Der deutsche Kern der italienischen Frage [2. Aufl., Reprint 2021]
 9783112438084, 9783112438077

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Der deutsche Kern der italienischen Frage.

Der deutsche Kern der italienischen Frage.

Willst Du den Frieden, betreibe den Krieg!

-Zweite Mustage.

Leipzig, Verlag von Beil & Comp.

1859.

I.

An einem historisch denkwürdigen Tage trat die Regierung des Prinz-Regenten von Preußen mit der Forderung einer umfassenden

Kreditbewilligung vor das Herrenhaus und die Abgeordneten des preu­

ßischen Volks: es war der Todestag Napoleons.

Sie forderte nicht die

Mittel zur Führung eines Krieges, zur Theilnahme an dem Kampfe,

welcher gegen ihren Willen und trotz der vereinigten Anstrengungen

Preußens und Großbritanniens begonnen worden. Sie hat ihr Bundes-

contingent in die Waffen gerufen und die Kriegsbereitschaft des deutschen Bundes im Einklänge mit allen Mitgliedern desselben bewirkt; sie hat,

hinaus über ihre Verpflichtungen gegen den Bund, als europäische

Macht ein Heer in Marschbereitschaft gesetzt, das doppelt so groß ist, als das größeste Bundescontingent; sie hat einen Ruf der Landwehr unter die Königlichen Fahnen, diesen alle Lebenskreise des Preußen­

volks

auf

das

Tiefste

berührenden

Entschluß

ins

Werk

gesetzt;

sie hat endlich die Nothwendigkeit einer thatkräftigen Fürsorge für die vaterländischen Küsten bedacht und die Stärkung der jungen Marine

ernst ins Auge gefaßt. Wofür so gewaltiger Kraftaufwand? Die Aufgabe

ist die Wiederherstellung des Weltfriedens. Der berufne Hort des Friedens von Europa ist Deutschland.

Auf

ihm ruht traditionell die Sendung seiner Kaiser für Gerechtigkeit und Friedstand der Christenheit.

prinzip 'des deutschen Bundes.

Das ist, tiefer betrachtet, das Grund­ Aber dieser Beruf erfüllt sich nicht in

ohnmächtiger Zerfahrenheit, nicht in ablehnender Passivität, sondern mit

energischem Einschreiten und Aufbietung aller nationalen Kraft.

Dafür

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erhebt sich Preußen; darum bedarf Deutschland dieser Militärmacht, um den ihm gebührenden Platz unter den europäischen Mächten ein­ zunehmen, um seine Weltstellung, die fast verschollen war, neu zu begründen. Wir stehen an einem Wendepunkt der Geschichte des Vaterlandes. Die italienische Frage hat ihre Bedeutung für Italien, Oesterreich, Frankreich, wohl auch für Rußland und die skandinavischen Reiche, ja für den Orient. Aber sie hat ihre besondere Bedeutung für uns. Das ist ein zukunftreiches, Heilverheißeudes Zeichen, daß diese Welt­ frage sofort als eine eigne Sache Deutschlands offenbar geworden ist, nicht als österreichische, nein — im charakteristischen Unterschiede davon — als die deutsche Sache. Denn darin liegt die keimende Gewißheit, daß Deutschland wiederum als europäische Macht Geltung fordern darf, daß seine internationale Nichtigkeit ein Ende nimmt. Eine Großmacht ist eine solche, die ein eignes selbständiges Interesse an Fragen hat, welche die Welt bewegen. Und ein eignes, nicht österreichisches Interesse hat Deutschland unverkennbar an dem eben entbrannten Kampf. Es hat das selbständige Interesse an der Herstellung des Weltfriedens auf den dauerhaften Grundlagen des Rechts und der Gerechtigkeit. Dieses Interesse Deutschlands aber ist das Interesse Preußens. Aus der gegenwärtigen'Verwicklung in Europa muß Deutschland hervorgehen als der machtvolle, gefürchtete und geehrte Hort von Frieden und Recht der civilisirten Welt. Die italienische Frage ist für uns die Frage nach der Weltstellung Deutschlands. Für diese Frage, für die deutsche Frage den letzten Thaler itttb den letzten Mann einzusetzen, das ist die heilige Pflicht der Monarchie Friedrichs des Großen. So und nicht anders verstehen wir die Forderung umfassender Kreditbewilligung, mit welcher die Regierung des Prinzen von Preußen vor den Landtag des Königreichs getreten ist, achtunddreißig Jahre nach jenem Tage, da der Störer des europäischen Friedens auf einem Felsen im Atlantischen Ocean seine Seele ausgehaucht hat. Preußen will keinen Krieg, Preußen will den Frieden der Welt. Und, indem

7 Deutschland und Preußen mit ganzer militärischer Kraft einsteht für

die Herstellung des Friedens auf bleibenden Grundlagen des Rechts und der Gerechtigkeit, erobert es sich die ihm gebührende Weltstellung:

Europa lernt den deutschen Bund, die preußische Militärmacht an der Spitze, fürchten und

ehren als den Hort des Weltfriedens in der

abendländischen Christenheit.

Zwei Länder haben sich verblutet für die Sache der Menschheit —

Italien und Deutschland.

Die andern Nationen haben eigenwillig

und selbstsüchtig, was ihnen Wohl anstand, ihren Lebenszweck in geschlossnen Gemeinwesen verfolgt.

Italienern und Deutschen dagegen gereicht es

zum Ruhm, daß sie, selbstlos und opferwillig, Sendboten eines welt­

bürgerlichen Gedankens gewesen sind. Den Gedanken der Zusammengehörigkeit aller Völker, welcher'dem

Alterthum durchaus fremd war und erst mit dem Christenthum in die

Welt trat, diesen Grundgedanken des Völkerrechts hat das kühne System des Mittelalters, dessen Spitze das Kaiserthum und das Papstthum waren, in der Form eines internationalen Reichs der Christenheit ver­ wirklichen wollen.

Ein Volk nach dem andern beschreitet im Alterthume die Bühne der

Welt; ein Monolog folgt auf den andern.

Jetzt aber hebt Dialog und

Zusammenspiel gleichzeitiger Mächte an; jetzt erst beginnt das eigentliche Drama der Geschichte.

Die Träger der Idee des Weltdrama's sind

Deutschland und Italien. Sie bildeten die materielle Basis jener völkerrechtlichen Ordnung,

deren erhabene Conception bis auf diesen Tag unübertroffen ist, deren bleibende Frucht die Idee des Weltfriedens ist.

Der König der Deutschen war Kaiser, d. h. Träger der Würde

eines weltlichen Oberhaupts der Christenheit und zugleich Italiens

9 König und Herr. Rom war der Mittelpunkt nicht nur aller Bewegungen

auf der Halbinsel: der römische Bischof war der heilige Vater, das geistliche Oberhaupt aller Christen, und insbesondre war Deutschland,

das Königreich des römischen Kaisers, sein unstreitiges Machtgebiet.

Daß Deutschland der Hammer und Italien der Ambos gewesen, ließe sich nicht behaupten:

vielmehr beide, miteinander kämpfend und

ringend, tote- miteinander duldend und blutend, waren der Acker der

Geschichte der Menschheit, das Schlachtfeld Europa's. Die tiefsten Spuren aber trug die Verfassung beider Länder davon.

Bestimmt, den Kern zu bilden für ein die ganze Christenheit und dem­ nächst die Welt umfassendes Völkerrechtssystem, erlitten Italien und Deutschland die Verwandlung ihres Staatsrechts in die' lockeren völker­

rechtlichen Formen.

Alle Nationen, stark in sich, emancipirten sich von

Kaiser und Papst, bis die Reformation, von Deutschland ausgehend,

ohne die Idee der Staatengemeinschaft aufzuheben, die bisherige Gestalt derselben von Grund aus vertilgte und die Souveränetät der Staaten und Völker als Princip zur Geltung brachte.

Das völkerrechtliche

System des Mittelalters war vernichtet, aber die Träger desselben, Italien und Deutschland, waren selbst Staatensysteme geworden

statt geschlossner nationaler Reiche. Der Sympathien für Italien kann sich kein Volk schwerer ent» schlagen als das unsrige. Deutsche und Italiener haben eine gemeinsame

Geschichte. Im Widerstreit fteilich waren sie stets; Italien seufzte unter der

Wucht deutscher Wehrkraft und Herrschergewalt;

Deutschland

schmachtete unter dem geistlichen Joche Rom's, von dem es nur stückweise

und um einen hohen Preis sich zu befreien vermocht hat: aber es war der historische Gegensatz zweier Völkergrößen, die unverkennbar auf einander angewiesen. Und, kam uns von jenseits der Berge der geistliche

Druck, so wehte doch von dort herüber auch der Hauch classischer Bildung, wissenschaftlicher Freiheit, künstlerischer Schönheit: unschätzbare Gaben,

die wir nur hätten vergelten mögen durch die geläuterte Predigt des Evangeliums, durch die sittlich erneuernde Kraft unsres Protestantismus.

— Aus den Trümmern des heiligen Reichs der mittelalterlichen Chri-

10

stenheit und unter dem Deckmantel des kaiserlichen Purpurs, auf Italien und Deutschland fußend, aber über slawische und magyarische Völker­ massen ausgebreitet, ein Bindeglied zwischen Deutschland und Italien, zwischen Abendland und Morgenland erwuchs die gewaltige Habsbur­ gische Monarchie. Ebensowenig national wie das römische Reich, auf dessen Rechnung es Völker einverleibte, doch gerade so realistisch wie jenes idealistisch, nicht gerichtet auf Lebensinteressen der Menschheit, deren Opfer Italien und Deutschland, sondern Nutzen ziehend aus dieser Opferung, und von dem alleinigen Zweck, eine Macht zu sein, nicht erfüllt von der keimenden Staats-Idee, aber politisch, so dürr politisch wie das heilige Reich weltbürgerlich unpolitisch gewesen, — ward Oester­ reich eine epochemachende Größe. Kein Staat, vielmehr ein Völkerver­ band, aber keine Föderation, sondern eine Herrschaft. Der Herrscher­ sinn vererbte sich der Dynastie weder aus deutschem noch aus spanischem Blut; es ist der Typus Karls des Kühnen; auch Karl V. (nach diesem genannt, wie sein Vater und Sohn nach Karl des Kühnen Vater) war so wenig Spanier wie Deutscher; als Niederländer aber darf man nur insofern ihn bezeichnen, als er „Burgunder" d. h. Glied des Herrscher­ hauses über verschiedenartige Volksstämme war. Diese Eigenschaft, einem Volk anzugehören, welches in nationalem Sinne kein Volk ist und doch politisch so viel bedeutet wie eine Nation, ja mehr.als solche Völker, die einer politischen Geschlossenheit ermangeln, diese Eigenschaft ist die Signatur des Oesterreichers. Erst in zweiter Linie kommt da die Volks­ art, wenn überhaupt, in Betracht. Diese Gründung einer Herrschaft über Völker, abgesehen von allen Idealen des Mittelalters wie von allen Ideen der neuen Zeit, nur als Gründung einer Macht, einer „Hausmacht" ward erleichtert oder gar ermöglicht dadurch, daß die Habsburger in ununterbrochener Reihe die römische Kaiserkrone der Wahl der deutschen Fürsten verdankten und daß der alte Glanz derselben die Völker bis in unser Jahrhundert hinein gemahnte, als hätte ihr Träger eine Autorität über Völker verschiedener Zunge. Noch Ficquelmont mißt der Auflösung der Reichsverfassung eine für den Zusammenhang der habsburgischen Monarchie verhängniß-

11 volle Bedeutung bei.

Der realistische Grundzug der österreichischen

Herrschaft übertrug sich andrerseits aber auf unser Kaiserthum: es war fortan weder ideal und weltumfassend, noch wurde eS staatlich und na­

tional; es vertrug sich vortrefflich mit der Territorialbildung in Deutsch­

land und Italien; es ignorirte die nationalen Interessen und schob ihnen als „Reichs interessen" bloße Machtfragen, d. h. österreichische Herr-

.schaftsfragen unter.

Um nicht österreichisch zu werden, entzogen sich jene freien Land­ gemeinden dem Reiche, die dann im Verein mit deutschen Städten und

Stiftern wie mit burgundischen Landschaften das eigene Gemeinwesen der schweizerischen Eidgenossenschaft, ein wichtiges Mittelglied des Europäischen Systems begründeten.

Von den Habsburger« in

Spanien befreiten sich die Niederlande und lösten in Folge dessen die

Verbindung mit Deutschland.

Das Haus Lothringen führte sich als

Erbe der Habsburger damit ein, daß es Lothringen mit Toskana ver­ tauschte und jenes' deutsche Reichsland durch die Hand des abgesetzten Polenkönigs an Frankreich gelangen ließ. Die noch zum deutschen Reich

gehörigen Länder der österreichischen Monarchie wurden durch Exem­ tionen und eine konsequente Absonderung von der deutschen Nation fern

gehalten und, sobald die Rheinbundfürsten sich von Kaiser und Reich losgesagt, förmlich und feierlich von Deutschland getrennt, dem sie, nach­ dem der Plan, dieses letztre aus einigen zwanzig unverbundnen Staaten bestehen zu lassen, von Metternich aufgegeben war, in losester Form wie­ derzugefügt wurden, um ihrem Herrn die Leitung des deutschen Bundes

zu vindiziren. Die Territorialbildung in Deutschland war wenigstens.inso­ fern national im Gegensatze zur österreichischen internationalen Herr­

schaftsbildung,

als

sie Deutsche unter

einheimischen

Fürsten und

Regierungen zu kleinen oder mittleren Gemeinwesen vereinigte und,

wenn auch keine wahren Staaten, so doch Politien auf weltlicher Grund­ lage schuf und das bürgerliche Recht von den bis zur Reformation ganz Deutschland fesselnden kirchenrechtlichen Voraussetzungen frei machte.

Eine einzige Frucht aber zeitigte diese Territorial-Entwicklung, in welcher

12 nicht eine bloße Herrschaft, sondern eine Verwirklichung „Deutscher

Staats-Idee" zu Tage kam: Preußen. lang einzige deutsche „Staat".

Dies war der erste und bis­

Preußen ist aber auch heute noch in

seiner Doppelstellung zum deutschen Bund und zu Europa, die einzige, wahrhaft so zu nennende deutsche Großmacht.

Denn Oesterreich ist

zwar auch eine Großmacht des Bundes, aber mit Rücksicht auf eine

Herrschaft außerhalb deutscher Zunge. Nicht eben aus nationaler Wurzel erwuchs in Italien Piemont.

Aus dem Winkel eines zweiten Nebenlandes von Deutschland, jenes

südwestlichen Burgund, das mit unsrer Krone verbunden war, erstreckte ein Vasall des Reichs, der bis 1803 noch in dem Aufrufschema des

deutschen Fürstenrathes figurirt hat, Savoyen seinen Zepter über

italienische Lehnsländer unsrer Kaiser und errichtete eine selbständige Herrschaft der burgundischen Dynastie im Westen von Ober-Italien.

Die Staats-Idee in ihrer Reinheit und vollendeten Ausbildung hatte eine Heimath gefunden bei der angelsächsisch-normannischen

Mischlingsrace, bei unsern Vettern auf der glücklichen freien Insel. Aber

die

als

Vorkämpfer

des

Seele des Alterthums

Gedankens gebildet

und

der

Nationalität,

welcher

von der mittelalterlichen

Idee der Einen Christenheit zurückgedrängt worden, trat Frankreich

in die Geschichte.

Es war sofort unser Feind und das Schlacht­

feld zwischen Deutschen und Franzosen wurde der Boden des heili­

gen Reichs, bald Deutschland, bald Italien.

Feindschaft zwischen

Völkern ist gewiß mehr antiken vorchristlichen, als christlichen und mo­ dernen Gepräges; die Verbrüderung der Völker aber schließt Haß und

Kampf sowenig aus, wie der Weltfriede den Krieg.

Und doch ist der

Krieg nur Ausnahmezustand und auch der Haß der Nationen ist eine Abweichung von der Regel der Gesittung und Menschlichkeit.

Wenn es

trotz alledem geborne Feinde und ererbten Haß unter Völkern giebt, so

ist Frankreich der Erbfeind unsres Vaterlandes.

Und wenn die Stimme

der Versöhnung in uns zum gänzlichen Schweigen gebracht, wenn das Gefühl der Anerkennung für die Lebhaftigkeit und Eleganz des französischen

Genius in uns erstickt werden soll, dann muß vollends ein Bonaparte die

13

Krone Ludwig XIV. tragen und die Nachfolger der Melac und Davoust befehligen. Oesterreich, hat einen unerträglichen Druck geübt auf Deutschland und Italien. Wir bezeichnen die Herrschaft dieser Macht über deutsche Länder sowenig als eine Fremdherrschaft, wie ihre Herrschaft in OberItalien. Denn die letztere ist keine Herrschaft der Deutschen über Italien, sondern eines traditionell weder deutschen noch slawischen, noch überhaupt nationalen Fürstenhauses: und „österreichisch" in diesem nicht­ nationalen Sinn regiert die Dynastie, wo immer sie regiert, in OberItalien wie im Osten von Deutschland. Aber eine Fremdherrschaft war es, welche die Wiener Machthaber über das nicht österreichische Deutschland wie über das nicht österreichische Italien schrankenlos und gewaltthätig ausgeübt haben. Darum, und eingedenk daß Italien aus denselben historischen Ursachen und an denselben politischen Gebrechen zu leiden hat, wie wir, ja schwerer wie wir, weil ihm die Segnungen der Glaubensfreiheit versagt geblieben, weil alle feine Fürstengeschlechter fremde sind, weil es kein 1813 erlebt hat, weil der unvollkommne Rechts­ zustand, dessen Mängel wir bei uns tief empfinden, dort eine Wohlthat, wenn noch gar erreichbar wäre, — darum sympathisirten wir mit Italien und begrüßten mit . froher Hoffnung die Keime der staatlichen und reli­ giösen Freiheit in Sardinien. Und diese Sympathien sind heute erloschen? Und der Feind Sar­ diniens und Italiens wird auf den Schild gehoben? Und mit athemloser Spannung warten Millionen Deutsche, voller Theilnahme für Oesterreich, der ersten Nachricht von einer Niederlage der Italiener, um sie zu bejubeln, oder sind gewärtig, für Oesterreich einzustehen, falls der Gott der Schlachten gegen Oesterreich entscheiden sollte? Die Lösung des Räthsels ist einfach. Gälte heute das stolze Wort: „Italia farä da se“ oder verfolgte Piemont rastlos unermüdlich den weiten, aber sichern Weg der Reformen und der keimenden Sache reli­ giöser Reformation, so würden ebensoviel Millionen deutscher Herzen für Italien schlagen und die Stimme für Oesterreich klänge kleinlaut oder verstummte gar.

14 Sardinien hat seine Sache, die Sache Italiens mit Frankreich ver­ einigt; die Franzosen haben die Alpenpässe überschritten; ein Bonaparte

erläßt daS herausfordernde Manifest gegen Oesterreich, ja, recht betrachtet, ein Manifest des Schreckens gegen die Ordnung in Europa.

Da

welche Frankreich,

dem

übertragen

sich denn

alle Empfindungen,

bonapartistischen d. h. revolutionär-despotischen Frankreich gegenüber

erwacht sind, auf den welschen Bundesgenossen des verhaßten Feindes. Die italienische Sache ist für uns untergegangen in der Sache der Bonaparte's.

Will es Gott, so wird sie zu lösen sein aus dieser Umstrickung

und uns dann wieder als Sache Italiens werth erscheinen.

Aber, wer

für Frankreich und Napoleon ist, der ist wider uns: somit Sardinien.

Und wer gegen Bonaparte und sein Frankreich kämpft, für den fühlen wir: somit für Oesterreich.

Um dem Weltfrieden eine bleibende Statt zu bereiten, opferten sich

Italien und Deutschland.

Die Aufgabe, den Frieden erforderlichen

Falls mit dem Schwert zu erkämpfen, und dann auch Italien seinen

Frieden zu geben, diese Aufgabe fällt Deutschland anheim.

III. Cavour, meint man, hatte keine Wahl.

Auf der Bahn friedfertiger

Reformen und moralischer Eroberungen würde den sardinischen Finanzen

der Athem ausgegangen sein, ehe noch Italien bemerkt hätte, daß Pie­ mont sich ihm widmete: denn die Armee, berat es auch dann nicht ent« rathen konnte, nahm Mittel in Anspruch, die seine Kräfte weitaus

überstiegen.

Rechten wir nicht mit der Stichhaltigkeit und Ehrlichkeit

dieser Entschuldigungen des gewaltsamen Vorgehens, des verhaßten

Bündnisses.

Aber einem Preußen dürfte der Gedanke doch zu nahe

liegen, daß Sardinien durch ein vernünftiges Landwehrsystem ein Heer hätte schaffen können, groß genug als Bürgschaft für die Durchführung jener friedlichen Zwecke und dabei die Leistungsfähigkeit des Landes nicht erschöpfend.

Das Unglück ist einmal geschehen, der verhängnißvolle

Pakt mit dem Bösen ist geschlossen.

Wäre aber Preußen während der

orientalischen Krise nicht so mißregiert worden, hätte es dann an dem Friedenscongreß von Anfang bis zu Ende sich in würdiger Weise zu

betheiligen gehabt, so würde die Denkschrift Cavour's über Italien nicht

mit dem Stillschweigen übergangen worden sein, dessen Interpretation

ein neuer Krieg ist; so würde Preußen und dann auch England auf eine Diskussion gedrungen haben deren Verlauf Sardinien; sofern es ehrlich Reformen Italiens erstrebte, aufgehalten hätte sich Frankreich

zu Füßen zu werfen, auf eine Diskussion mit welcher Oesterreich der größeste Dienst geleistet worden wäre, nämlich der, zum Bewußtsein

16 der wahren Würde und wahren Größe verhelfen zu werden, auf eine Diskussion also die Sardinien wahrscheinlich England und Preußen genähert hätte, ohne die beiden letztem Mächte von Oesterreich zu ent­

fernen.

Wie gesagt, das Verhängniß geht nun seinen Gang; die Sache

Italiens ist mit der Existenzfrage der corsischen Dynastie in Frankreich

und mit Allem verknüpft, was diese für Frankreich und Europa zu be­ deuten hat.

Es giebt einstweilen keine italienische Frage, die wir als

solche beantworten dürften.

Deutschland ist in die Unmöglichkeit ver­

setzt, gegenwärtig Italien gerecht zu werden: einen Verrath an sich selbst würde es begehen, wenn cs die Auffassung der Weltlage durch die leiseste Mahnung einer Sympathie für Italien trüben wollte.

Denn eine Trübung wäre es unzweifelhaft, wollten wir über der

Natur des Gegenstandes, welchen der Bonapartismus, nachdem er die nordische Allianz zu sprengen gewußt, zur Verfolgung seiner weiteren seit dem Manifest offenkundig revolutionären Zwecke sich auserwählt

hat, uneingedenk werden, daß er ein Mittel ist — und eben zu welchen Zwecken!

Die Zeiten sentimentaler Politik sind in Deutschland glück­

licherweise vorüber; kein Philhellenismus dürfte uns heute über Rußland

täuschen, so wenig wie das berechtigte Mitgefühl mit dem Lose der Christen, die noch jetzt Unterthanen des kranken Mannes sind.

Eben­

sowenig aber dürfen wir eine Theilnahme für Italien aufkommen lassen, wo es einzig und allein darauf ankommt, ob Frankreich einen inter­

nationalen Rechtstitel erlangen soll, der Befreier aller unterdrückten Völker, der Protector Europa's, der neue Imperator Romanorum und Advocatus Ecclesiae zu werden,

wo es die Suprematie

Frankreichs zu etabliren oder zu brechen gilt. Es gibt aber vollends keinen Ausdruck für den Grad politischer Verblendung und diplomatischer Gewissenlosigkeit, die einfachste Frage,

welche jemals die Welt erschüttert hat, dadurch zu verwirren, daß man,

obenein abgesehen von allen an sich edeln Gefühlen, die für Italiens Schicksal, welches dem unsrigen so nah verwandt ist, sich aufregen lassen,

in

diesem

entscheidungsvollen Augenblick

Oesterreich wachruft.

die Leidenschaften

Wir kennen Oesterreich.

gegen

Wir wissen, daß

17 Deutschland nächst

eigner Verschuldung

ihm

und Frankreich, ihm

mehr noch als Frankreich, sein ganzes Elend zu verdanken hat.

Wir

haben es klar vor Augen, dieses Oesterreich, nach einem Siege über Frankreich und Italien, gleichviel ob wir dazu beigetragen oder nicht. Wir ermessen die volle Fähigkeit seines gerühmten Undanks und wür­ digen seine traditionelle Begabung, die Welt zu täuschen.

Aber weder

erhoffen wir seine Niederlage, noch fürchten wir seine Siege.

Denn

seine Niederlage wäre jetzt verhängnißvoll für uns, und den Sieger zu

bändigen getrauen wir unö, wenn nur sein Schwert nicht gerötheter ist, als das unfrige. Fragen wir das Rationalgefühl im Norden und Süden des Vater­

landes, nicht etwa nur in Gegenden, wo man gemeinhin Sympathien

für Oesterreich und zwar bei Weitem stärkere, als in der That jemals Vorhanden gewesen, voraussetzt, nein in Kreisen selbst wo die Abneigung gegen Oesterreich hergebracht ist, so inmitten des preußischen Heeres,

in den Officiercorps der Königlichen Garde, wir dürfen uns versichert

halten, nur Eine Antwort zu hören — „gegen Bonaparte!"

Diese

Stimmung ist eher gehoben als ermäßigt durch den herausfordernden Schritt, wodurch sich Oesterreich diplomatisch isolirt hat; sie ist im höch­

sten Grade gesteigert durch die unerhörte Sprache des kaiserlich fran­ zösischen Kriegsmanifestes. Die gesummte so verwickelte Lage der Dinge

formulirt der Volksverstand am Riemen und Rhein, an der Ost- und

Nordsee in der schlichten Weife, die sich durch nichts beirren läßt, dahin: „soll Einer in Europa dem Welttheil Gesetze vorschreiben? soll von dem

Willen eines Einzelnen die Ruhe Aller abhängig sein? soll Napoleon mit uns fein Spiel treiben?"

Don Oesterreich ist da kaum noch die Rede

oder so, daß Freund imd Feind mit ihm fühlen als dem durch den Glück­ macher in Paris zunächst Betroffnen, dessen Sache die aller Unabhängig­ keit und Ehre liebender Staaten ist.

Mit Entrüstung wird jede Anklage gegen Oesterreich, die jetzt erhoben werden soll, wie berechtigt sie sein mag, zurückgewiesen.

Längst

hat der deutsche Bollsgeist iu und außerhalb Preußens das ihm wün-

fchenswerth und nothwendig erscheinende Ziel der heutigen Wirren ins

18 Auge gefaßt: es ist dasselbe, was die Achtserklärung der am Wiener

Congreß beseitigten Mächte bezeichnete und dann die Wiener Verträge

sanktionirten — der Sturz der Napoleonischen Dynastie, die Vertreibung der Bonaparte's aus Frankreich.

Und hier wahrlich erweist sich vox populi als vox Dei!

Man

mag die Sache betrachten, aus welchem Gesichtspunkte man sonst wolle,

aus dem gelehrt historischen, aus dem praktisch diplomatischen, aus kon­

servativem, liberalem, demokratischem, es kommt die Auffassung der Lage

der Dinge mit innerer Nothwendigkeit zu dem Einen und einzigen Re­ sultat, demselben, welches die Volksstimme nennt: daß ein dauerhafter Friede nicht gedenkbar ist, solange ein Bonaparte an der Spitze Frank­

reichs steht. Gewiß war und ist es ein unklares und vieldeutiges Prinzip im Staatenrecht, der Gedanke des Gleichgewichts; es schließt weder Usur­

pation noch Revolution, weder Machterweiterung noch selbst eine Ver­ nichtung staatlicher Existenzen aus; es läßt sich gebrauchen und ist zu

Zeiten verwandt worden gegen nationale Interessen und geheiligte Rechte. Es ist überhaupt ein erbärmliches Surrogat für eine wirkliche Ordnung

der internationalen Dinge. Es ist im Völkerrecht, was eine provisorische Regierung im Staatsrecht bedeutet.

Aber wie diese wenigstens das

Eine Interesse des Vorhandenseins einer Leitung der öffentlichen An­

gelegenheiten vom Mittelpunkt heraus wahrnimmt und der Anarchie vorbeugt, so befriedigt der Gedanke des Europäischen Gleichgewichts doch das Eine unabweisbare Bedürfniß des internationalen Lebens, daß er das Uebergewicht einer einzelnen Macht, die Suprematie Eines Staates

auf das Entschiedenste ausschließt und denjenigen, welcher sie anstrebt, wie einen Verbrecher gegen das Völkerrecht, wie einen Feind Aller ge-

demüthigt wissen will.

So faßte Wilhelm III. von England das Verhältniß der Europäischen Staatenwelt gegen Ludwig XIV. auf und, wie leuchtend

sein Verdienst unstreitig ist, die britische Freiheit im Innern aus blei­

benden Grundlagen hergestellt zu haben, es wird überstrahlt durch den Ruhm, die französische Suprematie gebrochen, die völkerrechtliche Freiheit

19 unsres Erdtheils gerettet zu haben. Eines andern Wilhelm wartet ein gleicher Ehrenpreis in unsern Tagen, nicht nur der Eichenkranz, den ein

mündig erklärtes frei gewordenes Volk dem fürstlichen Befreier jubelnd

zu Füßen legt, sondern die unvergängliche Lorbeerkrone, welche alle Völker gemeinsam flechten für das Haupt dessen, der Europa von dem

unerträglichen Drucke imperalistischen Uebergewichts, der das Völkerrecht von dem demoralisirenden Einfluß napoleonischer Ideen, der die Sache

der Civilisation von dem Börsenspiel civilisatorischer Zerrüttungen, der den Weltfrieden von der Permanenz der Kriegsbereitschaft erlöst.

Alle Deklamationen gegen Oesterreich sind jetzt Musik für Frank­ reich; und wer wollte jetzt Frankreich anders aufspielen, als zu kriege­

rischem Tanze?

Es gibt heute nur Eine Philippika, würdig eines deut­

schen Demosthenes: wenn ein neuer Arndt auf Anlaß eines andern Frei­ herrn vom. Stein seine Geistesblitze gegen den Neffen des Oheims

schleudern wollte.

Es gibt Eine Losung, welche die halbe Welt in Ent­

zücken versetzen würd«; sie lautet : Coalitio» gegen Frankreich. Nur Eine Deutung, die Jedermann versteht und billigt, läßt heute das Wort des

Cato zu: Ceterum censeo, Carthaginejn esse delendam.

IV. Wie stimmt eine solche Perspektive mit dem Gesichtspunkte dieser Flugschrift?

Die Herstellung des Weltfriedens galt uns als der End­

zweck der besonnen, doch unaufhaltsam einander auf dem Fuße folgen­

den Maßnahmen einer der geschichtlichen Sendung Deutschlands gemäßen Politik. Und gleichwohl stellen wir ein Ziel auf, das nicht anders er­

reichbar scheint als durch die Anstrengungen eines colossalen Krieges,

durch das entschlossene Zusammenwirken einer halben Welt? Was ist aber der Friede, wenn nicht die Ursachen beseitigt werden,

deren unausbleibliche Wirkungen periodisch wiederkehrende Kriege sind?

Derjenige Friede, welchen nach etlichen ermüdenden und völkeraussau­ genden militärischen Schachzügen zwei oder mehrere Mächte schließen,

ohne das innere Uebel gehoben zu haben, dessen Hervortreten in äußere

Action noch vergleichsweise eine wohlthuende Erscheinung ist, dieser so­ genannte Friede ist ein politischer Waffenstillstand, vielleicht nur eine

Waffenruhe, ein Beziehen von Winterquartieren. Segnungen des reellen Friedens.

Er entbehrt aller

Höchstens, -wie Hamlet und Laertes

die Waffen wechselten, vertauschen sich die Rollen der Bundesgenossen und Widersacher, und der vergiftete Speer wird nun jenseits geschwungen

statt diesseits. Der Friede ist, wie unsre Vorfahren das alte Wort verstanden wissen wollten, die Rechtsordnung: also unter Völkern, die Herstellung

21 eines geordneten Rechtszustandes in der Staatenwelt.

Unmöglich ist

ein gesicherter Rechtszustand für Europa, solange das internationale Pro­ gramm der Bonaparte's, wie es das Kriegsmanifest unzweideutig im

Sinne des La Guerroniere'schen Pamphlets kundgibt, nicht thatsächlich

widerlegt und unausführbar gemacht ist. Unmöglich ferner ist der Welt­

friede, solange das Staatenshstem im Herzen unsres Erdtheils nicht consolidirt, solange nicht Deutschland, das von seinen kaiserlichen Ahnen als

Erbtheil das Amt überkommen, der Christenheit den Frieden zu wahren, den ihm gebührenden Platz im Rathe der Völker ans eigner innerer, rechtlicher und sittlicher Kraft sich errungen hat. Darum herstellbar ist der Friede nur erstens dadurch, daß Deutsch­

land die Suprematie Frankreichs brechen hilft, somit Oesterreich — nicht etwa nur um Oesterreichs willen — kriegsmächtig zu Seite tritt, und

zweitens dadurch, daß Deutschland-innerlich verfassungsmäßig regenerirt

wird, um als wirkliche Europäische Großmacht handlungsfähig zu sein,

folglich daß Oesterreich uns die Hand bietet zu einer Stärkung des deutschen Bundes.

Die italienische Frage, sagten wir, bedeutet für uns unsre Frage,

die deutsche Sache.

Die eigensten nationalen Interessen des Vater­

landes sind durch sie berührt. für uns selbst.

Unsre Kriegsbereitschaft ist ein Eintreten

Indem wir das Europäische Gleichgewicht gegen das

Uebergewicht Frankreichs vertheidigen, stellen wir uns in die Defensive für die eigne Unabhängigkeit Deutschlands als Europäischer Macht.

Müssen wir das Schwert ziehen, so kämpfen wir nicht für Oesterreich allein, nicht gegen Italien, sondern pro ara et focis, für die heimischen

Götter und den heimischen Herd. Freilich mit Oesterreich.

Nie dürften wir hoffen, die Unabhängig­

keit des Vaterlandes festzustellen oder auch nur die Sicherheit Deutsch­ lands wirksam zu schützen, wenu das Ausland in dem deutschen Bund

die politische Leiche erkennte, von welcher der französische Anatom sich

zunächst ein Glied präparirt, während die übrigen Glieder derweilen in Verwesung übergehen, in faule Gährung gerathen.

So aber wäre es,

wenn eme Macht, welche Mitglied des Bundes ist, durch einen Krieg,

22 gleichviel wer ihn begonnen, gebeugt oder gar vernichtet würde, während

wir, Gewehr bei Fuße, geduldige oder gar schadenfrohe Zuschauer

blieben? Gewiß hat der Artikel 46 der Wiener Schluß-Akte einen guten

Sinn: wenn ein Bundesglied wegen auswärtiger Besitzungen Krieg an­ zufangen berechtigt ist, so kann es nicht zugleich das Recht haben, den Bund wider Willen in seinen Krieg zu verwickeln.

Oder sollen wir für

Dänemark Norwegen zurückerobern? Aber ebensowohl hat der Bund das Recht, einen Krieg, der «hm an sich fremd bliebe, zu seiner eignen Sache

zu machen, sobald er befindet, daß dieser Krieg ihn zu einer thatkräftigen Defensive herausfordert.

In solcher freien Stellung. befinden wir uns Angesichts des gegen­ wärtigen Kampfes zwischen unsrem Bundesgenossen und Frankreich.

Fühlen wir unsre Sicherheit dadurch bedroht, unsre nationalen Interessen

berührt, das Europäische Gleichgewicht, dessen.Wagschale auch wir be­ schweren, durch die Suprematie eines andern Staats in Frage gestellt,

so haben wir das unveräußerliche Recht und die politische Pflicht, unsere

selbständige Macht aufzubieten und unser Banner zu entrollen neben den österreichischen Fahnen. Wir vertheidigeü uns selbst.

Unser Ansehen in Europa richten,

wir auf, das erschüttert würde wenn Oesterreich von Frankreich ge-

demüthigt werden sollte, und ebenso wsnn Rußland uns die Linie unsres Verhaltens vorzuzeichnen sich erkühnen wollte; das moralische Ansehen Deutschlands richten wir auf, indem wir, in kampfbereiter Haltung, ein

vernehmliches Wort darein reden, für die Herstellung des Friedens und

nöthigenfalls den Krieg in die Hand nehmen^ um den Frieden zu diktiren. Deutschland erhebt sich, wenn auch für Oesterreich, nicht als öster­

reichisches Nebenland, nicht als ein Donaubund unter Wiener Prot^ctorat, sondern in seiner Eigenschaft als Macht, als der „durchlauchtige deutsche Bund," wie man ihn spottweise wohl genannt hat, wie er aber

mit Ehren genannt zu werden sich verdienen soll.

Und indem Deutschland mit einer halben Million wehrhafter Männer in voller Rüstung in die Schranken tritt, aus eigenem freiem

Entschluß, für seine nationalen Interessen und für seine unabhängige

23

Stellung in der Welt, indem es so für den Frieden das Schwert zieht und dann wohl auch die Scheide wegwirft, darf und soll es fordern und durchsetzen, daß kein Friede geschlossen werde ohne seine Mitwirkung, und keiner der nicht die Bedingung dauernden Friedstands erfüllt, Deutschland als Großmacht in Europa zur vollsten Anerkennung zu bringen und ihm die Freiheit autonomer Gestaltung seines Staatsrechts, die eine Wohlthat für die Menschheit wäre, von allen Fesseln und Hem­ mungen zu erlösen. Das ist Deutschlands Ziel und Zweck, indem es aus freien Stücken Oesterreich an die Seite tritt, das hat es zu ertrotzen von dem Feind im Westen wie von dem Freund im Osten. Oder vielmehr Oesterreich sollte, wenn Deutschland ihm Freundesdienst leistet, von vornherein Garantien bieten., daß dem zu erkämpfenden Frieden nicht wie denen zu Paris 1814 u. 1815 die Seele fehlt: ein einheitliches kraftvolles Deutschland, ein mächtiges Vaterland der Millionen, die jetzt mit Oesterreich für den Sturz des gemeinsamen Widersachers ihr Leben in die Schanze schlagen und daun stark genug sein wollen, die dänische Frage auf gut Deutsch zu beantworten. Dies und die Glaubensfreiheit in eigenen Landen sollte Oesterreich verbriefen und dessen müßte im Namen Deutschlands Preußen sich versichern, noch ehe der Bundesoberfeldherr das Zeichen bestimmt, an welchem das Heer des deutschen Bundes sich als ein Heer von Brüdern zu erkennen hat.

V. „Preußen also------ ?!" Die Brüder im Süden und Westen schütteln bedenklich die Häupter. „Jetzt erkennen wir den Endzweck: Preußen ist Preußens Zweck und Deutschland nur zum preußischen Zwecke das Mittel!" So reißen sich von dm Cimbern die Teutonen los und vereinzelt stürzen sie gegen Rom's Legionen in die Feldschlacht. Oder vielmehr, unsre lieben Teutonen des W. Jahrhunderts werfen sich den Oesterreichern in die Arme, fechten einen österreichischen Krieg aus, lassen sich zu kaiser­ lich-königlichen Invaliden zusammenschießen und gedulden sich wann und wie Oesterreich seinen Frieden schließt: „Toskana wird mit dem Erz­ stift Salzburg entschädigt", hieß es im französisch-österreichischen Ver­ trage vom 26. Dezember 1802, „Modena erhält die Ortenau!" Also, Deutschland hat sich glücklich zu schätzen, wenn es nach heißem auf­ opferndem Kampf ein stiller Gesellschafter bleibt, wie im zweiten Pariser Frieden, der den Deutschen Bund nicht einmal beim Namen nennt. Aber unsre teutonischen Freunde wollen ja lieber mit Kroaten und Pan­ duren Ein großes Volk von zweifelhafter Nationalität sein, Ein abenteuer­ liches Reich der Mitte bilden, wollen lieber aufhören Deutsche zu fein, als in die Gefahr kommen, — Preußen zu werden. Ehe sie zugeben,

25 daß, wie sie es mit einer petitio principii bezeichnen, Oesterreich

„ausgeschlossen" werde, verzichten sie auf Deutschland; ehe sie vom „ganzen Deutschland" «blassen, lassen sie Deutschland ganz und gar

fahren; wenn „Großdeutschland" eine wahre Größe Deutschlands un­ möglich macht, so ziehen sie ein ewig kleines Deutschland, eine Bundes-

Nullität doch dem kaiserlichen Reich Kleindeutschlaud ohne Weiteres vor. Sie fassen es nicht, daß der deutsche Bund stärker und lebenskräftiger

wäre, wenn er aus zwei Staaten statt aus fünfunddreißig bestünde, nämlich aus Oesterreich und dem Reich, dem parlamentarischen Bundes­ staat: sie zetern über Oesterreichs „Ausschließung" wenn Oesterreich auf

der Basis der Bundes-Akte von 1815 verbleiben und die übrigen Glieder des Bundes sich zu Einer Macht neben ihm vereinigen.

Und

Oesterreich kommt den Verblendeten zu Hülfe: es will Deutschland als sein-Machtgebiet behaupten.

Es protestirt gegen jede Bundesreform,

an der es sich, ohne seine eigne staatliche Einheit aufzugeben, nicht zu betheiligen vermag —■ d. h. aber gegen jede Bundesreform, ja selbst

gegen eine Praxis des heutigen unveränderten Bundesrechts, wodurch Deutschland ein Etwas würde.

Sobald Deutschland mehr sein will,

als Nichts, muß das deutsche Oesterreich sich entweder vom nichtdeutschen

Oesterreich staatlich trennen, d. h. die österreichische Monarchie muß zu Grunde gehen oder, da es nicht zweien Staatswesen zugleich angehören

kann, eine privilegirte Stellung in Deutschland einnehmen, nämlich

Bundesglied bleiben, ohne Glied des Bundesstaats zu werden, so daß, wie gesagt, der deutsche Bund dann aus einem Bundesstaat'«nd ans

Oesterreich bestände. Das sind politische Nothwendigkeiten, die weder mit der Ober­

hauptsfrage noch mit der Stellung Preußens zusammenhängen und aus denen nicht etwa nur ein deutsches Erbkäiserthum, sondern ebenso

konsequent eine Wahlmonarchie oder eine repubükanische Form für das. Gemeinwesen gefolgert werden kann, welches mit Oesterreich den deutschen

Bund zu bilden hätte. Denn auch ein Direktorium, das über Oesterreich und Deutschland eingesetzt würde, könnte nur entweder Oesterreich zu

nichte machen oder Deutschland's bisherige Nichtigkeit fortsetzen.

26 Aber das sind politische Nothwendigkeiten, für welche zur Zeit die politische Einsicht mangelt; und im Widerspruch nicht bloß gegen Oester­

reich, sondern auch gegen einen großen Theil der deutschen Nation, so

tyrannisch der Protest von Oesterreich und so selbstmörderisch die Oppo­ sition der sogenannten Großdeutschen sein mag, läßt sich Deutschlands

öffentliches Recht nun und nimmer reformiren.

Bis jene Einsicht reift,

vermögen wir durch ein Rütteln an diesen Dingen nur, das Wenige, was wir unser nennen, zu verlieren, nicht aber auf den Grundlagen von

1815 weiter zu bauen.

Auch die Unvernunft bildet einen Faktor, den

der Politiker in seine Berechnung aufzunehmen hat. Es liegt aber in dieser Unvernunft ein gutes Theil Weisheit, die

sich Diejenigen zu Hetzen nehmen sollten, welche Oesterreich für ein

fremdes Land halten und wirklich ausgeschlossen zu sehen wünschen, auch jene radikalen „Großdeutschen", welche den Zerfall der österreichi­

schen Monarchie herbeisehnen, damit Deutschland allein den Besitz

jener herrlichen deutschen Fürstenthümer antrete.

Der Bestand des

großen Kaiserreichs ist eine Wohlthat für Europa, eine Ehre für Deutschland.

Es liegt eine Garantie des Gleichgewichts darin, daß eine gewaltige

Macht ohne ausgeprägt nationalen, von lediglich herrschaftlichem Cha­

rakter die Völkermassen magyarischer und slavischer Zunge unter Einem Zepter vereinigt und Rußland die Wage hält.

Diese Bürgschaft würde

um ein Bedeutendes verstärkt werden, wenn es der Regierung Franz

Josefs gelänge, das Werk der Concentration zu vollbringen, ohne in

Uebertreibungen unnöthigen Centralisirens zu verfallen und wenn ferner dieses starke internationale Kaiserthunt nicht nur Mitglied des deutschen

Bundes bliebe, wo nicht auch Mitglied eines Italienischen Staaten­ .bundes würde, namentlich aber — was allerdings im Schoße der Zu­

kunft verhüllt liegt — beim Zerfallen der Türkei entweder Thronfolger

der Byzantiner, oder doch die Hauptmacht in einem südslawischen Staa­

tenvereine werden sollte.

Für Deutschland aber ist es ein bleibender

Ruhm, daß dieses Oesterreich doch

eigentlich eine Colonie von

27 Deutschland ist, ungefähr wie die Vereinigten Staaten eine Colonie von England sind.

Darum dürfen wir diese unsre Colonialmacht nicht

in der freien Entfaltung ihrer völkerbeherrschenden Kraft durch bundes­ rechtliche Pedantismen hemmen (und diese Seite der Sache wird fast

nirgend ins Auge gefaßt!), ebensowenig aber dürfen wir theilnahmlos 'seinen Geschicken zuschauen, als gingen sie uns nichts an, oder gar scha­

denfroh seine Niederlagen feiern, seiner Auflösung entgegensehen. Wenn

Oesterreich anderseits unsrer und Italiens innerer Entwicklung sich be­ freunden könnte, wenn es aufgäbe, von seinen italienischen Nachbarn zu fordern, daß sie ihre Unterthanen bis zu dem Grade mißregieren, um

das Loos der Lombarden unter Oesterreichs Regiment beneidenswerth

erscheinen zu lassen, wenn es zugäbe, daß die übrigen Mitglieder des deutschen Bundes sich neben ihm staatlich organisiren, dann würden we­ nigstens in Deutschland seinen Widersachern die Schuppen von den Augen fallen und sie müßten einsehen, vaß dieses gewaltige internationale Reich

inmitten nationaler Staaten ein Segen für die europäische Menschheit ist und nur deshalb für einen Fluch gehalten werden konnte, weil seine eignen Staatsmännner das wundervolle Wesen und die unvergleichliche

Sendung dieses Bindeglieds von Abendland und Morgenland hartnäckig

verkannt haben. Wenn man in den Ultramontanen die Feinde Preußens, in den

„Gothaern" die Feinde Oesterreichs zu erblicken geglaubt hat — mit Recht oder mit Unrecht —, so wolle man diese dem Heil des Vaterlandes

und keinem andern Zweck gewidmeten Betrachtungen auf das Bestimm­ teste unterscheiden von einer derartigen Tendenz gegen Oesterreich.

Uebler gewählt könnte kein Zeitpunkt sein, wie der gegenwärtige, um die Frage nach einer Hegemonie Preußens auf die deutsche Tagesordnung

zu setzen, während die Frage der französischen Suprematie zur euro­ päischen „Verlaßnehmung" (wie es in Frankfurt heißt und in Regensburg

hieß) gelangt ist und auf Sardiniens Kosten bereits leidenschaftlich diskutirt wird.

Freilich Man kommt in Verlegenheit, wenn man bestimmen soll,

28___

welche Zeitläufte für Bundesreformen die günstigen seien. Weder die ruhigen, noch die stürmischen, wie es scheint! In jenen vergißt man der Noth der Lage; in diesen nimmt dieselbe Noth alle andere Gedanken vor­ weg. Indessen, sehen wir ab vvn dem bösen Omen, welches Ker Vergleich nahebrtngt, der westfälische Friede war eine Grundlage des neueren Reichsstaatsrechts. Und, wenn auf dem Wiener Congreß nicht ein Bessres gelungen ist, als die „Grundzüge" einer künftigen Verfassung Deutsch­ lands vorzuzeichnen und zwar mit unsicher» Händen und in schwankenden, verzerrten Lineamenten, wenn damals der Zweck der Freiheitskriege, welchen der Aufruf von Kalisch charakterisirt hatte, unverwirklicht ge­ blieben ist, so lag ein tiefster Grund deS Üebels doch wohl darin, daß der ureigne Geist der Nation, aus welchem die neue Verfassung Deutsch­ lands hervorgeheu sollte, voller Unklarheit über die Formen einer Wiedergeburt des Reiches war. Darum, so unzeitig es ist, heute eine Bundesreform ins Werk zu setzen, so rechtzeitig ist es, gerade jetzt an die Vorarbeiten für den künftigen Friedenskongreß Hand anzulegen und die Fragen, ob etwa Deutschland z« Gunsten Oesterreichs auf jede staatliche Zukunft verzichten müsse oder ob die deutsche Nichtigkeit auch nur Oesterreichs Zwecken Vorschub leistet, die Fragen über Centralgewalt und Parlament des Bundes innerlich zur Reife zu bringen. Jenes Hauptbedenken aber in Betreff des Verhältnisses von Oester­ reich und Deutschland int Bunde zu erledigen, daran arbeitet in diesen Tagen der Weltgeist gleichsam unmittelbar. Denn, da die Staaten des Bundes nicht und am allerwenigsten der deutsche Staat, welcher zu­ gleich eine Großmacht ist, einfach disponibel sind für Oesterreich, etwa wie die Rheinbundstaaten contingentpflichtig gegenüber ihrem Protector und Zwingherrn waren, da Oesterreich vermöge seiner Doppelstellung als kriegführende Macht und als Mitglied des noch nicht am Kriege betheiligten Bundes mit seinem Präsidialrecht entweder sich oder den Bund bloßstellt, so ergibt sich, und zwar vor Allem vom österreichi­ schen Standpunkt, wenn man in Wien nicht etwa bei Gelegenheit dieses Krieges Deutschland erobern will, welchen unschätzbaren Werth es häjte, im Bunde einen von Oesterreich unterschiedenen politischen Faktor zu

29 besitzen,

der einen

eignen

staatlichen Willen hätte, wie Preußen

ihn hat, und der in freiem Entschluß für Oesterreich handelnd auf­ treten könnte mit dem vollen Nachdruck der gesammten deutschen Kraft.

An Preußen nun ist es, nicht dieses mangelnde Staatswesen zu

improvisiren, wohl aber dasselbe in dieser Noth der Zeiten zu ersetzen, indem es die Initiative einer Politik ergreift, wie sie die Großmacht

eines deutschen Reichs führen müßte, das bundesgenossenschaftlich neben Oesterreich bestände.

Kräftigst protestiren wir dawider, daß Preußen

jetzt Einflüsterungen Gehör gebe, welche mit der Stimme des Ver­

suchers Gelüste der Herrschsucht wecken möchten.

Wenn Preußen heute

sich etwa die Gewalt über Deutschland aneignen wollte, so würde solche

Usurpation ihm zu gleichem Verderben gereichen, wie im Jahre 1806

die Aneignung Hannovers.

Aber, indem wir jedwede eigennützige

Absicht Preußens mit Entrüstung von der Hand weisen, fordern wir,

daß Preußen sich identisch mit Deutschland erweise, daß alle deutsche Regierungen chm die Hand reichen und es als Vorkämpfer walten lassen für die Tage der Gefahr, ja vor Allem, daß Oesterreich, statt

gegen Preußen zu conspirirM, die andere beim Kriege noch unbetheiligte Großmacht des deutschen Bundes durch volles Einvernehmen in

den Stand setze, di« Sache Deutschlands zu vertreten mit der gesamm­ ten Kraft seiner eignen neun und der (von Oesterreich abgesehen) vier

übrigen deutschen Heerkörper. Die Sache Deutschlands: nicht Preußens für sich, nicht Oester­

reichs, nein, die Sache des großen Vaterlandes.

Der Schutz seiner

Grenzen, die Wahrnehmung seiner nationalen Interessen, die Aufrecht­

haltung des

deutscher

Europäischen Gleichgewichts

Unabhängigkeit

als Großmacht

aus

dem

Gesichtspunkte

gegenüber den Weltherr­

schaftsplänen der Bonaparte's — übernehme Preußen in lauterster Gesinnung, in unbeugsamer Energie des Willens, in entschlossener Thatkraft, 'mit voller Begeisterung.

Preußen rückt an beti Rhein. deutschen Bundes Colonneu.

Oesterreich den Rücken.

Dort entfaltet es seine und des

Es schützt „den Po am Rhein", deckt

30 In bewaffneter Stellung ist es jeden Augenblick bereit, zu interveniren, sei es nun daß eine Verletzung des Bundesgebiets den unzweifel­

haften caaus belli herbeiführt, sei es daß die Gefährdung nationaler

Interessen, die ja weiter reichen als dgs der bloßen Sicherheit und weiter als die dürren juristischen Verpflichtungen, oder daß die Aufrechthaltung des Europäischen Gleichgewichts im Sinn vorbeugender Defensive ein

Vorgehen gegen Frankreich diktiren.

Weder kann Preußen zugeben, daß Frankreich den deutschen Bundes­

genossen zu Boden wirft und ihm einen ehrenkränkenden Frieden auf­

erlegt, noch darf Deutschland sich passiv verhalten, während Oesterreich

den Ruhm ungetheilt einerntet, die Suprematie des bonapartistischen Frankreich gebrochen, Europa gerettet zu haben. Die Grundlagen des Rechts und der Gerechtigkeit, auf welchen der Friede allein für die Dauer herstellbar ist, bestimmen zu helfen, also den

Weltfrieden aufzurichten, das ist die Sendung Deutschlands, der sich Preußen zu unterziehen hat.

Mit den Waffen in der Hand wird der

Mäßigung und Weisheit dann das Wort zu reden sein. Sardinien muß in seine Schranken gewiesen werden, aber in seinem Innern frei bleiben:

den Untergang der piemontesischen bürgerlichen und religiösen Freiheit

darf Oesterreich nicht als Kampfpreis begehren. Oesterreich selbst müßte der Befreier Italiens in Toskana, im Kirchenstaat, in Neapel und Sicilien werden, statt des dann zu Boden geworfnen Unterdrückers der

französischen Freiheit. Oesterreich aber darf nicht aus Italien vertrieben

werden; seine Herrschaft dort ist keine Fremdherrschaft, braucht wenig­

stens nicht dahin entstellt zu werden.

Und wenn Gott uns Sieg ver­

leiht, muß Deutschland nachholen, was 1815 durch Rußlands Egois­

mus und Englands Schwäche verabsäumt ist; fordern wir Elsaß und Lochringen, wenn diese alten Reichslande deutsch sein wollen, sonst aber

wenigstens eine gesichertere Grenze gegen Frankreich und somit vor

allen Dingen, um den ärgsten uns angethanen Schimpf zu tilgen — Straßburg.

Eine lebendige Schutzwehr endlich nach allen

Weltgegenden hin errichte uns der Friede vermöge einer Kräftigung der

31 deutschen Verfassung, einer Steigerung unsrer Einheit in Heerwesen und Diplomatie, 'einer Befestigung im Volksbewußtsein durch Einräumung

einer Mitwirkung der Nation an der Lenkung ihrer Geschicke, durch Er­ richtung einer deutschen Volksvertretung, wie sie ungeachtet aller Zweifel

und Bedenken dennoch wirklich ausführbar und eine Existenzfrage für die

Nation ist.

VI. Preußen hat einen schweren Stand.

Gepreßt zwischen Frankreich,

das nicht ermüdet in Freundschaftsversicherungen und aufdringlichen

Schmeicheleien, und zwischen Rußland, dessen Sprache wenigstens gegen­

über den Vertretern der andern deutschen Staaten immer impertinenter wird, ja schon eine drohende geworden ist, findet es nirgend in der Welt

einen zuverlässigen Bundesgenossen.

Nicht einmal an Oesterreich, wäh­

rend dasselbe doch von Preußen eine unabsehbare Reihe von Opfern for­

dert!

Denn Oesterreich sucht in Preußen nicht den Bruder, sondern

verlangt von ihm und dem übrigen Deutschland nur Soldaten zu Zwecken seiner Politik, über welche es Niemand Rechenschaft ablegt

und in welcher es, natürlich, unbehindert sein will.

Seltsam genug —

indem Preußen, von Feinden umringt, den selbständigen Willen und die freie Entscheidung Deutschlands gleichzeitig mit der eignen Unabhängig­

keit zu wahren sucht, verdenkt ihm das übrige Deutschland gerade diese

echt nationale Haltung gegenüber Oesterreich, das ja Basallentreue be­ gehrt, verdenkt sie ihm als ein Attentat auf das Vaterland!

Ohne

Preußen würde Deutschland schon jetzt willenlos von Oesterreich unter­ worfen sein und die deutschen Fürsten hätten keinen Schutz gegen öster­

reichische Willkür — wo nicht bei Rußland oder gar bei dem Erbfeind.

33 Preußen als Großmacht hatte Mittel in Händen, die keinem andern deutschen Staate zu Gebote stehen, einen Gegendruck zu üben, und es hat

sie redlich verwandt, um nicht den deutschen Bund, wie oben gesagt ist,

in einen Donaubund würdigen zu lassen.

unter Oesterreichs Protectorat herab­

Aber Wenige haben begriffen, daß Preußen als

Vindex Germaniae aufgetreten ist, zumal die Formen des Widerstandes gegen Oesterreich die schonendsten sein mußten, um nicht Deutschland vor

Frankreich zu comprommittiren.

England endlich ist mit jedem Tage, seit Oesterreich den Fehde­ handschuhhingeworfen hat, lauerundunzuverlässiger geworden: überdies

gibt es ja leider dort keine wahren TorieS mehr die in sich selbst einen Halt haben, und ein Ministerium Palmerston steht, freilich auf die Ge­

fahr einer Abweisung hin, mit einem bonapartistischen Programm vor der Thür der Königin.

Nichtsdestoweniger wird und muß Preußen, ohne nach rechts oder links zu blicken, unaufhaltsam seine Straße weiter verfolgen.

So

national-deutsch seine Politik ist, ebenso gut preußisch ist sie: sind doch,

wie Freiherr von Schleinitz im Hause der Abgeordneten feierlich ausge­

sprochen hat, Deutschlands Interessen die Interessen Preußens.

Ver­

tritt und schützt es Deutschland, so handelt es dabei als Anwalt seiner eignen Sache.

Die Nüchternheit seiner Erwägungen und Beschlüsse ist

frei von allem Anfluge früherm beliebter Romantik;' aber so besonnen

seine Entschließungen sind, sie fassen mit patriotischer Wärme stets das ganze Vaterland ins Auge.

Es gemahnt wohl an die Richtung des

großen Kurfürsten und an sein „Ex ossibus ultor“.

Frankreichs Suprematie zu brechen, hat kein Staat so dringen­

den Anlaß, wie Preußen — trotz aller Liebkosungen und Zudring­ lichkeiten,

in denen

der Neffe den Oheim überbietet,

von dessen

Liebenswürdigkeit für Preußen auch einst Lombard ganz erfüllt war.

Preußen kann nicht dulden, daß Oesterreich zu Grunde geht — Thoren,

die davon gar einen Gewinn für Preußen erhoffen!

Aber Preußen darf

nicht der Schildknappe Oesterreichs sein — um Deutschlands willen 3

_ _34_

nicht.

Preußen muß selbständig neben Oesterreich auftreten; seine Po­

litik muß die der deutschnationaleu Interessen sein, wie es die Politik

Oesterreichs nie gewesen ist und niemals werden kann.

Preußen muß

für Deutschland Krieg und Frieden in der Hand haben: für, doch auch

mit Deutschland.

Und, je weiter Preußen seinen geraden Weg verfolgt,

je deutlicher der Zug seiner nationalen Politik ersichtlich wird, desto weniger werden die deutschen Staaten verkennen, daß es nationale Pflicht

ist, Preußen zu unterstützen.

Am deutlichsten wird die Richtung, welche

Preußen eingeschlagen hat, sobald cs seine Adler an den Ufern des Rheins aufpflanzt.

Es wird ein Jubel sein, sagt ein Brief aus Schwaben in

der Allgeineincn Leitung, wenn es heißt: „der Mann von Ehre und Wort,

der Prinz-Regent und seine Preußen kommen."

Schöne Tage inniger

Verbrüderung, deren Andenken unauslöschlich fortlebt, sind uns vielleicht beschieden, wenn die Preußen nun an den Rhein marschiren und das Ver­

trauen auf Preußen dann feste Wurzeln schlägt.

Mehr fordert ja fast

Niemand, als was wir hier formulirt haben und was wir in und zwischen

den Zeilen der Denkschrift gelesen haben, von welcher die Vorlage d. d. 5. Mai an die Preußische Landesvertretung begleitet war.

Und Rußland? Furchtbar allerdings ist die Pression, die es aus­ übt. Aber, irren wir uns? — Rußland ist groß durch seine Drohungen

und durch die Furcht der Bedrohten.

Diese Pression ist vielleicht das

einzige Kontingent, welches Rußland seinem französischen Freunde zu Gebote stellt, immerhin schon ein stattliches Hülfscorps.

Im Orient

winken ihm überdies reichere Freuden, als im östlichen Preußen.

Soll

aber, wenn wir Entschluß gefaßt, eine russische Drohung uns abzu­ halten vermögen, daß wir die deutschen Grenzen schützen oder auch die französischen überschreiten? Wäre es so weit mit uns gekommen, wo bliebe da die Ehre und die Unabhängigkeit und die Großmacht­

stellung? Rühmt man im Frieden mitunter vor tauben Ohren das unvergleichliche Heer Preußens, so mag man seinem Ruhm der Unver-

gleichlichkeit endlich das gebührende Gehör verschaffen, indem man es in

die Schlacht führt nach Westen und Osten: die Vaterlandsvertheidiger

35 preist am herrlichsten die Vertheidigung der Ehre und Selbständigkeit des Vaterlandes.

Behaupten wir die nationale Grundlage unserer Politik, schützen

wir Deutschland, nehmen wir seine Interessen und die des Europäischen

Gleichgewichts ernstlich wahr, dann verhallen gegenstandlos die maß­

losen Schmähungen wider Oesterreich, welche jetzt die Theilnahme Großbritanniens lähmen.

Wenn es nicht Oesterreich samntt einein

deutschen Appendix, sondern Deutschland gilt gegen Frankreich, wenn

französische Schiffe den Canal passtren und eine neue Continentalsperre

in Angriff nehmen, dann möchten wir doch d e n ^Staatssekretär Ihrer Majestät in den drei Reichen kennen lernen, welcher seiner Königin und seinem Lande den Schimpf einer Neutralität zumuthen dürfte! Freilich

übt England jetzt auch einen Druck aus, gleichwie Rußland: aber, fassen wir einen heroischen Entschluß und sprechen ihn bei Zeiten aus, dann hört

— vielleicht! — die Pression von Beiden auf, uud zwar hoffentlich mit der entgegengesetzten Folge, daß Rußland sich zurückhält und England nicht — England aber vollends dann nicht, wenn wir uns in Rußland täuschen

sollten und der milde Kaiser, bedrängt von den Gegnern seiner innern Reformen, sich genöthigt sähe, sein Befreiungswerk auf das Spiel zu setzen, um uns zu unterdrücken. Es gilt, den Weltfrieden unter der Obhut Deutschlands herzustellen. Darum die Nation in Kriegsbereitschaft.

Darum Anschluß aller Staa­

ten an Preußen als den für den Krieg erkornen Führer.

Darum Ein­

vernehmen Preußens mit Oesterreich über die französische Suprematie, die gebrochen, über die staatliche Geltung Deutschlands, die, unbehindert durch Oesterreich, muthvoll errungen werden muß. Darum Preußen an

den Rhein, gefaßt für alle Fälle und auf das Äußerste entschlossen, das Uebergewicht Frankreichs nicht zm dulden und Deutschland die ihm ge­ bührende Weltstellung unter den Mächten Europa's zu begründen —

nötigenfalls in heldenmütigem Kampf gegen den, dessen Name gegen­ wärtig so verhaßt ist wie 1813, gegen den Störer des Europäischen

Friedens glorreich zu erstreiten.

Wenn es zum Kriege kommt, dann

ist es ein Krieg im Bunde mit Oesterreich und im treuen ehrlichen 3*

36 Bunde, aber ein Krieg für den wahren Frieden — zum Sturz der Bo­

napartes und zur Verwirklichung der unerfüllt gebliebenen Zwecke der Befreiungskämpfe, ein Krieg für Deutschlands Stellung als Europäische

Großmacht, ein Krieg, um den es sich verlohnt, in dessen Schlachten jeder Patriot freudigen Herzens stürbe, — ein Krieg aller Deutschen unter

Doranleuchten des Eisernen Kreuzes, ein echt deutscher Krieg.

VII.

Si vis pacem — para bellum!

den Frieden. halten werden.

Die Preußische Regierung will

Dieses Zeugniß wird nirgend in der Welt ihr vorent­

Der heftige Tadel, welchem ihre bisherige Politik aus­

gesetzt gewesen, das unerwünschte Lob, dem sie nicht hat entgehen können,

Preußen hat unverwandt daran

sind Beweisstücke ihrer Friedensliebe.

gearbeitet, den Frieden zu erhalten. Seine Bemühungen sind gescheitert;

der Krieg ist entbrannt. Die Regierung Preußens will nach wie vor den Frieden. verstanden: nicht passiv, sondern aktiv.

Wohl­

Und nicht etwa nur den Frieden

für Preußen, für Deutschland will sie erhalten, nicht die Neutralität

einer Macht zweiten Ranges, sondern sie will den Frieden der Welt: sie will den Frieden wiederherstellen.

Den wahrhaften Weltfrieden

endlich will Preußen: nicht anders, als auf den dauerhaften Grundlagen

des Rechts und der Gerechtigkeit. Deutschland soll, gestützt auf Preußen seinen ihm gebührenden Platz unter den Europäischen Mächten sich er­

obern als der Hort des Weltfriedens, als der Hüter der theuersten An­ liegen der Menschheit.

Weil aber Preußen ehrlich und aufrichtig, mannhaft und kräftig Willens ist, daß der Friede d. h. die gesicherte Rechtsordnung herge­

stellt werde, so rüstet es zum Kriege.

Um einen so entschiedenen

Willen durchzusetzen Angesichts eines begonnenen Krieges zwischen dem deutschen Bundesgenossen und dem alten Erbfeind, macht Preußen sich

38 und Deutschland gefaßt auf den Krieg. Preußen hat ihn nicht heraus­ gefordert; aber seine Friedensliebe ist weder Fürcht noch Schwäche,

sondern Humanität.

Und ist der Fehdehandschuh einmal erst hinge­

worfen, Preußen wird ihn aufuehmen. Darin meinen wir nicht zu irren, daß die Politik der Preußischen Regierung einfach den alten weisen Satz umschreibt: „Willst du den

Frieden, betreibe den Krieg" — si vis pacem, para bellum. Was hat die Vorsehung über uns beschlossen?

Wege, die uns Gott führt.

Dunkel sind die

Aber wir wollen getrost sein und ganz

Deutschland wird.freier aufathmen, wenn wir die Gewißheit erlangen,

daß Preußen für sich und Deutschland den Krieg betreibt: es arbeitet so für den Frieden. Denn das Kriegsmanifest Napoleons III. läßt darüber

keinen Zweifel: der BonapartismuS hat die Geschicke des Welttheils an einen Abgrund geführt.

Wer jetzt den Frieden will, muß den Krieg

betreiben und — dahin kommt es voraussichtlich — demnächst das

Schwert ziehen.

Das Schwert Deutschlands!

Nachwort. Die vorstehende Denkschrift war unter der Presse, als die bedeu­ tungsvollen Verhandlungen im Schoße der- Preußischen Landesver­ tretung begannen. Seither ist die Welt um interessante Erfahrungen reicher geworden. Der Bonapartismus hat in Preußen keinen Freund! Das ist in eklatanter Weise zu Tage getreten: weder im Hause der Ab­ geordneten noch im Herrenhaus^ ließ sich ein Laut der Fürsprache für Louis Bonaparte vernehmen. Der Eine Pole, welchen ein Gefühl dankbarer Pietät abhielt, für die Kreditbewilligung zu stimmen, da die­ selbe „gegen Frankreich" gerichtet erscheine, — und unter allen Polen doch nur Einer — bezeugte jenes Gefühl durch Niederlegung seines Mandats: es war in beiden Häusern keine Stätte für bonapartistische Sympathien. Und zwar bei ausdrücklicher Anerkennung der Eigen­ schaften des französischen Volks, wie sie Freiherr von Vincke kundgab, bei lebhafter Theilnahme für die politische und religiöse Freiheit Italiens, wie sie nach Simson's glänzender Darlegung jetzt aber erstickt fei durch verwerfliche, den Zweck entheiligende Mittel, bei schneidender Kritik endlich der Gewaltthaten Oesterreichs, seiner Polizeiwillkür und Pfaffen­ wirthschaft — wandten die preußischen Männer ausnahmelos alle die Schwerterspitze ihrer Philippiken gegen die französische Suprematie, gegen die despotisch-revolutionäre Zügellosigkeit, gegen den Bonapartis­ mus. In Wahrheit vertraten sie so das Preußenvolk: rücken doch die

40

einberufnen Reserven und Landwehrmänner mit den seit 1813 kaum noch gehörten Klängen der Volkslieder gegen Napoleon ein. Eine andere große Thatsache-liegt vor: die Stellung des Herren­ hauses zu deni jeweiligen Ministerium ist allbekannt; es ist nicht zu viel gesagt, wenn behauptet wird, die Mehrheit der Preußischen Pairs ge­ falle sich in systematischer Opposition; die Verwerfung der Garantie für die Rhein-Nahebahn, wodurch Tausende von Arbeitern brotlos ge­ worden, große Kapitalien entwerthet und der Regierung die peinlichsten Verlegenheiten bereitet sind-, war ein Akt offner Feindschaft. Das Herrenhaus — dessen konnte man sich zu demselben versehen — hätte, wenn die auswärtige Politik des Ministeriums angreifbar gewesen wäre, unter Applaus der zahlreichen Widersacher Preußens die Gelegenheit nicht verabsäumt, dawider Sturm zu laufen. Und im Gegentheil: das Herrenhaus hat mit derselben Einstimmigkeit wie das Haus der Abgeordneten den Kredit für die Mobilmachung von Heer und Flotte bewilligt, ja sogar mit ausdrücklichem Vertrauensvotum. Es gibt also, trotz einer unversöhnlichen Spaltung in politische Parteien bei fast allen innern Fragen, in dieser Weltfrage nur Eine Preußische Partei. Das Ministerium Hohenzollern ist mit verdoppelter Kraft aus jenen parlamentarischen Verhandlungen hervorgegangen; es hat dem Regenten Preußens einen Ausdruck der Einigkeit von Volk und Regierung zuge­ tragen, welche seinen Staat in ganzer Größe vor Deutschland und Europa aufrichtet. Endlich tragen wir nach, daß am 13. Mai der Minister der Aus­ wärtigen Angelegenheiten vor dem Herrenhause ein Zeugniß dafür ablegte, wie der deutsche Kern der italienischen Frage kein Geheimniß für die Preußische Regierung ist. Das Gute und Große und Berechtigte näm­ lich in dem gegenwärtigen nationalen Aufschwünge Deutschlands findet der Freiherr von Schleinitz in dem „Wunsch und Gedanken dieses großen Landes, dem Ausland gegenüber als Einheit dazu­ stehen, als ein untrennbar geschlossenes Ganzes, und als solches das gewaltige Gewicht seiner Kraft in die Wagschale der politischen Entscheidungen zu legen." Solche Bestrebungen,

41 solche Tendenzen müsse jeder deutsche Mann mit Freuden begrüßen; ein

preußischer Staatsmann werde ihnen niemals entgegentreten weder wollen noch können.

Und also: der Kern der italienischen Frage ist für uns die Frage nach der Stellung Deutschlands in der Welt.

als Europäische Großmacht bewähren.

Unser Vaterland soll sich

Diese Stellung geben wir für

immer auf, wenn wir ruhig zuschauen wie der Bonapartismus seinen

Fuß auf den Nacken Oesterreichs setzt und eine Suprematie über Europa

etablirt.

Wir erlangen aber, wenn wir im Gefolge von Oesterreich

kämpfen, nur die Stärkung österreichischer Macht, nicht die Herstellung Deutschlands als einer Großmacht.

Darum hat Deutschland selbst­

ständig und frei, seine Stimme zu erheben und sein Panier zu entfalten. Es darf Oesterreich nicht fallen lassen; nun und nimmermehr. Aber,

indem es dem Freunde beisteht, dessen weites Reich auch acht Millionen Deutsche umfaßt, verfolgt es ein eignes, nicht österreichisches, sondern rein­

deutsches Ziel: die Erfüllung der unerfüllt gebliebenen Zwecke des Be­ freiungskampfs.

Dafür erhebt sich Preußen als Freund Oesterreichs,

aber vor Allem als Gründer einer Großmachtstellung Deutschlands. „Weit über seine Bundespflichten hinaus": mit dem letzten Thaler und

dem letzten Mann.

Leipzig, Druck von Giesecke L Devrient.

Im Verlag

von Veit & Comp. in Leipzig ist erschienen und

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Das Leben des

Feldmarschalls

Grafen Hark von Wartenburg von

Joh. Gust. Droysen. Pracht-Ausgabe: Zweite Auflage. Mit Dork's Btldniß. 3 Bde., gr. 8. (90 Bog.) Eleg. geb. Preis 8 Thlr.

Wohlfeile Ausgabe: 2 Bände in 8. (67 Bog.) Eleg. geb. Preis 2 Thlr. 10 Ngr.

Wenn in bewegter und von äußeren Gefahren vielfach bedrohter Gegenwart des deutschen Vaterlands ein Jeder in Kraft der Gesinnung und Aufrichtigkeit des patriotischen Bewußtseins mitzuarbeiten berufen ist, an einer friedlicheren, schöneren Zukunft desselben, da richten sich unwillkührlich die Blicke auf die Helden aus der Zeit der Freiheitskriege gegen fran­ zösischen Uebermuth und die Gewaltherrschaft Napoleon I., um in erneuter Betrachtung ihres patriotischen Wollens und Wirkens sich den festen Sinn und den opferfreudigen Muth anzueignen, mit dem sie einst für die heiligsten Güter des deutschen Volks, für Freiheit und Sitte tapfer stritten und den Sieg erkämpften. Zu jenen Männern deutschen Volks und deutscher Kraft gehört vor Allen auch Dork mit seiner eisernen, zäh­

energischen Tapferkeit, seiner ernsten, strengen Festigkeit, aber auch mit seinem, alle Verhältnisse schnell durchschauenden, klaren Verstände, ver­ bunden nut glühendster Begeisterung für die Rechte des Vaterlandes, für die Ehre und den Ruhm Deutschlands. Das anerkannt classische Geschichts­ werk Droysen's darf wohl nut Recht als treuestes Charakterbild Aork's und seines dem Vaterlande geweihten Lebens jedem ächten Deutschen auf's Neue warm empfohlen werden in einer Zeit, die der Männer von ächter deutscher

Art, Kraft und That bedarf!

Lezpjlg, Drukt von ©leierte & Devnenl.