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German Pages 144 Year 1982
UDO SCHOLL Der Bundesrat i n der deutschen Verfassungsentwicklung
Schriften zum öffentlichen Band 407
Recht
Der Bundesrat in der deutschen Verfassungsentwicklung Reichsverfassung von 1871 u n d Grundgesetz
Von
Dr. Udo Scholl
DUNCKER
&
HUMBLOT
/
BERLIN
D 16 Alle Hechte vorbehalten © 1982 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1982 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 05065 7
Meinen Eltern
Vorwort Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. Hermann Mosler, der diese Arbeit angeregt und gefördert hat. Außerdem bin ich meinem inzwischen verstorbenen alten Deutschlehrer Dr. phil. Hans Lüdemann für die Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts und die stilistischen Ratschläge sowie Herrn Prof. Dr. J. Broermann für die Aufnahme der Arbeit i n die Reihe „Schriften zum öffentlichen Recht" zu großem Dank verpflichtet. Udo Scholl
Inhaltsverzeichnis
Erstes
Kapitel
Einleitung und geschichtliches Werden des Bundesrates
15
A. Einleitung
15
B. Das geschichtliche Werden des Bundesrates
15
I . Dem Bundesrat vergleichbare Organe bis zum Ende des Deutschen Bundes I I . Die Entstehung der Verfassung des Norddeutschen Bundes
15 18
I I I . Die U m b i l d u n g der Verfassung des Norddeutschen Bundes zur Verfassung des Deutschen Reiches v o n 1871
22
I V . Die Stellung des Bundesrates i m Verfassungsgefüge der Bismarckverfassung
24
V. Das W i r k e n des alten Bundesrates über die Revolution hinaus — Der Staatenausschuß — Der Reichsrat der Weimarer V e r fassung
28
V I . Die Entstehung des Grundgesetzes u n d die erneute H i n w e n dung zum Bundesratssystem
30
Zweites
Kapitel
Die formliche Ausgestaltung des Bundesratssystems in der Bismarckverfassung und im Grundgesetz
34
A . Der Bundesrat als Reichs- bzw. Bundesorgan
34
B. Die M i t w i r k u n g der Länder i m Bundesrat an der Willensbildung des Bundes
41
I. M i t w i r k u n g durch Bevollmächtigte
41
10
nsverzeichnis I I . M i t w i r k u n g als Bundespflicht
42
I I I . Zustandekommen der Bundesratsbeschlüsse
43
I V . Verschiedenes Stimmgewicht der Länder
45
V. Der alte Bundesrat als „Gesandtenkongreß" — Der neue B u n desrat als Versammlung von Mitgliedern der Ländernegierungen V I . Stellvertretende Bundesratsmitglieder V I I . Einheitliche Stimmabgabe durch I n s t i t u t i o n des „Stimmführers"
anwesende
51 Mitglieder
— 53
V I I I . Weisungsgebundenheit der Bundesratsstimmen — Einfluß der Länderparlamente auf die Erteilung der Weisungen I X . Entwicklung zur permanenten Versammlung — Prinzip K o n t i n u i t ä t der A r b e i t des Bundesrates
56
der 66
X . Vorsitz i m Bundesrat — Ausschüsse
Drittes
47
68
Kapitel
Das Verhältnis des Bundesrates zur Staatsleitung und zur Volksvertretung
71
A. V o n der Verzahnung der Staatsleitung m i t dem Bundesrat nach der Bismarckverfassung zu A r t . 53 des Grundgesetzes
71
Γ. Die Verbindungen zwischen der Reichsleitung u n d dem alten Bundesrat 71 I I . Die Informationspflicht der Bundesregierung
73
I I I . Teilnahmerecht und -pflicht u n d Anhörungsrecht der Bundesregierung .
75
I V . A r t . 53 i n der Verfassungswirklichkeit — N e u e Formen „ b ü n discher" Zusammenarbeit
77
V. Der Bundesratsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten
79
B. Das Verhältnis des Bundesrates zur Volksvertretung
"..
82
.
82
I I . Die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Mitgliedschaft i m B u n desrat und i n der Volksvertretung
84
I. Das Z u t r i t t s - und Rederecht der Mitglieder des Bundesrates
nsverzeichnis Viertes
Kapitel
Die Teilhabe des früheren und des heutigen Bundesrates an der Staatsgewalt
89
A . Die M i t w i r k u n g des Bundesrates beim Erlaß formeller Gesetze I. Das Initiativrecht des Bundesrates u n d das d a m i t verknüpfte Initiativrecht der Regierung I I . Das endgültige Zustandekommen der Gesetze
89
89 96
I I I . Das Gesetzgebungsverfahren i m Bundesrat bei Beendigung der jeweiligen Legislaturperiode der Volksvertretung 100 I V . Vergleich der Stellung des alten und des heutigen Bundesrates i n der Gesetzgebung 104 V. Die M i t w i r k u n g des Bundesrates ändernder Gesetze
beim Erlaß
verfassungs106
V I . Die Auflösung des Reichstages u n d die Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes als M i t t e l der Regierung, v o n i h r als notwendig erachtete Gesetzesvorlagen m i t Hilfe des Bundesrates zu verabschieden 107 B. Der Einfluß des Bundesrates auf die Haushaltswirtschaft u n d die auswärtige P o l i t i k 112 I. Der Einfluß auf die Haushaltswirtschaft
112
I I . Der Einfluß auf die auswärtige P o l i t i k
113
1. Völkerrechtliche Verträge
113
2. Friedensverträge
118
3. Kriegserklärung und Erklärung des Verteidigungsfalles 4. Ergebnis:
Bundesrat
als „Träger
materieller
Gewalt"
119
auswärtiger 120
C. Die M i t w i r k u n g des Bundesrates beim Erlaß v o n Rechtsverordnungen u n d allgemeinen Verwaltungsvorschriften 121 I. Die M i t w i r k u n g am Erlaß v o n untergesetzlichen Rechtsnormen 121 I I . Die M i t w i r k u n g am Erlaß innerdienstlicher Anordnungen der staatlichen V e r w a l t u n g 124 D. Die M i t w i r k u n g des Bundesrates bei der E i n w i r k u n g des Bundes auf seine Glieder 125 I. Die M i t w i r k u n g bei der Reichs- bzw. Bundesaufsicht
125
12
nsverzeichnis I I . Die M i t w i r k u n g bei der Reichsexekution u n d beim Bundeszwang 128 I I I . Die M i t w i r k u n g bei interventionsähnlichen sen des Bundes
Eingriffsbefugnis130
E. Richterliche Aufgaben des alten Bundesrates u n d sonstige Befugnisse des Bundesrates 131
Fünftes
Kapitel
Schluß
133
Literaturverzeichnis
135
Abkürzungsverzeichnis a. E. a. F. a. M. AöR
= = = =
am Ende alter Fassung anderer Meinung Archiv des öffentlichen Rechts (bis Bd. 26: f ü r öffentl. Recht)
BayVBl. Bern. BGBl. BVerfG BVerfGE
= = = = =
Bayerische Verwaltungsblätter Bemerkung Bundesgesetzblatt ( I = T e i l I , I I = T e i l I I ) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Seite)
CDU CSU
= Christlich-Demokratische Union = Christlich-Soziale U n i o n
d. h. DJZ Dok. DÖV
= = = =
(Band
und
DVB1.
das heißt Deutsche Juristen-Zeitung (Band und Spalte) Dokumente Die öffentliche V e r w a l t u n g / Zeitschrift f ü r Verwaltungsrecht u n d Verwaltungspolitik = Deutsches Verwaltungsblatt
Erl.
= Erläuterung(en)
FDP
= Freie Demokratische Partei
GG
= Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v o m 23. M a i 1949 (BGBl., S. 1) = Geschäftsordnung = Revidierte Geschäftsordnung für den Bundesrat v o m 26. A p r i l 1880 CHuber, Dok. 2, S. 323 ff.) = Geschäftsordnung des Bundesrates v o m 1. J u l i 1966 (BGBl. Γ, 1966, S. 437)
GO GO 1880 GO 1966 HdbDStR I h. M.
= Handbuch des Deutschen Staatsrechts, hrsg. v o n Gerhard schiitz und Richard Thoma, 1. Bd., Tübingen 1930 = herrschende Meinung
An-
i. d. F. i. V. m. i. S. d.
= i n der Fassung = i n Verbindimg m i t = i m Sinne des/der
JöR JZ
= Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart (NF = Neue Folge) = Juristenzeitung
m. w. N.
= m i t weiteren Nachweisen
14
Abkürzungsverzeichnis
NBV
= Verfassung des Norddeutschen Bundes v o m 16. A p r i l 1867 (BGBl., S. 2)
o. ä.
= oder ähnlich(e)
resp. RGBl. RGZ RV
= = = =
SPD
= Sozialdemokratische Partei Deutschlands
VerfG WDStRL
= Verfassungsgeschichte = Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer
WRV
= Verfassung des Deutschen Reichs v o m 11. August 1919 (RGBl., S. 1383) (Weimarer Verfassung)
ZParl ZRP ZStW
= Zeitschrift für Parlamentsfragen = Zeitschrift f ü r Rechtspolitik = Zeitschrift f ü r die gesamte Staatswissenschaft
respektive Reichsgesetzblatt ( I = T e i l I) Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen (Band, Seite) Verfassung des Deutschen Reichs v o m 16. A p r i l 1871 (BGBl., S. 64)
Erstes
Kapitel
Einleitung und geschichtliches Werden des Bundesrates A. Einleitung Die Bundesrepublik Deutschland hat i n ihrem Grundgesetz mit dem Bundesrat ein Verfassungsorgan erhalten, das denselben Namen trägt wie der Bundesrat der Verfassung des Norddeutschen Bundes und dieser folgend der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871. Wie der Bundesrat der Bismarckverfassung, so ist auch der des Grundgesetzes die Einrichtung, i n der die Bundesglieder bei der Leitung und den Geschäften des Gesamtstaates mitwirken. Die Erkenntnis, daß auch das Grundgesetz nicht losgelöst von der deutschen Verfassungsgeschichte betrachtet werden kann, rechtfertigt die Aufgabe dieser Arbeit, die Verbindungslinien aufzuzeigen, die trotz der verschiedenen staatsrechtlichen Ausgangslage vom alten Bundesrat zu dem des Grundgesetzes führen. U m die Untersuchung nicht zu sehr auszuweiten, soll der zeitlich zwischen diesen beiden liegende Reichsrat der Weimarer Verfassung dabei — abgesehen von einzelnen Hinweisen — nicht berücksichtigt werden, weil dieser kein Glied einer fortlaufenden Entwicklung vom alten zum neuen Bundesrat darstellt, sondern vor allem i n seinen Befugnissen hinter beiden zurücksteht. Diese Beschränkung ist auch deshalb annehmbar, weil die Hinweise i n der staats- und verfassungsrechtlichen Literatur zum Grundgesetz auf die Weimarer Verfassung weit häufiger sind als die auf die Bismarckverfassung. B. Das geschichtliche Werden des Bundesrates I . Dem Bundesrat vergleichbare Organe bis zum Ende des Deutsdien Bundes
Der nach dem für Preußen und seine Verbündeten siegreichen Ende des Deutschen Krieges von 1866 entstandene Norddeutsche Bund sah i n seiner Verfassung ein aus Vertretern der Mitglieder des Bundes bestehendes Organ, den Bundesrat, vor. Spuren territorialer Vertre-
16
1. Kap. : Einleitung u n d geschichtliches Werden
tung lassen sich i n der deutschen Verfassungsgeschichte jedoch schon bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Aus den Hoftagen der fränkischen Könige hatten sich die Reichstage als Vertretung der deutschen Reichsstände gegenüber dem Kaiser entwickelt 1 . Zunächst noch ohne bestimmte Regeln für die Zusammensetzung und Befugnisse, bildeten sich etwa gegen Ende des 15. Jahrhunderts bestimmte Formen für die Verhandlungen der Reichstage heraus 2 . Der zweite nach dem Westfälischen Frieden einberufene Reichstag wurde nicht mehr verabschiedet. Er tagte als sogenannter „Immerwährender Reichstag" i n der Form eines ständigen Gesandtenkongresses von 1663 bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches3 i m Jahre 1806 i n Regensburg 4 . Diese Einrichtung bietet auch bereits Gelegenheit zum Vergleich m i t ähnlichen Organen späterer Verfassungsepochen 5. Der (zweite) Rheinbund von 1806 bis 1813 sah i n seiner Rheinbundakte einen aus einem Rat der Könige und einem Fürstenrat bestehenden Bundestag m i t dem Sitz i n Frankfurt am M a i n vor, der jedoch nie zusammentrat 6 , aber als „eine unmittelbare Nachahmung des Regensburger Reichstags" und „zugleich eine Vorform der späteren Frankfurter Bundesversammlung" 7 gilt. Einziges ständiges Organ des nach den Freiheitskriegen gebildeten Deutschen Bundes war die Bundesversammlung, auch Bundestag genannt, m i t dem Sitz i n Frankfurt am Main 8 . Dieser ständige Gesandtenkongreß instruktionsgebundener Vertreter der Bundesglieder, i n dem Österreich den Vorsitz führte, tagte als Engere Versammlung oder als Plenum. I n der Engeren Versammlung (bzw. dem Engeren Rat) führten die elf größeren Staaten je eine Virilstimme. Die übrigen Bundesglieder waren i n sechs Gruppen zusammengefaßt, von denen jede eine Kuriatstimme führte. Für Beschlüsse des Engeren Rates, der mindestens einmal i n der Woche tagte, die laufenden Geschäfte erledigte und die regelmäßige Form der Bundesversammlung war, reichte die einfache Mehrheit aus. Bei Stimmengleichheit gab die Präsidialstimme ι s. Kimminich, S. 86, S. 130. 2 Hierzu Härtung, S. 11 f., S. 37 ff.; Kimminich, S. 130 ff.; Forsthoff, S. 13. s I n den letzten Jahren seines Bestehens n u r noch „Deutsches Reich" genannt; Härtung, S. 161; Huber, VerfG I I I , S. 768, Fußn. 1. 4 s. Härtung, S. 149 f.; Kimminich, S. 230 ff. 5 Den Reichstag des alten Reiches u n d den Bundesrat der Bismarckverfassung vergleicht: Heinrich Reincke, Der alte Reichstag und der neue Bundesrat, Tübingen 1906. s. auch Laband, Staatsrecht I, S. 237. « s. hierzu Huber, V e r f G I , S. 80; Härtung, S. 168 f.; Kimminich, S. 314; Forsthoff, S. 70. ? Huber, V e r f G I, S. 86. 8 Hierzu und z u m folgenden Huber, V e r f G I, S. 588 ff.; Kimminich, S. 323 f.; Härtung, S. 172; Forsthoff, S. 91 f.
Β . Geschichtliches Werden
17
(Österreich) den Ausschlag. I m Plenum, das nur bei wichtigen Bundesangelegenheiten und daher nur selten 9 zusammentrat, führte jedes Bundesglied mindestens eine Stimme* 0 , bis zu vier Stimmen für Österreich und die fünf Königreiche. Die Zahl der Gesamtstimmen des Plenums, das seine Beschlüsse m i t Zweidrittelmehrheit faßte, schwankten infolge staatlicher Zusammenschlüsse 11 zwischen 65 und 69. Zwischenspiel i n der Zeit des Deutschen Bundes sollten zwei Verfassungen bleiben, die auf eine staatliche Einigung Deutschlands abzielten, bei denen aber auch die Vertretung der Gliedstaaten anders geregelt war als i n der vorangehenden und auch der späteren Verfassungsgeschichte: die als Frucht der nationalen und demokratischen deutschen Einheitsbewegung entstandene Frankfurter Paulskirchenverfassung 12 und die nach deren Scheitern der preußischen Politik entstammende Erfurter Unionsverfassung 18 . Die Bundesversammlung des Deutschen Bundes beendigte ihre bisherige Tätigkeit am 12. J u l i 1848 und übertrug unter dem Eindruck der Ereignisse des Revolutionsjahres ihre Befugnisse i m Namen der Regierungen auf den zuvor von der Frankfurter Nationalversammlung gewählten Reichsverweser 14 . Die von dieser ersten deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung vom 28. März 1848 sah neben dem Volkshaus das m i t diesem zusammen den Reichstag bildende föderative Staatenhaus aus den Vertretern der deutschen Staaten m i t einem abgestuften Stimmenverhältnis vor 1 6 . Die jeweils zur Hälfte von der Regierung und zur Hälfte von der Volksvertretung der einzelnen Staaten zu ernennenden Mitglieder des Staatenhauses sollten ebenso wie die Mitglieder des Volkshauses an Instruktionen nicht gebunden werden können 1 6 . Damit hatte i n eine deutsche Verfassung das nach dem Senat des Kongresses i n den Vereinigten Staaten benannte Senatssystem Eingang gefunden. « Angaben bei Härtung, S. 172. 10 Ausnahme: die drei 1824/48 vereinigten Fürstentümer Reuß jüngere L i n i e führten von A n f a n g an n u r eine Stimme. Huber, V e r f G Γ, S. 590; hier i n Fußn. 1 auch weitere Besonderheiten. u Bei diesen t r a t keine Stimmenhäufung ein. Huber, V e r f G I, S. 590, Fußnote 2. 12 Verfassung des Deutschen Reiches v o m 28. März 1849 (PaulskirchenVerfassung nach dem Tagungsort der Nationalversammlung), abgedruckt bei Huber f Dok. 1, S. 304 ff. Erfurter Unionsverfassung (v. 28. M a i 1849) nach dem Ort, i n dem sich der darin vorgesehene Reichstag versammeln sollte, abgedruckt bei Hub er, Dok. 1, S. 435 ff. 14 Hierzu und zum folgenden Huber, V e r f G I I , S. 626 ff. und S. 829 ff. is Preußen sollte m i t 40 Mitgliedern die meisten Stimmen i m Staatenhaus haben, die dreiundzwanzig kleinsten Staaten jeweils n u r eine Stimme. Einzelheiten s. §§ 87 ff. der Paulskirchen-Verfassung. i« § 96 der Paulskirchen-Verfassimg. 2 Scholl
18
1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden
Die Paulskirchen-Verfassung trat zwar am 18. Mai 1849 formell i n Kraft, gelangte jedoch nie zur Wirksamkeit und Ausführung. Der Gedanke eines sich aus einem Volkshaus und einem Staatenhaus zusammensetzenden Reichstages wurde jedoch in die Erfurter Unionsverfassung übernommen 17 . Die Bestimmungen über das Staatenhaus des Reichstages dieses von Preußen und den anderen Partnern des Dreikönigsbündnisses vom 28. Mai 1849, Sachsen und Hannover, geplanten Bundesstaates 18 , der aus einer freien Vereinbarung der Regierungen hervorgehen sollte, entsprachen denen der Paulskirchen-Verfassung. Die Erfurter Union, der nach dem A u s t r i t t Sachsens und Hannovers aus dem Dreikönigsbündnis nur noch wenige Staaten angehörten, fand nach dem kurhessischen Konflikt ihr Ende durch die Olmützer Punktation zwischen Preußen und Österreich vom 29. November 185019. Die Unionsverfassung war vom Erfurter Reichstag zwar schon i m A p r i l 1850 angenommen worden, aber nicht i n K r a f t getreten, weil die Regierungen angesichts des österreichischen Widerspruchs ihr nicht zugestimmt hatten. Die nach der Vereinbarung von Olmütz zur Beratung einer Bundesreform einberufenen Dresdener Konferenzen vom Dezember 1850 bis Mai 1851 blieben ohne Ergebnis 20 . Preußen und die anderen früheren Unionsmitglieder nahmen wieder an der Bundesversammlung teil. Dam i t waren der Deutsche Bund und sein einziges Organ, der Bundestag, den Österreich schon i m September 1850 i n Frankfurt wiedereröffnet hatte, bis zu ihrem Ende — sechzehn Jahre später — wiedererrichtet. I I . Die Entstehung der Verfassung des Norddeutschen Bundes
Der Norddeutsche Bund hatte seinen Ursprung i n einem Bündnisvertrag zwischen Preußen und weiteren fünfzehn nord- und mitteldeutschen, vorher m i t Preußen gegen Österreich verbündeten Staaten vom 18. August 1866, dem drei Tage später auch die beiden ebenfalls m i t Preußen verbündeten Mecklenburg beitraten 2 1 . Dieses Augustbündnis fußte auf einem preußischen Vorschlag zur Reform des Deutschen Bundes vom 10. J u n i 186622 und einem Bündnisangebot an neun17
Hierzu und zum folgenden Huber, VerfG I I , S. 885 ff. Die Union, der engere Bund, sollte Österreich nicht umfassen. Österreich und die nicht dem engeren B u n d angehörenden deutschen Staaten sollten m i t diesem aber i n einem weiteren Bunde v e r k n ü p f t werden (Doppelbund); s. Huber, VerfG I I , S. 888. ι» Ebd., S. 919 ff. 20 Ebd., S. 923 ff. 21 s. hierzu Huber, VerfG I I I , S. 644; Becker, S. 198 f. 22 Huber, V e r f G I I I , S. 536 ff. Diesem unmittelbar den deutschen Regierungen zugeleiteten Reformvorschlag gingen schon ab A p r i l 1866 Anträge auf die Bundesreform beim Bundestag voraus. Huber, V e r f G I I I , S. 518 f. 18
Β . Geschichtliches Werden
19
zehn nördlich des Mains gelegene deutsche Staaten 28 . Die siebzehn Staaten, die dieses Bündnisangebot angenommen hatten, waren nunmehr Partner eines aufgrund des preußischen Reformvorschlags geschlossenen Bündnisvertrages, dem sich die sechs noch bestehenden, i m Deutschen Krieg m i t Österreich verbündeten norddeutschen Staaten bis Oktober 1866 i n Erfüllung der Friedensverträge anschlossen24. U m den Bündnisvertrag auszuführen und den Regierungsentwurf 25 für eine endgültige Bundesverfassung festzustellen, traten am 15. Dezember 1866 die Bevollmächtigten der beteiligten Regierungen zusammen. Der Konferenz lag ein auf verschiedenen, i m Auftrag Bismarcks gefertigten Vorarbeiten, dem Putbuser Diktat Bismarcks vom November 1866 und danach ausgeführten weiteren Vorentwürfen beruhender Entwurf vor, der auf Gegnerschaft von verschiedenen Seiten traf 2 6 . So sollte die vorgesehene Einrichtung des Bundesrates 27 auf oldenburgischen Vorschlag durch einen anders zusammengesetzten Reichsrat ersetzt werden und neben den ebenfalls geplanten Reichstag als Oberhaus ein Fürstenhaus treten 2 8 . Ähnlich trat auch Sachsen-KoburgGotha für den Ersatz des Bundesrates durch ein Oberhaus mit anderen Befugnissen ein 2 9 . Doch setzten sich Änderungswünsche, die die Vorlage i n ihrer wesentlichen Ausgestaltung abgeändert hätten, nicht durch. Auch der Bundesrat behielt seine vorgesehene Form. A m 7. Februar 1867 wurde schließlich der Verfassungsentwurf durch Beschluß der Regierungsbevollmächtigten endgültig festgestellt. Nach der Ratifikation durch die einzelstaatlichen Regierungen wurde er dem gemäß dem Augustbündnis i n den Einzelstaaten nach den Grundsätzen des Reichswahlgesetzes vom 12. A p r i l 1849 gewählten Bundesparlament vorgelegt 30 . Dort wurde der Entwurf beraten, an einigen Stellen geändert und am 16. A p r i l 1867 m i t 230 gegen 53 Stimmen angenommen 81 . Die Einrichtung des Bundesrates blieb trotz heftiger Angriffe unangetastet 32 . Die Änderimg des i m Abschnitt über das Präsidium 23 Ebd., S. 563 f. Hinzu k a m als 23. Staat das seit 1865 m i t Preußen i n Personalunion verbundene (1876 eingegliederte) Lauenburg. Huber, VerfG I I I , S. 645. 25 Hierzu und zu den Vorentwürfen Huber, VerfG I I I , S. 649 ff. 2 « Huber I I I , S. 652; Becker, S. 290 ff. (ausführlich); Binder, S.47ff. 27 Ursprünglich w a r die Bezeichnung »Bundestag1 vorgesehen. Die Ä n d e rung i n ,Bundesrat 4 geht auf den preußischen Kronprinzen (den späteren Kaiser Friedrich I I I . ) zurück, der sie i n der abschließenden Kronratssitzung am 14. Dezember 1866 durchsetzte. Becker,, S. 288. 28 Becker, S. 306. 28 Ebd., S. 312; s. auch ν. Rönne I, S. 196, Fußn. 3; Thudichum , S. 120 f. so Hub er, VerfG I I I , S. 646 ff. und S. 652 f. 31 Ebd., S. 653 ff. u n d S. 666. 32 Ebd., S. 657 f. 24
2*
20
1. Kap.: E i n l e i t u g u n d geschichtliches Werden
stehenden A r t . 18 der Vorlage, des späteren Art. 17 der Norddeutschen Bundesverfassung 33 und nach entsprechender Neuformulierung der Reichsverfassung, berührte den Bundesrat nicht unmittelbar und n i m m t sich bei einem bloßen Vergleich des ursprünglichen Textes m i t dem endgültigen auch ganz unscheinbar aus, hatte jedoch Rückwirkungen auf das gesamte Verfassungsgefüge und mittelbar auch auf die Stellung des Bundesrates. I n der preußischen Vorlage an die Regierungskonferenz hatte der A r t i k e l gelautet: „Dem Präsidium steht die Ausfertigung und Verkündigung der Bundesgesetze und die Überwachung der Ausführung derselben zu." Die Regierungsbevollmächtigten setzten dem noch den Satz hinzu: „Die hiernach von dem Präsidium ausgehenden Anordnungen werden i m Namen des Bundes erlassen und von dem Bundeskanzler mitunterzeiehnet." Nach mehreren heftig umkämpften Änderungsvorschlägen 34 wurde dieser Zusatz der Regierungsvorlage i m verfassungsberatenden Reichstag i n den Satz abgeändert: „Die Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidiums werden i m Namen des Bundes erlassen und bedürfen zur Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt 3 5 ." Damit war aus dem vom preußischen König i n seiner Stellung als Bundespräsidium ernannten Bundeskanzler, dem — ähnlich wie seinerzeit dem österreichischen Präsidialgesandten i n der Bundesversammlung des Deutschen Bundes—• abhängig vom preußischen Ministerium des Auswärtigen i n Verbindung m i t der Führung der preußischen Bundesratsstimmen lediglich der Vorsitz i m Bundesrat und die Leitung der Geischäfte zustehen sollte, das Ministerium des Bundes geworden. I n der Eigenschaft als alleiniger Bundesminister trat der Kanzler aus dem Bundesrat heraus und unterschied sich zugleich auch von den preußischen Behörden. Er wurde — vor allem auch i n der Verfassungswirklichkeit — zu dem ausführenden Organ des Bundes. Er war nunmehr für den Bereich der Exekutiv-Befugnisse des Bundes verantwortlich, der dem König von Preußen als Bundespräsidium zustand 36 , wo33 Der preußische E n t w u r f v o m 15.12.1866 ist der Vorlage der verbündeten Regierungen an den verfassungsvereinbarenden Reichstag gegenübergestellt bei Binding auf S. 77 ff., ebenso auch die N B V der R V auf S. 2 ff. 34 Hierzu, zur Änderung des späteren A r t . 17 Satz 2 N B V und den sich daraus ergebenden Folgen s. Häenel, Studien ÏI/1, S. 10 ff., w o dies, soweit ersichtlich, erstmals ausführlich dargelegt w i r d ; ferner Meyer / Anschütz, L e h r buch, S. 494 ff. und S.523f.; Bornhaic, AöR V I I I , S.435 f.; Huber, VerfG I I I , S. 658 ff.; geschichtliche Darstellung bei Becker, S. 371 ff., besonders S. 389 ff. 35 Dièse Fassung ist i n die Verfassungsrechtliche L i t e r a t u r nach dem Nationalliberalen v. Bennigsen, auf dessen zweiten A n t r a g i n dieser Sache die Änderung zurückgeht, als die sogenannte „ L e x Bennigsen" oder das „ A m e n dement Bennigsen" eingegangen. Huber, VerfG I I I , S. 659; s. auch die D a r stellung bei Becker, S. 391 f.
Β . Geschichtliches Werden
21
durch diese Kompetenzen aus der rein-hegemonischen preußischen Ebene losgelöst und auf die des Bundes gehöben wurden. Zugleich blieb der Bundeskanzler aber auch als Vorsitzender des Bundesrates m i t diesem und damit dem anderen, auf den Bundesrat entfallenden Bereich der Bundesexekutive verknüpft. Da der Norddeutsche Bund i n seinem Kanzler nunmehr ein eigentliches (ausführendes Organ besaß, das beginnend m i t der i m August 1867 erfolgten Einrichtung des Bundeskanzleramtes sich den Anforderungen entsprechend immer mehr erweiterte, brauchte der Bundesrat m i t seinen Ausschüssen auch nicht als eine A r t Ministerium für den auf i h n entfallenden Teil der Exekutive betrachtet zu werden. Der Bundeskanzler war m i t beiden Bereichen der Bundesexekutive verbunden: m i t dem dem Bundespräsidium zustehenden verfassungsmäßig durch seine ministerielle Verantwortlichkeit, m i t dem dem Bundesrat zukommenden dadurch, daß er die preußischen Bundesratsstimmen führte und m i t seinen Ämtern die Beschlüsse des Bundesrates ausführte. Der Bundesrat wurde deshalb auch i n seinen Exekutiv-Rechten eine reine, i m wesentlichen mitwirkende und überwachende Beschlußkörperschaft. Nach der Annahme des umgestalteten Verfassungsentwurfs durch den verfassungsberatenden Reichstag am 16. A p r i l 186737, den Beitritt der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten am selben Tage, der Veröffentlichung i n den einzelstaatlichen Gesetzesblättern zwischen dem 21. und 27. J u n i 1867 nach der Zustimmung der hierzu i n den Mitgliedstaaten berufenen Kammern trat die Verfassung des Norddeutschen Bundes m i t Wirkung vom 1. J u l i 1867 i n Kraft. Damit entstand der Norddeutsche Bund, der die Verfassung selbst am 26. J u l i 1867 i m Bundesgesetzblatt verkündete 3 8 . Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde auch der ab 1833 entstandene Zollverein nunmehr zwischen dem Norddeutschen se Unter die Kanzlerverantwortlichkeit fielen alle Befugnisse des Bundespräsidiums — das i n der Vorlage noch stehende, sich auf die „Ausfertigung und Verkündung der Bundesgesetze u n d . die Überwachung der Ausführung derselben" (Art. 17 Satz 1 NBV) beziehende „hiernach" fehlt i n der endgültigen Fassung des A r t . 17 Satz 2 N B V . Nicht darunter fielen die dem K ö n i g von Preußen als solchem und nicht i n seiner Eigenschaft als Bundespräsidium zustehenden Befugnisse als Bundesfeldherr und als Oberbefehlshaber der Marine. Die R V sprach f ü r alle drei Bereiche zwar n u r v o m Kaiser als Reichsorgan, doch beschränkte sich die Gegenzeichnungspflicht weiter auf die Bundespräsidialakte i m engeren (bisherigen) Sinne, s. Hub er, V e r f G I H , S. 1000 ff. »? Hierzu und zum folgenden Huber, V é r f G Π Ι , S. 666 ff. s» BGBl. 1867, S. 1. Z u den Rechtsproblemen der Bundesgründung vgl. Hubër, VerfG I I I , S. 669 ff.; Pel&rs, S. 68; aus ^der älteren L i t e r a t u r ζ. B. ν . Séydel, Commentar, S. 15 f L ; Ijßband, Staàtsrécht Sj. 24 ff.
22
1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden
Bund 3 9 und den süddeutschen Staaten erneuert. Organ des alten Zollvereins war die Generalkonferenz, eine periodisch tagende Gesandtenkonferenz, bei der jeder Mitgliedsstaat eine Stimme und vor allem das Vetorecht hatte 4 0 . Der am 1. Januar 1868 ins Leben getretene neue Zollverein besaß neben dem Zollpräsidium und dem Zollparlament einen Zollbundesrat 41 . Dieser war der um Vertreter der süddeutschen Staaten vermehrte Bundesrat des Norddeutschen Bundes. Das Stimmenverhältnis i m Zollbundesrat entsprach dem des Bundesrates des späteren Deutschen Reiches. Ι Π . Die Umbildung der Verfassung des Norddeutschen Bundes zur Verfassung des Deutschen Reiches von 1871
Bei den Verhandlungen, die zur Errichtung des Deutschen Reiches führen sollten, wurde ebenfalls gefordert, den Bundesrat durch ein aus Vertretern der Fürsten und der Landtage zusammengesetztes Oberhaus oder durch ein Staatenhaus zu ersetzen 42 . Es gelang jedoch Bismarck, solche Pläne zurückzudrängen. I n den Verträgen des Norddeutschen Bundes m i t Hessen (für dessen südlichen Teil), Baden, Bayern und Württemberg vom 15. bis 25. November 1870 — den Novemberverträgen — wurde die Verfassung des Norddeutschen Bundes i m wesentlichen der Verfassung des neuen Deutschen Bundes zugrunde gelegt. Die Verträge über die neue Verfassung wurden noch i m Dezember 1870 vom Bundesrat und vom Reichstag des Norddeutschen Bundes und von den Volksvertretungen i n Baden, Hessen und W ü r t temberg angenommen 43 , so daß die Verfassung am 1. Januar 1871 i n K r a f t treten konnte. Die bayrische Zweite Kammer stimmte den Verträgen zwar erst am 21. Januar 1871 zu, doch setzte König L u d w i g II. diese mit ihrer Ausfertigung und Verkündung am 30. Januar auch für Bayern rückwirkend auf den 1. Januar 1871 in Kraft. Noch i m Dezem39 Z u m Zollgebiet de9 Norddeutschen Bundes gehörte auch das m i t dem Ende des Deutschen Bundes aus staatenbündischen Beziehungen zu den Staaten des vormaligen Deutschen Bundes ausgeschiedene Großherzogtum Luxemburg. Da es aber lediglich dem preußischen Zollsystem (bzw. dem des Norddeutschen Bundes) angeschlossen war, hatte es am Zollbundesrat und Zollparlament keinen Anteil. (Übrigens gehörte L u x e m b u r g bis 1919 zum deutschen Zollgebiet.) s. Thudichum, S.47ff., bes. S. 50, S. 582 und S. 594; Huber, VerfG I I I , S. 633, S. 693 ff. und S. 948. 40 s. Huber, VerfG Π , S. 294. Z u m neuen Zollverein s. Thudichum, S. 581 ff.; Huber, V e r f G I I I , S. 632 ff. 42 Plan Herzog Emsts I I . v o n Sachsen-Koburg, der auch verantwortliche Reichsminister forderte. I h m Schloß sich der hessische Minister D a l w i g k an. Huber, VerfG Ι Π , S. 731, 733. « Hierzu u n d zum folgenden Hub er, V e r f G I I I , S. 745 ff. und S. 755 ff.; Anschütz, HdbDStR I , S.68; Becker (Scharff), S. 687 ff., 785 f., 803 ff., 816 f.
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ber wurden auch die Bezeichnungen „Deutsches Reich" (statt „Deutscher Bund") und „Deutscher Kaiser" i n die Verfassung aufgenommen. A m 23. Januar 1871 berief der Kaiser den Bundesrat des Deutschen Reiches i n seiner sich aus den Verfassungsverträgen ergebenden Zusammensetzung auf den 20. Februar 1871 zu seiner ersten Sitzung ein. Nach dem Willen Wilhelms I. hätte der Bundesrat auch den Namen „Reichsrat" erhalten sollen 44 . Bismarck widersprach dem damit, daß der Bundesrat das Organ sei, i n dem die föderative Seite des Reiches zur Erscheinung komme. Die Benennung „Reichsrat" bezeichne die Stellung des Bundesrats sowohl i m Verhältnis zum Reichstag der Reichsverfassung als auch i m Hinblick auf die staatsrechtliche Bedeutung, die dem österreichischen und bayrischen Reichsrate beigelegt sei, nicht richtig 4 5 . Ähnliche Ausführungen machte Bismarck auch i n der Sitzung des Reichstages vom 1. A p r i l 18714*. I m März und A p r i l 1871 wurde die noch aus mehreren, nicht aufeinander abgestimmten Urkunden bestehende Verfassung gesetzestechnisch neu gefaßt, dem ersten Reichstag des Deutschen Reiches vorgelegt und von diesem fast einstimmig verabschiedet. Das vom Kaiser ausgefertigte Gesetz, betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. A p r i l 187147, trat am 4. M a i 187148 i n Kraft. Nach seinem § 1 trat die Verfassungsurkunde für das Deutsche Reich an die Stelle der zwischen dem Norddeutschen Bund und den Großherzogtümern Baden und Hessen vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes sowie der m i t den Königreichen Bayern und Württemberg über den Beitritt zu dieser Verfassung geschlossenen Verträge vom 23. und 25. November 187049. 44 s. Goldschmidt, DJZ 36, Sp. 207 ff., besonders Sp. 210 (Kabinettsordre Wilhelms I. an Bismarck v o m 13. 2.1871); Huber, VerfG I I I , S. 757. 45 Immediatbericht Bismarcks an W i l h e l m I. v o m 29.3.1871. Abgedruckt bei Goldschmidt, D J Z 36, Sp. 210 f. 46 Wiedergegeben bei v. Poschinger I I , S. 110 f. 4 7 BGBl. 1871, S. 63. 4 ® A r t . 2 Satz 3 RV. Das „betreffende Stück des Reichsgesetzblattes" (die Nr. 16, die noch „Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes" hieß) wurde am 20. A p r i l 1871 ausgegeben. 49 Die A r t der Entstehung der R V aus der N B V , deren wesentliche verfassungsrechtliche Entscheidungen auch die R V bestimmten, u n d den Verträgen m i t den süddeutschen Staaten führten dann auch zu der Streitfrage, ob die Reichsgründung eine Erweiterung des Norddeutschen Bundes (herrschende zeitgenössische Meinung, ζ. B. Laband, Staatsrecht I , S. 44 und Meyer / Anschütz, Lehrbuch, S. 207 m i t weiteren Nachweisen i n Fußnote 17; w e i t e r h i n Anschütz, HdbDStR I , S. 68; Peters, S. 68f. und Forsthoff, S. 149) oder eine wirkliche Neugründung (so v. Seydel, Commentar, S. 30; Zorn, Staatsrecht I , S. 54 f.) ist. F ü r die vorliegende Untersuchung spielt die Frage keine Rolle. Ausführlich hierzu Huber, VerfG I I I , S. 760 ff., der die Identitätstheorie ablehnt. I h m folgen Menger, S. 147 (Rdnr.288) u n d Kimminich, S. 426 ff.
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1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden I V . Die Stellung des Bundesrates im Verfassungsgefüge der Bismarckverfassung
D i e S t e l l u n g des B u n d e s r a t e s w u r d e a u c h i n d e r Reichsverfassung v o r der des K a i s e r s u n d des Reichstages geregelt. D i e s k a m n i c h t v o n u n g e f ä h r . D e r B u n d e s r a t w i e s a u f d e n B u n d e s t a g des a l t e n Deutschen B u n d e s z u r ü c k u n d v e r k ö r p e r t e das bündische E l e m e n t des B i s m a r c k schen Verfassungswerkes. Schon der E i n g a n g d e r V e r f a s s u n g des D e u t schen Reiches g a b — w i e schon d i e V e r f a s s u n g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s 5 0 — d e m n e u e n G e b i l d e d e n äußeren A n s c h e i n eines B u n d e s v e r t r a g e s d e r F ü r s t e n u n d Senate d e r f r e i e n S t ä d t e 5 1 . Ä h n l i c h h a t t e aber auch schon A r t . 1 d e r Deutschen B u n d e s a k t e v o m 8. J u n i 1815 g e l a u t e t 5 2 . A u c h w e i t e r e F o r m u l i e r u n g e n d e r Reichsverfassung finden sich schon i n d e r B u n d e s a k t e 5 3 . E i n d e u t i g b e z i e h t d i e Reichsverfassung d e n B u n d e s r a t auf die B u n d e s v e r s a m m l u n g des Deutschen B u n d e s i n A r t . 6, d e r b e s t i m m t , „ d a ß P r e u ß e n mit den ehemaligen Stimmen 54 von H a n n o v e r , K u r h e s s e n , H o l s t e i n , Nassau u n d F r a n k f u r t 17 S t i m m e n f ü h r t " . W e n n m a n v o n der A b w e i c h u n g f ü r B a y e r n absieht, f ü h r t e n auch d i e ü b r i g e n S t a a t e n dieselbe A n z a h l v o n S t i m m e n w i e i m P l e n u m der a l t e n B u n d e s v e r s a m m l u n g . Diese B e z u g n a h m e a u f d i e Deutsche B u n d e s a k t e u n d d a m i t d e n Deutschen B u n d als recht losen V e r b a n d δ0 Die Gleichartigkeit zwischen der N B V u n d der R V soll i m folgenden nicht mehr besonders hervorgehoben werden. 51 Der Eingang der R V lautet: „Seine Majestät der K ö n i g von Preußen i m Namen des Norddeutschen Burides, Seine Majestät der K ö n i g von Bayern . . . (usw.) . . . schließen einen ewigen B u n d . . . Dieser B u n d w i r d den Namen Deutsches Reich führen . . . " Die starke Betonung der bündischen S t r u k t u r bot allerdings auch Anlaß zu verschiedenen Streitfragen. So vertrat M a x v. Seydel die Auffassung, das Deutsche Reich sei ein Staatenbund (ν . Seydel Commentar, S. 13 ff.; a l l gemein S. 2 ff. Stark vereinfacht ausgedrückt, gibt es nach v. Seydel n u r Einheitsstaaten oder Staatenbünde. Da das Deutsche Reich kein Einheitsstaat sei, sei es ein Staatenbund. — Die R V gebe dem B u n d keine Gewalt über die Staaten, sondern i n den Staaten; die Bundesgewalt w i r k e als Landesgewalt.) Die w e i t überwiegende herrschende Meinung sieht i m Deutschen Reich zu Recht einen Bundesstaat (ζ. B. Laband, Staatsrecht I , S. 55 ff. m i t reichhaltiger Literaturübersieht). — Allerdings bildete sich der Bundesstaatsbegriff an der Abgrenzung Deutsches Reich — Deutscher B u n d m i t heraus (s. hierzu z. B. C. Schmitt, S. 366). s. auch Huber, VerfG I I I , S. 785 ff. 52 A r t . 1 der Deutschen Bundesakte lautet: „Die souveränen Fürsten und freien Städte Deutschlands . . . vereinigen sich zu einem beständigen Bunde, welcher der deutsche B u n d heißen soll." Die Deutsche Bundesakte ist abgedruckt bei Huber, Dok. 1, S. 75 ff. m Beispiel: A r t . 7 Abs. 2 R V : „Jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen und i n Vortrag zu bringen, und das Präsidium ist verpflichtet, dieselben der Beratung zu übergeben." Z u m Vergleich A r t . 5 der Bundesakte: „ . . . jedes Bundesglied ist befugt, Vorschläge zu machen u n d i n Vortrag zu bringen, und der Vorsitzende ist verpflichtet, solche i n einer zu bestimmenden Zeit der Beratung zu übergeben." 54 Hervorgehçben v o m Verfasser.
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„souveräner" Staaten war geeignet, den Regenten eben dieser Fürstentümer, Herzogtümer, Großherzogtümer und Königreiche und auch den Senatoren der freien Städte 1866/67 und 1870 den Anschluß an den neuen Bund zu erleichtern. Aber nicht nur die Souveräne, auch die Parlamente mancher Einzelstaaten legten — wie die Verhandlungen zeigten — ein gerüttelt Maß an Partikularismus und Widerwillen gegen die Einigung an den Tag. Denn ersichtlich war die Reichsverfassung ganz anders gestaltet als die Bundesakte, verloren die Länder wesentliche Befugnisse an das Reich, gab es ein Präsidium m i t Kompetenzen außerhalb der formellen Präsidialbefugnisse i m Bundesrat, gab es den Reichstag. Ja, es beschrieb der Eingang der Reichsverfassung nicht einmal den Gründungsvorgang vollkommen 6 5 . Den Gliedstaaten wurde i m Bundesrat aber als Ersatz dafür, daß sie auf Zuständigkeiten zugunsten des Reichs verzichteten, die M i t w i r k u n g an der Bildung des Reichswillens geboten 66 . So wurde denn i n der Verfassung dem Bundesrat der Teil der Reichskompetenzen zugeordnet, der i m konstitutionellen Staat dem Monarchen zukam und der nicht i n den Bereich der Befugnisse des Kaisers fiel. Auch die äußere Stellung des Bundesrats, dessen Mitglieder den „üblichen diplomatischen Schutz" (Art. 10 RV) genossen, erinnerte an die bündische Form. Der Bundesrat mußte auch nicht erst „erfunden" werden. Angelehnt an den Bundestag des Deutschen Bundes, bildete er sich schon aus der Regierungskonferenz 1866/67 — deren Mitglieder i n den Beratungen des verfassungsvereinbarenden Parlaments diesem auf Wunsch Bismarcks wie der spätere Bundesrat und wie sonst Regierungsmitglieder dem Parlament gegenübersaßen 57 —wenigstens anscheinend 58 „wie von selbst" 5 9 , als „gleichsam der natürliche Ausdruck der gegebenen Verhältnisse" 6 0 . Das Bündische der Verfassung würde allerdings durchbrochen durch die schon erwähnte, mit der ,Lex Bennigsen' begonnene, unter der Geltung der Reichs Verfassung fortgeführte, 1878 m i t dem Stellvertretergesetz 61 auch organisatorisch gefestigte Kanzlerregierung und durch dië preußische Hegemonie. Diese, i m Entwurf zur Verfassung des Norddeutschen Bundes noch klar und 55 Huber, VerfG I I I , S. 788. E i n Oberhaus wäre hierfür w o h l weniger geeignet gewesen. Thudichum, S. 122: „Sodann aber würde das Vorhandensein eines solchen Oberhauses nicht bloß den liberalen Parteien, sondern vorzugsweise den Regierungen Süddeutschlands den E i n t r i t t i n den Norddeutschen B u n d verleiden, da es den Einfluß des Bundesraths, also der Regierungen, i n allen Fällen wesentlich abschwächen müßte." 57 Becker, S. 382 ff. es Ebd., S. 249. 5» Schulze, S. 47. m Laband, Staatsrecht I, & 235; Zorn, Staatsreeht I, S. 149. « s. hierzu Huber, V e r f G I I I , S. 823 ff. 56
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1. Kap. : Einleitung und geschichtliches Werden
einfach ausgeprägt, verwob sich schließlich i n der Reichsverfassung mit dem System der Kanzlerregierung und dem bündischen Element der Verfassung zu einem kunstvollen Gebilde. Erscheinungsformen dieses Geflechts waren beispielsweise die i n der Verfassung vorgegebene Doppelstellung des Reichskanzlers als Vorsitzender des Bundesrates und als verantwortlicher Minister des Reichs, der stets auch preußischer Außenminister und, m i t unwesentlichen Unterbrechungen, auch preußischer Ministerpräsident 6 2 war, und die Ernennung von Staatssekretären des Reiches (der Leiter der Reichsressorts) zu preußischen Bevollmächtigten beim Bundesrat und zu preußischen Staatsministern 63 . Aber auch dies war noch nicht die ganze Verfassung. Als König von Preußen noch auf einer Ebene mit seinen „hohen Verbündeten" stehend, aber als Symbol der nationalen Einheit über seine eigentliche verfassungsrechtliche Rolle weit hinausgreifend, erschien der Kaiser nach außen durchaus als Reichsmonarch und wirkte so unitarisierend 6 4 . Ein rein einheitlich-nationales Organ aber war der Reichstag. Der Bundesrat sollte gegen diesen demokratisch-unitarischen Teil der Verfassung das föderativ-monarchische Gegengewicht bilden 6 5 . I n der i h m vom Entwurf zur Norddeutschen Bundesverfassung vorgezeichneten Stellung als eine A r t nicht verantwortliche 6 6 Regierung wäre er dies sicher i n stärkerem Maße als i n der endgültigen Verfassung und der Verfassungswirklichkeit gewesen. Der politisch-entscheidende Teil der Regierungsgeschäfte, der nach dem Entwurf zur Verfassung des Norddeutschen Bundes i n den klar ausgeprägten Bereich der preußischen Hegemonie fallen sollte, wuchs aus dieser heraus i n die Ebene des Reiches. Darauf aber konnte nun der Reichstag, der nach dem Verfassungstext nach der A r t konstitutioneller Volksvertretungen nur an den i n formeller Gesetzesform ergehenden Willensäußerungen des Reiches beteiligt sein sollte, über die Kanzlerverantwortlichkeit und die von Während der Kanzlerschaft Bismarcks w a r v o m 1.1.1873 bis zum 9.11. 1873 Graf Roon und während der Kanzlerschaft Caprivis Graf. B. Eulenburg v o m 23.3.1892 bis zum 26.10.1894 preußischer Ministerpräsident. Z u r Zeit der Kanzlerschaft Prinz M a x ' von Baden blieb das A m t des preußischen Ministerpräsidenten unbesetzt. Huber, V e r f G I I I , S. 800 und S. 826 f.; s. auch die Übersichten bei Huber, VerfG I V , S. 164, 264, 286, 302, 329. Z u r politischen und zur rechtlichen Gebotenheit dieser Ämterverbindung s. Laband, Staatsrecht I, S. 377 f.; Meyer f Anschütz, Lehrbuch, S. 522; Zorn, Staatsrecht I, S. 253; Huber, V e r f G I I I , S. 825 ff.; Menger, S. 150 f. (Rdnr. 301). Dieses Gemengelage hat denn auch zu der — nicht entscheidbaren — Frage geführt, ob das Reich „verpreußt" worden oder Preußen i m Reich aufgegangen sei. β* Huber, VerfG I I I , S. 811 ff. 65 Eschenburg, Bundesrat . . . , S. 39. 66 Daß der Bundesrat „ohne jedes . . . konstitutionelle Band neben den Reichstag gestellt ist", betont Kaufmann, S. 58, der (1917) die Auffassung vertrat, die vorgegebene Verfässungsstruktur lasse eine Parlamentarisierung der Reichsleitung nicht zu.
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ihm gebrauchten Mittel, diese geltend zu machen 67 , Einfluß gewinnen. Kennzeichnend für die Verschiebung i m Verfassungsgefüge war, daß der Bundesrat zu Beginn des Ersten Weltkrieges ein gesetzesvertretendes Verordnungsrecht zur Abhilfe wirtschaftlicher Schädigungen erhielt 6 8 , die Reichsleitung aber ab der zweiten Hälfte des Krieges praktisch 69 und schließlich kurz vor dem tatsächlichen Ende der Bismarckverfassung auch durch eine Verfassungsänderung parlamentarisiert wurde, ohne daß dadurch i m Verfassungstext die Befugnisse und die Stellung des Bundesrats hätten eingeschränkt werden müssen 70 . Zusammenfassend kann der Bundesrat als „die eigentümlichste Institution des Deutschen Reiches" 71 bezeichnet werden, i n dem Sinne, daß er i n seiner Stellung i m Verfassungsgefüge, seiner Zusammensetzung und seinen Befugnissen weder einem von der Staatstheorie vorgegebenen Modell noch irgendwelchen Organen anderer Staaten oder Staatenverbindungen nachgebildet ist. Gewisse äußere Ähnlichkeit weist er nur m i t früheren Formen territorialer oder föderativer Einrichtungen i n Deutschland — besonders m i t der Bundesversammlung des Deutschen Bundes — auf. Als Verkörperung des Bündischen erleichterte er den Zusammenschluß der Einzelstaaten, wirkte so einheitsstiftend und später auch einheitsbewahrend, weil er auch den kleineren Staaten das Gefühl gab, an der Reichswillensbildung mitzuwirken 7 2 . Bindeglied zwischen dem föderativen Gedanken und der preußischen Hegemonie, trug er als Teil des Bismarckschen Verfassungswerkes m i t dazu bei, daß Preußen m i t seiner Größe das kunstvolle Gewebe nicht sprengte. Beginnend m i t der Schaffung eigener β7 s. Huber, VerfG I I I , S. 898 ff. 68 Gesetz über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen und über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts i m Falle kriegerischer Ereignisse v o m 4. 8.1914 (RGBl. 1914, S. 327). Dessen §3 lautet: „Der Bundesrat w i r d ermächtigt, während der Zeit des Krieges diejenigen gesetzlichen Maßnahmen anzuordnen, welche sich zur A b hilfe wirtschaftlicher Schädigungen als notwendig erweisen. Diese Maßnahmen sind dem Reichstag bei seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnis zu bringen und auf sein Verlangen aufzuheben." β» Huber, VerfG I I I , S. 906 f. 70 Durch Gesetz zur Abänderung der Reichsverfassung v o m 28.10.1918 (RGBl. 1918, S. 1274) w u r d e n u. a. dem A r t . 15 R V folgende Absätze 3 und 4 angefügt: „Der Reichskanzler bedarf zu seiner Amtsführung des Vertrauens des Reichstags. Der Reichskanzler trägt die Verantwortung für alle H a n d lungen von politischer Bedeutung, die der Kaiser i n Ausübung der i h m nach der Reichsverfassung zustehenden Befugnisse vornimmt. — Der Reichskanzler und sein Stellvertreter sind f ü r ihre Amtsführung dem Bundesrat und dem Reichstag verantwortlich." Hierzu auch Anschütz, W D S t R L 1, S. 15 f.; Huber, V e r f G V, S. 590 f. 71 Laband, Staatsrecht I, S. 233; s. auch v. Mohl, S. 230 („proies sine matre creata"); ν. Rönne I , S. 195; Triepel, Handwörterbuch, S. 829; aber auch Arndt, Staatsrecht, S. 88. 72 s. Bilfinger, S. 69.
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1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden
Exekutiv-Organe des Bundes und i m Gleichklang m i t dem Erstarken der inneren Einigung — die zu begründen und zu bewahren er m i t half — und damit verbunden m i t dem Wachstum der tatsächlichen Stellung der mehr i m Vordergrund stehenden „unitarischen" Organe Kaiser und Reichstag i n der Folge steter Verfassungsentwicklung, w i r k t e der Bundesrat durch sachliche und fachliche Arbeit interessewahrend und -ausgleichend an der Reichsleitung m i t 7 3 .
V. Das Wirken des alten Bundesrates über die Revolution hinaus — Der Staatenausschuß — Der Reichsrat der Weimarer Verfassung
Nach der Novemberrevolution 1918 blieb der Bundesrat mit eingeschränkten Befugnissen als einziges der alten Reichsorgane bestehen. Der Rat der Volksbeauftragten erließ bereits am 14. November 1918 eine Verordnung m i t Gesetzeskraft, deren § 1 den Bundesrat ermächtigte, „die ihm nach Gesetzen und Verordnungen des Reiches zustehenden Verwaltungsbefugnisse auch fernerhin auszuführen" 74 . Die anderen Rechte des Bundesrats wurden vom Rat der Volksbeauftragten ausgeübt. Der Bundesrat, dessen Bevollmächtigte jetzt von den nunmehr republikanischen Regierungen der Einzelstaaten ihre Weisungen erhielten, tagte i m Plenum und i n seinen Ausschüssen weiter bis zum 30. Januar 191975. Dies bedeutete jedoch durchaus nicht, daß sich die neuen Gewalthaber bereits für einen föderativen Staatsaufbau oder die Beibehaltung des Bundesrates entschieden hätten. Sie machten sich nur dessen verwaltungstechnische Arbeit zunutze. Vielmehr waren die Berliner Bestrebungen zentralistischer Natur. Diesen ständen wiederum partikularistische Regungen einiger Einzelstaaten gegenüber. Beides konnte auf einer Konferenz von Vertretern der Freistaaten mit dem Rat der Volksbeauftragten, der sich auch Reichsregierung nannte, i m November 1918 ausgeglichen werden 7 6 . Als sich gegen den bekannt gewordenen Entwurf einer Reichsverfassung mit stark unitarischen Zügen Widerstand aus den Ländern meldete, kam es zu einer weiteren Zusammenkunft der Reichsregierung mit Vertretern der Einzelstaaten am 25./26. Januar i n Berlin 7 7 . Dabei enthielt ein Antrag der Vertreter Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badens und Hessens weitgehende 73 s. hierzu noch Anschütz, W D S t R L 1, S. 14 ff., besonders S. 19 f.; Huber, VerfG I I I , S. 851 f.; Forsthoff, S. 154 f.; Scheyhing, S. 204 f.; Enchsen, S. 23f.; Eschenburg, Bundesrat . . . , S. 40 ff. 74 RGBl. 1918, S. 1311. 75 s. Jellinek, JöR I X , S. 18. 7® Ebd., S. 27 f.; zum ganzen auch Bilfinger, S, 39 ff. 77 s. hierzu und zum folgenden Jellinek, JöR I X , S. 34 f.; ders., HdbDStR Ì , S. 124 f.; Eschenburg, Bundesrat . . . , S. 42 ff.
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Forderungen 78 , die zwar von der Reichsregierung abgelehnt wurden, aber zur Verständigung über die Bildung eines Ausschusses79 führten, der als Staatenausschuß dann auch i n das von der zuvor gewählten Nationalversammlung beschlossene Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt vom 19. Februar 191980 überging. Dieses Gesetz gab dem Staatenausschuß etwa die gesetzgeberischen und damit zusammenhängenden Befugnisse, die der alte Bundesrat besaß. A n der Verabschiedung der neuen Verfassung sollte er aber nicht beteiligt sein. Soweit i n Gesetzen und Verordnungen des Reichs ansonsten, d. h. bei Verwaltungsbefugnissen, auf den Bundesrat verwiesen wurde, trat nach § 3 des Übergangsgesetzes vom 4. März 191981 ebenfalls der Staatenausschuß. Damit gab es auch für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der neuen Verfassung ein dem alten Bundesrat entsprechendes Organ, eine „Fortsetzung des Bundesrates" 82 . M i t Zustimmung des Staatenausschusses wurde unter der Geltung des Gesetzes über die vorläufige Reichsgewalt auch das zuvor von der Nationalversammlung beschlossene Gesetz über den Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten vom 16. J u l i 191983 verkündet. Eine der Kernfragen während der Entstehung der neuen Verfassung — m i t deren Entwurf der Staatsrechtslehrer Hugo Preuß beauftragt worden w a r 8 4 — war, ob Deutschland fürderhin als Einheitsstaat oder als Bundesstaat gestaltet werden sollte und wie i n diesem Fall die Länder an der Reichswillensbildung beteiligt werden sollten, i n der Form eines beratenden Staatsrates, eines Staatenhauses oder einer dem bisherigen Bundesrat ähnlichen Einrichtung 8 5 . Der erste veröffentlichte Entwurf von Preuß, der ein von den Landtagen gewähltes, nicht weisungsgebundenes Staatenhaus und bei den einzelnen Reichsministerien aus Vertretern der Länderregierungen bei Bedarf zu bildende Reichsräte vorsah, i m übrigen aber einen dezentralisierten Einheitsstaat anstrebte, lag auch der Staatenkonferenz und dem erwähnten Ausschuß vor. Hier wurde zuerst angeregt, statt des Staatenhauses und der 78 Abgedruckt bei Huber, Dok. 3, S. 31. 78 Jellinek, HdbDStR I , S. 131 f. so RGBl. 1919, S. 169. „ M i t dem Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt w a r das Deutsche Reich nach drei Monaten der ,Diktatur des Proletariats»', nach drei Monaten der »Räterepublik', wieder ein Verfassungsstaat geworden" (Jellinek, JöR DC, S. 37). s. auch Huber, V e r f G V, S. 1077 ff. 81 RGBl. 1919, S. 285. 82 Triepel, Handwörterbuch, S. 830. 83 RGBl. 1919, S. 687. 84 Hierzu und zum folgenden Jellinek, HdbDStR I, S. 127 ff.; Huber, VerfG V, S. 1178 ff. 85 Z u m Bundesratssystem auch nach der neuen Verfassung s. Anschütz, D J Z 1919, Sp. 118 und Max Weber, Staatsform, S. 19 ff.
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1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden
Reichsräte den Reichsrat zu bilden. Dieser Reichsrat ging dann auch i n den Regierungsentwurf I I m i t stark bündischer Neigung über, blieb i m Entwurf des Verfassungsausschusses der Nationalversammlung und schließlich dem der Nationalversammlung selbst erhalten und kam so endgültig i n die nur von der Nationalversammlung ohne Zustimmung der Länder beschlossene Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 191986. Damit besaß das Deutsche Reich auch i n seiner neuen Verfassung ein nach dem Muster des alten Bundesrates gebildetes, an der Gesetzgebung und Verwaltung beteiligtes Organ, allerdings mit gegenüber der Bismarckverfassung wesentlich eingeschränkten Befugnissen. Nachdem m i t der Machtübernahme Hitlers die Weimarer Verfassung — wenn auch nicht rechtlich, so doch tatsächlich — kraftlos geworden war und der Reichstag einstimmig m i t einmütiger Zustimmung des Reichsrats das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches beschlossen hatte, nach dem die Hoheitsrechte der Länder auf das Reich übergingen und die Landesregierungen der Reichsregierung unterstellt w u r den 87 , hob die Reichsregierung durch § 1 Abs. 1 des von ihr beschlossenen Gesetzes über die Aufhebung des Reichsrats vom 14. Februar 193488 den Reichsrat auf. V I . Die Entstehung des Grundgesetzes und die erneute Hinwendung zum Bundesratssystem
Bei der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland 89 waren die Verfassungsväter des Streites darüber, ob die drei westlichen Besatzungszonen zu einem Gebüde nach der A r t eines Einheits- oder eines Bundesstaates zusammengefaßt werden sollten, enthoben: Das den Anstoß zur Ausarbeitung des Grundgesetzes gebende, auf einem nach dem Scheitern der Viermächtekonferenz i m Dezember 1947 auf der Sechsmächtebesprechung 90 gefaßten Beschluß beruhende, den elf M i n i sterpräsidenten der drei westlichen Besatzungszonen übergebene Doku86 RGBl. 1919, S. 1383. Diese am 14. 8.1919 i n K r a f t getretene Verfassung, die WRV, hob i n ihrem A r t i k e l 178 die R V von 1871 und das Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt v o m 10.2.1919 auf. 87 § 2 des Gesetzes über den Neuaufbau des Reiches v o m 30.1.1934, RGBl. I 1934, S. 75. 88 RGBl. I 1934, S. 89. 89 Z u r Vorgeschichte und Entstehung des GG vgl. Bonner Kommentar (Dennewitz), Einleitung, S. 1 ff. u n d v. Mangoldt, 1. Aufl., Einleitung, S. 1 ff. (beide ausführlich); JöR N F 1 (Matz), S. 1 ff.; außerdem Peters, S. 139 ff.; Maunz, Staatsrecht, S. 4 ff.; Doehring, S. 52 ff. 90 Teilnehmer: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Niederlande. USA.
Β . Geschichtliches Werden
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ment I 9 1 bevollmächtigte die Ministerpräsidenten, bis spätestens zum 1. September 1948 eine verfassunggebende Versammlung einzuberufen, die eine demokratische Verfassung mit einer „Regierungsform des föderalistischen Typs schaffen sollte. Damit wurde allerdings nicht vorgeschrieben, wie die Einrichtungen aussehen sollten, die diesen Typ zum Ausdruck bringen sollten. Eine den Grundformen des Bundesrats und des Reichsrats nachgebildete Einrichtung gab es aber schon i n dem aus den Regierungschefs der vier Länder der amerikanischen Besatzungszone bestehenden, einstimmig entscheidenden Länderrat und i n dem diesem ähnlichen Länderrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes der amerikanischen und englischen Besatzungszone 92 . Das Dokument I wurde von den Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen bei ihrer Zusammenkunft auf dem Rittersturz bei Koblenz i m J u l i 1948 angenommen. Es folgte noch ein Schriftwechsel zwischen den Alliierten und den deutschen Stellen, der aber für die Bildung des Bundesrates ohne Belang ist. Zur Vorbereitung der Arbeit des Parlamentarischen Rates 93 beauftragten die Ministerpräsidenten einen Sachverständigenausschuß, den vom 10. 8.1948 bis 25.8.1948 tagenden, nach seinem Versammlungsort benannten Verfassungskonvent von Herrenchiemsee. Dieser arbeitete den vollständigen Text eines Grundgesetzes m i t teilweise mehreren Lösungmöglichkeiten für verschiedene Bereiche aus. So wurde auch für die Beteiligung der Länder an der Willensbildung des Bundes das Modell eines Bundesrates dem eines Senats gegenübergestellt 94 und i n einem darstellenden und einem kommentierenden Teil näher erläutert. Demnach „bestand Einigkeit darüber, daß neben dem Parlament eine weitere Kammer bestehen soll, durch die i m bundesstaatlichen Gefüge das Element Land zur Geltung kommt. Keine Einigkeit bestand darüber, ob diese Kammer ein Bundesrat sein soll, d. h. eine Kammer aus Mitgliedern der Länderregierungen, oder ein Senat, d.h. eine Kammer aus unabhängigen Einzelpersonen, die von den Landtagen gewählt sind" 9 6 . Die i m einzel91 Von insgesamt drei Dokumenten i n französischer, englischer und deutscher Sprache. Englischer und deutscher Text der drei Dokumente i m Bonner Kommentar (Dennewitz), Einleitung, S. 40 ff.; Dokument I i n englischer, französischer und deutscher Sprache i n : JöR N F 1 (Matz), S. 1 ff. » 2 s. Eschenburg, Bundesrat . . . , S.51 f.; Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung: Blumenwitz), Vorbem. zu A r t . 50 - 53, Rdnr. 19. 93 Z u den Hintergründen der Einberufung des Parlamentarischen Rates statt einer verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung u n d zur W a h l der Bezeichnung »Grundgesetz' statt »Verfassung* s. v. Mangoldt, 1. Aufl., S. 7 f. und S. 25. a* HCh-Bericht, S. 70 f. (Art. 65 - 74 bzw. 74 a des Entwurfs). 9 ® HCh-Bericht, S. 37; so auch i m Parlamentarischen Rat, s. JöR N F 1 ( υ. Doemming), S. 379 (mit ausführlichem Bezug auf die Verfassungsgeschichte).
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1. Kap.: Einleitung und geschichtliches Werden
nen für die Bundesratslösung und die Senatslösung jeweils vorgebrachten Gesichtspunkte sollen hier nicht wiederholt werden 9 6 . A m 1. September 1948 traten die 65 von den Landtagen der elf Länder der westlichen Besatzungszonen gewählten Mitglieder des Parlamentarischen Rates 97 i n Bonn zusammen. Diesem lagen neben den Herrenchiemseer Arbeiten noch andere Entwürfe vor 9 8 . Die Meinungen darüber, ob das zu schaffende föderative Organ ein Senat oder ein Bundesrat i m Sinn der deutschen Überlieferung sein sollte, gingen auch i m Parlamentarischen Rat auseinander 99 , wobei die für jede der beiden Einrichtungen sprechenden Gesichtspunkte ähnlich wie i m Verfassungskonvent vorgetragen wurden. Daneben war auch noch eine Verbindung beider Systeme i m Gespräch. So gehörte der heutige IV. Abschnitt „ i m Parlamentarischen Rat zu den umstrittensten Teilen des Grundgesetzes" 100 . Eine Mehrheit für die Bildung eines Bundesrates war noch Ende Oktober i n keiner der großen Fraktionen vorhanden. M i t den Ausschlag dafür, daß das Bundesratssystem dann doch durchdrang, gab eine Zusammenkunft zwischen dem bayrischen Ministerpräsidenten Hans Ehard (CSU) und dem Verfassungsexperten und stellvertretenden Fraktioiisvorsitzenden der SPD, dem nordrhein-westfälischen Innenminister Walter Menzel am 26. Oktober 1948 i m Bonner Hotel „Königshof". Dabei gelang es Ehard — der sich bisher m i t der Bundesratslösung i n der einem gemischten System zuneigenden 101 CDU/ CSU-Fraktion nicht hatte durchsetzen können und der dieses Gespräch ohne deren Wissen führte — während eines Essens Menzel für die Bildung eines Bundesrates zu gewinnen 1 0 2 . Daraufhin sprach sich die bisher für die Senatslösung eingetretene SPD-Fraktion für das Bundesratsprinzips aus. Dem folgte bis Ende November 1948 nach einigen inneren Auseinandersetzungen und Kompromißvorschlägen Adenauers 108 auch die CDU/CSU-Fraktion. Nunmehr einigten sich die Mitglieder des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates auch über die nähere Ausgestaltung und die Befugnisse des Bundesrates, wobei die m s. hierzu HCh-Bericht, S. 37 ff. »7 Z u r Gliederung i n Fraktionen u n d Parteien s. v. Mangoldt, 1. Aufl., S. 9. »8 s. JöR N F 1 (Matz), S. 3 f. 99 Hierzu u n d zum folgenden Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung: Blumenwitz) Vorbem. zu A r t . 50-53, Rdnr. 20 ff.; v. Mangoldt, l . A u f l . , S. 262 ff.; Morsey, S. 65 ff.; JöR 1 (υ. Doemming), S. 379 ff. *oo So v. Mangoldt, 1. Aufl., S. 262. Hermann v. Mangoldt gehörte selbst zu den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates. Hierzu näher Morsey, S. 70. 102 s. ν . Mangoldt, 1. Aufl., S. 265 und die dort auf S. 266 wiedergegebene Äußerung v o n Theodor Heuss; Morsey, S. 71; i h m folgt auch die Datierung des Treffens Ehard / Menzel auf den 26.10.1948, ebd., S. 71. los s. Morsey, S. 72 f.
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CDU/CSU eine abgestufte Stimmzahl durchsetzte und die SPD die volle Gleichberechtigung des Bundesrates bei der Gesetzgebung verhindern konnte 1 0 4 . Bei der dritten Lesung des Abschnitts über den Bundesrat i m Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates am 9. Februar 1948 stimmten die Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP der Bundesratslösung zu, obwohl immer noch Vorbehalte auch i n den großen Fraktionen dagegen laut wurden 1 0 5 . Das Plenum des Parlamentarischen Rates nahm am 8. Mai 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland i n dritter Lesung m i t 53 gegen 12 Stimmen an 1 0 6 . A m 12. M a i 1949 genehmigten die Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen (unter Vorbehalten) 1 0 7 das Grundgesetz, und zwischen dem 18. und 21. M a i 1949 wurde es von den Volksvertretungen von zehn der elf i n seiner Präambel aufgeführten Länder angenommen 108 . Nachdem der Parlamentarische Rat am 23. Mai 1949 die Annahme des Grundgesetzes festgestellt und es ausgefertigt und verkündet hatte, konnte es m i t Ablauf dieses Tages i n K r a f t treten 1 0 9 . Der m i t dem Grundgesetz neugeschaffene Bundesrat der Bundesrepublik Deutschland trat am 7. September 1949 zu seiner ersten Sitzung zusammen 110 . Damit hat die Bundesrepublik Deutschland ein Verfassungsorgan erhalten, das nach dem T i t e l einer Schrift Fleischmanns111 als Verfassungserbgut bezeichnet werden kann.
io* Ebd., S. 73 ff. ios s. v. Mangoldt, 1. Aufl., S. 266 f. und Morsey, S. 76. ιοβ s. v. Mangoldt, 1. Aufl., S. 18. 107 s. das Genehmigungsschreiben der Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen, abgedruckt bei v. Mangoldt, 1.Aufl., S.670f. los N u r der bayris