlers gegen den Hersteller gemäß §§ 476a, 256, 257 BGB a.F. in Hinblick auf die Nacherfüllungsaufwendungen aus der Gewährleistungspflicht.269 Voraussetzung hierfür war aber, dass der Händler vom Hersteller zur Durchführung der Nachbesserung beauftragt worden war.270 Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 S. 1, 670 BGB war problematisch, da jeweils die eigene Gewährleistungspflicht gegenüber dem eigenen Käufer erfüllt wurde, mithin schwerlich ein fremdes Geschäft angenommen werden konnte.271 Die Rechtslage war also kompliziert. Eine echte Vergleichsgrundlage für die Regelung des § 478 Abs. 2 BGB aus der Zeit vor der Schuldrechtsmodernisierung existiert nicht. Absatz 3 enthält wiederum eine bloße Modifizierung einer anderen Regelung, diesmal des § 476 BGB aus dem Verbrauchsgüterkaufrecht. Der folgende Absatz regelt die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen. Da die Möglichkeit eines gleichwertigen Ausgleichs eingeräumt wird, handelt es sich um eine eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel. Zwingend ist letztlich lediglich das vom Gesetz anvisierte wirtschaftliche Ergebnis.272 Satz 2 enthält eine Ausnahme von der Unabdingbarkeitsklausel, so dass erneut die Regel-Ausnahme-Technik angewendet wird. Schließlich findet sich in Satz 3 das die Unabdingbarkeitsklausel absichernde Umgehungsverbot. Hier kann wie bei § 475 Abs. 1 S. 2 BGB bezweifelt
265
So von Westphalen, DB 1999, 2553, 2556. Ablehnend daher Roth, in: Ernst/Zimmermann, S. 225, 253 mit Fn. 88; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 728; Kelwing, S. 198 f.; Schultze-Melling, S. 55. 267 von Westphalen, NJW 1980, 2227, 2228 f., 2234; ders., DB 1999, 2553, 2557; zusammenfassend Kelwing, S. 199 f.; Schultze-Melling, S. 56 f. denkt insoweit an eine Geschäftsführung ohne Auftrag, sofern zwischen Händler und Hersteller keine vertragliche Grundlage besteht; ablehnend BT-Drs. 14/6040, S. 248. 268 von Westphalen., DB 1999, 2553, 2557; auch Schultze-Melling, S. 57; von Westphalen, NJW 1980, 2227, 2228 ff. geht hiervon bei seinen weiteren Überlegungen aus. 269 von Westphalen, NJW 1980, 2227, 2233 f. 270 Nickel, NJW 1981, 1490, 1491, Fn. 6; Höpker, S. 4. 271 Loose, S. 77. 272 MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 38; Schumacher, S. 207. 266
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werden, dass die Normierung erforderlich war.273 Die EuGH-Rechtsprechung zur Umsetzung des Transparenzgebots im AGB-Recht, wonach Richtlinienvorgaben hinreichend klar und bestimmt in nationales Recht umzusetzen sind,274 kann hier mangels entsprechender Richtlinienvorgaben nicht als Argument für die explizite Normierung herangezogen werden. Art. 7 Abs. 1 VGKRL gibt nämlich nur vor, dass entsprechende Vereinbarungen für den Verbraucher nicht bindend sein dürfen und Art. 4 VGKRL enthält, wie gezeigt, keine genauen Vorgaben für den Unternehmerregress. Auch im unternehmerischen Rechtsverkehr galten vor der Schuldrechtsreform lediglich die bereits im Zusammenhang mit § 475 BGB angesprochenen Grenzen der Dispositionsfreiheit der Parteien, insbesondere die Inhaltskontrolle über das AGB-Recht.275 Diese erfolgte formal gegenüber Unternehmern gemäß § 24 AGBG in zurückgenommener Form, jedoch gelangte die Rechtsprechung durch Berücksichtigung der Wertungen der Klauselverbote über die Generalklausel des § 9 AGBG im unternehmerischen Rechtsverkehr vielfach zu gleichen Ergebnissen wie bei der Verwendung gegenüber Nicht-Unternehmern.276 Hierdurch wurde die mögliche Regressfalle wegen unterschiedlicher Haftungsbeschränkungen in den Rechtsverhältnissen entlang der Lieferkette bereits nach altem Recht deutlich entschärft, da somit im Wesentlichen in allen Rechtsverhältnissen auch formularvertraglich nur die gleichen Vereinbarungen möglich waren.277 Mit Absatz 5 wird der Anwendungsbereich der vorhergehenden Absätze entlang der Lieferkette erweitert und Absatz 6 enthält den bloß klarstellenden Hinweis auf § 377 HGB.278 Letztlich ist kein Grund ersichtlich, weshalb all diese Regelungen in einem einzigen Paragraphen getroffen werden. § 478 BGB wirkt hierdurch überfrachtet und auch die amtliche Überschrift ist, was den Inhalt der einzelnen Absätze angeht, nicht aussagekräftig. Insoweit wird zu überlegen sein, ob nicht eine differenziertere Strukturierung unter Aufteilung des Regelungsgehalts auf verschiedene Normen vorzugswürdig ist. § 479 BGB schließlich beinhaltet Vorschriften zur Verjährung der Ansprüche im Unternehmerregress.
273
Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (1). Vgl. dazu C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. 275 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (1). 276 BGHZ 93, 29, 62; BGH NJW 1981, 1501, 1502; BGH NJW 1994, 1004, 1005; BGH NJW 1996, 389; Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 339. 277 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 728; Schumacher, S. 50 jeweils m.w.N. 278 Vgl. oben D. V. 3. b) bb). 274
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(3) Unstimmigkeiten in Hinblick auf den Anwendungsbereich des Verbrauchsgüterkaufrechts Gemäß § 474 Abs. 1 BGB ist der Anwendungsbereich der §§ 474 ff. BGB grundsätzlich in personeller Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass ein Unternehmer an einen Verbraucher verkauft. In sachlicher Hinsicht muss es sich um eine bewegliche Sache handeln, egal ob neu oder gebraucht. Gebrauchte Sachen werden gemäß § 474 Abs. 2 S. 2 BGB nur bei einer ganz bestimmten Verkaufssituation aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. In Hinblick auf diesen Anwendungsbereich ergeben sich vereinzelt Unstimmigkeiten. Zum einen sticht § 477 BGB hervor, da die Norm nicht nur die Garantieerklärungen des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher erfasst, sondern auch solche, die Dritte dem Verbraucher geben.279 Betroffen sind dann nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den am Verbrauchsgüterkauf beteiligten Personen.280 Regelungsgegenstand ist mit dem Garantievertrag zudem ein vom Kaufvertrag zu unterscheidendes, eigenständiges Vertragsverhältnis.281 Die Norm dient aber unmittelbar dem Verbraucherschutz282 und ist somit durchaus sinnvoll verortet. Zum anderen fügen sich die §§ 478, 479 BGB in Hinblick auf den Anwendungsbereich nicht harmonisch in den Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf ein. Sie geben ihren unmittelbaren Anwendungsbereich selbst vor.283 Sachlich sind sie auf neu hergestellte Sachen beschränkt. Das gilt auch für die Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 BGB, wenngleich dieses Erfordernis hier, anders als in § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB, nicht ausdrücklich erwähnt wird. Es folgt zum einen aber aus dem Gesetzeszweck. Danach lassen sich die Erleichterungen beim Regress durch die geschlossene Vertriebskette rechtfertigen, die aber bei gebrauchten Sachen in der Regel nicht vorliegen wird. Diese zu § 478 Abs. 1 und 2 BGB angestellte Überlegung trifft auch auf § 478 Abs. 4 BGB zu.284 Auch die systematische Stellung der Regelung im Zusammenhang mit § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB und die mit einem einheitlichen Anwendungsbereich verbundene höhere Transparenz des Unternehmerregresses sprechen für diese Ansicht.285 Schließlich wird der entsprechende Wille des Gesetzgebers anhand der Entwicklung im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens deutlich.286 Die eingeschränkte Unabdingbarkeitsrege279
Vgl. oben D. V. 1. Kelwing, S. 90. 281 Kelwing, S. 90. 282 BT-Drs. 14/6040, S. 246. 283 So zum persönlichen Anwendungsbereich auch MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 18. 284 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 248, 249; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 7; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 102; auch Höpker, S. 226, der sich letztlich aber für eine Anwendung des § 478 Abs. 4 BGB auch auf gebrauchte Sachen im Wege der richtlinienkonformen Auslegung ausspricht. 285 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 7; Höpker, S. 225 f., vgl. aber D., Fn. 284. 286 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 7. 280
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lung des Regierungsentwurfs bezog sich nämlich ohnehin nur auf Vorschriften, die ihrerseits eine neu hergestellte Sache voraussetzten,287 so dass sich eine Aufnahme dieser Einschränkung in die Unabdingbarkeitsklausel erübrigte und später im Zuge der Ausweitung der Regelung wohl schlicht vergessen wurde. Die Anwendung auch auf gebrauchte Sachen wurde dabei jedenfalls nicht angesprochen.288 In persönlicher Hinsicht betreffen die beiden Paragraphen das Rechtsverhältnis zwischen dem Unternehmer des Verbrauchsgüterkaufs und seinem Lieferanten, bzw. über §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB auch die weiteren Rechtsverhältnisse entlang der Lieferkette bis hin zum Hersteller der Sache. Aus der Definition des Lieferanten und dem einschränkenden zweiten Halbsatz der beiden Normen zur Erweiterung des Anwendungsbereichs ergibt sich, dass hierbei auf beiden Seiten jeweils Unternehmer stehen. Dies hebt sie deutlich von den anderen Regelungen ab. Außerdem scheinen die §§ 478 f. BGB damit auf den ersten Blick auch nicht von dem dem Abschnitt zugrunde liegenden Zweck des Verbraucherschutzes gedeckt zu sein.289 Dennoch ist die Stellung der Normen zum Unternehmerregress im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf und nicht etwa im allgemeinen Kaufrecht nicht systemwidrig.290 So wird mittelbar an das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs angeknüpft.291 Außerdem ergibt sich das Bedürfnis des Schutzes der Einzelhändler, was vordergründig Zweck der §§ 478 f. BGB ist, aus dem verbesserten Verbraucherschutz.292 Des Weiteren sollen die Erleichterungen im Rahmen des Regresses indirekt auch dem Verbraucher zu Gute kommen. Dies wird einerseits damit begründet, dass die Bereitschaft der Letztverkäufer zur Mangelgewährleistung gegenüber dem Verbraucher angesichts der eigenen verbesserten Regressmöglichkeiten erhöht sei.293 Außerdem werde hierdurch das Insolvenzrisiko der Letztverkäufer gesenkt, so dass auch die Gefahr verringert wird, dass der Verbraucher seine Gewährleistungsansprüche letztlich nicht durchsetzen kann.294 Damit bliebe außerdem die vielfältige Landschaft an Einzelhandelsgeschäften aufrechterhalten, was ebenfalls im Interesse der Verbraucher liegt.295 287
Vgl. § 478 Abs. 5 BGB-E, BT-Drs. 14/6040, S. 24. Vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 199; insgesamt BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 7. 289 Kelwing, S. 207; insoweit kritisch schon im Vorfeld Schurr, ZfRV 1999, 222, 227. 290 So auch Staudinger-Matusche-Beckmann, Vorb. zu §§ 478 ff. Rn 9; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 1; wohl auch Höpker, S. 62 ff. 291 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXX; von Sachsen Gessaphe, in: FS Sonnenberger, S. 99, 111. 292 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 247; Höpker, S. 63 f. 293 So schon die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien“, ABl. EG Nr. C 66 vom 03. 03. 1997, S. 5, 7; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 1. 294 So Schurr, ZfRV 1999, 222, 227; Jud, ÖJZ 2000, 661, 662; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 725 zur Zielsetzung von Art. 4 VGKRL. 295 Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 862. 288
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Der Unternehmerregress wäre auch nicht etwa im HGB besser aufgehoben. Angesichts des dargelegten Zusammenhangs mit dem Verbrauchsgüterkauf wäre dies unübersichtlich und zudem stimmen schon die Begriffe des Unternehmers und des Kaufmanns nicht überein.296 Trotz dieser prinzipiellen Zuordnung zum Verbrauchsgüterkaufrecht behandeln die §§ 478 f. BGB jedoch eine „eigenständige Problematik“.297 §§ 475, 476 BGB und auch § 477 BGB betreffen unmittelbar die Rechte des Verbrauchers, wohingegen §§ 478, 479 BGB die Rechtsverhältnisse der Unternehmer entlang der Lieferkette regeln. Insoweit hätte es sich angeboten, den Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf zu untergliedern, um dieser Besonderheit Rechnung zu tragen. Ein gänzlich eigener Untertitel im Kaufrecht würde hingegen dem Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkaufrecht nicht gerecht.298 (4) Stellung einzelner Regelungen im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf Betrachtet man den Abschnitt zum Verbrauchsgüterkaufrecht im Ganzen, so zeigt sich außerdem, dass nicht alle Regelungen nachvollziehbar verortet wurden. § 475 BGB ordnet den zwingenden Charakter von Normen des allgemeinen Kaufrechts sowie der „Vorschriften dieses Untertitels“ an. Damit wird sowohl auf vorhergehende Normen als auch auf nachfolgende Normen Bezug genommen, was mit einer gewissen Unübersichtlichkeit einhergeht.299 Außerdem ergänzen die §§ 476 und 477 BGB die Regelungen des allgemeinen Kaufrechts und stehen damit vom Regelungsgehalt her den Vorschriften aus § 474 BGB nahe, die Modifikationen des allgemeinen Kaufrechts beinhalten. Insofern wäre es sinnvoll gewesen, diese auch im Zusammenhang zu regeln und nicht durch eine Unabdingbarkeitsklausel voneinander zu trennen. Die Regelung des § 475 BGB ist also besser nach den §§ 476, 477 BGB, vor den Regelungen zum Unternehmerregress zu platzieren. Auf diese Weise würde auch nur auf vorangehende Normen Bezug genommen. Denn § 475 Abs. 1 S. 1 BGB umfasst mit „Vorschriften dieses Untertitels“ vom Wortlaut her zwar auch die §§ 478, 479 BGB. Aus teleologischen und systematischen Überlegungen folgt jedoch, dass diese tatsächlich von der Verweisung nicht umfasst sind.300 Die beiden Vorschriften bezwecken den Schutz des Verbrauchers nur mittelbar, in erster Linie geht es vielmehr darum, die Rechtsstellung des Unternehmers 296
Kelwing, S. 208. Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXX. 298 Ähnlich Schultze-Melling, S. 62; für einen eigenen Untertitel aber Kelwing, S. 208. 299 Im Rahmen der Diskussion, ob der Ausschluss der Anwendbarkeit des § 447 BGB in § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. unter die Unabdingbarkeitsklausel des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB fiel, wurde von der Ansicht, die dies ablehnte, teilweise der Schluss gezogen, § 475 Abs. 1 S. 1 BGB verweise nur auf die nachfolgenden Vorschriften des Untertitels. Dies ist angesichts der Neuregelung in Hinblick auf § 447 BGB in § 474 Abs. 4 BGB meiner Ansicht nach nicht mehr haltbar. Vgl. dazu ausführlich später D. V. 5. b) aa) (1). 300 NK-Büdenbender, § 475 Rn. 10; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 101; auch BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 475 Rn. 5, allerdings ohne Begründung. 297
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aus dem Verbrauchsgüterkauf gegenüber seinem Lieferanten zu verbessern. Abweichende Vereinbarungen zwischen dem Unternehmer und seinem Lieferanten betreffen den Verbraucher nicht, Nachteile i.S.d. § 475 Abs. 1 S. 1 BGB könnten sich für ihn allenfalls mittelbar ergeben.301 Außerdem findet sich in § 478 Abs. 4 BGB selbst eine Regelung, inwieweit von den §§ 478 Abs. 1 bis Abs. 3, 479 BGB abgewichen werden darf. Insoweit ist von einer abschließenden Spezialregelung auszugehen.302 Um dies zu verdeutlichen, sollten die in Bezug genommenen Paragraphen auch insoweit besser konkret benannt werden. Ein ähnliches Problem wie bei § 475 BGB ergibt sich hinsichtlich der Stellung des § 478 Abs. 4 BGB. Indem die eingeschränkte Unabdingbarkeit sowohl von Regelungen des allgemeinen Kaufrechts sowie von § 478 Abs. 1 bis 3 BGB und § 479 BGB angeordnet wird, wird wiederum auf vorhergehende und nachfolgende Normen Bezug genommen. Ein zwingender Grund für die Positionierung in § 478 BGB ist nicht ersichtlich. Vorzugswürdig wäre es, die Regelungen zur Einschränkung der Disponibilität wie auch bei § 475 BGB in einer gesonderten Norm im Anschluss an die §§ 478, 479 BGB zu treffen. Dadurch würde auch § 478 BGB entlastet. Schließlich erfolgt die Erstreckung der Regelungen des Unternehmerregresses auf die Rechtsverhältnisse entlang der Lieferkette für die §§ 478 Abs. 1 bis 4, 479 Abs. 1 und 2 BGB in den §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB mit dem gleichen Wortlaut. Diese Wiederholung könnte ohne weiteres durch eine gemeinsame Regelung am Ende der Normen zum Unternehmerregress vermieden werden. Eine Einbeziehung auch von § 478 Abs. 6 BGB in die Bezugnahme ist ohnehin sinnvoll, sofern die Regelung nicht gestrichen wird.303 (5) Vorschlag für eine Strukturierung des Abschnitts zum Verbrauchsgüterkauf Unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse zur aktuellen Strukturierung der Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf könnte eine vorzugswürdige Strukturierung folgendermaßen aussehen: Untertitel 3. Verbrauchsgüterkauf und Unternehmerregress beim Verbrauchsgüterkauf Kapitel 1. Verbrauchsgüterkauf § 474 Begriff des Verbrauchsgüterkaufs = § 474 Abs. 1 BGB § 474a Anwendbare Vorschriften Abs. 1 = § 474 Abs. 2 BGB Abs. 2 = § 474 Abs. 3 BGB Abs. 3 = § 474 Abs. 5 S. 1 BGB Abs. 4 = § 474 Abs. 4 BGB Abs. 5 = § 474 Abs. 5 S. 2 BGB 301 302 303
NK-Büdenbender, § 475 Rn. 10; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 478 Rn. 101. NK-Büdenbender, § 475 Rn. 10. Vgl. oben D. V. 3. b) bb).
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§ 475 Beweislastumkehr = § 476 BGB § 476 Sonderbestimmungen für Garantien = § 477 BGB § 477 Abweichende Vereinbarungen = § 475 BGB Kapitel 2. Unternehmerregress beim Verbrauchsgüterkauf § 478 Rückgriff des Unternehmers Abs. 1 – 3 = § 478 Abs. 1 – 3 BGB Abs. 4 = § 478 Abs. 6 BGB § 479 Verjährung Abs. 1 – 2 = § 479 Abs. 1 – 2 BGB § 479a Abweichende Vereinbarungen Abs. 1 = § 478 Abs. 4 S. 1, S. 3 BGB Abs. 2 = § 478 Abs. 4 S. 2 BGB § 479b Anwendbarkeit in der Lieferkette = §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB
Die Änderung der Reihenfolge der Regelungen des jetzigen § 478 Abs. 4 BGB hat den Vorteil, dass die Norm dann parallel zu § 475 BGB ausgestaltet wäre, mit Ausnahme der Regelung zur Verjährungserleichterung. Ein Grund für die anderweitige Reihenfolge bei § 478 BGB ist nicht ersichtlich. Zudem könnten die als überflüssig erachteten Regelungen der §§ 474 Abs. 3 S. 3, Abs. 4, Abs. 6 BGB sowie gegebenenfalls § 478 Abs. 1 BGB gestrichen werden. Bei Streichung des § 474 Abs. 4 BGB wäre dann anstelle von § 474 Abs. 5 S. 2 BGB die Regelung des § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. aufzunehmen. Hinsichtlich der Umgehungsverbote könnte sich eine Streichung des § 475 Abs. 1 S. 2 BGB in Hinblick auf eine ausreichende Richtlinienumsetzung als problematisch erweisen.304 Aufgrund der Parallelität der Regelungen bietet es sich dann zur Vermeidung unrichtiger Umkehrschlüsse an, auch die Regelung des § 478 Abs. 4 S. 3 BGB beizubehalten. b) Innere Systematik aa) Konzeptionelle Stimmigkeit (1) Umsetzung des Verbraucherschutzgedankens, insbesondere die Handhabung des § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf und die Regelung zur Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB Der Zweck des Abschnitts mit den besonderen Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf liegt in der Gewährleistung eines spezifischen Verbraucherschutzes.305 Dieses Ziel wird auch weitgehend konsequent umgesetzt. So wird gerade bei den Rechtsfolgenanordnungen darauf geachtet, dass sich die verbraucherschützenden Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers aus304 305
Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (1). BT-Drs. 14/6040, S. 242.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
wirken. Hierzu enthalten § 475 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB in Abweichung von § 139 BGB partielle Nichtigkeitsregelungen306 dahingehend, dass lediglich die benachteiligenden Vereinbarungen und Verjährungserleichterungen unwirksam sind, nicht jedoch der Kaufvertrag im Übrigen.307 Zum Schutz des Unternehmers und mittelbar des Verbrauchers findet sich eine vergleichbare Regelung in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB. Ebenso bewirkt ein Verstoß gegen die verbraucherschützenden Anforderungen an die Garantieerklärung gemäß § 477 Abs. 3 BGB nicht die Unwirksamkeit der Garantie, um dem Verbraucher seine zusätzlichen Rechte aus der Garantie nicht zu nehmen.308 Auch im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie hat sich der Gesetzgeber bemüht, keine Widersprüche zur Zielsetzung des Verbraucherschutzes entstehen zu lassen. So wurde die Abweichung von § 271 Abs. 1 BGB in § 474 Abs. 3 S. 1 BGB nicht nur, wie zur Umsetzung von Art. 18 Abs. 1 VRRL allein nötig, für die Leistungspflichten des Unternehmers normiert, sondern auch für die des Verbrauchers.309 Angesichts des Grundsatzes „Geld muss man haben“310 werden sich hierdurch allerdings nur sehr selten Änderungen bei der Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs ergeben.311 Eine Schlechterstellung des Verbrauchers gegenüber dem allgemeinen Kaufrecht ergibt sich allerdings in Hinblick auf die Fälligkeit seines Anspruchs auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache. Der maßgebliche Unterschied der Neuregelung im Vergleich zu der allgemeinen Regelung des § 271 Abs. 1 BGB besteht darin, dass die Leistung gemäß § 474 Abs. 3 S. 1 BGB unverzüglich fällig ist, wohingegen § 271 Abs. 1 BGB die sofortige Fälligkeit anordnet. Der Gesetzgeber hat den Begriff „unverzüglich“ aus Art. 18 Abs. 1 VRRL übernommen. Ob dieser europarechtlich ebenso wie im nationalen Recht zu verstehen ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Auch unter Einbeziehung der englischen und französischen Sprachfassung von Art. 18 Abs. 1 VRRL in die Betrachtung, ergibt sich kein zwingender Schluss auf das Begriffsverständnis. „Without undue delay“ bzw. „sans retard injustifié“ kann durchaus auch ein Anknüpfen an objektive Umstände und nicht an ein Verschulden umschreiben.312 Auch damit stünde die An306
Begriff in Anlehnung an AnwK-Büdenbender, § 475 Rn. 10, § 478 Rn. 44 oder NKBüdenbender, § 478 Rn. 62; vgl. auch Schumacher, S. 207. 307 Vgl. dazu BT-Drs. 14/7052, S. 199; NK-Büdenbender, § 475 Rn. 28 f. unter näherer Begründung zu § 475 Abs. 2 BGB; MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 12, 22. 308 BT-Drs. 14/6040, S. 246 f. 309 BT-Drs. 17/12637, S. 69 f.; zustimmend die Stellungnahme des Bundesrates, BTDrs. 17/12637, S. 92. 310 MüKoBGB-Grundmann, § 276 Rn. 180; vgl. nur BGHZ 107, 92, 102; Canaris, JZ 2001, 499, 519. 311 Windorfer, VuR 2014, 216, 220. Der Rückgriff auf diesen nationalen Grundsatz ist hier unproblematisch, da Art. 18 Abs. 1 VRRL den Zahlungsanspruch ohnehin nicht betrifft. Anders ist dies in Hinblick auf das Beschaffungsrisiko bei Gattungsschulden zu beurteilen, vgl. dazu D., Fn. 453. 312 So Kohler, NJW 2014, 2817, 2818; ders., GreifRecht 2014, 85, 90; demgegenüber sehen BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 36 und Windorfer, VuR 2014, 216, 218 die englische
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ordnung einer Höchstfrist von 30 Tagen in Einklang.313 Die bisherige EuGHRechtsprechung zum Begriff „unverzüglich“ – wenn auch in völlig anderem Zusammenhang – deutet jedoch in die Richtung, dass der Begriff wie auch im nationalen deutschen Recht zu verstehen ist. So wird in einem Urteil des EuGH aus dem Jahr 1999 für die Unverzüglichkeit darauf abgestellt, ob die Verzögerung vorwerfbar ist.314 Ein weiteres Urteil aus dem Jahr 2011 umschreibt den Begriff allerdings mit „schnellstmöglich“, was wiederum wenig Aufschluss über ein objektives oder subjektives Verständnis gibt.315 Letztlich besteht hier schon auf europäischer Ebene Klärungsbedarf. Der nationale Gesetzgeber geht allerdings jedenfalls davon aus, dass im Rahmen von § 474 Abs. 3 BGB auf die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB zurückzugreifen ist.316 Unverzüglich bedeutet also „ohne schuldhaftes Zögern“. Demnach wird nunmehr mit dem Verschulden an subjektive Gesichtspunkte angeknüpft, wohingegen der Maßstab „sofort“ rein objektiv zu bestimmen ist.317 Die Regelung soll für mehr Rechtssicherheit des Verbrauchers hinsichtlich des Zeitpunkts der Lieferung sorgen.318 Tatsächlich geht damit aber zunächst eine gewisse Rechtsunsicherheit einher, da der Gläubiger wenig Einblick in die subjektiven Umstände des Schuldners haben wird.319 Diese Unsicherheit wird für den Verbraucher als Gläubiger erst durch die Höchstfrist des § 474 Abs. 3 S. 2 BGB von 30 Tagen begrenzt. Erfasst ist dabei nur die Pflicht zur Übergabe und nicht auch die in § 433 Abs. 1 BGB ebenfalls enthaltene Pflicht zur Übereignung, wie auch Art. 18 Abs. 1 VRRL generell nur die Pflicht zur Übergabe betrifft.320 Ob dies eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers war oder vielmehr ein redaktionelles Versehen in Übernahme der Richtlinienvorgaben,321 bleibt unklar. Ein Mehr an Rechtssicherheit gegenüber der allgemeinen Regelung ist jedenfalls nicht erkennbar, so dass sie unter Verbraucherschutzgesichtspunkten zweifelhaft erscheint.322 Fraglich ist zudem, ob auch die neue Handhabung des § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf in Hinblick auf die Zielsetzung des Verbraucherschutzes gelungen und die französische Fassung als Indiz für eine Übertragbarkeit des nationalen Verständnisses an. 313 Diese führt Windorfer, VuR 2014, 216, 218 dagegen als weiteres Argument für die Übertragbarkeit des nationalen Verständnisses an. 314 EuGH, Urt. v. 18. 11. 1999, Rs. C-151/98 P (Pharos/Kommission), Slg. 1999, I-8157, Rn. 25, 27; Windorfer, VuR 2014, 216, 218. 315 EuGH, Urt. v. 08. 09. 2011, verbundene Rs. C 58/10 bis C-68/10 (Monsanto u. a.), Slg. 2011, I-7763, Rn. 72; Windorfer, VuR 2014, 216, 218. 316 BT-Drs. 17/12637, S. 70. 317 BT-Drs. 17/12637, S. 70; BeckOK-Lorenz (01. 11. 2014), § 271 Rn. 20; MüKoBGBKrüger, § 271 Rn. 32. 318 BT-Drs. 17/12637, S. 69. 319 Windorfer, VuR 2014, 216, 218; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 38; in diese Richtung auch die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/12637, S. 98. 320 Vgl. auch Erwägungsgrund 51 VRRL. 321 So Windorfer, VuR 2014, 216, 219. 322 Im Ergebnis ebenso Kohler, NJW 2014, 2817, 2819.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
ist. Vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie bestimmte § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F., dass § 447 BGB insgesamt bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs nicht anzuwenden sei. Mithin ging in Abweichung von § 447 Abs. 1 BGB die Preisgefahr auch beim Versendungskauf gemäß § 446 S. 1 BGB erst mit Besitzerlangung auf den Verbraucher als Käufer über. Für diese Einschränkung wurden ausweislich der Gesetzesbegründung zwar weitgehend grundsätzliche Bedenken gegen die Gefahrtragungsregelung beim Versendungskauf angeführt, zusätzliche im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutzgedanken stehende Aspekte waren letztlich aber ausschlaggebend. So entspreche es der Verkehrsauffassung beider Vertragsparteien, dass der Verkäufer die Transportgefahr zu tragen habe, wenn der Käufer ein Verbraucher sei. Außerdem stünde auf der Verkäuferseite meist ohnehin der Versandhandel, so dass dem Verbraucher keine Alternative zum Versand bliebe.323 Nunmehr ist § 447 Abs. 1 BGB gemäß § 474 Abs. 4 BGB teilweise anwendbar, was die Vermutung nahelegt, dass das Verbraucherschutzniveau abgesenkt wurde. Wie gezeigt, ergibt sich daraus bei genauer Betrachtung aber keine Änderung der Rechtslage.324 Das Verbraucherschutzniveau ist daher gleichgeblieben. Zudem hatte auch der Gesetzgeber bei der Änderung Verbraucherschutzgesichtspunkte berücksichtigt. So weist die Gesetzesbegründung auf die Erwägung hin, dass der Beförderer in den von § 474 Abs. 4 BGB erfassten Fällen der Sphäre des Käufers zuzuordnen sei.325 Zum Teil kritisch gesehen wurde nach der alten Rechtslage allerdings der Ausschluss der Anwendbarkeit des für den Käufer günstigen § 447 Abs. 2 BGB. Eine solche Schlechterstellung des Verbrauchers könne nicht gewollt sein, so dass eine teleologische Reduktion des § 474 Abs. 2 S. 2 BGB gefordert wurde.326 Dem wurde entgegengehalten, dass im Fall des Verbrauchsgüterkaufs kein Bedürfnis für den Schadensersatzanspruch des § 447 Abs. 2 BGB bestehe, da mangels vorverlagerten Übergangs der Preisgefahr auf den Verbraucher gemäß § 447 Abs. 1 BGB kein Schaden beim Verbraucher entstünde.327 Demgegenüber mag die Regelung durchaus auch unabhängig vom Übergang der Preisgefahr aufgrund des gegebenen Übergangs der Leistungsgefahr sinnvoll sein.328 Nichtsdestotrotz ist die Beschränkung ihrer Anwendbarkeit auf die Fälle des vorverlagerten Übergangs der Preisgefahr nachvollziehbar und unter Wertungsgesichtspunkten nicht völlig unhaltbar. Eine Anknüpfung an die Preisgefahr liegt angesichts der Verortung der Regelung in § 447 BGB auch nahe. Demnach war der nach dem Wortlaut des § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. gegebene Ausschluss auch der Regelung des § 447 Abs. 2 BGB beim Verbrauchs323
BT-Drs. 14/6040, S. 243 f. Vgl. dazu oben D. V. 5. a) bb) (1). 325 BT-Drs. 17/12637, S. 70. 326 Jauernig-Berger, § 474 Rn. 9; Soergel-Wertenbruch, § 474 Rn. 100. 327 Lorenz, ZGS 2003, 421, 422; MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 37; Staudinger-MatuscheBeckmann, § 474 Rn. 78 f.; anders Soergel-Wertenbruch, § 474 Rn. 100. 328 Soergel-Wertenbruch, § 474 Rn. 100; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 54. 324
V. Analyse der Gesetzeslage
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güterkauf hinnehmbar.329 Nichts anderes ergibt sich bei Betrachtung der aktuellen Rechtslage, nach der die Anwendbarkeit des § 447 Abs. 2 BGB gemäß § 474 Abs. 5 S. 2 BGB nach wie vor ausgeschlossen ist. An der Bewertung als nicht völlig interessenwidrig ändert auch die Regelung des § 474 Abs. 4 BGB nichts, da die dort angeordnete teilweise Anwendbarkeit des § 447 Abs. 1 BGB nur scheinbar gegeben ist. Angesichts des nun ausdrücklich auf § 447 Abs. 2 BGB beschränkten Ausschlusses der Anwendbarkeit wäre eine teleologische Reduktion überdies schwer zu begründen.330 Von Teilen der Literatur wurde der Schutz des Verbrauchers in Hinblick auf § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf nach der alten Rechtslage dadurch eingeschränkt, dass sie den Ausschluss der Anwendbarkeit des § 447 BGB gemäß § 474 Abs. 2 S. 2 BGB entgegen dem Wortlaut des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB nicht als zwingend ansahen.331 Begründet wurde dies vor allem damit, dass dieser Ausschluss zur Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht erforderlich war,332 aber nur umsetzungsrelevante Vorschriften unabdingbar sein sollten.333 Dem ist zuzugeben, dass auf diese Weise der Grundsatz der Privatautonomie nur in dem unbedingt erforderlichen Maß eingeschränkt würde. Weiterhin wurde in systematischer Hinsicht vorgebracht, dass es widersinnig sei, Abweichungen von § 446 BGB und damit die verschiedensten Vereinbarungen über die Gefahrtragung zuzulassen, nicht aber dem § 447 BGB entsprechende Vereinbarungen.334 Gefolgert wurde hieraus, dass § 475 Abs. 1 S. 1 BGB eben nur die der Unabdingbarkeitsklausel nachfolgenden Vorschriften des Untertitels meine.335 Eine Ausnahme der Handhabung des § 447 BGB von der zwingenden Wirkung des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB lässt sich nach der neuen Rechtslage nur noch schwer begründen. Nunmehr findet sich in § 474 Abs. 4 BGB zur Umsetzung von Art. 20 VRRL eine Regelung, die § 447 Abs. 1 BGB in modifizierter Form für anwendbar erklärt. Insoweit besteht also jetzt eine europarechtliche 329 In diese Richtung auch BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 54 allerdings zu der Neuregelung. 330 Ähnlich BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 54. 331 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXIV; Bamberger/Roth-Faust, § 475 Rn. 5; Lorenz, ZGS 2003, 421, 423; MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 36, § 475 Rn. 5; Gebauer/WiedmannLeible, Kap. 10, Rn. 145; zweifelnd auch Oechsler, LMK 2003, 204, 204 f.; ders., Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. A., Rn. 309; a.A. z. B. BGH NJW 2003, 3341 (obiter dictum); Das neue Schuldrecht-Haas, Kap. 5 Rn. 452; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, § 2 Rn. 545 mit Fn. 1206; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 474 Rn. 77, § 475 Rn. 9; nunmehr auch Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, Rn. 490. 332 Vgl. den Erwägungsgrund 14 der VGKRL. 333 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 244; Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXIV; Lorenz, ZGS 2003, 421, 423; MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 5; Gebauer/Wiedmann-Leible, Kap. 10, Rn. 145; in diese Richtung auch Oechsler, LMK 2003, 204; ders., Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. A., Rn. 309. 334 Bamberger/Roth-Faust, § 475 Rn. 5; Gebauer/Wiedmann-Leible, Kap. 10, Rn. 145. 335 Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXXIV; Lorenz, ZGS 2003, 421, 423; auch Oechsler, LMK 2003, 204 und ders. Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. A., Rn. 309 weist auf das sonst bestehende Problem der systematischen Stellung der Regelungen hin.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Veranlassung und Umsetzungsrelevanz der Norm. Damit ist bereits dem erstgenannten Argument für die einschränkende Auslegung des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB die Grundlage entzogen, die zwingende Wirkung ist im Gegenteil europarechtlich sogar geboten, vgl. Art. 25 VRRL.336 Darüber hinaus soll gemäß der Neuregelung der Gefahrübergang auf den Verbraucher „nur dann“ erfolgen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen. Dieser Wortlaut lässt darauf schließen, dass abweichende Vereinbarungen nicht möglich sein sollen. Zudem wird in § 474 Abs. 3 BGB die dort bestehende Dispositionsmöglichkeit ausdrücklich angesprochen, was in § 474 Abs. 4 BGB nicht der Fall ist. Schließlich hat der Gesetzgeber trotz der Diskussion in der Literatur keine Änderungen am Wortlaut des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB vorgenommen. Alles in allem ist dieser also jedenfalls in Hinblick auf die neue Gesetzesfassung nicht als zu weit geraten anzusehen. (2) Die Ausgestaltung des Unternehmerregresses im Vergleich zum eigentlichen Verbrauchsgüterkauf – insbesondere die Unabdingbarkeitsklauseln Wie gezeigt, dienen auch die beiden Normen zum Unternehmerregress mittelbar dem Verbraucherschutz und fügen sich demnach in das gesetzgeberische Konzept ein.337 Im Vordergrund steht hier gleichwohl eine andere Zielsetzung. Geschützt werden soll vor allem der Unternehmer. Sofern das Vorliegen des Mangels nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist, sollen die nachteiligen Konsequenzen aus dem verbesserten Verbraucherschutz nicht allein ihm auferlegt werden. Vielmehr sollen diese entlang der Lieferkette bis zu dem Glied weitergegeben werden, aus dessen Sphäre der Mangel herrührt. Deshalb war ein Gleichlauf der Rechte des Unternehmers gegen seinen Lieferanten – und über §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB auch weiter entlang der Lieferkette – mit den Rechten des Verbrauchers gegen ihn selbst gewollt.338 Besonders deutlich zeigt sich dieses Konzept bei einem Vergleich der Unabdingbarkeitsklauseln aus § 475 BGB zum eigentlichen Verbrauchsgüterkaufrecht und § 478 Abs. 4 BGB zum Unternehmerregress.339 Der Regelungsgehalt des § 475 BGB wurde hier bewusst im Wesentlichen, weitgehend auch wortlautgleich, übernommen.340 Allerdings ergeben sich einzelne Abweichungen, bei denen sich die Frage stellt, ob nicht ein Bruch mit dem Ziel des Gleichlaufs und gegebenenfalls anderen Wertungen und gesetzgeberischen Zielen vorliegt. Ein auffälliger Unterschied zwischen der Anordnung zwingenden Rechts im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs selbst und des Unternehmerregresses besteht 336 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 475 Rn. 5. Vielmehr liegt demnach nun sogar ein Umsetzungsdefizit bei der Anordnung der zwingenden Wirkung in Hinblick auf § 446 BGB vor. 337 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (3). 338 BT-Drs. 14/6040, S. 247; BT-Drs. 14/7052, S. 199. 339 So auch Schumacher, S. 206. 340 Vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 199.
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zunächst in der Ausgestaltung der Unabdingbarkeitsklausel in § 475 Abs. 1 S. 1 BGB als zwingend, wohingegen bei § 478 Abs. 4 S. 1 BGB die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung bei Einräumung eines gleichwertigen Ausgleichs gegeben ist. Hierdurch wird jedoch lediglich der vom eigentlichen Verbrauchsgüterkauf abweichenden Situation Rechnung getragen. Es stehen sich beim Unternehmerregress zwei Unternehmer gegenüber, so dass auch die im unternehmerischen Rechtsverkehr zu beachtenden Prinzipien vom Gesetzgeber zu berücksichtigen sind. Hier besteht ein Bedürfnis danach, Rechtsbeziehungen gestalten zu können, um flexibel auf verschiedene Situationen reagieren zu können.341 Die Spannung zwischen diesen widerstreitenden Interessen wurde aufgelöst, indem abweichende Vereinbarungen zugelassen wurden, aber nur unter der Voraussetzung eines gleichwertigen Ausgleichs für den Unternehmer, wodurch dieser im Sinne der vorrangigen Zielsetzung der Normen des Unternehmerregresses geschützt wird.342 Weitere Abweichungen sind in Hinblick auf die Abdingbarkeit der Regelungen zur Verjährung festzustellen. Die Unabdingbarkeitsklausel im Bereich des eigentlichen Verbrauchsgüterkaufs enthält mit § 475 Abs. 2 BGB eine besondere Vorschrift zu den Verjährungsregelungen, wonach abweichende Vereinbarungen von der Verjährung der Mängelrechte gemäß § 437 BGB, mithin von der Verjährungsregelung des § 438 BGB, in bestimmten Grenzen zulässig sind. Im Bereich des Unternehmerregresses richtet sich die Verjährung der allgemeinen Mängelrechte des § 437 BGB, auch bei Modifizierung durch § 478 BGB, ebenfalls nach der allgemeinen kaufrechtlichen Verjährungsregelung des § 438 BGB. Die Verjährung des speziellen Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 478 Abs. 2 BGB wurde in § 479 Abs. 1 BGB geregelt. Zusätzlich gelten für alle Ansprüche die Ablaufhemmung343 und die Höchstgrenze des § 479 Abs. 2 BGB. Eine dem § 475 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung in Hinblick auf Vereinbarungen zur Verjährung findet sich im Bereich des Unternehmerregresses jedoch nicht. Vielmehr nennt bereits die eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB selbst die Verjährungsregelung des § 479 BGB, nicht jedoch den für die allgemeinen Mängelrechte eingreifenden § 438 BGB. Daraus ergeben sich verschiedene Wertungsprobleme, sowohl, was die Konzeption des Unternehmerregresses selbst angeht, als auch, was den Gleichlauf der Rechte des Unternehmers in der Lieferkette mit denen des Verbrauchers angeht. Streng dem Wortlaut des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB folgend, kann im Bereich des Unternehmerregresses demnach von der zweijährigen Verjährungsfrist des Aufwendungsersatzanspruchs ab Ablieferung der Sache nicht ohne gleichwertigen 341
Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 249; zum Handelsverkehr Canaris, Handelsrecht, § 1 Rn. 16 f. Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 249; Schumacher, S. 207. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Schutzwürdigkeit der Händler insbesondere daraus ergibt, dass sie meist ihren Lieferanten unterlegen sind, was in der Literatur jedoch angezweifelt wird, vgl. MüKoBGBLorenz, § 478 Rn. 1 m.w.N. 343 Zum Begriff der Ablaufhemmung s. später unter D. V. 6. d) gg). 342
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Ausgleich zum Nachteil des Unternehmers abgewichen werden, wie auch von der Ablaufhemmung und der fünfjährigen Höchstfrist. Von der gesetzlichen Verjährungsregelung der sonstigen Mängelrechte nach § 438 BGB kann hingegen ohne weiteres abgewichen werden.344 Teilweise werden diese unterschiedlichen Möglichkeiten der Verjährungsverkürzung für den Aufwendungsersatzanspruch und die sonstigen Mängelrechte im Unternehmerregress als unproblematisch angesehen, da sich Verjährungsverkürzungen bei den allgemeinen Mängelrechten angesichts der nur eingeschränkt abdingbaren Ablaufhemmung des § 479 Abs. 2 BGB faktisch nicht auswirken könnten und der Unternehmer mithin ausreichend geschützt sei.345 Wenn man dagegen für das Eingreifen der Ablaufhemmung voraussetzt, dass der Weiterverkauf an den Verbraucher bei noch laufender Verjährungsfrist erfolgen muss, was gerade aus gesetzestechnisch-terminologischer Sicht naheliegt,346 dann wirkt sich eine verkürzte Verjährungsfrist aber durchaus aus, da der Zeitraum für das Eingreifen der Ablaufhemmung verkürzt und diese folglich häufig gar nicht mehr zum Zuge kommen wird.347 Die unterschiedlichen Abbedingungsmöglichkeiten der Verjährungsregelungen wirken demnach dem gesetzgeberischen Ziel eines Gleichlaufs der Verjährungsfristen bei allen Ansprüchen des Unternehmers gegen seinen Lieferanten entgegen.348 Außerdem wird auch kein Gleichlauf der Rechte des Unternehmers gegenüber seinem Lieferanten mit denen des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer erreicht.349 Im Unternehmerregress könnten nämlich verjährungsrechtliche Vereinbarungen bezogen auf die allgemeinen Mängelrechte des § 437 BGB völlig frei getroffen werden, beim Verbrauchsgüterkauf selbst dagegen nur im Rahmen der Vorgaben des § 475 Abs. 2 BGB. Alternativ zu dieser streng an den aufgezählten Paragraphen orientierten Auslegung könnte man die Verjährungsregelungen als konkludent von der Aufzählung des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB mitumfasst ansehen, da damit letztlich mittelbar eine Abweichung von den Mängelrechten des § 437 BGB erfolgt.350 Einem solchen Verständnis steht noch nicht entgegen, dass die Parallelregelung des § 475 BGB im Verbrauchsgüterkauf selbst eine gesonderte Regelung zu Verjährungsvereinbarungen in § 475 Abs. 2 BGB enthält. Diese könnte man einfach als lex specialis bzw.
344
Schimmel/Buhlmann, ZGS 2002, 109, 111 f.; Schumacher, S. 209; Bartelt, S. 258; Loose, S. 120 f.; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 36. 345 Höpker, S. 274 f.; Bartelt, S. 258; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 36; allenfalls andeutungsweise Schimmel/Buhlmann, ZGS 2002, 109, 112. 346 Vgl. dazu später D. V. 6. d) gg). 347 Schumacher, S. 209 f.; Loose, S. 121. 348 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 249 f.; so auch Schumacher, S. 209; Loose, S. 121. 349 So auch Schumacher, S. 209 f. 350 So im Ergebnis wohl HK-Saenger, §§ 478, 479 Rn. 9, wonach § 478 Abs. 4 S. 1 BGB die „gesamte Rechtsstellung“ erfasse und § 475 Rn. 2, wonach § 475 Abs. 2 BGB die Regelung des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB konkretisiere; vgl. auch die Überlegung bei Höpker, S. 274, der dies im Ergebnis jedoch ablehnt.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Konkretisierung351 zur allgemeinen Regelung des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB ansehen. Diese Konstruktion erscheint aber bei Betrachtung des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB selbst schon nicht stimmig. Auch die Verjährungsregelungen des § 479 BGB wären dann ohnehin bereits von der Aufzählung umfasst, so dass es widersinnig wäre, diese Norm zusätzlich aufzunehmen, die des § 438 BGB dagegen nicht. Außerdem wäre die Unabdingbarkeitsregelung des Unternehmerregresses in Hinblick auf die Verjährungsregelungen in diesem Fall strenger als die Regelung im Verbrauchsgüterkauf selbst. Abweichungen wären generell nur bei Gewährung eines gleichwertigen Ausgleichs zulässig, wohingegen § 475 Abs. 2 BGB für den Verbrauchsgüterkauf Verjährungserleichterungen in gewissem Umfang ohne ein solches Erfordernis zulässt. Eine dem § 475 Abs. 2 BGB vergleichbare Norm erübrigt sich im Bereich des Unternehmerregresses auch nicht von vornherein. Zwar besteht kein Anwendungsbereich für die Verjährungserleichterung für gebrauchte Sachen nach § 475 Abs. 2 BGB a.E., da die Regelungen des Unternehmerregresses den Verkauf einer neu hergestellten Sache voraussetzen. Dies gilt auch für § 478 Abs. 4 BGB, wenngleich dieses Erfordernis hier nicht ausdrücklich erwähnt wird.352 Außerdem beträgt die grundsätzliche Verjährungsfrist bei beweglichen Sachen gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB ohnehin bereits 2 Jahre und bei der längeren Verjährungsfrist wegen Arglist des Verkäufers gemäß § 438 Abs. 3 BGB steht bereits § 444 BGB einer verkürzenden Vereinbarung entgegen. Relevant wäre die Möglichkeit der Verjährungserleichterung jedoch bei Baumaterialien mit der fünfjährigen Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB. Nach der Auslegungsalternative wäre also zwar der verjährungsrechtliche Gleichlauf von Aufwendungsersatzanspruch und den allgemeinen Mängelrechten gewährleistet, Friktionen ergeben sich aber auch hier, wie gezeigt, was den Gleichlauf der Rechte des Unternehmers gegenüber seinem Lieferanten mit denen des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer angeht. In den Gesetzesmaterialien finden sich überdies keinerlei Anhaltspunkte, die das Fehlen des § 438 BGB in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB erklären würden. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass eine einseitige unangemessene Reduzierung der Verjährung der Ansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten nicht möglich sein soll.353 Daher liegt es nahe, insoweit von einem Versehen des Gesetzgebers auszugehen.354 Auch aus europarechtlicher Sicht ergibt sich nichts anderes, da der Unternehmerregress in Art. 4 VGKRL ohnehin nur sehr allgemein geregelt ist und Vorgaben zur Unabdingbarkeit der Regelungen des Unternehmerregresses fehlen.355 § 478 Abs. 4 S. 1 BGB ist demnach um eine dem § 475 Abs. 2 Hs. 1 BGB entsprechende Regelung zu erweitern, wie sie etwa Schumacher allerdings als Ergän-
351 352 353 354 355
So HK-Saenger, § 475 Rn. 2. Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (3). BT-Drs. 14/6040, S. 249. So auch Höpker, S. 274; Schumacher, S. 209. Vgl. dazu oben D. V. 5. a) bb) (2).
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
zung im Wege der Rechtsfortbildung formuliert.356 § 479 BGB kann dabei in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB belassen werden, da hier die Verjährungsfrist ohnehin bereits zwei Jahre beträgt. Schließlich erwähnt § 478 Abs. 4 S. 2 BGB anders als seine Parallelregelung § 475 Abs. 3 BGB lediglich § 307 BGB und nicht auch §§ 308, 309 BGB. Dies ergab sich bislang folgerichtig aus der Situation im unternehmerischen Rechtsverkehr. §§ 308, 309 BGB waren gegenüber einem Unternehmer gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. nämlich nicht anwendbar.357 Im Übrigen werden die Wertungen der §§ 308, 309 BGB durch die Rechtsprechung im unternehmerischen Rechtsverkehr nicht völlig außer Acht gelassen, sondern vielmehr im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB mitberücksichtigt,358 so dass ein weitgehender Gleichlauf ohnehin gegeben ist.359 Seit der jüngst erfolgten Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie360 ist die Anwendbarkeit des § 308 BGB gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern jedoch nicht mehr vollständig ausgeschlossen. Die neuen Klauselverbote des § 308 Nr. 1a, Nr. 1b BGB bleiben vielmehr anwendbar. Die Regelung des § 478 Abs. 4 S. 2 BGB wurde nicht an diese Änderung angeglichen. Dies stellt letztlich keinen gesetzgeberischen Fehler dar, da die neuen Klauselverbote ohnehin nicht den Ausschluss oder die Beschränkung auf Schadensersatz betreffen und der Verweis auf § 307 BGB zudem lediglich deklaratorischer Art ist.361 Da aber auch § 475 Abs. 3 BGB pauschal alle anwendbaren Normen zur Inhaltskontrolle im AGB-Recht nennt, erscheint es jedoch jedenfalls nicht stimmig. Geändert wurde schließlich die Reihenfolge der Regelungen insofern, als in § 478 Abs. 4 BGB die Ausnahme zum Schadensersatz zwischen die Unabdingbarkeitsklausel und das Umgehungsverbot geschoben wurde. Eine plausible Erklärung ist hierfür nicht ersichtlich,362 die geänderte Reihenfolge wirkt sich angesichts der eher klarstellenden Wirkung des Umgehungsverbots aber auch nicht aus.363 (3) Die Stimmigkeit der Ausgestaltung der Rückgriffsrechte im Unternehmerregress Der Unternehmerregress ist gekennzeichnet durch verschiedene Rückgriffsmöglichkeiten der Unternehmer entlang der Lieferkette. Zum einen stehen den Unternehmern natürlich die Mängelrechte des § 437 BGB nach dem allgemeinen 356
Schumacher, S. 210. Vgl. auch Schumacher, S. 208. 358 BGHZ 90, 273, 278; BGHZ 174, 1, 4 f.; vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs, § 307 Rn. 381 ff. 359 So auch Schumacher, S. 208. 360 Vgl. C., Fn. 20. 361 Vgl. oben D. V. 3. b) bb). 362 Siehe schon oben D. V. 5. a) bb) (5). 363 Vgl. näher oben D. V. 5. a) bb) (2). 357
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Kaufrecht zu. § 478 BGB ergänzt diese durch den sogenannten unselbständigen Regress in Absatz 1, indem auf diese allgemeinen Mängelrechte zurückgegriffen wird, diese aber modifiziert werden, um dem Unternehmer den Regress zu erleichtern. Außerdem wird im Rahmen des sog. selbständigen Regresses des Absatzes 2 ein gänzlich neuer Aufwendungsersatzanspruch des Unternehmers gegen seinen Lieferanten begründet.364 Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll die Regelung des Absatzes 1 dazu dienen, dass der Unternehmer die zurückgenommene Sache „möglichst problemlos an seinen Lieferanten ,durchreichen‘, also weitergeben kann“.365 Eine Nacherfüllung sei in einer solchen Situation zumeist sinnlos.366 Durch den Absatz 2 soll der Unternehmer die Möglichkeit erhalten, die Kosten der von ihm gegenüber dem Verbraucher getätigten Nacherfüllung an den Lieferanten weiterzugeben.367 Insbesondere zum unselbständigen Regress des § 478 Abs. 1 BGB werden in der Literatur zahlreiche Aspekte kontrovers diskutiert und sowohl auf der Tatbestandsals auch auf der Rechtsfolgenseite der Regelung verschiedene Analogien und teleologische Reduktionen vorgeschlagen.368 Dies lässt nicht nur auf eine oftmals unpräzise Fassung des Gesetzestextes in diesem Bereich schließen, sondern es wird auch deutlich, dass es dem Gesetzgeber unter Wertungsgesichtspunkten nicht gelungen ist, ein stringentes und in sich stimmiges System des Unternehmerregresses zu kodifizieren.369 Letztlich geht damit ein großes Maß an Rechtsunsicherheit einher, welches auch durch die Rechtsprechung noch nicht abgemildert wurde. Höchstrichterliche Entscheidungen zu diesen Problemkreisen sind bislang nicht ersichtlich. bb) Einheitlichkeit der Terminologie Das Bemühen des Gesetzgebers um einen Gleichlauf der Rechte des Unternehmers im Unternehmerregress mit denen des Verbrauchers370 drückt sich auch in einem sprachlichen Gleichlauf von § 478 Abs. 4 S. 1 BGB mit § 475 Abs. 1 S. 1 BGB, § 478 Abs. 4 S. 2 BGB mit § 475 Abs. 3 BGB und § 478 Abs. 4 S. 3 BGB mit 364 Vgl. dazu bereits D. V. 5. a) bb) (2). Die Bezeichnungen selbständiger und unselbständiger Regress verwendet z. B. MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 4 f. 365 BT-Drs. 14/6040, S. 247. 366 BT-Drs. 14/6040, S. 248. 367 BT-Drs. 14/6040, S. 248 f. 368 Vgl. dazu schon oben die Hinweise auf die Diskussionen um die von § 478 Abs. 1 BGB erfassten Mängelrechte des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer unter D. V. 3. b) aa) mit D., Fn. 156, auf den Streit um eine teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 BGB bei durch den Unternehmer zu vertretender Nichtnacherfüllung und auf die Diskussion um die teleologische Reduktion des § 478 Abs. 1 BGB auf der Rechtsfolgenseite auf das Regressinteresse unter D. V. 4. mit D., Fn. 210, 215 und allgemein D., Fn. 209. 369 Entsprechende Kritik zu § 478 Abs. 1 BGB wird auch bei BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 14 angedeutet. 370 Vgl. oben D. V. 5. b) aa) (2).
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB aus. Auch § 479 Abs. 3 BGB greift den Wortlaut von § 478 Abs. 5 BGB auf. Die Personen werden mit den Begriffen Unternehmer, Verbraucher und Lieferant konsequent und eindeutig umschrieben. Soweit §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB daneben die „übrigen Käufer“ und die „jeweiligen Verkäufer“ nennt, ist dies nur folgerichtig, da der Lieferantenbegriff laut seiner Definition in § 478 Abs. 1 BGB lediglich den Lieferanten des an den Verbraucher verkaufenden Unternehmers erfasst. Aus dem Rahmen fällt jedoch die Bezeichnung „Rückgriffsgläubiger“ in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB, die lediglich an dieser Stelle verwendet wird. Hier hätte der Begriff des Unternehmers, wie auch im ersten Halbsatz der Regelung, verwendet werden können und wäre zur Vermeidung von Zweifeln über die betroffene Partei auch vorzugswürdig gewesen. Die Verwendung der abweichenden Begrifflichkeit ist auch nicht durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs entlang der Lieferkette geboten. Die Anordnung der entsprechenden Anwendung durch § 478 Abs. 5 BGB ist insoweit ausreichend. Eine weitere Irritation in Hinblick auf die Verwendung einer einheitlichen Terminologie ergibt sich bei Betrachtung von § 475 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Beide Regelungen enthalten eine partielle Nichtigkeitsregelung in Abweichung von § 139 BGB.371 Bei § 475 Abs. 1 BGB wird dies durch die Formulierung „kann der Unternehmer sich nicht berufen“ ausgedrückt, wohingegen § 475 Abs. 2 BGB schlicht anordnet „Die Verjährung … kann … nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden“. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte jedoch das, was gleich zu verstehen ist, auch gleich formuliert werden, da sich ansonsten Zweifel hinsichtlich des Verständnisses ergeben können.372 So wird bei § 475 Abs. 2 BGB dann auch teilweise ein erhöhter Begründungsaufwand betrieben, um den Charakter als partielle Nichtigkeitsregelung belegen zu können.373 Dabei lässt sich die Anwendbarkeit der Rechtsfolge des § 475 Abs. 1 BGB über den dortigen Verweis auf die Vorschriften des Untertitels374 durchaus nachvollziehbar konstruieren, erscheint mir aber nicht offensichtlich und im Vergleich zu einer gleichlautenden Formulierung unnötig kompliziert. Zudem fällt auf, dass sich die Formulierung des § 475 Abs. 2 BGB stattdessen an der allgemeinen Vorschrift zur Zulässigkeit von Verjährungserleichterungen in § 202 Abs. 1 BGB orientiert, bei der ebenfalls schon aus dieser Regelung heraus von einer partiellen Nichtigkeitsregelung auszugehen ist.375 Angesichts der räumlichen Nähe von § 475 Abs. 2 BGB zu § 475 Abs. 1 BGB, anders als zu § 202 BGB, ist eine gleichlautende Formulierung dieser beiden Normen meiner Ansicht nach als wichtiger einzustufen.376 371
Vgl. schon oben D. V. 5. b) aa) (1). Vgl. die Nachweise unter C., Fn. 233. 373 Vgl. NK-Büdenbender, § 475 Rn. 29; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 108. 374 Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 108. 375 Palandt-Ellenberger, § 202 Rn. 11, § 139 Rn. 18. 376 So ist auch NK-Büdenbender, § 475 Rn. 29 erstaunt über die unterschiedliche Formulierung. 372
V. Analyse der Gesetzeslage
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6. Systematik im Gesamtzusammenhang des BGB und der Rechtsordnung a) Stellung im BGB Die spezifischen Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf befinden sich als Untertitel 3 des ersten Titels „Kauf, Tausch“ im 8. Abschnitt des zweiten Buches des BGB, dem Recht der Schuldverhältnisse. Die Diskussion, ob die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie überhaupt im BGB selbst erfolgen sollte, wurde weniger intensiv geführt377 als etwa die Frage der Umsetzung der Klauselrichtlinie durch Änderung des bestehenden AGB-Gesetzes oder in einem neu hinzutretenden Sondergesetz.378 Das BGB erweist sich hierfür grundsätzlich als der richtige Standort. So betrifft die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie mit dem Kaufrecht einen ganz zentralen Regelungsbereich des BGB, weshalb eine gesonderte Regelung eine erhebliche Schwächung des BGB als zentrale Zivilrechtskodifikation mit sich gebracht hätte.379 Zudem wird durch die Richtlinie auch innerhalb des Kaufrechts weitgehend kein neuer Regelungsbereich eröffnet. Gerade der Bereich der Sachmangelgewährleistung war auch bisher bereits im BGB geregelt. Schon das Bestreben nach Übersichtlichkeit für den Rechtsanwender gebietet daher eine Integration ins BGB.380 Schließlich bedingt die Entscheidung für eine „große Lösung“ denknotwendig die Umsetzung innerhalb des BGB, da damit weitgehend allgemeingültiges Kauf- und Leistungsstörungsrecht betroffen ist.381 Eine weitere grundsätzliche Zersplitterung des Kaufrechts, neben den Regelungen zum Handelskauf im HGB und dem UN-Kaufrecht, sollte vermieden werden.382 Auch die Verortung des Abschnitts speziell zum Verbrauchsgüterkauf, der hier primär interessiert, im BGB und nicht etwa in einem Sondergesetz oder einem Verbraucherschutzgesetzbuch ist zu begrüßen. Dabei geht es allerdings um die generelle Frage, ob die Verbraucherschutzgesetzgebung in das BGB zu integrieren ist oder nicht, die abschließend für alle Bereiche gemeinsam beantwortet werden soll.383 Der konkret gewählte Standort der Vorschriften der §§ 474 ff. BGB speziell zum Verbrauchsgüterkauf im BGB ist sinnvoll und nachvollziehbar. Einen besonderen Abschnitt zum Verbraucherschutzrecht enthält das BGB nach wie vor nicht. Zwar wurden im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie 377
300. 378
Vgl. Tonner/Crellwitz/Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293,
Vgl. dazu C., Fn. 262. Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 219. 380 Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 219 f. 381 In diese Richtung auch Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 219, 220; vgl. zur „großen Lösung“ schon oben D. III. 2. und D., Fn. 57. 382 Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 854; Tonner, BB 1999, 1769, 1772; Tonner/Crellwitz/ Echtermeyer, in: Micklitz/Pfeiffer/Tonner/Willingmann, S. 293, 296. 383 Vgl. später F. 379
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
die verbraucherschützenden Regelungen insbesondere zum Fernabsatzvertrag, den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und dem elektronischen Geschäftsverkehr ausgeweitet und verallgemeinert. Sie betreffen aber weiterhin besondere Vertriebsformen und damit nur einen Ausschnitt des Verbraucherschutzrechts. Inhaltlich stehen die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufrechts nicht im Zusammenhang mit denen der §§ 312 ff. BGB. Die §§ 474 ff. BGB enthalten Regelungen für einen bestimmten Vertragstyp, nämlich den Kaufvertrag, wohingegen §§ 312 ff. BGB bestimmte Modalitäten bei Vertragsabschluss behandeln. Ferner ist die Bildung eines eigenen Untertitels zum Verbrauchsgüterkauf im Anschluss an den Untertitel 2 zu den besonderen Arten des Kaufs stringent. Da die §§ 474 ff. BGB das allgemeine Kaufrecht lediglich ergänzen und sich zudem zahlreiche Verweisungen darauf finden, waren die Regelungen in den Zusammenhang des Kaufrechts einzustellen. Ein Vergleich mit den einzelnen geregelten besonderen Arten des Kaufs zeigt jedoch, dass eine Einordnung des Verbrauchsgüterkaufs darunter nicht passend wäre. Unabhängig davon, wie Kauf auf Probe, Wiederkauf und Vorkaufsrecht von ihrer rechtlichen Konstruktion her im Einzelnen einzuordnen sind,384 beinhalten sie jedenfalls Besonderheiten beim Zustandekommen eines Kaufvertrags. Demgegenüber erfolgt das Zustandekommen des Kaufvertrags beim Verbrauchsgüterkauf nach den allgemeinen Regeln. Besonderheiten ergeben sich hier lediglich bei den Vertragsparteien und beim Kaufgegenstand. Die Bildung eines eigenen Untertitels war daher konsequent. b) Konzeptionelle Stimmigkeit im Zusammenhang des Kaufrechts Die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf stellen einen Teil des Kaufrechts dar, die dessen allgemeine Regelungen lediglich durch einige besondere Bestimmungen ergänzen und modifizieren. An manchen Stellen stellt sich hierbei die Frage, ob dem ein stringentes Konzept ohne Wertungswidersprüche zugrunde liegt, das Sinn und Zweck der Regelungen konsequent umsetzt. aa) Die Verjährungsregelung gemäß § 479 Abs. 1 BGB § 479 Abs. 1 BGB bestimmt für den besonderen Aufwendungsersatzanspruch entlang der Lieferkette gemäß § 478 Abs. 2 BGB eine Verjährungsfrist von zwei Jahren, wie sie auch § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB festlegt. Genau wie bei § 438 Abs. 2 Alt. 2 BGB für bewegliche Sachen wird auch hier für den Verjährungsbeginn auf die Ablieferung der Sache abgestellt. Maßgeblich ist dabei die Ablieferung seitens des Lieferanten an den Unternehmer bzw. zwischen den jeweiligen Kaufvertragsparteien entlang der Lieferkette und nicht etwa die Ablieferung des Unternehmers an den
384 Vgl. dazu BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 454 Rn. 4 ff., § 456 Rn. 4, § 463 Rn. 9, jeweils m.w.N.
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Verbraucher. Die Gesetzesbegründung sieht dies als selbstverständlich an.385 Der Gesetzeswortlaut gibt hierüber jedoch keine Auskunft386 und angesichts der Tatsache, dass für den Fristbeginn gemäß §§ 478 Abs. 3, 476 BGB der Gefahrübergang auf den Verbraucher maßgeblich ist, wäre eine Klarstellung sinnvoll gewesen. Der Gesetzgeber hat sich jedenfalls an der Regelung der Verjährung des allgemeinen Kaufrechts orientiert. Ziel war es ausweislich der Gesetzesbegründung gerade eine einheitliche Verjährung für sämtliche Mängelrechte zu schaffen. So wird dort auf § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB Bezug genommen und abschließend statuiert, dass damit „ein Gleichlauf bei der Verjährung sämtlicher vertraglicher Ansprüche erreicht [werde], die aus der Lieferung einer mangelhaften Sache folgen“.387 Eine vollständige Harmonisierung der Verjährung wird durch die Regelung des § 479 Abs. 1 BGB jedoch nicht erreicht. § 438 BGB sieht für die vom Verbrauchsgüterkauf allein erfassten beweglichen Sachen nämlich in bestimmten Fällen eine längere Verjährungsfrist vor. Dies betrifft zum einen Baumaterialien, für die gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB eine fünfjährige Verjährungsfrist eingreifen kann, zum anderen die Fälle der Arglist, die gemäß § 438 Abs. 3 S. 1 BGB der regelmäßigen Verjährung unterstellt werden, was insbesondere auch einen abweichenden Verjährungsbeginn zur Folge hat.388 Auch § 438 Abs. 1 Nr. 1 a) BGB kommt in Betracht. Entsprechende Vorschriften finden sich in § 479 Abs. 1 BGB für den Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB jedoch nicht. In der Literatur wird deshalb eine analoge Anwendung dieser besonderen Verjährungsregelungen des § 438 BGB bzw. eine entsprechende systematische Auslegung des § 479 Abs. 1 BGB diskutiert.389 Hiergegen wird vorgebracht, dass Regelungen zur Verjährung zur Schaffung von Rechtsfrieden getroffen werden, so dass sie weitgehend wortlautgetreu auszulegen seien.390 Ferner habe sich der Gesetzgeber schlicht für eine pauschale Verjährungsfrist von zwei Jahren entschieden, eine planwidrige Regelungslücke für die davon abweichenden Sonderregeln des § 438 BGB gehe damit nicht einher.391 Die Gesetzesmaterialien werden in Bezug auf diese 385 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 250: „Gemeint ist natürlich die Ablieferung durch den Lieferanten an den Unternehmer …“, die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 386 Vgl. auch Schumacher, S. 193. 387 BT-Drs. 14/6040, S. 249 f. 388 BT-Drs. 14/6040, S. 230. 389 Dafür: Das neue Schuldrecht-Haas, Kap. 5 Rn. 496; Höpker, S. 188 f., der als Einziger auch § 438 Abs. 1 Nr. 1 a) BGB ausdrücklich anspricht; Schumacher, S. 194; Loose, S. 106; nur § 438 Abs. 3 BGB nennend Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 588; dagegen: BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 3; Erman-Grunewald, § 479 Rn. 1; MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 5; Tiedtke/ Schmitt, ZIP 2005, 681, 685; Bartelt, S. 300 f.; bzgl. § 438 Abs. 3 BGB dafür/bzgl. § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB dagegen: NK-Büdenbender, § 479 Rn. 8 f.; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 479 Rn. 2 f. 390 Erman-Grunewald, § 479 Rn. 1. 391 Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Frage teilweise als nicht eindeutig angesehen,392 teilweise wird die Bezugnahme lediglich auf § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB betont.393 Was die Fälle der Arglist angeht, wird außerdem hervorgehoben, dass kein Bedürfnis für eine besondere Verjährungsregelung bestehe, da neben dem Aufwendungsersatzanspruch dann ohnehin ein Schadensersatzanspruch gegeben sei, bei dem als Recht gemäß § 437 BGB die Regelung des § 438 Abs. 3 BGB anwendbar sei.394 Im Übrigen sei keine längere Verjährungsfrist erforderlich, da der Unternehmer bzw. die sonstigen Käufer entlang der Lieferkette über die „Ablaufhemmung“ des § 479 Abs. 2 BGB ausreichend geschützt würden.395 Bei Baumaterialien spiele der unmittelbare Baubezug, wie er sich in dem Wortlaut des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB „für ein Bauwerk verwendet worden ist“ widerspiegelt, in den vorangehenden Lieferbeziehungen keine bedeutende Rolle.396 Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine Analogie tatsächlich gegeben sind, führt das Fehlen besonderer Verjährungsregelungen anders als in § 438 BGB jedenfalls aus gesetzestechnischer Sicht zu Wertungsbrüchen und ist ohne ersichtlichen Grund teleologisch inkonsequent. Der arglistig Getäuschte ist schutzwürdig und wird durch das Gesetz vielfach bessergestellt. Dies betrifft auch außerhalb des Kaufrechts den Lauf von Fristen397 sowie sonstige Erleichterungen für ihn in Hinblick auf eine Haftung des arglistig Handelnden.398 Ein sachlicher Grund dafür, dass dies beim Aufwendungsersatzanspruch im Unternehmerregress anders sein sollte, ist nicht ersichtlich, zumal die entsprechende Wertung über § 438 Abs. 3 BGB bei allen anderen Mangelgewährleistungsansprüchen in diesem Verhältnis und gerade auch nicht nur beim Schadensersatzanspruch eingreift. Der schutzwürdige Käufer soll doch vollumfassend von seinem Wahlrecht bei den Mängelrechten Gebrauch machen können.399 Außerdem ändert das bloße Eingreifen eines Schadensersatzanspruchs, auf den ohnehin § 438 Abs. 3 BGB anwendbar ist, nichts an der Inkongruenz der Verjährungsfristen in Hinblick auf den Aufwendungsersatzanspruch.400 Was die Baumaterialien angeht, so steht das Argument des fehlenden Baubezugs in den vorangehenden Lieferbeziehungen im Widerspruch zur Gesetzesbegründung, wonach gerade auch Zwischenhändler als ebenso schutzwürdig wie Bauhandwerker 392
Erman-Grunewald, § 479 Rn. 1. Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685. 394 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 3; Erman-Grunewald, § 479 Rn. 1; MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 5; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685. 395 NK-Büdenbender, § 479 Rn. 8; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 3; MüKoBGBLorenz, § 479 Rn. 5; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 479 Rn. 3; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 685. 396 NK-Büdenbender, § 479 Rn. 8. 397 Vgl. dazu §§ 123, 124 BGB. 398 Vgl. z. B. §§ 442, 444, 536b, 536d, 600 BGB. 399 NK-Büdenbender, § 479 Rn. 9. 400 Loose, S. 105 f. 393
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und Bauherren angesehen werden und damit erfasst sein sollen.401 Außerdem ist auch hier nicht ersichtlich, weshalb bei den sonstigen Mängelrechten nach § 437 BGB eine Besonderheit für Baumaterialien gilt, nicht aber bei dem diese ergänzenden Aufwendungsersatzanspruch. Ferner kann die Existenz der „Ablaufhemmung“ gemäß § 479 Abs. 2 BGB nicht als ausreichend zum Schutz der Käufer entlang der Lieferkette angesehen werden. Wenn man nämlich für das Eingreifen der Ablaufhemmung voraussetzt, dass der Weiterverkauf an den Verbraucher bei noch laufender Verjährungsfrist erfolgen muss, was gerade aus gesetzestechnisch-terminologischer Sicht naheliegt,402 dann wirkt sich die im Vergleich zu den Sonderregeln des § 438 BGB kürzere Verjährungsfrist des § 479 Abs. 1 BGB durchaus aus, da die Ablaufhemmung unter Umständen gar nicht mehr eingreifen wird.403 Selbst wenn man das Eingreifen der Ablaufhemmung nicht an dieses Erfordernis anknüpft, läge aber jedenfalls kein Gleichlauf der Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs mit der nach § 438 BGB vor. Die Ablaufhemmung räumt lediglich eine Frist von weiteren zwei Monaten ab Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers ein. Bei Eingreifen z. B. der Fünfjahresfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB kann aber durchaus noch eine längere Restfrist zur Verfügung stehen.404 Außerdem könnte im Einzelfall der Rückgriff nach § 478 Abs. 2 BGB an der Maximalfrist des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB scheitern, obwohl nach § 438 BGB noch keine Verjährung eingetreten wäre.405 bb) Unterlaufen des Rechts zur zweiten Andienung des Lieferanten durch § 478 Abs. 1, Abs. 2 BGB Eine wichtige Errungenschaft des reformierten Kaufrechts ist der Vorrang der Nacherfüllung, der mit dem Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung einhergeht. Seinen Ausdruck findet dieses im Gesetz insbesondere in den Fristsetzungserfordernissen für Rücktritt, Minderung, Schadens- und Aufwendungsersatz in §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB.406 Der Verzicht auf dieses Fristsetzungserfordernis gemäß § 478 Abs. 1 BGB im Rahmen des Unternehmerregresses nimmt dem Lieferanten und über § 478 Abs. 5 BGB den weiteren Vorlieferanten zwar dieses Recht,407 ein Bruch mit der dem Kaufrecht zugrunde gelegten Wertung liegt aber dennoch nicht vor. Auch im all401
BT-Drs. 14/6040, S. 227; Mansel, in: Ernst/Zimmermann, S. 333, 360 f. Vgl. dazu später D. V. 6. d) gg). 403 Loose, S. 105. 404 Bartelt, S. 298 f. mit den Beispielsfällen auf S. 297 f. 405 Bartelt, S. 299 f. mit Beispielsfall. 406 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 86, 89; Lorenz, JZ 2001, 742, 743; Staudinger-Beckmann, Vorb. zu §§ 433 ff. Rn. 71 f. 407 So auch Das neue Schuldrecht-Haas, Kap. 5 Rn. 482; Schumacher, S. 121; SoergelWertenbruch, § 478 Rn. 94. 402
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
gemeinen Kaufrecht in Verbindung mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht wird der Grundsatz des Vorrangs der Nacherfüllung nicht ausnahmslos durchgehalten. So gibt es Entbehrlichkeitstatbestände in §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2, 440 S. 1 BGB, bei denen eine Abweichung von diesem Grundsatz gerechtfertigt ist, und auch bei Unmöglichkeit besteht gemäß §§ 326 Abs. 5, 283, 311a BGB kein Fristsetzungserfordernis. Wie gezeigt, hätte der Fall des § 478 Abs. 1 BGB bereits unter die Entbehrlichkeitstatbestände gefasst werden können,408 so dass sich schon deshalb kein Widerspruch mit den allgemeinen Wertungen ergeben kann. Die Abweichung vom Vorrang der Nacherfüllung erfolgt nicht willkürlich, sondern um einen angemessenen Interessenausgleich im Unternehmerregress durch eine problemlose und effektive Rückgriffsmöglichkeit zu gewährleisten und ist zudem an Voraussetzungen gebunden.409 Auch der Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 478 Abs. 2 BGB beinhaltet nach seinem Wortlaut keinen Vorrang der Nacherfüllung durch den Lieferanten bzw. über § 478 Abs. 5 BGB durch die Vorlieferanten und nimmt diesen insoweit ihr Recht zur zweiten Andienung.410 In der Literatur werden verschiedene Einschränkungen des Aufwendungsersatzanspruchs insbesondere für den Fall der Einschaltung Dritter durch den Unternehmer zur Nacherfüllung diskutiert, über die besagter Grundsatz dennoch berücksichtigt würde. So nimmt eine Ansicht eine unmittelbare Pflicht des Unternehmers zur Einbeziehung seines Lieferanten in die Nacherfüllung über eine teleologische Reduktion an, sofern dem das eigene Recht des Unternehmers zur zweiten Andienung und seine Pflicht zur Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher nicht entgegenstehen.411 Nach anderen Ansichten wird das Recht zur zweiten Andienung mittelbar berücksichtigt, indem der Unternehmer seinen Lieferanten in bestimmten Fällen in die Nacherfüllung jedenfalls im eigenen Interesse einbeziehen muss. Teilweise wird dazu an die Tatbestandsvoraussetzung der „erforderlichen“ Aufwendungen nach §§ 478 Abs. 2, 439 Abs. 2 BGB angeknüpft,412 teilweise wird an den Rechtsgedanken des Mitverschuldens entsprechend § 254 BGB413 oder aber eine allgemeine Obliegenheit, die Aufwendungen gering zu halten,414 gedacht oder 408
Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (2). Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 247 f. 410 So auch MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 30; Soergel-Wertenbruch, § 478 Rn. 122. 411 AnwK-Büdenbender, § 478 Rn. 12 ff. (vgl. zur weiteren Entwicklung der Ansicht Büdenbenders D., Fn. 412, 416); Böhle, NJW 2003, 3680, 3681; Schumacher, S. 177 ff, der als Folge eines Verstoßes gegen diese Pflicht eine Kürzung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB annimmt. 412 Vgl. Schubel, ZIP 2002, 2061, 2068; NK-Büdenbender, § 478 Rn. 50; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 25; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 684; kritisch Tröger, ZGS 2003, 296, 299. 413 So Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, Rn. 514; Soergel-Wertenbruch, § 478 Rn. 123 ff.; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 30; kritisch Jacobs, JZ 2004, 225, 230 und Tröger, ZGS 2003, 296, 299. 414 Tröger, ZGS 2003, 296, 299; Jacobs, JZ 2004, 225, 230. 409
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eine Lösung über § 242 BGB konstruiert.415 Außerdem wird zum Teil von einem Schadensersatzanspruch des Lieferanten gegen den Unternehmer ausgegangen.416 Auch hier ergibt sich durch die Abweichung vom Vorrang der Nacherfüllung aber kein Wertungswiderspruch zum sonstigen Kaufrecht. Vielmehr treffen verschiedene Interessen und Grundsätze aufeinander, die gegeneinander abzuwägen waren.417 So befindet sich der Unternehmer im Spannungsverhältnis seines eigenen Rechts zur zweiten Andienung und dem grundsätzlich bestehenden Nacherfüllungsrecht seines Lieferanten. Zu berücksichtigen ist ferner seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit bei der Erfüllung seiner Nacherfüllungspflicht gegenüber dem Verbraucher.418 Weiterhin steht hinter den Regelungen zum Unternehmerregress der Zweck, einen effektiven Rückgriff und deshalb eine Weitergabe der Nachteile aus der Mangelgewährleistung an denjenigen zu ermöglichen, aus dessen Sphäre der Mangel stammt.419 Mittelbar stehen dahinter auch Verbraucherschutzgedanken.420 Ein Nacherfüllungsvorrang stufenweise entlang der unter Umständen langen Lieferkette würde jedoch die Nacherfüllung des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher verkomplizieren und mitunter verzögern.421 Vor dieser Zwecksetzung der Regelungen zum Unternehmerregress422 erscheint der Verzicht auf den Vorrang der Nacherfüllung also auch an dieser Stelle als gerechtfertigt. cc) Nutzungsersatzpflicht des Verbrauchers – Wertungswidersprüche durch § 474 Abs. 5 S. 1 BGB? Infolge der Quelle-Entscheidung des EuGH wurde § 474 Abs. 5 S. 1 BGB, damals noch § 474 Abs. 2 S. 1 BGB a.F., in die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf eingefügt,423 wonach der Verbraucher bei Nachlieferung nunmehr keine Nutzungsherausgabe bzw. keinen Nutzungsersatz schuldet. Für den Rücktritt fehlt es an einer entsprechenden Regelung, hier verbleibt es bei der Verpflichtung des Verbrauchers. Europarechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.424 Auch ein Wertungswiderspruch im System des deutschen Kaufrechts ist mit dieser voneinander abweichenden Ausgestaltung der Folgen der Rechtsbehelfe des Verbrauchers nicht
415
Jacobs, JZ 2004, 225, 230. Erman-Grunewald, § 478 Rn. 16; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 30; kritisch NK-Büdenbender, § 478 Rn. 52. 417 Vgl. auch Schubel, ZIP 2002, 2061, 2062 f. 418 Vgl. NK-Büdenbender, § 478 Rn. 46 f., 50, 52. 419 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 247 ff. 420 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (3). 421 Schubel , ZIP 2002, 2061, 2067 f. 422 Schubel, JZ 2001, 1113, 1116 spricht von einem „elementare[n] Perspektivenwechsel“ und unterschiedlichen Leitgedanken im allgemeinen Kaufrecht und der Lieferkette. 423 Vgl. oben D. II. 424 Vgl. Erwägungsgrund 15 der VGKRL; BGHZ 182, 241, 244 f. 416
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
verbunden.425 Vielmehr unterscheiden sich Rücktritt und Neulieferung in ihrer Struktur derart, dass dies unter Wertungsgesichtspunkten stringent ist.426 Der Rücktritt führt zu einer vollständigen beiderseitigen Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses. Das Synallagma der gegenseitigen Leistungspflichten wird in diesem Rückabwicklungsschuldverhältnis fortgeführt. Beide Parteien sind zur Herausgabe des Erlangten, mithin der Kaufsache und des Kaufpreises, verpflichtet und flankierend auch jeweils zur Nutzungsherausgabe bzw. zum Nutzungsersatz. Bei der Nachlieferung hingegen bleibt der Kaufvertrag bestehen und wird auch nach wie vor durchgeführt. Rückabgewickelt wird einseitig lediglich der mangelhafte Kaufgegenstand. Ein Nutzungsersatzanspruch stünde bei der Nachlieferung nur dem Verkäufer zu, ein solcher Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer in Hinblick auf die Zinsen für den Kaufpreis würde fehlen, womit eine Störung des kaufvertraglichen Synallagmas verbunden wäre.427 Die Gesamtsituation ist für den Verkäufer bei der Nachlieferung günstiger als beim Rücktritt, da ihm eben insbesondere der Kaufpreis, mithin auch der Gewinn, verbleibt.428 Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs bleibt es über die Verweisung des § 439 Abs. 4 BGB ins Rücktrittsfolgenrecht bei der einseitigen Nutzungsersatzpflicht des Käufers im Fall der Nachlieferung.429 In Hinblick auf die Abwicklung einer Nacherfüllung durch Nachlieferung ergibt sich daher nunmehr eine gespaltene Rechtslage für den Verbrauchsgüterkauf und das allgemeine Kaufrecht. Allerdings bestehen ganz generelle, vom Verbraucherschutz und der Pflicht zur richtlinienkonformen Umsetzung europarechtlicher Vorgaben unabhängige Bedenken gegen das Bestehen einer solchen Nutzungsersatzpflicht. So gelten schon die aufgeführten Argumente zu der unterschiedlichen Situation beim Rücktritt und bei der Nachlieferung ganz allgemein und nicht nur für den Fall des Verbrauchsgüterkaufs. Gleiches gilt z. B. für das Argument, dass die Nutzungsersatzpflicht zu einem Wertungswiderspruch im Kaufrecht führt. Die Nutzungen der Kaufsache gebühren nämlich aufgrund des Kaufvertrages ab Übergabe der Sache gerade dem Käufer, vgl. § 446 S. 2 BGB, und sind mithin nicht unentgeltlich.430 Auch der BGH teilte diese allgemeinen Bedenken gegen die Nutzungsersatzpflicht.431 Deshalb erscheint es wenig nachvollziehbar, weshalb der nationale Gesetzgeber an dieser rechtspolitisch und wertungsmäßig umstrittenen Regelung außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs festgehalten hat und 425
So auch Höpfner, NJW 2010, 127, 128 f. Dies wurde neben anderen Aspekten generell gegen die Nutzungsersatzpflicht bei der Nachlieferung vorgebracht und kann nun auch hier als Argument herangezogen werden. 427 LG Nürnberg-Fürth, NJW 2005, 2558, 2560; Schwab, JuS 2002, 630, 636; Gsell, NJW 2003, 1969, 1970; Kohler, ZGS 2004, 48, 49; Brömmelmeyer, JZ 2006, 493, 495; Herrler/ Tomasic, ZGS 2007, 209, 211; Höpfner, NJW 2010, 127, 129. 428 OLG Nürnberg, NJW 2005, 3000, 3001. 429 BGHZ 179, 27, 38; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 439 Rn. 34. 430 Hoffmann, ZRP 2001, 347, 349; Schwab, JuS 2002, 630, 636; Gsell, NJW 2003, 1969, 1970; dies., JuS 2006, 203, 204; dies., JZ 2009, 522, 525. 431 BGH NJW 2006, 3200, 3200 f. auch m.w.N. aus der Literatur. 426
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damit ein in diesem Punkt gespaltenes Kaufrecht in Kauf genommen hat.432 Die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurden doch grundsätzlich in das allgemeine Kaufrecht übernommen und im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf lediglich Sonderregeln getroffen, die durch spezifische Verbraucherschutzerwägungen bedingt waren.433 Solche verbraucherschutzspezifischen Erwägungen sind meines Erachtens hier jedoch nicht ersichtlich.434 Die bloße Argumentation mit der strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers435 erscheint mir zu dünn und vermag nicht zu erklären, weshalb diese ausgerechnet in Bezug auf den Nutzungsersatz zu tragen kommt.436 Der Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des § 474 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. lediglich auf die richtlinienkonforme Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie angesichts des EuGH-Urteils bezogen ohne die Gelegenheit wahrzunehmen, seine ursprünglichen Erwägungen zum Nutzungsersatz generell zu überdenken.437 Wegen der nur für den Verbrauchsgüterkauf getroffenen Regelung erscheinen eine teleologische Reduktion des § 439 Abs. 4 BGB oder sonstige Korrekturen in Hinblick auf den Nutzungsersatz auch außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs kaum mehr begründbar.438 Vorzugswürdig wäre es meiner Ansicht nach gewesen, die Nutzungsersatzpflicht bei der Nachlieferung ganz allgemein auszuschließen, um eine Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten zu vermeiden.439 Freilich können sich Situationen ergeben, in denen der Käufer hierdurch übermäßig bessergestellt und der Verkäufer übermäßig belastet würde. Diese können jedoch im Rahmen der kaufrechtlichen Regelungen selbst zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden, indem das Fehlen eines Nutzungsersatzanspruchs im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 BGB berücksichtigt wird.440 Darauf hat bereits der EuGH in seinem Quelle-Urteil hingewiesen.441 Pro432 So hatte auch Witt, NJW 2006, 3322, 3325 eine Änderung für Kaufverträge generell als vorzugswürdig erachtet. 433 BT-Drs. 14/6040, S. 242. 434 So auch Osterloh-Konrad, CR 2008, 545, 548 f. 435 So HK-Saenger, § 439 Rn. 9. 436 Anders Herrler/Tomasic, ZIP 2009, 181, 183, die die Unterscheidung zwischen Verbrauchgüterkäufen und sonstigen Kaufverträgen als vertretbar erachten. 437 Vgl. BT-DRs. 16/10607, S. 5. 438 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 439 Rn. 34; MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 33; Oetker/ Maultzsch, § 2 Rn. 230; anders Gsell, JZ 2009, 522, 526, die außerhalb des Verbrauchsgüterkaufrechts eine teleologische Reduktion des § 439 Abs. 4 BGB und einen Rückgriff auf die schadensrechtlichen Grundsätze des Abzugs Neu für Alt nach wie vor für möglich hält, und Herrler/Tomasic, ZIP 2009, 181, 183, die außerhalb des Verbrauchsgüterkaufrechts eine teleologische Reduktion der Nutzungsersatzpflicht und eine Abschöpfung der subjektiven Bereicherung über §§ 346 Abs. 3 S. 2, 818 ff. BGB nach wie vor befürworten. 439 So auch Osterloh-Konrad, CR 2008, 545, 550 mit Argumenten generell gegen eine Vorteilsabschöpfung beim Käufer. 440 Herresthal, NJW 2008, 2475, 2477; Osterloh-Konrad, CR 2008, 545, 550; Herrler/ Tomasic, ZIP 2009, 181, 184; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1034.
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blematisch wird dies allerdings wiederum für den Bereich des Verbrauchsgüterkaufs, wenn die Nachbesserung unmöglich ist, da die Annahme einer absoluten Unverhältnismäßigkeit der einzig möglichen Art der Nacherfüllung europarechtswidrig ist.442 Möglich ist danach allerdings eine Beschränkung der Kosten der Nacherfüllung auf das verhältnismäßige Maß, wodurch dem Interesse des Verkäufers wiederum Rechnung getragen wird. Letzteres wurde jedenfalls in Bezug auf die nach der EuGH-Rechtsprechung von der Nacherfüllung umfassten Kosten für Aus- und Einbau der Kaufsache zugelassen,443 dürfte aber auch auf andere Fälle der absoluten Unverhältnismäßigkeit übertragbar sein, da die Belastung des Verkäufers im Ergebnis die gleiche ist. Hierfür spricht meines Erachtens auch der Vorschlag des nationalen Gesetzgebers zur Umsetzung dieser EuGH-Rechtsprechung im Rahmen der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im Referentenentwurf hierzu, wenngleich sich der Begründung leider keine eindeutigen Hinweise entnehmen lassen.444 Aber § 474a des Entwurfs, der diesen Kostenerstattungsanspruch regeln sollte, war vom Wortlaut her, wie die Regelung zur absoluten Unverhältnismäßigkeit in dessen Absatz 2 generell, allgemein gefasst und nicht auf die Ein- und Ausbaukosten bezogen. Diese waren zwar Gegenstand des Absatzes 1, da in Absatz 3 jedoch der ebenfalls generell bestehende Ausschluss der Nutzungsersatzpflicht des Verbrauchers bei Nachlieferung verortet werden sollte, spricht auch eine systematische Auslegung nicht für einen solchen eingeschränkten Anwendungsbereich. §§ 474a, 474b des Referentenentwurfs waren allerdings bereits im Regierungsentwurf445 zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie nicht mehr enthalten. Die Bundesregierung hat sich entschieden, die Umsetzung dieser jüngsten Vorgaben des EuGH im Gesetz noch zurückzustellen, um vor allem eingehend prüfen zu können, ob die Umsetzung wirklich auf den Bereich des Verbrauchsgüterkaufs beschränkt werden soll. Die Europarechtskonformität ist zwischenzeitlich über die BGH-Rechtsprechung446 gewährleistet.447 Ob und wie der nationale Gesetzgeber dieser jüngsten Entscheidung des EuGH Rechnung tragen wird, ist daher noch offen.
441 EuGH, Urt. v. 17. 04. 2008, Rs. C-404/06 (Quelle), Slg. 2008, I-2685, Rn. 42 = NJW 2008, 1433, 1435. 442 EuGH, Urt. v. 16. 06. 2011, Rs. C 65/09, C 87/09 (Gebr. Weber und Putz), Slg. 2011, I5257, Rn. 63 ff. = NJW 2011, 2269, 2273 f.; schon zuvor Herrler/Tomasic, BB 2008, 1245, 1247; dies., ZIP 2009, 181, 184. 443 EuGH, Urt. v. 16. 06. 2011, Rs. C 65/09, C 87/09 (Gebr. Weber und Putz), Slg. 2011, I5257, Rn. 74 = NJW 2011, 2269, 2274. 444 Vgl. §§ 474a, 474b BGB des Referentenentwurfs und Begründung, RefE VRRL-Umsetzung, S. 22, 106 ff. 445 BT-Drs. 17/12637. 446 BGHZ 192, 148; BGHZ 195, 135. 447 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/12637, S. 99, zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/12637, S. 92 f.
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dd) Die Regelung der Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB – insbesondere der Wertungswiderspruch zwischen Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch Im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wurde mit § 474 Abs. 3 BGB eine Regelung zur Fälligkeit bei Verbrauchsgüterkäufen eingefügt, für die Fälle, in denen die Leistungszeit weder bestimmt ist, noch sich aus den Umständen entnehmen lässt. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich hieraus verschiedene Brüche mit der Regelungskonzeption des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, auf die an anderer Stelle einzugehen sein wird,448 wie auch ein Wertungswiderspruch zur Ausgestaltung des Nacherfüllungsanspruchs. Gemäß § 474 Abs. 3 S. 1 BGB sind die Leistungen nach § 433 BGB im Verbrauchsgüterkauf unverzüglich fällig, wohingegen § 271 Abs. 1 BGB die sofortige Fälligkeit anordnet. Unverzüglich ist dabei i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB zu verstehen, bedeutet also „ohne schuldhaftes Zögern“.449 Diese Regelung des Fälligkeitszeitpunkts betrifft dabei lediglich die Primärleistungspflichten, mithin nicht den Anspruch des Verbrauchers auf Nacherfüllung. Dies deutet bereits der Wortlaut der Norm an, wonach lediglich auf § 433 BGB nicht jedoch auf §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB verwiesen wird.450 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber seine diesbezügliche Intention in den Gesetzesmaterialien deutlich gemacht. In der entsprechenden Regelung im Regierungsentwurf war zunächst völlig offen von der Leistung die Rede.451 Auf Vorschlag des Bundesrates, dem sich die Bundesregierung insoweit im Ergebnis anschloss, wurde der Verweis auf § 433 BGB in die Regelung aufgenommen, um diese auf die Primärleistungspflichten zu beschränken.452 Daraus folgt nun allerdings ein Wertungswiderspruch für den Fall, dass ein Unternehmer unverschuldet nicht mangelfrei, sondern nur mangelhaft liefern kann. Leistet er mangelhaft, ist er dem Nacherfüllungsanspruch ausgesetzt, der dem strengeren Fälligkeitsmaßstab des § 271 Abs. 1 BGB unterliegt und demnach sofort fällig ist. Leistet er hingegen gar nicht, bleibt es beim ursprünglichen Erfüllungsanspruch, der gemäß § 474 Abs. 3 S. 2 BGB erst nach 30 Tagen fällig wird, weil den Unternehmer kein Verschulden trifft. Der Unternehmer, der gar nicht leistet, ist ohne ersichtlichen Grund besser gestellt.453 448 449
(1). 450
Siehe dazu später D. V. 6. c) dd). Ausführlich dazu und zu dem europarechtlichen Hintergrund bereits oben D. V. 5. b) aa)
So auch Windorfer, VuR 2014, 216, 221. Vgl. § 474 Abs. 3 BGB-E, BT-Drs. 17/12673, S. 14. 452 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/12637, S. 91 f.; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/12637, S. 98 f.; BT-Drs. 17/13951, S. 69. 453 Windorfer, VuR 2014, 216, 221 f. Nach Windorfer, VuR 2014, 216, 219, 222 werden diese Fälle praktisch kaum vorkommen, weil der Schuldner bei Gattungsschulden entsprechend der Wertung, dass er das Beschaffungsrisiko trägt, auch verschuldensunabhängig für die Leistungszeit einzustehen habe. Dies erscheint allerdings europarechtlich äußerst bedenklich, da Art. 18 Abs. 1 VRRL nicht zwischen Gattungs- und Stückschulden differenziert. 451
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Allerdings stellt sich die Frage, ob der nationale Gesetzgeber diesen Wertungswiderspruch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben hätte vermeiden können. Hierzu hätte § 474 Abs. 3 BGB derart ausgestaltet werden können, dass auch der Nacherfüllungsanspruch erfasst ist. Art. 18 Abs. 1 VRRL, der durch § 474 Abs. 3 BGB umgesetzt wurde, bezieht sich nur auf die primäre Leistungspflicht des Unternehmers zur Lieferung der Ware.454 Hinweise darauf, dass auch Sekundäransprüche erfasst sein sollten, zeigen sich nicht. Außerdem sind die Mängelrechte generell nicht Gegenstand der Verbraucherrechterichtlinie, insoweit ist die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gemäß Art. 3 Abs. 2 VRRL vorrangig.455 Art. 3 Abs. 3 VGKRL regelt die Nacherfüllung. Gemäß Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 VGKRL muss diese innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Eine Vorgabe, die die Fälligkeit der Nacherfüllung von einem Verschulden des Unternehmers abhängig machen würde, findet sich hier nicht. Angesichts des Grundsatzes des Mindestschutzes des Verbrauchers gemäß Art. 8 Abs. 2 VGKRL wäre eine solche Regelung daher äußerst bedenklich.456 Geht man davon aus, dass der Begriff der Unverzüglichkeit in Art. 18 Abs. 1 VRRL dem nationalen Begriff entspricht, konnte für die Primärleistungspflicht umgekehrt die Fälligkeitsregelung des § 271 Abs. 1 BGB angesichts des Grundsatzes der Vollharmonisierung gemäß Art. 4 VRRL nicht beibehalten werden. Der Wertungswiderspruch wurzelt daher unmittelbar im Europarecht. c) Konzeptionelle Stimmigkeit im Gesamtzusammenhang des BGB und der Rechtsordnung im Übrigen aa) Einschränkungen der Privatautonomie Wie schon bei der Inhaltskontrolle im AGB-Recht ist auch im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs die Vertragsfreiheit als Ausprägung der Privatautonomie betroffen.457 Im Verbraucherschutzrecht kann eine Einschränkung der Privatautonomie meist darüber gerechtfertigt werden, dass aufgrund einer gestörten Vertragsparität gesetzliche Regelungen erforderlich sind, um die tatsächliche Entscheidungsfreiheit der „schwächeren Partei“ zu ermöglichen. Maßgeblich ist dabei aber nicht das Bild eines generell schwachen, unmündigen Verbrauchers, sondern es bedarf einer nä-
454 Windorfer, VuR 2014, 216, 221; davon geht auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme aus, BT-Drs. 17/12637, S. 92 und dem folgend die Gegenäußerung der Bundesregierung, BTDrs. 17/12637, S. 98. 455 Windorfer, VuR 2014, 216, 221. 456 Im Ergebnis ebenso Windorfer, VuR 2014, 216, 221, der mit dem nächsten Schritt des gemäß Art. 3 Abs. 5 Spiegelstrich 2 VGKRL verschuldensunabhängigen Rücktrittsrechts argumentiert. Meines Erachtens steht allerdings schon die Ausgestaltung der Nacherfüllung selbst in der VGKRL entgegen. 457 Vgl. zu den Begriffen und zur Bedeutung der Privatautonomie bereits oben C. V. 5. b) bb) (2).
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heren Begründung der Störung des Verhandlungsgleichgewichts.458 Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Handelsvertreter und zu Bürgschaften.459 Hier geht es nicht um Verbraucherschutzrecht im eigentlichen Sinn, es wird jedoch das Verständnis der Privatautonomie im Kontext des Schutzes des „Schwächeren“ deutlich. Zwar werden in der Bürgschaftsrechtsprechung Korrekturen der Zivilrechtsordnung bei struktureller Unterlegenheit einer Vertragspartei in typisierbaren Fallgestaltungen gefordert460 und auch die Handelsvertreterentscheidung stellt auf Ungleichgewichtslagen ab, die nur typisierend erfasst werden können.461 Anknüpfungspunkt ist aber jeweils die Sicherstellung individueller Selbstbestimmung der Vertragsparteien.462 Auf diese Rechtsprechung wurde in späteren Entscheidungen auf anderen Gebieten zurückgegriffen.463 (1) Anordnung zwingenden Rechts gemäß § 475 BGB Im eigentlichen Verbrauchsgüterkaufrecht ordnet § 475 BGB eine weitgehende halbzwingende Wirkung der Vorschriften des Kaufrechts, insbesondere des Mängelgewährleistungsrechts, an. Die Dispositivität der Normen des Schuldrechts als Ausdruck des Grundsatzes der Privatautonomie ist damit an dieser Stelle nicht mehr gegeben, es liegt vordergründig eine Einschränkung der Vertragsfreiheit und zwar der Inhalts- oder Gestaltungsfreiheit der Parteien vor.464 Damit stellt sich die Frage, ob hierdurch wirklich ein Bruch mit dem Grundsatz der Privatautonomie gegeben ist, oder ob sich die zwingende Ausgestaltung des Verbrauchsgüterkaufrechts über den Gedanken der Privatautonomie selbst rechtfertigen lässt oder sich anderweitig in das System des BGB und der Rechtsordnung einfügt. Die klassische Rechtfertigung der Begrenzung der Vertragsfreiheit im Verbraucherschutzrecht greift im Verbrauchsgüterkaufrecht nicht durch. Hier fehlt es nämlich neben der bloßen Unternehmer-Verbraucher-Situation an einer weitergehenden Begründung eines Verhandlungsungleichgewichts. Im Bereich der besonderen Vertriebsformen etwa liegt zusätzlich eine besonders gefährliche Situation bei Vertragsabschluss z. B. in Form des Fernabsatzes oder des Haustürgeschäfts vor.465 In 458
Hönn, S. 307 f.; Westermann, in: Gutachten III, S. 1, 72; Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 6 f.; Drexl, S. 40 f., 284 ff.; Heiderhoff, S. 262 f.; Meller-Hannich, S. 143 ff. 459 BVerfGE 81, 242; BVerfGE 89, 214; BVerfG NJW 1994, 2749; vgl. dazu weitgehend auch Drexl, S. 42 und Meller-Hannich, S. 45. 460 BVerfGE 89, 214, 232; dem folgend BVerfG NJW 1994, 2749, 2750. 461 BVerfGE 81, 242, 255. 462 BVerfGE 81, 242, 254 f.; BVerfGE 89, 214, 231 f.; BVerfG NJW 1994, 2749, 2750. 463 So z. B. zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen BVerfGE 103, 89, 100 f.; dem folgend BVerfG NJW 2001, 2248. 464 Fikentscher/Heinemann, Rn. 115; Meller-Hannich, S. 22. 465 Vgl. BT-Drs. 10/2876, S. 1, 6 (zum Haustürwiderrufsgesetz); BT-Drs. 14/2658, S. 15 (zum Fernabsatzgesetz); Canaris, AcP 200 (2000), 273, 346, 348; Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 123 f. jeweils noch zum Schutzzweck des Haustürwiderrufsgesetzes; Meller-
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
anderen Bereichen, wie z. B. dem Verbraucherkreditrecht, ergibt sich die weitergehende Begründung der fehlenden faktischen Entscheidungsfreiheit daraus, dass es sich schon vom Vertragstyp her um potentiell komplizierte, schwer überschaubare und gefahrtragende Rechtsverhältnisse handelt.466 Beim Verbrauchsgüterkauf hingegen wird weder eine besondere Abschlusssituation vorausgesetzt, noch stellt er einen besonders gefahrtragenden Vertragstyp dar. Der Kaufvertrag an sich ist vielmehr ein absolut alltägliches Rechtsgeschäft, das keine besondere Gefährdungssituation erkennen lässt.467 Im Übrigen finden sich Einschränkungen der Privatautonomie durch die Anordnung zwingenden Rechts im Schuldrecht insbesondere im Wohnraummietrecht oder im Arbeitsrecht.468 Hier kann das besondere Schutzbedürfnis daraus hergeleitet werden, dass es um für die Lebensführung existentiell wichtige Bereiche geht.469 Auch dies ist bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen nicht anzunehmen. Ein vergleichbares existentielles Bedürfnis hinsichtlich des Kaufvertragsschlusses ist nicht ersichtlich und auch ein mit dem Arbeits- oder Wohnraummietrecht vergleichbarer persönlicher Bezug ist nicht gegeben.470 Eine zwingende Wirkung von Rechtsvorschriften findet sich im Einzelfall ferner schlicht aus Wertungsgründen, wenn nämlich eine Abweichung als mit der Rechtsordnung absolut nicht vereinbar angesehen wird.471 Auch dieser Aspekt kommt für § 475 BGB jedoch nicht zum Tragen. Dass die zwingende Wirkung auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt ist und im allgemeinen Kaufrecht nicht gilt, zeigt ja gerade, dass eine solche Unerträglichkeit abweichender Vereinbarungen nicht angenommen wird.472 Weiterhin findet sich eine Anordnung zwingenden Rechts im Schuldrecht im Reisevertragsrecht in § 651m BGB. Diese Regelung existierte bereits vor Erlass der Pauschalreiserichtlinie, beruht also ursprünglich nicht auf europäischer Veranlassung, sondern kennzeichnet eine nationale Weiterentwicklung der Einschränkungen der Privatautonomie. Ein für die Lebensführung existentiell wichtiger Bereich vergleichbar mit dem Arbeits- oder Wohnraummietrecht ist hier nicht erfasst. Ferner wird auch keine besonders gefährliche Abschlusssituation vorausgesetzt. Eine Rechtfertigung der Begrenzung der Vertragsfreiheit kommt mithin allenfalls über die Hannich, S. 136. Zu der Situation nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie vgl. ausführlich E. V. 3. b) bb) (1). 466 Vgl. BT-Drs. 11/5462, S. 11; Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 172 f.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 348 f.; Heiderhoff, S. 262; Meller-Hannich, S. 139. 467 Roth, JZ 1999, 529, 532; Heiderhoff, S. 286 f., 315, 317; Meller-Hannich, S. 250; kritisch hinsichtlich der Legitimation der Unabdingbarkeitsklausel im Verbrauchsgüterkaufrecht daher Canaris, AcP 200 (2000), 273, 362 ff. 468 Vgl. z. B. §§ 536 Abs. 4, 551 Abs. 4, 553 Abs. 3, 619 BGB. 469 Fastrich, S. 232 f.; Zöllner, AcP 196 (1996), S. 1, 32 f.; Meller-Hannich, S. 24, 250. 470 Zöllner, AcP 196 (1996), S. 1, 34; Meller-Hannich, S. 250. 471 Vgl. z. B. § 276 Abs. 3 BGB oder die Absage an Haftungsausschlüsse bei Arglist in §§ 444, 639 BGB; Staudinger-Caspers, § 276 Rn. 119; Meller-Hannich, S. 23, 249. 472 Meller-Hannich, S. 249.
V. Analyse der Gesetzeslage
157
Annahme eines besonders gefahrtragenden Vertragstypus in Betracht. Meines Erachtens sind Reiseverträge nicht mit dem Paradebeispiel des gefährlichen Vertragstyps, dem Verbraucherkreditrecht, vergleichbar. Sie sind zwar angesichts der Kombination verschiedener Vertragstypen und verschiedener Leistungen durchaus von gewisser Komplexität, dennoch aber überschaubarer als etwa Verbraucherkreditgeschäfte und beinhalten trotz der durchaus oftmals höheren Kosten für eine solche Reise kein dem Verbraucherkreditrecht entsprechendes wirtschaftliches, namentlich Verschuldungsrisiko.473 So wird auch in der Gesetzesbegründung zum Pauschalreiserecht nur allgemein mit dem Ziel einer Verbesserung der Rechtsstellung des Verbrauchers und der großen Bedeutung der Pauschalreise in der Wirtschaft und für den einzelnen Reisenden argumentiert.474 Eine besondere Situation liegt im Pauschalreiserecht aber insoweit vor, als die Leistungen weitgehend im Ausland erbracht werden und die Zahlung in der Regel im Voraus erfolgt.475 Außerdem ist die reibungslose Durchführung des Vertrags nicht ohne weiteres absehbar und oftmals vom Reisenden auch nicht beeinflussbar.476 Eine gewisse, wenn auch schwächere Rechtfertigung der Einschränkung der Vertragsfreiheit als in den bereits erwähnten Konstellationen ist also auch hier zu erkennen.477 Darüber hinaus erfolgt und erfolgte bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung eine Einschränkung der Privatautonomie über die Inhaltskontrolle des AGBRechts.478 Auch dem AGB-Recht liegt mit der Verwendung von AGB jedoch eine besondere Abschlusssituation zu Grunde, aus der ein erhöhtes Schutzbedürfnis hergeleitet werden kann. Dies gilt auch noch beim Verbrauchervertrag, bei dem gemäß § 310 Abs. 3 BGB, der Nachfolgerregelung des § 24a AGBG, Modifikationen am Anwendungsbereich vorgenommen werden. Die besondere Abschlusssituation beruht dann noch auf der Vorformulierung der Vertragsbedingungen und der fehlenden Einflussnahmemöglichkeit des Verbrauchers.479 Freilich ist diese Regelung ohnehin selbst europarechtlich veranlasst.480 473
Vgl. zum Verbraucherkreditrecht Canaris, AcP 200 (2000), 273, 349; Meller-Hannich, S. 139. 474 BT-Drs. 8/786, S. 10; BT-Drs. 8/2343, S. 6, 13 zur Vorgängerregelung des § 651k BGB a.F. 475 Vgl. Erwägungsgrund 9 der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (90/314/EWG), ABl. EG Nr. L 158 vom 23. 06. 1990, S. 59. 476 Roth, JZ 2001, 475, 481, das einseitige Stellen der Vertragsbedingungen, mit dem Roth außerdem argumentiert, wird meines Erachtens von den §§ 651a ff. BGB nicht explizit vorausgesetzt. 477 In diese Richtung wohl auch, allerdings ohne nähere Begründung Canaris, Schuldrechtsreform, S. XXIX, Fn. 63, der meint, dass Verbrauchsgüterkauf- und Pauschalreiserecht in dieser Hinsicht nicht vergleichbar seien; Drexl, S. 399 f., der auch beim Pauschalreiserecht von einer „situationsbezogene[n] … Schutzbedürftigkeit“ spricht; Meller-Hannich, S. 143. 478 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (1) und ausführlicher C. V. 5. b) bb) (2). 479 Vgl. oben C. V. 5. b) bb) (2). Die Anforderungen sind hier aber geringer als im allgemeinen AGB-Recht, so dass der Grundsatz der Privatautonomie hierdurch weiter eingeschränkt wurde.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Bleibt noch die nach wie vor als Grenze des Missbrauchs der Vertragsfreiheit der Parteien bestehende Regelung des § 138 BGB.481 Mit dieser ist die Unabdingbarkeitsklausel des § 475 BGB jedoch in keiner Weise vergleichbar. In gesetzestechnischer Hinsicht handelt es sich bei § 138 Abs. 1 BGB um eine Generalklausel, für deren Tatbestand der unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff der guten Sitten maßgeblich ist.482 Die Wertausfüllungsbedürftigkeit wird schon anhand der gängigen Umschreibung der Sittenwidrigkeit als gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßend483 deutlich. § 138 Abs. 2 BGB enthält nicht abschließende Regelbeispiele zur Konkretisierung dieser sehr weit gefassten und abstrakten Generalklausel in bestimmten Fällen.484 Über § 138 BGB soll lediglich die Einhaltung eines ethischen Minimums gewährleistet werden.485 Vorzunehmen ist dabei jeweils eine Gesamtwürdigung aller Umstände.486 Demgegenüber ist die Unabdingbarkeitsklausel des § 475 BGB in ihrem Anwendungsbereich auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt und insoweit deutlich konkreter als § 138 BGB.487 Sie ordnet ganz pauschal ohne jegliche Berücksichtigung von Umständen des Einzelfalles die einseitige Unabdingbarkeit bestimmter Regelungen an. Allerdings ist die Möglichkeit gestaltend auf den Vertragsinhalt gerade auch in Hinblick auf die Mangelgewährleistung einzuwirken im Verbrauchsgüterkaufrecht nicht in dem großen Umfang eingeschränkt, wie dies durch die Anordnung der zwingenden Wirkung in § 475 Abs. 1 S. 1 BGB erscheint.488 Zum einen lässt § 475 BGB selbst Gestaltungsspielräume offen, so gemäß Absatz 1 Satz 1 für Vereinbarungen zu Gunsten des Verbrauchers und nach Mangelmitteilung, gemäß Absatz 2 in gewissem Umfang im Verjährungsrecht und gemäß Absatz 3 im Bereich des Schadensersatzes.489 Zum anderen kann durch das Treffen einer Beschaffenheitsvereinbarung Einfluss darauf genommen werden, wann ein Mangel als Grundvoraussetzung für das Gewährleistungsrecht vorliegt und damit auf den Haftungsum-
480
Vgl. dazu oben C. II. Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (1). 482 Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 667, 669; Rüthers/Stadler, § 26 Rn. 27. 483 Vgl. nur BGHZ 10, 228, 232; BGHZ 69, 295, 297; BGHZ 141, 357, 361; Palandt-Ellenberger, § 138 Rn. 2. 484 MüKoBGB-Armbrüster, § 138 Rn. 142; BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 138 Rn. 41. 485 BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 138 Rn. 2.1. 486 Vgl. nur BGHZ 86, 82, 88; BGHZ 107, 92, 97; BGHZ 141, 357, 361; Rüthers/Stadler, § 26 Rn. 31; differenzierend Staudinger-Sack/Fischinger, § 138 Rn. 6 f. 487 Vgl. dazu bereits den Vergleich des Verbrauchsgüterkaufrechts mit dem allgemeinen Kaufrecht in Hinblick auf den Grad der Abstraktion unter D. V. 4. Im Vergleich mit § 138 BGB gilt dies umso mehr. 488 Schulte-Nölke, ZGS 2002, 72; Meller-Hannich, S. 252 f.; auch Grundmann, JZ 2000, 1133, 1136 zur VGKRL. 489 Vgl. Meller-Hannich, S. 253. 481
V. Analyse der Gesetzeslage
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fang.490 Allerdings ist auch dies nicht grenzenlos möglich. Vielmehr ist stets die Frage zu stellen, ob eine zulässige negative Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt oder doch bereits funktional ein Haftungsausschluss, so dass sich der Unternehmer auf die Vereinbarung als Umgehungsgeschäft i.S.d. § 475 Abs. 1 S. 2 BGB nicht berufen kann. Eine zulässige Beschaffenheitsvereinbarung setzt dabei eine konkrete Beschreibung des Zustands bzw. der Mängel der Kaufsache voraus, von der der Käufer auch nach den sonstigen Umständen annehmen darf, dass sie zutreffend ist, und nicht berechtigterweise die Hoffnung haben darf, die Sache sei ungeachtet dessen vielleicht doch einwandfrei.491 Nicht ausreichend ist es auch, auf bloß mögliche Mängel der Kaufsache zu verweisen. Der Käufer kann in Abgrenzung zu § 475 Abs. 1 S. 1 BGB gerade keine unerkannten Risiken über eine solche negative Beschaffenheitsvereinbarung übernehmen.492 Hier zeigt sich ein Zusammenhang mit dem Gedanken, dass ein informierter Verbraucher faktisch frei in seiner Entscheidung ist.493 Sofern das übernommene Risiko für den Verbraucher von vornherein hinreichend transparent ist, bestehen Gestaltungsspielräume.494 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anordnung zwingenden Rechts in § 475 Abs. 1 BGB zur Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 VGKRL zunächst eine relativ weitgehende Einschränkung der Privatautonomie enthält. Bei genauerer Betrachtung relativiert sich die Begrenzung der Privatautonomie zwar, nichtsdestotrotz wird die Vertragsfreiheit spürbar beschnitten, da insbesondere die Übernahme noch unerkannter Risiken durch den Verbraucher ausgeschlossen ist. Ein wirklich rechtfertigendes Element für diesen Eingriff in die Privatautonomie ist nicht ersichtlich. (2) Transparenzgebot, Informationsgebot und Formanspruch gemäß § 477 Abs. 1 bis 3 BGB Für eine dem Verbraucher gewährte Garantie statuiert § 477 BGB entsprechend den Vorgaben in Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 VGKRL in seinem Absatz 1 Satz 1 ein Transparenzgebot, in Absatz 1 Satz 2 Informationspflichten und in Absatz 2 einen Anspruch des Verbrauchers auf Mitteilung der Garantieerklärung in bestimmter Form. Die Regelung wird durch die Anordnung ihrer zwingenden Geltung gemäß § 475 Abs. 1 S. 1 BGB flankiert. Hierdurch erfolgt lediglich eine Besserstellung des 490
Westermann, JZ 2001, 530, 536; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1794; Schulte-Nölke, ZGS 2002, 72, 74; Meller-Hannich, S. 146, 253 f. 491 Schinkels, ZGS 2003, 310, 312 ff.; Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 537 ff.; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 475 Rn. 8 ff.; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 475 Rn. 58 ff. 492 Schinkels, ZGS 2003, 310, 313 f.; ders., ZGS 2005, 333, 334; Maultzsch, ZGS 2005, 175, 177; MüKoBGB-Lorenz, § 475 Rn. 9; Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 539; a.A. Schulte-Nölke, ZGS 2003, 184, 187, der Risikogeschäfte bei ausreichend informierter Entscheidung des Verbrauchers für zulässig erachtet; in diese Richtung auch Adolphsen, in: FS Schapp, S. 1, 12 f., der aber wohl konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Mängel fordert. 493 Vgl. dazu Zerres, JA 2002, 166, 169; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 347 f. 494 Schulte-Nölke, ZGS 2002, 72, 77 f.; Meller-Hannich, S. 257 ff.; auch Grundmann, JZ 2000, 1133, 1136 zur VGKRL.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Verbrauchers gegenüber dem allgemeinen Kaufrecht was die Formalien der Garantie angeht. Materiell-rechtlich bleibt es bei der Regelung gemäß § 443 BGB. Die Parteien können demnach die Garantie nach wie vor inhaltlich nach ihrem Ermessen ausgestalten, lediglich die Informationssituation wird zu Gunsten des Verbrauchers verbessert.495 Der damit einhergehende Eingriff in die Privatautonomie ist also deutlich geringer als bei § 475 BGB im Übrigen496 und dient der Gewährleistung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers, indem die Informationsverantwortlichkeit verlagert wird, mithin der Durchsetzung materialer Privatautonomie.497 Allerdings greift beim Verbrauchsgüterkauf, wie gezeigt, die klassische Rechtfertigung für Einschränkungen der Vertragsfreiheit im Verbraucherschutzrecht nicht durch, da weder eine besondere Abschlusssituation, noch ein besonders gefahrtragender Vertragstyp vorliegt.498 Im Gesamtzusammenhang des BGB stellt die Vorschrift des § 477 BGB keinen Fremdkörper dar. Ausdrücklich normierte Informationspflichten im Zusammenhang mit einem Transparenzgebot und einer Formvorschrift bzw. einem Formanspruch oder auch nur im Zusammenhang mit dem einen oder dem anderen finden sich vielfach im BGB, so im Fernabsatzrecht, beim elektronischen Geschäftsverkehr, beim Teilzeit-Wohnrechtevertrag, im Verbraucherkreditrecht, beim Betriebsübergang, im Reisevertragsrecht und bei den Zahlungsdiensten.499 Diese beruhen jedoch allesamt auf europarechtlicher Veranlassung, drücken mithin keine nationale Entwicklung aus.500 Lediglich im Bereich des Verbraucherkreditrechts wurde bei der 495
Rn. 3.
BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 1; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477
496 Vgl. Grundmann, JZ 2000, 1133, 1137 f., der darlegt, dass mit inhaltlich zwingenden Regeln die Gestaltungsvielfalt vermindert wird, wohingegen die flankierend als zwingendes Recht ausgestalteten Informationsregeln lediglich eine dann privatautonome Entscheidung vorbereiten. 497 Fleischer, S. 205 f.; Zerres, JA 2002, 166, 169; Meller-Hannich, S. 180 ff, 227; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 347 f. 498 Vgl. oben D. V. 6. c) aa) (1). 499 Vgl. nur zum Fernabsatz und den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge §§ 312d, 312f BGB, Art. 246a, Art. 246b EGBGB; zum elektronischen Geschäftsverkehr § 312i BGB, Art. 246c EGBGB; zum Teilzeit-Wohnrechtevertrag § 482 BGB, Art. 242 § 1 EGBGB; zum Verbraucherkreditrecht §§ 491a, 492 BGB, Art. 247 EGBGB; zum Betriebsübergang § 613a Abs. 5 BGB; zum Reisevertragsrecht § 651a BGB, Art. 238 EGBGB, BGBInfoV; zu den Zahlungsdiensten § 675d BGB, Art. 248 EGBGB. Die Informationspflichten zu den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen wurden dabei erst im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie eingefügt, ebenso wie die Informationspflichten allgemein für Verbraucherverträge gem. § 312a BGB, Art. 246 EGBGB. 500 Vgl. etwa zum Fernabsatz Art. 4, 5 der RL 97/7/EG (s. A., Fn. 2) und Art. 3, 5 der RL 2002/65/EG (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG Nr. L 271 vom 09. 10. 2002, S. 16) und nunmehr Art. 6, 8 der RL 2011/83/EU (s. A., Fn. 8); zum elektronischen Geschäftsverkehr Art. 10, 11 RL 2000/31/EG (s. D., Fn. 23); zum Teilzeit-Wohnrechtevertrag Art. 3, 4 der RL 94/47/EG (Richtlinie 94/47/EG des Europäischen
V. Analyse der Gesetzeslage
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erstmaligen Richtlinienumsetzung auf diesem Gebiet auf bereits bestehende Informationspflichten aus dem damaligen Abzahlungsgesetz zurückgegriffen.501 Hierbei handelt es sich jedoch um einen potentiell gefahrtragenden Vertragstyp,502 so dass keine Vergleichbarkeit mit dem Verbrauchsgüterkaufrecht gegeben ist. Auch im Übrigen liegen zudem weitgehend besondere Vertragssituationen oder potentiell gefährliche Vertragstypen vor.503 Gänzlich fremd sind dem Konzept des BGB Transparenz- und Informationsgebot jedoch auch ohne europarechtliche Veranlassung nicht. Das Transparenzgebot verankerte die Rechtsprechung im AGB-Recht bereits vor Erlass der Klauselrichtlinie in der Generalklausel des § 9 AGBG, es wurde in Umsetzung dieser später lediglich klarstellend explizit in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB aufgenommen.504 Weitere Ausprägungen des Transparenzgebots finden sich im AGB-Recht insbesondere in §§ 305 Abs. 2 Nr. 2, 305c BGB, die den §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 3, 5 AGBG nachfolgten.505 Im Zuge der AGB-Rechtsprechung hatte der BGH auch bereits das Bedürfnis nach einem deutlichen Hinweis auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte in Garantieerklärungen angesprochen.506 Auch dem AGB-Recht liegt jedoch mit der Verwendung von AGB, selbst beim Verbrauchervertrag mit den Modifikationen gemäß § 310 Abs. 3 BGB, eine besondere Abschlusssituation zu Grunde, aus der ein erhöhtes Schutzbedürfnis hergeleitet werden kann.507 Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl. EG Nr. L 280 vom 29. 10. 1994, S. 83) und später Art. 4 RL der 2008/122/EG (Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen, ABl. EU Nr. L 33 vom 03. 02. 2009, S. 10); zum Verbraucherkreditrecht Art. 4, 6 der RL 87/102/ EWG (Richtlinie des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (87/102/EWG), ABl. EG Nr. L 42 vom 12. 02. 1987, S. 48) und später Art. 5, 6, 10 der RL 2008/48/EG (s. A., Fn. 16); zum Betriebsübergang Art. 7 Abs. 6 RL 2001/23/EG (Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, ABl. EG Nr. L 82 vom 22. 03. 2001, S. 16); zum Reisevertragsrecht Art. 3, 4 der RL 90/314/EWG (s. D., Fn. 475); zu den Zahlungsdiensten Art. 3, 4 RL 97/5/EG (s. A., Fn. 3) und später Art. 30 ff. der RL 2007/64/EG (Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/ EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl. EU Nr. L 319 vom 05. 12. 2007, S. 1). 501 BT-Drs.11/5462, S. 12. 502 Vgl. D., Fn. 466. 503 Vgl. schon oben D. V. 6. c) aa) (1). 504 Vgl. oben C. II. und V. 5. a) bb) (1). 505 Vgl. dazu Staudinger-Coester, § 307 Rn. 171 ff. 506 BGHZ 79, 117, 124; BGHZ 104, 82, 93 f. 507 Vgl. schon oben C. V. 5. b) bb) (2) und D. V. 6. c) aa) (1).
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Informations- bzw. Aufklärungspflichten wurden und werden von der Rechtsprechung darüber hinaus unabhängig von den europarechtlich veranlassten Normierungen angenommen. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Haftung aus culpa in contrahendo508 oder der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB.509 Maßgeblich für das Bestehen von Aufklärungspflichten ist danach der Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung.510 Eine gesetzliche Verankerung findet sich mithin in § 242 BGB, mittlerweile sind die Rücksichtnahmepflichten im Schuldverhältnis auch in § 241 Abs. 2 BGB kodifiziert. Inwieweit daneben ein Rückgriff auch auf § 242 BGB noch erforderlich ist, ist zweifelhaft.511 Selbst dies ablehnende Stimmen billigen der Norm aber teilweise hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der einzelnen Pflichten Ergänzungsfunktion gegenüber § 241 Abs. 2 BGB zu512 oder ziehen §§ 157, 242 BGB für die Auslegung des Schuldverhältnisses zur Ermittlung der Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB heran.513 Gesetzestechnisch sind diese althergebrachten Informations- und Aufklärungspflichten mit der Regelung in § 477 BGB in keiner Hinsicht vergleichbar. Bei § 477 BGB zeigen sich in Absatz 1 Satz 2 kasuistische Tendenzen. Zwar wird unter der Nummer 2 mit den „wesentlichen Angaben“ ein unbestimmter Rechtsbegriff verwendet, durch die nachfolgenden Konkretisierungen wird jedoch auch hier das Abstraktionsniveau abgesenkt.514 Bei §§ 157, 242 BGB dagegen handelt es sich um Generalklauseln mit einem sehr hohen Abstraktionsniveau. Jedenfalls mit „Treu und Glauben“ wird ein wertausfüllungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff verwendet.515 Bei § 241 Abs. 2 BGB werden die Nebenpflichten über die Rücksichtnahmepflicht „auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils“ zumindest äußerst allgemein umschrieben, so dass auch hier ein sehr hohes Abstraktionsniveau und ein Bedürfnis zur Konkretisierung gegeben ist. Ob dabei auch von unbestimmten Rechtsbegriffen auszugehen ist, erscheint zweifelhaft, wenngleich die Grenzen fließend sind. Die Norm wird aber dennoch als Generalklausel eingeordnet oder weitergehend gar als Blankettnorm.516 Unabhängig davon, worauf man die 508 Z. B. RGZ 120, 249, 251 f.; BGH NJW 1970, 653, 655; BGH NJW 2007, 3057, 3059; BGH NJW-RR 2009, 1101, 1102. 509 Z. B. BGH NJW 1989, 763, 764; BGH NJW-RR 1991, 439, 440; BGH NJW 2010, 3362. 510 Vgl. die Nachweise unter D., Fn. 508 und Fn. 509. 511 Erman-Böttcher/Hohloch, § 242 Rn. 67 ff.; Palandt-Grüneberg, § 241 Rn. 1, § 242 Rn. 23; ablehnend BeckOK-Sutschet (01. 11. 2014), § 241 Rn. 42, § 242 Rn. 31; Erman-Westermann, § 241 Rn. 3 unterscheidet zwischen Treupflichten, die sich aus § 242 BGB ergeben und den Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, wobei es aber insbesondere bei den Informationsund Aufklärungspflichten Überschneidungen gäbe. 512 BeckOK-Sutschet (01. 11. 2014), § 241 Rn. 42, § 242 Rn. 31. 513 Erman-Westermann, § 241 Rn. 10. 514 Vgl. oben D. V. 4. 515 So auch Kamanabrou, AcP 202 (2002), 662, 669; MüKoBGB-Roth/Schubert, § 242 Rn. 3. 516 Canaris, JZ 2001, 499, 519; MüKoBGB-Bachmann/Roth, § 241 Rn. 51; Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, S. 305, 317; Erman-Westermann, § 241 Rn. 2; Palandt-Grüneberg,
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althergebrachten Informations- und Aufklärungspflichten stützt, sind sie jedenfalls im Einzelfall zu ermitteln.517 Bei § 477 BGB ist dagegen eine gewisse Typisierung der Informationspflichten gegeben. Dies gilt insbesondere für § 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB und die Konkretisierung in § 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Hs. 2 BGB. Hinsichtlich der Informationen über den Inhalt der Garantie kommt es zwar für die Einzelheiten auf den Einzelfall an, was sich schon zwingend daraus ergibt, dass die Ausgestaltung der Garantie gesetzlich nicht geregelt ist, sondern dem Belieben der Parteien überlassen ist.518 Dass aber eine Informationspflicht diesbezüglich besteht, wird bereits gesetzlich angeordnet und ergibt sich nicht erst einzelfallbezogen. Auch ist § 477 BGB von seinem Anwendungsbereich her viel konkreter als §§ 157, 242, 241 Abs. 2 BGB, die für Verträge bzw. Schuldverhältnisse allgemein gelten.519 Letztlich begründen die deutlich abstrakter gehaltenen Regelungen der §§ 157, 242, 241 Abs. 2 BGB mithin einzelfallbezogene Informations- und Aufklärungspflichten, wohingegen die konkreter ausgestaltete Norm des § 477 BGB insoweit typisiert. Allerdings bestehen neuerdings auch in anderen Bereichen im BGB explizit geregelte Informationspflichten, die nicht auf europarechtlicher Veranlassung beruhen, in ihrer gesetzestechnischen Ausgestaltung § 477 BGB jedoch ziemlich ähnlich sind. Die Rede ist von den Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber Patienten beim Behandlungsvertrag gemäß §§ 630c, 630e BGB. Auch hier finden sich zunächst allgemeine Umschreibungen unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die anschließend, wenn auch nicht abschließend, konkretisiert werden. Die Regelungen sind aber hinsichtlich ihrer Legitimation für die Einschränkung der Privatautonomie nicht vergleichbar, da der Behandlungsvertrag angesichts der „Komplexität der Medizin“ und der „Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten“520 als besonders gefahrtragender Vertragstypus eingestuft werden kann. Als Ausdruck der Verschiebung der Informationsverantwortlichkeit im BGB könnten daneben die zahlreichen Regelungen im BGB angesehen werden, die an ein arglistiges Verschweigen bestimmte Rechtsfolgen knüpfen.521 Im Kaufrecht sind dies heute die §§ 438 Abs. 3 S. 1, 442 Abs. 1 S. 2, 444 BGB, entsprechende Regelungen fanden sich u. a. mit den §§ 460 S. 2, 463 S. 2, 477 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. auch bereits vor der Schuldrechtsreform und der damit einhergehenden teilweise europarechtlich § 241 Rn. 7; Dauner-Lieb, JZ 2001, 8, 16 spricht in diesem Zusammenhang kritisch von „inhaltsleere[n] Normhülsen“. 517 BGH NJW-RR 1989, 211, 212; BGH NJW-RR 1998, 1406; BGH NJW 2001, 2021; BGH NJW-RR 2009, 1101, 1102; BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 123 Rn. 11, Gehrlein/ Sutschet, § 311 Rn. 71; MüKoBGB-Emmerich, § 311 Rn. 72. 518 BT-Drs. 14/6040, S. 246; MüKoBGB-Lorenz, § 477 Rn. 7. 519 Vgl. dazu auch bereits oben D. V. 4. 520 BT-Drs. 17/10488, S. 9. 521 Vgl. Fleischer, S. 469, 485. Sofern auch hier als Zwischenschritt vorausgesetzt wird, dass eine Aufklärungspflicht nach Treu und Glauben im Einzelfall besteht (vgl. dazu Fleischer, S. 488 f.; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 438 Rn. 101 jeweils m.w.N.), gilt das im Zusammenhang mit der cic-Haftung und § 123 BGB Ausgeführte entsprechend.
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beeinflussten Umgestaltung des deutschen Kaufrechts. Auch § 123 BGB, der an eine arglistige Täuschung anknüpft, kann in diesem Zusammenhang gesehen werden.522 Für die Verlagerung der Informationsverantwortlichkeit wird dabei aber jeweils an die Arglist angeknüpft, wohinter wiederum der Gedanke steht, dass der arglistig Handelnde weniger schutzwürdig ist. Vergleichbares findet sich bei § 477 BGB nicht. Auch werden nicht wie bei § 477 BGB Informationspflichten explizit normiert, sondern diese werden vielmehr vorausgesetzt, um an deren arglistige Nichterfüllung bestimmte Rechtsfolgen zu knüpfen. Die Regelung des § 477 BGB ist alles in allem als neue Entwicklung im BGB anzusehen. Mit den althergebrachten Informations- und Aufklärungspflichten ist sie gesetzestechnisch nicht vergleichbar. Von den neueren, konkreter normierten Informationspflichten unterscheidet sich die Vorschrift dadurch, dass keine weitergehende Rechtfertigung der Beschränkung der Vertragsfreiheit über eine besondere Abschlusssituation oder einen potentiell gefahrtragenden Vertragstypus gegeben ist. Ein wirklicher Bruch mit dem Grundsatz der Privatautonomie lässt sich meiner Ansicht nach trotzdem nicht annehmen, da der Eingriff über Informationspflichten eher gering ist und dennoch der Gewährleistung materialer Privatautonomie dient. (3) Einschränkungen der Privatautonomie im Unternehmerregress – insbesondere die Anordnung eingeschränkter Unabdingbarkeit gemäß § 478 Abs. 4 BGB Ein Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie, namentlich der Vertragsfreiheit, lohnt sich auch im Bereich des Unternehmerregresses. Einerseits wurde der Gedanke der Vertragsfreiheit hier strikt umgesetzt, indem kein Direktanspruch des Letztverkäufers gegen den Hersteller, aus dessen Sphäre in der Regel der Mangel stammen wird, normiert wurde.523 Auch der Rückgriff weiter entlang der Lieferkette über §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB erfolgt stets in den jeweiligen Vertragsverhältnissen. Das Prinzip der Relativität von Schuldverhältnissen wurde also gewahrt.524 Dieses stellt im vertraglichen Bereich eine Konsequenz der Kontrahentenwahlfreiheit als Ausprägung der Vertragsfreiheit dar und zieht die Grenze der Vertragsfreiheit der am Vertrag Beteiligten dort, wo die negative Vertragsfreiheit Dritter betroffen würde.525 Da der Unternehmerregress seinen Grund letztlich in den vertraglichen Beziehungen entlang der Lieferkette hat und der Hersteller sich lediglich seinen unmittelbaren Käufer als Vertragspartner ausgesucht hat, wäre ein Direktanspruch mit dem Prinzip der Relativität der Schuldverhältnisse nur schwer vereinbar gewesen. 522
Fleischer, S. 485. Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 247. 524 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 730; Ziegler/Rieder, ZIP 2001, 1789, 1797; Staudinger-Matusche-Beckmann, Vorb. zu §§ 478 ff. Rn. 13. 525 Neuner, JZ 1999, 126, 126 f.; Staudinger-Olzen, § 241 Rn. 304, Busche, Eckpfeiler F. Rn. 17. 523
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Andererseits existiert aber auch im Bereich des Unternehmerregresses mit § 478 Abs. 4 BGB eine Regelung, die eine zwingende Wirkung, wenn auch unter Einschränkung, anordnet.526 Dies sticht aus der Gesamtsystematik des BGB heraus. Ähnliche Regelungen finden sich zwar im BGB auch in §§ 552 Abs. 2, 591a S. 3 BGB, betreffen dort aber nicht den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern, sondern das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter bzw. Verpächter und Pächter. Deutliche Einschränkungen der Privatautonomie ergeben und ergaben sich aber durch das AGB-Recht.527 Dieses ist auch im unternehmerischen Rechtsverkehr anwendbar, allerdings gemäß § 310 Abs. 1 BGB, der Nachfolgerregelung des § 24 AGBG, mit bestimmten Einschränkungen, wenngleich diese durch die Rechtsprechung in der Vergangenheit relativiert wurden.528 Hier werden aber nun Individualvereinbarungen zwischen Unternehmern einer Art Inhaltskontrolle unterzogen, indem sie darauf geprüft werden müssen, ob ein gleichwertiger Ausgleich für die Abweichung von den gesetzlichen Regelungen gewährt wird.529 Außerdem ist auch die eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB nicht vergleichbar mit der Missbrauchsgrenze der Privatautonomie in § 138 BGB. Zwar enthält sie mit dem Begriff des gleichwertigen Ausgleichs ebenfalls einen unbestimmten Rechtsbegriff530 und steht der Generalklausel des § 138 BGB damit näher als etwa die Unabdingbarkeitsklausel des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB.531 In Hinblick auf den Grad der Abstraktion sind aber auch diese beiden Regelungen sehr verschieden. Neben dem deutlich konkreteren Anwendungsbereich der eingeschränkten Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB532 ist auch der Tatbestand enger gefasst, indem genau bezeichnet wird, von welchen Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf. Schließlich will § 138 BGB lediglich ein ethisches Mindestmaß sichergestellt wissen,533 wohingegen über § 478 Abs. 4 S. 1 BGB eine wirtschaftliche Gleichstellung mit der Gesetzeslage gewährleistet wird.534 In die Systematik des BGB fügt sich die Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 BGB also nicht so recht ein. Freilich relativiert sich die Beschränkung der Privatautonomie wie schon bei § 475 BGB535 dadurch, dass Vereinbarungen zu Gunsten des Rückgriffsgläubigers, nach Mangelmitteilung oder in Hinblick auf Schadensersatzansprüche möglich bleiben. Außerdem muss auch beim Regress entlang der Lieferkette jeweils ein Mangel vorliegen, so dass auch hier über Be526
Vgl. schon oben D. V. 5. a) bb) (2). Drexl, S. 328. 528 Vgl. dazu bereits oben D. V. 5. a) bb) (2) und D., Fn. 276. 529 So kritisch von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733; Schumacher, S. 219. 530 Vgl. dazu D. V. 4. 531 Vgl. zum Vergleich des § 138 BGB mit § 475 Abs. 1 S. 1 BGB oben D. V. 6. c) aa) (1). 532 Vgl. das Argument bei dem Vergleich der Unabdingbarkeitsklausel des § 475 Abs. 1 S. 1 BGB mit § 138 BGB unter D. V. 6. c) aa) (1) und D., Fn. 487. 533 Vgl. dazu D., Fn. 485. 534 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (2) und D., Fn. 272. 535 Vgl. oben D. V. 6. c) aa) (1). 527
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schaffenheitsvereinbarungen auf die Haftung Einfluss genommen werden kann.536 Schließlich handelt es sich an dieser Stelle eben um eine eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel.537 Sofern ein gleichwertiger Ausgleich erfolgt, sind Vereinbarungen ebenfalls möglich. Der unternehmerische Rechtsverkehr, insbesondere der dann oft betroffene Handelsverkehr, ist aber gekennzeichnet durch die Selbstverantwortlichkeit der Kaufleute. Deshalb und aufgrund des Bedürfnisses nach flexiblen Lösungen und damit auch nach Gestaltbarkeit der Rechtsverhältnisse hat die Privatautonomie in diesem Bereich einen besonders hohen Stellenwert.538 Hierzu steht auch diese relativierte Beschränkung der Privatautonomie in einem Widerspruch und erweist sich als systemwidrig.539 Darüber hinaus wird das Bedürfnis des Handelsverkehrs nach Rechtssicherheit540 hier berührt, da mit dem gleichwertigen Ausgleich ein bislang unbekannter unbestimmter Rechtsbegriff eingeführt wird.541 Dies schränkt die verbliebene Vertragsfreiheit überdies faktisch ein, da für die Parteien unklar bleibt, wie genau sie von dem gegebenen Spielraum Gebrauch machen können.542 Schließlich zeigt auch ein Blick ins HGB, dass sich die eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 BGB in das Verständnis vom unternehmerischen Rechtsverkehr und dem Handelsverkehr nicht harmonisch einfügt. Dort finden sich nur vereinzelt Regelungen, die Vereinbarungen zwischen den Parteien ausschließen. Diese betreffen zum einen das besondere Verhältnis zwischen Handelsvertretern und Unternehmen.543 Weiterhin gibt es im Frachtrecht oder in Anlehnung an das Frachtrecht neben spezifisch verbraucherschützenden Regelungen allgemeine Vorschriften, durch die aber lediglich Vereinbarungen in AGB ausgeschlossen werden bzw. wonach diese nur eingeschränkt möglich sind.544 Daneben wird durch § 354a HGB die Vertragsfreiheit zwischen Kaufleuten eingeschränkt. Die Vorschrift wird aber ihrerseits kritisiert und stellt eine Besonderheit im Handelsverkehr dar.545 Auch aus vereinzelten Regelungen im Seehandelsrecht546 werden sich 536 BT-Drs. 14/6040, S. 248; Schumacher, S. 139 ff, 160 f.; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 10. 537 Vgl. oben D. V. 5. a) bb) (2). 538 Baumbach/Hopt-Hopt, Einl. vor § 1 Rn. 4; Canaris, Handelsrecht, § 1 Rn. 16 f.; Schumacher, S. 219. 539 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2562 f.; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 733; Schumacher, S. 219. 540 Canaris, Handelsrecht, § 1 Rn. 16. 541 Das Schuldrecht 2002-Buck, S. 105, 177; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; Schumacher, S. 211, 219; vgl. auch schon oben D. V. 4. 542 Höpker, S. 214. 543 Vgl. Canaris, Handelsrecht, § 15 Rn. 16; Koller/Kindler/Roth/Morck-Roth, Einl. vor § 1 Rn. 8. 544 Koller/Kindler/Roth/Morck-Roth, Einl. vor § 1 Rn. 4a, 8; vgl. §§ 449, 451h, 452d, 466 HGB. 545 Canaris, Handelsrecht, § 26 Rn. 17, 39; Koller/Kindler/Roth/Morck-Roth, Einl. vor § 1 Rn. 8 („gesetzgeberischer Missgriff“). 546 Vgl. §§ 512, 551, 581 Abs. 3 HGB.
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keine anderen Grundsätze für den allgemeinen Handelsverkehr herleiten lassen. Zuletzt vermag auch der mittelbar mit dem Unternehmerregress bezweckte Verbraucherschutz die Einschränkung der Privatautonomie in diesem Bereich nicht entsprechend dem bestehenden System des BGB zu rechtfertigen,547 zumal dies schon beim unmittelbaren Verbraucherschutz gemäß § 475 BGB kaum gelang.548 Der Gedanke des „Schutze[s] der meist schwächeren Händler“549 wird nicht näher begründet und steht im Widerspruch zum bisherigen Bild des unternehmerischen Rechtsverkehrs, insbesondere des Handelsverkehrs, wo gerade von einer geringeren Schutzbedürftigkeit ausgegangen wird.550 Zu beachten ist jedoch, dass die Regelung nicht europarechtlich bedingt ist, sondern vielmehr auf einer freien Entscheidung des nationalen Gesetzgebers beruht.551 Zwar bleiben die Vorgaben des Art. 4 VGKRL zum Unternehmerregress äußerst vage, so dass im Einzelnen auch äußerst umstritten ist, inwieweit sich daraus ein Umsetzungsbedarf für das nationale Recht ergibt.552 Was die Unabdingbarkeit der Regelungen des Unternehmerregresses angeht, fehlen meiner Ansicht nach jedoch klar europarechtliche Vorgaben. So verlangt Art. 4 VGKRL selbst keine Anordnung zwingender Geltung im Bereich des Unternehmerregresses. Art. 7 Abs. 1 VGKRL betrifft dagegen nur das Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher selbst, so dass der Umkehrschluss naheliegt, dass darüber hinaus auch keine zwingende Geltung erforderlich ist.553 Zudem bleibt laut Erwägungsgrund 9 VGKRL der Grundsatz der Vertragsfreiheit in den vorgelagerten Rechtsverhältnissen unberührt. Die Möglichkeit des Unternehmers, auf seine Regressmöglichkeit zu verzichten, wird hier explizit angesprochen. Dem widerspricht es, durch die Hintertür über den Effektivitätsgrundsatz doch wieder zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit über eine, wenn auch eingeschränkte, Unabdingbarkeitsklausel zu kommen.554 Neben dieser am Wortlaut der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie orientierten Argumentation spricht überdies auch die Entstehungsgeschichte des Art. 4 VGKRL für dieses Ergebnis.555 So war im Laufe des Verfahrens eine Beschränkung der Abdingbarkeit auch im Unternehmerregress mit Blick auf die Unabdingbarkeit im Verhältnis 547
So aber Böhle, Rückgriff, S. 133 f.; Bartelt, S. 253. Vgl. oben D. V. 6. c) aa) (1). Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung der Privatautonomie vgl. Schumacher, S. 217 f. 549 BT-Drs. 14/6040, S. 249. 550 Canaris, Handelsrecht, § 1 Rn. 17; Koller/Kindler/Roth/Morck-Roth, Einl. vor § 1 Rn. 5. 551 Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, 1425; von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727, 733; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 34; MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 2. 552 Vgl. den Überblick zum Meinungsbild bei Schumacher, S. 73 f. m.w.N. 553 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727. 554 So aber im Ergebnis Höpker, S. 20 ff, 213; in diese Richtung auch Roth, in: Grundmann/ Medicus/Rolland, S. 113, 121, Fn. 39; Schultze-Melling, S. 51; kritisch auch Micklitz, EuZW 1999, 485, 487. 555 von Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721, 727. 548
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zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher vorgeschlagen worden.556 Hiervon wurde jedoch im Gemeinsamen Standpunkt wieder Abstand genommen, die Frage der vertragsspezifischen Gewährleistungsbedingungen sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben.557 In dem Vorschlag des Europäischen Parlaments könnte allenfalls eine gewisse Inspiration für den deutschen Gesetzgeber liegen, eine solche Regelung zu schaffen.558 Inhaltlich unterscheidet sich die nationale Regelung gerade durch die Einräumung der Möglichkeit eines gleichwertigen Ausgleichs hiervon aber doch deutlich. Ob der deutsche Gesetzgeber die Anordnung der eingeschränkten Unabdingbarkeit der Regelungen zum Unternehmerregress als europarechtlich erforderlich ansah oder nicht, lässt sich den Gesetzesmaterialien zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz leider nicht entnehmen. bb) Die Beweislastumkehr (1) Die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB Die Regelung der Beweislastumkehr mittels einer gesetzlichen Vermutung in § 476 BGB fügt sich unter Wertungsgesichtspunkten durchaus in das bislang geltende Recht ein. Hintergrund der Regelung des § 476 BGB ist die Erwägung, dass zumindest in einem engen Zeitraum unmittelbar nach Gefahrübergang die Beweismöglichkeiten des Verbrauchers schlechter als die Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers als Verkäufer sind, was eine abweichende Beweislastverteilung rechtfertigt.559 Zwar gab es keine entsprechende Beweislastumkehr hinsichtlich des Bestehens eines Fehlers oder des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft bei Gefahrübergang im bisherigen Kaufrecht. Es konnte aber in diesem Zusammenhang oder für den Beweis eines latenten Grundmangels an die Grundsätze des Anscheinsbeweises
556 Vgl. den vom Parlament vorgeschlagenen Art. 3 Abs. 5 S. 2, wonach dem im Regress Haftenden eine Berufung auf vertragsspezifische Gewährleistungsbedingungen zur Haftpflicht nicht möglich sein sollte, der sich der Letztverkäufer im Verhältnis zum Verbraucher nicht entziehen kann, Abl. EG Nr. C 104 vom 06. 04. 1998, S. 30, 37. 557 Vgl. die Analyse zu Art. 4 im Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 51/98, ABl. EG Nr. C 333 vom 30. 10. 1998, S. 46, 54. In Art. 4 S. 1 fand sich damals zudem der Zusatz, der Letztverkäufer könne Regress nehmen, „es sei denn, daß er auf dieses Recht verzichtet hat“. Dieser findet sich in der VGKRL im Erwägungsgrund 9 wieder. 558 So Schumacher, S. 206. 559 BT-Drs. 14/6040, S. 245; so auch bereits die Erwägungen der Kommission zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien (ABl. EG Nr. C 307 vom 16. 10. 1996, S. 8), KOM(95) 520 endg., S. 14. Ob dieser Gedanke auch zutreffend ist, ist eine rechtspolitische Frage, die hier nicht zu beantworten ist. So sehen etwa Ehmann/Rust, JZ 1999, 853, 857 die entsprechende Beweislastregelung des Art. 5 Abs. 3 VGKRL als „soziale Billigkeitsentscheidung“ an. Demgemäß sei sie gerade nicht mit anderen Fällen der Beweislastumkehr, wie der Arzt- oder Produzentenhaftung vergleichbar. Kritisch auch Bartelt, S. 237 f.
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gedacht werden.560 Freilich unterscheiden sich die Voraussetzungen für die Annahme eines Anscheinsbeweises von der Regelung der Beweislastumkehr in § 476 BGB. Während beim Anscheinsbeweis ein nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf für die zu beweisende Tatsache sprechen muss, damit die Beweiserleichterung eingreift, greift die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB a.E. gerade nicht ein, wenn die aufgetretenen Mängel die Vermutung typischerweise nicht stützen. Beim Anscheinsbeweis ist die Typizität also Voraussetzung, wohingegen eine entgegenstehende Typizität bei der Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB Ausschlussgrund ist. Überdies hat der Anscheinsbeweis eine bloße Beweiserleichterung zur Folge und keine Beweislastumkehr.561 Ähnlich sind sich die Konstruktionen aber insoweit, als der Käufer jeweils zunächst bestimmte Umstände beweisen muss, damit der Anscheinsbeweis bzw. die Vermutung des § 476 BGB eingreift. So muss beim Anscheinsbeweis der Sachverhalt feststehen, an den sich der typische Geschehensablauf anschließt, der zu der zu beweisenden Tatsache führt.562 Bei § 476 BGB obliegt die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels nach wie vor dem Verbraucher.563 Die Möglichkeit der Beweiserleichterung über den Anscheinsbeweis weist also zumindest bereits in die Richtung der späteren Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB.564 Außerdem regelte § 282 BGB a.F. für die Rechte des Gläubigers wegen Unmöglichkeit aus §§ 280, 325 BGB a.F. eine Beweislastumkehr bezüglich der Voraussetzung des Vertretenmüssens.565 Von der Rechtsprechung wurde teils unter Bezugnahme auf § 282 BGB a.F. auch beim Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung eine Beweislastumkehr für das Vertretenmüssen angenommen, sofern die Schadensursache dem Gefahrenbereich des Schuldners entstammte.566 Diese Judikatur wurde auch auf den Schadensersatzanspruch wegen 560 OLG Hamm, Urteil vom 18. Mai 1993 – 29 U 190/91 –, juris, Rn. 6; Gass, in: FS Rolland, S. 129, 135; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 852; ders., ZEuP 1999, 294, 296; Soergel-Huber, 12. A., § 459 Rn. 87. 561 Jorden, S. 195 zu Art. 5 Abs. 3 VGKRL; allgemein zu Voraussetzungen und Wirkung des Anscheinsbeweises BGHZ 100, 31, 33 f.; BGH NJW 1952, 217; BGH NJW 1978, 2197; BGH NJW 2004, 3623, 3623 f.; BGH NJW 2006, 2262, 2263; Palandt-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 130; Th/P-Reichold, § 286 Rn. 12 f. 562 BGHZ 100, 31, 33; BGH NJW 2004, 3623; Palandt-Grüneberg, Vorb v § 249 Rn. 130. 563 BGHZ 159, 215, 217 f.; BGH NJW 2005, 3490, 3491 f.; Palandt-Weidenkaff, § 476 Rn. 5. Dies gilt selbst nach der Ansicht, die die Vermutungswirkung des § 476 BGB auf das Vorliegen eines Grundmangels erstrecken will. Auch hier muss der sich innerhalb von 6 Monaten zeigende Sachmangel vom Käufer bewiesen werden. Vgl. dazu MüKoBGB-Lorenz, § 476 Rn. 4. 564 In diese Richtung auch Gass, in: FS Rolland, S. 129, 135; Schmidt-Räntsch, ZIP 1998, 849, 852; ders., ZEuP 1999, 294, 296; allgemein hinsichtlich der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten Schwartze, ZEuP 2000, 544, 560. 565 Vgl. dazu Palandt-Heinrichs, 60. A., § 282 Rn. 1. 566 BGHZ 23, 288, 290 f.; BGHZ 64, 46, 51; BGH NJW 2000, 2812 f.; vgl. auch PalandtHeinrichs, 60. A., § 282 Rn. 8 ff.
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Nichterfüllung im Werkrecht gemäß § 635 BGB übertragen.567 Begründet wurde sie damit, dass die Beweiserbringung dem Gläubiger in diesen Fällen unzumutbar sei, da sie außerhalb seines Gefahrenkreises liege und ihm in der Regel auch die Sachkenntnis fehlen würde. Der Schuldner sei näher an der Situation und hätte daher eine bessere Übersicht und bessere Aufklärungsmöglichkeiten.568 Schließlich wurde von den Gerichten unter anderem unter Rückgriff auf diese Rechtsprechung auch im Bereich der deliktischen Produzentenhaftung eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Vorliegens des Verschuldens des Herstellers angenommen. Argumentiert wird auch hier mit den Beweisschwierigkeiten des Geschädigten und den besseren Aufklärungsmöglichkeiten des Produzenten, der sich näher an den Produktionsvorgängen befindet.569 Freilich betreffen diese Urteile die Voraussetzung des Vertretenmüssens bzw. Verschuldens und nicht den Zeitpunkt des Vorliegens eines Sachmangels. Parallelen zeichnen sich jedoch wiederum insoweit ab, als der Gläubiger jeweils zunächst bestimmte objektive Umstände, nämlich die Unmöglichkeit, die Pflichtverletzung bzw. den Produktmangel und nun bei § 476 BGB das Vorliegen eines Sachmangels beweisen muss, ehe dann die Beweislastumkehr für eine weitere Anspruchsvoraussetzung eingreift. Auch die Argumentation mit der Beweisnot des Gläubigers und den besseren Beweismöglichkeiten stimmt im Wesentlichen überein. Des Weiteren hat die Rechtsprechung Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr bei der Arzthaftung vorgenommen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass ein grober Behandlungsfehler des Arztes vorliegt.570 Auch hier wurde und wird zur Begründung auf die Beweisschwierigkeiten des Patienten abgestellt. Diese ergeben sich nach den Erwägungen der Rechtsprechung dabei nicht schlicht aus der Situation, sondern maßgeblich aus dem Fehlverhalten des Arztes, der durch den groben Behandlungsfehler die Beweissituation unübersichtlicher gemacht und damit erschwert hat.571 Gleichwohl steht ebenfalls der Aspekt der Beweisnot im Vordergrund und nicht eine Bestrafung des Arztes für seine Verfehlung.572 Die zugrundeliegenden Wertungen gingen damit auch hier zumindest in die gleiche Richtung wie nun bei § 476 BGB.
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BGHZ 48, 310, 312 f. BGHZ 23, 288, 291; BGHZ 48, 310, 312 f. 569 BGHZ 51, 91, 104 ff.; BGHZ 116, 104, 107 ff.; herangezogen wird auch ein Vergleich mit anderen Deliktstatbeständen, insbesondere auch §§ 836 ff. BGB a.F. und die zugrundeliegenden Wertungen. 570 RGZ 171, 168, 171; BGHZ 72, 132, 133 f.; BGHZ 85, 212, 216 f.; BGH NJW 1967, 1508, 1508 f.; BGH NJW 1978, 1683; aus der neueren Rspr. insbesondere BGHZ 159, 48, 53 ff.; vgl. Staudinger-Hager, § 823 Rn. I 54 auch zur Entwicklung der Rechtsprechung m.w.N. 571 BGHZ 85, 212, 216; BGH NJW 1967, 1508, 1508 f.; BGH NJW 1978, 1683; BGH NJWRR 2010, 831, 832 f. 572 BGH NJW 1992, 754, 755; BGH NJW 1997, 794, 795; BGH NJW 2009, 2820, 2822; Staudinger-Hager, § 823 Rn. I 54. 568
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Den bisherigen Fallgruppen der Beweislastumkehr mag demnach zwar durchaus der Gedanke der Zuordnung des Risikos aus einem unüberschaubaren Gefahrenbereich an den Verantwortlichen zu Grunde liegen. Wie gezeigt, wurde dabei aber gerade auch mit den Beweisproblemen der einen und den besseren Aufklärungsmöglichkeiten der anderen Seite argumentiert.573 Letztlich hat der Gesetzgeber mit § 476 BGB daher auch im deutschen Recht574 bereits bestehende Wertungen aus der Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis und auch zur Beweislastumkehr also lediglich fortentwickelt bzw. auf einen neuen Fall übertragen und explizit ins BGB aufgenommen. Im Vergleich zu den bisherigen Lösungen über die Rechtsprechung geht damit ein höheres Maß an Rechtssicherheit einher.575 (2) Die Erstreckung der Beweislastumkehr gemäß §§ 478 Abs. 3, Abs. 5 BGB auf den Unternehmerregress Die Erstreckung der Beweislastumkehr des § 476 BGB auf den Unternehmerregress entlang der Lieferkette über §§ 478 Abs. 3, Abs. 5 BGB hingegen erweist sich als zumindest bedenklich in Hinblick auf das Bild vom unternehmerischen Rechtsverkehr, bzw. erst Recht vom Handelsverkehr.576 Dies weicht vom Verständnis des selbstverantwortlichen und daher grundsätzlich weniger schutzbedürftigen Unternehmers bzw. Kaufmanns ab.577 Der Händler kann sein Beweisrisiko durchaus selbst beeinflussen, indem er einen schnellen Weiterverkauf anstrebt.578 Stattdessen wird dieses Risiko nun im Unternehmerregress nicht nur für den begrenzten Zeitraum von sechs Monaten, wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 476 BGB, erheblich vermindert, sondern dies kann den Händlern für einen deutlich längeren Zeitraum zu Gute kommen. So wird auch entlang der Lieferkette für den Beginn der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB auf den Übergang der Gefahr auf den Verbraucher abgestellt. Eine zeitliche Grenze ergibt sich letztlich erst durch die Höchstfrist in der verjährungsrechtlichen Regelung des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB.579 Dies kommt prak573 Anders Kelwing, S. 105, die es nach der Rechtsprechung als allein maßgeblich ansieht, dass ein nicht überschaubarer Gefahrenbereich vorlag. 574 Dazu, dass letztlich generell die Rechtsprechung der Mitgliedstaaten zu Beweiserleichterungen bezüglich des Vorliegens eines Mangels im maßgeblichen Zeitpunkt in Art. 5 Abs. 3 VGKRL kodifiziert wurde, vgl. bereits die Erwägungen der Kommission zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien (ABl. EG Nr. C 307 vom 16. 10. 1996, S. 8), KOM(95) 520 endg., S. 14; Micklitz, EuZW 1997, 229, 232; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 560. 575 Auch die Beweislastumkehr bezüglich des Vertretenmüssens bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen wurde mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB umfassender als bislang mit § 282 BGB a.F. ins Gesetz aufgenommen, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 136. 576 So auch Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 zu § 478 Abs. 2 S. 2 BGB-E. 577 Vgl. dazu schon oben D. V. 6. c) aa) (3). 578 Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397 579 Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397; Jud, ZfRV 2001, 201, 208; Schimmel/BuhlmannWinkelmann, E I Rn. 245 f.; Schumacher, S. 184 f. hat letztlich keine Bedenken gegen die
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tisch vor allem dem Letztverkäufer zugute. Für die vorgelagerten Glieder der Lieferkette wird die Sechsmonatsfrist nämlich in der Regel dennoch bereits abgelaufen sein bis der Regress bei ihnen angekommen ist.580 Entgegen dem Verständnis vom unternehmerischen Rechtsverkehr und vor allem Handelsverkehr wird hier eine Schutzvorschrift, die zudem als speziell verbraucherschützend eingeordnet wurde,581 auf den unternehmerischen Bereich ausgedehnt und zum Schutz von Unternehmerinteressen sogar noch ausgeweitet.582 Inwieweit die Regelung tatsächlich europarechtlich veranlasst ist, ist allerdings fraglich. Art. 4 VGKRL lassen sich keine zwingenden Vorgaben entnehmen. Auch in den Erwägungsgründen finden sich keine Anhaltspunkte. Nichtsdestotrotz wird argumentiert, dass die Regelung erforderlich war, um dem allgemein bei der Richtlinienumsetzung geltenden Grundsatz des „effet utile“ gerecht zu werden und für eine effektive Möglichkeit des Unternehmerregresses zu sorgen.583 Die Überlegung der Gesetzesbegründung, der Letztverkäufer, der im Verhältnis zum Verbraucher die Vermutung nicht widerlegen konnte, werde dann gegenüber seinem Verkäufer den Nachweis eines Mangels bei Gefahrübergang an ihn in der Regel nicht erbringen können,584 deutet vage in Richtung der Effektivitätsüberlegung.585 cc) Unternehmerregress und Rechtssicherheit Neben den bereits erwähnten Unsicherheiten bei abweichenden Vertragsgestaltungen in der Lieferkette wegen des neu eingeführten unbestimmten Rechtsbegriffs des gleichwertigen Ausgleichs gemäß § 478 Abs. 4 BGB586 ergibt sich für die Unternehmer entlang der Lieferkette ein vorgelagertes Problem. Der Unternehmerregress der §§ 478 f. BGB setzt entsprechend seiner Stellung im Abschnitt des Verbrauchsgüterkaufs und seines Zwecks des Verbraucherschutzes voraus, dass am Ende der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB steht.587 Dies entspricht auch der Vorgabe des Art. 4 VGKRL, der seinerseits entsprechend dem Anwendungsbereich der Richtlinie nur den Regress infolge einer Gewährleistung in einem Verbrauchsgüterkauf regelt. Das hat zur Folge, dass für die Verlängerung der Vermutung, lässt aber offen, wie die Erstreckung des § 476 BGB auf den unternehmerischen Rechtsverkehr generell zu bewerten ist. 580 Kelwing, S. 211; Schultze-Melling, S. 84. 581 BT-Drs. 14/6040, S. 245. 582 Jud, ZfRV 2001, 201, 208; Kelwing, S. 211; Schumacher, S. 184. 583 Roth, in: Ernst/Zimmermann, S. 225, 254 f.; Schumacher, S. 185; a.A. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1397; Jud, ZfRV 2001, 201, 208. 584 BT-Drs. 14/6040, S. 248 zu § 478 Abs. 2 S. 2 BGB-E. 585 So Jud, ZfRV 2001, 201, 208. 586 Vgl. oben D. V. 6. c) aa) (3). 587 BGHZ 164, 196, 215; Palandt-Weidenkaff, § 478 Rn. 3; vgl. auch schon oben D. V. 5. a) bb) (3).
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kaufrechtliche Gewährleistung zwischen Unternehmern zwei verschiedene Haftungssysteme denkbar sind: der Unternehmerregress gemäß §§ 478 f. BGB oder die Mangelgewährleistung nach dem allgemeinen Kaufrecht, je nachdem, ob der Letztverkäufer an einen Verbraucher verkauft oder nicht.588 Die Regelungen unterscheiden sich in zentralen Punkten.589 Beispielsweise sind im Bereich des allgemeinen Kaufrechts abweichende Vereinbarungen grundsätzlich möglich, sie unterliegen lediglich den Grenzen des § 444 BGB und des AGB-Rechts, wohingegen im Bereich des Unternehmerregresses die eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 BGB selbst für Individualvereinbarungen zu beachten ist. Die Verjährungsfrist beträgt nach allgemeinem Gewährleistungsrecht gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwei Jahre, sofern es nicht um Rechtsmängel oder Bauwerke geht. Diese kann bei neu hergestellten Sachen zwischen Unternehmern auch durch AGB wohl sogar über den gegenüber Unternehmern gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB nicht anwendbaren § 309 Nr. 8 b) ff) BGB hinaus auf bis zu sechs Monate verkürzt werden.590 Im Bereich des Unternehmerregresses hingegen wird die Verjährungsfrist durch die „Ablaufhemmung“591 gemäß § 479 Abs. 2 S. 1 BGB und die Höchstfrist gemäß § 479 Abs. 2 S. 2 BGB auf bis zu fünf Jahre ausgedehnt. Abweichende Vereinbarungen, auch Individualvereinbarungen, sind an § 478 Abs. 4 BGB zu messen. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB gilt gemäß § 478 Abs. 3 BGB nur beim Unternehmerregress.592 Rechtsunsicherheit ergibt sich nun daraus, dass die früheren Glieder der Lieferkette oftmals nicht mit Sicherheit vorhersehen können, ob am Ende der Kette ein Verbrauchsgüterkauf stehen wird oder nicht.593 Zwar gibt es Sachen, die man typischerweise dem Konsumgüterhandel oder den Zulieferbeziehungen an Hersteller bzw. dem Investitionsgüterhandel wird zuordnen können. Allerdings gibt es auch zahlreiche Sachen, die sich sowohl für private als auch für gewerbliche Zwecke eignen.594 Zudem ist es auch bei den Sachen, die sich scheinbar zuordnen lassen, nicht ausgeschlossen, dass sie doch entgegen ihrer Zuordnung verkauft werden.595 Bei zum Verkauf an den Verbraucher bestimmten Sachen, ist es denkbar, dass es zu dem Verbrauchsgüterkauf am Ende der Lieferkette nicht mehr kommt, da der Mangel
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Schubel, JZ 2001, 1113, 1120 spricht gar von einem „quer durch das Handelskaufrecht gehenden Bruch“; vgl. auch Schumacher, S. 233. 589 So auch Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563. 590 BeckOK-Becker (01. 08. 2014), § 309 Nr. 8 Rn. 50; Staudinger-Coester-Waltjen, § 309 Nr. 8 Rn. 97. 591 Zu dem Begriff s. später D. V. 6. d) gg). 592 Anschaulich dazu das Beispiel bei Schubel, ZIP 2002, 2061, 2070. 593 Schubel, JZ 2001, 1113, 1116 f.; Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Höpker, S. 59 f.; Schumacher, S. 233. 594 Schubel, JZ 2001, 1113, 1117; Hassemer, ZGS 2002, 95, 101; Matthes, NJW 2002, 2505. 595 Vgl. das Beispiel bei Schubel, ZIP 2002, 2061.
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bereits zuvor entdeckt wird.596 Letztlich entscheidet also erst der Letztverkäufer mit der Wahl seines Käufers, welches Haftungssystem entlang der gesamten Lieferkette Anwendung findet.597 Im Extremfall erfolgt dies aufgrund zwischenzeitlich längerer Lagerung der Sache und im Rahmen des durch § 479 Abs. 2 BGB eröffneten Spielraums erst Jahre nach dem ersten Kaufvertragsschluss der Lieferkette, ohne Mitwirkung und Wissen der Parteien entlang der Lieferkette, die ihre Haftung unter Umständen dem Anschein nach wirksam AGB-rechtlich beschränkt hatten und ohnehin von bereits eingetretener Verjährung ausgehen.598 Diesen Unsicherheiten können die Händler auch nur schwer durch die Verwendung abweichender Individualvereinbarungen oder AGB aus dem Weg gehen, da sie auch hier immer mit der Geltung der eingeschränkten Unabdingbarkeitsklausel gemäß § 478 Abs. 4 BGB rechnen müssen.599 Sie müssten also alternative Vereinbarungen treffen,600 wüssten dann aber nach wie vor bis zum Abschluss der Lieferkette nicht, welche Haftungsregelungen letztlich greifen. Auch darf bezweifelt werden, ob solche alternativen AGB der Rechtsklarheit dienlich sind.601 Insoweit ergeben sich mithin deutliche Spannungen zu dem Bedürfnis des unternehmerischen Rechtsverkehrs und des Handelsverkehrs nach Einfachheit, Schnelligkeit und vor allem Rechtssicherheit.602 Diese Konstruktion ist meines Erachtens auch nicht vergleichbar mit aus dem BGB bereits bekannten Rechtsinstituten, wie etwa der möglichen Vereinbarung von Bedingungen oder Gestaltungsrechten wie dem Widerruf, der Anfechtung oder Rücktrittsrechten. Dies mag man isoliert betrachtet für die Abhängigkeit der Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 BGB vom Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette im Vergleich zu den Gestaltungsrechten bejahen können, da insoweit jeweils zunächst eine Art Schwebelage bezüglich der Wirk596 Matthes, NJW 2002, 2505; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563; für diesen Fall ist str., ob §§ 478, 479 BGB nicht analog anzuwenden sind, vgl. statt vieler MüKoBGB-Lorenz, § 478 Rn. 14 m.w.N. 597 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563. 598 Vgl. das Beispiel bei Schubel, ZIP 2002, 2061, 2070, wobei in zeitlicher Hinsicht aber darauf zu achten ist, dass der Weiterverkauf jeweils vor Ablauf der Verjährungsfrist im vorgeschalteten Rechtsverhältnis erfolgen muss, sofern man § 479 Abs. 2 S. 1 BGB als echte Ablaufhemmung einordnet (vgl. dazu später D. V. 6. d) gg). Anschaulich Schubel, ZIP 2002, 2061, 2061f: „Mitten auf dem Meer des Handelskaufrechts steht mit den §§ 478, 479 BGB ein gewaltiger Magnetberg, der die Beteiligten in vielen Fällen mit unsichtbarer Hand ergreift, ihnen die Verfolgung der in den vertraglichen Regelwerken vereinbarten Kurse unmöglich macht oder zumindest für schwer berechenbare Risiken sorgt.“ 599 Schubel, JZ 2001, 1113, 1117; ders., ZIP 2002, 2061, 2062; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 5. 600 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563, Fn. 28; Höpker, S. 60; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 5. 601 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561, 2563, Fn. 28. 602 Canaris, Handelsrecht, § 1 Rn. 16; so auch Schubel, ZIP 2002, 2061, 2070.
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samkeit einer vertraglichen Vereinbarung besteht.603 Darauf beschränkt sich die Problematik im Bereich des Unternehmerregresses jedoch nicht. Vielmehr hängt im Ganzen betrachtet, anders als bei den Gestaltungsrechten, nicht die Wirksamkeit des Kaufvertrages zwischen den Unternehmern vom Vorliegen des Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette ab, sondern der Vertrag ist in jedem Fall wirksam, unterliegt aber einer unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung und es finden verschiedene Haftungsregime Anwendung. Außerdem werden die Gestaltungsrechte im Verhältnis der Parteien zueinander ausgeübt, wohingegen der Abschluss des Verbrauchsgüterkaufs unter Umständen mit einigem Abstand entlang der Lieferkette zu den betroffenen Unternehmern und ohne deren Kenntnis erfolgt. Bedingungsvereinbarungen unterscheiden sich ohnehin von der hier in Frage stehenden Konstruktion, da sich die Parteien dabei bewusst aufgrund ihrer freien Entscheidung auf eine Unsicherheit einlassen. dd) Wertungswidersprüche durch die Regelung zum Fälligkeitszeitpunkt in § 474 Abs. 3 BGB Wie bereits angedeutet, ergeben sich aus der neuen Regelung zur Fälligkeit im Verbrauchsgüterkauf in § 474 Abs. 3 BGB neben dem Wertungswiderspruch zwischen Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch604 auch Brüche mit der Konzeption der Ansprüche des Leistungsstörungsrechts. Dies gilt zunächst für die Schadensersatzansprüche statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB und wegen Verzögerung der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB bzw. für den Eintritt des Verzugs generell. Auch hier wird jeweils an das Verschulden des Schuldners angeknüpft, wie nunmehr in § 474 Abs. 3 S. 1 BGB über den Begriff der Unverzüglichkeit auch für die Fälligkeit. Die Beweislast trifft allerdings gemäß §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB den Schuldner, das heißt, es ist seine Sache das Vertretenmüssen zu widerlegen. Demgegenüber obliegt die Beweislast für die Fälligkeit als anspruchsbegründende Tatsache dem Gläubiger. Aufgrund der Anknüpfung an das Verschulden über den Begriff der Unverzüglichkeit muss daher nunmehr auch im Rahmen der Schadensersatzansprüche und des Verzugs generell, wonach jeweils ein fälliger Anspruch Voraussetzung ist, doch der Gläubiger ein Verschulden des Schuldners, zumindest vor Eingreifen der Höchstfristregelung des § 474 Abs. 3 S. 2 BGB, beweisen.605 Eine Verschärfung dieser Problematik zeigt sich zudem bei Betrachtung des Rücktritts. Dieser wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung bewusst verschuldensunabhängig ausgestaltet,606 was als eine der wesentlichen Errungenschaften dieser 603
So jedenfalls Loose, S. 118 f. Siehe dazu oben D. V. 6. b) dd). 605 Windorfer, VuR 2014, 216, 220 f.; Kohler, NJW 2014, 2817, 2820 und BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 38 wollen dann auch i.R.d. § 474 Abs. 3 S. 1 BGB zu einer Beweislastumkehr entsprechend §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB kommen. 606 BT-Drs. 14/6040, S. 184. 604
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Reform angesehen wird.607 Da aber auch § 323 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht wird, muss auch hier nunmehr inzident ein Verschulden des Schuldners vor Eingreifen des § 474 Abs. 3 S. 2 BGB vorliegen. Und dabei handelt es sich nicht um eine bloße Verschiebung der Beweislast, sondern der Rücktritt, wie über § 441 Abs. 1 S. 1 BGB auch die Minderung, wird durch die Hintertür verschuldensabhängig.608 Insoweit ergeben sich zudem Bedenken, ob damit noch eine richtlinienkonforme Umsetzung des Art. 3 Abs. 5 VGKRL gewährleistet ist, wonach Minderung und Rücktritt nicht an ein Verschulden des Unternehmers geknüpft sind. Im Rahmen des Verzugs läuft der Verbraucher außerdem Gefahr, dass seine Mahnungen ins Leere gehen, weil mangels Verschuldens des Unternehmers noch keine Fälligkeit gegeben ist.609 Der Gesetzgeber ist auf diese Probleme in den Gesetzesmaterialien überhaupt nicht eingegangen. Auch hier sind die Disharmonien auf die Umsetzung der Vorgaben von Art. 18 VRRL zurückzuführen. Es mag zwar sein, dass die Problematik der unterschiedlichen Beweislastverteilung hinsichtlich des Verschuldens durch eine entsprechende Beweiserleichterung im Rahmen des § 474 Abs. 3 S. 1 BGB europarechtskonform aufgelöst werden könnte, was dann aber auch ausdrücklich im Gesetz angeordnet werden sollte.610 Dies ändert aber jedenfalls nichts an den Brüchen mit der Ausgestaltung des Rücktrittsrechts. d) Einheitlichkeit der Terminologie Die Terminologie des Verbrauchsgüterkaufrechts harmoniert weitgehend mit der des allgemeinen Kaufrechts. Beispielsweise findet sich das Verbot des Sich-Berufens der §§ 475 Abs. 1 S. 1, 478 Abs. 4 S. 1 BGB auch in § 444 BGB und §§ 479 Abs. 1, 438 Abs. 2 Alt. 2 BGB sprechen beide von der „Ablieferung der Sache“ als Auslöser des Verjährungsbeginns. Als terminologisch unsauber erweist sich hingegen, wie bereits dargelegt, die Verwendung des Sachmangelbegriffs in § 476 BGB im Vergleich zum Sachmangelbegriff gemäß § 434 BGB des allgemeinen Kaufrechts, was jedoch allein dem nationalen Gesetzgeber anzulasten ist.611 Bezieht man hingegen die Terminologie des BGB über das Kaufrecht hinausgehend in die Betrachtung mit ein, so ergeben sich verschiedene terminologische Unstimmigkeiten.
607
91.
Canaris, JZ 2001, 499, 522; Kohler, NJW 2014, 2817, 2820; ders., GreifRecht 2014, 85,
608 Kohler, NJW 2014, 2817, 2820; ders., GreifRecht 2014, 85, 91; Windorfer, VuR 2014, 216, 221. 609 Windorfer, VuR 2014, 216, 220. 610 So BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 38. 611 Vgl. dazu schon oben D. V. 3. b) aa).
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aa) Die Begriffe des Verbrauchsgüterkaufs, des Unternehmers und der Dienstleistung Was den in § 474 Abs. 1 BGB legaldefinierten Begriff des Verbrauchsgüterkaufs angeht, wurde bereits auf die damit verbundenen Probleme hingewiesen. Das Verständnis weicht nicht nur deutlich vom natürlichen Sprachgebrauch des Wortes Verbrauchsgut ab, sondern auch von dem in § 92 BGB legaldefinierten Begriff der verbrauchbaren Sache.612 Da die Begriffe insoweit nicht identisch sind, liegt zwar keine uneinheitliche Terminologie im eigentlichen Sinne vor, von einer konsequenten Begriffsverwendung kann jedoch auch nicht gesprochen werden. Die damit verbundene Anknüpfung an den Begriff des Unternehmers i.S.d. § 14 BGB verursacht, wie schon im AGB-Recht, einen terminologischen Bruch, da der Begriff im Werkvertragsrecht bereits anderweitig besetzt ist.613 Terminologisch missglückt ist außerdem die Erweiterung der Definition in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB in Hinblick auf den Begriff der Dienstleistung. Dieser wurde aus Art. 2 Nr. 5 VRRL übernommen. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen darunter z. B. Montage-, Installations- oder Anpassungsarbeiten durch den Unternehmer fallen.614 Dabei wird es sich nach nationalem Recht aber in der Regel um Werkleistungen i.S.d. § 631 BGB und nicht um Dienstleistungen i.S.d. § 611 BGB handeln.615 Der Begriff der Dienstleistung ist also an dieser Stelle als Oberbegriff für Werkleistungen und Dienstleistungen im eigentlichen Sinn zu verstehen. Ein solch ausgedehntes Verständnis fügt sich meines Erachtens jedoch nicht in die Terminologie des BGB ein. Der Begriff der Dienstleistung wird zwar im Werkvertragsrecht in § 631 Abs. 2 BGB zur Beschreibung des Vertragsgegenstandes mit herangezogen und der Werkvertrag ist wie auch der Dienstvertrag tätigkeitsbezogen, so dass durchaus ein Zusammenhang zwischen den beiden Vertragstypen besteht. Eigentlicher Vertragsgegenstand ist beim Werkvertrag aber dennoch primär der herbeizuführende Erfolg und nicht die Erbringung der Dienstleistung als solche.616 In § 309 Nr. 9 BGB werden dementsprechend Dienst- und Werkleistungen gesondert aufgeführt. Auch der Dienstleistungsbegriff in §§ 575, 576 ff. BGB zielt allein auf den Dienstvertrag i.S.d. § 611 BGB ab.617 Vorzugswürdig wäre es daher in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB von Werk- oder Dienstleistungen zu sprechen.618
612
Vgl. dazu bereits oben D. V. 2. und 3. a). Vgl. dazu oben C. V. 2. 614 BT-Drs. 17/12637, S. 69. 615 So auch Windorfer, VuR 2014, 216, 217. 616 BeckOK-Voit (01. 02. 2013), § 631 Rn. 10; Staudinger-Peters/Jacoby, § 631 Rn. 14. 617 Vgl. dazu Staudinger-Rolfs, § 576 Rn. 6 (zur Werkmietwohnung), § 576b Rn. 5 (zur Werkdienstwohnung), § 575 Rn. 34 f., es muss sich sogar um ein Arbeitsverhältnis handeln. 618 So auch Windorfer, VuR 2014, 216, 217. 613
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
bb) Der Begriff der Aufwendungen in § 478 Abs. 2 BGB Der Begriff der Aufwendungen, der sich nun im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufrechts in § 478 Abs. 2 BGB findet, ist aus dem BGB, neben vielen anderen Normen insbesondere aus den §§ 256 f., 670 BGB, gut bekannt. Darunter versteht man freiwillige Vermögensopfer, die für fremde Interessen erbracht werden.619 Teilweise wird nun bezweifelt, dass der Aufwendungsbegriff des § 478 Abs. 2 BGB mit dieser Definition in Einklang steht. Anders als nach dem klassischen Verständnis fehle es an der Freiwilligkeit, da der Unternehmer gemäß § 439 Abs. 1, Abs. 2 BGB zur Nacherfüllung und zur Kostenübernahme verpflichtet sei.620 Auch handele der Unternehmer im eigenen Interesse, nämlich um seine Nacherfüllungspflicht zu erfüllen.621 Letzterem wird entgegen gehalten, dass die Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher in Hinblick auf § 478 Abs. 1 BGB mittelbar auch im Interesse des Lieferanten liege, was ausreichend sei.622 Gegen den Punkt der fehlenden Freiwilligkeit wird vorgebracht, dass die Verpflichtung des Unternehmers zur Nacherfüllung nur gegenüber dem Verbraucher bestünde, nicht aber gegenüber seinem Lieferanten, so dass in diesem Verhältnis durchaus von freiwilligen Vermögensopfern gesprochen werden könne.623 Andere betonen, dass es bei der Definition in erster Linie um eine Abgrenzung zum Schaden gehe, und sich die Verwendung in § 478 Abs. 2 BGB unter diesem Gesichtspunkt durchaus in den herkömmlichen Aufwendungsbegriff einfügt.624 Schließlich wird darauf hingewiesen, dass auch die Leistung eines Bürgen sowie die eines Gesellschafters aufgrund seiner persönlichen Haftung unter den Aufwendungsbegriff gefasst werden, obgleich auch hier eine Verpflichtung zur Leistung gegeben ist.625 Das Vorliegen einer rechtlichen Verpflichtung steht demnach der Einordnung als Aufwendung nicht entgegen.626 Dem ist noch hinzuzufügen, dass die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Aufwendungsersatzvorschriften über diesen Kernbereich der Definition hinaus doch recht weit ausgedehnt hat. So fallen auch Vermögensopfer, die notwendige Folge der Geschäftsausführung sind, darunter und sogar unter bestimmten Voraussetzungen
619
RGZ 98, 195, 199; BGHZ 59, 328, 329 f.; BGH NJW 1960, 1568, 1569; BGH NJW 1989, 1284, 1285; BAG NJW 2004, 2036, 2037; Palandt-Grüneberg, § 256 Rn. 1. 620 AnwK-Büdenbender, § 478 Rn. 11, der jedoch auch darauf hinweist, dass die Aufwendungsbegriffe im Übrigen, insbesondere in Abgrenzung zum Begriff des Schadens übereinstimmen; Böhle, Rückgriff, S. 34; Kelwing, S. 214 f.; Schumacher, S. 161. 621 Kelwing, S. 215; Schumacher, S. 161. 622 Bartelt, S. 133 f. 623 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 478 Rn. 24. 624 Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, S. 427, 435; Soergel-Wertenbruch, § 478 Rn. 118. 625 Schmidt, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt, S. 427, 435; vgl. nur Palandt-Sprau, § 774 Rn. 2; Baumbach/Hopt-Roth, § 110 Rn. 10, § 128 Rn. 25. 626 Vgl. auch Staudinger-Bittner, § 256 Rn. 5.
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Schäden.627 Dies spricht dafür, insgesamt von einem etwas weiteren Verständnis des Aufwendungsbegriffs auszugehen, so dass auch in Hinblick auf die Verwendung in § 478 Abs. 2 BGB eine einheitliche Terminologie vorliegt. Außerdem ist Hintergrund der Verwendung dieses Terminus in § 478 Abs. 2 BGB, dass der Unternehmer eben gerade die Kosten an den Lieferanten weiterreichen können soll, die er selbst im Verhältnis zum Verbraucher gemäß § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte.628 Folgerichtig wird daher der Begriff der Aufwendungen aus § 439 Abs. 2 BGB in § 478 Abs. 2 BGB wieder aufgenommen. Umschrieben werden damit letztlich, wie in § 439 Abs. 2 BGB selbst, die Kosten im Verhältnis des Unternehmers zum Verbraucher. Diesbezüglich wird aber, soweit ersichtlich, die Verwendung des Aufwendungsbegriffs nicht als problematisch angesehen. Darüber hinaus entspricht die Verwendung in § 439 Abs. 2 BGB derjenigen in § 476a BGB a.F. vor der Schuldrechtsreform, so dass jedenfalls keine europarechtlich veranlassten Terminologieprobleme gegeben sind. cc) Das Verbot des Sich-Berufens Die Anordnung der nur teilweisen Unwirksamkeit einzelner Vereinbarungen, die den Vertrag im Übrigen unberührt lässt, ist bereits aus dem AGB-Recht bekannt. Die Regelung des § 306 BGB arbeitet allerdings nicht mit dem Verbot des Sich-Berufens, wie es sich nun im allgemeinen Kaufrecht und im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs wiederfindet. Es wird jedoch an anderer Stelle im BGB verwendet, nämlich im Mietrecht in den §§ 536d, 572 BGB, wo diese Formulierung bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung durch das Mietrechtsreformgesetz629 eingeführt wurde. Hierdurch sollte klargestellt werden, dass abweichend von § 139 BGB die Unwirksamkeit der betreffenden Vereinbarungen nicht die Nichtigkeit des gesamten Vertrags zur Folge hat.630 Der Gesetzgeber orientierte sich dabei an dem Formulierungsvorschlag bereits der Schuldrechtskommission zu vergleichbaren Regelungen im Kauf- und Werkvertragsrecht.631 Außerdem behielt man die Einheitlichkeit mit vergleichbaren Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Blick.632 Hierzu passt also das Verbot des Sich-Berufens der §§ 444, 475 Abs. 1 S. 1, 478 Abs. 4 S. 1 BGB, wie auch des § 639 BGB, der ebenfalls im Zuge der 627
RGZ 75, 208, 212 f.; RGZ 98, 195, 199 f.; BGHZ 33, 251, 257; BGHZ 38, 270, 277; BGH NJW 1960, 1568, 1569. 628 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 248 f. 629 Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001, BGBl. I 2001, 1149. 630 BT-Drs. 14/4553, S. 42, 65; dem abweichenden Formulierungsvorschlag der Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drs. 14/4553, S. 82 f., 91 wurde nicht gefolgt. 631 BT-Drs. 14/4553, S. 42, sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/ 4553, S. 98, 101; vgl. BMJ, Abschlußbericht, S. 232 (§ 445 BGB-KE) und S. 269 f. (§ 644 BGB-KE). 632 So die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/4553, S. 98, 101.
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Schuldrechtsmodernisierung neu formuliert wurde.633 Der Gesetzgeber begründet die Wahl der sprachlichen Gestaltung auch hier mit der Klarstellung in Hinblick auf die Wirksamkeit des übrigen Vertrags.634 Ohne europarechtliche Beeinflussung hat der Gesetzgeber insoweit also eine neue Terminologie für partielle Nichtigkeitsanordnungen etabliert. Diese wird allerdings im BGB nicht konsequent durchgehalten. Als Beispiel sei nur auf anders formulierte Regelungen im Mietrecht wie z. B. §§ 557 Abs. 4, 557a Abs. 4, 557b Abs. 4 BGB verwiesen, bei denen der Vertrag dennoch abweichend von § 139 BGB nach Sinn und Zweck der Regelungen im Übrigen wirksam bleibt.635 dd) Die Umgehungsverbote gemäß §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3 BGB Umgehungsverbote, wie in §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3 BGB, finden sich auch an anderer Stelle im BGB, so in den §§ 241a Abs. 3 S. 2, 306a, 312k Abs. 1 S. 2, 361 Abs. 2 S. 2, 487 S. 2, 511 S. 2, 655e Abs. 1 S. 2 BGB. Die entsprechenden Regelungen aus dem Verbrauchsgüterkaufrecht fügen sich auch sprachlich in diese Reihe ein. ee) Die Begriffe der gebrauchten und der neu hergestellten Sache Als prägende und wiederkehrende Begriffe fallen im Verbrauchsgüterkaufrecht die Gegenbegriffe der gebrauchten und der neu hergestellten Sache auf. Der Begriff der neu hergestellten Sache findet sich darüber hinaus in § 309 Nr. 8 b) BGB und dessen Vorgängerregelung § 11 Nr. 10 AGBG. Dabei ist von einem einheitlichen Begriffsverständnis auszugehen.636 So rekurriert auch der BGH bei der Frage, wann Tiere gebrauchte Sachen i.S.d. § 474 Abs. 1 S. 2 BGB a.F., dem heutigen § 474 Abs. 2 S. 2 BGB, oder i.S.d. § 475 Abs. 2 BGB sind, auf seine frühere Rechtsprechung zu § 11 Nr. 10 AGBG.637 Darüber hinaus war dies, wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, auch gerade vom Gesetzgeber intendiert.638
633
BT-Drs. 14/7052, S. 205. BT-Drs. 14/6040, S. 240; BT-Drs. 14/7052, S. 199; kritisch in Hinblick auf die sprachliche Fassung der Teilunwirksamkeitsanordnungen NK-Büdenbender, § 444 Rn. 28, § 475 Rn. 1, § 478 Rn. 62. 635 BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 139 Rn. 6; Palandt-Ellenberger, § 139 Rn. 18. 636 OLG Hamm, K & R 2014, 358, 359; Reuter, ZGS 2005, 88, 90; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 474 Rn. 25; Erman-Grunewald, § 474 Rn. 8; a.A. wohl MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 14. 637 BGHZ 170, 31, 41; BGH NJW-RR 1986, 52, 53. 638 BT-Drs. 14/6040, S. 245. 634
V. Analyse der Gesetzeslage
181
ff) Der Begriff des Lieferanten Ein Lieferant wird im BGB neben den Normen zum Unternehmerregress auch in § 556c Abs. 1 BGB in der Form des Wärmelieferanten sowie in § 655a Abs. 2 S. 3 BGB in der Form des Warenlieferanten erwähnt. Das Begriffsverständnis weicht jeweils von der Legaldefinition des § 478 Abs. 1 BGB ab. Dies ist aber insofern unschädlich, als dort gerade nicht der bloße Begriff des Lieferanten verwendet wird, sondern jeweils eine Wortzusammensetzung. Außerdem ist der Anwendungsbereich besagter Legaldefinition schon per definitionem auf die Lieferkette beschränkt, an deren Ende ein Verbrauchsgüterkauf steht, indem der Lieferant als derjenige Unternehmer festgelegt wird, der die Sache an den Unternehmer verkauft hat, der sie dem Verbraucher verkauft. Ein echter Bruch in der Begriffsverwendung wie beim allgemeinen Unternehmerbegriff des § 14 BGB und dem werkvertraglichen Unternehmerbegriff ist demnach nicht ersichtlich. gg) Der Begriff der Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 BGB Der Begriff der Ablaufhemmung, mit dem § 479 Abs. 2 S. 2 BGB die verjährungsrechtliche Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB im Unternehmerregress umschreibt, findet sich auch im allgemeinen Verjährungsrecht, insbesondere in den §§ 210, 211 BGB. Eine Legaldefinition gibt es nicht. Im Gesetzestext des BGB in der Fassung vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde der Begriff zwar nicht erwähnt, er wurde aber bereits zur Umschreibung der Regelungen der §§ 206, 207 BGB a.F., den Vorgängerregelungen der heutigen §§ 210, 211 BGB, verwendet.639 Das Institut der Ablaufhemmung existierte also bereits vor Neuregelung des Verjährungsrechts im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung und wurde in das neue Verjährungsrecht übernommen.640 Die Ablaufhemmung wird weitgehend als Unterfall der Hemmung angesehen.641 Der Gesetzgeber geht hingegen, der Stellungnahme des Bundesrates hierzu im Gesetzgebungsverfahren zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz folgend, mittlerweile von zwei zu unterscheidenden Rechtsfiguren aus.642 Unabhängig von dieser Kategorisierung ist jedenfalls eine gewisse Nähe der beiden Rechtsinstitute gegeben. Der Unterschied besteht darin, dass bei der eigentlichen Hemmung der Verjährung der Fristlauf für die Dauer der Hemmung ausgesetzt wird. Nach Beendigung der 639
Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 111, 120; MüKoBGB-Grothe, 4. A., § 206 Rn. 5, § 207 Rn. 2. BT-Drs. 14/6040, S. 111. 641 So NK-Mansel/Budzikiewicz, § 209 Rn. 3; Raue, Jura 2007, 427, 428; Staudinger-Peters/Jacoby, § 209 Rn. 8; ebenso noch die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 14/6040, S. 111, anders aber im Anschluss an die Stellungnahme des Bundesrates, vgl. dazu D., Fn. 642. Peters/ Zimmermann, in: Gutachten I, S. 77, 128 unterscheidet unter dem Oberbegriff der Hemmung in Anschluss an Hausen, BB 1952, 963 insoweit vielmehr zwischen der Fortlaufhemmung und der Ablaufhemmung (und daneben der Anlaufhemmung des § 204 BGB a.F., der Vorgängerregelung des § 207 BGB). 642 BT-Drs. 14/6857, S. 7, 44; BT-Drs. 14/7052, S. 180, 182. 640
182
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
Hemmung läuft die restliche, noch offene Verjährungsfrist ab.643 Bei der Ablaufhemmung hingegen wird nicht der Fristlauf ausgesetzt, sondern die Verjährungsfrist läuft weiter, es wird aber über die Anordnung einer Mindestfrist ein Zeitpunkt für den frühestmöglichen Eintritt der Verjährung festgelegt, dieser wird also gegebenenfalls hinausgeschoben.644 Es tritt quasi erst in der letzten juristischen Sekunde der Verjährungsfrist eine Hemmung ein, sofern diese Mindestfrist dann noch nicht abgelaufen ist.645 Wie schon dem natürlichen Sprachgebrauch des Wortes Ablaufhemmung zu entnehmen ist, setzt aber auch diese voraus, dass das die Ablaufhemmung auslösende Ereignis noch während der laufenden Verjährungsfrist eintritt. Es kann nur der Ablauf von etwas gehemmt werden, das nicht längst abgelaufen ist.646 Dies entspricht auch allein dem Sinn und Zweck des Verjährungsrechts Rechtssicherheit und Rechtsfrieden647 zu schaffen.648 Die Verwendung des Begriffs der Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 S. 2 BGB erweist sich als problematisch in Hinblick auf dieses Bild der Ablaufhemmung. Dies hängt allerdings davon ab, wie § 479 Abs. 2 BGB zu verstehen ist. (1) Sehr weitgehendes Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB Nach verschiedenen Stimmen der Literatur geht die Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB sehr weit. Demnach müssen die Voraussetzungen für das Eingreifen der Mindestfrist von zwei Monaten, der Weiterverkauf an einen Verbraucher, nicht noch während des Laufs der Verjährungsfrist für die Ansprüche des Unternehmers gegen seinen Lieferanten eintreten. Vielmehr führt die Vorschrift nach einer Ansicht dazu, dass gegebenenfalls bereits verjährte Ansprüche wiederaufleben bzw. die eigentlich bereits eingetretene Verjährung nachträglich wieder entfällt.649
643
NK-Mansel/Budzikiewicz, § 209 Rn. 1; Erman-Schmidt-Räntsch, § 209 Rn. 1; Köhler, § 18 Rn. 25. 644 NK-Mansel/Budzikiewicz, § 209 Rn. 3; Erman-Schmidt-Räntsch, § 210 Rn. 3, § 211 Rn. 3; Köhler, § 18 Rn. 26. 645 Raue, Jura 2007, 427, 428 f. 646 So auch Schumacher, S. 197; Raue, Jura 2007, 427, 429; MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 11; dementsprechend muss bei § 210 BGB die Verjährungsfrist noch laufen, wenn die Voraussetzungen der Ablaufhemmung (Geschäftsunfähigkeit bzw. beschränkte Geschäftsfähigkeit und Fehlen eines gesetzlichen Vertreters) eintreten, vgl. den Wortlaut des § 210 Abs. 1 S. 1 BGB „laufende Verjährung“ und NK-Mansel/Budzikiewicz, § 210 Rn. 14, bei § 211 BGB muss die Verjährungsfrist im Zeitpunkt des Erbfalls noch laufen, vgl. NK-Mansel/Budzikiewicz, § 211 Rn. 7. 647 BGHZ 59, 72, 74; BGH NJW-RR 1993, 1059, 1060; BT-Drs. 14/6040, S. 100; PalandtEllenberger, Überbl v § 194 Rn. 9. 648 Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1915. 649 Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1400; Maultzsch, JuS 2002, 1171, 1173 f.; Böhle, Rückgriff, S. 177, 181 f.; Bartelt, S. 309; Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 589 f. mit Fn. 1284.
V. Analyse der Gesetzeslage
183
Andere gelangen zu diesem Ergebnis, indem sie § 479 Abs. 2 BGB als eigenständige verjährungsrechtliche Sonderregelung ansehen650 bzw. als vorrangige Verjährungsregelung.651 Teilweise wird auch angeführt, man müsse die Voraussetzungen der Ablaufhemmung ex-post im Zeitpunkt der Geltendmachung des Unternehmerregresses beurteilen.652 In der Zeit nach Ablauf der Verjährungsfrist bis zum Eintritt der Voraussetzungen der Ablaufhemmung bestünde die Verjährungseinrede lediglich vorläufig, die Ansprüche wären „derzeit unbegründet“.653 Keines dieser Konzepte steht im Einklang mit dem etablierten Begriff der Ablaufhemmung. Das Wiederaufleben bereits verjährter Ansprüche widerspricht ganz klar dem dargelegten Verständnis von einer Ablaufhemmung.654 Zum Teil wird dementsprechend von einer atypischen Ablaufhemmung gesprochen.655 Die Annahme einer verjährungsrechtlichen Sonderregelung oder einer vorrangigen Verjährungsregelung beinhaltet die Schlussfolgerung, dass es sich eben gerade nicht um eine Ablaufhemmung im herkömmlichen Sinn handelt. Der Begriff wird dann auch als rein deskriptiv angesehen, seine Verwendung an dieser Stelle als Redaktionsversehen bezeichnet.656 Auch eine Schwebezeit, verbunden mit einer bloß vorläufigen Einrede der Verjährung stellt letztlich eine bloße Umschreibung eines Wiederauflebens bereits verjährter Ansprüche dar. Sie ist auch mit der Konzeption des Verjährungsrechts, wonach die Verjährung eine dauernde Einrede darstellt,657 nicht vereinbar.658 Unabhängig davon, wie man ein solches weitgehendes Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 BGB im Einzelnen ausgestaltet, liegt jedenfalls eine uneinheitliche Verwendung bzw. eine Deplatzierung des Begriffs der Ablaufhemmung vor. (2) Erfordernis des Weiterverkaufs an den Verbraucher bei noch laufender Verjährungsfrist Andere Stimmen der Literatur wollen hingegen das hergebrachte Verständnis von einer Ablaufhemmung auch bei § 479 Abs. 2 BGB wahren. Demnach ist erforderlich, dass der Weiterverkauf an den Verbraucher noch bei laufender Verjährungsfrist
650
MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 11; Soergel-Wertenbruch, § 479 Rn. 48, 50, 30. Klose, S. 319 f. 652 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 6. 653 BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 7; MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 13; SoergelWertenbruch, § 479 Rn. 50; ähnlich auch Schultze-Melling, S. 97. 654 So auch Raue, Jura 2007, 427, 428 f. 655 So Bartelt, S. 309. 656 MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 11; ebenso Klose, S. 318. 657 BGHZ 184, 128, 135 f.; BGH NJW 2012, 3087; Palandt-Ellenberger, § 214 Rn. 1. 658 Raue, Jura 2007, 427, 431. Der Vergleich von Schultze-Melling, S. 97 mit §§ 210, 211 BGB passt insoweit meiner Ansicht nach nicht, als hier Voraussetzungen für das Eingreifen der Ablaufhemmung bei noch laufender Verjährungsfrist eintreten müssen, vgl. D., Fn. 646. 651
184
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
für die Ansprüche des Unternehmers gegenüber seinem Lieferanten erfolgt.659 Dies schränke die Regressmöglichkeiten auch mit Blick auf Art. 4 VGKRL nicht zu sehr ein, da der Unternehmer die Lagerzeiten schließlich beeinflussen könne.660 Das Gegenargument, dass in einem solchen Fall die Höchstfrist des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB weitgehend überflüssig wäre,661 wird unter anderem damit entkräftet, dass diese im Einzelfall durchaus relevant werden kann und ihre Bedeutung darüber hinaus insbesondere beim weiteren Regress entlang der Lieferkette über § 479 Abs. 3 BGB habe.662 Darauf weist auch bereits die Gesetzesbegründung hin.663 Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn für das Eingreifen des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB entlang der Lieferkette nicht gefordert wird, dass der abschließende Verbrauchsgüterkauf als Voraussetzung der „Ablaufhemmung“ noch während des Laufs der Verjährung der dann jeweils betroffenen Regressansprüche erfolgen muss.664 Dann entsteht jedoch in den Regressbeziehungen der früheren Glieder der Lieferkette wiederum das Phänomen, dass eigentlich bereits verjährte Ansprüche nachträglich wiederaufleben. Auch bei diesem Verständnis des § 479 Abs. 2 BGB ergeben sich mithin Friktionen zum herkömmlichen Begriff der Ablaufhemmung. Da es entlang der Lieferkette allerdings um eine bloß entsprechende Anwendung des § 479 Abs. 2 BGB geht, erscheint dies terminologisch hinnehmbar. Es entsteht jedoch wiederum Rechtsunsicherheit, die weder mit den Bedürfnissen des Handelsverkehrs, noch mit dem Sinn und Zweck des Verjährungsrechts zu vereinbaren ist.665 Erst die Höchstgrenze des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB vermag Rechtssicherheit herzustellen.666
659 Mansel/Budzikiewicz, § 5 Rn. 189, 193; Loose, S. 107; Raue, Jura 2007, 427, 428 f.; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1915 f.; Tiedtke/Schmitt, ZIP 2005, 681, 686; NK-Büdenbender, § 479 Rn. 14; so auch noch Bamberger/Roth-Faust, 1. A., § 479 Rn. 6 (vgl. nun D., Fn. 652, 653); kritisch, aber im Ergebnis ebenso Schumacher, S. 197 ff. 660 Schumacher, S. 199; Raue, Jura 2007, 427, 429 f.; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1916; vgl. auch die entsprechende Argumentation der Gesetzesbegründung zu der Höchstgrenze des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB in BT-Drs. 14/6040, S. 250. 661 Schumacher, S. 198; Klose, S. 318; ähnlich Erman-Grunewald, § 479 Rn. 4. 662 Raue, Jura 2007, 427, 430; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1916. 663 BT-Drs. 14/6040, S. 250. 664 Diese zeitliche Einschränkung auch entlang der Lieferkette wäre in Hinblick auf den Begriff der Ablaufhemmung nur konsequent, widerspräche aber der Gesetzesbegründung, der Schutz der vorgelagerten Lieferanten der Lieferkette wäre weitgehend wirkungslos und diese hätten insbesondere keine Möglichkeit, auf den Zeitpunkt der Vornahme des Verbrauchsgüterkaufs Einfluss zu nehmen, vgl. BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 479 Rn. 6. 665 Vgl. zum Handelsverkehr schon oben D. V. 6. c) cc). 666 MüKoBGB-Lorenz, § 479 Rn. 10; Soergel-Wertenbruch, § 479 Rn. 47; ähnlich BTDrs. 14/6040, S. 250.
V. Analyse der Gesetzeslage
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(3) Sehr eingeschränktes Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass eine noch weitergehende Einschränkung der Anwendung der „Ablaufhemmung“ des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB denkbar wäre, indem gefordert wird, dass nicht nur der Weiterverkauf an den Verbraucher bei laufender Verjährungsfrist erfolgen müsse, sondern auch die Inanspruchnahme durch den Verbraucher oder bereits die Befriedigung des Verbrauchers durch den Unternehmer.667 Soweit ersichtlich, wird dies in der Form jedoch kaum vertreten. So wird zwar gefordert, dass sichergestellt werden müsse, dass die Ablaufhemmung nur dann eingreift, wenn der Unternehmer tatsächlich Ansprüchen des Verbrauchers ausgesetzt ist und diese befriedigt. Die Umsetzung dieses Ziels erfolgt aber auf andere Weise, als ein derart eingeschränktes Verständnis des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB.668 Ein so enges Verständnis wäre mit dem Sinn und Zweck der Beseitigung einer Regressfalle zur Gewährung eines effektiven Regresses nicht vereinbar.669 Der Unternehmer kann den Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Verbraucher nicht beeinflussen.670 Die Problematik in Hinblick auf die Bedeutung der Höchstfrist des § 479 Abs. 2 S. 2 BGB würde sich in noch verschärfter Weise ergeben.671 (4) Fazit Folgt man dem weitgehenden Verständnis der Regelung des § 479 Abs. 2 S. 1 BGB, führt dies zu einer uneinheitlichen Verwendung des Begriffs der Ablaufhemmung im BGB bzw. dazu, dass die Begriffsverwendung an dieser Stelle schlicht unpassend ist. Die zweite und auch die meiner Meinung nach schwer vertretbare dritte Ansicht entsprechen im direkten Anwendungsbereich der Regelung, das heißt bei den Regressansprüchen des letztverkaufenden Unternehmers gegen seinen Lieferanten, dem Verständnis der Ablaufhemmung im BGB. Abweichungen ergeben sich hier aber bei der Anwendung über § 479 Abs. 3 BGB entlang der Lieferkette. Diese wiegen aber weniger schwer, da es sich um eine bloß entsprechende Anwendung handelt. Problematisch ist die Regelung aber jedenfalls in Hinblick auf die Rechtssicherheit. Der umfassende Meinungsstreit, bei dem sich zumindest für die 667
Vgl. Schumacher, S. 200 f.; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1916 f. Z. B. sprechen sich Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389, 1399 f. zwar für eine teleologische Reduktion der Norm aus, gehen aber ohnehin davon aus, dass durch die „Ablaufhemmung“ auch bereits verjährte Ansprüche wieder aufleben; ebenso Böhle, Rückgriff, S. 181 f. und ähnlich wohl auch Oetker/Maultzsch, § 2 Rn. 590 mit Fn. 1284. Mansel/Budzikiewicz, § 5 Rn. 186 ff. geben dem Lieferanten gegenüber dem letztverkaufenden Unternehmer eine Einrede aus § 242 BGB bis dieser den Verbraucher befriedigt hat. Nach Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1917 kann sich der Unternehmer erst ab Befriedigung der Ansprüche des Verbrauchers auf die Ablaufhemmung berufen. Nach Bartelt, S. 312 f. und Klose, S. 323 ff. greift die Regelung ohnehin nur bei Rückgriffsansprüchen ein, die ihrerseits eine Inanspruchnahme durch den Verbraucher voraussetzen. 669 Schumacher, S. 200 f.; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1917. 670 Schumacher, S. 201; Sendmeyer, NJW 2008, 1914, 1917. 671 Vgl. dazu oben D. V. 6. d) gg) (2). 668
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
ersten beiden Ansichten gute Argumente finden lassen,672 deutet auf eine gewisse Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung hin. Festzuhalten bleibt allerdings, dass die Probleme um die „Ablaufhemmung“ des § 479 Abs. 2 BGB letztlich dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben sind. Art. 4 VGKRL, der den Unternehmerregress nur sehr vage ausgestaltet,673 enthält keinerlei Vorgaben zu einer besonderen Ausgestaltung der Verjährung. Regelungen zu Fristen finden sich in Art. 5 VGKRL. Diese betreffen jedoch das Verhältnis zwischen Verkäufer und Verbraucher, was sich dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 VGKRL unmittelbar entnehmen lässt und sich für Art. 5 Abs. 1 VGKRL aus der Bezugnahme auf Art. 3 VGKRL ergibt.
VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Verbrauchsgüterkaufrechts Dem Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf liegt im Wesentlichen ein Regelungskonzept zugrunde, wonach Ausgangspunkt in der Regel das allgemeine Kaufrecht ist und dieses nur an bestimmten Stellen modifiziert wird. Dabei wird durch die Regelungen speziell zum Verbrauchsgüterkauf das Abstraktionsniveau der kaufrechtlichen Vorschriften abgesenkt, die Regelungsdichte ist hier mithin höher als zuvor. Im Übrigen lassen sich keine klaren Tendenzen hin zu mehr Kasuistik ausmachen. Bestimmtheitsprobleme zeigen sich vor allem bei der Ausgestaltung des Unternehmerregresses, insbesondere was den Begriff des gleichwertigen Ausgleichs angeht, wobei dies angesichts der nur vagen Maßgaben zum Unternehmerregress in Art. 4 VGKRL nicht unmittelbar auf die europarechtlichen Vorgaben zurückgeht.674 Zur Umsetzung des besagten Regelungskonzepts bedient sich der Gesetzgeber in den §§ 474 ff. BGB auffallend häufig der Verweisungstechnik. Da das allgemeine Kaufrecht seinerseits oftmals z. B. in das allgemeine Leistungsstörungsrecht weiterverweist, entstehen zahlreiche Verweisungsketten. Dies ist in erster Linie natürlich auch durch das Regelungskonzept des allgemeinen Kaufrechts bedingt, wird aber durch das Verbrauchsgüterkaufrecht jedenfalls verschärft. Bei den Verweisungen zeigen sich verschiedene Ungenauigkeiten.675 Die einzelnen Normen des Verbrauchsgüterkaufrechts sind außerdem meist relativ lang und oftmals durch lange Sätze und komplizierte Satzstrukturen gekennzeichnet, wodurch das Verständnis zusätzlich erschwert wird. Wiederum fällt insbesondere § 478 BGB in dieser Hinsicht negativ auf. Außerdem wurde § 474 BGB infolge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie äußerst umfangreich und 672
Einen Überblick dazu gibt z. B. Sendmeyer, NJW 2008, 1914 ff. Hier sowie in den sonstigen in den Fn. zu den verschiedenen Ansichten aufgeführten Nachweisen finden sich weitere Argumente. 673 Vgl. dazu schon oben D. V. 3. b) aa). 674 Vgl. dazu D. V. 4. 675 Vgl. zur Verweisungstechnik D. V. 3. b).
VI. Gesamtfazit
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enthält nunmehr in Absatz 4 eine Regelung mit komplizierter Satzstruktur, bei der zudem in besonderem Maße eine Häufung von Substantiven festzustellen ist. Dies erklärt sich aber teilweise durch die Angleichung an die Regelungen zum Gefahrübergang aus dem allgemeinen Kaufrecht, die §§ 446 f. BGB, die in der Form bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung existierten. In § 477 BGB führt ein ausgedehnter Passivgebrauch zu Unklarheiten bezüglich der Person des Verpflichteten, was letztlich die insoweit neutrale Formulierung auch der Richtlinienvorgaben des Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 VGKRL widerspiegelt. Etwas weiter gefasste Nominalklammern finden sich zur Bezugnahme auf andere Regelungen, aber auch in anderem Zusammenhang, was die Verständlichkeit der Regelungen weiter erschwert.676 Der Aufbau einzelner Normen und die Strukturierung des gesamten Abschnitts kann nicht als gelungen bezeichnet werden. Hierzu hat die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in jüngster Vergangenheit ihren Teil beigetragen. Die Reihenfolge der nunmehr zahlreicheren Modifikationen des Allgemeinen Schuldrechts und Kaufrechts und der Anwendungsausschlüsse in § 474 BGB erweist sich nicht als stringent.677 Wenig überzeugend ist auch die Stellung des § 475 BGB zwischen den Normen, auf die er Bezug nimmt. Insbesondere werden dadurch die Modifikationen des allgemeinen Kaufrechts, die sich in § 474 BGB und dann wieder in §§ 476 f. BGB finden, ohne ersichtlichen Grund voneinander getrennt.678 Besonders problematisch ist die Regelung des Unternehmerregresses, was die äußere Systematik angeht. Allein § 478 BGB vereint zahlreiche, verschiedene Regelungsgehalte in sich, was aus seiner sehr allgemeinen Überschrift „Rückgriff des Unternehmers“ leider nicht ersichtlich ist. Eine differenziertere Strukturierung unter Aufteilung auf mehrere Paragraphen hätte hier zu mehr Übersichtlichkeit geführt.679 Die Positionierung der eingeschränkten Unabdingbarkeitsklausel in § 478 Abs. 4 BGB ist ebenso verfehlt wie die des § 475 BGB. Außerdem ist die Wiederholung der Erweiterung entlang der Lieferkette in § 478 BGB und § 479 BGB, anstatt diese allgemein in einer gesonderten Norm anzuordnen, unnötig.680 Schließlich ist die Stellung des Unternehmerregresses im Abschnitt zum Verbrauchsgüterkauf zwar prinzipiell nicht systemwidrig, sinnvoll wäre aber eine weitere Untergliederung des Abschnitts gewesen, um deutlich zu machen, dass insoweit durchaus ein Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkauf besteht, dennoch aber eine eigenständige Problematik geregelt wird.681 Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie führt zudem zu einer etwas unglücklichen Verortung der Legaldefinition des Verbrauchsgüterkaufs im Gesetz in § 474 Abs. 1 BGB, da der Begriff nunmehr bereits in 676
Vgl. dazu D. V. 1. und 5. a) aa). Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (1). 678 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (4). 679 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (2). 680 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (4). 681 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (3); vgl. insgesamt zu einer besseren Strukturierung des Abschnitts auch nochmals den Vorschlag unter D. V. 5. a) bb) (5). 677
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D. Verbrauchsgüterkaufrecht
vorangehenden Regelungen verwendet wird, ohne aber explizit auf die Legaldefinition an späterer Stelle hinzuweisen.682 Die Betrachtung der konzeptionellen Stimmigkeit der Regelungen der §§ 474 ff. BGB zeigt zunächst, dass der hinter den Regelungen stehende Verbraucherschutzgedanke im Wesentlichen konsequent umgesetzt wird. Konsequent sind insoweit insbesondere die partiellen Nichtigkeitsregelungen in §§ 475 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 478 Abs. 4 S. 1 BGB, wie auch § 477 Abs. 3 BGB. Die Neuregelung in Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 447 Abs. 1 BGB zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in § 474 Abs. 4 BGB scheint den Verbraucher im Vergleich zur vorherigen Rechtslage zwar auf den ersten Blick schlechter zu stellen, führt im Ergebnis aber zu keiner Änderung der Rechtslage. Der Ausschluss der Anwendbarkeit des § 447 Abs. 2 BGB kann hingenommen werden. Die Neuregelung im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie hat in dieser Hinsicht, wie auch in Hinblick auf die Unabdingbarkeit der Regelungen des Verbrauchsgüterkaufrechts zur Handhabung des § 447 BGB Klarheit gebracht. Nicht mit dem Aspekt des Verbraucherschutzes in Einklang zu bringen ist hingegen die Neuregelung zur Fälligkeit der Leistungspflichten des § 433 BGB in § 474 Abs. 3 BGB, wodurch Art. 18 Abs. 1 VRRL umgesetzt wird.683 Problematisch ist im Übrigen die Ausgestaltung des Unternehmerregresses, was anhand der Diskussionen in der Literatur zu verschiedenen Analogien und teleologischen Reduktionen in diesem Bereich deutlich wird.684 Nicht nachvollziehbar ist außerdem, warum die Aufzählung der Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB die Verjährungsregelung des § 438 BGB nicht enthält. Dies erweist sich als problematisch in Hinblick auf den angestrebten Gleichlauf der Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs des § 478 Abs. 2 BGB mit den allgemeinen Mängelrechten im Unternehmerregress, wie auch in Hinblick auf den angestrebten Gleichlauf der Rechte des Unternehmers gegenüber seinem Lieferanten mit denen des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer.685 Angesichts der nur sehr vagen Vorgaben für den Unternehmerregress in Art. 4 VGKRL sind diese Probleme allerdings eher unmittelbar dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben. Gleiches gilt für die unterschiedliche Terminologie der partiellen Nichtigkeit in § 475 Abs. 1, Abs. 2 BGB, wie auch für die einmalige Parteibezeichnung als Rückgriffsgläubiger im Unternehmerregress in § 478 Abs. 4 S. 1 BGB, statt konsequenterweise auch hier einfach vom Unternehmer zu sprechen.686 Bezieht man die Konzeption des Kaufrechts allgemein mit in seine Überlegungen ein, lassen sich auch in diesem Zusammenhang Unstimmigkeiten ausmachen. Die weitgehende Entwertung des Rechts zur zweiten Andienung im Unternehmerregress kann noch als vereinbar mit den auch im allgemeinen Kaufrecht bestehenden 682 683 684 685 686
Vgl. dazu D. V. 3. a). Vgl. dazu D. V. 5. b) aa) (1). Vgl. dazu D. V. 5. b) aa) (3). Vgl. dazu D. V. 5. b) aa) (2). Vgl. dazu D. V. 5. b) bb).
VI. Gesamtfazit
189
Wertungen angesehen werden.687 Kritisch ist demgegenüber zu beurteilen, dass für die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs im Unternehmerregress in § 479 Abs. 1 BGB keine den besonderen Regelungen der Verjährung in § 438 BGB, insbesondere bei Arglist oder bei Baumaterialien, entsprechende Regelungen vorgesehen sind. Das Ziel eines Gleichlaufs der Verjährung sämtlicher Ansprüche, die aus einer mangelhaften Leistung resultieren, wird demnach nicht umfassend umgesetzt.688 Was die Nutzungsersatzpflicht des Verbrauchers bei Nachlieferung angeht, hat sich der nationale Gesetzgeber für eine minimale Umsetzung der Vorgaben des EuGH entschieden und diese nur im Anwendungsbereich des Verbrauchsgüterkaufs und nur bei der Nachlieferung, nicht beim Rücktritt ausgeschlossen. Letzteres entspricht der unterschiedlichen Ausgestaltung von Rücktritt und Nachlieferung. Wenig nachvollziehbar ist demgegenüber angesichts genereller Bedenken gegen eine Nutzungsersatzpflicht des Käufers bei Nachlieferung die Beschränkung auf den Verbrauchsgüterkauf, wo doch spezielle Regelungen hierzu eigentlich nur aufgrund verbraucherschutzspezifischer Erwägungen erfolgen sollten.689 Schließlich hat die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in § 474 Abs. 3 BGB zu einem Wertungswiderspruch zwischen dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch des Käufers und seinem Nacherfüllungsanspruch in Hinblick auf den Fälligkeitszeitpunkt geführt, der angesichts der Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie einerseits und der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie andererseits auch kaum beseitigt werden kann, wenn der Begriff der Unverzüglichkeit europarechtlich tatsächlich wie im nationalen Recht zu verstehen ist.690 Auch mit Blick auf den Gesamtzusammenhang des BGB zeigen sich verschiedene Aspekte, die nur schwer mit den hergebrachten Grundgedanken und Wertungen des BGB in Einklang zu bringen sind. So ist die Einschränkung der Privatautonomie durch die Unabdingbarkeitsklausel in § 475 Abs. 1 S. 1 BGB von neuer Qualität, da ein wirkliches rechtfertigendes Element hierfür im Verbrauchsgüterkaufrecht fehlt. Daran ändern auch die nach wie vor bestehenden Dispositionsmöglichkeiten, insbesondere die Möglichkeit einer Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, nichts. Eine solche Regelung ist jedoch durch Art. 7 Abs. 1 VGKRL bedingt.691 Auch die Regelung der Informationspflichten bei Garantien in § 477 BGB zur Umsetzung der Vorgaben in Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 VGKRL stellt sich als eine neue Entwicklung im BGB dar. Sie ist mit anderen normierten Informationsgeboten nicht vergleichbar, da wiederum ein besonderes rechtfertigendes Element fehlt. Von den Informations- und Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der cic oder der Arglistanfechtung gemäß § 123 BGB weicht § 477 BGB in formal-gesetzestechnischer Hinsicht zu sehr ab. Gleiches gilt für die Verlagerung der Informationsver687 688 689 690 691
Vgl. dazu D. V. 6. b) bb). Vgl. dazu D. V. 6. b) aa). Vgl. dazu D. V. 6. b) cc). Vgl. dazu D. V. 6. b) dd). Vgl. dazu D. V. 6. c) aa) (1).
190
D. Verbrauchsgüterkaufrecht
antwortlichkeit durch das Anknüpfen an ein arglistiges Verschweigen im BGB, wobei in § 477 BGB zudem die Voraussetzung der Arglist als Anknüpfungspunkt fehlt. Auch insoweit wird der Grundsatz der Privatautonomie weiter beschränkt, wenngleich die Auswirkungen einer Informationspflicht generell eher gering sind.692 Äußerst problematisch ist auch in diesem Zusammenhang die Neuregelung zur Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB. Sie führt zu Brüchen mit der Beweislastverteilung für das Vertretenmüssen in §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 BGB und dem Grundsatz, dass ein Rücktritt verschuldensunabhängig möglich ist. Letzteres erscheint in Hinblick auf die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auch europarechtlich problematisch.693 Die Anordnung der Beweislastumkehr in § 476 BGB fügt sich hingegen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in das Gesamtkonzept des BGB ein.694 Problematisch ist aber wiederum die Ausgestaltung des Unternehmerregresses. Hier wird durch den Regress entlang der Lieferkette zwar die Relativität der Schuldverhältnisse als Ausprägung des Grundsatzes der Privatautonomie gewahrt, eine Einschränkung erfolgt aber auch hier über die Anordnung der – wenn auch eingeschränkten – zwingenden Wirkung in § 478 Abs. 4 BGB. Dies steht auch nicht im Einklang mit dem bisherigen Bild des unternehmerischen Rechtsverkehrs und des Handelsverkehrs. Anders als bei den übrigen Regelungen des Unternehmerregresses ist hier nicht nur angesichts der vagen Maßgaben des Art. 4 VGKRL fraglich, ob dies zur Umsetzung der europäischen Vorgaben etwa unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Rückgriffs nötig war. Der Richtlinie lassen sich in diesem Zusammenhang vielmehr klare Hinweise entnehmen, dass eine Einschränkung der Privatautonomie im Unternehmerregress nicht gefordert war.695 Auch die Erstreckung der Beweislastumkehr auf den Unternehmerregress und die damit sogar verbundene Ausweitung berücksichtigt nicht die Wertungen des unternehmerischen Rechtsverkehrs.696 Des Weiteren ist die Anknüpfung an einen Verbrauchsgüterkauf am Ende der Vertragskette, die der Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorgaben des Art. 4 VGKRL entspricht, bedenklich. Hierdurch entsteht das Phänomen, dass das auf die Kaufverträge entlang der Lieferkette anzuwendende Recht oftmals erst weit nach Abschluss des jeweiligen Kaufvertrags feststeht. Angesichts der zum Teil doch deutlichen Abweichungen der Haftungssysteme führt dies zu erheblicher Rechtsunsicherheit.697 In terminologischer Hinsicht ist die Verwendung des Begriffs des Sachmangels in § 476 BGB unsauber. Zudem stellen sich vor allem die Begriffe des Verbrauchsgüterkaufs und des Unternehmers, der Dienstleistung in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB sowie je nach Verständnis der Regelung mehr oder weniger auch der Begriff der Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 BGB als problematisch dar. 692 693 694 695 696 697
Vgl. dazu D. V. 6. c) aa) (2). Vgl. dazu D. V. 6. c) dd). Vgl. dazu D. V. 6. c) bb) (1). Vgl. dazu D. V. 6. c) aa) (3). Vgl. dazu D. V. 6. c) bb) (2). Vgl. dazu D. V. 6. c) cc).
VI. Gesamtfazit
191
Die Begriffe des Verbrauchsgüterkaufs und der Dienstleistung wurden insoweit unreflektiert aus den jeweiligen Richtlinienvorgaben übernommen.698 Zuletzt lässt sich eine gewisse Neigung hin zu eigentlich überflüssigen Regelungen bzw. Regelungsteilen ausmachen. So wurde der Zusatz zur persönlichen Teilnahmemöglichkeit in § 474 Abs. 2 S. 2 BGB unnötigerweise aus Art. 1 Abs. 3 VGKRL übernommen und die Doppelung „einfach und verständlich“ in § 477 Abs. 1 S. 1 BGB aus Art. 6 Abs. 2 Spiegelstrich 2 VGKRL.699 Die Änderung des § 474 BGB in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 447 BGB zur Umsetzung des Art. 20 S. 2 VRRL erweist sich letztlich als überflüssig und führt zu einer deutlich komplizierteren Regelung.700 Auch die explizite Regelung von Umgehungsverboten in §§ 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3 BGB ist eigentlich überflüssig. Entsprechende Regelungen finden sich im BGB aber nicht nur aufgrund europarechtlichen Einflusses.701 Darüber hinaus sind weitere Regelungen als überflüssig zu bewerten, zu denen sich kein unmittelbares Vorbild in den Richtlinienvorgaben findet. Dies gilt etwa für die Klarstellung hinsichtlich der Erfüllbarkeit in § 474 Abs. 3 S. 3 BGB, die Aufzählung der Transportpersonen in § 474 Abs. 4 BGB und die deklaratorische Verweisung auf das AGB-Recht in § 475 Abs. 3 BGB. Auch im Unternehmerregress finden sich keine unmittelbaren europarechtlichen Vorgaben. Hier erweisen sich neben dem eben schon erwähnten Umgehungsverbot die Regelung des § 478 Abs. 1 BGB und vor allem die deklaratorischen Verweisungen auf das AGB-Recht und § 377 HGB in § 478 Abs. 4 S. 2, Abs. 6 BGB als überflüssig. Die genannten unechten Verweisungen bergen zudem die Gefahr von Missverständnissen.702
698
Vgl. dazu D. V. 6. d), insbesondere aa) und gg). Vgl. dazu D. V. 3. b) aa) und 4. 700 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (1). 701 Vgl. dazu D. V. 5. a) bb) (1) und (2). 702 Vgl. zu § 474 Abs. 3 S. 3 BGB D. V. 5. a) bb) (1), zu § 474 Abs. 4 BGB D. V. 4., zu § 478 Abs. 1 BGB D. V. 5. a) bb) (2) und zu den deklaratorischen Verweisungen D. V. 3. b) bb) sowie 5. b) aa) (2). 699
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen Schließlich zeigt sich europäischer Einfluss von bedeutendem Ausmaß im Bereich der besonderen Vertriebsformen. Dies betrifft namentlich die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, die im nationalen Recht lange Zeit unter dem Stichwort der Haustürgeschäfte bekannt waren, die Fernabsatzverträge und die Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr. Im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Bereichen wurden kürzlich einige allgemeine Regelungen zu Verbraucherverträgen getroffen, die deshalb in die Betrachtung mit eingestellt werden. Außerdem sind die Vorschriften zur Ausgestaltung des Widerrufsrechts diesem Kontext zuzuordnen.
I. Quellen des europarechtlichen Einflusses 1. Vor Erlass der Verbraucherrechterichtlinie Der Bereich der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge wurde von europäischer Seite zunächst durch Erlass der Haustürwiderrufsrichtlinie1 vom 20. 12. 1985, im Folgenden auch abgekürzt HWiRL, beeinflusst. Diese Richtlinie hatte ein besseres Funktionieren des Gemeinsamen Marktes durch einheitliche Regelungen auf dem nicht unbedeutenden Gebiet der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge zum Ziel.2 Außerdem sollte der Verbraucher vor missbräuchlichen Praktiken in diesem Bereich geschützt werden. Das Schutzbedürfnis wurde aus dem mit außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen verbundenem Überraschungsmoment hergeleitet, welches durch eine Überdenkungsmöglichkeit für den Verbraucher und dessen Unterrichtung hierüber kompensiert werden sollte.3 Erst einige Zeit später erfolgte mit der Fernabsatzrichtlinie4 vom 20. 05. 1997, im Folgenden abgekürzt auch FARL, eine Regelung des Bereichs des Fernabsatzes auf europäischer Ebene. Auch hierdurch sollte das Funktionieren des Binnenmarktes 1
Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG), ABl. EG Nr. L 372 vom 31. 12. 1985, S. 31. 2 Vgl. Erwägungsgründe 1 und 2. 3 Vgl. Erwägungsgründe 3 bis 6. 4 Siehe A., Fn. 2.
I. Quellen des europarechtlichen Einflusses
193
durch einen einheitlichen Mindestschutz verbessert werden.5 Eine weitere Zielsetzung stellte erneut der Verbraucherschutz dar. Das Bedürfnis hierfür wurde mit der Gefahr verringerter Informationen des Verbrauchers im Fernabsatz und dessen fehlender Möglichkeit, den Vertragsgegenstand vor Vertragsabschluss eingehend zu prüfen, begründet.6 Weiterhin wurde der Schutz des Privatlebens des Einzelnen zur Argumentation herangezogen.7 Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen wurden zudem gesondert in der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie8 vom 23. 09. 2002, im Folgenden auch abgekürzt FinFARL, geregelt. Regelungsziele waren auch hier das Funktionieren des Binnenmarkts und der Verbraucherschutz, vor allem in Hinblick auf die Gefahr verringerter Information der Verbraucher.9 Hinsichtlich der Regelungsmethode ergab sich jedoch ein gravierender Unterschied gegenüber der Fernabsatzrichtlinie und auch der Haustürwiderrufsrichtlinie. Während diese lediglich mindestharmonisierende Maßnahmen darstellten, mithin den Verbraucher stärker schützende nationale Regelungen zuließen, verfolgte die Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie bereits den Grundsatz der Vollharmonisierung und schloss jegliche anderweitige nationale Regelungen im Anwendungsbereich der Richtlinie vorbehaltlich etwaiger Öffnungsklauseln aus.10 Für den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs schließlich finden sich zwei Richtlinien auf europäischer Ebene, die Signaturrichtlinie11 und die E-Commerce-Richtlinie12. Erstere kann für die dieser Arbeit zugrundeliegende Fragestellung allerdings vernachlässigt werden, da sie sich im BGB lediglich bei den Formvorschriften mit § 126a BGB und § 126 Abs. 3 BGB sowie durch die Regelung einzelner Ausnahmen von § 126 Abs. 3 BGB ausgewirkt hat.13 Zentral ist vielmehr die E-Commerce-Richtlinie vom 08. 06. 2000, abgekürzt im Folgenden auch ECRL. Hier steht die Gewährleistung des Funktionierens des Binnenmarktes und zwar im Kontext des elektronischen Geschäftsverkehrs im Vordergrund.14 Der Harmonisierungsgrad dieser Richtlinie lässt sich nur schwer beurteilen. Hinsichtlich der Vor-
5
Vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4. Vgl. v. a. Erwägungsgründe 11 und 14. 7 Vgl. Erwägungsgrund 17. 8 Richtlinie 2002/65/EG, s. D., Fn. 500. 9 Vgl. Erwägungsgründe 2 bis 4, 12 f., 21. 10 Vgl. Art. 8 HWiRL; Art. 14 FARL; Erwägungsgrund 13 FinFARL. 11 Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen, ABl. EG Nr. L 13 vom 19. 01. 2000, S. 12. 12 Siehe D., Fn. 23. 13 Gebauer/Wiedmann-Haubold, Kap. 9, Rn. 15. 14 Vgl. Art. 1 Abs. 1 ECRL und Erwägungsgründe 3 bis 6, 10. 6
194
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
gaben für Informationspflichten gemäß Art. 10 ECRL ist angesichts des Wortlauts „zumindest“ vom Mindestharmonisierungsansatz auszugehen.15 2. Die Verbraucherrechterichtlinie Zuletzt wurde im Bereich der besonderen Vertriebsformen auf europäischer Ebene die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL)16 erlassen. Diese ersetzt die Haustürwiderrufsrichtlinie sowie die Fernabsatzrichtlinie. Beide Richtlinien wurden gemäß Art. 31 VRRL mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben. Die Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie bleibt hingegen unberührt, vielmehr sind Finanzdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinie ausgenommen.17 Die E-Commerce-Richtlinie wird durch die Verbraucherrechterichtlinie lediglich ergänzt.18 Neben diesen Bereichen finden sich die Vorgaben für die bereits angesprochenen Regelungen zu Verbraucherverträgen im Allgemeinen.19 Getragen wird diese in jüngerer Zeit erlassene Richtlinie durch den Gedanken der Rechtsvereinheitlichung und -aktualisierung,20 sowie durch das Bestreben nach einer Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes und die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus durch die Schaffung einheitlicher Rechtsvorschriften.21 Aus diesem Grund folgt sie weitgehend dem Ansatz der Vollharmonisierung.22 Das Schutzbedürfnis des Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen wird wiederum mit der den Verbraucher bedrängenden oder überraschenden Situation begründet, bei Fernabsatzverträgen mit den aufgrund der Distanz eingeschränkten Prüfmöglichkeiten.23
II. Nationale Umsetzung Der Umsetzung der Haustürwiderrufsrichtlinie diente ursprünglich das Haustürwiderrufsgesetz,24 im Folgenden auch abgekürzt HWiG. Allerdings stellte dieses kein klassisches Umsetzungsgesetz dar, da es bereits vor Erlass der Haustürwider15 Vgl. auch Gebauer/Wiedmann-Haubold, Kap. 9, Rn. 21; MüKoBGB-Wendehorst, Vorb. v. §§ 312b ff. Rn. 9. 16 Siehe A., Fn. 8. 17 Vgl. Art. 3 Abs. 3 d) VRRL und Erwägungsgrund 32. 18 Vgl. Art. 6 Abs. 8, Art. 8 Abs. 9 VRRL. 19 Vgl. Kapitel II der Verbraucherrechterichtlinie. 20 Vgl. Erwägungsgrund 2. 21 Vgl. z. B. Erwägungsgründe 3 – 5, 7. 22 Vgl. Art. 4 VRRL. 23 Vgl. Erwägungsgründe 21, 37. 24 Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. Januar 1986, BGBl. I 1986, 122.
II. Nationale Umsetzung
195
rufsrichtlinie am 14. 11. 1985 vom Bundestag verabschiedet worden war.25 Es gab in diesem Bereich nämlich parallele Gesetzgebungsverfahren auf nationaler und europäischer Ebene.26 Das letztlich erlassene Haustürwiderrufsgesetz orientierte sich an älteren auf Antrag Bayerns27 vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwürfen28 aus früheren Wahlperioden und damit an den Regelungen zum Widerrufsrecht aus dem Abzahlungsgesetz.29 Dies wird auch anhand eines Vergleichs des Textes des Haustürwiderrufsgesetzes mit dem ersten Gesetzentwurf und mit Vorschriften des Abzahlungsgesetzes deutlich. Die erste Gesetzesinitiative ist datiert auf den 1. 10. 1975 und erfolgte zeitlich demnach bevor die Haustürwiderrufsrichtlinie auf europäischer Ebene mit dem ersten Richtlinienvorschlag Anfang 197730 konkretere Gestalt annahm. Zuvor fand sich lediglich eine dahingehende Zielbestimmung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.31 Gesetzestechnisch waren die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes also weitgehend national geprägt. Der Gesetzgeber berücksichtigte die in der Entwicklung befindliche Haustürwiderrufsrichtlinie beim Erlass des Haustürwiderrufsgesetzes aber durchaus.32 Dies zeigt sich etwa bei dem gegenüber dem älteren Gesetzentwurf nunmehr durch eine enumerative Aufzählung ausgestalteten Anwendungsbereich. Zwar war diese Regelungstechnik auch bereits bei dem ersten Gesetzentwurf aus dem Jahr 1975 im Rahmen der Stellungnahme der Bundesregierung angesprochen worden,33 im letztlich zielführenden Gesetzentwurf wurde diese Veränderung jedoch zumindest auch mit den gesetzgeberischen Aktivitäten auf europäischer Ebene begründet.34 Der Erlass des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dann auch als vorweggenommene Richtlinienumsetzung bewertet.35 Zuvor fanden sich auf nationaler Ebene keine Regelungen speziell zu dem Bereich der Haustürgeschäfte. Ein Widerrufsrecht wurde durch das Abzahlungsgesetz le-
25
BR-Drs. 537/85. Gebauer/Wiedmann-Wiedmann, Kap. 7, Rn. 13. 27 BR-Drs. 384/75 vom 9. 6. 1975; vgl. auch den weiteren Antrag Bremens, BR-Drs. 394/75 vom 11. 6. 1975, wonach eine Änderung des Abzahlungsgesetzes vorgeschlagen wurde. 28 BT-Drs. 10/2876, S. 9; vgl. BT-Drs. 7/4078 und BT-Drs. 8/130. Näher zum Gesetzgebungsverfahren später E. III. 1. 29 BT-Drs. 10/2876, S. 10; vgl. auch BT-Drs. 7/4078, S. 9 und BT-Drs. 8/130, S. 9; vgl. auch jeweils die Begründungen zu den einzelnen Vorschriften. 30 Vorschlag einer Richtlinie des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen, ABl. EG Nr. C 22 vom 29. 01. 1977, S. 6. 31 Erstes Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, ABl. EG C 92 vom 25. 4. 1975, S. 1, 2 ff, Nr. 24 f. 32 BT-Drs. 10/2876, S. 9; BT-Drs. 10/4210, S. 10. 33 BT-Drs. 7/4078, S. 16. 34 Vgl. dazu BT-Drs. 10/2876, S. 9 f. 35 So BMJ Engelhard im Bundestag, BT-Plenarprotokoll 10/174, S. 13116; Goller, GewArch 1986, 73, 78; Löwe, BB 1986, 821, 822; MüKoBGB-Ulmer, 3. A., Vor § 1 HausTWG Rn. 7, 6; Staudinger-Thüsing, Vorb. zu §§ 312, 312a Rn. 32. 26
196
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
diglich für Abzahlungsgeschäfte und durch weitere Spezialgesetze vereinzelt für besondere Arten von Haustürgeschäften eingeräumt.36 Die Fernabsatzrichtlinie wurde ursprünglich mit Gesetz vom 27. Juni 200037 umgesetzt. Dies erfolgte nicht zentral an einer Stelle, sondern teilweise durch ein neues eigenständiges Gesetz, das Fernabsatzgesetz, teilweise durch Regelungen im BGB selbst.38 So wurden im BGB für verschiedene Verbraucherschutzbereiche relevante Elemente vereinheitlicht und zentral geregelt. Insbesondere betrifft dies die Begriffsbestimmungen in §§ 13, 14 BGB sowie die Ausgestaltung von Widerrufsund Rückgaberecht in §§ 361a, 361b BGB a.F. Die wesentlichen Teile dieses Gesetzes, wie auch das Fernabsatzgesetz, traten ausweislich seines Artikels 12 am 30. Juni 2000 in Kraft. Damit wurde die Frist zur Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie, die gemäß Art. 15 Abs. 1 FARL bis zum 04. 06. 2000 lief, knapp überschritten. Spezielle Regelungen zu der Vertriebsform des Fernabsatzvertrages gab es bis dahin nicht. Vielmehr unterlag dieser schlicht dem allgemeinen Vertragsrecht, lediglich im Einzelfall konnten Spezialregelungen aufgrund des Vertragsgegenstandes eingreifen.39 Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurden schließlich die Normen des Haustürwiderrufsgesetzes und des Fernabsatzgesetzes in das BGB integriert und fanden sich in den §§ 312 bis 312d, 312f BGB wieder, die Ausgestaltung des Widerrufs- und Rückgaberechts wurde in die §§ 355 ff. BGB verschoben.40 Zugleich wurde mit §312e BGB a.F. ein Teil der E-Commerce-Richtlinie umgesetzt.41 Auch Regelungen speziell zum Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr existierten im BGB zuvor nicht. Die Umsetzung der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie schließlich wurde durch Gesetz vom 2. Dezember 200442 neben Regelungen in anderen Gesetzen durch Modifikationen an den §§ 312b – 312d, 355, 357 BGB vorgenommen. Die Bereiche des Haustürwiderrufs, des Fernabsatzes und des elektronischen Geschäftsverkehrs waren im BGB mithin zentral in den §§ 312 ff., 355 ff. BGB geregelt. Genau diese Bereiche des BGB wurden nun in Umsetzung der Verbrau36
BT-Drs. 10/2876, S. 6 f. Siehe A., Fn. 2. 38 Gebauer/Wiedmann-Schinkels, Kap. 8, Rn. 15 bezeichnete dies als „neue, zweigleisige Strategie“ des Gesetzgebers. 39 BT-Drs. 14/2658, S. 1, 16. 40 BT-Drs. 14/6040, S. 166 f. 41 BT-Drs. 14/6040, S. 166, 169. Bereits zuvor war durch Gesetz vom 13. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1542) eine weitere Umsetzung im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs erfolgt, die sich im BGB aber nur punktuell bei den Formvorschriften ausgewirkt hat, näher Gebauer/ Wiedmann-Haubold, Kap. 9, Rn. 15. Außerdem diente das Elektronischer GeschäftsverkehrGesetz vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3721) der Umsetzung der E-CommerceRichtlinie, betraf jedoch nicht das BGB. 42 Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004, BGBl. I 2004, 3102. 37
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens
197
cherrechterichtlinie durch Gesetz vom 20. September 201343 vollständig neu gefasst. Zuvor war mit der Button-Lösung bereits ein Teilbereich der Verbraucherrechterichtlinie vorab umgesetzt worden.44 Auch dies geht aber in der nun vollständigen Neuregelung auf. Ebenso können aus diesem Grund etwaige zwischenzeitliche europarechtlich bedingte Änderungen in den Bereichen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, des Fernabsatzrechts und des elektronischen Geschäftsverkehrs45 vernachlässigt werden. Die Vorgaben der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie wie auch der E-Commerce-Richtlinie hat der nationale Gesetzgeber bei der Neuregelung wiederum integriert.46 Um einen weitgehenden Gleichlauf zwischen Fernabsatzverträgen und Außergeschäftsraumverträgen auch über Finanzdienstleistungen zu erreichen, erstreckte er dabei die Regelungen über Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen entsprechend der Anregung in Erwägungsgrund 32 VRRL überschießend auch auf den Bereich der Außergeschäftsraumverträge über Finanzdienstleistungen, für die aktuell keine europarechtlichen Vorgaben existieren.47 Zu analysieren sind mithin die §§ 312 – 312k, 355 – 361 BGB.48 Dem stehen als nationale Ausgangslage die allgemeinen Regelungen des BGB aus dem Allgemeinen Teil und dem Schuldrecht gegenüber, sowie aus gesetzestechnischer Sicht auch die ursprüngliche Fassung des Haustürwiderrufsgesetzes.
III. Vergleich des Gesetzgebungsverfahrens 1. Das Gesetzgebungsverfahren beim Haustürwiderrufsgesetz vom 16. Januar 1986 Die Schutzbedürftigkeit des Kunden bei Haustürgeschäften generell wurde bereits im Zuge der Diskussionen um das Widerrufsrecht im Abzahlungsgesetz Anfang/Mitte der 1970er Jahre erörtert.49 Die eigentlichen gesetzgeberischen Bemü43
Siehe D., Fn. 38. Siehe C., Fn. 95. 45 Vgl. z. B. die Änderungen infolge von EuGH, Urt. v. 13. 12. 2001, Rs. C-481/99 (Heininger), Slg. 2001, I-9945 durch Gesetz vom 23. 7. 2002, BGBl. I 2002, 2850; EuGH, Urt. v. 25. 10. 2005, Rs. C-350/03 (Schulte), Slg. 2005, I-9215 und EuGH, Urt. v. 25. 10. 2005, Rs. C229/04 (Crailsheimer Volksbank), Slg. 2005, I-9273 durch Gesetz vom 29. 7. 2009, BGBl. I 2009, 2355. 46 BT-Drs. 17/12637, S. 45, 58. 47 BT-Drs. 17/12637, S. 33, 54. 48 Vom Regelungsgehalt her könnte auch § 241a BGB zum Recht der besonderen Vertriebsformen gezählt werden. Auch hierzu finden sich Vorgaben in der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie und der Verbraucherrechterichtlinie, ursprünglich auch in der Fernabsatzrichtlinie. Angesichts seiner völlig anderen Verortung im Gesetz soll auf diese Regelung jedoch nicht näher eingegangen werden. 49 Vgl. z. B. Bartsch, ZRP 1973, 219, 222; Liebs, S. 42 ff.; Löwe, NJW 1974, 2257, 2257 f. 44
198
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
hungen zogen sich anschließend jedoch über einen langen Zeitraum hin. So vergingen seit der erstmaligen Gesetzesinitiative des Bundesrates im Jahr 1975 bis hin zur Verkündung des Haustürwiderrufsgesetzes am 22. 01. 198650 mehr als 10 Jahre, das Verfahren erstreckte sich über 4 Wahlperioden des Deutschen Bundestages und bedurfte infolge des Grundsatzes der Diskontinuität mehrerer Gesetzesinitiativen.51 Letztlich erfolgreich war die Gesetzesinitiative des Bundesrates in der 10. Wahlperiode, die auf einen Antrag Bayerns52 hin erfolgte. Der bereits zuvor eingebrachte Gesetzentwurf der SPD-Fraktion wurde für erledigt erklärt.53 Hintergrund des langandauernden Gesetzgebungsprozesses war wohl die lange konträre Haltung der Bundesregierungen, insbesondere der FDP, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.54 So wurde die SPD erst nach dem Regierungswechsel 1982 mit eigenen Initiativen aktiv.55 Die FDP erachtete das Gesetz bis zuletzt als überflüssig, stimmte ihm letztlich aber aufgrund von Koalitionsvereinbarungen mit der CDU/ CSU zu.56 2. Das Gesetzgebungsverfahren beim Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie vom 20. September 2013 Demgegenüber war der zeitliche Rahmen für das Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie deutlich enger gesteckt. Im Anschluss an deren Veröffentlichung im Amtsblatt am 22. 11. 2011 begann die Diskussion in der Literatur um deren Inhalt und die Auswirkungen auf das deutsche Recht.57 Bereits am 19. 09. 2012 wurde ein Referentenentwurf58 vorgelegt, zu dem zahlreiche Stellungnahmen59 er50
BGBl. I 1986, 122. Gesetzesinitiative des Bundesrates in der 7. Wahlperiode (BT-Drs. 7/4078); Gesetzesinitiative des Bundesrates in der 8. Wahlperiode mit gleichlautendem Gesetzentwurf (BTDrs. 8/130); Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion in der 9. Wahlperiode (BT-Drs. 9/2294); in der 10. Wahlperiode Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion (BT-Drs. 10/584) und Gesetzesinitiative des Bundesrates (BT-Drs. 10/2876). 52 BR-Drs. 337/84. 53 BT-Plenarprotokoll 10/174, S. 13121. Ausführlicher zur Entstehungsgeschichte Fischer/ Machunsky, Grundlagen des HWiG, Rn. 21 ff.; Löwe, BB 1986, 821, 821 f. und die tabellarische Übersicht bei Förschler, S. 18 ff. 54 Gebauer/Wiedmann-Wiedmann, Kap. 7, Rn. 13; ausführlich mit tabellarischer Übersicht Förschler, S. 47 ff. 55 Löwe, BB 1986, 821, 821. 56 So der Abgeordnete Kleinert, BT-Plenarprotokoll 10/174, S. 13114 f.; Fischer/Machunsky, Grundlagen des HWiG, Rn. 34; Gilles, NJW 1986, 1131. 57 Vgl. etwa Grundmann, JZ 2013, 53 ff.; Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139 ff.; Heinig, MDR 2012, 323 ff.; Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253 ff.; Unger, ZEuP 2012, 270 ff. 58 RefE VRRL-Umsetzung. 59 Vgl. z. B. BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012; DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012; DIHK, Stellungnahme vom 05. 11. 2012; Dt. Notarverein, Stellungnahme v. 29. 10. 2012; Dt. 51
IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild
199
gingen. Nur drei Monate später legte die Bundesregierung den Gesetzentwurf60 vor, den sie am 21. 12. 2012 dem Bundesrat zuleitete. Auch während der parlamentarischen Phase wurden weitere Stellungnahmen zum Regierungsentwurf abgegeben.61 Bereits ein halbes Jahr nach Beginn der parlamentarischen Phase nahm der Bundestag den Gesetzentwurf leicht verändert in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses62 an63 und das Gesetz wurde schließlich am 27. 09. 2013 verkündet64. Diese eher kurze Zeitspanne überrascht angesichts der doch gerade im Vergleich zum Haustürwiderrufsgesetz umfangreichen Neuregelungen. Viel mehr Spielraum in zeitlicher Hinsicht hatte der deutsche Gesetzgeber jedoch auch nicht, sofern er die Umsetzungsfrist gemäß Art. 28 Abs. 1 VRRL bis zum 13. 12. 2013 einhalten wollte, zumal der Gesetzentwurf angesichts der Bundestagswahlen 2013 ansonsten der Diskontinuität erlegen wäre. Im Übrigen konnte der Gesetzgeber auf die bereits bestehenden Vorschriften zurückgreifen, wenn die betroffenen Abschnitte des BGB auch insgesamt neu gefasst wurden. Schließlich stand das „ob“ der Regelungen angesichts der europarechtlichen Vorgaben auch außer Frage. Das Umsetzungsgesetz trat am 13. Juni 2014 in Kraft, so dass Wirtschaft, Praxis und Lehre immerhin ein knappes Dreivierteljahr seit der Verkündung blieb, um sich in die neuen Regelungen einzuarbeiten. Dies wurde als ausreichend bewertet.65 Ein Vergleich mit der Entstehung des BGB erübrigt sich, da der Umfang der Neuregelungen noch deutlich geringer ist, als dies beim Schuldrechtsmodernisierungsgesetz der Fall war.66
IV. Vergleich der Gesetze nach ihrem äußeren Erscheinungsbild 1. Das Haustürwiderrufsgesetz vom 16. Januar 1986 Das ursprüngliche Gesetz zum Haustürwiderruf zeigt kaum erwähnenswerte Auffälligkeiten. Richterbund, Stellungnahme Nr. 26/12; GDV, Stellungnahme v. 25. 10. 2012; Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme vom 05. 11. 2012; ZDH, Stellungnahme v. Okt. 2012. 60 BR-Drs. 817/12; BT-Drs. 17/12637. 61 DAV, Stellungnahme Nr. 7/2013; ders., Stellungnahme Nr. 26/2013; Dt. Notarverein, Stellungnahme v. 17. 01. 2013; Artz, Stellungnahme v. 14. 04. 2013; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013; BDD, Stellungnahme v. 12. 04. 2013; BITKOM, Stellungnahme v. 12. 04. 2013; DAV, Zusammenfassung; Schmidt-Kessel, Stellungnahme; Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 09. 04. 2013. 62 BT-Drs. 17/13951. 63 BR-Drs. 498/13. 64 BGBl. I 2013, 3642. 65 So Buchmann, K&R 2013, 535, 536; Oelschlägel, MDR 2013, 1317. 66 Vgl. dazu oben D. III.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Es erfolgte als Erstregelung in Form eines neuen Stammgesetzes und enthielt keine Untergliederung in Artikel, sondern lediglich die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes in Form von Paragraphen. Es finden sich auch keine Folgeänderungen in dem Gesetz. Probleme in Hinblick auf die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit lassen sich nicht feststellen. Das Gesetz umfasste lediglich zwei Seiten im Bundesgesetzblatt. Außerdem enthielt es nur Neuregelungen, die dementsprechend jeweils vollständig abgedruckt und mithin aus sich heraus verständlich waren. Auch die Überschrift ist treffend und enthält keine überflüssigen Floskeln. Da die Bezeichnung jedoch etwas länger ist, wäre eine Kurzbezeichnung, etwa als Haustürwiderrufsgesetz, sinnvoll gewesen.67 Ferner wäre eine amtliche Abkürzung von Vorteil gewesen.68 Dies wird deutlich anhand der uneinheitlichen Verwendung von Abkürzungen in Literatur und Datenbanken.69 2. Das Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie vom 20. September 2013 Das Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie hingegen ist ein Änderungsgesetz in Form eines Artikel- bzw. Mantelgesetzes und zwar wiederum entgegen den Empfehlungen des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit ein heterogenes Artikelgesetz.70 So finden sich einerseits mehrere Hauptänderungen, die durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie bedingt sind und damit sachlich zusammenhängen, insbesondere in Artikel 1, das BGB betreffend, und in Artikel 2, das EGBGB betreffend. Darüber hinaus beinhaltet Artikel 4 mit der Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung eine weitere Hauptänderung. Diese liegt jedoch darin begründet, dass eine Änderung bei der Gesetzgebungskompetenz für die soziale Wohnraumförderung erfolgt ist.71 Hier besteht also keinerlei Zusammenhang mit den sonstigen Hauptänderungen. Man könnte also von einem Paketgesetz sprechen.72 Im Übrigen findet sich eine Vielzahl von Folgeänderungen in verschiedenen Gesetzen. Das Umsetzungsgesetz ist aus sich selbst heraus verständlich, soweit die betroffenen Gesetzesteile vollständig neu gefasst werden. Dies gilt insbesondere für die Neuregelung der §§ 312 ff., 355 ff. BGB sowie Art. 229 § 32, Art. 246 ff. EGBGB und zum Teil für die Änderungen am Fernunterrichtsschutzgesetz. Schwer ver67 68 69
A. 70 71 72
Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 331. Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 341. Vgl. „HTürGG“ bei juris; „HWiG“ bei Fischer/Machunsky; „HausTWG“ bei Palandt, 60. Vgl. dazu bereits oben die Ausführungen zum AGB-Änderungsgesetz, C. IV. 2. BT-Drs. 17/12637, S. 34, 79. Vgl. auch dazu bereits oben die Ausführungen zum AGB-Änderungsgesetz, C. IV. 2.
V. Analyse der Gesetzeslage
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ständlich und unübersichtlich sind hingegen die zahlreichen bloß punktuellen Folgeänderungen. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Problem, das bei Änderungsgesetzen typischerweise auftritt.73 Schwer nachvollziehbar ist allerdings die Stellung der Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung in Artikel 4, inmitten der umsetzungsbedingten Änderungen und Folgeänderungen. Artikel 4 erscheint an dieser Stelle als Fremdkörper. Die Positionierung lässt sich auch nicht dadurch erklären, dass zunächst die Hauptänderungen angeführt werden sollten, da die vorhergehenden Artikel naturgemäß ebenfalls Folgeänderungen enthalten. Die Überschrift ist zutreffend und kurz gehalten. Sie verdeutlicht bereits die beiden zusammenhanglosen Regelungsanliegen des heterogenen Artikelgesetzes. Auch hier fehlen eine Kurzbezeichnung und eine Abkürzung. Da es sich nun jedoch nicht um ein in der Folgezeit oftmals zu zitierendes Stammgesetz handelt, sondern um ein Änderungsgesetz, bei dem die Zitierfähigkeit nicht derart bedeutend ist, ist dies durchaus sachgerecht.74
V. Analyse der Gesetzeslage im Recht der besonderen Vertriebsformen 1. Einzelanalyse der Normen a) §§ 312 – 312k BGB aa) Sprachliche Analyse und Terminologie Im Recht der besonderen Vertriebsformen gemäß §§ 312 bis 312k BGB fällt zunächst eine Vielzahl äußerst langer Sätze auf. Dabei finden sich einige Regelungen, die eine numerische Untergliederung enthalten. Dies dient in der Regel dazu, eine bessere Übersichtlichkeit zu gewährleisten und so das Verständnis der Vorschriften zu erleichtern.75 Angesichts des Ausmaßes der Regelungen und der Verwendung verschachtelter Satzstrukturen gelingt dies hier allerdings nur sehr bedingt. Von äußerst großem Umfang sind insbesondere die Regelungen der §§ 312 Abs. 2, Abs. 3, 312g Abs. 2 S. 1 BGB, die sich zudem auch in ihrer Konstruktion ähneln. Sie beginnen jeweils mit einem Einleitungssatz, der mit einem Doppelpunkt endet. Bei § 312g Abs. 2 S. 1 BGB enthält bereits der Einleitungssatz einen eingeschobenen Nebensatz. Im Anschluss daran folgen die einzelnen Ziffern, die bei §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB die maßgeblichen Verträge und bei § 312 Abs. 3 BGB die anzuwendenden Vorschriften der §§ 312 ff. BGB aufzählen. Die 73 74 75
Schneider, Gesetzgebung, Rn. 451. Vgl. BMJ, Handbuch, Rn. 724, 520. Vgl. dazu D., Fn. 95.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Ziffern beinhalten keine grammatikalisch vollständigen Sätze,76 sind aber oftmals relativ lang77 und/oder nicht ganz einfach aufgebaut. Vereinzelt sind sie weiter in a) und b) untergliedert.78 Es werden zahlreiche Nebensätze verwendet, wodurch Satzstrukturen mit Verschachtelungen bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades oder mehr entstehen.79 Als absolutes Negativbeispiel ist die Regelung des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 10 BGB hervorzuheben. Hier findet sich zunächst ein Relativsatz als Nebensatz ersten Grades. Dem folgt ein weiterer Relativsatz als Nebensatz zweiten Grades, in den mit einem weiteren Relativsatz ein Nebensatz dritten Grades eingeschoben ist. Außerdem folgt dem Nebensatz zweiten Grades ein weiterer Nebensatz dritten Grades in Form eines Relativsatzes, in den schließlich noch ein Relativsatz und damit ein Nebensatz vierten Grades eingeschoben wurde. Des Weiteren enthält der Nebensatz zweiten Grades eine lange Nominalklammer,80 wodurch die Übersichtlichkeit der Satzkonstruktion weiter leidet. Ähnlich umfangreich in der numerischen Untergliederung wie § 312 Abs. 3 BGB sind auch §§ 312b Abs. 1 S. 1, 312i Abs. 1 S. 1 BGB. Der Einleitungssatz beinhaltet jedoch nicht die Konstruktion mit einem die Aufzählung einleitenden Doppelpunkt, sondern wird durch die nachfolgenden Ziffern zu einem ganzen Satz vervollständigt. Dabei enthalten die einzelnen Nummern bei § 312b Abs. 1 S. 1 BGB vier alternative Relativsätze und bei § 312i Abs. 1 S. 1 BGB vier kumulative Infinitivkonstruktionen im Hauptsatz. Bei § 312b Abs. 1 S. 1 BGB finden sich in den Nummern 1 und 3 und 4 wiederum Untergliederungen bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades oder mehr. Die übrigen numerisch untergliederten Regelungen, §§ 312a Abs. 4, 312f Abs. 1 S. 1, Abs. 3 und 312h BGB, beinhalten jeweils zwei Gliederungsziffern. Auch hier finden sich mehrstufige Verschachtelungen.81 Besonders undurchsichtig und schwer verständlich ist § 312h BGB. Der Satz beginnt mit einem Nebensatz ersten Grades. In diesen ist ein Relativsatz als Nebensatz zweiten Grades eingeschoben, der zudem eine relativ weite Nominalklammer82 enthält. Der zweite Teil des Nebensatzes ersten Grades enthält in Form der numerischen Untergliederung zwei Tatbestandsalternativen. Dabei führt die erste unter der Nummer 1 zwei kumulative Voraussetzungen an und nennt bei der zweiten Voraussetzung zwei Alternativen hinsichtlich der beauftragten Personen, wobei bei der zweiten Alternative zudem eine, wenn auch eher 76
Dies entspricht durchaus den Empfehlungen gemäß BMJ, Handbuch, Rn. 107. Vgl. §§ 312 Abs. 2 Nr. 8, 12, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8, 9, 11 BGB. 78 Vgl. §§ 312 Abs. 2 Nr. 1, 4 BGB. 79 Vgl. §§ 312 Abs. 2 Nr. 1 b) Hs. 2, Nr. 4 b), 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 5, 8, 10, 13 Hs. 2 BGB. 80 Vgl. „in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren“; zum Begriff vgl. C., Fn. 64. 81 Vgl. bei § 312a Abs. 4 BGB im Einleitungsteil und unter Nr. 2; § 312f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB; § 312f Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BGB; zu § 312h BGB vergleiche die Ausführungen im Folgenden. 82 Vgl. „ein zwischen dem Verbraucher und einem anderen Unternehmer bestehendes Dauerschuldverhältnis“. 77
V. Analyse der Gesetzeslage
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kurze Nominalklammer83 gegeben ist. Die Alternativen hinsichtlich der Personen finden sich ebenfalls unter der Nummer 2. Nach den beiden Ziffern folgt schließlich der Hauptsatz, der ebenfalls zwei Tatbestandsalternativen beinhaltet. Neben den numerisch untergliederten Vorschriften bestehen aber auch zahlreiche andere Regelungen der §§ 312 ff. BGB aus langen Sätzen.84 Der Satzumfang ist dabei zum Teil auch hier dadurch bedingt, dass sie Aufzählungen enthalten.85 Zum Teil liegen verschachtelte Satzkonstruktionen vor.86 Auch kürzere Regelungen weisen oftmals eine nicht ganz einfache Satzstruktur auf. Sie sind z. B. ebenfalls bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades untergliedert.87 Angesichts der Kürze dieser Sätze, wirkt sich dies jedoch kaum auf die Verständlichkeit der Vorschriften aus. Auch etwas weitere Nominalklammern werden neben den bereits erwähnten Fällen noch in zahlreichen weiteren Regelungen verwendet. Zum Teil wird auf diese Weise die Bezugnahme auf andere Vorschriften eingearbeitet,88 wodurch die Übersichtlichkeit der Regelungen noch nicht übermäßig leidet. Zum Teil werden weitere Relativsätze vermieden.89 Die Lesbarkeit der Normen wird dadurch aber nicht verbessert. Dies gilt umso mehr, je länger die Nominalklammern sind und je komplizierter die Satzstruktur im Übrigen ist. Teilweise sind die Nominalklammern auch einfach unnötig, da ohnehin ein Relativsatz folgt, der um den Inhalt der Nominalklammer hätte ergänzt werden können.90 Des Weiteren enthalten die §§ 312 ff. BGB einige Passivkonstruktionen. Meist kann dies damit erklärt werden, dass der Handelnde nicht im Fokus der Regelung steht. Wirkliche Probleme sind damit nicht verbunden. Lediglich in § 312h BGB wäre es vorzugswürdig gewesen das Passiv im einleitenden Nebensatz durch das Aktiv zu ersetzen. Unternehmer und Verbraucher werden hier als handelnde Personen genannt und die Satzkonstruktion ist ohnehin kompliziert. Die Passivkonstruktion im weiteren Verlauf ist hingegen erforderlich, um die numerische Untergliederung zu ermöglichen. In Hinblick auf die Verwendung von im BGB durchaus üblichen, jedoch kritisierten Verb-Substantiv-Kombinationen91 zeigt sich in den §§ 312 ff. BGB eine 83
Vgl. „ein von ihm beauftragter Dritter“. Vgl. z. B. §§ 312 Abs. 5 S. 1, 312a Abs. 1, Abs. 5 S. 1, 312c Abs. 1, Abs. 2, 312e, 312f Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1, S. 2, 312g Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 312j Abs. 2 BGB. 85 Vgl. z. B. §§ 312 Abs. 5 S. 1, 312c Abs. 2, 312e BGB. 86 Vgl. §§ 312a Abs. 1, Abs. 5 S. 1, 312c Abs. 2 BGB. 87 Vgl. §§ 312i Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 312j Abs. 3 S. 1 BGB. 88 Vgl. §§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 312f Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2, 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 312k Abs. 2 BGB. 89 Vgl. „eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung“ in § 312a Abs. 3 S. 1 BGB; „eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person“ in § 312c Abs. 1 BGB; „Die in Erfüllung dieser Pflicht gemachten Angaben“ in § 312d Abs. 1 S. 2 BGB. 90 Vgl. §§ 312f Abs. 3, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11 Hs. 2 BGB. 91 Vgl. dazu die Nachweise unter C., Fn. 67. 84
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
positive Entwicklung. So wird lediglich in § 312k Abs. 1 S. 2 BGB die Wendung „finden … Anwendung“ verwendet. Dies entspricht jedoch der Formulierung der anderen Umgehungsverbote im BGB.92 Im Übrigen wird darauf verzichtet.93 Als unnötig umständlich ist hingegen die Wendung „nach Maßgabe des“ zu bezeichnen, die sich zum Teil bei der Bezugnahme auf andere Vorschriften findet.94 Diese ist im BGB zwar durchaus verbreitet, wird jedoch als schwerfällig95 und meist unnötige Zerdehnung96 kritisiert. Ein schlichtes „nach“ oder „gemäß“ wäre hier ausreichend. Schließlich findet sich auch der typische, aber kritisch beurteilte Nominalstil97 in den §§ 312 ff. BGB wieder. Beispielsweise enthalten die §§ 312f Abs. 2 S. 1, Abs. 3, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9, 312i Abs. 1 S. 1 BGB mehrere Substantivierungen. Wie schon im Verbrauchsgüterkaufrecht wird außerdem auch hier die etwas schwerfällige Konstruktion der „Erbringung von Dienstleistungen“ verwendet.98 Mit Begriffen wie Telemedien, Fernkommunikationsmittel, Telekommunikationsdienst oder Finanzdienstleistungen werden in dem Abschnitt auch Fachausdrücke verwendet. Diese sind in der Regel jedoch als solche erkennbar. Problematisch ist vielmehr auch in diesem Bereich der harmlos wirkende Unternehmerbegriff, der als verdeckter Fachausdruck einzustufen ist. Diese Problematik wurde jedoch bereits im Zuge des AGB-Rechts und des Verbrauchsgüterkaufrechts eingehend dargelegt.99 Die europäischen Vorgaben waren insoweit zunächst uneinheitlich. So fand sich in der Haustürwiderrufsrichtlinie der Begriff des Gewerbetreibenden, in der Fernabsatzrichtlinie der des Lieferers und in der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie der des Anbieters.100 Der nationale Gesetzgeber hatte die Begriffe aber bereits im Zuge der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie vereinheitlicht und hierzu die Begrifflichkeit aus dem AGB-Recht übernommen.101 Die Verbraucherrechterichtlinie verwendet nunmehr den Begriff des Unternehmers.102
92
Vgl. §§ 241a Abs. 3 S. 2, 306a, 361 Abs. 2 S. 2, 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3, 487 S. 2, 511 S. 2, 655e Abs. 1 S. 2 BGB. 93 Vgl. §§ 312, 312f Abs. 4, 312i Abs. 2, 312j Abs. 5 S. 1 BGB. 94 Vgl. §§ 312a Abs. 2 S. 1, 312d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. 95 Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 108. 96 Grunau, S. 95. 97 Vgl. dazu die Nachweise unter C., Fn. 69. 98 Vgl. §§ 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8, 9, 312i Abs. 1 S. 1 BGB; bei § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 12 BGB die „Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen“. 99 Vgl. dazu C. V. 2. und D. V. 2. 100 Vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Spiegelstrich 2 HWiRL; Art. 2 Nr. 1, Nr. 3 FARL; Art. 2 a), c) FinFARL. 101 BT-Drs. 14/2658, S. 47 f. zu § 361a Abs. 3 BGB-E. 102 Vgl. Art. 2 Nr. 2 VRRL.
V. Analyse der Gesetzeslage
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bb) Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik (1) Legaldefinitionen Das Mittel der Legaldefinitionen wird in den §§ 312 ff. BGB oftmals eingesetzt. (a) Die Definition von Finanzdienstleistungen In § 312 Abs. 5 S. 1 BGB wird der Begriff der Finanzdienstleistungen legal definiert. Es handelt sich hierbei um eine klassische Klammerdefinition im Zuge einer Sachregelung. Das Definiens ist dabei durch eine aufzählende Beschreibung der erfassten Dienstleistungen gekennzeichnet und stimmt mit dem Wortlaut der Definition in Art. 2 Nr. 12 VRRL nahezu vollständig überein. Die Platzierung der Definition an dieser Stelle ist allerdings wenig nachvollziehbar. Man würde die Legaldefinition an der Stelle des Gesetzes erwarten, an der der definierte Begriff das erste Mal verwendet wird, oder aber entsprechend dem Gebot der Normenklarheit jedenfalls an der Stelle des Gesetzes, an der sich schwerpunktmäßig Regelungen finden, die das Definiendum betreffen.103 Beides ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Verwendet wird der Begriff der Finanzdienstleistungen nämlich bereits in § 312 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) BGB und auf eine schwerpunktmäßige Regelung der Finanzdienstleistungen in § 312 Abs. 5 BGB lässt auch nichts schließen, zumal sich im Übrigen über den gesamten Abschnitt verteilt immer wieder Vorschriften hierzu finden.104 Hintergrund könnte sein, dass der Begriff der Finanzdienstleistungen im Referentenentwurf in § 312 Abs. 4 S. 1, der der heutigen Verortung entspricht, tatsächlich erstmals verwendet wurde. Dies hatte sich aber bereits beim ursprünglich eingebrachten Regierungsentwurf105 geändert. (b) Die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Geschäftsräume Eine weitere Legaldefinition findet sich in § 312b Abs. 1 S. 1 BGB, nämlich die der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge. Dabei handelt es sich um eine explizite Definition in Form eines unselbständigen Rechtssatzes und nicht um eine Klammerdefinition.106 Das Definiens ist wiederum durch eine, hier sogar numerisch untergliederte, Aufzählung gekennzeichnet, die an dieser Stelle verschiedene Situationen des Vertragsschlusses bzw. im Fall der Nummer 2 der Angebotsabgabe durch den Verbraucher beinhaltet. Problematisch ist bei dieser Legaldefinition die Begriffswahl beim Definiendum. Die Begriffe sollten möglichst aussagekräftig, prägnant und einprägsam sein und 103
Vgl. zur Verortung von Legaldefinitionen bereits die Nachweise unter C., Fn. 89, und D., Fn. 137, 138. 104 Vgl. §§ 312a Abs. 2 S. 3, 312d Abs. 2, 312f Abs. 4, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8, Nr. 13 Hs. 2, 312j Abs. 5 S. 2 BGB. 105 BT-Drs. 17/12637. 106 Vgl. zu den Definitionsarten bereits oben D., Fn. 135.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
dabei aber nicht ihrerseits eine Kurzbeschreibung darstellen.107 Letzteres ist hier aber gerade der Fall. Als aussagekräftig kann man das Definiendum durchaus bezeichnen, da maßgebliches Kriterium in der Tat der Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen oder in gleichgestellten Situationen ist. Durch die eben dies umschreibende Partizipialkonstruktion beim Definiendum wird jedoch eine Kurzbeschreibung vorgenommen, was den Terminus äußerst schwerfällig und demnach nicht unbedingt einprägsam macht. Auch hier hat sich der Gesetzgeber stark an den europäischen Vorgaben orientiert. Der Begriff wurde mit einer unbedeutenden Abweichung108 unmittelbar aus Art. 2 Nr. 8 VRRL übernommen, so wie auch der Wortlaut der beschreibenden Aufzählung nahezu mit dieser Richtlinienvorgabe übereinstimmt. Kürzer und damit jedenfalls einprägsamer wäre die Wortzusammensetzung „Außergeschäftsraumverträge“ gewesen, die in der Literatur teilweise vereinfachend verwendet wird.109 Was die Stellung im Gesetz angeht, fällt erneut auf, dass es sich nicht um die Stelle handelt, an der der Begriff zum ersten Mal verwendet wird.110 Die vorliegende Platzierung ist hier aber durchaus nachvollziehbar und damit auch gut auffindbar, da sich die Legaldefinition am Anfang des Kapitels befindet, das schon der Überschrift nach spezielle Regelungen zu den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und den Fernabsatzverträgen enthält. § 312b Abs. 2 S. 1 BGB ergänzt die Legaldefinition der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge aus § 312b Abs. 1 S. 1 BGB um eine weitere Legaldefinition, nämlich die der Geschäftsräume. Die Begriffsbestimmung erfolgt auch hier in Form eines unselbständigen Rechtssatzes und übernimmt die Vorgaben aus Art. 2 Nr. 9 VRRL nahezu wortlautgleich. § 312b Abs. 2 S. 2 BGB ist nicht als Erweiterung und damit Teil der Legaldefinition im eigentlichen Sinne anzusehen, da nicht etwa ein weiterer Fall dem Begriff der Geschäftsräume zugeordnet wird, sondern die Regelung mit den Gewerberäumen lediglich ein Element des Definiens betrifft. Die Stellung im Gesetz im unmittelbaren Zusammenhang mit der Definition der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge ist folgerichtig. Diese Begriffsbestimmung ist nur anwendbar im Rahmen der Legaldefinition des Absatzes 1, wie sich aus dem Zusatz „im Sinne des Absatzes 1“ ergibt. Dementsprechend entsteht durch die Verwendung des Begriffs an anderer Stelle mit anderer Bedeutung, namentlich im Mietrecht bei § 580a Abs. 1, Abs. 2 BGB und beim Fund in § 978 Abs. 1 S. 1 BGB, keine terminologische Uneinheitlichkeit im eigentlichen Sinn. Trotzdem erscheint es wünschenswert legaldefinierte Begriffe im gesamten BGB einheitlich zu verwenden. Daher wäre es meines Erachtens sinnvoll, den Begriff des 107
Rödig/Baden/Kindermann, S. 75; Bund, in: Schäffer/Triffterer, S. 57, 63. Statt „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“, wie in der Richtlinie, heißt es nun „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“; die Hervorhebungen erfolgten durch die Verfasserin. 109 Vgl. z. B. Schmidt-Kessel, Stellungnahme; Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3; Tamm, VuR 2014, 9, 12. 110 Vgl. nur §§ 312 Abs. 2 Nr. 12, 312a Abs. 2 S. 3 BGB. 108
V. Analyse der Gesetzeslage
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Geschäftsraums in §§ 580a, 978 BGB zu vermeiden und stattdessen eine kurze Umschreibung zu verwenden. Dies bietet sich an, da die Begriffe dort nicht gehäuft auftreten. Zudem kann auf diese Weise das nicht völlig unumstrittene Begriffsverständnis bei § 978 BGB geklärt werden.111 Die Definition dürfte auch keine Relevanz für § 312 Abs. 2 Nr. 9 BGB haben, wo ebenfalls von Geschäftsräumen die Rede ist, zumal sich eine entsprechende Regelung bereits vor Einführung der Legaldefinition der Geschäftsräume in § 312b Abs. 3 Nr. 7a) BGB a.F. fand. Zur Klarstellung wäre auch hier eine andere Formulierung sinnvoll. Im BGB wird außerdem an einer Stelle im AGB-Recht, in § 305a Nr. 2 a) BGB, auf einen Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen abgestellt. Eine Verweisung auf die Legaldefinition des § 312b Abs. 1 BGB ist darin meines Erachtens aber nicht enthalten. Hintergrund der AGB-rechtlichen Regelung ist nicht etwa der Ausgleich einer Überraschungs- und Überrumpelungssituation, sondern vielmehr die Erleichterung des postalischen Massenverkehrs, bei dem Verträge mit dem Beförderer vielfach einfach durch den Einwurf der Postsendung in die aufgestellten Briefkästen geschlossen werden.112 Das Merkmal der Außergeschäftsraumverträge i.S.d. § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 BGB der gleichzeitigen körperlichen Anwesenheit der Vertragsparteien oder das des Ausflugs gem. § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB passt auf diese Situation nicht. Um Verwirrung zu vermeiden, wäre es daher auch hier wünschenswert, wenn im Rahmen von § 305a Nr. 2 a) BGB eine andere Formulierung gewählt würde. (c) Die Definitionen der Fernabsatzverträge und der Fernkommunikationsmittel Ähnlich wie bei den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen in § 312b BGB findet sich auch in § 312c BGB zu den Fernabsatzverträgen eine Kombination von zwei Legaldefinitionen, jeweils als explizite Definitionen in Form von unselbständigen Rechtssätzen. Absatz 1 enthält zunächst die Begriffsbestimmung der Fernabsatzverträge, Absatz 2 ergänzt diese um die der Fernkommunikationsmittel. Das Definiens der zweiten Legaldefinition beinhaltet zunächst eine allgemeine Umschreibung, um diese anschließend durch eine beispielhafte Aufzählung zu veranschaulichen. Dabei ist die Anwendbarkeit dieser Legaldefinition wiederum eingeschränkt, umfasst diesmal jedoch das gesamte BGB, wie der Zusatz „im Sinne dieses Gesetzes“ zeigt. Auch die Legaldefinition der Fernabsatzverträge befindet sich zwar nicht an der Stelle der erstmaligen Verwendung des Begriffs im Gesetz,113 ist jedoch nachvollziehbar und gut auffindbar platziert.114 Anders ist dies bei der Begriffsbestimmung 111
Vgl. Staudinger-Gursky, § 978 Rn. 5. BT-Drs. 14/6040, S. 152 f.; zum Hintergrund der Regelungen zu den Außergeschäftsraumverträgen vgl. ausführlich später E. V. 3. b) bb) (1) (a). 113 Vgl. etwa § 312a Abs. 2 S. 3 BGB. 114 Vgl. dazu die Ausführungen zur Legaldefinition der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge unter E. V. 1. a) bb) (1) (b). 112
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
der Fernkommunikationsmittel. Hier ist die Platzierung im Gesetz als unübersichtlich zu kritisieren. Der Terminus wird bereits in § 305a Nr. 2 b) BGB und § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB verwendet. Die Stellung der Definition erst in § 312c BGB ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, da die §§ 312b bis 312h BGB des Kapitels zu den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und den Fernabsatzverträgen nur besondere Regelungen zu Fernabsatzverträgen enthalten, bei denen lediglich zur Definition Fernkommunikationsmittel als ein Element herangezogen werden. Ursprünglich war die Definition in § 1 FernAbsG enthalten, der bei der Reintegration des Fernabsatzrechts in das BGB im Zuge der Schuldrechtsreform in § 312b BGB a.F. übernommen wurde. Schon damals wurde für die Stellung der Legaldefinition nicht berücksichtigt, dass der Begriff bereits in § 305a Nr. 2 b) BGB a.F. verwendet wurde. Die Stellung der Definition der Fernkommunikationsmittel im Kontext des Fernabsatzrechts wurde nun auch bei der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie beibehalten. Neben den bereits genannten Legaldefinitionen findet sich in § 312c BGB zudem eine klassische Klammerdefinition des Begriffs der SMS im Rahmen der beispielhaften Aufzählung der Fernkommunikationsmittel. (d) Die Definition der digitalen Inhalte In § 312f Abs. 3 BGB wird der Terminus der digitalen Inhalte mittels einer klassischen Klammerdefinition an der Stelle des Gesetzes, an der der Begriff erstmalig verwendet wird, legaldefiniert. Die Wahl dieser Definitionsart hat allerdings zur Folge, dass bei isolierter Betrachtung allein des § 312f Abs. 3 BGB unklar ist, was genau das Definiens umfasst. So könnten digitale Inhalte demnach die „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“ oder nur die „Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“ sein. Bei Betrachtung auch der anderen Regelungen des BGB, die den Begriff der digitalen Inhalte wieder aufnehmen, wird deutlich, dass Letzteres der Fall ist, da hier das Merkmal, dass sich diese nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, stets erneut genannt wird.115 Dies wäre jedoch überflüssig, wenn es schon in der Legaldefinition enthalten wäre. Damit stimmt das Definiens vom Wortlaut her auch mit den Vorgaben von Art. 2 Nr. 11 VRRL überein. Diese Mehrdeutigkeit hätte jedoch vermieden werden können, wenn die Definition explizit in Form eines unselbständigen Rechtssatzes erfolgt wäre, wie es noch im Referentenentwurf als § 312f Abs. 4 vorgesehen war. Betrachtet man allein das BGB, so müsste man allerdings zu dem Schluss kommen, dass es in Hinblick auf eine der wesentlichen Funktionen der Verwendung von Legaldefinitionen, die Verkürzung des Gesetzestextes, gerade sinnvoll wäre, das Definiens im erstgenannten, umfassenderen Sinn zu verstehen, da sich auf diese Weise die ständige Wiederaufnahme des Merkmals, dass sich die Daten nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, erübrigt hätte. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich zwar nicht im BGB 115
Vgl. §§ 356 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, 357 Abs. 9, 357a Abs. 2 S. 3, 358 Abs. 4 S. 2 BGB.
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selbst, aber im EGBGB, für das die Legaldefinition ebenfalls maßgeblich ist, durchaus Regelungen über digitale Inhalte ohne dieses Merkmal finden.116 (e) Die Definition der öffentlich zugänglichen Versteigerung Eine weitere Legaldefinition enthält § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 10 BGB. Hier wird der Terminus der öffentlich zugänglichen Versteigerung äußerst detailreich mittels einer Klammerdefinition bestimmt. Dabei wird erneut die Formulierung der Vorgaben aus Art. 2 Nr. 13 VRRL nahezu wortgleich übernommen. Die Definition erfolgt auch an der Stelle, an der der Begriff zum ersten Mal verwendet wird. Das Definiendum „öffentlich zugängliche Versteigerung“ erweist sich jedoch als wenig glücklich gewählt. So handelt es sich wiederum nicht um einen wirklich prägnanten Ausdruck, sondern eher um eine Kurzbeschreibung. Der Gesetzgeber hat das Definiendum jedoch nicht gänzlich aus der Richtlinie übernommen, sondern hat es leicht abgewandelt. Dies ist dadurch bedingt, dass der von der Richtlinie verwendete Terminus „öffentliche Versteigerung“ im BGB bereits verwendet und in § 383 Abs. 3 S. 1 BGB legaldefiniert wird. Hierdurch hat der Begriff an Prägnanz verloren. Außerdem ergibt sich daraus ein weiterer Kritikpunkt an der Begriffswahl. Die beiden Begriffe sind sich nämlich sehr ähnlich, so dass die Gefahr von Verwechslungen besteht. Überflüssig war die Einführung dieses zusätzlichen Versteigerungsbegriffs jedenfalls unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben jedoch nicht. Indem bei der öffentlichen Versteigerung nach § 383 Abs. 3 BGB auch die Person des Versteigerers festgelegt ist, ist dieser Begriff jedenfalls diesbezüglich enger als der neue Begriff der öffentlich zugänglichen Versteigerung.117 Im Rahmen der Ausnahme aus dem Verbrauchsgüterkaufrecht gemäß § 474 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. war die Anwendung dieser insoweit auch gegenüber den Vorgaben aus Art. 1 Abs. 3 VGKRL engeren Definition aus europarechtlicher Sicht nicht bedenklich, da die Richtlinie den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit gibt, eine solche Ausnahme einzuräumen und gemäß Art. 8 Abs. 2 VGKRL nur eine Mindestharmonisierung vorgibt. Die Verwirklichung eines höheren Verbraucherschutzniveaus durch eine enger gefasste Ausnahme vom Anwendungsbereich des Verbrauchsgüterkaufrechts war also möglich.118 Die Verbraucherrechterichtlinie ist demgegenüber gemäß Art. 4 VRRL jedoch grundsätzlich vollharmonisierend und eine Öffnungsklausel findet
116
Vgl. Art. 246 Abs. 1 Nr. 7, 8, 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 14, 15 EGBGB. Dem widerspricht allerdings die Gesetzesbegründung, wonach § 474 Abs. 2 S. 2 BGB inhaltlich § 474 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. entsprechen soll, BT-Drs. 17/12637, S. 69. Verwendet wird hier nun aber der Begriff der öffentlich zugänglichen Versteigerung, wohingegen bislang nach h.M. auf die Legaldefinition der öffentlichen Versteigerung in § 383 Abs. 3 BGB verwiesen wurde, vgl. dazu oben D. V. 3. b) aa). 118 BGH NJW 2006, 613, 614. 117
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
sich bei Art. 16 k) VRRL nicht, so dass hier eine Abweichung von der Richtlinie jedenfalls äußerst bedenklich gewesen wäre.119 Sinnvoll wäre es jedoch, den Begriff der öffentlich zugänglichen Versteigerung durch einen prägnanteren Ausdruck zu ersetzen, der sich deutlicher vom nationalen Terminus der öffentlichen Versteigerung unterscheidet. Da es gerade auch um bestimmt ausgestaltete Versteigerungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern geht, könnte man z. B. von einer Verbraucherversteigerung sprechen. Dies würde den personalen Anwendungsbereich zumindest teilweise zum Ausdruck bringen, das Merkmal der Öffentlichkeit freilich würde sich erst aus dem Definiens ergeben. (f) Definition des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr Schließlich wird in § 312i Abs. 1 S. 1 BGB der Begriff des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr mittels einer klassischen Klammerdefinition legaldefiniert. Auch hier gleicht das Definiendum jedoch eher einer Kurzbeschreibung und wirkt dadurch etwas schwerfällig. Ein konkretes europäisches Vorbild gibt es für diese Begriffsbildung nicht. Die E-Commerce-Richtlinie beinhaltet nämlich keine entsprechende Definition, sondern spricht nur allgemein vom elektronischen Geschäftsverkehr oder von Verträgen, die auf elektronischem Weg abgeschlossen wurden oder zustande gekommen sind.120 In der Verbraucherrechterichtlinie wird in Art. 8 Abs. 9 VRRL in diesem Zusammenhang von „elektronischen Verträgen und Bestellungen“ gesprochen. Der Begriff des elektronischen Vertrags findet sich auch bereits in Art. 9 Abs. 1 ECRL. Dieser ist prägnanter und weniger schwerfällig und wäre daher meines Erachtens auch für das nationale Recht vorzugswürdig. Die Definition wurde erneut nicht an der Stelle des Gesetzes verortet, an der der Terminus zum ersten Mal verwendet wird.121 Sie befindet sich jedoch am Anfang des Abschnitts, der gezielt Regelungen zu Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr enthält und auch entsprechend überschrieben ist. Dementsprechend ist die Definition gut auffindbar platziert. (2) Verweisungen Auffallend ist weiterhin der zahlreiche Einsatz der Verweisungstechnik. Dabei lassen sich an manchen Stellen Besonderheiten feststellen. (a) Schlüssige Verweisungen Nicht ungewöhnlich ist zunächst die Vielzahl von stillschweigenden Verweisungen, vor allem auf Legaldefinitionen aus diesem Abschnitt des Gesetzes selbst, aber auch aus anderen Bereichen, insbesondere dem Allgemeinen Teil des BGB. Mit 119 Vgl. ausführlich zu der Frage, ob Art. 16 VRRL von der vollharmonisierenden Wirkung umfasst ist, Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 10 f. 120 Vgl. etwa die Kurzbezeichnung oder Abschnitt 3 der E-Commerce-Richtlinie. 121 Vgl. § 312a Abs. 3 S. 2 BGB.
V. Analyse der Gesetzeslage
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der Verwendung des Begriffs der Telemedien in § 312i Abs. 1 S. 1 BGB liegt außerdem eine stillschweigende Außenverweisung auf § 1 Abs. 1 S. 1 Telemediengesetz vor. Bei den Verweisungen auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und auch auf Fernabsatzverträge werden aber nicht immer genau diese Begriffe genannt, sondern teilweise werden sie umschrieben.122 Der Bezug auf die Legaldefinitionen in §§ 312b, 312c BGB wird aber durch den Gesamtzusammenhang des Untertitels zu den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen und zu den besonderen Vertriebsformen hinreichend deutlich. Die Umschreibungen werden letztlich notwendig, um das schwerfällige Definiendum der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge in die Struktur der Ausnahmeregelungen der §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 BGB integrieren zu können.123 Auch die Verweisung von § 312 Abs. 1 BGB auf die Legaldefinition der Verbraucherverträge in § 310 Abs. 3 BGB bedarf näherer Betrachtung. Diese erfolgt nämlich gerade nicht stillschweigend, wie bei der Verwendung von legaldefinierten Begriffen üblich, sondern ausdrücklich, indem § 310 Abs. 3 BGB explizit genannt wird, und ist damit ungewöhnlich.124 In § 312j Abs. 2 BGB unterbleibt dementsprechend auch die Paragraphenbezeichnung. Außerdem weicht hier die Stellung der Legaldefinition von der der anderen Kernbegriffe des Untertitels zu den Verbraucherverträgen und den besonderen Vertriebsformen ab. Wie gezeigt werden nämlich die Begriffe der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, der Fernabsatzverträge und auch der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr dort verortet, wo sich die speziellen Regelungen dazu finden. Dem würde es nun entsprechen den Begriff der Verbraucherverträge ebenfalls in diesem Untertitel und zwar im Kapitel 1 zum Anwendungsbereich und zu den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen zu definieren.125 Allerdings wird der Begriff des Verbrauchervertrags hier für die Kapitel 1 und 2 des Untertitels auf Verbraucherverträge über eine entgeltliche Leistung des Unternehmers eingeschränkt. Dies spricht dafür, die Definition doch an der Stelle zu belassen, an der der Begriff auch in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet wird, mithin in § 310 Abs. 3 BGB. Ob dann auch die Überschriften des hier besprochenen Untertitels 2 und des Kapitels 1, die den Begriff des Verbrauchervertrags ohne einschränkenden Zusatz verwenden, passend sind, ist eine Frage der Gesetzessystematik und soll daher später geklärt werden.126
122 Vgl. zu den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen §§ 312 Abs. 2 Nr. 1 a), 4 b), 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 12, S. 2 BGB; vgl. zu den Fernabsatzverträgen § 312 Abs. 2 Nr. 4 a) BGB. 123 § 312 Abs. 2 Nr. 4 a) BGB zu den Fernabsatzverträgen wurde parallel zu § 312 Abs. 2 Nr. 4 b) BGB zu den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen formuliert. 124 Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 27, Fn. 63. 125 Ähnlich Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 27 f.; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 444. 126 Vgl. dazu später E. V. 2. a) bb) (5).
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(b) Ausdrückliche Verweisungen Ausdrückliche Verweisungen werden häufig verwendet, um den Anwendungsbereich bestimmter Vorschriften, zumindest dem Wortlaut nach, positiv festzulegen127 oder aber um die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften auszuschließen.128 Dementsprechend enthält insbesondere § 312 BGB eine Vielzahl von Verweisungen. Auffallend ist hierbei die Ausgestaltung des Verweisungsausspruchs in verschiedener Hinsicht. So enthalten § 312 Abs. 2 Nr. 4, 6, 7 BGB Verweisungen auf im BGB gesetzlich geregelte Vertragstypen. Dabei wird jedoch nicht nur der Vertragstyp als solcher genannt, sondern zusätzlich die jeweiligen Paragraphen, in denen die Vertragstypen geregelt sind. Die Paragraphenzitate sind hier als überflüssig anzusehen, da die Nennung der Vertragstypen eindeutig und die Festlegung einzelner Vertragstypen im BGB auch derart grundlegend ist, dass ein helfender Hinweis auf die Verortung im Gesetz nicht nötig ist. Darüber hinaus erfolgt auch an anderen Stellen des BGB keine Nennung der Paragraphen, wenn auf bestimmte Vertragstypen Bezug genommen wird.129 Bei § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB, genauso wie bei § 312g Abs. 2 S. 2 BGB, der eine entsprechende Verweisung enthält, sollte zudem besser von Reiseverträgen, statt von Verträgen über Reiseleistungen gesprochen werden, da dies die gesetzliche Bezeichnung des Vertragstyps darstellt. Außerdem erfolgt die Ausgestaltung der Verweisungsaussprüche auf die anwendbaren Normen in § 312 BGB uneinheitlich.130 So enthält § 312 Abs. 3 BGB in seinen Nummern Verweisungen, die sowohl normgenau als auch inhaltsbezogen sind. Es werden nämlich die konkreten Normen genannt, auf die verwiesen wird, deren Inhalt wird zudem aber jeweils kurz beschrieben, was durchaus Vorteile in Hinblick auf die Anschaulichkeit und Klarheit der Verweisung mit sich bringt,131 letztlich die Regelung aber unnötig aufbläht,132 zumal sich die genannten Regelungen in unmittelbarer Nähe befinden. Diese Technik wird zudem bereits in § 312 Abs. 3 BGB selbst, namentlich in der Nummer 5 durchbrochen, die lediglich den in Bezug genommenen Paragraphen anführt. Auch in § 312 Abs. 2, Abs. 5 S. 2, Abs. 6 BGB werden nur die Paragraphen ohne weitergehende Inhaltsbeschreibung genannt. Absatz 4 schließlich nennt die Vorschriften, die anwendbar sein sollen, nicht selbst, sondern verweist auf die entsprechenden Nummern des Absatzes 3, so dass Verweisungsketten entstehen. Eine weitere Gruppe von ausdrücklichen Verweisungen stellen die Außenverweisungen in das EGBGB im Zusammenhang mit Informationspflichten und for-
127 128
BGB. 129 130 131 132
Vgl. § 312 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 S. 1, S. 2, Abs. 6 BGB. Vgl. §§ 312 Abs. 4 S. 2, 312a Abs. 2 S. 3, 312i Abs. 2 S. 1, S. 2, 312j Abs. 5 S. 1, S. 2 Vgl. §§ 309 Nr. 10, 675 BGB. So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 580. Müller, Gesetzgebungstechnik, S. 180 f. Kritisch insoweit auch Kohler, GreifRecht 2014, 85, 87.
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malen Anforderungen dar.133 Vereinzelt finden sich außerdem Außenverweisungen in andere Gesetze.134 Schließlich bleiben noch Formulierungsungenauigkeiten zu erwähnen. Zum einen enthalten §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB Verweisungen auf Informationspflichten gemäß Art. 246 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB bzw. § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB dergestalt, dass der Unternehmer „entsprechend den Anforderungen“135 dieser Normen informiert haben muss. Dies erweckt den Eindruck, es würde sich hierbei um eine Verweisungsanalogie handeln. Laut der Gesetzesbegründung soll sich aus dieser Formulierung jedenfalls bei § 312e BGB aber lediglich ergeben, dass nur diejenigen Verträge von der Regelung erfasst sind, auf die die Informationspflichten der in Bezug genommenen Vorschriften anwendbar sind.136 Dies wäre jedoch besser durch die schlichte Formulierung mit „gemäß den Anforderungen“ oder „nach den Anforderungen“ zum Ausdruck gekommen. Zudem bleibt der Verweisungsumfang unklar. Während Art. 246 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB im Einleitungssatz auch formale Anforderungen und den maßgeblichen Zeitpunkt für die Erteilung der Informationen enthält, beschränkt sich der Regelungsgehalt von Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB rein auf inhaltliche Vorgaben. Formale Anforderungen und der relevante Zeitpunkt sind hier in Art. 246a § 4 EGBGB geregelt, so dass fraglich ist, ob es auf deren Einhaltung ankommen soll oder nicht.137 Die Gesetzesbegründung spricht allerdings dafür, dass die formalen Anforderungen auch hier einzuhalten sind, da der Verbraucher demnach „ordnungsgemäß“ unterrichtet worden sein muss.138 Die Richtlinienvorgaben sind ebenfalls nicht völlig klar, da die spezifischen formalen Anforderungen erst in Art. 7, 8 VRRL niedergelegt sind, Art. 6 Abs. 6 VRRL, der die Konsequenz für die Kostentragungspflicht des Verbrauchers regelt, aber lediglich auf Art. 6 Abs. 1 e) VRRL Bezug nimmt. Art. 6 Abs. 1 VRRL enthält aber immerhin selbst die zeitlichen Anforderungen und das Transparenzgebot. Bei der Verweisung des § 312j Abs. 2 BGB auf Art. 246a EGBGB bleibt der Verweisungsumfang ebenfalls letztlich unklar. Auch hier könnte Voraussetzung sein, dass es sich bei dem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zugleich um einen Fernabsatzvertrag handelt, da Art. 246a EGBGB die Informationspflichten für Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, regelt. Nach der Gesetzesbegründung zur vorweggenommenen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in diesem Bereich in § 312g BGB a.F. soll die Regelung auch auf Verträge anwendbar sein, auf die die damalige entsprechende Norm zu den Infor133 Vgl. §§ 312 Abs. 3 Nr. 6, 312a Abs. 2 S. 1, S. 2, 312d Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 312e, 312f Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2, 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 312j Abs. 2 BGB. 134 Vgl. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8, Abs. 3 BGB. 135 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 136 BT-Drs. 17/12637, S. 55. 137 Vgl. ausführlich zur entsprechenden Problematik bei den §§ 355 ff. BGB später unter E. V. 1. b) bb) (2) (b). 138 BT-Drs. 17/12637, S. 55; davon geht auch HK-Schulte-Nölke, § 312e Rn. 1 aus.
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mationspflichten beim Fernabsatzvertrag aufgrund von Ausnahmetatbeständen im Fernabsatzrecht nicht unmittelbar anwendbar war.139 Offen blieb und bleibt jedoch die Frage, was passiert, wenn schon kein Fernabsatzvertrag vorliegt, weil kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem besteht. Freilich dürfte diese Frage kaum praktische Bedeutung haben, ist aber gesetzestechnisch unzureichend geregelt. § 312h BGB zum anderen bezeichnet das Verweisungsobjekt falsch. Ihrem Wortlaut nach hat die Regelung Dauerschuldverhältnisse zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher „nach diesem Untertitel“ zum Gegenstand. Der Untertitel regelt jedoch die Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen und damit auch Verbraucherverträge generell bzw. jedenfalls entgeltliche Verbraucherverträge gemäß § 312 Abs. 1 BGB. § 312h BGB soll jedoch lediglich § 312h BGB a.F. übernehmen,140 der mit der Formulierung „nach diesem Untertitel“ auf Haustürgeschäfte, Fernabsatzverträge und Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Bezug nahm. Demnach ist die Bezugnahme in der aktuellen Fassung zu weit gefasst. Es müsste heißen „nach diesem Kapitel und nach Kapitel 3“. Eine Bezugnahme auf Kapitel 3 zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr könnte genau genommen nicht unterbleiben. Zwar wird bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher meist ein Fernabsatzvertrag vorliegen, jedoch nicht zwingend in jedem Fall. Anders ist dies beispielsweise, wenn der Vertrag zwar über elektronische Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, jedoch nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems i.S.d. § 312c Abs. 1 Hs. 2 BGB.141 Alternativ hätten die betroffenen Vertriebsformen auch einfach aufgezählt werden können, wie dies z. B. auch in § 312g Abs. 1 BGB gemacht wird. Fragwürdig ist bei einem solchen Verständnis allerdings die Verortung der Regelung.142 (c) Verweisungshäufungen und Verweisungsketten Eine übermäßige Häufung ausdrücklicher Verweisungen innerhalb eines Satzes, die die Lesbarkeit der Normen spürbar beeinträchtigen würde, ist trotz der Vielzahl von Verweisungen kaum festzustellen. Lediglich § 312j Abs. 4 BGB ist hier zu nennen. Die Regelung ist ziemlich kurz, enthält jedoch sowohl auf der Rechtsfolgenals auch auf der Tatbestandsseite jeweils eine Verweisung, was ihre Verständlichkeit beeinträchtigt. Auch übermäßig lange Verweisungsketten lassen sich nicht gehäuft feststellen. Bei Verweisungen auf Informationspflichten oder formale Anforderungen entstehen
139 140 141 142
BT-Drs. 17/7745, S. 10. BT-Drs. 17/13951, S. 64. Vgl. MüKoBGB-Wendehorst, § 312h Rn. 2 zur alten Rechtslage. Vgl. dazu später E. V. 2. a) bb) (6).
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vereinzelt kurze Verweisungsketten.143 Gleiches gilt für die Verweisungen des § 312 Abs. 4 BGB auf die Nummern des Absatzes 3. Etwas kompliziertere Verweisungsketten können sich allerdings in Folge der Verweisung des § 312g Abs. 3 BGB ergeben. (3) Fiktionen/gesetzliche Vermutungen Auch von den besonderen gesetzestechnischen Mitteln der Fiktion und der gesetzlichen Vermutung wird in dem Abschnitt zum Verbrauchervertrag und den besonderen Vertriebsformen Gebrauch gemacht. So enthält § 312 Abs. 5 S. 4 BGB mit „gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3“ eine abgekürzte Verweisung auf die Rechtsfolge des Satzes 3 in Form einer Fiktion. Ein weiterer Vorgang nach mehr als einem Jahr wird im Bewusstsein der Unrichtigkeit dieser Annahme einem ersten Vorgang i.S.d. § 312 Abs. 5 S. 3 BGB gleichgestellt. Der Gesetzgeber hat sich hierbei deutlich an Art. 1 Abs. 2 UAbs. 2 S. 2 FinFARL orientiert. Eine weitere Fiktion findet sich in § 312b Abs. 1 S. 2 BGB. Hier werden Vertreter oder Beauftragte des Unternehmers dem Unternehmer selbst gleichgestellt und dadurch der Anwendungsbereich der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge erweitert. Entsprechendes gilt für § 312b Abs. 2 S. 2 BGB. Der nationale Gesetzgeber ist dabei regelungstechnisch von den europarechtlichen Vorgaben abgewichen. Die Erstreckung auf Vertreter oder Beauftragte des Unternehmers erfolgt dort unmittelbar im Rahmen der Legaldefinition des Unternehmerbegriffs gem. Art. 2 Nr. 2 VRRL. Nicht ganz einfach ist demgegenüber die Einordnung der Regelung des § 312i Abs. 1 S. 2 BGB, wonach Bestellung und Empfangsbestätigung als zugegangen gelten, wenn sie von den Parteien unter gewöhnlichen Umständen abgerufen werden können. An dieser Stelle orientiert sich der Gesetzgeber wiederum deutlicher an den Vorgaben gemäß Art. 11 Abs. 1 ECRL.144 Teilweise wird hier von einer Fiktion, teilweise von einer unwiderlegbaren Vermutung des Zugangs ausgegangen.145 Unabhängig davon, wie genau die Regelung zu verstehen ist, ist es meines Erachtens überzeugender, sie als gesetzliche Vermutung einzuordnen. Geht man davon aus, dass die Vorschrift lediglich die ohnehin allgemein für den Zugang verkörperter
143 Vgl. z. B. die Verweisungen auf § 312d Abs. 1 oder Abs. 2 BGB mit deren Weiterverweisungen ins EGBGB in §§ 312 Abs. 2 Nr. 1 b), 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 13 Hs. 2 BGB oder die Verweisung des § 312j Abs. 1 BGB auf die Angaben nach § 312i Abs. 1 BGB, der ebenfalls weiter in das EGBGB verweist. 144 Statt „eingegangen“ wird allerdings „zugegangen“ verwendet und eine Entsprechung zu der Vorgabe „unter gewöhnlichen Umständen“ findet sich in der Richtlinie nicht. 145 Fiktion: BT-Drs. 14/6040, S. 172; NK-Ring, § 312g Rn. 43; Vermutung: BT-Drs. 14/ 7052, S. 192; BeckOK-Maume (01. 11. 2014), § 312i Rn. 26 z. T. zu den entsprechenden Vorgängerregelungen in § 312e bzw. § 312g BGB a.F.
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Willenserklärungen unter Abwesenden geltenden Voraussetzungen wiedergibt,146 so entspricht dies in jedem Fall der Realität. Damit läge von der Gesetzestechnik her eine unwiderlegliche Vermutung vor. Die Regelung wäre allerdings jedenfalls in dieser Ausgestaltung überflüssig. Zwar stellen die hier betroffenen Erklärungen nicht unbedingt Willenserklärungen dar, aber zumindest geschäftsähnliche Handlungen, also Erklärungen, bei denen eine Rechtsfolge von Gesetzes wegen eintritt, die Erklärung also solche aber nur auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolgs gerichtet ist.147 Auf diese sind die Regelungen über Willenserklärungen und damit auch die Grundsätze über deren Zugang jedoch entsprechend anzuwenden.148 Die Empfangsbestätigung ist grundsätzlich eine bloße Wissenserklärung und damit geschäftsähnliche Handlung, wenngleich sie natürlich mit einer Willenserklärung wie einer Annahmeerklärung einhergehen kann.149 Auch der Begriff der Bestellung soll nicht nur eine Willenserklärung in Form einer Vertragserklärung erfassen, da der Kunde als rechtlicher Laie seine Erklärung den juristischen Kategorien ohnehin nicht zuverlässig zuordnen kann.150 Diese weitergehenden Willensäußerungen bzw. Mitteilungen des Kunden lösen gemäß § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB die Pflicht des Unternehmers zur Bestätigung aus. Daher stellen sie ebenfalls geschäftsähnliche Handlungen dar. Da sowohl Bestellung als auch Empfangsbestätigung gerade auch einer Kundgabe gegenüber dem Unternehmer bzw. Kunden bedürfen, greifen also die allgemeinen Grundsätze zum Zugang entgegen der Stellungnahme der Bundesregierung151 entsprechend ein.152 Dem weiteren Argument der Bundesregierung für die Erforderlichkeit der Regelung, dass die Voraussetzungen des Zugangs nach allgemeinem Recht dispositiv sind, wohingegen das Verbraucherschutzrecht einseitig zwingend ausgestaltet ist,153 wäre besser durch einen darauf bezogenen klarstellenden Hinweis Rechnung getragen worden. Geht man jedoch davon aus, dass es abweichend von den Voraussetzungen des Zugangs hier lediglich auf die technische Möglichkeit des Abrufs der Erklärung ankommt und nicht darauf, wann unter ge146 In diese Richtung weist BT-Drs. 14/6040, S. 172; BT-Drs. 14/6857, S. 20; Boente/ Riehm, Jura 2002, 222, 227; Schneider, K&R 2001, 344, 347; Hoeren/Sieber/Holznagel-Kitz, Teil 13.1, Rn. 65; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 53. 147 MüKoBGB-Busche, § 133 Rn. 48, Armbrüster, Vorb §§ 116 ff. Rn. 16; Palandt-Ellenberger, Überbl v § 104 Rn. 6; Rüthers/Stadler, § 16 Rn. 29; Wolf/Neuner, § 28 Rn. 8. 148 BGHZ 47, 352, 357; MüKoBGB-Busche, § 133 Rn. 48, Armbrüster, Vorb §§ 116 ff. Rn. 17; Palandt-Ellenberger, Überbl v § 104 Rn. 7; Rüthers/Stadler, § 16 Rn. 30; Wolf/Neuner, § 28 Rn. 12. 149 BGHZ 195, 126, 132; Jauernig-Stadler, § 312g Rn. 5; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 95; Schneider, K&R 2001, 344, 347 Fn. 39; Staudinger-Thüsing, § 312g, Rn. 47. 150 BT-Drs. 14/7052, S. 192; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g, Rn. 63; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 40; vgl. auch Schneider, K&R 2001, 344, 344 ff. 151 BT-Drs. 14/6857, S. 56. 152 So im Ergebnis auch Glatt, ZUM 2001, 390, 394 zu der zugrundeliegenden Richtlinienvorschrift, allerdings unter Zugrundelegung eines engeren Verständnisses vom Begriff der Bestellung; Schneider, K&R 2001, 344, 347; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 52; in diese Richtung auch die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/6857, S. 20. 153 BT-Drs. 14/6857, S. 56.
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wöhnlichen Umständen mit dem Abruf gerechnet werden kann,154 dann hat die Regelung eigenständige Bedeutung, wenn auch die Formulierung angesichts der bestehenden Diskussion unter Bestimmtheitsgesichtspunkten nicht unbedingt gelungen ist. Dieser Zeitpunkt wird aber durchaus in einigen Fällen mit dem regulären Zeitpunkt des Zugangs zusammenfallen,155 so dass ebenfalls eine gesetzliche Vermutung vorläge.156 Hier stellt sich allerdings die Frage, ob solche marginalen Unterschiede beim Zugangszeitpunkt in Hinblick auf die Rechtssicherheit sinnvoll und wirklich erforderlich sind. cc) Grad der Abstraktion/Bestimmtheit (1) Bestimmtheit der Regelungen Bei der Betrachtung der §§ 312 ff. BGB fallen einige Begriffe auf, die derart unscharfe Grenzen haben, dass von unbestimmten Rechtsbegriffen gesprochen werden kann, wenngleich die Grenzen zwischen (noch) bestimmten und unbestimmten Rechtsbegriffen freilich fließend sind. Äußerst kritisch wird der Terminus „erhebliche Umbaumaßnahmen“157 in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Hinblick auf den Aspekt der Rechtssicherheit gesehen. Dieser stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, da vom Begriff her unklar bleibt, wann diese Schwelle der Erheblichkeit überschritten ist und was Bezugspunkt für die Erheblichkeit ist, etwa die Kosten für die Bauleistungen oder die Veränderungen an dem Gebäude.158 Ähnlich offen und auslegungsbedürftig und demnach als unbestimmter Rechtsbegriff einzuordnen, ist das Erfordernis „dringende[r] Reparaturoder Instandhaltungsarbeiten“159 in § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11 Hs. 1 BGB.160 Teil154 BeckOK-Maume (01. 11. 2014), § 312i Rn. 26; Glatt, ZUM 2001, 390, 394 zu der zugrundeliegenden Richtlinien-Vorschrift; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 94. 155 Dies gilt etwa für den Zugang von Bestellungen in Online-Shops oder dergleichen, vgl. Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839, 842; Glatt, ZUM 2001, 390, 394; Hoeren/Sieber/HolznagelKitz, Teil 13.1, Rn. 92. 156 Man könnte allenfalls von einer partiellen Fiktion ausgehen. 157 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 158 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/12637, S. 88; kritisch auch ZDH, Stellungnahme v. Okt. 2012, S. 5; Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 1 f.; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 3; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme v. 09. 04. 2013, S. 3; kritisiert wird außerdem das Bestehen der Ausnahme als solche. Gerade bei solchen umfangreichen und i. d. R. kostspieligen Umbaumaßnahmen bestünde ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Es sei unklar, weshalb jeder kleine Auftrag und sonstige Vertragsabschlüsse im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen widerrufen werden können, gerade diese großen Bauverträge jedoch nicht. Die Bundesregierung hält dem in BT-Drs. 17/12637, S. 95 entgegen, dass bei Bauverträgen ohnehin ein Bedürfnis nach speziell auf diese zugeschnittenen Informationspflichten besteht. Außerdem bestünde die Gefahr übereilter Vertragsschlüsse angesichts des Umfangs der von der Ausnahme umfassten Bauverträge und des Erfordernisses ihrer Finanzierung i. d. R. nicht. 159 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
weise wird hier außerdem bemängelt, dass eine Instandhaltungsmaßnahme nicht dringend sein könne, da dabei lediglich der bestehende Zustand aufrechterhalten werden solle. Wäre Dringlichkeit gegeben, ginge es immer bereits um eine Reparatur.161 Auch die zeitliche Vorgabe für die Erteilung einer Abschrift bzw. Bestätigung bei Außergeschäftsraumverträgen wird gemäß § 312f Abs. 1 S. 1 BGB durch „alsbald“ relativ offen umschrieben. Damit ist wohl etwas anderes gemeint als mit dem Erfordernis der Unverzüglichkeit, welches in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB legaldefiniert ist. Diesen Begriff verwendet der Gesetzgeber nämlich durchaus auch im Recht der besonderen Vertriebsformen.162 Der Zeitrahmen dürfte bei der Vorgabe „alsbald“ etwas weiter sein.163 Auch in anderen Bereichen des BGB findet sich dieser unbestimmte Rechtsbegriff vereinzelt.164 Besonders verwirrend wird es an dieser Stelle jedoch dadurch, dass in § 312f Abs. 2 S. 1 BGB eine weitere Zeitvorgabe hinzukommt. Hiernach ist die Bestätigungspflicht bei Fernabsatzverträgen „innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird“165 zu erfüllen. Worin der Unterschied zwischen einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss und der Erteilung alsbald besteht, erschließt sich nicht ohne weiteres.166 Die Vorgängerregelung zu § 312f Abs. 2 S. 1 BGB im weiten Sinn, § 312c Abs. 1 BGB a.F., Art. 246 § 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. bzw. deren Vorgängerregelung in § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB a.F. hatte seinerseits die Zeitvorgabe „alsbald“ aufgestellt. Ob hier materielle Änderungen erfolgen sollten, ist unklar. Es stellt sich also die Frage, ob eine Differenzierung wirklich erforderlich ist, oder ob nicht im Wesentlichen das Gleiche gemeint ist und dementsprechend auch identisch umschrieben werden kann und sollte. Bei § 312c Abs. 1 BGB ist fraglich, wann i.d.S. Vertragsverhandlungen vorliegen,167 zumal bei der Definition der Fernkommunikationsmittel in § 312c Abs. 2 BGB abweichend davon auf die Anbahnung eines Vertrags abgestellt wird. Durch die Aufnahme der Vertragsverhandlungen in den Wortlaut des § 312c Abs. 1 BGB sollte die Regelung gegenüber ihrer ursprünglichen Fassung im Regierungsentwurf („bis einschließlich des Vertragsschlusses“) präzisiert werden.168 Dies ist jedoch nur bedingt gelungen. Fließend sind die Grenzen auch bei den Fragen, wann der „Beginn des Bestellvorgangs“ i.S.d. § 312j Abs. 1 BGB
160
So auch ZDH, Stellungnahme v. Okt. 2012, S. 4 f. ZDH, Stellungnahme v. Okt. 2012, S. 3 f. 162 Vgl. §§ 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 356 Abs. 1 S. 2 BGB. 163 So auch Erman-Koch, § 312f Rn. 2. 164 Vgl. §§ 55a Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 1900 Abs. 2 S. 3, 2263 BGB. 165 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 166 Vgl. auch HK-Schulte-Nölke, § 312f Rn. 2, 5, wonach jeweils ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist. Hinsichtlich der abweichenden Formulierung in § 312f Abs. 2 BGB wird ein redaktionelles Versehen in Betracht gezogen. 167 Kritisch hierzu auch Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 447. 168 BT-Drs. 17/12637, S. 89, 96; BT-Drs. 17/13951, S. 63. 161
V. Analyse der Gesetzeslage
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anzunehmen ist169 und was unter „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ gemäß § 312j Abs. 2 BGB zu verstehen ist. Gerade auch bei den Ausnahmen vom Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 2 S. 1 BGB bestehen einige Unklarheiten. Unklar bleibt etwa, wann genau Waren „eindeutig“ i.S.d. Nr. 1 auf einen Verbraucher zugeschnitten sind, oder wann sie „schnell“ i.S.d. Nr. 2 verderben. Auch, was unter den „Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene“ i.S.d. Nr. 3170 zu verstehen ist, bleibt offen und selbst der Begriff der Versiegelung in Nr. 3, 6 ist nicht eindeutig.171 Unbestimmt sind auch der Begriff der „Bestellung“ durch den Verbraucher i.S.d. § 312 Abs. 2 Nr. 4 b) BGB, sowie das Erfordernis eines „zeitlichen Zusammenhang[s]“ und von Vorgängen „gleicher Art“ bei § 312 Abs. 5 S. 1 BGB. Gleiches gilt für die Vorgaben der „sonstigen Haushaltsgegenstände[…] des täglichen Bedarfs“ und „häufiger und regelmäßiger Fahrten“ in § 312 Abs. 2 Nr. 8 BGB,172 „zumutbare … Zahlungsmöglichkeit“ in § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB, „unmittelbar zuvor“ in § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB, „angemessene … technische Mittel“ in § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB und „klar und verständlich“ in §§ 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 312j Abs. 2 BGB. Die meisten dieser Bestimmtheitsprobleme sind ganz unmittelbar durch europäische Richtlinienvorgaben bedingt. So hat sich der nationale Gesetzgeber bei den Ausnahmekatalogen der §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB stark am Wortlaut der entsprechenden Regelungen in Art. 3 Abs. 3, 16 VRRL orientiert.173 Auch im Übrigen wurden weitgehend die Begriffe und Formulierungen europäischer Richtlinien übernommen.174 Freilich werden damit einhergehende Auslegungsprobleme oftmals auch unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien mit der Zeit durch die Rechtsprechung gelöst werden können. Bis dahin besteht jedoch oftmals wenig Rechtssicherheit.
169
Kritisch auch Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 689. Vgl. dazu auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 72; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme v. 09. 04. 2013, S. 8; Buchmann, K&R 2014, 369, 372 f. 171 So Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 72 zu § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 6 BGB; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme v. 09. 04. 2013, S. 8 zu § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB; Buchmann, K&R 2014, 369, 373, 374. Vgl. die Diskussion um die Einordnung des Einschweißens in Cellophan als Versiegelung i.S.d. § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB a.F.: ablehnend OLG Hamm, MMR 2010, 684, 685 = K&R 2010, 411, 412; dem OLG Hamm im Ergebnis zustimmend Dehißelles, K&R 2010, 413, 413 f.; ablehnend Föhlisch, MMR 2010, 685, 686. 172 So auch Buchmann, K&R 2014, 369, 370. 173 Lediglich für die „Bestellung“ i.S.d. § 312 Abs. 2 Nr. 4 b) BGB enthalten die Richtlinienvorgaben keine Entsprechung. 174 Vgl. Art. 2 Nr. 8 c), 8 Abs. 2 UAbs. 1, Abs. 3 VRRL, Art. 10 Abs. 1, 11 Abs. 2 ECRL, Art. 1 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1 FinFARL. Nur für die genannten Bestimmtheitsprobleme bei §§ 312a Abs. 4 Nr. 1, 312c Abs. 1, Abs. 2, 312f Abs. 1 S. 1 BGB finden sich keine solchen Entsprechungen. Die zeitliche Vorgabe in § 312f Abs. 2 S. 1 BGB wurde allerdings unmittelbar aus Art. 8 Abs. 7 S. 1 VRRL übernommen. 170
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
(2) Kasuistik §§ 312 ff. BGB weisen insgesamt deutliche kasuistische Züge auf. So finden sich auffallend häufig, zum Teil äußerst umfangreiche Aufzählungen. Besonders deutlich wird dies bei den Ausnahmekatalogen der §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB, die jeweils insgesamt eine vielgliedrige Aufzählung darstellen, aber auch in ihren einzelnen Nummern zum Teil weitere Aufzählungen bzw. Alternativen enthalten.175 Auch wichtige Legaldefinitionen in diesem Abschnitt erfolgen mit Hilfe von Aufzählungen.176 Die Aufzählungstechnik fällt außerdem bei § 312i Abs. 1 S. 1 BGB deutlich ins Auge. Teilweise handelt es sich um eine Kombination eines Auffangtatbestandes mit einer beispielhaften, konkretisierenden Aufzählung. So schließen die Aufzählungen der §§ 312 Abs. 2 Nr. 8, 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB mit den Auffangklauseln „oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs“ bzw. „sonstige Kosten“. Bei § 312 Abs. 3 BGB wird zunächst das allgemein gehaltene Tatbestandsmerkmal „soziale Dienstleistungen“ genannt, welches anschließend mittels einer exemplarischen Aufzählung konkretisiert wird. Diese Konkretisierung hätte dabei deutlich kürzer erfolgen können. So ist die Umschreibung „dauerhaft oder vorübergehend“ überflüssig und auch Familien hätten nicht erwähnt werden müssen, da sie ohnehin bereits von den hilfsbedürftigen Personen erfasst werden. Auch bei der Definition der Fernkommunikationsmittel in § 312c Abs. 2 BGB erfolgt zunächst eine allgemeine Umschreibung, um diese dann mittels einer beispielhaften Aufzählung zu konkretisieren. Sowohl bei § 312 Abs. 3 BGB als auch bei § 312c Abs. 2 BGB wird die exemplarische Aufzählung dabei mit „wie“ und nicht mit dem üblichen „insbesondere“ eingeleitet. Die Technik der Regelung verschiedener Alternativen zeigt sich schließlich auch deutlich in §§ 312f Abs. 1 S. 1, 312h BGB. Des Weiteren wird der Anwendungsbereich der Vorschriften äußerst differenziert mit einer Vielzahl von Ausnahmen geregelt.177 Auch dies spricht für eher konkrete, einzelfallorientierte Regelungen. Außerdem werden vielfach verschiedene Sachverhalte mit Sonderregelungen bedacht, so dass das Abstraktionsniveau sinkt. Exemplarisch soll hierzu ein kurzer Blick auf § 312f BGB geworfen werden. Die Norm enthält in Absatz 1 mit Satz 1 detaillierte formale Vorgaben für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, die für den Fall der Zustimmung durch den Verbraucher in Satz 2 abgemildert und durch Satz 3 eingeschränkt werden. Eine ähnliche Regelung findet sich dann für Fernabsatzverträge in Absatz 2, wobei hier vor allem der Zeitpunkt für das zur Verfügung Stellen der Bestätigung detailliert geregelt wird. Absatz 3 schließlich enthält noch eine Sonderregelung für Verträge über nicht auf einem körperlichen Datenträger befindliche digitale Inhalte und Absatz 4 einen Anwendungsausschluss für Verträge über Finanzdienstleistungen. Für die Zurechnung des Handelns Dritter wird in den §§ 312 ff. BGB nicht auf eine 175 176 177
Vgl. z. B. §§ 312 Abs. 2 Nr. 2, 3, 4, 6, 8, 11, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 2, 3, 6, 7, 8, 9 BGB. Vgl. §§ 312 Abs. 5 S. 1, 312b Abs. 1 S. 1 BGB. Vgl. dazu ausführlich später E. V. 2. a) bb) (5).
V. Analyse der Gesetzeslage
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allgemeine Zurechnungsnorm zurückgegriffen, sondern es wird jeweils explizit eine Gleichstellung angeordnet.178 Bei § 312c Abs. 1 BGB führt die hierzu erfolgende Erwähnung des im Namen des Unternehmers oder in dessen Auftrag handelnden Dritten alternativ zum Unternehmer selbst dazu, dass grammatikalisch nicht mehr klar ist, ob auch auf der Unternehmerseite ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden müssen.179 Darüber hinaus werden zahlreiche Nebensätze zur näheren Konkretisierung verwendet.180 Als Negativbeispiel sei etwa auf § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BGB hingewiesen.181 Lediglich die Regelung des § 312k BGB ist eher allgemein gehalten. Auch diese kasuistischen Tendenzen gehen teilweise unmittelbar auf entsprechende Richtlinienvorgaben zurück.182 Hinsichtlich der Ausnahmekataloge der §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB wurde bereits auf die weitgehende Orientierung des nationalen Gesetzgebers an der Verbraucherrechterichtlinie hingewiesen.183 Gleiches gilt für die Definitionen der Finanzdienstleistungen und der Außergeschäftsraumverträge.184 b) §§ 355 – 361 BGB aa) Sprachliche Analyse und Terminologie Auch bei den Regelungen zum Widerrufsrecht nach §§ 355 ff. BGB bedient sich der Gesetzgeber oftmals langer und komplizierter Satzstrukturen. Dabei wird auch hier die Technik der numerischen Untergliederung verwendet, wenn auch nicht in einer so ausgeprägten und umfangreichen Weise wie in den §§ 312 ff. BGB. Betroffen sind die §§ 356 Abs. 2, Abs. 5, 357 Abs. 7, 357a Abs. 2 S. 1 und 3 BGB. Die numerische Untergliederung beinhaltet jeweils lediglich zwei Gliederungsziffern. Bei § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt zudem eine weitere Unter178
Vgl. §§ 312a Abs. 1, 312b Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 312c Abs. 1 BGB. DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 8 f. noch zur Fassung der Vorschrift im Referentenentwurf. Dies kann aber auch der aktuellen Fassung vorgehalten werden. 180 Vgl. dazu bereits oben E. V. 1. a) aa). 181 Kritisch insoweit auch Dt. Richterbund, Stellungnahme Nr. 26/12, S. 3. 182 Vgl. Art. 3 Abs. 3 a), Art. 6 Abs. 6, Abs. 1 e) VRRL, ähnlich auch Art. 7 Abs. 2, 8 Abs. 7 VRRL. 183 Vgl. dazu oben E. V. 1. a) cc) (1). Hinsichtlich § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vergleiche neben Art. 16 c) VRRL auch die Definition der „nach Verbraucherspezifikation angefertigten Waren“ in Art. 2 Nr. 4 VRRL, hinsichtlich § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 8 BGB neben Art. 16 b) VRRL auch Art. 6 Abs. 2 a) FinFARL. 184 Vgl. dazu oben E. V. 1. a) bb) (1) (a) und (b). Bei der Definition der Fernkommunikationsmittel des § 312c Abs. 2 BGB entfernt sich der Gesetzgeber hinsichtlich der Regelungstechnik weiter von den Vorgaben in Art. 2 Nr. 4 FARL, Art. 2 e) FinFARL, wenngleich die Fernabsatzrichtlinie in ihrem Anhang I auch eine beispielhafte Aufzählung enthielt. Die VRRL enthält keine Definition der Fernkommunikationsmittel. 179
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
gliederung in Buchstaben vor, was die Regelung extrem lang werden lässt. Nichtsdestotrotz sind aber alle diese Vorschriften so kompliziert in ihrer Satzstruktur, dass sie dennoch unübersichtlich und schwer verständlich bleiben. So enthalten die Regelungen jeweils mehrere Nebensätze und sind dabei verschachtelt bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades oder sogar mehr.185 Hinzu kommt, dass zudem eher weite Nominalklammern verwendet werden, wie etwa für die in dem Abschnitt wiederkehrende Eingrenzung der relevanten digitalen Inhalte oder diejenige, die durch das schwerfällige Definiendum der Außergeschäftsraumverträge bedingt ist.186 Darüber hinaus werden die Regelungen durch die Benennung von Alternativen187 oder durch Aufzählungen188 weiter aufgebläht. Auch im Übrigen werden oftmals eher lange Sätze verwendet, die teilweise ebenfalls bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades oder mehr verschachtelt sind.189 Besonders unübersichtlich wird es auch hier, wenn zudem weitere Nominalklammern integriert sind190 oder eine Vielzahl von Alternativen191 gebildet werden. Auch Regelungen mit einer weniger komplizierten Satzstruktur wirken oftmals aufgrund der Verwendung von weiten Nominalklammern192 oder langen Verweisungsaus185 Vgl. §§ 356 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1, Nr. 2, 357 Abs. 7 Nr. 1, 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB. 186 Vgl. zu den digitalen Inhalten §§ 356 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, 357a Abs. 2 S. 3 BGB und zu den Außergeschäftsraumverträgen § 357a Abs. 2 S. 1 BGB; außerdem die Nominalklammern „ein von ihm/vom Verbraucher benannter Dritter“ in § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB, „die nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge angebotene Lieferung“ in § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB, „die vom Unternehmer bis zum Widerruf erbrachte Dienstleistung“ in § 357a Abs. 2 S. 1 BGB und „die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte“ in § 357a Abs. 2 S. 3 BGB. 187 Vgl. die alternativen Subjekte in § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB und zudem die alternative Ausgestaltung der Lieferung und dementsprechend des Fristbeginns bei § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB. 188 Vgl. §§ 356 Abs. 2 Nr. 2, 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB. 189 Vgl. §§ 356 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 6 S. 3, Abs. 8 S. 1, 357a Abs. 3 S. 4, 358 Abs. 3 S. 3, 360 Abs. 2 S. 1 BGB. 190 Vgl. „Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ in § 357 Abs. 6 S. 3 BGB; „die bis zum Widerruf erbrachte Leistung“ in § 357 Abs. 8 S. 1 BGB. 191 Vgl. § 358 Abs. 3 S. 3 BGB. 192 Vgl. „ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen“ in § 355 Abs. 1 S. 1 BGB; „seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung“ und „seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung“ in § 358 Abs. 1 BGB; „seine auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung“ und „seine auf den Abschluss eines mit diesem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtete Willenserklärung“ in § 358 Abs. 2 BGB; „von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten“ und „die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte“ in § 358 Abs. 4 S. 2 BGB; „seine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete Willenserklärung“ und „seine auf den Abschluss eines damit zusammenhängenden Vertrags gerichtete Willenserklärung“ in § 360 Abs. 1 S. 1 BGB. Gleiches
V. Analyse der Gesetzeslage
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sprüchen193 schwerfällig. Es finden sich aber auch Passagen, die von eher kurzen Sätzen geprägt sind.194 Das Gestaltungsmittel der eher weiten Nominalklammern wird auch bei den weniger langen Regelungen immer wieder verwendet,195 wenngleich es teilweise der Formulierung von Verweisungen196 dient. Selbstverständlich bedient sich der Gesetzgeber auch im Rahmen der §§ 355 ff. BGB des Passivs. Besondere Probleme ergeben sich daraus aber nicht. Lediglich vereinzelt wäre besser das Aktiv verwendet worden, da der oder die Handelnden ohnehin genannt werden und die Sätze bereits aufgrund ihrer Länge und Satzkonstruktion nicht ganz einfach sind.197 Etwas erleichtert wird das Verständnis der Regelungen demgegenüber dadurch, dass teilweise parallele oder zumindest ähnliche Konstruktionen oder Formulierungen verwendet werden. So werden z. B. bei den einzelnen Buchstaben unter § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB parallele Satzkonstruktionen verwendet, auch § 357a Abs. 2 S. 1 und 3 BGB sind sich sehr ähnlich. Im Bereich der verbundenen und zusammenhängenden Verträge finden sich ebenfalls Entsprechungen bei den Satzstrukturen.198 Außerdem orientieren sich §§ 357a, 357c BGB an manchen Stellen an § 357 BGB.199 Alles in allem stellen die §§ 355 ff. BGB den Verbraucher, der durch sie geschützt werden soll, sprachlich vor Herausforderungen. Die positive Entwicklung, was die Verwendung unnötig umständlicher VerbSubstantiv-Kombinationen angeht,200 setzt sich im Bereich der §§ 355 ff. BGB aber grundsätzlich fort. So wird weitgehend auf die Verbindung des Substantivs „Anwendung“ mit dem Verb „finden“ verzichtet und stattdessen schlicht das Verb „anwenden“ verwendet.201 Lediglich beim Umgehungsverbot des § 361 Abs. 2 S. 2 BGB wird, wie schon bei § 312k Abs. 1 S. 2 BGB,202 auf die Kombination zurückgegriffen. Unnötig umständlich sind aber außerdem die Formulierungen „Macht gilt für § 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 BGB, wenngleich die Nominalklammern zur Integration der Verweisungsaussprüche in die Vorschriften verwendet werden. 193 Vgl. §§ 356 Abs. 1 S. 1, 356 Abs. 3 S. 1, 357c S. 3 BGB. 194 Vgl. §§ 355 (mit Ausnahme von Abs. 1 S. 1), 357 Abs. 1 bis Abs. 5, 357b BGB. 195 Vgl. „ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen“ in § 355 Abs. 1 S. 1 BGB; „die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung“ in § 357 Abs. 2 S. 2 BGB; „von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten“ in § 357 Abs. 9 BGB „einer zwischen diesem Unternehmer und dem Verbraucher nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags vereinbarten Vertragsänderung“ in § 359 Abs. 1 S. 2 BGB. 196 Vgl. §§ 356 Abs. 3 S. 2, 356b Abs. 2 S. 1, 356c Abs. 2 S. 2 BGB. 197 Vgl. §§ 356 Abs. 4 S. 2, 360 Abs. 2 S. 1 BGB. 198 Vgl. §§ 358 Abs. 1, Abs. 2, 360 Abs. 1 S. 1 BGB. 199 Vgl. §§ 357 Abs. 1, 357a Abs. 1 BGB, §§ 357 Abs. 8 S. 5, 357a Abs. 2 S. 5 BGB und §§ 357 Abs. 6 S. 1, S. 2, 357c S. 2 BGB. 200 Vgl. dazu E. V. 1. a) aa). 201 Vgl. §§ 357c S. 3, 358 Abs. 4 S. 1, S. 3, Abs. 5, 359 Abs. 2, 360 Abs. 1 S. 2 BGB. 202 Vgl. dazu E. V. 1. a) aa).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
… Gebrauch“ in § 356 Abs. 1 S. 2 BGB und „zum Gegenstand hat“ in § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Im Übrigen zeigt sich ein an einigen Stellen doch relativ ausgeprägter Nominalstil. Etwas schwerfällig wirken dadurch z. B. §§ 356 Abs. 4 S. 1, Abs. 5, 357b, 358 Abs. 3 BGB. Gerade auch die umständliche Formulierung der Erbringung einer Dienstleistung bzw. Finanzdienstleistung oder sonstigen Leistung findet sich erneut.203 Schließlich trägt auch die etwas altertümliche Floskel „mit der Maßgabe, dass“,204 die so bzw. so ähnlich in §§ 357a Abs. 3 S. 4, 357c S. 3 BGB verwendet wird nicht unbedingt zur Lesbarkeit der Vorschriften bei. In terminologischer Hinsicht zeigen sich mit Ausnahme der Problematik des verdeckten Fachausdrucks beim Unternehmerbegriff, die bereits eingehend thematisiert wurde,205 keine erwähnenswerten Auffälligkeiten. bb) Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik (1) Legaldefinitionen Legaldefinitionen finden sich in den §§ 355 ff. BGB kaum. § 358 Abs. 3 S. 1 BGB wird teilweise als Definition des verbundenen Vertrags bezeichnet.206 Meines Erachtens handelt es sich hierbei aber um eine bloße Sachregelung, die festlegt, wann bestimmte Verträge verbunden sind. Freilich wird auf diese dann konkludent Bezug genommen, wenn der Begriff des verbundenen Vertrags an anderer Stelle verwendet wird.207 Ein Definiendum wird aber jedenfalls nicht eindeutig herausgestellt und von der Struktur her enthält die Regelung Tatbestandsvoraussetzungen und eine Rechtsfolge. Etwas anders ist dies bei § 360 Abs. 2 S 1 BGB. Hier könnte als Definiendum der Begriff des zusammenhängenden Vertrags ausgemacht werden. Von der Struktur her entspricht die Regelung aber auch hier mehr einer Sachregelung als einer Definitionsnorm, wenngleich dies auch anders gesehen werden kann. (2) Verweisungen Im Vergleich zur Rechtslage vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ergibt sich im Zusammenhang mit der Nutzung der Verweisungstechnik ein grundlegender Unterschied. So erfolgt nun bezüglich der Rechtsfolgen des Widerrufs keine umfassende Verweisung mehr auf das Rücktrittsrecht. Dies wird zu Recht äußerst positiv gesehen. Hierdurch werden Regelungstransparenz und Rechtssi203
Vgl. §§ 356 Abs. 4 S. 1, S. 2, 357 Abs. 8 S. 1, 358 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 BGB. Vgl. zu der Wendung schon oben C. V. 1. 205 Vgl. zuletzt unter E. V. 1. a) aa). 206 BT-Drs. 14/6040, S. 201; BeckOK-Möller (01. 08. 2014), § 358 Rn. 5. 207 So in den §§ 358, 359 BGB selbst oder in § 655a Abs. 2 S. 3 BGB. § 508 S. 6 BGB verweist durch einen Klammerzusatz ausdrücklich auf § 358 Abs. 3 BGB. 204
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cherheit verbessert, da das Erfordernis komplizierter und teilweise verwirrender Verweisungen reduziert wird.208 Trotz dieser ohne Frage gegebenen Erleichterung wird aber in den §§ 355 ff. BGB nach wie vor von der Verweisungstechnik in großem Umfang Gebrauch gemacht, was nicht nur Lesbarkeit und Übersichtlichkeit grundsätzlich beeinträchtigt, sondern auch im Einzelnen zum Teil mit Schwierigkeiten verbunden ist.209 (a) Stillschweigende Verweisungen Weitgehend unproblematisch sind zunächst die natürlich auch hier zu findenden zahlreichen stillschweigenden Verweisungen, insbesondere durch die Verwendung von Begriffen, die an anderer Stelle, vor allem im Allgemeinen Teil des BGB oder in den §§ 312 ff. BGB, dem Recht der Verbraucherverträge und der besonderen Vertriebsformen, legaldefiniert sind. Unter anderem wird auch auf die Legaldefinitionen der Fernabsatzverträge und der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge Bezug genommen. Dabei werden erneut nicht immer genau diese Termini verwendet, sondern diese werden zum Teil umschrieben.210 Erklären lässt sich dies wiederum damit, dass das schwerfällige Definiendum der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge auf diese Weise sprachlich besser mit weiteren Tatbestandsmerkmalen, hier jeweils dem des Ratenlieferungsvertrags, kombiniert werden kann. Die Alternative des Fernabsatzvertrags wird daran angepasst. Daraus ergeben sich jedoch keine Bestimmtheitsprobleme. Anders als in den §§ 312 ff. BGB erfolgen die Bezugnahmen auf die gesetzlich geregelten Vertragstypen hier stillschweigend ohne Nennung der einschlägigen Paragraphen,211 was die Unüblichkeit der Technik bei den §§ 312 ff. BGB unterstreicht. Der Begriff des Frachtführers in § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB beinhaltet eine schlüssige Verweisung auf das Frachtrecht des HGB, mithin eine Außenverweisung.
208 Z. B. Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 1; Artz, Stellungnahme v. 14. 04. 2013, S. 3 f.; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71; SchmidtKessel, Stellungnahme, S. 24; Halm, VuR 2014, 1; Wendehorst, NJW 2014, 577, 583. Kritisch hingegen Kohler, GreifRecht 2014, 85, 91 f., der in der Einführung eines zusätzlichen eigenständigen Rückabwicklungsregimes in das nationale Recht eine Verkomplizierung der Rechtslage sieht und mangels Anbindung an das Rücktrittsrecht Regelungslücken beklagt. Inwieweit sich solche Regelungslücken tatsächlich auftun, wird sich erst im Laufe der Anwendung des neuen Rechts zuverlässig beurteilen lassen. Diese können dann durch Ergänzung der Regelungen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs geschlossen werden. Das Beibehalten der komplizierten Verweisung auf das Rücktrittsrecht erscheint mir demgegenüber nicht sinnvoll. 209 In diese Richtung auch Leier, VuR 2013, 457, 457f, 464. 210 Vgl. §§ 356c Abs. 1, 357c (Überschrift), 358 Abs. 4 S. 3 BGB. 211 Vgl. z. B. §§ 356a, 357b BGB zu den Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen und Tauschsystemverträgen oder §§ 356c, 357c BGB zu den Ratenlieferungsverträgen.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
(b) Ausdrückliche Verweisungen Interessanter ist die Vielzahl von ausdrücklichen Verweisungen in den §§ 355 ff. BGB. Hier lassen sich einige Ungenauigkeiten feststellen, die zu Rechtsunsicherheit führen können. Zum einen handelt es sich um Außenverweisungen ins EGBGB im Zusammenhang mit Informationspflichten. Die Ausgestaltung der Verweisungsnormen ist dabei in verschiedener Hinsicht uneinheitlich, was Fragen in Hinblick auf den Umfang der Verweisungen aufwirft. Um diese Problematik darzulegen, soll zunächst die Regelung des § 356 Abs. 3 S. 1 BGB genauer beleuchtet werden. Der Beginn der Widerrufsfrist wird hier von einer Unterrichtung „entsprechend den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Artikels 246b § 2 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche“ abhängig gemacht. Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB, auf den bezüglich Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen verwiesen wird, regelt die Informationspflichten inhaltlich umfassend und nennt auch den maßgeblichen Zeitpunkt, sowie die vorgeschriebene Form. Demgegenüber beschränkt sich Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB für Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen betreffen, rein auf inhaltliche Vorgaben, die auf Informationen über das Widerrufsrecht beschränkt sind. Der maßgebliche Zeitpunkt und die Formvorgaben finden sich dazu erst in Art. 246a § 4 EGBGB, auf den jedoch nicht explizit Bezug genommen wird. Die demnach bestehenden Unterschiede hinsichtlich des inhaltlichen Umfangs der zu erfüllenden Informationspflichten sind nachvollziehbar, da die Vorgaben der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie den Beginn der Widerrufsfrist anders als die Verbraucherrechterichtlinie nicht nur von der Widerrufsbelehrung abhängig machen.212 In zeitlicher Hinsicht ist wohl unabhängig vom Regelungsgehalt der Verweisungsobjekte davon auszugehen, dass auch die Erteilung der geforderten Informationen zu einem späteren Zeitpunkt die Widerrufsfrist noch in Gang setzt, quasi eine Heilungsmöglichkeit besteht. So lässt die Formulierung „spätestens“ in § 356 Abs. 3 S. 2 BGB darauf schließen, dass die Widerrufsfrist auch zwischenzeitlich zu laufen beginnen und enden kann. Außerdem entspricht dies den Vorgaben des Art. 10 Abs. 2 VRRL.213 Hinsichtlich der Frage, ob die Widerrufsbelehrung für das Ingangsetzen der Widerrufsfrist auch formale Anforderungen erfüllen muss, ergeben sich hingegen Unklarheiten. So wird insbesondere bei Fernabsatzverträgen, die keine Finanzdienstleistungen beinhalten, diskutiert, ob nicht im Sinne des Verbraucherschutzes die nachvertraglichen Formvorgaben des § 312f Abs. 2 BGB maßgeblich sind, mithin eine Belehrung auf einem dauerhaften Datenträger.214 Bei genauer Betrachtung des Verweisungsausspruchs 212
Vgl. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 2, 5 Abs. 1, Abs. 2, 3 Abs. 1, 4 FinFARL; Art. 10 Abs. 1, 6 Abs. 1h) VRRL. 213 Wendehorst, NJW 2014, 577, 582. 214 So Palandt-Grüneberg, § 356 Rn. 7; BeckOK-Müller-Christmann (01. 11. 2014), § 356 Rn. 11; Wendehorst, NJW 2014, 577, 582; Janal, WM 2012, 2314, 2319 f. zu den Richtlini-
V. Analyse der Gesetzeslage
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bleibt meiner Ansicht nach aber bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen, die keine Finanzdienstleistungen betreffen, generell unklar, ob die formalen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung überhaupt relevant sind, da das Verweisungsobjekt hier eben nur die inhaltlichen Anforderungen enthält. Die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie sind insoweit ähnlich undeutlich. Art. 10 VRRL verweist nämlich lediglich auf Art. 6 Abs. 1h) VRRL. Der ebenfalls nur die inhaltlichen Anforderungen sowie im Einleitungssatz zeitliche Vorgaben und das Transparenzgebot enthält. Auf Art. 7, 8 VRRL, die die eigentlichen formalen Anforderungen regeln, wird hingegen nicht verwiesen. Die Gesetzesmaterialien lassen jedoch erkennen, dass auch die formalen Vorgaben für die Widerrufsbelehrung maßgeblich sein sollen, indem auf Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB rekurriert wird.215 Im Gesetzeswortlaut hat dies indes keinen Niederschlag gefunden. Zwar sollte durch die Formulierung „entsprechend den Anforderungen“ besser verdeutlicht werden, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung zu erfüllen sind,216 was auch in Hinblick auf die formalen Vorgaben zu verstehen sein könnte. Dies hilft aber nicht wirklich weiter. Zudem deutet die Formulierung „entsprechend“ normalerweise auf eine Verweisungsanalogie hin, wobei hier aber nicht ohne weiteres ersichtlich ist, worin das Bedürfnis für eine Analogie besteht. Mehr Klarheit wurde durch die Überarbeitung der Vorschrift daher meiner Ansicht nach nicht erzielt. Weitet man seine Betrachtung nun auf die anderen Verweisungsvorschriften des Abschnitts aus, so erhärtet sich die Problematik. § 357 Abs. 6 S. 1 BGB etwa knüpft die Pflicht des Verbrauchers zur Tragung der Rücksendekosten daran, dass der Unternehmer ihn „nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat.“ Mit fast identischer Formulierung verweist § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB als Voraussetzung für eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers auf Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Die Verweisungsobjekte enthalten wiederum lediglich inhaltliche Vorgaben. Ein Zusatz wie das „entsprechend den Anforderungen“ findet sich in den Verweisungsaussprüchen nicht. Auch § 357 Abs. 8 S. 2 BGB verweist zur Begründung einer Wertersatzpflicht des Verbrauchers ins EGBGB. In Bezug genommen wird hier Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 3 EGBGB, der wiederum nur inhaltliche Vorgaben für die zu erteilenden Informationen enthält. Hier findet sich jedoch ein Zusatz, allerdings nicht der bereits bekannte. Vielmehr muss nunmehr gemäß dem Gesetzeswortlaut „ordnungsgemäß informiert“ worden sein. Was genau darunter zu verstehen ist, lässt die Gesetzesbegründung leider offen. Um die Verwirrung komplett zu machen, wird dafür in der Erläuterung zu § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB, dessen Verweisung diesen Zusatz nicht enthält, ebenfalls eine ordnungsgemäße Information verlangt.217 Sowohl in Hinblick auf die formalen als auch auf die envorgaben; a.A. Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 73; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 453; Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, 115. 215 BT-Drs. 17/12637, S. 61. 216 BT-Drs. 17/13951, S. 65. 217 BT-Drs. 17/12637, S. 63.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
zeitlichen Anforderungen bleiben die Verweisungsaussprüche mithin unklar. Die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie sind erneut undeutlich in Hinblick auf die formalen Vorgaben, nicht jedoch in zeitlicher Hinsicht.218 Alles in allem spricht meiner Ansicht nach in Hinblick auf den dahinterstehenden Gedanken des Verbraucherschutzes viel dafür, dass die Informationspflichten jeweils ordnungsgemäß auch in Hinblick auf die zeitlichen und formalen Vorgaben zu erfüllen sind, um die normierten Folgen auszulösen. Anders ist dies lediglich bei § 356 Abs. 3 S. 1 BGB in zeitlicher Hinsicht, da sich hier im Gesetzeswortlaut ein Anhaltspunkt für eine Nachholmöglichkeit findet und eine verspätet einsetzende Widerrufsfrist der Schutzwürdigkeit des Verbrauchers Genüge tut. Dies sollte allerdings im Gesetzeswortlaut noch klarer zum Ausdruck kommen. Im Übrigen sollten die entsprechenden Verweisungsnormen auch Art. 246a § 4 EGBGB in Bezug nehmen, der für die Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, die zeitlichen und formalen Vorgaben enthält. Sofern für Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen enthalten, die nachvertraglichen Vorgaben des § 312f Abs. 2 BGB maßgeblich sein sollen, muss auch dies klargestellt werden. Außerdem wäre die Ausgestaltung der Verweisungsaussprüche anzugleichen. Eine weitere Uneinheitlichkeit der Verweisungsaussprüche bei Verweisungen auf Informationspflichten besteht darin, dass teilweise lediglich die Vorschrift aus dem EGBGB genannt wird,219 teilweise daneben ein kurzer Zusatz zu finden ist. In der Regel kommt Letzterem keine eigenständige Bedeutung zu. Die in Bezug genommenen Vorschriften werden dadurch lediglich kurz erläutert und nicht etwa die Inbezugnahme auf einen Teil des Verweisungsobjekts eingeschränkt.220 Anders könnte dies allenfalls bei § 357 Abs. 6 S. 1 BGB sein. Demnach ist der Verbraucher von „dieser Pflicht“ zu unterrichten, also, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, der Pflicht, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen. Dies könnte sich demnach auch nur auf Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 EGBGB beziehen, da die 2. Alternative darüber hinausgehend für einen bestimmten Fall eine Informationspflicht über die Kosten der Rücksendung beinhaltet. Allerdings würde ein solches eingeschränktes Verständnis dem dahinter stehenden Gedanken des Verbraucherschutzes wohl nicht gerecht werden. Angesichts der uneinheitlichen Gestaltung der Verweisungsaussprüche lässt sich der hier beabsichtigte Regelungsgehalt jedoch schwer beurteilen. Die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie sind in Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2 VRRL ähnlich ungenau, ergänzt durch Art. 6 Abs. 6, 218
Vgl. Art. 6 Abs. 6, 14 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 2 S. 2, Abs. 4 a) i) VRRL. Vgl. §§ 356 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 8 S. 2, 357c S. 3 BGB. 220 § 356c Abs. 1 („über sein Widerrufsrecht“), 357 Abs. 7 Nr. 2 („über sein Widerrufsrecht“), 357a Abs. 3 S. 4 („Pflichtangaben …, die das Widerrufsrecht betreffen“) BGB. Bei den §§ 312 ff. BGB enthalten §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB mit „über diese Kosten“ entsprechende Zusätze bei den Verweisungsaussprüchen. Diese sind aber erforderlich, um zu verdeutlichen, dass der Unternehmer jeweils genau die Kosten verlangen kann, über die er belehrt hat, selbst, wenn die Unterrichtung bzgl. anderer Kosten nicht vollständig war. 219
V. Analyse der Gesetzeslage
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Abs. 1 i) VRRL spricht hier aber viel für ein weites Verständnis.221 Im Übrigen finden sich auch dort bei den Vorgaben für die hier in Rede stehenden Verweisungen uneinheitlich erläuternde Zusätze.222 Eine weitere Gruppe ausdrücklicher Verweisungen stellen die Verweisungen auf Vorschriften aus dem Besonderen Teil des Schuldrechts zum Verbraucherkreditrecht und den Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen und Tauschsystemverträgen dar. Dies rührt letztlich daher, dass die Besonderheiten in Hinblick auf Widerrufsfrist, Rechtsfolgen, etc. in §§ 356a, 356b, 356c, 357a, 357b, 357c BGB geregelt werden, aber eben oftmals auch im Zusammenhang mit Regelungen zu den einzelnen Schuldverhältnissen stehen. Schließlich gibt es zahlreiche ausdrückliche Verweisungen, die innerhalb der einzelnen Normen oder innerhalb des Abschnitts der §§ 355 ff. BGB bleiben. Diese erfolgen vor allem im Rahmen der Regelungen zum Erlöschen des Widerrufsrechts, da diese dazu an den Fristbeginn anknüpfen.223 Weiterhin werden Verweisungen bei der Schaffung von Sonderregelungen, insbesondere zum Fristbeginn224 oder bei bestimmten Verträgen, wie im Zusammenhang mit Verträgen über Finanzdienstleistungen allgemein oder im Einzelnen225 verwendet. Dabei wird oftmals über die Verweisung mit dem Ausspruch „abweichend von“ der Charakter als Spezialnorm klargestellt.226 Ausgeprägt ist die Verweisungstechnik gerade auch bei den §§ 358, 360 BGB. Die Rechtsfolgen des Widerrufsdurchgriffs auf den verbundenen Vertrag werden in § 358 Abs. 4 BGB nicht im Einzelnen neu geregelt, sondern es wird hierzu auf die vorhergehenden Vorschriften verwiesen. Ebenso regelt § 360 BGB die entsprechenden Rechtsfolgen bei zusammenhängenden Verträgen nicht im Einzelnen selbst, sondern nimmt hierzu durch § 360 Abs. 1 S. 2 BGB auf § 358 Abs. 4 S. 1 bis 3 BGB Bezug, sowie für den Fall eines mit einem Teilzeit-Wohnrechtevertrag oder einem Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt zusammenhängenden Vertrags durch § 360 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BGB auf § 357b Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB. Außerdem bedient sich der Gesetzgeber bei den ausdrücklichen Verweisungen im Rahmen der §§ 355 ff. BGB einiger Verweisungen, bei denen das Verweisungsobjekt zu modifizieren ist. Die am Verweisungsobjekt vorzunehmenden Änderungen werden dabei aber nur vereinzelt genau bezeichnet, häufiger belässt es der Gesetzgeber bei der bloßen Anordnung der entsprechenden Anwendung, verwendet also Verweisungsanalogien. Dies ist in Hinblick auf die Bestimmtheit der Vorschriften und die Rechtssicherheit nicht unproblematisch, da meist nicht ohne weiteres klar ist, inwieweit die in Bezug genommenen Regelungen abzuändern 221
So im Ergebnis auch Unger, ZEuP 2012, 270, 292. Vgl. Art. 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 a) i) VRRL. 223 Vgl. §§ 356 Abs. 3 S. 2, 356a Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2, 356c Abs. 2 S. 2 BGB. 224 Vgl. §§ 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 BGB. 225 Vgl. §§ 356 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 2 (Finanzdienstleistungen), 357a Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 4 (entgeltliche Finanzierungshilfe), 357c S. 1, S. 3 (Ratenlieferungsverträge) BGB. 226 Vgl. §§ 356 Abs. 4 S. 2, 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 3 S. 2, 358 Abs. 4 S. 2 BGB. 222
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
sind.227 Eine ausdrückliche Anordnung der vorzunehmenden Änderungen findet sich z. B. in § 358 Abs. 4 S. 1 BGB. Maßgeblich für die Wahl der richtigen Norm der §§ 357 bis 357b BGB ist dabei nämlich ausweislich des Wortlauts „unabhängig von der Vertriebsform“ und „je nach Art des verbundenen Vertrags“ nur die Vertragsart, nicht jedoch die Vertriebsform des verbundenen Vertrags, wenngleich diese Normen durchaus auch bestimmte Vertriebsformen voraussetzen.228 Weiterhin werden bei §§ 357a Abs. 3 S. 4, 357c S. 3 BGB die in Hinblick auf die Weiterverweisungen auf das EGBGB in den Verweisungsobjekten vorzunehmenden Modifikationen explizit genannt. Angesichts dessen ist es unverständlich, warum der Gesetzgeber an anderer Stelle, namentlich § 357a Abs. 2 S. 2 BGB, an der ebenfalls die Weiterverweisung in das EGBGB im Verweisungsobjekt nicht passt, eine Verweisungsanalogie gewählt hat. Auch § 357c S. 1 BGB ordnet lediglich eine entsprechende Anwendbarkeit von § 357 Abs. 1 bis 5 BGB an. Diese Absätze können aber eigentlich unverändert in die Verweisungsnorm hineingelesen werden, da sie selbst das Erfordernis eines Vertrages, der keine Finanzdienstleistung zum Gegenstand hat, und in einer bestimmten Vertriebsform geschlossen wird, nicht enthalten. Der Hintergrund der Verweisungsanalogie erschließt sich hier nicht. Schwierig ist dies, um ein weiteres Beispiel darzulegen, auch bei § 356a Abs. 4 S. 2 BGB. Die entsprechende Anwendung soll hier wohl ausdrücken, dass auch im Rahmen von § 356a Abs. 2, Abs. 3 BGB allein auf den Teilzeit-Wohnrechtevertrag abzustellen ist.229 (c) Verweisungshäufungen und Verweisungsketten Angesichts dieser ausgeprägten Verwendung der Verweisungstechnik verwundert es nicht, dass es auch zu Verweisungshäufungen kommt. Die Lesbarkeit der Normen und damit ihre Verständlichkeit werden hierdurch vor allem bei der Häufung mehrerer ausdrücklicher Verweisungen in einzelnen Sätzen beeinträchtigt, wie z. B. bei §§ 356a Abs. 2 S. 1, 356b Abs. 2 S. 1, 357a Abs. 3 S. 4, 358 Abs. 4 S. 1 bis 3 BGB. Noch problematischer in Hinblick auf die Verständlichkeit der Normen ist aber das Entstehen einer Vielzahl von zum Teil mehrgliedrigen Verweisungsketten. So finden sich einige Verweisungen auf Normen des Besonderen Schuldrechts, die ihrerseits auf Vorschriften aus dem EGBGB Bezug nehmen230 oder im Rahmen des Besonderen Schuldrechts weiterverweisen.231 Lang sind beispielsweise die Ver227
Problematisch insbesondere §§ 356a Abs. 4 S. 2, 356c Abs. 2 S. 1, 357a Abs. 2 S. 2, 357c S. 1, 358 Abs. 4 S. 3 BGB. Bei § 360 Abs. 1 S. 2, S. 3 BGB hingegen ist erkennbar, dass in den Verweisungsobjekten jeweils der zusammenhängende Vertrag an die Stelle des verbundenen Vertrags bzw. des Vertrags tritt. 228 Vgl. auch BT-Drs. 17/13951, S. 67; BT-Drs. 17/12637, S. 90, 98. 229 Erman-Koch, § 356a Rn. 8. 230 Vgl. §§ 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, 356b Abs. 2 S. 1 BGB, noch länger wird die Verweisungskette bei § 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 BGB in dem Fall, in dem diese Regelungen über § 356a Abs. 4 S. 2 BGB zur Anwendung kommen. 231 Vgl. § 356b Abs. 3 BGB.
V. Analyse der Gesetzeslage
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weisungsketten, die durch die Verweisungen von § 357a Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 4 BGB auf § 506 Abs. 4 BGB ausgelöst werden. Dieser nimmt seinerseits auf § 491 Abs. 2, Abs. 3 BGB Bezug, die zum Teil weiter auf das EGBGB verweisen oder gar auf § 6 Preisangabenverordnung, der seinerseits weiterverweist. Lange Verweisungsketten werden zudem durch § 358 Abs. 4 S. 1 bis 3 BGB begründet, indem auf Normen aus den §§ 355 ff. BGB verwiesen wird oder auch auf § 312f BGB, die ihrerseits Verweisungen enthalten. Als Beispiel sei § 358 Abs. 4 S. 1 BGB genannt, der u. a. auf § 357a BGB Bezug nimmt und damit der gerade beschriebenen Verweisungskette durch § 357a Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 4 BGB ein weiteres Glied vorschaltet. Noch weiter verschärft wird diese Problematik schließlich durch § 360 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Regelung verweist auf § 358 Abs. 4 S. 1 bis 3 BGB, so dass besagte Verweisungsketten um ein weiteres Element verlängert werden. Bei einer solchen Vielzahl von Verweisungsgliedern ist es schwierig, den Regelungsgehalt der Ausgangsnorm jeweils vollständig zu erfassen. cc) Grad der Abstraktion/Bestimmtheit (1) Bestimmtheit der Regelungen Was die Bestimmtheit der Regelungen angeht, zeigen sich bei den §§ 355 ff. BGB weniger Auffälligkeiten als bei den §§ 312 ff. BGB. Auch hier gibt es an manchen Stellen jedoch Defizite. Unscharf und daher problematisch ist zunächst das Abstellen auf Waren in § 357 Abs. 6 S. 3 BGB, die „so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können“.232 Hier bleibt völlig unklar, wo die Grenze für den Postversand zu sehen ist. Auch Fahrräder oder Waschmaschinen können beispielsweise über DHL verschickt werden. Oder ist dabei nur auf die Angebote der Deutschen Post abzustellen? Auf den ersten Blick erscheint die nationale Regelung sogar noch unbestimmter als die Vorgabe aus Art. 14 Abs. 1 UAbs. 3 VRRL, da der Gesetzgeber den Zusatz „normalerweise“ weggelassen hat. Da aber auch in der Richtlinie auf die Möglichkeit des Zurücksendens per Post Bezug genommen wird, führt dieser Zusatz nicht zu einer Einschränkung und Präzisierung. Dies wäre allenfalls anzunehmen, wenn daran angeknüpft würde, ob ein Postversand auch üblich ist. Die Möglichkeit dazu besteht dagegen oder sie besteht nicht und die Maßstäbe dafür bleiben auch in der Richtlinie völlig unklar. Das Bestimmtheitsproblem aus der Richtlinie setzt sich mithin im nationalen Recht fort. Letztlich offen bleibt auch die Frage, bis zu welcher Grenze ein bloß prüfender Umgang mit der Ware i.S.d. § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB anzunehmen ist, wenngleich sich der Gesetzgeber – und zwar bereits der europäische Gesetzgeber, an dessen 232 Ähnlich sehen Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 76 die sogar etwas präzisere Formulierung in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB „wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können“ als nicht trennscharf an.
232
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Art. 14 Abs. 2 S. 1 VRRL die nationale Regelung stark angelehnt ist – um eine Konkretisierung bemüht, indem er aufzählt, woraufhin die Ware überprüft werden darf.233 Außerdem findet sich ein unbestimmter Rechtsbegriff mit „unverhältnismäßig hoch“234 in §§ 357 Abs. 8 S. 5, 357a Abs. 2 S. 5 BGB, der erneut der Verbraucherrechterichtlinie, nämlich Erwägungsgrund 50, entnommen ist. Dieser wird in ähnlichem Zusammenhang aber auch an anderen Stellen des BGB verwendet,235 ist also nicht ungewöhnlich. Schließlich stellt auch der Terminus „eindeutig“ in §§ 355 Abs. 1 S. 3, 356 Abs. 1 S. 1 BGB einen dehnbaren, offenen Begriff dar. Auch dieser findet sich in der Richtlinie gleichermaßen wieder.236 Interessant in Hinblick auf den Bestimmtheitsaspekt sind aber vor allem noch die Regelungen zum Widerrufsdurchgriff bei verbundenen bzw. zusammenhängenden Verträgen in §§ 358, 360 BGB. So wird das Vorliegen verbundener Verträge gemäß § 358 Abs. 3 S. 1 BGB unter anderem davon abhängig gemacht, dass die Verträge „eine wirtschaftliche Einheit bilden“. Dieser Begriff ist offen und unscharf237 und kann meiner Ansicht nach daher durchaus als unbestimmter Rechtsbegriff eingeordnet werden. Präzisiert und konkretisiert wird er durch die beispielhafte Nennung der Hauptanwendungsfälle in § 358 Abs. 3 S. 2 BGB und den in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB geregelten Sonderfall. Bei § 360 Abs. 2 S. 1 BGB ist die Voraussetzung für das Vorliegen eines zusammenhängenden Vertrags, dass dieser „einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist“, ähnlich vage.238 Eine Präzisierung des Begriffs unterbleibt, lediglich für den Fall des Verbraucherdarlehensvertrags findet sich eine Sonderregelung in § 360 Abs. 2 S. 2 BGB. Die hierdurch entstehende Rechtsunsicherheit wirkt bei der Gestaltung der Widerrufsbelehrung fort, da teilweise von einer Pflicht zur Belehrung auch über die Folgen des Widerrufs im Fall eines verbundenen oder zusammenhängenden Vertrags auszugehen ist.239 Eine nicht ordnungsgemäße
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Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 75; vgl. zu den bei der Auslegung zu Grunde zu legenden Wertungen bei den Vorgängerregelungen z. B. BGHZ 187, 268, 272 ff.; MüKoBGBMasuch, § 357 Rn. 47. 234 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 235 Vgl. §§ 343 Abs. 1 S. 1, 655 S. 1 BGB; ähnlich auch § 309 Nr. 8 b) dd) BGB. 236 Vgl. Art. 11 Abs. 1 b), Abs. 3 VRRL. 237 In diese Richtung auch Staudinger-Kessal-Wulf, § 358 Rn. 27. 238 Vgl. dazu Wendt/Lorscheid-Kratz, BB 2013, 2434, 2436 f. 239 Keine Anknüpfungspunkte für eine solche Belehrungspflicht finden sich für Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben. Vgl. aber für diese Vertriebsformen, sofern Finanzdienstleistungen Vertragsgegenstand sind, Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB, wo lediglich allgemein von den Rechtsfolgen des Widerrufs die Rede ist und die entsprechende Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 3, insbesondere die Gestaltungshinweise 6 und 7; vgl. zu den Belehrungspflichten bei zusammenhängenden Verträgen Wendt/Lorscheid-Kratz, BB 2013, 2434, 2437 f.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Belehrung wiederum kann schwerwiegende weitere Rechtsfolgen auslösen,240 so dass diese Problematik nicht unterschätzt werden darf. Anders als der Begriff des zusammenhängenden Vertrags und seiner Beschreibung findet sich der Begriff des verbundenen Vertrags und der wirtschaftlichen Einheit ganz ähnlich zwar auch auf europäischer Ebene in Art. 3 n) der Verbraucherkreditrichtlinie,241 im Folgenden auch abgekürzt VerbrKrRL. Gleichwohl ist die Terminologie deutschen Ursprungs. Der nationale Gesetzgeber hatte diese Begrifflichkeit nämlich bereits zuvor in § 9 VerbrKrG verwendet. Hierdurch wurde zwar die ursprüngliche Verbraucherkreditrichtlinie,242 genauer deren Art. 11 Abs. 2, umgesetzt, die Begriffe fanden sich so jedoch nicht in dieser Richtlinie, deren Vorgaben deutlich enger waren, sondern wurden vielmehr aus der BGH-Rechtsprechung bereits zum Abzahlungsgesetz übernommen.243 (2) Kasuistik Bei der Untersuchung des Abstraktionsniveaus der Regelungen lassen sich auch bei den §§ 355 ff. BGB vielfach kasuistische Tendenzen feststellen. So werden auch in diesem Abschnitt in den einzelnen Normen oftmals Aufzählungen verwendet, oder Alternativen in den Regelungen berücksichtigt.244 Weiterhin wird das Abstraktionsniveau abgesenkt, indem Sonderregeln oder Ausnahmen für bestimmte Fälle geschaffen werden.245 Nähere Betrachtung verdient insbesondere § 356 Abs. 2 BGB in Hinblick auf den Aspekt des Abstraktionsniveaus. Bei der Nummer 1 wird zunächst unter a) ein Auffangtatbestand festgelegt. Diese Variante greift nur ein, wenn die Varianten unter b) bis d) nicht einschlägig sind. Die Stellung am Anfang mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf die nachfolgenden Regelungen erscheint dabei unpassend. Anders als unter a) knüpfen die Tatbestände unter b) bis d) an eine bestimmte Bestell- und/oder Liefersituation an. Den Varianten unter a) bis c) liegt meiner Ansicht nach jedoch der gleiche Gedanke zu Grunde. Bei einem Verbrauchsgüterkauf soll die Widerrufsfrist grundsätzlich, sofern eine einheitliche Bestellung vorliegt, mit dem vollständigen Erhalt der Ware durch den Verbraucher beginnen. Ein einziger Tatbestand, der dies beinhaltet, hätte also ausgereicht, denn dies gilt unabhängig davon, ob nur eine Ware bestellt wurde bzw. nur eine Lieferung erfolgt, mehrere Waren getrennt geliefert werden oder eine Ware in Teilsendungen 240
Vgl. etwa die Relevanz für den Beginn der Widerrufsfrist bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen bzw. Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246b § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB. 241 Richtlinie 2008/48/EG, s. A., Fn. 16. 242 Richtlinie 87/102/EWG, s. D., Fn. 500. 243 BGH WM 1980, 159, 159 f.; BT-Drs. 11/5462, S. 23 zu § 8, der als § 9 VerbrKrG erlassen wurde; vgl. auch MüKoBGB-Habersack, 3. A., § 9 VerbrKrG Rn. 25 f. 244 Vgl. z. B. §§ 356 Abs. 2 Nr. 2, 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, 356b Abs. 1, 357 Abs. 7 Nr. 1, Abs. 8 S. 1, 358 Abs. 3 S. 2, S. 3 BGB. 245 Vgl. z. B. §§ 356 Abs. 2, 357 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2, Abs. 9, 358 Abs. 4 S. 2, S. 3, Abs. 5, 359 Abs. 2 BGB.
234
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
oder Stücken geliefert wird. Lediglich für die Fälle unter d) war die Sonderregelung erforderlich. Darüber hinaus wird in jeder Variante der Passus wiederholt, dass beim Erhalt der Ware an Stelle des Verbrauchers auch ein von ihm/vom Verbraucher „benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist“ stehen kann. Dies wäre besser vor die Klammer gezogen worden, um diese Wiederholungen zu vermeiden. Bei der Nummer 2 stellt sich die Frage, ob die Regelung nicht überflüssig ist. Der Beginn der Widerrufsfrist wird hier nämlich, wie schon durch die allgemeine Regelung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB, auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgelegt. Ihre Bedeutung liegt jedoch vielmehr darin, dass nicht die Sonderregelungen zum Verbrauchsgüterkauf unter Nummer 1 Anwendung finden sollen.246 Denn auch die leitungsgebundene Lieferung von Wasser und Gas ist unter den Verbrauchsgüterkauf zu fassen, hingegen wohl nicht die Lieferung von Elektrizität und Fernwärme.247 Nicht auf einem körperlichen Datenträger befindliche digitale Inhalte unterfallen jedenfalls dann dem Begriff des Verbrauchsgüterkaufs, wenn sie direkt vom Käufer auf einem Datenträger gespeichert werden sollen.248 Dies wäre aber besser durch eine Ausnahmeregelung gegenüber der Nummer 1 zum Ausdruck gekommen. Im Vorfeld besteht bereits das Bedürfnis den Begriff der beweglichen Sache im Sinne des § 474 BGB in Hinblick auf diese Problemfälle zu klären. Der Gesetzgeber hat sich bei § 356 Abs. 2 BGB jedoch stark am Wortlaut der entsprechend wortreichen Regelungen in Art. 9 Abs. 2 b) und c) VRRL orientiert. Auch die Regelungen in § 356a Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 BGB erscheinen in Hinblick auf die Umschreibung der Fehlerhaftigkeit der vorvertraglichen Information bzw. Widerrufsbelehrung unnötig detailliert. Zu denken ist hier stattdessen an ein Anknüpfen schlicht an eine ordnungsgemäße Information bzw. Widerrufsbelehrung. c) Fazit zur Einzelanalyse und Vergleich mit dem Haustürwiderrufsgesetz Alles in allem stellen die Regelungen zum Verbrauchervertrag und den besonderen Vertriebsformen, einschließlich der Vorschriften zum Widerruf den Leser sprachlich vor Herausforderungen. Viele Regelungen sind unübersichtlich und schwer verständlich, da äußerst lange und/oder verschachtelte Sätze verwendet werden. Häufig finden sich auch Nominalklammern, die die Lesbarkeit von Normen umso mehr beeinträchtigen, je weiter die Klammer ist. Das Bemühen um eine klarere Struktur durch die Verwendung numerischer Untergliederungen kann diese Probleme nicht ausgleichen. Positiv ist aber festzuhalten, dass auf Verb-Substantiv-Kombinationen weitgehend verzichtet wird. Allerdings finden sich anderweitig teilweise schwerfällig wirkende Substan-
246 247 248
BT-Drs. 17/12637, S. 61; Palandt-Grüneberg, § 356 Rn. 6. MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 10; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 474 Rn. 41 f. MüKoBGB-Lorenz, § 474 Rn. 10; Staudinger-Matusche-Beckmann, § 474 Rn. 44.
V. Analyse der Gesetzeslage
235
tivierungen und auch die üblichen altertümlich wirkenden Floskeln bleiben nicht aus.249 In den §§ 312 ff. BGB wird anders als in den §§ 355 ff. BGB vielfach von dem besonderen gesetzestechnischen Mittel der Legaldefinition Gebrauch gemacht.250 Dabei zeigen sich allerdings einige Probleme. So erfolgt die Verortung im Gesetz nicht immer konsequent und nachvollziehbar. Die Wahl des Definiendums ist bei mehreren Legaldefinitionen wenig gelungen und kann zu Folgeproblemen führen. Der schwerfällige Begriff der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge etwa führt zu Schwierigkeiten bei der Formulierung stillschweigender Verweisungen auf die Legaldefinition251 und trägt zu einer weiteren Verkomplizierung von Satzstrukturen252 bei. Auch der Umfang des Definiens geht nicht immer klar aus der Regelung hervor. Nachteilig auf die Verständlichkeit der Regelungen wirkt sich darüber hinaus der zahlreiche Gebrauch der Verweisungstechnik aus. Dies fällt bei §§ 312 ff. BGB vor allem bei den Regelungen zum Anwendungsbereich auf und gilt im Besonderen für die Normen der §§ 355 ff. BGB.253 Durch die Neuregelung des Widerrufs im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ist bei Letzteren zwar die Verweisung auf das Rücktrittsrecht entfallen. Es ist aber erneut ein umfangreiches Netz an Verweisungen entstanden, das die Vorschriften schwer lesbar macht. Bedingt ist dies durch die weitgehende Regelung der Informationspflichten und formalen Anforderungen im EGBGB, die Sonderregeln zum Widerrufsrecht bei bestimmten Vertragstypen, die an Vorschriften aus dem Schuldrecht BT anknüpfen, und durch zahlreiche interne Verweisungen im Rahmen der §§ 355 ff. BGB. Hierdurch entstehen auch Verweisungshäufungen und vor allem zum Teil äußerst lange Verweisungsketten. Hier, wie auch bei den §§ 312 ff. BGB, fallen zudem Formulierungsungenauigkeiten und uneinheitlich ausgestaltete Verweisungen auf, was zu Unsicherheiten führt. Gleiches gilt für die Verweisungsanalogien bei §§ 355 ff. BGB. Schließlich zeichnen sich insbesondere die §§ 312 ff. BGB durch zahlreiche Bestimmtheitsprobleme aus, die zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen können.254 Sowohl die Regelungen zum Verbrauchervertrag und den besonderen Vertriebsformen, als auch die Reglungen zum Widerruf sind deutlich kasuistisch ausgestaltet. Es finden sich vielfach Aufzählungen, Alternativen, Ausnahmen und Sonderregelungen.255 Insbesondere § 356 Abs. 2 BGB hätte deutlich allgemeiner formuliert werden können.256 249 250 251 252 253 254 255 256
Vgl. E. V. 1. a) aa) und b) aa). Vgl. dazu E. V. 1. a) bb) (1). Vgl. E. V. 1. a) bb) (2) (a) und b) bb) (2) (a). Vgl. E. V. 1. b) aa). Vgl. dazu E. V. 1. a) bb) (2) und b) bb) (2). Vgl. E. V. 1. a) cc) (1). Vgl. E. V. 1. a) cc) (2) und b) cc) (2). Vgl. E. V. 1. b) cc) (2).
236
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Wie gezeigt gehen viele dieser Besonderheiten ganz unmittelbar auf die europäischen Vorgaben zurück, da sich der nationale Gesetzgeber bezüglich der Formulierungen oftmals stark an diesen orientiert hat. Dies gilt in besonderem Maße für die Ausnahmekataloge der §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB257 und die Legaldefinitionen im Rahmen der §§ 312 ff. BGB.258 Das Haustürwiderrufsgesetz in seiner Originalfassung enthielt zwar manche der genannten Auffälligkeiten ansatzweise, war aber insgesamt deutlich übersichtlicher und besser verständlich als die heutigen Regelungen. Numerisch untergliederte Aufzählungen wurden bereits in §§ 1, 6 HWiG verwendet. § 1 Abs. 1 HWiG ähnelte von der Regelungstechnik her259 § 312b Abs. 1 S. 1 BGB, da durch die einzelnen Nummern der sachliche Anwendungsbereich festgelegt wurde. Diese numerisch untergliederte Aufzählung war allerdings erst zur Berücksichtigung der Entwicklungen auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit dem Erlass der Haustürwiderrufsrichtlinie in den Gesetzentwurf aufgenommen worden260 und somit seinerseits nicht frei von europäischem Einfluss. §§ 1 Abs. 2, 6 HWiG enthielten demgegenüber von Anfang an Ausnahmen bezogen auf das Widerrufsrecht bzw. den Anwendungsbereich allgemein, wie sie sich heute in Form von umfassenden Ausnahmekatalogen in §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB finden. Auch § 6 HWiG wurde jedoch zumindest auch mit Blick auf das Europarecht nochmals abgeändert261 und ging durch die Aufnahme des Ausnahmetatbestandes für Versicherungsverträge noch mehr in Richtung der heutigen Regelungen. Ansatzweise erkennbar war eine entsprechende Tendenz aber schon zuvor, wenngleich natürlich die damaligen Regelungen mit den heutigen vom Umfang her keinesfalls zu vergleichen sind. Aufzählungen fanden sich weiterhin schon im Zusammenhang mit der Wertersatzpflicht im § 3 HWiG oder bei der Klärung des Verhältnisses zu anderen Vorschriften in § 5 Abs. 2 HWiG. Verweisungen wurden natürlich auch schon im Haustürwiderrufsgesetz verwendet, ein derart umfangreiches und kompliziertes Netz von Verweisungen, wie vor allem bei den §§ 355 ff. BGB, sowie Formulierungsungenauigkeiten oder Uneinheitlichkeiten bei den Verweisungen fallen dort jedoch nicht ins Auge. Die Verweisungen hielten sich weitgehend innerhalb der wenigen Paragraphen des Haustürwiderrufsgesetzes, oft wurde sogar auf die unmittelbar vorangehende Regelung Bezug genommen.262 Die Außenverweisungen in § 5 Abs. 2 HWiG dienten lediglich der Klärung des Verhältnisses der Gesetze zueinander. Komplizierter war allerdings die Verweisung auf § 1b Abs. 5 AbzG in § 5 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 HWiG, 257
Vgl. E. V. 1. a) cc). Vgl. E. V. 1. a) bb) (1). 259 Inhaltlich ist der Begriff des Außergeschäftsraumvertrags nunmehr weiter als der des Haustürgeschäfts, vgl. dazu später, E. V. 3. b) bb) (1) (a). 260 BT-Drs. 10/2876, S. 9 f. 261 BT-Drs. 10/4210, S. 10. 262 Vgl. §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 2, 4, 5 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 Hs. 1, 7 Abs. 1 HWiG. 258
V. Analyse der Gesetzeslage
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wodurch eine Verweisungskette entstand.263 Dabei handelt es sich im Rahmen des Haustürwiderrufsgesetzes jedoch um einen Einzelfall. Außerdem waren die Satzstrukturen bei den Regelungen im Haustürwiderrufsgesetz insgesamt weniger kompliziert. Freilich gab es auch dort den ein oder anderen längeren Satz264 oder die ein oder andere längere Nominalklammer.265 Vom Umfang her ist dies aber nicht mit der heutigen Rechtslage vergleichbar und Verschachtelungen fanden sich nur ganz vereinzelt bis hin zu Nebensätzen zweiten Grades.266 Die Probleme der heutigen Regelungen sind also doch ganz überwiegend erst im Rahmen späterer Richtlinienumsetzung entstanden.
2. Systematik der Abschnitte in sich a) Äußere Systematik aa) Aufbau des Gesetzes Der Abschnitt im BGB zu den Verbraucherverträgen und den besonderen Vertriebsformen selbst umfasst mit den §§ 312 bis 312k BGB zwölf Paragraphen, die mit Ausnahme von § 312 BGB alle eine Buchstabenbezeichnung haben. Zusammen bilden sie den Untertitel 2 „Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen“ zu Buch 2 Abschnitt 3 Titel 1. Der Untertitel ist weiter untergliedert in vier Kapitel. Die meisten der Normen sind äußerst lang. Als Negativbeispiele sind vor allem die §§ 312, 312a BGB mit jeweils sechs weitgehend ebenfalls äußerst langen Absätzen zu nennen, wie auch § 312g BGB, der zwar nur aus drei Absätzen besteht, dessen zweiter Absatz aber äußerst umfangreich ist. Selbst die kürzeste, nur aus einem Absatz bestehende Norm, § 312e BGB, umfasst noch etwas mehr als sieben Zeilen im Bundesgesetzblatt. Insgesamt erstrecken sich die §§ 312 bis 312k BGB dort über circa fünf Seiten. Ergänzt werden die Regelungen durch die Vorschriften zur Ausgestaltung des Widerrufsrechts in den §§ 355 bis 361 BGB. Dieser Bereich umfasst dreizehn Pa263
Der Anwendungsbereich war bereits in § 5 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 HWiG selbst festgelegt, so dass die Weiterverweisung durch § 1b Abs. 5 S. 1 AbzG auf § 1a Abs. 4 AbzG irrelevant war. Die Verweisungskette entstand aber durch die Weiterverweisung bezüglich der Belehrung in § 1b Abs. 5 S. 5 AbzG. Dabei wird entgegen dem Wortlaut lediglich auf Absatz 3 verwiesen. Vgl. dazu MüKoBGB-Ulmer, 2. A., § 5 HausTWG Rn. 18, 22, § 1b AbzG Rn. 55. 264 Vgl. § 2 Abs. 1 S. 2, 3 Abs. 2, Abs. 3, 5 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 HWiG. Die Einfügung des Halbsatzes 2 in § 5 Abs. 3 S. 2 HWiG erfolgte allerdings wiederum mit Blick auf die Entwicklungen auf europäischer Ebene, BT-Drs. 10/4210, S. 10. 265 Vgl. „Eine auf den Abschluß eines Vertrags über eine entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung“ und „einer von der anderen Vertragspartei oder von einem Dritten zumindest auch in ihrem Interesse durchgeführten Freizeitveranstaltung“ in § 1 Abs. 1 HWiG; „eine drucktechnisch deutlich gestaltete schriftliche Belehrung“ in § 2 Abs. 1 S. 2 HWiG; „die auf die Sache gemachten notwendigen Aufwendungen“ in § 3 Abs. 4 HWiG. 266 Vgl. §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 2, 3 Abs. 2 HWiG.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
ragraphen, von denen sechs eine Buchstabenbezeichnung haben. Die Normen stellen den Untertitel 2 „Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen“ zu Buch 2 Abschnitt 3 Titel 5 dar. Eine weitere Untergliederung des Untertitels erfolgt nicht. Hier finden sich vor allem mit §§ 356, 357, 357a, 358 BGB ebenfalls äußerst lange Paragraphen. Auch im Übrigen sind die Vorschriften nicht gerade knapp gehalten, unter elf Zeilen Regelungstext im Bundesgesetzblatt bewegt sich keine einzige Norm. Zum Teil sind außerdem die Überschriften der Paragraphen ziemlich lang, so etwa bei §§ 356a, 357, 357b, 357c BGB. Insgesamt umfassen diese Regelungen mehr als vier Seiten im Bundesgesetzblatt. bb) Strukturierung der §§ 312 – 312k BGB (1) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312, 312a BGB In § 312 BGB wird der Anwendungsbereich der Kapitel 1 und 2 durch Absatz 1 zunächst in persönlicher und sachlicher Hinsicht generell positiv festgelegt. Dem folgen in den Absätzen 2 bis 6 zahlreiche Ausnahmetatbestände, die den sachlichen Anwendungsbereich betreffen. Gesprochen wird hier auch von sogenannten Bereichsausnahmen.267 Die Besonderheit besteht darin, dass diese nicht auf den ersten Blick erkennbar als Ausnahmen formuliert sind, da nicht negativ die Nichtanwendbarkeit bestimmter Normen angeordnet wird. Vielmehr wird jeweils positiv festgelegt, dass auf bestimmte Fälle nur einzelne, abschließend aufgezählte Normen anzuwenden sind. Letztlich schränkt dies aber den Anwendungsbereich der im Umkehrschluss nicht anzuwendenden Normen ein, so dass es sich im Ergebnis um Ausnahmetatbestände handelt.268 Die Ausnahmetatbestände sind uneinheitlich strukturiert, was nur zum Teil nachvollziehbar ist. In Absatz 2 erfordert die Vielzahl der auszunehmenden Verträge die numerische Aufzählung, anders als in den übrigen Absätzen. Dabei werden die Verträge teilweise inhaltlich umschrieben, teilweise sind die Abschlussmodalitäten, wie z. B. das Vorliegen eines Außergeschäftsraumvertrags oder eines Fernabsatzvertrags maßgeblich, teilweise sind beide Kriterien kombiniert.269 Diese Uneinheitlichkeit trägt zur Unübersichtlichkeit des Ausnahmekatalogs bei.270 Die numerische Aufzählung in Absatz 3 beinhaltet die anzuwendenden Vorschriften und ist unnötig ausschweifend. Wie gezeigt, hätte auch hier die schlichte Aufzählung der Normen ohne eine zusätzliche Beschreibung deren Inhalts ausgereicht.271 Zwar er267
Vgl. etwa Palandt-Grüneberg, § 312 Rn. 1. BT-Drs. 17/12637, S. 45 ff.; in diese Richtung auch Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 688; kritisch in Hinblick auf den Begriff der Bereichsausnahmen Ehmann/Forster, GWR 2014, 163, 164. 269 Eine inhaltliche Umschreibung findet sich z. B. in Nr. 2, auf die Abschlussmodalitäten wird in Nr. 9 abgestellt, beides wird etwa bei Nr. 4 relevant. 270 So auch Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 449. 271 Vgl. E. V. 1. a) bb) (2) (b). Ähnlich Kohler, GreifRecht 2014, 85, 87, der zumindest eine Zusammenfassung der Nummern 2 bis 5 befürwortet. 268
V. Analyse der Gesetzeslage
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leichtert die numerische Untergliederung die Verweisungen hinsichtlich der anzuwendenden Vorschriften in Absatz 4. In Absatz 4 Satz 1 hätte aber ohnehin eine Bezugnahme auf die in Absatz 3 genannten Vorschriften generell ausgereicht, da alle Nummern genannt werden. In Satz 2 könnten die maßgeblichen Vorschriften auch einfach direkt genannt werden, wie auch in den anderen Absätzen. Zwar würde die Regelung hierdurch etwas länger werden, was aber bei Absatz 3 eingespart würde. Außerdem könnte auch Absatz 4 Satz 2 in Angleichung an die anderen Ausnahmetatbestände positiv formuliert werden.272 Außerdem ist zu den sozialen Dienstleistungen des Absatzes 3 auch der Behandlungsvertrag gemäß § 630a BGB zu zählen, der jedoch in Absatz 2 unter Nr. 7 geregelt wird.273 Zwar sind auf diesen demnach nur die in § 312 Abs. 3 Nr. 2, 3, 4, 5 BGB genannten Vorschriften anwendbar. Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs wäre es dennoch übersichtlicher gewesen, den Behandlungsvertrag ebenfalls in Absatz 3 zu regeln, etwa als Satz 2, der diese Einschränkung zum Ausdruck bringt.274 Den Ausnahmetatbeständen liegen vor allem die Vorgaben aus Art. 3 Abs. 3 VRRL zu Grunde. Die Strukturierung dort ist allerdings viel einfacher als das Konstrukt des nationalen Gesetzgebers. Numerisch aufgezählt werden die einzelnen Verträge, die ausweislich des Einleitungssatzes vollständig vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind. Es handelt sich um einen klassischen Ausnahmetatbestand, bei dem die Nichtanwendbarkeit der Normen negativ angeordnet wird. Der nationale Gesetzgeber beabsichtigte jedoch eine überschießende Umsetzung der Richtlinie dahingehend, dass einzelne Vorschriften, namentlich die nunmehr in § 312a Abs. 1, 3, 4 und 6 BGB umgesetzten, generell und einzelne weitere Vorschriften zumindest in Teilbereichen der eigentlichen Ausnahmetatbestände anwendbar bleiben sollten. Einer solchen über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgehenden überschießenden Umsetzung steht der grundsätzlich vollharmonisierende Charakter einer Richtlinie nicht entgegen, so dass sich keine Bedenken bezüglich der Richtlinienkonformität ergeben.275 Die uneinheitliche Strukturierung der Ausnahmetatbestände der einzelnen Absätze und die umständliche positive Formulierung beruhen demnach letztlich auf einer eigenen Entscheidung des nationalen Gesetzgebers. Lediglich die uneinheitlichen Kriterien bei der Umschreibung der einzelnen Verträge in § 312 Abs. 2 BGB gehen zumindest auch auf die Richtlinienvorgaben zurück.276 272
Z. B. folgendermaßen: Auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat, nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 anzuwenden. 273 Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 20. 274 Z. B. folgendermaßen: Auf Behandlungsverträge ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 anzuwenden. Die Nennung von § 630a BGB kann unterbleiben, vgl. E. V. 1. a) bb) (2) (b). 275 Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 6; vgl. allgemein die Nachweise in A., Fn. 19. 276 Vgl. etwa die inhaltliche Umschreibung bei Art. 3 Abs. 3 e) VRRL und die Anknüpfung an die Abschlussmodalitäten bei Art. 3 Abs. 3 l) VRRL als Vorgabe für § 312 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 9 BGB. Die Kombination beider Kriterien in § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB beruht hingegen auf eigenen Erwägungen des nationalen Gesetzgebers, vgl. dazu später E. V. 2. b) aa) (2).
240
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
§ 312a BGB enthält Regelungen zu Verbraucherverträgen im Allgemeinen. Dabei betreffen die Regelungen des Paragraphen zwei verschiedene Themenbereiche, zum einen in den Absätzen 1 und 2 Informationspflichten im weiteren Sinn, zum anderen in den Absätzen 3 bis 6 Regelungen zu Zusatzentgelten. Eine gewisse Verzahnung erfolgt durch die Regelung zur Kostentragungspflicht in Absatz 2 Satz 2. Der Schwerpunkt dieser Vorschrift liegt jedoch bei den Informationspflichten, indem eine Konsequenz zu deren Einhaltung normiert wird. Von den Absätzen 3 bis 6 unterscheidet sie sich zudem dadurch, dass keine Regelung bezüglich der Vereinbarung selbst getroffen wird. Deshalb wäre es sinnvoll, den Regelungsgehalt des ziemlich umfangreichen § 312a BGB auf zwei Normen aufzuteilen. Bereits die aktuelle Überschrift „Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen; Grenzen der Vereinbarung von Entgelten“ mit dem Semikolon macht deutlich, dass es sich um zwei Regelungsbereiche handelt. Gleiches gilt für Absatz 6, der sich nur auf die Absätze 3 bis 5 bezieht. Die Absätze 1 und 2 könnten in einen Paragraphen mit der Überschrift „Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen“, die Absätze 3 bis 6 in einen Paragraphen mit der Überschrift „Grenzen der Vereinbarung von Entgelten“ eingestellt werden.277 In der Verbraucherrechterichtlinie sind die Vorgaben hingegen gänzlich verstreut.278 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312b – 312h BGB Aus dem Kapitel zu den Außergeschäftsraumverträgen und den Fernabsatzverträgen lohnt sich zunächst ein Blick auf die Strukturierung der §§ 312d, 312e BGB. § 312d BGB regelt die klassischen Informationspflichten bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen unter Verweisung auf das EGBGB. Die Rechtsfolgenanordnung der Erfüllung der Informationspflichten gemäß Absatz 1 Satz 2 gilt dabei für die Informationspflichten beider Absätze.279 Dies ergibt sich daraus, dass Absatz 2 eine Abweichung von Absatz 1 nur hinsichtlich des Umfangs der Informationspflichten anordnet. Deutlicher wäre dies jedoch geworden, wenn die das Verhältnis der Regelungen zueinander klarstellende Verweisung in Absatz 2 genauer formuliert worden wäre, nämlich mit „abweichend von Absatz 1 Satz 1“. Noch deutlicher wäre es, die Regelung in einen eigenen Absatz 3 einzustellen. § 312e BGB übernimmt die Regelung des § 312a Abs. 2 S. 2 BGB bezüglich der Folgen der Nichteinhaltung der Informationspflichten über zusätzliche Kosten nun für Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge, auf die § 312a Abs. 2 S. 2 BGB gemäß § 312a Abs. 2 S. 3 BGB nicht anwendbar ist. Geändert wurde lediglich die in Bezug genommene Norm zu den Informationspflichten. Anders als bei § 312a BGB findet sich diese Kostentragungsregelung nun nicht in derselben Norm wie die Informationspflichten, hier § 312d BGB, unmittelbar im Anschluss an diese, sondern 277 Ähnlich Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 28 f. zur entsprechenden Regelung des § 312c des Regierungsentwurfs. Absatz 6 wird dabei wohl übersehen. 278 Vgl. Art. 5, 8 Abs. 5, 19, 21, 22 VRRL; vgl. zudem Art. 3 Abs. 3 S. 1 a) FernFinRL. 279 Palandt-Grüneberg, § 312d Rn. 3.
V. Analyse der Gesetzeslage
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in einer gesonderten Norm. Angesichts der Tatsache, dass § 312d BGB zu den Informationspflichten bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen deutlich kürzer und übersichtlicher ist als § 312a BGB, ist dies nicht nachvollziehbar. Außerdem hätte durch eine Zusammenfassung der beiden Normen und eine entsprechende Strukturierung deutlicher herausgestellt werden können, dass die Kostentragungsregelung nicht auf Verträge über Finanzdienstleistungen anwendbar ist. Dies ergibt sich nun lediglich aus der Bezugnahme auf § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a EGBGB.280 Die europarechtliche Vorgabe findet sich in Art. 6 Abs. 6 VRRL und damit in der Norm, die auch die Informationspflichten anordnet. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte könnte eine einheitliche Norm folgendermaßen formuliert werden: Informationspflichten (1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten gemäß Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat. (2) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ist der Unternehmer abweichend von Absatz 1 verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. (3) Die in Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 und 2 gemachten Angaben des Unternehmers werden Inhalt des Vertrags, es sei denn, die Vertragsparteien haben ausdrücklich etwas anderes vereinbart.
Bei Betrachtung des § 312f BGB fällt auf, dass Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 2 den gleichen Regelungsgehalt haben, aber unterschiedlich formuliert sind. Die in Erfüllung der Informationspflichten gemachten Angaben des Unternehmers werden nach § 312d Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich Vertragsinhalt, so dass sie gemäß § 312f Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 BGB, in die Vertragsbestätigung aufzunehmen sind. Nun wird jeweils angeordnet, dass dies nicht erforderlich ist, wenn diese Informationen bereits vor Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wurden. In Absatz 1 Satz 3 geschieht dies durch die positive Anordnung, dass die Informationen nur aufzunehmen sind, wenn dies nicht erfolgt ist, wohingegen Absatz 2 Satz 2 allgemein die Pflicht zur Aufnahme der Informationen statuiert und die Ausnahme hiervon mit „es sei denn“ einleitet. Diese unterschiedlichen Nuancen spiegeln jedoch wider, dass die gesetzliche Ausgangssituation unterschiedlich ist. Bei Außergeschäftsraumverträgen besteht nämlich gemäß Art. 246a § 4 Abs. 2 EGBGB bereits die Pflicht, die vorvertraglichen Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Es stellt 280
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
also den gesetzlichen Regelfall dar, dass die Informationen nicht mehr in die Bestätigung aufgenommen werden müssen. Anders ist dies bei Fernabsatzverträgen, bei denen gemäß Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB keine solche Formvorgabe bei den vorvertraglichen Informationspflichten besteht.281 Bei § 312g BGB wird schließlich erneut von der Regel-Ausnahme-Technik ausgiebig Gebrauch gemacht. So enthält Absatz 2 zahlreiche Ausnahmen von dem durch Absatz 1 eingeräumten Widerrufsrecht bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen. Dabei handelt es sich um bestimmte Verträge, die weitgehend in erster Linie durch ihren Vertragsgegenstand gekennzeichnet werden.282 Im Übrigen spielt zumindest auch die Abschlusssituation eine Rolle oder die Form des Vertrags.283 Vereinzelt werden weitere Voraussetzungen für das Eingreifen des Ausnahmetatbestands aufgestellt, die nicht mehr den Vertragsschluss selbst betreffen.284 Diese Uneinheitlichkeit der Kriterien trägt nicht zur Übersichtlichkeit der Norm bei.285 Weiter verkompliziert wird der Ausnahmekatalog dadurch, dass einige Rückausnahmen von den Ausnahmetatbeständen vorgesehen sind. Diese werden bei den Nummern 7, 11 und 12 unmittelbar beim Ausnahmetatbestand mitgeregelt. Bei Nummer 9 hingegen wird im Ausnahmetatbestand selbst lediglich auf die Regelung der Rückausnahme hingewiesen, die in Satz 2 des Absatzes verortet ist. Diese Rückausnahme enthält dann seinerseits eine weitere Rückausnahme. Angesichts der Länge und der Verschachtelung dieser Rückausnahme wäre eine Integration in den Ausnahmetatbestand der Nummer 9 wohl auch noch unübersichtlicher geworden.286 Auch der Einleitungssatz selbst enthält bereits eine Ausnahme vom Nichtbestehen des Widerrufsrechts in den folgenden Tatbeständen für den Fall einer entsprechenden Parteivereinbarung. Dies ist genau genommen überflüssig. Parteivereinbarungen sind möglich, soweit nicht die zwingende Wirkung einer Norm angeordnet wurde. Eine solche Anordnung findet sich zwar in § 312k Abs. 1 S. 1 BGB, demnach sind aber nur Abweichungen zum Nachteil des Verbrauchers ausgeschlossen. Die Einräumung eines zusätzlichen Widerrufsrechts begünstigt diesen jedoch und ist damit ohnehin zulässig. Absatz 3 schließlich beinhaltet Ausnahmen für Fälle, bei denen dem Verbraucher bereits auf Grund anderer Vorschriften ein Widerrufsrecht zusteht. Die Regel-Ausnahme-Technik ist zum Teil in dem an dieser Stelle umgesetzten Art. 16 VRRL angelegt, der in h) und j) eben die Rückausnahmen des § 312g Abs. 2 281
Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 55. Vgl. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 9, Nr. 11, Nr. 12 BGB. 283 So in § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 10, Nr. 13 BGB und zum Teil zusätzlich in den anderen Nummern. 284 So in den Nummern 3, 4 und 6. Bei der Nummer 9 umschreibt der Konditionalsatz noch die Modalitäten des Vertrags selbst. Ähnliches gilt für Nummer 13 Hs. 2, der für notariell beurkundete Fernabsatzverträge zusätzliche Anforderungen an das Handeln des Notars im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stellt. 285 Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 449. 286 Allerdings ist die Regelung unnötig kompliziert formuliert, vgl. dazu später E. V. 2. b) aa) (2). 282
V. Analyse der Gesetzeslage
243
S. 1 Nr. 11 und Nr. 7 BGB vorgibt. Anders ist dies hinsichtlich der Ausnahmen des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 12 und Nr. 9 BGB. Die Richtlinie gibt hier gemäß Art. 3 Abs. 3 c) und g) VRRL einen generellen Ausschluss vom Anwendungsbereich der Richtlinie vor. Auch insoweit handelt es sich um eine zulässige überschießende Umsetzung der Richtlinie über ihren Anwendungsbereich hinaus.287 (3) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 312i, 312j BGB Die §§ 312i, 312j BGB enthalten die speziellen Regelungen zu der besonderen Vertriebsform des elektronischen Geschäftsverkehrs. § 312i BGB betrifft dabei Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr generell, das heißt gemäß Absatz 1 in Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich zwischen einem Unternehmer und einem Kunden, der nicht zwingend Verbraucher sein muss. § 312j BGB erfasst demgegenüber nur Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern. Dabei setzen die Absätze 2 bis 4 Verträge voraus, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers beinhalten. Dies wird in Absatz 2 Satz 1 explizit angeordnet, gilt aufgrund der Verweisungen auf Absatz 2 in Absatz 3 und 4 aber auch dort. Demnach behandelt § 312j BGB in Absatz 1 und in den Absätzen 2 bis 4 verschiedene Bereiche der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern. Dementsprechend hätten die Regelungen auch auf zwei Vorschriften aufgeteilt werden können. Auch der Ausnahmetatbestand des Absatzes 5 Satz 1 betrifft nur die Absätze 2 bis 4 und könnte ohne weiteres in die entsprechende Norm eingestellt werden. Der Ausnahmetatbestand des Absatzes 5 Satz 2 müsste in beiden Paragraphen geregelt werden. Zwingend ist die Aufspaltung sicher nicht, da durchaus ein sachlicher Zusammenhang der Regelungen besteht. Für sie spricht aber eine größere Übersichtlichkeit des Gesetzes, indem Abstufungen beim sachlichen Anwendungsbereich innerhalb einer, zudem relativ langen Norm vermieden werden. Auch die Verweisung auf einen Vertrag nach Absatz 2 in Absatz 3 könnte entfallen. Die Regelungen des § 312j BGB gehen auf Art. 8 Abs. 2, Abs. 3 VRRL zurück. Die europarechtlichen Vorgaben waren demnach ebenfalls innerhalb einer Norm geregelt, zugleich aber in die Regelung zu den formalen Anforderungen bei Fernabsatzverträgen eingestellt und damit ganz anders zugeordnet als im nationalen Recht. (4) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 312k BGB § 312k BGB schließlich betrifft alle Paragraphen des Untertitels zu den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen und den besonderen Vertriebsformen. Ins Auge fällt hier die ausdrückliche Normierung eines Umgehungsverbots in Absatz 1 Satz 2, die sich auch an anderen Stellen des BGB findet. Hierbei stellt sich wiederum die Frage,
287
Vgl. dazu die Nachweise bei E., Fn. 275 und A., Fn. 19.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
ob eine ausdrückliche Normierung überhaupt erforderlich war.288 Allerdings kann der Gesetzgeber durch ein explizites Umgehungsverbot sicherstellen, dass ihm nicht der Vorwurf einer unzureichenden Umsetzung von Art. 25 VRRL entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zur Umsetzung des Transparenzgebots im AGB-Recht289 gemacht wird. Insbesondere ist in Art. 25 UAbs. 2 VRRL von unmittelbarem und mittelbarem Verzicht die Rede, was als Ausdruck des Umgehungsverbots angesehen werden kann.290 Davon abgesehen wurde ein solches Umgehungsverbot bereits im Haustürwiderrufsgesetz in § 5 Abs. 1 HWiG explizit normiert. (5) Uneinheitlicher Anwendungsbereich Betrachtet man den Abschnitt der §§ 312 ff. BGB im Ganzen, so zeigen sich weitere Problempunkte. Dies gilt bereits für den Anwendungsbereich der Normen. Weder in persönlicher noch in sachlicher Hinsicht liegt dem Abschnitt insoweit ein einheitliches Konzept zu Grunde. Was den persönlichen Anwendungsbereich angeht, wird zwar weitgehend ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher vorausgesetzt, aber eben nicht bei allen Vorschriften. Dies deutet sich bereits in § 312 Abs. 1 BGB an. Die Norm legt ganz zu Beginn des Untertitels auch den persönlichen Anwendungsbereich fest, indem auf die Legaldefinition des Verbrauchervertrags in § 310 Abs. 3 BGB verwiesen wird. Ein solcher stellt demnach nämlich gerade einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher dar. Dies gilt aber ausdrücklich nur für die Vorschriften der Kapitel 1 und 2. Die Normen zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr des Kapitels 3 regeln ihren Anwendungsbereich selbst. § 312i Abs. 1 BGB bestimmt hierzu in persönlicher Hinsicht nur, dass ein Vertragspartner Unternehmer sein muss. Der andere Vertragspartner wird neutral mit dem Begriff des Kunden umschrieben. Es ist also nicht zwingend erforderlich, dass dieser Verbraucher ist. Erst § 312j BGB stellt das Erfordernis der Beteiligung eines Verbrauchers auf. Absatz 1 setzt einen elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern voraus. Absatz 2, auf den die Absätze 3 und 4 jeweils Bezug nehmen, verweist durch den Begriff des Verbrauchervertrags stillschweigend auf § 310 Abs. 3 BGB. Die einzige Vorschrift des 4. Kapitels, § 312k BGB, ordnet die einseitig zwingende Wirkung in Absatz 1 in Hinblick auf § 312i BGB auch zum Schutz des Kunden an. Durch § 312i Abs. 1 BGB wird also das Erfordernis eines Verbrauchervertrags in Hinblick auf den Anwendungsbereich des Abschnitts durchbrochen. Hierdurch werden nicht nur die Regelungen des Unter288 Vgl. dazu bereits im Verbrauchsgüterkaufrecht D. V. 5. a) bb) (1) und (2) mit D., Fn. 227. Speziell für § 312k Abs. 1 S. 2 BGB bzw. der entsprechenden Regelung in § 312j Abs. 1 S. 2 des Referentenentwurfs verneinend Dt. Notarverein, Stellungnahme v. 29. 10. 2012, S. 2 und HK-Schulte-Nölke, § 312k Rn. 1. 289 Vgl. dazu näher oben C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. 290 Anders der Dt. Notarverein, Stellungnahme v. 29. 10. 2012, S. 2, allerdings ohne auf die Vorgaben zum mittelbaren Verzicht in Art. 25 UAbs. 2 VRRL einzugehen.
V. Analyse der Gesetzeslage
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titels insoweit uneinheitlich, sondern dies gilt auch für die Untereinheit des Kapitels 3.291 Auch in sachlicher Hinsicht enthält der Untertitel schon kein einheitliches übergeordnetes Konzept. So werden nicht nur besondere Vertriebsformen geregelt. Dieses Element fehlt etwa bei § 312a Abs. 2 BGB, der ganz allgemein Informationspflichten bei Verbraucherverträgen statuiert, ohne dass Besonderheiten beim Vertragsabschluss vorausgesetzt werden. Gleiches gilt für § 312a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 BGB.292 Auch bezüglich des Elements des Verbrauchervertrags ist, sofern dieses eingreift, fraglich, ob sachlich durchgehend die gleichen Anforderungen gestellt werden. Gemäß der Definition in § 310 Abs. 3 BGB bestehen keine besonderen sachlichen Voraussetzungen. Dies wird durch § 312 Abs. 1 BGB für die Kapitel 1 und 2 des Untertitels jedoch modifiziert, wonach eine entgeltliche Leistung des Unternehmers Vertragsgegenstand sein muss. Dieses Kriterium wird in § 312j Abs. 2 BGB und damit über die Verweisung auch in § 312j Abs. 3 und 4 BGB wiederaufgegriffen. Unklar ist dies allerdings bei § 312j Abs. 1 BGB, der lediglich vom elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern spricht, zumal auch die Definition des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr in § 312i Abs. 1 BGB keine solche Voraussetzung statuiert. Eine entsprechende sachliche Beschränkung könnte der Norm allenfalls inzident entnommen werden, da sie eine Pflicht zur Angabe der zulässigen Zahlungsmittel festlegt, und aufgrund dieses Erfordernisses in den anderen Absätzen der Norm.293 Zwingend ist dies meines Erachtens jedoch nicht. Jedenfalls ist die Norm auch bei unentgeltlichen Verbraucherverträgen nicht gegenstandslos, da zumindest die Angabe von Lieferbeschränkungen hier durchaus Sinn macht und das Entgeltlichkeitserfordernis wird gerade erst im nachfolgenden Absatz statuiert. Die Gesetzesbegründung äußert sich zu der Frage nicht ausdrücklich. Allerdings ist in Hinblick auf die Regelung des § 312j Abs. 2 BGB von entgeltlichen Verbraucherverträgen die Rede und demgegenüber bezüglich § 312j Abs. 1 BGB schlicht von Verbraucherverträgen, was eher gegen eine solche Einschränkung spricht.294 Die Richtlinienvorgaben bedingen jedenfalls kein anderes Ergebnis, da Art. 8 Abs. 3 VRRL und auch die Definition des Fernabsatzvertrages in Art. 2 Nr. 7 VRRL, dem die Vorgaben nach der Richtlinie zugeordnet sind, keine solche Einschränkung enthalten. Überhaupt macht es sich der nationale Gesetzgeber mit dem Erfordernis eines entgeltlichen Verbrauchervertrags auch in § 312 Abs. 1 BGB 291
Dementsprechend hält DAV, Stellungnahme Nr. 26/2013, S. 3 bereits die Verortung der Button-Lösung in § 312g Abs. 3, 4 BGB a.F. im Zuge der vorweggenommenen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie für eine Systemwidrigkeit, die im Zuge des Umsetzungsgesetzes zur Verbraucherrechterichtlinie nicht korrigiert wurde. Warum § 312g Abs. 2 BGB a.F. unerwähnt bleibt, ist unklar. 292 § 312a Abs. 1, Abs. 5 BGB setzen zumindest bestimmte Situationen voraus und § 312a Abs. 3 S. 2 BGB knüpft an die besondere Vertriebsform des elektronischen Geschäftsverkehrs an. 293 So BeckOK-Maume (01. 11. 2014), § 312j Rn. 4; im Ergebnis auch Palandt-Grüneberg, § 312j Rn. 3. 294 BT-Drs. 17/12637, S. 58 zu § 312i BGB-E.
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unnötig schwer und setzt sich vielmehr dem Vorwurf einer europarechtswidrigen Umsetzung aus. Er begründet diese Einschränkung mit der Schutzrichtung der Regelungen und mit den Definitionen des Kaufvertrags und des Dienstleistungsvertrags in Art. 2 Nr. 5, Nr. 6 VRRL, die ein Entgeltlichkeitselement enthalten.295 Die Definitionen der Außergeschäftsraumverträge und der Fernabsatzverträge in Art. 2 Nr. 7, Nr. 8 VRRL enthalten ein solches jedoch gerade nicht und knüpfen auch nicht an den Kauf- und/oder Dienstleistungsvertrag an. Freilich nehmen andere Richtlinienvorschriften, wie z. B. Art. 9 VRRL, darauf Bezug,296 allerdings jeweils nur im Einzelfall. Eine generelle Einschränkung des Anwendungsbereichs ist damit nicht verbunden.297 Die Überschriften von Untertitel 2 und Kapitel 1 lassen eine Einschränkung auf Verbraucherverträge über entgeltliche Leistungen des Unternehmers nicht erkennen. Jedenfalls bei Kapitel 1, welches sich definitiv nur auf diese bestimmten Verbraucherverträge bezieht, ist diese daher wenig gelungen. Weiterhin sind die speziellen Regelungen zu der besonderen Vertriebsform des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr nicht ausschließlich in Kapitel 3 verortet. Eine an diesem Merkmal anknüpfende Sonderregelung findet sich auch in § 312a Abs. 3 S. 2 BGB.298 Äußerst unübersichtlich wird der Anwendungsbereich der einzelnen Normen darüber hinaus durch die zahlreichen Ausnahmetatbestände, die zudem unterschiedlich ausgestaltet und verortet werden. So finden sich zunächst zahlreiche Ausnahmen in § 312 Abs. 2 bis 6 BGB.299 Wie gezeigt, folgen diese inhaltlich und formal keinem einheitlichen Schema.300 Sie bewirken keinen kompletten Anwendungsausschluss, sondern schließen nur die Anwendbarkeit einzelner Normen aus. Ein weiterer umfangreicher Ausnahmekatalog ist in § 312g Abs. 2 BGB verortet. Er bezieht sich nur auf das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und Außergeschäftsraumverträgen. Schließlich enthalten weitere Sachregelungen punktuelle Ausnahmetatbestände, die nicht überlesen werden dürfen. Vor allem auch bei der Anwendbarkeit auf Verträge über Finanzdienstleistungen ist demnach Vorsicht geboten. Bereits bei den Ausnahmetatbeständen in § 312 BGB und auch § 312g Abs. 2 S. 1 BGB wird zum Teil daran angeknüpft und einige der punktuellen Ausnahmen bei den einzelnen Normen betreffen diesen Bereich.301 Besonders intransparent ist 295
BT-Drs. 17/12637, S. 45. Dies führen etwa Ehmann/Forster, GWR 2014, 163, 163 f. zur Rechtfertigung an, erachten aber dennoch eine richtlinienkonforme weite Auslegung, wie auch Palandt-Grüneberg, § 312 Rn. 3, für geboten. 297 Im Ergebnis ebenso Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 28; kritisch auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 580. 298 Kritisch zur Verortung der Regelung Ehmann/Forster, GWR 2014, 163, 166. 299 Von einem „Weg durch das Labyrinth“ spricht Kohler, GreifRecht 2014, 85, 86 bezogen auf die Regelung des Anwendungsbereichs in § 312 BGB. 300 Vgl. E. V. 2. a) bb) (1). 301 Vgl. §§ 312 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, 312a Abs. 2 S. 3, 312f Abs. 4, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 13, 312j Abs. 5 S. 2 BGB. 296
V. Analyse der Gesetzeslage
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dabei § 312e BGB, bei dem die Ausnahme für Verträge über Finanzdienstleistungen nicht offen ausgesprochen wird, sondern sich nur inzident aus den in Bezug genommenen Regelungen ergibt.302 Auch die eigentlich allgemein auf Verbraucherverträge anzuwendende Norm des § 312a BGB ist über die Ausnahmen des § 312 BGB hinaus nicht uneingeschränkt anwendbar. § 312a Abs. 2 S. 3 BGB schließt die Anwendbarkeit von § 312a Abs. 2 S. 1 und 2 BGB nicht nur für Verträge über Finanzdienstleistungen aus, sondern auch für Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge. Hintergrund ist, dass §§ 312d, 312e BGB insoweit Sonderregelungen enthalten. Alles in allem ist der Anwendungsbereich der Normen der §§ 312 ff. BGB mithin äußerst diffizil gestaffelt und schwer überschaubar geregelt.303 Um zumindest das Problem des unterschiedlichen persönlichen Anwendungsbereichs übersichtlicher zu gestalten, wurde vorgeschlagen, einen eigenen Untertitel zum elektronischen Geschäftsverkehr vor dem jetzigen Untertitel 2 zu den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen und besonderen Vertriebsformen einzustellen.304 Die Regelungen des § 312j BGB sollten nicht dort, sondern stattdessen bei den Vorschriften zum Fernabsatzvertrag verortet werden, wie dies schließlich auch bei den europäischen Vorgaben in Art. 8 Abs. 2 und 3 VRRL der Fall ist.305 So würde der jetzige Untertitel einheitlich einen Verbrauchervertrag voraussetzen und der neu eingefügte Untertitel zum elektronischen Geschäftsverkehr hätte ebenfalls einen einheitlichen weiter gefassten persönlichen Anwendungsbereich. Allerdings engt eine Anknüpfung an das Merkmal des Fernabsatzvertrages zusätzlich zu dem des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr den Anwendungsbereich der Regelungen des § 312j BGB weiter ein, da nicht zwingend jeder Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zugleich ein Fernabsatzvertrag ist. Damit handelt es sich um eine rechtspolitische Frage, die vorab vom Gesetzgeber zu beantworten ist. (6) Stellung des § 312h BGB Ein weiteres Problem stellt die Verortung des § 312h BGB in dem Kapitel zu den Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen dar. Dabei hängt die richtige Stellung der Norm davon ab, wie die Verweisung „wird zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher nach diesem Untertitel ein Dauerschuldverhältnis begründet“306 letztlich zu verstehen ist.307 Nimmt man diese wörtlich, so betrifft die Regelung nicht nur Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge, sondern ganz allgemein gemäß § 312 Abs. 1 BGB 302 303 304 305 306 307
Vgl. dazu schon oben E. V. 2. a) bb) (2). So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 580 mit Blick allein auf § 312 BGB. DAV, Zusammenfassung, S. 4. DAV, Stellungnahme Nr. 26/2013, S. 3 f.; ders., Zusammenfassung, S. 4. Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. Vgl. zu dieser Problematik bereits oben E. V. 1. a) bb) (2) (b).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
entgeltliche Verbraucherverträge. Sie wäre daher in Kapitel 1 zu den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen einzustellen. Fraglich ist dann nur, ob das Anknüpfen an entgeltliche Verträge auch für den Bereich der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr passt, wo diese Voraussetzung vom Grundsatz her nicht aufgestellt wird.308 Die Uneinheitlichkeit der sachlichen Grundkonzeption des Abschnitts würde also zu weiteren Problemen führen. Sollte die Norm entsprechend der aktuellen Verortung nur bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen einschlägig sein, so wäre sie an ihrem Standort zu belassen. Es müsste allerdings der Verweisungsausspruch angepasst werden. Sollte sich ihr Anwendungsbereich, wie nach alter Rechtslage, zudem auf Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr erstrecken, wird die Verortung schwierig. Normen, die sowohl Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge als auch Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr betreffen, finden sich bislang in den §§ 312 ff. BGB nicht. Die Norm könnte für die Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge unter entsprechender Anpassung des Verweisungsausspruchs an ihrem jetzigen Standort belassen werden und zusätzlich ein Paragraph in Kapitel 3 eingefügt werden, der § 312h BGB für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr für anwendbar erklärt. (7) Die Regelung von Informationspflichten und formalen Anforderungen Auch bei der Regelung von Informationspflichten und formalen Anforderungen verfolgt der Gesetzgeber nicht konsequent ein einheitliches Konzept. Weitgehend werden die Informationspflichten in den §§ 312 ff. BGB lediglich vom Grundsatz her angeordnet. Die nähere Ausgestaltung erfolgt im EGBGB, auf dessen einschlägige Vorschriften verwiesen wird. So verweist § 312a Abs. 2 S. 1 BGB allgemein für Verbraucherverträge auf Art. 246 EGBGB, § 312d Abs. 1 S. 1 BGB für Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, auf Art. 246a EGBGB und § 312d Abs. 2 BGB für Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen auf Art. 246b EGBGB. Dort werden die Informationspflichten nicht nur inhaltlich näher umschrieben, sondern auch formale Anforderungen aufgestellt, wie, dass die Informationen klar und verständlich erfolgen müssen,309 in Papierform oder auf einem dauerhaften Datenträger310 oder dass auf eine Musterbelehrung zurückgegriffen werden kann.311 Bereits § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr weicht hiervon ab, da zwar zur inhaltlichen Ausgestaltung auf Art. 246c EGBGB verwiesen wird, die formalen Anforderungen einer klaren und 308 309 310 311
Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (5). Vgl. Art. 246 § 1 Abs. 1, 246a § 4 Abs. 1, Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB. Vgl. Art. 246a § 4 Abs. 2, 246b § 2 Abs. 1 EGBGB. Vgl. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2, 246b § 2 Abs. 3 EGBGB.
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verständlichen Mitteilung rechtzeitig vor Abgabe der Bestellung aber im BGB selbst geregelt werden. Daneben finden sich in den §§ 312 ff. BGB weitere Vorschriften, die Informationspflichten nicht nur anordnen, sondern bereits selbst deren Inhalt festlegen und formale Anforderungen stellen. Dies gilt etwa für die Ausgestaltung der Pflicht zur Erteilung von Abschriften und Bestätigungen in § 312f BGB,312 aber auch für § 312i Abs. 1 BGB im Übrigen und § 312j BGB. Auch in diesem Bereich ist die Gesetzesstruktur demnach unübersichtlich und wenig nachvollziehbar.313 (8) Mehrfachregelungen Gesetzestechnisch wenig gelungen sind im Wesentlichen gleiche Regelungen, die aber in den verschiedenen Anwendungsbereichen jeweils gesondert ausgesprochen werden. Dies läuft dem Gebot der Kürze zuwider. Vorzugswürdig erscheint es bei diesen Fällen grundsätzlich die Regelungen vor die Klammer zu ziehen und in einer allgemeinen für alle Anwendungsfälle einschlägigen Vorschrift zu verorten. Im Bereich der §§ 312 ff. BGB betrifft dies zunächst die Regelungen zur Ergänzung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Seiten des Unternehmers in §§ 312b Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 312c Abs. 1 BGB. Geregelt wird der Einsatz von Hilfspersonen auf Seiten des Unternehmers bei den besonderen Abschlusssituationen des Außergeschäftsraum- und des Fernabsatzvertrags. Denkbar wäre hier auch eine einheitliche für beide besondere Vertriebsformen geltende Norm im Anschluss an die beiden Definitionsnormen gewesen. Durch eine ausdrückliche Bezugnahme auch des § 312b Abs. 2 BGB hätte die Erweiterung hinsichtlich der Geschäftsräume hinreichend verdeutlicht werden können, ohne dass eine gesonderte Regelung erforderlich gewesen wäre. Eine entsprechende Regelung enthält außerdem § 312a Abs. 1 BGB für Telefonanrufe zum Zweck eines Vertragsschlusses im Bereich der Verbraucherverträge im Allgemeinen. Insofern könnte also eine allgemeine Regelung hierzu in das Kapitel 1 zum Anwendungsbereich und den Grundsätzen bei Verbraucherverträgen eingestellt werden, was allerdings die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Seiten des Unternehmers auf die übrigen Regelungen bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen ausdehnen würde. Der Richtliniengesetzgeber ist einen Weg gegangen, der tatsächlich eher der Regelungstechnik des BGB entspricht. Er hat die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Seiten des Unternehmers vor die Klammer gezogen und bereits in der Definition des Unternehmerbegriffs in Art. 2 Nr. 2 VRRL verortet. Dem ist der nationale Gesetzgeber nicht gefolgt. Angesichts des großen Anwendungsbereichs des § 14 BGB wäre ein derart weitgehendes Vor-die-Klammer-Ziehen im BGB allerdings auch mit deutlich umfassenderen Auswirkungen verbunden gewesen.
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Auch hierbei handelt es sich letztlich um Informationspflichten, so auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 581. 313 So auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 6; Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 689; DAV, Stellungnahme Nr. 26/2013, S. 5; ders., Zusammenfassung, S. 2.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Die Regelungen zum Einsatz von Hilfspersonen sind meines Erachtens auch nicht gänzlich überflüssig.314 Für den Fall des Handelns eines Stellvertreters enthält das Gesetz keine unmittelbar einschlägige Zurechnungsnorm. § 166 BGB regelt nur die Zurechnung von Willensmängeln oder Wissenselementen, betrifft damit jedoch nicht das tatsächliche Handeln im Rahmen einer besonderen Abschlusssituation. Allerdings kann man insofern auf den hinter der Norm stehenden Rechtsgedanken abstellen, wonach es gemäß § 166 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf die Person des Vertreters ankommt.315 Erfasst sind von den in Frage stehenden Regelungen aber nicht nur Vertreter des Unternehmers, sondern auch sonstige Hilfspersonen, für die sich ebenfalls keine unmittelbar einschlägigen gesetzlichen Zurechnungsnormen finden lassen.316 Dementsprechend bediente sich der BGH bezüglich des bisherigen Haustürwiderrufrechts für die Zurechnung der Haustürsituation der Grundsätze, die zur Zurechnung der Täuschung i.R.d. § 123 BGB entwickelt worden waren.317 Auf einen möglichen Rückgriff auf die Auslegung des § 123 BGB war bereits in den Gesetzesmaterialien zum Haustürwiderrufsgesetz hingewiesen worden.318 Der EuGH ist dem für den Bereich des § 123 Abs. 2 BGB entgegengetreten. Auch bei Dritten i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB musste demnach eine Zurechnung der Haustürsituation ohne die subjektive Komponente der Kenntnis oder des Kennenmüssens der Haustürsituation beim Unternehmer erfolgen.319 Diesen Vorgaben des EuGH folgte der BGH anschließend ohne jedoch einen dogmatischen Anknüpfungspunkt hierfür zu nennen.320 Die Rechtsprechung betraf nur den Bereich der Haustürgeschäfte, wenngleich natürlich Überlegungen angestellt wurden, ob dem ein allgemeiner Grundsatz auch für Fernabsatzverträge zu entnehmen sei.321 Zudem ist überhaupt nicht klar, ob sie auf die neue Rechtslage übertragen werden kann. Das Merkmal des Bestimmtwerdens bei der Haustürsituation etwa, an dem der Gesetzgeber das 314 So aber DAV, Zusammenfassung, S. 10 für den Fernabsatzvertrag und § 312a Abs. 1 BGB, damals noch § 312c Abs. 1 BGB-E; Erman-Koch, § 312b Rn. 27 für den Außergeschäftsraumvertrag. 315 BGHZ 144, 223, 227 f.; MüKoBGB-Schramm, § 166 Rn. 48 mit Fn. 1; StaudingerSchilken, § 166 Rn. 9 jeweils zur alten Rechtslage m.w.N. 316 DAV, Zusammenfassung, S. 10 scheint nur die Stellvertretung und die mittelbare Stellvertretung als von den Regelungen erfasst anzusehen. Beim Fernabsatzvertrag spricht aber nichts dagegen, dass während der Vertragsverhandlungen auch Personen eingesetzt werden können, die weder Stellvertreter des Unternehmers sind, noch selbst Vertragspartner werden, mithin auch keine mittelbaren Stellvertreter sind. Ebenso könnte beim Außergeschäftsraumvertrag meines Erachtens etwa bei § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB ein Beauftragter, der nicht Stellvertreter des Unternehmers ist, das Ansprechen übernehmen, wohingegen der eigentliche Vertragsschluss dann mit dem Unternehmer selbst erfolgt. 317 BGH ZIP 2003, 22, 24 f.; BGH ZIP 2003, 1741, 1743; so auch die h.L., vgl. StaudingerThüsing, § 312 Rn. 62 m.w.N. 318 BT-Drs. 10/2876, S. 11. 319 EuGH, Urt. v. 25. 10. 2005, Rs. C-229/04 (Crailsheimer Volksbank), Slg. 2005, I-9273, Rn. 41 ff. = NJW 2005, 3555. 320 BGH NJW 2006, 497, 498; BGH NJW 2006, 1340, 1341; BGH NZM 2007, 60. 321 Rott, in: FS Stauder, S. 405, 414 f.; dem folgend MüKoBGB-Micklitz, § 14 Rn. 15.
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Heranziehen der Grundsätze zu § 123 BGB angeknüpft hatte, findet sich so in der Definition der Außergeschäftsraumverträge gemäß § 312b BGB nicht wieder. In Hinblick auf die Schaffung von Rechtssicherheit ist eine explizite Regelung daher zu begrüßen. Angesichts der europarechtlichen Vorgaben in Art. 2 Nr. 2 VRRL ist eine klare Umsetzung zudem selbst bezogen auf die Stellvertretung geboten, um dem Vorwurf einer unzureichenden Umsetzung entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zur Umsetzung des Transparenzgebots im AGB-Recht322 zu entgehen. Etwas unklar bleibt aber leider der Umfang der Zurechnung des Handelns Dritter. So war auch im Anschluss an die genannte EuGH-Rechtsprechung weiter diskutiert worden, inwieweit eine wirtschaftliche Beziehung zwischen dem handelnden Dritten und dem Unternehmer vorliegen musste, um eine solche Zurechnung auszulösen.323 Insoweit bleiben auch die Neuregelungen eine Antwort schuldig. Ein Dritter kann auch ohne jegliches Zutun des Unternehmers in dessen Namen auftreten. Vom Wortlaut her nahezu identisch, mit Ausnahme der in Bezug genommenen Vorschriften, sind auch § 312a Abs. 2 S. 1 BGB und § 312d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, die die Informationspflichten des Unternehmers regeln. In besonderem Maße gilt dies zudem für die damit in Zusammenhang stehenden Kostentragungsregelungen der §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB.324 Bedingt sind diese nahezu identischen Regelungen in den verschiedenen Anwendungsbereichen des Abschnitts zum einen dadurch, dass die Informationspflichten für Verbraucherverträge, Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge und Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen im EGBGB in Umsetzung der jeweiligen europarechtlichen Vorgaben325 jeweils detailliert unterschiedlich geregelt sind, so dass hier unterschiedliche Anknüpfungspunkte bestehen. Dem könnte man Rechnung tragen, indem die Regelung bei den allgemeinen Pflichten bei Verbraucherverträgen allgemeiner ausgestaltet und Informationspflichten mit einer Rechtsgrundverweisung auf die Art. 246 bis 246b EGBGB angeordnet werden.326 Allerdings müssten dort noch Vorschriften zur Klärung des Verhältnisses der Informationspflichten zueinander eingefügt werden, was nun durch § 312a Abs. 2 S. 3 BGB und durch die Formel „abweichend von Absatz 1“ in § 312d Abs. 2 BGB erfolgt. Auch die Kostentragungsregelung könnte man im Anschluss daran für beide Bereiche regeln.327 322
Vgl. dazu näher oben C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. BGH NJW-RR 2009, 836, 837; Staudinger-Thüsing, § 312 Rn. 67 ff. jeweils m.w.N. 324 Auch Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 25 erwog daher eine Zusammenfassung von § 312e BGB und § 312a Abs. 2 S. 2 BGB, damals noch § 312c Abs. 2 S. 2 BGB-E, zu einer Norm. 325 Vgl. nur Art. 5, 6 VRRL, Art. 3 FinFARL. 326 Noch weitergehend forderte DAV, Zusammenfassung, S. 2 f. ein Vor-die-KlammerZiehen übereinstimmender Informationspflichten und formaler Anforderungen. 327 Z. B. folgendermaßen: Bestehen Informationspflichten i.S.d. Satzes 1 über Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten gemäß Art. 246 Absatz 1 Nummer 3 oder Art. 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, so kann der Unternehmer diese Kosten nur verlangen, soweit er diese Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher eingehalten hat. 323
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Darüber hinaus findet sich in § 312a Abs. 2 BGB aber keine dem § 312d Abs. 1 S. 2 BGB vergleichbare Regelung. Diesbezüglich könnte man jedoch eine Erweiterung der Vorschrift auch auf Verbraucherverträge allgemein in überschießender Richtlinienumsetzung erwägen, wie sie der nationale Gesetzgeber bereits hinsichtlich der Kostentragungspflicht vorgenommen hat.328 Trotz aller gemeinsamen Aspekte machen die bestehenden feinen Unterschiede eine einheitliche Regelung äußerst schwer. Die Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr wären angesichts ihres uneinheitlichen persönlichen Anwendungsbereichs zudem kaum einzugliedern. Auch im Kapitel zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr finden sich zwei mit Ausnahme der in Bezug genommenen Regelungen identische Vorschriften in §§ 312i Abs. 2 S. 1, 312j Abs. 5 S. 1 BGB. Um dies zu vermeiden, könnte eine zentrale Norm zu den Ausnahmen von der Anwendbarkeit einzelner Regelungen der §§ 312i, 312j BGB geschaffen werden. Die genannte Ausnahme bei Vertragsschluss durch individuelle Kommunikation könnte hier einheitlich geregelt werden, ebenso wie die teilweisen Anwendungsausschlüsse bei Parteidisposition gemäß § 312i Abs. 2 S. 2 BGB und bei Finanzdienstleistungen gemäß § 312j Abs. 5 S. 2 BGB. Dies hätte den Vorteil, die Regelungen der §§ 312i, 312j BGB etwas zu entlasten. Der aktuellen Fassung ist aber zuzugeben, dass die Gefahr, diese zu übersehen, geringer ist, wenn die Anwendungsausschlüsse in unmittelbarer Nähe zur Sachregelung verortet werden. cc) Strukturierung der §§ 355 – 361 BGB (1) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 355 BGB Bei den Vorschriften zur Ausgestaltung des Widerrufsrechts in den §§ 355 bis 361 BGB stellt § 355 BGB die Grundnorm dar. Dabei werden in Absatz 1 Satz 1 ganz grundsätzlich die Rechtswirkungen und die Grundvoraussetzungen des Widerrufs festgelegt. Diese Regelung bildet auch den Anknüpfungspunkt für die rechtliche Einordnung des Widerrufs. Nach der alten Rechtslage lag dem Verbraucherwiderruf seit Einführung des § 361a BGB a.F. in Anlehnung an § 4 Abs. 1 S. 1 FernUSG a.F. laut Gesetzesbegründung die Konstruktion einer schwebenden Wirksamkeit von Willenserklärung und Vertrag während des Laufs der Widerrufsfrist zu Grunde.329 Die Notwendigkeit einer solchen Konstruktion wurde allerdings teilweise abgelehnt, da der Vertrag zunächst schlicht
328 So Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 24 f. Dabei handelt es sich letztlich aber um eine rechtspolitische Frage, die der Gesetzgeber beantworten muss. 329 BT-Drs. 14/2658, S. 47; ebenso z. B. von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1362; vgl. auch die weiteren Nachweise bei Staudinger-Kaiser, § 355 Rn. 23; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 392 f. bevorzugt den Begriff der „vernichtbare[n] Wirksamkeit“.
V. Analyse der Gesetzeslage
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voll wirksam sei, was durch den Widerruf ex nunc beseitigt wird.330 Unabhängig von diesen theoretischen Feinheiten wurde der Widerruf jedenfalls ganz überwiegend als Gestaltungsrecht eingeordnet, das dem Rücktritt sehr ähnlich war bzw. einen besonderen Fall des Rücktrittsrechts darstellte.331 Eine andere Ansicht betonte hingegen die Nähe des Widerrufs zur Anfechtung und maß dem Widerruf nach § 355 BGB dementsprechend eine ex-tunc-Wirkung zu.332 Gegen eine solche Rückwirkung sprach allerdings der Wortlaut des § 355 BGB, wonach der Verbraucher an seine Willenserklärung nicht mehr gebunden war, wenn er sie widerrufen hat, sowie der systematische Zusammenhang mit dem Rücktrittsrecht durch die Stellung der Regelung im Gesetz und die Verweisung auf das Rücktrittsrecht bezüglich der Rechtsfolgen.333 Durch die spezielle Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs nach Vorbild des Rücktritts statt eines Rückgriffs auf das Bereicherungsrecht wurde der Widerruf rechtstechnisch in die Nähe des Rücktritts und nicht der Anfechtung gerückt, unabhängig davon, ob der Gesetzgeber nun durch die Verortung der Regelung und die Verweisung auf das Rücktrittsrecht eine Aussage über die Rechtnatur des Widerrufsrechts treffen wollte oder nicht.334 Schließlich konnte aus der Tatsache, dass anders als bei der Anfechtung in § 142 Abs. 1 BGB im Gesetz beim Verbraucherwiderruf keine explizite Anordnung einer Rückwirkung erfolgte, der Gegenschluss gezogen werden, dass eine solche Wirkung nicht beabsichtigt war.335 Im Wesentlichen ändert sich meines Erachtens auch durch die Neufassung des Widerrufsrechts in den §§ 355 ff. BGB nichts an dieser rechtlichen Einordnung der Wirkungen des Widerrufs.336 Die Formulierung „nicht mehr gebunden“, aus der sich die (schwebende) Wirksamkeit von Willenserklärung und Vertrag während der Widerrufsfrist herleitet, wurde gerade beibehalten. Lediglich klarstellend wurde sie auf beide Vertragsparteien bezogen.337 Eine explizite Anordnung einer Rückwirkung findet sich nach wie vor nicht. Allerdings wurde die Anlehnung an den Rücktritt gelockert, da die Rechtsfolgen des Widerrufs nunmehr eigenständig geregelt werden 330 Meller-Hannich, S. 159 f.; Palandt-Grüneberg, § 355 Rn. 2; Staudinger-Kaiser, § 355 Rn. 23; wohl ebenso OLG Koblenz, NJW 2006, 919, 921 allerdings unter Vermengung der Begriffe der schwebenden Wirksamkeit und der schwebenden Unwirksamkeit. 331 Statt Vieler BGH NJW-RR 2004, 1058, 1059; BGHZ 189, 196, 206; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2052; von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1362; Meller-Hannich, S. 159; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 393; MüKoBGB-Masuch, § 355 Rn. 36; Palandt-Grüneberg, § 355 Rn. 2; Staudinger-Kaiser, § 355 Rn. 24 f. 332 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 27; in diese Richtung auch Gernhuber, WM 1998, 1797, 1804, der von einer ex-tunc-Wirkung des Widerrufs ausgehend, die teilweise Vergleichbarkeit mit dem Anfechtungsrecht begründet. 333 von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1364; zu § 361a BGB a.F. Lorenz, JuS 2000, 833, 835 und Mankowski, WM 2001, 833, 842 f. 334 Insoweit zweifelnd Reiner, AcP 203 (2003), 1, 32 f.; vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 47. 335 Mankowski, WM 2001, 833, 842 f. 336 So stillschweigend auch Erman-Koch, § 355 Rn. 4 und Palandt-Grüneberg, § 355 Rn. 2 ff.; Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 24 prophezeit hingegen eine Wiederbelebung der Diskussion um die Rechtsnatur des Widerrufsrechts. 337 BT-Drs. 17/12637, S. 59 f.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
und keine Verweisung mehr auf das Rücktrittsrecht erfolgt. Ein systematischer Zusammenhang ist jedoch noch immer gegeben, da Rücktritt und Widerruf in einem gemeinsamen Titel geregelt sind. Insofern kann der Widerruf meiner Ansicht nach zwar nicht mehr als besonderer Fall des Rücktritts bezeichnet werden. Dem entspricht es auch, dass beide Rechtsinstitute in der Überschrift ebendieses Titels 5 in Buch 2 Abschnitt 3 des BGB gleichwertig nebeneinander genannt werden. Es handelt sich aber nach wie vor um ein Gestaltungsrecht mit gewisser Ähnlichkeit zum Rücktritt. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Rechtsnatur des Widerrufs maßgeblich ändern wollte, sind nicht ersichtlich. Für das Verständnis einer ex-nunc-Wirkung des Widerrufs spricht außerdem auch die Formulierung der europarechtlichen Vorgabe in der Verbraucherrechterichtlinie. Gemäß Art. 12 VRRL „enden die Verpflichtungen der Vertragsparteien“ nämlich mit Ausübung des Widerrufsrechts. Auch diese Formulierung ist auf eine Wirkung des Widerrufs nur für die Zukunft gerichtet. Ein Widerrufsrecht fand sich, in Anlehnung an das Widerrufsrecht nach § 1b AbzG, bereits in § 1 HWiG und ging insoweit bereits auf den ursprünglichen Gesetzentwurf eines Haustürwiderrufgesetzes zurück.338 Auch hier war die rechtliche Einordnung aber nicht unumstritten, so dass insoweit weder von einer gesetzestechnischen Verbesserung, noch von einer Verschlechterung ausgegangen werden kann. § 1 HWiG besagte, dass die Willenserklärung „erst wirksam [wird], wenn der Kunde sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft.“ Ganz überwiegend wurde dabei davon ausgegangen, dass die widerrufbare Willenserklärung bzw. der Vertrag während des Laufs der Widerrufsfrist schwebend unwirksam war.339 In diese Richtung deutete auch die Gesetzesbegründung, die ihrerseits von einem „Schwebezustand“ sprach.340 Selbst hierzu fanden sich jedoch abweichende Meinungen. Gernhuber etwa sah die Erklärung des Verbrauchers während der Widerrufsfrist als – wie beim Fehlen des Zugangs gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 BGB – noch nicht wirksam an, weil sie noch nicht vollendet war.341 Andere sprachen sich, entgegen dem Wortlaut der Regelung, für eine zunächst wirksame Vertragserklärung des Verbrauchers aus, was mit der Einordnung des Widerrufsrechts als besonderes gesetzliches Rücktrittsrecht oder über die Annahme einer auflösenden Bedingung begründet wurde.342 Auch im Übrigen war die Rechtsnatur des Widerrufs umstritten. Zum Teil wurde davon ausgegangen, die Willenserklärung des Verbrauchers stünde unter der aufschiebenden Bedingung des Unterlassens des Widerrufs während der Widerrufsfrist.343 Die überwiegende Meinung in der Literatur ordnete das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht ein, wobei 338
BT-Drs. 7/4078, S. 4. Z. B. BGHZ 113, 222, 225; Fischer/Machunsky, § 1 Rn. 286; Lorenz, NJW 1995, 2258, 2260 f.; MüKoBGB-Ulmer, 3. A., § 1 HausTWG Rn. 6; Staudinger-Werner, § 1 HWiG Rn. 48. 340 BT-Drs. 10/2876, S. 11. 341 Gernhuber, WM 1998, 1797, 1798 f.; Gegenargumente finden sich bei Reiner, AcP 203 (2003), 1, 22 f. 342 Hadding, in: FS Brandner, S. 207, 211 ff.; Kiefer, NJW 1989, 3120, 3125 zu § 1b AbzG. 343 Erman-Weitnauer/Klingsporn, 8. A., § 1 HWiG Rn. 2, § 1b AbzG Rn. 9. 339
V. Analyse der Gesetzeslage
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darin jedoch kein Widerspruch zu dem Verständnis von der aufschiebend bedingten Verbrauchererklärung gesehen wurde.344 Auch die Gesetzesbegründung ging von einem Gestaltungsrecht aus.345 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hingegen beurteilte den Widerruf als rechtshindernde Einwendung.346 Selbst damit war das Meinungsspektrum noch nicht erschöpft.347 Im Übrigen finden sich in Absatz 1 in den Sätzen 2 bis 5 Regelungen zur Widerrufserklärung. Rein klarstellend und letztlich überflüssig ist dabei § 355 Abs. 1 S. 4 BGB. Solange ein Begründungserfordernis gesetzlich nicht geregelt ist, besteht ein solches nicht. Auch eine Gefahr der Annahme eines solchen Erfordernisses durch die Rechtsprechung ist nicht ersichtlich, zumal der Widerruf keinen Widerrufsgrund voraussetzt. Auch die verschiedenen europarechtlichen Vorgaben für Widerrufsrechte weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass keine Gründe für den Widerruf angegeben werden müssen.348 Seltsam mutet außerdem die Formulierung von § 355 Abs. 1 S. 3 BGB an, wonach der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf aus der Erklärung eindeutig hervorgehen muss. Der Widerruf ist aber ein Gestaltungsrecht, das mit seiner Erklärung unmittelbar ausgeübt wird. Die Widerrufserklärung ist demnach nicht eine bloße Mitteilung eines Entschlusses an den Unternehmer, sondern führt diesen Entschluss bereits aus. Der Gesetzgeber hat die Formulierung offensichtlich unreflektiert aus Art. 11 Abs. 1 b) VRRL übernommen.349 Betrachtet man § 355 BGB im Ganzen, stellt man fest, dass seine Untergliederung nicht vollständig nachvollziehbar ist. Die Regelungen der Absätze 2 und 3 lassen sich jeweils mit einem Schlagwort beschreiben, nämlich „Widerrufsfrist“ bzw. „Rechtsfolgen“. Dies gilt jedoch nicht für Absatz 1, der zudem ziemlich lang und dadurch unübersichtlich ist. Vorzugswürdig wäre es hier die obersatzartige Regelung aus Absatz 1 Satz 1 allein als Absatz 1 zu regeln, die Sätze 2 bis 5 in Absatz 2 zu verorten, der dann nur Regelungen zur „Widerrufserklärung“ beinhalten würde, und dem die jetzigen Absätze 2 und 3 als Absätze 3 und 4 nachfolgen zu lassen. Dies würde der Norm eine klarere Struktur geben. Zu überlegen ist auch, die Vorschriften auf vier Paragraphen entsprechend diesen Absätzen zu verteilen. Der Umfang der 344 Fischer/Machunsky, § 1, Rn. 281, 285; Lorenz, NJW 1995, 2258, 2261; MüKoBGBUlmer, 3. A., § 1 HausTWG Rn. 3, § 7 VerbrKrG Rn. 11; Staudinger-Kessal-Wulf, § 7 VerbrKrG Rn. 4. 345 BT-Drs. 10/2876, S. 11. 346 BGHZ 113, 222, 225; BGHZ 131, 82, 84 ff.; so auch Staudinger-Werner, § 2 HWiG Rn. 8. 347 Vgl. z. B. Reiner, AcP 203 (2003), 1, 19 f., der in dem Fristablauf ohne Widerruf eine Bestätigung der Verbrauchererklärung gemäß § 141 Abs. 1 BGB durch konkludentes Schweigen sieht; Boemke, AcP 197 (1997), 161, 179 f., der die Einordnung als Gestaltungsrecht für vereinbar mit der Annahme einer rechtshindernden Einwendung hält und das Widerrufsrecht als rechtshinderndes Gestaltungsrecht begreift. 348 Vgl. Art. 9 Abs. 1 VRRL, Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 FinFARL, Art. 14 Abs. 1 UAbs. 1 VerbrKrRL und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/122/EG zum Time-Sharing (s. D., Fn. 500). 349 DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 10.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Norm ist allerdings noch überschaubar, so dass dies nicht zwingend ist. Die europarechtlichen Vorgaben sind demgegenüber auf verschiedene Vorschriften verteilt.350 (2) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 356 – 356c BGB § 356 BGB beinhaltet gegenüber § 355 BGB besondere Regelungen für die Ausübung des Widerrufsrechts bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen. Dabei ist die Regelung des Absatzes 1 Satz 1 letztlich rein deklaratorisch. Da die Widerrufserklärung gemäß § 355 Abs. 1 BGB formlos möglich ist, bleibt es dem Unternehmer nämlich ohnehin unbenommen dem Verbraucher Möglichkeiten zur Übermittlung zur Verfügung zu stellen, solange diese für den Verbraucher nicht zwingend sind. Die Bedeutung der Vorschrift liegt vielmehr in der Bestätigungspflicht nach Satz 2. Auch hier hat sich der nationale Gesetzgeber deutlich an den europäischen Vorgaben gemäß Art. 11 Abs. 3 VRRL orientiert. Auf die wenig gelungene Regelungstechnik des § 356 Abs. 2 BGB wurde bereits im Zusammenhang mit der übermäßigen Kasuistik der Norm ausführlich eingegangen.351 § 356 Abs. 3 S. 1 BGB macht den Beginn der Widerrufsfrist davon abhängig, dass bestimmte Informationspflichten eingehalten werden, wobei aber Satz 2 ergänzend dazu eine Höchstfrist von zwölf Monaten und 14 Tagen festlegt, nach der das Widerrufsrecht erlischt. Dadurch soll eine endlose Widerrufsmöglichkeit für den Fall, dass die in Satz 1 genannten Informationspflichten nicht eingehalten werden, ausgeschlossen werden.352 Zwar knüpft die Höchstfrist des Satzes 2 an den Beginn der Widerrufsfrist an. Verwiesen wird aber lediglich auf §§ 356 Abs. 2, 355 Abs. 2 S. 2 BGB. Anders als noch im Referentenentwurf und im ursprünglichen Regierungsentwurf wird dabei nicht mehr auf die Voraussetzungen für den Fristbeginn nach diesen Normen abgestellt. Danach war nicht ausgeschlossen, dass nicht auch die Einhaltung der Informationspflichten erforderlich war, zumal in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB das Eingreifen besonderer Regelungen explizit vorbehalten ist.353 Da nunmehr der in den beiden in Bezug genommenen Vorschriften genannte Zeitpunkt als Voraussetzung herangezogen wird, dürfte hinreichend klar sein, dass die Zusatzvoraussetzung für den Fristbeginn nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB, für die Höchstfrist irrelevant ist.354 Dies zu verdeutlichen war die Intention der Änderung des Wortlauts
350 Vgl. z. B. Art. 9 Abs. 1, 11 Abs. 1, Abs. 2, 12, Art. 13 Abs. 1 UAbs. 1, 14 Abs. 1 UAbs. 1 VRRL. 351 Vgl. oben E. V. 1. b) cc) (2). 352 BT-Drs. 17/12637, S. 62 zu § 356 Abs. 6 BGB-E; BT-Drs. 17/13951, S. 65. 353 GDV, Stellungnahme v. 25. 10. 2012, S. 5 zu § 356 Abs. 7 RefE; DAV, Stellungnahme Nr. 26/2013, S. 7 f. zu § 356 Abs. 6 BGB-E; im Ergebnis ebenso Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 73, die im Referentenentwurf aber von einer expliziten Bezugnahme des § 356 Abs. 7 auf § 356 Abs. 4 ausgingen, der dem jetzigen § 356 Abs. 3 S. 1 BGB entspricht; unklar waren die in Bezug genommenen Normen deshalb, weil (wohl ein Redaktionsversehen) auf Absatz 2 verwiesen wurde, der keine Regelungen zum Fristbeginn enthielt. 354 Im Ergebnis ebenso Hörmann, S. 281; anders Bierekoven, MMR 2014, 283, 284.
V. Analyse der Gesetzeslage
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der Norm.355 Für Verträge über Finanzdienstleistungen bleibt hingegen gemäß Satz 3 ein endlos bestehendes Widerrufsrecht weiterhin möglich. Weitere Erlöschenstatbestände des Widerrufsrechts enthalten Absatz 4 und Absatz 5. Diese unterscheiden sich sachlich aber deutlich von dem Erlöschenstatbestand des § 356 Abs. 3 S. 2 BGB. Letzterer steht in einem klaren Zusammenhang mit den Regelungen zur Widerrufsfrist und stellt seinem Gehalt nach letztlich die Regelung einer Höchstfrist dar. Demgegenüber ist bei den Absätzen 4 und 5 keinerlei Bezug zum Fristlauf gegeben, es wird vielmehr an besondere Umstände der Vertragsdurchführung angeknüpft. Unterschiedliche Fälle sollten aber besser auch unterschiedlich geregelt werden. Insbesondere der Zusammenhang mit der Widerrufsfrist könnte bei der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 über seine Verortung hinaus356 besser verdeutlicht werden. Statt eines Erlöschenstatbestands könnte einfach der Ablauf der Frist angeordnet werden, wie dies auf europäischer Ebene in Art. 10 Abs. 1 VRRL erfolgt. Dem mag man allerdings entgegenhalten, dass eine Frist nur ablaufen kann, wenn sie überhaupt zu laufen begonnen hat. Diese Spitzfindigkeit könnte umgangen werden, indem auf den spätestmöglichen Beginn der Widerrufsfrist abgestellt wird.357 Jedenfalls hat sich der nationale Gesetzgeber bei dieser Gleichbehandlung der unterschiedlichen Sachverhalte durch die Anordnung eines Erlöschens des Widerrufsrechts nicht unmittelbar an den europarechtlichen Vorgaben orientiert, sondern ein eigenes Regelungskonzept verfolgt. Die europäischen Vorgaben lösen die Frage der Höchstfrist, wie gezeigt, über eine Regelung des Fristablaufs und ordnen die Konstellationen bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen und über nicht körperliche digitale Inhalte den Ausnahmetatbeständen zum Widerrufsrecht zu.358 Ein Erlöschenstatbestand fand sich allerdings bereits in § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG. Er beinhaltete faktisch eine verlängerte Frist für den Widerruf bei fehlender ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung, die für ihren Beginn an die vollständige Erbringung der Leistung von beiden Seiten anknüpfte. Die heutigen Probleme stellten sich damals jedoch noch nicht. Es existierte nur dieser eine Erlöschenstatbestand und nicht mehrere mit unterschiedlichen Anknüpfungskriterien, in zeitlicher Hinsicht oder nach den Umständen der Vertragsdurchführung. Angesichts der Länge der Norm ist zudem zu überlegen, diese auf verschiedene Paragraphen zur Widerrufserklärung, zur Widerrufsfrist und zu den Erlöschenstatbeständen aufzuteilen. In der Verbraucherrechterichtlinie finden sich die Vorgaben verteilt auf mehrere Vorschriften.359 Die §§ 356a, 356b und 356c BGB enthalten weitere Sonderregelungen zur Ausübung des Widerrufsrechts bei bestimmten Vertragstypen. 355
BT-Drs. 17/13951, S. 65. Die Regelung wurde von einem zusätzlichen Absatz 6 „aus Gründen des Sachzusammenhangs“ in Absatz 3 verschoben, BT-Drs. 17/13951, S. 65. 357 So allgemein die Überlegung von DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 11. 358 Vgl. Art. 10 Abs. 1, 16 a) und m) VRRL, Art. 6 Abs. 2 c) FinFARL. 359 Vgl. Art. 9 Abs. 2 b), c), 10, 11 Abs. 3, 16 a), m) VRRL. 356
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
(3) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 357 – 357c BGB § 357 BGB beinhaltet keine Sonderregelungen zur Ausübung des Widerrufsrechts mehr, sondern gestaltet die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen näher aus. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Norm sind aber Verträge über Finanzdienstleistungen. Dabei ist die Norm äußerst lang, da sämtliche Rechtsfolgen des Widerrufs hier abgehandelt werden. Letztlich wird die Norm durch diese zahlreichen Regelungen völlig überfrachtet und unübersichtlich. Vom Regelungsgehalt her kann man zumindest zwischen den Vorschriften zu den Rückgewährpflichten generell in den Absätzen 1 bis 6 und den Vorschriften zur Wertersatzpflicht des Verbrauchers in den Absätzen 7 bis 9 unterscheiden. Erstere könnte man weiter unterteilen in die allgemein geltende Regelung des Absatzes 1, die Regelungen zu den Pflichten des Unternehmers in den Absätzen 2 bis 4 und diejenigen zu den Pflichten des Verbrauchers in den Absätzen 5 und 6. Eine entsprechende Aufteilung auf mehrere Paragraphen hätte den Vorteil, dass die dazugehörigen spezifischeren Überschriften dem Rechtsanwender eine bessere Orientierungshilfe bieten würden. Außerdem könnten auch einzelne Absätze entschlackt werden. Beispielsweise könnte die Regelung des Absatzes 6 Satz 3 in einen eigenständigen Absatz eingestellt werden. Dies wäre sinngemäß, da sie sowohl die Durchführung der Rückgewährpflicht aus Absatz 5, als auch die Kostentragung gemäß Absatz 6 Satz 1 und 2 betrifft. Schwer möglich wäre demgegenüber eine Aufspaltung des Absatzes 8. Dessen Regelungen betreffen jeweils Verträge über Dienstleistungen oder Energielieferungen, was sie von den ebenfalls in den neuen Paragraphen einzustellenden Absätzen 7 und 9 unterscheidet. Ein anderes nachvollziehbares Strukturierungskriterium ist nicht ersichtlich. In erster Linie werden durch § 357 BGB die Art. 13, 14 VRRL umgesetzt. Dort sind die Regelungen also zumindest auf zwei Paragraphen aufgeteilt, wobei zwischen Pflichten des Unternehmers und Pflichten des Verbrauchers unterschieden wird. Eine weitere Untergliederung zwischen den generellen Rückgewährpflichten und der Wertersatzpflicht des Verbrauchers erfolgt auch dort nicht. Nicht vollständig nachvollziehbar ist zudem die Strukturierung des Absatzes 8. Absatz 8 Satz 1 beinhaltet eine eigenständige Anspruchsgrundlage360 für den Wertersatz beim Widerruf von Verträgen über Dienstleistungen oder Energielieferungen. Sie wird in Satz 2 um eine weitere Tatbestandsvoraussetzung ergänzt. Unklar ist, warum diese nicht ebenfalls in Satz 1 integriert wurde, beispielsweise unter Verwendung der Technik einer numerischen Aufzählung, wie sonst häufig. Angesichts der weiteren zahlreichen Regelungen in Absatz 8 wäre es vorzugswürdig gewesen, die Anspruchsgrundlage mit ihren Grundvoraussetzungen einheitlich in einem Satz zu regeln. Demgegenüber ist die Verortung einer weiteren zusätzlichen Voraussetzung in Satz 3 sinnvoll, da diese auf den Bereich der Außergeschäftsraumverträge beschränkt ist. 360
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Auffallend sind bei § 357 BGB außerdem die zahlreichen Ausnahmeregelungen, die bei nahezu allen Vorschriften zu den Rückgewährpflichten getroffen werden. Weitgehend drücken sich hierin Möglichkeiten der Parteidisposition aus. So räumen Absatz 3 Satz 2 und Absatz 6 Satz 2 den Parteien jeweils unmittelbar die Möglichkeit zur Abbedingung der vorangehenden Vorschrift ein, im einen Fall durch Parteivereinbarung, im anderen Fall durch Erklärung nur des Unternehmers. Darüber hinaus knüpfen auch die Ausnahmeregelungen von Absatz 2 Satz 2, Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5 an Entscheidungsmöglichkeiten des Verbrauchers bzw. des Unternehmers an und stehen damit im Zusammenhang mit der Parteidisposition. Diese Ausnahmeregelungen beruhen unmittelbar auf den einschlägigen Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie, die ihrerseits jeweils entsprechende Ausnahmeregelungen enthalten.361 § 357a BGB enthält weitere Sonderregelungen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs und zwar ausweislich seiner Überschrift für Verträge über Finanzdienstleistungen. Dieser Anwendungsbereich wird in den Regelungen der Norm verschiedentlich weiter eingeschränkt, so dass im Ergebnis ähnliche Regelungen mit jeweils unterschiedlichen sachlichen Anwendungsbereichen entstehen. Unproblematisch ist noch Absatz 1, der allgemein eine Höchstfrist für die Rückgewähr i.S.d. § 355 Abs. 3 S. 2 BGB festlegt. Bereits in Absatz 2 finden sich aber verschiedene Einschränkungen des sachlichen Anwendungsbereichs. So betrifft Satz 1 die Wertersatzpflicht des Verbrauchers beim Widerruf von Außergeschäftsraumverträgen oder Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen. Bei Verträgen über entgeltliche Finanzierungshilfen, die unter die Ausnahme des § 506 Abs. 4 BGB fallen, wird diese Regelung durch Satz 2 ergänzt. Dies ergibt sich aus der Formulierung „gilt auch“. Demnach muss es sich auch hier um einen Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrag handeln, wenngleich der Wortlaut der Norm insoweit nicht ganz eindeutig ist. Aus dem Verbraucherkreditrecht ergibt sich bei den genannten Finanzierungshilfen aufgrund der Regelung des § 506 Abs. 4 BGB aber ohnehin kein Widerrufsrecht. Satz 3 schließlich ergänzt die Regelung des Satzes 2 wiederum um eine Sonderregelung für die Fälle, dass die Lieferung nicht körperlicher digitaler Inhalte Gegenstand des Vertrags über die entgeltliche Finanzierungshilfe ist. Absatz 3 behandelt zunächst die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen. Die Vertriebsform ist hier irrelevant. Unter Absatz 2 können Verbraucherdarlehensverträge aufgrund des Ausnahmetatbestands des § 312g Abs. 3 BGB auch dann nicht fallen, wenn es sich um einen Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrag handelt. Es folgt in Satz 4 die angesichts der Formulierung „gilt auch“ wiederum ergänzende Regelung der Rechtsfolgen bei Verträgen über eine entgeltliche Finanzierungshilfe, die in Abgrenzung zu Absatz 2 Satz 2 nicht der Ausnahme des § 506 Abs. 4 BGB unterfallen. Bei diesen entgeltlichen Finanzierungshilfen findet das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen gemäß § 495 BGB über § 506 Abs. 1 BGB 361 Vgl. Art. 13 Abs. 1 UAbs. 2, Abs. 2, Abs. 3, 14 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1, UAbs. 2 S. 1 VRRL.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Anwendung, so dass ein Sachzusammenhang mit den Regelungen zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen besteht.362 Angesichts dieser zahlreichen Abstufungen des Anwendungsbereichs des § 357a BGB und den sehr langen Absätzen 2 und 3 wäre es auch hier vorzugswürdig gewesen, den Regelungsgehalt auf mehrere Normen aufzuteilen, um den Leser nicht mit einer solchen Fülle an Vorschriften zu überfordern. Da Absatz 1 jedoch eine allgemeingültige Regelung beinhaltet, ist dies nicht ohne weiteres möglich, ohne den Aufbau des Abschnitts insgesamt zu verändern. Daher soll erst abschließend bei der Strukturierung des Abschnitts insgesamt nochmal auf dieses Problem zurückgekommen werden.363 Umgesetzt wurden an dieser Stelle Vorgaben aus der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie und aus der Verbraucherkreditrichtlinie.364 Die Regelungen zu den entgeltlichen Finanzierungshilfen sind allein national motiviert.365 §§ 357b, 357c BGB enthalten weitere Sonderregeln für die Rechtsfolgen des Widerrufs. (4) Strukturierung und Regelungsgehalt der §§ 358, 359, 360 BGB Im Anschluss daran folgen mit den §§ 358, 360 BGB Regelungen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs in Hinblick auf weitere, mit dem widerrufenen Vertrag im Zusammenhang stehende Verträge. § 359 BGB weist einen Bezug zu § 358 BGB auf, da beide Vorschriften verbundene Verträge betreffen, sticht im Übrigen aber von seinem Regelungsgehalt her heraus. §§ 358, 360 BGB betreffen nämlich den Durchgriff eines Widerrufs des Verbrauchers, wohingegen in § 359 BGB ein Durchgriff der Einwendungen des Verbrauchers angeordnet wird. Bei § 358 BGB fällt auf, dass die Grundvoraussetzung des Widerrufsdurchgriffs, wann nämlich verbundene Verträge vorliegen, erst in Absatz 3 aufgegriffen wird. Vorzugswürdig wäre es jedoch, dies vorab in Absatz 1 zu regeln, bevor bereits Rechtsfolgen festgelegt werden, die daran anknüpfen, und die Regelungen der Absätze 1 und 2 in die Absätze 2 und 3 zu verschieben.366 Freilich befinden sich hier alle Regelungen in einer Norm, so dass die Vorschrift nicht übermäßig schwer zu finden ist. Strukturierter und damit nachvollziehbarer ist es jedoch, den Grundtatbestand an den Anfang zu stellen. Dies entspräche auch eher dem Regelungskonzept des Gesetzgebers bei Verbraucherverträgen und den besonderen Vertriebsformen. So werden auch in dem Abschnitt zu den Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen 362
Vgl. zu den Abstufungen des Anwendungsbereichs bei § 357a BGB auch Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, Rn. 195. 363 s. dazu später E. V. 2. a) cc) (7). 364 Vgl. Art. 7 FinFARL, Art. 14 Abs. 3 b) VerbrKrRL. 365 Vgl. Palandt-Grüneberg, § 357a Rn. 5. 366 Kritisch auch Artz, Stellungnahme v. 14. 04. 2013, S. 6; BeckOK-Möller (01. 08. 2014), § 358 Rn. 5.
V. Analyse der Gesetzeslage
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zunächst die Begriffe geklärt, bevor daran anknüpfende Regelungen getroffen werden. Gleiches gilt für das Kapitel zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr. Die Bedeutung des § 358 BGB im Rahmen der Regelungen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen367 könnte besser durch eine prägnantere Überschrift wie beispielsweise „Widerrufsdurchgriff bei verbundenen Verträgen“ oder eine weitere Untergliederung des Abschnitts hervorgehoben werden, als durch eine solche Reihenfolge. Auch die Regelungen in Absatz 4 sind nicht nachvollziehbar angeordnet. Die Sätze 1 und 3 bestimmen, welche der vorhergehenden Vorschriften grundsätzlich für die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags anwendbar sind, wohingegen die Sätze 2, 4 und 5 weitere besondere Regelungen aufstellen. Aufgrund des Sachzusammenhangs sollten die Sätze 2 und 3 daher vertauscht werden. Außerdem verweist auch Satz 3 Hs. 1 für außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossene Ratenlieferungsverträge auf § 357 BGB, so dass auch hier der abweichende Wertersatzanspruch nach Satz 2 relevant werden kann. Die Reihenfolge der Regelungen erweckt aber Zweifel, ob der Wertersatzanspruch auch auf die Ratenlieferungsverträge anwendbar ist. Der Gesetzesbegründung lässt sich allerdings keine Einschränkung der Anwendbarkeit des Wertersatzanspruchs entnehmen. Vielmehr trifft die Begründung für den besonderen Wertersatzanspruch, dass es zu einer Situation kommen kann, in der der verbundene Vertrag über die digitalen Inhalte wegen § 356 Abs. 5 BGB selbst nicht mehr widerrufen werden kann, die Rückabwicklung aber wegen des damit verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags notwendig wird,368 auch zu, wenn es sich bei dem verbundenen Vertrag um einen Ratenlieferungsvertrag in Form eines Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrags handelt. Wird nämlich der Ratenlieferungsvertrag in Form eines Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrags selbst widerrufen, richten sich die Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufs, wie bei sonstigen Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen auch, ebenfalls nach §§ 356, 357 BGB.369 Problematisch ist auch Satz 5, der sowohl für die Fälle des Absatzes 1 als auch des Absatzes 2 gelten soll.370 Die Norm ist insoweit jedoch nicht ganz eindeutig. Da der Anwendungsbereich des Satzes 4 auf die Fälle des Absatzes 1 beschränkt ist, könnte man bei der unmittelbar nachfolgenden Regelung des Satzes 5 über eine systematische Auslegung zu der gleichen Beschränkung kommen. Ursprünglich war auch in der Regelung des Satzes 5 eine Beschränkung des Anwendungsbereichs, allerdings auf die Fälle des Absatzes 2 vorgesehen, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zur Schuldrechtsmodernisierung jedoch wegfiel.371 Das Problem ist daher erst nachträglich entstanden. Angesichts des großen Umfangs der 367
Dies führt Kabey, S. 25 als Argument für die Verortung erst in Absatz 3 an. BT-Drs. 17/13951, S. 67 f. 369 Vgl. auch HK-Schulze, § 356c Rn. 1. 370 BT-Drs. 14/6857, S. 24, 58 und BT-Drs. 14/7052, S. 195 zu § 358 Abs. 4 S. 3 BGB a.F.; HK-Schulze, § 358 Rn. 12. 371 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 201; BT-Drs. 14/7052, S. 195; BT-Drs. 14/6857, S. 24, 58; jeweils zu § 358 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. 368
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Norm wäre es meiner Ansicht nach vorzugswürdig, ihren Inhalt auf mehrere Paragraphen aufzuteilen. Begonnen werden könnte mit einer mit „Verbundene Verträge“ überschriebenen Norm, die die Regelungen des § 358 Abs. 3 BGB beinhaltet. § 358 Abs. 1 und 2 BGB könnten in den darauffolgenden Paragraphen unter der Überschrift „Widerrufsdurchgriff bei verbundenen Verträgen“ eingestellt werden, gefolgt von einer Norm „Rechtsfolgen des Widerrufsdurchgriffs bei verbundenen Verträgen“ mit dem Regelungsgehalt des jetzigen § 358 Abs. 4 BGB. Die Ausnahme des § 358 Abs. 5 BGB wäre in einer gesonderten Regelung anzuschließen. Schon die gesonderten Überschriften würden die Übersichtlichkeit für den Rechtsanwender deutlich erhöhen. § 360 BGB regelt den zweiten Fall eines Widerrufsdurchgriffs, nämlich bei zusammenhängenden Verträgen. Negatives Tatbestandsmerkmal ist hier, dass die Voraussetzungen für einen verbundenen Vertrag nicht vorliegen. Dementsprechend ist der Widerrufsdurchgriff gemäß § 360 BGB subsidiär gegenüber dem des § 358 BGB. Wie schon bei § 358 BGB findet sich die Regelung zu der Grundvoraussetzung der Norm, wann nämlich ein zusammenhängender Vertrag im Übrigen vorliegt, erst nachgeordnet in Absatz 2. Die Reihenfolge der Regelungen ist auch hier wenig nachvollziehbar.372 Entsprechend dem Vorschlag zu § 358 BGB könnten die Regelungen unterteilt werden in drei Normen mit den Überschriften „Zusammenhängende Verträge“, „Widerrufsdurchgriff bei zusammenhängenden Verträgen“ und „Rechtsfolgen des Widerrufsdurchgriffs bei zusammenhängenden Verträgen“. (5) Strukturierung und Regelungsgehalt des § 361 BGB § 361 BGB schließlich beinhaltet Vorschriften, die grundsätzlich für alle Normen des Abschnitts zu beachten sind. Schon die Überschrift „Weitere Ansprüche, abweichende Vereinbarungen und Beweislast“ zeigt, dass hier verschiedene Regelungsgegenstände in einer Norm zusammengefasst wurden. Angesichts der überschaubaren Länge des Paragraphen erscheint dies hier aber nicht problematisch. Auch hier wird die Anordnung der einseitig zwingenden Wirkung der Vorschriften in Absatz 2 Satz 1 durch ein explizites Umgehungsverbot in Absatz 2 Satz 2 flankiert. Insoweit kann auf die Ausführungen zu dem nahezu gleichlautenden § 312k Abs. 1 BGB verwiesen werden.373 (6) Stellung des § 359 BGB Die Verortung der Regelung des § 359 BGB in Buch 2 Abschnitt 3 Titel 5 Untertitel 2 des BGB ist völlig unpassend. Zuzugeben ist, dass ein Sachzusammenhang mit § 358 BGB besteht, da auch § 359 BGB an die Voraussetzung eines verbundenen Vertrags anknüpft, die in § 358 Abs. 3 BGB näher geregelt wird.374 Dies wurde auch 372 373 374
Kritisch wiederum auch Artz, Stellungnahme v. 14. 04. 2013, S. 6. Vgl. oben E. V. 2. a) bb) (4). So BeckOK-Möller (01. 08. 2014), § 359 Rn. 1.
V. Analyse der Gesetzeslage
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in den Gesetzesmaterialien als Argument für diese Verortung der Regelung angeführt.375 Der Abschnitt im BGB mit den Regelungen der §§ 355 ff. BGB ist jedoch mit „Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen“ überschrieben. Ein irgendwie gearteter Bezug des § 359 BGB zu einem Widerrufsrecht ist jedoch nicht ersichtlich.376 Die Regelung beinhaltet vielmehr einen Einwendungsdurchgriff bei verbundenen Verträgen völlig unabhängig von einem Widerruf eines der Verträge. Da der Einwendungsdurchgriff nur einseitig erfolgt und sich der Verbraucher demnach nur im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags darauf berufen kann, handelt es sich um eine spezifische Regelung des Verbraucherdarlehensrechts und wäre besser dort zu verorten.377 Auf § 358 Abs. 3 BGB könnte explizit Bezug genommen werden, wie dies etwa auch in § 508 S. 6 BGB mittels eines Klammerzusatzes erfolgt. (7) Unübersichtliche Strukturierung, fehlende Untergliederung des Abschnitts Auch in seiner Gesamtheit ist die Strukturierung des Abschnitts zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen nicht vollständig gelungen. Nach dem aktuellen Konzept beginnt der Abschnitt mit der grundsätzlich allgemein geltenden Norm des § 355 BGB zur Ausübung des Widerrufsrechts und den Rechtsfolgen. Im Anschluss daran folgen zunächst besondere Regelungen zur Ausübung des Widerrufsrechts und danach zu den Rechtsfolgen des Widerrufs bei verschiedenen Vertragsarten. Differenziert wird bei den Vertragsarten nicht nach einem einheitlichen Kriterium. Vielmehr sind teilweise die Vertriebsform, teilweise der Vertragstyp oder der Vertragsgegenstand, teilweise auch mehrere Merkmale in Kombination maßgeblich. Dies rührt daher, dass die Widerrufsrechte unterschiedliche Anknüpfungspunkte haben. Im Rahmen des § 312g BGB ist Ausgangspunkt für das Widerrufsrecht ein Vertragsschluss in einer der besonderen Vertriebsformen der Außergeschäftsraumverträge oder der Fernabsatzverträge. Dagegen wird im Besonderen Schuldrecht mit den Varianten aus dem Verbraucherkreditrecht und den Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen und Tauschsystemverträgen schlicht an bestimmte Vertragstypen angeknüpft, ohne dass die Abschlusssituation relevant wäre. Die Widerrufsrechte aufgrund der besonderen Vertriebsform sind in diesen Fällen grundsätzlich gemäß § 312g Abs. 3 BGB bzw. § 312 Abs. 2 Nr. 6 BGB ausgeschlossen. Bei sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfen i.S.d. § 506 BGB muss allerdings weiter differenziert werden. Unterfallen sie nicht den Ausnahmen nach § 506 Abs. 4 BGB, sind sie dem Verbraucherdarlehen angenähert. Das Widerrufsrecht ergibt sich gemäß §§ 506 Abs. 1, 495 Abs. 1 BGB aus Verbraucherdarlehensrecht und ein Widerrufsrecht aufgrund einer besonderen Vertriebsform ist gemäß § 312g Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Fallen sie dagegen unter einen der Ausnahmetatbestände des 375 376 377
BT-Drs. 14/6040, S. 201. Köndgen, WM 2001, 1637, 1646. So schon Köndgen, WM 2001, 1637, 1646; MüKoBGB-Habersack, § 359 Rn. 4.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
§ 506 Abs. 4 BGB, kommt nur ein Widerrufsrecht aufgrund einer besonderen Vertriebsform nach § 312g Abs. 1 BGB in Betracht. Der Ausschluss gemäß § 312g Abs. 3 BGB greift nicht ein, da sich ja gerade kein Widerrufsrecht aus §§ 506, 495 BGB ergibt. Sowohl Verbraucherdarlehensverträge als auch sonstige Finanzierungshilfen zählen zu den Verträgen über Finanzdienstleistungen. Daneben gibt es aber weitere Verträge über Finanzdienstleistungen, bei denen von vornherein nur ein Widerrufsrecht aufgrund der Verwendung einer besonderen Vertriebsform in Betracht kommt. Schließlich sind als weiterer Vertragstyp die Ratenlieferungsverträge zu beachten. Auch hier ist hinsichtlich des Widerrufsrechts zu differenzieren. Ein Widerrufsrecht aufgrund des besonderen Vertragstyps wird gemäß § 510 Abs. 2 BGB nämlich nur eingeräumt, wenn keine der besonderen Vertriebsformen Fernabsatz oder Außergeschäftsraumvertrag vorliegt. Dann greift auch der Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 3 BGB ein, der allerdings überflüssig ist, weil ja der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB mangels besonderer Vertriebsform ohnehin nicht eröffnet ist. Liegt eine solche besondere Vertriebsform vor, ergibt sich das Widerrufsrecht aus § 312g Abs. 1 BGB, der Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 3 BGB greift nicht. Dieser Vielzahl unterschiedlich begründeter Widerrufsrechte und dem Bedürfnis nach zum Teil unterschiedlicher Regelung bei der Ausübung des Widerrufsrechts und den Rechtsfolgen hat der Gesetzgeber mit den besonderen Regelungen in §§ 356 ff., 357 ff. BGB Rechnung getragen. Danach folgen die Vorschriften zu verbundenen und zusammenhängenden Verträgen. Wie gezeigt, sollte § 359 BGB aus dem Abschnitt herausgenommen werden.378 Zum Abschluss findet sich eine Regelung zum Verhältnis zu weiteren Ansprüchen, abweichenden Vereinbarungen und zur Beweislast. Der Aufbau des Abschnitts folgt dabei einem durchaus nachvollziehbaren Konzept. Unübersichtlich wird es jedoch dadurch, dass diese Vielzahl von zum Teil sehr langen Regelungen aneinandergereiht wird, ohne eine weitere Untergliederung zur Orientierungshilfe für den Leser vorzunehmen. Außerdem ist es zwar begrüßenswert, dass gegenüber der alten Rechtslage nunmehr die Regelungen zum Widerruf in einem Abschnitt gebündelt sind.379 Dennoch wird der Widerruf bei den einzelnen Vertragskategorien aber nicht zusammenhängend an einer Stelle vollständig geregelt, sondern es finden sich zunächst die besonderen Regelungen für die Ausübung des Widerrufs in den §§ 356 ff. BGB und dann die besonderen Regelungen für seine Rechtsfolgen in den §§ 357 ff. BGB. Besonders verwirrend ist dabei, dass bei den Regelungen zur Ausübung des Widerrufs und denen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs nicht nach den gleichen Vertragskategorien unterschieden wird. Lediglich die Kategorien der TeilzeitWohnrechteverträge, Verträge über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermitt378
Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (6). So z. B. auch Artz, Stellungnahme v. 14. 04. 2013, S. 3 f.; Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme vom 05. 11. 2012, S. 1; kritisch dagegen DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 10. 379
V. Analyse der Gesetzeslage
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lungsverträge und Tauschsystemverträge sowie der weder im Fernabsatz noch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ratenlieferungsverträge stimmen überein. Unklar ist allerdings, warum bei Letzterer die Einschränkung bezüglich der Vertriebsform einmal in die Überschrift aufgenommen wurde und einmal nicht. Im Übrigen finden sich bei der Ausgestaltung des Widerrufsrechts die Kategorie der Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge, die grundsätzlich auch Finanzdienstleistungen umfasst und lediglich einen Ausnahmetatbestand in § 356 Abs. 3 S. 3 BGB und eine Sonderregelung in § 356 Abs. 4 S. 2 BGB hierfür enthält, und die Kategorie der Verbraucherdarlehensverträge. Bei den Rechtsfolgen des Widerrufsrechts dagegen wird noch zwischen Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen und Verträgen über Finanzdienstleistungen unterschieden. Letztere Kategorie differenziert in § 357a BGB weiter zwischen Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen in Absatz 2, denen in Satz 2 und 3 letztlich auch die entgeltlichen Finanzierungshilfen, die unter die Ausnahmetatbestände des § 506 Abs. 4 BGB fallen, zugeordnet sind, und den Verbraucherdarlehensverträgen in Absatz 3, denen die nicht von § 506 Abs. 4 BGB erfassten entgeltlichen Finanzierungshilfen in Satz 4 zugeordnet sind. Schließlich ist eine Aufspaltung einiger der als übermäßig lang empfundenen Normen, wie vor allem §§ 357, 357a BGB oder auch § 356 BGB,380 bei diesem Aufbau schwierig. Sowohl bei den §§ 356 – 356c BGB zur Ausübung des Widerrufs als auch bei den §§ 357 – 357c BGB zu den Rechtsfolgen des Widerrufs findet sich jeweils genau eine Norm zu einer Vertragskategorie. Würden nun zu einer Vertragskategorie mehrere Normen gebildet, könnte dies die Übersichtlichkeit der Regelungen beeinträchtigen. Durch eine Umstrukturierung des Abschnitts, verbunden mit einer Untergliederung in Kapitel und Unterkapitel, könnten diese Probleme beseitigt werden. Die Differenzierung zwischen Regelungen zur Ausübung des Widerrufsrechts und Regelungen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs sollte aufgegeben werden und beides für einheitliche Vertragskategorien zusammenhängend geregelt werden, wie ja auch § 355 BGB beides regelt. Es bietet sich folgender Aufbau an: Kapitel 1, Allgemeine Regelungen § 355 BGB Kapitel 2, Besondere Regelungen bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen § 356 BGB mit Ausnahme von Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 S. 2 § 357 BGB Kapitel 3, Besondere Regelungen bei Verträgen über Finanzdienstleistungen Unterkapitel 1, Außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossene Verträge über Finanzdienstleistungen mit Ausnahme von Verbraucherdarlehensverträgen
380
Vgl. oben E. V. 2. a) cc) (2) und (3).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen erster Paragraph: Verweisung auf die Regelungen des § 356 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 BGB; Regelung des § 356 Abs. 4 S. 2 BGB zweiter Paragraph: § 357a Abs. 1, Abs. 2 BGB Unterkapitel 2, Verbraucherdarlehensverträge § 356b BGB weiterer Paragraph: § 357a Abs. 1, Abs. 3 BGB
Kapitel 4, Besondere Regelungen bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen und Tauschsystemverträge § 356a BGB § 357b BGB Kapitel 5, Besondere Regelungen bei weder im Fernabsatz noch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ratenlieferungsverträgen § 356c BGB § 357c BGB Kapitel 6, Besondere Regelungen bei verbundenen und zusammenhängenden Verträgen § 358 BGB § 360 BGB Kapitel 7, Weitere Ansprüche, abweichende Vereinbarungen und Beweislast § 361 BGB
Bei dieser Strukturierung liegen für Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufs einheitliche Differenzierungskategorien vor. Letztlich werden dabei die jetzigen Kategorien bei den Rechtsfolgen des Widerrufs übernommen. Weiter unterteilt wird allerdings die Kategorie der Verträge über Finanzdienstleistungen. Dies ist aber auch in den verschiedenen Absätzen des § 357a BGB bereits angedeutet. Zu unterscheiden ist hier also nochmals zwischen im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Finanzdienstleistungen mit Ausnahme von Verbraucherdarlehensverträgen und den Verbraucherdarlehensverträgen. Entgeltliche Finanzierungshilfen werden wie in § 357a BGB der ersten Kategorie zugeordnet, sofern sie unter die Ausnahmetatbestände von § 506 Abs. 4 BGB fallen und der zweiten Kategorie der Verbraucherdarlehensverträge, wenn kein solcher Ausnahmetatbestand vorliegt. Zwar muss die Regelung des § 357a Abs. 1 BGB für beide Kategorien wiederholt werden, die Untergliederung ermöglicht aber die Übernahme der Besonderheiten bei der Ausübung des Widerrufsrechts. Die erste Kategorie fällt aktuell unter § 356 BGB. Insoweit kann also eine Verweisung auf diese Regelung aus Kapitel 2 angeordnet werden. Dort konnten allerdings die Sonderregelungen für Finanzdienstleistungen weggelassen werden. Dementsprechend kann nun eine Verweisung auf die für Verträge über Finanzdienstleistungen nicht relevanten Regelungen unterbleiben. Die Sonderregelung für Verträge über Finanzdienstleistungen aus § 356 Abs. 4 S. 2 BGB muss hier geregelt werden. Für Verbraucherdarlehensverträge ist § 356b BGB zu übernehmen. Es ist davon auszugehen, dass dieser auch aktuell bereits die entgeltlichen Finanzierungshilfen, die nicht unter die Aus-
V. Analyse der Gesetzeslage
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nahmetatbestände des § 506 Abs. 4 BGB fallen, erfasst.381 Bei diesen ergibt sich das Widerrufsrecht schließlich ebenfalls über § 506 Abs. 1 BGB ausschließlich aus § 495 BGB, vgl. auch § 312g Abs. 3 BGB. Zudem übernimmt § 356b BGB Regelungen zum Widerruf aus dem Verbraucherdarlehensrecht, die auch bisher für diese entgeltlichen Finanzierungshilfen galten, ohne inhaltliche Änderungen.382 Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufs werden nunmehr zusammenhängend geregelt. Anhand der Kapitelüberschriften ist zudem schnell klar, wo sich die maßgeblichen Vorschriften für eine Vertragskategorie finden. Mit Ausnahme von Kapitel 1 und 7 beinhaltet jeder Abschnitt mindestens zwei Paragraphen. §§ 355, 361 BGB könnten aber unter Umständen auch auf mehrere Regelungen verteilt werden, wenngleich dies aufgrund ihres noch überschaubaren Umfangs nicht zwingend notwendig erscheint.383 Letzteres gilt vor allem für § 361 BGB. Eine Aufspaltung der übermäßig langen Paragraphen ist problemlos möglich. So könnten auch die Regelungen der §§ 356, 357 BGB unter Kapitel 2, wie auch die der §§ 358, 360 BGB unter Kapitel 6 auf mehrere Paragraphen aufgeteilt werden. Die Regelungen des § 357a BGB wurden durch die Umstrukturierung ohnehin gesplittet. Diese Strukturierungsvariante erscheint mir daher vorzugswürdig, wenngleich die Untergliederung zugegebenermaßen relativ kleinteilig ist. (8) Festlegung des Anwendungsbereichs einzelner Normen Auffallend ist bei den §§ 355 ff. BGB weiterhin, dass sich bei zahlreichen Normen der Anwendungsbereich ausschließlich aus den Paragraphenüberschriften ergibt. Besonders ausgeprägt ist dies bei § 357 BGB, bei dem nicht nur der positive Anwendungsbereich über die Überschrift festgelegt wird, sondern auch die Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen.384 Hierdurch wird die Überschrift besonders lang und unübersichtlich. Außerdem ist eine solche Regelungstechnik im BGB weitgehend unüblich. Es mag vorkommen, dass einzelne Tatbestandsmerkmale in einer Norm selbst nicht genannt werden und lediglich ihrer Stellung in einem bestimmten Abschnitt des Gesetzes entnommen werden können.385 Eine so weitgehende, schon fast systematische Verlagerung der Anwendungsvoraussetzungen einer Norm in ihre Überschrift ist aber untypisch.386 Es entspricht auch nicht der Aufgabe einer Normüberschrift, die vielmehr den Inhalt der Norm prägnant auf den
381
Rn. 2. 382
So auch BeckOK-Müller-Christmann (01. 11. 2014), § 356b Rn. 2; Erman-Koch, § 356b
BT-Drs. 17/12637, S. 62; Palandt-Grüneberg, § 356b Rn. 1. Vgl. oben E. V. 2. a) cc) (1) und (5). 384 Vgl. außerdem §§ 356, 356a, 356b, 357a, 357b, 357c BGB. 385 So z. B. bei § 326 BGB und der Voraussetzung des Vorliegens eines gegenseitigen Vertrags, vgl. BeckOK-Schmidt (01. 11. 2014), § 326 Rn. 4. 386 So auch DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 10; ders., Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 3 f.; Kohler, GreifRecht 2014, 85, 87 f. 383
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Punkt bringen sollte, um dem Rechtsanwender eine Orientierungshilfe zu geben.387 Davon abgesehen wird diese „neue“ Regelungstechnik nicht einmal in den §§ 355 ff. BGB konsequent verwendet. Bei § 356c BGB wird nämlich ohne ersichtlichen Grund hiervon abgewichen und der Anwendungsbereich im Regelungstext selbst festgelegt.388 Nach alldem überzeugt eine solche Regelungstechnik nicht. Die Festlegung des Anwendungsbereichs sollte weiterhin im Regelungstext selbst erfolgen.389 b) Innere Systematik aa) Das System der Ausnahmeregelungen Das Recht der Verbraucherverträge allgemein und der besonderen Vertriebsformen sowie die Regelungen zum Widerruf sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen. Vor allem die umfassenden Ausnahmekataloge in § 312 BGB und § 312g BGB fallen dabei ins Auge. § 312 Abs. 2 BGB schließt die Anwendbarkeit sämtlicher Vorschriften aus dem Kapitel 2 zu den Außergeschäftsraumund Fernabsatzverträgen aus und damit auch die des Widerrufsrechts gemäß § 312g Abs. 1 BGB. Daneben ist insbesondere auch die allgemeine Informationspflicht bei Verbraucherverträgen nach § 312a Abs. 2 BGB nicht anwendbar. § 312g Abs. 2 BGB hingegen schließt nur das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB aus und lässt die anderen Regelungen, also auch das Bestehen von Informationspflichten unberührt. In Hinblick auf das Widerrufsrecht hat der Gesetzgeber zudem in § 356 Abs. 4 und 5 BGB sachliche Erlöschenstatbestände vorgesehen, die das Widerrufsrecht letztlich ebenfalls beseitigen. Bei diesem komplizierten System von Ausnahmen auf verschiedenen Ebenen des Regelungskonzepts hat der Gesetzgeber aber nicht immer nachvollziehbare und unter Wertungsgesichtspunkten stimmige Entscheidungen getroffen. (1) Notariell beurkundete Verträge Dies betrifft zum einen den Bereich der notariell beurkundeten Verträge. Das System der Ausnahmen ist hier durch zahlreiche Differenzierungen und Abstufungen gekennzeichnet. Ausgenommen von den Vorschriften des Kapitels 2 sowie insbesondere von den allgemeinen Informationspflichten bei Verbraucherverträgen sind gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 1 BGB zunächst alle notariell beurkundeten Verträge über Finanzdienstleistungen, die in Form eines Außergeschäftsraumvertrags geschlossen werden, sowie notariell beurkundete Verträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, sofern die notarielle Beurkundung gesetzlich 387
BMJ, Handbuch, Rn. 372; Kohler, GreifRecht 2014, 85, 87 f. Kohler, GreifRecht 2014, 85, 88. 389 So zu Recht DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 10; ders., Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 3 f.; ders., Zusammenfassung, S. 4. 388
V. Analyse der Gesetzeslage
269
vorgeschrieben ist oder sofern die notarielle Beurkundung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn der Notar über das Entfallen der Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB und des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB belehrt hat. Demnach bleiben alle Vorschriften anwendbar auf notariell beurkundete Verträge über Finanzdienstleistungen, die im Fernabsatz oder auf sonstige Weise mit Ausnahme von Außergeschäftsraumverträgen abgeschlossen wurden und freiwillig beurkundete Verträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, wenn der Notar die genannten Belehrungspflichten nicht eingehalten hat. In diesen Fällen kann aber die Ausnahme vom Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 13 BGB relevant werden. Demnach besteht bei notariell beurkundeten Verträgen grundsätzlich generell kein Widerrufsrecht. Eingeschränkt wird diese Ausnahme nur für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen. Hier greift der Ausschluss nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Informationspflichten aus § 312d Abs. 2 BGB eingehalten wurden. Hält also der Notar bei einem freiwillig beurkundeten Vertrag, der keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand hat, die Belehrungspflicht über das Entfallen des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB nicht ein, ist § 312g BGB grundsätzlich anwendbar, da § 312 Abs. 2 Nr. 1 b) BGB nicht eingreift. Dennoch entfällt aber das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 13 BGB.390 Dies ist wenig nachvollziehbar und der Sinn der Belehrung erschließt sich insoweit nicht.391 Außerdem verlangt § 312 Abs. 2 Nr. 1 b) BGB eine Belehrung über das Wegfallen der besonderen Informationspflichten bei einem Fernabsatz- oder Außergeschäftsraumvertrag, nicht hingegen über das Entfallen der allgemeinen Informationspflichten nach § 312a Abs. 2 BGB. Die Belehrungspflichten sollen sicherstellen, dass sich der Verbraucher über die Rechtsfolgen einer freiwilligen notariellen Beurkundung hinreichend im Klaren ist.392 Auch die allgemeinen Informationspflichten sind aber von dem Anwendungsausschluss nach § 312 Abs. 2 Nr. 1 b) BGB erfasst, deren Entfallen stellt mithin ebenfalls eine Rechtsfolge der freiwilligen notariellen Beurkundung dar. Daher erschließt sich mir eine solche Differenzierung bei den Belehrungspflichten ebenfalls nicht. Im Übrigen geht die notarielle Beurkundung mit einer Beratungs- und Warnfunktion seitens des Notars einher. Dabei ist der Schutz des Verbrauchers hierdurch der gleiche, unabhängig davon, ob eine Beurkundungspflicht bestand oder die Beurkundung freiwillig erfolgte.393 Der Gesetzgeber hat letztlich die Entscheidung getroffen, dass die Vorgaben für die notarielle Beurkundung ausreichen, um an die Stelle der verbraucherschützenden Informationspflichten und des Widerrufsrechts zu treten. Angesichts dessen und angesichts der Stellung des Notars mutet die Belehrungspflicht über das Entfallen
390 391 392 393
So ausdrücklich BT-Drs. 17/13951, S. 62. So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 582. BT-Drs. 17/13951, S. 62. Dt. Notarverein, Stellungnahme v. 17. 01. 2013, S. 4.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
gesetzlicher Rechte des Verbrauchers seltsam an und könnte zu Verunsicherungen des Verbrauchers beitragen.394 Ganz generell stellt sich die Frage, ob eine solch komplizierte Ausnahmestruktur bei notariell beurkundeten Verträgen überhaupt notwendig und sinnvoll ist. Oftmals enthalten Verträge auch sowohl beurkundungspflichtige Teile, als auch andere Teile, die dann aber mitbeurkundet werden. Die Einordnung, ob auch hinsichtlich der mitbeurkundeten Teile eine Beurkundungspflicht entsteht, kann oft schwierig sein.395 Freilich wurde die Problematik gegenüber dem Regierungsentwurf abgeschwächt, indem nunmehr eine Ausnahme auch bei freiwillig beurkundeten Verträgen möglich ist, wenn der Notar entsprechend belehrt. Transparenter und leichter verständlich wäre aber sicherlich eine einheitliche Ausnahmeregelung. Dabei beruhen die vorgenommenen Differenzierungen weitgehend auf Entscheidungen des nationalen Gesetzgebers. Die Verbraucherrechterichtlinie nimmt notariell beurkundete Verträge gemäß Art. 3 Abs. 3 i) VRRL generell aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie heraus. Indem der nationale Gesetzgeber hingegen abstuft, geht er über diese Vorgaben hinaus. Einer über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausgehenden überschießenden Umsetzung steht aber auch der grundsätzlich vollharmonisierende Charakter einer Richtlinie nicht entgegen, so dass die Entscheidungsfreiheit des nationalen Gesetzgebers durch die Verbraucherrechterichtlinie insoweit nicht eingeschränkt wurde.396 Allerdings waren für Verträge über Finanzdienstleistungen die Vorgaben der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie zu beachten. Demnach war insoweit gemäß Art. 6 Abs. 3 c) FinFARL nur ein eingeschränkter Ausschluss des Widerrufsrechts, wie er in § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 13 Hs. 2 BGB umgesetzt wurde, möglich.397 (2) Reiseverträge Nicht stimmig ist das Zusammenspiel der Regelungen auch in Hinblick auf Reiseverträge. Gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB sind von den Vorschriften des Kapitels 2 sowie insbesondere von den allgemeinen Informationspflichten bei Verbraucherverträgen Reiseverträge im Fernabsatz ausgeschlossen, sowie solche in Form von Außergeschäftsraumverträgen bei vorhergehender Bestellung durch den Verbraucher. Bei sonstigen Abschlusssituationen und sonstigen Außergeschäftsraumverträgen sind hingegen alle Vorschriften anwendbar. Das bedeutet letztlich, 394 Wendehorst, NJW 2014, 577, 580 f. bezeichnet das vorliegende Konzept als „kurios“ und beurteilt das Entfallen der Informationspflichten, anders als das Entfallen des Widerrufsrechts, als kritisch. 395 Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 5. 396 Vgl. die Nachweise in E., Fn. 275 und allgemein A., Fn. 19. 397 Art. 14 Abs. 6 VerbrKrRL war meiner Ansicht nach entgegen BT-Drs. 17/12637, S. 57 hier nicht relevant. Gem. § 312g Abs. 3 BGB besteht das Widerrufsrecht nämlich nicht, wenn bereits ein Widerrufsrecht aus dem Verbraucherkreditrecht herrührt. Insoweit enthält § 495 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine eigene Regelung. Dementsprechend nimmt BT-Drs. 17/13951, S. 64 auch nur auf die FinFARL Bezug. Anders Palandt-Grüneberg, § 312g Rn. 16.
V. Analyse der Gesetzeslage
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dass § 312g BGB nur noch bei Reiseverträgen in Form von Außergeschäftsraumverträgen ohne vorhergehende Bestellung des Verbrauchers eingreift. Hier ist dann § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 und S. 2 BGB zu beachten. Demnach ist bei Verträgen über Pauschalreisen nach Nr. 9 das Widerrufsrecht grundsätzlich ausgeschlossen.398 Anders ist dies aber aufgrund der Einschränkung durch Satz 2 bei Außergeschäftsraumverträgen, sofern keine vorhergehende Bestellung durch den Verbraucher erfolgte. Die Formulierung dieser Ausnahme ist unnötig kompliziert. Da § 312g BGB ohnehin nur noch bei Reiseverträgen in Form von Außergeschäftsraumverträgen ohne vorhergehende Bestellung des Verbrauchers zur Anwendung kommt, reicht es aus, einfach Reiseverträge von § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 BGB auszunehmen.399 Dies könnte unmittelbar dort geregelt werden, so dass sich § 312g Abs. 2 S. 2 BGB insgesamt erübrigen würde. Über die Angemessenheit eines verringerten Schutzes des Verbrauchers bei Reiseverträgen kann generell diskutiert werden.400 Dabei handelt es sich aber letztlich um eine rechtspolitische Vorfrage, so dass hier nicht näher darauf eingegangen werden soll. Durch die konkrete Ausgestaltung entsteht jedoch bereits durch die Regelung des § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB eine aus Wertungsgesichtspunkten nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung von in verschiedenen Situationen abgeschlossenen Reiseverträgen. Werden diese ganz klassisch im Reisebüro abgeschlossen, ist keine Ausnahme einschlägig, so dass sämtliche Regelungen der allgemeinen Vorschrift zu Verbraucherverträgen des § 312a BGB eingreifen. Insbesondere gelten also die allgemeinen Informationspflichten des § 312a Abs. 2 BGB sowie die Regelung zu den Telefon-Hotlines des § 312a Abs. 5 BGB. Wird der Vertrag dagegen im Fernabsatz geschlossen, also in einer für den Verbraucher gefährlicheren Abschlusssituation, schließt hingegen § 312 Abs. 2 Nr. 4 a) BGB die Regelungen des Kapitels 2 und damit die besonderen Informationspflichten aus. Auch die Regelung zu den Telefon-Hotlines und den allgemeinen Informationspflichten aus § 312a Abs. 5, Abs. 2 BGB sind durch den Ausnahmetatbestand ausgeschlossen, wobei Letztere bei den besonderen Vertriebsformen der Fernabsatz und Außergeschäftsraumverträge schon nach § 312a Abs. 2 S. 3 BGB nicht eingreifen. Gleiches gilt gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 4 b) BGB für einen Teilbereich der Außergeschäftsraumverträge. Damit ist der Schutz des Verbrauchers bei für ihn gefährlicheren Situationen erheblich niedriger als bei der herkömmlichen Abschlusssituation im Reisebüro. Dies ist nicht überzeugend.401 Dieser Wertungswiderspruch beruht letztlich wiederum auf einer Entscheidung allein des nationalen Gesetzgebers. Die Verbraucherrechterichtlinie nimmt Verträge über Pauschalreisen gemäß Art. 3 Abs. 3g) VRRL generell von ihrem Anwendungsbereich aus. Eine überschießende Umsetzung über den Anwendungsbereich 398
Vgl. BT-Drs. 17/13951, S. 64. So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 582. 400 Kritisch z. B. Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 2; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 5; Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 21; Wendehorst, NJW 2014, 577, 580; zu § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB a.F. Staudinger-Thüsing, § 312b Rn. 84 und Tonner, RRa 2000, 163, 164. 401 Wendehorst, NJW 2014, 577, 580. 399
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
der Richtlinie hinaus ist aber möglich.402 Die Pauschalreiserichtlinie ist nach ihrem Art. 8 lediglich mindestharmonisierend und steht einem weitergehenden Schutz des Verbrauchers daher nicht entgegen.403 Aus den europäischen Vorgaben ergeben sich mithin keine Gründe dafür, diese nicht nachvollziehbare Differenzierung des Schutzniveaus bei Reiseverträgen vorzunehmen. Der Gesetzgeber wollte die bisherige Rechtslage beibehalten, wonach Pauschalreiseverträge vom Fernabsatzrecht ausgeschlossen waren, dem gegenüber dem Außergeschäftsraumvertrag engeren Haustürgeschäft aber unterfielen.404 Dabei wurde übersehen, dass durch § 312a BGB unabhängig von der Vertriebsform bestehende allgemeine Pflichten eingeführt wurden. (3) Die Erlöschenstatbestände des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB Anlass zur Kritik geben schließlich die Erlöschenstatbestände des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB, wonach das Widerrufsrecht bei Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung nicht verkörperter digitaler Inhalte unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig erlischt. Damit wurde letztlich eine weitere Kategorie von Ausnahmen vom Widerrufsrecht geschaffen. Wenig nachvollziehbar ist allerdings die Herausnahme gerade dieser Regelungen aus dem Katalog der Ausnahmetatbestände vom Widerrufsrecht in § 312g Abs. 2 BGB. Auch dort finden sich nämlich Tatbestände, die davon abhängen, ob bestimmte Umstände später eintreten, mithin letztlich Erlöschenstatbestände, wie etwa das Entfernen der Versiegelung bei den Nummern 3 und 6 oder die Vermischung bei der Nummer 4.405 Dennoch wurden sie bei den Ausnahmetatbeständen geregelt und nicht gesondert als Erlöschenstatbestände. Die Verbraucherrechterichtlinie macht ebenfalls keinen solchen Unterschied. Die Vorgaben für die Regelungen des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB finden sich neben den anderen Ausnahmen vom Widerrufsrecht in Art. 16 a) und m) VRRL.406 Auch der nach vorheriger Rechtslage maßgeblichen europäischen Vorgabe des Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 FARL, auf der die ähnliche Regelung des § 312d Abs. 3 BGB a.F. beruhte, ließ sich dieses Konzept nicht entnehmen, genauso wenig Art. 6 Abs. 2 c) FinFARL. Diese unterschiedliche Verortung von Ausnahmen beeinträchtigt die Übersichtlichkeit der Regelungen weiter. Im Übrigen wäre es nachvollziehbarer, wenn schon eine Differenzierung zwischen Ausnahmetatbeständen und Erlöschenstatbeständen erfolgen soll, auch die Regelungen des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB entsprechend denen des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB als Erlöschenstatbestände zu konzipieren. Auch der Gesetzgeber geht schließlich an 402
Vgl. die Nachweise in E., Fn. 275 und allgemein A., Fn. 19. So auch BT-Drs. 17/13951, S. 62. 404 BT-Drs. 17/13951, S. 62, 63 f. 405 Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, Fn. 5; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71 zu § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 6 BGB; Buchmann, K&R 2014, 369, 372, 374 zu § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 6 BGB; auch Unger, ZEuP 2012, 270, 296, Fn. 127 weist bezogen auf die VRRL auf die Parallelität dieser Tatbestände hin. 406 Darauf weisen Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71 ebenfalls hin. 403
V. Analyse der Gesetzeslage
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anderer Stelle, nämlich in Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB, von der Parallelität dieser Regelungen aus.407 Die Differenzierung dort wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt,408 was vielleicht erklärt, warum nicht auch bei den Regelungen im BGB eine andere Unterscheidung getroffen wurde. Schließlich wirft die Verortung in § 356 BGB als Erlöschenstatbestand auch aus materieller Sicht Fragen auf, die der Gesetzestext nach meiner Ansicht nicht ausreichend beantwortet. Da das Widerrufsrecht erst bei vollständiger Vertragserfüllung bzw. mit Beginn der Ausführung des Vertrags erlischt, besteht es zunächst. Demnach ergibt sich aus § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB bzw. bei Verträgen über Finanzdienstleistungen aus § 312d Abs. 2 BGB, Art. 246b § 1 Nr. 12 EGBGB eine Pflicht des Unternehmers den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu unterrichten.409 Unklar bleibt, ob auch das Erlöschen des Widerrufsrechts nur eintritt, wenn der Unternehmer dem ordnungsgemäß nachgekommen ist.410 Für die Fassungen der Vorgängerregelung des § 312d Abs. 3 BGB a.F. haben Rechtsprechung und herrschende Literatur dies u. a. mangels Anhaltspunkt im Wortlaut der Norm und aufgrund des fehlenden Schutzbedürfnisses des Verbrauchers wegen eventueller Schadensersatzansprüche bzw. später wegen des Erfordernisses der vollständigen Vertragserfüllung verneint.411 Dies kann auf die mit der letzten Fassung des § 312d Abs. 3 BGB a.F. vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie nahezu wortlautidentische Regelung für Verträge über Finanzdienstleistungen in § 356 Abs. 4 S. 2 BGB übertragen werden. Bei der Regelung für sonstige Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in § 356 Abs. 4 S. 1 BGB und der Regelung für Verträge über nicht verkörperte digitale Inhalte in § 356 Abs. 5 BGB findet sich hingegen mit der Voraussetzung, dass der Verbraucher seine Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrechts bestätigen muss, nunmehr ein Anhaltspunkt im Gesetz. Unklar bleibt aber, ob die gesetzlichen Informationspflichten bezogen auf das Widerrufsrecht umfassend und ordnungsgemäß erfüllt worden sein müssen oder ob ein schlichter Hinweis auf das Widerrufsrecht und seinen Verlust für die Folge des Erlöschens des Widerrufsrechts ausreichend ist. Auch die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten im EGBGB gibt darüber keine zufriedenstellende Auskunft. Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB enthält zwar eine Sonderregelung für die Informationspflichten beim 407
Vgl. auch Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, Fn. 5. Vgl. BT-Drs. 17/13951, S. 33, 70. 409 Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 6 für nicht verkörperte digitale Inhalte; davon gehen auch BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 4 und ders., Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 11 für nicht verkörperte digitale Inhalte; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71; Palandt-Grüneberg, § 356 Rn. 9 ff. aus. 410 Davon gehen wohl zumindest BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 4 und ders., Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 11 für nicht verkörperte digitale Inhalte; Palandt-Grüneberg, § 356 Rn. 9 ff. aus. 411 BGHZ 166, 369, 382; Bamberger/Roth-Schmidt-Räntsch, 1. A., § 312d Rn. 21; BeckOK-Schmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312g Rn. 32; MüKoBGB-Wendehorst, § 312d Rn. 54; die Rechtsprechung des BGH war auf die spätere Fassung der Regelung übertragbar, vgl. Taxhet/Artz, ZGS 2009, 264, 268; a.A. HK-Schulte-Nölke, 7. A., § 312d Rn. 3. 408
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Erlöschen des Widerrufsrechts. Statuiert wird aber lediglich die Pflicht zur Unterrichtung über die Umstände, unter denen das Widerrufsrecht verloren geht. Über die Widerrufsbelehrung an sich wird keine Aussage getroffen. Unabhängig von der Frage des Erlöschens des Widerrufsrechts besteht aber zumindest die Gefahr einer Schadensersatzpflicht, wenn der Unternehmer den gesetzlichen Informationspflichten nicht nachkommt, so dass jedenfalls dieser Gesichtspunkt eine umfassende, ordnungsgemäße Information des Verbrauchers erforderlich macht. Bei den Verträgen über nicht verkörperte digitale Inhalte, die in der Regel von Anfang an auf unmittelbare Erfüllung ausgerichtet sind, mutet diese allerdings seltsam und als bloße Förmelei an, da unmittelbar nach der Belehrung die Bestätigung des nahezu sofortigen Verlusts des Widerrufsrechts gefordert wird.412 Demnach wäre jedenfalls eine Klarstellung im Gesetz wünschenswert, wonach der Unternehmer in den Fällen des § 356 Abs. 5 BGB nicht den vollen Informationspflichten über das Widerrufsrecht unterliegt, sondern lediglich pauschal darauf hinweisen muss, zumindest dann, wenn der Vertragsschluss, das Einholen der erforderlichen Erklärungen des Verbrauchers und der Beginn der Vertragsausführung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang erfolgen.413 In den Fällen des § 356 Abs. 4 BGB hingegen kann das Widerrufsrecht durchaus etwas länger bestehen, so dass eine vollständige Belehrung sinnvoll erscheint.414 Wünschenswert wäre insoweit aber eine Klarstellung, ob dies auch Voraussetzung für das spätere Erlöschen des Widerrufsrechts ist. Bei den von der Struktur her mit den Erlöschenstatbeständen des § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB vergleichbaren Ausnahmetatbeständen des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB sind die Belehrungspflichten ebenfalls nicht ganz klar. Von der Gesetzeskonstruktion her besteht in diesen Fällen kein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB, so dass die Informationspflichten gemäß § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB nicht eingreifen, sondern nur die des Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB. Dieser Einschätzung widerspricht aber der Wortlaut des Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB, der hier von einem „zunächst bestehende[n] Widerrufsrecht“ spricht. Zudem weiß der Unternehmer zunächst nicht, ob tatsächlich ein solcher Ausnahmetatbestand eintreten wird, so dass er umfassend informieren muss, um sich abzusichern. Auch hier sollte daher eine gesetzliche Klarstellung erfolgen. Die bloße Verschiebung des Erlöschenstatbestands des § 356 Abs. 5 BGB in § 312g Abs. 2 S. 1 BGB reicht daher meiner Ansicht nach nicht aus, um die Unklarheiten bezüglich der Belehrungspflichten bei nicht verkörperten digitalen Inhalten zu lösen.415 412
BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 4; ders., Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 11; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71. 413 Ähnlich Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 6; ohne das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 4; ders., Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 11; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71. 414 Anders Föhlisch/Dyakova, E., Fn. 413, die nicht zwischen § 356 Abs. 4, 5 BGB differenzieren. 415 So aber der bevorzugte Vorschlag von BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 3 f.; ders., Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 10 f.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Die Vorgaben auf europäischer Ebene bleiben diesbezüglich ähnlich unklar. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) FinFARL ist über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts zu belehren und lediglich im ersten Fall hat eine umfassende Widerrufsbelehrung zu erfolgen. Der im BGB nunmehr gem. § 356 Abs. 4 S. 2 BGB als Erlöschensgrund geregelte Fall stellt einen Ausschlussgrund des Widerrufsrechts gemäß Art. 6 Abs. 2 c) FinFARL dar. Die Auswirkungen auf die Belehrungspflichten in dem Fall, in dem der Ausschlussgrund nachträglich hinzutretende Umstände betrifft, bleiben in der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie letztlich offen. Nach der Verbraucherrechterichtlinie hat gemäß Art. 6 Abs. 1h) VRRL eine Widerrufsbelehrung „im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts“ zu erfolgen. Ein solches ist aber gem. Art. 16 a), e), f), i), m) VRRL in den hier betrachteten Fällen der Erlöschenstatbestände gem. § 356 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 BGB und der Ausnahmetatbestände gem. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB nicht einzuräumen. Hierzu ergänzt Art. 6 Abs. 1 k) VRRL, dass der Verbraucher über die Umstände belehrt werden muss, unter denen er sein Widerrufsrecht verliert. Eine Aussage über die ursprüngliche Widerrufsbelehrung wird aber nicht getroffen. An dieser Konstruktion der Richtlinie hat sich der nationale Gesetzgeber hinsichtlich der Ausnahmetatbestände gemäß § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB orientiert und die offenen Fragen mitübernommen. Durch die abweichende Konstruktion mit den Erlöschenstatbeständen im Übrigen wurde zwar eine klarere Aussage bezüglich des Bestehens der Pflicht zu einer Widerrufsbelehrung getroffen, die letzte Verknüpfung zwischen dieser und der Rechtsfolge des Erlöschens des Widerrufsrechts wurde allerdings auch hier nicht eindeutig geregelt. bb) Die Umsetzung des Verbraucherschutzgedankens Ziel der Verbraucherrechterichtlinie ist es gem. Art. 1 VRRL, „ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen“. Der Verbraucherschutzgedanke ist damit auch das tragende Prinzip hinter dem nationalen Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie. Nichtsdestotrotz verfolgen die Neuregelungen im Bereich der allgemeinen Verbraucherverträge, der besonderen Vertriebsformen und des Widerrufsrechts diese Zielsetzung nicht immer konsequent. (1) Informationsflut Ein wesentliches Element des Verbraucherschutzes stellen auch in diesem Bereich Informationspflichten des Unternehmers dar. Hierdurch soll eine freie Entscheidung des Verbrauchers ermöglicht werden, also materiale Privatautonomie zur Geltung gelangen.416 Konkret finden sich vorliegend allein im EGBGB über viereinhalb Seiten des Bundesgesetzblatts hinweg Vorgaben zu den Informationspflichten des Unternehmers. Art. 246 EGBGB betrifft dabei den Verbrauchervertrag 416
Vgl. dazu bereits oben D. V. 6. c) aa) (2).
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allgemein, Art. 246a EGBGB Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, Art. 246b EGBGB Verträge in diesen beiden Vertriebsformen über Finanzdienstleistungen und Art. 246c EGBGB Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr. Die dort aufgeführten Informationskataloge sind zum Teil äußerst umfangreich. So umfasst etwa Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB 16 Ziffern, Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB gar 19 Ziffern. Darüber hinaus finden sich weitere Vorschriften zu Informationspflichten vereinzelt im BGB.417 Die Erteilung von Informationen an den Verbraucher ist durchaus ein sinnvolles Mittel, diesen zu schützen. Allerdings verkehrt sich der Schutz des Verbrauchers bei einem zu ausgedehnten Gebrauch hiervon in sein Gegenteil. Wird der Verbraucher mit Informationen überschüttet, birgt dies die Gefahr der Überforderung.418 Dies kann dazu führen, dass der Verbraucher sich der Masse an Informationen von vornherein verweigert oder auf weitere über die bereits erhaltenen Informationen hinausgehende Informationen verzichtet. Damit entstehen faktisch ähnliche Situationen wie bei einem Informationsdefizit.419 Auch Fehleinschätzungen hinsichtlich der Wichtigkeit einzelner Angaben sind denkbar.420 Der Verbraucher mag das Problem der Informationsüberflutung ferner dadurch lösen, dass er selektiert, sich also auf die ihm wichtig erscheinenden Informationen konzentriert und die anderen mehr oder weniger ausblendet. Ob es sich dabei auch tatsächlich um die zentralen Aspekte handelt, hängt stark von den Fähigkeiten und Vorkenntnissen des Verbrauchers ab. Oftmals werden ihm die nötigen Kenntnisse fehlen, um dies beurteilen zu können, zumal ihm diese Kenntnisse gerade erst vermittelt werden sollen.421 In manchen Bereichen wird er außerdem bereits durch seinen Vertragspartner vorgeprägt sein und die aus seiner Sicht relevanten Informationen unter diesem Eindruck auswählen.422 Problematisch ist daran zudem, dass der Verbraucher seine Entscheidung subjektiv als besonders gut und sicher empfinden wird, da ihm ja zahlreiche Informationen zur Verfügung standen.423 Dies könnte sich meiner Ansicht nach kontraproduktiv auf das nachvertragliche Verhalten des Verbrauchers auswirken. Steht ihm beispielsweise ein Widerrufsrecht zu, wird er unter Umständen aufgrund dieser trügerischen Sicherheit weniger geneigt sein, über diese Option nachzudenken. Nach alldem kann also eine Informationsflut auch nicht leichtfertig damit abgetan werden, dass sie zwar nicht hilfreich ist, aber ja auch nicht schadet. Sie ist nämlich schon in 417
Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (7). Vgl. zu den Grenzen der menschlichen Informationsverarbeitung auf Grundlage der Konsumentenverhaltensforschung v. a. Kind, S. 466 ff, 513 ff. m.w.N. 419 van den Bergh, in: Ott/Schäfer, S. 77, 84 f.; Kind, S. 513; Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 37 f., 41. 420 Kind, S. 513 f. 421 Kind, S. 471 f.; Wendlandt, VuR 2004, 117, 120; Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 37 f. 422 Vgl. etwa zum Time-Sharing Kind, S. 514; Wendlandt, VuR 2004, 117, 120. 423 Kind, S. 470, 514; Wendlandt, VuR 2004, 117, 120; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/ Grigoleit u. a., S. 223, 249. 418
V. Analyse der Gesetzeslage
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Hinblick auf die Informationswahrnehmung selbst mit negativen Auswirkungen verbunden. Insbesondere besteht die Gefahr, dass auch die wirklich wichtigen Punkte den Verbraucher nicht mehr erreichen.424 Hinzu kommt noch, dass die Unternehmen die Kosten für die Erteilung von Informationen in der Regel auf die Verbraucher umlegen werden425 und dass der Gesetzgeber unter Umständen angesichts des vermeintlich bestehenden Schutzes durch Information auf andere Verbraucherschutzinstrumente verzichten könnte.426 Stark kritisiert wurde der Umfang an Informationspflichten in der Vergangenheit vor allem bei der Umsetzung der ursprünglichen Time-Share-Richtlinie.427 Die in den Bereichen der Fernabsatz- oder Außergeschäftsraumverträge angeordneten Informationspflichten in den Art. 246a, 246b EGBGB bieten in diesem Zusammenhang angesichts ihres Umfangs jedoch zu Recht erneut Anlass zur Kritik.428 Wünschenswert wäre in diesem Bereich also eine Durchmusterung der Informationen auf ihre Erforderlichkeit und eine Begrenzung auf die tatsächlich wichtigen Aspekte.429 Ein gesetzlich verankertes Recht des Verbrauchers darüber hinaus weitergehende Informationen vom Unternehmer fordern zu können, erscheint mir hingegen nicht sinnvoll.430 Zum einen steht es dem Verbraucher ohnehin frei weiter nachzufragen und bei fehlender Kooperation die Konsequenzen zu ziehen. Zum anderen müssten die Unternehmer dann vorsorglich entsprechende weiterreichende Informationskataloge vorhalten, so dass hier wiederum Kosten entstünden, die auf die Verbraucher umgelegt würden. Ferner könnten die Unternehmer geneigt sein, diese Informationskataloge auch ohne Aufforderung und gesetzliche Pflicht an die Verbraucher weiterzugeben, da sie sie ja nun einmal erarbeitet haben. Zu einer Informationsentlastung der Verbraucher würde es dann nicht kommen. Als Alternative zu der einschneidenden Veränderung einer deutlichen Reduktion der zu erteilenden Informationen kommt eine Hervorhebung der besonders wichtigen Aspekte in Betracht.431 Dies würde dem Verbraucher zumindest die Strukturierung und Gewich424 Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit u. a., S. 223, 249; Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 41. 425 van den Bergh, in: Ott/Schäfer, S. 77, 84; Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 40. 426 Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 41; Schmidt-Kessel, VuR 2012, 350, 353 spricht insoweit von „symbolischer Alibigesetzgebung“. 427 Richtlinie 94/47/EG, s. D., Fn. 500; ausführlich Kind, S. 513 ff. und Wendlandt, VuR 2004, 117 ff. 428 DIHK, Stellungnahme vom 05. 11. 2012, S. 1; Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme vom 09. 04. 2013, S. 11; BDD, Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 5; Föhlisch/ Dyakova, MMR 2013, 3, 7; kritisch in Bezug auf die Verbraucherrechterichtlinie auch bereits Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 32. 429 Kieninger, Referat zum 69. DJT, I 29, 42 ff. unter Erläuterung der Kriterien, nach denen die Informationen auszuwählen sind; in diese Richtung auch van den Bergh, in: Ott/Schäfer, S. 77, 85; Kind, S. 530 f. m.w.N.; Wendlandt, VuR 2004, 117, 121 f.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit u. a., S. 223, 249. 430 So aber van den Bergh, in: Ott/Schäfer, S. 77, 85; Wendlandt, VuR 2004, 117, 122. 431 Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit u. a., S. 223, 249.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
tung der Informationsvielfalt erleichtern. Freilich muss im Bereich der Verbraucherinformation gerade im Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinie ein Umdenken bereits auf europäischer Ebene erfolgen, da der nationale Gesetzgeber angesichts der vollharmonisierenden Vorgaben kaum Spielraum hat. (2) Verschlechterungen für den Verbraucher Ein Widerspruch zu der Zielsetzung, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, könnte auch darin gesehen werden, dass sich die Rechtslage des Verbrauchers an einigen Stellen gegenüber der Rechtslage vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie verschlechtert hat. Lediglich beispielhaft soll in diesem Zusammenhang auf einzelne Punkte hingewiesen werden, ohne freilich einen umfassenden Vorher-Nachher-Vergleich der Rechtslage vorzunehmen. Zu nennen sind etwa die Anforderungen an die Ausübung des Widerrufsrechts. Nach der alten Rechtslage war der Widerruf gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist zu erklären. Demgegenüber finden sich in § 355 Abs. 1 BGB und auch in den besonderen Vorschriften bei bestimmten Vertragsarten keine formalen Vorgaben für die Widerrufserklärung mehr. § 355 Abs. 1 S. 3 BGB verlangt aber eine eindeutige Widerrufserklärung. Mithin wurde die Möglichkeit der kommentarlosen Rücksendung der Sache abgeschafft.432 Dies stellt eine Verkomplizierung und damit eine Verschlechterung der Rechtslage für den Verbraucher dar.433 Die Ermöglichung des Widerrufs in beliebiger Form scheint demgegenüber eine Erleichterung für den Verbraucher zu bringen. Allerdings obliegt dem Verbraucher die Beweislast für das Vorliegen einer rechtzeitigen Widerrufserklärung. Die vermeintliche Erleichterung kann sich also zu einem Nachteil des Verbrauchers verkehren, wenn dieser später Beweisproblemen gegenübersteht.434 Dieses Problem hat auch bereits der Gesetzgeber gesehen, der dem Verbraucher vor dem Hintergrund der Beweislastproblematik weiterhin zur Textform rät.435 Art. 11 Abs. 1 S. 2 b) VRRL lässt jedoch explizit eine Widerrufserklärung „in beliebiger anderer Form“ als das Muster-Widerrufsformular zu. Der nationale Gesetzgeber musste daher angesichts der grundsätzlich vollharmonisierenden Wirkung nach Art. 4 VRRL einen formlosen Widerruf vorsehen, wenngleich selbst die Richtlinie in Erwägungsgrund 44 auf die Beweisproblematik hinweist.
432 BT-Drs. 17/12637, S. 60; Palandt-Grüneberg, § 355 Rn. 5; so in Bezug auf die VRRL bereits Unger, ZEuP 2012, 270, 289 unter Verweis auf deren Erwägungsgrund 44; a.A. Janal, WM 2012, 2314, 2320. 433 Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 74; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 454. 434 BITKOM, Stellungnahme v. 01. 11. 2012, S. 5; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 74. Ein solches Beweisproblem hat sich nach der alten Rechtslage auch bei der bloßen Rücksendung der Sache nicht gestellt, vgl. dazu ebda. 435 BT-Drs. 17/12637, S. 60; ebenso Palandt-Grüneberg, § 355 Rn. 6.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Weitere Verschlechterungen für den Verbraucher ergeben sich im Zusammenhang mit den Rückgewährpflichten nach dem Widerruf. So gewährt § 357 Abs. 4 S. 1 BGB dem Unternehmer bei Verbrauchsgüterkäufen im Fernabsatz oder in Form von Außergeschäftsraumverträgen ein Zurückbehaltungsrecht. Den Verbraucher trifft demnach bei den Rückgewährpflichten eine Vorleistungspflicht.436 Nach der alten Rechtslage waren die Parteien dagegen zur Erfüllung der Rückgewährpflichten gemäß §§ 357 Abs. 1 S. 1, 348 BGB a.F. Zug-um-Zug verpflichtet. Lediglich für den Fall, dass das Widerrufsrecht durch ein Rückgaberecht nach § 356 BGB ersetzt worden war, war der Verbraucher vorleistungspflichtig.437 Auf den Rechtsgedanken des Rückgaberechts greift auch die Gesetzesbegründung zur Einführung des Zurückbehaltungsrechts zurück.438 Die Vorleistungspflicht des Verbrauchers stellt damit keine völlige Neuerung dar, sie wird aber doch gegenüber der alten Rechtslage deutlich ausgeweitet, da sie nicht mehr von der Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht abhängt, sondern bereits für das Widerrufsrecht selbst angeordnet wird. Auch hier war der Gesetzgeber, zumindest im Anwendungsbereich der Richtlinie, an die Vorgaben des Art. 13 Abs. 3 VRRL gebunden. Außerdem trägt der Verbraucher nunmehr gemäß § 357 Abs. 6 S. 1 BGB grundsätzlich die Rücksendekosten.439 Diese oblagen nach der alten Rechtslage gemäß § 357 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. grundsätzlich dem Unternehmer. Auch hier setzte der Gesetzgeber Vorgaben aus der Verbraucherrechterichtlinie um, nämlich aus Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2, 6 Abs. 6 VRRL. Außerdem verschlechterte sich die Rechtslage für den Verbraucher bei den Regelungen zur Widerrufsfrist zum Teil. So wurde bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen wie auch bei Ratenlieferungsverträgen durch die Einführung der Höchstfristen in §§ 356 Abs. 3 S. 2, 356c Abs. 2 S. 2 BGB die endlose Widerrufsmöglichkeit bei Nichtbelehrung bzw. nicht ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht abgeschafft.440 Nach alter Rechtslage gab es zwar in § 355 Abs. 4 S. 1 BGB a.F. ebenfalls eine Höchstfrist für das Widerrufsrecht. Diese galt aber gemäß § 355 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. gerade nicht bei Belehrungsmängeln. Damit ist die stärkste Sanktion bei Belehrungsmängeln weggefallen.441 Abgeschafft wurde außerdem die verlän436 Kritisch insoweit auch Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 3; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 4; Halm, VuR 2014, 1, 2; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 74 spricht von einer „Stärkung der Unternehmerrechte“. 437 Vgl. dazu MüKoBGB-Masuch, § 356 Rn. 15. 438 BT-Drs. 17/12637, S. 63. 439 Kritisch hierzu Tonner, VuR 2013, 443, 446; ders., VuR 2014, 23, 24; Halm, VuR 2014, 1, 2. 440 Vgl. dazu auch E. V. 2. a) cc) (2); kritisch insoweit auch Verbraucherkommission BadenWürttemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 2 f.; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 4; Tonner, VuR 2013, 443, 446; ders., VuR 2014, 23, 24; Halm, VuR 2014, 1, 2. 441 Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 2 f.; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 4 f.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
gerte Widerrufsfrist von einem Monat bei Nachholung der Widerrufsbelehrung, wie sie sich in § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. fand.442 Auch zu diesem Problembereich enthält die Verbraucherrechterichtlinie mit Art. 10 VRRL vollharmonisierende Vorgaben. Als weiteres Beispiel für eine Verschlechterung der Rechtslage des Verbrauchers können die Ausnahmekataloge in §§ 312 Abs. 2, 312g Abs. 2 S. 1 BGB herangezogen werden. Durch die Vereinheitlichung der Regelungen über Fernabsatzverträge und Außergeschäftsraumverträge wurden viele Ausnahmen, die bislang nur für Fernabsatzverträge galten, auch auf Außergeschäftsraumverträge ausgeweitet, so dass der Verbraucher in diesem Bereich insbesondere Widerrufsmöglichkeiten verliert.443 So waren viele der Ausnahmetatbestände in §§ 312b Abs. 3, 312d Abs. 4 BGB a.F. enthalten ohne Entsprechung bei den Haustürgeschäften. Zwar werden manche der Ausnahmen wohl faktisch nur bei Fernabsatzverträgen relevant, wie z. B. die des § 312 Abs. 2 Nr. 9 BGB, und in manchen Bereichen hat der Gesetzgeber auch das bestehende Schutzniveau übernommen, so etwa nach vorangegangener Kritik bei Reiseverträgen durch die eingeschränkten Ausnahmen nach §§ 312 Abs. 2 Nr. 4, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9, S. 2 BGB oder bei § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 12 BGB. Als Beispiel für eine Verschlechterung für den Verbraucher kann aber § 312 Abs. 2 Nr. 8 BGB angeführt werden. Das Pendant dazu fand sich in § 312b Abs. 3 Nr. 5 BGB a.F. und nahm derartige Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln etc. nur vom Fernabsatzrecht aus. Ein Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften bestand hingegen.444 Ähnliches gilt für § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Verträge über die Errichtung von Bauwerken waren bislang von § 312b Abs. 3 Nr. 4 BGB a.F. erfasst, die Ausnahme bezüglich der erheblichen Umbaumaßnahmen wurde neu geschaffen. Es bleibt zwar zu hoffen, dass derartige Verträge mit einer großen Tragweite weder im Fernabsatz noch durch Außergeschäftsraumverträge geschlossen werden,445 auszuschließen ist dies jedoch nicht. Unabhängig davon werden dem Verbraucher hierdurch jedenfalls weitere Widerrufsmöglichkeiten genommen. Im Rahmen von § 312g Abs. 2 S. 1 BGB ist beispielsweise auf die Nummern 1, 2, 4, 6 und 8 hinzuweisen, die die bisherigen Ausnahmen lediglich vom Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen aus § 312d Abs. 4 Nr. 1, 2 und 6 BGB a.F. auch für Außergeschäftsraumverträge übernehmen. Bei den Verträgen über die Lieferung von Zeitschriften, Zeitungen und Illustrierten führt § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB zu Verbesserungen und Ver442
Vgl. dazu ebenfalls Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme vom 05. 11. 2012, S. 2 f.; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 4 Fn. 5; Halm, VuR 2014, 1, 2. 443 Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448; Tonner, VuR 2013, 443, 445; ders., VuR 2014, 23, 24; Halm, VuR 2014, 1, 2; vgl. zu sämtlichen Änderungen bei den Ausnahmen vom Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge und Außergeschäftsraumverträge die tabellarische Übersicht bei Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 455 f. 444 Kritisch in Bezug auf den Umfang der Ausnahme die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/12637, S. 92; Brönneke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 2 und Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme v. 09. 04. 2013, S. 4. 445 Vgl. die Anmerkung in BT-Drs. 17/12637, S. 46, wonach derartige Verträge in der Regel nicht in diesen besonderen Vertriebsformen geschlossen werden.
V. Analyse der Gesetzeslage
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schlechterungen gegenüber § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB a.F. Die Rückausnahme für telefonische Vertragserklärungen fällt weg, dafür wird eine allgemeine Rückausnahme für Abonnementverträge aufgenommen.446 Diese sind für den Verbraucher besonders lästig und unter Umständen schwer kündbar. Natürlich beruhen auch die Ausnahmekataloge auf europäischen Vorgaben, vgl. Art. 3 Abs. 3, 16 VRRL. Was allerdings die generellen Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie angeht, ist der nationale Gesetzgeber trotz des Grundsatzes der Vollharmonisierung frei, eine überschießende Umsetzung dahingehend vorzunehmen, dass er nicht alle Ausnahmen oder die Ausnahmen nicht in vollem Umfang übernimmt.447 Bei den Bereichsausnahmen des § 312 Abs. 2 BGB hätte demnach Spielraum bestanden, den der nationale Gesetzgeber jedoch nicht immer genutzt hat. Anders ist dies bei den Ausnahmen allein vom Widerrufsrecht.448 Diese rein punktuelle Betrachtung der Änderungen unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes greift jedoch zum Teil zu kurz. So trägt die Abschaffung eines endlosen Widerrufsrechts etwa dem Streben nach Rechtssicherheit und Rechtsfrieden Rechnung.449 Auch mit der Abschaffung der kommentarlosen Rücksendung geht ein nunmehr höheres Maß an Rechtssicherheit einher. Das Problem, dass der Unternehmer zuweilen nicht weiß, ob die Rücksendung als Widerruf oder als Geltendmachung von Gewährleistungsrechten zu verstehen ist, dürfte damit nämlich wegfallen.450 Der Verzicht auf ein Formerfordernis für die Widerrufserklärung bringt für Verbraucher auch Vorteile. Die Unwirksamkeit eines Widerrufs wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvorgaben wird hierdurch vermieden.451 Das Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers wird dadurch relativiert, dass der Nachweis des Verbrauchers über die Absendung der Ware ausreicht, um dieses zu beenden452 und die Verteilung der Hin- und Rücksendekosten erscheint unter dem Aspekt, in wessen Verantwortungsbereich die Kosten liegen, als durchaus nachvollziehbar.453 Davon abgesehen ist auch immer in die Überlegungen einzubeziehen, dass die Unternehmer ihnen auferlegte Risiken und Kosten letztlich über den Preis auf alle Verbraucher umlegen werden, so dass es durchaus auch unter dem Aspekt des
446 So auch Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 450; von einer Erhöhung des Schutzniveaus spricht gar Verbraucherzentrale Bundesverband, Stellungnahme v. 09. 04. 2013, S. 7 f.; eher kritisch Tonner, VuR 2014, 23, 24. 447 Vgl. die Nachweise in E., Fn. 275 und allgemein A., Fn. 19. 448 Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 449. 449 So auch Koch, JZ 2014, 758, 760, 763. 450 Koch, JZ 2014, 758, 760, 763; auf dieses Problem weisen auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 74 hin. 451 Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 454. 452 So Koch, JZ 2014, 758, 762, 763. 453 Koch, JZ 2014, 758, 762, 763; in diese Richtung auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71, 75.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Verbraucherschutzes Sinn macht, nicht einseitig den Unternehmer zu belasten.454 Die Vereinheitlichung der Regelungen zu Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen ist an sich in Hinblick auf eine bessere Übersichtlichkeit und Handhabung durch den Rechtsanwender wünschenswert. Andere Änderungen erweitern außerdem den Schutz des Verbrauchers gegenüber der vorhergehenden Rechtslage. So ist beispielsweise der Anwendungsbereich der Außergeschäftsraumverträge weiter als der bisherige des Haustürgeschäfts455 und für Verbraucherverträge im Allgemeinen wurden gänzlich neue Schutzvorschriften eingeführt. cc) Die Rechtsfolgenregelungen bei der Verletzung von Unternehmerpflichten bzw. Vorgaben zum Vertragsschluss In den §§ 312 ff. BGB finden sich zahlreiche Vorgaben zur Ausgestaltung des Vertragsschlusses sowie vorvertragliche und vertragliche Pflichten des Unternehmers, bei denen sich die Frage stellt, welche Konsequenzen mit ihrer Nichterfüllung einhergehen. Der Umgang des Gesetzes mit dieser Frage ist äußerst uneinheitlich. Was die Pflichten des Unternehmers angeht, finden sich in der Regel keine expliziten gesetzlichen Anordnungen. Hier ist demnach auf die allgemeinen Regelungen zurückzugreifen, mithin insbesondere an Schadensersatzansprüche des Verbrauchers gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegebenenfalls in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB zu denken. Im Übrigen können sich Konsequenzen für den Lauf der Widerrufsfristen nach §§ 356 ff. BGB ergeben. Vereinzelt finden sich aber weitere explizite Regelungen im Gesetz. So knüpfen §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e S. 1 BGB den Anspruch des Unternehmers auf Zahlung von Zusatzkosten wie Liefer- oder Versandkosten an die Erfüllung von Informationspflichten, indem geregelt wird, dass der Unternehmer diese Kosten „nur verlangen [kann], soweit er den Verbraucher … informiert hat.“ Nach § 312a Abs. 3 S. 1 BGB muss eine Vereinbarung über ein Zusatzentgelt ausdrücklich erfolgen. Die Konsequenz der Nichteinhaltung dieser Vorgabe lässt das Gesetz offen. Anders ist dies bei § 312a Abs. 3 S. 2 BGB. Hierdurch wird ergänzt, dass bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr die ausdrückliche Vereinbarung nicht durch eine Voreinstellung herbeigeführt werden darf. Nur dann wird sie nämlich Vertragsbestandteil. § 312a Abs. 4, Abs. 5 BGB enthalten weitere Vorgaben für Vereinbarungen über Zusatzentgelte. Sie statuieren nun ganz klar, dass die Vereinbarungen unwirksam sind, wenn diese Vorgaben nicht eingehalten werden. Eine weitere Variante findet sich schließlich in § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB. Hier wird festgelegt, dass ein „Vertrag … nur zustande [kommt], wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt.“ Diese Vielzahl von unterschiedlichen Regelungsvarianten erscheint äußerst verwirrend und ist wenig nachvollziehbar. An die Terminologie der Verbraucherrechterichtlinie hält sich der nationale Gesetzgeber hier nicht 454 So Koch, JZ 2014, 758, 762 f. in Hinblick auf die Kostentragungspflicht des Verbrauchers für die Rücksendekosten. 455 Vgl. dazu näher später unter E. V. 3. b) bb) (1) (a).
V. Analyse der Gesetzeslage
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unmittelbar,456 schafft es aber seinerseits nicht, stimmige Regelungen zu konzipieren. 3. Systematik der Abschnitte im Gesamtzusammenhang des BGB a) Stellung in der Rechtsordnung aa) Stellung im BGB Das hier in Rede stehende Recht der besonderen Vertriebsformen bzw. der Verbraucherverträge allgemein ist im BGB selbst geregelt. Dies war nicht immer in allen Bereichen so. So wurde der Haustürwiderruf ursprünglich mit dem Haustürwiderrufsgesetz in einem Sondergesetz außerhalb des BGB geregelt. Begründet wurde dies vor allem mit den Schwierigkeiten die Materie systemgerecht und vor allem zusammenhängend in das BGB zu integrieren, was aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit als wünschenswert erachtet wurde. Weiterhin wurde der eingeschränkte sachliche und persönliche Anwendungsbereich als Argument angeführt. Auch eine Integration in das Abzahlungsgesetz wurde angesichts des davon abweichenden Schutzbereichs abgelehnt und, um dieses ohnehin unübersichtliche Gesetz nicht weiter zu verkomplizieren.457 Für eine zukünftige Überarbeitung des Schuldrechts wurde jedoch bereits eine Zusammenfassung und Harmonisierung der Widerrufsrechte angedacht.458 Die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie machte dann auch den ersten Schritt in diese Richtung, indem die Begriffe des Unternehmers und des Verbrauchers sowie das Widerrufsrecht vereinheitlicht und im BGB geregelt wurden. Damit waren auch die Weichen für eine Integration der Verbraucherschutzmaterien in das BGB gestellt, wie sie im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgte.459 Die auch im weiteren Verlauf beibehaltene Eingliederung des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen ist meiner Ansicht nach zu befürworten. Da sich die Frage nach der Integration europarechtlich bedingter Verbraucherschutzmaterien in das BGB aber ganz allgemein stellt, soll diese Problematik abschließend übergreifend diskutiert werden.460 Der konkrete Standort der Bestimmungen innerhalb des BGB ist aber jedenfalls zu begrüßen. Die Regelungen sind in zwei Blöcken im Allgemeinen Schuldrecht verortet. Im ersten Block, den §§ 312 ff. BGB sind die allgemeinen Grundsätze und Informationspflichten zu Verbraucherverträgen und den besonderen Vertriebsformen 456
Vgl. Art. 6 Abs. 6, 8 Abs. 2 UAbs. 2, 19, 21, 22 VRRL. BT-Drs. 10/2876, S. 10; im Ergebnis zustimmend Goller, GewArch 1986, 73, 74; auch Löwe, BB 1986, 821, 822 befürwortete angesichts sonst drohender weiterer Verzögerungen oder gar eines Scheiterns des HWiG zunächst die Regelung in einem Sondergesetz. 458 BT-Drs. 10/2876, S. 11; ebenso Goller, GewArch 1986, 73, 74. 459 BT-Drs. 14/6040, S. 97, 166; Tonner, BB 2000, 1413, 1414. 460 Vgl. dazu später F. 457
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
niedergelegt. Ferner wird das Widerrufsrecht für die Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge eingeräumt. Diese Regelungen wurden als Untertitel 2 dem Titel 1 „Begründung, Inhalt und Beendigung“ zu Abschnitt 3 „Schuldverhältnisse aus Verträgen“ des zweiten Buches des BGB zugeordnet. Die §§ 355 ff. BGB, die den Widerruf näher ausgestalten, folgen als Untertitel 2 auf die Regelungen zum Rücktritt in Titel 5 „Rücktritt; Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen“ in eben diesem Abschnitt 3 des zweiten Buches. Diese Einordnung ist nachvollziehbar. Durch die §§ 312 ff. BGB werden letztlich Regelungen zur Begründung bzw. zum Inhalt von Schuldverhältnissen mit Verbrauchern getroffen. Diese sind unabhängig vom Vertragsgegenstand und damit vom Vertragstyp, so dass eine Regelung im Besonderen Schuldrecht, das nach verschiedenen Vertragstypen untergliedert ist, verfehlt gewesen wäre und diese dem Allgemeinen Schuldrecht zuzuordnen waren.461 Denkbar wäre allenfalls eine Regelung im Allgemeinen Teil gewesen.462 Betroffen sind letztlich aber schuldrechtliche Verträge, so dass die gewählte Verortung ebenfalls stringent ist. Sie hat den Vorteil, dass der Allgemeine Teil des BGB nicht mit einem solchen umfangreichen Regelungskomplex belastet wird, was auch über die bisherige Konzeption des Allgemeinen Teils hinausgehen würde.463 Schließlich ist meiner Ansicht nach auch die Verortung der Regelungen zum Widerrufsrecht in den §§ 355 ff. BGB sinnvoll, wenngleich sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den §§ 312 ff. BGB erfolgt.464 Auf die Regelungen zum Widerrufsrecht ist schließlich nicht nur im Fall des Widerrufsrechts aus § 312g BGB zurückzugreifen, sondern es finden sich weitere Vorschriften im BGB, die ein solches Widerrufsrecht einräumen. Mithin handelt es sich um allgemeine Regelungen, die nicht allein im Kontext zu den besonderen Vertriebsformen stehen. Schließlich wird auf diese Weise die Nähe zum Rücktrittsrecht deutlich, bei dem darüber hinaus ebenfalls eine Differenzierung zwischen der Einräumung des Rücktrittsrechts in den §§ 323 ff. BGB und der Ausübung und Ausgestaltung des Rücktrittsrechts in den §§ 346 ff. BGB erfolgt. Diskussionswürdig ist allenfalls der Standort der §§ 356a, 356b, 356c, 357b, 357c und zum Teil 357a BGB. Hier werden nämlich Sonderregelungen in Anknüpfung an bestimmte Vertragstypen getroffen, so dass es sich letztlich um besonderes Schuldrecht handelt.465 Andererseits stehen die Regelungen in einem direkten Zusammenhang mit der Ausübung und Ausgestaltung des Widerrufsrechts. Für eine Verortung an dieser Stelle spricht daher insofern eine höhere Transparenz und 461 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 166; MüKoBGB-Masuch, § 312 Rn. 7; Pfeiffer, in: Ernst/ Zimmermann, S. 481, 520 f. zum Diskussionsentwurf der Schuldrechtsreform, der die Regelungen im Besonderen Schuldrecht verortete. 462 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 520 m.w.N. 463 Diesen Problempunkt führte bereits Roth, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 113, 141 für die Haustürgeschäfte und den Fernabsatz nach alter Rechtslage an. 464 Kritisch insoweit Ball, Referat zum 69. DJT, I 11, 14 f., 26 f. (These III. 6.) zur alten Rechtslage. 465 Ähnlich Tonner, VuR 2014, 23, 26.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Übersichtlichkeit, als die besonderen Regelungen weniger leicht übersehen werden können.466 Dies wiegt die Durchbrechung der Strukturierung in Allgemeines und Besonderes Schuldrecht wieder auf. Auch dieses Konzept ist schließlich nicht „in Stein gemeißelt“, sondern verfolgt bestimmte Zwecke, die aber dort, wo es sinnvoll ist, zugunsten anderer Ziele zurücktreten können. Eine jeweils eigenständige Regelung des Widerrufs bei den einzelnen Verbrauchervertragstypen unter Wiederholung gleichlautender Bestimmungen, wie sie Ball467 für das seiner Ansicht nach zu schaffende Verbrauchergesetzbuch vorschlägt, erscheint mir demgegenüber wenig sinnvoll. Zwar könnten auf diese Weise einige Verweisungen und die Sonderregelungen vermieden werden, eine solche Regelungstechnik steht aber im Widerspruch mit der hergebrachten Methodik. Außerdem würde dies angesichts der dann stark anwachsenden Anzahl von Regelungen auch nicht unbedingt für mehr Übersichtlichkeit sorgen und es bestünde eine erhöhte Gefahr von Wertungswidersprüchen oder auch Rechtsunsicherheiten bei nur versehentlich abweichendem Wortlaut. Auch der Systembildung wäre dies nicht förderlich. bb) Die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten im EGBGB Im BGB selbst wird weitgehend lediglich das Bestehen von Informationspflichten angeordnet, wohingegen sich die detaillierten Regelungen zu deren Inhalt und den formalen Anforderungen grundsätzlich außerhalb des BGB im EGBGB finden.468 Hintergrund der Auslagerung zunächst in die BGB-Informationspflichtenverordnung war die Überlegung, den Text des BGB zu entlasten und übersichtlicher zu gestalten.469 Außerdem war durch die Regelung in einer Verordnung eine höhere Flexibilität zur Anpassung an technische Entwicklungen gegeben.470 Allerdings erwies sich die Regelung auf Verordnungsebene als problematisch in Hinblick auf die darin enthaltenen Belehrungsmuster. Diese wurden von der Rechtsprechung zum Teil wegen darin enthaltener Fehler als nicht vereinbar mit den Vorgaben des BGB und dementsprechend als der Ermächtigung widersprechend angesehen und für nichtig befunden.471 Der bloße Verordnungsrang vermochte also in dieser Hinsicht nicht die nötige Rechtssicherheit zu gewährleisten, so dass die Ausgestaltung der Informationspflichten mit Gesetz vom 29. Juli 2009472 in das EGBGB und damit in 466 In diese Richtung auch Tonner, VuR 2013, 443, 445; Leier, VuR 2013, 457, 457 f., 464; kritisch aber DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 10. 467 Ball, Referat zum 69. DJT, I 11, 15. 468 Zur Durchbrechung dieses Grundsatzes siehe oben E. V. 2. a) bb) (7). 469 BT-Drs. 14/6040, S. 167. 470 BT-Drs. 14/6040, S. 274. 471 OLG Schleswig, ZGS 2008, 158, 159 f.; LG Halle, BB 2006, 1817, 1818 f.; LG Koblenz, BB 2007, 239. 472 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009, BGBl. I 2009, 2355.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
ein formelles Gesetz verlagert wurde.473 Eine Eingliederung in das BGB selbst wurde erneut in Hinblick auf dessen Übersichtlichkeit und Vereinfachung abgelehnt.474 Die Wahl des EGBGB als Standort wurde neben dem Vorteil eines formellen Gesetzes damit begründet, dass Anpassungen aufgrund der Untergliederung in Artikel und beliebig viele dazugehörige Paragraphen besonders einfach vorgenommen werden könnten.475 Dieses rein formale Argument vermag allerdings nicht zu überzeugen. Inhaltlich stellen die Regelungen zu den Informationspflichten nämlich einen Fremdkörper im EGBGB dar.476 Das EGBGB ergänzt das BGB, indem es vor allem Regelungen zu dessen Anwendbarkeit enthält. So wird das Verhältnis zum Recht anderer Staaten und zum Landesprivatrecht geklärt. Ferner finden sich zahlreiche Übergangsvorschriften zum zeitlichen Geltungsbereich der Normen und schließlich Verordnungsermächtigungen bzw. eine Ermächtigung der Landesgesetzgeber. Durch all diese Regelungen wird das BGB lediglich flankiert, wohingegen die Vorschriften zu den Informationspflichten umfassende eigene materielle Regelungen enthalten. Das Bedürfnis nach einer Auslagerung dieser Regelungen zeigt den überbordenden Umfang der Informationspflichten. Hier liegt das eigentliche Problem, welches (zunächst auf europäischer Ebene) gelöst werden müsste.477 In der aktuellen Situation mit der Pflicht zur Umsetzung der umfangreichen Informationspflichten und formalen Anforderungen kann die Lösung aber nicht darin liegen, die diesbezüglichen Regelungen systemfremd in das EGBGB auszulagern, weil dieses formal vom Aufbau her tauglich erscheint. Sinnvoller und transparenter wäre es meiner Ansicht nach vielmehr, ein eigenes Gesetz zu den Informationspflichten nach dem BGB zu schaffen, ähnlich, wie dies durch die BGB-Informationspflichtenverordnung, allerdings nur auf Verordnungsebene, zunächst erfolgte.478 b) Konzeptionelle Stimmigkeit aa) Konsequenzen der Verletzung von Pflichten des Unternehmers Die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung des Unternehmers sind in der Regel nicht explizit gesetzlich angeordnet, so dass auf die allgemeinen Regelungen zurückzugreifen ist. Demnach ist insbesondere an Schadensersatzansprüche des Verbrauchers gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegebenenfalls in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB zu denken. Im Übrigen können sich Konsequenzen für den Lauf der Wider473
BT-Drs. 16/11643, S. 66, 120. BT-Drs. 16/11643, S. 66. 475 BT-Drs. 16/11643, S. 120. 476 DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 3; ders., Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 4; ders., Zusammenfassung, S. 4. 477 Vgl. dazu E. V. 2. b) bb) (1). 478 In diese Richtung auch DAV, Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 4; ders., Zusammenfassung, S. 4, der allerdings auch an eine Regelung auf Verordnungsebene, gegebenenfalls an eine Rückführung in die BGB-Informationspflichtenverordnung denkt. 474
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rufsfristen nach §§ 356 ff. BGB ergeben. Eine darüber hinausgehende explizite Regelung treffen jedoch §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e S. 1 BGB. Sie knüpfen den Anspruch des Unternehmers auf die Zahlung von Zusatzkosten wie Liefer- oder Versandkosten an die Erfüllung von Informationspflichten. Auch § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB legt die Rechtsfolge ausdrücklich fest, indem das Zustandekommen des Vertrags von der Pflichterfüllung des Unternehmers nach Absatz 3 abhängig gemacht wird. Ein Vergleich mit den sonstigen Regelungen des BGB zeigt, dass sich diese Regelungen nicht in das hergebrachte dogmatische Konzept des Gesetzbuchs einfügen. (1) Die „Button-Lösung“, § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB Besonders problematisch ist insoweit die Regelung der sogenannten ButtonLösung in § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB. Kritisiert wird hier zum Teil bereits die Verortung der Norm im Allgemeinen Schuldrecht, da es sich um Vorgaben für den Vertragsschluss handele, was dem Allgemeinen Teil des BGB zuzuordnen sei.479 Hier werden aber keine Regelungen zum Vertragsschluss aufgestellt, die für sämtliche Verträge anzuwenden sind, sondern der Anwendungsbereich ist gemäß § 312j Abs. 4, Abs. 2 BGB begrenzt auf entgeltliche Verbraucherverträge im elektronischen Geschäftsverkehr. Demnach ist der Standort bei den Regelungen zu dieser besonderen Vertriebsform meiner Meinung nach durchaus folgerichtig. Schwer fällt allerdings die rechtliche Einordnung der Norm. Vereinzelt wird sie als Formvorschrift angesehen.480 Kreiert würde hierdurch also eine neue gesetzliche Formvorgabe, da sich Vergleichbares im BGB bislang nicht findet. Dem kann meiner Ansicht nach aber nicht gefolgt werden. Es spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift dagegen. Anders als bei Formvorschriften wird nämlich nicht die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Vertrags angeordnet, sondern, dass der Vertrag ohne Einhaltung der Vorgaben schon gar nicht zustande kommt.481 Im Übrigen hatte der Gesetzgeber ursprünglich im Referentenentwurf zur Einführung der Button-Lösung genau die Formulierung der Nichtigkeit des Vertrags gewählt.482 Aus der Tatsache, dass er davon später Abstand genommen hat, kann geschlossen werden, dass also keine Konzeption als Formvorschrift oder rechtshindernde Einwendung483 erfolgen soll479
Weiss, JuS 2013, 590. Raue, MMR 2012, 438, 442. 481 Weiss, JuS 2013, 590, 591; wohl auch Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10, der anscheinend Formvorschriften als rechtsvernichtende Einwendungen einordnet; Weiss, a.a.O., ordnet sie den rechtshindernden Einwendungen zu; in Hinblick auf eine sachgerechte Beweislastverteilung sind die Formvorschriften allerdings vielmehr als Elemente des rechtsbegründenden Tatbestandes zu verstehen, Baumgärtel/Laumen/Prütting-Laumen, § 125 Rn. 1 m.w.N.; Rosenberg, S. 115, 253 f., 258; zustimmend OLG-NL 1999, 19, 21; MüKoBGB-Einsele, § 125 Rn. 35. 482 RefE Buttonlösung, S. 3. 483 So noch Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39 zur Regelung des Referentenentwurfs. 480
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
te.484 Auch im Übrigen sprechen die Gesetzesmaterialien für diese Annahme. So wird zwar eine Parallele zu Formvorschriften gezogen, indem darauf hingewiesen wird, dass die Pflicht zur eindeutigen Beschriftung der Schaltfläche „ähnlich wie eine herkömmliche Formvorschrift auch dem Schutz der Verbraucher vor Übereilung“ dient.485 Zudem wird die Rechtsfolgenregelung mit der „vergleichbare[n] Schutzwirkung wie eine Formvorschrift“ begründet.486 Daraus ergibt sich im Umkehrschluss aber auch, dass es sich dabei selbst eben gerade nicht um eine solche Formvorschrift handelt.487 Auch nach inhaltlichen Gesichtspunkten unterscheidet sich die Regelung von einer Formvorschrift. Zum einen werden in § 312j Abs. 3 S. 1 BGB, ergänzt durch Satz 2, Vorgaben aufgestellt, wie der Unternehmer die Bestellsituation zu gestalten hat. Zum anderen wird eine ausdrückliche Bestätigung seitens des Verbrauchers verlangt. Ersteres beinhaltet letztlich qualifizierte inhaltliche Anforderungen und nicht allein formale Vorgaben. Dies gilt insbesondere für die Bestätigung des Verbrauchers bei einer bereitgestellten Schaltfläche i.S.d. § 312j Abs. 3 S. 2 BGB.488 Auch bei der bestätigenden Erklärung des Verbrauchers im Übrigen werden keine formalen Vorgaben gemacht. Trotz des Ausdrücklichkeitserfordernisses bleibt es dem Verbraucher unbenommen seine Bestätigung mündlich, schriftlich, in Textform oder wie auch immer abzugeben,489 eingeschränkt werden vielmehr die Möglichkeiten der Auslegung einer Erklärung.490 Dieses Erfordernis mag ähnlichen Zwecken dienen, wie ein Formerfordernis,491 stellt jedoch kein solches dar. Bei dem Regelungskonzept der Button-Lösung handelt es sich vielmehr letztlich um die Sanktionierung einer Pflichtverletzung des Unternehmers. Dies ergibt schon der Gesetzeswortlaut, wie auch die Gesetzesbegründung. So sprechen § 312j Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 BGB ganz klar von einer Pflicht des Unternehmers, die zu erfüllen ist. Hiervon wird der wirksame Vertragsschluss abhängig gemacht. Damit wird eine äußerst scharfe Sanktion für die Nichterfüllung vorvertraglicher Pflichten geschaffen, die im Widerspruch zu der übrigen Systematik des BGB steht. An eine Pflichtverletzung knüpft das Gesetz gemäß § 280 BGB lediglich die Rechtsfolge
484
Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10; Weiss, JuS 2013, 590, 591. BT-Drs. 17/7745, S. 7; vgl. auch schon RefE Buttonlösung, S. 7. 486 BT-Drs. 17/7745, S. 12; vgl. auch schon RefE Buttonlösung, S. 12. 487 Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39; Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10; Weiss, JuS 2013, 590, 591. 488 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10. 489 Da es um Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr geht, sind die Möglichkeiten freilich faktisch eingeschränkt. 490 Vgl. zu den Ausdrücklichkeitserfordernissen in §§ 700 Abs. 2, 305 Abs. 2 BGB: MüKoBGB-Henssler, § 700 Rn. 19; Stoffels, Rn. 267 mit Fn. 14; a.A. Staudinger-Reuter, § 700 Rn. 16, Schlosser, § 305 Rn. 102. 491 Vgl. Staudinger-Singer, Vorb. zu §§ 116 ff. Rn. 52. 485
V. Analyse der Gesetzeslage
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eines Schadensersatzanspruchs.492 Dies gilt selbst für die denkbar weitgehendste Pflichtverletzung, nämlich die anfängliche Unmöglichkeit der Leistungserbringung. Selbst in einem solchen Fall kommt gemäß § 311a Abs. 1 BGB ein Vertrag wirksam zustande und es findet sich in § 311a Abs. 2 BGB lediglich ein Schadensersatzanspruch. Freilich kann dieser Schadensersatzanspruch über den Grundsatz der Naturalrestitution im Einzelfall auch zu einer Vertragsaufhebung führen, der Vertrag ist jedoch nicht per se unwirksam.493 Auch bei Verletzung der übrigen Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher verbleibt es grundsätzlich bei eben diesem Schadensersatzanspruch.494 Im Referentenentwurf war auf den zudem in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB hingewiesen worden.495 Da diese Passage in der Begründung des Regierungsentwurfs ersatzlos weggefallen ist, entsteht der Eindruck, dass ein solcher Schadensersatzanspruch nicht bestehen soll. Auch insoweit stellt sich die Frage, wie dies dogmatisch begründet werden kann und es kommt zu einer nicht erklärbaren Differenzierung zur Verletzung anderer Informationspflichten.496 Darüber hinaus erschließt sich mir auch nicht das Erfordernis einer schärferen Sanktion gerade im Bereich der sogenannten Kostenfallen im Internet. Insbesondere ist sie meiner Ansicht nach nicht durch ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers gerechtfertigt. Zwar wird in diesem Bereich durchaus in großem Umfang Missbrauch durch unseriöse Unternehmer betrieben, so dass ein Handlungsbedarf gegeben war. Der gewählte Weg ist jedoch auch abgesehen von den dogmatischen Spannungen nicht zielführend. Der Verbraucher war schon nach der vorhergehenden Rechtslage ausreichend geschützt.497 Nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre kam vielfach schon gar kein entgeltlicher Vertrag zustande. Wenn doch, kam eine Anfechtung wegen fehlenden Erklärungsbewusstseins nach § 119 Abs. 1 BGB analog oder wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB oder aber das Widerrufsrecht aus dem Fernabsatzrecht in Betracht. Zu denken war ferner etwa an Sittenwidrigkeit des Vertrags gemäß § 138 BGB.498 Die nunmehr angeordnete sehr weitgehende Rechtsfolge eines fehlenden Zustandekommens des Vertrags hebt das Schutzniveau insoweit nicht spürbar an, kann sich aber auch zum Nachteil des Verbrauchers auswirken, der eigentlich geschützt werden sollte. Dies gilt immer 492
Kirschbaum, MMR 2012, 8, 9; Alexander, NJW 2012, 1985, 1989; Mertens, in: Baldus/ Theisen/Vogel, S. 167, 170; Weiss, JuS 2013, 590; vgl. zu der vergleichbaren Problematik beim Referentenentwurf Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39. 493 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 9. 494 Vgl. Palandt-Grüneberg, Einf v. Art. 238 EGBGB, Rn. 2 ff. 495 RefE Buttonlösung, S. 10. 496 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 11. 497 So auch Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 38; Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 171. 498 Vgl. ausführlich zur vorhergehenden Rechtslage z. B. Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 36 ff.; Alexander, NJW 2012, 1985, 1986 f.; auch BT-Drs. 17/7745, S. 6 weist auf den vielfältig bereits bestehenden Schutz hin.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
dann, wenn der Verbraucher den Vertrag ganz bewusst in Kenntnis der Zahlungspflicht abgeschlossen hat und deshalb oder auch aus einem anderen Grund daran festhalten und gegebenenfalls auch Gewährleistungsrechte geltend machen möchte. Die vertraglichen Ansprüche werden ihm von § 312j Abs. 4 BGB nämlich ungeachtet dessen genommen.499 Die bislang vorgetragenen Lösungsansätze, um diese unerwünschte Folge zu verhindern, können nicht überzeugen. Nach Raue steht dem Verbraucher die Möglichkeit offen, den Vertrag einseitig durch Bestätigung gemäß § 141 BGB zustande zu bringen.500 Hier ist schon zweifelhaft, ob die Norm überhaupt eingreifen kann. § 312j Abs. 4 BGB ordnet nämlich nicht die Nichtigkeit des Vertrags an, sondern er kommt nicht zustande. Damit liegt kein nichtiger Vertrag vor, der bestätigt werden könnte, sondern gar kein Vertrag.501 Sieht man darüber hinweg,502 stellt sich jedoch ein weiteres Problem. Damit der Vertrag durch die Bestätigung nach § 141 BGB wirksam wird, müssen bei der Bestätigung sämtliche Formerfordernisse und sonstige Tatbestands- und Wirksamkeitserfordernisse eingehalten werden.503 Das heißt, der Verbraucher muss seine Kenntnis von der Zahlungspflicht in einer den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB entsprechenden Bestellsituation ausdrücklich bestätigen. Wie soll der Verbraucher dies einseitig herbeiführen?504 Ein Verzicht auf die Einhaltung dieser Vorgaben bei der Bestätigung505 ist weder mit der Handhabung des § 141 BGB vereinbar, der nicht zu einem Unterlaufen bestehender Schutzvorschriften führen darf, noch mit dem Gedanken des Verbraucherschutzes.506 Kirschbaum möchte die Regelung hingegen im Wege einer teleologischen Reduktion als unwiderlegbare gesetzliche Vermutung verstanden wissen, auf die sich zudem nur der Verbraucher berufen kann.507 Auch Weiss versucht eine Lösung über den Ansatz einer teleologischen Reduktion zu finden. Er fordert zwar keine generelle Lesart der Vorschrift als Vermutung lediglich zugunsten des Verbrauchers, der Unternehmer 499 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 11; Alexander, NJW 2012, 1985, 1989; Weiss, JuS 2013, 590, 591; Außerdem kann er sich Bereicherungsansprüchen des Unternehmers ausgesetzt sehen. § 814 BGB wird ihn davor nicht immer schützen können, da die Beweislast bezüglich der positiven Kenntnis des Unternehmers von der Nichtschuld seiner Leistung den Verbraucher trifft. Insoweit wird allerdings nur eine bestehende Bereicherung abgeschöpft, die Saldotheorie könnte von der Rechtsprechung dahingehend weiter entwickelt werden, dass sie nicht zu Lasten des Verbrauchers in einer solchen Situation greift, wenn nicht schon der Grundsatz eingreift, dass sie nicht zu Lasten arglistig Getäuschter anzuwenden ist, vgl. dazu Kirschbaum, MMR 2012, 8, 11; Weiss, JuS 2013, 590, 591 mit Fn. 16. Zu Bereicherungsansprüchen des Unternehmers gegen den Verbraucher nach alter Rechtslage, vgl. Kirschbaum, MMR 2012, 8, 11. 500 Raue, MMR 2012, 438, 443. 501 Flume, AT II, § 30, 4; Weiss, JuS 2013, 590, 591. 502 So wohl BT-Drs. 17/12637, S. 53 im Zusammenhang mit § 312c Abs. 5 S.1 BGB-E, der sich letztlich leicht verändert in § 312a Abs. 3 S. 1 BGB wiederfindet. Der Gesetzgeber geht hier explizit von der Möglichkeit der Bestätigung nach § 141 BGB aus. 503 Palandt-Ellenberger, § 141 Rn. 4 f.; Staudinger-Roth, § 141 Rn. 17 ff. 504 Weiss, JuS 2013, 590, 591. 505 So Raue, MMR 2012, 438, 443. 506 Weiss, JuS 2013, 590, 591. 507 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 11 f.
V. Analyse der Gesetzeslage
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soll sich aber gegenüber vertraglichen Ansprüchen des Verbrauchers oder zur Begründung eigener Kondiktionsansprüche nicht auf § 312j Abs. 4 BGB berufen können. Ergänzend soll dem Verbraucher auch ein Schadensersatzanspruch aus cic zustehen.508 Ähnlich wird vereinzelt erwogen, dem Unternehmer eine Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrags nach Treu und Glauben zu verwehren.509 Beide Varianten der teleologischen Reduktion und auch der Einwand nach Treu und Glauben überzeugen nicht. Die Lösung Kirschbaums kommt in der Tat einer völligen Umformulierung der Norm gleich, so dass Weiss zu Recht bezweifelt, ob dies nicht die Grenzen einer teleologischen Reduktion sprengt.510 Die Gesetzesbegründung, die betont, dass der Vertrag insgesamt nicht zustande kommt,511 spricht indes meiner Ansicht nach gegen alle drei Lösungswege.512 Es wird schlicht diese Rechtsfolge angeordnet und nicht etwa eine Einrede nur für den Verbraucher geschaffen, worauf beide Varianten der teleologischen Reduktion letztlich aber hinauslaufen. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben darf nicht herangezogen werden, um dem gesetzgeberischen Willen entgegen zu handeln. Im Übrigen wäre die Norm in allen drei Fällen jedenfalls gesetzestechnisch nicht gelungen, da sie mit zu viel Rechtsunsicherheit einhergehen. Dies gilt in besonderem Maße, da eine für den Verbraucher einfache und transparente Regelung geschaffen werden sollte.513 Begründet wurde die Einführung der Button-Lösung nämlich trotz der nach allgemeinen Regelungen bestehenden Schutzmechanismen damit, dass der Verbraucher faktisch zu selten von diesen Rechten Gebrauch mache. Daraus wurde ein Bedürfnis abgeleitet, eine klare, einfache und für den Verbraucher transparente Regelung im Gesetz zu verankern, auf die er sich ohne weiteres stützen kann.514 Dabei wird aber verkannt, dass dies nicht der grundsätzlichen Konzeption des BGB entspricht, das gerade im Allgemeinen Teil und im Allgemeinen Schuldrecht äußerst abstrakt ist und ein Verständnis der systematischen Zusammenhänge voraussetzt, wie es ein juristischer Laie nicht haben wird, der professionelle Rechtsanwender hingegen schon.515 Durch die Durchbrechung dieses Konzepts kommt es, wie gezeigt, zu systematischen Verwerfungen, die zudem rein rechtlich gesehen die Situation des Verbrauchers kaum verbessern, sondern zum Teil sogar verschlechtern. Demgegenüber ist es in jedem Fall vorzugswürdig, ein für den professionellen Rechtsanwender stringentes System beizubehalten und fortzuentwickeln und Rechtsunsicherheiten durch solche Brüche zu vermeiden.516 Die faktische Durchsetzung der Einhaltung so hervorgehobener In508
Weiss, JuS 2013, 590, 593 f. Heinig, MDR 2012, 323, 325; Raue, MMR 2012, 438, 443. 510 Weiss, JuS 2013, 590, 592. 511 BT-Drs. 17/7745, S. 12. 512 Weiss, JuS 2013, 590, 592 sieht darin nur ein Gegenargument gegen die Lösung Kirschbaums. 513 BT-Drs. 17/7745, S. 6. 514 BT-Drs. 17/7745, S. 6. 515 Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 172 f. 516 Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 172 f. 509
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
formationspflichten wie bei der Button-Lösung durch die Unternehmer sollte auf andere Weise gesucht werden.517 Darüber hinaus spricht auch nichts dagegen dem Verbraucher außerhalb des Gesetzestextes seine bestehenden Rechte transparenter zu machen, indem er besser informiert wird,518 was der Gesetzgeber im Übrigen auch bei der Button-Lösung als nötig erachtete.519 Europarechtlich finden sich Vorgaben in Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 VRRL. Die Vorgaben für die Ausgestaltung der Bestellsituation und den Button sind dort ganz ähnlich geregelt. Anders ist dies bei der Rechtsfolge eines Verstoßes hiergegen. In der Richtlinie wird nur festgesetzt, dass der Verbraucher dann „nicht gebunden“ ist. Indem der nationale Gesetzgeber hingegen den gesamten Vertragsschluss hiervon abhängig macht, geht er über die vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben hinaus.520 Die konkret gewählte Rechtsfolgenregelung basiert demnach nicht auf europäischer Veranlassung. Gleichwohl erfordern die europäischen Vorgaben eine explizite Rechtsfolgenregelung, z. B. durch ein Lösungsrecht des Verbrauchers oder Ähnliches, da die allgemeine Rechtsgeschäftslehre die Bindung des Verbrauchers an den Vertrag nicht von einer ausdrücklichen Bestätigung der Zahlungspflicht durch den Verbraucher oder gar das Vorhandensein eines solchen Buttons abhängig macht. Auch ein bloßer Verweis auf einen Schadensersatzanspruch, der unter Umständen zur Vertragsaufhebung führen kann, erscheint mir angesichts der Voraussetzung des Vertretenmüssens in Hinblick auf die europarechtlichen Vorgaben problematisch. Zudem läuft der Gesetzgeber sonst wiederum Gefahr, dass keine hinreichend deutliche Richtlinienumsetzung i.S.d. Rechtsprechung des EuGH vorliegt.521 Schon das entspricht nicht der Systematik des BGB. Es darf aber nicht vergessen werden, dass gerade Deutschland auf die Regelung der Button-Lösung auf europäischer Ebene hingewirkt hat.522 Demnach kann die Schuld in diesem Bereich nicht ausschließlich der EU zugeschoben werden, sondern muss vielmehr auch in den eigenen Reihen gesucht werden. (2) Die Regelungen zur Pflicht der Kostentragung, §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB In eine ähnliche Richtung wie die Button-Lösung geht die Ausgestaltung der Kostentragungsregelungen in §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB. Hier wird nun angeordnet, dass der Unternehmer Zusatzkosten nur dann verlangen kann, soweit er 517
Z. B. über das UWG, das UKlaG oder als ultima ratio das Strafrecht, vgl. Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 40; Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 172; auch bereits Buchmann/Majer, K&R 2010, 635, 637 anlässlich eines früheren Gesetzentwurfs der SPDFraktion, vgl. BT-Drs. 17/2409. 518 Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39, 40; Buchmann/Majer, K&R 2010, 635, 637 anlässlich des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion. 519 BT-Drs. 17/7745, S. 6. 520 Alexander, NJW 2012, 1985, 1989; Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 170 f.; zweifelnd auch Heinig, MDR 2012, 323, 325; a.A. Leier, CR 2012, 378, 384. 521 Vgl. dazu näher oben C. V. 5. a) bb) (1) und C., Fn. 141. 522 Leier, CR 2012, 378, 380 f.; Weiss, JuS 2013, 590.
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über diese ausreichend informiert hat. Der Sache nach wird damit an eine Verletzung von Informationspflichten des Unternehmers eine partielle Unwirksamkeit des Vertrags geknüpft, da dem Unternehmer der vertragliche Anspruch auf die Erstattung der Kosten aberkannt wird.523 Damit wird erneut ohne erkennbares Bedürfnis eine sehr weitgehende und im BGB unübliche Sanktion an die Verletzung von Informationspflichten geknüpft. Auch hier ist der Verbraucher nämlich bereits nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre weitgehend geschützt, da der Anspruch eine wirksame Einigung voraussetzt. Lediglich in den Fällen, in denen zwar eine solche Einigung vorliegt, aber nicht genau wie gesetzlich vorgeschrieben informiert wurde, erlangt die Regelung Bedeutung.524 Zudem müssen die Erklärungen des Verbrauchers in diesem Kontext nunmehr gemäß § 312a Abs. 3 S. 1 BGB ausdrücklich erfolgen, was die Bedeutung der Norm weiter einschränkt.525 Angesichts dieses ohnehin schon bestehenden Mehrfachschutzes des Verbrauchers ist es nicht nachvollziehbar, warum zusätzlich noch diese systematisch problematische Rechtsfolge angeordnet werden musste. Dem Gesetzgeber ist allerdings zu Gute zu halten, dass sich eine entsprechende Vorgabe in Art. 6 Abs. 6 VRRL für Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge findet. In Hinblick auf § 312e BGB hatte der nationale Gesetzgeber angesichts des Grundsatzes der Vollharmonisierung also keinen Spielraum. Die allgemeine Rechtsgeschäftslehre knüpft erneut gerade nicht an den Informationspflichten an, ist also zur Umsetzung nicht ausreichend. Anders ist dies jedoch bei der Regelung des § 312a Abs. 2 S. 2 BGB aus dem Bereich der allgemeinen Pflichten bei Verbraucherverträgen. Hier enthielt die Richtlinie keine exakten Vorgaben bezüglich der Sanktionierung der Verletzung der Informationspflichten, es waren lediglich nach Art. 24 Abs. 1 VRRL wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorzusehen. Der nationale Gesetzgeber hatte hier also Spielraum, hat sich aber bewusst für eine Angleichung der Sanktionen entschieden.526 bb) Das Verbraucherschutzkonzept und seine Auswirkungen auf den Grundsatz der Privatautonomie Die Regelungen zum Verbrauchervertrag im Allgemeinen und zu den besonderen Vertriebsformen werden getragen von dem Gedanken des Verbraucherschutzes. Der Gesetzgeber bediente sich zur Umsetzung dieses Ziels verschiedener Schutzinstrumente, die sich mehr oder weniger stark auf den Grundsatz der Privatautonomie auswirken. Allerdings fügen sich die Regelungen nicht immer in das Verständnis des BGB vom Grundsatz der Privatautonomie ein. Zu Grunde zu legen ist dabei nicht ein 523
In diese Richtung wohl auch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 9. So auch BT-Drs. 17/12637, S. 54 f.; Schomburg, VuR 2014, 18, 19. 525 BT-Drs. 17/12637, S. 55 in Hinblick auf die § 312a Abs. 3 S. 1 BGB entsprechende Regelung in § 312c BGB-E. 526 BT-Drs. 17/12637, S. 51 zu der entsprechenden Regelung in § 312c BGB-E. 524
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rein formales, sondern vielmehr ein materiales Verständnis. Demnach ist maßgeblich, ob dem Einzelnen auch tatsächlich Entscheidungsfreiheit zukommt. Um dies zu gewährleisten, können auch gesetzliche Regelungen getroffen werden, die die Privatautonomie auf den ersten Blick einschränken.527 Das klassische Verbraucherschutzrecht fügt sich insoweit in dieses Konzept ein, als es auch hier darum geht, die tatsächliche Entscheidungsfreiheit der Person zu ermöglichen. Eine rein pauschale Anknüpfung an das Merkmal des Verbrauchers unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Schwächeren reicht allerdings zur Rechtfertigung der Einwirkungen auf den Grundsatz der Privatautonomie nicht aus. Vielmehr ist auch hier eine nähere Begründung des Verhandlungsungleichgewichts erforderlich.528 (1) Hintergrund des Verbraucherschutzes bei den §§ 312 ff, 355 ff. BGB (a) Außergeschäftsraumverträge und Fernabsatzverträge Die Anordnung eines besonderen Schutzes des Verbrauchers bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen fügt sich im Wesentlichen in das Konzept des klassischen Verbraucherschutzrechts ein. Hier wird nicht allein an die persönlichen Voraussetzungen, mithin an das Aufeinandertreffen von Unternehmer und Verbraucher angeknüpft, sondern zusätzlich an eine besondere Abschlusssituation, die einen besonderen Schutz legitimiert. So ist der Fernabsatzvertrag durch die fehlende physische Präsenz der Vertragsparteien gekennzeichnet. Damit geht einher, dass der Verbraucher den Vertragsgegenstand vor Vertragsschluss nicht in Augenschein nehmen kann und auch nicht die Möglichkeit hat, sich mit Fragen an einen unmittelbaren Ansprechpartner zu wenden. Hierdurch besteht eine erhöhte Gefahr, aggressiven und irreführenden Verkaufsmethoden zu erliegen. Der Verbraucher ist in besonderer Weise auf qualifizierte Informationen des Unternehmers angewiesen.529 Auch der besondere Schutz des Verbrauchers bei Außergeschäftsraumverträgen basiert nach wie vor auf der zugrundeliegenden besonderen Abschlusssituation. So war es Zweck der Vorgängerregelung in § 1 HWiG bzw. § 312 BGB a.F. den Verbraucher vor der mit Haustürsituationen oftmals verbundenen Überraschung und Überrumpelung und damit einhergehenden unüberlegten und übereilten Vertragsschlüssen zu schützen.530 Zwar wurde der Anwendungsbereich gegenüber der Vorgängerregelung des § 312 BGB a.F. ausgeweitet.531 Zur Be527
Vgl. dazu oben C. V. 5. b) bb) (2). Vgl. dazu oben D. V. 6. c) aa). 529 BT-Drs. 14/2658, S. 15 f.; BT-Drs. 17/12637, S. 50; BGHZ 160, 393, 399; BeckOKSchmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312c Rn. 1 ff.; Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2053; Jauernig-Stadler, § 312b Rn. 2; ausführlich auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 480 f. m.w.N. 530 BT-Drs. 10/2876, S. 1, 6, 8; BGHZ 109, 127, 133; BGH NJW 1990, 3265, 3265 f.; BGH NJW 2004, 1376, 1378; BGH NJW 2006, 845, 846; Gilles, NJW 1986, 1131, 1131 ff.; ausführlich auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 465 f. m.w.N. 531 Vgl. dazu Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 688; Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 4; Möller, BB 2014, 1411, 1414 f. 528
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griffsbestimmung werden nicht mehr nur drei typische Situationen abschließend aufgezählt, sondern sie erfolgt durch § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB offener über eine Abgrenzung zu Verträgen, die in Geschäftsräumen geschlossen wurden. Ähnliches gilt für die Nummern 2 und 3, bei denen lediglich nicht der Vertragsschluss, sondern das Angebot des Verbrauchers bzw. das Angesprochen-Werden durch den Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen erfolgen muss. Nur die Nummer 4 nennt ähnlich der Vorgängerregelung positiv die typische Situation des Ausflugs. Mit dieser Ausweitung des Anwendungsbereichs nähert sich die Vorschrift allerdings dem ursprünglichen Entwurf zum Haustürwiderrufsgesetz an, in dem der Anwendungsbereich ohne jegliche Fallgruppen über das Merkmal „außerhalb eines ständigen Geschäftsraums“ festgelegt wurde.532 Die engeren Fallgruppen des Haustürgeschäfts waren erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens unter Berücksichtigung der Arbeiten an der Haustürrichtlinie auf europäischer Ebene eingeführt worden.533 Darüber hinaus wird nunmehr auf das Merkmal des Bestimmens verzichtet. Auch damit ist einerseits eine Ausweitung des Anwendungsbereichs und noch größere Abstraktion verbunden, da das Erfordernis der Kausalität der Haustürsituation für den Vertragsschluss entfällt. Allerdings ist zu beachten, dass diese Voraussetzung nach der alten Rechtslage keine allzu große Hürde darstellte. Soweit nämlich ein ausreichend enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Vertragsschluss und der Haustürsituation gegeben war, bestand eine Indizwirkung für die Kausalität und diese wurde im Wege des Anscheinsbeweises vermutet.534 Enger ist die Regelung des § 312b Abs. 1 BGB insofern, als der Vertragsschluss bzw. die Abgabe des Angebots des Verbrauchers nunmehr in den Fällen der Nummern 1, 2 und 4 in der Außergeschäftsraumsituation erfolgen muss. Lediglich § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB weicht davon ab, verlangt aber seinerseits einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Außergeschäftsraumsituation. Faktisch hat sich daher letztlich wenig geändert. Entfallen ist allerdings außerdem die Ausnahme bei vorhergehender Bestellung des Verbrauchers nach § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F. Alles in allem hat der Gesetzgeber damit die Situationen, in denen er den Verbraucher für schutzbedürftig erachtet, in Befolgung der Vorgaben von Art. 2 Nr. 8 VRRL weiter verallgemeinert und in höherem Maße typisiert als bislang. Trotzdem liegt dem nach wie vor der Gedanke zu Grunde, dass es sich dabei um besonders gefährliche Abschlusssituationen handelt, die mit einem Überraschungsmoment einhergehen können und bei denen psychischer Druck auf den Verbraucher ausgeübt werden kann.535 Damit liegen die Außergeschäftsraumverträge meiner Ansicht nach noch auf 532
BT-Drs. 7/4078, S. 4, 7 ff., argumentiert wurde auch hier mit dem Überraschungs- und Überrumpelungsmoment. 533 BT-Drs. 10/2876, S. 9 f. 534 BGHZ 131, 385, 392; BGH NJW 2009, 431, 432; BGHZ 185, 192, 196; OLG Karlsruhe WM 2006, 676, 678; MüKoBGB-Masuch, § 312 Rn. 40 f.; Staudinger-Thüsing, § 312 Rn. 77 f.; außerdem bestanden Zweifel an der Richtlinienkonformität dieser Voraussetzung, hierzu und zu dem Erfordernis der teilweisen richtlinienkonformen Auslegung Bülow, ZIP 2012, 1745 ff. 535 BT-Drs. 17/12637, S. 49 f.; Erwägungsgrund 21 der VRRL.
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der Linie des klassischen Verbraucherschutzrechts und fügen sich in das bürgerlichrechtliche Verständnis der Privatautonomie ein, wenngleich freilich die Anforderungen an die Abschlusssituation nunmehr insgesamt geringer sind, so dass auch deren Legitimationswirkung zurückgegangen ist.536 (b) Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Bei den Regelungen zu Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr handelt es sich nicht um Verbraucherschutzrecht im eigentlichen Sinn. § 312i BGB setzt in persönlicher Hinsicht nämlich nicht voraus, dass ein Unternehmer einem Verbraucher gegenübertritt, sondern bezeichnet den Vertragspartner des Unternehmers ganz neutral als „Kunden“.537 Erst bei § 312j BGB wird das Erfordernis eines Verbrauchervertrags relevant. Nichtsdestotrotz fügen sich die hier getroffenen Schutzvorschriften in das Verständnis des BGB ein. Wie auch beim Fernabsatz- und Außergeschäftsraumvertrag wird an eine besondere Abschlusssituation angeknüpft, den Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr.538 Die Besonderheit wird dabei in den technischen Gegebenheiten gesehen. Oftmals wird der Kunde etwa die Bestellsituation nicht hinreichend klar überblicken können. Ferner besteht eine erhöhte Gefahr, dass die Vertragsschlussmodalitäten verschleiert werden.539 Schließlich treffen weitgehend die Erwägungen zu Fernabsatzverträgen zu, zumal sich vielfach Überschneidungen ergeben.540 Letztlich soll erreicht werden, dass die Vertragsanbahnung bzw. der Vertragsschluss unter formal fairen Bedingungen erfolgt,541 so dass auch die Regelungen zum elektronischen Geschäftsverkehr im Zeichen der Gewährleistung materialer Privatautonomie stehen. Dass das personale Element des Verbrauchervertrags nicht durchgehend vorausgesetzt wird, ist unproblematisch. Im Rahmen des BGB werden Schutzvorschriften zur Gewährleistung tatsächlicher Entscheidungsfreiheit gerade nicht über einen Schutz des Schwächeren gerechtfertigt, sondern es bedarf jeweils einer näheren Begründung des Verhandlungsungleichgewichts.542 Auch im originären AGB-Recht kommt es schließlich grundsätzlich nicht auf ein solches personales Element, sondern nur auf die Abschlusssituation an.543
536
Kritisch ZDH, Stellungnahme v. Okt. 2012, S. 2. So auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 512. 538 BT-Drs. 14/6040, S. 169 ff.; Erman-Koch, § 312i Rn. 2; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 517 f. 539 Boente/Riehm, Jura 2002, 222; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 1; StaudingerThüsing, § 312g Rn. 1. 540 Boente/Riehm, Jura 2002, 222. 541 MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 1. 542 Vgl. dazu oben D. V. 6. c) aa). 543 Vgl. dazu oben C. V. 5. b) bb) (2). 537
V. Analyse der Gesetzeslage
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(c) Verbraucherverträge im Allgemeinen Unabhängig vom Vorliegen einer besonderen Vertriebsform finden sich nunmehr infolge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in § 312a BGB allgemein für entgeltliche Verbraucherverträge geltende, Verbraucherschutz intendierende Regelungen. Die Informationspflichten nach § 312a Abs. 1 BGB sind hiervon auszunehmen, da hier mit dem Telefonanruf doch wieder eine besondere, potentiell gefährliche Vertragsschlusssituation zu Grunde gelegt wird. Gleiches gilt für § 312a Abs. 3 S. 2 BGB, der eine Sonderregelung für den elektronischen Geschäftsverkehr trifft. Im Übrigen fehlt es aber an einem über den bloßen Schutz des Schwächeren hinausgehenden Rechtfertigungselement für die Relativierung der Privatautonomie. Es wird lediglich an den persönlichen Anwendungsbereich angeknüpft, ohne zusätzlich eine besondere Abschlusssituation oder einen schon per se besonders gefahrtragenden Vertragstyp zu fordern. Die klassische Rechtfertigung von Eingriffen in die Privatautonomie greift in diesem Bereich daher nicht durch. Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich dieser Regelungen nicht einmal auf sonstige Weise eingeschränkt, sei es auch nur auf einen, wenn auch nicht potentiell gefahrenträchtigen Vertragstyp, wie dies im Verbrauchsgüterkaufrecht der Fall ist.544 Mit dem Grundsatz der Privatautonomie wird demnach an dieser Stelle deutlich leichtfertiger umgegangen, als üblich. (2) Die einzelnen Verbraucherschutzinstrumente (a) Informationspflichten und formale Anforderungen Als Schutzinstrumente finden sich zunächst in allen Bereichen Informationspflichten, die von formalen Anforderungen flankiert werden. Hierdurch wird die Informationsverantwortlichkeit auf den Unternehmer verlagert, wodurch eine privatautonome Entscheidung des Verbrauchers bzw. Kunden vorbereitet und ermöglicht werden soll. Der damit einhergehende Eingriff in die Privatautonomie ist im Vergleich zu anderen Schutzinstrumenten prinzipiell eher gering. Grundsätzlich sind Informationspflichten auch dem nicht europarechtlich beeinflussten BGB durchaus nicht fremd. So gehen zwar viele der explizit normierten Informationspflichten auf europarechtliche Vorgaben zurück. Im Bereich des Verbraucherkreditrechts wurde insoweit jedoch auf schon existierende Angabepflichten aus dem Abzahlungsgesetz zurückgegriffen. Ferner sind die Informationspflichten nach §§ 630c, 630e BGB bei Behandlungsverträgen nicht europarechtlich veranlasst. Darüber hinaus wurden durch die Rechtsprechung Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo und der Anfechtung nach § 123 BGB entwickelt. Ferner sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften zu sehen, die an ein arglistiges Verschweigen bestimmte Rechtsfolgen knüpfen. All diese Regelungen sind jedoch gesetzestechnisch nicht mit der Normierung von Informationspflichten bei den §§ 312 ff. BGB vergleichbar. Dies galt bereits für die Informati544
Vgl. dazu D. V. 6. c) aa) (1).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
onspflichten in § 477 BGB zum Verbrauchsgüterkauf und trifft an dieser Stelle erst Recht zu.545 (aa) Informationspflichten bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen Bei den Außergeschäftsraumverträgen und den Fernabsatzverträgen werden die Informationspflichten in Umsetzung der umfangreichen Vorgaben aus Art. 6 VRRL und Art. 3, 5 FinFARL in § 312d BGB i.V.m. Art. 246a, 246b EGBGB geregelt. § 312d BGB ordnet lediglich das Bestehen von Informationspflichten an und verweist hinsichtlich ihres Inhalts und der flankierenden formalen Anforderungen auf das EGBGB. Bereits diese Verweisungstechnik sticht hervor, die übrigen nicht europarechtlich veranlassten Informationspflichten haben ihre Grundlage allein im BGB. Die Angabepflichten im Abzahlungsgesetz waren ebenfalls vollständig dort geregelt. Bezieht man die Vorschriften des EGBGB mit in die Betrachtung ein – freilich ohne hier ins Detail gehen zu wollen – ergibt sich kein anderes Bild. Die Regelungen zum Inhalt der Informationspflichten in Art. 246a, 246b EGBGB beinhalten äußerst umfangreiche, abschließende Kataloge von Informationspflichten, die weitgehend sehr konkret und kasuistisch ausgestaltet sind. Die einzelnen Informationspflichten werden detailliert festgelegt. Freilich finden sich auch hier unbestimmte Rechtsbegriffe546 und bei einigen Informationspflichten muss entschieden werden, ob diese im konkreten Fall eingreifen.547 Von der Abstraktionshöhe her besteht jedoch keine Vergleichbarkeit mit den durch die Rechtsprechung entwickelten Aufklärungspflichten, die auf Generalklauseln zurückgehen und deren Bestehen jeweils im Einzelfall zu ermitteln ist. Zudem ist der Anwendungsbereich der Informationspflichten nach § 312d BGB wiederum deutlich enger als bei den allgemein anwendbaren Generalklauseln. Bei den Tatbeständen, die an ein arglistiges Verschweigen anknüpfen, wird das Bestehen von Aufklärungspflichten lediglich inzident vorausgesetzt. Dahinter steht der Gedanke, dass der arglistig Handelnde weniger schutzwürdig ist. Ein solches Kriterium ist bei den hier in Frage stehenden Informationspflichten nicht ersichtlich.548 Die Regelungstechnik der Informationspflichten der §§ 630c, 630e BGB geht zwar eher in die Richtung der hier in Frage stehenden Informationspflichten, ist im Ergebnis aber ebenfalls nicht damit vergleichbar. So finden sich in § 630c Abs. 2 S. 1, 630e Abs. 1 S. 1 BGB zunächst unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „wesentlichen Umstände“ ziemlich allgemein gehaltene Regelungen. Diese werden im weiteren Verlauf des § 630c Abs. 2 S. 1 BGB bzw. in § 630e Abs. 1 S. 2 BGB unter beispielhafter Aufzählung einiger Aspekte konkretisiert. Die Regelungen zu den Informationspflichten im Fernabsatzrecht und bei Außergeschäftsraumverträgen gehen demgegenüber 545
Vgl. zu alldem bereits oben beim Verbrauchsgüterkaufrecht D. V. 6. c) aa) (2). Vgl. z. B. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB „die wesentlichen Eigenschaften“ und „angemessenen Umfang“. 547 Diese greifen nur „gegebenenfalls“ ein. 548 Vgl. zu den Charakteristika der Aufklärungspflichten nach der Rechtsprechung und der Vorschriften, die an das Merkmal der Arglist anknüpfen bereits oben D. V. 6. c) aa) (2). 546
V. Analyse der Gesetzeslage
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meines Erachtens einen deutlichen Schritt weiter. Sie begnügen sich nicht mit einer beispielhaft konkretisierten allgemeinen Regelung, sondern führen umfassende und zum Teil äußerst umfangreiche Kataloge von Informationspflichten an. Nicht umsonst hatte der Gesetzgeber hier das Bedürfnis die nähere Ausgestaltung der Informationspflichten aus dem BGB auszulagern. Neben diesen vorvertraglichen Informationspflichten finden sich weitere Informationspflichten des Unternehmers in § 312f BGB, bei denen die formalen Anforderungen im Vordergrund stehen. Diese müssen „alsbald“ bzw. „innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird“ erfüllt werden. Ein Zusammenhang mit der Funktion der Informationspflichten, eine material privatautonome Entscheidung des Verbrauchers zu ermöglichen, kann hier insoweit gesehen werden, als die endgültige Bindung des Verbrauchers an den Vertrag erst mit dem Ablauf der Widerrufsfrist oder dem sonstigen Erlöschen des Widerrufsrechts aus § 312g Abs. 1 BGB feststeht. Durch das Widerrufsrecht wird ihm eine weitere Überlegungsfrist eingeräumt, für die er auch solche nachträglichen Informationen fruchtbar machen kann.549 Zudem wird auf diese Weise die Dokumentationsmöglichkeit des Vertragsinhalts für den Verbraucher sichergestellt.550 Damit entspricht der Regelungszweck einer klassischen Funktion gesetzlicher Formvorschriften. Die Dokumentationsfunktion ist nämlich als Minus in der Beweisfunktion von Formvorschriften enthalten.551 Ganz konkret finden sich im BGB aber kaum vergleichbare Vorschriften mit einem solchen nachträglichen Dokumentationserfordernis. Zu denken ist allenfalls an § 651a Abs. 3 BGB, wonach beim Reisevertrag dem Kunden bei oder unverzüglich nach Vertragsschluss eine umfassende Reisebestätigung zur Verfügung zu stellen ist. Allerdings beruht die Einführung dieser Regelung ihrerseits auf der Umsetzung der Vorgaben des Art. 4 Abs. 2 PauschalreiseRL.552 Ansonsten ist noch an die allerdings deutlich weniger detailliert getroffene Regelung des § 630e Abs. 2 S. 2 BGB zu denken, deren Zweck ebenfalls in der Dokumentation und auch in der Beweissicherung gesehen wird.553 Alles in allem fügen sich die Informationspflichten bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen demnach von den dahinterstehenden Gedanken durchaus in das BGB ein, heben sich in gesetzestechnischer Hinsicht allerdings von sonstigen Informationspflichten im BGB ab. Dies gilt insbesondere für den Regelungsumfang und die Abstraktionshöhe. Gegenüber der Rechtslage vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ergibt sich eine wesentliche Ausweitung der Informations549 Hoffmann, ZIP 2005, 829, 833; Meller-Hannich, S. 151 f.; MüKoBGB-Wendehorst, § 312c Rn. 2. 550 BT-Drs. 17/12637, S. 55. 551 MüKoBGB-Einsele, § 125 Rn. 9; vgl. auch die Begründung zur Einführung der Textform in BT-Drs. 14/4987, S. 19. 552 BT-Drs. 12/5354, S. 16, 18 zur Vorgängerregelung in § 651a Abs. 5 BGB a.F. i.V.m. § 3 Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern. 553 Jauernig-Mansel, § 630e Rn. 8.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
pflichten insbesondere dadurch, dass diese nunmehr auch den Bereich der Außergeschäftsraumverträge betreffen. Bei den Haustürgeschäften i.S.d. § 312 BGB a.F. erschöpften sich die Informationspflichten demgegenüber in der Erteilung der Widerrufsbelehrung gemäß §§ 312 Abs. 2, 360 BGB a.F. Ebenso war die Rechtslage nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Angesichts des großen Umfangs der Informationspflichten kann meiner Ansicht nach nicht mehr nur von geringen Auswirkungen auf die Privatautonomie gesprochen werden. Gleichwohl sind diese über die Gewährleistung der materialen Privatautonomie in Anknüpfung an die besonderen Abschlusssituationen gerechtfertigt. Ob dieses legitime Ziel mit dem verfolgten ausgiebigen Informationskonzept allerdings noch erreicht werden kann, erscheint fraglich.554 (bb) Informationspflichten bei den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr Bei den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr werden die Informationspflichten zum Teil unmittelbar in §§ 312i, 312j BGB näher ausgestaltet, in § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB hingegen belässt es der Gesetzgeber wiederum bei der bloßen Anordnung des Bestehens von Informationspflichten im BGB und verweist zu deren näherer Ausgestaltung auf das EGBGB. Die einzelnen Vorgaben werden konkret, teilweise katalogartig aufgezählt, wenngleich sich auch hier vereinzelt unbestimmte Rechtsbegriffe finden. Dementsprechend gilt für die Informationspflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr im Wesentlichen das bereits zu den Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen Ausgeführte entsprechend. Sie fügen sich vom dahinterstehenden Gedanken in das BGB ein, weichen allerdings in gesetzestechnischer Hinsicht von sonstigen Informationspflichten nach dem BGB ab. Auch der Regelungsumfang der Pflichten ist im Ergebnis kritisch zu sehen, wenngleich nicht derart ausgeprägt wie bei den Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen. So halten sich die beiden numerisch untergliederten Pflichtenkataloge in § 312i Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 246c EGBGB mit vier bzw. fünf Gliederungsziffern noch in Grenzen. Nimmt man jedoch alle Regelungen zusammen, greift also insbesondere auch § 312j BGB ein, so ergibt sich doch ein stattlicher Pflichtenkatalog, zu dem oftmals bei Verbraucherverträgen zudem die Pflichten bei Fernabsatzverträgen hinzukommen werden. Angesichts der Vorgaben von Art. 10, 11 ECRL, sowie von Art. 8 Abs. 2, Abs. 3 VRRL hatte der nationale Gesetzgeber allerdings auch hier kaum Spielraum. Auf den ersten Blick irritierend erscheint unter Wertungsgesichtspunkten allerdings die Regelung des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB, die auf Art. 10 Abs. 3 ECRL beruht, im unternehmerischen Rechtsverkehr, wenn man diese mit dem AGB-Recht vergleicht. Hier wird nunmehr die Pflicht des Unternehmers auch gegenüber NichtVerbrauchern statuiert, seinem Vertragspartner die Möglichkeit zum Abruf und zur wiedergabefähigen Speicherung der Vertragsbestimmungen inklusive der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verschaffen. AGB-rechtlich greift hingegen 554
Vgl. dazu schon E. V. 2. b) bb) (1).
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gemäß § 310 Abs. 1 S. 1 BGB die Regelung des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB gerade nicht ein, wonach dem Vertragspartner eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschafft werden muss. Dies scheint sich zu widersprechen. § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB geht sogar noch über die Anforderungen nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB hinaus. Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass die Regelungen unterschiedliche Gegenstände betreffen und im Ergebnis kein Wertungswiderspruch anzunehmen ist. § 305 Abs. 2 BGB regelt die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag. Dies soll von § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB hingegen unberührt bleiben.555 Aus der Fassung des Regierungsentwurfs des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes und der Begründung hierzu ergab sich dies ganz explizit.556 Die Formulierung wurde später nur aufgrund zeitlicher Diskrepanzen gewechselt, nicht jedoch um an dem Verhältnis zum AGBRecht etwas zu ändern.557 Zudem betreffen die Normen zu den besonderen Vertriebsformen in systematischer Hinsicht nicht den Vertragsschluss selbst.558 Eine Verletzung der Pflicht des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB hat andere Konsequenzen als eine Nichteinbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, denkbar sind beispielsweise Beweiserleichterungen im Prozess nach den Grundsätzen zur Beweisvereitelung.559 Hinter der Regelung steht gerade auch der Gedanke der besseren Beweisbarkeit und der Schaffung von mehr Rechtssicherheit im Internetverkehr.560 Als äußerst problematisch im System des BGB erweist sich allerdings die Rechtsfolgenregelung bei einer Verletzung der besonderen Informationspflicht aus der sog. Button-Lösung nach § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB.561 (cc) Informationspflichten bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen Für die Verbraucherverträge im Allgemeinen werden die Informationspflichten in § 312a Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB in der schon bekannten Regelungstechnik der bloßen Anordnung des Bestehens der Informationspflichten im BGB und der näheren Ausgestaltung im EGBGB geregelt. Unter den Wertungsgesichtspunkten des im BGB gegebenen Verbraucherschutzes fügen sich diese expliziten Informationspflichten angesichts der Anknüpfung allein an die Unternehmer-Verbraucher-Situation, wie gezeigt, nicht in das BGB ein. 555 Boente/Riehm, Jura 2002, 222, 227 f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1157; StaudingerThüsing, § 312g Rn. 58; für das Verhältnis zu Unternehmern ebenso, aber gegenüber Verbrauchern für eine mittelbare Wirkung auf die Einbeziehung der AGB MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 103 f. 556 BT-Drs. 14/6040, S. 14 f., 172 zu § 312e BGB-E. 557 BT-Drs. 14/7052, S. 192; BT-Drs. 14/6857, S. 20, 56; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 58. 558 Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 58. 559 Spindler, MMR-Beil. 2000, 4, 12; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1158. 560 Hassemer, MMR 2001, 635, 636; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 57. 561 Vgl. dazu schon oben E. V. 3. b) aa) (1).
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Der Gesetzgeber bleibt nähere Ausführungen zu den hinter der Regelung stehenden Gedanken schuldig. Zwar sind die mit Informationspflichten und formalen Anforderungen einhergehenden Beeinträchtigungen der Privatautonomie eher gering. Angesichts der immer pauschaler werdenden Anknüpfung für das Bestehen solcher Informationspflichten und des auch hier nicht ganz geringen Umfangs erscheint mir diese systemfremde Einschränkung der Privatautonomie aber doch zumindest bedenklich. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Informationspflichten bei der Regelung im EGBGB verschiedentlich weiter eingeschränkt werden. Zum einen besteht die Pflicht zur Information in klarer und verständlicher Weise gemäß Art. 246 Abs. 1 EGBGB nur, sofern sich die Informationen nicht bereits aus den Umständen ergeben. Insoweit wird allerdings nicht immer klar sein, ob dies anzunehmen ist oder nicht, so dass im Zweifel die Informationen zur Verfügung zu stellen sind. Mehr Rechtssicherheit wird hier erst nach und nach durch die Rechtsprechung eintreten.562 Zum anderen bestehen die Informationspflichten gemäß Art. 246 Abs. 2 EGBGB nicht bei Geschäften des täglichen Lebens, die bei Vertragsschluss sofort erfüllt werden. Auch hier ist der Begriff des Geschäfts des täglichen Lebens äußerst unscharf. Dies ist allerdings weniger problematisch, da der Terminus dem BGB bereits in anderem Zusammenhang bekannt ist, nämlich i.R.d. § 105a BGB. Die hierzu entwickelten Grundsätze können auf Art. 246 Abs. 2 EGBGB übertragen werden, so dass keine übermäßige Rechtsunsicherheit entsteht.563 Diese Ausnahme führt demnach tatsächlich zu einer spürbaren Einschränkung, dennoch verbleibt ein signifikanter Anwendungsbereich für die Informationspflichten.564 Erfasst sind nämlich nur Geschäfte, die nach der Verkehrsauffassung als alltäglich angesehen werden.565 Dazu zählen jedenfalls nicht größere bzw. seltenere Anschaffungen wie z. B. der Kauf von Möbeln oder Elektrogeräten usw.566 Die Auswirkungen auf die Privatautonomie sind deshalb nicht zu unterschätzen. Angesichts der – wenn auch gemäß Art. 5 Abs. 4 VRRL nur mindestharmonisierenden – Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie in Art. 5 VRRL lag diese Entscheidung allerdings nicht beim nationalen Gesetzgeber. Hinsichtlich des Vergleichs mit anderen Informationspflichten des BGB gilt wiederum das zu den Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen Ausgeführte entsprechend. Hinzu kommt die als problematisch anzusehende Rechtsfolge der Verletzung der Informationspflichten über Kosten in § 312a Abs. 2 S. 2 BGB.567
562 563 564 565 566 567
Tamm, VuR 2014, 9, 10 f. BT-Drs. 17/12637, S. 74; Palandt-Grüneberg, Art. 246 EGBGB Rn. 2. A.A. wohl Wendehorst, NJW 2014, 577, 578. BT-Drs. 14/9266, S. 43 mit Beispielen. Möller, BB 2014, 1411, 1413. Vgl. dazu oben E. V. 3. b) aa) (2).
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(b) Widerrufsrecht Bei den Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen bedient sich der Gesetzgeber eines weiteren Schutzinstruments. Dem Verbraucher wird in § 312g BGB ein Widerrufsrecht eingeräumt. Problematisch erscheint daran, dass damit unmittelbar Beschränkungen des Grundsatzes pacta sunt servanda verbunden sind. Allerdings muss auch das Widerrufsrecht im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Privatautonomie gesehen werden. Hieraus ergibt sich letztlich seine Legitimation. Hinter dem Grundsatz pacta sunt servanda verbirgt sich der Gedanke, dass Vertragsparteien einmal geschlossene Verträge auch einhalten müssen.568 Dieses Prinzip steht seinerseits im Zusammenhang mit der Privatautonomie in Form der Vertragsfreiheit. Eine solche Bindungswirkung ist durch die zuvor privatautonom getroffene Entscheidung zum Vertragsschluss und zur Vertragsgestaltung legitimiert. Zudem wird die Vertragsfreiheit letztlich durch die Bindung an Verträge abgesichert, da auf diese Weise gewährleistet wird, dass die Parteien privatautonom verbindlich handeln können.569 Nach diesen Überlegungen ist auch einsichtig, dass in denjenigen Fällen, in denen die materiale Privatautonomie gerade beeinträchtigt ist oder fehlt, die Bindungswirkung eingeschränkt werden darf, um über diesem Wege tatsächliche Entscheidungsfreiheit zu gewährleisten.570 Dies passiert letztlich durch das Einräumen eines Widerrufsrechts. Der Grundsatz pacta sunt servanda wird hierdurch nicht vollständig durchbrochen und aufgehoben, sondern lediglich etwas modifiziert, indem die Bindungswirkung quasi um die Widerrufsfrist hinausgeschoben wird. Dem Verbraucher wird eine zusätzliche Überlegungsfrist eingeräumt, damit er seine bislang noch unzureichende Willensbildung unter Berücksichtigung weiterer Informationen fortsetzen kann.571 Die Beeinträchtigung der Willensbildung beim Vertragsschluss ergibt sich beim Außergeschäftsraumvertrag aus der Überrumpelungssituation, beim Fernabsatzvertrag aus den defizitären Kenntnissen bezüglich der Ware.572 Dabei stellt auch die Einräumung eines Widerrufsrechts bei genauer Betrachtung ein noch eher mildes Mittel zur Gewährleistung einer material privatautonomen Entscheidung dar, da hierdurch die inhaltliche Vertragsgestaltung durch die Vertragsparteien zunächst unberührt bleibt.573 Vielmehr werden die Möglichkeiten des Verbrauchers, selbst eine informierte Entscheidung zu treffen, gestärkt.574 568
Köhler, § 8, Rn. 35. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 279; Canaris, in: FS BGH, S. 129, 147 ff.; Lorenz, Unerwünschter Vertrag, S. 29, 37; Heiderhoff, S. 374 f.; in diese Richtung auch BVerfGE 89, 214, 231 f. 570 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 344; von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1367; Heiderhoff, S. 375. 571 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 332 f.; Reiner, AcP 203 (2003), 1, 8 f.; Meller-Hannich, S. 151 f. 572 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 9 f.; ausführlich dazu bereits oben E. V. 3. b) bb) (1) (a). 573 Drexl, S. 466; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 345. 569
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Widerrufsrechte ganz allgemein sind dem BGB keineswegs neu. Vielmehr finden sie sich bereits an zahlreichen Stellen auch im Allgemeinen Teil und im Schuldrecht in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen und mit verschiedenen Inhalten.575 Als gemeinsamer Nenner lässt sich ausmachen, dass der Widerrufende jeweils die Rechtswirkungen seiner eigenen Willenserklärung einseitig durch eine nachträgliche Gegenerklärung aufhebt.576 Insoweit fügt sich der verbraucherschützende Widerruf noch ein. Betrachtet man aber die einzelnen Widerrufskategorien nach dem BGB genauer, so fällt es schwer, den Verbraucherwiderruf, wie er sich nun auch in §§ 312g, 355 ff. BGB findet, zuzuordnen. Dabei ist schon eine Unterteilung der Widerrufsrechte des BGB in Kategorien nicht ganz einfach.577 Teilweise dient der Widerruf im BGB dazu, eine zunächst wirksame Willenserklärung nachträglich zu beseitigen. Als Beispiel ist hier § 671 Abs. 1 Hs. 1 BGB zu nennen. Teilweise geht es dabei zugleich darum, das Zustandekommen weiterer Rechtsgeschäfte zu verhindern.578 Dies gilt insbesondere für den Widerruf der Einwilligung nach § 183 BGB, auch der Widerruf der Vollmacht nach § 168 BGB könnte hierzu gezählt werden, wenngleich der Zusammenhang mit noch vorzunehmenden Rechtsgeschäften hier lockerer sein mag.579 Die Wirkung des Widerrufs ist in diesen Fällen allein in die Zukunft gerichtet und demnach mit der einer Kündigung zu vergleichen.580 Ähnlich einzuordnen sind die Fälle der §§ 130 Abs. 1 S. 2, 790 BGB, bei denen der Eintritt der Wirksamkeit der Willenserklärung bzw. der vollen Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts verhindert wird.581 Weiter geht demgegenüber der Schenkungswiderruf in den §§ 530 ff. BGB. Hier wird ein zunächst vollgültiger Vertrag beseitigt. Dies gilt zwar auch für den Widerruf nach § 671 Abs. 1 Hs. 1 BGB. Anders als dort geht der Schenkungswiderruf aber über die bloße Kündigungswirkung hinaus. Die Schenkung als Rechtsgrund für die Zuwendung entfällt. Damit wird einem zunächst vollwirksamen Vertrag nachträglich auch für die bereits ausgetauschten Leistungen die Grundlage entzogen. Es entsteht ein Rückabwicklungsverhältnis mit einem Rückgewähranspruch des Schenkers gegen den Beschenkten nach § 531 Abs. 2
574
Canaris, AcP 200 (2000), 273, 345; Heiderhoff, S. 394 f. BT-Drs. 14/2658, S. 41; ausführlich zu den verschiedenen Widerrufsrechten im BGB Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318 ff.; auch Boemke, AcP 197 (1997), 161, 167 ff.; Gernhuber, WM 1998, 1797, 1798. 576 Düll, S. 3; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 319. 577 Die Kategorisierung im Folgenden orientiert sich weitgehend an Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318 f. 578 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318 ordnet dies als eigenständige Kategorie ein. 579 Eine Parallele von § 168 BGB und § 183 BGB sieht auch Medicus, BGB AT, Rn. 303. 580 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 324; zu § 671 Abs. 1 BGB MüKoBGB-Seiler, § 671 Rn. 1; Palandt-Sprau, § 671 Rn. 1. 581 Ob man in letzteren Fällen, wie auch bei §§ 109, 178 BGB oder grundsätzlich beim Widerruf von einer ex-tunc-Wirkung ausgehen kann, erscheint mir zweifelhaft. So aber BeckOK-Schmidt (01. 11. 2014), § 346 Rn. 20; von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1364; Palandt-Grüneberg, Einf. V. § 346 Rn. 13. Die Rechtswirkungen treten vielmehr gar nicht erst ein. 575
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i.V.m. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB.582 Schließlich werden dem Vertragspartner eines zum Schutz des anderen schwebend unwirksamen Vertrags Widerrufsrechte zur Beendigung seiner einseitigen Bindung an den Vertrag eingeräumt, vgl. §§ 109, 178 BGB. Unter Berücksichtigung dieser Kategorien von Widerrufsrechten ist der hier in Rede stehende Widerruf nach §§ 312g, 355 ff. BGB allein vergleichbar mit dem Schenkungswiderruf. Er zielt ebenfalls darauf ab, einen bereits wirksamen Vertrag zu beseitigen und gegebenenfalls ausgetauschte Leistungen rückabzuwickeln. Unterschiede ergeben sich aber insoweit, als die Rückabwicklung des Schenkungswiderrufs über das Bereicherungsrecht erfolgt und nicht im Einzelnen speziell geregelt ist. Außerdem knüpft der Verbraucherwiderruf typisierend an eine für den Verbraucher abstrakt gefährliche Abschlusssituation an,583 wohingegen beim Schenkungswiderruf im Einzelfall konkret grober Undank des Beschenkten i.S.d. § 530 Abs. 1 BGB vorliegen muss. Auch hinsichtlich der Funktionen der Widerrufsrechte weicht der verbraucherschützende Widerruf von den Widerrufskategorien des BGB ab. Der verbraucherschützende Widerruf dient dazu, materiale Privatautonomie zu gewährleisten. Es soll sichergestellt werden, dass sich der Verbraucher tatsächlich frei entscheiden kann. Demgegenüber dient der Widerruf im BGB mit kündigungsähnlicher Funktion der Wiederherstellung rechtsgeschäftlicher Dispositionsfreiheit. Die ursprüngliche Willensbildung war hier nicht tangiert, sondern es geht lediglich um den Erhalt rechtsgeschäftlicher Flexibilität für die Zukunft.584 Oftmals wird auch ein Vertrauensverhältnis zugrunde liegen, weshalb eine jederzeitige Beendigung möglich sein muss.585 Sofern es um die Verhinderung des Wirksamwerdens von Willenserklärungen bzw. Rechtsgeschäften geht, sind Interessen Dritter noch gar nicht berührt, so dass auch kein Grund für das Festhalten an der einmal getroffenen Entscheidung gegeben ist.586 Bei § 130 Abs. 1 S. 2 BGB dient der Widerruf zudem dazu, den Schwebezustand bis zum Eintritt der Bindungswirkung beenden zu können.587 Insoweit besteht Ähnlichkeit mit dem Widerruf zur Beendigung von zum Schutz des anderen Vertragspartners bestehenden Schwebezuständen. Hier wird durch die Widerrufsmöglichkeit ein Ausgleich zum Schutz des anderen geschaffen, da der Vertragspartner in Hinblick auf die infolge des Schwebezustands bestehende Un582 BGHZ 140, 275, 284; Staudinger-Chiusi, § 531 Rn. 1; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318, 324 spricht von einer Beseitigung des Schenkungsvertrags ex tunc. Hiergegen spricht jedoch, dass der Fall dem Wegfall des Rechtsgrundes nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zugeordnet wird. Anders als bei der Anfechtung nach § 142 Abs. 1 BGB oder der Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB wird eine solche Rückwirkung hier auch nicht explizit angeordnet. 583 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 339. 584 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 337 ff. 585 BGH WM 1971, 956; Staudinger-Martinek, § 671 Rn. 1 jeweils zum Auftrag; dieser Gesichtspunkt kann meiner Ansicht nach insbesondere auf den Widerruf der Vollmacht übertragen werden, da es ebenfalls ein gewisses Vertrauen voraussetzt, einen anderen für sich handeln zu lassen. 586 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 339 f. 587 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 341 f.
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gewissheit seinerseits schutzwürdig ist.588 Beim verbraucherschützenden Widerruf steht das Widerrufsrecht aber anders als bei den schwebend unwirksamen Verträgen der zu schützenden Person selbst, dem Verbraucher, zu und es besteht schon gar kein Schwebezustand.589 Auch der Schenkungswiderruf ist letztlich in Hinblick auf seine Funktion nicht als vergleichbar anzusehen. Bei diesem kann die Willensbildung des Schenkers bei Abschluss des Schenkungsvertrags zwar insoweit als fehlerhaft angesehen werden, als sich die inzident zugrundeliegende Vorstellung eines dankbaren Beschenkten im Nachhinein als falsch herausstellt. Es handelt sich mithin um einen besonderen Fall der Störung der Geschäftsgrundlage.590 Die Entscheidungsfreiheit des Schenkers ist im Moment des Vertragsschlusses aber nicht beeinträchtigt. Aus funktionaler Sicht ist der Verbraucherwiderruf vielmehr mit der Anfechtung vergleichbar und zwar insbesondere mit der Anfechtung nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. Hier werden nämlich gerade ebenfalls Situationen ausgeglichen, bei denen sich der Anfechtungsberechtigte bei Abgabe seiner Willenserklärung nicht frei entscheiden konnte, weil er durch eine Drohung psychisch unter Druck gesetzt wurde oder infolge einer arglistigen Täuschung nicht alle oder fehlerhafte Informationen zur Verfügung hatte.591 Die Anfechtung ist jedoch anders konstruiert als der Verbraucherwiderruf. Dies zeigt sich zum einen bei Betrachtung des Zeitfensters für Widerruf und Anfechtung nach § 123 BGB. So können zwar beide Fristen als Überlegungsfristen eingeordnet werden,592 das Zeitfenster für eine Anfechtung nach § 123 BGB ist aber gemäß § 124 BGB deutlich großzügiger ausgestaltet, als dies beim Widerruf der Fall ist. Die reguläre Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 BGB lediglich 14 Tage ab Vertragsschluss bzw. dem maßgeblichen Lieferzeitpunkt nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Anfechtung gemäß § 123 BGB ist hingegen gemäß § 124 Abs. 1, Abs. 2 BGB ein Jahr lang ab Kenntnis der Täuschung bzw. Ende der Zwangslage möglich. Freilich gibt es beim Widerruf einige Aspekte, die den Beginn der Widerrufsfrist hinausschieben und damit die Widerrufsmöglichkeit verlängern. Allerdings wurde nunmehr im Bereich der Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge ungeachtet dessen eine Höchstfrist von zwölf Monaten und 14 Tagen ab Vertragsschluss bzw. maßgeblicher Lieferung und zwar insbesondere auch unabhängig von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung und damit unabhängig von der Kenntnis des Verbrauchers von seinem 588
Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 340 f.; BeckOK-Wendtland (01. 11. 2014), § 109 Rn. 1, Valenthin (01. 11. 2013), § 178 Rn. 1; MüKoBGB-Schmitt, § 109 Rn. 1 f., Schramm, § 178 Rn. 1. 589 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318 f.; das Widerrufsrecht nach § 1 HWiG hingegen führte noch zu einem Schwebezustand. 590 BGH NJW-RR 2006, 699, 700; MüKoBGB-Koch, § 530 Rn. 1; Staudinger-Chiusi, § 530 Rn. 1. 591 von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1365; Reiner, AcP 203 (2003), 1, 28 f.; so auch bereits Hönn, S. 164 f. zum Widerrufsrecht nach dem Abzahlungsgesetz; zum Zweck der Anfechtung gemäß § 123 BGB Mot. I, S. 204; RGZ 134, 43, 55; BGHZ 51, 141, 147; BGH NJW 2012, 296, 298; Staudinger-Singer, § 123 Rn. 1. 592 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 28.
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Widerrufsrecht festgelegt.593 Anders ist dies lediglich gemäß § 356 Abs. 3 S. 3 BGB bei Verträgen über Finanzdienstleistungen. Ähnliche Höchstfristen finden sich in §§ 356a Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2, 356c Abs. 2 S. 2 BGB für Teilzeit-Wohnrechteverträge und Ratenlieferungsverträge, nicht hingegen bei den Verbraucherdarlehensverträgen. Bei der Anfechtung nach § 123 BGB hingegen gilt gemäß § 124 Abs. 3 BGB eine Höchstfrist von zehn Jahren nach Abgabe der anfechtbaren Willenserklärung. Erklärbar sind diese unterschiedlichen Zeitfenster durch die unterschiedliche Qualität der Anknüpfungspunkte für Anfechtung bzw. Widerruf. Darin liegt zudem ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Rechtsinstituten. Die Anfechtung nach § 123 BGB erfordert das Vorliegen eines konkreten Anfechtungsgrundes in Form einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung. Der Anfechtende ist also im konkreten Fall tatsächlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt und dies war zudem kausal für die Abgabe seiner Willenserklärung („bestimmt worden ist“). Dem Anfechtungsgegner kann ein ganz konkreter Vorwurf gemacht werden, weshalb seine Schutzwürdigkeit stark herabgesetzt ist.594 Beim Widerruf hingegen muss kein konkreter Grund vorliegen. Völlig voraussetzungslos ist er zwar auch nicht möglich, es wird aber lediglich an eine abstrakte Gefährdungslage angeknüpft, die typischerweise mit Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers einhergeht. Ob dies bei dem konkreten Sachverhalt der Fall ist, ist dabei irrelevant. Der Vertrag muss nicht an einem konkreten Mangel leiden.595 Hinsichtlich des Widerrufs von Haustürgeschäften gemäß § 312 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. hätte man bislang an dieser Argumentation zweifeln können, da sich auch hier das Erfordernis des Bestimmtwerdens im Gesetz fand. So wurde diese Formulierung auch zur Begründung der Ähnlichkeit von Widerruf und Anfechtung herangezogen.596 Das Merkmal findet sich nunmehr bei den Außergeschäftsraumverträgen in § 312b BGB allerdings nicht mehr wieder, so dass auch hier mittlerweile an eine rein abstrakte Gefährdungssituation angeknüpft wird.597 Die Schutzwürdigkeit des Unternehmers ist beim Widerruf daher nicht in dem Maße aufgehoben, wie dies bei der Anfechtung nach § 123 BGB der Fall ist. Auch die Rechtsfolgen der Anfechtung unterscheiden sich von denen des Widerrufs.598 Sie wirkt gemäß § 142 BGB ex tunc und führt zu einer Abwicklung ganz allgemein nach Bereicherungsrecht. Demgegenüber gestaltet der Verbraucherwiderruf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, dessen Rechtsfolgen im Gesetz speziell geregelt sind. Insoweit besteht viel eher eine Vergleichbarkeit 593
Vgl. dazu bereits oben E. V. 2. a) cc) (2). Medicus, BGB AT, Rn. 805; Staudinger-Singer, § 124 Rn. 1. 595 von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1365; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 386; ähnlich Gernhuber, WM 1998, 1797, 1804 f.; zu diesem Unterschied zwischen konkreten und abstrakten Gefahren auch bereits Hönn, S. 164 f. zum Widerrufsrecht nach dem Abzahlungsgesetz. 596 So etwa Reiner, AcP 203 (2003), 1, 28. 597 Vgl. dazu oben E. V. 3. b) bb) (1) (a). 598 von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1365. 594
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mit dem Rücktritt.599 Für den Fall des Fernabsatzvertrages könnte man das Widerrufsrecht in Hinblick auf den dahinterstehenden Zweck auch mit einer Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB vergleichen. Es kompensiert vergleichbar mit diesem Anfechtungsrecht Irrtümer über Eigenschaften der Sache aufgrund unzureichender Informationen und Informationsmöglichkeiten.600 Bei genauer Betrachtung erscheint mir hier aber bereits die funktionale Vergleichbarkeit zweifelhaft. Der Irrtum nach § 119 BGB kann allein auf Umständen beruhen, die aus der Sphäre des Anfechtenden stammen. Auf Umstände von außen, die die materiale Privatautonomie beeinträchtigen, kommt es anders als bei § 123 BGB und den Tatbeständen des Verbraucherwiderrufs nicht an. Der Gedanke eines Ausgleichs der Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit ist bei § 119 BGB meines Erachtens jedenfalls weniger prägend als bei § 123 BGB.601 Im Übrigen ist das Widerrufsrecht ohnehin auch mit diesem Anfechtungsrecht in Hinblick auf seine Ausgestaltung nicht vergleichbar. Hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen ergibt sich eine andere Diskrepanz zwischen der Anfechtungsfrist und der Widerrufsfrist. Die Anfechtung muss im Fall des § 119 BGB gemäß § 121 Abs. 1 S. 1 BGB unverzüglich nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund erfolgen. Damit wird schon gar keine Überlegungsfrist wie beim Widerrufsrecht eingeräumt. Bezüglich der Rechtsfolgen gilt das zu § 123 BGB ausgeführte entsprechend. Dass das Anfechtungsrecht gemäß § 122 BGB grundsätzlich eine Schadensersatzpflicht des Anfechtenden vorsieht, stellt im Ergebnis keinen weiteren Unterschied zum Widerrufsrecht dar,602 da angesichts der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht von einer Kenntnis des Unternehmers von der Widerruflichkeit gemäß § 122 Abs. 2 BGB auszugehen ist.603 Allerdings begründen diese Belehrungspflicht und die Kenntnis des Unternehmers ihrerseits einen Unterschied zum Anfechtungsrecht. Wie auch § 123 BGB knüpft § 119 BGB ebenfalls an einen konkreten Umstand, nämlich an einen konkret vorliegenden Irrtum des Anfechtenden an. Demgegenüber müssen sich die Informationsdefizite beim Widerruf eines Fernabsatzvertrages nicht ausgewirkt haben, da lediglich die abstrakt gefährliche Abschlusssituation vorausgesetzt wird. Von der gesetzlichen Ausgestaltung her ist der Verbraucherwiderruf, wie gesagt, eher mit dem Rücktritt vergleichbar.604 Dennoch ergeben sich auch hier deutliche Unterschiede. Dies betrifft zum einen, ähnlich wie bei der Anfechtung, die tatbestandlichen Voraussetzungen des Rücktritts. Der Rücktritt knüpft nämlich seinerseits nicht an eine abstrakte Gefährdungssituation an, sondern setzt einen konkreten 599 Vgl. zur Einordnung der Rechtsfolgen des Widerrufs bereits oben E. V. 2. a) cc) (1); a.A. Reiner, AcP 203 (2003), 1, 27, 30, 32 ff. 600 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 29. 601 So auch MüKoBGB-Armbrüster, § 123 Rn. 1; Drexl, S. 309 hingegen weist zwar auf den Unterschied zwischen §§ 123, 119 BGB hin, ordnet aber auch § 119 BGB dem Schutz der wirtschaftlichen Selbstbestimmung zu. 602 So aber von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1365; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 386. 603 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 29. 604 Vgl. dazu auch bereits oben E. V. 2. a) cc) (1).
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Rücktrittsgrund voraus.605 So erfordert das Rücktrittsrecht gemäß § 323 Abs. 1 BGB, dass eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht wurde. Bei § 324 BGB wird die Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verlangt. Eine Rücktrittsfrist im eigentlichen Sinn wird nicht festgelegt, vielmehr wird die Wirksamkeit des Rücktritts über § 218 BGB an die Verjährung des Leistungs- bzw. Nacherfüllungsanspruchs gekoppelt. Angesichts der Regelverjährung von drei Jahren oder besonderer Verjährungsregelungen wie etwa im Kaufrecht mit einer grundsätzlichen Dauer von zwei Jahren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB ist das Zeitfenster weiter als beim Widerruf. Ein weiterer Unterschied wird darin gesehen, dass Gegenstand des Rücktritts der Vertrag als Ganzes ist, wohingegen der Widerruf die einzelne Willenserklärung des Verbrauchers betrifft.606 Auch dem ist in regelungstechnischer Hinsicht zuzustimmen, wenngleich der Sache nach auch der Widerruf in der Regel auf die Lösung vom Vertrag abzielt. Hierfür sprechen die ausführlichen Regelungen zur Rückabwicklung.607 Bedeutender ist hingegen wiederum der Unterschied, der sich in funktionaler Hinsicht zwischen Rücktritt und Widerruf ergibt. Der gesetzliche Rücktritt lässt sich nämlich nicht in Zusammenhang mit der Gewährleistung materialer Privatautonomie bringen. Es geht hier vielmehr darum, eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei zu sanktionieren.608 Angesichts dessen kann meines Erachtens beim Verbraucherwiderruf trotz bestehender Ähnlichkeiten bei der Ausgestaltung der Rechtsfolgen nicht von einem besonderen Fall des Rücktritts gesprochen werden. Die Bezeichnung als Widerrufsrecht ist daher zu begrüßen. Der Widerruf wird, wie gezeigt, im BGB in ganz unterschiedlicher Ausgestaltung und Zweckrichtung verwendet.609 Insoweit war es unschädlich dem eine weitere Ausprägung hinzuzufügen. Der gemeinsame Nenner der Widerrufsrechte nach dem BGB ist auch beim Verbraucherwiderruf gegeben. In Hinblick auf den Zweck des Verbraucherwiderrufs, Störungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auszugleichen, kann außerdem an einen Anspruch infolge Verschuldens bei Vertragsanbahnung gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB gedacht werden. Hier wird zwar ebenfalls an eine Pflichtverletzung angeknüpft, anders als beim Rücktritt kann aber ein Zusammenhang mit der Gewährleistung materialer Privatautonomie bestehen. Dies gilt dann, wenn es um die Verletzung von Aufklärungspflichten geht, so dass wiederum informationelle Defizite vorliegen.610 In gesetzestechnischer Hinsicht besteht allerdings keine Vergleichbarkeit mit dem Verbraucherwiderruf. Es handelt sich nicht um ein Gestaltungsrecht, sondern die Aufhebung des Vertrags kann gegebenenfalls über einen Schadensersatzanspruch 605
Reiner, AcP 203 (2003), 1, 27; Meller-Hannich, S. 175. Gernhuber, WM 1998, 1797, 1804; von Koppenfels, WM 2001, 1360, 1364. 607 In diese Richtung auch Staudinger-Kaiser, § 355 Rn. 24. 608 Reiner, AcP 203 (2003), 1, 27; Meller-Hannich, S. 175 f. 609 Gernhuber, WM 1998, 1797, 1798 spricht insoweit von einem „dogmatisch wertlosen Allerweltsbegriff“. 610 Drexl, S. 309. 606
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erreicht werden. Die Pflichtverletzung muss dabei erneut konkret im Einzelfall vorliegen. Festzuhalten bleibt also, dass sich der Verbraucherwiderruf in Hinblick auf den dahinterstehenden Gedanken der Gewährleistung materialer Privatautonomie durchaus in das Wertesystem des BGB einfügt. In rechtstechnischer Hinsicht ist er allerdings letztlich keinem der hergebrachten Instrumente des BGB, die in ähnlicher Weise die Privatautonomie schützen, zuzuordnen. Insoweit ist am ehesten der Rücktritt vergleichbar, dem aber eine andere Zwecksetzung zu Grunde liegt. So war die Bezeichnung als Widerrufsrecht folgerichtig, da das BGB diesen Begriff ohnehin äußerst uneinheitlich verwendet. Eine weitergehende Auflockerung des Grundsatzes pacta sunt servanda kann allerdings darin gesehen werden, dass das Widerrufsrecht lediglich an abstrakte Gefährdungssituationen anknüpft. Begrifflich war der nationale Gesetzgeber durch die europarechtlichen Vorgaben sicher nicht an die Bezeichnung Widerrufsrecht gebunden, wenngleich diese Terminologie nunmehr in der Verbraucherrechterichtlinie verwendet wird. Hinsichtlich der Ausgestaltung enthält die Richtlinie allerdings in Art. 12 ff. VRRLVorgaben, die zu beachten waren. Insbesondere bei der Anknüpfung an eine rein abstrakte Gefährdungssituation bestand angesichts der Vorgaben in Art. 2 Nr. 7, Nr. 8, 9 Abs. 1 VRRL kein Spielraum des nationalen Gesetzgebers. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass sich diese Entwicklung schon auf nationaler Ebene vor einer europarechtlichen Beeinflussung abzeichnete. Ein Widerrufsrecht fand sich, angelehnt an das Widerrufsrecht nach § 1b AbzG, schon in § 1 HWiG. Ungeachtet des Erfordernisses des Bestimmtwerdens, knüpfte dieses ebenfalls an eine den Verbraucher abstrakt gefährdende Abschlusssituation an.611 Allerdings unterschied sich die Konstruktion, die damals für das Haustürwiderrufsgesetz gewählt wurde, von der heutigen Konstruktion einer (schwebenden) Wirksamkeit des Vertrages und ging zumindest nach ganz überwiegender Meinung mit einer schwebenden Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts während der Widerrufsfrist einher.612 Auch dies fügt sich gesetzestechnisch aber nicht besser in das BGB ein. Rechtstechnisch handelt es sich letztlich auch hierbei um eine Rechtsfigur eigener Art. Einer vorhandenen Widerrufskategorie aus dem BGB lässt sie sich nicht zuordnen. Vom Schenkungswiderruf gemäß § 530 BGB unterscheidet sich ein solches Widerrufsrecht bereits dadurch, dass kein vollwirksamer Vertrag vorliegt, der widerrufen werden soll. Die schwebende Unwirksamkeit während des Laufs der Widerrufsfrist deutet in Richtung der Widerrufsrechte zur Beendigung einer einseitigen Bindung an den Vertrag, wie sie §§ 109, 178 BGB einräumen.613 In eine ähnliche Richtung geht auch die Widerrufsmöglichkeit gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch hier besteht ein sich rechtlich ergebender Schwebezustand, der durch den Widerruf beseitigt werden 611
Vgl. dazu oben E. V. 3. b) bb) (1) (a). Vgl. dazu oben E. V. 2. a) cc) (1). 613 Vgl. auch MüKoBGB-Ulmer, 3. A., § 7 VerbrKrG Rn. 11; Fischer/Machunsky, § 1 Rn. 283. 612
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kann. Außerdem kann eine Parallele zwischen dem Widerruf bei § 130 Abs. 1 S. 2 BGB und der Widerrufskonstruktion nach dem Haustürwiderrufsgesetz darin gesehen werden, dass Gegenstand des Widerrufs noch gar nicht voll wirksame Willenserklärungen sind.614 Allerdings entsteht der Schwebezustand beim Verbraucherwiderruf, anders als bei den anderen Widerrufsrechten, erst durch das Einräumen des Widerrufsrechts, welches die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers gewährleisten soll. Bei den anderen Widerrufsrechten geht es demgegenüber primär um die Beseitigung des aus anderen Gründen bestehenden Schwebezustands, die Wiederherstellung der Dispositionsfreiheit ist dabei ein Nebeneffekt.615 Zu §§ 109, 178 BGB besteht außerdem nach wie vor der Unterschied, dass das Widerrufsrecht beim Verbraucherwiderruf nicht dem Vertragspartner der geschützten Person, sondern der geschützten Person selbst eingeräumt wird.616 Die Widerrufsmöglichkeit bei der Anweisung gemäß § 790 BGB betrifft eine komplexe Dreipersonenkonstellation und ist meiner Ansicht nach schon deshalb kaum mit dem Verbraucherwiderruf vergleichbar. Schließlich sind die Rechtsfolgen des Widerrufs auch bei der Konstruktion nach dem Haustürwiderrufsgesetz anders als bei diesen sonstigen Widerrufsrechten speziell geregelt.617 Letzteres stellt auch nach wie vor einen Unterschied zum Rechtsinstitut der Anfechtung dar. Hinsichtlich der Anknüpfung des Lösungsrechts besteht zwar bei der Variante nach dem Haustürwiderrufsgesetz eine größere Nähe zur Anfechtung, als dies beim heutigen Verbraucherwiderruf der Fall ist, da sich in § 1 Abs. 1 HWiG das Erfordernis des Bestimmtwerdens wie auch in § 123 Abs. 1 BGB findet. Anders als bei § 123 Abs. 1 BGB durch die Verbindung mit der arglistigen Täuschung oder der widerrechtlichen Drohung führt dies jedoch trotzdem nicht dazu, dass die Entschließungsfreiheit des Verbrauchers tatsächlich konkret beeinträchtigt ist. Denn es werden mit den drei Fallgruppen dennoch lediglich abstrakt gefährliche Tatbestände vorausgesetzt, wenngleich weniger stark typisiert, als heute.618 Gegenüber dem Rücktritt ergeben sich die gleichen Unterschiede, wie auch bei der aktuellen Fassung des Verbraucherwiderrufs. Hinzu kommt außerdem die Konstruktion der schwebenden Unwirksamkeit, die weder der Rücktritt noch das Anfechtungsrecht kennen.619 Schließlich könnte man eine solche Widerrufskonstruktion als die gesetzliche Anordnung einer aufschiebenden Bedingung ansehen und mit dem Fall des Kaufs auf Probe gemäß § 454 BGB vergleichen.620 Auch hierzu ergeben sich meines Erachtens jedoch deutliche Unterschiede. Zum einen stellt die 614
Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 350; Boemke, AcP 197 (1997), 161, 171. In diese Richtung Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 350 f. zum gleichlautenden Widerrufsrecht in § 7 VerbrKrG a.F. 616 Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 318 f. 617 Unterschiede bei der Rückabwicklung räumt auch MüKoBGB-Ulmer, 3. A., § 7 VerbrKrG Rn. 11 ein. 618 Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (1) (a); vgl. auch Reiner, AcP 203 (2003), 1, 28 zu § 312 BGB a.F. 619 Fischer/Machunsky, § 1 Rn. 284. 620 Fischer/Machunsky, § 1 Rn. 284; Knütel, AcP 185 (1985), 308, 315 zu § 1b AbzG. 615
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Anordnung der aufschiebenden Bedingung gemäß § 454 Abs. 1 S. 2 BGB, mit der eine Schwebelage einhergeht, lediglich eine Zweifelsregelung dar. Zum anderen setzt das Wirksamwerden des Vertrags beim Kauf auf Probe grundsätzlich mit der Billigung ein Tätigwerden des Käufers in Form einer empfangsbedürftigen Willenserklärung voraus, wohingegen beim Widerruf das Unterlassen des Widerrufs zum Wirksamwerden der Willenserklärung bzw. des Vertrags mit Ablauf der Widerrufsfrist führt.621 Außerdem beruht der Aufschub der Wirksamkeit in diesem Fall trotz der gesetzlichen Regelung letztlich auf der Entscheidung der Parteien mit dem Kauf auf Probe eine spezielle Art des Kaufvertrages gerade mit einer besonderen Entscheidungsmöglichkeit auf Seiten des Käufers abzuschließen.622 (c) Inhaltskontrolle von Vereinbarungen Verbraucherschutz erfolgt weiterhin dadurch, dass durch einzelne Vorschriften eine Art Inhaltskontrolle der Vereinbarungen der Parteien angeordnet wird. Dies erfolgt erneut im Rahmen der Grundsätze zu Verbraucherverträgen im Allgemeinen, namentlich durch die Regelungen des § 312a Abs. 4, Abs. 5 S. 1 BGB. So wird durch Absatz 4 die Wirksamkeit einer Entgeltvereinbarung für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels davon abhängig gemacht, dass eine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht und das Entgelt der Höhe nach die tatsächlichen Kosten des Unternehmers für die Nutzung des Zahlungsmittels nicht übersteigt. Absatz 5 Satz 1 beschränkt die Zulässigkeit von Entgeltvereinbarungen für die Nutzung von Telefonhotlines für Vertragsfragen ebenfalls der Höhe nach auf das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes. Hierdurch wird die Vertragsfreiheit der Parteien in Form der Vertragsgestaltungsfreiheit eingeschränkt, da sie nicht mehr völlig frei über die Zahlungsmodalitäten und die Entgelthöhe disponieren können. § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB übernimmt dabei die Rechtsprechung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen,623 wonach dem Klauselgegner eine unentgeltliche, gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit eingeräumt werden muss. Ansonsten würde i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB von dem wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abgewichen, dass gesetzliche Verpflichtungen erfüllt werden müssen, ohne dass dafür ein Entgelt verlangt werden kann. Die gesetzliche Verpflichtung besteht dabei darin, vertragsgemäße Leistungen des Vertragspartners anzunehmen.624 Diese Rechtsprechung wird nun über den AGB-rechtlichen Bereich, der durch eine besondere Abschlusssituation gekennzeichnet ist,625 auf Individualvereinbarungen 621
Knütel, AcP 185 (1985), 308, 315 zu § 1b AbzG; zur Einordnung der Billigung als empfangsbedürftige Willenserklärung vgl. Staudinger-Mader/Schermaier, § 454 Rn. 23 m.w.N. Eine Ausnahme besteht im Fall des § 455 S. 2 BGB. 622 In diese Richtung bereits Gernhuber, WM 1998, 1797, 1799. 623 BT-Drs. 17/12637, S. 51 zu § 312c Abs. 3 BGB-E. 624 BGHZ 185, 359, 367 f. 625 Vgl. dazu oben C. V. 5. b) bb) (2).
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erweitert. Es kommt also zu einer weitergehenden Einschränkung der Privatautonomie ohne ersichtliche Rechtfertigung. Vereinbarungen über Zusatzentgelte sind nur bedingt AGB-rechtlich überprüfbar, da gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nur von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen der Inhaltskontrolle unterworfen sind. Demnach unterfallen Preisabreden nicht der AGB-Kontrolle, da die Preise nach unserer Rechtsordnung prinzipiell nicht gesetzlich festgelegt werden, sondern der freien Preisbildung am Markt unterliegen.626 Dies gilt grundsätzlich auch für Entgelte für Nebenleistungen und Sonderleistungen, die gesetzlich nicht geregelt sind.627 Anders ist dies allerdings bei sog. Preisnebenabreden, die sich zwar mittelbar auf Preis und Leistung auswirken, an deren Stelle aber dispositives Gesetzesrecht, allgemeine Rechtsgrundsätze oder durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelbare Rechte und Pflichten treten, wenn die Abrede fehlt.628 Hier ist also ein Kontrollmaßstab vorhanden. Entgeltklauseln, mit denen der Verwender Aufwendungen für die Erfüllung seiner eigenen gesetzlich begründeten Pflichten oder für seine Zwecke auf den Kunden abwälzt, sind demnach als Abweichung von Rechtsvorschriften kontrollfähig.629 Vereinbarungen über Zusatzentgelte für die Benutzung bestimmter Zahlungsmittel waren mithin als sog. Preisnebenabrede kontrollfähig, da an ihre Stelle der gesetzliche Grundgedanke treten würde, dass gesetzliche Verpflichtungen unentgeltlich zu erfüllen sind.630 Die jetzige Regelung des § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB schränkt aber auch insoweit den Grundsatz der Privatautonomie weiter ein, da die vorweggenommene Inhaltskontrolle in Bezug auf die Entgelthöhe nicht auf Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschränkt ist. Sie wird erneut ganz pauschal für Verbraucherverträge vorgenommen. Entgeltvereinbarungen über das Bereithalten und Nutzen einer Hotline für vertragsbezogene Fragen oder Erklärungen, wie sie § 312a Abs. 5 S. 1 BGB zum Gegenstand hat, stellen demgegenüber meiner Ansicht nach als Entgeltabrede über eine Sonderleistung bereits kontrollfreie Preisabreden dar, da in der Regel keine gesetzliche Pflicht besteht, derart telefonisch zur Verfügung zu stehen. Sie unterliegen damit nicht einmal der Inhaltskontrolle nach AGB-Recht. Neben der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle gibt es im BGB zwar weitere Ansatzpunkte, die Entgeltvereinbarungen verbieten oder begrenzen. Auch diese sind jedoch nicht mit den nun getroffenen Vorschriften vergleichbar. So verbietet § 655d 626 BT-Drs. 7/3919, S. 22; BGHZ 93, 358, 360 f.; BGHZ 137, 27, 29; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 303. 627 BGHZ 116, 117, 120; BGHZ 161, 189, 190; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 310. 628 BGHZ 93, 358, 361; BGHZ 137, 27, 29 f.; BGHZ 141, 380, 383; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 314. 629 BGHZ 161, 189, 191; BGHZ 185, 359, 367; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Pfeiffer, § 307 Rn. 316. 630 BGHZ 185, 359, 367 f.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
S. 1 BGB die Vereinbarung von Nebenentgelten bei Darlehensvermittlungsverträgen. Hierdurch wird im Wesentlichen die Regelung des § 17 VerbrKrG weitergeführt, die bei Erlass des Verbraucherkreditgesetzes ohne europäische Veranlassung getroffen worden war. Die ursprüngliche Verbraucherkreditrichtlinie631 enthielt hierzu keine Vorgaben. Vielmehr war Vorbild für die Vorschrift eine Regelung aus einem Gesetzentwurf der Bundesregierung aus dem Jahr 1984.632 Der nationalen Rechtsordnung war eine dahingehende Einschränkung der Privatautonomie auch bei Individualvereinbarungen mithin nicht fremd. Allerdings handelt es sich dabei um eine punktuelle Ausnahmeregelung, die zudem für einen Bereich getroffen wurde, der in engem Zusammenhang mit dem besonders gefahrenträchtigen Vertragstyp des Verbraucherdarlehensvertrags steht.633 Auch unter Berücksichtigung dieser Regelung fügen sich § 312a Abs. 4, Abs. 5 S. 1 BGB daher meines Erachtens nicht in das Konzept des BGB ein. Die weiteren Regelungen zur Zulässigkeit und Höhe von Zusatzentgelten in §§ 675d Abs. 3, 675f Abs. 4 S. 2 BGB gehen ihrerseits auf europarechtliche Vorgaben zurück.634 Daneben könnte an die gesetzlichen Entgeltvorgaben durch die Gebührenordnungen z. B. für die freien Berufe gedacht werden. Diese sind aber zum einen schon nicht im BGB geregelt, zum anderen sind sie angesichts ihrer umfassenden Regelung zur Preisgestaltung nicht mit den hier in Rede stehenden Vorschriften zu den Zusatzentgelten vergleichbar. Schließlich wird eine Grenze insbesondere für die Entgelthöhe durch § 138 BGB gezogen. Hierüber soll allerdings lediglich unter Vornahme einer Gesamtwürdigung aller Umstände die Einhaltung eines ethischen Minimums gewährleistet werden.635 Diese äußerste Grenze spielt im Rahmen der Regelungen des § 312a Abs. 4, Abs. 5 S. 1 BGB demgegenüber keine Rolle, da bereits jegliches Entgelt, das über die tatsächlich angefallenen Kosten hinausgeht, ausgeschlossen wird. In gesetzestechnischer Hinsicht handelt es sich bei den hier in Frage stehenden Vorschriften um eher konkrete Regelungen, die insbesondere in Hinblick auf die noch zulässige Höhe des Entgelts keine unbestimmten Rechtsbegriffe verwenden. Bei § 138 BGB hingegen stellt zumindest Absatz 1 eine Generalklausel dar. Der Tatbestand ist durch den unbestimmten Rechtsbegriff der guten Sitten gekennzeichnet. § 138 Abs. 2 BGB ist zwar durch die Aufzählung der nicht abschließenden Regelbeispiele konkreter, stellt aber mit dem Erfordernis eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung ebenfalls zentral auf einen unbestimmten Rechtsbegriff ab.636 Der nationale Gesetzgeber hatte in diesem Bereich allerdings angesichts der vollharmonisierenden Vorgaben in Art. 19 und 21 VRRL wenig Spielraum. Lediglich der Anwendungsbereich hätte entsprechend Art. 17 Abs. 2 VRRL auf Kauf631 632 633 634 635 636
Richtlinie 87/102/EWG, s. D., Fn. 500. Vgl. § 655b des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 10/1014, S. 5 f.; BT-Drs. 11/5462, S. 15. So schon BT-Drs. 11/5462, S. 15. Vgl. Art. 32, 52 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG, s. D., Fn. 500. s. die Nachweise in D., Fn. 485 und 486. Vgl. zur Charakterisierung des § 138 BGB bereits oben D. V. 6. c) aa) (1).
V. Analyse der Gesetzeslage
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verträge, Dienstleistungsverträge und Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme und digitale Inhalte eingeschränkt werden können. Allerdings ist der europarechtliche Begriff der Dienstleistungsverträge ziemlich weit zu verstehen, so dass damit nicht allzu viel gewonnen wäre.637 Außerdem ändert dies nichts daran, dass eine Rechtfertigung für die weitergehende Einschränkung der Privatautonomie fehlen würde. An besondere Abschlusssituationen würde weiterhin nicht angeknüpft und die Vertragstypen sind auch nicht als besonders gefahrtragend einzustufen. Anders ist dies allerdings bei der Regelung des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Diesbezüglich finden sich keinerlei Vorgaben in der Verbraucherrechterichtlinie. Zum Teil wird die Vorschrift daher als problematisch in Hinblick auf den der Richtlinie zugrundeliegenden Grundsatz der Vollharmonisierung angesehen, da es sich insoweit nicht um eine über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinausreichende und damit zulässige überschießende Umsetzung handele,638 wie dies etwa bei der fehlenden Einschränkung des Anwendungsbereichs auf bestimmte Verträge i.S.d. Art. 17 Abs. 2 VRRL der Fall ist. Vielmehr werde im Anwendungsbereich der Richtlinie hinsichtlich der Nutzung von Zahlungsmitteln ein höheres Verbraucherschutzniveau gewährleistet.639 Deshalb wird vertreten, die Regelung des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB sei richtlinienkonform als AGB-Regelung einzustufen und dementsprechend nur auf Allgemeine Geschäftsbedingungen anzuwenden.640 Dies dürfte sich in der Tat als vereinbar mit der hinter der Vorschrift stehenden Zielsetzung des Gesetzgebers erweisen, die diesbezügliche Rechtsprechung des BGH zum AGBRecht im Gesetz zu verankern.641 In gesetzestechnischer Hinsicht ist die Regelung dann jedoch völlig missraten. Weder der Wortlaut noch die Systematik bieten irgendeinen Anhaltspunkt für die Zuordnung zum AGB-Recht.642 § 312a Abs. 4 Nr. 1 und 2 BGB hätten, ohne dass dies aus dem Gesetz heraus ersichtlich wäre, einen unterschiedlichen Anwendungsbereich. Letzteres Problem stellt sich auch bei einer alternativen richtlinienkonformen Auslegung mittels teleologischer Reduktion dahingehend, dass die Regelung nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinienvorgaben zur Nutzung bestimmter Zahlungsmittel eingreift.643 Für eine Lösung dieser Problematik wäre daher meines Erachtens der Gesetzgeber gefragt. Dieser sieht allerdings, wie auch verschiedene Stimmen in der Literatur, in der Anordnung dieses zusätzlichen spezifischen Verbots schon gar keinen Verstoß gegen den Vollharmonisierungsansatz der Verbraucherrechterichtlinie begründet.644 Jedenfalls
637
Vgl. dazu später genauer unter E. V. 3. c) bb). Vgl. dazu die Nachweise in E., Fn. 275 und allgemein A., Fn. 19. 639 Omlor, NJW 2014, 1703, 1706. 640 Omlor, NJW 2014, 1703, 1706 f. 641 BT-Drs. 17/12637, S. 51; Omlor, NJW 2014, 1703, 1706 f. 642 Letzteres deutet auch Omlor, NJW 2014, 1703, 1707 an. 643 So der Alternativvorschlag von Omlor, NJW 2014, 1703, 1706. 644 BT-Drs. 17/12637, S. 51 zu § 312c Abs. 3 BGB-E; Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 29; Erman-Koch, § 312a Rn. 44; so im Ergebnis auch HK-Schulte-Nölke, § 312a, Rn. 7. 638
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
handelt es sich bei § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB im Gegensatz zu den anderen beiden Regelungen nicht um eine europarechtlich veranlasste Regelung. (d) Eingriffe in den Grundsatz der Relativität von Schuldverhältnissen Auch der Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse steht im Zusammenhang mit der Vertragsfreiheit und damit der Privatautonomie. Er stellt letztlich eine Konsequenz der Kontrahentenwahlfreiheit dar.645 In diesem Kontext sind die Regelungen des § 312a Abs. 5 S. 2 und 3 BGB wiederum aus dem Anwendungsbereich der Verbraucherverträge im Allgemeinen problematisch. Die Ursache für die Störung der normalen Abwicklung der Telekommunikationsleistung wird im Verhältnis des Verbrauchers zum Unternehmer gesetzt, da hier eine nach Satz 1 unwirksame Entgeltvereinbarung getroffen wird. Die unmittelbare Konsequenz wird allerdings gemäß Satz 2 im Verhältnis des Verbrauchers zu seinem Telekommunikationsdienstleister gezogen, indem der Verbraucher von seiner Zahlungspflicht diesem gegenüber in vollem Umfang befreit wird.646 Freilich erhält der Telekommunikationsdienstleister durch Satz 3 einen entsprechenden Anspruch gegen den Unternehmer, so dass im Ergebnis mit dem Unternehmer derjenige belastet wird, der die Ursache für die Störung gesetzt hat.647 Mit dieser Konstruktion können allerdings insbesondere in dem Fall, in dem die Telekommunikationsdienstleister von Verbraucher und Unternehmer nicht identisch sind, Abwicklungsschwierigkeiten entstehen. Der nach Satz 3 anspruchsberechtigte Telekommunikationsdienstleister wird sich die Daten des Unternehmers als Anspruchsgegner erst mittels Auskunftsanspruchs beschaffen müssen, da er auf diese mangels Vertragsverhältnisses zum Unternehmer keinen Zugriff hat.648 Andererseits ist freilich auch das Anliegen des Gesetzgebers nachvollziehbar, den Verbraucher zu schützen, für den insbesondere nicht ersichtlich ist, inwieweit das Entgelt über den Betrag für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes hinausgeht.649 Zu überlegen ist hier aber, ob nicht eine Möglichkeit besteht, diesbezüglich eine höhere Transparenz für den Verbraucher zu schaffen und ihn doch nur hinsichtlich des überschießenden Betrags von seiner Leistungspflicht zu befreien und die Abwicklung im Übrigen in den jeweiligen Vertragsverhältnissen zu belassen. Eine andere Möglichkeit liegt darin, ihn auf einen Rückforderungsanspruch gegen den Unternehmer zu verweisen,650 was sicherlich mit einem geringeren Schutzniveau für den Verbraucher verbunden ist, aber eine Abwicklung im fehlerhaften Vertragsverhältnis selbst zur Folge hätte. Angesichts 645
Vgl. oben D. V. 6. c) aa) (3). BITKOM, Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 6. 647 BT-Drs. 17/12637, S. 52 zu § 312c Abs. 4 BGB-E; Schomburg, VuR 2014, 18, 23. 648 BITKOM, Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 6; Schomburg, VuR 2014, 18, 23. 649 BT-Drs. 17/12637, S. 52 zu § 312c Abs. 4 BGB-E; Wendehorst, NJW 2014, 577, 579 sieht die Befreiung des Verbrauchers von der Zahlungspflicht auch gegenüber dem Telekommunikationsdienstleister als „sehr gelungen“ an. 650 So BITKOM, Stellungnahme v. 12. 04. 2013, S. 6 f. 646
V. Analyse der Gesetzeslage
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des ohnehin nach dem herkömmlichen Verständnis der Privatautonomie kaum begründbaren Verbraucherschutzes bei Verbraucherverträgen ganz allgemein erscheint mir letztgenannter Weg als zumindest weniger schwerwiegender Eingriff in die Privatautonomie vorzugswürdig. Darüber hinaus entspricht diese Variante meines Erachtens auch besser den Vorgaben des Art. 21 VRRL. Gemäß Art. 21 UAbs. 2 VRRL soll nämlich das Recht der Telekommunikationsdienstleister, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, unberührt bleiben. Dies ist nach § 312a Abs. 5 BGB aber insofern nicht gewährleistet, als der Telekommunikationsdienstleister auf einen anderen Anspruchsgegner verwiesen wird. Art. 21 UAbs. 2 VRRL beschränkt sich insbesondere nicht nur auf den Grundtarif,651 sondern spricht anders als Unterabsatz 1 ganz allgemein vom Entgelt. (e) Das Erfordernis der Ausdrücklichkeit als neues Verbraucherschutzinstrument Über die einzelnen Bereiche der besonderen Vertriebsformen hinweg wie auch bei den Verbraucherverträgen allgemein finden sich weiterhin Regelungen, nach denen Willenserklärungen oder geschäftsähnliche Handlungen des Verbrauchers ausdrücklich erfolgen müssen, so in §§ 312a Abs. 3 S. 1, 312d Abs. 1 S. 2, 312f Abs. 3 Nr. 1, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11, 312j Abs. 3 S. 1, 356 Abs. 4 S. 1, S. 2, Abs. 5 Nr. 1, 357 Abs. 3 S. 2, Abs. 8 S. 1, 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 3 Nr. 2 BGB. Der Gesetzgeber übernimmt dabei auch begrifflich die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie und der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie.652 Dabei handelt es sich nicht um Formvorschriften im eigentlichen Sinn, da lediglich die Auslegungsmöglichkeiten einer Erklärung eingeschränkt werden, diese aber weiterhin formfrei möglich ist.653 Es werden jedoch gegenüber der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, die grundsätzlich jegliche Art von Erklärungen genügen lässt, sowohl ausdrückliche als auch konkludente, erhöhte Anforderungen gestellt.654 Die Privatautonomie der Parteien ist hierdurch betroffen, ähnlich wie Formvorschriften in die Formfreiheit als Ausprägung der Vertragsfreiheit eingreifen.655 Hinter den Regelungen steht wiederum der Gedanke des Verbraucherschutzes. Dieser soll vor überraschenden Rechtsfolgen, Irreführung und Übereilung geschützt werden, so dass das Ausdrücklichkeitserfordernis eine ähnliche Schutzfunktion wie eine Formvorschrift hat.656 Das Erfordernis 651
Davon scheint aber BT-Drs. 17/12637, S. 52 auszugehen. Vgl. Art. 6 Abs. 5, 7 Abs. 2, Abs. 3, 8 Abs. 2 UAbs. 2 S. 1, Abs. 8, 13 Abs. 1 UAbs. 2, 14 Abs. 4 a) ii), 16 a), h), m), 22 VRRL, Art. 6 Abs. 2 c), 7 Abs. 3 S. 2 FinFARL. 653 Str., vgl. die Nachweise unter E., Fn. 490. 654 Was das genau für Anforderungen sind, ist nicht ganz klar, vgl. dazu später E. V. 3. c) ee) (3). 655 Vgl. zur Formfreiheit etwa MüKoBGB-Busche, Vorb. v. § 145 Rn. 10, 29. 656 Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 53 zu § 312c Abs. 5 BGB-E, dem jetzigen § 312a Abs. 3 S. 1 BGB; BT-Drs. 17/7745, S. 12 zu § 312g Abs. 3, Abs. 4 BGB a.F., dem jetzigen § 312j Abs. 3, Abs. 4 BGB; Raue, MMR 2012, 438, 442 ordnet die Button-Lösung deshalb sogar als Formvorschrift ein, vgl. dazu schon oben E. V. 3. b) aa) (1). Diese Zwecksetzung steht meines 652
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
der Ausdrücklichkeit von Erklärungen tritt damit als zusätzliches Schutzinstrument neben die klassischen Verbraucherschutzinstrumente wie die Informationspflichten und das Widerrufsrecht. In den Bereichen des Fernabsatzes und der Außergeschäftsraumverträge geht es dabei, wie gezeigt, um den Ausgleich einer für den Verbraucher potentiell gefährlichen Abschlusssituation. In diesen Kontext können daher auch die Regelungen der §§ 312d Abs. 1 S. 2, 312f Abs. 3 Nr. 1, 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11, 356 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 1, 357 Abs. 3 S. 2, Abs. 8 S. 1, 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 3 Nr. 2 BGB eingeordnet werden. Das Ausdrücklichkeitserfordernis bei der Zustimmung des Verbrauchers zum Beginn der Vertragsdurchführung bzw. bei dessen Verlangen danach in §§ 312f Abs. 3 Nr. 1, 356 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 1, 357 Abs. 8 S. 1, 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 3 Nr. 2 BGB flankiert dabei das Widerrufsrecht des Verbrauchers. Gleiches gilt für § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11 BGB, bei dem u. a. über das Erfordernis der Ausdrücklichkeit der Aufforderung durch den Verbraucher sichergestellt wird, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht nicht zu leicht eingreift. §§ 312d Abs. 1 S. 2, 357 Abs. 3 S. 2 BGB schließlich enthalten Öffnungsklauseln gegenüber der grundsätzlich einseitig zwingenden Wirkung der Vorschriften nach §§ 312k Abs. 1 S. 1, 361 Abs. 2 S. 1 BGB. Insofern dienen sie also gerade der Erhaltung der Privatautonomie, wenngleich unter gewissen Einschränkungen. § 312j Abs. 3 S. 1 BGB betrifft den Bereich der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, bei denen, wie gezeigt, ebenfalls die besondere Abschlusssituation Anknüpfungspunkt für den besonderen Kundenschutz ist.657 Vorliegend ist der Anwendungsbereich zudem auf Verbraucherverträge beschränkt, so dass die Regelung auch tatsächlich dem Verbraucherschutzrecht zuzuordnen ist. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Bestätigung seiner Zahlungspflicht flankiert an dieser Stelle die diesbezügliche besondere Informationspflicht des Unternehmers. Zu weit geht hier allerdings auch in Hinblick auf den bezweckten Verbraucherschutz die Rechtsfolge einer Verletzung dieser Vorgaben gemäß § 312j Abs. 4 BGB.658 Aus dem Rahmen fallen allerdings, wie gezeigt, die Regelungen zu den Verbraucherverträgen allgemein, mithin bezogen auf das Ausdrücklichkeitserfordernis § 312a Abs. 3 S. 1 BGB. Demnach müssen Vereinbarungen über Zusatzentgelte ganz allgemein bei Verbraucherverträgen ausdrücklich getroffen werden. Hier wird der zusätzliche Schutz ohne zusätzliches rechtfertigendes Element lediglich an den persönlichen Anwendungsbereich geknüpft. Damit geht die Regelung über das klassische Verbraucherschutzrecht hinaus, so dass sich die Frage stellt, ob sich die Vorschrift in anderer Hinsicht in das System des BGB einfügt. Dort finden sich auch Erachtens auch hinter den anderen Regelungen eines Ausdrücklichkeitserfordernisses, auch wenn der Gesetzgeber dies dort nicht ausdrücklich erwähnt. 657 Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10 sieht hingegen keine besonders gefährliche Situation, allerdings ohne insoweit den Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr generell zu thematisieren. 658 Vgl. dazu ausführlich E. V. 3. b) aa) (1).
V. Analyse der Gesetzeslage
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in anderen Zusammenhängen vereinzelt Regelungen, die ebenfalls ein solches Ausdrücklichkeitserfordernis enthalten, z. B. in §§ 244 Abs. 1, 305 Abs. 2 Nr. 1, 630c Abs. 4, 630e Abs. 3, 700 Abs. 2, 1059a Abs. 1 Nr. 1, 1904 Abs. 5 S. 2, 1906 Abs. 5 BGB. Hintergrund ist aber auch hier, dass es sich um besonders gefährliche, weitreichende oder zumindest ungewöhnliche Rechtsgeschäfte handelt oder abweichende Vereinbarungen getroffen werden.659 Selbst mit dem AGB-Recht lässt sich die Vorschrift nicht vergleichen. Es geht zwar ebenfalls um vertragliche Nebenabreden. Beim AGB-Recht ergibt sich jedoch ein besonderes Schutzbedürfnis aus einer besonderen Abschlusssituation.660 Ähnlich wie bei der Button-Lösung könnte zudem die Rechtsfolge des Nichteinhaltens des Ausdrücklichkeitserfordernisses an dieser Stelle zu weit gehen. Problematisch ist dabei allerdings zunächst, dass § 312a Abs. 3 S. 1 BGB eine solche Rechtsfolge gar nicht unmittelbar anordnet. Entsprechend § 312a Abs. 6 BGB kommt die Unwirksamkeit der Vereinbarung in Betracht661 oder aber, dass diese gar nicht Vertragsbestandteil wird662. Für Letzteres spricht die Gesetzessystematik, da sich diese Konsequenz in § 312a Abs. 3 S. 2 BGB findet. Weiterhin könnte man angesichts des Wortlauts der Norm überlegen, ob sich das Versäumnis lediglich auf die zusätzliche Entgeltvereinbarung, nicht aber auf eine eventuell damit verbundene Nebenleistungspflicht des Unternehmers auswirkt. Dies entspricht aber nicht dem Willen des Gesetzgebers. In der Fassung des Regierungsentwurfs wurde noch explizit auf entgeltliche Nebenleistungen abgestellt.663 Die Formulierung wurde lediglich geändert, um auch solche Zusatzzahlungen zu erfassen, die nicht mit einer Nebenleistung verbunden sind.664 Geht man aber davon aus, dass also bei einem Verstoß die komplette Vereinbarung über das Zusatzentgelt und die gegebenenfalls zu erbringende Nebenleistung nicht Vertragsbestandteil geworden ist, so würde sich der Verbraucherschutz in sein Gegenteil verkehren, wenn der Verbraucher tatsächlich Interesse am Erhalt der Nebenleistung hat. Sein vertraglicher Anspruch hierauf wird ihm nämlich in jedem Fall genommen. Dieses Problem hat auch der Gesetzgeber gesehen und verweist zur Lösung auf die Möglichkeit der Bestätigung gemäß § 141 BGB.665 Wird die Vereinbarung aber schon nicht Vertragsbestandteil, so spricht meines Erachtens viel dafür, die Anwendbarkeit des § 141 BGB daran scheitern zu lassen, dass keine nichtige Vereinbarung, sondern eine Nicht-Vereinbarung vorliegt, wie schon bei der Button-Lösung.666 Anders ist dies hingegen, wenn man von der Rechtsfolge der Unwirksamkeit ausgeht. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die einseitige Bestätigung der Vereinbarung durch den 659 Medicus, BGB AT, Rn. 335; Staudinger-Singer, Vorb. zu §§ 116 ff. Rn. 52; Wolf/Neuner, § 31 Rn. 6; vgl. zum Behandlungsvertrag oben D. V 6. c) aa) (2). 660 Vgl. dazu oben C. V. 5. b) bb) (2). 661 So im Ergebnis HK-Schulte-Nölke, § 312a Rn. 6. 662 So im Ergebnis wohl Schomburg, VuR 2014, 18, 19 f. 663 Vgl. § 312c Abs. 5 BGB-E in BT-Drs. 17/12637, S. 7. 664 BT-Drs. 17/13951, S. 63. 665 BT-Drs. 17/12637, S. 53 zu § 312c Abs. 5 BGB-E. 666 Vgl. oben E. V. 3. b) aa) (1).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Verbraucher ausreicht. Grundsätzlich genügt bei einem nichtigen Vertrag die Bestätigung desjenigen, der die nichtige Willenserklärung abgegeben hat, sofern die Nichtigkeit des Vertrages daraus folgt.667 § 312a Abs. 3 S. 1 BGB ordnet nun allerdings das Erfordernis der Ausdrücklichkeit nicht allein für die Erklärung des Verbrauchers, sondern insgesamt für die Vereinbarung an. Fehlt es also nicht nur bei der Erklärung des Verbrauchers an der Ausdrücklichkeit, sondern auch bei der Erklärung des Unternehmers, so ergeben sich auch hier Probleme für die Bestätigung. Die Richtlinienvorgabe des Art. 22 VRRL geht weniger weit. Dort wird das Erfordernis der Ausdrücklichkeit lediglich für die Zustimmung des Verbrauchers festgelegt. Dieser soll vor seiner ausdrücklichen Zustimmung zu den Extrazahlungen nicht gebunden sein. Der nationale Gesetzgeber ist also über die Richtlinienvorgaben hinausgegangen. Eine Lösung könnte darin liegen, das Ausdrücklichkeitserfordernis auf die Erklärung des Verbrauchers zu beschränken und für dessen Fehlen die Rechtsfolge der Unwirksamkeit vorzusehen, so dass einer einseitigen Bestätigung durch den Verbraucher nichts im Wege steht. Konkret für den Fall, dass sich der Verbraucher zur Zahlung eines zusätzlichen Entgelts verpflichtete, ohne sich dessen vollständig bewusst zu sein, stand dem Verbraucher bislang die Möglichkeit der Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB zur Verfügung.668 In der Regel wird es sich um ein in Haupt- und Nebenleistung teilbares Rechtsgeschäft handeln, so dass auch eine Teilanfechtung nur der Vereinbarung bezogen auf die Nebenleistung denkbar war. Die Auswirkungen auf den Vertrag insgesamt richten sich dann nach § 139 BGB und damit insbesondere nach dem hypothetischen Parteiwillen.669 Dementsprechend war nicht zwingend der gesamte Vertrag nichtig, die Gefahr bestand jedoch.670 Die Möglichkeit der Anfechtung setzt dabei einen im Einzelfall vorliegenden Irrtum und damit die tatsächliche Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers voraus, was zudem kausal für die Abgabe der Erklärung sein muss. § 312a Abs. 3 S. 1 BGB setzt hingegen bereits im Vorfeld an und versucht eine solche Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers von vornherein durch die Anordnung des Ausdrücklichkeitserfordernisses zu verhindern. Die Rechtsfolge, dass die Vereinbarung nicht Vertragsbestandteil wird bzw. unwirksam ist, greift dann unabhängig von einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit bereits bei der abstrakten Gefährdung angesichts des Nichteinhaltens dieser Vorgaben ein. Letztlich wird also durch das Erfordernis der Ausdrücklichkeit von Erklärungen die Privatautonomie weiter eingeschränkt. Dies gilt auch für die Bereiche der be667 BGH NJW-RR 2004, 1369, 1370; MüKoBGB-Busche, § 141 Rn. 11; Staudinger-Roth, § 141 Rn. 14. 668 BT-Drs. 17/12637, S. 53 zu § 312c Abs. 5 BGB-E. 669 Vgl. zur Teilanfechtung MüKoBGB-Busche, § 142 Rn. 10; Staudinger-Roth, § 142 Rn. 26. 670 Von der generellen Nichtigkeit des gesamten Vertrages nach § 142 Abs. 1 BGB geht hingegen BT-Drs. 17/12637, S. 53 aus, ohne jedoch auf die Möglichkeit der Teilanfechtung einzugehen.
V. Analyse der Gesetzeslage
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sonderen Vertriebsformen, da hier nunmehr ein weiteres Verbraucherschutzinstrument eingeführt wurde, das die bereits bekannten oftmals flankiert. Auf die inhaltliche Gestaltungsfreiheit wirkt sich dieses Verbraucherschutzinstrument nicht unmittelbar aus, so dass es sich erneut um einen weniger schwerwiegenden Eingriff in die Privatautonomie handelt. Im Bereich der besonderen Vertriebsformen ist dieser zur Durchsetzung der materialen Privatautonomie gerechtfertigt. Bei den Verbraucherverträgen im Allgemeinen fehlt ein über den persönlichen Anwendungsbereich hinausgehendes zusätzliches Rechtfertigungselement. Insoweit ist das Erfordernis bedenklich und fügt sich nicht gut in das BGB ein. (f) Die Anordnung zwingender Wirkung Vervollständigt wird der Verbraucherschutz durch die Anordnung der einseitig zwingenden Wirkung der Regelungen in § 312k Abs. 1 BGB sowie bezogen auf Ausgestaltung und Rechtsfolgen des Widerrufs in § 361 Abs. 2 BGB. Eine Besonderheit ergibt sich dabei im Zusammenhang mit den Normen zu Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr. § 312k Abs. 1 S. 1 BGB bezieht sich nämlich auf die „Vorschriften dieses Untertitels“ und demnach auch auf § 312i BGB, dessen Anwendbarkeit nicht auf Verbraucherverträge beschränkt ist. Dementsprechend spricht § 312k Abs. 1 S. 1 BGB davon, dass „nicht zum Nachteil des Verbrauchers oder Kunden abgewichen werden“671 darf. Die einseitig zwingende Wirkung beschränkt sich also nicht allein auf den Rechtsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sondern betrifft auch den unternehmerischen Rechtsverkehr, mithin oftmals den Handelsverkehr. Dies beruht unmittelbar auf den europäischen Vorgaben. Anders als die Verbraucherrechterichtlinie in ihrem Art. 25 VRRL, der ebenfalls an dieser Stelle umgesetzt wird, enthält die E-Commerce-Richtlinie zwar keine solche gesonderte Anordnung der einseitig zwingenden Wirkung, sie regelt allerdings in den Art. 10, 11 ECRL selbst die Abdingbarkeit der Regelungen abschließend, so dass sich im Umkehrschluss dazu die Unabdingbarkeit im Übrigen ergibt.672 Wie schon bei der eingeschränkten Unabdingbarkeitsklausel beim Unternehmerregress im Verbrauchsgüterkaufrecht geht damit ein gewisser Widerspruch zu dem Verständnis des Handelsverkehrs mit dem Prinzip der Selbstverantwortlichkeit der Kaufleute und dem Bedürfnis nach Flexibilität und Gestaltbarkeit der Rechtsverhältnisse einher.673 Die Anordnung des zwingenden Rechts geht dabei noch über § 478 Abs. 4 S. 1 BGB hinaus, da hier nicht die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen bei gleichwertigem Ausgleich eröffnet wird. Andererseits liegt der Regelung nunmehr anders als beim Verbrauchsgüterkauf eine potentiell gefährliche Abschlusssituation zu Grunde, durch die die Privatautonomie vordergründig einschränkende Regelungen legitimiert sind.674 Hinzu kommt noch, dass die Anordnung 671 672 673 674
Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. MüKoBGB-Wendehorst, § 312i Rn. 3. Vgl. dazu oben D. V. 6. c) aa) (3). Vgl. E. V. 3. b) bb) (1) (b).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
der zwingenden Wirkung bei Verträgen mit Nicht-Verbrauchern bei genauer Betrachtung stark eingeschränkt ist. § 312i Abs. 2 S. 2 BGB enthält nämlich seinerseits eine Öffnungsklausel, wonach die Regelungen des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3, S. 2 BGB zwischen Nicht-Verbrauchern abdingbar sind. § 312k Abs. 1 S. 1 BGB lässt eine solche Öffnungsklausel ausweislich seines Wortlauts zu. Im Ergebnis ist im unternehmerischen Bereich daher lediglich die Regelung des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB einseitig zwingend. Die Möglichkeit zum Abruf und zur Speicherung der Vertragsbestimmungen inklusive Allgemeiner Geschäftsbedingungen dient gerade auch der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten und der Erhöhung von Rechtssicherheit im Internetverkehr, was auch im Bereich des unternehmerischen Rechtsverkehrs legitim erscheint.675 Die Gestaltbarkeit des Vertrages an sich ist hierdurch zudem auch gar nicht betroffen, so dass die Flexibilität des Handelsverkehrs gewahrt bleibt. Alles in allem ist die Ausdehnung der zwingenden Wirkung auch auf den unternehmerischen Bereich daher zwar etwas ungewöhnlich, letztlich an dieser Stelle aufgrund des doch sehr begrenzten Umfangs und der dahinterstehenden Gedanken aber unbedenklich. (3) Fazit Mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie bleibt alles in allem festzuhalten, dass sich die Regelungen der §§ 312 ff., 355 ff. BGB insoweit weitgehend in das Verständnis des BGB einfügen. Das Fernabsatzrecht und – trotz weitergehender Typisierung bei der maßgeblichen Abschlusssituation @ auch das Recht der Außergeschäftsraumverträge gehören zum klassischen Verbraucherschutzrecht mit ausreichender Rechtfertigung. Das Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs unterscheidet sich hiervon dadurch, dass nicht durchgehend an das Vorliegen eines Verbrauchervertrags angeknüpft wird. Nichtsdestotrotz liegt durch die Anknüpfung an die besondere Abschlusssituation des elektronischen Geschäftsverkehrs eine ausreichende Legitimation für Schutzvorschriften vor. Es kann eine Parallele zum AGB-Recht gezogen werden.676 Problematisch erscheinen allerdings die Regelungen zu den Verbraucherverträgen im Allgemeinen. Hier erfolgt eine rein personale Anknüpfung, ein zusätzliches rechtfertigendes Element fehlt. Damit gehen diese Vorschriften über den bisherigen Grundgedanken des Verbraucherschutzes im BGB hinaus. In ähnlicher Weise konnten wir das bereits beim Verbrauchsgüterkaufrecht feststellen. Allerdings wurde dort mit dem Verbrauchsgüterkauf zumindest noch ein bestimmter Vertragstyp, wenn auch kein potentiell gefährlicher, vorausgesetzt. Die Regelungen hier gehen nochmals weiter.677 Die einzelnen Schutzinstrumente, wie z. B. die Informationspflichten oder das Ausdrücklichkeitserfordernis, mögen zwar keine übermäßig einschneidenden Eingriffe in den Grundsatz der Privatautonomie darstellen. Die Analyse hat 675 676 677
Hassemer, MMR 2001, 635, 636; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 57. Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (1) (a) und (b). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (1) (c).
V. Analyse der Gesetzeslage
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jedoch gezeigt, dass gerade auch im Bereich der Verbraucherverträge im Allgemeinen mehrere Verbraucherschutzinstrumente verwendet werden. Zudem finden sich Vorschriften zu einer Inhaltskontrolle von Vereinbarungen, was die Privatautonomie in Form der Vertragsgestaltungsfreiheit besonders deutlich betrifft.678 Die Regelungen zu den Verbraucherverträgen im Allgemeinen erscheinen mir daher äußerst bedenklich. Auch im Übrigen finden sich die klassischen Verbraucherschutzinstrumente, die Anordnung von Informationspflichten, bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen zudem das Widerrufsrecht, wieder. Die Informationspflichten sind allerdings angesichts ihres Umfangs mehr und mehr kritisch zu sehen. Bei einer solchen Informationsflut verfehlen sie nicht nur ihre Wirkung, sondern können sich zudem negativ auswirken. Ein Umdenken ist hier geboten. Gesetzestechnisch finden sich kaum Vergleichspunkte mit nicht europarechtlich bedingten Informationspflichten im BGB.679 Das Einräumen eines Widerrufsrechts war der deutschen Zivilrechtsordnung auch vor der Einflussnahme von europäischer Seite aus nicht fremd. In seiner gesetzestechnischen Ausgestaltung ist es am ehesten vergleichbar mit dem Rücktrittsrecht, lässt sich aber auch diesem nicht einwandfrei zuordnen. Funktional besteht mehr Ähnlichkeit mit dem Anfechtungsrecht. Insofern war es aus meiner Sicht folgerichtig die im BGB ohnehin in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen verwendete Bezeichnung Widerruf zu wählen.680 Ein „neues Verbraucherschutzinstrument“ wurde mit dem Ausdrücklichkeitserfordernis eingeführt, das dem BGB jedoch in anderem Zusammenhang bereits bekannt ist.681 Die Anordnung der einseitig zwingenden Wirkung auch zu Gunsten von Nicht-Verbrauchern ist im Ergebnis unbedenklich, wenngleich sich auch hier eine Tendenz zur Ausweitung von Schutzvorschriften zeigt.682 Der nationale Gesetzgeber hatte angesichts der zu beachtenden Richtlinienvorgaben kaum Spielraum. In Einzelfällen geht er aber ohne Notwendigkeit darüber hinaus und verstärkt die Auswirkungen auf die Privatautonomie auf diese Weise noch. Zum einen betrifft dies zum Teil die Vorschriften zur Inhaltskontrolle bei den Verbraucherverträgen im Allgemeinen.683 Zum anderen erscheint auch der Eingriff in den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse durch § 312a Abs. 5 S. 2 und 3 BGB angesichts der Vorgaben in Art. 21 VRRL nicht zwingend.684
678 679 680 681 682 683 684
Vgl. dazu unter E. V. 3. b) bb) (2). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (a). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (b). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (e). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (f). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (c). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (d).
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
c) Einheitlichkeit der Terminologie Aus terminologischer Sicht ergeben sich auch im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge allgemein einige Probleme. aa) Die Anordnung der zwingenden Wirkung und die Umgehungsverbote Dabei fügen sich zunächst die Anordnungen der halbzwingenden Wirkung zugunsten des Verbrauchers bzw. bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr auch des Kunden in §§ 312k Abs. 1 S. 1, 361 Abs. 2 S. 1 BGB in terminologischer Hinsicht harmonisch in den Gesamtzusammenhang des BGB ein. Anders als im Verbrauchsgüterkaufrecht in den §§ 475 Abs. 1 S. 1, 478 Abs. 4 S. 1 BGB wird zwar kein Verbot des Sich-Berufens für den Unternehmer statuiert, sondern schlicht angeordnet, dass nicht abgewichen werden darf. Damit fügt sich die Regelung allerdings in eine Reihe anderer Anordnungen einer halbzwingenden Wirkung ein.685 Ebenso erfolgen die die Anordnung der halbzwingenden Wirkung jeweils flankierenden Umgehungsverbote der §§ 312k Abs. 1 S. 2, 361 Abs. 2 S. 2 BGB auf aus anderen Stellen des BGB, nunmehr auch dem Verbrauchsgüterkaufrecht, bekannter Weise.686 Insoweit wird das einheitliche Bild im BGB fortgeführt. bb) Verträge über die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, Verbrauchsgüterkauf Terminologische Schwierigkeiten ergeben sich demgegenüber in anderem Zusammenhang. Der Gesetzgeber bedient sich zur Kategorisierung der erfassten Verträge im weiteren Sinn im Recht der besonderen Vertriebsformen der Terminologie der Verträge über die Lieferung von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen. Insbesondere die Begrifflichkeit der Erbringung von Dienstleistungen mit dem im Recht der besonderen Vertriebsformen zugrundeliegenden Verständnis erscheint dabei im Gesamtzusammenhang des BGB problematisch. Nach der alten Rechtslage fand sich dieser Terminus im Bereich der besonderen Vertriebsformen bereits im Fernabsatzrecht und bei den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr.687 Es waren darunter jedenfalls nicht nur Dienstverträge i.S.d. § 611 BGB zu verstehen, was angesichts der Vertragstypeneinteilung des BGB naheliegen würde. Nach der Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie waren darunter vielmehr „Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsver685
Vgl. §§ 241a Abs. 3 S. 1, 487 S. 1, 511 S. 1, 655e Abs. 1 S. 1 BGB, ähnlich auch § 651m S. 1 BGB. 686 Vgl. §§ 241a Abs. 3 S. 2, 306a, 475 Abs. 1 S. 2, 478 Abs. 4 S. 3, 487 S. 2, 511 S. 2, 655e Abs. 1 S. 2 BGB. 687 Vgl. z. B. §§ 312b Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6, 312d Abs. 3, 312g Abs. 1 S. 1 BGB a.F.
V. Analyse der Gesetzeslage
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träge aller Art“ zu fassen.688 Diese Vorgaben wurden weitgehend nicht als abschließende Aufzählung begriffen. Vielmehr wurde der Begriff der Dienstleistungen oftmals in Anlehnung an den im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten geregelten gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsbegriff gemäß Art. 57 AEUV noch deutlich weiter bis hin zu einem Auffangtatbestand unter den jegliche geldwerte Leistungen zu fassen sind, die nicht die Lieferung einer Ware beinhalten, verstanden.689 Insbesondere wurden auch Makler- oder Partnerschaftsvermittlungsverträge oder sogar Mietverträge wie der Automietvertrag oder Provider- und Hostingverträge darunter gefasst.690 Für die neue Rechtslage nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie finden sich in der Gesetzesbegründung leider keine Ausführungen zum Verständnis des Dienstleistungsbegriffs. Allerdings wird im Zusammenhang mit den Regelungen des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9, 356 Abs. 4 BGB auf die Vorgängerregelungen der §§ 312b Abs. 3 Nr. 6, 312d Abs. 3 BGB a.F. hingewiesen, was auf eine Weiterführung des Dienstleistungsbegriffs hindeutet.691 Letztlich zeigt aber insbesondere die Regelung des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 BGB, dass der Begriff der Dienstleistung weiterhin äußerst weit zu verstehen ist. So handelt es sich bei Verträgen über die Beförderung von Waren in der Regel um Werkverträge692 und mit der Kraftfahrzeugvermietung wird auch der Mietvertrag explizit unter den Dienstleistungsbegriff gefasst. Ferner wird es sich bei den Dienstleistungen i.S.d. § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 11 Hs. 2 BGB in aller Regel um Gegenstände eines Werkvertrages handeln. Auch die weite Definition des Dienstleistungsvertrags in Art. 2 Nr. 6 VRRL, wonach dieser über die Abgrenzung zum Kaufvertrag und den Gegenstand der Dienstleistung definiert wird, spricht für eine solche Annahme.693 Ein solch ausgedehntes Verständnis des Dienstleistungsbegriffs fügt sich meines Erachtens jedoch nicht in die Terminologie des BGB ein. Wie bereits im Zusammenhang mit § 474 Abs. 1 S. 2 BGB aufgezeigt wurde, erweist sich insbesondere die Erfassung von Werkverträgen durch den Begriff der Dienstleistung in Hinblick auf das Sprachverständnis des BGB als nicht stringent.694 In § 309 Nr. 9 BGB verwendet der nationale Gesetzgeber eine ganz ähnliche vertragliche Kategorisierung, bei der 688
BT-Drs. 14/2658, S. 30. BeckOK-Schmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312c Rn. 21, Maume (01. 11. 2014), § 312i Rn. 8; Hoeren/Sieber/Holznagel-Föhlisch, Teil 13.4, Rn. 30; Lütcke, § 312b Rn. 51; Staudinger-Thüsing, § 312b Rn. 11, 15 f., § 312g Rn. 27. 690 EuGH, Urt. v. 10. 03. 2005, Rs. C-336/03 (Easycar), Slg. 2005, I-1947, Rn. 22 ff. = EuZW 2005, 245, 246; BeckOK-Schmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312c Rn. 21; MüKoBGBWendehorst, § 312b Rn. 33 f.; Staudinger-Thüsing, § 312b Rn. 15. 691 BT-Drs. 17/12637, S. 57, 61; für ein nach wie vor weites Verständnis auch PalandtGrüneberg, § 312 Rn. 3; von einem weiten Verständnis geht BeckOK-Maume (01. 11. 2014), § 312i Rn. 8 für den elektronischen Geschäftsverkehr aus. 692 RGZ 10, 164, 167; BGHZ 62, 71, 75; MüKoBGB-Busche, § 631 Rn. 248. 693 HK-Schulze, § 356 Rn. 8. 694 Vgl. dazu oben D. V. 6. d) aa). 689
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
aber neben der Lieferung von Waren Dienst- und Werkleistungen gesondert aufgeführt werden. Der Begriff des Vertragsverhältnisses über die Erbringung von Dienstleistungen umfasst dort eindeutig nicht Werkverträge. Gebrauchsüberlassungsverträgen wie dem Mietvertrag fehlt letztlich schon die Tätigkeitsbezogenheit. Dementsprechend sind sie von § 309 Nr. 9 BGB nicht erfasst.695 Ungeachtet dessen fallen sie nunmehr im Recht der besonderen Vertriebsformen angesichts der Regelung des § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 9 BGB unter den Begriff des Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen.696 Die Einteilung in Verträge über Waren und über Dienstleistungen fand sich bereits in der Fernabsatzrichtlinie697 und wurde in der Verbraucherrechterichtlinie698 beibehalten. Der Gesetzgeber hat mithin die Terminologie aus der Richtlinie übernommen. Vorzugswürdig und meiner Ansicht nach europarechtskonform wäre es jedoch gewesen, anstatt des Terminus der Dienstleistung einen weniger vorgefärbten Begriff zu verwenden und entsprechend zu definieren, um Zweifel hinsichtlich des Verständnisses zu vermeiden. Denkbar wäre es etwa von „Serviceleistungen“ zu sprechen, wenn ein derart ausgedehntes Verständnis maßgeblich sein soll. Für weitere Verwirrung sorgt der Gesetzgeber in §§ 356 Abs. 2 Nr. 1, 357 Abs. 4 S. 1 BGB, bei denen nicht auf diese Vertragskategorisierungen zurückgegriffen wird, sondern nunmehr auf den Begriff des Verbrauchsgüterkaufs abgestellt wird. Zwar knüpfen auch die §§ 356a, 356b, 356c, 357b, 357c BGB und zum Teil auch § 357a BGB an konkrete Vertragstypen an, Hintergrund ist hier aber, dass sich das Widerrufsrecht gerade aus dem Vertragstypus ergibt. Dagegen ist bei den beiden genannten Regelungen zum Widerruf von Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen nicht einsichtig, warum nicht auch an diesen Stellen die Vertragskategorien der Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen verwendet wurden. Freilich ist der Begriff des Vertrags über die Lieferung von Waren insofern weiter, als er nicht auf Kaufverträge beschränkt ist. In anderer Hinsicht ist wiederum der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs weiter. Gemäß der neu eingeführten Legaldefinition der Waren in § 241a Abs. 1 BGB umfassen diese nämlich nicht solche beweglichen Sachen, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderer gerichtlicher Maßnahmen verkauft werden. Unter den Begriff des Verbrauchsgüterkaufs fallen solche Sachen hingegen schon. Zwar schließen die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie,699 namentlich die Definition der Verbrauchsgüter in Art. 1 Abs. 2 b) VGKRL, diese ebenfalls aus, der nationale Gesetzgeber sah jedoch keinen Bedarf für eine Umsetzung dieser Vorgabe im Rahmen 695
BT-Drs. 7/3919, S. 37 zu § 9 Nr. 12 AGBG-E; BGH NJW 1985, 2328 zu § 11 Nr. 12 AGBG; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Dammann, § 309 Nr. 9 Rn. 22, 23, 24. 696 Völlig ungeklärt ist daher meines Erachtens die Zuordnung von Gebrauchsüberlassungsverträgen nicht, so aber Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 25 f. 697 Vgl. nur die Definition in Art. 2 Nr. 1 FARL. 698 Vgl. z. B. Art. 16 VRRL. 699 RL 1999/44/EG, s. A., Fn. 4.
V. Analyse der Gesetzeslage
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der Verbrauchsgüterkaufdefinition, da bei Zwangsvollstreckungen die Gewährleistung ohnehin gemäß § 806 ZPO ausgeschlossen ist.700 Außerdem sind von dem Begriff des Verbrauchsgüterkaufs gemäß § 474 Abs. 1 S. 2 BGB auch Verträge erfasst, die neben dem Verkauf einer beweglichen Sache auch die Erbringung einer Dienstleistung beinhalten. Ob diese Unterschiede allerdings zwingend den Terminologiewechsel bedingen, erscheint fraglich. Insbesondere die Erfassung der gemischten Verträge hätte auch an dieser Stelle explizit angeordnet werden können. Selbst der Gesetzgeber spricht bei der Gesetzesbegründung zu § 357 Abs. 4 BGB von einem Vertrag über die Lieferung von Waren.701 Freilich waren die Vorgaben in Art. 9 Abs. 2 b), 13 Abs. 3 VRRL zu beachten, bei denen auch der Richtliniengesetzgeber an den Begriff des Kaufvertrags anknüpft. Da ein Kaufvertrag gemäß Art. 2 Nr. 5 VRRL allerdings lediglich auf Waren, gegebenenfalls Waren und Dienstleistungen bezogen ist und auch vom Warenbegriff der Verbraucherrechterichtlinie gemäß Art. 2 Nr. 3 VRRL der Verkauf von Gegenständen aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen ausgeschlossen ist, führt die Verwendung des insoweit weiteren nationalen Begriffs des Verbrauchsgüterkaufs an dieser Stelle sogar zunächst zu einer Abweichung von den europarechtlichen Vorgaben. Dies wird korrigiert, indem im Folgenden dann aber doch der Begriff der Ware verwendet wird. Hierdurch werden diese beiden Regelungen des Rechts der besonderen Vertriebsformen aus terminologischer Sicht allerdings unharmonisch, weil die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf der §§ 474 ff. BGB ihrerseits nicht auf den Begriff der Ware abstellen. Vielmehr erfolgt die Definition in § 474 Abs. 1 BGB anhand des Begriffs der beweglichen Sache. Hieran wurde trotz Einführung der Legaldefinition des Warenbegriffs in § 241a Abs. 1 BGB festgehalten, da die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ihrerseits nicht den Begriff der Waren verwendet, sondern den der Verbrauchsgüter.702 Begrifflich unterscheidet sich ein Verbrauchsgüterkauf über Waren aber, wie gezeigt, vom Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB. Außerdem stimmen die Definitionen der Waren in Art. 2 Nr. 3 VRRL und der Verbrauchsgüter in Art. 1 Abs. 2 b) VGKRL nahezu überein, jedenfalls charakterisiert der Teil der Warendefinition, den der Gesetzgeber in die nationale Legaldefinition in § 241a Abs. 1 BGB übernommen hat, den Begriff der Verbrauchsgüter in gleicher Weise. Letztlich ergibt sich damit im Zusammenhang mit Verbrauchsgüterkaufverträgen ein unnötiges Nebeneinander von Begrifflichkeiten, was am Einfachsten aufgelöst werden kann, indem für die Definition des Verbrauchsgüterkaufs doch auf den Begriff der Ware zurückgegriffen wird. Damit würde sich die nationale Regelung zwar begrifflich von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie entfernen. Entscheidend für die Frage der richtlinienkonformen Umsetzung der Vorgaben ist aber ohnehin die materielle Rechtslage und es ist gerade Aufgabe des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung darauf zu achten, dass innerstaatlich ein nachvollziehbares Regelungskonzept verfolgt wird und nicht blind unionsrechtliche Termi700 701 702
BT-Drs. 14/6040, S. 243. BT-Drs. 17/12637, S. 63. BT-Drs. 17/12637, S. 69.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
nologie mit verschiedenen Begriffen übernommen wird, die sich inhaltlich nicht oder kaum voneinander unterscheiden. Anders als europäische Richtlinien, die jeweils in sich abgeschlossene Regelwerke darstellen, so dass sich solche terminologischen Probleme ergeben können, stellt das BGB eben ein einheitliches Regelwerk dar, in dem demnach auch für eine einheitliche und stringente Terminologie zu sorgen ist. cc) Der dauerhafte Datenträger und die Textform Im Zuge der Schuldrechtsreform hatte der nationale Gesetzgeber den Begriff des dauerhaften Datenträgers aus dem BGB herausgenommen und durch die zuvor mit Gesetz vom 13. Juli 2001703 neu eingeführte Formvorgabe der Textform ersetzt. Beide Begrifflichkeiten stimmten nach Ansicht des Gesetzgebers weitgehend überein.704 So verlangte die Textform gemäß §§ 126b, 130 BGB a.F. Zugang einer Erklärung in einer Urkunde oder auf eine andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise und das Zurverfügungstellen auf einem dauerhaften Datenträger gemäß § 361a BGB a.F. erforderte seinerseits Zugang in einer Urkunde oder in einer anderen lesbaren Form, die die inhaltlich unveränderte Wiedergabe der Informationen für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäfts entsprechende Zeit erlaubt. Die Textform ging allerdings insofern über das Erfordernis des dauerhaften Datenträgers hinaus, als die Person des Erklärenden genannt werden und der Abschluss der Erklärung kenntlich gemacht werden musste. Darin wurde seitens des Gesetzgebers aber keine Verschärfung gegenüber dem Erfordernis des dauerhaften Datenträgers gesehen, da die Anforderungen hieran nicht sehr hoch waren.705 Zur Vereinheitlichung der Begrifflichkeit wurde der Terminus des dauerhaften Datenträgers daher durch die Textform ersetzt.706 Mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie kehrt der Begriff des dauerhaften Datenträgers nunmehr in das BGB zurück. In diesem Zusammenhang wurde die Definition der Textform in § 126b BGB abgeändert. Erforderlich ist demnach die Abgabe einer lesbaren Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger. Zudem muss die Person des Erklärenden genannt sein. Es folgt eine Legaldefinition des dauerhaften Datenträgers. Maßgeblich ist bei diesem, dass die Erklärung so aufbewahrt oder gespeichert werden kann, dass sie dem Empfänger für einen angemessenen Zeitraum zugänglich ist und unverändert wiedergegeben werden kann. Dabei ist eine Anpassung an die Terminologie der Verbraucherrechterichtlinie beabsichtigt, weshalb sich der Gesetzgeber bei der Definition des dauerhaften Datenträgers auch an Art. 2 Nr. 10 VRRL und Erwägungsgrund 23 der Richtlinie orientiert.707 Der Un703 Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001, BGBl. I 2001, 1542. 704 BT-Drs. 14/7052, S. 191, 195. 705 BT-Drs. 14/7052, S. 191; a.A. MüKoBGB-Wendehorst, § 312c Rn. 105. 706 BT-Drs. 14/7052, S. 191. 707 BT-Drs. 17/12637, S. 44.
V. Analyse der Gesetzeslage
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terschied zwischen dem Zurverfügungstellen auf einem dauerhaften Datenträger und der Textform besteht also nunmehr darin, dass bei der Textform zusätzlich die Lesbarkeit der Erklärung und die Nennung des Erklärenden verlangt werden.708 Hinsichtlich der Nennung des Erklärenden könnte wiederum unter Rückgriff auf das weite Verständnis nach alter Rechtslage kein wesentlicher Unterschied zur Mitteilung auf einem dauerhaften Datenträger gesehen werden, zumal mit der Neuformulierung der Definition der Textform keine inhaltliche Änderung verbunden sein soll.709 Dies scheint der nationale Gesetzgeber ähnlich zu sehen, da er in Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 EGBGB bei den formalen Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflichten bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen jeweils auch die Nennung der Person des Erklärenden normiert, obgleich sich ein solches Erfordernis in den Vorgaben von Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 VRRL der vollharmonisierenden Verbraucherrechterichtlinie nicht findet. Der Grundsatz der Vollharmonisierung wird zudem für diesen Bereich in Art. 7 Abs. 5, 8 Abs. 10 VRRL nochmals explizit hervorgehoben. Im Begriff des dauerhaften Datenträgers mitenthalten ist dieses Merkmal demnach allerdings nicht. Die Eigenschaft der Lesbarkeit wird anders als nach alter Rechtslage nicht mehr vom Terminus des dauerhaften Datenträgers vorausgesetzt, vielmehr können beispielsweise auch mündliche, abspielbare Erklärungen begrifflich darunter fallen. Insoweit ergibt sich also ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Formvorgaben.710 Dementsprechend ordnet die Verbraucherrechterichtlinie das Erfordernis der Lesbarkeit auch vereinzelt explizit an, z. B. in Art. 7 Abs. 1 S. 2, 8 Abs. 1 S. 2 VRRL. Allerdings werden solche nicht lesbaren Erklärungen in der Praxis wohl eine Seltenheit sein, so dass sich die Frage stellt, ob eine solche Differenzierung wirklich erforderlich ist. Im BGB werden nunmehr beide Begriffe als formale Anforderungen verwendet. Damit hat sich das System der Formvorgaben in jedem Fall verkompliziert.711 Der Gesetzgeber hat die Textform auch in anderen Bereichen als dem der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge allgemein teilweise durch das Erfordernis eines dauerhaften Datenträgers ersetzt, so z. B. in §§ 492 Abs. 5, Abs. 6, 504 Abs. 2 S. 2, 505 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 507 Abs. 1 S. 2 BGB. Zum Teil wird jedoch auch das Textformerfordernis beibehalten, so z. B. in §§ 477 Abs. 2, 482 Abs. 1, 482a S. 1, 510 Abs. 1 S. 3, 613a Abs. 5, 630c Abs. 3 S. 1, 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 655b Abs. 1 S. 3 BGB.712 Wendehorst etwa erachtet den Begriff der Textform als passend für Rechtsgeschäfte, den des dauerhaften Datenträgers als passend für Informationen.713 Eine solche Strukturierung lässt sich indes im BGB nicht erkennen. So werden 708 So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 578; hinsichtlich des zusätzlichen Erfordernisses der Lesbarkeit bei der Textform auch BT-Drs. 17/12637, S. 70 f. 709 BT-Drs. 14/7052, S. 191; BT-Drs. 17/12637, S. 44. 710 Vgl. auch BT-Drs. 17/12637, S. 70 f. 711 Kritisch auch DAV, Zusammenfassung, S. 6 f. 712 Hinzu kommen die zahlreichen Mitteilungspflichten im Mietrecht, die jeweils ebenfalls nach wie vor dem Textformerfordernis unterliegen. 713 Wendehorst, NJW 2014, 577, 578.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
beispielsweise für die Erfüllung von Informationspflichten beide Formvorgaben verwendet, wobei sich meines Erachtens nicht immer nachvollziehbare Differenzierungen ergeben. Der Gesetzgeber selbst äußert sich hierzu nicht. Betrachtet man allerdings insbesondere das Vorgehen des Gesetzgebers bei der Angleichung der Vorschriften außerhalb des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge allgemein, so scheint folgendes Konzept zu Grunde zu liegen: Bei vorvertraglichen bzw. vertragsbegleitenden Pflichten gilt die Textform, bei nachvertraglichen bzw. zumindest noch nachvertraglich erfüllbaren Pflichten das Erfordernis eines dauerhaften Datenträgers. So beinhalten die oben genannten Vorschriften, bei denen nunmehr der Begriff des dauerhaften Datenträgers maßgeblich ist, jeweils nachvertragliche Pflichten bzw. solche, die zumindest auch noch nachvertraglich erfüllt werden können. Indes hält diese Überlegung einer genaueren Betrachtung nicht stand. Im vorvertraglichen Bereich gilt bei Fernabsatz- oder Außergeschäftsraumverträgen über Finanzdienstleistungen gemäß Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich lediglich das Erfordernis der Mitteilung auf einem dauerhaften Datenträger. Ebenso ist dies bei einem Darlehensvermittlungsvertrag i.S.d. § 655a BGB mit einem Verbraucher gemäß Art. 247 § 13 Abs. 2 EGBGB. Ein weiteres Beispiel sind die vorvertraglichen Informationen bei Zahlungsdiensterahmenverträgen gemäß Art. 248 §§ 3, 4 Abs. 1 EGBGB. Auch § 505 Abs. 1 S. 1 BGB enthält neben nachvertraglichen Pflichten die Pflicht, bestimmte Angaben bereits in den Vertrag mitaufzunehmen, und verlangt hierfür nunmehr in formaler Hinsicht lediglich einen dauerhaften Datenträger. Bei den vorvertraglichen Informationspflichten bei Verbraucherverträgen allgemein werden mit Ausnahme der Widerrufsbelehrung überhaupt keine formalen Anforderungen aufgestellt, vgl. Art. 246 EGBGB. Bei Fernabsatzverträgen, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, wird ein ganz anderes Formerfordernis aufgestellt. Gemäß Art. 246a § 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB müssen die Informationen grundsätzlich in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise erfolgen. Bei Außergeschäftsraumverträgen gilt hingegen letztlich gemäß Art. 246a § 4 Abs. 2 EGBGB ein qualifiziertes Textformerfordernis, wenngleich der Begriff hier nicht verwendet wird.714 Diese Formulierung erklärt sich dadurch, dass hinsichtlich der Art des dauerhaften Datenträgers besondere Vorgaben gemacht werden. Bei anderen Vorschriften, die am Textformerfordernis festhalten, gestaltet sich die Zuordnung zu den vorvertraglichen oder nachvertraglichen Informationspflichten i.d.S. schwierig. Dies betrifft §§ 477 Abs. 2, 510 Abs. 1 S. 3, 655b Abs. 1 S. 3 BGB. Insoweit ist es allerdings schwer nachvollziehbar einen Unterschied zwischen Pflichten zur Mitteilung des Vertragsinhalts zu machen, wie diejenigen der §§ 510 Abs. 1 S. 3, 655b Abs. 1 S. 3 BGB, die mangels anderweitiger Anordnungen gemäß § 271 BGB mit Vertragsschluss fällig werden,715 und solchen die spätestens unverzüglich nach Vertragsabschluss erfüllt werden müssen, wie bei Verbraucherdarlehensverträgen mit bestimmten Überziehungsmöglichkeiten gemäß § 504 Abs. 2 S. 2 BGB oder bei 714 715
Kritisch hinsichtlich der Formulierung Wendehorst, NJW 2014, 577, 578. Vgl. Bülow/Artz-Artz, § 655b Rn. 5.
V. Analyse der Gesetzeslage
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Teilzahlungsgeschäften in bestimmten Fernabsatzformen gemäß § 507 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch bei § 477 Abs. 2 BGB genügt wohl eine nachträgliche Mitteilung in Textform, zumal der Verbraucher diese verlangen muss.716 Das Nebeneinander der beiden Formvorgaben erscheint mir daher insgesamt schwer nachvollziehbar. Selbst vor dem Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben, die der Gesetzgeber auch bei Vornahme der Angleichung zumindest teilweise vor Augen hatte,717 ist das Vorgehen des nationalen Gesetzgebers nicht immer stringent. So ist zwar die Anordnung der Textform ohne entsprechende Richtlinienvorgaben in vollharmonisierenden Richtlinien dann noch erklärbar, wenn auf die Verwendung von Mustern verwiesen wird, wie bei der Musterwiderrufsbelehrung gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB für Fernabsatz- oder Außergeschäftsraumverträge, vgl. Art. 6 Abs. 4 VRRL. Gleiches gilt für die Widerrufsbelehrung bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen, Verträgen über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträgen oder Tauschsystemverträgen, bei denen über § 482a S. 3 BGB, Art. 242 § 2 EGBGB ebenfalls auf ein Formblatt verwiesen wird, und in § 482a S. 1 BGB das Textformerfordernis beibehalten wird. Die Richtlinienvorgaben in Art. 5 Abs. 4 der aktuellen Time-Share-RL718 enthalten ein solches nicht. Ebenso wird das Textformerfordernis in § 482 Abs. 1 S. 1 BGB für die vorvertraglichen Informationen bei solchen Verträgen beibehalten, wobei über Art. 242 § 1 EGBGB wiederum auf Formblätter verwiesen wird. Die Richtlinie ordnet in diesem Zusammenhang allerdings sogar trotz des Verweises auf Formblätter in Art. 4 Abs. 2 explizit das Zurverfügungstellen in Papierform oder auf einem anderen leicht zugänglichen dauerhaften Datenträger an. Dabei wird der Begriff des dauerhaften Datenträgers in Art. 2 Abs. 1h) der Richtlinie nahezu identisch wie in der Verbraucherrechterichtlinie definiert und auch die Time-Share-Richtlinie ist in ihrer aktuell gültigen Fassung vollharmonisierend, was sich zwar nicht unmittelbar aus ihrem Regelungstext, wohl aber aus den Erwägungsgründen ergibt.719 Nichtsdestotrotz kann das Textformerfordernis hier noch über den Verweis auf die Formblätter erklärt werden. Anders ist dies allerdings bei § 484 Abs. 2 S. 3 BGB. Hier wird für die Mitteilung von Änderungen der vorvertraglichen Informationen das Textformerfordernis beibehalten. Die Time-Share-Richtlinie stellt hingegen in Art. 5 Abs. 2 UAbs. 2 erneut die eben genannten Formanforderungen auf, ohne dass in irgendeiner Weise auf die Verwendung von Formblättern verwiesen würde. Allzu ernst scheint der Gesetzgeber den Unterschied zwischen der europarechtlichen Vorgabe des Zurverfügungstellens auf einem dauerhaften Datenträger und dem Textformerfordernis demnach nicht zu nehmen. Ein weiteres Beispiel für derartige Unstimmigkeiten findet sich bei den Vorschriften des Verbraucherkreditrechts. Die Verbraucherkreditrichtlinie folgt 716 Vgl. zur zeitlichen Einordnung Staudinger-Matusche-Beckmann, § 477 Rn. 32; BeckOK-Faust (01. 08. 2014), § 477 Rn. 10. 717 Vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 71. 718 Richtlinie 2008/122/EG, s. D., Fn. 500. 719 Vgl. Erwägungsgrund 3; so auch MüKoBGB-Franzen, Vorb. §§ 481 ff. Rn. 18.
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
ebenfalls dem Konzept der Vollharmonisierung720 und definiert in Art. 3 m) den Begriff des dauerhaften Datenträgers wiederum nahezu wortgleich. In § 492 Abs. 5 BGB beispielsweise wurde dann auch die Textform durch den Terminus des dauerhaften Datenträgers ersetzt, da sich die Textform gemäß § 126b BGB hiervon unterscheidet.721 Hinsichtlich der vorvertraglichen Informationspflichten wird dagegen in Art. 247 § 1 EGBGB das Textformerfordernis beibehalten. Freilich wird hier entsprechend der Richtlinienvorgaben in Art. 247 § 2 EGBGB auf Formblätter verwiesen. In den Vorgaben der Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2, 6 Abs. 1 UAbs. 3 S. 1 VerbrKrRL wird aber dennoch ganz explizit lediglich die Mitteilung auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger angeordnet. Zudem ist in den Fällen des Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB entsprechend Art. 6 Abs. 1 UAbs. 3 S. 2 VerbrKrRL die Verwendung des Formblatts lediglich fakultativ, so dass das Textformerfordernis in jedem Fall von den Vorgaben der Richtlinie abweicht. Hintergrund der Problematik dürfte sein, dass die europäischen Vorgaben den Begriff der Textform nicht kennen, der deutsche Gesetzgeber diesen Begriff jedoch nicht gänzlich aufgeben will und daher versucht, ihn so weit wie möglich auch in den europarechtlich beeinflussten Bereichen zu verwenden. Alles in allem ergibt sich allerdings selbst unter Beachtung der europarechtlichen Vorgaben kein nachvollziehbares gesetzgeberisches Konzept bei der Anordnung der Textform oder dem Erfordernis des dauerhaften Datenträgers. dd) Die Vorgaben zur Erteilung von Informationen Auch die weitergehenden Vorgaben, die der Gesetzgeber über die Form hinaus in Hinblick auf die Erteilung von Informationen macht, sind problematisch. Weitgehend heißt es im Gesetz, dass diese schlicht zur Verfügung zu stellen sind oder in einer besonderen Form zur Verfügung zu stellen sind.722 Vereinzelt müssen Informationen laut dem Gesetzeswortlaut aber auch schlicht oder in besonderer Form mitgeteilt werden723 oder aber der Vertragspartner ist schlicht oder in besonderer Form zu unterrichten.724 Außerdem wird der Terminus zur Verfügung stellen für das Überlassen von Abschriften, Bestätigungen etc. verwendet, was letztlich auch eine Ausprägung von Informationspflichten darstellt.725
720
Vgl. Art. 22 Abs. 1 VerbrKrRL und Erwägungsgrund 9. BT-Drs. 17/12637, S. 70 f. 722 Vgl. z. B. §§ 312j Abs. 2, 482 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246 Abs. 1, 246a § 1 Abs. 1, § 4, 246b § 1 Abs. 1 EGBGB. 723 Vgl. z. B. §§ 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 484 Abs. 2 S. 3, 504 Abs. 2 S. 2, 507 Abs. 1 S. 2 BGB, Art. 246b § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB. 724 Vgl. z. B. §§ 491a Abs. 1, 496 Abs. 2, 504 Abs. 1 S. 1, 655a Abs. 2 S. 1, 675d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246c, 247 EGBGB. 725 Vgl. z. B. §§ 312f Abs. 1, Abs. 2, 356b Abs. 1, 492 Abs. 3 S. 1, 651a Abs. 3 S. 1 BGB. 721
V. Analyse der Gesetzeslage
333
Im Bereich der Zahlungsdienste, das heißt der Informationspflichten gemäß § 675d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 248 §§ 1 bis 16 EGBGB, verfolgt der Gesetzgeber durch die unterschiedlichen Begriffe in Anlehnung an die terminologischen Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie726 ein bestimmtes Regelungskonzept. Demnach stellt „unterrichten“ den Oberbegriff der Formen der Informationserteilung dar. „Mitteilen“ bzw. „übermitteln“ setzt voraus, dass die Informationen vom Zahlungsdienstleister von sich aus, das heißt ohne Anforderung des Zahlungsdienstnutzers, übermittelt werden. Demgegenüber sind die Anforderungen beim „zur Verfügung stellen“ weniger streng. Der Zahlungsdienstleister muss die Informationen lediglich bereitstellen und es ist im Weiteren eine aktive Beteiligung des Zahlungsdienstnutzers gefordert. Die Richtlinie sprach insoweit von „zugänglich machen“, der nationale Gesetzgeber hat diesen Begriff abgewandelt, um ihn an die bereits vorhandene Terminologie des BGB anzupassen.727 Ob die Begriffe auch in den anderen Bereichen des BGB, insbesondere in dem hier schwerpunktmäßig interessierenden Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge allgemein, in dieser Weise zu verstehen sind, erscheint indes fraglich. Zweifel daran kommen vor allem durch die Gesetzesbegründung zu § 312f Abs. 1, Abs. 2 BGB auf. Im Regierungsentwurf wurde hier noch davon gesprochen, dass dem Verbraucher die Abschrift bzw. Bestätigung des Vertrags zu „überlassen“ sei. Hierzu wurde ausgeführt, dass Zugang beim Verbraucher erforderlich sei.728 Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Begriff des „Überlassens“ durch „zur Verfügung stellen“ ersetzt. Der Gesetzgeber will sich so genauer am Wortlaut der Verbraucherrechterichtlinie orientieren, bleibt aber leider eine Erläuterung schuldig, inwieweit sich diese Änderung auf das Erfordernis des Zugangs auswirken soll oder nicht. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass der Verbraucher die Abschrift bzw. Bestätigung „ohne großen Aufwand zur Kenntnis nehmen können“ muss.729 Insoweit ist unklar, ob an dem Zugangserfordernis und damit einem abweichenden Verständnis des Begriffs festzuhalten ist730 oder nicht.731 Ferner erscheint die Verwendung der Begrifflichkeiten bei Einbeziehung des EGBGB in die Betrachtung nicht immer zielgerichtet zu erfolgen. So ist es noch nachvollziehbar, wenn die Verweisungsnorm des BGB ganz allgemein von „informieren“ spricht und die Form der Informationserteilung dann im EGBGB konkretisiert wird.732 Willkürlich mutet die Begriffsverwendung allerdings dann an, wenn die Verweisungsnorm bestimmt, dass die Informationen mitzuteilen sind, die dazugehörige Vorschrift 726
Richtlinie 2007/64/EG, s. D., Fn. 500. BT-Drs. 16/11643, S. 100. 728 BT-Drs. 17/12637, S. 55. 729 BT-Drs. 17/13951, S. 63. 730 So HK-Schulte-Nölke, § 312f Rn. 2; Erman-Koch, § 312f Rn. 2. 731 So Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 6 in Abgrenzung zum Begriff der Mitteilung. 732 Vgl. § 312a Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB, § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB, § 312d Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 246b EGBGB. 727
334
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
im EGBGB dann aber lediglich vom Unterrichten spricht.733 Auch das Zusammenspiel von Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB und Art. 246b § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB erschließt sich nicht. An anderer Stelle, im Recht der Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge sind die Informationen gemäß § 482 Abs. 1 S. 1 BGB „in Textform zur Verfügung zu stellen“. Hier verlangt der Gesetzgeber gemäß der Gesetzesbegründung jedoch den Zugang der Informationen.734 Auch im Verbraucherkreditrecht, namentlich bei § 492 Abs. 3 S. 1 BGB und daran anknüpfend § 356b BGB spricht viel für ein strengeres Verständnis des Terminus „zur Verfügung stellen“. Die Vorgängerregelung des § 4 Abs. 3 VerbrKrG hatte das Verb aushändigen verwendet. Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurde die Begrifflichkeit geändert, weil sie hinsichtlich der Art und Weise, wie der Unternehmer die Abschrift dem Verbraucher übermittelte, als zu eng erachtet wurde.735 Hinweise darauf, dass der Unternehmer nunmehr nur noch zum Bereitstellen der Abschrift verpflichtet sein sollte, finden sich hingegen nicht. Die Verbraucherkreditrichtlinie verwendet in diesem Zusammenhang eine andere Formulierung, die jedoch eher in Richtung der strengeren Anforderungen deutet. Gemäß Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 VerbrKrRL „erhalten“ alle Vertragsparteien eine Vertragsausfertigung. Alles in allem ist ein Geflecht unterschiedlich formulierter Anforderungen an die Informationserteilung entstanden, das nur schwer zu durchschauen ist. Dabei hat sich der nationale Gesetzgeber im Bereich der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge allgemein durchaus an der unionsrechtlichen Terminologie orientiert.736 Allerdings finden sich auch Abweichungen von den Richtlinienvorgaben, z. B., wenn der Richtliniengeber eine eher allgemeine Umschreibung wählt.737 Ebenso wird im Verbraucherkreditrecht zum Teil vom Wortlaut der grundsätzlich gemäß Art. 22 Abs. 1 VerbrKrRL und Erwägungsgrund 9 vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben abgewichen.738 Wünschenswert wäre eine Klärung des jeweiligen Bedeutungsgehalts der Vorgaben verbunden mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung im nationalen Recht. Für mehr Klarheit könnten unter Umständen auch Legaldefinitionen der Termini sorgen. Davon abgesehen stellt sich aber wiederum die Frage, ob die feinen Abstufungen hinsichtlich der Erteilung von Informationen wirklich sinnvoll sind oder ob im Interesse der Rechtssicherheit nicht 733
Vgl. § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. Art. 246c EGBGB. BT-Drs. 17/2764, S. 17. 735 BT-Drs. 14/7052, S. 201. 736 Vgl. etwa Art. 7 Abs. 2, 8 Abs. 7 VRRL und § 312f Abs. 1, Abs. 2 BGB; Art. 3 Abs. 1 FinFARL und Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB. 737 Vgl. Art. 8 Abs. 2 UAbs. 1 VRRL („weist … hin“) und § 312j Abs. 2 BGB; Art. 5 Abs. 1 VRRL („informiert“) und Art. 246 Abs. 1 EGBGB. 738 Vgl. z. B. Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 VerbrKrRL („gibt … die Information“, „Informationen werden … mitgeteilt“) und § 491a Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 247 EGBGB, wo allgemein von der Unterrichtung gesprochen wird; Art. 10 Abs. 1 UAbs. 2 S. 1 VerbrKrRL und § 492 Abs. 3 S. 1 BGB, s. o. 734
V. Analyse der Gesetzeslage
335
das Aufstellen einheitlicher Vorgaben vorzugswürdig wäre. Letzteres ist zugegebenermaßen allerdings schwer realisierbar, wenn eine Bindung an vollharmonisierende europarechtliche Vorgaben gegeben ist, die insoweit differenzieren. ee) Abweichungen von der etablierten Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre Auffallend und oftmals problemträchtig ist weiterhin, dass sich der Gesetzgeber bei der Umschreibung von Vertragsabschlusssituationen im Recht der besonderen Vertriebsformen nicht immer an die althergebrachten, klaren Begrifflichkeiten der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre hält. Vielmehr werden an einigen Stellen Begriffe verwendet, die eher der Laiensphäre und der Umschreibung von Lebenssituationen zugeordnet werden können. (1) Der Begriff der Bestellung Dies gilt insbesondere für die Begriffe der Bestellung, des Bestellvorgangs und der Bestellsituation in den §§ 312i, 312j BGB zum elektronischen Geschäftsverkehr.739 Von einer rechtlich präzisen Terminologie kann hier keine Rede sein, so dass diese Begriffe zum Teil als „begriffliche Fremdkörper“ im BGB kritisiert werden.740 Eine genaue Betrachtung des Verständnisses des Gesetzgebers vom Begriff der Bestellung untermauert diese Kritik, der demnach zuzustimmen ist. Er mogelt sich an der Frage einer präzisen rechtlichen Einordnung teilweise ganz offen vorbei, indem er seine Erwägungen „unabhängig von der rechtlichen Einordnung im Einzelnen“ trifft.741 Außerdem schafft es selbst der Gesetzgeber nicht, dem Terminus der Bestellung im Zusammenhang mit der Umschreibung einer Vertragsschlusssituation742 einen einheitlichen Inhalt zuzuweisen. Im Kontext der Informationspflichten gemäß § 312i Abs. 1 BGB wird der Begriff der Bestellung laut den Gesetzesmaterialien relativ weit gefasst. Er soll nicht auf die rechtlich verbindlichen Erklärungen des Verbrauchers beschränkt sein, sondern vielmehr bereits jegliche Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem Unternehmer erfassen, z. B. auch eine bloße invitatio ad offerendum des Verbrauchers.743 Ursprünglich war hier eine Legaldefinition der 739
Alexander, NJW 2012, 1985, 1988; Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 169, 172 jeweils zu § 312g Abs. 3 BGB a.F. 740 So Alexander, NJW 2012, 1985, 1988. 741 BT-Drs. 17/7745, S. 10. 742 Daneben findet sich der Begriff der Bestellung noch in ganz anderen Kontexten im BGB, z. B. im Sachenrecht oder im Familienrecht. Ferner wird der Vertragspartner des Werkunternehmers im Werkvertragsrecht als Besteller bezeichnet. Demnach wird der Begriff im BGB insgesamt nicht einheitlich verwendet. Eine echte Verwechslungsgefahr besteht in diesen verschiedenen Bereichen jedoch nicht. 743 BT-Drs. 14/7052, S. 192, wobei der Ansicht von Schneider, K&R 2001, 344, 345 f. gefolgt wird; Klimke, CR 2005, 582, 584; MüKoBGB-Wendehorst, § 312g Rn. 63; PalandtGrüneberg, § 312i Rn. 5, 7; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 40.
336
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Bestellung als die auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung des Kunden vorgesehen, die diesen Terminus in Beziehung zur allgemeinen Rechtsgeschäftslehre gesetzt hätte.744 Um aber das besagte weite Verständnis des Begriffes zu ermöglichen, wurde diese Definition im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Schuldrechtsmodernisierung bewusst entfernt.745 Zurück blieb allein der unpräzise Terminus der Bestellung. Ein solches weites Verständnis widerspricht meines Erachtens zudem dem natürlichen Sprachgefühl. Der Laie verwendet den Begriff der Bestellung lediglich bei Erklärungen bei denen er sich (zumindest zunächst) rechtlich binden will und nicht bei bloßen unverbindlichen Anfragen. Äußerst verwirrend ist außerdem, dass sich der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang selbst nicht an den einmal eingeführten Begriff der Bestellung hält. So muss der Unternehmer dem Kunden gemäß § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB technische Mittel zur Verfügung stellen, „mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann“.746 Informieren muss er den Kunden demgegenüber gemäß § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. Art. 246c Nr. 3 EGBGB darüber, wie er mit Hilfe dieser technischen Mittel „Eingabefehler vor Abgabe der Vertragserklärung erkennen und berichtigen kann“747. Da unter Vertragserklärung die auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung zu verstehen ist,748 handelt es sich nicht nur um eine begriffliche Uneinheitlichkeit, sondern auch um eine nicht nachvollziehbare inhaltliche Abweichung. Die ursprüngliche Regelung in § 3 Nr. 3 BGB-InfoV a.F. hatte sich an die vorgegebene Terminologie „vor Abgabe der Bestellung“ gehalten, dies wurde im Zuge der Verschiebung der Regelung in Art. 246 § 3 Nr. 3 EGBGB a.F. durch Gesetz vom 29. Juli 2009 ohne Erklärung oder ersichtlichen Grund geändert.749 Dabei handelt es sich wohl um ein Redaktionsversehen, das allerdings auch im Rahmen der Neuregelungen im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie nicht beseitigt wurde und die terminologischen Probleme in diesem Bereich noch verschärft. Als später weitere Regelungen zu Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr, insbesondere die sogenannte ButtonLösung, im Zuge der vorweggenommenen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie getroffen wurden, fand der Begriff der Bestellung in diesem Kontext weiteren Einzug in das BGB. Diese Regelungen finden sich nunmehr in § 312j BGB. Hier soll der Terminus nun aber enger zu verstehen sein. Laut der Gesetzesbegründung stellt eine Bestellung eine verbindliche Erklärung des Verbrauchers bezogen auf den Erwerb einer Ware oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung 744
Vgl. § 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB-E in BT-Drs. 14/6040, S. 14. BT-Drs. 14/7052, S. 30, 192, der Argumentation von Schneider, K&R 2001, 344, 345 f. explizit folgend. 746 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 747 Die Hervorhebung erfolgte durch die Verfasserin. 748 Vgl. dazu ausführlich sogleich unter E. V. 3. c) ee) (2). 749 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009, BGBl. I 2009, 2355; vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 121. 745
V. Analyse der Gesetzeslage
337
dar.750 Dies wirft jedoch die Frage auf, warum nicht gleich rechtlich präzise auf die auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung abgestellt wird. Ähnliches gilt für den Terminus der Bestellung in § 356 Abs. 2 Nr. 1 b) BGB. Die Regelung greift nach ihrem Wortlaut bei einer einheitlichen Bestellung mehrerer Waren bei einem Verbrauchsgüterkauf ein. Die Gesetzesbegründung zeigt jedoch, dass letztlich nicht der einheitliche Bestellvorgang, sondern vielmehr das Vorliegen eines einheitlichen Kaufvertrags maßgeblich sein soll.751 Auch hier stellt sich mithin die Frage, weshalb der Gesetzeswortlaut nicht schlicht diesen Begriff verwendet. Weiterhin findet sich der Begriff der Bestellung auch in den §§ 312 Abs. 2 Nr. 4 b), 312g Abs. 2 S. 2 BGB. Hier handelt es sich allerdings nicht um die Umschreibung einer Vertragsabschlusssituation, sondern vielmehr um die Aufforderung zu einem Besuch des Unternehmers, so dass ein anderer Kontext vorliegt, bei dem die Unbestimmtheit des Begriffs weniger stark ins Gewicht fällt. Die Uneinheitlichkeit des Begriffs der Bestellung im Zusammenhang mit Vertragsabschlusssituationen zeigt sich auch, wenn man über den Bereich des Rechts der besonderen Vertriebsformen im engen Sinn hinausgeht. So wird der Begriff der Bestellung bei § 241a BGB, der zwar thematisch durchaus im Zusammenhang mit dem Recht der besonderen Vertriebsformen steht, vom Gesetzgeber aber an ganz anderer Stelle verortet wurde, wiederum weiter verstanden. Erfasst ist erneut bereits jede dem Verbraucher zurechenbare Aufforderung, wie z. B. auch eine bloße invitatio ad offerendum.752 Alles in allem besteht also im Zusammenhang mit der Verwendung des Begriffs der Bestellung ein Bedürfnis zur Präzisierung und Vereinheitlichung. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte der Terminus jedenfalls an den Stellen, an denen er schon jetzt eng verstanden wird, durch die entsprechende Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ersetzt werden. In den Bereichen, in denen ein weites Verständnis für notwendig erachtet wird, sollte dies deutlicheren Ausdruck im Gesetz finden als durch den unklaren Begriff der Bestellung. Der Gesetzgeber hat hingegen einfach die unionsrechtliche Terminologie, wie sie sich in den Art. 10, 11 ECRL, Art. 8 Abs. 2, Abs. 3, 9 Abs. 2 b) i), 27 VRRL findet, übernommen. (2) Der Begriff der Vertragserklärung Im Zuge der Umsetzung europäischer Richtlinien wurde außerdem der Begriff der Vertragserklärung als neuer Terminus der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre in das BGB bzw. EGBGB eingeführt. Dieser findet sich nunmehr an verschiedenen Stellen im Recht der besonderen Vertriebsformen und auch der Verbraucherverträge all-
750
BT-Drs. 17/7745, S. 10. BT-Drs. 17/12637, S. 61. 752 Berger, JuS 2001, 649, 651; Lorenz, in: FS Lorenz, S. 193, 208 f.; MüKoBGB-Finkenauer, § 241a Rn. 13; Palandt-Grüneberg, § 241a Rn. 4; a.A. Casper, ZIP 2000, 1602, 1604. 751
338
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
gemein wieder.753 Daneben wird er in den ebenfalls europarechtlich beeinflussten Bereichen der Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über ein langfristiges Urlaubsprodukt, Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge sowie der Zahlungsdienste verwendet.754 Nach der Schuldrechtsmodernisierung fand er sich zunächst vereinzelt im Verbraucherkreditrecht.755 Es handelt sich dabei nicht um einen unionsrechtlichen Begriff, sondern vielmehr um eine Schöpfung des nationalen Gesetzgebers. Der Begriff der Vertragserklärung umschreibt dabei die auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Angebot oder eine Annahmeerklärung handelt.756 Trotz vereinzelter Kritik757 ist die Einführung dieser Begrifflichkeit meines Erachtens begrüßenswert. Das Gemeinte wird knapp und prägnant in einem Wort umschrieben,758 die Nominalklammer „auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung“ wird dadurch überflüssig. Ein Abstellen allein auf die Willenserklärung wäre nicht eindeutig, da diese nicht immer auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet sein muss.759 Leise Kritik kann allenfalls insofern geübt werden, als der Gesetzgeber diesen Terminus nicht mit letzter Konsequenz verwendet. So findet sich die umständliche Formulierung mit besagter Nominalklammer nach wie vor in § 355 Abs. 1 S. 1 BGB, obwohl ohne weiteres ebenfalls der Begriff der Vertragserklärung verwendet werden könnte. Ähnliches gilt für die §§ 358 Abs. 1, Abs. 2, 360 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar ist hier jeweils ein konkretisierender Zusatz hinsichtlich des betroffenen Vertrags erforderlich, ähnlich wie bei § 482 Abs. 1 S. 1 BGB wäre dies aber auch unter Verwendung des Begriffs der Vertragserklärung möglich gewesen. So könnte z. B. § 358 Abs. 1 BGB folgendermaßen formuliert werden: Hat der Verbraucher seine Vertragserklärung auf Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer wirksam widerrufen, so ist er auch an seine Vertragserklärung auf Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Dies hätte den Vorteil, dass die Nominalklammer mit der Partizipialkonstruktion entfallen könnte. Davon abgesehen könnte bei einem solchen konkretisierenden Zusatz aber auch der Begriff der Willenserklärung ohne die Satzkonstruktion mit einer Nominalklammer verwendet werden. 753
Vgl. §§ 312 Abs. 2 Nr. 1 b), 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 12, 357a Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 3 Nr. 1 BGB, Art. 246 Abs. 1, 246a § 4 Abs. 1, 246b § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, § 2 Abs. 1 S. 1, 246c Nr. 3 EGBGB. 754 Vgl. §§ 482 Abs. 1 S. 1, 484 Abs. 2 S. 5 Nr. 3 BGB, Art. 248 § 4 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 1 EGBGB. 755 Vgl. §§ 492 Abs. 1 S. 5, Abs. 3, 502 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. 756 BT-Drs. 15/2946, S. 20, 37 zu § 312c BGB a.F. 757 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 15/2946, S. 32; Staudinger-Thüsing, § 312c Rn. 19 jeweils zu § 312c BGB a.F. bzw. § 312c BGB a.F. i.V.m. Art. 246 EGBGB a.F. 758 BT-Drs. 15/2946, S. 37; BeckOK-Schmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312a Rn. 13 jeweils zu § 312c BGB a.F. bzw. § 312c BGB a.F. i.V.m. Art. 246 EGBGB a.F. 759 BT-Drs. 15/2946, S. 37.
V. Analyse der Gesetzeslage
339
(3) Das Erfordernis der Ausdrücklichkeit Gewisse Probleme bereitet außerdem das Verständnis des Erfordernisses der Ausdrücklichkeit, wie es in den §§ 312 ff., 355 ff. BGB für zahlreiche Erklärungen oder Vereinbarungen angeordnet wird.760 In den Gesetzesbegründungen zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und auch zur vorgezogenen Umsetzung durch die Button-Lösung finden sich nur vereinzelt Anmerkungen hierzu, die nicht ganz eindeutig sind.761 Demnach reicht für eine ausdrückliche Vereinbarung i.S.d. § 312a Abs. 3 S. 1 BGB „eine konkludente Zustimmung des Verbrauchers oder eine solche durch Verschweigen“ nicht aus. Eine ausdrückliche Zustimmung erfordere, dass der Verbraucher „seinen (auch) auf den Erhalt und die Bezahlung der Nebenleistung gerichteten Geschäftswillen unmittelbar in einer Erklärung äußert.“762 Entsprechend wird das Ausdrücklichkeitserfordernis oftmals dahingehend verstanden, dass konkludente oder stillschweigende Erklärungen insoweit ausgeschlossen seien.763 Dies gilt auch für die Regelung des § 312j Abs. 3 S. 1 BGB, zu der der Gesetzgeber lediglich ausführte, dass sich die Erklärung des Verbrauchers „gerade auf den Umstand der Zahlungspflichtigkeit“ beziehen muss.764 Bei den sonstigen im BGB geregelten Ausdrücklichkeitserfordernissen fehlt es ebenfalls an klaren Maßstäben. Gefordert wird dort vor allem ein höheres Maß an Eindeutigkeit der Erklärung, was eine konkludente Erklärung nicht zwingend ausschließe.765 Allerdings ist dies nicht unumstritten.766 In der Gesetzesbegründung zu den relativ neuen Regelungen zum Behandlungsvertrag wird das Verständnis des Ausdrücklichkeitserfordernisses dahingehend umschrieben, dass „strenge Anforderungen“ zu stellen sind und der Verzicht „deutlich, klar und unmissverständlich geäußert“ werden muss.767 Ob eine konkludente Erklärung demnach per se ausgeschlossen ist, wird daraus nicht hinreichend klar, im Fokus steht aber wiederum die besondere Deutlichkeit der Erklärung. Ähnlich war die Frage für den Verzicht auf die ärztliche Aufklärung vor der expliziten Normierung des Behandlungsvertrags beurteilt worden. Die wohl herrschende Meinung forderte in erster Linie eine besondere Deut760
Vgl. dazu bereits oben E. V. 3. b) bb) (2) (e). Kritisch bezüglich der Aussagekraft der Gesetzesmaterialien zu § 312a Abs. 3 S. 1 BGB auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 579, die bedauert, dass es der Gesetzgeber versäumt hat, das Ausdrücklichkeitserfordernis näher zu konkretisieren. 762 BT-Drs. 17/12637, S. 53 zur entsprechenden Regelung in § 312c Abs. 5 BGB-E. 763 Palandt-Grüneberg, § 312a Rn. 4, § 312d Rn. 2; HK-Schulze, § 357 Rn. 11; so auch bereits zu § 312d Abs. 3 BGB a.F. BeckOK-Schmidt-Räntsch (13. 06. 2014), § 312g Rn. 32 und Staudinger-Thüsing, § 312d Rn. 39. 764 BT-Drs. 17/7745, S. 11; Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10; Staudinger-Thüsing, § 312g Rn. 67 jeweils zur entsprechenden Regelung in § 312g BGB a.F. 765 RGZ 111, 316, 317; BGHZ 82, 182, 187; BGH NJW-RR 1987, 112, 113; BeckOKWendtland (01. 11. 2014), § 133 Rn. 8; Medicus, BGB AT, Rn. 335; MüKoBGB-Henssler, § 700 Rn. 19; Ulmer/Brandner/Hensen-Ulmer/Habersack, § 305 Rn. 133; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer-Pfeiffer, § 305 Rn. 76; in diese Richtung auch Wolf/Neuner, § 31 Rn. 5. 766 A.A. Staudinger-Reuter, § 700 Rn. 16. 767 BT-Drs. 17/10488, S. 22 f. 761
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E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
lichkeit der Erklärung des Patienten, ohne eine konkludente Erklärung generell als ausgeschlossen anzusehen.768 Ursprung dieser Unklarheiten ist meines Erachtens bereits das Verständnis ausdrücklicher und konkludenter Erklärungen nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre. Schon hier fehlt es nämlich an einem Konsens. Teilweise werden die beiden Arten eher formal unterschieden, wobei wiederum uneinheitliche Kriterien herangezogen werden. Ausdrückliche Erklärungen werden demnach über die Inanspruchnahme standardisierter Kommunikationsmedien charakterisiert, wozu aber etwa auch das Kopfnicken zu zählen sei.769 Andere differenzieren zwischen verbalen und nonverbalen Verhaltensweisen.770 Eine weitere Ansicht stellt darauf ab, ob der Geschäftswille in der Erklärung unmittelbar zum Ausdruck kommt oder nur mittelbar aus einem Verhalten darauf zu schließen ist.771 Gerade die letztgenannte Bestimmung der Termini geht in die Richtung, wonach das Maß der Deutlichkeit der Erklärung ausschlaggebend ist. Angesichts dieser uneinheitlichen Begriffsverwendung lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob mit dem Ausdrücklichkeitserfordernis im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen Abweichungen von der Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre oder auch dem sonstigen Verständnis des Ausdrücklichkeitserfordernisses im BGB einhergehen. Aus Verbraucherschutzgesichtspunkten spricht meiner Ansicht nach viel dafür, auch hier den Fokus auf die Deutlichkeit der Erklärung zu legen. In diese Richtung deuten auch die Teile der Gesetzesbegründungen, wonach der Geschäftswille auch in Bezug auf die Nebenleistung und deren Bezahlung „unmittelbar in einer Erklärung“ zu äußern ist772 bzw. sich die Erklärung des Verbrauchers „gerade auf den Umstand der Zahlungspflichtigkeit“ beziehen muss.773 An erstgenannter Stelle bezieht sich der Gesetzgeber auch auf die allgemeine Lehre und meint damit wohl die oben zuletzt genannte Abgrenzung zwischen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen. Problematisch ist allerdings, dass im Recht der besonderen Vertriebsformen an anderer Stelle das Erfordernis der Eindeutigkeit explizit aufgestellt wird.774 Werden im Gesetz jedoch verschiedene Begrifflichkeiten verwendet, so sollten damit auch unterschiedliche Bedeutungen verbunden sein. In der Literatur wird allerdings das Erfordernis einer eindeutigen Widerrufserklärung gemäß § 355 Abs. 1 S. 3 BGB vereinzelt ebenfalls unter dem Stichwort des Erfordernisses einer ausdrücklichen
768
Vgl. MüKoBGB-Wagner, § 823 Rn. 830; Staudinger-Hager, § 823 Rn. I 100 ließ einen konkludenten Verzicht immerhin in Ausnahmefällen zu und stellte wiederum auf das Kriterium der Deutlichkeit ab; a.A. BeckOK-Spindler (01. 11. 2013), § 823 Rn. 612 jeweils m.w.N. 769 Wolf/Neuner, § 31 Rn. 4, 7. 770 Medicus, BGB AT, Rn. 334; Rüthers/Stadler, § 17 Rn. 3. 771 Brox/Walker, Rn. 89 f.; Palandt-Ellenberger, Einf. v. § 116 Rn. 6; Staudinger-Singer, Vorb. zu §§ 116 ff. Rn. 51, 53. 772 BT-Drs. 17/12637, S. 53 zur entsprechenden Regelung in § 312c Abs. 5 BGB-E. 773 BT-Drs. 17/7745, S. 11 zu § 312g BGB a.F. 774 Vgl. §§ 355 Abs. 1 S. 3, 356 Abs. 1 S. 1 BGB.
V. Analyse der Gesetzeslage
341
Widerrufserklärung diskutiert.775 Dies ist sachgerecht, wenn man den Begriff „ausdrücklich“ als besonders deutlich bzw. eindeutig versteht. Dann erübrigt sich aber die Differenzierung in der Begrifflichkeit. Der Begriff der Eindeutigkeit bringt dieses Verständnis besser zum Ausdruck und lässt die Frage nach dem Verständnis ausdrücklicher oder konkludenter Erklärungen nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre obsolet werden, so dass einheitlich – auch im BGB im Übrigen – dieser Begriff im Gesetz verwendet werden sollte. Das Problem des Erfordernisses ausdrücklicher Erklärungen und Vereinbarungen liegt also weniger in einer Abweichung von Begrifflichkeiten der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, sondern vielmehr darin, dass der Begriff der Ausdrücklichkeit unbestimmt ist, insbesondere, da schon in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre bei genauer Betrachtung diesbezüglich keine Einigkeit herrscht. Der nationale Gesetzgeber hat es versäumt in den Gesetzesmaterialien eine klare Aussage zu treffen. Dass neben dem Ausdrücklichkeitserfordernis zudem der Begriff der Eindeutigkeit zu finden ist, erklärt sich durch die Verwendung der entsprechenden Terminologie in den Richtlinienvorgaben, die der nationale Gesetzgeber übernommen hat.776 4. Fazit zur Systematik der Regelungen Die Betrachtung der Systematik der Regelungen hat ergeben, dass beide Abschnitte in ihrer grundlegenden Strukturierung Probleme aufweisen. Bei den §§ 312 ff. BGB lässt der Anwendungsbereich der Normen sowohl in persönlicher, als auch in sachlicher Hinsicht ein einheitliches Konzept vermissen.777 Dies gilt in erster Linie für den Untertitel insgesamt, Brüche ergeben sich zum Teil jedoch auch innerhalb des Kapitels zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr. Die Unübersichtlichkeit des Anwendungsbereichs einzelner Normen wird darüber hinaus durch die Anordnung zahlreicher Ausnahmetatbestände, die ihrerseits inhaltlich und formal nicht immer einem einheitlichen Schema folgen und unterschiedlich verortet sind, gesteigert.778 In den europäischen Vorgaben findet sich freilich genau diese Strukturierung der Regelungen so nicht wieder, gleichwohl ist sie meines Erachtens grundsätzlich europarechtlich veranlasst. So enthält auch die Verbraucherrechterichtlinie zahlreiche Ausnahmetatbestände in verschiedenen Zusammenhängen. Die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie und der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie stimmen nicht immer überein, so dass Sonderregelungen für Finanzdienstleistungen zu schaffen waren. Der Anwendungsbereich der Vorgaben der E-Commerce-Richtlinie ist nicht per se auf die Konstellation Unternehmer-Verbraucher beschränkt. Andererseits macht es sich der nationale 775
116. 776 777 778
So Hohlweger/Ehmann, GWR 2014, 211, 213; Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, Vgl. E., Fn. 652 und Art. 11 Abs. 1 S. 2 b), Abs. 3 S. 1 VRRL. Vgl. dazu ausführlich E. V. 2. a) bb) (5). Vgl. dazu auch E. V. 2. a) bb) (1) und (2).
342
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Gesetzgeber zum Teil auch selbst unnötig schwer. Dies gilt zum einen für das Aufstellen des Erfordernisses eines entgeltlichen Verbrauchervertrags in § 312 Abs. 1 BGB, zum anderen für die Zuordnung der Regelungen des § 312j BGB zu den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr statt zu den Fernabsatzverträgen. Auch die Differenzierungen im Anwendungsbereich der Normen durch die unterschiedlichen Ausnahmetatbestände in § 312 BGB beruhen auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers zur teilweisen überschießenden Umsetzung und erfolgen zudem unnötig uneinheitlich in der Ausgestaltung.779 Ebenso hängt die RegelAusnahme-Technik innerhalb des Ausnahmetatbestandes des § 312g Abs. 2 BGB zum Teil mit einer überschießenden Richtlinienumsetzung zusammen.780 Der Standort des § 312h BGB wirft Fragen auf.781 Nicht konsequent verfolgt der nationale Gesetzgeber zudem sein Konzept bei der Regelung von Informationspflichten, wonach diese im BGB grundsätzlich lediglich angeordnet werden, die nähere Ausgestaltung hingegen in das EGBGB ausgelagert wird.782 Im Rahmen der Regelungen zum Widerruf gemäß §§ 355 ff. BGB sah sich der nationale Gesetzgeber vor die Herausforderung gestellt, die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie, der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie, der Verbraucherkreditrichtlinie und der Time-Share-Richtlinie zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist auch hier ein unübersichtlich strukturierter Abschnitt.783 Zwar ist begrüßenswert, dass die Regelungen zum Widerruf nunmehr grundsätzlich gebündelt wurden und auch der Rückgriff auf das Rücktrittsrecht entfällt. Dennoch erfolgt die Regelung nach wie vor nicht völlig einheitlich an einer Stelle, da noch zwischen den Regelungen zur Ausübung und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs unterschieden wird. Die Grobgliederung des Gesetzgebers ist dabei durchaus nachvollziehbar. Problematisch ist aber weiterhin, dass die Anknüpfung innerhalb der besonderen Regelungen zur Ausübung des Widerrufsrechts und zu den Rechtsfolgen des Widerrufs nicht einheitlich erfolgt. Wie gezeigt, könnten diese Probleme im Rahmen einer Umstrukturierung des Abschnitts geändert werden. Dies hätte außerdem den Vorteil, dass eine transparentere Untergliederung in Kapitel möglich wäre, die dem Rechtsanwender die Orientierung im Gesetz erleichtert. Völlig verfehlt ist die Verortung der Regelung des § 359 BGB im Untertitel zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen.784 Ein weiteres Problem, das sich sowohl in den §§ 312 ff. BGB als auch in den §§ 355 ff. BGB findet, sind oftmals äußerst lange Normen. Besonders bedenklich ist dies dort, wo der Gesetzgeber eigentlich unterschiedliche Regelungsgehalte innerhalb einer Norm aneinander gereiht hat. Zu nennen sind hier insbesondere §§ 312a, 779 780 781 782 783 784
Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (1). Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (2). Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (6). Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (7). Vgl. dazu ausführlich E. V. 2. a) cc) (7). Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (6).
V. Analyse der Gesetzeslage
343
357, 357a BGB.785 Im Rahmen der §§ 355 ff. BGB könnte auch dieses Problem im Zuge der vorgeschlagenen Umstrukturierung des Abschnitts gut gelöst werden. Auch dies ist weitgehend nicht unmittelbar europarechtlich veranlasst. Eine gewisse Tendenz dazu, eher lange Normen zu kreieren oder verschiedene Regelungsgehalte in eine Norm einzustellen, deutete sich auch bereits im Haustürwiderrufsgesetz an. Letzteres gilt insbesondere für § 2 HWiG. Auch hier zeigte bereits der Semikolon in der Überschrift, dass der Regelungsgehalt des Paragraphen zu vielschichtig war, um mit einem einheitlichen Schlagwort umschrieben werden zu können. Es wurden Regelungen zur Ausübung des Widerrufs und zur Widerrufsfrist mit den Anforderungen an die Widerrufsbelehrung und einer diesbezüglichen Beweislastregelung verbunden. Ebenso wurden die Rechtsfolgen nahezu umfassend in § 3 HWiG verortet. Die Regelung beinhaltete Herausgabeansprüche, einen Anspruch auf Überlassungs- bzw. Nutzungsvergütung, Wertersatzansprüche und Aufwendungsersatzansprüche. An anderer Stelle, bei § 312e BGB, schafft der nationale Gesetzgeber hingegen unnötigerweise eine eigene Regelung, statt die Kostentragungspflicht zusammen mit den Informationspflichten des § 312d BGB zu regeln, wie er es auch im Rahmen des § 312a BGB getan hat und wie es auch i.R.d. Art. 6 VRRL der Fall ist.786 Auffallend ist ferner, dass dem Gebot der Kürze nicht immer hinreichend Rechnung getragen wird. So geht der Gesetzgeber etwa in Hinblick auf die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Seiten des Unternehmers den Weg einer Mehrfachregelung anstatt eine allgemeine Regelung zumindest für die Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge vor die Klammer zu ziehen. Entsprechend hätte der Ausnahmetatbestand der §§ 312i Abs. 2 S. 1, 312j Abs. 5 S. 1 BGB für die Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr zusammen geregelt werden können. Schwieriger gestaltet sich das Ganze hingegen bei der Anordnung von Informationspflichten. Hier sind zwar die Regelungen der §§ 312a Abs. 2 S. 1, 312d Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ebenfalls nahezu identisch. Eine einheitliche Vorschrift würde jedoch in Hinblick auf die Regelung des § 312d Abs. 1 S. 2 BGB eine überschießende Richtlinienumsetzung erfordern. Die Informationspflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr wären zudem kaum einzugliedern.787 Einzelne Regelungen sind demgegenüber gänzlich überflüssig, wie z. B. § 355 Abs. 1 S. 4 BGB oder die Abdingbarkeitsklausel im Einleitungssatz des § 312g Abs. 2 S. 1 BGB oder unnötig umständlich wie der Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 2 S. 2 BGB. Im erstgenannten Fall geht dies ganz unmittelbar auf die europarechtlichen Vorgaben zurück, die ebenfalls ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Widerruf keine Begründung erfordert.788 Außerdem ist die Regelung des § 356 Abs. 1 S. 1 BGB eher klarstellender Natur. Die eigentliche Bedeutung liegt in § 356 785
Vgl. zu deren Strukturierung E. V. 2. a) bb) (1) und cc) (3). Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (2). 787 Vgl. zu diesen Mehrfachregelungen E. V. 2. a) bb) (8). 788 Vgl. zu § 355 Abs. 1 S. 4 BGB E. V. 2. a) cc) (1), zu § 312g Abs. 2 S. 1 BGB E. V. 2. a) bb) (2) und zu § 312g Abs. 2 S. 2 BGB E. V. 2. b) aa) (2). 786
344
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
Abs. 1 S. 2 BGB. Auch insoweit hat der nationale Gesetzgeber unmittelbar das Konzept der Richtlinienvorgaben übernommen.789 In Frage stellen kann man auch die explizite Normierung der Umgehungsverbote in § 312k Abs. 1 S. 2, 361 Abs. 2 S. 2 BGB. Zumindest aus europarechtlicher Sicht ist eine ausdrückliche Anordnung aber wohl geboten.790 Sie fand sich auch bereits in § 5 Abs. 1 HWiG. Schließlich setzt der nationale Gesetzgeber im Rahmen der §§ 355 ff. BGB eine Regelungstechnik ein, die im BGB jedenfalls in diesem Umfang unüblich ist. Der Anwendungsbereich der Normen wird zum Teil überhaupt nicht im eigentlichen Regelungstext festgelegt, sondern ergibt sich ausschließlich aus den Überschriften der Normen, wodurch diese teilweise ziemlich lang und schwerfällig werden.791 Außerdem führt das komplizierte und vielfach abgestufte System von Ausnahmetatbeständen nicht immer zu wertungsmäßig stimmigen Ergebnissen. Als Beispiele sind hier die Bereiche der notariell beurkundeten Verträge und der Reiseverträge zu nennen, zu denen sich Ausnahmetatbestände jeweils in § 312 Abs. 2 BGB, wie auch in § 312g Abs. 2 BGB finden. Die zahlreichen Differenzierungen und Abstufungen bei den diesbezüglichen Ausnahmetatbeständen sind allerdings weitgehend in der vom nationalen Gesetzgeber beschlossenen überschießenden Richtlinienumsetzung in diesen Bereichen begründet. Der nur eingeschränkte Ausschluss des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen war allerdings unmittelbar europarechtlich veranlasst, da die Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie nur einen solchen eingeschränkten Ausschluss erlaubt.792 Wenig nachvollziehbar ist auch die unterschiedliche Ausgestaltung der Tatbestände, bei denen sich nachträglich eintretende Umstände auf das Widerrufsrecht auswirken. Diese werden zum Teil in § 312g Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB als Ausnahmetatbestände und zum Teil in § 356 Abs. 4, Abs. 5 BGB als Erlöschenstatbestände zum Widerrufsrecht geregelt, wohingegen sie in der Verbraucherrechterichtlinie alle einheitlich als Ausnahmetatbestände ausgestaltet sind. Dies trägt nicht unbedingt zu einer besseren Übersichtlichkeit bei, zumal in Art. 246a § 1 Abs. 3 EGBGB hinsichtlich zusätzlicher Informationspflichten des Unternehmers zwischen eben diesen Tatbeständen, die unter dem Stichwort des vorzeitigen Erlöschens des Widerrufsrechts zusammengefasst werden, und den sonstigen Ausnahmetatbeständen des § 312g Abs. 2 S. 1 BGB unterschieden wird.793 Hinzu kommt noch, dass auch die Höchstfristenregelung in § 356 Abs. 3 S. 2 BGB, trotz eines ganz anderen Anknüpfungspunktes, ebenfalls als Erlöschenstatbestand ausgestaltet ist.794 Die Konstruktion eines Erlöschenstatbestands fand sich dabei bereits in § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG, der aber der einzige im Haustürwiderrufsgesetz blieb. Die heutigen Probleme 789 790 791 792 793 794
Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (2). Vgl. dazu E. V. 2. a) bb) (4) und cc) (5). Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (8). Vgl. dazu E. V. 2. b) aa) (1) und (2). Vgl. dazu E. V. 2. b) aa) (3). Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (2).
V. Analyse der Gesetzeslage
345
stellten sich insoweit nicht. Sowohl die Regelung als Ausnahmetatbestand als auch als Erlöschenstatbestand ist zudem materiell-rechtlich mit Unsicherheiten verbunden, inwieweit ausführlich über das Bestehen eines Widerrufsrechts unterrichtet werden muss bzw. inwieweit dies Voraussetzung für das Erlöschen bzw. das Entfallen des Widerrufsrechts ist. Die europarechtlichen Vorgaben sind insoweit ebenfalls nicht ganz klar.795 Ähnlich verwirrend ist die uneinheitliche Ausgestaltung der Rechtsfolgen bei der Verletzung von Unternehmerpflichten bzw. Vorgaben zum Vertragsschluss, bei denen sich der nationale Gesetzgeber allerdings nicht unmittelbar an Richtlinienvorgaben orientiert.796 Hinter den Regelungen steht insbesondere der Gedanke, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Auch dies wird jedoch nicht immer konsequent verfolgt. So birgt die von den Richtlinien vorgegebene überbordende Anordnung von Informationspflichten die Gefahr, dass der Verbraucher in dem Meer an Informationen versinkt. Der intendierte Verbraucherschutz kann sich dann in sein Gegenteil verkehren.797 Im Vergleich mit der vorangehenden Rechtslage führt die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie zu einigen Verschlechterungen für den Verbraucher. Dies relativiert sich aber bei einer Gesamtbetrachtung der Normen bzw. dient der Umsetzung anderweitiger Interessen und Wertungen. Mit Ausnahme der dem Anwendungsbereich der Richtlinie über Bereichsausnahmen generell entzogenen Bereiche hatte der nationale Gesetzgeber aber auch hier die vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben umzusetzen. Insbesondere bei den Reiseverträgen versuchte er diesem Effekt durch eine überschießende Umsetzung entgegen zu steuern, was allerdings, wie bereits angesprochen, eine recht komplizierte Ausnahmestruktur in diesem Bereich zur Folge hatte, die zudem zu nach Wertungsgesichtspunkten nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führt.798 Die konkrete Verortung der Regelungen in den §§ 312 ff., 355 ff. BGB, entspricht dem Regelungskonzept des BGB. Es ergeben sich lediglich durch einzelne Sonderregelungen im Rahmen der §§ 355 ff. BGB kleinere Durchbrechungen der Aufteilung des Schuldrechts in einen allgemeinen und einen besonderen Teil, die im Interesse der besseren Übersichtlichkeit jedoch hingenommen werden können.799 Nicht gelungen ist demgegenüber die Verortung der näheren Ausgestaltung der Informationspflichten des Unternehmers im EGBGB. Dies entspricht nicht der Funktion und dem bisherigen Regelungsgehalt des EGBGB.800 Allerdings fügen sich nicht alle Regelungen harmonisch in die Systematik des BGB ein. Dies gilt zum einen für die Sanktionierung von Pflichtverletzungen des Unternehmers, die zum Teil deutlich über das im BGB übliche Maß hinausgeht. So 795 796 797 798 799 800
Vgl. dazu E. V. 2. b) aa) (3). Vgl. dazu E. V. 2. b) cc). Vgl. dazu E. V. 2. b) bb) (1). Vgl. dazu E. V. 2. b) bb) (2) und bereits oben sowie E. V. 2. b) aa) (2). Vgl. dazu E. V. 3. a) aa). Vgl. dazu E. V. 3. a) bb).
346
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
führt das Nichteinhalten der Vorgaben der sog. Button-Lösung gemäß § 312j Abs. 4 BGB zum Nichtzustandekommen des Vertrags und eine Verletzung der Informationspflichten bezüglich anfallender Zusatzkosten gem. §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB faktisch zu einer partiellen Unwirksamkeit des Vertrags. Ein Schutzbedürfnis für eine solch weitgehende Regelung ist angesichts der bestehenden allgemeinen Regelungen und im Bereich der Kostentragungsregelungen zudem angesichts des Ausdrücklichkeitserfordernisses gemäß § 312a Abs. 3 S. 1 BGB nicht erkennbar. Vielmehr verkehrt sich der Verbraucherschutz bei der Button-Lösung hierdurch im Einzelfall in sein Gegenteil. Diese Rechtsfolgen sind jedoch nicht in vollem Umfang unmittelbar europarechtlich veranlasst. So musste im Bereich der Button-Lösung eine Rechtsfolgenregelung für die Verletzung der Vorgaben getroffen werden, die konkrete Ausgestaltung geht aber über die Richtlinienvorgaben hinaus. Deutschland hatte sich zudem stark für eine Regelung in diesem Bereich auf europäischer Ebene eingesetzt, so dass dieses Problem durchaus weitgehend hausgemacht ist. Bei den Kostentragungsregelungen bestand hingegen hinsichtlich der Vorschrift des § 312e BGB kein Spielraum. Die Regelung des § 312a Abs. 2 S. 2 BGB erfolgte demgegenüber in überschießender Richtlinienumsetzung und wurde dabei an § 312e BGB angeglichen.801 Das Verbraucherschutzkonzept, das sich in den §§ 312 ff., 355 ff. BGB ausdrückt, ist weitgehend mit dem Verständnis des BGB vom Grundsatz der Privatautonomie vereinbar.802 Die Ausgestaltung der Informationspflichten geht allerdings gesetzestechnisch neue Wege.803 Das Gleiche gilt letztlich für den Widerruf, der zwar funktional Berührungspunkte mit der Anfechtung hat und von der Konstruktion her Ähnlichkeiten mit dem Rücktritt aufweist, im Ergebnis aber doch ein eigenständiges Rechtsinstitut darstellt. Auch eine Zuordnung zu einer der Widerrufskategorien des BGB lässt sich nicht vornehmen. Gleiches galt auch bereits für das letztlich national entwickelte Widerrufsrecht nach § 1 HWiG in seiner ursprünglichen Fassung, das anders konstruiert war.804 Bedenklich sind jedoch die Einschränkungen der Privatautonomie bei den Verbraucherverträgen im Allgemeinen, da hier lediglich der persönliche Anwendungsbereich Anknüpfungspunkt für einen besonderen Schutz des Verbrauchers ist. Vor allem mit den Regelungen des § 312a Abs. 4, Abs. 5 S. 1 BGB, die eine Art Inhaltskontrolle anordnen, finden sich hier auch unmittelbar die Vertragsgestaltungsfreiheit betreffende, einschneidende Verbraucherschutzinstrumente.805 Die Tendenz zur Ausweitung des Verbraucher- bzw. Kundenschutzes zu Lasten der Privatautonomie zeigt sich ferner durch das „neue Verbraucherschutzinstrument“ des Ausdrücklichkeitserfordernisses wie auch durch die im Ergebnis allerdings unbedenkliche Anordnung der zwingenden Wirkung auch zu Gunsten von 801 802 803 804 805
Vgl. dazu E. V. 3. b) aa). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (1). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (a). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (b). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (1) (c) und (2) (c).
V. Analyse der Gesetzeslage
347
Nicht-Verbrauchern.806 Dieses Verbraucherschutzkonzept ist weitgehend durch die vollharmonisierenden europäischen Vorgaben bedingt. Im Bereich der Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen im Allgemeinen, wie auch bei der Durchbrechung der Relativität der Schuldverhältnisse im Rahmen von § 312a Abs. 5 S. 2, 3 BGB geht der nationale Gesetzgeber jedoch sogar noch über diese Vorgaben hinaus, so dass dieses Phänomen nicht allein dem Unionsgesetzgeber zugeschrieben werden kann.807 Schließlich ergeben sich in terminologischer Hinsicht einige Schwierigkeiten. Teilweise übernimmt der nationale Gesetzgeber auch hier Begriffe oder Formulierungen aus den europäischen Richtlinien, die sich so jedoch nicht in das BGB einfügen. Dies betrifft zum einen die Kategorien der Verträge über die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen und das davon abweichende Anknüpfen an den Begriff des Verbrauchsgüterkaufs in §§ 356 Abs. 2 Nr. 1, 357 Abs. 4 S. 1 BGB. Der Begriff der Dienstleistung ist im Bereich der §§ 312 ff., 355 ff. BGB europarechtlich bedingt äußerst weit zu verstehen und weicht damit vom sonstigen Verständnis im BGB ab. Beim Terminus des Verbrauchsgüterkaufs bestehen Unterschiede zwischen dem nationalen Begriff und dem Verständnis der Verbraucherrechterichtlinie. Der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs in § 474 BGB knüpft nach wie vor an die bewegliche Sache und nicht an den Warenbegriff an, wohingegen §§ 356 Abs. 2 Nr. 1, 357 Abs. 4 S. 1 BGB auf Waren abstellen. Letztlich entsteht hierdurch ein unnötiges Nebeneinander von Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkauf.808 Zum anderen ist der Begriff der Bestellung zu nennen, der anstelle der Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre aus den europarechtlichen Vorgaben übernommen wurde. Dieser Begriff ist äußerst unpräzise, wird nicht immer einheitlich verstanden und zudem vom Gesetzgeber auch an einer Stelle nicht konsequent verwendet, was die Problematik weiter verschärft.809 Ähnlich unklar ist das Verständnis des Ausdrücklichkeitserfordernisses sowie in Abgrenzung dazu des Erfordernisses der Eindeutigkeit in § 355 Abs. 1 S. 3 BGB. Hier spricht viel dafür, auch die Ausdrücklichkeit im Sinne eines erhöhten Maßes an Eindeutigkeit zu verstehen, was dann allerdings die in den Richtlinienvorgaben angelegte Differenzierung zwischen beiden Begrifflichkeiten überflüssig macht. Im Übrigen sind die Probleme, was mit der Vorgabe „ausdrücklich“ gemeint ist, bereits bei den sonstigen Ausdrücklichkeitserfordernissen des BGB zu finden und letztlich schon bei den Begriffen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre angelegt.810 Unnötig verklausuliert ist außerdem die aus der Verbraucherrechterichtlinie übernommene Formulierung des § 355 Abs. 1 S. 3 BGB im Übrigen.811 Demgegenüber hat der 806 807 808 809 810 811
Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (e) und (f). Vgl. dazu E. V. 3. b) bb) (2) (c) und (d). Vgl. dazu E. V. 3. c) bb). Vgl. dazu E. V. 3. c) ee) (1). Vgl. dazu E. V. 3. c) ee) (3). Vgl. dazu E. V. 2. a) cc) (1).
348
E. Das Recht der besonderen Vertriebsformen
nationale Gesetzgeber die Terminologie der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre mit dem Begriff der Vertragserklärung meines Erachtens um einen sinnvollen und präzisen Begriff erweitert.812 Überhaupt nicht gelungen sind allerdings die Formvorgaben, wie auch die Vorgaben zur Art und Weise der Erteilung von Informationen. Bei dem Versuch, die bislang vorhandene Formvorgabe der Textform mit der europäisch vorgegebenen Form des dauerhaften Datenträgers in Einklang zu bringen, ist ein äußerst kompliziertes und wenig nachvollziehbares Nebeneinander dieser beiden Formvorgaben entstanden, bei dem zudem bezweifelt werden kann, ob eine Differenzierung überhaupt sinnvoll ist.813 Ähnlich undurchsichtig sind die verschiedenen Vorgaben zur Erteilung von Informationen. Die Verwendung der verschiedenen Begriffe erscheint hier nicht immer stringent. Zudem spricht vieles dafür, dass vor allem der Terminus des Zurverfügungstellens im BGB auch nicht einheitlich verstanden wird. Schon die Richtlinienvorgaben lassen insoweit nicht immer ein stringentes Konzept erkennen, wobei sich der nationale Gesetzgeber allerdings auch nicht immer unmittelbar an die dort verwendete Terminologie hält. Auch hier besteht meines Erachtens deutlicher Klärungsbedarf und es ist zu überlegen, ob nicht im Sinne der Rechtssicherheit einheitliche Anforderungen an die Erteilung von Informationen gestellt werden können.814
VI. Gesamtfazit zur Untersuchung des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen Auch beim Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen lassen sich also einige Probleme erkennen. Oftmals unmittelbar im Zusammenhang mit den umzusetzenden Richtlinienvorgaben stehen dabei terminologische Schwierigkeiten, wie etwa die Verwendung des Dienstleistungsbegriffs oder auch des unscharfen Begriffs der Bestellung. Gleiches gilt für die oftmals nicht glückliche Wahl des Definiendums bei den zahlreichen Legaldefinitionen der §§ 312 ff. BGB. Ferner sind einige weitere Bestimmtheitsprobleme sowie die Tendenz zur Kasuistik darauf zurückzuführen, dass sich der nationale Gesetzgeber deutlich an den europäischen Vorgaben orientiert hat. Ein klarer Zusammenhang mit der Umsetzung von Europarecht besteht meines Erachtens auch bei der Uneinheitlichkeit des Anwendungsbereichs der §§ 312 ff. BGB wie auch der etwas unübersichtlich geratenen Struktur der §§ 355 ff. BGB. Kompliziert wird es insbesondere auch durch eine teilweise überschießende Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber, die zum Teil dazu dienen soll, das bestehende Verbraucherschutzniveau aufrechtzuerhalten. Dabei gelingt es dem nationalen Gesetzgeber nicht immer, alle 812 813 814
Vgl. dazu E. V. 3. c) ee) (2). Vgl. dazu E. V. 3. c) cc). Vgl. dazu E. V. 3. c) dd).
VI. Gesamtfazit
349
Regelungen miteinander in Einklang zu bringen. Außerdem besteht hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Normen und der Strukturierung oftmals durchaus Verbesserungspotential. Manche Eigenheiten lassen sich nicht auf die europäischen Vorgaben zurückführen. Dies gilt etwa für das uneinheitliche Konzept bei der Regelung der Informationspflichten, für die teilweise Regelung des Anwendungsbereichs der Normen allein in der Überschrift oder auch die Unterteilung in Ausnahmeund Erlöschenstatbestände. Hinsichtlich der Verwirklichung des Verbraucherschutzgedankens lassen sich einige Entwicklungen und Schwierigkeiten erkennen, die überwiegend damit zusammenhängen, dass der nationale Gesetzgeber gerade hinsichtlich des materiellen Ergebnisses an die europäischen Vorgaben gebunden ist. Generell problematisch ist dabei der überbordende Umfang an Informationspflichten, der den intendierten Verbraucherschutz in sein Gegenteil zu verkehren droht. Es zeigt sich insgesamt eine Tendenz hin zu einer Ausweitung des klassischen Verbraucherschutzes, was nicht mehr in jeder Hinsicht mit dem Verständnis des BGB von der Privatautonomie vereinbar erscheint. Dies gilt insbesondere für die umfassenden Verbraucherschutzmaßnahmen die im Bereich der Verbraucherverträge im Allgemeinen ergriffen werden, ohne dass neben die persönlichen Voraussetzungen ein zusätzliches rechtfertigendes Element hierfür treten würde. Zu erwähnen ist allerdings, dass der nationale Gesetzgeber dabei die europäischen Vorgaben sogar vereinzelt überschreitet. Mit dem Ausdrücklichkeitserfordernis findet sich ein jedenfalls in diesem Zusammenhang neues Schutzinstrument, die Ausgestaltung der Informationspflichten geht deutlich über andere Informationspflichten nach dem BGB hinaus. Ein Widerrufsrecht fand sich bereits im Haustürwiderrufsgesetz, wenn auch mit einer anderen Konstruktion als das nunmehr geregelte Widerrufsrecht. Beide Konstruktionen unterscheiden sich von im BGB bereits vorhandenen Widerrufsrechten und auch anderen Rechtsinstituten. Dennoch ist die Bezeichnung als Widerrufsrecht sachgerecht und fügt sich im Ergebnis auch in das BGB ein, da damit ohnehin äußerst verschiedene Ausgestaltungen verbunden sind. Im Übrigen ist die national entwickelte Fassung des Haustürwiderrufsgesetzes angesichts des deutlich engeren Regelungsbereiches nur wenig mit den aktuellen Vorschriften vergleichbar. Lediglich einzelne Aspekte der Regelungstechnik fanden sich dort ansatzweise. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Außergeschäftsraumverträge steht in Hinblick auf die offenere Gestaltung der Fallgruppen in einer Linie mit dem ursprünglichen nationalen Vorhaben.
F. Die Verortung der Verbraucherschutzmaterien – Integration in das BGB, zahlreiche Sondergesetze oder ein Verbraucherschutzgesetzbuch? Übergreifend stellt sich schließlich die Frage, wie die Verortung der verbraucherschützenden Regelungen im BGB überhaupt zu beurteilen ist. Der nationale Gesetzgeber hatte sich anlässlich der Schuldrechtsreform dazu entschlossen, ursprünglich in Sondergesetzen außerhalb des BGB geregelte Materien des Verbraucherschutzrechts in das BGB zu integrieren. Aus dem hier zu behandelnden Bereich der besonderen Vertriebsformen betraf dies das Haustürwiderrufs- und das Fernabsatzrecht. Die Vorgaben zum Fernabsatz bei Finanzdienstleistungen und zum ECommerce wurden unmittelbar im BGB umgesetzt, wie auch die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.1 Die Vorgaben der Klauselrichtlinie wurden ursprünglich innerhalb des bestehenden AGB-Gesetzes umgesetzt, dessen materiellrechtlicher Teil wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung dann aber ebenfalls in das BGB integriert.2 Diese Grundsatzentscheidung weg von Sondergesetzen hin zu einer Regelung im BGB selbst und damit auch die Ablehnung eines eigenen Verbraucherschutzgesetzbuchs hat der Gesetzgeber zuletzt auch bei der umfangreichen Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie beibehalten.3 Allerdings wird dieses Vorgehen zum Teil kritisch gesehen. Die Forderung nach einer Ausgliederung der Verbraucherschutzmaterien aus dem BGB wurde in jüngster Vergangenheit wieder laut, ein gesondertes Verbraucherschutzgesetzbuch wird befürwortet.4 Im Ergebnis ist jedoch der Entscheidung des Gesetzgebers zuzustimmen und der Verbleib der Verbraucherschutzmaterien im BGB zu begrüßen.5 Zunächst sei kurz die Überlegung erwähnt, die Materie in das HGB einzugliedern, wie sie sich vereinzelt in Bezug auf die Schuldrechtsmodernisierung und die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie fand, letztlich zu Recht aber abgelehnt
1
Vgl. dazu E. II. und D. II. Vgl. dazu C. II. 3 Vgl. dazu E. II. 4 So Schinkels, JZ 2009, 774, 779; Wendehorst, NJW 2011, 2551, 2555; Ball, Referat zum 69. DJT, I 11, 14 f., 27 (These III. 9.); Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 25 f., 117 (These 1); DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 3 f.; ders., Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 3 f.; ders., Zusammenfassung, S. 3 f. 5 So auch Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 1; jedenfalls für den Moment auch Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 1; Tonner, VuR 2014, 23, 25 ff. 2
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wurde.6 Hiergegen sprechen nämlich gewichtige Gründe. Das HGB ist zwar durch einen bestimmten persönlichen Anwendungsbereich gekennzeichnet und kennt vereinzelt sogar Verbraucherschutzbestimmungen, etwa im Transportrecht. Generell wird der Handelsverkehr jedoch durch den Grundgedanken nach Einfachheit und Schnelligkeit bestimmt,7 was in einem deutlichen Spannungsverhältnis zum Verbraucherschutzgedanken und den damit verbundenen Verbraucherschutzinstrumenten steht. Eine Regelung beider Materien in einem gemeinsamen Gesetzbuch erscheint daher nicht angezeigt.8 Hinzu kommt, dass der Kaufmannsbegriff und der Unternehmerbegriff nicht deckungsgleich sind.9 Der persönliche Anwendungsbereich stimmt also insoweit gar nicht überein. Es verbleibt daher bei der Frage, ob das Verbraucherschutzrecht im BGB oder außerhalb, sei es im Rahmen einzelner Sondergesetze oder im Rahmen eines übergreifenden Verbraucherschutzgesetzbuchs zu regeln ist. Gewichtige Gründe sprechen generell gegen eine Herausnahme dieser Bereiche aus dem BGB. Vor allem ist das BGB die zentrale Kodifikation des deutschen Zivilrechts und seine Bedeutung darf nicht dadurch geschmälert werden, dass praktisch wichtige Bereiche ausgegliedert werden.10 Schon der Name „Bürgerliches Gesetzbuch“ verdeutlicht, dass es sich an den Bürger richtet. Dabei ist „jeder Bürger zugleich Verbraucher und jeder Verbraucher zugleich Bürger“, so dass das Verbraucherrecht dem bürgerlichen Recht unterfällt.11 Das alltägliche rechtlich relevante Tätigwerden des Bürgers/Verbrauchers ist in großem Umfang vom Konsum geprägt, der gerade in den besonderen Vertriebsformen oder in Form von Verbrauchsgüterkäufen erfolgt, so dass sich der Bürger in wesentlichen Bereichen nicht mehr auf das BGB stützen könnte.12 Der rein formale Aspekt, dass die europäische Herkunft der Regelungen bei gesonderter Normierung leichter erkennbar wäre,13 kann dies nicht aufwiegen. Gleiches gilt für denkbare „Platzprobleme“ im BGB und das Erfordernis, dort zahlreiche Paragraphen mit Buchstabenbezeichnung zu schaffen.14 Außerdem sollte entsprechend der Maxime „Konzentration des Rechts“15 eine im weiteren Sinn zusammengehörige Rechtsmaterie, soweit möglich, in einem 6
Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 219, 220; Roth, JZ 2001, 475, 484. Baumbach/Hopt-Hopt, Einl. vor § 1 Rn. 5; Koller/Kindler/Roth/Morck-Roth, Einl. vor § 1 Rn. 6. 8 Roth, JZ 2001, 475, 484. 9 Roth, JZ 2001, 475, 484. 10 Roth, JZ 2001, 475, 487; Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 1. 11 Palandt-Sprau, Einl. Rn. 1; Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177; auch BT-Drs. 14/ 6040, S. 91. 12 In diese Richtung auch Schulte-Nölke, Stellungnahme v. 16. 04. 2013, S. 1; auch bereits die Überlegungen des Gesetzgebers zur Integration der Nebengesetze in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung, BT-Drs. 14/6040, S. 91. 13 Roth, JZ 2001, 475, 485. 14 Anders Mayer, S. 160. 15 BMJ, Handbuch, Rn. 493. 7
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Gesetz geregelt werden. Eine Zersplitterung in verschiedene Gesetze ist mit einigen Nachteilen bzw. Gefahren verbunden. Zum einen können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, was mit Rechtsunsicherheit einhergeht. Auch besteht die Gefahr von Widersprüchen, insbesondere könnten bei Neuregelungen die bestehenden Normen in anderen Gesetzen leicht übersehen werden. Ganz allgemein ist eine solche Rechtszersplitterung oft mit einer gewissen Unübersichtlichkeit verbunden, gerade auch für den Rechtsanwender wird das Auffinden der einschlägigen Regelungen erschwert.16 Dies betrifft gerade die hier untersuchten Bereiche des spezifisch verbraucherschützenden AGB-Rechts und des Verbrauchsgüterkaufrechts in besonderem Maße. Grundlage bleibt hier letztlich nämlich das allgemeine AGBRecht bzw. Kaufrecht, das lediglich für den Bereich des Verbrauchervertrags bzw. Verbrauchsgüterkaufs modifiziert wird. Eine Ausgliederung aus dem BGB wäre der Übersichtlichkeit nicht förderlich. Die Verweisungen auf das allgemeine Recht wären angesichts des unterschiedlichen Regelungsstandorts deutlich schwerer nachzuvollziehen. Alternativ wäre eine Vielzahl von identischen Regelungen zu treffen.17 Bei einer solchen Vorgehensweise besteht jedoch die Gefahr, dass gleichlautende Regelungen unterschiedlich ausgelegt werden, was mit Rechtsunsicherheit einhergeht.18 Der schlichte Verweis darauf, dass das Verbraucherschutzrecht aber einen Fremdkörper im BGB darstellt, der mittlerweile erhebliche Ausmaße angenommen hat,19 vermag eine Herausnahme aus dem BGB nicht zu rechtfertigen. Soweit sich die Bereiche des Verbraucherrechts in Hinblick auf ihren Regelungsstil, z. B. Sprache, Terminologie oder Methodik nicht in das althergebrachte Konzept des BGB einfügen oder systematische und inhaltliche Brüche entstehen,20 ist der Gesetzgeber gefordert. Deshalb konnte bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie auch der für eine Parallelgesetzgebung angeführte Gedanke, dass sich die Richtlinienvorgaben hinsichtlich des Kontrollgegenstands, des Kontrollmaßstabs, des persönlichen Anwendungsbereichs und der Zielrichtung vom nationalen AGB-Recht unterscheiden,21 nicht verfangen. Freilich ist es nicht immer einfach, die Regelungstechnik europäischer Richtlinien, die jeweils nur ihren punktuellen Anwendungsbereich im Blick haben und hierfür ein in sich abgeschlossenes System darstellen, in die Regelungstechnik des BGB einzugliedern. Gerade die grundsätzliche Strukturierung des Schuldrechts in einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil mag den 16
BMJ, Handbuch, Rn. 493; Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 344 m.w.N.; Noll, S. 218 ff.; zur Integration der Sondergesetze im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 179. 17 So zur Umsetzung der Klauselrichtlinie Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818; Damm, JZ 1994, 161, 176 f.; Remien, ZEuP 1994, 34, 65. 18 Roth, JZ 2001, 475, 486. 19 Mayer, S. 162; Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 31; DAV, Stellungnahme Nr. 78/ 2012, S. 3. 20 Roth, JZ 2001, 475, 485; DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 4; ders., Zusammenfassung S. 3. 21 Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 570 f.
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Gesetzgeber hier vor Herausforderungen stellen.22 Die Bildung eines Allgemeinen Teils ist aber nicht nur eine stilistische Vorliebe des deutschen Gesetzgebers, sondern erfüllt auch wichtige Funktionen. Zum einen können auf diese Weise sich wiederholende Regelungen vermieden werden. Zum anderen werden Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und vorangestellt, was letztlich der Systembildung und der Verdeutlichung der Systematik dient.23 Angesichts dessen und dem damit einhergehenden überschaubareren Umfang der Vorschriften bei Zugrundelegung eines gemeinsamen Allgemeinen Teils sollte diese Konzeption im Interesse der Anwendungssicherheit durch den professionellen Rechtsanwender nicht leichtfertig aufgegeben werden. Freilich stellt sie keinen Selbstzweck dar, so dass vereinzelte Durchbrechungen aus sachlichen Gründen, etwa weil auf andere Weise eine bessere Übersichtlichkeit des Gesetzes gewährleistet werden kann, hingenommen werden können.24 Zuzugeben ist ferner, dass die Anpassung an die nationalen Regelungen bei grundsätzlich vollharmonisierenden Richtlinien, wie nunmehr der Verbraucherrechterichtlinie, schwieriger geworden ist, da der Gesetzgeber bei Abweichungen von den Richtlinienvorgaben Gefahr läuft, dass die Umsetzung nicht richtlinienkonform ist.25 Ferner wird es schwieriger, allgemein anwendbare Regelungen voranzustellen, Sonderregelungen für einzelne Bereiche werden in größerem Umfang notwendig.26 Allerdings entbindet auch eine Ausgliederung der Materien aus dem BGB den Gesetzgeber nicht davon, eine stimmige Gesamtrechtsordnung zu schaffen. Die Regelungen sind mit den bestehenden Vorschriften des BGB abzustimmen, unabhängig davon, wo sie getroffen werden.27 Bei einer Ausgliederung aus dem BGB ist die Gefahr jedoch größer, dass der Gesetzgeber aufgrund der räumlichen Trennung Wertungswidersprüche sowie systematische oder terminologische Brüche übersieht. Das Zusammenspiel von allgemeinem bürgerlichem Recht und den speziell verbraucherschützenden Vorschriften wäre weniger deutlich.28 Weiterhin könnte eine Ausgliederung aus dem BGB auch nichts an dem Erfordernis zahlreicher Sonderregelungen ändern. Diese Probleme würden meines Erachtens also nicht gelöst, sondern lediglich an eine andere Stelle verlagert und dadurch sogar noch 22
Tonner, VuR 2014, 23, 25 f. Vgl. oben B. II. 3. 24 Vgl. dazu oben zur Integration des AGB-Rechts in das BGB C. V. 6. und zum Standort der Sonderregelungen für das Widerrufsrecht bei bestimmten Vertragstypen E. V. 3. a) aa). 25 DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 4; Tonner, VuR 2014, 23, 25 f. 26 Insoweit kritisch schon zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie durch Gesetz vom 29. Juli 2009, BGBl. I 2009, 2355, Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 286 f. 27 Dies berücksichtigt Mayer, S. 164 f., der sich für ein gesondertes Gesetzbuch für den Onlinehandel und Außergeschäftsraumverträge zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie als ersten Schritt auf dem Weg zu einem Verbraucherschutzgesetzbuch ausgesprochen hat, meiner Ansicht nach nicht hinreichend. 28 Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 1; Tonner, VuR 2014, 23, 26 f.; in diese Richtung auch Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 22 f.; so bereits die Überlegungen des Gesetzgebers bei der Rückführung von Haustürwiderruf- und Fernabsatzrecht in das BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 97, 166. 23
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weiter verschärft.29 Auch das Argument, durch eine Gesetzgebung außerhalb des BGB könne der Tendenz zur überschießenden Richtlinienumsetzung entgegengewirkt werden,30 verfängt meiner Ansicht nach nicht. Die Vornahme einer überschießenden Richtlinienumsetzung beruht allein auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die er unabhängig davon treffen kann, wo die Regelungen verortet werden. Lediglich verlagert würde auch die Problematik eines ständigen Nachbesserungsbedarfs.31 Dies mag zwar in der althergebrachten Kodifikation des BGB besonders misslich erscheinen, in der Sache und für die Rechtsanwendung ergibt sich jedoch kein Unterschied, ob nun das BGB zahlreichen Änderungen unterliegt oder ein Sondergesetzbuch bzw. die einzelnen Sondergesetze. Schließlich wäre es auch dem Stellenwert des Verbraucherrechts nicht förderlich, wenn dieses aus dem BGB ausgelagert würde. Änderungen im BGB erhalten doch größere Aufmerksamkeit.32 Auch in der juristischen Ausbildung werden insbesondere das Recht der besonderen Vertriebsformen, aber auch besonderer Verbraucherverträge wie das Verbrauchsgüterkaufrecht oder das Verbraucherdarlehensrecht in den grundlegenden Vorlesungen des Allgemeinen und Besonderen Schuldrechts mitbehandelt. In einer gesonderten Veranstaltung entsprechend einer gesonderten Regelung außerhalb des BGB bestünde auch hier die Gefahr, dass die Materie wieder aus dem zentralen Blickfeld verschwindet.33 Gerade in Hinblick auf den letzten Aspekt der Bedeutung des Verbraucherrechts wäre meines Erachtens die Schaffung mehrerer einzelner Sondergesetze als besonders nachteilig anzusehen, da hier die Gefahr besonders groß ist, dass solche beschränkten Einzelgesetze kaum Beachtung finden. Auch ein Verbraucherschutzgesetzbuch hat insoweit jedoch nicht die Wirkung wie das BGB als zentrale Zivilrechtskodifikation. Für den Rechtsanwender ist schließlich die Verortung im BGB selbst am transparentesten. Besonders problematisch wäre insoweit sicherlich wiederum die Schaffung einzelner Sondergesetze.34 Bei einem Verbrauchsgüterkauf im Fernabsatz etwa, bei dem zudem Allgemeine Geschäftsbedingungen zu Grunde gelegt werden, müssten die Spezialgesetze zum Verbrauchsgüterkauf, zum Fernabsatz sowie zum speziell verbraucherschützenden AGB-Recht beachtet werden, so dass sich der Rechtsanwender die maßgeblichen Vorschriften geradezu „zusam-
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So auch Mertens, in: Baldus/Theisen/Vogel, S. 167, 174; Roth, JZ 2001, 475, 486. Roth, JZ 2001, 475, 485; DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 4. 31 Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 184; dies., NJW 2011, 2551, 2555 spricht anschaulich von der „Dauerbaustelle“ Verbrauchervertragsrecht; Ball, Referat zum 69. DJT, I 11, 15, 27 (These III. 8.); Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 30; Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 22. 32 Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 22. 33 Tonner, VuR 2014, 23, 26; zweifelnd zum Stellenwert in der Lehre Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 32; zur Situation in der Ausbildung vor Integration des Verbraucherschutzrechts in das BGB Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 178 f. 34 In diese Richtung auch Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 499. 30
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mensuchen“ müsste.35 Darüber hinaus wäre natürlich auch das BGB heranzuziehen, etwa die allgemeinen Vorschriften zum Vertragsschluss und gegebenenfalls infolge Verweisung auch das allgemeine AGB- und Kaufrecht. Dies kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden. Ein Verbraucherschutzgesetzbuch hätte insoweit den Vorteil, dass zumindest das Verbraucherschutzrecht gebündelt geregelt wäre. Dennoch könnte die Rechtslage nicht als transparent bezeichnet werden.36 Auch hier blieben allgemeine Regelungen des BGB relevant und es müsste gegebenenfalls zahlreichen Verweisungen zurück ins BGB gefolgt oder aber die maßgeblichen allgemeinen Regelungen auch in das Verbraucherschutzgesetzbuch aufgenommen werden.37 Hinzukommt, dass je nach Vertragspartner des Verbrauchers, ebenfalls Verbraucher oder Unternehmer, in jedem Fall unterschiedliche Gesetzbücher maßgeblich wären, da im ersten Fall nach wie vor das BGB eingreifen würde. Da erscheint es doch aus Sicht des Verbrauchers nachvollziehbarer und übersichtlicher, wenn immer das gleiche Gesetzbuch Ausgangspunkt ist und dort lediglich für den erstgenannten Fall einige Sonderregeln getroffen werden. Außerdem ergibt sich bei der Schaffung eines gesonderten Verbrauchergesetzbuchs eine zusätzliche Problematik. Ein Verbrauchergesetzbuch erweckt den Anschein, dass das verbraucherschützende Recht dort umfassend geregelt ist. Manche Regelungen lassen sich jedoch nicht eindeutig und vollständig dem Bereich des Verbraucherschutzrechts zuordnen. Zu nennen sind hier beispielsweise § 312h BGB oder § 312i BGB oder auch Materien wie das Reisevertragsrecht, das zwar primär den Schutz des Verbrauchers bezweckt, formal aber nicht auf diesen persönlichen Anwendungsbereich begrenzt ist.38 In ähnlicher Weise stellt sich die Frage, ob nicht die Informationspflichten, die im Zusammenhang mit der culpa in contrahendo entwickelt wurden, auch in ein Verbraucherschutzgesetzbuch aufzunehmen wären.39 Außerdem geht mit der Schaffung eines Verbrauchergesetzbuchs eine im Vergleich zu einzelnen Sondergesetzen noch größere Gefahr der Abkopplung von den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs einher, da hierdurch der Eindruck entstehen könnte, es handle sich um ein eigenständiges Rechtsgebiet.40 Nicht zuletzt spricht gegen den Erlass eines Verbraucherschutzgesetzbuchs, dass das Verbraucherschutzrecht in seiner Entwicklung noch nicht reif dafür ist. Ihm fehlt bislang die nötige Grundkonzeption und einheitliche und gesicherte Systematik. In diesem Bereich müsste erst noch Einiges aufgearbeitet werden, um ein solches Verbrauchergesetzbuch in Angriff
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So schon BT-Drs. 14/6040, S. 166; Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 179. A.A. DAV, Stellungnahme Nr. 78/2012, S. 4; ders., Stellungnahme Nr. 7/2013, S. 4. 37 Roth, JZ 2001, 475, 485 f. 38 Roth, JZ 2001, 475, 486; DAV, Stellungnahme Nr. 26/2013, S. 4; Schmidt-Kessel, Stellungnahme, S. 23. 39 Medicus, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 219, 220; Roth, JZ 2001, 475, 486. 40 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, S. 481, 499; Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 181. 36
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nehmen zu können.41 Das Erfordernis einer solchen systematischen Durchdringung der Materie wird indes nicht von allen Verfechtern der Schaffung eines eigenen Verbraucherschutzgesetzbuchs bejaht.42 Zum Teil wird gerade mit Blick auf den Übergang zum Grundsatz der Vollharmonisierung auf europäischer Ebene demgegenüber ein Verbraucherschutzgesetzbuch mit modularem Aufbau vorgeschlagen.43 Ein Modul beinhaltet dabei einen möglichst in sich geschlossenen Regelungszusammenhang, für dessen Zuschnitt letztlich die europäischen Vorgaben maßgeblich sein sollen. Etwaige notwendig werdende Änderungen wären so problemlos möglich.44 Durch die bloße Aneinanderreihung der einzelnen Verbraucherschutzbereiche in einem eigenen Verbrauchergesetzbuch oder dem vergleichbar eine jeweils vollständig isolierte Umsetzung jeder einzelnen Richtlinie in einem eigenen Sondergesetz45 wäre meiner Ansicht nach in keiner Hinsicht etwas gewonnen. Im Rahmen der Diskussionen um die Schuldrechtsmodernisierung hat Dörner als weiteres Regelungskonzept eine sog. „Ankerlösung“ vorgeschlagen, wonach die Sondergesetze in einem Verbraucherschutzgesetzbuch gesammelt würden und damit änderungsoffen und als europarechtlich indiziert erkennbar blieben, einzelne Schlüsselnormen, wie etwa die Legaldefinitionen des Unternehmers und des Verbrauchers jedoch in das BGB integriert würden, um so den systematisch-dogmatischen Zusammenhang mit dem BGB zu verdeutlichen.46 Dies wäre meiner Ansicht nach aber erst Recht intransparent. Wird ein eigenständiges Verbraucherschutzgesetzbuch geschaffen, so ist es nicht nachvollziehbar, dass dann gerade die Schlüsselnormen hierfür nicht dort zu finden sind. Um beim Beispiel der Definitionen des Unternehmers und des Verbrauchers zu bleiben: Es erscheint mir wenig zweckmäßig, diese im BGB zu verorten, wo sie dann nicht mehr relevant werden, statt in dem Verbraucherschutzgesetzbuch, dessen Anwendungsbereich sie maßgeblich bestimmen. Ob hierdurch die Gefahren der Rechtszersplitterung wirklich gebannt wären, ist zudem zu bezweifeln. Alles in allem ist es insoweit in jedem Fall sinnvoller, den alten schwerfälligen, aber zuverlässigen Tanker des BGB nach und nach unter Beibehaltung der bewährten Gesamtkonstruktion umzurüsten und damit sicher durch neue Gewässer zu fahren, als ein wackeliges großes neues Schiff oder aber mehrere kleinere Boote in See stechen zu lassen und dabei Gefahr zu laufen mit dem alten Tanker zusammen zu stoßen, um mit dem Bild Micklitz’47 zu sprechen.
41 Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Stellungnahme v. 05. 11. 2012, S. 1; Schmidt-Kessel, VuR 2012, 350, 354 f.; ders., Stellungnahme, S. 23 f. 42 So allerdings durchaus Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 26. 43 Wendehorst, NJW 2011, 2551, 2555. 44 Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, S. 153, 181 f.; dies., ZEuP 2011, 263, 286 f. 45 So wohl die Überlegung von Schinkels, JZ 2009, 774, 779. 46 Dörner, in: Schulze/Schulte-Nölke, S. 177, 181 f. 47 Micklitz, Gutachten zum 69. DJT, A 1, 25.
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Was den europarechtlichen Kontext dieser Fragestellung anbelangt, bleibt anzumerken, dass ihre Beantwortung letztlich allein dem nationalen Gesetzgeber obliegt. Er ist bei der Umsetzung europäischer Richtlinien gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV frei in der Wahl seiner Mittel, was auch die Frage nach dem Regelungsstandort beinhaltet.48
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Siehe die Nachweise unter A., Fn. 15.
G. Schlussbetrachtung Alles in allem haben sich bei der Betrachtung der Gesetzgebungstechnik der europarechtlich beeinflussten Bereiche des AGB-Rechts, des Verbrauchsgüterkaufrechts und des Rechts der besonderen Vertriebsformen Probleme in verschiedenen Bereichen aufgetan. Teilweise sind Parallelen zwischen den verschiedenen Regelungsbereichen zu erkennen. Inwieweit dies jeweils mit den europarechtlichen Vorgaben in Verbindung zu bringen ist, ist differenziert zu beurteilen. Die Betrachtung der jeweils maßgeblichen Gesetzgebungsverfahren in den drei Teilbereichen war dabei weitestgehend unauffällig. Es lässt sich allenfalls ein gewisser Zeitdruck durch die europarechtlich vorgegebenen Umsetzungsfristen erahnen, dem sich der nationale Gesetzgeber im Bereich des AGB-Rechts widersetzt hat, indem er die Umsetzungsfrist überschritten hat. Bei der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wurde das parlamentarische Verfahren dementsprechend relativ zügig durchgeführt. Im Zuge der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie führte die europarechtlich vorgegebene Umsetzungsfrist insbesondere zu der äußerst kurzen Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts. Diese Problematik wurde dadurch verschärft, dass der nationale Gesetzgeber die Gelegenheit der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sowie verschiedener anderer Vorgaben zu einer umfassenden Schuldrechtsreform genutzt hat. An dieser Stelle wäre etwas mehr zeitlicher Spielraum des nationalen Gesetzgebers wünschenswert gewesen. Auch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild erweist sich die Umsetzungsgesetzgebung als nicht besonders auffällig. Es handelt sich jeweils um Änderungsgesetze in Form von Artikelgesetzen, die jedoch zumindest in den unmittelbar umsetzungsrelevanten Bereichen gut aus sich heraus verständlich sind. Bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und der Verbraucherrechterichtlinie ergibt sich dies aus der Tatsache, dass eine umfassende Neuregelung der betroffenen Bereiche vorgenommen wurde, beim AGB-Änderungsgesetz daraus, dass vollständige Paragraphen neu in das bestehende AGB-Gesetz eingefügt wurden. Sowohl bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie als auch bei der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie handelt es sich um heterogene Artikelgesetze, die neben der Richtlinienumsetzung noch eine davon völlig losgelöste Gesetzesänderung mitenthalten. In beiden Fällen geht es dabei aber nicht um besonders brisante Materien, bei denen die Gelegenheit genutzt wurde, sie durch Angliederung an die erforderliche Richtlinienumsetzung zu verwirklichen, sondern um unauffällige, notwendig gewordene Änderungen in anderen Bereichen. Auch dies erscheint demnach nicht außergewöhnlich.
G. Schlussbetrachtung
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Als interessanter erweist sich demgegenüber die Betrachtung des Gesetzestexts in den drei Teilbereichen. In sprachlicher Hinsicht lässt sich hier neben den für Gesetzestexte oftmals üblichen Sprachproblemen, wie etwa dem Nominalstil, insbesondere eine Tendenz hin zu eher langen Sätzen erkennen. Problematisch in Hinblick auf die Verständlichkeit der Normen wird dies vor allem dann, wenn zudem komplizierte Satzstrukturen verwendet werden, etwa in Form von Verschachtelungen der Sätze und/oder dem Einsatz eher weiter Nominalklammern oder auch Verbalklammern. Auch die Verwendung numerischer Untergliederungen, wodurch die Übersichtlichkeit von Vorschriften grundsätzlich wiederum erhöht werden kann, bringt hier oftmals keine Verbesserung mit sich. Relativ beliebt ist in den Bereichen europarechtlicher Beeinflussung außerdem das besondere gesetzestechnische Mittel der Verweisung. Im AGB-Recht und im Verbrauchsgüterkaufrecht erklärt sich dies aus dem Umsetzungskonzept des nationalen Gesetzgebers. Grundlage bleibt nämlich jeweils das allgemeine AGB-Recht bzw. Kaufrecht, es werden lediglich für den europarechtlich beeinflussten bzw. verbraucherschutzspezifischen Bereich Modifizierungen vorgenommen und Sonderregelungen geschaffen. Im AGB-Recht wird die Richtlinienumsetzung auf diese Weise auf das wirklich notwendige Maß beschränkt. Daraus erklärt sich auch die unwiderlegliche gesetzliche Vermutung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB, die es ermöglicht das Stellen der Vertragsbedingungen als Merkmal des nationalen AGB-Rechts beizubehalten und dennoch den Richtlinienvorgaben gerecht zu werden. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurde weitgehend überschießend umgesetzt, lediglich die Regelungen, die auf verbraucherschutzspezifischen Erwägungen beruhen, wurden auf den Bereich des Verbrauchsgüterkaufs beschränkt. Da das allgemeine Kaufrecht seinerseits wiederum häufig an das allgemeine Leistungsstörungsrecht anknüpft, entstehen hier oftmals mehrgliedrige Verweisungsketten. Bei Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wurde die Verweisungsstruktur gegenüber der vorherigen Ausgestaltung des verbraucherschützenden Widerrufs im BGB insofern vereinfacht, als die Anknüpfung an den Rücktritt und die damit verbundenen Verweisungen weggefallen sind, nichtsdestotrotz wird auch hier gerade bei den §§ 355 ff. BGB wieder ausgiebig von der Verweisungstechnik Gebrauch gemacht. Der nationale Gesetzgeber hatte hier die Vorgaben verschiedener Richtlinien zu berücksichtigen, die ihrerseits nicht immer aufeinander abgestimmt sind. Dies machte die Schaffung von Sonderregeln beispielsweise zum Fristbeginn erforderlich, die ihrerseits aber an die allgemeine Regelung anknüpfen, oder auch Verweisungen auf das Besondere Schuldrecht. Problematisch wird der ausgiebige Gebrauch der Verweisungstechnik, der auch mit Verweisungshäufungen und -ketten verbunden ist, neben der generellen Erschwerung der Lesbarkeit der Normen, vor allem aufgrund der sich aus der oftmals uneinheitlichen Ausgestaltung und aus Formulierungsungenauigkeiten oder Verweisungsanalogien ergebenden Unsicherheiten. Die europarechtlich beeinflussten Regelungsbereiche knüpfen jeweils an einen besonderen persönlichen Anwendungsbereich und an mehr oder weniger enge sachliche Voraussetzungen an. Damit geht eine Absenkung des Abstraktionsniveaus
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G. Schlussbetrachtung
gegenüber den allgemeinen Regelungen einher. Im Übrigen ergeben sich aber nicht in allen Bereichen klare kasuistische Tendenzen im Zusammenhang mit der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Anders ist dies nur bei der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie. Die Regelungen hier sind geprägt von zahlreichen Aufzählungen, Alternativen, Ausnahme- und Sonderregelungen sowie zahlreichen Nebensätzen zur Konkretisierung des Regelungsgehalts der Normen. Als Negativbeispiel für eine völlig unnötig kasuistische Regelung ist hier insbesondere § 356 Abs. 2 BGB zu nennen. Außerdem zeigt sich die Vorliebe für kasuistische Vorschriften deutlich bei den Regelungen zu den Informationspflichten. Dies hat sich bereits im Verbrauchsgüterkaufrecht bei § 477 Abs. 2 BGB angedeutet, der aber kaum vergleichbar mit den umfangreich und detailliert ausgestalteten Regelungen zu den Informationspflichten im EGBGB ist. Dabei sind Informationspflichten auch dem nicht europarechtlich beeinflussten BGB nicht fremd. Von den althergebrachten Informations- und Aufklärungspflichten etwa im Zusammenhang mit Ansprüchen aus culpa in contrahendo oder Regelungen, die an die Arglist anknüpfen, unterscheiden sich diese Informationspflichten gesetzestechnisch jedoch deutlich. Allerdings ähneln die Vorgaben des § 477 Abs. 2 BGB insoweit den in jüngerer Vergangenheit in das BGB eingefügten Informationspflichten bei Behandlungsverträgen. Die Informationspflichten im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen gehen demgegenüber auch darüber deutlich hinaus. Ferner zeigen sich Bestimmtheitsprobleme in allen drei untersuchten Rechtsbereichen. Im AGB-Recht betrifft dies insbesondere den Umfang der Klauselkontrolle bei intransparenten Klauseln, im Verbrauchsgüterkaufrecht die Ausgestaltung des Unternehmerregresses und im Recht der besonderen Vertriebsformen die Begrifflichkeiten bei den Katalogen der Ausnahmetatbestände. Schwierigkeiten ergeben sich außerdem häufig aufgrund von unklarer und/oder uneinheitlicher Ausgestaltung von Verweisungsaussprüchen. Auch was die Systematik der Regelungen angeht, zeigen sich in allen untersuchten Abschnitten Probleme sowohl bei der äußeren als auch bei der inneren Systematik. Beim Aufbau der Abschnitte fällt auf, dass der Gesetzgeber mit deren Untergliederung teilweise sparsam umgeht. Dies gilt etwa für das Verbrauchsgüterkaufrecht, wo die Regelungen zum eigentlichen Verbrauchsgüterkauf und zum Unternehmerregress einfach aneinandergereiht werden, wie in besonderem Maße für die Regelungen zum Widerruf in §§ 355 ff. BGB. Eine bessere Untergliederung könnte hier für mehr Transparenz und Übersichtlichkeit für den Rechtsanwender sorgen. Bei den §§ 312 ff. BGB hat sich der Gesetzgeber hingegen um eine nachvollziehbare Untergliederung bemüht. Betrachtet man die einzelnen Normen und ihren jeweiligen Regelungsgehalt, so zeigt sich eine klare Tendenz des Gesetzgebers hin zu äußerst langen Normen, in denen verschiedene Regelungsgehalte aneinandergereiht werden. Besonders unübersichtlich wird es dabei, wenn die Reihenfolge der Absätze oder Sätze innerhalb der Norm auch keinem stringenten Prinzip folgt. Als Beispiel ist hier § 310 BGB aus dem AGB-Recht zu nennen, bei dem sich ein unübersichtliches Geflecht von Regelungen mit besonderem persönlichem oder
G. Schlussbetrachtung
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sachlichem Anwendungsbereich ergibt. Allerdings ist hier zuzugeben, dass die Richtlinienumsetzung ursprünglich in einem gesonderten Paragraphen erfolgte und dieses Problem erst später losgelöst hiervon im Zuge der Schuldrechtsreform durch die Zusammenfassung mehrerer Normen zu § 310 BGB entstand. Die gleiche Problematik zeigt sich aber auch beim Verbrauchsgüterkaufrecht, insbesondere in § 478 BGB und nach Umsetzung der ergänzenden Vorgaben aus der Verbraucherrechterichtlinie in § 474 BGB. Bei letzterem ist die Reihenfolge der Absätze wiederum nicht nachvollziehbar. Im Recht zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie häufen sich dann die überlangen Normen. Dabei kann der Umfang der Normen, die die Kataloge zu den Ausnahmetatbeständen vom Anwendungsbereich bzw. vom Widerrufsrecht enthalten, namentlich §§ 312, 312g BGB noch hingenommen werden, da hier die Regelung in einer Norm zumindest dem zusammenhängenden Regelungsgehalt entspricht, wenngleich die Strukturierung des § 312 BGB angesichts ihrer Uneinheitlichkeit auch nicht eben als gelungen bezeichnet werden kann. Wenig nachvollziehbar sind aber auch hier die überlangen Normen, die dadurch entstehen, dass verschiedene Regelungsanliegen einfach in einem Paragraphen gebündelt werden. Ein Beispiel sind etwa die §§ 312j, 357a BGB, bei denen die Zusammenfassung zu abgestuften Anwendungsbereichen innerhalb des gleichen Paragraphen führen. Auch im Übrigen trägt dieses Regelungsverhalten keinesfalls zur Übersichtlichkeit bei. Demgegenüber verwundert es, dass sich der Gesetzgeber mit § 312e BGB zur Schaffung einer gesonderten Regelung zu den Konsequenzen der Verletzung der Informationspflicht über Kosten entschieden hat, anstatt dies, wie im Übrigen auch im Rahmen der Verbraucherrechterichtlinie, zusammen mit den maßgeblichen Informationspflichten zu regeln. An dieser Stelle führt genau dies zu einer Undeutlichkeit beim Regelungsgehalt. Des Weiteren lässt sich übergreifend bei allen drei untersuchten Abschnitten eine Tendenz des Gesetzgebers hin zu dogmatisch überflüssigen Regelungen oder unnötig umständlichen Regelungen erkennen. Dies fängt im Bereich des AGB-Rechts mit der ausdrücklichen Normierung des Transparenzgebots an, das zuvor über die Rechtsprechung bereits im Rahmen der Generalklausel zur Inhaltskontrolle mitberücksichtigt worden war. Hier kann der Normierung allerdings zumindest noch ein höheres Maß an Rechtssicherheit attestiert werden. Im Verbrauchsgüterkaufrecht hätte die Modifizierung bezüglich des Fristsetzungserfordernisses für die Geltendmachung von Mängelrechten im Unternehmerregress statt durch die zudem wenig gelungene Regelung des § 478 Abs. 1 BGB über die allgemeinen Entbehrlichkeitstatbestände erfolgen können, wodurch auch Wertungsgesichtspunkten im Einzelfall besser hätte Rechnung getragen werden können. Negativ haben sich in dieser Hinsicht aber vor allem auch die Ergänzungen im Verbrauchsgüterkaufrecht durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ausgewirkt. Die Klarstellung des § 474 Abs. 3 S. 3 BGB hinsichtlich der Erfüllbarkeit der Leistungen ist als gänzlich überflüssig zu bewerten, die Änderung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf führt zu keiner anderen Rechtslage, wohl aber zu einer im Vergleich zur vorherigen Fassung deutlich komplizierteren und undurchschaubareren Regelung. Problematisch sind außerdem die deklaratorischen Verweisungen auf das Handelsrecht und das AGB-
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Recht. Sie sind nicht nur überflüssig, sondern bergen zudem die Gefahr, dass unzutreffende Umkehrschlüsse in Hinblick auf die nicht genannten Vorschriften aus dem Handelsrecht oder AGB-Recht gezogen werden. Auch im Recht der besonderen Vertriebsformen sind einzelne Regelungen als überflüssig zu erachten. Das gilt etwa für die Rückausnahme zur Parteidisposition im Einleitungssatz des § 312g Abs. 2 S. 1 BGB, wie für die Klarstellung hinsichtlich des fehlenden Begründungserfordernisses beim Widerruf in § 355 Abs. 1 S. 4 BGB. Als dogmatisch überflüssig sind außerdem die expliziten Normierungen der Umgehungsverbote im Verbrauchsgüterkaufrecht und im Recht der besonderen Vertriebsformen anzusehen. Angesichts ihrer offenen Formulierung kann insoweit zudem auch nicht von einem damit einhergehenden höheren Maß an Rechtssicherheit ausgegangen werden. Auffälligkeiten ergeben sich auch bei einer Gesamtbetrachtung der äußeren Systematik der jeweiligen Regelungsabschnitte. Dabei zeigt sich eine Parallele in allen drei untersuchten Teilbereichen. Die Richtlinienumsetzung geht jeweils mit einer komplizierten Struktur des Anwendungsbereichs der Normen einher. Im AGB-Recht etwa war zwar schon in der ursprünglichen nationalen Fassung ein gestaffelter persönlicher Anwendungsbereich gegeben, durch die Umsetzung der Klauselrichtlinie beschränkt auf den Bereich der Verbraucherverträge kam jedoch noch eine weitere Staffelung hinzu. Weiter verschärft wurde dies zudem durch die Zweifelsregelungen bei den im Zuge der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie eingeführten neuen Klauselverboten des § 308 Nr. 1a, Nr. 1b BGB, wobei aber zu betonen ist, dass dies nach den Richtlinienvorgaben nicht erforderlich war. Im Verbrauchsgüterkaufrecht ergeben sich gewisse Friktionen in Hinblick auf den Anwendungsbereich durch die Regelung zu den Garantien in § 477 BGB und durch den Unternehmerregress, der insbesondere andere persönliche Voraussetzungen aufstellt. Ersteres kann angesichts des gegebenen Zusammenhangs beim Schutzzweck hingenommen werden, Letzteres könnte durch eine einfache Untergliederung des Abschnitts gelöst werden. Wiederum in verschärfter Form zeigt sich diese Problematik auch beim Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen. Den §§ 312 ff. BGB liegt weder in persönlicher noch in sachlicher Hinsicht ein einheitlicher Anwendungsbereich zu Grunde. Der durch das Erfordernis eines Verbrauchervertrags gegebene persönliche Anwendungsbereich wird durch § 312i BGB durchbrochen. In sachlicher Hinsicht betrifft der Untertitel nicht ausschließlich besondere Vertriebsformen, da in § 312a BGB Regelungen ganz allgemein für Verbraucherverträge getroffen werden. Das Merkmal der Entgeltlichkeit des Verbrauchervertrags, das sich so in den Richtlinienvorgaben allerdings nicht findet, wird nicht durchgehend vorausgesetzt. Unübersichtlich wird die Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 312 ff. BGB zudem durch die zahlreichen Ausnahmetatbestände. Im Rahmen des Abschnitts zum Widerruf, den §§ 355 ff. BGB, wird in sachlicher Hinsicht an unterschiedliche Kriterien angeknüpft, wie etwa den Vertragstyp, die Vertriebsform oder auch den Vertragsgegenstand. Dies ist noch nachvollziehbar, da es sich aus den unterschiedlichen Anknüpfungspunkten für die Einräumung von Widerrufsrechten erklärt. Als äußerst verwirrend und die Übersichtlichkeit des Abschnitts beeinträchtigend erweist sich aber, dass die Sonderregelungen zur Ausübung des Wi-
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derrufs und seinen Rechtsfolgen nach unterschiedlichen Vertragskategorien differenzieren. Dies könnte jedoch durchaus vereinheitlicht werden. Damit würde eine transparentere Untergliederung des Abschnitts einhergehen und es würde die Möglichkeit eröffnet, überlange heterogene Normen auf mehrere Paragraphen aufzuteilen. An manchen Stellen versäumt es der Gesetzgeber auch eine einheitliche Regelung zu schaffen, statt den Regelungsgehalt zu wiederholen. Dies gilt etwa für die Erweiterung der Regelungen zum Unternehmerregress entlang der Lieferkette im Verbrauchsgüterkauf, die Normierung des Einsatzes von Hilfspersonen auf Seiten des Unternehmers bei Außergeschäftsraumverträgen und Fernabsatzverträgen, wie auch für die Anwendungsausschlüsse bei den Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr. Die Regelung zur Anordnung von Informationspflichten bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen und bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen sind sich zwar sehr ähnlich, aufgrund feiner Unterschiede wäre eine gemeinsame Regelung hier aber schwer umzusetzen und würde auch keinen umfassenden Mehrwert bringen, da sich jedenfalls die Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr kaum vereinheitlichen ließen. Im Übrigen zeigen sich Unstimmigkeiten bei der Verortung einzelner Regelungen. Seltsam mutet es außerdem an, wenn sich der Anwendungsbereich einiger Vorschriften des Widerrufsrechts allein aus deren dann oftmals ziemlich schwerfälligen Überschriften ergibt. Betrachtet man die innere Systematik der Regelungsbereiche, fallen auch hier verschiedene Unstimmigkeiten ins Auge. So ergeben sich im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar wertungsmäßig keine echten Brüche, vielmehr wurde das Konzept des schon bestehenden AGB-Rechts durch § 310 Abs. 3 BGB weitgehend lediglich weiterentwickelt. Dies gilt insbesondere für den hinter den Regelungen stehenden Zweck, wie auch für den über § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB erweiterten Kontrollmaßstab bei Verbraucherverträgen. Neu ist aber, dass nunmehr Modifikationen an den Begriffsmerkmalen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgenommen werden. Hierdurch wird letztlich der Gegenstand des AGB-Rechts abgeändert. Erfasst sind nicht mehr nur Allgemeine Geschäftsbedingungen, sondern teilweise auch vorformulierte Einmalbedingungen. Infolgedessen erweist sich auch die Abschnittsüberschrift als intransparent. Der Bereich des Verbrauchsgüterkaufs weist insbesondere beim Unternehmerregress Wertungsprobleme auf. Dem Gesetzgeber ist es hier nicht gelungen, sein Konzept eines weitgehenden Gleichlaufs der Verjährung im Unternehmerregress mit den allgemeinen Mängelrechten und der Rechte des Unternehmers mit denen des Verbrauchers widerspruchslos umzusetzen. Dies zeigt sich insbesondere bei der Ausgestaltung der Unabdingbarkeitsklausel im Unternehmerregress in Hinblick auf die Verjährung der Rechte des Unternehmers und bei der Regelung der Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 478 Abs. 2 BGB in § 479 Abs. 1 BGB. Auch im Übrigen bestehen verschiedene Zweifel an der Stimmigkeit der Ausgestaltung des Unternehmerregresses. Im Übrigen sind Wertungswidersprüche zum allgemeinen Kaufrecht durch nachträgliche Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht entstanden. Dies gilt zum einen für den nicht
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nachvollziehbaren Unterschied bei der Fälligkeit des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs des Verbrauchers und des Nacherfüllungsanspruchs durch die im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie eingefügte Regelung des § 474 Abs. 3 BGB. Angesichts der nunmehr subjektiven Anknüpfung der Fälligkeit ergibt sich zudem eine gewisse Rechtsunsicherheit in diesem Bereich. Zum anderen hat sich durch die Änderung infolge der Quelle-Entscheidung des EuGH eine gespaltene Rechtslage bezüglich der Nutzungsersatzpflicht bei Nachlieferung ergeben, wo doch ganz generelle Bedenken gegen eine solche Nutzungsersatzpflicht sprechen. Eine genauere Betrachtung des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen hat in dieser Hinsicht Unstimmigkeiten beim System der Ausnahmeregelungen ergeben, was angesichts der zahlreichen Abstufungen in diesem Bereich auch kaum verwundert. Dies betrifft insbesondere die Ausnahmen zu den notariell beurkundeten Verträgen und den Reiseverträgen, wie auch die Ausnahmen, bei denen nachträglich eintretende Umstände das Widerrufsrecht entfallen lassen. Letztere sind, wenig nachvollziehbar, teils als Ausnahmetatbestände, teils als Erlöschenstatbestände ausgestaltet. Als verworren sind auch die uneinheitlichen Rechtsfolgenanordnungen bei der Verletzung von Unternehmerpflichten bzw. bei Verletzung der besonderen Vorgaben für das Treffen von Vereinbarungen zu bezeichnen. Eine gewisse Parallele lässt sich außerdem zwischen allen drei untersuchten Bereichen feststellen, wenn man die dem BGB generell zugrundeliegenden Wertungen mit in die Betrachtung einbezieht. Es lässt sich nämlich insgesamt eine mal mehr, mal weniger ausgeprägte Tendenz hin zu weitergehenden Einschränkungen der Privatautonomie feststellen. So liegt die Entwicklung in diesem Bereich im verbraucherschützenden AGB-Recht auf einer Linie mit dem schon zuvor bestehenden AGB-Recht, da nach wie vor an eine besondere Abschlusssituation angeknüpft wird. Die Anforderungen an diese wurden angesichts der Modifikationen durch § 310 Abs. 3 BGB jedoch verringert, so dass dennoch eine gewisse Ausweitung der Einschränkung der Privatautonomie gegeben ist. Viel deutlicher zeigt sich diese Tendenz aber im Recht des Verbrauchsgüterkaufs. Hier fehlt es nämlich an einer wirklichen Rechtfertigung der Einschränkungen der Privatautonomie, da weder eine besondere Abschlusssituation vorausgesetzt wird, noch ein besonders gefahrenträchtiger Vertragstyp gegeben ist, noch sonstige über die bloße UnternehmerVerbraucher-Situation hinausgehende Aspekte ersichtlich sind. Darüber hinaus wird hier eine Art Inhaltskontrolle auch bei Individualvereinbarungen im Unternehmerregress angeordnet, so dass die Einschränkungen der Privatautonomie sogar den unternehmerischen Rechtsverkehr betreffen. Dies ist nur schwer vereinbar mit dem Bild des unternehmerischen und des Handelsverkehrs. Im Bereich der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen äußert sich die Tendenz hin zu einer weitergehenden Einschränkung der Privatautonomie ansatzweise bei den Außergeschäftsraumverträgen, da hier durch die Veränderungen beim Anwendungsbereich der Außergeschäftsraumverträge nunmehr eine erhöhte Typisierung bei der besonderen Abschlusssituation gegeben ist. Als besonders proble-
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matisch erweisen sich aber die Regelungen zu den Verbraucherverträgen im Allgemeinen. In diesem Bereich werden nämlich durchaus in erheblichem Umfang die Privatautonomie einschränkende Verbraucherschutzinstrumente, wie Informationspflichten, vor allem aber auch eine Inhaltskontrolle bestimmter Vereinbarungen angeordnet, ohne dass auch nur irgendein sachlicher Anknüpfungspunkt zu der rein personellen Unternehmer-Verbraucher-Situation hinzukommen würde. Ganz generell ist das Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen durch die Anordnung verschiedenster Verbraucherschutzinstrumente gekennzeichnet. So wird etwa neben der Anordnung der zwingenden Wirkung, wie sie sich auch im Verbrauchsgüterkaufrecht findet, teilweise ein Widerrufsrecht eingeräumt. Auffallend ist außerdem das Erfordernis ausdrücklicher Vereinbarungen, welches als neues Verbraucherschutzinstrument qualifiziert werden kann. Die Informationspflichten gehen, wie bereits erwähnt, weit über andere Informationspflichten im BGB hinaus. Es ist ein überbordender Umfang und eine äußerst kasuistische Ausgestaltung der Informationspflichten festzustellen. Angesichts dessen ist stark zu bezweifeln, ob der Zweck des Verbraucherschutzes, dass dem Verbraucher eine informierte Entscheidung ermöglicht werden soll, hierdurch überhaupt noch erreicht werden kann. Meiner Ansicht nach wird vielmehr das Gegenteil erreicht, da angesichts einer solchen Flut von Informationen eine Überforderung zu erwarten ist. An der Regelungstechnik der Informationspflichten im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen sind zweierlei Aspekte zu kritisieren. Zum einen hält der Gesetzgeber sein Grundkonzept, die Informationspflichten im BGB lediglich anzuordnen und zur näheren Ausgestaltung in das EGBGB zu verweisen, nicht konsequent durch. Zum anderen ist die Verortung der Einzelheiten zu den Informationspflichten im EGBGB angesichts des Regelungsinhalts des EGBGB als völlig verfehlt anzusehen. Das rein formale Argument, dass die Struktur des EGBGB zukünftig eine leichte Anpassung und Erweiterung der Informationspflichten ermöglicht, kann es nicht rechtfertigen einen solchen inhaltlichen Fremdkörper im EGBGB zu schaffen. Darüber hinaus zeigt das Bedürfnis der Ausgliederung der näheren Ausgestaltung der Informationspflichten aus dem BGB nochmals deren übermäßigen Umfang. Außerdem fügen sich die äußerst weitgehenden Rechtsfolgen bei der Verletzung der Informationspflichten im Zusammenhang mit der Button-Lösung in § 312j Abs. 4 BGB und bei der Verletzung der Informationspflichten zur Kostentragung in §§ 312a Abs. 2 S. 2, 312e BGB nicht in das BGB ein, das Pflichtverletzungen üblicherweise mit Schadensersatzansprüchen ahndet. Im Verbrauchsgüterkaufrecht entstehen, neben der bereits genannten, weitere Friktionen mit den Wertungen des unternehmerischen Rechtsverkehrs. Dies betrifft zum einen die Erstreckung und damit sogar einhergehende Ausweitung der Beweislastumkehr auf den unternehmerischen Rechtsverkehr. Zum anderen wird dem besonderen Bedürfnis nach Rechtssicherheit in diesem Bereich nicht Rechnung getragen, da die eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel an einen völlig neuen unbestimmten Rechtsbegriff anknüpft und zudem die Voraussetzung für das Eingreifen der besonderen Regelungen des Unternehmerregresses, namentlich das
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Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette nicht immer vorhersehbar ist. Die im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie neu in das Verbrauchsgüterkaufrecht eingefügte Regelung zur Fälligkeit in § 474 Abs. 3 BGB führt außerdem zu deutlichen Wertungswidersprüchen mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Schließlich fallen in allen drei europarechtlich beeinflussten Abschnitten terminologische Ungereimtheiten ins Auge. Bereichsübergreifend ist hier zunächst der Unternehmerbegriff zu nennen. Dieser wird im BGB nämlich bereits an anderer Stelle mit einem anderen Bedeutungsgehalt verwendet. Er bezeichnet die Partei im Werkvertragsrecht. Eine einheitliche Terminologie im BGB ist also nicht mehr gewährleistet. Ähnliches gilt für den Terminus der Dienstleistung, der sich im Verbrauchsgüterkaufrecht, wie auch im Recht der besonderen Vertriebsformen findet. Er wird hier in einem deutlich weiteren Verständnis verwendet als sonst im BGB. Daneben wird nunmehr der Begriff der Geschäftsräume im BGB nicht mehr einheitlich verwendet. Hier hat der Gesetzgeber zwar in § 312b Abs. 2 S. 1 BGB klargestellt, dass die dort gegebene Legaldefinition nur für den Bereich der Außergeschäftsraumverträge gilt, so dass kein terminologischer Bruch im engeren Sinn vorliegt. Trotzdem erscheint es wünschenswert, dass im BGB legaldefinierte Begriffe auch im gesamten Gesetzbuch einheitlich verwendet werden. Auch der Begriff des Verbrauchsgüterkaufs selbst ist äußerst unglücklich gewählt. Zum einen ist er hinsichtlich des Regelungsgegenstandes nicht aussagekräftig, da der Verbrauchsgüterkauf in sachlicher Hinsicht schlicht auf eine bewegliche Sache und nicht etwa ein Verbrauchsgut bezogen ist, das Hauptaugenmerk vielmehr auf den besonderen persönlichen Voraussetzungen liegt. Zum anderen entstehen Friktionen mit dem Begriff der verbrauchbaren Sachen des § 92 BGB. An Prägnanz fehlt es auch den Definienda der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge sowie der öffentlich zugänglichen Versteigerung und des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr, die eher einer Kurzbeschreibung gleichen. Noch problematischer stellt sich insoweit der unpräzise Begriff der Bestellung bzw. des Bestellvorgangs oder Ähnliches dar, der statt der Begrifflichkeit der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre verwendet wird, und zudem nicht einheitlich zu verstehen ist. Ähnlich unklar ist auch das Erfordernis der Ausdrücklichkeit. Auch hier ist nicht ohne weiteres klar, was darunter zu verstehen ist. Vieles deutet allerdings darauf hin, dass vor allem ein besonderes Maß an Eindeutigkeit der Erklärungen gefordert wird. Dann stellt sich allerdings wiederum die Frage, warum § 355 Abs. 1 S. 3 BGB nicht ebenfalls eine ausdrückliche Widerrufserklärung verlangt, sondern eine eindeutige. Probleme mit einer einheitlichen und stringenten Verwendung von Begriffen ergeben sich außerdem etwa beim Begriff der Ablaufhemmung in § 479 Abs. 2 S. 2 BGB, wobei das Ausmaß hier wiederum davon abhängt, wie genau die Regelung zu verstehen ist. Als äußerst verworren und undurchschaubar erweist sich das Nebeneinander der Formerfordernisse eines dauerhaften Datenträgers und der Textform. Beide decken sich in großen Teilen. Ein nachvollziehbares Konzept, wann auf das eine, wann auf das andere Erfordernis abgestellt wird, lässt sich nicht erkennen. Ähnlich unein-
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heitlich und undurchsichtig sind auch die verschiedenen Vorgaben für die Erteilung von Informationen. Im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsteht im Zuge der Modifizierungen der Begriffsmerkmale durch § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB ein sehr unschöner Bruch beim Terminus der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB übersieht hier, dass das Stellen gemäß § 305 Abs. 1 BGB ein Merkmal der Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist. Aus terminologischer Sicht erscheint in diesem Bereich außerdem das Nebeneinander der Begriffe des Aushandelns in § 305 Abs. 1 S. 3 BGB und der fehlenden Einflussnahmemöglichkeit in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB als wenig gelungen. Die Begriffe sind entweder gleich zu verstehen, so dass nicht nachvollziehbar ist, warum nicht auch die gleiche Begrifflichkeit verwendet wurde, oder aber es entsteht eine feine Abstufung in einem Bereich, in dem die Abgrenzung ohnehin schon schwierig ist. Viele der genannten Probleme könnten trotz der europarechtlichen Vorgaben in diesen Bereichen behoben werden. So spricht nichts dagegen, die Satzstrukturen zu vereinfachen und mehrere kürzere und weniger verschachtelte Sätze zu bilden. Gleiches gilt für die äußere Systematik der Regelungsbereiche. Auch hier könnten die überlangen Normen aufgespalten werden, die Abschnitte besser untergliedert und die Strukturierungsprobleme der einzelnen Normen aufgelöst werden. Teilweise ist die überaus komplizierte Regelungsstruktur auch erst aufgrund einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers für eine überschießende Richtlinienumsetzung entstanden, wie insbesondere bei § 312 BGB. Es spricht auch nichts dagegen, sich wiederholende Regelungen in einer Norm zusammenzufassen. Die in allen drei Bereichen auftretenden Probleme im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des jeweiligen Abschnitts haben ihren Ursprung zwar durchaus in den Richtlinienvorgaben mit ihrem jeweils eingeschränkten Anwendungsbereich. Durch Umstrukturierungsmaßnahmen könnten aber auch hier deutliche Verbesserungen erreicht werden. Außerdem sind manche Schwierigkeiten hier dennoch dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben. So ist etwa im AGB-Recht die weitergehende Staffelung des persönlichen Anwendungsbereichs und auch des sachlichen Anwendungsbereichs durch § 310 Abs. 3 BGB auf die Klauselrichtlinie und das Konzept des nationalen Gesetzgebers, das bestehende AGB-Recht nur soweit unbedingt erforderlich zu ändern, zurückzuführen. Die Probleme der äußeren Systematik könnten durch eine Aufteilung der Norm aber deutlich entschärft werden. Davon abgesehen ist die unübersichtliche Strukturierung des § 310 BGB nicht im Zusammenhang mit der eigentlichen Richtlinienumsetzung entstanden, sondern unabhängig davon bei der Integration des AGB-Rechts in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung. Im Recht des Verbrauchsgüterkaufs würde ebenfalls eine weitere Untergliederung des Abschnitts weiterhelfen. Bei den §§ 312 ff. BGB hat es sich der nationale Gesetzgeber durch das Erfordernis der Entgeltlichkeit des Verbrauchervertrags, das sich so nicht in den Richtlinienvorgaben findet, unnötig schwer gemacht, wie auch dadurch, dass er die im Zusammenhang mit der sogenannten Button-Lösung stehenden Richtlinienvorgaben anders als in der Verbraucherrechterichtlinie nicht dem Fernabsatzrecht zugeordnet hat, sondern dem elektronischen Geschäftsverkehr. Auch für
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die Regelungsstruktur der §§ 355 ff. BGB hätte es, wie gezeigt, eine transparentere Möglichkeit gegeben. Anders ist dies zum Teil bei den zahlreichen Sonder- und Ausnahmeregelungen zu beurteilen, die sich oftmals aus dem vollharmonisierenden Charakter der Verbraucherrechterichtlinie und der Berücksichtigung von Vorgaben anderer Richtlinien, wie etwa der Fernabsatzfinanzdienstleistungs- oder Verbraucherkreditrichtlinie, ergeben. Nichtsdestotrotz geht auch hier die besonders verworrene und differenzierende Strukturierung teilweise darauf zurück, dass sich der nationale Gesetzgeber für eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben entschieden hat. Deutlich zeigt sich dies an der Regelung des § 312 BGB. Soweit Regelungen dogmatisch als überflüssig eingeordnet wurden, ergibt sich unter Berücksichtigung des Europarechts ein differenziertes Bild. Sofern sich hierzu konkrete Vorgaben in den Richtlinien finden, war eine ausdrückliche Umsetzung mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung zur Umsetzung des Transparenzgebots im AGB-Recht europarechtlich geboten. Der nationale Gesetzgeber zeigt aber auch davon unabhängig eine Tendenz hin zu eigentlich überflüssigen bloß klarstellenden Regelungen. Dies gilt etwa für die ausdrückliche Modifikation des Fristsetzungserfordernisses in § 478 Abs. 1 BGB im Unternehmerregress, wofür sich aus den lediglich äußerst vagen Vorgaben des Art. 4 VRRL kein Bedürfnis ergibt oder auch die Regelungen des § 474 Abs. 3 S. 3 BGB oder im Einleitungssatz des § 312g Abs. 2 S. 1 BGB zur Möglichkeit der Parteidisposition. Als besonders problematisch, weil mit der Gefahr unzutreffender Umkehrschlüsse verbunden, haben sich die deklaratorischen Verweisungen auf das AGB-Recht und das Handelsrecht im Verbrauchsgüterkaufrecht erwiesen, für die ebenfalls keine unmittelbare europarechtliche Veranlassung ersichtlich ist. Die nunmehr deutlich kompliziertere Regelung zur Anwendbarkeit des § 447 BGB im Verbrauchsgüterkaufrecht in § 474 Abs. 4 BGB diente der Umsetzung von Art. 20 S. 2 VRRL, wobei jedoch übersehen wurde, dass die materielle Rechtslage dadurch tatsächlich nicht geändert wurde. Die klarere Vorgängerregelung hätte insoweit also beibehalten werden können. Die explizite Normierung der Umgehungsverbote geht zwar grundsätzlich durchaus auf Anhaltspunkte in der Verbraucherrechterichtlinie und, zumindest für den eigentlichen Verbrauchsgüterkauf, der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zurück, Entsprechendes findet sich jedoch bereits im AGB-Recht ohne europarechtliche Veranlassung, wie auch in der ursprünglichen Fassung des Haustürwiderrufsgesetzes. Betrachtet man die innere Systematik der Regelungen, wie auch die Frage, ob sie sich in das Gesamtkonzept des BGB einfügen, so liegt die Vermutung nahe, dass Unstimmigkeiten in diesen Bereichen unmittelbar auf die Richtlinienvorgaben zurückzuführen sind, da eine ordnungsgemäße Richtlinienumsetzung voraussetzt, dass die Vorgaben der Richtlinie materiell-rechtlich eingehalten werden. Dies trifft auf die Verschlechterungen in Hinblick auf die Rechtssicherheit für den Verbraucher durch die neue Regelung der Fälligkeit im Verbrauchsgüterkaufrecht in § 474 Abs. 3 BGB zu, sofern man den Maßstab der Unverzüglichkeit europarechtlich genauso zu verstehen hat, wie im nationalen deutschen Recht. Auch der damit einhergehende Widerspruch zwischen der Fälligkeit des Erfüllungsanspruchs des Verbrauchers und
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seines Nacherfüllungsanspruchs ließ sich angesichts der Vorgaben in Art. 18 Abs. 1 VRRL und Art. 3 VGKRL nicht vermeiden, wie jedenfalls auch nicht der Bruch mit der Verschuldensunabhängigkeit des Rücktritts. Letzteres führt zudem zu einer Kollision mit Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, namentlich Art. 3 Abs. 5 VGKRL. Ebenso gehen die zunehmenden Einschränkungen der Privatautonomie grundsätzlich auf die jeweiligen Richtlinienvorgaben zurück. Dies gilt für die geringeren Anforderungen an die zugrundeliegende Abschlusssituation im AGBRecht, die fehlende Rechtfertigung des besonderen Schutzes im Verbrauchsgüterkaufrecht, wo insbesondere nicht an einen besonders gefahrtragenden Vertragstyp angeknüpft wird, wie auch für die etwas erhöhte Typisierung bei Außergeschäftsraumverträgen, wenngleich diese zum Teil im Einklang mit der ursprünglich geplanten Fassung des Haustürwiderrufgesetzes steht. Auch die Schutzinstrumente bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen waren grundsätzlich aufgrund der Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie vorzusehen. Im Einzelnen lässt sich jedoch feststellen, dass der nationale Gesetzgeber sich nicht davor scheut, noch über diese europarechtlichen Vorgaben hinaus zu gehen. Dies zeigt sich zum einen im Verbrauchsgüterkaufrecht, namentlich im Unternehmerregress, wo eine eingeschränkte Unabdingbarkeitsklausel vorgesehen wurde, obwohl die Vertragsfreiheit in diesem Bereich nach den Richtlinienvorgaben unberührt bleiben sollte. Auch die Vorschriften, die eine Art Inhaltskontrolle bei Verbraucherverträgen im Allgemeinen begründen, namentlich § 312a Abs. 4, Abs. 5 BGB, gehen über die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie hinaus. So ist ihr Anwendungsbereich mit Verbraucherverträgen ganz allgemein etwas weiter als in Art. 17 Abs. 2 VRRL vorgesehen, wobei sich hier praktisch keine großen Unterschiede ergeben dürften. Eine überschießende Umsetzung erfolgt aber jedenfalls mit § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Auch beim neuen Verbraucherschutzinstrument eines Ausdrücklichkeitserfordernisses, welches grundsätzlich die Vorgaben der Verbraucherrechterichtlinie umsetzt, geht der nationale Gesetzgeber an einer Stelle über das europarechtlich Erforderliche hinaus. Er bezieht das Ausdrücklichkeitserfordernis in § 312a Abs. 3 S. 1 BGB nämlich anders als Art. 22 VRRL nicht nur auf die Zustimmung des Verbrauchers, sondern auf die Vereinbarung insgesamt. Auch bei den mit dem Verbraucherschutzinstrument der Informationspflichten zusammenhängenden Rechtsfolgen der Verletzung der Pflichten aus der Button-Lösung und der Informationspflicht über die Kostentragung, die sich als problematisch im Vergleich zu den üblichen Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen erweisen, übertrifft der nationale Gesetzgeber die europäischen Vorgaben. Dies gilt für die konkrete Anordnung bei der Button-Lösung sowie für die Erweiterung der Konsequenz bei nicht ordnungsgemäßer Information auf den Bereich der Verbraucherverträge im Allgemeinen in § 312a Abs. 2 S. 2 BGB, wofür sich in der Verbraucherrechterichtlinie keine Vorgabe findet. Durch eine Entscheidung des nationalen Gesetzgebers zu einer überschießenden Richtlinienumsetzung sind außerdem weitgehend die Abstimmungs- und Wertungswidersprüche bei den Ausnahmetatbeständen zu den notariell beurkundeten Verträgen und den Reiseverträgen in den §§ 312 ff. BGB bedingt. Lediglich die Vorgaben der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie für notariell beurkundete Verträge waren
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aus europarechtlicher Sicht zu berücksichtigen. Auch für die unterschiedliche Regelung mancher Ausnahmen vom Widerrufsrecht in Erlöschens- und Ausnahmetatbeständen findet sich kein europarechtliches Vorbild. An anderer Stelle ergeben sich Wertungsprobleme dadurch, dass der nationale Gesetzgeber die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben auf das Nötigste beschränkt, obgleich eine überschießende Umsetzung möglich gewesen wäre und unter Wertungsgesichtspunkten vorzuziehen gewesen wäre. Die Rede ist hier von der nunmehr gespaltenen Rechtslage zwischen allgemeinem Kaufrecht und Verbrauchsgüterkaufrecht bei der Nutzungsersatzpflicht bei der Nachlieferung. Dies widerspricht auch dem Konzept des Gesetzgebers, nur diejenigen Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beschränkt auf den Verbrauchsgüterkauf umzusetzen, in denen sich besondere verbraucherschutzspezifische Gesichtspunkte ausdrücken. Was die sonstigen über die Einschränkungen der Privatautonomie hinausgehenden Probleme im Zusammenhang mit den Regelungen zum Unternehmerregress angeht, ist die unmittelbare europarechtliche Veranlassung oftmals schwierig zu beurteilen. Die Unstimmigkeiten bei der Ausgestaltung des Regresses an sich lassen sich meiner Ansicht nach nicht direkt auf die Richtlinienvorgaben zurückführen, da diese in Art. 4 VGKRL viel zu vage sind. In Hinblick auf die Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit im unternehmerischen Rechtsverkehr zeichnet sich ein ambivalentes Bild ab. Die Anknüpfung an das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette beruht durchaus auf den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nicht jedoch die Rechtsunsicherheit, die durch den unbestimmten Rechtsbegriff des gleichwertigen Ausgleichs im Rahmen der eingeschränkten Unabdingbarkeitsklausel des § 478 Abs. 4 S. 1 BGB entsteht. Hierfür findet sich kein Vorbild in den Richtlinienvorgaben, die Vertragsfreiheit sollte in diesem Bereich gerade unberührt bleiben. Hinsichtlich der Erstreckung und Ausweitung der Beweislastumkehr auch auf den Bereich des unternehmerischen Rechtsverkehrs ist fraglich, ob dies durch den effet utile gefordert war. Eine Übernahme der Terminologie der Richtlinienvorgaben ist demgegenüber nicht zwingend, solange materiell-rechtlich die gleiche Rechtslage gegeben ist. Folgerichtig ist der nationale Gesetzgeber mit dem alle Bereiche betreffenden Unternehmerbegriff daher von den europäischen Begriffsvorgaben abgewichen, deren Übernahme im nationalen Recht zu Problemen geführt hätte. Der Terminus des Unternehmers tritt auf europäischer Ebene erst im Rahmen der Verbraucherrechterichtlinie in Erscheinung. Leider hat er die anderweitige Verwendung des Unternehmerbegriffs im nationalen Recht im Werkvertragsrecht hierbei nicht berücksichtigt. Ansonsten ergeben sich terminologische Unstimmigkeiten vielfach dadurch, dass eben doch gerade die Begriffe aus den europäischen Richtlinien übernommen wurden, ohne dies kritisch zu hinterfragen oder den Gesamtzusammenhang des BGB zu betrachten. Weitestgehend könnte dies dadurch behoben werden, dass im europarechtlich beeinflussten Bereich oder aber an anderer Stelle andere Termini verwendet werden. Zum Teil ergeben sich terminologische Schwierigkeiten auch dadurch, dass verschiedene Begrifflichkeiten nebeneinander verwendet werden,
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ohne dass diese klar voneinander abgegrenzt würden. Als besonders verworrene und schwer durchschaubare Beispiele sind hier die Formvorgaben des dauerhaften Datenträgers und der Textform, wie auch die verschiedenen Vorgaben bei der Erteilung von Informationen zu nennen. Die beiden Formvorgaben waren erst im Zuge der Schuldrechtsreform vereinheitlicht worden. Infolgedessen fand sich im BGB ausschließlich das Textformerfordernis. Bedauerlicherweise wurde diese Entwicklung nunmehr im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wieder rückgängig gemacht. Das Textformerfordernis stellt dabei ein Institut des nationalen Rechts dar, das sich auf europäischer Ebene so nicht findet, an dem der nationale Gesetzgeber aber teilweise festhält. Die Vorgaben zur Erteilung von Informationen orientieren sich dagegen durchaus, wenn auch nicht immer, an den Richtlinienvorgaben, so dass es im Ergebnis insbesondere angesichts des Vollharmonisierungsprinzips einiger Richtlinien schwierig sein dürfte, hier auf die feinen Abstufungen zu verzichten. Anders ist dies bei dem allenfalls feinen Unterschied zwischen dem Begriff des Aushandelns und der Einflussnahmemöglichkeit im AGB-Recht, da die Klauselrichtlinie einen weitergehenden Verbraucherschutz zulässt. Probleme ergeben sich wiederum im Recht der besonderen Vertriebsformen, was das Ausdrücklichkeitserfordernis und das Erfordernis der Eindeutigkeit angeht. Hier spricht zwar viel dafür, dass auch bei der Ausdrücklichkeit das Maß der Eindeutigkeit der Erklärung im Vordergrund steht. Es verbleibt aber eine Unsicherheit, da auch die Verbraucherrechterichtlinie beide Termini verwendet. Zudem dürften manche der Probleme bei der Verwendung des Begriffs der Bestellung darin wurzeln, dass schon auf europäischer Ebene nicht völlig klar ist, was genau darunter zu verstehen ist. Auch in anderem Zusammenhang zeigt sich, dass Unklarheiten aus den Richtlinienvorgaben auch in das nationale Recht übertragen werden. Als Beispiele sind etwa die unbestimmten Rechtsbegriffe in den Ausnahmekatalogen des Rechts der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen zu nennen, wie auch die Frage nach dem Umfang der Eröffnung der Klauselkontrolle bei intransparenten Klauseln im AGB-Recht oder aber die Ungenauigkeiten bei Verweisungen auf Informationspflichten im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge, die sich in Hinblick auf die formalen Anforderungen ergeben. Gleiches gilt für die Unsicherheiten hinsichtlich des personalen Anwendungsbereichs des § 477 BGB durch den Passivgebrauch in dieser Norm oder auch die Unklarheiten in Hinblick auf die Belehrungspflichten bei den an nachträgliche Umstände anknüpfenden Ausnahmetatbeständen vom Widerrufsrecht und den Erlöschenstatbeständen. Gleichwohl wäre es wünschenswert, dass sich der nationale Gesetzgeber bei solchen Unklarheiten auf eine Auslegung festlegt und diese dann präzise in das nationale Recht umsetzt. Freilich läuft er dann Gefahr, dass eine nicht richtlinienkonforme Umsetzung vorliegt. Allerdings wird dies bei unpräzisen Regelungen, die dann aber abweichend vom europarechtlichen Verständnis ausgelegt werden, nicht anders sein. Der einzige Vorteil besteht bei letzteren darin, dass dann keine Gesetzesänderungen notwendig werden, um die Richtlinienkonformität zu gewährleisten. Die beste Lösung wäre freilich, wenn es schon auf europäischer
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G. Schlussbetrachtung
Ebene nicht zu solchen Ungenauigkeiten kommen würde. Deutlich im Zusammenhang mit europarechtlichen Vorgaben stehen außerdem die festgestellten Absenkungen des Abstraktionsniveaus durch den eingeschränkten Anwendungsbereich der Regelungen, wie auch die Kasuistik bei den Informationspflichten bei Garantien im Verbrauchsgüterkaufrecht und vor allem im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen. Letzteres wird sich im Recht der besonderen Vertriebsformen und der Verbraucherverträge im Allgemeinen mit Ausnahme der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr jedenfalls angesichts der vollharmonisierenden Vorgaben kaum anders lösen lassen, ohne dass sich der nationale Gesetzgeber dem Vorwurf ausgesetzt sieht, dass er die Richtlinienvorgaben über- oder unterschritten hat. Im Einzelfall kann sich aber selbst bei vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben eine Regelung als unnötig kasuistisch erweisen, wie das Beispiel des § 356 Abs. 2 BGB zeigt. Es bleibt also festzuhalten, dass sich im Zusammenhang mit der Umsetzung europäischer Vorgaben viele gesetzgebungstechnische Schwierigkeiten zeigen, die sich allerdings nicht immer unmittelbar auf diese Vorgaben zurückführen lassen. Zahlreiche dieser Probleme können ausgeräumt werden. Hier ist der nationale Gesetzgeber gefordert. Der eingangs genannten Aussage Flumes, wonach die Verantwortung für die Richtliniengesetzgebung im BGB nicht bei den Verfassern der Richtlinie zu suchen ist, sondern beim Bundesjustizministerium liegt,1 ist daher weitgehend zuzustimmen. Dabei ist die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die Materien in das BGB einzugliedern, zu begrüßen. Nur so bleibt der Charakter des BGB als zentrale Zivilrechtskodifikation erhalten und wird der Bedeutung der Materie ausreichend Rechnung getragen. Freilich wird eine sachgerechte Eingliederung auch gerade durch den zunehmend vollharmonisierenden Charakter europäischer Richtlinien nicht immer einfach sein. Eine Ausgliederung der europarechtlich beeinflussten Bereiche aus dem BGB würde die mit der Umsetzung einhergehenden Probleme jedoch weitgehend lediglich an eine andere Stelle verlagern und die Gefahr von Wertungswidersprüchen, systematischen und terminologischen Brüchen angesichts der Rechtszersplitterung noch verschärfen. Es bleibt abzuwarten, ob der nationale Gesetzgeber auch weiterhin an dieser Linie der Umsetzung im BGB festhalten wird. Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass sich der europarechtliche Einfluss im BGB neben den in dieser Arbeit behandelten Teilbereichen noch an zahlreichen weiteren Stellen zeigt. Außerdem kommen weitere europarechtliche Vorgaben hinzu, die es gilt in das BGB zu integrieren, wie sich jüngst erst wieder bei der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie gezeigt hat. Daher wird es sich auf jeden Fall lohnen, die hier behandelte Problematik im Auge zu behalten, auf andere Untersuchungsgegenstände auszuweiten und die neuen Entwicklungen einzuordnen.
1
Vgl. oben unter A. bei A., Fn. 10.
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Stichwortverzeichnis Ablaufhemmung 117, 137 f., 146 f. 173, 181 ff., 190, 366 Ablösungsgesetz 23, 96 Abschlussfreiheit 69 Abschlusssituation – (abstrakt) gefährliche 156, 271, 295, 305 ff., 318, 321 – besondere 156 f., 160 f., 164, 249 f, 294 ff., 300, 312, 315, 318 f., 322, 364 – bestimmte 70 Absolute Unverhältnismäßigkeit 152 Abstraktion/abstrakt 17, 31 f., 55 f., 72 f., 83, 114 ff., 158, 162 f., 165, 186, 220, 233, 295, 298 f, 359, 372 Abzahlungsgesetz/AbzG 161, 195, 197, 233, 236, 254, 283, 297 f., 310 Änderungsgesetz 16, 23 ff., 37, 43 ff., 67, 95 f., 200 f., 358 Änderungsgesetz zum AGBG 37, 42, 44, 47, 67, 358 Äußeres Erscheinungsbild eines Gesetzes 17, 23, 43, 95 ff., 199, 358 AGB-Gesetz/AGBG 17, 36 – 84, 96, 120 f., 126, 143, 157, 161. 165, 180, 350, 358 Allgemeine Geschäftsbedingungen, Begriff 68 f., 70 ff., 73 ff., 83, 363, 367 Allgemeiner Teil 27, 30 f., 33 f., 47 ff., 80 f., 97, 105, 197, 210, 225, 284, 287, 291, 304, 352 f. Alsbald 218, 299 Analogie 73, 141, 145 f., 188, 227 Analoge Anwendung s. Analogie Anfechtung 174, 253, 346 – gem. § 119 BGB 289, 308, 320 – gem. § 123 BGB 162, 164, 189, 289, 297, 306 ff., 311 Anfechtungsrecht 308, 311, 323 Anforderungen an die Richtlinienumsetzung 18 f. Ankerlösung 356 Anscheinsbeweis 71, 168 ff., 295
Anwendungsbereich – persönlicher 19, 56, 59 ff., 67 ff., 83, 127 f., 238, 243 ff., 249, 252, 283, 297, 318, 321, 341 ff., 351 ff. – sachlicher 19, 56, 59 ff., 69, 75, 83, 127, 236, 238, 243 ff., 259, 283, 341, 359 ff. Arglist 164, 190, 297 f., 360 – und Anfechtung s. Anfechtung gem. § 123 BGB – und Haftung 121, 146, 163 f. – und Verjährung 139, 145 f., 163 f., 189 Artikelgesetz 23 ff., 44, 200, 358 – heterogenes 44, 200 f., 358 Arzthaftung 170 Auffangtatbestand 116, 123 f., 220, 233, 325 Aufklärungspflichten 162 ff., 189, 297 f., 309, 360 Aufwendungen, Begriff 178 f Aufwendungsersatzanspruch 111, 117, 124 f., 137 ff., 141, 144 ff., 188 f., 363 Aufzählungen (im Gesetz) 73 f., 110, 113, 116, 138 f., 188, 191, 195, 202 ff., 205 ff., 220, 222, 233, 235 f., 238, 298, 314, 360 Ausdrücklichkeitserfordernis 282, 288, 293, 317 ff., 322 f., 339 ff., 346 f., 349, 265 ff. Aushandeln (von AGB) 70, 76 ff., 367, 371 Ausnahmekatalog 219 ff., 236, 238, 242, 246, 268, 280 f., 371 Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, Begriff 205 f., 211, 225, 235, 294 f., 366 Bedingung 174 f., 254 f., 311 f. Behandlungsvertrag 163, 239, 297, 339, 360 Belehrungspflichten bei Erlöschen des Widerrufsrechts 273 ff., 371 Belehrungspflichten des Notars 269 Bereichsausnahmen 59 ff., 68, 119, 238, 281, 345 Beschaffenheitsvereinbarung 158 f., 165 f., 189
Stichwortverzeichnis Besondere Mittel der Gesetzgebungstechnik 17, 49, 103, 114, 205, 224 Bestätigung gem. § 141 BGB 290, 319 f. Bestellung, Begriff 216, 219, 335 ff., 347, 348, 366, 371 Bestimmtheit/Unbestimmtheit (v. Normen/ Begriffen) 17, 32, 55, 82, 110, 114 ff., 186, 217 ff., 225, 229, 231 f., 235, 337, 341, 348, 360, s. auch unbestimmte Rechtsbegriffe Beweiserleichterung 169 f., 176, 301 Beweislast 71, 121, 169, 175 f., 190, 262, 264, 266, 278 Beweislastregelung 29, 114, 120 f., 343 Beweislastumkehr 115, 131, 168 ff., 173, 190, 365, 370 BGB-Informationspflichtenverordnung 96, 285 f. Blankettnorm 162 Button-Lösung 50, 197, 287 ff., 301, 319, 336, 339, 346, 365 ff. CISG 85, 88, 143 Culpa in contrahendo/cic 162, 189, 291, 297, 355, 360 Dauerhafter Datenträger 106, 226, 241 f., 248, 328 ff., 348, 366, 371 Definiendum 30, 48, 104, 205 f., 209 ff., 222, 224 f., 235, 348, 366 Definiens 30, 48, 205 ff., 235 Dual-use 51 Dienstleistung, Begriff 177, 190 f., 324 ff., 347, 348, 366 Dienstleistungsvertrag, Begriff 315, 325 Digitale Inhalte, Begriff 208 Diskontinuität 198 f. Disponibilität 130 Dispositionsfreiheit 119, 120, 126, 305, 311 Dispositivität, dispositiv 119, 155, 216, 315 E-Commerce-Richtlinie/ECRL 88, 92, 193 f., 196 f., 210, 215, 300, 321, 337, 341 Effektivitätsgrundsatz 167, 172, 190, 370 Effet utile s. Effektivitätsgrundsatz Einflussnahmemöglichkeit (bei AGB) 70 f., 76 ff., 157, 367, 371 Einmalbedingungen 73 f., 75 ff., 363
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Einwendungsdurchgriff 260, 263 Einzelnovelle 23 f. Entbehrlichkeit der Fristsetzung 123, 148, 361 Entgeltlicher Verbrauchervertrag 211, 214, 245 f., 248, 287, 297, 342, 362, 367 Entgeltvereinbarung 312 f., 316, 319 Entscheidungsfreiheit 69 f., 149, 154, 156, 160, 270, 294 ff., 303, 306 ff., 320 Erfüllbarkeit 119, 191, 361 Erlöschenstatbestände des Widerrufsrechts 257, 268, 272 ff., 344 f., 349, 364, 371 Europarechtskonforme Auslegung s. richtlinienkonforme Auslegung Fälligkeit 119, 131 f., 153 f., 175 f., 188 ff., 364 ff. Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie/ FinFARL 193 f., 196 f., 204, 215, 226, 260, 270, 272, 275, 298, 317, 341 f., 344, 368 f. Fernabsatzgesetz 15, 196 Fernabsatzrichtlinie/FARL 15, 192 ff., 196, 204, 272, 283, 324, 326 Fernabsatzvertrag, Begriff 207, 211, 225 Fernkommunikationsmittel, Begriff 204, 207 f., 218 Fernunterrichtsschutzgesetz 200 Fiktion 25, 29 f., 53, 114, 215 – partielle 30, 53 Finanzdienstleistungen, Begriff 204 f. Finanzierungshilfe 259 f., 263 ff. Folgeänderungen 23 f., 43, 96, 200 f. Formale Anforderungen 212 ff., 226 ff., 235, 243, 248 f., 285 f., 297 ff., 329 f., 371 Formblatt 331 f. Formfreiheit 69, 317 Formvorschrift 160, 193, 287 f., 299, 317 Fristsetzungserfordernis 110, 123 f., 147 f., 361, 368 Garantie 87, 100, 109, 122, 125, 131 f., 159 f., 163, 189, 362, 372 Garantieerklärung 100, 116, 120, 127, 132, 159, 161 Garantievertrag 123, 127 Gefahrtragender/gefahrenträchtiger Vertragstyp 155 f., 160 ff., 297, 314 f., 364, 369
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Stichwortverzeichnis
Gefahrtragung 110, 134 f. Generalklausel 31 f., 55, 58 f., 73, 83, 126, 158, 161 f., 165, 298, 314, 361 Geschäft des täglichen Lebens 302 Geschäftsähnliche Handlung 216, 317 Geschäftsräume, Begriff 206 f., 366 Gesetzliche Vermutung 25, 29 f., 53 f., 114, 168, 215 ff. – unwiderlegbare/unwiderlegliche 29 f., 53 f., 83, 215 f., 290, 359 – widerlegbare/widerlegliche 29 f., 114 Gespaltene Rechtslage 150, 364, 370 Gestaltungsfreiheit s. Vertragsgestaltungsfreiheit Gestaltungsrecht 111, 174 f., 253 ff., 309 Gewerbebegriff 48 Gewerbetreibender, Begriff 47 f., 84, 204 Gleichlauf der Rechte Unternehmer/Verbraucher 136 ff., 141, 188, 363 Gleichlauf der Verjährung 138 f., 145, 147, 188 f., 363 Gleichwertiger Ausgleich 115, 125, 137 ff., 165 ff., 172, 186, 321, 370 Große Lösung 92, 143 Grundformen 17, 23 ff., 43, 45, 95 Handelskauf 112, 143 Handelsrecht 48, 95, 112, 361 f., 368 Handelsverkehr 68, 166 f., 171 f., 174, 184, 190, 321 f., 351, 364 Handelsvertreter 155, 166 Hauptänderungen 23 f., 200 f. Haustürgeschäft 155, 192, 195 ff., 214, 250, 272, 280, 282, 295, 300, 307 Haustürwiderrufsgesetz/HWiG 21, 194 ff., 234 ff., 244, 250, 254, 257, 283, 294 f., 300, 310 f., 343 ff., 349, 368 f. Haustürwiderrufsrichtlinie/HWiRL 192 ff., 204, 236, 295 Hemmung 181 f. Höchstfrist – beim Widerrufsrecht 256 f., 259, 279, 306 f., 344 – gem. § 474 Abs. 3 S. 2 BGB 133, 175 – gem. § 479 Abs. 2 S. 2 BGB 138, 171, 173, 184 f.
Individuelle Selbstbestimmung 155 Informationen – Erteilung von 213, 226, 332 ff., 348, 367, 371 – Flut/großer Umfang von 275 ff., 300, 302, 323, 345, 349, 365 – verringerte/Defizit von 193, 276, 308 f. Informationsentlastung 277 Informationsgebot 159, 161, 189 Informationspflichten – gem. § 477 BGB 159 ff., 189 f., 297 f., 360, 372 – gem. §§ 312 ff. BGB 240 ff., 256, 268 ff., 282, 286 ff., 297 ff., 322 f., 329 ff., 342 ff., 360 ff. – Verweisung ins EGBGB 212 ff., 226 ff., 235, 248 f, 251, 285 f., 342, 345, 360, 365, 371 – sonstige im BGB 162 ff., 189, 297 ff., 323, 333, 349, 355, 360, 365 Informationsverantwortlichkeit 160, 163 f., 189 f., 297 Inhaltsfreiheit 69 f., 155 Inhaltskontrolle 36, 55 ff., 68, 70 ff., 80, 115, 126, 140, 154, 157, 165, 312 f., 323, 346 f., 361 ff. Integration in das BGB 16, 18, 38, 50, 57, 63 f., 67, 78 ff., 95 f., 143, 196, 208, 283, 350 ff., 367, 372
Kasuistik 31 f., 83, 115 f., 124, 162, 186, 220 f., 233, 235, 256, 298, 348, 360, 365, 372 Kauf, besondere Arten 144 Kauf auf Probe 144, 311 f. Kaufmann 129, 171, 351 Kausalität der Haustürsituation 295 Klammerdefinition 49, 104 ff., 205, 208 ff. Klauselrichtlinie/KlauselRL 36 – 84, 85 ff., 143, 161, 350 ff., 358 ff. Klauselverbot 39 f., 64 f., 80, 85 f., 121, 126, 140, 362 Kodifikation 15, 22, 24, 43, 79, 91, 95, 143, 351, 354, 372 Konkretisierung 34, 55 f., 59, 83, 115 f., 139, 158, 162 f., 220 f., 232, 298 f., 333, 338, 360
Stichwortverzeichnis Kontrahentenwahlfreiheit 69, 164, 316 Kontrollmaßstab 61, 65, 72, 84, 313, 352, 363 Legaldefinitionen/legaldefiniert 27, 30 f., 47 ff., 81 f., 84, 102 ff., 109, 133, 177, 181, 187 f., 205 ff., 215, 218, 220, 224 f., 235 f., 244, 326 ff., 334 f., 348, 356, 366 Lieferant, Begriff 105, 128, 142, 181 Lieferkette 111, 122, 126, 128 ff., 136 f., 140, 142, 144 ff., 149, 164 f., 171 ff., 181, 184 f., 187, 190, 363, 366, 370 Lieferung von Waren 324 ff., 347 Mantelgesetz 23 ff., 44, 95, 200 Minderung 107 f., 111, 117, 147, 176 Mindestharmonisierung/mindestharmonisierend 17, 19, 37, 77 f., 86 f., 154, 193 f., 209, 272, 302 Missbrauchsgrenze des § 138 BGB 121, 158, 165, 289, 314 Modularer Aufbau 356 Muster 248, 278, 285, 331 Nachbesserung 125, 152 Nacherfüllung 89, 116, 123 f., 141, 147 ff., 178 Nacherfüllungsanspruch 153 f., 175, 189, 309, 364, 369 Nacherfüllungsaufwendungen 124 f. Nachlieferung 90, 108, 149 ff., 189, 364, 370 Nominalklammer 46, 97 ff., 187, 202 f., 222 f., 234, 237, 338, 359 Nominalstil 46, 82, 101, 204, 224, 359 Notariell beurkundete Verträge 268 ff., 344, 364, 369 Numerische Untergliederung 98, 201 ff., 205, 221, 234, 236, 239, 300, 359 Nutzungsersatzanspruch 90, 150 f. Nutzungsersatzpflicht 149 ff., 189, 364, 370 Öffentlich zugängliche Versteigerung 106, 209 f., 366 Öffentliche Versteigerung 106, 209 f. Omnibusgesetz 44 Pacta sunt servanda 303, 310 Paketgesetz 44, 200 Parallelinitiative 93
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Parteidisposition 252, 259, 362, 368 Partielle Nichtigkeitsregelung/-anordnung 132, 142, 180, 188 Partielle Unwirksamkeit 293, 346 Passiv 46, 82, 99, 187, 203, 223, 371 Pauschalreise/Pauschalreiserecht 156 f., 271 f. Pauschalreiserichtlinie/PauschalreiseRL 156, 272, 299 Privatautonomie 69 ff., 79, 84, 135, 154 ff., 189 f., 293 ff., 346, 349, 364 f., 369 f. – formale 69, 293 f. – materiale 70, 160, 164, 275, 293 f., 296, 299 f., 303, 305, 308 ff., 321 Produkthaftung 122 f. Produzentenhaftung 122 f., 170 Quelle-Entscheidung/Urteil 89 f., 149, 151, 364 Ratenlieferungsvertrag 225, 261, 264 ff., 279, 307 Recht zur zweiten Andienung 147 ff., 188 Rechtsfrieden 145, 182, 281 Rechtssicherheit 59, 74, 106, 120, 124, 133, 142, 166, 171 ff., 182 ff., 217 ff., 224 f., 229, 251, 281, 285, 301 f., 322, 334, 337, 348, 361 ff. Rechtsvermutung 29, 54 Rechtszersplitterung 143, 352, 356, 372 Regel-Ausnahme-Technik 119 f., 125, 242 f., 342 Regel-Ausnahme-Verhältnis 57 f. Regelungsdichte 31, 186 Regress s. Unternehmerregress Regressfalle 122, 126, 185 Regresslücke 122 Reisevertrag/Reisevertragsrecht 156 f., 160, 212, 270 ff., 280, 299, 344 f., 355, 364, 369 Relativität der Schuldverhältnisse 164, 190, 316, 323, 347 Richtlinienkonforme Auslegung 73, 106, 315 Richtlinienumsetzung – hinreichend klar und bestimmte/ausdrückliche/explizite 19, 38, 58 f., 120, 124, 244, 251, 292, 368
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Stichwortverzeichnis
– überschießende 17, 19, 197, 239, 243, 252, 270 f., 281, 315, 342 ff., 348, 354, 359, 367 ff. – vorweggenommene/vorgezogene 50, 195, 213, 336, 339 Rückausnahme 242 f., 281, 362 Rückgaberecht 196, 279 Rückgewährpflichten 258 f., 279 Rücksendekosten 227 f., 279, 281 Rücktritt 108, 111, 147, 149 f., 175 f., 189 f., 253 f., 284, 308 ff., 346, 359, 369 Rücktrittsfolgenrecht 150 Rücktrittsgrund 309 Rücktrittsfrist 309 Rücktrittsrecht 174, 176, 224, 235, 253 f., 284, 309, 323, 342 Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB 112 f., 122
Sachmangel 89, 102, 107, 114, 120, 170, 176, 190 Satzkonstruktion/Satzstruktur 45 f., 82, 97 ff., 186 f., 201 ff., 221 ff., 235, 237, 338, 359, 367 Schadensersatz 108, 111, 140, 158 Schadensersatzanspruch 134, 145 ff., 165, 169, 175, 273, 282, 286, 289 f., 292, 297, 309, 365 Schadensersatzpflicht 274, 308 Schuldrechtsmodernisierung/Schuldrechtsreform 16, 36 – 84, 85 – 191, 196, 208, 261, 283, 328, 334, 336, 338, 350, 356, 358, 361, 367, 371. Schuldrechtskommission 87 ff., 91 ff., 97, 179 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 38, 49, 85, 87 ff., 94 ff., 168, 179, 181, 199, 301 Schwebende Unwirksamkeit 254, 305 f., 310 f. Schwebende Wirksamkeit 252 f., 310 Selbständiger Regress 141 Signaturrichtlinie 193 Sondergesetz 15, 18, 22, 78 f., 95 f., 143, 283, 350 ff. Stammgesetz 23 ff., 43 ff., 95 f., 200 f. Stellen von AGB 53 f., 68 ff., 74 ff., 83, 359, 367
Systematik 18, 21, 33 ff., 40, 56 ff., 83, 88 f., 96, 100, 103, 108, 118 ff., 211, 237 ff., 352 f., 355 f., 360, 372 – äußere 18, 33, 57 ff., 82, 118 ff., 187, 237 ff., 360, 362, 367 – innere 18, 33 f., 67 ff., 131 ff., 268 ff., 360, 363, 368 systematische Auslegung 145, 152, 261 Tatsachenvermutung 29, 54, 114 Teilzeit-Wohnrechteverträge 160, 229 f., 263 ff., 307, 331, 334, 338 Teleologische Reduktion 117, 134 f., 141, 148, 151, 188, 290 f., 315 Textform 105 f., 278, 288, 328 ff., 348, 366, 371 Time-Share-Richtlinie 277, 331, 342 Transparenzgebot 38, 53, 55, 56, 58 f., 73 f., 83, 120, 122, 126, 159 ff., 213, 227, 244, 251, 361, 368 Transparenzkontrolle 55 f., 58 f. Treu und Glauben 162, 291 Überschrift – von Gesetzen 17, 43 ff. 95, 200 f. – von Gesetzesabschnitten/Kapiteln 71 f., 83, 206, 211, 246, 254, 267, 363 – von Normen/Paragraphen 59, 62, 66, 118 f., 126, 187, 238, 240, 258 f., 261 f., 265, 267, 343 f., 349, 363 Überweisungsgesetz 15 Überweisungsrichtlinie 15 Umgehungsverbot 74, 115, 120, 125, 131, 140, 180, 191, 204, 223, 243 f., 262, 324, 344, 362, 368 Umsetzungsfrist 37, 42, 93 ff., 196, 199, 358 Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechterichtlinie 90, 105, 197 f., 200 Unabdingbarkeitsklausel/Unabdingbarkeit 125 ff., 135 ff., 158, 164 ff., 173 f., 187 ff., 321, 363 ff. Unangemessene Benachteiligung 52, 54 f., 74 Unbestimmter Rechtsbegriff 31 ff., 55, 115 f., 124, 158, 162 f., 165 f., 172, 217 ff., 232, 298, 300, 314, 365, 370 f. Unselbständiger Rechtssatz 104, 205 ff. Unselbständiger Regress 141
Stichwortverzeichnis Unterlassungsklagengesetz/UKlaG 38, 57, 96 Unternehmer, Begriff 47 ff., 51, 81, 84, 102, 129, 142, 177, 181, 190, 196, 204, 215, 224, 249, 283, 351, 366, 370 Unternehmerischer Rechtsverkehr 65, 126, 137, 140, 165 ff., 171 f., 174, 190, 300, 321 f., 364 f., 370 Unternehmerregress 109, 111, 115 ff., 122 ff., 136 ff., 146 ff., 164 ff., 171 ff., 181 ff., 186 ff., 321, 360 ff. Unverzüglich/Unverzüglichkeit 132 f., 153 f., 175, 189, 218, 299, 308, 330, 368
Verbale Klammer/Verbalklammer 98, 359 Verb-Substantiv-Kombination 46, 82, 100, 203, 223, 234 Verbalsubstantiv 46, 101 Verbot des Sich-Berufens 176, 179, 324 Verbraucher, Begriff 47, 49, 51, 102, 105, 196, 283 Verbraucherdarlehensvertrag 232, 259 ff., 263 ff., 307, 314, 330 Verbraucherkreditgesetz/VerbrKrG 233, 314, 334 Verbraucherkreditrecht 156 f., 160, 229, 259, 263, 297, 331, 334, 338 Verbraucherkreditrichtlinie/VerbrKrRL 233, 260, 314, 331 f, 334, 342, 368 Verbraucherrechterichtlinie/VRRL 16 f., 20, 37, 50 f., 87, 90, 98, 102, 104 ff., 109 f., 114, 118 f, 132 ff, 143, 152 ff., 176 f., 186 ff., 192 – 349, 350, 353, 358 ff., 364 ff. Verbraucherschutz 17, 37, 40, 67 f., 86 f., 102, 106, 127 f., 131 ff., 136, 144, 149 ff., 166 f., 172, 188 f., 192 ff., 226 ff., 269, 275, 281 f., 294, 297, 301, 312, 317 ff., 321, 340, 345 f., 349, 350 ff., 359, 364 f., 370 f. Verbraucherschutzgedanke 275, 290, 293, 317, 322, 349, 351 Verbraucherschutzgesetz 81 Verbraucherschutzgesetzbuch/Verbrauchergesetzbuch 18, 22, 143, 285, 350 ff. Verbraucherschutzinstrument 21, 277, 293, 297 ff., 317 f., 321 ff., 346, 351, 365, 369 Verbraucherschutzkonzept 21, 293, 346 f. Verbraucherschutzmaterien 283, 350
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Verbraucherschutzniveau 209, 275, 278, 315, 345, 348 Verbraucherschutzrecht 21, 51, 67, 102, 143 f., 154 f., 160, 216, 294 ff., 318, 322, 350 ff. Verbrauchervertrag, Begriff 211, 244 f. Verbrauchsgüterkauf, Begriff 102 f., 103 f., 105 f., 114, 118, 177, 187 f., 190 f., 326 f., 347, 366 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie/VGKRL 15, 17, 85 – 191, 209, 326 f., 350, 358 f., 368 ff. Verbundener Vertrag 224, 229 f., 232 f., 260 ff., 264, 266 Verdeckter Fachausdruck 47, 102, 204 Verhältnismäßigkeit der Nacherfüllung 151 f. Verjährung/Verjährungsregelung 102, 111, 120, 126, 131, 137 ff., 142, 144 ff., 147, 171, 174, 181 ff., 188 f., 309, 363 Verjährungsbeginn 144 f., 176 Verjährungserleichterung/-verkürzung 120, 131 f., 138 f., 142, 173 Verjährungsfrist 122, 137 ff., 144 ff., 173, 182 ff. Verjährungsrecht 48, 94, 97, 158, 181 ff. Vermittlungsausschuss 41, 43 Verschlechterungen für den Verbraucher 132, 134, 278 ff., 289 ff., 345, 368 Verschulden 132 f., 153 f., 170, 175 f., 190, 309, 369 Versendungskauf 134 Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, Begriff 210, 211, 366 Vertragserklärung, Begriff 336 ff., 348 Vertragsfreiheit 41, 69 f., 84, 154 ff., 303, 312, 316 f., 369 f. Vertragsgestaltungsfreiheit 67, 69 f., 155, 312, 321, 323, 346 Vertragshändlervertrag 124 f. Vertragswidrigkeit 107, 109 Verweisung 25 ff., 51 f., 55, 74, 82, 105 ff., 115, 119, 129, 144, 150, 186, 207, 210 ff., 223 ff., 235 f., 239 f., 243, 245, 247, 266, 285, 352, 355, 359, 371 – auf das Rücktrittsrecht 224, 235, 253 f. – ausdrückliche 27, 52, 109 ff., 212 ff., 226 ff. – Außenverweisung 28, 51 f., 211 ff., 225 f., 236
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Stichwortverzeichnis
– – – – – – – –
Binnenverweisung 28, 51 dynamische/gleitende 28, 51, 105, 109 echte/konstitutive 26 f., 108, 112 inhaltsbezogene 27, 212 normgenaue 27, 212 Rechtsgrundverweisung 251 statische/starre 28 stillschweigende/schlüssige 27, 51 f., 105 ff., 113, 210 f., 225, 235, 244 – unechte/deklaratorische 26, 111 ff., 191, 361, 368 – Weiterverweisung 28, 110, 230 Verweisungsanalogie 29, 107, 110, 213, 227, 229 f., 235, 359 Verweisungsausspruch 27 f., 212, 222 f., 226 ff., 248, 360 Verweisungsgegenstand 110 Verweisungshäufung 52, 82, 113, 214, 230, 235, 359 Verweisungskette 28, 52, 113, 186, 212, 214 f., 230 f., 235, 237, 359 Verweisungsnorm 25 ff., 51, 107, 112, 226, 228, 230, 333 Verweisungsobjekt 25 ff., 51 f., 107 f., 110 f., 214, 226 ff. Verweisungstechnik 29 f., 52, 54, 82, 108, 110, 186, 210, 224 f., 229 f., 235, 298, 359 Verweisungsumfang 213, 226 Verzug 175 f. Vollharmonisierung 17 ff., 154, 193 f., 209, 239, 270, 278, 280 f., 292 f., 314 f., 329 ff., 334 f., 345, 347, 353, 356, 368, 371 f. Vorformulierte Vertragsbedingungen/Klauseln 45, 71 ff., 75 f., 86, 363 Vorformulierung von AGB 69 ff., 76, 157 – durch Dritte 53 Vorrang der Nacherfüllung s. Recht zur zweiten Andienung Waren, Begriff 326 f., 347 Weiterfressender Mangel 123 Werkvertragsrecht 48 f., 81, 84, 177, 179, 181, 366, 370
Wertersatzanspruch 108, 261, 343 Wertersatzpflicht 227, 236, 258 f. Wertungswiderspruch 34, 144, 149 f., 153 f., 175, 189, 271, 285, 301, 353, 363 ff. Widerruf 17, 104, 174, 192 – 349, 360, 362 f. – Rechtsfolgen 224, 229, 253, 255, 258 ff., 263 ff., 307 ff., 321, 342 f., 363 – Rechtsnatur 253 f. – verbraucherschützender 304 ff., 359 Widerrufsbelehrung 226 f., 232 ff., 257, 274 f., 279 f., 300, 306, 330 f., 343 Widerrufsdurchgriff 229, 232, 260 ff. Widerrufserklärung 255 ff., 278, 281, 340 f., 366 Widerrufsfrist 226 ff., 233 f., 252 ff., 278 ff., 282, 286 f., 299, 303, 306 ff., 343 Widerrufskategorien des BGB 304 f., 310, 346 Widerrufsrecht 90, 192 – 349, 361 ff., 370 f. – endloses 256 f., 279, 281 – Erlöschen 229, 257, 273 ff., 299, 344 f. Wiener UN-Kaufrechtsübereinkommen s. CISG Willenserklärung 216, 252 ff., 304 ff., 312, 317, 320, 336 ff. Zahlungsdienste 160, 333, 338 Zahlungsdiensterichtlinie 333 Zahlungsverzugsrichtlinie 16, 39, 64 f., 83, 87 f., 92, 140, 362, 372 Zugang 215 ff., 254, 328, 333 f. Zurechnung des Handelns Dritter 220, 249 ff. Zurückbehaltungsrecht 279, 281 Zusammenhängender Vertrag 224, 229, 232 f., 262, 264, 266 Zusatzentgelt 240, 282, 313 f., 318 f. Zweifelsregelung 65, 312, 362 Zwingende Wirkung/Geltung 115, 119, 121, 129, 135 f., 155 ff., 165, 167, 190, 216, 242, 244, 262, 318, 321 ff., 346, 365 Zwingendes Recht s. zwingende Wirkung/ Geltung