Der Edelmann am Schreibpult: Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution 9783484550469, 3484550465, 9783110910728

The subject of this study is the understanding of literature displayed by important French and Italian authors from Cast

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German Pages 299 [300] Year 2006

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Table of contents :
Metaphorologie und Symptomatik des Schreibens
I. Bildnisse des Schriftstellers mit abgewandtem Gesicht
1. Ein italienischer Hofmann (Castiglione)
2. Ein französischer Landadliger (Montaigne)
3. Ein Moralist und Autor malgré lui (La Rochefoucauld)
4. Der schreibende Edelmann in der Geschichte (Retz)
II. Der Rückzug in die Sackgasse (Chateaubriand)
1. Drei oder vier Karrieren zwischen zwei Ufern (Nocturne)
2. Ein altes Schwert
3. Die Macht der Feder
4. Der geteilte Vicomte
5. Ein Schilfrohr am Fuße des Throns
6. Der Rückzug in die Sackgasse
III. Die literarische Sendung eines piemontesischen Grafen (Alfieri)
1. Alfieri und Chateaubriand am Scheideweg (ein Doppelporträt)
2. Der Ritter der Poesie (der geglückte Transfer)
3. Letterato attore
4. Das Genie und sein Leser
Finis terrae
Bibliographie
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Der Edelmann am Schreibpult: Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution
 9783484550469, 3484550465, 9783110910728

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mimesis Untersuchungen zu den romanischen Literaturen der Neuzeit Recherches sur les litteratures romanes depuis la Renaissance

Herausgegeben von / Dirigees par Reinhold R. Grimm, Joseph Jurt, Friedrich Wolfzettel

46

Edoardo Costadura

Der Edelmann am Schreibpult Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2006

Gedruckt mit Unterstützung der Kurt-Ringger-Stiftung, Mainz, und der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein

Für Claudia

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 13: 9783-484-55046-9

ISBN 10: 3-484-55046-5

ISSN 0178-7489

© M a x Niemeyer Verlag, Tübingen 2006 Ein Unternehmen der K. G. Saur Verlag G m b H , München http: //www. niemeyer. de D a s Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. D a s gilt insbesondere f ü r Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz: Büro Heimburger, Mössingen Druck: L a u p p & Göbel G m b H , Nehren Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Danksagung

Vielen gebührt mein Dank, allen voran meinem geistigen Vater Reinhold R. Grimm, der mich zu jedem Zeitpunkt und in jeder gebotenen Form unterstützt hat, femer meinem leiblichen Vater Emilio Costadura, der mich wie immer angespornt und mir bei der Suche nach entlegenen Quellen geholfen hat. Nicht von ungefähr ist dieses Buch meiner Frau zugeeignet. Ohne ihren hingebungsvollen Beistand hätte ich es nicht schreiben können. Sehr hilfreich sind mir die Gespräche gewesen, die ich in Paris mit Michel Charles (Ecole Normale Superieure) und Jacques Prevot (Universite Paris X) geführt habe. Meinen Gutachtern Joseph Jurt, Gerhard R. Kaiser und Harald Wentzlaff-Eggebert verdanke ich wertvolle Anregungen und Gedanken. Marina Mariani und Benno Rech haben die folgenden Seiten durchforstet. Eckard Fröb hat mir im Frühjahr 2001 eine eigene Mönchszelle in seiner Weimarer Kanzlei eingerichtet. Ich habe jedoch sehr bald die vertrauten häuslichen Wände vorgezogen, um den Wunschtraum des Rückzugs und der Einsiedelei in Gedanken weiter zu spinnen. Ein wichtiger Anstoß zum Beginn der redaktionellen Arbeit war aber damit unwiderruflich gegeben. Dafür wurde mir der alte Lesesaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zum zweiten Arbeitszimmer. Wer ihn gekannt hat, weiß, daß er weder spektakulär war (wie der Rokokosaal) noch die modernsten Arbeitsmöglichkeiten bot (wie das neue ). Er hatte aber einen eigenen Charme, nicht zuletzt, weil man von seinen Fenstern aus auf den Platz der Demokratie blicken und im Sommer den Gesprächen der Touristen lauschen konnte. Man fühlte sich dort zu Hause, und dazu trug die unbeirrbare und sachkundige Hilfsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek entscheidend bei. Ich müßte noch viele Freunde und bereitwillige Zuhörer nennen, die mich auf fruchtbare Gedanken gebracht haben. Möge sich jeder von ihnen hier wiederfinden, obwohl er nicht namentlich erwähnt ist.

Inhalt

Metaphorologie und Symptomatik des Schreibens I.

1

Bildnisse des Schriftstellers mit abgewandtem Gesicht

15

1. Ein italienischer Hofmann (Castiglione) 2. Ein französischer Landadliger (Montaigne) 3. Ein Moralist und Autor malgre lui (La Rochefoucauld) 4. Der schreibende Edelmann in der Geschichte (Retz)

15 28 60 77

II. Der Rückzug in die Sackgasse (Chateaubriand)

101

1. Drei oder vier Karrieren zwischen zwei Ufern (Nocturne) 2. Ein altes Schwert 3. Die Macht der Feder 4. Der geteilte Vicomte 5. Ein Schilfrohr am Fuße des Throns 6. Der Rückzug in die Sackgasse

101 110 117 129 138 157

III. Die literarische Sendung eines piemontesischen Grafen (Alflen)

187

1. Alflen und Chateaubriand am Scheideweg (ein Doppelporträt) 2. Der Ritter der Poesie (der geglückte Transfer) 3. Letterato attore 4. Das Genie und sein Leser

187 197 213 236

Finis terrae

265

Bibliographie

271

Bientöt on ne distinguera plus un gentilhomme d ' u n savant! (Augustin Caron de Beaumarchais, La Mere coupable,

I, 12)

- Mais qu'est-ce done que Μ. Scarron, qui met ainsi en rumeur tout Paris? demanda Raoul; est-ce quelque ministre disgracie? - Oh! mon Dieu! non, vicomte, repondit Athos, e'est tout bonnement un petit gentilhomme de grand esprit qui sera tombe dans la disgrace du cardinal pour avoir fait quelque quatrain contre lui. - Est-ce que les gentilshommes font des vers? demanda natvement Raoul, j e croyais que e'etait deroger. - Oui, mon eher vicomte, repondit Athos en riant, quand on les fait mauvais; mais quand on les fait bons, cela illustre encore. Voyez M. de Rotrou. Cependant, continua Athos du ton dont on donne un conseil salutaire, je crois qu'il vaut mieux n'en pas faire. (Alexandre Dumas, Vingt ans apres, XXIII) Non so s ' i o m ' i n g a n n o , ma certo mi p a r d i scorgere nella manierasi d i p e n s a re e si di scrivere del Galilei un segno e un effetto del suo esser nobile. Quella franchezza e libertä di pensare, placida, tranquilla, sicura, e non forzata, la stessa non disaggradevole, e nel tempo stesso decorosa sprezzatura del suo stile, scuoprono una certa magnanimitä, una fiducia ed estimazion lodevole di se stesso, una generositä d'animo, non acquisita col t e m p o e la riflessione, ma quasi ingenita, perche avuta sin dal principio della vita, e nata dalla considerazione altrui riscossa fin da' primi anni ed abituata. Io credo che questa tale magnanimitä e di pensare e di scrivere, dico questa tale, e che non sia ne feroce, ne satirica, ο mista dell'uno ο dell'altro, non si troverä facilmente in iscrittori ο uomini non nati nobili ο di buon grado; se egli si guarderä bene. Vi si trovera sempre una differenza. Simili considerazioni si potrebbero fare intorno alia ricchezza che suol dare alio stile un certo splendore, abbondanza, e forse scialacquo. Simili intorno alia potenza, dignitä, fortuna. Simili intorno ai contrarii. Vedi Alfieri Vita sua, capo I. principio. Messala nitidus et Candidus, et quodammodo prae se ferens in dicendo nobilitatem suam. Quintiliano 10. i. (6. 1827. Epifania). Forse Galileo non riuseiva, c o m e fece, il primo riformatore della filosofia e dello spirito umano, ο almeno non cosi libero, se la fortuna non lo facea nascere di famiglia nobile. (Giacomo Leopardi, Zibaldone

di pensieri,

4241)

Metaphorologie und Symptomatik des Schreibens

Gegenstand dieser Arbeit sind die sogenannten gentilshommes ecrivains,] die man auf deutsch wohl als die schreibenden Edelmännen bezeichnen muß (die Tatsache, daß man bei der Wortwahl zögert, wäre an sich schon Anlaß zum Nachdenken). 2 Genauer noch: Gegenstand dieser Arbeit ist das Literaturverständnis der Edelmänner, die zwischen dem Ende der Renaissance und dem Niedergang des Ancien Regime vor allem in Frankreich, aber auch in Italien, schriftstellerisch tätig gewesen sind. Da ich kein Historiker bin, interessiert mich daran nicht so sehr (oder nicht nur) der Standort der Literatur - als einer der vielen aristokratischen loisirs - innerhalb der höfischen und der adligen Gesellschaft. Es interessiert mich vielmehr (umgekehrt) die literarische Umsetzung der adligen Ideologie. Dies wiederum nicht in erster Linie aus soziologischer und keineswegs aus thematischer oder motivgeschichtlicher Perspektive. Mein Anliegen ist es vielmehr, jenes seltsame Verhältnis zu untersuchen, das zwischen einem schreibenden Edelmann und seinem «literarischen» Werk besteht - ein Verhältnis, das auf einer doppelten Negation fußt: Wir haben es nämlich mit Autoren zu tun, die sich nicht als Schriftsteller verstehen, und die das, was sie schreiben nicht für Literatur halten.

1

2

Alain Viala (Naissance de I'ecrivain. Sociologie de la litterature ä l'äge classique, Paris, Editions de Minuit, 1985, p. 33) bezeichnet sie als «les gentilshommes qui pratiquent la litterature en amateurs». Wie ist es um den Anteil des Adels an der deutschen Literatur bestellt? Bei einer auch nur flüchtigen Erhebung stellt man leicht fest, daß die deutsche Literatur der Neuzeit eine bürgerliche ist. Die wenigen Adligen - ob aus dem Schwert- oder aus d e m Amtsadel stammend - können kaum Akzente setzen (zwischen dem 18. und d e m 19. Jahrhundert wären dies: Hagedorn, Ewald von Kleist, Stolberg, Arnim, Chamisso, Eichendorff, Pückler-Muskau, Platen, Droste-Hülshoff). Die großen adligen Schriftsteller-Figuren gehören der Zeit des Mittelalters an (Hartmann von Aue, Oswald von Wolkenstein, etc.). Offenbar g a b es einen Bruch in der literarischen Tradition des deutschen Adels, der womöglich mit der Reformation zusammenfällt. Eine ähnliche Konstellation ist auch in Italien erkennbar; hier hat sie jedoch andere Ursprünge (etwa die stark ausgeprägte k o m m u n a l e Tradition und die früh einsetzende Fremdherrschaft, die auch die einer f r e m d e n Adelsschicht mit sich brachte). Dennoch spielt der italienische Adel eine ungleich wichtigere kulturelle Rolle als dies bei d e m deutschen der Fall ist (man denke nur an den Anteil des mailändischen, venezianischen und neapolitanischen Adels an der italienischen Aufklärung). G a n z anders ist es aus ersichtlichen Gründen um die englische Literatur bestellt. Was diese betrifft, so seien hier nur die N a m e n von Francis Bacon, Shaftesbury, Rochester, Chesterfield, Charlemont, Boswell, Walpole und Byron erwähnt (ich verweise darüber hinaus auf den von Walpole besorgten schreibender Edelmänner englischer Zunge: Horace Walpole: A Catalogue of the Royal and Noble Authors of England, with lists of their works. 2nd edition, corr. and enlarged, London, Dodsley, 1759; A Catalogue of the Royal and Noble Authors of England, Scotland and Ireland; with lists of their works. Enlarged and continued to the present time, by T h o m a s Park, London, Scott, 1806).

1

D i e schreibenden Edelmänner haben sich mir also als die ersten und privilegierten Z e u g e n einer A u f f a s s u n g von Literatur aufgedrängt, die von e i n e m Gestus der Distanzierung, w e n n nicht gar der Abkehr v o n allem literarischen Handwerk ( m e t i e r ) geprägt ist. Eine Haltung, die sich vor a l l e m in Frankreich seit d e m Ende des 16. Jahrhunderts in adligen Kreisen durchgesetzt, die aber - kraft des Prestiges ihrer Träger - allmählich auf die bürgerlichen Schichten übergegriffen hat, bevor sie g e g e n Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland als etikettiert und gebrandmarkt wurde. 3 Hier greife ich vor, tue dies aber nur in der Absicht, den L e s e r o h n e U m s c h w e i f e zu den Ursprüngen dieser Forschungsarbeit zu führen. M e i n Interesse für das h e r m e n e u t i s c h e P r o b l e m der rührt aus den Zeiten meiner B e s c h ä f t i g u n g mit d e m Werk von Karl Philipp Moritz, d e m : «Les fantasies de la musique sont conduictes par art, les miennes par sort» (III, 2, EVS3, 805); 97 oder als «petits brevets descousus comme des feuilles Sybillines» (III, 13, EVS3, 1092); aber auch, entschieden prosaischer, als «marqueterie mal jointe» (III, 9, EVS3,964), als Erzeugnis eines ungehemmten Redeschwalls - «flux de caquet, flux impetueux par fois et nuisible» (III, 5, EVS3, 897) oder gar als «fricassee que je barbouille icy» (III, 13, EVS3, 1079). Wissen und Geschick

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95

%

97

Cf. auch III, 2, EVS3, 806: «Icy, nous allons conformement et tout d'un trein, mon livre et moy. Ailleurs, on peut recommander et accuser l'ouvrage ä part de l'ouvrier; icy, non: qui touche Tun, touche l'autre.» Cf. H. Friedrich, Montaigne, p. 315-316: «Wo aber so sehr alles aufeinander abgestimmt ist, das Denken und Verhalten auf der einen Seite mit dem Schreiben auf der anderen, da kann die Formlässigkeit des Schreibens nicht mehr bloße Nachahmung einer Mode sein und die Versicherung der nicht mehr bloße Wiederholung eines Gemeinplatzes. Mode und Gemeinplatz sind wieder übergeführt in die Notwendigkeit des Organischen» (cf. auch p. 22-23 und 327-330). Cf. 1,48, EVS1, 287: «moy qui n'apprins jamais langue que par routine, et qui ne sgay encore que c'est d'adjectif, conjunctif et d'ablatif». Mit ähnlichem Wortlaut ΙΙΓ, 9, EVS3,965: «Je ne me mesle ny d'ortographe [...] ny de la ponctuation: je suis peu expert en Tun et en l'autre». Cf. auch III, 9, EVS3,994: «Mes fantaisies se suyvent, mais par fois c'est de loing, et se regardent, mais d'une veue oblique».

55

galten einem anderen Vorhaben: der eigenen Lebensführung. Alles möge man vom Autor behaupten, nur nicht er sei ein Schriftsteller (faiseur de livres): Mon art et mon Industrie ont este employez ä me faire valoir moy-mesme; mes estudes, ä m'apprendre ä faire, non pas ä escrire. J'ay mis tous mes efforts ä former ma vie. Voylä mon mestier et mon ouvrage. Je suis moins faiseur de livres que de nulle autre besoigne. [...] [...] Demandez ä un Spartiate s'il aime mieux estre bon rhetoricien que bon soldat; non pas moy, que bon cuisinier, si je n'avois qui m'en servist. Mon Dieu! Madame, que je ha'irois une teile recommandation d' estre habile homme par escrit, et estre un homme de neant et un sot ailleurs. (II, 37, EVS2, 7 8 4 ) 9 8

«Si j'estoy faiseur de livres»: wäre ich ein Schriftsteller... hätte ich aus dem Schreiben meinen Beruf gemacht ... Diese (wie Erich Auerbach befunden hat) wahrlich denkwürdigen Formeln sind meistens im Irrealis: «Si j'estoy faiseur de livres, je feroy un registre commente des morts diverses» (I, 20, VS1, 90); «Si j'eusse voulu parier par science, j'eusse parle plustost: j'eusse escript du temps plus voisin de mes estudes, que j'avois d'esprit et de memoire; et me fusse plus fie ä la vigueur de cet aage lä qu'ä cettuy-icy, si j'en eusse voulu faire mestier d'escrire» (III, 12, EVS3, 1056-1057). Die Essais sind jenes seltsame Buch, das anstelle eines anderen geschrieben worden ist: der eines Denkprozesses, von dem man nicht sicher weiß, ob er gescheitert ist oder zu einem Ergebnis geführt hat." Wollte man dies bildlich darstellen, so müßte man an eine Schutthalde denken. Geblieben ist das Residuum eines Vorgangs, dessen Ergebnis nicht formalisiert werden konnte oder es nicht sein durfte. Wie Karlheinz Stierle anmerkt, muß man davon ausgehen, daß die schönsten Essays ungeschrieben geblieben sind.' 00 Daher vermutlich die der Essais, die wie von einem Vakuum auszugehen scheint. In einem solchen Buch, gebaut , soll man nicht lesen, sondern lernen, wie in den Werken von Tacitus: «Ce n'est pas un livre ä lire, c'est un livre ä estudier et apprendre; [...] c'est une pepiniere de discours ethiques et politiques» (III, 8, EVS3,941); oder wie in Piatons sokratischen Dialogen, die dem Leser den Eindruck vermitteln, von allein die Wahrheit gefunden zu haben. Durch das lebendige Beispiel einer neuartigen, auf sich selbst angewandten Mäeutik, zeigt Montaigne seinen Lesern einen Weg zur Aneignung und Bewahrung der honnetete auf; nicht einen Weg zum Schreiben, sondern einen Weg zum tugendhaften und angemessenen Leben (und Sterben). Nicht zufällig kehren hier, am Ende der Essais, 98

99

'0

56

Cf. dazu J. J. Supple: Arms versus letters, p. 267: «His purpose in attacking the mere is perfectly consonant with this: he is trying to denounce writing divorced from life.» Cf. K. Stierle: «Montaigne und die Bibliothek des honnete homme», p. 85: «Der Essay ist nicht so sehr das Resultat eines Gedankens als vielmehr der Vollzug eines Denkens». So aber bereits H. Friedrich: Montaigne, p. 325: «Der Essay ist das Organ eines Schreibens, das nicht Resultat, sondern Prozeß sein will». K. Stierle: «Montaigne und die Bibliothek des honnete homme», p. 90. Stierle geht hierbei von einem Passus des Essays II, 5 aus, in dem Montaigne einen Kausalzusammenhang herstellt zwischen dem Rhythmus des Reitens und dem «inneren Rhythmus [...] der Gedanken», gleichzeitig bedauert, daß die schönen Gedanken, die ihm dabei kommen, (ähnlich wie Träume) nicht festzuhalten sind: «de ces discours fortuites qui me tombent en fantasie, il ne m'en reste en memoire qu'une vaine image, autant seulement qu'il m'en faut pour me faire ronger et despiter apres leur queste, inutilement» (III, 5, EVS3, 876-877).

d i e s e l b e n Formulierungen wieder, mit d e n e n M o n t a i g n e Sokrates den Vorrang vor A l e x a n d e r zuerkannt hatte: Quand je vois Caesar et Alexandre, au plus espais de sa grande besongne, jouyr si plainement des plaisirs naturels et par consequent necessaires et justes, je ne diets pas que ce soit relascher son ame, je diets que e'est la roidir, sousmetant par vigueur de courage ä l'usage de la vie ordinaire ces violentes occupations et laborieuses pensees. Sages, s'ils eussent creu que e'estoit la leur ordinaire vacation, cette-cy l'extraordinaire. [...] Composer nos meurs est nostre office, non pas composer des livres, et gaigner, non pas des batailles et provinces, mais l'ordre et tranquillite ä nostre conduite. Notre grand et glorieux chef-d'oeuvre e'est vivre ä propos. Toutes autres choses, regner, thesauriser, bastir, n'en sont qu'appendicules et adminicules pour le plus. (Ill, 13, EVS3, 1108) E s ist dies auch, w i e J a m e s Supple treffend beobachtet hat, M o n t a i g n e s letztes Wort z u m Prioritätsstreit arma Castiglione, weder

Bücher

vs. litterae. zu schreiben

M o n t a i g n e s Fazit lautet, ganz anders als bei noch Schlachten

zu

gewinnen.101

D i e s e r A d l i g e , der z w a n z i g Jahre s e i n e s L e b e n s d e m Studium und d e m Schreiben g e w i d m e t , darin seine eigentliche profession

g e f u n d e n hat, sich aber weiterhin zu

denjenigen zählt, die keiner b e s t i m m t e n Tätigkeit n a c h g e h e n - «qui, c o m m e moy, n'ont pas de vacation a s s i g n e e » (III, 5, E V S 3 , 8 9 3 ) : i n w i e w e i t hat er das Bild d e s schreibenden E d e l m a n n s geprägt? I n w i e w e i t dasjenige d e s Schriftstellers tout

court?

Erich Auerbach ist der A u f f a s s u n g , daß M o n t a i g n e der erste Schriftsteller im modernen Sinne d e s Wortes g e w e s e n ist: Sij'etaisfaiseurde livres... beginnt er einen Satz, der auch sonst denkwürdig ist. Dabei war er der erste faiseur de livres im heutigen Sinne: weder Dichter noch Gelehrter, sondern Buchverfasser: Schriftsteller. In einer tieferen Schicht gab es das freilich schon: Verfasser von Volksliteratur, Geschichtenerzähler, aus der Tradition der Märchen, Sagen, Exempla, Fabliaux, mit einer etwas vagen Abgrenzung gegen den Dichter einerseits und den belehrenden Moralisten andererseits: aber soweit es nicht das eine oder das andere wurde, sondern dazwischen blieb, hatte es keinen sozialen Rang und keine geistige Würde. [...] Dieser unabhängige und beruflose Mann schuf also einen neuen Beruf und eine neue soziale Kategorie: den homme de lettres oder ecrivain, den Laien als Schriftsteller. 102 H u g o Friedrich ist in d i e s e m Punkt e t w a s vorsichtiger: « s e i n e Absicht war nicht, einen eigenen, unabhängigen Stand der Schriftsteller zu begründen. Er rechnet sich w o h l zu den ecrivains,

d o c h ohne s o z i o l o g i s c h e n B e i g e s c h m a c k » . 1 0 3 Es ist in der Tat

durchaus m ö g l i c h , daß M o n t a i g n e der erste Schriftsteller der N e u z e i t g e w e s e n ist. D e n n o c h kann man ausschließen, daß er sich d e s s e n bewußt g e w e s e n ist, w i e man

101

Cf. J. J. Supple: Arms versus letters, p. 256: «What he does not approve of [...] are those who become so infatuated with otherwise laudable activities that they forget that their most essential task is to live well and happily. It is in order to highlight this idea that he puts the spotlight on the two secular ideals which enjoyed the most prestige among his contemporaries and [...] uses parallelism, antithesis, and chiasmus to accentuate the universal significance of the ideal which he has made his own». Anders K. Stierle («Montaigne und die Bibliothek des honnete homme», p. 85): «Montaigne [...] greift auf Castigliones Ideal der Vereinigung von arme e lettere zurück und gibt ihm in seinem eigenen Begriff der honnetete eine ganz neue Richtung». 102 E. Auerbach: «Der Schriftsteller Montaigne», p. 24. Ugo Dotti (Storia degli intellettuali in Italia. I: Idee, mentalitä e conflitti da Dante alla crisi dell'umanesimo, Roma: Editori Riuniti, 1997, p. 278) sieht in Montaigne etwas voreilig den ersten Repräsentanten des «letterato grande borghese». "" H. Friedrich: Montaigne, p. 306. 57

auch ausschließen kann, daß er sich zum Berufstand der Schriftsteller (faiseurs de livres) gezählt hat. Friedrich fügt hinzu: «Gewiß war er in Frankreich der erste schreibende Laie, der mit Entschiedenheit nicht mehr als Theologe, als Jurist, als Philologe auftreten wollte, und gewiß hat er damit die nicht-fachliche weltmännische Literatur des honnete komme eingeleitet. Aber mit den gesellschaftlichen Tendenzen späterer Erscheinungen dieser Art hat das nichts zu tun». Hier ist es an mir, Bedenken anzumelden: hat Montaignes Literaturverständnis wirklich nichts zu tun mit der späteren Entwicklung der «nicht-fachlichen Literatur des honnete homme»? Ist sein tatsächlich folgenlos geblieben? Mir scheint im Gegenteil, daß Montaigne gerade in der Geschichte der , aristokratischen Literatur, eine übermächtige Wirkung ausgeübt hat. Die Essais haben den ungekünstelten Gesprächston - den sermo, den Castiglione und Guazzo im wahrsten Sinne des Wortes hoffähig gemacht hatten - als stilistische Dimension des schreibenden Edelmanns ein für alle Mal kodifiziert. Der erste französische Edelmann nach ihm, der es wagen wird, einen anderen Ton anzuschlagen, ist Chateaubriand. Außerdem werden einige der folgenreichsten Widersprüche des Cortegiano - und der höfischen Ideologie - durch die Essais gefestigt und amplifiziert. Zum einen entsteht das, was ich gerne das (oder das ) nennen möchte: Wie bereits im Cortegiano - aber dadurch verstärkt, daß Montaigne im Gegensatz zu Castiglione sein Zielpublikum selten ausdrücklich benennt und überdies seine erzieherischen Absichten verdeckt - , entsteht der trügerische Eindruck eines weltmännischen Anspruchs, 104 mithin einer soziologischen Durchlässigkeit der Gesellschaft der honnetes gens. Die Figur, in der dieser Widerspruch sich exemplarisch offenbart, ist Sokrates. Zum anderen wird die des aus purem loisir der Literatur frönenden, mithin von den Mechanismen des Buchmarktes und des Literaturbetriebs abgekoppelt schreibenden Edelmanns mit dem Erfolg Montaignes geradezu institutionalisiert. Weiterhin, und damit eng verknüpft, markieren die Essais den Anbruch und die Institutionalisierung einer Form von Literatur, die sich zwar der Mittel des modernen Buchmarktes bedient, um die Leserschaft zu erreichen, im gleichen Zuge jedoch einen fiktiv privaten, halb-privaten oder halb-öffentlichen Raum für sich in Anspruch nimmt. Das Neuartige bei Montaigne ist in meinen Augen der hohe Grad an ästhetischem Bewußtsein mit dem er die seiner schriftstellerischen Tätigkeit absteckt und reflektiert. Im Cortegiano war das Schreiben nur eines unter den vielen oder (um mit Montaigne zu sprechen) eine der vielen occupations particulieres des Hofmanns; nur auf einer kunstvoll verschleierten hatte Castiglione einige versteckte Hinweise auf sein eigenes Literaturverständnis eingestreut. Die Schriftstellerei, so wie sie von einem Hofmann praktiziert werden konnte, hatte (innerhalb des höfischen Alltags) keinen klar definierten, klar umgrenzten Raum oder . Montaigne hingegen zieht eine klare Linie zwischen

104

58

Cf. H. Friedrich: Montaigne, p. 17.

seiner politischen (amtlichen und zeitweilig auch höfischen) Tätigkeit und der Literatur: dies nicht, weil er sich des Umstands bewußt gewesen wäre, aus dem Schreiben einen Beruf gemacht zu haben, sondern weil die Literatur für ihn aufgehört hatte, eine bloße Zierde zu sein. Das Schreiben ist für Montaigne noch eng verknüpft mit den anderen commerces des Landadligen, es ist aber nunmehr etwas Wesentliches und Unverwechselbares geworden: eine Tätigkeit, in die er sein ganzes Wesen investiert - «jamais aucun ne penetra en sa matiere plus avant, ny en esplucha plus particulierement les membres et suites» (III, 2, EVS3, 805) - , ohne daß er ihr den Status einer profession ä tous les effets eingestehen könnte.'05 Montaigne nimmt, wie bereits Castiglione, eine Trennung vor. Es gibt einerseits die Pedanten, die für Geld schreiben, andererseits die wenigen, die die Musen nicht feilbieten, sondern um der Sache (des Schönen, der Wahrheit) willen schreiben. Sie sind, wie Piaton sagt, von einem göttlichen Wahnsinn (einem Daimon) beseelt: J ' a y m e l'alleure poetique, ä sauts et gambades. C ' e s t une art, come diet Piaton, legere, volage, demoniacle. [...] II faut avoir un peu de folie qui ne veut avoir plus de sottise, disent et les preeeptes de nos maistres et encores plus leurs exemples. Mille poetes trainent et languissent ä la prosai'que; mais la meilleure prose ancienne (et je la seme ceans indifferemment pour vers) reluit par tout de la vigueur et hardiesse poetique, et represente l'air de sa fureur. Le poete, diet Piaton, assis sur le trepied des Muses, verse de furie tout ce qui luy vient en la bouche, c o m m e la gargouille d ' u n e fontaine, sans la ruminer et poiser, et luy eschappe des choses de diverse couleur, de contraire substance et d ' u n cours rompu. Luy mesmes est tout poetique, et la vieille theologie poesie, disent les sgavants, et la premiere philosophie. C ' e s t Toriginel langage des Dieux. (III, 9, EVS3, 9 9 4 - 9 9 5 ) 1 0 6

Diese gängige Metapher der poetischen Inspiration ist für Montaigne (noch) nicht ein bloßer Topos: sie fußt (wie Michael Screech gezeigt hat) auf einer präzisen Vorstellung der melancholischen Seele des Schöpfers.107 Das Überraschende ist freilich dabei, daß für Montaigne ein Essayist oder Moralist (zwei Wörter, die er nicht kannte, die er aber in der Sache entscheidend geprägt hat) genauso beschaffen ist wie ein Dichter108 (wie etwa Tasso): «La sagesse a ses exces, et n'a pas moins besoin de

105

Fausta Garavini («Sulla scrittura degli », in: Montaigne, Saggi, II, p. 1527) hat vollk o m m e n zu Recht die Frage nach den Grenzen des Hedonismus Montaignes («il limite d e l l ' e d o n i s m o di Montaigne») bzw. den Grenzen seines gestellt. Sie unterstreicht unter anderem (p. 1528) die minutiöse Arbeit an den verschiedenen Ausgaben der Essais, die Genauigkeit der typographischen Angaben und der Korrekturen auf den Druckfahnen. Mit ähnlichen Fragen wird man erst recht konfrontiert, wenn man sich mit den Montaignes beschäftigt, das heißt mit den großen adligen Schriftstellern des französischen 17. Jahrhunderts, wie Guilleragues, La Rochefoucauld oder M m e de Lafayette. Hinsichtlich des lancement der Princesse de Cleves schreibt Benedetta Craveri (La civiltä della conversazione, p. 276): «il minuzioso lavoro di revisione cui sottoponeva i suoi scritti e il desiderio di imporli all'attenzione del pubblico ci obbligano a riflettere sul professionismo dei dilettanti».

m

Montaigne beruft sich hier auf Piatons Nomoi, 719 b; cf. dazu H. Friedrich: Montaigne, p. 316-317. Michael Andrew Screech: Montaigne and Melancholy. The Wisdom of the «Essays», London, Duckworth, 1983; with a new Foreword by Marc Fumaroli [«A Spirituality for Gentlemen»], Hardmondsworth, Penguin, 2 1991. Cf. dazu Μ. Fumaroli: «Les Essais de Montaigne: l'eloquence du for interieur», p. 140: «il ne fait aucun doute que l'auteur des Essais se range lui-meme parmi les poetes inspires».

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moderation que la folie» (III, 5, EVS3, 841). Die Metapher des furor poeticus gerät somit zu einer Metapher der ästhetischen Autonomie und der Originalität. Montaigne kennt freilich weder das Wort noch das Wort . Er spricht von und nennt sich einen und meint damit einen Schriftsteller, der sich sogar bei seinen Plagiaten («larrecins») die «Ehre der Erfindung» («l'honneur de l'invention») zu bewahren weiß: «Nous autres naturalistes estimons qu'il y aie grande et incomparable preferance de l'honneur de l'invention ä l'honneur de l'allegation» (III, 12, EVS3, 1056). Unter den Hinterlassenschaften Montaignes gehört diese zu den weniger offenkundigen, von Lesern und Forschern weniger beachteten. Es empfiehlt sich, sie im Gedächtnis zu bewahren. Die Verankerungen einer Genieästhetik (freilich in ihren Rudimenten) in einer ständisch geprägten, aristokratischen Literaturauffassung gehört zu den überraschenden Erträgen einer Untersuchung der Figur des schreibenden Edelmanns im Ancien Regime. Auch ist es einer der dieser Arbeit. Bevor wir ihn verlassen, vergegenwärtigen wir uns das (literarische) Bild des Seigneur de Montaigne: ein kahlköpfiger, stolzer Edelmann, ein Ritter (die Insignien des Ordre de Saint-Michel sind sichtbar auf seiner Brust), der die lettres zu seiner vornehmsten Beschäftigung gemacht und sie nicht in den Akademien, sondern in seinem Turm ausgeübt hat, nicht aus Profitstreben oder Ruhmsucht, sondern um sich zu formen und zu reformieren. Dabei, ohne es recht zu wollen, hat er ein Buch geschrieben, in dem Kunst und Natur miteinander vermengt und versöhnt sind (wie bei Plutarch); ein Buch, in dem man nicht lesen, sondern aus dem man lernen muß (wie die Historiae von Tacitus). Da es die «private Form» seines Autors hat, hat dieses Buch ihn geformt; es hat aber auch die eigentliche, intimste profession und Natur des Seigneur de Montaigne - und - in den Kreis der Öffentlichkeit zurückgeführt, mithin in die Sphäre der Kunst: der Kunst des geselligen Umgangs (commerce) und letztlich auch des Schreibens. Dieses Buch, geschrieben von einem Zurückgezogenen und nicht etwa von einem (die es damals noch nicht gab), dieses Buch, entstanden fernab von der , von Paris, dennoch für Paris, für die Welt bestimmt, wurde zum breviaire des honnites gens. Dieser Mann, der schreiben wollte wie Tacitus und Plutarch, der reden und leben wollte wie Sokrates, ist der erste honnete komme und der erste schreibende Edelmann der französischen, wahrscheinlich der europäischen Literatur. 3. Ein Moralist und Autor malgre lui (La Rochefoucauld) Wenn Montaigne seiner Zeit ein so adäquates Modell von literarisch tätiger gentilhommerie liefern, seiner Epoche gleichzeitig so sehr voraus sein konnte - derart, daß sein Beispiel bis zum Ende des Ancien Regime und weit darüber hinaus wirksam blieb so liegt dies vermutlich auch daran, daß er nicht dem Hochadel, sondern dem Landadel und dazu noch einer erst kürzlich geadelten Familie angehörte. Der Gegensatz von arma und litterae konnte bei ihm nicht so virulent werden wie bei einem Monluc oder Brantöme; die ständischen Zwänge vermochten seinen Hang

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zur öffentlichen Selbstanalyse kaum zu zügeln; seine geographische Randlage> und sein früher (obschon nicht endgültiger) Verzicht auf öffentliche Ämter bewirkten zudem, daß der Rückzug von der und die Feme vom Hof zu konstitutiven Vorbedingungen seines Entschlusses zugunsten der profession der lettres wurden. Die Essais zeichnen mithin einen Weg vor, den viele französische Edelmänner im Zuge der gewaltsamen Umbrüche des 17. Jahrhunderts beschreiten werden: einen Weg am Rande oder abseits des Hofes, wenn nicht gar in offener Konfrontation mit der Krone; einen Weg, der über die privilegierten Orte der aristokratischen Geselligkeit (ruelles, salons) zu den lettres führt und zur allmählichen Annahme der lange verschmähten profession des Schriftstellers seitens des alten Adels. 109 Innerhalb der Schar der Montaignes gebührt F r a n c i s VI Due de La Rochefoucauld" 0 ohne Zweifel eine herausragende Stellung, und dies nicht nur kraft seiner ebenso herausragenden literarischen Begabung. Im Gegensatz zu Montaigne trug er einen der ältesten Namen des französischen Schwert- bzw. Hochadels. Nicht in Verteuil, dem Stammsitz der Familie - nahe Ruffec (Angoumois) gelegen" 1 - , sondern in Paris zur Welt gekommen, früh in die armes und am Hofe eingeführt, gehörte er während der ersten Jahre der Regence von Anne d'Autriche zum engsten Kreis der Vertrauten der Königin. Während der langen campagnes der Fronde stellte er mehrmals (was auch seine ärgsten Feinde, wie Retz, anerkannten) seine militärischen Tugenden unter Beweis. Gerade die Fronde markiert einen Wendepunkt im Leben von La Rochefoucauld, was natürlich in erster Linie seiner Zugehörigkeit zur der Conde anzulasten ist, darüber hinaus jedoch eine im französischen Hochadel, mithin in der französischen Gesellschaft der Zeit markante Entwicklung spiegelt. Am Ausgang des vierjährigen Bürgerkriegs (1648-1652) wurde die durch Richelieu eingeleitete Umstrukturierung der französischen Monarchie und der französischen Führungsschicht dramatisch beschleunigt. Manche Tendenzen, wie vor allem der sich unter Mazarin abzeichnende Bedeutungsverlust des Hochadels, sind freilich oft überzeichnet worden," 2 wie nicht zuletzt die Debatte über den Begriff von honnetete belegt. Es steht jedoch außer Zweifel, daß das Scheitern der Fronde das Ende der feudalen Ideologie des Helden> markiert und die Hinwendung des Adels zu den Idealen und Praktiken des aufgeklärten loisir (später auch der jansenistischen Frömmigkeit) stark befördert

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Cf. E. Bury: Litterature et politesse, p. 47. Bury erwähnt in diesem Z u s a m m e n h a n g die Traktate von Chappuis (einem der französischen Übersetzer des Cortegiano) und von Dampmartin, die bereits Ende des 16. Jahrhunderts ( 1 5 8 4 , 1 5 9 2 ) vor den Gefahren und Tücken des höfischen Lebens warnten. Ich zitiere nach der hier bereits angegebenen Ausgabe der Werke La Rochefoucaulds: CEuvres completes, 1964 (von nun an OCP). Die Memoires, die Reflexions ou sentences et maximes morales (zitiert nach der Fassung von 1678) sowie die Correspondance werden durchgängig jeweils mit M, R S M und C gekennzeichnet. Band- bzw. Buch-, Kapitel- und Seitenangaben (sowie andere Gliederungen) wie in den vorangegangenen Kapiteln dieser Arbeit. Insofern ist La Rochefoucauld fast ein Landsmann Montaignes stricto sensu. Eine ausgewogenere Sicht der Dinge liefert meiner Ansicht nach J. Dewald: The European nobility. Laut Davis Bitton (The French Nobility in Crisis, 1560-1640, Stanford, Stanford University Press, 1969) liegt die einschneidende Krise des Adels deutlich vor der Fronde, in der Zeit zwischen den Religionskriegen und dem Tod Richelieus.

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hat." 3 Nicht zufällig beginnen die Memoires La Rochefoucaulds unter dem Vorzeichen einer erzwungenen, aber durchaus willkommenen oisivete: J'ai passe les dernieres annees du ministere du cardinal Mazarin dans l'oisivete que laisse d'ordinaire la disgrace: pendant ce temps, j'ai ecrit ce que j'ai vu des troubles de la Regence. Bien que ma fortune soit changee, j e ne jouis pas d'un moindre loisir: j'ai voulu l'employer ä ecrire des evenements plus eloignes oü le hasard m'a souvent donne quelque part. (Μ, I, 39)

Die Zeitläufe zwingen den Herzog zu dem Schritt, den Montaigne aus freien Stücken getan hatte. Die Wirren der Fronde und vor allem das Schauspiel der höfischen Intrigen während dieser stürmischen Jahre haben ihn zudem über die Wirklichkeit des Hofes aufgeklärt. Ende Januar 1651 wechseln die Frondeurs um Retz zum wiederholten Male die Front und laufen zur Partei der Fürsten über, was wiederum eine erneute Kehrtwendung Mazarins und fieberhafte Verhandlungen am Hofe, schließlich die Flucht Mazarins und die Befreiung der Fürsten (Conde, Conti, Longueville) aus der Haft in Le Havre zur Folge hat; La Rochefoucaulds Kommentar lautet: «Enfin la cour, dans aucune rencontre, n'a jamais mieux paru ce qu'elle est» (M, III, 127). In der Tat: Was ist der Hof? Ein Ort, an dem die wenigsten nach den ritterlichen Prinzipien der Loyalität und der Ehre handeln: eher ein Hort der mal-honnetete als einer der honnetete. Aus den Berichten der ersten Jahre des Lebens am Hofe, ließen sich ähnliche Schlüsse ziehen. La Rochefoucauld muß sich eingestehen, daß seine Dienste - die in vielem an die Abenteuer der drei Musketiere erinnern" 4 - mit leeren Versprechungen quittiert werden; er muß zusehen, wie die Königin intriganten Höflingen jene Privilegien zuerkennt, die ihm zugestanden hätten.115 So finden sich Beispiele von ritterlichem Betragen und honnetete eher auf Seite der Frondeurs. Geradezu exemplarisch ist das Verhalten des Grafen de Marchin, Gouverneur von Bellegarde und Vize-König von Katalonien, der sich Ende 1651 mit über tausend Mann aus der den Truppen Condes anschloß und von der Krone als Verräter gebrandmarkt wurde. Als jemand, der der Conde stand und Monsieur le Prince seine Ämter verdankte, hatte er aber im Einklang mit den Regeln der (feudalen) , mithin als honnete homme gehandelt - was La Rochefoucauld, der sich über all diese Jahre hinweg loyal zu Conde verhielt (und dabei die Verwüstung seiner Ländereien und die Schleifung seines Schlosses zu Verteuil im Sommer 1651 in Kauf nahm), dem Leser dezent aber unmißverständlich zu verstehen gibt:

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Cf. dazu Paul Benichou: Morales du grand siecle, Paris, Gallimard, 1948, «La demolition du heros», p. 1 2 8 - 1 4 8 [ed. Folio,1988]; Chantal Morlet-Chantalat: La Clelie de Mile de Scudery, Paris, Champion, 1994, p. 11; E. Bury: Litterature et politesse, p. 98. Wie Athos und D'Artagnan steht La Rochefoucauld Anne d'Autriche gegen die Machenschaften Richelieus zur Seite, zumal in der berühmten Affäre um Buckingham; wie Aramis und später Athos ist er mit Mme de Chevreuse liiert und erfüllt riskante Kurierdienste zwischen ihr und der Königin, zwischen Paris und Tours, wohin Mme de Chevreuse verbannt worden war (Μ, 1,50 und passim). Die Herausgeber der (Euvres completes (OCP, 773) weisen ebenfalls auf die Ähnlichkeiten mancher Begebenheiten des Lebens La Rochefoucaulds mit den Abenteuern der Drei Musketiere hin. Wie Saint-Simon ist auch der große Moralist sehr erpicht auf die Wahrung der preseances und hat über Jahre hinweg umsonst um einen tabouret für seine Frau gekämpft. Seine Enttäuschung ist deutlich spürbar (cf. Μ, II, 7 0 sqq. sowie 81).

Ainsi Ton peut dire que Taction du comte de Marchin a deux faces bien differentes: ceux qui le regarderont comme abandonnant une province que le Roi lui avait confiee le trouveront infidele; ceux qui feront reflexion sur les pressantes et presque indispensables obligations qu'il avait ä Monsieur le Prince le trouveront un honnete homme. Peu de gens de bon sens oseront dire qu'il est coupable, et peu aussi oseront le declarer innocent; ceux enfin qui lui sont contraires et ceux qui lui sont favorables s'accorderont ä le plaindre de s'etre vu reduit ä la necessite inevitable de manquer ä Tun ou ä l'autre de ses devoirs. (Μ, V, 167)

Wie geht nun La Rochefoucauld mit seiner oisivete, wie geht er mit dem Erbe Montaignes um? Als erstes fällt auf, daß die Offenheit der Essais - der Hang ihres Autors zur confession - im schmalen Werk des Herzogs entschieden zurückgenommen wird. Dies hat in erster Linie mit dem ausgeprägten Standesbewußtsein La Rochefoucaulds zu tun, wie auch mit seiner Zugehörigkeit zum Hochadel und zur . An seinen Memoires, wie auch an anderen Memoires der Zeit (jene von Campion, von Bussy-Rabutin, von Retz oder der Grande Mademoiselle) läßt sich ermessen, wie weit Montaigne in der Bloßstellung seiner Intimität gegangen war. Nicht einmal Mme de Sevigne in ihren Briefen, und auch nicht der heimlich schreibende Herzog von Saint-Simon wagen es, einen solchen Ton anzuschlagen. In dieser Hinsicht ist der unmittelbare Nachfolger Montaignes in der Tat der Plebejer Rousseau. So wird der Leser bei La Rochefoucauld wiederholt darüber in Kenntnis gesetzt, daß er nur einen Ausschnitt der Geschichte der Fronde zu sehen bekommt, den Ausschnitt nämlich, den der Autor selbst gesehen hat: «comme je ne pretends pas ecrire l'histoire, ni parier de moi que dans ce qui a du rapport aux personnes avec qui j'ai ete lie d'interet et d'amitie, je ne toucherai que les choses ou j'ai ete mele» (Μ, 1,47); oder: «Comme je ne pretends pas ecrire particulierement tout ce que s'est passe dans un temps si agite, je me contenterai seulement de rapporter ce qui me regarde, ou au moins ce dont j'ai ete temoin» (Μ, II, 66); und schließlich: «Je ne parlerai qu'en passant des sujets qui ont cause tant de desordres [...] sans entrer dans le particulier de beaucoup de choses qui ne se peuvent ecrire» (Μ, VI, 181).116 Solche Bekundungen sind bei La Rochefoucauld nicht nur Ausdruck einer für die memoires aristocratiques typischen ;117 sie sind darüber hinaus im System des Moralisten tief verankert. Wenn es stimmt - und es gibt wenig Anlaß, daran zu zweifeln daß die Maximen entgegen dem heutigen Wortverständnis keine Regeln fixieren, keine verfolgen wollten," 8 so gibt es doch einige wenige Grundsätze, an denen La Rochefoucauld festhält und an denen ein honnete homme seiner Meinung nach festhalten muß. So gilt für das Reden ein

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Nicht zufällig werden die letzten Episoden der Fronde, die sich nach der berühmten (2. Juli 1652) zutragen, ausdrücklich nicht erzählt, und dies, weil La Rochefoucauld förmlich der Sicht beraubt worden war; während der Schlacht hatte ihn ein Arkebusenschuß am Gesicht schwer verletzt (was ihn nicht davon abhielt, einen feindlichen Reiter zu entwaffnen und anschließend bis zum Hotel de Liancourt zu reiten): «Ma blessure, qui fut grande et dangereuse, m'öta le moyen de voir par moi-meme ce qui se passa dans le reste de cette guerre, dont les evenements furent peu dignes d'etres ecrits» (Μ, II, 89). Auf das Spannungsverhältnis von memoire und Geschichtsschreibung wird noch zurückzukommen sein. Siehe infra, I, 4. Cf. Jean Lafond (ed.): Moralistes du XVII' siecle. De Pibrac ä Dufresny, Paris, Laffont (Bouquins), 1992, «Preface», p. X. Die Maximes La Rouchefoucaulds unterscheiden sich hierin deutlich von Graciäns Oräculo manual.

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kompromißloser Attizismus - Maxime 250: «La veritable eloquence consiste ä dire tout ce qu'il faut, et ä ne dire que ce qu'il faut» (RSM, 437) - ; für das Reden von persönlichen Dingen aber gilt eine an (jansenistische) Kasteiung grenzende Abscheu vor der Eigenliebe (amour propre), frei nach der Devise (Maxime 364): «On sait assez qu'il ne faut guere parier de sa femme, mais on ne sait pas assez qu'on devrait encore moins parier de soi» (RSM, 451). In der Konversation, die der honnete komme auf keinen Fall dazu mißbrauchen darf, sich in Szene zu setzen und selbst zu loben (im Gegenteil: er muß alles daran setzen, seine Gesprächspartner an seiner Statt brillieren zu lassen), gilt, leicht abgewandelt, derselbe Lehrsatz: «II faut eviter de parier longtemps de soi-meme, et de se donner souvent pour exemple» (OCP, 509).119 Der honnete komme ist nicht nur ein Meister der , unaufdringlichen, nicht-autoritären Gesprächsführung - «On ne doit jamais parier avec des airs d'autorite» (OCP, 510) - sondern auch ein Meister des Schweigens (und des Verschweigens). In der Tat, «s'il y a beaucoup d'art ä parier, il n'y en a pas moins ä se taire» (OCP, 510). La Rochefoucauld gibt in diesem Zusammenhang eine Kostprobe seiner analytischen und klassifizierenden Virtuosität: II y a un silence eloquent: il sert quelquefois ä approuver et ä condamner; il y a un silence moqueur; il y a un silence respectueux; il y a enfin des airs, des tons et des manieres qui font souvent ce qu'il y a d'agreable ou de desagreable, de delicat ou de choquant dans la conversation; le secret de s'en bien servir est donne ä peu de personnes; ceux memes qui en font des regies s'y meprennent quelquefois; la plus sure, ä mon avis, c'est de n'en point avoir qu'on ne puisse changer, de laisser plutöt voir des negligences dans ce qu'on dit que de l'affectation, d'ecouter, de ne parier guere, et de ne se forcer jamais ä parier. (OCP, 510)

Die sicherste Regel im Gespräch lautet: lieber wohlkalkulierte Nachlässigkeit {negligence)™ als Affektiertheit zeigen, zuhören, nichts sagen, sich nicht zwingen, etwas sagen zu wollen. Dieser La Rochefoucaulds markiert den Triumph der sprezzatura - den Sieg der Kunst über die Natur, oder besser gesagt, den Sieg der Kunst sowohl über die Natur als auch über die zu bloßem Formalismus verkommene Kunst der compiacenza (l'art deplaire ä la court).121 Der honnete komme La Rochefoucaulds ist nicht der perfekte Hofmann, der in alle von ihm geforderten Rollen zu

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F. de La Rochefoucauld: «De la conversation» (Reflexions diverses [4]), erstmals erschienen 1731 in einem Recueil de pieces d'histoire et de litterature, herausgegeben von Granet und Desmolets (cf. dazu OCP, 501). Dieser Leitsatz erinnert nicht nur an den Cortegiano («umano, modesto e ritenuto, fuggendo sopra tutto la ostentazione e lo imprudente laudar se stesso» [LC, I, 17,46]), sondern auch an den Galateo (1558) - ein Buch, das mir für das Verständnis von La Rochefoucauld von zentraler Bedeutung zu sein scheint (siehe dazu infra)] cf. Giovanni Deila Casa: Galateo, XIII, p. 32: «ne vantare ci debbiamo de' nostri beni ne farcene beffe, che l'uno e rimproverare agli altri i loro difetti, e l'altro schemire le loro virtü; ma di se ciascuno, quanto puö, tacere, o, se la oportunitä ci sforza a pur dir di noi alcuna cosa, piacevol costume e di dirne il vero rimessamente». Ein Eintrag aus den Segraisiana (1721) suggeriert außerdem eine frappierende Ähnlichkeit zwischen dem hier porträtierten ideellen honnete homme und dem Moralisten selbst: «Monsieur de La Rochefoucauld etait l'homme du monde le plus poli, qui savait garder toutes les bienseances, et surtout qui ne se louait jamais» (OCP, 731). Wörtliche Übersetzung des lateinischen neglegentia bzw. neglegentia diligens. Cf. Nicolas Faret: L'honneste homme ou L'Art de plaire ä la court, 1630 (in: Maurice Magendie, La Politesse mondaine et les theories de l'honnetete en France, au XVII' siecle, de 1600 ä 1660, Paris, Presses Universitaires de France, 1925).

schlüpfen in der Lage sein muß, sondern der perfekte homme du monde, der seine Rolle so verinnerlicht hat, daß sie zu seiner eigentlichen Natur geworden ist. Auch könnte man meinen, daß er inmitten lauter maskierter Menschen als einziger mit unverstelltem Gesicht herumläuft. 122 Castigliones cortegiano bot keine vergleichbar glatte Fassade. Er hatte einen Hauptberuf, und wenn er sich in einem anderen aus Zeitvertreib oder Vergnügen versuchte, konnte man an seiner wohlkalkulierten Unprofessionalität ablesen, daß er gerade in ein anderes geschlüpft war, ohne seine Inszenierung zu verändern. Die wohl am meisten zitierte Maxime (203) La Rochefoucaulds jedoch lautet: «Le vrai honnete homme est celui qui ne se pique de rien» (RSM, 430). Der cortegiano - so möchte man hinzufügen - «se piquait encore de quelque chose», er bildete sich noch etwas auf einige seiner Fertigkeiten ein: auf sein Können in der Handhabung der Waffen und auf sein Talent, manch andere oder vollkommen zu beherrschen und dabei doch die nötige Ungeschicklichkeit durchschimmern zu lassen, die in gewissem Sinne seine verrät. Davon ist in den Maximen nichts mehr zu spüren. Man hat es - so könnte man meinen - mit einer internalisierten und gleichzeitig generalisierten sprezzatura zu tun. Die Gründe sind mit Sicherheit - wie bereits mehrfach von der Forschung belegt - im jansenistisch geprägten Pessimismus La Rochefoucaulds zu suchen: 123 diese Debatte zu erörtern ist hier nicht der Raum. Soviel nur: Die bereits angesprochene Krise (Benichou spricht von einer ) des Helden, die mit der Zerschlagung der Fronde einsetzt, weitet sich bei dem großen Moralisten zu einer anthropologischen Krise aus, oder anders gesagt, sie findet ihren Niederschlag in einer tiefen Skepsis gegenüber der Aufrichtigkeit, Authentizität, Ehrlichkeit, Tugendhaftigkeit und Tugendfähigkeit des Menschen. 124 Es sind nicht nur die Tugenden, es sind sämtliche Äußerungen des Menschen, die unter die Lupe genommen und als Formen von Heuchelei, Verstellung und Eigennutz (interet) demaskiert werden. So auch der Drang, sich mitzuteilen, die Ehrlichkeit (Maxime 383): «L'envie de parier de nous, et de faire

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Auf dem Titelblatt der ersten autorisierten Ausgabe der Maximes war ein kleiner Engel abgebildet, der Seneca die Maske des gleichmütigen stoischen Weisen vom Gesicht reißt und dessen wahre traurige Miene bloßlegt. Freilich ist die Evolution des Konzepts von honnete homme zwischen Faret und La Rochefoucauld nicht linear verlaufen. Bury (Litterature et politesse, p. 131 sqq.), der die honnetete nach 1650 regelrecht in Frage gestellt sieht, reiht La Rochefoucauld unter die Kritiker der honnetete ein (die Jansenisten, die Cartesianer, die Modernes). gibt aber gleichzeitig zu, daß der Moralist sehr wohl ein Ideal von honnete homme vertrat. Ohne die von Bury in diesem Zusammenhang privilegierte Fragestellung außer Acht lassen zu wollen (nämlich die Frage der Definition einer neuen paideia) bin ich der Ansicht, daß bei La Rochefoucauld nicht so sehr eine Dekonstruktion, als vielmehr eine Korrektur der honnetete stattgefunden hat, im Einklang mit der veränderten politischen und kulturellen Lage nach der Fronde und erst recht nach dem Anbruch der Herrschaft des Sonnenkönigs. Siehe dazu vor allem: P. Benichou: Morales du grand siecle; Philippe Sellien «La Rochefoucauld, Pascal, saint Augustin», in: Revue d'histoire litteraire de la France, 69 (1969), p. 5 5 1 - 5 7 5 ; sowie die nunmehr klassische Studie von Jean Lafond: La Rochefoucauld. Augustinisme et litterature, Paris, Klincksieck, 1977 [ 3 1896]. Maxime 171: «Les vertus se perdent dans l'interet, comme les fleuves dans la mer» (RSM, 425); Maxime 182: «Les vices entrent dans la composition des vertus, comme les poisons dans la composition des remedes: la prudence les assemble et les tempere, et eile s'en sert utilement contre les maux de la vie» (RSM, 427).

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voir nos defauts du cöte que nous voulons bien montrer, fait une grande partie de notre sincerite» (CP, 454). Eine radikalere Infragestellung der demarche der Essais kann man sich wohl kaum vorstellen: die Ehrlichkeit jeglicher confession ist eine doppelte Lüge: denn wir zeigen unsere Laster nur aus einer bestimmten Perspektive, die ihre Wahrnehmung verzerrt und den Blick nicht nur auf die gezeigten Makel, sondern auch auf die ausgesparten versperrt. Die verderbte menschliche Natur ist es letztlich, die hier auf der Anklagebank steht - und dies ist ein weiteres, gewichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber Montaigne. La Rochefoucauld ist das Gegenteil eines (im montaigneschen Sinne), was nicht heißt, daß er die Natur - die menschliche wie die kosmische - verachtet. Er ist der Ansicht, daß man zur eigenen unverfälschten Natur und der der anderen Menschen nur selten - unter der Wirkung der passions - vorzudringen vermag; der sorgenvollen Ahnung, Opfer einer Fata Morgana geworden zu sein, entgeht man jedoch nicht. Auch kann die bekannte Maxime 8 - «Les passions sont les seuls orateurs qui persuadent toujours. Elles sont comme un art de la nature dont les regies sont infaillibles; et l'homme le plus simple qui a de la passion persuade mieux que le plus eloquent qui n'en a point» (RSM, 404) - nur zusammen mit der Maxime 404 gelesen werden, die lautet: «II semble que la nature ait cache dans le fond de notre esprit des talents et une habilite que nous ne connaissons pas; les passions seules ont le droit de les mettre au jour, et de nous donner quelquefois des vues plus certaines et plus achevees que l'art ne saurait faire» (RSM, 456). Angesichts der Tatsache, daß man im Wirbel der Leidenschaft nur ungewollt (unbewußt) natürlich sein kann, ist das Trachten nach Natürlichkeit auch nur eine «envie de paraitre», mithin eine weitere Ausgeburt der Eigenliebe: «Rien n'empeche tant d'etre naturel que Γ envie de le paraitre» (RSM, 460). Kann man überhaupt natürlich sein? Bei der Tücke der menschlichen Natur und unserem Hang zur Verstellung, ist Skepsis geboten (Maxime 230): «Nous imitons les bonnes actions par emulation, et les mauvaises par la malignite de notre nature» (RSM, 434). Gibt es Menschen ohne Maske, ohne aufgesetzte ? Die Maxime 256 lautet: «Dans toutes les professions, chacun affecte une mine et un exterieur, pour paraitre ce qu'il veut qu'on le croie: ainsi on peut dire que le monde n'est compose que de mines» (RSM, 438). Sind die honnetes gens aus dieser Komödie ausgenommen? Mere wird, ganz in Sinne La Rochefoucaulds, dazu befinden: «Ce n'est done pas un metier, que d'etre honnetehorame». 125 ist also kein Beruf. Es kann es aber werden, 125

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Chevalier de Mere [Antoine Gombaud]: «De la vraie Honnetete», in: Mere, GEuvres completes. Texte etabli et presente par Charles-Η. Boudhors, Paris, Fernand Roches (Collection «Les textes frangais»), 1930, III: Oeuvres posthumes, p. 70. Obschon in apologetischer Absicht, führt Mere die notwendige Berufslosigkeit des honnete komme unmißverständlich zurück auf die Untätigkeit, die dem französischen Edelmann im Zuge der neuen höfischen Ordnung unter Louis XIV aufgezwungen worden ist: «D'oü vient done, que nous avons l'avantage de signifier par un seul mot, ce qu'on ne peut exprimer dans les autres Langues, que par une longue suite de paroles? Ce qui m'en parait de plus vraisemblable, e'est que presque en toutes les cours du monde, chacun s'attache ä quelque profession particuliere, et que ceux qui se melent d'un metier, n'ont gueres d'autre but, que d'y reüssir: mais comme la Cour de France est la plus grande et la plus belle, qui nous soit connue, et qu'elle se montre souvent si tranquille, que les

sobald man es allzu sehr betont - und sobald man es zugibt («on se doit bien garder de dire, qu'on est honnete-homme»): tous les metiers sont de si mauvais air dans le monde, que meme le talent d'honnete-homme, le plus beau qu'on se puisse imaginer, n'a pas tous les agremens, ä moins que de paroitre plus neglige, plus ajuste, parce qu'en l'affectant, ce seroit en faire une espece de metier, comme si l'on etoit Gouverneur d'un jeune Prince, et toüjours pres ä lui donner des Legons. 126

Ist dies aber nicht eine Kunst des paraitre - die vollkommenste - , folglich auch eine profession? Eine so radikale gesellschaftlicher Daseinsformen hat Folgen. Die feudalen Tugenden werden, wenn nicht negiert, so doch stark in Frage gestellt, und auf ihre versteckten, unedlen und unlauteren Triebfedern hin untersucht. 127 Die erste Maxime gibt den Ton an: «Ce que nous prenons pour des vertus n'est souvent qu'un assemblage de diverses actions et de divers interets que la fortune ou notre Industrie savent arranger» (RSM, 403). So die typischste aller adligen Tugenden, und zwar die militärische - die vaillance oder bravoure - , die selten das ist, wofür sie sich ausgibt (Maxime 213): L'amour de la gloire, la crainte de la honte, le dessein de faire fortune, le desir de rendre notre vie commode et agreable, et l'envie d'abaisser les autres, sont souvent les causes de cette valeur si celebre parmi les hommes. (RSM, 431)

Die einzig wahre Tapferkeit ist hingegen gänzlich frei von Interessen und Eitelkeit; sie handelt ohne Ansehung des Urteils der Welt. Der wahrhaft tapfere Mensch ist wie Tancredi und Clorinda in der Lage, die kühnste Tat im Dunkeln zu vollbringen, 128 weitab von den Blicken der Menschen: Maxime 216: «La parfaite valeur est de faire sans temoins ce qu'on serait capable de faire devant tout le monde» (RSM, 432). Ist aber eine solche Tapferkeit außerhalb der Ritterepen vorhanden und überhaupt denkbar? Muß sich nicht der Ritter nach der Anerkennung seines Fürsten sehnen? An dieser Frage hatten sich bereits im Cortegiano die Geister (von Canossa und Federico Fregoso) geschieden. Bei welchen Taten wäre es denn erlaubt, sichere Rückschlüsse auf tatsächlich vorhandene Tugenden zu ziehen, wenn nur solche in Frage kommen, die unerkannt vollbracht werden? Mit derselben zersetzenden Skepsis betrachtet der Moralist die litterae, womit für ihn in erster Linie die Philosophie als Lehre vom Menschen gemeint ist: Entspricht sie einer wirklichen Weisheitsliebe? Kann sie dem Menschen in der Not helfen? Diese Fragen, die Montaigne bereits gestellt und mit Verweis auf Sokrates und die Mäeutik mit ja beantwortet hatte, beantwortet La Rochefoucauld entschieden mit nein:

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meilleurs Ouvriers n'ont rien ä faire, qu'ä se reposer; il y a toujours eu de certains Faineans sans metier, mais qui n'etoient pas sans merite, et qui ne songeoient qu'ä bien vivre, et qu'ä se produire du bon air. Ce pourrait bien etre de ces sortes de gens, que nous est venu ce mot si essentiel» (p. 69-70). Chevalier de Mere: «Le Commerce du Monde», in: Mere, CEuvres completes, III: (Euvres posthumes, p. 143. Cf. P. Benichou: Morales du grand siede, p. 133-138; sowie Jürgen von Stackelberg: Die französische Klassik. Einführung und Übersicht, München, Fink, 1996, p. 112-115. Cf. Torquato Tasso: Gerusalemme liberata, XII, 54.

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quelque merke qu'aient les sentences, je crois qu'elles perdent bien de leur lustre dans un retranchement de l'Hötel de Ville, et il y a longtemps que j'ai eprouve que la philosophie ne fait des merveilles que contre les maux passes ou contre ceux qui ne sont pas prets d'arriver, mais qu'elle n'a pas grande vertu contre les maux presents. (OCP, 609) 1 2 9

Dennoch stimmt La Rochefoucauld mit Montaigne überein, daß das Studium der Menschen notwendig und dem Studium der Bücher vorzuziehen ist: «II est plus necessaire d'etudier les hommes que les livres» (OCP, 481).130 Da nun aus diesem Studium ein Buch erwächst und die Ergründung des Menschen zurück zur Philosophie, zur Literatur führt, bleibt zu fragen, wie die literarische Fixierung vollzogen und wie sie reflektiert wird. Ähnlich wie Montaigne, steht La Rochefoucauld der Welt der Literaten kritisch gegenüber: nicht nur der Zunft der Gelehrten (der lettres, die Montaigne die sgavants nannte), sondern auch den sogenannten litterateurs gegenüber, die sich mittlerweile in der Academie frangaise organisiert hatten.131 Ein in den Segraisiana überliefertes Wort La Rochefoucaulds zeigt, welch hohe Ansprüche das Ideal des honnete homme stellt, zumal an Vertreter der noblesse de robe oder der bourgeoisie, und dies ohne Ansehung ihres merite: C'est ä l'occasion de Despreaux et de Racine que Monsieur de La Rochefoucauld a etabli la maxime par laquelle il dit que c'est une grande pauvrete de n'avoir qu'une sorte d'esprit; tout leur entretien ne roule que sur la poesie; ötez-les de lä, ils ne savent plus rien. (OCP, 732)

Es ist nicht übertrieben - und nicht allzu vermessen - diesen denkwürdigen Ausspruch des Herzogs als einen gewichtigen Beleg dafür anzusehen, daß die vermeintlich Gültigkeit der honnetete im 17. Jahrhundert zu relativieren, wenn nicht gar anzuzweifeln ist. In einem epochemachenden Aufsatz hat Erich Auerbach die These vertreten, daß die honnetete «kein ständisches Ideal ist, denn sie ist nicht grundsätzlich an die Geburt oder an die Lebensweise einer bestimmten Kaste gebunden».132 Auerbach beruft sich dabei unter anderem auf ein ebenfalls auf Racine gemünztes Wort eines anderen Herzogs, nämlich von Saint-Simon: «Rien du poete dans son commerce, et tout de Γ honnete homme». 133 Die Positionen Montaignes und La Rochefoucaulds sprechen aber eine andere Sprache. Sehr zu denken gibt auch eine Anekdote um Vincent Voiture: Der Sohn eines Weinhändlers stieg kraft seiner Virtuosität als Stegreif- und Gelegenheitsdichter zum ungekrönten auf, war stets willkommener Gast in den Salons des Pariser Hochadels; bis er sich an einem Tag des Jahres 1633 oder 1634 in einigen anonymen Versen persifliert wieder

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* Aus dem Brief Nr. 61 an Jacques Esprit, vom 24. Oktober 1660. Das Detail der Schützengräben vor dem Hotel de Ville ist ein Hinweis auf die Pariser Straßenkämpfe am Ausgang der Fronde im Sommer 1552. 130 Maximes posthumes, 550. Siehe auch Maximes non publiees par La Rochefoucauld, 50, in: J. Lafond (ed.), Moralistes du XVII' siecle, p. 192. 131 Zur Typologie und Topographie dieses champ litteraire cf. A. Viala: Naissance de l'ecrivain, p. 25 sqq. Viala unterscheidet zwischen einem «modele lettre», das in der Academie puteane sein erstes Zentrum findet und den Ursprung des sogenannten libertinage erudit (um Gassendi, La Mothe le Vayer, Naude, Cyrano, Chapelle) bildet; und einem «modele litterateur» (das sich nicht minder mondain gebärdet) innerhalb und im Umkreis der Academie frangaise. 132 E. Auerbach: «La cour et la ville», in: E. Auerbach, Vier Untersuchungen zur Geschichte der französischen Bildung, p. 38. 133 E. Auerbach: «La cour et la ville», p. 39, 45.

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fand: «C'est une aimable creature,/ Si sa race estoit sans rature,/ Et sa naissance sans roture». 134 Die Erbsünde der niederen Geburt war nie ganz zu tilgen, auch nicht durch die erlesenste art de plaire.n5 Insofern ist Voiture ein emblematischer Fall, an dem sich die Grenzen der Integrationswirkung der honnetete aufzeigen lassen, und der in gewissem Sinne die Figur Voltaires vorwegnimmt. 136 La Rochefoucaulds Ausspruch führt außerdem zurück in das italienische 16. Jahrhundert, nicht jedoch nach Urbino, sondern nach Florenz, wo man aller Wahrscheinlichkeit nach den Galateo von Giovanni Deila Casa ansiedeln muß (obschon das Büchlein in der Abtei von Nervesa, in der Gegend von Treviso, zwischen 1551 und 1553 geschrieben worden ist). In diesem berühmten Traktat, der anders als der Cortegiano monologischen Charakter hat, wendet sich nicht zufällig ein alter «idiota» - das heißt ein Mann ohne lettere - einem jungen Patriziersohn zu, um ihn in der Kunst des geselligen Lebens zu unterweisen. 137 Die Literaten sind mit anderen Worten ihres Mitspracherechts in Sachen costumi und conversazione enthoben. Freilich werden oft Beispiele aus der Literatur angeführt - so vor allem aus Boccaccio und Petrarca; Deila Casa versäumt aber nicht, wiederholt auf die «poca scienza» des Sprechers hinzuweisen, und auf die Notwendigkeit, sich nach dem «favellar comune» (XXIII) zu richten.138 Das Urteil, das er dabei über Dante fällt, ist im Kontext des Renaissance-Petrarkismus nicht überraschend; auffallend ist vielmehr, daß die Kritik nicht auf die Sprache beschränkt bleibt, sondern sich - wie bei La Rochefoucauld im Falle Racines - auf die weiteren, unter anderem auch gesellschaftlichen Qualitäten des Dichters erstreckt: certo io non ti consiglierei che tu lo volessi fare tuo maestro in questa arte dello esser grazioso, conciosia cosa che egli stesso non fu, anzi in alcuna cronica trovo cosi scritto di lui: «Questo Dante per suo sapere fu alquanto presuntuoso e schifo e sdegnoso e, quasi, a guisa di filosofo mal grazioso, non ben sapeva conversarco' laici». 1 3 9

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Es handelte sich dabei um einen Claude de Malleville zugeschriebenen Zusatz zum (hingegen arglosen) Portraict du pitoyable Voiture von Madame des Loges (cf. Gedeon Tallemant des Reaux: Historiettes. Edition d'Antoine Adam, Paris, Gallimard [Bibliotheque de la Pleiade], 1960-1961,1, p. 488 sowie p. 1120-1121). Cf. B. Craveri: La civiltä delta conversazione, p. 96. Β. Craveri: La civiltä della conversazione, p. 98: «Con lui il letterato faceva il suo ingresso nella vita mondana, diventandone un elemento integrante, ma conservando uno statuto fortemente ambiguo. Ricercato, vezzeggiato, conteso, P avrebbe continuato a essere trattato dalle elite nobiliari come uguale e, al tempo stesso, come diverso». Der genaue Titel lautet: [Trattato di messer Giovanni Deila Casa/nel quale, sotto la persona/ di un vecchio idiota/ammaestrante un suo giovanetto/si ragiona de' modi/che si debbono ο tenere ο schifare/ nella comune conversazione, cognominato] Galateo overo de costumi (cf. G. Della Casa: Galateo, zit. Ausgabe, p. 1). Der Adressat der Lektion ist allem Anschein nach ein Neffe des Autors (Sohn der Schwester Dianora), Annibale Rucellai. Eine erste französische Übersetzung des Galateo wurde bereits 1562 veröffentlicht, vier Jahre nach der editio princeps\ bis 1616 erschienen sechs weitere Nachdrucke.

"" Siehe Formeln wie «noi idioti» (XII, p. 28), oder: «sappi che io, non confidandomi della mia poca scienza, stendendo questo presente trattato, ho voluto il parere di piü valenti uomini e scienziati» (XVI, p. 42). 139 G. Della Casa: Galateo, XXII, p. 5 6 - 5 7 . Mit «laici» sind natürlich die jeder Pedanterie freien gentiluomini gemeint. Deila Casa zitiert hier aus Villani: Cronica, IX, 136.

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W i e D e i l a Casa (und M o n t a i g n e ) schwebt La R o c h e f o u c a u l d e i n e Gelehrsamkeit ohne Gelehrte vor, genährt v o n der direkten Kenntnis der M e n s c h e n und der Erfahrung der der honnetes

gens,140

aus der diese w i e d e r u m Einblicke in die m e n s c h l i c h e

S e e l e g e w i n n e n können. E s ist bekannt, daß die M a x i m e n La R o c h e f o u c a u l d s in Zusammenarbeit mit M m e d e Sable und Jacques Esprit entstanden sind. 141 D a s heißt, daß e s sich u m Textgebilde handelt, die aus Gesprächen hervorgegangen und für die D i s k u s s i o n b e s t i m m t waren - formal zwar verhältnismäßig stabile Einheiten, 1 4 2 die j e d o c h in ihrem Inhalt und ihrer A u s s a g e verändert w e r d e n konnten, und vermutlich veränderbar (unvollendet) bleiben mußten. 1 4 3 D i e Maximes

setzten f o l g l i c h e i n e n

aktiven Leser voraus, der sich durch sie z u m Weiterdenken und gar Weiterschreiben anregen ließ. 1 4 4 D a m i t überträgt L a R o c h e f o u c a u l d , M o n t a i g n e vergleichbar, die Strukturmerkmale der Konversation auf das Schreiben. E i n e der E m p f e h l u n g e n d e s H e r z o g s an die A d r e s s e d e s honnete

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komme

lautet:

Cf. folgende Äußerung von Mme de Sable: «En verite vous etes le plus habile homme du monde et cela ne se comprend pas que, sans etude, vous sachiez si parfaitement toutes choses» (Lettres diverses, Nr. 20, Mme de Sable an La Rochefoucauld, OCP, 681); sowie abermals aus den Segraisiana: «Monsieur de La Rochefoucauld n'avait pas etudie; mais il avait un bon sens merveilleux, et il savait parfaitement bien le monde» (OCP, 731). Cf. dazu Harald Wentzlaff-Eggebert: «Montaigne, Gracian, La Rochefoucauld, La Bruyere et les Maximes de Madame de Sable», in: Christian Wentzlaff-Eggebert (ed.), Le langage litteraire au XVII' siecle. De la rhetorique ä la litterature, Tübingen, Günter Narr, 1991, p. 181-193; sowie Andre-Alain Morello: «Actualite de La Rochefoucauld», in: J. Lafond (ed.), Moralistes du XVII' siecle, p. 108-109; außerdem B. Craveri: La civilta delta conversazione, p. 182-193 («II gioco delle massime»). Der Briefwechsel zwischen La Rochefoucauld und Mme de Sable (sowie Jacques Esprit) zeugt von dieser Zusammenarbeit. Einige Elemente für die Analyse der formalen Konstanten der Maximen (wie zum Beispiel der Gebrauch der ne... que bzw. le plus souvent), in J. Lafond (ed.): Moralistes du XVII' siecle, «Preface», p. III, XXI und XXXIII. Cf. Maximes supprimees, 627: «II y a de belles choses qui ont plus d'eclat quand elles demeurent imparfaites que quand elles sont achevees» (OPC, 498) (siehe auch Maximes supprimees, 50, in: J. Lafond (ed.), Moralistes du XVII' siecle, p. 185); sowie «De la difference des esprits» (.Reflexions diverses, OCP, 530): «Bien que les productions d'esprit soient infinies, on peut, ce me semble, les distinguer de cette sorte: il y a des choses si belles, que tout le monde est capable d'en voir et d'en sentir la beaute; il y en a qui ont de la beaute et qui ennuient; il y en a qui sont belles, que tout le monde sent et admire, bien que tous n'en sachent pas la raison; il y en a qui sont si fines et si delicates, que peu de gens sont capables d'en remarquer toutes les beautes; enfin il y en a d'autres qui ne sont pas parfaites, mais qui sont dites avec tant d'art, et qui sont soutenues et conduites avec tant de raison et tant de grace, qu 'elles meritent d'etre admirees» (kursiv von E.C.). Cf. Jean Lafond (Moralistes du XVII' siecle, «Preface», p. XII-XIV), der in der Einbeziehung des Lesers als «co-auteur du livre» nicht nur eines der Hauptmerkmale der Maximen La Rochefoucaulds, sondern überhaupt der forme breve sieht: «Si I'auteur est plus present dans les Maximes qu'on ne serait ä premiere vue tente de le penser, le lecteur re^oit de la forme breve un nouveau Statut. [...] Les moralistes favorables ä la forme breve ne peuvent [...] qu'appeler le lecteur ä prendre une part active ä la production du sens». Siehe hierzu auch H. Wentzlaff-Eggebert: Lesen als Dialog. Französische Moralistik in texttypologischer Sicht, Heidelberg, Carl Winter, 1986. Man kann sich darüber hinaus fragen, ob diese der Beziehung zwischen Autor und Leser nicht zu den konstitutiven Elementen der honnitete gehört; so A. Viala: «L'ecrivain honnete homme», in: Gilles Quinsat/ Bernard Cerquiglini (ed.), Le grand atlas universalis des litteratures, Paris, Encyclopaedia Universalis, 1990, p. 221: «L'ideal de l'honnetete fut un ideal d'integration sociale de l'ecrivain fondu dans son lectorat, et un rapport d'identite».

II faut eviter de parier longtemps de soi-meme, et de se donner souvent pour exemple. On ne saurait avoir trop d'application ä connaitre la pente et la portee de ceux ä qui on parle, pour se joindre ä l'esprit de celui qui en a le plus, et pour ajouter ses pensees aux siennes, en lui faisant croire, autant qu'il est possible, que c'est de lui qu'on les prend. II y a de l'habilite ä n'epuiser pas les sujets qu'on traite, et ä laisser toujours aux autres quelque chose ä penser et ä dire. [...] II est dangereux de vouloir etre toujours le maitre de la conversation, et de parier trop souvent d'une meme chose; on doit entrer indifferemment sur tous les sujets agreables qui se presentent, et ne faire jamais voir qu'on veut entrainer la conversation sur ce qu'on a envie de dire. 145

Sich in den anderen hineindenken; dem anderen etwas zu sagen und zu denken aufsparen; die Führung des Gesprächs bei Möglichkeit abgeben, oder so tun als ob man sie abgeben würde: Gedanken, die zum Teil aus dem Ga/afeo, 1 4 6 vor allem aber aus den Essais stammen könnten, worin man in der Tat in gewohnter Derbheit lesen kann: «II faut se desmettre au train de ceux avec qui vous estes, et parfois affecter l'ignorance. [...] Trainez vous au demeurant ä terre s'ils veulent». 147 La Rochefoucauld setzt zwar die sokratische Lehre Montaignes um, verändert aber deren Zielrichtung. Anders als für den Leser der Essais, und bedingt durch die Skepsis des Moralisten, bleibt es für den Leser der Maximen fraglich, ob er etwas gelernt hat - und ob er etwas lernen mußte. Tatsächlich sind die Maximes eher eine Anleitung zum Weiterdenken und zum Weiterschreiben als eine Stütze für denjenigen, der und möchte. Dies ist bei aller Nähe eine weitere Akzentverschiebung gegenüber den Essais; denn Montaigne hatte sich nicht gewünscht, aus seinen Lesern Schriftsteller zu machen. Welche Art von Schriftsteller? Welche Art von Schriftstellerei? Was La Rochefoucauld vorschwebt, ist eine Literatur, die jegliche Pedanterie und jegliches Spezialistentum abgelegt hat, 148 die aus der Konversation erwächst - oder zu erwachsen scheint - und wiederum in neue Gespräche einmündet: eine Literatur, die nicht etwa in der Einsamkeit eines Studierzimmers, sondern im Austausch mit Gleichgesinnten gleichen Standes wie eine Art Gesellschaftsspiel entsteht. Insofern gehören die Maximes zu jener Art von Gelegenheitsprodukten des aristokratischen loisir, die wir heute vielleicht etwas ungebührlich als literarische Texte ansehen und erforschen: Gelegenheitsgedichte, Couplets, canevas, Porträts, Briefe, Billets (in der Art, die von M m e de Sable eingeführt und alsbald, im täglichen Austausch mit Anne d'Attichy, comtesse de Maure, zur Perfektion getrieben wurde) 1 4 9 - oder gar Kochrezepte. Es ist in der Tat auffällig, daß La Rochefoucauld in seinen Briefen

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«De la conversation» (OCP, 5 0 9 - 5 1 0 ) . Cf. G. Deila Casa: Galaleo, XI, p. 25: «Non si dee anco pigliar tema molto sottile ne troppo isquisito, percioche con fatica s'intende dai piü. Vuolsi diligentemente guardare di far la proposta tale che niuno della brigata ne arrossisca ο ne riceva onta»; sowie XXIV, p. 67: «cosi nel favellare si dee piü tosto agevolare il desiderio altrui che impedirlo». M. de Montaigne: Essais, III, 3 (EVS3, 822). Cf. Andre-Alain Morello: «Actualite de La Rochefoucauld», in: J. Lafond (ed.), Moralistes du XVII' siede, p. 113, sowie B. Craveri: La civiltä della conversazione, p. 184. Bereits Elbert Β. Ο. Borgerhoff hatte in einer wegweisenden Studie (The Freedom of French Classicism, Princeton, Princeton University Press, 1950) ein Kapitel der Figur des «Amateur Spirit» gewidmet (III, p. 8 2 - 1 3 0 ) und als Musterbeispiele Mere, La Rochefoucauld und Pascal gewählt. Cf. B. Craveri: La civiltä della conversazione, p. 166-169.

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oder Billets an Mme de Sable die eigenen Texte zum Tausch anbietet gegen ein gutes diner oder nur das Rezept einer köstlichen Möhrensuppe oder auch einer vorzüglichen Konfitüre: Voilä tout ce que j'ai de maximes que vous n'ayez point. Mais, comme on ne fait rien pour rien, je vous demande un potage aux carottes, un ragoüt de mouton et un de boeuf, comme ceux que nous eümes lorsque M. le commandeur de Souvre dtna chez vous, de la sauce verte, et un autre plat, soit un chapon aux pruneaux, ou telle autre chose que vous jugerez digne de votre choix. Si je pouvais esperer deux assiettes de ces confitures dont je ne meritais pas de manger autrefois, je croirais vous etre redevable toute ma vie. 150 je vous supplie [...] de souffrir, puisque j e n'ai pu vous envoyer des truffes, que je vous presente au moins des maximes qui ne les valent pas; mais, comme on ne fait rien pour rien en ce siecle-ci, je vous supplie de me donner en recompense le memoire pour faire le potage de carottes, l'eaux de noix et celle de mille-fleurs: si vous avez quelque autre potage, je vous le demande encore./ [,..] 151 / Ne croyez pas que je pretende meriter par lä le potage de carottes: je sais que toutes les maximes du monde ne peuvent pas entrer en comparaison avec lui; mais je vous donne ce que j'ai, et j'attends tout de votre generosite. 152 Vous ne pouvez faire une plus belle charite que de permettre que le porteur de ce billet puisse entrer dans les mysteres de la marmelade et de vos veritables confitures, et je vous supplie tres humblement de faire en sa faveur tout ce que vous pourrez. 153

Die neglegentia und depretiatio, mit der La Rochefoucauld von seinen Maximen spricht, ist zum einen Teil des Spiels, zum anderen Ausdruck der im Hochadel noch tief verankerten Abscheu vor dem Berufsliteratentum; es ist aber auch ein Zeichen dafür, daß der Herzog sein Autor-Sein angenommen - oder sich zumindest mit dem fait accompli abgefunden hatte und die Schriftstellerei mit der negligence und nonchalance betrachtete, die er als honnete homme in allen Situationen sich selbst (und seinem Namen) schuldig war. Im 1659 erschienenen «Portrait de La Rochefoucauld fait par lui meme» ist dies noch als bloße Hypothese formuliert: «J'ecris bien en prose, je fais bien en vers, et si j'etais sensible ä la gloire qui vient de ce cöte-lä, je pense qu'avec peu de travail je pourrais m'acquerir assez de reputation» (OCP, 5).154 In seinen Briefen drückt sich der Moralist deutlicher aus. Zuerst gegenüber Jacques Esprit, im bereits zitierten Brief vom 24. Oktober 1660: «Voilä ecrire en vrai auteur, que de commencer par parier de ses ouvrages.155 Je vous dirai pourtant, comme si je ne l'etais pas, que je suis tres veritablement fache du retranchement de vos rentes» (OCP, 608). Im selben Brief dann folgende genauso doppelbödige Äußerung von Schamgefühl ob der eigenen schriftstellerischen Tätigkeit: «La honte me prend de vous envoyer des ouvrages. Tout de bon, si vous les trouvez ridicules, renvoyez-les moi, sans les montrer ä Mme de Sable» (OCP, 609). Schließlich an Mme de Sable: «Je pensais

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Brief an Mme de Sable Nr. 73 (OCP, 616-617). Es folgen dreizehn Maximen. Brief an Mme de Sable, Nr. 79 (OCP, 621-622). Brief an Mme de Sable, Nr. 83, (OCP, 624). Das La Rochefoucaulds war in der zweiten Ausgabe der Portraits divers von Mile de Montpensier erschienen. Der Brief beginnt mit der Bitte um Durchsicht von nicht näher spezifizierten (die La Rochefoucauld des Spaßes halber «opera» nennt, was manch einen Kritiker zur Suche nach einem verschollenen Libretto des Herzogs ermuntert hat) und sentences.

avoir l'honneur de vous voir aujourd'hui, et vous presenter moi-meme mes ouvrages, comme tout auteur doit faire; mais j'ai mille affaires qui m'en empechent». 156 In der Tat zeugt die Arbeitsweise des Herzogs und seiner von einem hohen Grad an Form- und Qualitätsbewußtsein - was erneut die Frage nach der Professionalität der Dilettanten) stellt. An den Maximen wurde lange gefeilt, oft über Monate hinweg, wie aus dem Briefwechsel ersichtlich ist und von einem Eintrag aus den Segraisiana bestätigt wird: «Monsieur de La Rochefoucauld [...] m'envoyait ce qu'il avait fait dans le temps qu'il y travaillait, et il voulait que je gardasse ses cahiers cinq ou six semaines, afin de les examiner plus exactement, et que j'eusse plus de temps ä juger du tour des pensees et de l'arrangement des paroles. II y a des maximes qui ont ete changees plus de trente fois» (OCP, 733). Ähnliches gilt für die Art und Weise, in der die < Vermarktung) des Buches vorbereitet wurde.157 Zwei Jahre vor der Veröffentlichung, im Jahre 1663, wurden mehrere Abschriften des sogenannten 158 ausgewählten gens de qualite zur Lektüre anvertraut. Auf Grundlage der eingegangenen avis - aus denen meistens hervorging, daß der düstere Pessimismus einen religiösen Hintergrund vermuten oder als wünschenswert erscheinen ließ - wurde das Konvolut umgearbeitet und mit einem einleitendem Discours versehen, der nicht nur die Anmut des Stils rühmte, sondern auch die theologische und moralische Orthodoxie der Grundthesen des Buches beglaubigte. 159 Damit nicht genug: Knapp ein Jahr vor der autorisierten Erstausgabe, die 1665 (selbstverständlich anonym) veröffentlicht wurde, war in Holland ein Raubdruck erschienen, den der Autor - dessen wahre Identität dank

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Brief Nr. 80, an Mme de Sable (OCP, 622). B. Craveri: La civiltä delta conversazione, p. 188: «nella societä aristocratica scrivere poteva essere un loisir, non una professione, e la condizione di autore era incompatibile con quella nobiliare. Eppure, ciö non avrebbe impedito a due dilettanti come La Rochefoucauld e Madame de Sable di preparare il successo delle Maximes mettendo a punto una strategia promozionale che l'editoria moderna non ha smesso di utilizzare: il sondaggio d'opinione e rorientamento della critica». In der Pleiade-Ausgabe neben der ersten holländischen Ausgabe von 1664 vollständig abgedruckt (OCP, 335-383). Cf. B. Craveri: La civiltä della conversazione, p. 188-189. Der Discours, in Form eines an einen komme de qualite gerichteten Briefes verfaßt und wie das Buch anonym erschienen, wird gemeinhin Henri de La Chapelle-Besse zugeschrieben (es wurde auch angenommen, er stamme von Segrais, oder gar von La Rochefoucauld selbst). Laut Craveri (p. 189) steht der Discours in offenem Widerspruch mit dem Stil des Buches. Das ist etwas zu pauschal gesagt. Denn La Chapelle-Besse begnügt sich nicht nur mit einer präventiven defensio·, er definiert auch mit bemerkenswerter Präzision und im Einklang mit der Ästhetik des Herzogs die Poetik der Maximen. Was die defensio anbetrifft, so artikuliert sie sich in der Diskussion von vier strittigen Punkten, die hier nicht einzeln benannt zu werden brauchen. Entscheidend sind zwei Aussagen: erstens: Es geht hier nicht um die Gläubigen, sondern um die Atheisten, wenn nicht gar um die Heiden («L'auteur des Reflexions [...] expose au jour toutes les miseres de l'homme. mais c'est de l'homme abandonne ä sa conduite qu'il parle, et non pas du chretien» [OCP. 391]); zweitens: Nicht der Mensch an sich wird porträtiert, sondern der heuchlerische Weise, der faux maitre («pour moi je les considere comme peinture ingenieuse de toutes les singeries du faux sage» [OCP, 396]).

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einer im Discours eingestreuten Andeutung dezent gelüftet worden war160 - freilich verleugnete.161 Insofern kann man sagen, daß die Reflexions ou Sentences et Maximes morales die exakte literarische Transposition der Ideologie des honnete homme sind. Sie erscheinen anonym, aber mit einem ausreichend klaren Hinweis auf die Identität des Autors, der sich somit diskret, wie von der Seite («per transito»), zeigt; sie sind die schriftliche Fixierung eines Gesellschaftsspiels, ohne jeglichen literarischen Anspruch; auch geben sie sich als Fragmente eines ungezwungenen, elegant nachlässigen Gesprächs zu verstehen, in dem verschiedene Themen ohne vorbestimmte Ordnung, dafür aber mit Witz und Leichtigkeit angesprochen werden;162 unter dieser Oberfläche jedoch verbirgt sich eine lange, akribische Arbeit an jedem Satz; genauso wenig ist die Veröffentlichung dem Zufall überlassen worden. Im Discours bringt La Chapelle-Besse das alles auf den Punkt: Er rühmt Stil und Gedanken der Maximes («force», «penetration», «pensees elevees et hardies») und unterstreicht nicht von ungefähr die «edle Ausdrucksweise», die auf die besondere qualite des Autors schließen läßt: «le tour de l'expression noble, et accompagne d'un certain air de qualite qui n'appartient pas ä tous ceux qui se melent d'ecrire» (OCP, 388). Was folgt, ist der Abriß einer Poetik des schreibenden Edelmanns. Dem Vorwurf der Unordnung und der Kunstlosigkeit zuvorkommend, gibt La Chapelle-Besse gerne zu, daß man in den Maximen regelhafte Schönheiten nicht antreffen wird; er führt das zurück auf den besonderen Status des Autors, der ja nicht berufsmäßig schreibt, sondern um seinen Geist zu amüsieren, für sich, so wie es gerade kommt. Schließlich kehrt er das Argument um und behauptet, daß die natürliche Anmut eines solchen Buches die Schönheiten der Kunst übertrifft, und daß ein schreibender Hofmann (courtisan) immer einem schreibenden Gelehrten vorzuziehen ist: Je demeure d'accord qu'on n'y trouvera pas tout l'ordre ni tout l'art que Γ on y pourrait souhaiter et qu'un savant qui aurait un plus grand loisir y aurait pu mettre plus d'arrangement; mais un homme qui n'ecrit que pour soi et pour delasser son esprit, qui ecrit les choses ä mesure qu'elles lui viennent dans la pensee, n'affecte pas tant de suivre les regies que celui qui ecrit de profession, qui s'en fait une affaire, et qui songe ä s'en faire honneur. Ce desordre neanmoins a ses graces, et des graces que l'art ne peut imiter. Je ne sais pas si vous etes de mon gout, mais quand les savants m'en devraient vouloir du mal, je ne puis m'empecher de dire que je pre-

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La Chapelle-Besse erwähnt nämlich die Memoires, die kürzlich (ebenfalls als Raubdruck) erschienen waren und der Reputation des Autors geschadet haben sollten (OCP, 387) - und tatsächlich geschadet hatten. Nach einem ersten Raubdruck (entstanden in Rouen auf Grund einer Kopie in Besitz von Brienne), dessen Auslieferung von La Rochefoucauld verhindert werden konnte, waren die Memoires de M. D. L. R. sur les brigues ä la mort de Louis XIII, sur les guerres de Paris et de Guyenne, et la Prison des Princes (so der genaue Titel) 1662 in Amsterdam erschienen und hatten in Paris einen Skandal provoziert (cf. dazu OCP, 15-16). Über die Ehrlichkeit La Rochefoucaulds in dieser Angelegenheit ist debattiert worden (cf. dazu OCP, 299). Cf. Maxime 377: «Le plus grand defaut de la penetration n'est pas de n'aller point jusqu'au bout, c'est de le passer» (RSM, 453). Cf. G. Delia Casa: Galateo, XXIII, p. 63: «io ho conosciute di quelle persone che hanno una cattiva usanza e spiacevole, cioe che cosi sono vogliosi e golosi di dire che non prendono il sentimento, ma lo trapassano e corrongli innanzi a guisa di veltro che non assanni».

fererai tout ma vie la maniere d'ecrire negligee d'un courtisan qui a de l'esprit ä la regularite genee d'un docteur qui n'a jamais rien vu que ses livres. (OCP, 388)

Bei aller Ähnlichkeit mit Montaigne (der übrigens kurz danach «mit Bedenken» 163 zitiert wird) zeugt dieser Text von den Unterschieden zwischen dem einsamen perigordinischen Landadligen und seinem am Hofe und in der Stadt heimischen Nachfolger. Montaigne, der auch ohne vorgegebene Ordnung schrieb, hätte sich trotz seiner nie dazu bewegen lassen, einem «courtisan» einem «savant» den Vortritt zu gewähren; 164 er hätte auch nicht das Loblied der kunstvoll vorgegaukelten Natur (der «nature artialisee») angestimmt. Dieses Modell entspricht wiederum genau - wie bereits angedeutet - der Kultur der honnetete in ihrer von La Rochefoucauld meisterlich kodifizierten Ausprägung. An die soeben zitierte Passage schließt sich ein Abschnitt an, in dem der Vorrang des style neglige unter Berufung auf die berühmte Beschreibung der Gärten Armidas im 16. Gesang der Gerusalemme liberata belegt wird: «Stimi (si misto il culto e co Ί negletto)/ sol naturali e gli ornamenti e i siti./ Di natura arte par, che per diletto/ l'imitatrice sua scherzando imiti». 165 Es ist nur allzu verständlich, daß La Rochefoucauld neben wenigen anderen wie Guez de Balzac und Saint-Evremond sehr früh als Inbegriff des schreibenden Edelmanns, des amateur, anerkannt und bewundert worden ist. 166 Keiner vor ihm und nach ihm hat mit einer vergleichbaren Eleganz die Ethik des honnete homme mit der Schriftstellerei zu vereinbaren gewußt. Keiner, der es vollbracht hätte, die Autorschaft zweier aufsehenerregender Bücher anzunehmen, ohne eine ungehörige aufzusetzen. Aus den Machtspielen und Kontroversen zwischen den litterateurs und nouveaux doctes einerseits und den lettres mit ihren alliierten ecrivains-gentilshommes andererseits, die Alain Viala rekonstruiert hat, scheint er sich herausgehalten zu haben. 167 Es hätte auch nicht zu ihm gepaßt. Und er wurde im Gegenzug weitgehend geschont: dies vermutlich nicht nur, weil die ausgeklügelte Publikationsstrategie der Maximes funktioniert hatte, sondern auch weil der Status des gelegentlich schreibenden homme

" 3 Die Skrupel sind nicht ganz ehrlich und eher ironisch gemeint, da La Chapelle-Besse sich in seiner defensio nahezu ausschließlich auf Kirchenväter beruft, dabei den erbaulich-theologischen Traktatstil persiflierend. 164 La Rochefoucauld selbst (der nur in seiner Jugend regelmäßig am Hofe verkehrt hatte) hätte übrigens auch nicht das Wort courtisan gewählt, sondern mit höchster Wahrscheinlichkeit vom honnete homme gesprochen. Aber auch das ist Teil der Strategie der Selbstverteidigung. 165 T. Tasso: Gerusalemme liberata, XVI, 10. Die Oktave ist Teil der Beschreibung der Gärten Armidas. Im Discours (OCP, 389) ist das Zitat nicht ganz korrekt wiedergegeben (im zweiten Vers fehlt eine Konjunktion). Darüber hinaus ist die Quellenangabe fehlerhaft: 17. Gesang («cant. 17») anstelle von 16. Gesang. Das zweite Zitat (aus einem französischen Gedicht) ist von den Kommentatoren nicht identifiziert worden. Es nimmt sich wie eine Paraphrase der Verse Tassos aus. 166 Als weitere Beispiele für schreibende Edelmänner im französischen 17. Jahrhundert wären Tristan l'Hermite, Bussy-Rabutin und der erst spät (gegen Ende des 20. Jahrhundert) als Autor der Lettres portugaises wiederentdeckte Marquis de Guilleragues zu nennen. Hinzu kommen die zwei grandes Dames des Jahrhunderts: Mme de Sevigne und Mme de Lafayette. 167 Α.Viala: Naissance de l'ecrivain, p. 3 3 - 3 4 . Viala bezieht sich unter anderem auf die Comedie des academistes (1637) von Saint-Evremond.

75

in der Pariser G e s e l l s c h a f t u m 1 6 6 0 a u f breite A k z e p t a n z stieß. 1 6 8 A u c h

de qualite

entbehrt der g l ä n z e n d e d e s ecrivain

honnete

komme

nicht einer g e w i s s e n

P a r a d o x i e ; a u s g e r e c h n e t in j e n e m Jahrhundert, in d e m ( w i e A l a i n V i a l a g e z e i g t hat) der s o z i a l e T y p u s d e s f r e i s c h a f f e n d e n S c h r i f t s t e l l e r s s i c h l a n g s a m h e r a u s b i l d e t , tritt e i n amateur

a u f d e n Plan, der s i c h i m N a m e n aristokratischer W e r t e über d i e g e r a d e

n e u a u f g e s t e l l t e n R e g e l n h i n w e g s e t z t u n d z u m Vorbild für n i c h t w e n i g e S c h r i f t s t e l l e r aus d e m w i r d . 1 6 9 V o l l k o m m e n zu R e c h t g e b r a u c h t V i a l a d i e F o r m e l v o m ecrivain

honnete

homme

nur i m Fall v o n a d l i g e n S c h r i f t s t e l l e r n ; d e n n in der Tat

k o n n t e n nur A d l i g e d i e honnetete

m i t der S c h r i f t s t e l l e r e i vereinbaren. Erst i m L a u f e

d e s 18. Jahrhunderts w e r d e n d i e s t ä n d i s c h e n Konturen d e s B e g r i f f s l a n g s a m v e r w i s c h t - aber n i c h t g a n z . D a s S i e g e l d e s Grand amateur

Seigneur

b l e i b t an der F i g u r d e s

ecrivain

h a f t e n , u n d e s ist d i e s d a s S i e g e l d e s D u e d e L a R o c h e f o u c a u l d .

W i e im Falle Montaignes kann man fragen, ob das M o d e l l La R o c h e f o u c a u l d a u c h über d i e G r e n z e n d e s aristokratischen amateurisme suggeriert, d a ß d e r ecrivain

honnete

homme

h i n a u s g e w i r k t hat. V i a l a

in d e n Philosophes

d e s 18. Jahrhunderts

s e i n e R e i n k a r n a t i o n erfährt. D i e s trifft für M o n t e s q u i e u u n d v i e l l e i c h t Voltaire z u , n i c h t j e d o c h für d i e Encyclopedistes, honnete

168

169

170

76

homme

d i e s i c h als erste v o m amateurisme

v e r a b s c h i e d e n . 1 7 0 D i e amateurs

des

ecrivain

bleiben exzentrische Gestalten, die

Cf. J. Lafond (ed.): Moralistes du XVII' siecle, «Preface», p. XXVII-XXVIII: «En sa qualite de due et pair, La Rochefoucauld jouit d'un Statut social qui le met ä l'abri de toute polemique. L'auteur, theoriquement anonyme, [...] etait presente comme un homme de cour [...] Un grand seigneur, ne faisant pas metier d'ecrire, ne saurait etre soumis aux memes contraintes d'ordre et de regularite que Les Maximes echappent par la meme aux jugements que la critique serait en droit de porter si l'auteur etait homme de lettres». A. Viala: «L'ecrivain honnete homme», p. 221: «Tout honnete homme etait [...] virtuellement auteur, et tout auteur, idealement, devait etre honnete homme. Mais, paradoxe, Γ honnete homme, puisqu'il ne se pique de rien, ne peut se specialiser en rien, pas meme en litterature. La voie par laquelle cette contradiction pouvait etre depassee residait dans la figure de l'auteur amateur, capable d'acceder ä l'excellence puisqu'il etait ä la fois cultive mais sans lourdeur, brillant mais sans clinquant, libre de ton et de propos, mais sans exces; enfin, pas oblige de produire beaucoup, ou ä la commande, puisqu'ä son aise materiellement. Au moment meme ou prenait forme la figure sociale de Γ ecrivain professionnel, ce fut celle de l'auteur amateur qui recueillit le plus haut prestige culturel. Dans bien des cas [...], des ecrivains de profession se couvrirent de I'imagerie honnete et amatrice». Dies ist beispielsweise bei Chapelain und Sorel der Fall (cf. dazu Arnaldo Pizzorusso: «L'idee d'auteur au X V I F siecle», in: M. Fumaroli [ed.], Le Statut de la litterature. Melanges offerts ä Paul Benichou, Geneve, Droz, 1982, p. 59-60). Ähnlich, aber weitaus komplexer sind die Positionen von La Fontaine und La Bruyere. Cf. Encyclopedie de Diderot et d'Alembert, Artikel «Litterature»: «Le tems est arrive dans ce pays, oü l'on ne tient pas le moindre compte d ' u n savant, qui pour eclaircir, ou pour corriger des passages difficiles d'auteurs de l'antiquite, un point de Chronologie, une question interessante de Geographie ou de Grammaire, fait usage de son erudition. On la traite de pedanterie, & l'on trouve par-lä le veritable moyen de rebuter tous les jeunes gens qui auroient du zele & des talens pour reussir dans Γ etude des humanites. Comme il n'y a point d'injure plus offensante que d'etre qualifie de pedant, on se garde bien de prendre la peine d'acquerir beaucoup de litterature pour etre ensuite expose au dernier ridicule. II ne faut pas douter que l'une des principales raisons qui ont fait tomber les Belles-Lettres, ne consiste en ce que plusieurs beauxesprits pretendus ou veritables, ont introduit la coutume de condamner, comme une science de college, les citations de passages grecs & latins, & toutes les remarques d'erudition».

oft an den Rand der Republique des Lettres geraten oder gedrängt werden, wie etwa Caylus, Ligne oder Casanova. Vermutlich geht also Werner Krauss in seiner scharfsinnigen Entgegnung auf Auerbachs Studie über «La cour et la ville» einen Schritt zu weit: «Die honnetete war der letzte politische Gedanke des Adels und der erste kulturelle, den er hatte. Er bedeutete damit freilich die Selbstaufgabe des Standes, sein Aufgehen im Allgemeinen; aber dieser Preis war nicht zu teuer bezahlt dafür, daß die Allgemeinheit sich unter das Stilgesetz des Adels begab». 171 Es ist aber hier nicht der Ort, diese komplexe Frage zu debattieren. Für meine Belange ist zu betonen, daß die Figur des schreibenden Edelmanns in der honnetete ihre gesellschaftliche Legitimation fand und im Gegenzug der honnetete die Welt der Literatur eröffnete.

4. D e r s c h r e i b e n d e E d e l m a n n in der G e s c h i c h t e (Retz) Neben den dem Adel geläufigen, vom Adel gepflegten literarischen Formen muß nun eine genannt werden, die zwar nicht als Gesellschaftsspiel aufgefaßt werden kann, die aber die deutlich ablesbaren Spuren ihrer Verankerung in den Praktiken des adligen loisir verrät; eine Form oder Gattung, die im Gegensatz zu vielen anderen den Untergang ihrer Urheber bis heute überdauert hat: die Gattung der Memoires."2 Die sogenannten memoires aristocratiques darf man bekanntlich nicht mit Autobiographien im heutigen, von den Confessions Rousseaus geprägten Sinne gleichsetzen. Dennoch sollte man sich vor einer allzu schematischen Sicht der Dinge hüten, die (wie im Falle der bekannten Studie von Philippe Lejeune) 173 leicht dazu führen kann, die historisch bedingte Evolution der Gattung vor 1789 zu verkennen - und, gravierender noch, die Verbindungslinien zwischen manch einer nannte. Richelieu hatte übrigens 1635 dem Vater Gondis die survivance des Titels eines general des galeres entzogen und sie seinem Neffen, dem Marquis de Pont-Courlay, zuerkannt.

81

concevais aisement que cet age etait bien avance pour commencer ä porter le mousquet» (MR, I, 150). Ein erster Wendepunkt fällt mit der sogenannten Schlacht der Marfee (Juli 1641) zusammen, als die aufständische Armee des Comte de Soissons (der von Spanien unterstützt wird) die königlichen Truppen unter Führung des Marechal de Chätillon schlägt, Monsieur le Comte aber unter bis heute nicht geklärten Umständen zu Tode kommt. Das Fatum (la fortune) hat gesprochen: Mit diesem Schicksalsschlag, rätselhaft wie der Tod des Fiesco,189 scheinen sich alle Hoffnungen des jungen Gondi zu zerschlagen, irgendeine wichtige Rolle in den affaires spielen zu können. Abermals fällt die Entscheidung für die profession d'homme d'Eglise unter sehr Vorzeichen; nur diesmal ist sie endgültig: «La mort de Monsieur le Comte me fixa dans ma profession, parce que je crus qu'il n'y avait plus rien de considerable ä faire» (MR, I, 158). Ein zweiter Wendepunkt fällt mit einer regelrechten Gewissenskrise zusammen: Anne d'Autriche (gerade verwitwet) hat endlich ihre Zustimmung zur Ernennung Gondis zum Coadjuteur de Paris gegeben, dieser hat die Ernennungsurkunden aus dem Vatikan erhalten und zieht sich in das Kloster von Saint-Lazare zurück (wo ihm kein Geringerer als der heilige Vincent de Paul beisteht); der junge Weihbischof wird sich nun plötzlich der Größe seiner Aufgabe bewußt und zweifelt an seinen Kräften. Nach sechs Tagen der Meditation ist ein neuer Mensch geboren, der sich über die Möglichkeiten seiner profession im Klaren ist: Je pris, apres six jours de reflexion, le parti de faire le mal par dessein, ce qui est sans comparaison le plus criminel devant Dieu, mais ce qui est sans doute le plus sage devant le monde [...]. Voilä la sainte disposition avec laquelle je sortis de Saint-Lazare. Elle ne fut pourtant pas de tout point mauvaise; car j e pris une ferme resolution de remplir exactement tous les devoirs de ma profession, et d'etre aussi homme de bien pour le salut des autres, que je pourrais etre mechant pour moi-meme. (MR, II, 173) 1 9 0

Das Feld der (um mit La Rochefoucauld zu reden) «grandes choses, presque toutes opposees ä sa profession» ist somit klar definiert: es ist das Feld des Bösen, des vorsätzlich begangenen Frevels - für den Zyniker Retz durchaus vereinbar mit der Wahrnehmung der Pflichten seiner profession. Die entscheidende Wendung jedoch liegt noch fünf Jahre vor ihm, im August 1648, als er nämlich in den ersten Monaten der Fronde parlementaire Stellung beziehen muß: für die Königin und Mazarin (die sein Hilfsangebot nach den ersten Straßenschlachten verschmäht haben) oder gegen die Krone an der Seite von Beaufort und Bouillon? Diesmal spricht die virtü, Retz besinnt sich auf seine plutarchischen Lektüren und beschließt, die politische Arena zu betreten, und zwar als chef de partr, die Geburtsstunde des homme d'action, des Helden, hat endlich geschlagen: 189

190

82

Hier ist Retz Machiavelli sehr viel näher als er zugeben konnte, und als Marc Fumaroli annehmen möchte. Die Dialektik von fortune und vertu in den Memoires ist ohne das Vorbild des Principe nicht verständlich: Der «grand homme» ist in der Lage, den «point de la possibilite» zu erkennen und demzufolge das Außerordentliche («extraordinaire») in etwas Gewöhnliches («ordinaire») zu verwandeln und somit zu verwirklichen (MR, II, 956). Da jedoch der florentinische Denker damals bereits in Verruf war (nicht zufällig insinuiert Retz, Mazarin sei ein Schüler Machiavellis), beruft sich Retz in diesem Punkt auf Longinus. Kursive von Retz.

Je rappelai tout ce que mon imagination m'avait jamais fourni de plus eclatant et de plus proportionne aux vastes desseins; je permis ä mes sens de se laisser chatouiller par le titre de chef de parti, que j'avais toujours honore dans les Vies de Plutarque; mais ce qui acheva d'etouffer tous mes scrupules fut l'avantage que je m'imaginai ä me distinguer de ceux de ma profession par un etat de vie qui les confond toutes. (MR, II, 227).

Retz entscheidet sich also für einen Lebenswandel, der alle professions miteinander vermischt und verwischt. La Rochefoucauld - der die Memoires seines Feindes nicht lesen konnte (im Gegensatz zu Retz, der sehr wohl die Memoires des Herzogs zu Rate zieht) - hatte also richtig gesehen: anstatt alle mines - bis auf die des Seelenhirten - aus seinem Repertoire zu tilgen, hatte der berüchtigte Coadjuteur alle sich ihm bietenden Masken aufgesetzt. Als Richtmaß seines Handelns galten ihm nicht etwa die Regeln der honnetete, sondern die Zwänge des Ruhms: «j'abandonnai mon destin ä tous les mouvements de la gloire» (MR, II, 227). Dabei sollte nicht übersehen werden, daß es sich um eine Selbstdarstellung handelt, die als solche keinesfalls nur der Befriedigung des eigenen Geltungsdranges dient. Retz ist zwar einer der größten der französischen Literatur - was die Bewunderung erklärt, die ihm Stendhal zollte er war sich aber gleichzeitig seiner Stellung in der Geschichte Frankreichs bewußt, mithin der Bedeutung seiner eigenen persönlichen histoire. Bevor auf den tieferen symbolischen Sinn der Selbstdarstellung als eingegangen werden kann, muß unter den vielen professions, die Retz (nach eigener Aussage) skrupellos und beliebig ausübte, eine in Betracht gezogen werden, der allein er seinen Ruhm verdankt: die nämlich des Schriftstellers. Auch hierin, wie in der Gestaltung des eigenen Lebens, zeigt sich, daß die anfänglich und auf den ersten Blick parallel verlaufenden Bahnen von La Rochefoucauld und Retz klar auseinanderlaufen. Denn ganz anders als der Herzog hat der Kardinal so gut wie kein schriftstellerisches Bewußtsein - wohingegen er natürlich über ein sehr hohes ästhetisch-stilistisches Bewußtsein verfügte: mit anderen Worten, für Retz stellt sich das Problem des literarischen Ausdrucks, nicht aber die Frage des eigenen Status als schreibender Edelmann (und Geistlicher dazu). Ich würde sogar behaupten, daß sich diese Frage für ihn überhaupt nicht stellte. Eine lexikographische Bestandsaufnahme der Memoires mag dies veranschaulichen: Retz benutzt das Wort ecrivain ein einziges Mal, und zwar in Bezug auf Claude Dubosc-Montandre, einen Pamphletisten, den er 1649 selbst angeheuert hatte, der aber 1650 in den Dienst des Grand Conde überwechselte und folglich auch Retz angriff; 191 von ihm heißt es: «Un certain Montandre, mechant ecrivain ä qui Vardes avait fait couper le nez pour je ne sais quel libelle qu'il avait fait contre Mme la marechale de Guebriant, sa sceur» (MR, II, 624). 192 Das Wort auteur wird durchgängig, im Singular wie im Plural, im Sinne von , gebraucht, 193 wie beispielsweise gleich am Anfang der Memoires, wo Retz erzählt, daß am Tage seiner Geburt

1,2

Cf. dazu die ausführliche Notiz der Herausgeber der CEuvres (OP, 1504, N. 2). Kursiv von E.C. In diesem Zusammenhang wird auch der Onkel des Memorialisten Saint-Simon (nicht gerade vorteilhaft) erwähnt: «[Montandre] s'attacha, pour avoir du pain, ä la miserable fortune du commandeur de Saint-Simon, chef des criailleurs du parti des princes» (MR, II, 624). Cf. Furetiere, s.v. auteur: «S.m. Qui a cree, ou produit quelque chose. On le dit par excellence de la premiere Cause qui est Dieu».

83

ein riesiger Stör in einem Flüßchen nahe Montmirail gefangen wurde, und daß dieser Umstand in manchen Schmähschriften, die seitdem gegen ihn gerichtet worden waren, als Vorzeichen der Unruhen gedeutet wurde, die er im Staat auslösen sollte: «les libelles [...] en ont parle comme d'un pretendu presage de l'agitation dont ils ont voulu me faire V auteur» (MR, 1,128).194 An anderer Stelle spricht Retz von einem Agenten Mazarins, einem gewissen Bluet, als von einem «passablen Autor» - «assez bon auteur» (MR, II, 884) - ; er meint jedoch offensichtlich damit einen guten (d.h. vertrauenswürdigen) Zeugen. Im einzigen Passus, in dem das Wort auteur (im Plural: auteurs) im Sinne von 195 gebraucht wird, ist bezeichnenderweise von den Berufshistorikern die Rede, die die Wahrheit verdrehen: «ces auteurs impertinents qui, etant nes dans la basse-cour et n'ayant jamais passe l'antichambre, se piquent de ne rien ignorer de tout ce qui s'est passe dans le cabinet»; «Ces auteurs impertinents et ridicules meriteraient que Γοη les fouettät publiquement dans les carrefours» (MR, II, 635, 637). Kommen wir vom Autor zum Buch: Zur Bezeichnung seiner Memoires benutzt Retz durchweg den Begriff ouvrage: ein Wort, das laut Furetiere im 17. Jahrhundert in dieser Bedeutung zwar gebräuchlich, jedoch in Hinblick auf die Literatur unspezifischer war als das benachbarte und spezifischere ceuvre.m CEuvre gebraucht Retz wiederum ausschließlich für größere, karitative oder politisch-weltliche Werke («bonne ceuvre», «ce grand ceuvre de la paix generale»).197 Um so auffälliger gerät die Tatsache, daß auch travail und travailler als Bezeichnung der literarischen Arbeit rekurrent sind.198 Es sind dies bereits in ihrer gängigen Bedeutung Schlüsselworte der Memoires: man sieht, wie Retz ohne Unterlaß arbeitet - was bei ihm meistens bedeutet: reden, intrigieren von früh morgens bis spät in die Nacht von Monsieur (Gaston d Orleans) zum Parlement, von Bouillon zu Mile de Chevreuse oder zur Palatine, von Beaufort zuweilen sogar zur Königin eilt, kaum schläft. So nimmt es kaum Wunder, 194 195

196

197

198

84

Kursiv von E.C. Cf. Furetiere: «AUTEUR, en fait de Litterature, se dit de ceux qui ont compose, & mis en lumiere quelque livre». Als Paradebeispiel werden die Kirchenväter genannt. Cf. Furetiere, s.v. ouvrage: «S.m. effet qui est produit par quelque cause, qui est fait par quelque ouvrier, & qui reste apres son travail; production [es folgen Beispiele aus der Genesis: Himmel und Erde als ], D'operagium derive d'opera. OUVRAGE, se dit en ce meme sens des travaux des mains d'hommes [Beispiele: Pyramiden, Statuen, Gemälde, z.B. ein Gemälde von Poussin]. [...] OUVRAGE, se dit aussi des productions de l'esprit soit en vers, soit en prose [Beispiele Homer, Vergil, Gassendi]». Siehe weiterhin Furetiere s.v. ceuvre: «Substantif tantöt masculin, tantöt feminin. [...] Acte, effet produit par quelque agent, ouvrage. [...] CEUVRE, se dit figurement, & signifie, Ouvrage; action. [...] CEuvres, se dit aussi des compositions d'esprit, des ecrits d'un Auteur qu'on a recueillis: auquel sens le mot ceuvre est toujours feminin au plurier; & tantöt masculin, & tantöt feminin au singulier [Beispiele: Plutarch, Thomas von Aquin, Ronsard, Corneille, Marot]». Laut Robert historique bezeichnet das Feminin seit dem 16. Jahrhundert die einzelnen Werke eines Autors, wohingegen das Maskulin auf ein Gesamtwerk bezogen wird («au cours du XVIe siecle, un oeuvre s'applique ä Γ ensemble de la production d'un ecrivain, redoublant le feminin avec un caractere plus technique»). Cf. abermals Furetiere: «Dans le discours uni, (Euvre est toujours feminin: une bonne ceuvre, une sainte oeuvre». Cf. Furetiere s.v. travail·. «S.m. Occupation, application ä quelque exercice penible, fatigant, ou qui demande la dexterite. [...] TRAVAIL, se dit aussi figurement en choses spirituelles. Le travail de l'esprit donne bien autant de peines que celui du corps [hier im Sinne von Mühe], [...] TRAVAIL, se dit aussi de l'ouvrage meme que fait l'Ouvrier [hier aber keine Beispiele aus der Literatur]».

w e n n auch die Memoires

als Arbeit bezeichnet werden, mit der jemand den Kardi-

nal beauftragt hat: «Je vous supplie de recevoir cette petite observation c o m m e une marque de Γ exactitude que j'ai, et que j'aurai toute ma vie, ä ne manquer ä rien de ce que j e dois ä l'eclaircissement d'une matiere sur laquelle vous m ' a v e z c o m m a n d e de travailler» (MR, II, 816). Etwas später liest man: «Je vas travailler au reste du compte que j e vous dois de ma vie» (MR, II, 983). Wer ist aber diese Person, auf deren Geheiß der alternde Kardinal sich bereit gefunden hat, diese Arbeit auf sich zu nehmen? Und was muß man sich unter der «matiere» dieser Arbeit vorstellen? Der Titel lautet Memoires

de Monsieur

de Retz, der Autor selbst nennt aber sein Buch Vie du Cardinal es mit einem memoire aristocratique

le

Cardinal

de Rais.™ Haben wir

oder mit einer Lebensbeschreibung zu tun? Oder

mit einer Mischung aus beidem? Lesen wir die ersten Zeilen: Madame, quelque repugnance que je puisse avoir ä vous donner l'histoire de ma vie. qui a ete agitee de tant d'aventures differentes, neanmoins, comme vous me l'avez commande, je vous obeis, meme aux depens de ma reputation. Le caprice de la fortune m'a fait honneur de beaucoup de fautes; et je doute qu'il soit judicieux de lever le voile qui en cache une partie. Je vas cependant vous instruire nuement et sans detour des plus petites particularites, depuis le moment qu j'ai commence ä connaitre mon etat; et je ne vous celerai aucunes des demarches que j'ai faites en tous les temps de ma vie. (MR, I, 127) Über die Identität dieser D a m e hat man lange gerätselt. Heute wird allgemein und mit guten Gründen angenommen, daß es sich um die Marquise de S e v i g n e handelt. 200 Es ist aber auch der N a m e der D u c h e s s e de Longueville gefallen, und manch einer hat sogar die Vermutung angestellt, Retz habe seine Adressatin beim Übergang v o m zweiten zum dritten Teil der Memoires

gewechselt. 2 0 1 W i e d e m auch sei, entscheidend

1,9

So werden das Ende des ersten und der Anfang des zweiten Teils markiert: «Fin de la premiere partie de la Vie du cardinal de Rais» (MR, I, 171) und «La deuxieme partie de la Vie du cardinal de Rais» (MR, II, 172). Memoires de Monsieur le Cardinal de Retz ist der Titel der ersten Ausgabe der Memoires (Amsterdam, 1717). Sehr schnell hat sich allerdings der schlichtere Titel Memoires du Cardinal de Retz eingebürgert. ™ Cf. dazu das Dossier der CEuvres (OP, 1207-1209). :,)l An Mme de Longueville hat Marc Fumaroli gedacht; eine faszinierende Hypothese, die aber mehrere heikle Fragen aufwirft; so müßte man diesen (auf beiden Seiten) nicht geringen Freundschaftsdienst mit der langjährigen Feindschaft zwischen Retz und La Rochefoucauld unter einen Hut bringen und (schwieriger vielleicht) mit dem Engagement der Herzogin für die Sache der Jansenisten. Die Hypothese der doppelten Adressatin stammt hingegen von Andre Bertiere (Le Cardinal de Retz memorialiste, Paris, Klincksieck, 1977) und stützt sich auf einen strittigen Passus (auf den ich noch zurückkommen werde), worin Retz, an die Dame gerichtet, folgendes schreibt: «J'y epargne [dans cet ouvrage], par honnetete, la plupart [des noms] de ceux qui m'ont manque, et j'y aurais meme supprime avec joie les autres que j'y nomme, si l'ordre que vous m'avez donne, de laisser des Memoires qui pussent etre de quelque instruction ä messieurs vos enfants, ne m'avait oblige ä ne pas ensevelir tout ä fait dans le silence un detail qui peut leuretre de quelque utilite» (MR, III, 1032-1033). Da mit «messieurs vos enfants» nur Knaben gemeint sein können, dachte Retz hierbei sicherlich nicht an die Kinder von Mme de Sevigne, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach an die zwei Söhne ihrer Tochter; folglich - so die Annahme - ist der dritte Teil der Memoires an Mme de Grignan gerichtet. Marie-Therese Hipp hat in ihrer ausführlichen Note zu diesem Passus (OP, 1715) hinreichend belegt, daß Retz nicht an Mme de Grignan denken konnte, weil diese ihn zeitlebens nicht mochte. Es ist also anzunehmen, daß mit der Formel «messieurs vos enfants» tatsächlich die Söhne von Mme de Grignan, jedoch als Enkel von Mme de Sevigne, gemeint waren. 85

ist dabei - wie Marc Fumaroli sehr treffend bemerkt hat - , daß mit Abschluß dieses neuartigen contrat de lecture (dem ersten pacte autobiographique in der Geschichte der Autobiographie) die Memoires des Kardinals sich von Anfang an in eine andere Dimension , die weder mit der religiösen Transzendenz noch mit der anonymen Leserschaft zu umschreiben ist, und auch nicht mit dem Horizont einer Familie, einer race: «Ce contrat amical et mondain, qui situe les Mimoires dans l'ordre de la confidence intime, en de$ä de la verite pour Dieu et au delä de la verite pour la foule, marque un tournant dans l'histoire du genre, reste jusque lä ä l'ecart de l'art litteraire, mais qui etait en train de s'allier ä lui». Und weiter: «La regle voulait que le chef militaire, l ' h o m m e d'Etat ou le prelat qui redigeait ses Commentaires ou ses Memoires le fit pour Γ instruction de ses heritiers, de ses successeurs ou de ses pairs. Or [...] Retz ne cherche pas ä se poser en exemple ni ä tirer de ses un modele transmissible ä d'eventuels imitateurs». 202 Ich denke, daß man etwas weiter gehen und etwas pointierter formulieren kann. Mir scheint, daß Retz die des memoire aristocratique übernommen, sie von außen betrachtet kaum verändert, jedoch ihre gänzlich neu definiert hat, und dies nicht so sehr, um aus dem memoire die gigantische Expansion eines zu machen, sondern um daraus ein völlig neues literarisches Werkzeug zu formen - im Dienste der Wahrheit. Welcher Wahrheit? Die Wahrheit, die Retz anvisiert, findet sich nicht im salon der schönen und geistreichen Marquise und auch nicht in Commercy oder in Saint-Denis. Es ist die Wahrheit der Geschichte: La verite, l'äpre verite, um mit Danton und Stendhal zu reden. Die Anrede an die nicht genannte D a m e ist für den Kardinal notwendig, um das zu wagen, was kein Edelmann vor ihm (von Montaigne einmal abgesehen) gewagt hatte: sich über die Logik familieninterner Traditions Vermittlung hinwegzusetzen; im Namen der Wahrheit zu reden - «Je suis uniquement ä vous, et j e vous dois la verite tout entiere» (MR, III, 988) - ; und in der Geschichte des eigenen Ichs die Wahrheit der Geschichte der eigenen Zeit, wie in einem Brennglas, zu ergründen und darzustellen: «Je mets mon nom ä la tete de cet ouvrage, pour m'obliger davantage moi-meme ä ne diminuer et ä ne grossir en rien la verite» (MR, I, 127). Nehmen wir das Hauptmerkmal der traditionellen memoires, nämlich die Verpflichtung, vor der eigenen Familie und dem eigenen Stand einen Rechenschaftsbericht des eigenen Handelns und dessen, was man von der Geschichte erlebt und gesehen hat, abzulegen: das, was ich die «Ästhetik der Chronik> genannt habe. Man erinnere sich an L a Rochefoucauld: «j'ai ecrit ce que j ' a i vu des troubles de la Fronde [...]». Ähnlich lautet der Auftrag der unbekannten D a m e an den Kardinal, der seinerseits beteuert, d e m nachkommen und einen wahrheitsgetreuen Bericht seiner «actions» abliefern zu wollen: «un ouvrage qui ne doit etre proprement q u ' u n simple compte que vous m ' a v e z c o m m a n d e de vous rendre de mes actions» (MR, II, 843). Auch gibt Retz vielerorts zu verstehen, daß er sich strikt an das zu halten gedenkt,

202

86

M. Fumaroli: «Retz: des Memoires en forme de conversation galante», in: M. Fumaroli, La diplomatie de I 'esprit, p. 249-250.

was er mit Sicherheit weiß, und daß er lieber Lücken in Kauf nimmt als fragwürdige Berichte in die Welt zu setzen: «Je vous rends un compte fidele de ce que je sais certainement, et je crois qu'il est plus du respect et de la verite que je vous dois de vous donner une histoire defectueuse que problematique» (MR, II, 694). An anderer Stelle gibt er ganz im Sinne eines memoire zu Protokoll, daß er sich jeglicher Mutmaßung bezüglich jener Begebenheiten enthalten werde, die er (ausnahmsweise) nur von einer aus wahrnehmen konnte: Je crois que je me suis acquitte exactement de la parole que j e vous ai donnee de ne vous guere importuner de mes reflexions sur tout ce qui se passa dans les temps que je viens de parcourir plutöt que de decrire. Ce n'est pas, c o m m e vous le jugez aisement, faute de matiere: il n'y en peut guere avoir qui en soit plus digne, ni qui en düt etre plus feconde. Les evenements en sont bizarres, rares, extraordinaires; mais, c o m m e je n'etais pas proprement dans Taction et que je ne la voyais m e m e que d ' u n e loge qui n'etait q u ' a u coin du theatre, j e craindrais, si j'entrais trop avant [dans] le detail, de meler dans mes vues mes conjectures; et j ' a i tant de fois eprouve que les plus raisonnables sont souvent fausses, que j e les crois toujours indignes de l'histoire. et d ' u n e histoire particulierement qui n'est faite que pour une personne ä laquelle on doit, par tant de titres, une verite pleinement incontestable. (MR, II, 859)

Tatsächlich hat Retz aber etwas anderes im Sinn, nämlich seiner Adressatin ein Gesamtbild der Ereignisse zu vermitteln, in die er verwickelt gewesen ist. Und es gibt nun einmal Dinge und Begebenheiten, die er nicht auf Grundlage eigener Beobachtung belegen kann, die aber für die Geschichte notwendig sind: «Je ne prends pas plaisir ä inserer dans cet ouvrage ce detail que je η 'ai point vu, parce que je me suis fait une espece de serment ä moi-meme de n'y mettre quoi que ce soit dont la verite ne me soit pleinement connue; mais ce particulier l'histoire,

est si necessaire

ä cet endroit

de

que j'ai ete oblige de m'en dispenser en cette occasion» (MR, II, 498). 2 0 3

An anderer Stelle entschuldigt sich Retz für die Erwähnung einiger auf den ersten Blick nebensächlicher Details, die aber im Kontext der Geschichte, die er gerade erzählt, und im Kontext der Zeit, die er nachzubilden versucht, durchaus ihren Platz haben: «Ces remarques, trop legeres par elles-memes, ne sont dignes de l'histoire que parce qu'elles marquent tres naturellement l'extravagance de ces sortes de temps, oü tous les sots deviennent fous et oü il n'est pas permis aux plus senses de parier et d'agir toujours en sages» (MR, II, 420). Damit ist klar, daß Retz nicht einen bloßen Rechenschaftsbericht seiner verfaßt, sondern eine zusammenhängende Geschichte. Nicht ein bloßes ouvrage

2,0 2IM

sondern eher eine histoire.204

Dies

Kursiv von E.C. Hier einige Okkurrenzen von histoire, wo das Wort als Gattungsbezeichnung gebraucht wird: Γ histoire de ma vie (MR, I, 127); l'etablissement du ministre, que vous verrez dans toute la suite de cette histoire jouer le plus considerable röle de la comedie (MR, II, 175); cette apparition d ' u n depute d ' E s p a g n e dans le parlement de Paris fait une scene qui n'est pas fort ordinaire dans notre histoire (MR, II, 304); ce particulier est si necessaire ä cet endroit de l'histoire (MR, II, 498); beaucoup de faits particuliers qui se rencontreront dans le cours de cette histoire (MR, II, 520); j e crois qu'il est plus du respect et de la verite que j e vous dois de vous donner une histoire defectueuse que problematique (MR, II, 694); en plus d ' u n endroit de cette histoire (MR, II, 742); Vous avez vu, dans le second volume de cette histoire, que j ' a v a i s envoye ä R o m e l'abbe Charrier [...] (MR, II, 788); Chäteaubriant, dont vous avez dejä vu le nom dans la seconde partie de cette histoire (MR, II, 809); J'ecris, par votre ordre, ]'histoire de ma vie (MR, II, 828); une histoire particulierement qui n'est faite que pour une personne ä laquelle on

87

ist b e i s p i e l s w e i s e an der Darstellung der E r e i g n i s s e d e s Jahres 1 6 5 0 in B o r d e a u x und in der G u y e n n e , d e n e n Retz nicht b e i g e w o h n t hatte, deutlich abzulesen. 2 0 5 Ä h n l i c h e s läßt sich aus der Handhabung der A k t e n und amtlichen Protokolle d e s Parlement

de

Paris ableiten, auf die Retz zurückgreift, w e n n er v o n einer Sitzung berichten muß, der er fern g e b l i e b e n war, und i h m f o l g l i c h N o t i z e n aus e i g e n e r (und erster) Hand gerade fehlen. In d i e s e n Fällen ist das U n b e h a g e n d e s Kardinals spürbar; g e n a u s o klar j e d o c h seine erklärte Absicht, s e i n e s o u m f a s s e n d w i e m ö g l i c h darzustellen und zu beleuchten. Retz unterscheidet in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n d e m und d e m der Fakten, und gesteht, daß an den A k t e n und Papieren nur der Körper der Fakten kenntlich wird, das E n t s c h e i d e n d e aber - das o f t nicht e i n m a l g e s a g t wird - fehlt: Quoique je vous puisse repondre de la verite de tous les faits que je viens de poser [...], parce qu'il n'y en a aucun que je n'aie verifie moi-meme sur les registres du Parlement ou sur ceux de l'Hötel de Ville, j e n'ai pas cru qu'il füt de la sincerite de l'histoire que je m'y arretasse avec autant d'attention ou plutöt avec autant de reflexion que je Tai fait ä propos des assemblees des chambres auxquelles j'avais assiste en personne. II y a autant de difference entre un recit que Ton fait sur des memoires, quoique bons, et une narration de faits que Ton a vus soi-meme, qu'il y en a entre un portrait auquel I'on ne travaille que sur des oui'-dire, et une copie que Ton tire sur les originaux. Ce que j'ai trouve dans ces registres ne peut etre tout au plus que le corps; il est au moins constant que l'on n'y saurait reconnaitre l'esprit des deliberations, qui s'y disceme assez souvent beaucoup davantage par un coup d'ceil, par un mouvement, par un air, qui est meme quelquefois presque imperceptible, que par la substance des choses qui paraissent plus importantes, et qui sont toutefois les seules dont les registres nous doivent et puissent tenir compte. (MR, II, 816) R e t z unterscheidet d e m z u f o l g e z w i s c h e n Faktensicherung und R e f l e x i o n . Für die Fälle, deren Z e u g e er nicht g e w e s e n ist, gilt d i e R e g e l : die Fakten sichern {poser faits),

les

o h n e darüber zu reflektieren ( r a i s o n n e r ) :

Voilä ce qui m'oblige ä continuer le recit de ce qui se passa dans ce temps-lä, que j'abregerai toutefois le plus qu'il me sera possible, parce que ce n'est jamais qu'avec une extreme peine que j'ecris sur les memoires d'autrui. Je poserai les faits, je n'y raisonnerai point; j e deduirai ce qui me paraitra le plus de poids; j'omettrai ce qui me semblera le plus leger; et, en ce qui regarde les assemblees du Parlement, j e n'observerai les dates qu'ä l'egard de celles qui ont produit des deliberations considerables. (MR, II, 844) R e t z greift aber auf diese Fakten zurück und f ü g t sie n e b e n die anderen in das M o s a i k seiner G e s c h i c h t e ein. U n d e s wird deutlich, daß die Darstellung der G e s c h i c h t e für ihn nicht linear, nicht , sondern organisch sein muß. D i e Wahrheit geht nicht unvermittelt aus einer b l o ß e n Aneinanderreihung v o n mehr oder minder g e s i -

205

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doit, par tant de titres, une verite pleinement incontestable (MR, II, 859); l'affaire de Brisach, que j'ai touchee dans le second volume de cette histoire (MR, II, 894); Vous avez vu, dans le second volume de cette histoire, que Monsieur fut entraine par Monsieur le Prince ä demander ä la reine l'eloignement des sous-ministres (MR, II, 921); C'est oü j e termine le troisieme volume et la seconde partie de mon Histoire (MR, II, 983) (kursiv von E.C.). Ein Kommentar hierzu findet sich am Ende des Kapitels. MR, II, 498 sqq. Es geht darin um die Belagerung und die Einnahme von Bordeaux, worin sich Bouillon und La Rochefoucauld verschanzt hatten, seitens der königlichen Truppen, im August und September 1650. Retz muß sich hier unter anderem auf die Memoires von La Rochefoucauld stützen (III, p. 111-120), in denen eine detaillierte Chronik der nachzulesen ist.

cherten Fakten hervor. Man muß sie freilegen - den Dunstschleier, der sie verdeckt, zerreißen. Diese der Wahrheit kommt laut Retz durch die Überlagerung von Widersprüchen zustande, die nur deijenige auflösen kann, der all die verstreuten und scheinbar zusammenhanglosen Reflexionen und Fakten zusammenliest, in einem einzigen Blick erfaßt und zusammenfügt. Nur so können die Ausgeburten der Geschichte (der Geschichtsschreibung?) - «ce corps monstrueux et presque incomprehensible» - geordnet und gedeutet werden: comme la plupart de ces circonstances sont Celles qui ont forme ce corps monstrueux et presque incomprehensible, meme dans le genre du merveilleux historique, dans lequel il semble que tous les membres n'aient pu avoir aucuns mouvements qui leur fussent naturels, et meme qui ne fussent contraires les uns aux [autres], j'ai cru qu'il etait meme heureux de rencontrer, dans le cours de la narration, une matiere qui m'obligeät de les ramasser toutes ensemble, afin que vous puissiez, avec plus de facilite, decouvrir, d'un coup d'ceil, ce qui, n'etant que repandu dans les lieux differents, offusque la verite de l'histoire par des contradictions, que rien ne peut jamais bien demeler que l'assemblage des raisonnements et des faits. (MR, II, 788)

Es liegt nach all dem bisher Gesagten auf der Hand, daß eine solche Aufgabe keinesfalls den Berufshistorikern zufallen darf: «J'ai admire, mille fois en ma vie, le peu de sens de ces malheureux gazetiers qui ont ecrit l'histoire de ce temps-lä. Je n'en ai pas vu un seul qui ait seulement fait une reflexion legere sur ces contradictions, qui en sont pourtant les pieces les plus curieuses et les plus remarquables» (MR, II, 761). Aus niederer Herkunft stammend, können sie gerade bis zu den antichambres vordringen und vernehmen nur ein undeutliches Stimmengewirr. Daraus fügen sie Ideengebäude zusammen, die nichts mit der Wahrheit gemein haben und dennoch den Anspruch auf Wahrheit erheben.206 Hier kommt ein weiteres traditionelles Merkmal der memoires zu Tage, das bei Retz mit einer neuen Funktion erfüllt wird: die Polemik gegen die akademische und vor allem gegen die offizielle (königliche) Geschichtsschreibung. Natürlich geht es Retz auch darum, all jene Chronisten im Vorfeld zu diskreditieren, die (aus seiner Sicht) Unwahres über ihn verbreiten werden oder bereits verbreitet haben. Dies tut er aber gänzlich in eigener Sache - nicht im Namen seiner Familie (seiner Vorfahren und seiner Nachfahren). Wenn überhaupt aus Loyalität zu seinem Stand, dem er zwar de jure (als Geistlicher) nicht mehr angehört, dem er sich de facto aber weiterhin zugehörig fühlt. Bereits hierin unterscheidet er sich von den meisten seiner Vorgänger. Der eigentliche Beweggrund liegt jedoch tiefer: nämlich in einer neuartigen Auffassung von Wahrheit und Geschichte.

206

Cf. Philipp Dormer Stanhope 2nd Earl of Chesterfield: Briefe an seinen Sohn Philip Stanhope über die anstrengende Kunst, ein Gentleman zu werden. Aus dem Englischen übertragen von I. G. Gellius. Ausgewählt, bearbeitet und herausgegeben von Friedemann Berger, Leipzig und Weimar, Gustav Kiepenheuer, 1983, darin die Anmerkungen zu den «Politische[n] Grundsätzefn] des Kardinals Retz», p. 351: «Ich kenne kaum ein Buch, das zu lesen und zu behalten einem jungen Menschen so notwendig wäre. Du wirst darin finden, wie wichtige Geschäfte wirklich besorgt werden; nämlich ganz anders, als Leute, die niemals damit zu tun gehabt haben, sich einbilden. Du wirst darin sehen, was Höfe und Hofleute wirklich sind, und bemerken, daß sie weder so gut sind, wie sie sein sollten, noch auch so schlimm, wie die meisten Leute glauben. Der Dichter am Hof und der mürrische, einsame Pedant irren sich gleich sehr in ihren Begriffen oder wenigstens in den Berichten, die sie uns von ihnen geben.»

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Retz ist wie seine Zeitgenossen fasziniert vom Theater. Wie einem Calderon ist ihm die Bühne nicht so sehr die Metapher, als vielmehr das Prinzip (der Mechanismus) der Welt. Berühmt ist das Ende des ersten Teils der Memoires: «II me semble que je n'ai ete jusques ici que dans le parterre, ou tout au plus dans l'orchestre, ä jouer et ä badiner avec les violons; je vas monter sur le theatre, oü vous verrez des scenes, non pas dignes de vous, mais un peu moins indignes de votre attention» (MR, I, 171). Dabei steht allerdings nicht die Thematik des Rollenspiels - der Maske, der Heuchelei, der Komödie etc. 207 - , sondern das Wunderwerk der Theatermaschinen im Vordergrund.208 Wenn die Welt eine Bühne oder vielmehr ein von mehreren Bühnen ist und die Geschichte ein Schauspiel, so wird das Schauspiel von einigen Hauptakteuren vorangetrieben, die jeweils eine oder gar mehrere Maschinen bedienen, gleichzeitig aber Teil dieser Maschinen sind. Um den Lauf der Geschichte zu verstehen und der Wahrheit auf die Spur zu kommen, gilt es also, die Triebfedern der einzelnen Maschinen zu erkennen. Und um sie zu erkennen, muß man in die Maschinerie eindringen. Nur wer die Maschinen der Weltbühne von innen kennt, kennt die Wahrheit. Auf der französischen Weltbühne um 1650, beispielsweise, gibt es die Maschine des Parlement de Paris, die bald vom Präsidenten (Mole), bald von Gaston d'Orleans (das heißt von Retz) betrieben wird: «Voilä l'etat du Parlement jusques au 18 de janvier 1650; voilä ce que tout le monde voyait; voici ce que personne ne savait, que ceux qui etaient dans la machine» (MR, II, 474). Es gibt die Maschine des Hofes, die sehr zum Leidwesen des Coadjuteur niemand so gut kennt wie Mazarin. Es gibt weiterhin die Maschine der Partei des Grand Conde, die Retz kaum durchschauen kann: Je suis assure qu'il y a dejä quelque temps que vous me demandez le detail de cette grande machine du parti de Monsieur le Prince, dont les mouvements vous ont, si je ne me trompe, paru assez singuliers, pour vous donner de la curiosite pour les ressorts qui la faisaient agir. II m'est impossible de satisfaire, sur ce point, votre desir, et parce qu'une infinite de circonstan-

207

208

90

Die Welt der Komödie - vor allem der italienischen commedia dell'arte - wird natürlich jedesmal evoziert, wenn die Rede auf den verhaßten kommt, den «ministre, que vous verrez dans toute la suite de cette histoire jouer le plus considerable röle de la comedie» (MR, II, 175). In den während der Fronde florierenden Mazarinades wurde der Minister von Anne d'Autriche oft als «Trivelino Principe» beschimpft (cf. Retz, MR, II, 197). Ein großer Komödiant ist aber auch der Due d'Elbeuf: «M. d'Elbeuf, qui etait grand saltimbanque de son naturel, commenga la comedie» (MR, II, 305). Die Beispiele dieser Art könnten beliebig vermehrt werden. Retz gebraucht das Wort machine bevorzugt nicht im Sinne von Deus ex machina (cf. Furetiere s.v. machine: «MACHINE, se dit en termes de Poesie Dramatique, & Epique, de l'artifice par lequel on a recours ä quelque Puissance superieure, ou ä une Divinite, pour executer une chose qui est au dessus des forces de la Nature»), sondern im Sinne von Bühnenmaschinerie: cf. abermals Furetiere: «MACHINES DE BALLET, sont des inventions pour faire changer les decorations, faire des vols en l'air, faire mouvoir des animaux, & autres artifices qui surprennent & divertissent les spectateurs qui n'en sgavent pas le secret. Les machines de l'opera. L'Italie nous surpasse du cöte des decorations & et des machines, puisque e'est d'elle que nous avons emprunte tout ce qui nous a davantage surpris l'imagination & les yeux sur nos theatres». Darüber hinaus benutzt Retz gerne das Wort im Sinne von Intrige: cf. Furetiere: «MACHINE, se dit figurement, des adresses, des artifices dont on use pour avancer le succes, & pour venir ä bout d'une affaire».

ces en est echappee ä ma memoire, et parce que je me souviens, en general, que la multitude d'interets differents qui en agitaient et le corps et les parties, en brouillait si fort, dans le temps meme, toutes les especes, que j e n'y connaissais presque rien. (MR, II, 693)

Sogar jemand wie Retz, der einige Maschinen von innen kannte (das Parlement,

die

vieille Fronde, den Hof von , manch ein gewichtiges Adelshaus wie jenes der Bouillon), vermag es nicht, alle Triebfedern der Maschinen auseinanderzuhalten und zu ermitteln: «demeler en particulier les differents ressorts des machines que vous venez de voir sur le theatre» (MR, II, 859). Dennoch nimmt er für sich in Anspruch, ausreichend Einblick in die affaires - aus eigener, direkter Erfahrung - genommen zu haben, um seiner Adressatin über die innere Bewegung aller Maschinen Bericht zu erstatten: «Le compte que j e vas vous rendre de ce que je remarquais, en ce temps-lä, du mouvement interieur de toutes les machines, est plus de mon fait, et j'espere que j e serai assez juste» (MR, II, 816). 2 0 9 Die Erkenntnisse, die er dabei gewinnt und seiner Freundin mitteilen kann, sind freilich oft ernüchternd. In vielen Fällen geben die Hauptakteure widersprüchliche Auskünfte, manche haben schlichtweg die Anlässe, zuweilen sogar die Gründe ihres Handelns vergessen. 210 Je weiter man in die affaires und die Analyse der Ereignisse einer Epoche vordringt, desto öfter steht man vor Rätseln: Entscheidungen, Fehlern, Fügungen, die den direkt Beteiligten - und Retz selbst - gänzlich unerklärlich sind. Es sind dies die einzigen Momente, in denen Retz einen nahezu mystischen Ton anstimmt: Akzente einer fast nihilistischen Mystik der Fortuna. Die wiederholte Erfahrung eines unerklärlichen Rests in der Geschichte ist jedenfalls ein schlagendes Argument gegen die offizielle Geschichtsschreibung. Wenn die Hauptakteure selbst die Gründe ihres Handelns nicht kennen, wie können sich Papierschwärzer anmaßen, über ihre Taten ein Urteil abzugeben?

2

"'' Der Ansatz des Due de Saint-Simon (der die Memoires du Cardinal de Retz natürlich gelesen hatte) ist ähnlich: «Ecrire l'histoire de son temps, c'est repasser dans son esprit avec beaucoup de reflexion tout ce q u ' o n a vu, manie, ou su d'original sans reproche, qui s'est passe sur le theatre du monde, les diverses machines, souvent les riens apparents qui ont mu les ressorts des evenements qui ont eu le plus de suite, et qui en ont enfante d'autres» (Saint-Simon: Memoires I. Textes choisis, etablis et presentes par Yves Coirault, Paris, Gallimard [Folio], 1990, «Avantpropos», p. 33; der Text, verfaßt im Juli 1743, trägt ursprünglich folgenden Titel: «Savoir s'il est permis d'ecrire et de lire l'histoire singulierement celle de son temps»). Am Journal des Marquis de Dangeau, das er bekanntlich weidlich ausschlachtet, bemängelt Saint-Simon gerade, daß es ein «tableau exterieur de la cour» biete - und nicht das, was die Memoires des kleinen Herzogs meisterhaft darstellen werden, nämlich ein tableau interieur de la cour (cf. Saint-Simon: Memoires II, «En guise d'Avant-Propos: Du Journal de Dangeau aux Memoires de Saint-Simon», p. 17). 210 Z u m Beispiel im April 1651 bei der Annullierung der Heirat zwischen Conti und Mile de Chevreuse: Über die Hintergründe dieses Vorgangs, vor allem über die Gründe des eklatanten Mangels an formeller Höflichkeit bei der Ankündigung der Annullierung gibt es verschiedene und stark abweichende Zeugnisse. Viele der direkt Beteiligten haben ohnehin die Details vergessen oder geben vor, sie vergessen zu haben. Kommentar: « C o m m e je disais un jour ä Guitaut que cette variete m'etonnait, il m e repondit qu'il n'en etait point surpris, parce qu'il avait remarque, sur beaucoup d'articles, que Monsieur le Prince et M a d a m e sa soeur avaient oublie la plupart des circonstances de ce qui s'etait passe dans ces temps-lä. Faites reflexion, j e vous supplie, sur l'inutilite des recherches qui se font tous les jours, par les gens d'etudes, des siecles qui sont plus eloignes» (MR, II, 6 0 8 - 6 0 9 ) .

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J'observai aussi, en ce rencontre, qu'il y a des points inexplicables dans les affaires et inexplicables meme dans leurs instants. [...] Ne doit-on pas admirer, apres cela, l'insolence des historiens vulgaires, qui croiraient se faire tort si ils laissaient un seul evenement dans leurs ouvrages, dont ils ne demelassent pas tous les ressorts, qu'ils montent et qu'ils relächent presque toujours sur des cadrans de college? (MR, II, 630) 1 M i t «historiens vulgaires» sind hier in erster Linie die Pedanten gemeint, das heißt die Lehrer der Universites.

Retz n i m m t aber darüber hinaus die nichtadligen, bürgerlichen

Schriftsteller ins Visier, die v o n ihrer Feder leben. D i e Verachtung des Aristokraten wird hierbei n o c h deutlicher: Je me confirme dans ce que j'ai dit ci-devant, qu'il y a des points dans les affaires qui echappent, par des rencontres meme naturelles, aux plus clairvoyants, et que nous en rencontrerions bien plus frequemment dans les histoires; si elles etaient toutes ecrites par des gens qui eussent ete eux-memes dans le secret des choses, et qui, par consequent, eussent ete superieurs ä la vanite ridicule de ces auteurs impertinents qui, etant nes dans la basse-cour et n'ayant jamais passe l'antichambre, se piquent de ne rien ignorer de tout ce qui s'est passe dans le cabinet. J'admire ä ce propos l'insolence de ces gens de neant en tout sens, qui, s'imaginant d'avoir penetre dans tous les replis des cceurs de ceux qui ont eu le plus de part dans ces affaires, n'ont laisse aucun evenement dont ils n'aient pretendu avoir developpe l'origine et la suite. Je trouvai un jour, sur la table du cabinet de Monsieur le Prince, deux ou trois ouvrages de ces ämes serviles et venales, et il me dit, en voyant que j ' y avais jete les yeux: «Ces miserables nous ont faits, vous et moi, tels qu'ils auraient ete si ils s'etaient trouves en nos places.» Cette parole est d'un grand sens. (MR, II, 635-636) 2 1 2 M a n m u ß also in die G e h e i m n i s s e der affaires e i n g e w e i h t sein - und u m in die

affaires

e i n g e w e i h t zu sein, m u ß man ein A d l i g e r sein - , u m überhaupt erkennen zu können, daß e s in der G e s c h i c h t e G e h e i m n i s s e gibt, die sich j e d e r Aufklärung entziehen, D i n g e , die m a n nicht erklären kann. D i e Geschichtsschreiber h i n g e g e n , die keine Kenntnis der affaires

haben, m a ß e n sich an, alles erklären zu w o l l e n und verfälschen

s o m i t die G e s c h i c h t e , die in Wahrheit o f t unverständlich ist. S i e üben letzten E n d e s Verrat an der Wahrheit. D a z u verdammt, am H o f e zu antichambrieren, sind sie e s auch i m A n g e s i c h t der Wahrheit. Retz' A u f f a s s u n g v o n G e s c h i c h t e läßt sich aber auf die S k e p s i s e i n e s Z e i t z e u g e n (und e i n e s Verlierers), e i n e s M a n n e s der Tat und e i n e s M a n n e s v o n Welt nicht reduzieren. Unüberhörbar ist freilich ( v o n der ständisch bedingten Verachtung einmal a b g e s e h e n ) das Mißtrauen e i n e s adligen, nicht p r o f e s s i o n e l l e n Gelegenheitsschriftstellers g e g e n ü b e r der Geschichtsschreibung und letztlich g e g e n ü b e r der Literatur. D i e Literatur interessiert den Kardinal, w i e s c h o n angedeutet, sehr w e n i g . D u r c h den Kunstgriff mit der Adressatin hat s i c h das P r o b l e m der adligen Schriftstellerei für ihn

211

212

92

Siehe auch MR, II, 766: «Je vous supplie de me permettre que j e fasse ici une pause, pour observer qu'il n'est pas etrange que les historiens qui traitent des matieres dans lesquelles ils ne sont pas entres par eux-memes s'egarent si souvent, puisque ceux meme qui en sont les plus proches ne se peuvent defendre, dans une infinite d'occasions, de prendre pour des realites des apparences quelquefois fausses dans toutes leurs circonstances». Siehe auch den Passus, in dem Retz über die Gründe des langen Zauderns des Grand Conde im Juli 1651 reflektiert: «L'on a voulu blämer son irresolution, et je crois que l'on en doit plutöt louer le principe; et je meprise au dernier point l'insolence de ces ämes de boue qui ont ose ecrire et imprimer qu'un coeur aussi ferme et aussi eprouve que celui de Cesar ait ete capable, en cette occasion, d'une alarme mal prise. Ces auteurs impertinents et ridicules meriteraient que l'on les fouettät publiquement dans les carrefours» (MR, II, 637).

erledigt. Was ihn vielmehr umtreibt und zum Schreiben antreibt, ist die Suche nach der Wahrheit der Geschichte, nach dem Sinn der Ereignisse, deren Zeuge er gewesen ist - und letztlich die Frage nach seiner eigenen Rolle innerhalb dieser Geschichte. Bei aller Skepsis kann Geschichte für Retz sehr wohl gedeutet werden. Einzelne Triebfedern, einzelne Taten mögen dem Betrachter in ihrem Wesen verborgen bleiben. Wenn man jedoch in die Lage versetzt ist, die Dinge von innen zu betrachten, werden Entwicklungen sichtbar, Widersprüche werden denkbar und nachvollziehbar oder lösen sich auf: «Ce que je vous dis de ces possibilites de Tun et de l'autre cote vous parait sans doute contradictoire, et j'avoue qu'il ne se peut concevoir que par ceux qui ont vu les choses, et encore qui les ont vues par le dedans» (MR, II, 908). Ein Vergleich mit dem Erzfeind La Rochefoucauld, der einem anderen Geschichtsbild verhaftet bleibt, mag dies verdeutlichen. Aus dieser Perspektive betrachtet sind die Linien des Herzogs und des Kardinals deutlich divergent, so deutlich, daß man an das (von Longhi und Pasolini vulgarisierte) Modell von Masolino und Masaccio denken muß. Wie Masolino und Masaccio in der Cappella Brancacci leben und wirken La Rochefoucauld und Retz im selben Licht, sie haben dieselben Gegenstände und Ereignisse vor Augen, die Perspektiven jedoch, die sich ihren Blicken eröffnen, sind nahezu entgegengesetzt. Eine Konstellation, die Andre Suares in seinem sonst reichlich überzeichneten Doppelporträt des Kardinals und des Herzogs in Ansätzen skizziert hat: Dans la vie et dans les Oeuvres, La Rochefoucauld et le cardinal de Retz se rencontrent et s'opposent en tout. Le portrait qu'ils ont fait, Tun de l'autre, en est l'eclatant temoignage. Que l'auteur des Maximes soit un tres bei esprit, et meme superieur dans la connaissance du monde, qui en doute? Cependant, s'il a la vue la plus fine sur l'interieur de la Cour, il ne voit guere au delä, et il ignore la ville. Son monde se borne aux courtisans, ä leurs passions et ä leurs intrigues. II y porte un genie chagrin, pergant et etroit, et l'humeur la moins dupe. 2 1 3

Wenn es nicht zutrifft, daß La Rochefoucauld die Stadt (Paris, die salons)214 nicht kannte, und wenn es ungerecht ist, ihn auf die Figur des vollkommenen courtisan festzulegen, so stimmt es doch, daß sein Blickfeld im Vergleich mit den «grandes vues» des Kardinals eingeschränkt wirkt. Das war übrigens Retz nicht entgangen: «Sa vue» - so ist unter anderem in seinem Porträt des Herzogs zu lesen - «n'etait pas assez etendue, et il ne voyait pas meme tout ensemble ce qui etait ä sa portee» (MR, II, 289). Besonders anschaulich wird dieser Unterschied, wenn man die Doppelporträts von Richelieu und Mazarin miteinander vergleicht, die die beiden Rivalen im Abstand von einigen Jahren verfaßt haben. Für den damaligen Zeitkritiker war dies nicht nur eine Pflichtübung nach dem Muster Plutarchs, sondern der Anlaß, um über eine markante Entwicklung der jüngeren französischen Geschichte nachzudenken.

213

2,4

Andre Suares: «Retz» [1937], in: Andre Gide (ed.), Tableau de la litterature fran(aise. XVII' - XVIII' siecles de Corneille a Chenier. Preface par Gide, Paris, Gallimard, 1939, p. 47 (ausgerechnet der Vergleich von Retz und La Rochefoucauld ist aus unerfindlichen Gründen im ersten Sammelband der Aufsätze von Suares getilgt worden: cf. A. Suares: Arnes et Visages. De Joinville ä Sade. Edition etablie, presentee et annotee par Michel Drouin, Paris, Gallmard, 1989, p. 89-100). Es ist auszuschließen, daß Suares mit ville das Volk der Barrikaden gemeint haben könnte.

93

Beide sind sich darüber einig, daß Richelieu hier entscheidende Weichen gestellt hat. Bereits in der Bewertung der Tragweite Richelieus und in der «historischen Verortung> seines Wirkens sind jedoch einige Unterschiede bemerkbar. Bei La Rochefoucauld schließt die Würdigung des großen Kardinals den ersten Teil der Memoires ab. Darin heißt es, ausgehend von den Folgen des Todes Richelieus: [...] la suite a fait connaitre que cette perte fut tres prejudiciable ä Γ Etat, et que, puisqu'il en avait ose changer la forme en tant de manieres, lui seu! la pouvait maintenir utileraent, si son administration et sa vie eussent ete de plus longue duree. Nul que lui n'avait bien connu jusqu'alors toute la puissance du Royaume, et ne l'avait su remettre entiere entre les mains du Souverain. La severite de son ministere avait repandu beaucoup de sang, les grands du Royaume avaient ete abaisses, les peuples avaient ete charges d'impositions; mais la prise de La Rochelle, la ruine du parti huguenot, I ' a b a i s s e m e n t de la maison d'Autriche, tant de grandeur dans ses desseins, tant d'habilite ä les executer, doivent etouffer les ressentiments particuliers, et donner ä sa memoire les louanges qu'elle a justement meritees. 215

La Rochefoucauld unterstreicht die zentralisierende Wirkung der Amtszeit Richelieus, das heißt (mit heutigen Worten) die absolutistische Wende der französischen Monarchie mit der daraus resultierenden Herabsetzung () des alten Hochadels; er deutet auch an, daß dabei die des Staats verändert worden sei - sagt aber nicht inwieweit. Bei Retz ist die Analyse der Amtszeit Richelieus durch einen weitgespannten, aber knapp gehaltenen historischen Rückblick eingeleitet, der den Leser bis an die Ursprünge der französischen Monarchie zurückversetzt und über die Abfolge der wichtigsten Könige wieder zurück in die Gegenwart führt. Der rote Faden ist dabei mit Bedacht gewählt: es ist die Handhabung der ungeschriebenen Grundgesetze des Königreichs (lois fondamentales du royaume oder lois coutumieres),216 die in Retz' Augen folgerichtig die Besonderheit der französischen Monarchie, im Vergleich etwa mit der englischen und der spanischen, ausmachen. Da sie aber ungeschrieben und dem Gutdünken des Herrschers unterworfen sind, bergen sie stets die Gefahr des Mißbrauchs in sich: II y a plus de douze cents ans que la France a des rois; mais ces rois n'ont pas toujours ete absolus au point qu'ils le sont. Leur autorite n'a jamais ete reglee, comme celle des rois d'Angleterre et d'Aragon, par des lois ecrites. Elle a ete seulement temperee par des coutumes re^ues et comme mises en depot, au commencement dans les mains des Etats generaux, et depuis dans celle des parlements. Les enregistrements des traites faits entre les couronnes et les verifications des edits pour les levees d'argents sont des images presque effacees de ce sage milieu que nos peres avaient trouve entre la licence des rois et le libertinage des peuples. Ce milieu a ete considere par les bons et sages princes comme un assaisonnement de leur pouvoir, tres utile meme pour le faire goüter aux sujets; il a ete regarde par les mal habiles et par les mal intentionnes comme un obstacle ä leurs dereglements et ä leurs caprices. (MR, II, 193)

Damit ist der Tenor des Richelieu-Abschnitts vorweggenommen. Die aurea mediocritas der alten monarchischen Gesetzgebung stellt sich als eine für die Könige wie für die Untertanen ideale Verfassung dar. Der Deutlichkeit halber hebt Retz jene Könige hervor, die die lois fondamentales in besonderem Maße respektiert haben. Es sind

215 2,6

94

F. de La Rochefoucauld: Memoires, I, p. 58. Cf. dazu OP, 1299 (Ν. 1 und 2 zur p. 193).

diese im Wesentlichen: Saint Louis, Charles V und Henri IV. 217 Von Louis XIII, dem Richelieu ja als Minister gedient hat, heißt es sibyllinisch: «M. de Rohan disait que Louis XIII n'etait jaloux de son autorite qu'ä force de ne la pas connaTtre» (MR, II, 194). Erst dann wendet sich Retz Richelieu zu, um ihn als Tyrann zu brandmarken: Le cardinal de Richelieu leur succeda, qui fit, pour ainsi parier, un fonds de toutes ces mauvaises intentions et de toutes ces ignorances des deux derniers siecles, pour s'en servir selon son interet. II les deguisa en maximes utiles et necessaires pour etablir l'autorite royale; et la fortune secondant ses desseins par le desarmement du parti Protestant en France, par les victoires des Suedois, par la faiblesse de l'Empire, par l'incapacite de l'Espagne, il forma, dans la plus legitime des monarchies, la plus scandaleuse et la plus dangereuse tyrannie qui ait peut-etre jamais asservi un Etat. (MR, II, 194) 218 Bei der Darstellung der Figur Mazarins sticht der Unterschied zwischen La Rochefoucauld und Retz noch deutlicher heraus. La Rochefoucaulds Analyse entbehrt jeglicher historischer, letztlich auch jeglicher politischer Aussage. D e m Prinzip der

retenue

stets treu, sagt bzw. schreibt der Herzog kein einziges Wort zuviel und beschränkt sich auf das, was er mit seinen eigenen A u g e n gesehen hat: «Ses bonnes et ses mauvaises qualites ont ete assez connues et assez publiees, pendant qu'il a vecu et apres sa mort, pour m e dispenser de les ecrire: j e ne parlerai que de Celles que j'ai remarquees dans les occasions oü j'ai eu quelque c h o s e ä traiter avec lui». 2 ' 9 Nur, die Besonderheiten Mazarins, die der Herzog hier zum Besten gibt, formen sich zu einem Porträt nach der bewährten Manier der Portraits

divers von Mile de Montpensier. 2 2 0 Deutlichere T ö n e

vernimmt man in der 1649 verfaßten - und unveröffentlicht gebliebenen -Apologie M. le Prince

2,7

219 220

221

de Marcillac;221

de

es sind aber die üblichen Anklagen und Beschwerden,

Zu Saint Louis: «L'histoire du sire de Joinville nous fait voir clairement que saint Louis l'a connu et estime [das weise Mittelmaß der lots coutumieres\»\ zu Charles V: «Charles V. qui a merite le titre de Sage, n'a jamais cru que sa puissance füt au-dessus des lois et de son devoir»: schließlich zu Henri IV: «Henri IV [...] ne se defiait pas des lois parce qu'il se fiait en luimeme»(MR, II, 193). Retz bleibt natürlich die Größe des Staatsmanns nicht verborgen; aus seinen Äußerungen spricht jedoch jedesmal die Ranküne, die er sehr früh für den Kardinal und Minister (aus verschiedenen familiären und persönlichen Gründen) gehegt hat. Beispielsweise in folgendem Passus, in dem Retz allen Ernstes behauptet, sein Onkel habe vor Richelieu den Plan einer endgültigen Unterwerfung der Hugenotten geschmiedet: «II faut confesser, ä la louange de M. le cardinal de Richelieu, qu'il avait congu deux desseins que je trouve presque aussi vastes que ceux des Cesars et des Alexandres. Celui d'abattre le parti de la religion avait ete projete par Μ. le cardinal de Rais, mon oncle; celui d'attaquer la formidable maison d'Autriche n'avait ete imagine de personne. II a consomme le premier; et a sa mort, il avait bien avance le second» (MR, II. 176). Ε de La Rochefoucauld: Memoires, II, p. 65. Mit feinen Pointen wie: «II avait de petites vues, meme dans ses plus grands projets: et, au contraire du cardinal de Richelieu, qui avait l'esprit hardi et le cceur timide, le cardinal Mazarin avait plus de hardiesse dans le ccEur que dans l'esprit» (F. de La Rochefoucauld: Memoires, II, P· 65). Die Apologie ist erst im Laufe des 19. Jahrhunderts von Victor Cousin entdeckt und herausgegeben worden. Prince de Marcillac war der Titel, den die Erstgeborenen der La Rochefoucaulds (die meistens Fran9ois hießen) zu Lebzeiten ihres jeweiligen Vaters trugen. Mit dem Tod des Vaters wurde aus dem jeweiligen Prince de Marcillac der neue Due de La Rochefoucauld. In den Memoires unseres Herzogs ist der Moment dieses Übergangs genau markiert: «Le prince de Marcillac, que l'on nommera desormais le due de La Rochefoucauld par la mort de son pere, arrivee en ce meme temps» (Memoires, III, p. 106: bezieht sich auf das Jahr 1650).

95

die im französischen Hochadel gegen den verhaßten italienischen Kardinal kursierten als denjenigen, der das Unheil («ruine») über den Staat gebracht und Frankreich ausgeblutet hatte, um sich zu bereichern.222 Ganz anders Retz, der Mazarin bereits im Vorfeld (unmittelbar vor dem Exkurs über die lois fondametitales) historisch wie politisch eingeordnet hatte: II me semble que j e vous ai dejä dit [...] que les quatre premieres annees de la Regence furent comme emportees par ce mouvement de rapidite que Μ. le cardinal de Richelieu avait donni ä l'autorite royale. M. le cardinal Mazarin, son disciple, et de plus ne et nourri dans un pays oü celle du Pape n'a point de bornes, crut que ce mouvement de rapidite etait le naturel, et cette meprise fut l'occasion de la guerre civile. Je dis l'occasion; car il en faut, ä mon avis, rechercher et reprendre la cause de bien plus loin. (MR, II, 192-193)

Darauf aufbauend, kann Retz im Anschluß an das Doppelporträt der zwei Kardinäle Mazarin als einen schlechten Arzt darstellen, der die , die sein Vorgänger dem Staat verordnet hatte, ohne die notwendige Kenntnis der besonderen Symptomatik eines so großen Körpers einfach weiter angewendet hatte (MR, II, 199). In diesem Zusammenhang greift Retz auf die andere Grundvorstellung des französischen (und mittelalterlichen) Königtums zurück, nämlich auf die Auffassung der Monarchie als (corps mystique), wonach bekanntlich der König der Kopf und die drei ordines die Glieder des Staates bilden.223 Die Übertragung eines wichtigen Teils der königlichen Autorität auf den Minister, unter Richelieu, hatte bereits dieses Gleichgewicht gestört und die heftig . Richelieu hatte es dennoch geschafft, die sakrale Aura des Königtums sowie die Einheit von König (Kopf) und ordines mit ihren vielen (corps)224 zu erhalten (MR, II, 199). Unter Mazarin hingegen hat die Willkür der Staatsgewalt - bar jeder sakralen Weihe - die ihrem Kopf gänzlich entfremdet, und die des Königreichs dazu gebracht, das Heiligtum des Staates zu betreten und den Schleier zu lüften - das heißt, nicht bildhaft gesprochen, die Legitimation der königlichen Gewalt in Frage zu stellen: «Le peuple entra dans le sanctuaire: il leva le voile qui doit toujours couvrir tout ce que Ton peut dire, tout ce que l'on peut croire du droit des peuples et de celui des rois qui ne s'accordent jamais si bien ensemble que dans le silence» (MR, II, 20l). 225

222

223

224

225

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F. de La Rochefoucauld: Apologie de Μ. le Prince de Marcillac, in: F. de La Rochefoucauld, (Euvres completes, p. 19-20. Cf. dazu OP, 1310 (N. 4 zur p. 201) sowie Ernst H. Kantorowicz: The King's Two Bodies. A Study in Medieval Political Theology, Princeton, Princeton University Press, 1957 [deutsch: Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters. Aus dem Englischen übersetzt von Walter Theimer, München, Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1990, 2 1994]. Damit meint Retz die einzelnen innerhalb der großen Glieder (ordines): etwa die Zünfte, die noblesse d'epee, die einzelnen Parlamente bzw. Stadtparlamente (Paris, Bordeaux). Retz greift diese These in seiner ersten Unterredung (der ersten großen ) mit dem Grand Conde wieder auf, dem er die des Königreichs diagnostiziert (es ist Anfang Januar 1649, Frankreich steht vor dem Bürgerkrieg): «Si le Parlement eüt repondu, quelque temps devant que vous revinssiez de l'armee, ä la ridicule et pernicieuse proposition que le Cardinal lui fit de declarer si il pretendait mettre des bornes ä l'autorite royale, si, dis-je, les plus sages du corps n'eussent elude la reponse, la France, ä mon opinion, courait fortune, parce que la Compagnie se declarant pour Γ affirmative, comme eile en fut sur le point, eile dechirait le

La Rochefoucauld und Retz haben die selben Ereignisse vor Augen, sie richten aber einen gänzlich verschiedenen Blick auf sie. Der Herzog nimmt kaum Entwicklungen wahr; seine Sicht der Lage des Königreichs ist statisch, die gelegentlich auftretenden Veränderungen scheinen nur mechanischer Natur zu sein; die Gesellschaftsordnung, als deren Teil er sich versteht, ist für ihn trotz der zur Kenntnis genommenen Richelieus fester Bestandteil einer unveränderlichen Struktur. Weder die Wende des Jahres 1650, die La Rochefoucauld (wie Benichou gezeigt hat) mitträgt, noch die Krise der alten feudalen Werte führen bei ihm zu einer Erkenntnis der historischen Prozesse, deren Teil er war. Retz hingegen hat eine entschieden dynamische und organische Sicht der Geschichte, er nimmt Ereignisse und Gestalten in der Zeit, mithin historisch wahr. Die großzügig bemessenen Zeitabstände, die überschaut werden («II y a plus de douze cents ans que la France a des rois»), die sich plötzlich auftuenden zeitlichen Perspektiven, das Gespür für waghalsige Brückenschläge, die ganze Jahrhunderte überspannen, schließlich die Pose des ungehörten Praeceptor Franciae, der redegewandten Kassandra des Königreichs: das alles nimmt die Manier des Historikers Chateaubriand vorweg. Nicht nur darin jedoch ist der Kardinal der unmittelbare Vorläufer des bretonischen Vicomte. 226 Das, was Jean-Claude Berchet am Übergang von Chateaubriands Memoires de ma vie zum fertigen Manuskript der Memoires d'outre-tombe postuliert hat - nämlich den Ubergang von der confession individuelle zur autobiographie symbolique: «c'est ä dire ä historisch im Kontext der französischen Geschichte zu deuten und zu rechtfertigen: «je suis arrive au monde vingt jours apres Bonaparte. II m'amenait avec lui. [...] Ma naissance se rattache ä la naissance d'un homme et d'un peuple:34 pale reflet que j'etais d'une immense lumiere» (MOTP2, XLIV, 2, 916). Aus diesem Blickwinkel besehen, gibt es drei Faktoren, die einen jungen bretonischen Adligen im Frankreich des ausgehenden 18. Jahrhunderts zur Schriftstellerei verdammen konnten: Die Revolution, die Emigration und Napoleon. Zwischen diesen Faktoren sieht Chateaubriand einen kausalen Zusammenhang: Durch die Revolution wird er in die Emigration getrieben; ein unbekannter korsischer Unterleutnant nimmt den vom unbekannten bretonischen Unterleutnant freigelassenen Platz ein;35 der Verbannte ergreift daraufhin die Feder. Die Fakten seien kurz ins Gedächtnis gerufen: Am 7. April 1791 schifft sich Chateaubriand in Saint-Malo ein und segelt nach Amerika. Dort verweilt er nur sechs Monate, denn es unterläuft ihm ein erster, folgenreichen Fehler: Als er zufällig von der Verhaftung von Louis XVI in Varennes erfährt, faßt er den Entschluß, heimzukehren 36 - wie Tassos Rinaldo verläßt er die verzauberten Inseln Armidas (MOTP1, VIII, 5, 268). Wäre er damals in den Norden Kanadas gezogen, so wäre ihm vielleicht das Unglück des Schriftstellerdaseins erspart geblieben: «II est probable que je n'aurais jamais eu le malheur d'ecrire» (MOTP1, V, 15,191). Als Chateaubriand aus denVereinigten Staaten zurückkehrt, ist es noch nicht zu spät, aber die Niederlage der Armee des Princes zwingt ihn in die zweite Emigration, nach England. In dieser Zeit, zwischen 1793 und 1800, geht der Stern Napoleons am Himmel auf, und als Chateaubriand 1800 aus London zurückkehrt, ist sein Schicksal besiegelt: Parti pour etre voyageur en Amerique, revenu pour etre soldat en Europe, je ne fournis jusqu'au bout ni l'une ni l'autre de ces carrieres: un mauvais genie m'arracha le bäton et l'epee, et me mit la plume ä la main. (MOTP1, VIII, 5, 269)

In den Höhen, zu denen er sich sehnte und berufen fühlte, war sein Platz nunmehr besetzt. Während Napoleon Städte und Königreiche eroberte war er nur Chimären 33

34

35

36

Daher die penible Kontroverse um das Geburtsdatum Napoleons, das dieser laut Chateaubriand von 1768 auf das Jahr 1769 nachdatiert haben soll (um in den Genuß der französischen Staatsbürgerschaft zu kommen, und den Ruf des abzuschütteln, der ihm anhaftete), das aber Chateaubriand entgegen aller Evidenz um ein Jahr, auf sein eigenes Geburtsjahr nämlich, vorverlegt. Es gibt aber andere, mitunter kuriose charakterisiert, der «nicht nur [...] für die französische Romantik das Rittertum und mittelalterliche Lebensformen wiederentdeckt hat, sondern selbst alles d a f ü r getan hat. als eine Art politischer in die Geschichte einzugehen». Etwas von Don Quijote haftet tatsächlich an Chateaubriand, der sich dessen vielleicht bewußt war: «Le heros de Cervantes fut le dernier des chevaliers: tel est l'attrait de ces moeurs du moyen äge et le prestige du talent, que la satire de la chevalerie en est devenue le panegyrique immortel» (Etudes ou Discours historiques, VI, OC5bis, 406). 110 Cf. hierzu F.-R. de Chateaubriand: De I 'Ancien Regime au Nouveau Monde, «Introduction», p. 5 8 - 6 0 . Henri Guillemin (L'homme des «Memoires d'outre-tombe», p. 173-174) hat eindrücklich belegt, daß Chateaubriands Positionen bis 1820 zwischen einem reaktionären, aristokratisch-feudalen Modell und liberaleren Auffassungen schwankten.

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S p i e g e l d e s e n g l i s c h e n B ü r g e r k r i e g s u n d d e r f r a n z ö s i s c h e n Fronde Jahrhunderts: d o p p e l t e r S p i e g e l , w e i l d i e Fronde

M i t t e d e s 17.

e i n verzerrtes u n d p o s s e n h a f t e s S p i e -

g e l b i l d der e n g l i s c h e n T r a g ö d i e darstellt, w o r i n aber m a n c h e i n F r a n z o s e d e s Jahres 1815 versucht sein könnte, ein Vorspiel von 1 7 9 2 und 1799 zu sehen. Chateaubriand interessiert s i c h n i c h t v o n u n g e f ä h r f ü r d i e G e s c h i c h t e d e r v i e r S t u a r t - K ö n i g e , w e i l er in i h r e m S c h i c k s a l e i n B e i s p i e l d e s s e n sieht, w a s d e n B o u r b o n e n hätte w i d e r f a h ren k ö n n e n und d o c h (aus der P e r s p e k t i v e v o n 1 8 2 8 ) erspart g e b l i e b e n ist. G e n a u s o w i e i m Frankreich d e s Jahres 1 7 9 3 ist i m E n g l a n d d e s Jahres 1 6 4 9 der K o p f e i n e s a b s o l u t i s t i s c h e n K ö n i g s ( C h a r l e s I Stuart) g e f a l l e n ; 1 1 1 g e n a u s o w i e in F r a n k r e i c h z w i s c h e n 1 7 9 2 und 1 8 1 4 hat e s i m E n g l a n d d e s Jahrzehnts 1 6 4 9 - 1 6 6 0 zuerst e i n e R e p u b l i k , d a n n e i n e m e h r o d e r m i n d e r o f f e n k u n d i g e Diktatur g e g e b e n ( C r o m w e l l v s . N a p o l e o n ) ; g e n a u s o w i e i m Frankreich d e s Jahres 1 8 1 4 b z w . 1 8 1 5 hat m a n in E n g l a n d 1 6 6 0 d e n l e g i t i m e n M o n a r c h e n ( C h a r l e s II Stuart) w i e d e r e i n g e s e t z t - u n d e i n i g e Jahre später w i e d e r vertrieben. A n d e r e r s e i t s z e i g t d i e P r o k l a m a t i o n d e r Bill of

Rights

1 6 8 9 , d a ß s o g a r n a c h e i n e m s o d r a m a t i s c h e n E i n s c h n i t t w i e der H i n r i c h t u n g e i n e s K ö n i g s e i n e G e s e l l s c h a f t zur M o n a r c h i e z u r ü c k k e h r e n u n d s i c h darin f e s t i g e n k a n n . Vor d i e s e m Hintergrund m u ß m a n w o h l d i e S c h r i f t De la Monarchie

selon

la

Charte

u n d d i e p o l i t i s c h e T ä t i g k e i t C h a t e a u b r i a n d s in d i e s e n Jahren interpretieren. 1 1 2 A l l e r d i n g s s o l l t e m a n s i c h hüten, hierin e i n e n B e w e i s für d i e d e s P o l i t i k e r s zu s u c h e n . G a n z i m G e g e n t e i l : G e r a d e daran k a n n m a n a b l e s e n , w i e sehr

111

112

Cf. Essai sur la litterature anglaise, «Avertisseraent»: «quand j e trouve la revolution anglaise, eile me remet la notre en memoire, et j ' e n cite les hommes et les faits» (ELA1, 17); vor allem die «Quatrieme partie», wo Chateaubriand ausführlich auf diesen Vergleich eingeht («On a de la peine ä se detacher de ces temps de 1649; ils eurent de curieuses affinites avec les nötres»; ELA2, 173), um festzuhalten, daß die englische Revolution der französischen literarisch überlegen, historisch aber weit unterlegen ist, da sie auf England begrenzt blieb (ELA2, 174-175). Immerhin sieht Chateaubriand einen Kausalzusammenhang zwischen der Hinrichtung von Charles I und der Hinrichtung von Louis XVI; ohne englische Revolution, keine Terreur, kein Königsmord etc.: «S'il [Henri Stuart] eüt vecu, Charles I" n'eüt pas regne; les revolutions de 1649 et de 1688 n'auraient pas eu lieu; notre Revolution n'aurait pas eu les memes consequences: sans Γ antecedent du jugement de Charles Ier, l'idee ne serait venue ä personne en France, de conduire Louis XVI ä l'echafaud; le monde etait change» (ELA1, 347). Den Zusammenhang zwischen englischer und französischer Revolution hatte bereits Edmund Burke in seiner Streitschrift Reflections on the Revolution in France (1790) herausgearbeitet. «Les Stuarts auraient-ils pu regner apres la restauration? Tres facilement, en faisant ce que fit Guillaume en Angleterre, ce q u ' a fait Louis XVIII en France, en donnant une Charte, en acceptant de la revolution ce qu'elle avait de bon, d'invincible, ce qui etait accompli dans les esprits et dans le siecle, ce qui etait termine dans les moeurs, ce qu'on ne pouvait essayer de detruire, sans remonter violemment les äges, sans imprimer ä la societe un mouvement retrograde, sans bouleverser de nouveau la nation. [...] Les Stuarts ont passe, les Bourbons resteront, parce qu'en nous rapportant leur gloire, ils ont adopte les libertes recentes, douloureusement enfantees par nos malheurs» (Les quatre Stuart [ 1828], OC22, 268-269); cf. ebenfalls MOTP2, XXXVIII, 4 , 6 7 7 , wo dieser Standpunkt sich trotz der Julirevolution nur geringfügig verändert hat: «Si la famille de saint Louis etait, comme celle des Stuarts, une espece de famille particuliere chassee par une revolution, confinee dans une ile, la destinee des Bourbons serait en peu de temps etrangere aux generations nouvelles. Notre ancien pouvoir royal n'est pas cela; il represente l'ancienne royaute: le passe politique, moral et religieux des peuples est ne de ce pouvoir et se groupe autour de lui». Cf. dazu J.-P. Clement: «Chateaubriand et l'Angleterre», in: M. Delon (ed.), «Chateaubriand», p. 58 sqq.

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Chateaubriands politisches und historisches Denken bei aller Hellsichtigkeit rückwärtsgewandt war: «Montaigne dit que les hommes vont beant aux choses futures: j'ai la manie de beer aux choses passees» (MOTP2, XXIX, 1, 157). Der Verweis auf die Zustände in Frankreich und England im 17. Jahrhundert gehört denn auch zur Inszenierung des Lebens des Hofmanns in dürftiger Zeit. Chateaubriand erkennt sich offensichtlich im Schicksal einiger Hauptakteure der Tragödie von Charles I wieder. Einerseits in der Figur von Lucius Cary 2nd Viscount of Falkland (1610-1643), einem Staatssekretär von Charles I, von dem es in der Studie Les quatre Stuarts heißt: «II etait doue du triple genie des lettres, des armes et de la politique. II fut fidele aux Muses sous la tente, ä la liberte dans les palais des rois, devoue ä un monarque infortune, sans meconnoitre les fautes de ce monarque» (OC22, 131). Ein Porträt, in dem man unschwer ein Selbstbildnis des Vicomte erkennen kann, der seinen Monarchen ebenso treu geblieben ist und der über eine vergleichbare d r e i f a c h e Begabung) bzw. eine triple influence - «religieuse, politique et litteraire» (MOTP1, 1045) - verfügte," 3 die er zuweilen auch als einen double titre bezeichnet: «double titre d'ecrivain et d'homme d'Etat» (MOTP2, XL, 1, 750). So heißt es im Essai sur la litterature anglaise, in welchen weite Teile der Schrift über die Stuarts eingearbeitet wurden: De tous les hommes qui ont illustre la Grande-Bretagne, celui qui m'attire le plus, est lord Falkland: j'ai souhaite cent fois avoir ete ce modele accompli de lumieres, de generosite, d'independance, de n'avoir jamais paru sur la terre dans ma propre forme et sous mon nom. (ELA 1 , 3 5 0 )

Genauso exemplarisch ist die Figur des Kanzlers Edward Hyde I s ' Earl of Clarendon (1600-1674), dessen Treue zu den Stuarts mit ähnlicher Münze zurückgezahlt wurde wie Chateaubriands Treue zu den Bourbonen: «Le Chancelier Clarendon, qui de son cote servit si bien Charles Ier, vint dans la suite mourir ä Rouen, exile par Charles II, qui lui devoit en partie sa couronne» (OC22, 131). Ungetrübt ist auch die Bewunderung, die Chateaubriand Milton zollt: dem Dichter wie auch dem Vorkämpfer der Meinungsfreiheit, dessen republikanischen Pamphlete und Schriften zur Rechtfertigung des Königsmordes dem Verteidiger der legitimite nicht unbekannt geblieben waren." 4

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Eine ähnliche dreifache Befähigung wird auch Saint-Fra^ois de Sales zuerkannt: «Francois de Sales, qui reste ä notre histoire au triple titre de saint, d'homme illustre et d'ami de Henri IV» (Les quatre Stuarts, OC22, 104). Cf. Les quatre Stuarts, OC22, 120, sowie ELA2, 3-170. «L'Homere anglois» (so benannt nicht nur in Ansehung seines epischen Werks, sondern auch wegen seiner Erblindung) hatte tatsächlich mit der Areopagitica (A Speech For the Liberty of Unlicenced Printing, London, 1644) eine zukunftsweisende Streitschrift gegen die Zensur verfaßt (cf. ELA2, 29-32); er hatte sich andererseits als «apologiste du regicide» ( E L A 2 , 4 ) hervorgetan und mehrere republikanische Traktate veröffentlicht, darunter die zwei Streitschriften Pro Populo Anglicano (1651 und 1654), sowie The Tenure of Kings and Magistrates (proving, That it is Lawfull, and hath been held so through all Ages, for any, who have the Power, to call to account a Tyrant, or wicked King [...], London, 1649) und The Readie and Easie Way to Establish a Free Commonwealth (London, 1660), die nach der Rückkehr der Stuarts (1660) vom Henker verbrannt wurden (cf. John Milton: Zur Verteidigung der Freiheit. Sozialphilosophische Traktate. Aus dem Englischen übertragen von Klaus Udo Szudra. Herausgegeben und mit einem Anhang versehen von Hermann Kienner, Leipzig, Reclam, 1987). 141

D i e s e Parallelen w e r d e n in e i n e m N e t z w e r k v o n h i s t o r i s c h e n G l e i c h u n g e n u n d E n t s p r e c h u n g e n durch w e i t e r e A n a l o g i e n i m g r ö ß e r e n h i s t o r i s c h e n K o n t e x t b e k r ä f tigt: w e n n C h a t e a u b r i a n d e i n e m F a l k l a n d und e i n e m C l a r e n d o n ( b z w . e i n e m M i l t o n ) g l e i c h t , s o e r s c h e i n t C r o m w e l l als e i n e Art A n t i z i p a t i o n R o b e s p i e r r e s und, v o r a l l e m , N a p o l e o n s (und C h a r l e s I als e i n e Art A n t i z i p a t i o n v o n L o u i s X V I u n d C h a r l e s X ) . 1 1 5 W i e in VingtAns

apres

- v o r n e h m l i c h in der G e s t a l t d e s C o m t e d e la Fere, alias A t h o s ,

d e r w i e k e i n anderer i m R o m a n z y k l u s u m D ' A r t a g n a n d e n v o l l k o m m e n e n E d e l m a n n v e r k ö r p e r t " 6 - kreuzt s i c h i m Werk C h a t e a u b r i a n d s d i e G e s c h i c h t e F r a n k r e i c h s m i t der G e s c h i c h t e E n g l a n d s , d i e T r a g ö d i e der Stuarts m i t der K o m ö d i e der Fronde:

«sur

l e s b o r d s d e la T a m i s e , e i l e [ H e n r i e t t e - M a r i e d e F r a n c e , W i t w e v o n C h a r l e s I Stuart] r e n c o n t r e l e s c r i m e s s e r i e u x d e s r e v o l u t i o n s ; sur les r i v a g e s d e la S e i n e , l e s p a s q u i n a d e s s a n g l a n t e s d e la F r o n d e ; lä le d r a m e d e la liberte, ici sa p a r o d i e » ( O C 2 2 , 1 0 8 ) . D i e s e s Urteil über d i e Fronde d a r u m g e h t , d i e troubles

w i r d in d e n Memoires

d'outre-tombe

bestätigt, als e s

v o n 1 6 4 8 m i t d e n U m w ä l z u n g e n v o n 1 7 8 9 zu v e r g l e i c h e n :

Qu'est-ce que les troubles de 1648 compares ä cette Revolution, laquelle a devore l'ancien monde, dont eile mourra peut-etre, en ne laissant apres eile ni vieille, ni nouvelle societe?

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Cromwells Portrait erinnert im Physischen an das Dantons, im Moralischen an das Napoleons: «bouffon et trivial dans ses jeux, lourd et tenebreux dans son esprit, embarrasse dans sa parole, ses actions avoient la rapidite et l'effet de la foudre. II y avoit quelque chose d'invincible dans son genie, comme les idees nouvelles dont il etoit le champion» (OC22, 133); und: «Cromwell eut quelque chose de Hildebrand, de Louis XI et de Buonaparte; il eut du pretre, du tyran et du grand homme: son genie remplaga pour son pays la liberte» (OC22, 227). Cromwell und Napoleon sind sogar in ihrer Agonie vereint: «Le 4, la tempete de l'agonie de Cromwell s'eleva, etc.» (MOTP1, XXIV, 11, 1022). Folglich wird das Protektorat mit dem Consulat verglichen, mit dem Unterschied freilich, daß Cromwell im Gegensatz zu Napoleon auf die Krone verzichtet hat (OC22, 214). Schließlich betont Chateaubriand die unterschiedliche historische Reichweite Cromwells und Napoleons, sowie Englands und Frankreichs: «La famille de Buonaparte ne se perdra pas comme celle de Cromwell [...]. Le Protecteur ne sortit point de son Tie: les troubles de 1640 commencerent et finirent dans la Grande-Bretagne. Nos discordes se sont melees ä Celles du monde entier; elles ont bouleverse les nations, renverse les trönes» (OC22, 234-236). Cf. ebenfalls «Cromwell. Bonaparte» (ELA2, 199-200): «Transporte sur le theatre de Napoleon, le vainqueur des Irlandais et des Ecossais aurait-il ete le vainqueur des Autrichiens, des Prussiens et des Russes? Cromwell n ' a pas cree des institutions comme Bonaparte; il n ' a pas laisse un code et une administration par qui la France et une partie de l'Europe, sont encore regies». Athos kämpft in Vingt Ans apres gegen Cromwell und versucht vergeblich (zusammen mit seinen drei Freunden), Charles I vor dem Schafott zu bewahren. Abgesehen von der Treue zu einer französischen Prinzessin (der Frau Charles I, Tochter von Henri IV), verteidigt Athos den König aus dem einzigen Grund, weil er ein König ist und als solcher die alte gentilhommerie verkörpert. Als d'Artagnan ihn fragt, warum er sich in Dinge einmischen sollte, die ihn nichts angehen, antwortet Athos: «Parce que tous les gentilshommes sont freres, parce que vous etes gentilhomme, parce que les rois de tous les pays sont les premiers entre les gentilshommes, parce que la plebe aveugle, ingrate et bete prend toujours le plaisir ä abaisser ce qui lui est superieur; et c'est vous, vous, d'Artagnan, l'homme de la vieille seigneurie, l'homme au beau nom, l'homme ä la bonne epee, qui avez contribue ä livrer un roi ä des marchands de biere, ä des tailleurs, ä des charretiers! Ah! d'Artagnan, comme soldat, peut-etre avez-vous fait votre devoir, mais comme gentilhomme, vous etes coupable, j e vous le dis» (Alexandre Dumas: Les Trais Mousquetaires. Vingt Ans Apres. Edition etablie par Claude Schopp, Paris, Laffont, 1991, LXI [«Les Gentilshommes»], p. 1031). Im Tod von Charles I sieht Athos, genauso wie Chateaubriand im Tod von Louis XVI, den Untergang der höfischen Gesellschaft.

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N'avais-jepas äpeindre dansmes Memoires des tableaux d'une importance incomparablement au-dessus des scenes racontees par le due de La Rochefoucauld? (MOTP1, XIII, 1, 435) In seinem Bestreben nach historischer Perspektivierung, kommt Chateaubriand zum Schluß, daß die «valeur des noms» den Wert der «faits» nicht wieder aufwiegen kann. Die Zeit der Fronde ist allem Glanz der großen N a m e n zum Trotz historisch und literarisch von viel geringerer Bedeutung als die Zeit der Revolution - weil 1789 das Ende des «ancien monde», und das Ende der «societe» schlechthin eingeläutet hat." 7 Die Analogie zwischen Fronde und Revolution impliziert aber eine weitere Analogie, nämlich die z w i s c h e n Retz und Chateaubriand. Dies geht eindeutig aus einer Stelle hervor, in der von einem Schlagabtausch mit dem Due de Montesquiou berichtet wird: Un jour que j'avais perore au Luxembourg pour la liberte de la presse, le descendant de Clovis passant devant moi, qui ne venais que du Breton Mormoran, me donna un grand coup de genou dans la cuisse, ce qui n'etait pas de bon goüt; je le lui rendis, ce qui n'etait pas poli: nous jouions au coadjuteur et au due de La Rochefoucauld. (MOTP1, XXIII, 5, 933) Auch hierin kommt implizit die Überzeugung z u m Ausdruck, die Fronde sei nichts anderes als ein groteskes Theaterstück g e w e s e n (eine Ansicht, die Retz vermutlich geteilt hätte). Trotzdem muß festgehalten werden, daß Chateaubriand in dieser Episode, als Angegriffener, offensichtlich den Part des «Coadjuteur» und nicht den des Due de La Rochefoucauld in Anspruch nimmt." 9 D i e Häme, mit der Chateaubriand von Retz spricht, darf man folglich als Ausdruck der Abwehr g e g e n eine uneingestandene Geistes- und Schicksalsverwandtschaft werten. Wie bereits angedeutet, ließen sich nahezu alle Rollen der Memoires

des Kardinals in den Memoires

des Vicomte

wiederfinden: der schwache Prinz (Gaston d'Orleans/Louis XVIII und Charles X),

1,7

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Dieses Verhältnis kehrt sich nach 1815, nach dem Ende des Epos Napoleons, wieder um. als weder die Ereignisse (die Julirevolution) noch die Namen und die Akteure dem Vergleich mit 1789 oder gar mit 1588 (Religionskriege) standhalten - da alles endgültig wertlos und nichtig geworden ist: «Pourquoi nos dernieres barricades, dont le resultat a ete si puissant, gagnentelles si peu ä etre racontees, tandis que les barricades de 1588, qui ne produisirent presque rien, sont si interessantes ä lire? Cela tient ä la difference des siecles et des personnages: le seizieme siecle menait tout devant lui; le dix-neuvieme a laisse tout derriere: M. de Puyraveau n'est pas encore le Balafre» (MOTP2, XXXIII, 3, 4 0 8 ^ 0 9 ) ; und: «L'Achille de Harlay qui se pourmene aujourd'hui dans ce jardin est M. Vidocq, et le due de Guise. Coco Lacour; nous avons change les grands hommes pour les grands prineipes. Comme nous sommes libres maintenant!» (MOTP2, XXXVI, 5, 559-560) Chateaubriand denkt natürlich an die berühmte Episode vom 21. August 1651 im Parlement de Paris, als La Rochefoucauld versucht haben soll, Retz zu erdrosseln oder zu erdolchen (cf. Retz, Memoires, II, p. 709, sowie F. de La Rochefoucauld, Memoires, IV, p. 150-151). Die abfälligen Notate, die Chateaubriand dem großen Moralisten widmet, sind ein weiteres Indiz. So heißt es unmittelbar vor dem bereits angeführten Vergleich zwischen Fronde und Revolution: «Madame de Longueville [...] se prit de passion pour l'auteur des Maximes. et lui fut fidele autant qu'elle le pouvait. Celui-ci vit moins de ses pensees que de l'amitie de madame de La Fayette et de madame de Sevigne, des vers de La Fontaine et de l'amour de madame de Longueville: voilä ce que e'est que les attachement illustres» (MOTP1, XIII, 1.433-434). Die Hintergründe dieser regelrechten Abrechnung mit La Rochefoucauld sind vielfältig und können hier nur angedeutet werden. Einerseits wird die Verwicklung des Herzogs in Fronde und libertinage an den Pranger gestellt; andererseits aber werden die Maximes ausdrücklich zitiert und geringer geachtet als das ohnehin zwielichtige Leben ihres Autors. Warum? Der eigentliche Grund liegt vermutlich im pessimistischen, zuweilen häretisch anmutenden Augustinismus La Rochefoucaulds.

143

die Königin-Mutter ( A n n e d'Autriche/die D u c h e s s e d e Berry), der verhaßte Rivale (Mazarin/Talleyrand), der große G e g e n s p i e l e r ( C o n d e / N a p o l e o n ) , die Frauen ( M m e de M o n t b a z o n , M m e d e L o n g u e v i l l e und M m e de S e v i g n e / M m e d e B e a u m o n t , M m e d e N o a i l l e s und M m e R e c a m i e r ) und i m Grunde auch das große Vorbild aus Ü b e r s e e (Cromwell/Washington).120 Besonders relevant sind in dieser Hinsicht die Positionen d e s Rivalen und d e s G e genspielers. A l s verhaßter Widersacher und Staatsfeind tritt anfänglich ein korsischer Feldherr auf die B ü h n e , der im Pamphlet De Buonaparte

et des Bourbons

in ähnlicher

W e i s e persifliert wird w i e Mazarin v o n Retz. 1 2 1 S o wird N a p o l e o n als Komödiant und H a m p e l m a n n verspottet: «II a quelque c h o s e de l'histrion et du c o m e d i e n ; il j o u e tout, jusqu'aux passions qu'il n'a pas. Toujours sur un theatre» ( O C 2 4 , 38). 1 2 2 W i e bei M a zarin wird außerdem eine plebejische Herkunft als Grund für die Niederträchtigkeit des Kaisers gemutmaßt: « S o u s le m a s q u e de Cesar et d'Alexandre, on apergoit l ' h o m m e de peu et l'enfant de petite famille» ( O C 2 4 , 39). Vor allem aber gleicht N a p o l e o n M a zarin darin, daß er kein Franzose, sondern ein Korse ist, «un insulaire obscur» ( O C 2 4 , 51), ein Italiener v o m S c h l a g e eines Borgia ( O C 2 4 , 27), 1 2 3 ein Maure gar ( O C 2 4 , 2 6 )

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Zur heimlichen Bewunderung von Retz für Cromwell cf. Giovanni Macchia: «Le Memorie di Retz ο il grande romanzo della storia», in: G. Macchia, Tra Don Giovanni e Don Rodrigo. Scenari secenteschi, Milano, Adelphi, 1989, p. 108-109: «Dopo aver organizzato i suoi piani per l'assassinio di Mazzarino, [...] egli non ebbe paura di paragonarsi a Cromwell. Lo dichiarö a Menage, suo familiare, il quale aveva osato biasimare gli eccessi in cui era caduto. Egli, ribatte, non era padre Vincenzo, cioe Vincenzo de' Paoli, elemosiniere di Filippo Emanuele di Gondi e suo primo educatore. [...] Ε infine, se Beaufort somigliava a Fairfax, egli poteva ben dirsi Cromwell. Sceglieva cosi, instaurando un suo rapporto con i capi della rivoluzione inglese, la posizione piü intransigente». In seinen Memoires erzählt Retz, daß Cromwell ihm (durch Vermittlung von Sir Henry Vane) im September 1651 einen Brief mit einem Freundschaftsangebot geschickt haben soll: «La substance du discours fut que les sentiments que j'avais fait paraitre pour la defense de la liberie publique, joints ä ma reputation, avaient donne ä Cromwell le desir de faire etroite amitie avec moi» (Memoires, II, p. 522). Retz versichert, dieses Angebot zurückgewiesen zu haben. Er berichtet jedoch auch, daß Mazarin, während einer Unterredung mit Anne d'Autriche und Gaston d'Orleans Ende Januar 1652, ihn selbst mit Cromwell und Beaufort mit Fairfax verglichen haben soll: «II parla ä Monsieur [...] du Parlement, de M. de Beaufort et de moi comme de la chambre basse de Londres, de Fairfax et de Cromwell» (Memoires, II, p. 572). Schließlich behauptet Retz, Bellievre gegenüber gesagt zu haben «j'ai horreur pour Cromwell», worüber der Lord Protector sehr erbost gewesen sein soll. Für Chateaubriand gab es am Horizont ebenfalls einen großen Schatten, den Washingtons, neuer Cincinnatus und vollkommene Verkörperung moderner republikanischer Tugenden, den er im berühmten «Parallele de Washington et de Bonaparte» (MOTP1, VI, 8, 222-225) dem zerstörerischen aber ihm überlegenen Genie Napoleons gegenüberstellt.

121

So auch M. Fumaroli: Chateaubriand. Poesie et Terreur, Paris, Editions de Fallois, 2003, p. 625. Es ist bereits erwähnt worden, daß Mazarin von den Frondeurs generell als Trivelino verschrien wurde. Bei La Rochefoucauld liest man: «selon son utilite, il savait feindre toutes sortes de personnages» (Memoires, II, p. 65). Dieser Ansichtsweise scheint sich im übrigen auch Chateaubriand anzuschließen, als er in der Analyse raisonnee de l'histoire de France (Essais ou Discours historiques, vol. IV) von der «comedie de Mazarin» spricht (OC5ter, 429). Nicht zufällig stellt Chateaubriand im Familiennamen des Kaisers den Diphtong uo wieder her, wodurch der Name gewissermaßen wird.

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- mithin ein Ausländer, 1 2 4 k a u m d e s Französischen mächtig, 1 2 5 ein fremder Usurpator ( O C 2 4 , 4 3 ) , der das Blut d e s französischen Volkes o h n e mit der W i m p e r zu z u c k e n v e r g o s s e n hat: « l e bourreau des F r a n c i s » ( O C 2 4 , 31), «un etranger qui n'est si prod i g u e du sang frar^ais que parce qu'il n ' a pas une goutte de c e sang dans les v e i n e s » ( O C 2 4 , 3 4 ) . D i e Hinrichtung d e s D u e d ' E n g h i e n , der Mord an Pichegru und die G e f a n g e n n a h m e d e s Papstes Pius VII. g e b e n A n l a ß zu weiteren Ausfällen: On crut voir renaitre ces temps de barbarie du moyen age, ces scenes que 1'on ne trouve plus que dans les romans, ces catastrophes que les guerres de l'Italie et la politique de Machiavel avaient rendues familieres au delä des Alpes. (OC24, 6-7) Chaque nation a ses vices. Ceux des Frangais ne sont pas la trahison, la noirceur et Γ ingratitude. Le meurtre du Due d'Enghien, la torture et l'assassinat de Pichegru, la guerre d'Espagne et la captivite du pape, decelent dans Buonaparte une nature etrangere ä la France. (OC24, 9) A l s j e d o c h , im Rückblick des Historikers, N a p o l e o n z u m e i n z i g e n großen G e g e n s p i e ler mutiert 1 2 6 - Reinkarnation A l e x a n d e r s und Cäsars ( w i e für R e t z der Grand C o n d e ) m u ß die Position d e s Rivalen neu besetzt werden. D e m M e m o r i a l i s t e n liefert der Geist der G e s c h i c h t e s o g l e i c h einen würdigen Ersatz in der Gestalt von Talleyrand ( w i e Mazarin ein Prälat). Wenn N a p o l e o n nun das positive D o u b l e Chateaubriands ist, s o ist Talleyrand sein negatives Abbild. Im Gegensatz zu Chateaubriand und N a p o l e o n hat der B i s c h o f v o n Autun seine R o l l e als B e w e i s s e i n e s G e n i e s mißverstanden («il prit s o n röle pour s o n g e n i e » ) . Im G e g e n s a t z zu N a p o l e o n gehört er nicht zu j e n e r « K l a s s e » von M e n s c h e n , die G e s c h ö p f e der Phantasie zu w e r d e n v e r m ö g e n und somit ihre e i g e n e L e g e n d e erschaffen. 1 2 7 Im G e g e n s a t z zu N a p o l e o n und Chateaubriand

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«En vain pretendrait-on que Buonaparte n'est pas etranger [...]. Buonaparte n'a rien de fran?ais, ni dans les meeurs, ni dans le caractere. Les traits memes de son visage montrent son origine» (OC24, 52). «La langue qu'il apprit dans son berceau n'etait pas la nötre, et son accent comme son nom revelent sa patrie» (OC24, 52); «demi-etranger, il ignorait les premieres regies de notre langue» (MOTP2, XXIV, 5, 998). Retz weist seinerseits stets auf die lächerlichen Sprachfehler Mazarins hin. Die Verklärung Napoleons ist 1828 bereits vollzogen, wie in der «Preface» zum ersten Band der Melanges politiques (erschienen im Band XXIV der (Euvres completes) attestiert: «En 1814, j'ai peint Buonaparte et les Bourbons; en 1827, j'ai trace le parallele de Washington et de Buonaparte: les deux plätres de Napoleon ressemblent; mais l'un a ete coule sur la vie, l'autre modele sur la mort, et la mort est plus vraie que la vie» (OC24, XIII-XIV). In vita ist Napoleon ein Mazarin, in morte ein Conde. Diese progressive Heroisierung des NapoleonBildes wird dann in den Memoires d'outre-tombe vollzogen, durchaus im Einklang mit der Wandlung des Napoleon-Bildes im Frankreich der Julimonarchie - eine Evolution, die mit der Rückführung der sterblichen Überreste des Kaisers in den Invalidendom 1840 kulminiert (cf. MOTP1, XXIV, 16, 1029-1032). «M. de Talleyrand n'appartient [...] pas ä la classe des etres propres ä devenir une de ces creatures fantastiques auxquelles les opinions ou faussees ou deques ajoutent incessamment des fantaisies» (MOTP2, XLIII, 8, 897). Trotzdem gibt es einen «imaginären Talleyrand» («un Talleyrand imaginaire»), und dies aus drei Gründen: Einerseits, weil die Herrscher, die sich von ihm haben täuschen lassen, an diesem Mythos wie an der einzigen Entschuldigung für ihre eigene Unfähigkeit festhalten; andererseits, weil die französischen Aristokraten sich geschmeichelt fühlen, in ihren Reihen einen so berühmten Mann finden zu dürfen; schließlich weil die Demokraten einen geheimen Hang zur Aristokratie haben, und der Versuchung erliegen, sich vom Prince de Benevent in die Mysterien der guten Manieren einführen zu lassen (MOTP2, XLIII, 8, 896-897). 145

blickte Talleyrand nicht nach vorne, sondern zurück (MOTP2, XLIII, 8, 897); da ihm also die Gabe der Prophetie fehlte, war er weder ein Mann von gestern, noch ein Mann von morgen, und auch nicht ein Mann von heute, sondern lediglich ein Mann des Tages danach - also einer jener Staatsmänner, die sich damit begnügen, den fait accompli zu paraphieren.128 Im Gegensatz zu Chateaubriand war er ein stümperhafter Schriftsteller.129 Im Gegensatz zu Chateaubriand schließlich zeichnete sich Talleyrand weder durch einen double titre («d'ecrivain et d'homme d'Etat»), noch durch eine triple influence («religieuse, politique et litteraire») aus, sondern war vom Stigma einer «double apostasie» 130 (MOTP2, XLIII, 8, 898) und einer dreifachen Verruchtheit gezeichnet: «Ötez de M. de Talleyrand le grand seigneur avili, le pretre marie, l'eveque degrade, que lui reste-t-il? Sa reputation et ses succes ont tenu ä ces trois depravations» (MOTP2, XLIII, 8, 904). In Rom, wo Chateaubriand als französischer Botschafter auf die Sukzession von Leo XII. Einfluß zu nehmen versucht, gesellt sich erneut dem alternden Schriftsteller die kleine und hagere Silhouette des Kardinals de Retz hinzu, der hundertfünfundsiebzig Jahre früher daselbst ebenso an der Wahl eines Papstes mitgemischt hatte.131 Freilich agiert Chateaubriand nicht (wie Retz) im eigenen Interesse; trotzdem erinnern seine Bemühungen im Vorfeld der Wahl Pius' VIII. (MOTP2, XXX, 17, 300-301) an die Intrigen des verbannten Kardinals bei der Wahl Alexanders VII. Auch ist das Echo der stolzen und etwas prahlerischen Worte von Retz in den Memoires d'outre-tombe deutlich zu vernehmen, wenn zum Beispiel in einem Brief an Mme Recamier vom 31. März 1829 die Nachricht des Triumphs verkündet wird:

128

«Ces personnages de lendemain et d'Industrie assistent au defile des generations; ils sont charges de mettre le visa aux passeports, d'homologuer la sentence: Μ. de Talleyrand etait de cette espece inferieure; il signait les evenements, il ne les faisait pas» (MOTP2, XLIII, 8, 903). 129 Auch Talleyrand hat Memoiren hinterlassen, aus denen er zu Lebzeiten vorlas. Chateaubriand, der einer solchen Lesung beigewohnt hatte, sprach ihnen jeglichen literarischen Wert ab und bezweifelte, daß sie je erscheinen würden (worin er sich täuschte). Späte Revanche des Schriftstellers gegenüber dem Politiker: «Incapable d'ecrire seul une phrase, Μ. de Talleyrand faisait travailler competemment sous lui [...]. Je lui ai entendu lire, de ses memoires commences, quelques details agreables sur sa jeunesse. Comme il variait dans ses goüts, detestant le lendemain ce qu'il avait aime la veille, si ces memoires existent entiers, ce dont je doute, et s'il en a conserve les versions opposees, il est probable que les jugements sur le meme fait et surtout sur le meme homme se contrediront outrageusement» (MOTP2, XLIII, 8, 903). 110 Chateaubriand meint damit den Verrat am christlichen Glauben und den Verrat an der Monarchie. '·" In den Kapiteln der Memoires d'outre-tombe, die diese Zeit behandeln, ist Retz lediglich zweimal genannt. Zuerst wird seine Darstellung der römischen mceurs getadelt: «Le cardinal de Retz n'apprend rien sur les mceurs romaines. J'aime mieux le petit Coulanges» (MOTP2, XXX, 7, 245); dann äußerst sich Chateaubriand pietätlos zum Mißerfolg der Intrigen des Kardinals: «Vient ensuite ä Rome, du temps d'Olimpia, le cardinal de Retz, qui, dans le conclave apres la mort d'Innocent X, s'enröla dans l'escadron volant, nom que Γ on donnait ä dix cardinaux independants; ils portaient avec eux Sacchetti, qui n'etait bon qu'a peindre, pour faire passer Alexandre VII, savio col silenzio, et qui, pape, se trouva n'etre pas grand-chose» (MOTP2, XXXI, 2, 317). Weitaus schärfer fällt die Beurteilung dieser Episode in der Vie de Rance (II) aus: «Retz fit courir le bruit qu'il avait contribue ä Γ election: Joly, son secretaire, assure qu'il n'en fut rien» (ORV1, 1060); «Esprit aux maximes propres ä des brouilleries plutöt qu'ä des revolutions, il essaya la Fronde ä Saint-Jean de Latran, se croyant toujours dans la Cour des Miracles» (ORV1, 1062).

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Victoire! j ' a i un des papes que j ' a v a i s mis sur ma liste: c'est Castiglioni, le cardinal m e m e que je portais ä la papaute en 1823, Iorsque j ' e t a i s ministre, celui qui m ' a repondu dernierement au conclave de 1829, en me d o n n a n t f o r c e louanges. Castiglioni est modere et devoue ä la France: c'est un triomphe complet. (MOTP2, X X X I , 5, 332)

Nach der autoritären Wendung der Politik von Charles X (Ministerium Polignac), zerschlagen sich Chateaubriands Hoffnungen, die Geschicke der französischen Monarchie in seinem Sinne beeinflussen zu können. Der gescheiterte Minister erträumt sich daraufhin die Rolle des Prinzenherziehers, doch er wird diesen Traum nie verwirklichen können. Seine Mission im Auftrag der Duchesse de Berry in Prag ist in zweifacher Hinsicht ein Mißerfolg: weder kann er erreichen, daß Charles X der abenteuerlustigen Herzogin ihre königlichen Titel wieder zuerkennt, die sie infolge ihrer zweiten Heirat mit einem neapolitanischen Edelmann verloren hatte; noch kann er sich als gouverneur

von Henri V empfehlen. Letzteres muß man wohl zu den gro-

ßen enttäuschten Hoffnungen im Leben Chateaubriands rechnen. 132 Sein Unmut über den designierten Erzieher des Thronfolgers, den Baron de Damas, drückt sich gleich bei der ersten Begegnung aus. 133 Damas ist ungeschickt und beim Prinzen unbeliebt, so sehr, daß dieser mit Wutanfällen reagiert: «II entre contre lui dans de frequentes coleres. A la suite de ces emportements force est de mettre le prince en penitence» (MOTP2, XXXVIII, 4, 677). Wie auch sein Vater (der Due de Berry),11-1 wird Henri V damit implizit mit dem Due de Bourgogne verglichen, von dem Saint-Simon Ähnliches zu berichten wußte. 115 Nun ist der Enkel von Louis XIV von Fenelon gezähmt und erzogen worden. Zur Erziehung des letzten Bourbonen der brauche atnee hätte es eines zweiten Fenelons bedurft: «Ce qu'il faudrait ä M. le due de Bordeaux serait une main legere qui le conduisit sans lui faire sentir son frein, un gouverneur qui füt plutot son ami que son maitre» (MOTP2, XXXVIII, 4, 677). Im Rückblick der d'outre-tombe

erhebt Chateaubriand seinen Anspruch auf das Amt des

Memoires gouverneur

und mithin auf das geistige Erbe des Erzbischofs von Cambrai. 136 Wie Fenelon hätte

1,5

m 1,5

136

Für Castiglione war die Rolle des Prinzenerziehers («institutor del principe») höchste Auszeichnung und Vollendung des H o f m a n n s (B. Castiglione: II libro del Cortegiano, LC. IV, 47. 409). Als Chateaubriand ihn mit dem Titel eines Königs anredet und dabei auf das berühmte Wort verweist, das er an die Duchesse de Berry gerichtet hatte und das zur Parole der legitimistes geworden war ( M a d a m e , votre fils est mon roi), reagiert Henri V mit Unverständnis; diese Unkenntnis des jungen Prinzen wird D a m a s zur Last gelegt: «Monsieur le baron, mes paroles semblent etonner le roi. Je vois qu'il ne sait rien de sa courageuse mere et qu'il ignore ce que ses serviteurs ont quelquefois le bonheur de faire pour la cause de la royaute legitime» (MOTP2, XXXVIII, 2, 677). Ct infra. Cf. Saint-Simon: Memoires /, p. 243: «Dur et colere j u s q u ' a u x derniers emportements, et j u s q u e contre les choses inanimees; impetueux avec fureur, incapable de souffrir la moindre resistance, m e m e des heures et des elements, sans entrer en des fogues ä faire craindre que tout ne se rompit dans son corps» (cf. Saint-Simon: Memoires. Edition etablie par Yves Coirault, Paris, Gallimard [Bibliotheque de la Pleiade], 1983-1988, vol. IV, p. 409^*28). So auch Marc Fumaroli («Chateaubriand et Rousseau», in: J.-C. Berchet/ Ph. Berthier [ed.], Le tremblement du temps: Chateaubriand. Colloque de Cerisy, Toulouse. Presses Universitaires du Mirail, 1994, p. 221), der Fenelons Bedeutung für Chateaubriand wie folgt umreißt: «Fenelon ne resume pas seulement pour Chateaubriand le registre attique de style le plus essentiellement fran ihres Zeitalters mit d e n Werten der Aristokratie vereinbaren k ö n n t e und g l a u b e n , sie in E n g l a n d g e f u n d e n zu haben, w o sie b e i d e i m übrigen (freilich aus v e r s c h i e d e n e n G r ü n d e n ) längere Z e i t g e l e b t haben. 2 4 B e i d e berufen s i c h auf M o n t e s q u i e u 2 5 und verehren W a s h i n g t o n ( d e m Alfieri den Bruto

primo

w i d m e t e ) 2 6 - und w i e d e r u m b e i d e haben e i n g e s p a l t e n e s Verhältnis zu R o u s s e a u . B e i d e v e r a b s c h e u e n , aus ä h n l i c h e n Gründen, das militaristische Preußen, o b w o h l A l f i e r i s unbeirrbare A b n e i g u n g g e g e n Friedrich II. 27 v o n Chateaubriand nicht g ä n z -

"

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Roulin («La difficile epopee de l'homme de lettres», p. 94) meint im Gegenteil eine «obsession commune» für den Erhalt des Namens ausmachen zu können. Alfieri registriert aber lediglich den Verdruß, den er bei der Nachricht des frühen Todes seines einzigen Neffen direkter Nachfolge empfand: «Quella vanitaduzza, che si puö far tacere, ma non si sradica mai dal cuore di chi e nato distinto, di desiderare una continuitä del nome, ο almeno della famiglia, non mi s'era neppure totalmente sradicata in me» (VR, IV, 30, 308). Alfieri nennt seine 1778 erfolgte Loslösung vom piemontesischen König das disvassallarsi (VR, IV, 6, 211). Cf. DT, I, 5, 104: «Le corti tutte son [...] per necessitä ripienissime di pessima gente». Daher die Mahnung an den freien Menschen, sich von der «pestilenziale atmosfera delle corti» fem zu halten (DT, II, 3, 173). 1767 am neapolitanischen Hof dem damaligen König Ferdinand IV. vorgestellt, statuiert Alfieri: «le corti tutte non erano che una sola anticamera» (VR, III, 2, 99). Alfieri war (gemeinsam mit Ippolito Pindemonte) Augenzeuge der ersten Aufstände gewesen und schrieb sogleich, zwischen Juli und August 1789, die berühmte Ode «Parigi sbastigliato» (Rime, OLM5, 313-322). Die lobenden Worte Chateaubriands zur Assemblee Constituante sind bekannt. Cf. V. Alfieri: II Misogallo (1798), Sonetto XXII: «D'immensa piazza in mezzo (oime!) torreggia». Cf. zu diesem Komplex John Lindon: L'Inghilterra di Vittorio Alfieri e altri studi alfieriani, Modena, Mucchi, 1995, p. 79-83. Die England-Begeisterung bei Alfieri und Chateaubriand rührt aus einer ähnlichen Einschätzung der politischen Verhältnisse in England her. Was Alfieri anbetrifft, cf. DT, I, 11, 140-141, sowie VR, III, 6, 110-112 und passim. Allerdings sucht man bei Alfieri vergeblich nach einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der englischen Geschichte, wie man sie bei Chateaubriand findet. Zum England-Bild Alfieris cf. J. Lindon: L'Inghilterra di Vittorio Alfieri, p. 15-35. Alfieri behauptet, Montesquieu zweimal in extenso gelesen zu haben: «Montesquieu [...] lo lessi di capo in fondo ben due volte, con maraviglia, diletto, e forse anche con un qualche mio utile» (VR, III, 7, 116). Zu Alfieri und Washington cf. G. Santato: Lo stile e Γ idea. Elaborazione dei trattati alfieriani, Milano, Franco Angeli, 1994, p. 102. Um so kritischer fällt Alfieris Urteil über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. aus: «Un tiranno di nuova invenzione cominciö in questo secolo a stabilire e mantenere un esercito intero e perpetuo in armi. Costui, nel volere un esercito, allorche non avea nemici al di fuori, ampiamente provö quella giä nota asserzione; che il tiranno ha sempre in casa i nemici» (DT, 1,7, 113).

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lieh geteilt wird. Beide verstehen sich als Kämpfer gegen den Despotismus, Alfieri radikal gegen jegliche Form von «Tyrannei» (mithin auch gegen die Monarchie), der Royalist Chateaubriand gegen Napoleon und gegen die monarchistischen Ultras - beide reklamieren dabei die Rolle eines Tacitus für sich. Beide erkennen die Macht des geschriebenen Wortes und der Presse und sind der Ansicht, daß die öffentliche Meinung die Welt regiert. 28 Und weiter: Beide erfahren die und durchlaufen die leidvollen Etappen mehr oder minder langer literarischer Lehrjahre> (bei Alfieri freilich weitaus ).29 Beide übertragen auf die Dichtung das Bedürfnis nach Heldentum und Einflußnahme auf die politischen Verhältnisse. Beide gebärden sich als poetae

vates

und Propheten. Für beide ist die Voraussetzung des Schreibens die Unabhängigkeit, die wiederum auf der adligen Abstammung fußt. Beide sind auf der Suche nach dem Erhabenen in Tat und Wort. 30 Beide sind vom Phänomen des Heiligen und Märtyrers als Figur des menschlichen Erhabenen (und Heroischen) fasziniert. 31 Beide verehren Dante und spiegeln sich in ihm. 32 Beide verehren Tasso, Alfieri allerdings mit gravierenden Einschränkungen. 33 Beide richten einen wichtigen Teil ihres Werks an die Nachwelt - vornehmlich ihre Memoiren (Alfieri aber auch seine Rime, die eine Art bilden): sie schreiben (um mit Musil zu reden) einen ; ihre Stimme ist insofern dazu bestimmt, aus dem Jenseits zu erklingen. Auch stellen beide ihre Memoiren unter das Vorzeichen der Vanitas, Chateaubriand

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Zu Alfieri cf. PL, III, 10, 1014-1015: «L'opinione e la innegabile signora del mondo. [...] Ora, chi negarmi ardirä, che gli eccellenti scrittori non siano stati sempre assai piü fabri e padroni dell'opinione a lungo andare, che i prineipi?» Cf. G. Santato: Lo stile e l'idea, p. 2 0 7 - 2 0 9 . Der zweite dramatische Versuch Alfieris ist nicht zufällig eine Komödie mit d e m Titel / Poeti. Der Dichter Zeusipp, unter dessen Deckmantel sich der Autor versteckt (cf. VR. III. 15, 162), klagt O r p h e u s sein Leid, das er auf die «poesia infelice» zurückführt (VR, III «Appendice VI», 181). In der ersten unveröffentlichten Fassung der Vita (1790) erinnert sich Alfieri an seinen Leidensweg: «Non so forse esprimere neppure adesso [...] quel m e c c a n i s m o dell'intelletto, e quella battaglia orribile che in me si passava fra esso, il cuore e la lingua, ma l ' h o ferocemente sentita» (V. Alfieri: Vita scritta da esso, II, Prima redazione inedita delia Vita, p. 152).

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Zu Alfieri und d e m Erhabenen cf. Arnaldo Di Benedetto: Le passioni e il limite. Un "mterpretazione di Vittorio Alfieri. Nuova edizione riveduta e accresciuta, Napoli, Liguori, 2 1994, p. 4 1 - 4 3 , sowie G. Santato, Lo stile e l'idea, p. 125-130. Sublime ist (um mit Di Benedetto zu sprechen) ein Schlüsselwort im Denken Alfieris. Die Okkurenzen des Wortes sublime sind bei Chateaubriand ebenfalls zahlreich, von den Niagarafällen (MOTP1. VII. 8, 244) bis zur Dauphine, die in Carlsbad als die «sublime victime» apostrophiert wird (MOTP2, XL, 1, 754). «Pour lui, e'est un trope, un outil» befand Andre Suares («Chateaubriand», p. 40).

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Zu Alfieri, der dem Christentum (zumal dem Katholizismus) sehr kritisch gegenüberstand, cf. PL, III, 5, 993 sqq. Als Chateaubriand Dantes Grab in Ravenna besichtigt, erinnert er sich nicht nur an Alfieris Dante-Sonett, sondern auch an das von Foscolo (I Sepolcri, v. 194-195) kanonisierte Bild des piemontesischen Grafen, der in Santa Croce zu Florenz in Attitüde über das erniedrigte Italien nachsinnt: «Alfieri, qui avait sur le front il pallor delta morte e la speranza, se prosterna sur ce marbre et lui adressa son sonnet: Ο gran Padre Alighier!» (MOTP2, X X X , 2, 228).

·" Tasso gehört für Alfieri (freilich in guter Gesellschaft mit Horaz, Vergil, Ovid, Tibull, Ariost und Racine) zur Schar der letterati di ragione di principe (PL, I, 3, 916).

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mit einem Hiob-Zitat (Sicut nubes... quasi naves... velut umbra),34 Alfieri mit einem sehr ähnlich lautenden Pindar-Zitat (Planta effimera noi, cos'e il vivente?/ Cos'e l'estinto? - Un sogno d'ombra e l'uomo)·?5 der Erzähler präsentiert sich dem Leser von vom herein als Schatten unter den Schatten und weist im gleichen Zuge nicht nur auf die Nichtigkeit des menschlichen Lebens hin,36 sondern auch und vor allem auf die Perspektive d'outre-tombe, die er einzunehmen gedenkt. Beide sind (im Gegensatz zu Rousseau) Memorialisten, die absichtlich und offenkundig Details ihres Lebens verschweigen: Sie schreiben zwar Lebensbeschreibungen, weigern sich aber, darin die (aristokratischen) Regeln der bienseance zu verletzen.37 Gehören sie dennoch, wie Debenedetti behauptet, zwei verschiedenen Spezies von Memorialisten an? Alfieri den «Memorialisten der Hoffnung», Chateaubriand hingegen (wie Rousseau) den «Memorialisten des Gedächtnisses»? 38 Laut Debenedetti ist Alfieri ein «positives Gefühl» des eigenen Schicksals zu eigen, was zur Folge hat, daß er der «Linie der Geschehnisse» nichts abzutrotzen versucht und eine «Geschichte im Präsens» (oder im Präteritum) schreibt. Chateaubriand kennzeichne hingegen ein «negatives Gefühl» des eigenen Schicksals, das ihn dazu verleitete, im Akt des Erinnerns das Verlorene zurück zu fordern und eine «Geschichte im Imperfekt» zu schreiben.39 Tatsächlich scheint Alfieri Erinnerungen weder als Schlüssel zur Selbsterkenntnis noch als poetische Quelle verstanden zu haben. Die Vita vermag es aber auch, wie die Memoires d'outre-tombe, die Mehrschichtigkeit des Lebens ihres Urhebers freizulegen, wobei oft andere Textsorten, Auszüge aus Werken (Gedichte, Tragödien), aus Vorstufen von Werken und sogar aus Briefen eingebaut werden. 40 Und schließlich: beide verehren Montaigne; beide pflegen Freundschaften, die an die topische Seelenverwandtschaft zwischen Etienne de la Boetie und Michel de Montaigne gemahnen: Alfieri mit Francesco Gori und Tommaso Valperga di Caluso; Chateaubriand mit Fontanes und Joubert. Beide werden auf ihren Reisen von einem Diener

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MOTP1, 1. VR, 47 (Pindar, Pythische Ode VIII, 135-136). Diese Zeile könnte in Alflens Gedächtnis mit den Versen einer Canzone des von ihm hoch geschätzten Alessandro Guidi assoziiert gewesen sein, Vanitä de 'pensieri umani, Al Signor Cardinale Niccolö Radulovic, v. 68-72: «Veggio perche s'indura/ entro gli affanni un'alma/ e qual error l'ingombra;/ scorgo che solo e un'ombra/ quanto tien di splendore orma e figura» (Alessandro Guidi: Poesie approvate. L'Endimione. La Dafne. Rime. Sonetti. Sei omelie. A cura di Bruno Maier, Ravenna, Longo, 1981, p. 256). Das vom Autographen verbürgte Motto fehlt in der Originalausgabe der Vita und folglich auch in der französischen Übersetzung von 1809; es wurde erst in einer Ausgabe aus dem Jahre 1853 berücksichtigt (cf. V. Alfieri: Vita scritta da esso, I, L. Fassö: «Introduzione», p. XX). Chateaubriand zitiert hingegen (nur zufällig?) den zweiten dieser Pindarischen Verse in seinem italienischen Brief «Α M. de Fontanes»: «Ce qui acheve de rendre notre vie le songe d'une ombre, c'est que nous ne pouvons pas meme esperer de vivre long-temps dans le souvenir de nos amis» (OC7, 247). So argumentiert Roulin («La difficile epopee de l'homme de lettres», p. 103). Zu Alfieri cf. VR, «Introduzione», 50: «se io non avrö forse il coraggio ο l'indiscrezione di dir di me tutto il vero, non avrö certamente la viltä di dir Cosa che vera non sia». G. Debenedetti: Vocazione di Vittorio Alfieri, p. 35. G. Debenedetti: Vocazione di Vittorio Alfieri, p. 25-26. Santato (Lo stile e l'idea, p. 40) spricht von einer «strategia di riuso autobiografico di testi epistolari».

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begleitet (Alflen von Elia, Chateaubriand von Julien), 41 der ihnen als Weggefährte und vernünftig-komisches Alter Ego zur Seite steht - wie Sancho Pansa Don Quijote, Trim dem schrulligen Toby (in Sternes Tristram Shandy) oder Jacques seinem Meister (in Diderots Jacques le fataliste).42 Beide lieben die Pferde, besonders Alfieri, und es ist zu vermuten, daß Chateaubriands Leidenschaft für diese Tierrasse aus seiner AlfieriLektüre herrührt. Kurz vor seiner Abreise, Anfang Mai 1829, kaufte der Vicomte in Rom einige englische Pferde und ließ sie dort zurück, in der Überzeugung, bald in die ewige Stadt zurückkehren zu dürfen: «J'achetai des chevaux anglais et je les fis partir pour les prairies d'Evandre» (MOTP2, XXXII, 1, 371). Während seines dritten englischen Aufenthalts im Jahre 1784 hatte Alfieri vierzehn englische Pferde gekauft und sie anschließend über Wasser und Land nach Italien verfrachtet (VR, IV, 12, 238). Angesichts der Kürze von Alfieris Leben (54 Jahre), der Fülle von Analogien mit der Lebensbahn Chateaubriands, die darin in oft verknappter und radikalisierter Form zu finden sind, wäre man versucht, nicht von , nahezu ein Vierteljahrhundert lang Rektor der Universität Edinburgh. In seinen Werken war er bestrebt, die Überwindung des Feudalismus und der religiösen Intoleranz am Beispiel von zentralen Gestalten der englischen und europäischen Geschichte nachzuzeichnen. Drei Titel machten ihn weit über die schottischen Grenzen hinaus berühmt: The History of Scotland during the Reigns of Queen Mary and the King James VI (London, 1759, 2 1787); The History of the Reign of the Emperor Charles V (London, 1769, 2 1787); The History of America (Edinburgh, 1777; London, 2 1788). 1781 wurde er in die Wissenschaftsakademie zu Padua aufgenommen. Zu dieser erlesenen Schar der «santi di Iibertä» gesellen sich später die «santi di religione», die Heiligen und Propheten bzw. die Märtyrer (PL, III, 5, 995). Diese mißbilligende Beurteilung des großen Aufklärers erklärt sich einerseits aus der aufklärungskritischen Evolution des Alfierischen Denkens, andererseits aus der bereits vor der Revolution weit fortgeschrittenen Alfieris. Einen anderen Sonderfall bilden die Wissenschaften, die von den Fürsten tatsächlich gefördert werden, da aus ihnen nicht unmittelbar eine Gefährdung ihrer Machtposition erwachsen kann: «Dai principi quindi protette sono le scienze per veramente innalzarle; protette le lettere, per avvilirle» (PL, III, 3, 986 und passim). Diese Sicht der Dinge entspricht durchaus der besonderen Ausrichtung der Kulturpolitik im Königreich Piemont (cf. P. Mauri: «II Piemonte», p. 840).

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Kausalzusammenhang zwischen Versklavung der Literaten und literarischer Blüte herstellen ließe. Das klassische Athen stellt eher eine denkwürdige Ausnahme dar: «Atene sola riuni tutto ad un tempo; libertä, e belle arti; valor militare, e scienze; ricchezza, e costumi» (PL, II, 2, 931). In Rom hingegen kommen die besten Dichter zum Vorschein, als die Sklaverei des Kaiserreichs anfängt (OM, II, 2,931-932), 118 wie in einem letzten Aufflackern der vergangenen Größe, verschönert von einer bereits verweichlichten Kultur (OM, II, 2,934). Es scheint, als ob es ein Schicksal gäbe, das dichterische Schönheit und tugendhaftes Handeln voneinander entfremdet: «Per quale umana fatalitä avvien dunque, che il bello dire paja non si poter quasi mai raccozzare col bene operare?» (PL, II, 2, 931) So könnte man meinen, daß es einen weiteren Zusammenhang zwischen literarischem Raffinement und Versklavung bzw. Korruption der Sitten gibt: «Ma quegli eleganti e perfetti scrittori, erano essi cagione della crescente effeminatezza, del cessante coraggio, del vile pensare, del servir lietamente, del non conoscer piü patria, del non temer che per se, del vivere in corte temendo e sperando sempre, ne mai cose legittime e grandi davvero?» (PL, II, 2, 932) Alfieri beantwortet diese Fragen mit Hilfe eines rezeptions- und wirkungsästhetischen (wenn nicht gar ) Arguments. Er unterscheidet im dichterischen Werk zwischen einer inneren und einer äußeren Erhabenheit, die eine unwandelbar und rezeptionsunabhängig, die andere hingegen dem Wandel der Epochen, der Gesellschaftsordnungen und mithin der Lesarten unterworfen.119 So mag sich erklären, warum die ästhetische und politische Beurteilung der Schriftsteller eines Zeitalters der Verweichlichung und der Tyrannei (unter Augustus oder Louis XIV) vom Standpunkt eines anderen Zeitalters der Verweichlichung und der Tyrannei (der Moderne) gemeinhin positiv ausfällt, wohingegen ein Römer aus der Zeit der Republik die Verse Vergils zwar an sich schön, jedoch in ihrer Wirkung als abträglich befunden hätte (PL, II, 2, 932-933). Die Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlich-politischen Zuständen und Literatur bleiben aber nicht auf die Ebene der Rezeptionsprozesse beschränkt. Wenn ein freies Werk eine unfreie Gesellschaft befreien kann, so schafft erst eine freie Gesellschaft die Voraussetzungen für die Entstehung wahrhaftig großer Werke; je freier die politische Ordnung der civitas, desto erhabener das dichterische Werk; Vergil wäre ein viel größerer Dichter gewesen, wäre er nur 100 Jahre früher geboren worden,120

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Damit vergleichbar ist die Blüte der französischen Literatur im Zeitalter von Louis XIV: «in Francia gli eleganti scrittori, benche non vi appajano se non sotto l'apice della tirannide di Lodovico decimoquarto, non sono per ciö figli di essa: ma, le lettere preparate giä nel precedente meno avvilito secolo, fiorirono poscia in quello» (PL, III, 2, 981). «II pregio d'ogni scrittore sta, come le altre cose tutte, nella opinione degli uomini: e, dividendo in due parti le ragioni per cui uno scritto riporta il pregio della eccellenza, dico che il pregio della sublimitä intrinseca, cioe della veritä evidenza e forza dei pensieri, non puö esser mai se non uno; ma il pregio della sublimitä neH'esporgli e lumeggiarli puö essere diviso in altrettanti aspetti, quante sono state, sono, e sian per essere le etä degli uomini, le differenze dei governi, e le diverse circostanze dei popoli» (PL, II, 2, 932). Cf. PL, II, 6, 952: «anche gli amatori piü caldi di Virgilio (e mi vanto io d'esser uno di quelli) debbono pur confessare, se intendono ed amano il vero, che Virgilio, nato cent'anni prima con le stesse sue doti, avrebbe fatto di tanto migliore poema, di quanto quella Roma era miglior della sua».

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denn Dichter im eigentlichen und ganzen Sinne des Wortes («interi poeti») kann nur die Republik hervorbringen, nicht die Monarchie. 121 Folglich darf man annehmen, daß zuerst die Korruption der Sitten eintreten und die Literatur korrumpieren muß, bevor die korrumpierte Literatur zur weiteren Korruption der Sitten beitragen kann (PL, II, 2, 935). Insofern ist die Unterscheidung zwischen letterati di ragione di principe und letterati non di ragione di principe legitim. Ebenso legitim ist Alflens Vorhaben, den Zeitgenossen die möglichen Auswege aus der Versklavung der Literaten vorzuzeichnen: «i mezzi a mio parere migliori, affinche i pochi scrittori che veramente meritano d'esser liberi, vengano in parte ο del tutto ad uscire dai vergognosi ceppi, che allacciando loro l'intelletto e la penna, la loro fama impediscono, ο guastano» (PL, II [Prolog], 928). Auch hierin sind sich die beiden Hauptschriften Alfieris sehr ähnlich. In Deila Tirannide wird der Despotismus an sich als theoretischer und polemischer Gegenstand zuerst entworfen, dann analysiert, um aus den gewonnen Erkenntnissen einen Verhaltenskodex des Verschwörers abzuleiten. Der Traktat Del Principe e delle Lettere skizziert die Konstellation der im Despotismus verirrten und verführten Literatenkaste - das Phänomen, das man seit Julien Benda den 122 nennt - , um dann auf dieser Grundlage zu einem Gegenentwurf auszuholen. Das Besondere an diesem Entwurf ist, daß er sich auf zwei Ebenen artikuliert: auf der einen (die man als die heuristische bezeichnen könnte) geht es dem Autor um die Klärung einiger theoretischer und sozialer Bedingungen; auf der anderen geht es ihm bereits um eine praktische - fast könnte man sagen: performative - Umsetzung seiner Erkenntnisse. So muß zum einen die rein spekulative Frage ausgeräumt werden, ob es unter den Fürsten aller Logik zum Trotz doch Dichter geben könnte - denn die Fürsten wären rein theoretisch, als die unabhängigsten unter den Menschen, die Schriftsteller par excellence: «i principi, dico, mediante la loro totale indipendenza, e mediante il nontimore [sie] di verun altro individuo piü potente di loro, potrebbero senza dubbio essere gli scrittori per eccellenza: perche nessun rispetto, prudenza, ο timore gli sforzerebbe a tacere, ο ad alterare la veritä» (PL, II, 1, 930). Ein solcher Fürst müßte allerdings zuerst das Principato selbst abschaffen, wozu er sich seiner Bestimmung gemäß per definitionem nie entschließen könnte. 123 Es muß weiterhin ausgemacht 121

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Cf. PL, II, 9, 967: «Quindi, a me pare, che il principato permette, nudrisce, intende e assapora i mezzi poeti; cioe i molto descriventi narranti e imitanti, ma poco operanti, e nulla pensanti; ma che degli interi poeti [...] non gli ebbe mai, ne gli avrä, che la sola repubblica». Julien Benda: La Trahison des clercs, Paris, Grasset, 1927. Im Vorwort zur Neuausgabe des Jahres 1946 faßte Benda seine These wie folgt zusammen: «que les hommes dont la fonetion est de defendre les valeurs eternelles et desinteressees, comme la justice et la raison, et que j'appelle les clercs, ont trahi cette fonetion au profit d'interets politiques» (J. Benda: La Trahison des clercs. Introduction d'Andre Lwoff. Avant-propos d'Etiemble, Paris, Grasset, 1990, p. 41). PL, II, 8, 957-958: «Ricapitolerei soltanto tutti i pregi dello scrittore sublime; cioe, sommo ingegno, integritä somma, conoscenza piena del vero, e non minore ardire nel praticarlo e nel dirlo. Da questo solo novero, verrei bastantemente a dimostrare, che se tali e tante doti potessero per semplice forza di natura trionfare degli ostacoli annessi al naseimento e edueazione del principe, un uomo che se ne trovasse fomito, inorridirebbe tosto dell'esser principe, ed immediatamente cesserebbe d'esserlo; e, diventando facitore di cosl savie leggi che impedissero per sempre ogni futuro principe, egli verrebbe in tal modo (senza avvedersene) ad essere ad un

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werden, welche Berufskategorien der Ausübung der höheren Mission des Literaten - der «privata altissima carica di scrittore» (PL, II, 12, 972) - abträglich sind; als da wären: «un ente vissuto fra i chiostri; un segretario di cardinale; un membro accademico; un signor di corte; un abate aspirante a beneficj; un padre, ο figlio, ο marito;'24 un legista; un lettore di universitä; un estensore di fogli periodici vendibili; un militare; un finanziere; un cavalier servente: ο qualunque altr'uomo in somma, che per le sue serve circostanze sia costretto a temere altro che la vergogna del male scrivere, ο a desiderare altro che il pregio e la fama della eccellenza» (PL, II, 1,930-931). Aus dem Heiligtum der Lettere bleiben, wie man sieht, die allermeisten ausgeschlossen - «una cosi immensa turbadi non-uomini [sie]». Die Anforderungen, die Alfieri stellt, sind in der Tat sehr hoch. Im Grunde muß sich ein angehender Literat vorsorglich von allen sozialen Bindungen freimachen - was auch heißt: von jeglichem Arbeitsverhältnis. Die Autonomie der Literatur beginnt für Alfieri, sehr konkret und sehr prosaisch, bei den materiellen Bedingungen, bei der finanziellen Unabhängigkeit des Autors. Diese ist um so unerläßlicher, als auch das Produkt des Schreibens, da nur dem Wahren verpflichtet, auf keinen Fall Gegenstand ökonomischer Zwänge sein darf, mit anderen Worten nicht für den Markt bestimmt ist. Nur unter diesen Bedingungen kann ein literarisches Werk bleibenden Ruhm erlangen und sich für die Allgemeinheit als nützlich erweisen: «se [lo] scrivere [...] riesce alto, veridico, libero, e interamente sciolto da ogni secondo meschino fine» (PL, II, 1, 929). Daraus ergibt sich folgende Empfehlung an die angehenden Dichter: Parlando io dunque ai grandi ingegni (ma ai soli e pochi grandissimi) che per ingiustizia di fortuna si trovano esser nati poveri, dico loro; che se vengono a conoscere se stessi in tempo, debbono prima, ove sia possibile, con qualunque altra arte migliorare la loro sorte, per poi potersi, per mezzo della indipendenza, valere del loro ingegno liberamente. Ε di ciö gli scongiuro, per quel sommo utile, che dai loro scritti ne puö ridondare agli uomini tutti; e per quella purissima gloria, che ad essi ne dee ridondare. Ma, se non possono assolutamente procedere nel modo su divisato, Ii consiglio a desistersi dalla impresa dello scrivere, e a cercare altri mezzi per campare [...]. (PL, II, 1, 929)

Oder anders gesagt: L'uomo, che con qualche diritto si lusinga di conoscere il vero, e che si sente il nerbo di esporlo con forza ed eleganza, ο dee avere il bastante per vivere, ο contentarsi del pochissimo, ο rinunciare all'impresa, ο guastarla. (PL, II, 6, 949)

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tempo il primo degli scrittori tutti, e il solo vero gran principe che vi fosse mai stato. Dei tali non ne conosco dalle storie, che un solo: Licurgo, che di re si facea legislatore, poi cittadino; e quindi finalmente esule si faceva della riprocreata sua patria, per dare cosi piü valore alle proprie leggi, acquetando con la sua lontananza l'invidia». Cf. ebenfalls DT, 1,3,93,96. Dieser Frage ist bekanntlich auch der Panegirico di Plinio a Traiano gewidmet (in V. Alfieri: Scritti politici e morali, vol. I. A cura di Pietro Cazzani, Asti, Centro Nazionale di Studi Alfieriani [Edizione Nazionale delle Opere di Vittorio Alfieri], 1951, p. 285-321), eine fiktive Rede von Plinius an Trajan, gehalten im römischen Senat. So ebenfalls (im Della Tirannide) eine der Empfehlungen an die Senkenden Wesen>, die dazu verdammt sind, unter einer Tyrannei zu leben: «Dico dunque, che chi pensa, e puö campare senza guadagnarsi il vitto, non dee mai pigliar moglie nella tirannide; perche, pigliandovela, egli tradisce il proprio pensare, la veritä, se stesso, e i suoi figli» (DTI, 14, 158-159). Enge familiäre Bande sind selbstredend eine gefährliche Schwachstelle, die der Tyrann jederzeit gegen den freien Menschen ausnutzen kann.

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Defacto

bringen also in der gegebenen Situation einer spätfeudalen Gesellschaft nur

die Adligen die nötigen Voraussetzungen mit, um als unbestechliche, mithin unabhängige Dichter zu wirken. Die ästhetische Autonomie entpuppt sich als aristokratisches Privileg. Tatsächlich ist bei aller Ungebildetheit die Ausgangslage des Adels ungleich günstiger als die des dritten Standes; Muße, Wohlstand und Unabhängigkeit sind dabei die ausschlaggebenden Faktoren: «La nobiltä, per quanto sia ignorante e mal educata, pure, come alquanto meno oppressa e piü agiata, ella ha il tempo e i mezzi per riflettere alquanto piü che il popolo» (DT, I, 11, 144). Auch ist ein Adliger in der glücklichen Lage, ungefährdet und sorglos philosophieren zu können, und - sich über die ökonomischen Zwänge hinwegsetzend, den reinen Profit verachtend 125 - aus reiner Wahrheitsliebe und tugendhaftem Uneigennutz zu schreiben - ja zu schreiben, ohne seine Schriften zu verkaufen: «E benche si vendano anche i libri, si possono pur fare senza venderli; e prima della stampa cosi accadeva per lo piü» (PL, II, 5, 945). 1 2 6 Insofern sind die Adligen zum Kampf gegen die Tyrannei geradezu prädestiniert. Aus ihren Reihen müßten mithin sowohl Dichter als auch republikanische Helden hervorgehen: «scegliamo nella tirannide quei pochi uomini, a cui e la robustezza delle fibre, e una miglior educazione, e una certa elevazion d'animo [...] e in fine una minor dipendenza, dovrebbero far conoscere piü il vero, e lasciarli tremare assai meno che gli altri» (DT, I, 3, 89). 127 Nur, gerade sie sind es, die dem unwürdigen Schauspiel des täglichen Unrechts tatenlos zuschauen: «tutto ciö veggono palpabilmente ogni giorno quei pochi enti pensanti, che la tirannide non ha potuti impedire; e in ciö

'- 5 Mario Fubini (Ritratto dell'Alfieri, p. 27) hat auf Alfieris aristokratisches Desinteresse für den Kommerz, die Industrie, die Welt der Arbeit schlechthin hingewiesen. Die klarste Absage an das Prinzip des Profits als «scopo per se stesso vilissimo» findet man im Deila Tirannide (I. 5, 107): «Lo scopo, che si propongono gli uomini nello straricchire, e vizioso nell'uno e nell'altro governo; e piü ancora nelle repubbliche che nelle tirannidi; perche in quelle si cercano le ricchezze eccessive, ο per corrompere i cittadini, ο per soverchiar l'uguaglianza; in queste, per godersele nei vizj e nel lusso. Con tutto cid, mi pare pur sempre assai piü escusabile l'aviditä di acquistare, in quei governi dove i mezzi ne son men vili, dove l'acquistato e sicuro. e dove in s o m m a lo scopo (ancorche piü reo) puö essere almeno piü grande». Siehe auch die zwölfte Satire (II Commercio), in: V. Alfieri, Scritti politic! e morali, vol. III, p. 165-172 (so v. 4 3 ^ t 5 : «Arti, lettere, onor, tutto e stoltezza/ In questa etä dell'indorato stereo,/ Che il subitaneo lucro unico apprezza»). 1:1 Wie bereits mehrmals betont, hat es Alfieri für einen nicht geringen Teil seiner Werke genauso gehalten (was die Brisanz des Pariser Raubdrucks 1801/1802 erklärt). Hierin sieht Alfieri übrigens einen Vorteil der Literatur gegenüber der bildenden Kunst; denn einerseits braucht der Schriftsteller im Gegensatz zum Maler oder Bildhauer (die überdies als Handwerker meist ungebildet und arm sind) nur wenige und billige Werkzeuge: «i suoi mezzi per eseguire sono semplicemente poca carta, inchiostro, ed ingegno; mezzi che nessun principe gli puö dare, se a lui gli ha negati natura. Ma, non e giä nelle arti cosi. Da prima, per esser eile opera di mano. raramente vi si acconciano persone altamente educate, ed agiate dei beni di fortuna; poi, perche l'esecuzione di esse ne riesce faticosa, dispendiosa, ed incomoda, non ne puö essere mai indipendente artefice»; andererseits m u ß der Maler, um die Anschaffungskosten seines Materials auszugleichen, seine Produkte verkaufen: «la pittura. che pure e la m e n o incomoda di tutte le belle arti, si puö ella vantare di aver avuto mai alcuno eccellente artefice. che prezzolato non fosse? Una cosa che si fa per vendersi, abbisogna di compratore; ed ecco tosto la dipendenza e servitü di quell' arte» (PL, II, 5, 945). Noch aussichtsloser ist freilich die Verstrickung des Architekten mit der Welt der (fürstlichen) Auftraggeber. 1:7 Dieses Kapitel des Traktats trägt den Titel «Deila paura».

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vedere, s o m m e s s a m e n t e sospirando, t a c c i o n o » (DT, I, 3, 90). In Wirklichkeit stellt a l s o der A d e l ( z u s a m m e n mit d e m Klerus) das größte Hindernis für e i n e A b s c h a f f u n g der Tyrannei dar: Havvi una classe di gente, che fa prova e vanto di essere da molte generazioni illustre, ancorche oziosa si rimanga ed inutile. Intitolasi nobiltä; e si dee, non meno che la classe dei sacerdoti, riguardare come uno dei maggiori ostacoli al viver libero, e uno dei piü feroci e permanenti sostegni della tirannide. (DT, I, 11, 136) 128 D e r A d e l ist nicht nur für den Fortbestand der Tyrannei mitverantwortlich; er entpuppt sich bei näherem H i n s e h e n als ihr Ursprung («origine»), ihre U r s a c h e ( « c a g i o n e » ) und Stütze ( « s o s t e g n o » ) . 1 2 9 D a h e r die S c h l u ß f o l g e r u n g : « Q u e s t a classe, in ogni tirannide, e sempre la piü corrotta; ella e perciö l ' o m a m e n t o principalissimo delle corti, il m a g g i o r obbrobrio della servitü, e il g i u s t o ludibrio dei p o c h i c h e p e n s a n o » (DT, I, 11, 143). D i e s e regelrechte A b r e c h n u n g mit d e m e i g e n e n Stand - bei der Alfieri d e m höfisch-aristokratischen Verhaltenskodex e i n e deutliche A b s a g e erteilt 1 3 0 - mündet n o t w e n d i g e r w e i s e in die v o n M a c h i a v e l l i s Discorsi vio kanonisierte Gegenüberstellung von cittadino

la prima

deca di Tito Li-

und gentiluomo.131

sopra

Nicht zufällig

ist dies einer der G e g e n s t ä n d e d e s nächtlichen D i a l o g s z w i s c h e n Vittorio und d e m Schatten des verstorbenen Freundes F r a n c e s c o Gori (der ein S i e n e s i s c h e r K a u f m a n n war). 1 3 2 Vittorio fragt Francesco, w i e er als freier Bürger es denn über sich bringen konnte, mit ihm, e i n e m A d l i g e n , freundschaftlichen U m g a n g zu pflegen: VITTORIO - Tu nato non nobile, ma cittadino in tempi che questo nobilissimo nome, di cui si fregiava Scipione, per non v'essere piü vera cittä, vien dato in suono di sprezzo alia classe posta fra i nobili e il popolo, deh, dimmi; tu nato non nobile, co' nobili che in cuore giustamente sprezzare tu dovevi, come, donde cavavi quel tuo dignitoso contegno, per cui tacitamente, senza perö offenderli mai, ti venivi a mostrare tu il vero patrizio, ed essi nel tuo cospetto confessarsi pareano d'esser meno che plebe? (La virtu sconosciuta, OM, 1030)

128

129

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131 132

Hier klingt unüberhörbar das Echo des Machiavellischen Anathems nach: «per chiarire questo nome di gentiluomini quale e' sia, dico che gentiluomini sono chiamati quelli che oziosi vivono delle rendite delle loro possessioni abbondantemente, senza avere cura alcuna ο di coltivazione ο di altra necessaria cura a vivere. Questi tali sono perniziosi in ogni repubblica e in ogni provincia» (Niccolö Machiavelli: Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio, I, 55, in: N. Machiavelli, Opere. Α cura di Corrado Vivanti, Torino, Einaudi, Gallimard [Biblioteca della Pleiade], 1997, vol. I, p. 311). DT, I, 10, 131 sqq. («Del falso onore»), sowie I, 11, 136-142 («Deila nobiltä»). Zu Stützen der Tyrannei werden die Adligen «tosto che rimasero spogliati dell'autoritä e della forza» (DT, I, 11, 142) - eine Erkenntnis, die eindrücklich belegt, daß sich Alfieri des historischen Wandels seines Standes im ausgehenden Ancien Regime durchaus bewußt war. Cf. PL, III, 2, 978-979, wo die Höfe wie folgt charakterisiert werden: «que' tristi luoghi, dove gli uomini pel troppo desiderare e temere, nulla vagliono; dove, pel molto conoscersi ed odiarsi fra loro, e dal non ardirsi mostrare a viso scoperto il loro vicendevole dispregio, ne cavano i sottili e delicati modi di offendere, di lusingare, di chiedere, di negare, e di prendere. Ε questi sottili modi dappoi [...] dai popoli, che nascendo dopo, nascono piü schiavi ancora dei precedenti, vengono qualificati e reputati in appresso come la vera perfezione dell'eleganza del favellare». Zu Machiavelli cf. C. Donati: L'idea di nobiltä in Italia, p. 29-30. Nicht ohne Bedeutung in diesem Kontext (und Alfieri nicht unbekannt) mag die Tatsache gewesen sein, daß Siena länger als andere italienische Städte (bis 1555) als letzte Bastion des alten kommunalstaatlichen Gedankens gegolten hatte (cf. C. Donati: L'idea di nobiltä in Italia, p. 53-54).

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In seiner Antwort zeigt sich Francesco bemüht, der Argumentation des Freundes ihre Schärfe zu nehmen. Er erinnert Vittorio daran, daß sie beide in einer Zeit leben, in der alle, ob Adlige oder Bürger, gleichermaßen Knechte sind: FRANCESCO - Ancorche nella natura umana inevitabile sia [...] quell'odio che si porta ai maggiori di noi, ο creduti tali, non odiava io perciö i nobili, perche paragonandomi con essi, in nessuna cosa mi ritrovava io minore di loro, ed in molte maggiore. Dal mio negozio, dove, piü per rispetti di famiglia, che per aviditä di guadagno, mi stava trafficando seta, vedeva io spesso pel maggior foro della cittä scioperati, e carichi oppressi d ' o z i o e di noja codesti nobili passeggiare; ed io Ii vedeva standomi tal volta con Tacito, ο con altro s o m m o classico in mano: come mai odiarli potea? Tacito, ο altro libro dicevami, che ne io, ne essi in questi governi eravamo, ne potevamo essere giammai veri uomini: niuna differenza passava tra essi e me nel servire, se non che io d'esser servo sapeva, e doleamene, e vergognava; essi nol sapeano, ο se ne gloriavano. [...] L'umiltä dei natali doluta forse mi sarebbe oltre modo, se avendo io una vera patria, mi avesse ciö escluso dal poterla servire, e giovarle; il che, dove vera patria fu, non accadde pur mai: ma dove la chiarezza del sangue prerogativa altra non da, che di lasciar rimirar piü da presso la fucina vile, in cui le comuni catene di tutti si temprano, 1 3 3 s o m m a Ventura io reputai il non averla sortita; poiche quindi alla oscuritä del mio nascere io poteva piü assai facilmente congiungere la puritä della mia, non ardirö giä dir libera, ma ignorata e indipendente esistenza. (OM, 1030-1031)

In seiner weisen Bescheidenheit sieht zwar Francesco im Fleiß seines Standes - der bei ihm selbst ohnehin jeglichen Profitstrebens entbehrt - keinen herausragenden Vorzug. Er scheint sogar nicht auszuschließen, daß in einem wahren Vaterland134 - das heißt in einem freien Staat - der Adelstitel eine begehrenswerte Auszeichnung sein könnte. Der Verweis auf Tacitus legt nahe, daß Francesco die Gesellschaftsstruktur der römischen Republik vor Augen hat. Seine Überlegenheit sieht er eher in seinem Wissen um die eigene Knechtschaft begründet - die wiederum aus seiner Vertrautheit mit den großen Geistern der Antike herrührt. Dadurch entsteht jedoch ein Zusammenhang zwischen der bescheidenen Erwerbstätigkeit Francescos - «standomi umilmente a bottega» (OM, 1031) - und der Ausbildung seiner zivilen Tugenden. Folgerichtig liegt ein starker Akzent auf der Untätigkeit der Adligen («scioperati, e carichi oppressi d'ozio e di noja»), auf ihrem Nichtstun, das sich aus ihrer Unwissenheit und Ignoranz nährt und sie in ihrer Ignoranz festigt und bestätigt. In der unerschütterlichen Bildungs- und Gelehrsamkeitsverachtung der Aristokraten liegt insofern für Alfieri der Hauptgrund dafür, daß sie außerstande sind, aus ihrer privilegierten Ausgangslage Kapital zu schlagen und es wenigstens zu letterati di ragione di principe zu bringen: Ora, perche mai questi nobili ο ricchi, e non stolti, [...] non si fanno eglino. non protettori inetti di lettere, ma valenti letterati e scrittori essi stessi [...]? [...] il timore, che maggiormente puö in chi piü ha, Ii disvia e Ii impedisce; oltre che il nascere, per opinione stolta, fra i primi, toglie lor quell'impulso e quel divino furore di volersi far primi per realitä. Ma, se pure il timore non concederä ai nobili ο ricchi di divenire nel principato sublimi scrittori di feroci veritä, qual cosa mai poträ loro impedire di assomigliarsi ai Virgilj, agli Orazj, Ariosti, Tassi, Racine, e simili? Si noti in oltre, che questi nobili facendosi scrittori, a eguale ingegno, tosto maggiori sarebbero di quelli non nobili e poveri: poiche, come non necessitosi, e assai men dipendenti, mondati sarebbero ed essi e i loro libri dalla feccia della vile adulazione e della sfacciata menzogna.

IW 114

Gemeint ist natürlich der fürstliche Hof. Z u m Begriff von patria bei Alfieri, cf. auch Rime I, 37, O L M 5 , 38: «Loco, ove solo UN contra tutti basta,/ Patria non m ' e , benche natio terreno» (v. 7 - 8 ) .

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Ma i nobili e ricchi nel principato, non vogliono essere (pur troppo!) ne poeti filosofi, ne semplicemente poeti. (PL, III, 2, 979-980) 1 3 5 A u s dieser p e s s i m i s t i s c h e n D i a g n o s e zieht Alfieri allerdings nicht den S c h l u ß (den m a n c h e f r a n z ö s i s c h e A d l i g e a m Vorabend der Revolution z i e h e n werden), daß e i n e Erneuerung der G e s e l l s c h a f t von d e m mehr o d e r minder g e b i l d e t e n Bürgertum ausg e h e n muß. B e i aller S k e p s i s hält er an seiner A u f f a s s u n g fest, daß nur ein A u f s t a n d des A d e l s eine Veränderung der g e g e b e n e n despotischen Verhältnisse herbeiführen kann. Dafür spielt der v e r g l e i c h s w e i s e bessere Bildungsstand 1 3 6 e b e n s o e i n e R o l l e w i e die d u r c h s c h l a g e n d e Wirkung, die aus einer aristokratisch geprägten, mithin über alle Z w e i f e l plebejischen N e i d e s erhabenen S c h m ä h u n g höfischer Privilegien a u s g e h e n würde: La nobiltä del loro nascere grandissima forza e peso arrecherebbe ai loro argomenti. Avendo essi [die Adligen] la possibilitä di ottenere tutte le soprammentovate infamie di corte, lo averle spregiate, Taverne conosciuto e svelato il distributore, tutto questo fa si, che la loro ira non potrebbe mai venir tacciata di bassa invidia [...]. (PL, III, 8, 1004) D a m i t ist aber g e n a u Alfieris A u s g a n g s l a g e umschrieben. M a n l e s e das berühmte Incipit

der Vita:

Nellacittäd'Asti in Piemonte, il di 17 di Gennajodell'Anno 1749, io nacqui di nobili, agiati ed onesti parenti. Ε queste tre loro qualitä ho espressamente individuate, e a gran Ventura mia le ascrivo per le seguenti ragioni. II nascere della classe dei nobili, mi giovö appunto moltissimo per poter poi, senza la taccia d'invidioso e di vile, dispregiare la nobiltä per se sola, svelarne le ridicolezze, gli abusi, ed i vizj; ma nel tempo stesso mi giovö non poco la utile e sana influenza di essa, per non contaminare poi mai in nulla la nobiltä dell'arte ch'io professava. II nascere agiato, mi fece e libero e puro; ne mi lasciö servire ad altri che al vero. (VR, I, 1, 52) 1 3 7 W e n n er also die R o l l e der A d l i g e n in einer w e i t g e h e n d v o n Tyrannei beherrschten Welt erwägt, s o denkt Alfieri in erster L i n i e an sich. Er selbst ist j e d e s m a l g e m e i n t , w e n n in den theoretischen Schriften v o m A d e l die R e d e ist. N u n wird auch das E x e m p l a r i s c h e an seiner P o s i t i o n d e u t l i c h 1 3 8 - j e n e literaturüberschreitende D i m e n s i o n , d i e ich als b e z e i c h n e t habe. W e n n s i c h Alfieri z u w e i l e n z u m eroe

lette-

rario stilisiert, s o nicht vorrangig ( w i e mancherorts behauptet) mit der Absicht, e i n e n e u e M y t h o g r a p h i e d e s D i c h t e r s als g e n i a l i s c h e m Poeta

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Vates zu kanonisieren; 1 3 9

Die Verachtung der Adligen für die Gelehrsamkeit beklagt Alfieri, wie bereits erwähnt, auch in seiner eigenen Familie (cf. VR, I, 2, 55). Die Adligen «hanno pur sempre piü assai luce che il popolo; perche hanno l'ozio ed i mezzi per leggere, parlare, viaggiare, vedere, e quindi anche un pocolino pensare» (PL, III, 8, 1003). Vom Vater heißt es weiterhin bezeichnenderweise: «II mio padre era un uorao purissimo di costumi, vissuto sempre senza impiego nessuno, e non contaminato da alcuna ambizione» (VR, I, 1, 52). Im Epitaph, das Alfieri für sich selbst entwarf, liest man unter anderem: MULTITUDINI/ EO QUOD NULLA UNQUAM GESSERIT/ PUBLICA NEGOTIA/ IGNOTUS (VR, IV, 27, 292). Santato (Lo stile e l'idea, p. 103) nennt dies eine «proiezione autobiografico-esemplare». So beispielsweise D. Winter: Come farsi eroe letterario, p. 10 und passim. Die Verzerrung der Perspektive rührt im Wesentlichen daher, daß die Autorin ausdrücklich «den Aspekt der Selbststilisierung zum ideologischen Freiheitskämpfer» (p. 18) ausblendet - einen Aspekt, der freilich den rigoros selbstreferentiell und intertextuell (also ) ausgerichteten Ansatz per se in Frage gestellt hätte. Man kann aber Alfieris ideologische Schriften von den literarischen nicht trennen.

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sondern aus der Erkenntnis heraus, daß die Literatur ihr Potential an Nützlichkeit nur realisieren kann, wenn auch der Schriftsteller in seiner Person exemplarisch ist. Man muß also im eigenen Leben den Grundsätzen der freien und unabhängigen Schriftstellerei entsprechen, damit das Werk selbst zu einer politischen (und heroischen) Tat werden kann. Una moderna opinione, sfacciata ad un tempo e timida e vile, asserisce che il lettore dee giudicare il libro e non l ' u o m o . Io dico, e credo, e facile mi sarebbe il provare: che il libra e. e deve essere la quintessenza del suo scrittore [...]. (PL. II, 7, 954)

Alflen fordert den Leser auf, jeden wahren (erhabenen, freien) Dichter - mithin ihn selbst - als Ganzes zu nehmen. Wenn man (mit Francesco Orlando) annehmen darf, daß ein Werk zwar nicht Ideologie ist, aber sehr wohl eine Ideologie besitzt, 140 so gehört offenbar zur Ideologie von Alfieris Werk das für den heutigen Literaturwissenschaftler anstößige Postulat der Einheit von Leben und Werk. Ein solches Konstrukt, als Gegenentwurf zum aufgeklärten Absolutismus konzipiert, sollte alsbald von der Revolution eingeholt und von Spannungslinien durchzogen werden, die in seinem Kern angelegt waren. Um die damit entstandenen tiefen Risse seines Gebäudes ausloten zu können, müssen wir aber zunächst, gemeinsam mit dem Architekten, Fundament und Gebälk inspizieren. Zu diesem Zweck wollen wir uns auf die Konzeption Alfieris einlassen und uns trotz aller hermeneutischen Bedenken 141 auf die Ebene der in seinem Werk vorgeführten Selbstinterpretation begeben. Hinter Alfieris Position steht eine kulturpessimistische Haltung,142 die Einsicht nämlich, daß die lettere (wie zahlreiche Beispiele Staatsmänner aus der älteren und neueren Geschichte belegen) alles andere als förderlich sind für die Vollbringung großer Taten.143 Zum einen sind die meisten Schriftsteller entweder durch ihr seßhaftes Leben verweichlicht oder durch ihre dichterische Arbeit entkräf-

IJ

" Francesco Orlando: «II rapporto uomo-opera e la questione del giudizio di valore». in: allegoria, XI, 32 (Mai-August 1999), p. 136. 141 Orlando erläutert diese Bedenken anhand eines kulinarischen Bildes: Wenn man die «creazione letteraria» mit einem Sieb vergleicht, das die Brühe (das «immaginario») von den Rückständen (dem «vissuto») trennt, so darf die Interpretation nicht Brühe und Rückstände verwechseln («II rapporto uomo-opera e la questione del giudizio di valore», p. 135). 142 Z u m Kulturpessimismus Alfieris cf. M. Fubini: Ritratto dell'Alfieri, p. 33. 141 «Si esamini la storia, e si vedrä, che i popoli tutti ritornati di servitü in libertä, non lo f u r o n o giä per via di lumi e veritä penetrate in ciascuno individuo: ma per un qualche entusiasmo saputo loro inspirare da alcuna mente illuminata, astuta, e focosa: e neppur quella era una mente seppellita n e l l ' o z i o degli studj, ma pensante per se stessa [...]. Ed in fatti: Giunio Bruto, Pelopida, Guglielmo Teil, Guglielmo di Nassau, Washington, e altri pochi grandi che idearono od eseguirono rivoluzioni importanti. non erano letterati di professione. Crederei anzi [...] che i lumi moltiplicati e sparpagliati fra i molti uomini, Ii facciano assai piü parlare, molto m e n o sentire, e niente affatto operare» (PL, I, 8, 9 2 0 - 9 2 1 ) . Alfieri verarbeitet hier ein klassisches T h e m a der politischen Essayistik der italienischen Renaissance (Machiavelli. Castiglione), nämlich den vermeintlichen Z u s a m m e n h a n g zwischen kultureller Überlegenheit und militärischer Unterlegenheit der italienischen Staaten. Gleichzeitig gemahnt Alfieris Position an Chateaubriands Auseinandersetzung mit der Dialektik von Geist und politischmilitärischer Aktion. Unüberhörbar auch manche A n k l ä n g e an M o n t a i g n e (cf. zum Beispiel Essais, I, 25, EVS1, 143: «A Athenes on aprenoit ä bien dire, et icy [en Lacedemone], ä bien faire»).

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tet. 1 4 4 Z u m anderen k ö n n e n nur w e n i g e M e n s c h e n lesen, und unter d i e s e n k o m m e n w i e d e r u m nur j e n e in Betracht, die, in den Städten ansässig, in der g l ü c k l i c h e n L a g e sind, s i c h s o r g l o s und u n e i g e n n ü t z i g der Literatur w i d m e n zu können; d i e s e w e n i g e n j e d o c h s u c h e n in der Lektüre l e d i g l i c h einen sanften Trost und sind mithin außerstande, die Lehren der g r o ß e n Geister der A n t i k e in d i e Tat u m z u s e t z e n . 1 4 5 A u ß e r d e m ist festzustellen, daß in d e m M a ß e w i e die M e n s c h e n sich durch d i e E i n w i r k u n g der A u f k l ä r u n g w a n d e l n , sich auch d i e Tyrannei selbst wandelt und sich den veränderten g e s e l l s c h a f t l i c h e n B e d i n g u n g e n anpaßt. Ein Tyrann hat unter d i e s e n U m s t ä n d e n v o n den lettere

und den lumi w e n i g zu befürchten:

Non nego perö, che a lungo andare, lo spirito dei libri non s'incorpori, direi cosi, nello spirito dei popoli che nella loro lingua gli hanno; e penetra questo spirito in tutti gli individui, ο sia per tradizione, ο sia per lettura effettiva, ο sia per lo diverso pensare che si va facendo strada nel discorrere familiarmente; e penetra a tal segno, che in capo a qualche secolo si trova poi mutata affatto l'opinione di tutti. Ma, colla stessa lentissima progressione, si trovano poi anche mutati i mezzi e l'arte del coraandare; e gli uomini (pur troppo!) non si vengono niente meno di prima a tener sotto il freno da chi conoscere Ii sa e prevalersene. (PL, I, 8, 921) U m d i e s e n Circulus

vitiosus

zu durchbrechen und e i n e tatsächlich tiefgreifende Ver-

änderung der G e s e l l s c h a f t zu erwirken, m ü s s e n sich e i n i g e A u s e r w ä h l t e d e m Freiheitskampf in Schrift und Tat b e d i n g u n g s l o s w e i h e n . D a die A d l i g e n nun einmal über die n ö t i g e Unabhängigkeit und e i n M i n d e s t m a ß an Bildungsstand verfügen, m ü s s e n die Freiheitskämpfer vornehmlich aus ihren R e i h e n rekrutiert und diejenigen unter ihnen auserkoren werden, die sich nicht mit d e m d e s freidenkenden, aber untertänigen Vasallen abfinden, sondern Schrift und Tat zu einer e i n z i g e n W a f f e zu s c h m i e d e n gewillt sind. A l s e i n s a m e Verschwörer m ü s s e n sie jeglicher Art f a m i liärer B i n d u n g entsagen. S o verzichtet A l f l e n sehr früh auf Heirat und Kinder. D e r Entschluß steht pätestens i m M a i 1777 fest, als er sich in Pisa in eine «bella e n o b i l e signorina» verliebt: Ma ott'anni di piü ch'io mi aveva, e tutta l'Europa quasi ch'io avea ο bene ο male veduta, e l'amor della gloria che m'era entrato addosso, e la passion dello studio, e la necessitä di essere, ο di farmi libera, per poter essere intrepido e veridico autore, tutti questi caldissimi sproni mi facean passar oltre, e gridavanmi ferocemente nel cuore, che nella tirannide basta bene ed e anche troppo il viverci solo, ma che mai, riflettendo, vi si puo ne si dee diventare marito ne padre. (VR, IV, 4, 204)' 4 6

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«Gli scrittori, per quanto esser possano caldi, ed anche entusiasti, rarissimamente sono da temersi per se stessi; ο sia, perche la loro vita molle e sedentaria li rende poco atti all'eseguire, ο tentare azioni grandi; ο sia, perche lo sfogo del comporre indebolisce nella massima parte e minora il loro sdegno» (PL, I, 8, 920). «Leggono adunque veramente nel principato i pochi uomini rinchiusi nelle cittä; e fra questi, il minor numero di essi; cioe quei pochissimi, che non bisognosi di esercitare arte nessuna per campare, non desiderosi di cariche, non adescati dai piaceri, non traviati dai vizj, non invidiosi dei grandi, non vaghi di far pompa di dottrina, ma veramente pieni di una certa malinconia riflessiva, cercano ne' libri un dolce pascolo all'anima, e un breve compenso alle umane miserie» (PL, I, 8,920). Anfänglich wird er vom Zufall begünstigt, wie etwa 1769, als er nach der Rückkehr von der ersten Auslandsreise vom Schwager überredet wird, einer reichen Erbin den Hof zu machen, die sich schließlich für eine andere Partie entscheidet (es ist dies die acht Jahre zurückliegende Begebenheit, auf die Alfieri im zitierten Passus anspielt). Kommentar: «La ragazza fece ottimamente per il bene suo, poiche ella felicissimamente passö la vita in quella casa dove entrö;

D a die Tyrannen an das a n g e s t a m m t e Ehrgefühl d e s S c h w e r t a d e l s v o n j e h e r appelliert h a b e n , u m ihre i l l e g i t i m e M a c h t z u s t ü t z e n , 1 4 7 m ü s s e n d i e s e t u g e n d h a f t e n E d e l m ä n ner weiterhin v o m f e u d a l e n M y t h o s der militärischen Ehre endgültig A b s c h i e d nehm e n . S i e m ü s s e n s i c h g e w i s s e r m a ß e n p r ä v e n t i v läutern, ihre a r i s t o k r a t i s c h e G e b u r t s ü h n e n , 1 4 8 i n d e m s i e a u f ihre T i t e l , a u f ihre C h a r g e n u n d P r i v i l e g i e n , u n d a u f d a s Soldatentum verzichten: Io dunque vorrei, che quella picciolissima sana parte di essi, a cui fra le universali tenebre traluce un qualche barlume di veritä, abbandonasse da prima ogni carica [...]. Ε massimamente vorrei, che abbandonasse il mestiere d e i r a r m i ; il quale, quanto e onorevole ed alto dove patria vi ha, e si difende, altrettanto e vergognoso e risibile dove per uno, cioe contro a se stessi ed ai suoi, si viene a combattere. Cosi purificati costoro dal loro doppio originale peccato dell'esser nati e nobili, e non cittadini, vorrei che unicamente alle lettere si consecrassero [...]. (PL, III, 8, 1003-1004) D i e s e m G r u n d s a t z k o m m t A l f i e r i e b e n f a l l s n a c h . B e r e i t s 1 7 6 9 b e f i n d e t er, d a ß er s i c h u m die V e r m e h r u n g s e i n e s V e r m ö g e n s nicht w e i t e r zu k ü m m e r n braucht: «Trovandom i d u n q u e a l l o r a c i r c a d u e m i l a c i n q u e c e n t o z e c c h i n i di e f f e t t i v a s p e n d i b i l e entrata, e n o n p o c o d a n a r o di r i s p a r m i o n e i tanti a n n i di m i n o r i t ä , m i p a r v e p e l m i o p a e s e e p e r u n u o m o s o l o di e s s e r e r i c c o a b b a s t a n z a , e d e p o s t a o g n i i d e a di m o l t i p l i c o m i d i s p o s i a q u e s t o s e c o n d o v i a g g i o » ( V R , III, 8, 1 1 8 ) . 1 7 7 8 s c h l i e ß l i c h e r f o l g t d i e S c h e n k u n g s e i n e s V e r m ö g e n s a n d i e S c h w e s t e r , d i e A l f i e r i in e i n e m S o n e t t a l s B e f r e i u n g v o m J o c h d e r T y r a n n e i f e i e r t , a l s A b k e h r v o m s i n n l o s e n otium

und den entwürdigenden

Privilegien und Pflichten des Vasallen, mithin als Bejahung einer schweißtreibenden Arbeit, deren einziger L o h n e w i g e r R u h m sein kann: Negri panni, che sete ognor di lutto, Ο vero ο finto, appo ad ogni altri insegna; Io per sempre vi assumo oggi che degna Libertä vera ho compra al fin del tutto. Rotti ho i ceppi in cui nacqui: a ciglio asciutto, Gli agi paterni dono, e in un la indegna Lor servitü, che a star tremante insegna, Ε non a cor mai d'alto intelletto il frutto. L'ostro, l'infamia, i falsi onori, e l'oro, Abbian quei tanti, in cui viltade e innata, Pregio il servire, il non pensar, decoro.

141

148

e fece pure ottimamente per l'util mio, poiche se incappava in codesto legame di moglie e figli, le M u s e per me certamente eran ite» (VR, III, 7, 117). Man erinnert sich an den Grundsatz des Freiheitskämpfers, nur keine familiären Bindungen einzugehen. Cf. D T 1,7, 117: «I tiranni, padroni pur anche per alcun tempo dell'opinione, hanno tentato di persuadere in Europa, ed hanno effettivamente persuaso ai piü stupidi fra i loro sudditi, cosi plebei come nobili, che ella sia onorevole cosa la loro milizia». Insofern ist Jonards Etikettierung Alflens als «nostalgique de la noblesse du bon vieux temps» (N. Jonard: «Du protoromantisme au romantisme d'Alfieri», p. 571) nicht zutreffend. Weitaus überzeugender die Analyse von Ulrich Schulz-Buschhaus («Alfieri e la angesiedelt ist. Daher die wiederholten captationes benevolentiae, mit denen der Autor der Vita den Leser ob der vielen ausgebreiteten chiacchiere um Verständnis bittet und die eigene Redseligkeit als Zeichen des fortschreitenden Alterns verbrämt:

~5

V. Alfieri: Vita scritta da esso, II, Prima redazione inedita della Vita, p. 11-12.

257

«Onde tanto piü temo che nella quinta parte [...] io non abbia di soverchio a cader nelle chiacchiere, che sono l'ultimo patrimonio di quella debole etä» (VR, 50).226 Der besondere Status der Vita als vorgeblich nicht literarische Verarbeitung eines nicht literarischen Stoffes wird im 19. Kapitel der «Epoca Quarta» bekräftigt. In diesem ersten, von Vorahnungen des Todes geprägten, mithin testamentarisch klingenden Explicit, wirft Alfieri einen Blick auf seine «ciarle» (Synonym für «chiacchiere») zurück, die er zwar noch während seiner dichterischen Schaffensphase verfaßt hat, jedoch stets aus der umgekehrten Perspektive der Zeit danach, des späten Rückblicks - als einen Text, der erst nach Vollendung des eigentlichen Werks durchgesehen und vollendet werden muß. Neben den «chiacchiere» kehren andere Stichworte der Introduzione nahezu unverändert wieder, etwa die naiv («ingenuamente») gehegte Selbstwertschätzung, oder auch die Vorgabe der Kühle («freddezza»): II non aver dunque per ora altro che fare; I'aver molti tristi presentimenti; e il credermi (lo confesserö ingenuamente) di aver pur fatto qualche cosa in questi quattordici anni; mi hanno determinate) a scrivere questa mia vita, alia quale per ora fo punto in Parigi, dove l'ho stesa in etä di anni quarantuno e mesi, e ne termino il presente squarcio, che sarä certo il maggiore, il di 27 Maggio dell'anno 1790. Ne penso di rileggere piü ne guardare queste mie ciarle, fin presso agli anni sessanta, se ci arriverö, etä in cui avrö certamente terminata la mia carriera letteraria. Ed allora, con quella freddezza maggiore che portano seco i molti anni, rivedrö poi questo scritto [...]. (VR, IV, 19, 2 6 6 - 2 6 7 )

Da er aber an diesem 27. Mai 1790 auch annimmt, daß er womöglich sterben könnte, ohne das Manuskript seiner Autobiographie überarbeitet zu haben, richtet er sich an den künftigen Herausgeber dieser Blätter und erwägt mit ihm die möglichen Verfahrensweisen: Entweder veröffentlicht man den Text so wie er ist - und in dem Fall wird infolge der fehlenden Korrekturen die ungekünstelte Einfachheit des Stils um so deutlicher hervorstechen: «S'egli lo stamperä tal quale, vi si vedrä, spero, l'impeto della veracitä e della fretta ad un tempo; cose che portan seco del pari la semplicitä e l'ineleganza dello Stile»227 (VR, IV, 19, 267); oder der Herausgeber verbrennt das Konvolut - und in diesem Falle «egli farä anche bene» (VR, IV, 19, 267): ein weiteres Indiz dafür, daß in Alfieris Augen der Vita die problematische, nicht öffentliche und vertrauliche Aura eines memoire aristocratique sehr wohl anhaftet; oder aber der Text wird vom Herausgeber korrigiert - und in diesem Falle erbittet sich Alfieri, daß die Eingriffe auf stilistische Aspekte beschränkt bleiben, und dabei weder neue Fakten hinzugefügt, noch die von ihm geschilderten anders dargestellt werden mögen. Im Wortlaut der Begründung dieser letzten und wichtigsten testamentarischen Verfügung vernimmt man nun erneut, deutlicher noch als in der Introduzione, die Stimme Montaignes: Se io, nello stendere questa mia vita, non avessi avuto per primo scopo l'impresa non volgarissima di favellar di me con me stesso, di specchiarmi qual sono in gran parte, e di mostrarmi seminudo a quei pochi che mi voleano ο vorranno conoscere veramente; avrei saputo verisi-

226

227

V. Alfieri: Vita scritta da esso, II, Prima redazione inedita della Vita, p. 11: «nella quinta [...] son quasi certo che di soverchio darö nelle chiacchiere stante che vecchiezza e cosa garrula, e vuota». V. Alfieri: Vita scritta da esso, II, Prima redazione inedita della Vita, p. 220: «ineleganza, semplicitä, e naturalezza» (IV, 19).

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milmente anch'io restringere il sugo, se alcun ve n'ha, di questi miei quarantun anni di vita in due ο tre pagine al piü, con istudiata brevitä ed orgoglioso finto disprezzo di me medesimo taciteggiando. M a io allora avrei voluto in ciö piü assai ostentare il mio ingegno. che non disvelare il mio cuore, e costumi. Siccome dunque all'ingegno mio (o vero ο supposto c h ' e i sia) ho ritrovato bastante sfogo in tante altre mie opere, in questa mi son compiaciuto di darne uno piü semplice, ma non meno importante, al cuor mio, diffusamente a guisa di vecchio su m e medesimo, e di rimbalzo su gli uomini quali soglion mostrarsi in privato, chiacchierando. (VR, IV, 1 9 , 2 6 7 - 2 6 8 )

Ungleich expliziter als mit der Formel vom «disappassionarmi» gibt uns hier Alfieri den Hinweis, daß es ihm in der Vita nicht darum geht, seinen «ingegno» (das heißt sein Genie) zu befriedigen, der in den Tragödien und den Streitschriften ohnehin zur Geltung gekommen ist, sondern sein eigenes Herz (das heißt seinen Charakter) zu ergründen und zu entblößen und dabei einem «sfogo» (Synonym von «impulso») stattgebend, den wir als nicht minder «naturale» einschätzen dürfen als den der dichterischen Eingebung. Damit darf das Projekt der Vita ästhetisch gleichberechtigt neben den Tragödien rangieren - nur auf einer anderen Ebene, die erneut und unmißverständlich mit dem moralistischen Gesprächsduktus der Essais wird: neben dem Wort «cuore» (Synonym von caractere)

identifiziert

fällt überdies das Wort

«costumi», das mit einigen zentralen Begriffen Montaignes - coutume und

habitude

- eng verwandt ist. Auch kann man in diesem so entscheidenden Vermächtnis Alflens beim besten Willen nicht eine Abkehr von seinem in der Introduzione

formulierten

Vorhaben erkennen. Denn das hieße die mit Bedacht gewählten Anklänge an die Essais, insbesondere an den Avis au lecteur, überhören zu wollen, die viel schwerer ins Gewicht fallen als der Begriff von der «confessione generale», den man in diesem Kontext schwerlich auf Rousseau zurückführen kann: 228 «favellar di me con me stesso», «specchiarmi qual sono in gran parte», «mostrarmi seminudo a quei pochi che mi voleano ο vorranno conoscere veramente», «su me medesimo [...] e di rimbalzo su gli uomini quali soglion mostrarsi in privato, chiacchierando»: deutlicher kann man wohl nicht auf das berühmte Geleitwort Montaignes anspielen. 229 So verabschiedet sich Alfieri von seinen Lesern als alter Moralist, der im Plauderton der Essais die «viscere» eines Menschen ausloten möchte. Als er dreizehn Jahre 228

229

Es ist dies die von Segre vorgebrachte Deutung: «nel capitolo 19 dell'Epoca IV si accentua la natura di confessione della Vita [...], e si danno come scopi principali il Alfieris hinzugeben. 237 Vielmehr möchte ich der Frage nachgehen, welches Licht das Porträt des redseligen alten Moralisten auf das Stand-

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236 2,7

Es handelt sich hierbei um das einzige erhaltene Fragment eines von Alfieri in den letzten Jahren seines Lebens geplanten Werks. M. de Montaigne: Essais, II, 37, EVS2, 758. Macchia hat bekanntlich den ungeschriebenen Werken Baudelaires virtuose Ausführungen gewidmet (G. Macchia: Baudelaire, Milano, Rizzoli, 1975, darin «Nel m a g m a dei progetti», p. 2 9 - 1 0 5 ) .

261

bild des Genies wirft. Denn Alfieri hat in der Vita nicht nur die Lebensgeschichte des piemontesischen Grafen Vittorio Alfieri da Asti im Plauderton erzählt; er hat, im selben Plauderton, die Geschichte der conversione letteraria des italienischen Tragödiendichters Vittorio Alfieri für die Nachwelt festgehalten. Ohne Zweifel verläuft eine Trennungslinie zwischen diesen beiden verschiedenen Strängen des Buchs: 238 Ein Spannungsfeld, in dem sich nicht nur ein plutarchisches und ein moralistisch geprägtes memorialistisches Modell, sondern auch die ungleichen Traditionen des memoire aristocratique und der modernen genialischen Lebensgeschichte (etwa nach Cellinis Vorbild) gegenüberstehen 239 - in einem historischen Kontext, den man sich kaum bewegter vorstellen könnte. Diese komplexe Konstellation läßt sich an der Episode des Ritterschlags zum ersten Ritter des Homer-Ordens, die nicht von ungefähr das letzte Kapitel der Vita einnimmt, verdeutlichen. Alfieri stellt seine letzte trouvaille als die bemitleidenswerte Spinnerei eines alters- und geistesschwachen letterato dar: «Ma per terminare oramai lietamente queste serie filastrocche, e mostrare come giä ho fatto il primo passo dell'Epoca Quinta di rimbambinare, non nasconderö al lettore per farlo ridere, una mia ultima debolezza di questo presente anno 1803» (VR, IV, 31, 311). Der Leser ist also aufgefordert, in diesem Hirngespinst eine humorvoll gelehrte Abwandlung Montaignescher Selbstbespiegelung zu sehen. Andererseits beschreibt Alfieri sein beharrliches Studium der griechischen Sprache und Literatur (wie bereits festgestellt) mit denselben Lexemen, die ihm etwa im Del Principe e delle Lettere zur Charakterisierung des Genies gedient hatten: als physisch wie psychisch aufreibende Arbeit, die ihre Befriedigung («premio») aus sich selbst schöpft («io me lo dovea dare da me»);240 als uneigennützige, selbstlose, mithin nicht zu entlohnende Leistung. Nicht anders hatte Alfieri die «imperturbabilitä e [...] tenace costanza di scrivere per semplice amor dell'arte e per mero sfogo» (VR, IV, 17, 260) für sich in Anspruch genommen, und diese priesterliche Auffassung der Mission des Literaten seinem Freund Andre Chenier ins Gedächtnis gerufen: «Tu scaccia intanto i pensamenti oscuri;/ Ε alio scriver sol pensa, a scriver nato;/ Che non e cosa al mondo altra che duri».241 Wie die Kunst darf man auch die Gelehrsamkeit nur um ihrer selbst willen betreiben. Soll man aber daraus den Rückschluß ziehen, daß unter den gegebenen Umständen die Kunst, wie die Gelehrsamkeit, zum nutzlosen Zeitvertreib eines vereinsamten und monologisierenden alten Dichters zu verkommen droht? Vollkommen zu Recht fragt sich Doerthe Winter «warum der Erzähler gerade in der eigentlichen Reife-Phase seiner Vita wieder so nachdrücklich auf einem klassischen Eruditions-Gedanken insistiert». Der Grund

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241

Jean-Marie Roulin («La difficile epopee de l'homme de lettres», p. 102) spricht zu Recht von einer «brisure». So auch J.-M. Roulin: «La difficile epopee de l'homme de lettres», p. 102 und 104. Man denke auch an den bereits zitierten Vers der Rime I, 31, OLM5,32: «fama eternacol sudor mercata» (v. 12-14). Rime II, Capitolo al Signor Andrea Chenier α Londra (12 April 1789), OLM5, 261, v. 79-81. Cf. M. Fubini: Ritratto dell'Alfieri, p. 13. Jeder Verstoß gegen dieses höhere Ideal ist unverzeihlich: «Non e dunque scusabile mai, ne merita gloria queH'uomo, che sprezzatore si fa della propria arte» (PL, II, 12, 973).

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liegt jedoch nicht darin, daß sich «die personelle Selbstdarstellung [...] mit den zwar weniger spektakulären, doch dafür stabileren bzw. dauerhafteren Kategorien einer Literatur- und Sprachkompetenz verbinden [mußte], um den Anspruch als überragender Literat [...] sicherzustellen» 242 - die Gelehrsamkeit oder vita contemplativa mithin als Ersatz für das Genie zu deuten wäre. Es wird ganz im Gegenteil nichts sichergestellt). Die Gelehrsamkeit ist nicht die Fortführung der Dichtung mit anderen Mitteln, sondern deren possenhafte, tragikomische Kehrseite. In der Figur des , in der die verschiedenen Selbstporträts Alfieris in gewissem Sinne überblendet werden, verdichtet sich das Dilemma eines Modells literarischer Tätigkeit, das den Zwiespalt des schreibenden Edelmanns am Ausgang des Ancien Regime in geradezu exemplarischer Weise vorführt. Das von Gori implizit vertretene bürgerliche Berufsethos übernimmt Alfieri, um dessen ökonomische Bedingungen sogleich abzulehnen. 243 Indem er sowohl dem loisir-Begriff des Adels als auch dem Leistungs- und Profitprinzip der aufstrebenden Bourgeoisie abschwört; indem er weiterhin den Dichter auf die politische Tat einschwört, ihn im gleichen Zuge aber seiner Zeit und seiner unmittelbaren Bestimmung verweigert, gerät der piemontesische Graf ins Abseits. 244 Auch vollzieht sich in seinem Werk der Übergang vom aristokratischen Literaturverständnis des Ancien Regime zum Literaturverständnis der Moderne nur zur Hälfte. Die Auflösung dieses Widerspruchs hat Alfieri an die Nachwelt delegiert, in Erwartung eines ewigen Ruhms («fama eterna»). Sein Entschluß, einen nicht unbedeutenden Teil seiner Werke postum erscheinen zu lassen, mag demnach als ein letztes Symptom dieses unbewältigten Dilemmas bewertet werden. Die «postumen Regungen» des aufgebahrten Dichters, die Chateaubriand hellseherisch registrierte, sind wie eingangs vermutet im Werk und im Leben dieses letzten, unduldsamen Repräsentanten des italienischen Ancien Regime eingeschrieben. 1790, im 19. Kapitel der vierten Epoche der Vita, blickt Alfieri auf sein bis dahin gedrucktes, aber noch nicht veröffentlichtes Werk zurück, und befindet folgendes: Quanto poi alle sei mie diverse opere stampate in Kehl, non voglio pubblicare per ora altro che le due prime, cioe VAmerica libera, e la Viriü sconosciuta·, riserbando le altre a tempi men burrascosi, ed in cui non mi possa esser data la vile taccia, che non mi par di meritare, di aver io fatto coro con i ribaldi, dicendo quel ch'essi dicono, e che pur mai non fanno, ne fare saprebbero ne potrebbero. Con tutto ciö ho stampate quelle opere perche [...] son convinto, che chi lascia dei manoscritti non lascia mai libri, nessun libro essendo veramente fatto e compito s'egli non e con sommadiligenza stampato, riveduto, e limato sotto il torchio, direi, dall'autore medesimo. (VR, IV, 19, 266)

Die revolutionären Streitschriften liegen zwar korrigiert und nach allen Regeln der Kunst gedruckt vor; aber ihr Autor weigert sich, sie in einer revolutionären Zeit zu

242 241

244

D. Winter: Come farsi eroe letlerario, p. 183. Cf. La virtü sconosciuta: [FRANCESCO] «Dal mio negozio, dove, piü per rispetti di famiglia, che peraviditädi guadagno, mi stava trafficando di seta [...]» (OM, 1031); [FRANCESCO] «standomi umilmente a bottega [...]» (OM, 1031). So auch P. Mauri: «II Piemonte», p. 844: «l'utopia di Alfieri, che pure sembra cosi ben collegata agli ideali di progresso, di uguaglianza, di giustizia per I'umanitä oppressa. guarda soltanto in apparenza in avanti: per meglio dire essa guarda in alto».

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veröffentlichen, die den ihnen innewohnenden Widerspruch zwischen theoretischem Freiheitsanspruch und nicht einlösbaren Verpflichtungen geradezu entlarvt hatte. Insofern traf Goethe den Kern, als er anmerkte: «Seine Natur war vollkommen gräflich, d. h. stockaristokratisch. Er haßte die Tyrannen, weil er sich selbst eine TyrannenAder fühlte, und das Schicksal hatte ihm eine recht gebührende Tribulation zugedacht, als es ihn durch die Hände der Sanscüllotten noch leidlich genug bestrafte». 245 Als dann dreizehn Jahre später seine Kräfte versagen und ihn überdies die napoleonische Tyrannei mögliche Eingriffe der Zensur befürchten läßt, findet sich Alfieri damit ab, doch noch ungedruckte Manuskripte zu hinterlassen. Aber nur solche, die seinem hohen Kunstverständnis entsprechen: «lascerö dunque dei puliti e corretti manoscritti» (VR, IV, 31, 311). Als er die Komödien vollendet, sieht er sich und sein Werk bereits ausschließlich im Lichte der Nachwelt: «Dopo ch'ebbi finito di verseggiare le Commedie, credutele in salvo e giä fatte, mi sono sempre piü figurata e tenuto di essere un vero personaggio nella posteritä» (VR, IV, 31,311-312). 246 Neben der Vita bleibt auch seine unveröffentlicht, die Rime, die Fubini als und als bewußt postum angelegten Canzoniere charakterisiert hat.247 Ähnlich wie Chateaubriand errichtet sich Alfieri sein eigenes literarisches Grabmal.248 Nur spricht er daraus nicht, wie der bretonische Vicomte, mit einer einzigen, unkenntlich gewordenen Stimme; in seinen Worten mischen sich vielmehr die teils gepflegt umgänglichen, teils kunstvoll urwüchsigen Redewendungen der Essais mit den überspannten und wuchtig gemeißelten Monologen seiner tragischen Helden.

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Goethe an Zelter, 3. Dezember 1812 (Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter, p. 296). Cf. G. Santato: Lo stile e l'idea, p. 38: «Compiuta l'opera, l'Alfieri puö finalmente appagare la sua suprema aspirazione a vivere postumo a se stesso». M. Fubini: Ritratto dell'Alfieri, p. 22: «Rime tutte, a cui ben s'addice l'epiteto di postume, non soltanto per il fatto che dopo la morte del poeta sono state pubblicate, ma perche componendole, l'autore le pensa come tali, e alia sua vita guarda come cosa conclusa». Neben der Vita ist in diesem Zusammenhang auf die Teleutodia zu verweisen. Vgl. dazu M. Fubini: Ritratto dell'Alfieri, p. 22: «Con questi versi della Teleutodia e, meglio, con quel gruppo di sonetti, l'Alfieri, prima della contessa d'Albany e del Canova, innalzava a se stesso il monumento sepolcrale». Die Teleutodia, wörtlich , zelebriert den in der Vita vorweggenommenen Abschied von der Poesie, eröffnet zugleich dem Dichter, in der Prophetie der Pythia, die von ihm ausgehende glorreiche Zukunft Italiens (Rime II, OM5, 279-284).

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Finis terrae

In ogni altro scrittore l'autobiografia, i momenti autobiografici, i ricordi servono ad illuminare l'opera; ma in Stendhal sono l'opera. [...]· C'e un solo precedente a Stendhal: ed e Montaigne. Ε Stendhal ne ha piena coscienza. «Ho cercato di raccontare come Montaigne», dice. Ε si badi: «di raccontare». [...] Entrambi stanno in quella che possiamo chiamare la «finis terrae» della letteratura: lä dove comincia l'oceano tempestosamente gioioso - ο gioiosamente tempestoso - della vita. (Leonardo Sciascia) 1

Montaigne steht am Anfang und am Ende dieser Untersuchung: als Ahnherr und Lehrmeister der honnetes gens und als Vorbild eines vorzeitig gealterten piemontesischen Grafen und Dichters. Diese privilegierte Stellung nimmt Montaigne zu Recht ein: Er hat die Figur des schreibenden Edelmanns erfunden, ihr eine Sprache verliehen und mit den Essais eine Gattung begründet, die anderen Edelmännern (Francis Bacon, Saint-Evremond, d'Argenson) zur Formulierung ihrer Gedanken gedient und darüber hinaus auf die Entwicklung der der Moralisten (maximes und reflexions) entscheidend eingewirkt hat. Montaigne hat schließlich die Abgründe des dichterischen Enthusiasmus ausgelotet; beim Anblick des kranken Tasso ist er zwar davor zurückgeschreckt, gleichwohl hat er sich nicht gescheut, sein rhapsodisches Werk unter die Schutzherrschaft des demon de Socrate zu stellen. Insofern hätte ich meine Arbeit in Anlehnung an Peter Burke Die Geschicke der Essais nennen können. Wie Karlheinz Stierle angemerkt hat, bedürfte in der Tat «die europäische Wirkungsgeschichte von Montaignes Essays [...] einer eigenen Darstellung». 2 Darüber, ob die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu liefert, muß der Leser urteilen. Erfreulich wäre, wenn etwas von dem, was Alberto Savinio den genannt hat,3 ich aber gerne den nennen würde, am Ende dieses Streifzugs durch das Ancien Regime zurückgeblieben wäre.

1

2 3

Leonardo Sciascia: «Duecento anni dopo», in: L. Sciascia, Fatti diversi di storia letteraria e civile, Palermo, Sellerio, 1989, p. 168-169. K. Stierle: «Montaigne und die Bibliothek des honnete homme», p. 92. Alberto Savinio: «La strada del dilettantismo» [in: La Fiera Letteraria, N. S., 18 aprile 1946], in: A. Savinio, Opere. Scritti dispersi. Tra guerra e dopoguerra (1943-1952). Introduzione di Leonardo Sciascia. A cura di Leonardo Sciascia e Franco De Maria, Milano, Bompiani, 1989, p. 240: «L'uomo non sarä libero se non quando avrä espulso dalla sua mente l'idea di Dio, l'idea di un ordine unico, di un unico principio, di una cagione e di un fine nella vita, di una armonia universale, e che tutte le cose del mondo sono conseguenze di un colossale ; [...] finche non avrä cessato di pensare agli «insondabili misteri>, alla [...]. Comincerä allora la fase della libertä dell'uomo, del suo dilettantismo. Perche non e modo migliore di presentare questa libertä dell'uomo, che presentarla nella forma cosi elegante, cosi leggera del dilettantismo; in quella forma che dal nome di colui che la praticö con maggiore proprietä noi chiamiamo ».

265

Worin diese bestehen könnte, mag ein Blick in Roberto Calassos La letteratura e gli dei veranschaulichen. Die These des Buches lautet, daß mit der Gründung des Athenäums (1798) die Literatur einen Totalitätsanspruch erhob. Ein neuer Pakt zwischen der Literatur und den alten Göttern wurde geschlossen - den Göttern Griechenlands und des Orients, die sowohl von der Kirche als auch von deren Gegnerin, der Säkularisierung, verdrängt worden waren. Mit diesem Pakt wurde die Literatur zunächst der Weg zum Absoluten, dann das Absolute selbst. Diese erste Phase der absoluten Literatur dauerte rund hundert Jahre und endete 1898 mit dem Tod Mallarmes. 4 Darüber, was folgte, schweigt sich der Verfasser der schlanken Aufsatzsammlung aus. Dank Montaigne können wir sagen, was dieser Phase vorangegangen ist (freilich unter vielem anderen): es begann mit nicht-professionellen Schriftstellern, die eine Literatur begründeten, die sich nie als verstand. Eine Literatur, die man getrost als nicht-absolut bezeichnen darf. Diese Literatur, die den Relativismus pflegte und sich im Zwischenmenschlichen aufhielt und bewegte, ist das Erbe Montaignes. Sie wird zwar oft wie im Buch Calassos in die Randbezirke der Literatur verwiesen; dies ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie die Zwischenräume besetzt hat, die keine literarische und auch keine philosophische Ontologie jemals wird zumauern können. Mit der ihm eigenen Gastfreundlichkeit gewährt Montaigne all jenen Einlaß, die sich auf ein Gespräch mit ihm einlassen wollen, und es sind seit dem 13. September 1592 derer nicht wenige. In den literarischen Zeugnissen solcher Leser hinterlassen diese Konversationen wiederum Spuren, anhand derer die Geschicke der Essais rekonstruiert werden könnten. Von den Autoren, die in diese Arbeit Eingang gefunden haben, gehören drei zu den Nachfolgern Montaignes: La Rochefoucauld, Alfieri und Chateaubriand. Retz war aus einem anderen Holz geschnitzt und Castiglione zu früh geboren und gestorben. Hinzu kämen Guez de Balzac, Bussy-Rabutin und Saint-Evremond, die in einer Fortsetzung dieser Arbeit angemessen zu behandeln wären. Sie alle markieren einzelne Etappen auf einem Weg, den ich in der Einleitung der Klarheit halber in drei verschiedene Linien aufgeteilt habe, der jedoch ebenso gut mit einer einzigen Formel charakterisiert werden könnte: Es vollzieht sich im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts der Übergang vom alten Rittertum zur Literatur, vom Schwert zur Feder. In England bezeugen dies neben den Tagebüchern von James Boswell die Briefe von Lord Chesterfield an seinen unehelichen Sohn Philip Stanhope: Eines einfältigen Kerls Ehrgeiz wird darin bestehen, schöne Kutschen und Pferde, ein schönes Haus und schöne Kleider zu haben, Dinge, die jeder, der Geld besitzt, ebenso gut haben kann wie er; denn sie lassen sich alle kaufen. Hingegen eines verständigen, ehrliebenden Mannes Ehrgeiz ist es, im Ruf der Wissenschaft, Wahrheitsliebe und Tugend zu stehen, welche Eigenschaften nicht zu erkaufen, sondern bloß durch einen guten Kopf und ein gutes Herz zu erwerben sind. 5

4 5

Roberto Calasso: La letteratura e gli dei, Milano, Adelphi, 2001, p. 143. Chesterfield: Briefe an seinen Sohn Philip Stanhope über die anstrengende man zu werden, p. 20 (undatierter Brief, vermutlich aus dem Jahre 1740).

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Kunst, ein

Gentle-

Freilich vernimmt man hier immer noch die aristokratische Ablehnung des bürgerlichen Handels. Dennoch ist der Prozeß unumkehrbar. Bei den beiden letzten Kronzeugen Alfieri und Chateaubriand nimmt er verschiedene Ausformungen an, die sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft weisen. Auf diese Perspektiven sei hier noch kurz hingewiesen. Kehren wir ein letztes Mal zurück zu den Fragestellungen, von denen ich ausgegangen bin: Was war am Ende des 18. Jahrhunderts der Auslöser der Debatte über den Dilettantismus? Warum wurde die Normierung der literarischen Berufung dringlich? In der Einleitung habe ich vermutet, daß der Nachdruck, mit dem die Dilettanten von der Teilhabe am Schönen ausgeschlossen wurden, mit dem Genuß in Zusammenhang stehen könnte, den sie angeblich beim Schreiben empfanden. Eitelkeit, Hedonismus und Unfähigkeit, das Werk zu vollenden, sind für Moritz wie für Goethe Merkmale des Dilettanten. Tatsächlich ist die Scheu vor aller Mühe und Pedanterie eine Konstante des aristokratischen Umgangs mit Literatur. Ich habe bereits auf den Artikel «Litterature» in Diderots und d'Alemberts Encyclopedic hingewiesen, in dem dieser Zusammenhang eindeutig hergestellt wird: L'effet de cette censure meprisante a ete d'autant plus grand, qu'elle s'est couverte du pretexte specieux de dire, qu'il faut travailler ä polir l'esprit, & ä former le jugement, & non pas ä entasser dans sa memoire ce que les autres ont dit & ont pense. Plus cette maxime a paru veritable, plus eile a flatte les esprits paresseux, & les a porte ä tourner en ridicule la Litterature & le savoir; tranchons le mot, le principal motif de telles gens, n'est que d'avilir le bien d'autrui, afin d ' a u g m e n t e r le prix du leur. Incapables de travailler ä s'instruire, ils ont blame ou meprise les savans qu'ils ne pouvoient imiter; & par ce moyen, ils ont repandu dans la republique des lettres, un goüt frivole, qui ne tend q u ' ä la plonger dans 1'ignorance & la barbarie.

Der Umschwung, der sich hier abzeichnet, kommt in der Ästhetik der Weimarer Klassik zum Tragen. Das skandalöse Beispiel schriftstellerisch tätiger Adliger mußte die neuen Träger der literarischen Kultur dazu veranlassen, die Grenzen der literarischen Befähigung zu definieren. Gerade die Tatsache, daß es Schriftsteller ohne Beruf, aber mit einer starken Berufung gab, machte es notwendig, den Begriff der Berufung, der Inspiration des Genies zu normieren. Freilich spielen auch andere Faktoren eine Rolle. So ist in der Forschung betont worden, daß im 18. Jahrhundert erstmalig das Phänomen literarischer Moden und Hysterien auftritt (Paradebeispiel: Werther). Das Buch wird allmählich zur Massenware und löst neben den herkömmlichen Lesekrankheiten 6 das neuartige Syndrom der Schreibwut aus, das von manchem Berufsschriftsteller mit Befremden zur Kenntnis genommen wird: «Almansor staunte über die Wut zu schreiben, die sich aller seiner Zeitgenossen bemächtigt hatte, und schämte sich, daß er sich unter ihrer Zahl befand. Der süße Traum seiner Jugend war nun zum Theil erfüllt — er hatte sich einen Zutritt zu den Zirkeln der Gelehrten erworben — aber wie sehr fand er sich in seinen Erwartungen

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Cf. dazu Beate Appelt: «Les vapeurs»: Eine literarische Nosologie zwischen Klassik und Romantik. Kulturgeschichtliche Untersuchung, literarische Analyse und bibliographische Dokumentation, Frankfurt am Main, Berlin, Bem, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, Peter Lang, 2000.

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betrogen!» 7 Auf diese plebejischen und bürgerlichen Dilettanten ist wohl der Vorwurf der Eitelkeit gemünzt. Die Verketzerung des Genusses und der Unprofessionalität weist jedoch eindeutig auf die gentilshommes ecrivains hin. Nicht zufällig wird als erstes der adlige loisir-Begriff aus der Ästhetik und aus der Poetik verbannt. Tatsächlich bildet sich in diesen Jahren das Bild des Berufsschriftstellers heraus, in Frankreich mit den Enzyklopädisten und Voltaire, in Deutschland wohl mit Jean Paul.8 Die theoretische Reflexion über den Dilettantismus entsteht in diesem Kontext aus dem Bedürfnis, ein Berufsbild klar zu definieren und zu normieren. Da man auf das Leistungsprinzip zurückgreift, geraten die Adligen literarisch ins Abseits: eine unerwartete Wendung in der Geschichte des schreibenden Edelmanns. So steht wie Montaigne auch Castiglione am Anfang und am Ende dieser Arbeit. In der höfischen Gesellschaft Urbinos fand die Absonderung des cortegiano von der Masse der sciocchi statt, eine scharfe Trennlinie wurde zwischen dem Typus des nicht arbeitenden, zur Lebenskunst berufenen Hofmann und dem Rest der arbeitenden Bevölkerung gezogen. Am Ende wird erneut eine Auslese getroffen, nur verläuft diesmal die Trennlinie zwischen dem Genie und dem Dilettanten, das heißt zwischen dem Berufsbild des freien Schriftstellers und dem Bild desjenigen, der sich nicht einreihen will oder kann und deshalb als Stümper und gefährlicher Nichtskönner abgestempelt wird, als Nachfahre des cortegiano. Ist am Ende der Entwicklung der cortegiano, der am Anfang über den Eintritt in die gute Gesellschaft zu entscheiden hatte, der Ausgestoßene? Am Anfang werden die Berufsliteraten (die Gelehrten) als inetti und Pedanten abgekanzelt, am Ende ereilt dieses Schicksal die nicht-professionellen Schriftsteller, die Nachfahren der gentilshommes ecrivains. Als Dilettant gilt nicht mehr ein Schriftsteller, der sich nicht als Schriftsteller betrachtet, sondern ein Schreibender, der zu der falschen Annahme gelangt ist, ein Schriftsteller zu sein; der sich darin verkennt und zu etwas versteigt, das ihm nicht zusteht. Am Anfang steht Castiglione, am Ende dieser Entwicklung begegnen wir dem Grafen Vittorio Alfieri, der im Namen seines Standes dem loisir abschwört und das Leistungsethos der bürgerlichen Literaten annimmt, ohne jedoch ihre Lebensform anzuerkennen. Bei Alfieri wird der Dilettant sogar zum Plebejer, aber das (adlige) Genie wird gleichwohl kein bourgeois (allenfalls träumt er vom Status des römischen civis). Die Figur des Dilettanten, die zeitgleich von Alfieri und den Theoretikern der Weimarer Klassik entworfen wird, nimmt sich allerdings nicht nur wie das Zerrbild des Genies, sondern auch des gentilhomme ecrivain aus. Die mehr oder minder gespielte Leichtigkeit und Natürlichkeit des honnete komme ist ihm abhanden gekommen. Besiegelt der Auftritt der tragischen Figur des Dilettanten das Ende des schreibenden Edelmanns? Vieles spricht dafür, wie auch vieles dafür spricht, daß spätestens mit dem Ende der zweiten Restauration die spezifische Lebensform des französischen Adels

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K. Ph. Moritz: Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen [1786-1788], in: Uwe Nettelbeck (ed.), Karl Philipp Moritz, ein Lesebuch, Nördlingen, Greno, 1986, p. 58. Cf. Günter de Bruyn: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter, Halle, Mitteldeutscher Verlag, 1975, p. 60.

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endgültig untergegangen ist. Wenn der Adel diese letzte Katastrophe dennoch materiell überlebt hat,9 bezahlte er dafür einen hohen Preis: den Verlust seiner Traditionen. Der Adel hat sich den neuen Bedingungen angepaßt, er hat allmählich sich und sein soziales Umfeld verändert. Dabei kam es jedoch zum Bruch mit der Kontinuität seiner Lebensformen, die nicht mehr am Leben erhalten werden konnten.10 Die aristokratische Vergangenheit besteht nur noch im Gedächtnis fort, in der Literatur. Durch den Prozeß des Erinnerns veränderte sich für den Edelmann nicht nur die Wahrnehmung und die Bewertung der Gegenstände und Kulissen einer unwiederbringlich verlorenen Vergangenheit.11 Es veränderte sich auch die Wahrnehmung des eigenen Standorts in der Geschichte. Beides läßt sich am Werk Chateaubriands verfolgen. Der Autor der Memoires d 'outre-tombe beschreibt einerseits wie sich der Lebensraums seiner Kindheit in ein literarisches Motiv verwandelt: so wird das Schloß von Combourg zu einer poetischen Ruine,12 wie die Kirche und das Christentum. Andererseits reflektiert Chateaubriand die Metamorphose der Figur des schreibenden Edelmanns am Ausgang des Ancien Regime. Dabei entdeckt er, daß sein sozialer Status im Begriff ist, eine Fiktion, ein literarischer Stoff zu werden; ferner, daß der Typus des gentilhomme ecrivain von einem anderen überlagert wird, nämlich dem des Berufsliteraten. Ähnliches widerfährt Chateaubriand auf der politischen Bühne, auf der er noch die Rolle des chef de parti ä la Retz verkörpern möchte, auf der er jedoch zwangsläufig in jene des modernen chef de parti ä la Thiers gedrängt wird. Hier wie dort währt die Illusion nicht lange, länger freilich in der Literatur, die der Vicomte zeitweilig als politisches Mittel einzusetzen versucht. Chateaubriand widersetzt sich letztlich der Institutionalisierung seiner Rolle. So läßt er sich in die Academie frangaise wählen, sieht aber in der ehrwürdigen Institution, genauso wie in der Demokratie, den Keim des Untergangs der Freiheiten der feudalen Ständegesellschaft: «La liberte litteraire pent ä son tour par la creation de Γ Academie franfoise». 13 Den Wohlstand seiner letzten Lebensjahre verdankt er - ähnlich paradox - ausgerechnet jenem literarischen Werk, in das sein ganzes Ich

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Die These von der Kontinuität des Ancien Regime ist von Amo J. Mayer vertreten worden {The Persistence of the Old Regime: Europe to the Great War, New York, Pantheon Books; London, Croom Helm, 1981 [deutsch: Adelsmacht und Bürgertum: die Krise der europäischen Gesellschaft; 1848-1914. Aus dem Englischen übersetzt von Karl Heinz Siber, München, C.H. Beck, 1984; München, Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1988]). 10 Wie Fumaroli unlängst betont hat, gehört die Pflege der Vergangenheit, der Ahnen und der Traditionen zu den fundamentalen Merkmalen der aristokratischen Gesellschaften: «Perche le societä aristocratiche [...] sono, come Piatone, amiche della memoria [...]? La Chiesa, la monarchia, le genti aristocratiche, sono esse stesse istituzioni mnemotecniche, chiedono alla memoria la consacrazione della loro autoritä. Praticano il culto degli antenati. Si comportano in funzione di coloro che Ii hanno preceduti» (M. Fumaroli: «L'Europa della memoria», in: la Repubblica, 4. Dezember 2001). " Cf. F. Orlando: Gli oggetti desueti nelle immagini della letteratura. Rovine, reliquie, raritä, robaccia, luoghi inabitati e tesori nascosti, Torino, Einaudi, 1993. 12 Cf. F. Orlando: «La sala troppo vasta», in: F. Orlando, Infanzia, memoria e storia da Rousseau ai Romantici, Padova, Liviana, 1966, p. 79-105. 13 F.-R. de Chateaubriand: Etudes ou Discours historiques, I, Avant-Propos, in: F.-R. de Chateaubriand, (Euvres completes, vol. IV [OC4], Paris, Ladvocat, 1831, p. CXLII.

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einfließen und darin verschwinden sollte. Wie in der Politik entscheidet sich schließlich Chateaubriand auch in der Literatur für die Stille (le silence) und inszeniert seinen Abgang in die Anonymität des Grabes als einzigen Ausweg aus dem Dilemma des gentilhomme ecrivain. Wie Alflen formuliert Chateaubriand eine Form von ästhetischer Autonomie, die in die Zukunft weist, jedoch auf ständischen Vorstellungen fußt, die der Vergangenheit angehören. Seine Nachfolger werden sich entscheiden müssen: zwischen der literarischen Karriere eines Hugo und der Fiktion des nicht integriertem aristokratischen Literaten, der sich der prosaischen Wirklichkeit verweigert und gänzlich in der Literatur (oder in der Kunst) aufgeht. Hier beginnt die Geschichte des Dilettantismus.

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Dieses Verzeichnis umfaßt sowohl die zitierten als auch die herangezogenen und gesichteten, im Text nicht ausdrücklich erwähnten Quellen. Es soll darüber hinaus die Richtungen zeigen, in die sich die hier begonnene Forschungsarbeit in den nächsten Jahren bewegen wird.

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